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© „Beal-Encyelop ädie
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Alterthumswiffenfchaft
in
alphabetifcher Ordnung.
Unter Mitwirkung von
Geh. Hofrath Ep. F. Bähr im Heidelberg; Prof. A. Baumſtark in Freiburg;
droſ. W. A. Beder in Leipzig; Prof. C. Cleß in Grutigart; Geh. Rath Comthur
Friedr. Ereuzer in Heidelberg; Gonrector U. Forbiger in Leipzig; "Prof.
3. D. Gerlach In Bafel; Director G. F. Grotefenp und Dr. C. 2, Gro⸗
tefend in Kannover; Dr. A. Haakh in Stuttgart; Diac. und Schulinſp. W.
Heigelin in Gtuttgart; Geh. Hofrath, Ritter Friedr. Jacobs in Gotha;
Tester €, Rrafft in Biberach; Dr. 3. H. Kraufe in Kalle; Prof. Mepger
in Ghönthal; Prof. K. W. Müller in Bern; Hofrath 2. Dettinger in Frei⸗
burg; Prof. Dr. L. Breller in Ina; Prof. W. Rein in Eiſenach; Prof. G. 8. 8.
Tafel in Täsingen: Prof. 4. Weſtermann in Leipzig; Dr. A Witzſchel in
Eifenach; Miniſterialrath C. Zell in Carlsrube u. A
herausgegeben | |
von
Huguft Pauly,
Brof. in Stuttgart "Ritter des Ordens der Württemberg. Krone;
nah deffen Tode fortgefeht
von |
— Walz „ orb. Profeſſor und W. ©. Teuffel, Privatdocent
der Philologie in Tübingen.
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Altertbumswiffenfchaft
in
alpbabetifcher Ordnung.
Unter Mitwirkung von
Geh. Hofrath Eh. F. Bähr in Heidelberg; Prof. A. Baumſtark in Freiburg;
Prof. W. A. Beder im Leipzig; Prof. C. Cleß in Stuttgart; Geh, Rath Comthur
Sriedr. Ereuzer in Heidelberg; Eonrector A, Forbiger in Leingig; "Prof.
3 D. Gerlach In Baſel; Director G. 5. Grotefend und Dr. C. 8. Gros
tefend in Kannover; Dr. 4. Haakh in Stuttgart; Diac. und Schulinſp. W.
Heigelin in Stuttgart; Geh. Hofrath, Bitter Friedr. Jacobs in Bothe;
Rector C. Krafft in Biberach; Dr. 3. H. Kraufe in Halle; Prof. Metzger
in Schönthal; Prof. 8. W. Müller in Bern; Hofratb 2. Dettinger in Frei⸗
burg; Prof. Dr. 2. Preller in Iena; Prof. W. Nein in Eiſenach; Prof. G. L. F.
Tafel im Tübingen: Prof. X. Weflermann in Leipzig; Dr. A. Witzſchel im
Eiſenach; Miniſterialrath E, Zell in Carlsruhe u. A
herausgegeben
’ . von
Huguft Pauly,
Brof. in Stuttgart "Ritter des Ordens der Württemberg. Krone;
nad deffen Sode fortgefegt
von
Ehr. Salz, orb. Profeſſor und W. S. Teuffel, Privatdocent
der Philologie in Tübingen.
Bierter Band.
J bi8 Mez.
Dam
Stuttgart.
Berlag der %. B. Metzler'ſchen Buchhandlung.
ISAG.
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Vorwort.
Indem die Unterzeichneten hiemit dem Publikum den vierten
Band dieſer Realencyclopädie übergeben glauben ſie ſich einer
doppelten Verbindlichkeit entledigen zu muͤſſen: einer gegen das
Publikum, welchem ſie Rechenſchaft ſchuldig ſind uͤber die Art
wie ſie die Redaction dieſes Werks theils bisher geführt haben
theils fernerhin zu fuͤhren entſchloſſen ſind, — einer zweiten gegen
unſern Vorgaͤnger in ver Redaction, welchem hier einen Denk⸗
ſtein zu ſetzen Neigung und Pflichtgefühl gleihmäßig uns an⸗
treiben.
Als wir zu Anfang Juni's des vorigen Jahres die Redaction
dieſer Realencyelopaͤdie übernahmen thaten wir es mit dem feſten
Vorſatze, einmal den wiſſenſchaftlichen Werth dieſes Werks nach
Kräften zu fleigern, ſodann einige Mängel der inuern und äußern
Einrichtung zu befeitigen, endlich wie Fortſetzung und ven endlichen
Abſchluß des Unternehmens möglichft zu befehleunigen. In wie
weit wir in biefen drei Beziehungen unfer Ziel erreiht haben,
darüber möge der vorliegende Band, welcher vom Artikel Jupiter
- an von und rebigirt ift, Zeugniß ablegen und das Publikum
die Entſcheldung vornehmen. Uns ſteht mur dieß zu, offen an⸗
zugeben was wir behufs ver Ausführung jener Borfäge unter⸗
nommen baben.
Was zuerft Die Beichleumigung des Erfcheinend betrifft fo
haben wir zu dieſem Zwecke vie Verdopplung ver Zahl umferer
Setzer veranlaßt imd den Kreis der Mitarbeiter erweitert. Den
in gleicher Abficht aufgeftellten Grundſatz, daß in ſolchen Fällen
wo ein Artikel aus irgend einem Grunde zu der Zeit wo er
für den Druck fertig gemacht werden ſollte noch nicht einge⸗
laufen iſt — wir anders zu verfügen oder ſelbſt in die Lücke zu
treten uns serpflichtet fühlen, haben wir, bei ver großen Pünkt⸗
lichkeit unſerer 59. Mitarbeiter, anzuwenden bis jeht jo gut
xu Borwort.
Ordnung zu handhaben wußte, das erfennt Niemand Iebhafter
an als die Unterzeichneten, welche fich ver Früchte dieſer feiner.
Bemühungen zu erfreuen haben und welche ihr Leben ang
feiner mit Dank und Liebe gevenfen werben.
Tübingen, 1. Auguft 1846.
Ehriftion Wal;.
Wilhelm Teuffel.
1. 3.
I wirb häufig abbrevirt gefchrieben für Invictus, z. B. S. J. M. Soli
invicto Mithrae; Isis, 3.8. I. M. Isidi magnae; Julia, 3. ®. I. V. Julia
Victrix; Jus, 3. ®. I. D. juri dicundo; Juno, 3. B. I. R. Juno Regina;
Jupiter, 3. ®. I. O. M. Jupiter optimus maximus, IM. bebeutet Immunis.
Häufig find die Siglen: I. H. D. D. In honorem domus divinae; I. STA,
infra scripta; I. S. V. P. In suo vivi posuerunt; INL. illustris. [P.]
IEP = iega, Franz Elem. epigr. gr. p. 369. INA = indweros,
Corp. Inser. gr. II. Nr. 2746. 3467. IIIIIH — innmyovs, Urkund. üb.
das attifhe Seewefen XIb. 75. IIIIIIX inznos, $ranz Elem. epigr.
gr. p. 365. [West.]
Jabadil Insula (Iaßadiov 77005), nad Ptol. VII, 2. eine große,
fruchtbare und golpreiche Infel des indifchen Meeres, ſüdöſtlich von der Aurea
Chersonesus und ſũdweſtlich von den Infeln der Satyrn, mit der Hauptflabt
Argyre (Apyvej). Der Name fcheint auf das Heutige Java Hinzubeuten,
wofür fie denn au von Delisle, Reichardt u. U. gehalten wird; gewöhn⸗
lich aber nimmt man fie für Sumatra (fo au v. Humboldt Krit. Unterf.
l. ©. 64.). Mannert V. S. 192. fieht fle für die Kleine Infel Banca auf
der Süpoftfeite von Sumatra, und Boffelin für Ilha do Mel an. [ A. Forbiger.]
Jabbou (Gen. 32, 22, Num. 21, 44. Deut. 2, 37. Joſ. 12, 2.
u. f. w., in ber LXX. Tæßox, bei Orig. Opp. II. p. 43. 'I«ßBox und Tœu-
Buung, bei Iofeph. Ant. IV, 8. 2. 'IaBenyos), ein nicht unbedeutender Neben
fluß des Iorbans auf der Öftfeite vefielben, der auf dem bafanitifgen Ges
birge (oder dem eb. Gilead) entfprang, in früherer Zeit die Grenze zwiſchen
dem Gebiet der Hebräer und Ammoniter bildete (&en. 21, 24. Iof. 12, 12.),
und nicht weit füblih vom See Tiberias, Elenle gegenüber (Mar. Sanutus
Secr. fidel. cruc. p. 252.), in den Jordan münbete. Jetzt Heißt er Waby
Serka oder Zirfa, und trennt den Diſtrikt Moerad von der Landſchaft el
Bella. (Vgl. Reland Pal. p. 294. Pokocke II. ©. 34. Hamelsveld I. ©. 506.
Korte ©. 81. 188. Burdharbts Reiſe, überf. von Gefenius, S. 589. mit
des Letztern Anmerk. S. 1059 f. Seetzen in Zachs Monatl. Correſp. XVII.
©. 427. und Robinſon III. ©. 533.) [F.)]
Jabes oder Zabesch (Judic. 21, 8f. 1 Sam. 11,1f. 2Sam.
2, 4. 21, 12., in der LXX. und in Cuſeb. Onom. 'Inßeis und Iaßıs, bei
Joſeph. Ant. V,2,11. 'I«ßıoog u. VI. extr. ’Inßiooa), eine dem Stamme Ma
naffe zuertheilte Stabt Baläftina’s jenfeit des Jordans, und nad Joſeph.
Ant. V, 5. die Hauptflabt der Landſchaft Galaditis (Gilead), daher auch
Jabesch Gilead genannt (Judic. 1. 1.), nah 1 Sam. 31, 11. eine Nachtreiſe
von Scyihopolis oder Bethſean, nach Cuſebius aber, zu deſſen Zeit fie no
als ein großer Sleden vorhanden war, ſechs Mil. vordöſtlich von Pella,
nach Geraſa Hin, auf einem Hügel gelegen. Ihr Name hat ſich in dem eines
Bauly, Real-Unchelop. IV. 1
2 Jabne — Jadi viens
in dieſer Gegend fließenden und Beyſan gerade gegenüber in den Jordan
fallenden Baches, Wady Jabis, erhalten (vgl. Seetzen in Zachs Monatl.
Gorrefp. XVIII. S. 423.), an dem fie wahrſcheinlich einft lag. [F.]
Jabne, ſ. Jamnia.
Jabneel, 1) f. Jamnia. — 2) eine Tleine Stabt de8 Stammes Naph- -
thali in Galilaea Inferior, unweit des Sees Gennefaret (Joſua 19, 33.). [ F.]
Jabri (Taßoı, Ptol. VI, 7.), eine Stabt in Arabia Felix, no jeßt
Sabrin, an der Grenze von Babhrein, drei Tagereifen von Jemanah und
eben ſo 4 von Al⸗Ahhſa. Vgl. Rommels Commentar zu Abulfera ©.
83 F.,
N ohrädn (r& ’Iaßoovda, Btol. V, 15.), eine Stabt Coͤleſyriens in
Laobicene, unftreitig identiſch mit dem in ber Not. Episc. vorkommenden Orte
Jambruda (Ieußeovöa) in Phoenicia Libanesia, und wahrſcheinlich das
heutige Kaftell Heboub. Vgl. Pocode II. ©. 203
Jacca, Stadt der Vasconen in Hiſp. Tarrac. y 1 no Jaca in Bis⸗
caya, Ptol. [P.]
Aaccehus, ſ. Eleusinia, Bo. HI. ©. 97 f.
"Saccetani, Voͤlkerſchaft in Bin. Tarrac. zwiſchen den Pyrenäen und
dem Ebro, Str. 161. Dal. Eäf. B. C. I, 60., wo Oudend. Jacetani flatt
Lacetani gefegt bat, |. d. [P.]
Zachura (Ieyovon, Ptol. V, 13.), ein fonft unbekannter Ort in Ar-
menia minor. [F.]
Jecobus, ein zunächſt in das Gebiet der chrifllichen Xiteratur ein»
ſchlägiger und hier oftmald vorfommender Name. Uber es kommen auch
einige Aerzte des Alterthums unter dieſem Namen vor, welde bei Babricius
Bibl. Graec. T. XIII. p. 250 f. ver Alt. Ausg. zufammengeftelt find. Wir
bemerken darunter den von Suidas (s. v. Zwparos genannten ai Jaco-
bus, ferner einen andern von Alerander von Tralles (f. oben I. 359.)
und Tonft mehrfach mit Auszeichnung und Lob genannten, auch Durch Saiten,
wie es fcheint, bekannten Arzt Jacobus Christus ober Psychristus ; f.
das Nähere bei C. &. Kühn Additamm. ad elench. medicc. P. XVII. p. Bf.
Er dürfte immerhin in bie zweite Hälfte bes fünften Jahrhunderts zu ver»
— a Die Übrigen erste dieſes Namens fallen in eine weit fpätere
et. [B
Jacthiel (Joktheel), eine Stadt Paläflina’8 im Süden des Stammes
Juda (Sufus 15, 18.). [F.]
Jastas Veneris, ſ. Alea, Bd.’ I. ©. 321.
Jactlum, leichte Wurfwaffe, vorzügli zur Jagd benutzt und daher
dem andrrıov gleichzuſtellen. Man bebiente fich derſelben auch im Kriege,
obgleich bei den Roͤmern zu dieſem Behuf das pilum bie wichtigſte Oflenfio-
Waffe war (f. d. Art. pilum). Ueber vie verſchiedenen Stoß- und Wurf-
Waffen der Griechen und Römer habe ih in der Gymnaſtik und Agoniſtik
der zu I, Re gehandelt. Weber die Erfindung des jaculum Plin.H.N.
VII, 57. [Kse
Jadlra, Stadt auf der liburniſchen Küfte (Illyris Barbara), j. Alt»
Zara in Dalmatien, Mela II, 3. Plin. III, 21. (25.) 22. (26.). Die
Form Jader als Neutr. ſteht pᷣlin. III, 26. (30.) vgl. Rucan. IV, 401. Als
römiſche Eolonte erfheint vie Stadt bei Ptol., und unter dem Namen Col.
Claudia Augusta Felix auf Münzen. Die Einwohner heißen Bell. Alex. 42.
Jadertini. Tab. Peut. Geogr. Nav. .]
Iades (Icön;), ein nicht weiter bekannter griechiſcher Schriftfteler über
Duft; f. Fabric. Bibl. Gr. II. p. 650. ed. Harl. [B.]
Jadı vicus (Tadov xoun, Ptol. VI, 7.), ein nicht näher zu beſtim⸗
menber Ort im Innern von Arabia Felix IE.
Jadöni — Zaldmus 8
Jadsant werben als eine Vollkerſchaft in Hiſp. Tarrac. in ber Nordweſt⸗
Ede Spaniens erwähnt von Plin. IV, 20. (34.). [P.]
Jadun, faljhe Lesart bei Ptol. II, 10.; |. Viadus. [P.]
Jaöra, Irepa, eine Tochter des Nereus und ber Doris, Hom. II.
XVII, 42. Hygin. Fab. praefat. [P.]
Jaözser (Num. 32, 1. Sof. 13, 25. 2 Sam. 24, 5. 1 Chron.
%, 31., Ielno, 1 Macc. 5, 8. LXX. und Eufeb. Onom.; beiJofeph. Ant.
AU, 8, 1. ’Ialwpog, bei Ptol. V, 16. Ialwooos), eine früher den Moabitern
gehörige, dann aber dem Stamme Gab zuertheilte und von biefem an bie
Leviten abgetretene (Iof. 21, 39.) Stapt in Gilead. Sie lag nah Ierem.
48, 32. an einem gleichnamigen See, nad Eufeb. aber an der Duelle eines
Fluͤßchens deffelben Namens, der in den Jordan fiel, und ven Reland p. 825 ff.
gewiß fälſchlich für den Jabbok (f. oben), Nau (f. Buſchings Erpbeſchreib.
V, 1. S. 389.) für den Scheriat Mandhur, Seetzen in Zachs Monatl. Correſp,
XVIII. ©. 430. für den Nahhr Szir, am richtigſten aber wohl Burckhardt
Travels p. 355. für ben in den Wady Shoeb fallenden Eleinen Bach Ain
Hazeir hält. Den Drt ſelbſt, der nah Eufeb. 15 DAN. von Hesbon und
nad der einen Stelle (unter Awo) acht, nah einer andern aber (unter
Ieoyp) 16 Mil. weftlih von Philadelphia lag, hält Seetzen a. a. O. ©. 429.
für bie Ruinen von Szir oder von Szas, zwei etliche Stunden ſuͤdlich der Straße
von Dſcheraſch (dem alten Berafa) nach Eleale gelegenen Ortichaften, über
bie er jedoch Feine nähern Unterſuchungen anftelen konnte. Ginen See fand
Seegen in diefer Gegend nicht, wohl aber einige Teiche, vie Ueberreſte eines
ehemaligen Kleinen Sees fein könnten. [F.]
Jagath (Iayad, Ptol. IV, 1.), ein wenig befannter Ort in Mauri-
tania Tingitana, Öflli$ vom Promont. Phoebi, den man für das heutige
Zetuan oder Teteven in der maroffanifhen Provinz Chus hält. [F.]
Jagbehn oder Zogbeha (Judic. 8, 11. Num. 32, 35.), ein bem
Stamme Gad gehöriger Dre im transjordanifhen Paläſtina. [F.]
Jaguar (Sof. 15, 21. Eufeb. Onom.), ein Ort Paläflina’8 im Süpen
bed Stammes Juda, defien Lage fi aber nicht genauer beflimmen läßt. [ F.]
Jahse (Ierem. 48, 21. 34. u. f. w., in der LXX.’Iaove, bei @ufeb.
Jeooa), eine öftlih von der moabitifhen Wüfte gelegene Stadt Paläftina’s
jenfeit des Jordans, bei welcher die Hebräer einen Sieg über den König ber
Amoriter, Sihon, erfochten (Num. 21, 23 f. Deut. 2, 32. Iupic. 11, 20.),
und die erfi dem Stamme Ruben (Sof. 13, 18.), dann dem Stamme Levi
(3of. 21, 36. 41 Chron. 6, 63.) zugemwiefen wurde. Nach Eufeb. lag fie
zwiſchen Medaba und Debus (Dibon), und kann daher nicht füglich identiſch
fein mit der mohabitifhen Stadt Jahaz hei Sef. 15, 4., melde in ver Näße
von Hesbon zu fuchen iſt, und der wahrſcheinlich vie von Buckingham (Reifen
durch Syrien u. Paläfl. I. ©. 284.) erwähnten Ruinen von Jehaz ange
hören. Vgl. Hefonders Hitzigs der Prophet Iefata ıc. S. 187 f. er
Jaltmus (IrAeuos), eine ähnliche Perſonification wie die des Linus,
und daher auch ald Sohn des Apollo und der Kalliope, oder der Mufe im
Allgemeinen dargeflellt, und als Erfinder bes gleichnamigen Liebes, das in
die Kaffe der Klag⸗ und Trauerliever gehört, betrachtet. Jedenfalls war
ber Jalemus ein Lied fehr ernfler, trauriger Art, nur im hoͤchſten Unglück
vernommen (vgl. 3. B. Aeſchyl. Suppl. 106. Eurip. Hercul. fur. 109.
Suppl. 283. 3c.), fpäter aber minder beliebt und felbft für froftig angefeben,
baber auch dem Spott der komiſchen Dichter auögefegt; wie denn auch Jale-
mus von einem frofligen Dichter geſagt wird und in dieſer Beziehung eine
fat ſprüchwoͤrtliche Bedeutung (vgl. Zenob. IV, 39.) erhielt; f. Gesſner und
Dufoul ad Lucian. Pseudolog. 10. T. VII. p. 444. ed. Bip. und mehr Sei
Bode Geſch. d. hell. Digit. II. ©. 101 f. [B.]
4 Jalmönus — Jumbiichus
Jalmdmus, Sohn des Mars und Bruder des Uscalaphus f. d. Jalm.
herrſchte im böotifhen Orchomenus, Pauf. IX, 37, 7. [P.]
Jalfsus, Sohn des Gercaphus und der Cydippe, Enkel des Helios,
Schol. zu Pind. VII, 128. Dion. V, 57., Erbauer der Stadt d. Ramens.
©. Rhodus. Hochberühmt war im Alterthum das Gemälde des Protogenes,
den Jal. als Heros der Stabt darſtellend, f. Fiorillo RI. Schr. 1. S. 830 ff.
Bol. den Art. Protogenes. [P.]
Jalysus (IcAvoos, Som. II. II, 656. Pind. Ol. VII, 106. Herod.
I, 182. Thuc. VIII, 44. Strabo XIV, p. 655. Diod. V, 57. Mela II,
7, 4. Blin. V, 31, 36., bei Ptol. V, 2. ’InAvooos), eine der drei alten
doriſchen Städte auf der Infel Rhodus und eine der ſechs Haupiſtädte Des
doriſchen Bundes in dem nad ihr benannten Diftricte Jalysia (Diod. 1. 1.),
nur 60 Sta. fünweftlih von der Stadt Rhodus, nad deren Erbauung fie
wohl ſchnell gefunten fein mag, fo daß fie Strabo nur noch als einen Flecken
Tennt, und Plinius fle geradezu mit Rhodus ſelbſt vermechfelt, indem er
fagt: Habitata insula urbibus Lindo, Camiro, Jalyso nunc Rhodo. Ihre
Gitadelle Namens Orychoma (Opvyaue), die wohl nicht verſchieden war von
der Stabt oder dem Kaſtell Achala (Araia), ver erften Anflebelung der Ge=
liaden auf der Infel (Diod. 1. 1. Athen. VIIE, 56.), lag auf einem Berge,
und war zu Strabo’8 Zeiten no vorhanden. No jet führt ein Flecken
der Infel den Namen Ialyfo (vgl. d. Art. Rhodus). [F.]
Jamba (Taußa, Ptol. V, 20.), eine fonft unbekannte Stadt im Sũd⸗
weiten Chaldaäͤa's zwiſchen Sorthida und Rhagia. [F.]
Jambal, einer der Mündungsarme des Rheins bei Serv. zu Virg.
Aen. VIN, 727.3 f. Rhenus. [P.]
Jambe, f. Jambographi.
Jambe, eine bei Plin. VI, 29, 33. vorkommende, fonft unbekannte
Inſel des arabiſchen Meerbuſens. [F.]
Jambia (Icußie, Ptol. VI, 7.), ein Ort in Arabia Felix an ber
Küfte des arab. Meerbuſens, glei ſüdlich neben dem Hafen Charmuthes
(dem heut. Sharm ober Scherm), mohl nicht verſchieden von dem Hafenplatze
Aevan on bei Strabo XVI,p. 780 f. und im Peripl. mar. Erythr. p. 11.,
von wo aus Aclius Gallus feine von Strabo umftändlih erzählte Expedition
ind Innere Arabiens unternahm, und wo die Römer ein Kaftell mit einer
Befagung Hatten. Er führt noch jeht den Namen Janbo oder Jambo. Bat.
Niebuhrs Reiſe I. S. 266. [F.)
Jamblichus, König des arabifhen Volksſtamms der Emefener, mit
ber Mefldenz Arethuſa (Strabo XVI, 753. vgl. Areth. Nr. 12., ®p. I.
©. 712., wo ftatt Strabo I, 6, 2. zu leſen iſt XVI, 2.), unterflügte im
Kriege zwiſchen Antonius und Octavianus den erfteren, murbe aber nach dem
Abfalle des En. Domitius (Bd. II. S. 1216. vgl. Bd. I. S. 567.) von
dem mißtrauiſchen Imperator gefoltert und getöbtet, Dio L, 13. Nach Strabo
(1. 1.) war er der Sohn des Sampflceramus; nah Dio LI, 2. aber hatte
er einen Bruder Alerander, dem Octavianus bie Herrfehaft, welche er wahr⸗
ſcheinlich nach dem Tode feines Bruberd von Antonius erhalten hatte, entzog.
In fpäterer Zeit (734 d. St., 20 v. Chr.) gab Auguſtus dem jüngeren
Jamblichus, Sohn des Jamblichus, vie von feinem Vater befefiene Herrſchaft
zurüd, Dio LIV, 9. [Hkh.}
Jamblichws. Unter den verſchiedenen Schriftſtellern dieſes Namens,
welche die Geſchichte der griechiſchen Literatur kennt (f. Yabric. Bibl. Gr. V.
p. 773. ed. Harl.), ift der berühmtefle unftreitig der neuplatoniſche Philo⸗
foph Iamblihus aus Ehalcis in Eölefyrien, der Schüler des Anatollus (ſ.
oben I. S. 462.) und des Porphyrius, in feinen Xebensverhälmiffen wenig
bekannt, außer baß er in Syrien lebte und noch zu Lebzeiten Genftantins
SJamblichus 5
des Großen flarb, um 330-333 n. Chr. Als Philoſoph ſcheint er von
Zeitgenoffen, wie von ber Nachwelt, insbefondere von dem Katfer Julian,
ſehr hochgeſtellt und gefeiert worben zu feyn, was er vielleicht in unfern
Augen weniger verdienen dürfte, da feine Lehre, vie fi für Platonismus aus⸗
gab, gänzlih mit orientalifden Anſchauungen und Glaubenslehren, fo wie
mit Lehren anderer helleniſchen Schulen, insbeſondere der pythagoreiſchen ver-
miſcht, in einen wahren Syncretismus außartete, und, indem fle der finn-
lihen Anſchauungsweiſe des Drientd und dem Aberglauben ver Zeit huldigte,
ober ihn vielmehr in fi aufnahm, dem Chriſtenthum in feiner immer größeren
Ausdehnung und Verbreitung entgegen zu wirken fuchte, daher auch nit bei _
der Lehre der älteren Neuplatonifer, eines Porphyrius und Plotinus, welche
die Anſchauung Gottes mittelft der Ekſtaſe als hochſtes Ziel der Philofophie
geießt batten, ſtehen blieb, fondern mittelfi der Theurgie, melde in Folge
äufierer Geremonieen u. dgl. ven Menſchen in Verbindung mit den Göttern
und höheren Beiftern bringt, dieſes Ziel zu erreichen fuchte, mithin auch auf
Myſterien, geheimnißvolle Wehen u. dgl. befonderen Werth legte. Bon den
zahlreiden Schriften dieſes Mannes Hat fih nur noch Weniges erhalten,
was zunächft einem größeren, aus zehn Büchern beſtehenden Werke über bie
pythagoreiſche Philoſophie (mepi Ilvdayopov aipsosng) angehört, das durch
eine umfafiende Entwicklung dieſer Philofophie zu dem Studium ver plato⸗
niſchen einführen und vorbereiten follte. Wir befigen davon noch fünf Bücher,
bad erſte nepi zov Ilvdayopıxov Biov, eine audführlihe Darflelung bes
Lebens des Pythagoras und feines Bundes, ohne Kritif aus älteren Quellen
zufammengetragen, aber, da dieſe untergegangen find, für uns doch von
Wichtigkeit, Herausgegeben zuerſt von 3. Arcerius Theodoretus, griechiſch und
lateiniſch, zu Franekt. 1598. 4., dann in berichtigter Geſtalt von L. Küſter
zu Amſterdam 1707. 4., am beſten von Th. Kießling zu Leipzig 1815. in
2 Voll. 8. Das zweite Bud mooroemtıxoi Aoyoı eis Yılooopiar ſoll eine
Art von Einleitung in dad Stubium der platoniſchen Philoſophie geben, bie
aber auch meift aus Schriften älterer Pythagoreer, des Plato u. ſ. w.,
planlos aufammengetragen iſt, heraudgegeben von Arceriuß a. a. D. und befler
von Kiehling zu Leipzig 1813. 8. Bine Deutung von 39 pythagoreiſchen
Sinnſprüchen und Symbolen ift, ebenfalls aus älteren Quellen, beigefügt.
Das dritte Buch meoi nowig nadmuarıxjg ermornung mit vielen Sragmenten
älterer Pythagoreer, namentlich des Philolaus und Archytas, fleht zuerſt voll-
Rändig abgedruckt bei Villoifon Anecdd. Graecc. II. p. 188. unb baraus
befonder8 von I. ©. Fries, Kopenhagen 1790. 4. Das vierte Buch rei
tig Nixouayov apıduntxig eisayayis gab Sam. Tennulius zu Deventer
und Arnheim 1668. 4. heraus. Weiter beflgen wir noch daß fiebente Buch
10 BeoAoyovuera Ts amduntnng in einem Abdruck von Ch. Wechel zu
Barid 1543. 4., und beſſer von F. Aſt zu Leipzig 1817. 8. Verloren ift
das fünfte und ſechſte Buch, das eine Phyſik und Ethik, das achte, das eine -
Theorie ber Muſik, dad meunte, das eine Geometrie, und das zehnte, welches
unter der Aufſchrift eisayaoyr opauınn eine Einleitung in das Studium ber
Dimmelsförper enthielt. Außerdem kommen bei Stobäus Fragmente von
Briefen, wie von einem Werke nepl yuyis vor, bei Julian von einem theo-
logiſchen Werke; auch werben Eommentare zu verſchiedenen Dialogen des
Dlato (Barmenives, Timaͤus, Phädo) und zu den Analytics des Ariſtoteles
erwaͤhnt; verloren iſt auch ein anderes Hauptwerk mrepi tie reAuoraıng Xad-
dainns Giocopias; Damascius hat daraus in der Schrift nepi xoy6r Bruch-
flüde aufbewahrt; f. über biefe verlorenen Schriften Fabricius 1. 1. p. 770.
Ein ebenfalls verlorenes Werk neo! ayaAuaror, Üiber die Bötterbilver, kennen
wir nur aus einer Widerlegung des Ioannes Philoponus, von der Photius
Bibl. Cod. 215. einen Auszug giebt. Hiernad zu ſchließen, wollte Jambli⸗
6 Jambogräphi
chus in dieſer Schrift zeigen, daß bie Bottheit in ihrem Bilde gegenwärtig fet.
Weiter wird no dem Jamblichus zugefährieben eine noch vorhandene Schrift,
meiftens unter dem Titel zepi uvornoios, ald eine dem ägyptiſchen Priefter
Abammon in den Mund gelegte Untwort auf ein Schreiben des Porphyrius
an defien Schüler Anebon: "ABauuamog Adaonerov noös ınv Ilopgvpiov
noos Aveßo EnıoroAnv anoxpıng xai 109 89 avıj anopnuazeor Avgeıs, in
einer lateiniſchen Ueberſetzung des Marfiglio Ficino (Venedig 1483. A.) und
bed Nic. Scutellius (Mom 1556. A.), im griechiſchen Text von Th. Sale zu
Oxford (1678. fol. mit lateiniſcher Meberfegung) herausgegeben. Es follen
darin Zweifel und Bedenken mider vie Wahrheit und Reinheit ber ägypti-
schen Bötterlehre und ihres Cultus widerlegt, der göttlihe Urfprung der
ägyptifchen und chaldäiſchen Götterlehre nachgewieſen, und die von Manchen
beftrittene Theurgit aus dem Princip des Neuplatonismud debucirt werden.
Meiners in ben Comment. societ. scient. Gott. IV..P. IH. (Gotting. 1782.)
p. 50-86. ſucht dieß Bud aus mehreren Gründen dem Jamblichus abzu⸗
fpreden; ihm folgen auch Tievemann (Geiſt der fpecul. Bhilof. III. ©. 453 ff.)
und Nitter (Gef. d. Philoſ. IV. S. 638.), während Tennemann (Geſch.
d. Bhilof. VI. S. 248 ff.) dad Gegentheil zu erweiſen ſucht. Jedenfalls ift vie
Sache zweifelhaft, die inächtheit noch keineswegs vollkommen nachgewieſen. —
S, über das Leben des Jamblichus Eunapius De vitt. philosoph. p. 20 ff.
Suid. II. p. 90. und daraus Eudocia p. 244., über eben und Schriften, wie
Lehre G. E. Hebenftreit Diss. de Jamblicho, philos. Syr. etc. Lips. 1764. 4.
‚Bruder Hist. crit. philos. II. p. 260 ff. 431 ff. Append. p. 369 ff. Fabric.
Bibl. Gr. V. p. 759 ff. Steinhart in Erf und Gruber Eneyd. Sec. IH.
Bd. XIV. ©. 273 ff.
2) Jamblichus, ein Syrer, der zu Babylon gebildet warb, erſt fpäter
das Griechiſche Iernte, lebte zur Zeit des Trajanus; er gilt für den älteften
der griechiſchen Erotiker oder Verfaſſer von Liebesßromanen; von einem foldhen,
mit den abentheuerlichſten Erzählungen angefülten Roman (BaßvAwrıza)
findet fih ein Auszug bei Photius Bibl. Cod. 166., einzelne Fragmente au
bei Suidas; f. die Sammlung derſelben bei Chardon de la Rochette: Melanges
de Critique et de Philologie (Paris 1812. 8.) p. 18 ff. 34 ff. 93 ff. und
in Sr. Paſſow: Corpus Eroticc. (Lips. 1824. 8.) T. I., ein neu entdecktes
Stück daraus auch bei A. Mai Nova Collect. Scriptt. vett. II. p. 349 ff.
Bol. au Fabric. Bibl. Gr. T. VII. p. 152 ff. ed. Harl. und Le Beau in
den M&m. de l’Acad. des Inser. T. XXXIV. p. 57 fi.
3) Jamblichus, ein jüngerer Neuplatonifcher Vhiloſoph aus Apamea,
vielleicht ein Neffe des oben genannten Jamblichus aus Chalcis, der in ven
Briefen des Libanius und auch bei Sulianus, der ihn ungemein erhebt, und
enge mit ihm verbunden war, mehrfach vorfommt, fonft aber nicht weiter
bekannt ift; f. Babric. 1. 1. V. p. 761 f. Gin Jamblichus, des Himerius
Sohn, der in den Briefen des Libanius gleihfalls vorkommt, fcheint Davon
verſchieden; ſ. Fabricius 1. 1. Auch ein Arzt Jamblichus zu Gonfanti-
nopel kommt vor, gefeiert in einem Epigramm des Leontiuß in der Griechi⸗
ſchen Anthologie; ſ. Fabric. Bibl. Gr. XII. p. 252. d. ältt. Ausg. [B.]
Jambogräphi. Faſt gleichzeitig mit der Elegie (dieſe ift um Weniges
älter) entfland die iambifche Poefie; beider Entftehung iſt ein Act ver Emanci⸗
pation von dem bisher allein herrihenden Epos, der Serüberführung ber
Poefle aus den Kreifen des Mythus in das Bebiet der Wirklichkeit, auß ven
Zuftänden einer idealen Vergangenheit in das Leben der Gegenwart: Bei
beiden läßt fi aber au das Herauswachſen aus dem Epos hiſtoriſch ver-
folgen. Bei der Elegie ift das Metrum ſelbſt der deutlichfle Beweis, Bei
der Jambik bildet der dem homeriſchen Kreife zugewieſen Margited (Mao-
ysrınc) dad Mittelglien (vgl. D. Müller 1,232. Bode I, 278-280. 409 f.).
4
Jambogräphi T:
Dieſes nad feinem Helden benannte Gedicht befang bie närriſchen Handlungen
: und Abenteuer eines einfältigen Klüglings, des Margites, des Gegenftüdes
zu ber Hugen Einfalt des deutſchen Eulenfpiegels, und zwar fo, daß zwiſchen
- Die Herameter ohne eine beſtimmte Ordnung, auf willlürlihe Weiſe Samben
gemifcht waren. Ariftoteles (Poet. 4.) betrachtet daher das Gedicht ald den
| Anfang der attiſchen Komödie, was infofern richtig iſt, als dieſe die Vollen⸗
bung ber ioniſchen Jambik ift und ver Margited der Anfang dieſer Jambik.
: Indeffen iſt auch diefes nicht ficher, weil die Zeit des fraglichen Eomifchen
Heldengedichts nicht mit folder Gewißheit beftimmt werden kann, daß man
: nit au den Archilochos als ſelbſtſtändigen genialen Schöpfer der iambi⸗
ſchen Poeſie betrachten könnte. Jedenfalls aber ift die Jambik, wie das Epos
und die Glegie, auf ioniſchem Boden entſtanden und als der am meiſten
charakteriſtiſche Kunſtzweig dieſes Stammes zu betrachten. Denn der beiden
andern Gattungen bemächtigten fich alsbald auch andere Stämme, theils fie
ſelbſtſtändig weiter bildend, theils wenigſtens fie in ihr eigenſtes Bewußtſeyn
verarbeitend: aber der iambiſchen Poefie Entwicklungsgeſchichte verläuft aus⸗
ſchließlich in Jonien, und erſt als die Früchte überreif abflelen von dem Baume
und vom Winde verweht wurden, trieben fle auch in andern Gegenden Keime,
„ befonders in Sicilien. In Attika aber nahm man nur den Geift auf und
vprägte ihn der eigenen Eigenthümlichkeit gemäß in der Komödie aus, bie in
. ihren Anfängen fih nahmeislih an die ionifhe Jambik anlehnt (über das
Berhälmig von Kratinod zu Archilochos vgl. Bergk de religg. com. att.
ant. p. 11 f.) und überhaupt der — lachende — Erbe des Jambos iſt. Einen
. Berjud, den Urfprung diefer Dichtart auf das religiöfe Gebiet zu ziehen,
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ſtellt der Mythos von Jambe dar. Dieje, eine Tochter des Ban und ver
Echo, Sklavin der Dketaneira, der Frau des Hippothoon, und eine geborene
Thrakerin, fol zig Anumcoos anmusrmg eni 17 Tis Övyarpög apnayi,
mposerdeir mepi 109 'Elevoire eni 17 vor Ayelaoıy nalovussm nerog ne-
Irusrm xal die Tu yAsvaouaıav sis yelmız mooayaysodnı mv Heor
( Vhot. bibl. cod. 239. p. 319. Bekk., Excerpt aus Proklos' Ehrefiomathie;
vgl. Schol. zu Nikand. Alexiph. p. 64. 71. und zu Eurip. Orest. Hymm.
auf Demet. 195. 202. S. Preller, Demeter und Berfephone S. 94 ff. und
oben Bd. IH. S. 100 f.). Hierin Tiegt vielleicht die Andeutung einer ber
ionifgen Entwidlung des Jambos parallel Taufenden Entflehung einer ähn-
lichen (und daher gleich bezeichneten) Dichtart auf attifchem Boden, aus dem
Muthwillen am Demeterfefte. Spentificrt aber kann Beides unmöglich werben
wegen der Verſchiedenheit des Raumes, der Zeit und beſonders des Begriffes.
Im Begriffe des ioniſchen Jambos überwiegt keineswegs die Luftigfeit, viels -
mehr das Polemifche, Eindringende, Muthige, Friſche, Nüdfichtslofe, das im
Weſen des Metrums an fih liegt und in allen Geſtalten (auch der bloßen
Betrachtung, denn alles Neflectiren ift ein Näfonniren) deflelben zu erkennen
it, fo daß carmen iamhicum gerabezu in dem Sinne von Schmähgebicht
gebraucht wurde (vgl. die Nachweiſungen bei Welder, Rhein. Muf. 1835.
&. 360. Not. und Photius am a. DO. — 707 iaußor rarreodaı usr eni
Ansdopiag zo nalaıor' nal yap xai ro laußiler xar« zıra ylaovay Aoıdo-
eeiv &Asyor, was er nachher jo mohifictt: dose d& 0 imußos zo uir ma-
'
Anıor ent 109 Eis W0y09 nal Enavor roxypoussor öuoiog Asyeodaı, urel
Sę6 Te; inleoraoar 89 raig nanokoyiaus, TO uEToov Ensider To waußiler eig
zo vBoiler uno tig Ovmdeins Exneoeiv, aisnep ENi Tor KmuMÖur To no-
u@deiodeı), daher auch Ariſtid. II, p. 297. die Iamben zo narıor &boyor
nai Övoyepsorepor eißog Tijs .nomoews heißt. Sonft wurde auch bie impro⸗
viſatoriſche Poefle überhaupt (3. DB. die älteren Tiſchlieder, Athen. X, 458.)
. iambif$ genannt, und bie Improvifatoren ſelbſt Samben (Athen. XIV, 622. B.
vgl. VIE, 284. B.), weil. bie Jamben gewöhnlich recitirt wurben (Bobe IE,
8 Jambogräpki — Arsikilöchus.
1, 297.), wobei die Jambyke zur Begleitung biente (Athen. XIV, 636. B.
Suidas u. Heſych. s. v. iaußunas. Die Klepsiamben find wahrſcheinlich
dasjenige Inflrument, zu welchem bie Gholiamben vorgetragen wurben, vgl.
Athen. am a. D. Gaisford zum Hephaͤſt. p. 254 ff.). — Ueber die ganze
Kunftgattung wurde Ion im Altertbum geichrieben, namentli nennt Athen.
VII, 304. B. (vgl. XIV, 620.) eine Schrift des Lyfaniad (Sohn des Aeſchrion)
‚nepi iaußonowr. Der Alexandriniſche Kritiker Ariſtarchos nahm in ben
Kanon der Iambographen nur drei auf (Quintil. X, 1, 59. tres recepti
Aristarchi iudicio scriptores iamborum), nämlih Archilochos, Simonibes
und Hipponar. Der ältefle und zugleich reiche und bedeutendſte derſelben ift
1) Archilochos, Sohn des Prieſters Teleſikles (Eufeb. Praep. er.
V, 33.) und der Sclavin Enipo (Aelian. V. H. X,13.), aus Paros (Strabo
x, 487. Athen. I, p. 7.F. Hor. Ep. I, 19, 23. u. A.), blühte nad DI.
20 — J. 700 (Glem. ler. Strom. I, p. 397.), oder genauer zur Zeit bed
Königs Gyges (Herod. I, 12. Tatian. adv. Gr. p. 109.), der (f. Bd. IH.
©. 977.) 716-678 regierte, alfo um DI. 23 (Tatian. am a. DO. Wufeb.
praep. ev. p. 492. Gyrill. c. Julian. p. 12. Syncell. Chronogr. p. 180.),
nit, wie @ufeb. Chron. ad a. 1354. angibt, DI. 29, 2. (vgl. Ulrici I,
269. Not. 39.). Nach Eufeb. praep. ev. V, 33. war e8 A., welder ben
Orakelſpruch, den fein Bater erhalten hatte und der die Parier nad der Infel
Aeria wies, auf Thaſos deutete, und daher Anführer der Golonie wurbe
(edevaynoer?). Armuth war das Motiv feiner Auswanderung (Uelian. am
a. D.); doch ſcheint er au auf Thaſos feine Rechnung nicht gefunden zu
haben, wenigflens Tlagt er oft und bitter über den unglüdlichen Zuſtand dieſer
Infel (Strabo 370. 674. Ar. frgm. 8. 19. 47. 48. 116. Bgk.). Er ver
verließ es au bald wieder und z0g unflät In der Welt herum. War er
vielleicht ſchon von Anfang an verflimmt und gereizt durch das Gefühl des
Mißverhältniſſes zwiſchen feinem inneren Gehalte und feiner Äußeren Lage,
fo mußte die Spannung dur vielfache unangenehme Erfahrungen, die er in
Folge feiner Tadelſucht machte (Pind. Pyth. II, 54 f. Serm. Ovid Ib. 521.),
no vergrößert werben. Eine beflimmte Nichtung erhielt fein Groll durch
Lykambes. Diefer, ein Sohn des Dotos (Heſych. s. v. Awradns) hatte ihm
die jüngere (fr. 24. znv Uneprspnv) feiner Töchter, deren er nad Gätulicus
(Anth. gr. III, 391, V. 4.) drei, nad Sultan. aus Aeg. (ib. p. 93, B. 6.)
wohl richtiger zwei hatte, Namens Neobule (frgm. 24 ff. 67. 173.), zur Frau
zu geben verfproden, nahm aber fpäter, vielleicht wegen der unglänzenben
Verhältniffe des Arch., vielleicht au wegen deſſen Gemüthsart, fein feierlich
-gegebened (fr. 81. vgl. 88) Wort zurüd (Drig. c. Cels. c. 201. Dio
Chryſ. orat. 36. p. 461. B.). Dafür rächte fih A. mit der fharfen Waffe
feiner Jamben; mit dieſen griff er Lyk. fammt feiner ganzen Familie aufs
Unerbittliäfte an, verbächtigte namentlih auch die Keufcähelt feiner Töchter
(3. ®. fr. 28.). Doc fehlte es fpäter nicht an galanten Dichtern, welde
bie Ehre derſelben verfochten und befonders bieß geltend machten, daß ja X.
felb fie zur Frau begehrt babe (Diodcorid. Anthol. Epigr. 33. Meleager
Epigr. 119.). Die Volköfage, welche in ſolchen Fällen gerne fragt, was
denn der andere Theil gethan habe, Täßt hier, wie bei Hipponar, Selbſtauf⸗
hängen ber fämmtlidden Angegriffenen die an fich überaus unmahrfcheinliche
Bolge feyn (Hor. Ep. I, 19, 25. 30f. Schol. zu Epod. 6, 13., daher
Lycambei latratus, Sidon. Apoll. I, 11. Ovid Ib. 54.), womit nur bie
töbtlihe Schärfe diefer Jamben charakterifirt ifl. In Folge diefer Erlebnifie
nahm feine Satire ‚gerne die Richtung gegen das weibliche Gefhleht (Dies
leager 1. 1. Ensw» naAry garır yuramsior Erpanev eis noAeuor), in welder
Beziehung er die Grenze des Grlaubten —**— ũberſchritten haben muß
(Blut. de curios. VIII, p. 64. 707 on A. ng05 Tag yuralkag aRgenas
Jamhbogräphl — Archilöchus. 9
xœi anoAnoras eionueror. vgl. die Kabel bei Bal. Mar. VI,'3, 1.), daher
ihn Orig. c. Cels. III, c. 25. in feinem chriftfichen Eifer ardga &r naniorn
xai aasAysorarn vrodioeı enıdeisauevor T79 Eavrod nomtnnv nal &00g
acalvi; nal’ anadarpror napaorıoevıa nennt, und Guſeb. praep. ev. p. 229.:
aröpa nartaioıs xar& yuvamar aloycoponuoovraKs al abonToAoyiaus, kg
0VE EI EHOVORL IS 0WPLWF ArTE VrOusiveist, &9 Toig Oineloız TOIMURmM 1E10T7-
usros, und Sultan ihn und Hipponax feinem (Ideal⸗) Priefter nicht zu leſen
geben wollte. Diefe allgemeine Bervammung hatte die Folge, daß die Gebichte
nicht auf und Famen und fogar ber Bruchflüde dieſer Urt ſehr wenige erhalten
find, weil Niemand feine Kenntniß derſelben verrathen mochte. Sonft tft e8
vornemlih feine rückfichtsloſe Shmähfuht, durch melde er im Alterthum
berüdtigt iſt und um deren willen ihn Lucian (Pseudol. IH, $. 1.) als
ıröge nomön 8AevdEg07 zul GreudiLe,
ei nad Otı uelıora Aunnosv EueAlev ToVs Tepımereis E00uEvoVS Ti YoAT
or iaußor avrov ſchildert. Auch davon können wir und auß den erhaltenen
Reſten kaum eine Vorftelung machen; nur daß er 3. B. feinen Freund (fr.
8. 14.) Perikles nicht verfhont, fehen wir (fr. 64.), und Athen. X, 415.D.
berigtet, daß er den fr. 73. (ironiſch?) zoAv gie Eraipov genannten
Charilaos wegen feiner Gefräßigfeit perfiflirt Habe. Aber das einflimmige
Zeugniß der Alten (3.2. ic. ad Att. II, 20. 21., ’Aoyidoyor nareiv ſprich-
wörtlich, vgl. Liebel p. 39 f.) läßt über feine Bitterkeit, welche nur wahres
Verbienft (Ariſtid. II, p. 293. 098 "A. ovg apiorovs rar "EAAmar äkeys
xaxods) und das Ende des Lebens (fr. 58.) als Schranfe anerkannte, keinen
Zweifel. Es hängt dieſes mit feiner ganzen Perfönlicgfeit und feiner Stellung
zu feiner Zeit zufammen. Die glühende Leidenſchaftlichkeit und demofratifche
Zügellofigkeit der Ionier war bei ihm zum Extrem gefteigert: er ift eine
zappelnd unruhige, ſchroffe, ſtachligte (mopmıwdng, Euftath. II, p. 88. vgl.
frgm. 83.) Perfönlichfeit, überall und nirgends iſt er zu Haufe (vgl. fr. 18.
und Put. de inst. Lac. VI, p. 888., der wohl aus Gonfequenzmaderei
gebildete Mythus, U. ſei aus Sparta wegen Rhipſaſpie ausgewielen worden),
überall hat er Öffentlihe und Privatkämpfe und Zeinde. Er if ein Mann
von dem ihärfften, ſchneidendſten Verſtande, ver eröarmungeloe alle Täuſchun⸗
gen des Lebens aufdeckte, alle Borurtheile zerftörte, der überall hinabſah His
auf bie trübe Hefe, und einen unminerftehlichen Drang in fi fühlte, fle auf-
zurühren. Wie ex fich theoretiih (fr. 11. 12.) und praktiſch (fr. 5.) über
die Vorſtellungen und Gefühle feiner Zeit und feines Volks Hinmegfeßte,
davon Hat er ſelbſt Zeugniß gegeben in feinen Gedichten, in welchen er nad
der ganzen perfönlichen Richtung derſelben und nach Humoriftenart rüdhalts-
Inte Seldftbefenntniffe niedergelegt hat; denn er verfehont ſich ſelbſt fo wenig
als feine Freunde, mas Aelian 1. 1. in feiner Eleinlichen Weiſe beſprochen
bat. Er fland mit feinem durchdringenden Verſtande ebenfo fehr über feiner
Zeit, als er fonft in ihr fand; Niemand Tiebte ihn. (f. Pind. 1. 1.), und
dieſes Gefühl ver Bereinfamung, des Zermürfniffes mit feiner Welt, vieler
Mangel an Liebe machte ihn ‚gewiß innerlih unglüdlih, und daher kam
wohl feine Zerflörungdfuft, feine Freude am Enthüllen alles falfchen Scheines,
am Zerträmmern aller hohlen Herrlichkeit, fein Hervorheben der bunfeln
Kehrieite an allem Blanze; ſelbſt unglüdlig und, wenn auch nicht äußerlich
(fr. 21. &.), fo doch innerlich unzufrieden, Eonnte er nicht leiden, daß An⸗
dere zufrieden fcheinen und glüdlich zu feyn mähnen, ohne es objectiv zu feyn.
Doch griff er in dad Leben auch thätig ein (vgl. fr. Uff.) und fand im
Kampfe aud feinen Tod. Lebteren ſetzt man, durch die Angabe von Eufeb.
Chron. ad a. 1354. veranlaßt, gemöhnlih (f. z. B. Liebel p. 42.) in Ol. 29.
Aber da au diefe Annahme mit dem Wortlaute der Angabe des Eufebius
flreitet, fo fann man ebenjo gut, wofern man Gründe dazu a diefelbe
IV.
10 Jambogräphi — Archilöchus.
ganz verwerfen. Jedenfalls Tann U. nicht 60-70 Jabre alt gemorben ſeyn;
fo lange fortgefeßt hätte fein Treiben etwas Widerliches; U. müßte fih in
den fpäteren Decennien anderen Formen der Voelle zugewendvet haben, wovon
fih feine Spur findet (3. B. Blut. Cat. IV, 372. Rsk. zählt nur drei Ele-
mente feiner Dichtungen auf: zo zınoor, zo axoAroror und To naudrpiwöeg).
Vielmehr gieng fein Leben verhältnigmäßig früh zu Ende; er flarb in voller
Manneskraft, in einem Kriege wahricheinlich gegen die Naxier, wenigftens
war e3 ein folder, der ihn (er xuoav vouw, Heratl. Pont. Polit. p. 19.)
erihlug; er hieß Kallondas und hatte den Beinamen Korar (Blut. de sera
num, vind. 17. p. 560. D. Guſeb. praep. ev. V, 33. nennt ihn Archias).
ALS diefer Tange nachher (IIvdix tiuwpovo« To A. To naAcı yanpo, Euf.)
das Orakel zu Delphi befragen wollte, wurde er mit dem Spruche ausge⸗
wielen: Movoaar Hepunosı« narenıaves‘ EEıdı vaoo (Galen. Protr. p. 1.
Ariftid. II, p. 297. Suid. s. v. Aox.), und erfl wieder zugelaffen, als
er die Seele des U. verföhnt hatte (Plut. Suld.). Das Grab des. war
am Ufer des Meered (naganoruor, im Epigr. des Gätulicus). Auch feine
Landsleute erwieien ihm Ehre (xcineo BAxoprunoeree, Ariftot. Rhet. II,
p. 43.). Die Alten find ſeines Ruhmes vol (f. Liebel p. 17—21.): häufig
ſtellen fle ihn in künſtleriſcher Virtuofität mit Homeros zufammen, aber auch
mit Pindaros und Sophofles, von denen Jeder das Höchſte in’ feiner Art
erreicht hat (3. B. Eic. Orat. I, 2. Bal. Mar. V, 3. Bell. Pat. 1,5,2.
Longin. de subl. 13, 3. 33,5. Auch dur die Plaſtik mit Som. verbunden,
f. Visconti, Iconogr. grecque I, p. 62 fj.); Dio Ehryf. Or. XXXIII, T. II.
p. 5. R. flellt ihn dem Homeros gegenüber, der gutmüthig Alles gelobt habe.
Duintil. X, 1, 60. fagt von ihm: Summa in hoc vıs elocutionis, cum va-
lidae tum breves vibrantesqve sententiae, plurimum sangvinis atqve ner-
vorum, adeo ut videatur qvibusdam, qvod qvoqvam minor est, materiae
esse, non ingenii vitium. Letzteres brüdt Suidas läherlih fo aus: zoumens
yeryaios TaAAr, Ei ig adTOD 10 aioypoenkg nal zo naxopuru0or apelcı —
alfo gerade das Charakteriſtiſche. Für feine Eigenthümlichkeit paßte einzig
diefe Kunftgattung, die er fi frei gewählt, ja fogar neu gefchaffen hat —
und jene Eigenfchaften find nothwendige Ausflüffe davon. Geine Stoffe hat
er aus dem gewöhnliden Leben genommen, und diefem entfprechdend iſt auch
feine Diction (vgl. DO. Müller ©. 247f.). Seine Hauptgröße beſteht in der
Form; vor ihm war die Zahl der Metren eine fehr Eleine; Homeros' Ueber⸗
gewicht Tieß nur daktyliſche Maße auffommen; aber U. hat die Banden ge⸗
fprengt, den Zauber gebrochen, die Thüre geöffnet, daß eine ganze Welt von
Metren, von ihm ins Dafeyn gerufen, fich in die Kiteratur ergo Hierin
ift er originell, ſchöpferiſch; Nichts ließ er im alten Belelfe, ale Mage wür=
felte er, nedifch erperimentirend, durdeinander, aber immer entfland, wie
beim Kaleivosfope, ein Eunftvolles Reſultat, ein ſchönes Gebilde. Er ſchuf
theils durch geniales freied Aendern, Umftellen, Verkürzen, Verlängern her
gebrachter Füße und Verſe neue Metra, theild eroberte er für eine neue
Gattung nun auch eine neue Bahn. Mit gemandter, fefter Hand beberrichte
er die Formen, mit untrüglihem Griffe paßte er jedem Gedanken, jedem Ge—
fühl, jeder Leivenfchaft die rechte Form, den entſprechenden Leib an (PVictorin.
IV, p. 2588. Ptſch. fecundus varietate carminum et singularis artificii in
excogitandis novis metris, - - rursus haec eadem connectens per cola et
commata inter se, innumerabiles edidit species). Eine ganze Menge Versmaße
(4. B. die epodiſchen) ift nah ihm, al8 ihrem Erfinder, benannt, und Liebel
zählt (p. 23—33.) flebenundgwanzig auf, welche er nachweislich gebraucht
bat, worunter außer allen Arten von Jamben auch der Pentameter ifl, defien
Erfindung gleichfalls auf ihn zurüdgeführt wirb (vgl. Liebel p. 28. Anm. i,
aber auch Callinus, oben Bd. II, ©. 90.). Zugleih war er ſelbſt Tonfeger
Jambogräphi — Simonides. 11
feiner Gedichte (Theokr. Epigr. 19.) und mar auf in der Mufik erſindungs⸗
rei, wo er befonderd das Verbältnig zwiſchen Vortrag und Gefang neu
tegelte und die napaxaradoyn (f. d.) einführte, vgl. Plut. T. II. p. 1134. F.
1140. F. Liebel p. 33— 36. Victorinus nennt ihn daher (1. 1.) au) parens
artis musicae. Sieben Sauptarten werben von ihm erwähnt: 1) Elegieen
(Athen. XI, 483. D.), 2) Epigramme, 3) Samben im engeren (metrifhen)
Sinne, 4) Tetrameter, bei. trochäiſche (Hephäft. p. 27. Athen. X,415.D.),
5) Epoden, 6) Hymnen (auf Herafles), 7) Jobakchen. Aber aus dieſem
Meere haben ſich nur einzelne Tropfen erhalten; Bergk bringt die Zahl der
größern und kleinern Zragmente auf 192, und vielleicht iſt Hierunter noch
mandes Unädte, da man häufig Gevichte in archilochiſchen Maßen geradezu
Archilochos felbft zufchreiben mochte, au fein Name vielfach mit ähnlichen
verwedhfelt wurde. Schon im Alterthum wurden feine Gedichte commentirt
von Apollonius Rhodius (Athen. X, A51. D.), Heraklides Ponticus (Diog.
| 2aert. V, 87.), Ariſtarchus (Glem. Aler. Strom. I, p. 726.). Die in Ci⸗
: taten erhaltenen Fragmente haben gefammelt Gaidford Poet. min. gr. III,
p. 90-130. (ed. 1823.), I. Liebel (coli., adnotationibus VV. DD. suisqve.
: animadw. illustr. et praemissa de vita et scriptis poetae comment. ed.
; Lips. 1818. ed. 2. Wien 1819. 8. vgl. F. Thierſch in ven Wien. Jahrbb.
' 4821. II. ©. 38 ff.), Schneivewin, delectus poes. gr. 172—196. und am
beften Ih. Bergk, poet. gr. Iyr. p. 467—500. 886. Ueber Archilochos vgl.
die griech. Lit. Geſch. von Schoͤll (1. 147—149. 178.), Ulrict (I, 269— 281.
‘ 303.), Bobe (II, 1, 287—318.), DO. Müller (I, 236—248.), €. 2. D.
| Sud, Verſuch über die Verdienfle des A. um d. Satire, Zerbit 1767. 8.,
(
.
- me sn nd — A TE — TO 3 wi —
3. ©. Huſchke, diss. de fabulis Archilochi, Altenb. 1803. 8. (Matthiä Misc.
1, 1—50.), Liebels Einleitung, F. Jacobs in Erſchs u. Grubers Encycl. I,
S, ©. 141—143. Fabricius Bibl. Gr. II. 107. Harl. (Gaisford III, p.
B85-89.). Sevin recherches sur la vie et sur les ouvrages d’A. in ven Mém.
: de 1’Acad. des Inser. X, 36—53. Burette, ebenbaf. p. 239—253. (def. über
ihn als Metriker u. Muflfer). Vgl die Abh. von Welder Kl. Schr. Bonn 1844.
} 2) Simonides, der Sohn des Krines (Suid. s. v. Auoviöno), von
Amorgos (Auopyivos, Strabo X, p. 487., auch "Auopyıos, Proflus bei
' Athen. XI, p. 460. B. und Phot. bibl. c. 239. Schol. ad Aristoph. Pac.
1147., vgl. übrigens Schneidewin in der Zeitſch. f. Alt. Wiſſ. 1836. ©. 366.
Anm.), genauer aus der Gemeinde Minoa auf Amorgos (Steph. Byz s. v.
' ”Apopyös), der Jambograph genannt, zum Unterſchiede von dem fpäteren
Eyriker Simon. von Keos. Er lebte 490 Jahre nach dem trojanifchen Kriege,
' alfo (vgl. Welder, Rhein. Muf. 1835. S. 356.) um DI. 29. (Eyrill. c.
‘ Julian. I, p. 12. C.) und war fomit ein jüngerer Stamm⸗ und Zeitgenoffe
von Archilochos (Elem. Alex. Strom. I, 21, 131. p. 398. Pott. xara Agyi-
' Aoxos, vgl. Syncell. p. 213.). Proklus (exc. ex chrestom. gr. c. 7. bei
Vhot. p. 522.) fegt ihn gleichzeitig mit dem (jonft unbelannten) macedoni⸗
Shen König Ananios. Urfprünglid auf Samos geboren, zug er als An⸗
führer einer ſamiſchen Colonie nad) Amorgod (Suidas 3. v. Zuuuias ‘Podıos,
was aber auf unfern Simonibes zu beziehen ift, |. Welder ©. 354.); fonft
fe Über feine Kebendverhältniffe nichts bekannt. "Eyoawer srzyein» 8» Bı-
PAdoıs B (Suid. Ziuwr.) und xarz sag [nmpozos] iaußovs nal ara
Öegopa, apymoroyiar ze or Zauior (Suid. Zıuuiac), und der Gramma⸗
sifer binter Genforinus fagt (c. 9.): Archilochus et Simonides trimetrum
iarnbicum, chorium catalecticum tetrametron composuerunt. Die beiven
erfien Notizen combinirt Welder ©. 357. in ber Beife, daß er annimmt,
Sirmonidem res Samiorum carmine elegiaco descripsisse, cui a grammati-
cis archaeologiae nomen a re datum sit, wofür die Analogie von Aflus
und Bias fpridt; Schneidewin dagegen (am a. D. ©. 368.) meint, bie
12 Jambogräphi — SimonYdes.
Elegien haben Lebensbetrachtungen enthalten, dergleichen fr. 1. gibt und fpäter
befonderd Mimnermos angeftellt hat, was alfo zu der gnomifchen Art ber
Glegie gehörte, vergleichen ſich fonft viele einzelne Spuren erhalten Haben,
von Sim. aber Eeine. Nur von feiner bedeutenpften Leiftung, feinen Jamben,
welche mindeſtens zmei Bücher eingenommen haben müflen (z. ®. fr. 10.
u. 31. gehörten dem zweiten Buche an), wie feine Elegien (mofern bie letz⸗
tere Angabe nicht auf einer Verwechslung beruht), haben fih Bruchſtücke
erhalten, worunter zwei bedeutende von 24 und von 118 Verſen, daß erfte
Betrachtungen über das menfhliche Leben enthaltend, das zweite das foge-
nannte carmen de mulieribus. Siena fcheinen feine Samben zweierlei
Inhalt gehabt zu Haben, gnomiſchen und ſatiriſchen, ohne daß man fi
aber (mit Welder S. 359.) beides äußerlich in zwei Bücher geichieven
zu denken braudt. Er hätte alfo die Gnome von dem Gebiete des Hexa⸗
meterd (Heflodo8) und der Elegie, worauf fie bisher ausſchließlich fortge⸗
fommen war, in den Boden der iambifchen Maße herüberpflanzt oder das
iambifhe Maß des Archil. für allgemeinere Tendenzen verwendet. ine folche
Berallgemeinerung zeigt ſich Archil. gegenüber bei ihm auch In dem eigentlich
Satiriiden. Zwar fol er befonders einen Orodoikides mit feinen Jamben
verfolgt Haben (Lukian. Pseudol. 2.), der ed inbefien zu der Berühmtheit
feiner Leidensgenoſſen Lykambes und Bupalos nit zu bringen vermocht hat.
ber dem Stüde, woraus wir allein über ihn urtbeilen Tönnen, dem Gedicht
auf die Weiber, fehlt es an perfünlichen, eine beflimmte Zeit und Gegend
ausſchließlich charakterifirenden Zügen. Es ift eine allgemein gehaltene
Schilderung des weiblihen Geſchlechts, welche auf alle Zeiten und Länder
faft glei gut paßt. Die Einkleidung ift diefe, daß der Dichter den in Geift
und Breiheit nit aufgehenden Neft von Natur im Weibe auffaßt und feine
Verwandtſchaft mit der bloßen ungeifligen Natur dadurch nachweist, daß er
die Schilderung der einzelnen Eigenfhaften an Ihiergattungen anfnüpft, in
welchen dieſelben gleihfam perfonifleirt find. Diefe Cinkleidung ift weder an
fich fehr geiftreih, indem fie allemal nur einen einzigen Zug eine ganze Ber-
fönlichkeit conftituiren laͤßt, noch auch neu und originell (Welder ©. 386 f.),
auch iſt die Anlage ziemlich einförmig und ermüdend, die Ausführung epifch
breit und dad Wigige der Wendungen abflumpfend, die Karben ziemlich ſtark
aufgetragen, die Sprache etwas derb, wie es der Weiſe des Volks, welcher
der ganze Gedanke angehört, angemefien if; andererfeitd aber enthält das
Gedicht nieles Gelungene, Wahre und Treffende (vgl. def. ®. 67 ff. 106 f.)
und verfährt mit einer gewiſſen Gerechtigkeit, indem er doch au Ausnahmen
von der Regel zugibt. Daher hat die Bermuthung (3.8. Welders 6. 362.)
viele Wahrfcheinlifeit, daß nämlich dieſes Gedicht einen Beftanbtheil eines
größeren fatirif=bibaktifden gebildet Habe, mozu au fr. 5. gehörte und
befien Gegenftand die Wahl einer pafienden Gattin war, zu welchem Behufe
bie verſchiedenen Arten der Weiber kritiſch durchgenommen wurden, um die
befte als die zu wählende varzuftellen, welche praftiige Wendung Phokylides
(fr. 3. Bgk.) wirflih nimmt. Vergleichen wir Simon. mit Archil., fo iſt er
diefem freilich in allen Punkten nadzufegen: er hat nicht deſſen ſchöpferiſche
Kraft, Senialität, nit feine reihe, große, glühenve, fprubelnde Perſönlich⸗
Teit, nit feine Brazie und Leichtigkeit; er ift ein zahmer Satiriker, denn
Muth gegen Weiber ift Tein Muth, und fonft fpriht er in den erhaltenen
Bragmenten nur von Käfe (fr. 21. vgl. au fr. 22 ff.) und andern fhönen
Sagen diefer Art. Gr erhebt ſich nicht über bie orbinäre Gefinnung (fr. 2.
vgl. mit Archil. 57. u. 58.), aud nit Über feinen Stoff. Eine gewiſſe
Gebundenheit fühlt id in allen feinen Stüden durch, welche gegen bie groß-
artige Beweglichkeit, ven fehwinbelnd kecken Muth, das Teihtfinnige, muth⸗
willige Selbſtvertrauen des Archil. grell abfliht. Es if ala 06 bei Simon.
Jambogräphi — 'Solon. 13
bie Nabelſchnur, welche die Jambik an das Epos kettet, als den mütterlichen
Schooß, aus dem fie, wie alle griech. Poefle, hervorgegangen, noch nicht
vollſtaͤndig gelöst wäre, er iſt noch mehr Epifer, wiewohl fein Stoff die
SGegenmart if. Darum darf man ihn-aber nicht etwa für Alter als Archil.
halten; dagegen fpricht ſchon die Ordnung, in welcher regelmäßig bie brei
kanoniſchen Jambifer aufgeführt werden (3. B. Lufian. Pseudol. 2. Proklus
Exc. 1. 1.) und welde nur eine Zeitorbnung ſeyn kann; auch ift bei ihm
nicht mehr das freubige, ſiegesgewiſſe Ringen mit der Form, wie bei Arch.,
fondern dieſer ift ſchon ein feftes Bette gegraben, fie iſt etwas Conventionelles
geworben; dad euer hat fon verglüht, der Ton ift gefeßt und ernft (was
fi$ ſchon In den vielen Spondeen von fr. 1. zeigt); mit dieſem Mangel an
fünfilerifcher Friſche und Energie hängt auch das Zeflfleben am Epiichen zu⸗
fammen. Uebrigens find feine Gedichte, als die einzigen größeren Ueberrefte
der Älteren Satire und des tonifchen Dialekts (vgl. Welder S. 369—371.)
in der Poefte, von hohem Werthe. Geſammelt find fie zuerft in H. Stepha⸗
nus' Lyrikern (1560. 1566. 24.), welcher die zwei Jahrhunderte fortwirkende
Vermiſchung mit den Gevichten des Keers begann (Welder ©. 363—365.),
die 3. B. no bei Gaisford III, 209 ff. Statt findet. Welder war ber Erfte,
welder die Scheidung nad Dialekt und Metrum ftreng durchführte, wobei
er aber nur in dad entgegengefehte Extrem verfiel, dem Amorginer zu viel
zuzuſchreiben (in feiner Abh. Sim. Am. Jambi qvi supersunt. Colleg. et
rec. Fr. Th. W. im Rhein. Muf. 1835. ©. 353—438., au befonders
abgevrut, Bonn 1835. 8.), vgl. Schneidewins Anhang zu feiner Ausg. des
Sim. Ceus. Die neueften Sammlungen find von Schneidewin, delectus,
p. 196— 207. und vollſtändig von Bergk, Iyrici p. 500—511. (36 Stüde,
wozu aber no ibid. p. 806. Nr. 244. Hinzuzufügen if). Das Carm. de
mul. ift befonvers herausgegeben von G. D. Köler (mit Borw. von Heyne,
Götting. 1781. 8.), bearbeitet von K. W. Müller (Jena 1831.) u. 8. W.
Schneidewin in feinen Exercc. critt. in poet. gr. min. (Braunſchw. 1836.)
e. I., überfegt von Lindemann und Braun (f. Welder S. 400. not.). Neber
Simon. überhaupt vgl. Barker im Classical Journal Vol. XVI. p. 218 ff.,
Ulrici TI, 304— 307., DO. Müller I, 249 f., Bode II, 1, 318—327., Welder
am a. D. S. 353—373.; das Aeltere ift wegen der Vermengung mit bem
Lyriker S. unbrauchbar.
Der Zeit nad ift der nächſte Sambograph der als Athens Geſetzgeber
und ald Elegiker bekannte Solon (zu Anfang des ſechsten Jahrhunderts).
In den Neften feiner Jamben laſſen ſich wiederum zwei Sauptarten unter-
fgeiden: die eine lambifh im engern Sinne, mozu daß Bild attifher Genuß⸗
fucht in fr. 37. Bgk. gehört, in der andern tritt die ſatiriſche Nichtung nicht
fo unmittelbar hervor: fr. 35. 36. enthalten eine Nechtfertigung feines polle
tiſchen Thuns, eine Vertheidigung gegen die Angriffe der Parteien, über melde
er ſich geflellt (fr. 36, V. 1—3.) und die er fi daher alle zu Feinden ges
macht hatte. Auch Hier iſt der Jambus eine Waffe, ein ſcharfes, zweiſchnei⸗
diges Schwert, aber er braucht e8 nicht zum Angriff, fondern zur Abwehr.
Der Ton des Dichters iſt see! im Bewußtfeyn feines guten Rechts, zürnend
wegen des Undanks feines Volkes. Die Verſe find eine politifche Rede, ber
das überfirömenve Gefühl die Klügel der Kunſt geliehen hat, berechnet auf
veffamatorifchen Vortrag, nit auf Befang. Die Eprade hat viele ioniſche
Elemente. Sammlung der folonifden Jamben bei Gaisford IT, p. 144 f.,
Bach (Solon. Relig., Bonn 1825.) p. 58 f. 104 f. 108 ff., Schneidewin
Delect. p. 34 f., Bergk p. 335-337. und über ©. als Jambiker f.-Ulrici
II, 307 f, Bode II, 1, 328—330., DO. Müller I, 250 f. Auch Epoben
dichtete Solon (Diog. Laert. I, 6. 61.), von denen fi aber Nichts erhalten
bat. Dal. überhaupt den Art. Solon. — Der dritte kanoniſche Jambograph IR
\
16 Jambogräphi — Ananlus.
durch ihr plögliches Abſchnappen perfifliren ließ, fo die homeriſche Form durch
einen inadäquaten Inhalt. — Die Bruchſtücke des H. find geſammelt von
F. G. Welcker Hipp. et Anan. Jambogr. fragm. coll. et recensuit, Gott.
1817. 4., von Schneidewin Delect. p. 208—222. und am vollſtändigſten
von Bergf Iyrici p. 511—532. 887. (vgl. mit Zeitſchr. f. d. Alt. Wiſſenſch.
1843. ©. 958.), wonach es 131 Stüde find, wovon aber fr. AO. 69. 71.
mit mehr oder meniger Sicherheit abzurechnen find. Ueber Hipp., feinen
Dialekt, Leben u. dgl. wurde ſchon im Alterthum gefchrieben (oi eänyno«-
ueroı, Athen. VII, 324. A., Sol. zu Ariſtoph. Pax 484.), namentlid von
Hermippos aus Smyrna (Athen. VII, 327.B.C., f. Bd. II. S. 1221.);
aus der neueften Zeit f. außer Welder, Ulrici II, 308—312. 314. Bode II,
1,330—342. DO. Müller I, 252— 254. Wahrfcheinlich gleichzeitig mit ihm iſt
Ananios (nur Tzeges hat ’Araviag), von dem nur fo viel befannt
ift, daß er einerfeltd vor Epicharmos (der DI. 60 erft geboren wurde, f.
Bd. III. ©. 173.) lebte, va dieſer ihn ſchon citirte (f. Athen. VII, 282. B.),
andererjeits (f. Welder S. 109.) von Hipp. der Zeit nah unmöglich fehr
entfernt geweien ſeyn Fann, da fonft fein Schwanfen darüber hätte flattfinven
fönnen, ob er oder Hipp. der Erfinder der Choliamben fei (Hephäft. p. 16.
zo 1wAov' önep Tirks usr Innovanzos tıris Öb Avariov Paoiw evonue,
vgl. Phot. p. 2642. 2644.), während andere Grammatifer (f. Tyrwhitt de
Babrio p. 17.) fo unterfhieden, daß Hipp. die Sfazonten, Anantos die
Steigerung bderfelben, ven Ischiorrhogikos (mo auch der fünfte Fuß antispa-
ſtiſch iſt) erfunden Habe, in welchem Yale An. jedenfalls der Jüngere von
beiden feyn müßte (aber auch ſchon Hipp. hat den Ischiorrh. angewandt).
Ganz fiher ift. zwar jener Schluß auf die Gleichzeitigfeit beider nicht, da daß
Schwanken auf blofer Unfenntnig beruhen könnte; aber er wird doch beflätigt
durch das Zeitverhältnig des Un. zu Epicharmos. Wieleiht daß aus der
Erwähnung durch diefen auch auf Landsmannſchaft (aus Sicilien) zu ſchließen
it, auch der Inhalt feiner Jamben ſpräche dafür, die fich weit ausfchließenber
und ernfthafter als die des Hipp. mit den Eleinen Verhältniffen des Lebens,
namentli den finnlichen Bebürfniffen befhäftigen. Wegen der vielen ſach⸗
lichen und metrifhen Berührungspunfte mit Hipp. waren fon die Alten
Öfterd zweifelhaft, welchem von beiden ein Vers angehöre (Schol. zu Ariſtoph.
Ran. 659. Athen. XIV, 625. C. III, 78. F. vgf. mit Stob. Floril. 97, 12.),
eine Frage, welde in dem erften Beifpiele (Hipp. fr. 71. Bgk.) zu Bunften
des Ariſtoph. (und Hipp.) entſchieden wurde, wenn An. wirklich ein Sici⸗
lianer wäre; dann hätten wir auch nur Beifpiele von Choliamben (nicht auch
von reinen Iamben) und Hinktrochäen von ihm. Diefe Versform feheint
übrigens bei ihm bereit8 von ihrem Ernfte und ihrer Bedeutung verloren zu
baben; er braucht fie nur ala eine muntere und als eine ſolche, welche Ge⸗
legenheit gibt, uniambiſche Kunftausprüde anzubringen; im Verlaufe wurbe
das, was bei Hipp. charafterifiif$ war, conventionel und Babrios 3. B.
fertigte die Choliamben zu Taufenden. Wohl nur irrthümlich nennt Tzetzes
-(Prolegg .ad Lycophr. p. 254. Müll.) ven Au. flatt des Simonides, unter den
drei aoıngeneis iaußoyoapoı. Die erhaltenen drei Bragmente, melde Kunft,
Witz und viele gaſtronomiſche Sachkenntniß verratben, find gefammelt von
Welder am a. O., von Schneidemin p. 223 f., Berge p. 533.
Veber die fpäteren griechiſchen Jambographen f. d. Art. Aeschrion (DI.
112 ; die Mefle in Schneidemind delect. p. 224—226.), Archelaus (Athen.
XII, 554. E.), Asopodorus (er rois xarakoyadnv iaußors, Athen. X, 445.),
Babrius (von dem neueftend auf dem Berg Athos durch Mynas eine große
Anzahl neuer Choliamben entdeckt worden ift), Callimachus (Bd. II. ©. 87.),
Cercidas, Charinus (f. Knochs Progr. de auctt. qvi choliambis usi sunt,
Herford 1841. 8.), Cleanthes (irußeie, ſ. Bd. II. ©. 432.), Critias (aus
Janhbülus — Sanass 17
Chios, f. ®b. U. ©. 761. Ulrici I, 820 f. Schneibewin del. p. 230 f.
Bergk p. 334.), Demetrius (Bb. II. S. 936. Nr. A.), Diphilus (®b. II.
©. 1098.), Hermias (Bb. II. ©. 1216. Nr. 4. Schneivewin p. 230.),
Hermippus (ſ. Fritzſche, de sortitione iudicum p. 88.), Herodes (Bd. IH.
©. 1236. Nah Plin. Epp. IV, 3. war er wohl ein Alerandriner. Vgl.
Ulrici II, 315 f. Schneidewin del. p. 231—234.), Monius, Moschine (attiſche
Jambendichterin), Parmeno (Schneidewin p. 229 f.), Phoenix (iaußo» mor-
rıng KoAogwnos, Bauf. I, 9, 8., er befang die Eroberung von Kolophon
in einem Klagliede, lebte daher um DI. 118. Die Reſte bei Schneidewin
p. 226 —229.), Samus, Theocritus, Timocreon (Sol. zu Ariſtid. T. III.
p. 120. Dind. Ulrici IT, 318—8320.), Timon, Xenophanes (von Kolophon,
ſ. Ulrici II, 316 f.). Bon diefen Allen bat fi faſt Nichts erhalten, au
bilden bei den Wenigften die (Chol⸗) Iamben ihr Hauptgenre. — Die
Sambographen unter den Römern find Bassus (Ovid Trist. IV, 10, 47.),
Catullus, Furius, Horatius (®poben), Laberius, C. Licinius Calvus (vgl.
Weichert poett. latt. p. 89—146.), Martialis, Mattius, Persius (Prolog),
über melde auf bie einzelnen Artikel verwiefen wird. [ W. Teuffel.]
Jambülus, ein nicht meiter befannter Schriftfteller, welcher, wie aus
Jzetzes erſichilich iſt (Chil. VII, 144.), von wunderfamen Geftalten der Bes
mohner und Völker Indiens erzählt Hatte; vgl. Oſann Beiträge 3. Gr. und
Möm. Lit. Geſch. I. S. 288 f. [B.]
Janina (Jauraa, Strabo XVI, p. 759. 1 Macc. 4, 15. 5, 58.
10, 69. 2 Macc. 12, 8. oder Iauria, 1 Macc. A, 15. Joſeph. Ant. XIII,
6. 15. Bell. Jud. I, 7. IV, 8. Stepb. Byz. p. 317. It. Ant. p. 150.;
bei Plin. V, 13, 14. Jamnea), im U. T. Jabne (2 Chron. 26, 6.) ober
Jabneel (Iof. 15, 11.), eine volkreiche, auch von vielen Helden bewohnte
(BHilo Opp. IH. p. 579.) Stadt Paläftina’8 zwiſchen Diospolis und Azotus,
12 MIN. ſüdlich von erflerer und etwa 21), Mil. norböfllih von letzterer
(It. Ant. 1. 1. und Eufeb. Onom.), 240 Stab. norbweftlih von Jeruſalem
(2 Macc. 12, 9.), nit unmittelbar an der Küfte, aber mit einem guten
Hafen an berfelben (1 Macc. 4, 15. 5, 58. 10, 69. 2 Macc. 12, 8.), und
daher Hei Btol. V, 16. Tœnvertoõy Aums was wohl Blinius 1. I. zu dem
Irrthum verleitet hat, von einem boppelten Jamnea zu ſprechen, einem an ber
Küfle und einem andern im Innern Lande (vgl. Harbuin zu der angef. Stelle).
Die Stadt wurbe vom König Ufias den Philifläern entrifien (2 Ghron. a.
a. O. Joſeph. Ant. IX, 11.), von Pompejus aber zu Syrien gefchlagen
(Joſeph. Bell. Jud. I, 7.), und war nah der Zerflörung Jeruſalems Sitz
bes Hohen Synedriums und einer berühmten jüdiſchen Akademie (vgl. Mischn.
rosch hasschana IV, 1. Sanhedr. XI, 4. Sperbach. Diss. de Academia
Jabhnensi. Viteb. 1740. 4. und Lightfoot Academiae Jabn. historia in feinen
Opp. 31. p. 87 ff.). Iegt beißt fie Ibne oder Gabne (vgl. Reland Palaest.
p. 823 f. ımd Bolny H. ©. 251.). [F.]
Jammno, Jamna, Stadt auf der Eleinern Infel der Balearen (Minorca),
j. Ciudadela, Diela IE, 7. Plin. III, 5. (11.). [P.]
Sampheriae, von Liv. XXVI, 25. als die Haupifladt der Mäpier
in Macedonien erwähnt; ihre age laͤßt fi nicht wohl ermitteln; nad Reid.
das Parthicopolis des Hierocles. [P.] |
Jämms, Iauos, Sohn des Apollo und der Evadne, von den Vater
in bie Kunfl, zu mahrfagen, eingeweiht; Stammvater de3 Propheten» @®e-
per Jamiden, Pind. Olymp. VI, 43. Pauſ. VI,2,5. Gie. Divin.
Sanaesa, 'laracoa, Jochter des Nereus und ber Doris, Homer. Il.
XVII, 47. Sygin fab. praeſ. ]
Banly, Real⸗Eucyclop. IV. 2
48 Jangasameäni — Jamfa
Sangacaucäni (loyyaxavraroi, Biol. IH, 1.), eine Volkerſchaft im
Mauritania Tingitana jenfeit bes Kleinen Atlas und oberhalb des ZIvooor
aedioy (ſ. diefen Urt.), die im ©. bie Nectiberes und im NR. bie Volubi-
liani zu Nahbarn hatte. [F.]
Janiculum;, ſ. Roma.
Janira, 'Iasasya, Tochter ded Nereus und der Doris, Homer. U.
XVII, 44. Nach Heſiod. Theog. 356. eine Tochter ded Oceanus. [P.]
Janitor, Ostiarius, |. Janua.
Janöhe (Joſ. 16, 6. 2 Chron. 15, 29., in ber LXX. "Inrona, bei
@ufeb. Onom. ’Iero), eine dem Stamme Ephraim gehörige Stadt Sama-
ria’8, auf der Gränze Ephraims und Manaſſes, nah Eufeb. 12 Mid, öſtlich
von Neapolis gelegen. [F.]
Janthe, Iardn, 1) Tochter des Dceanus und der Tethys, Gefpielin
der Proferpina, Som. hymn. in Cer. 421. Hefiod. Theog. 421. vgl. Hygin
Fab. praef. — 2) Tochter des Teleſtes auf Greta, Beliebte des Iphis, |. d.
Ovid IX, 714 ff. [P.]
Jantrus, Fluß und Stadt in Unter⸗Möſien, unweit des Donauſtroms,
Tab. Peut. Leptere iſt unbefannt; ber Fluß if der Jaterus des Bin. IE, 26.,
Jornand. Get., und Ptol., und ohne Zweifel ver Athrys bes Herod. IV, 49.
Der j. Jantra. [P.]
Janüa, Hvoa, die Thüre. (Der römifhe Sprachgebrauch Hat als
allgemeinen Ausprud für den Eingang eined umſchloſſenen Haumes das Wort
ostium, und unterfcheidet die befondern Ausprüde gewöhnlich fo, daß das
Thor einer Stadt, eines Lagers mit porta, die Flügelthüren der Tempel und
großer Öffentlicher Gebaͤude mit fores, vgl. Cic. N. D. II, 27., und nur bie
Thüren der Privatgebäude mit janua bezeichnet werden. Wir glauben unferem
Zwecke zu genügen, wenn wir unter lebterer Benennung dad Eigenthümliche,
was und von ben @ingängen der antifen Wohnungen bekannt iſt, zufammens
Bellen.) Lieber die Thüren der Herrenbäufer in der heroiſchen Zeit iſt [don
oben Bd. II. ©. 1224. gelegentlich des homeriſchen Haufes geſprochen worden.
Das griehifhe Wohnhaus, wenigftend des mohlhabenderen Mannes, hatte
in den Zeiten des ausgebildeten Häuferbauftyles, gemöhnlich drei Hauptthüren
(ebendaſ. ©. 1234.), die vordere oder eigentlihe Hausthüre, die unmittelbar
von der Straße in das Haus führte, avdaog Ivoa, bie auß ber vorbern
avAn oder aus dem Perifiyl der Männermohnung in die Bynäconitis füh⸗
rende usravios (au necavAoe) Hvon, und die Thüre auf der Rückſeite
des Haufes, an welche fih gewöhnli ein Fleiner Garten anihloß, xnnaie
Hvoa. Bisweilen mochte auch eine vierte Hauptthüre vorhanden geweſen
feygn, welde aus dem Hvpmpeior (Hvowr, rvAw7) oder ber Hausflur, in
melde man durch die avAssog trat, in das Periftyl des ardowr führte. Außer
diefen Hauptthüren, die wir uns höher und breiter, wohl meiſt zweiflüglig
(bifora und valvata, leßtere zum Zufammenfhlagen, fog. Klappthüren) zu
denken haben, führten viele Eleinere Thüren fomohl aus den Gängen in vie
einzelnen Gemächer, als auch von einem ber Ießteren in das andere. Bis»
wellen vertrat au ein Vorhang (zapansreoue, napasaavua) Die Stelle
einer folden Zwiſchenthüre (Pollux X, 32.), oder war vor derfelben ange
bracht (Plut. Alex. 51. zo n00 ic Bvons Rapaxafvuue). — Ueber dem
Hauseingang waren bei Griechen und Römern häufig glückwünſchende oder
unbellabwenbende Worte und Grüße an den Eintretenden angeföhrieben, z. B.
A. T. ayadı tuyn, A. A. ayad daiuon, Mnöir eisito xanır, SALVE
auf der äußern, VALE auf der innern Seite (Plaut. Merc. V, 1, 1.). Abge⸗
richtete Sittige riefen dem Kommenden Xaipe zu; Perf. ProL 8. benfo
bie pica salutatrix, Martial. VII, 86, 6. XIV, 76. Gin Hund bielt Wade
( Ariſt. Lysist. 1215.), oft auch nur ein gemalter, Petron. 29., mit ber
Janfıs 9
Warnung cave canem. Offen ſtand die Hausthüre auch den Tag über nicht,
menn fie auch nur eingelaffen und nicht wirklich verfchloffen war. Gleich⸗
wohl trat Fein zum Hauſe nicht Gehöriger ein, ohne fich durch Klopfen (xoov-
ar, worte, unattiſch xooreiv, mit dem dorroor, noga, bei Hom. xopwrm,
pultare) dem Thürhüter angekündigt und die Meldung bei dem Herrn abge⸗
wartet zu haben, Zenoph. Symp. I, 11. Blut. de curios. 3.* Der Ihür-
büter (vowpoe, janitor, ostiarius), ber in feinem anſehnlicheren Haufe fehlte,
hatte fein Gemach (mvAwpıor, cella ostiaria) neben der Haudflur, dem Hvpw-
0eiov (Hvoov oder mvAor bei Pollur I, 77.); er war ganz, was die Por-
tierd moderner Häufer, der aufmerkiame Beobachter alles deſſen, was vie
Thüre paffirte (Nriftot. Oecon. I, 6.), öffnete auf Begehren, oder verwei⸗
gerte den Einlaß, Plat. Protag. p. 314. ic. Orat. II, 68., und trug,
wenigftens bei den Römern, zur Bekräftigung feiner Autorität einen Rohr⸗
od, arundo, virga, Petron. 134. Seneca de const. sap. 14. Gin älterer
Brauch in Nom war, diefen thürhütenden Sclaven mit einer Kette an feinen
Poſten anzufefieln, Auct. de clar. rhet. 3. ** — Die Thüre, namentlich die
avAcıoz oder die Hausthüre, war in den Zeiten des Luxus, mie fi denken
läßt, reich verziert, mit Elfenbein und Bold, auch Schildpatt ausgelegt,
laut. Asin. 1I,4,20. Nicht minder koſtbar waren bie postes, aus Marmor
oder zierlich geſchnitztem Holz; Simo bei Plaut. Mostell. III, 2, 133. Hat
für zwei Pfoften drei Minen bezahlt. Verſchieden von dem unfrigen war bei
den Alten der Mechanismus, vermittelt deſſen die Thüren fi drehten; fie
biengen nicht in Angeln, ſondern bewegten fi unten an ber Schwelle und
oben im Sturz mittelft der in Höhlungen eingelafienen Zapfen, cardines,
Plaut. Mercat. V, 1, 1. Plin. XVI, 40. (77.). S. Windelm. Senbfär.
von den Hercul.. Entvedungen. Die Pforten der Tempel, und wohl über-
Haupt der öffentlichen Gebäude öffneten fih na außen, Vitruv. IV, 6, 6.,
eine Einrichtung, welde in Rom aud bisweilen an den Hausthüren verbienter
Männer fid fand, welchen dieß als befondere Auszeichnung zugeſtanden wurde,
Piut. Poplic. 20. Dionys von Halic. V, 39. In Althen ſcheint in älteren
Zeiten diefe Sitte ziemlich allgemein geweſen zu ſeyn; fie führte aber dort
Die Unbequemlichkeit mit fi, daß, da die Hausthären nicht wie die roͤmi⸗
ſchen in das vestibulum, fondern unmittelbar auf die Straße führten, durch
Dad Ausmärksfäplagen derſelben die ohnedieß ſchmalen Straßen noch mehr
verengt wınden, daher ſchon der Pififtrative Hippias foldde Thüren mit einer
Steuer belegte, Ariſtot. Oecon. TI. p. 589. E. Ed. Aurel. Allobr. Darauf
gründeten die Grammatiker, namentlich Hellabius Chrest. p. 25. bie oft wieder⸗
Bolte Behauptung, dag man xorrew von den Bintretenden, wogeis aber von
ven Hinausgehenden fagte, melde durch Klopfen ein Zeichen gegeben hätten,
um etma MVorübergehende zu warnen: eine Bemerkung, welche von Beder
GHarifl. I, &. 232 f. Heftritten wird, indem er zu zeigen fucht, daß die genannte
T hüreneinriitung nur als Ausnahme betrachtet werben Fönne, und daß wogen
nit vom Kloyfen, fondern überhaupt vom Geräuſche ber auf» und zuges
Henden Thüre geiagt worden fei. Vgl. Plut. Popl. 20. — Der Mechanib⸗
zusus des Verſchließens, einfach in den älteften Zeiten (mittelft eines Quer⸗
riegels oder eines Baftfelle, Kom. Odyss. XXI, 391.), erhielt gleichwohl
5ch on früh eine Tünflligere Einrichtung. Der dreifach gezahnte Schläffel
( clavis Laconica, Ariſtoph. Thesm. 423.) tft eine alte fpartanifcge Erfindung,
* Mau bemerkt ald einen eigenthfimlichen Brauch ber Spartaner, baß fie durch
sc xr fen ſtatt Klopfen Einlaß begehrten, Plut. Inst. Lao. 31,
es Die Meinung, die übrigens nicht erſt von Wüſtemann Pal, des Scaurus
5. 35. aufgeſtellt worden, daß and) Frauen, janitrices, dieſen Dienſt verrichtet haben,
m won Weder Ga, 1, ©, 34 f. genfgend Herichtigt worden,
20 ‘ Januari2 — Janus
Müller Dorier II. ©. 28. 8 fehlt nicht an gelegentligen Nachricgten über
die antiken Schlöffer, und ebenfo Häufig find im Schutt auch alte Schlüffel
aufgefunden, und gelehrie Unterfuchungen über diefen Gegenſtand angeflellt
worden (unter andern Molin de clavibus veterum in Sallengre Thes. an-
tigq. Rom. III. p. 795 ff. Böttiger Kl. Schriften III. ©. 138., am bündigften
Becker Gallus II. ©. 252 ff.); allein eine ganz klare Einfit in die Sache
iſt daraus nicht zu gewinnen, weswegen mir und nicht weiter ind G@inzelne
einlafjen Eönnen. Das einfachfte Mittel, nad innen fi Öffnende Thüren von
innen zu verfhließen, war ein in die Pfoften eingelafiener Querbalken oder
Niegel (uoyAog, sera, obex), der weggenommen wurde, wenn man bie Thüre
Öffnen wollte, Ovid Fast. I, 265. Betr. 16. Künftlider war die Cinrich⸗
tung, vermittelft welcher die Thüre von außen geſchloſſen werben konnte. Bin
eiferner, in Form einer Schraubenmutter ausgehöhlter Bolzen, 7 Baiaros,
wurde durch den vorgefihobenen Riegel in eine, im Thürpfoſten befindliche
Höhlung, BaAarodoxn, geſteckt, und wenn man Öffnen wollte, mittelfi ber
Balarayoa, einer in den BaAavos paflenden Schraube wieder herausgezogen.
Dieb ſcheint eine fehr gewöhnliche Art des Verfchluffes gemweien zu ſeyn. Mit
diefer Baravog hielt man die römiſchen pessuli für identiſch, während Beder
überzeugend barthut, daß umter letzteren Riegel zu verflehen find, melde mit
einem Schlüffel in den Schloßhafen, claustra, ein- und wieder zurüdge-
ſchoben werben Eonnten, eine Einrichtung, melde ganz mit unfern Schloͤſſern
übereinfommt, Appul. Metam. I, p. 44.49. Oudend. Die repagula feinen
ſtarke Doppelriegel geweſen zu fegn, welche von beiden Geiten ber fi be»
gegneten (ex contrario oppanguntur, Feſt. p. 231.) und angelegt wurden,
wenn man mit dem einfachen Verſchluß der pessuli fi nicht begnügte, Plaut.
Cistell. III, 18. occludite aedes pessulis, repagulis. Näheres Täßt fi über
ihre Ginrihtung nicht angeben. Auch gab es doppelte Schlöffer, deren eines
von innen, dad andere von außen verſchloſſen wurde, Achill. Tat. II, 19.
Endlih wurden nicht felten die Thüren noch überdieß verflegelt, beſonders
an Srauengemädern, Vorrathskammern ıc. Ariftoph. Thesmoph. 414 ff. zais
yvramaviuny oppayidag enıßBaAlovow nön nal voykovs. Plat. Legg. XI.
p. 954. — Die Beziehung des römiſchen Gottes Janus zur janua f. unter
Janus. — Ueber dieſen ganzen Gegenſtand hat man die gelehrte, aber wenig
eindringende Monographie von Caspar Sagittariuß de januis veterum liber.
-Altenb. 1672. 8., dazu dissertatio epistolica et analecta. Jena 1694. 8.
Am meiften Ordnung und Licht iſt durch Becker Charikl. I, ©. 189 ff. 193.
199 ff. 230 ff. Gallus I, 7A ff. und 11, 253 ff. in die Sache gebradt
worben. [P.]
Januaria (Ierovaoi« anpe, Stadiasm. m. m. 6. 149 f.), ein Bors
ebirg Giliciens beim Flecken Serrepolis, zwiſchen Mallus und Aegda, jetzt
p Caradaſch. [F.]
Januarlus Nepotianus, Derfafler eines durch A. Mai zuerfi be-
fannt gewordenen (Scriptt. vett. nova Coll. III. P. III. p. 95 ff. und dar»
nad ein Abdruck Cellis 1831. 4.) Auszugs aus Valerius Marimus, deſſen
Abtheilung nah Büchern jedoch nicht beibehalten if, wie denn auch der Epi-
tomator manche Aenderungen fi erlaubt, Manches weggelaflen und dafür
Anderes an defien Stelle gefegt hat. S. meine Gel. d. Nöm. Lit. $. 231.
der dritt. Ausg. [B.]
Janus, Sana. dGhe die griechiſche @ötterwelt durch Tarquinius
Priscus in Mom eingeführt wurde, Fannten die Römer hundert und flebenzig
Sabre Tang feine Goͤtterbilder, wie und der in den römiſchen Alterthümern
erfahrenfie Mann, M. Terentius Barro bei Auguftin de C. D. IV, 31. ver-
fihert, und nach ihm Plutarch V. Numae c. 8. berihtet. Entſprechend dem
vulkaniſchen Boden des Landes übten die altitalifchen Völker, namentlich bie
Janus 21
Gabiner, den Feuer» und Geſtirn⸗Dienſt. Die tudeifche Lehre Tannte neun
Blige ſchleudernde Götter, Plin. H. N. 11,53., und die Lehre von ber Ful⸗
guration machte einen weientlichen Theil diefer Religion aus. Die alten
Römer verehrten den Summanus, der nad der fpäter üblih gewordenen
Sprade der griechiſch⸗römiſchen Religion Jupiter Eliciug genannt wurbe (Liv.
I, 20. vgl. Göttling Geſch. d. Röm. Staatöverfaff. S. 12.), und nad Ein-
führung des JupitersDienftes theilten fle zwifchen diefem und Summanuß fo
ab, daß fle dem Summanus die nächtlichen, dem Jupiter die täglichen Blitze
zuſchrieben (Auguflin C. D. IV, 23. Romani veteres nescio quem Summa-
num, cui nocturna fulmina tribuebant, coluerunt magis quam Jovem, ad
quem diurna fulmina perlinebant). Der Sabinerkönig Titus Tatius fol
den Dienſt des Saturnus, der Ops, der Sonne, ded Mondes und des Lichtes
(Lux) bei den Roͤmern eingeführt haben (Auguſtin C. D. IV, 23. Varro
L.L. V, 74). Der Sabiner Numa führte den Dienft des Feuers ein,
welches ohne Bild und ohne blutige Opfer verehrt, und nad dem Eindringen
kr griechiſchen Meligion mit der griechiihen Heſtia ibentifleirt wurde. In
Vielen Goͤtterkreis feheint uns auch das altlatinifihe Bätterpaar Janus und
Jana zu gehören, und zwar fo, daß fie ald Sonne und Mond den oberften
Rang einnehmen; daher Janus in dem Saliariſchen Liede Deorum Deus
genannt wurde (Macrob. Sat. I, 9.), und feine Opfer vor allen andern
Göttern erhielt (Cic. N. D. II, 27.). Daher war er. der Beſchützer alles
Anfangs, fowohl in Beziehung auf alle Geſchäfte und Handlungen, als in
Beziehung auf das Menfchenleben ſelbſt, weßwegen er Consivius hieß, a con-
serendo, i. e. a propagine generis humani, quae Jano autere conseritur
(nad Macrob. Sat. I. 9.) oder quia consationibus concubitalibus praesit,
nad Tertull. ad Nat. II, 11. (mißverflanden von Laur. Lyd. de Menss.
IV, 1., der es durch Bovisiog erklärt, ald ob es von consilium herkäme).
Daß Jana gleichbeveutend mit Luna war, erhellt unwiderſprechlich aus Varro
R. R. I, 37. nunquam rare audisti octavo janam crescentem et contra
senescontem ? et quae crescente et quae senescente fieri oporteret? et
tamen quaedam melius fieri post octavo janam quam ante? Mit Wahr
ſcheinlichkeit verbeflert daher Scaliger de Emendat. Tempor. Lib. II. p. 174.
ber Ausg. 1629. in her Formel bei Varro L. L. VI, 27., womit ber Pon⸗
tifer in der Curia Calabra auf dem Gapitol die Nonen ankündigte: dies te
quinquo calo Jana Novella. Septem dies te calo Jana Novella,
Ratt der alten Lesart Juno Covella, welche auch O. Müller beibehalten Hat,
und fo erklärt er auch in feinen Isagogici Chronologiae Canones p. 186.
u. 264. den Iateinifhen Ausdruck Jana vetus novella für gleichbedeutend
mit dem griechiſchen #7 xai sex (vgl. auch Rofini Antiqq. Rom. p. 248.
ed. Schrevel.). Wurbe Dea vorangefeht, fo entfland dad Wort Deiana,
was in Diana übergieng, und aus Deiva ober Diva wurde Deiviana oder Div-
iana, was Varro L. L. V, 68. abgeſchmackt erklärt: hanc (sc. Lunam) ut
Solem Apollinem quidam Dianam vocant; vocabulum Graecum alterum,
alterum Latinum, et hino, quod luna in altitudinem et latitudinem simul
eat, Diviana appellata. Ebenſo wurde Janus in dem Saliariſchen Lieb
Deivos Janos genannt: duonos manos ceruses Deivos Janos venet: uab
ſonach ſcheint Scaligers, von Niebuhr R. ©. I. ©. 94. gebilligte Behaup-
tung, daß Janus der Gonnengott fei, um fo fiherer, da auch Nigivius bei
Macrob. Sat. I, 9. ausſprach: Apollinem Janum esse, Dianamque Janam.
Wenn nun Auguflin C. D. IV, 23. fagt, der Dienft des Janus fei von Ro⸗
mulus, der der Sonne von Titus Tatius in Mom eingeführt worben, fo
iheint Hiebei Die Idee zu Grunde zu liegen, daß der Dienft des Janus ein
aftfatinifcger, der des Sol ein von den Sabinern eingeführten fel, eine Idee,
welche auch bei der von Macrob. Sat. I, 9. erzählten Sage voraudgeieht
24 Sapktas
was fo viel tft als Scepter, in der Linken einen Schläſſel (ille tenens ba-
culum dextra clavumque sinistra, Ovid Fast. 1,99.) oder mehrere Schlüffel
in der Rechten nad Zaur. Lyd. de Menss. I, 4. Dieſer Schlüffel war wohl,
wie bei Cybele, Proferpina, Herate und andern Yaois nAsıdovyoss, der fidhels
förmige Hakenſchlüſſel, welcher von Böttiger in feiner Abhandlung über
Schloͤſſer und Schlüffel des Alterthums, Eleinere Schriften Bd. 3. S. 138 ff.
als ältefte Form der Schlüffel erwiefen wird. Der Schläffel if Symbol
der Gewalt, fowohl im clafflichen Sprachgebrauch, 3. B. Orph. Hymn. 18, 4.
IDRoveor, Os narsyag yains vAnidas anaong, als im N. T. in der bekannten
Stelle Ev. Matth. 16, 19. Smow 00 zac xAsie tie Bamleins Geov, und
Apocal. 1, 18. 60 Eyo as nAsis rov Ardov: ſonach iſt Janus durch ben
Scäläfiel ale Wächter ver Himmelspforte (Ovid Fast. 1, 125.), als Berveger
der Angeln des Weltalls (ebenpaf. I, 120.), als Auffchließer (Septimius bei
Terentius Maurus 1896.: cui reserata mugiunt aurea claustra mundi), und
Befchließer des Himmels, ver Wolken, des Randes und des Meeres (Fast.
J, 117.) bezeichnet, und daher hat er die Beinamen Patulcus ober Patulcius
und Clusius ober Clusivius, Ovid Fast. I, 129.” Serv. ad Aen. VII, 610.
&aur. &yd. de Menss. IV, 1. Macrob. Sat. I, 9. Treffend if in biefer
Hinfiht die Bemerkung Böttigerd in der Kunftmythologie, Bd. I. ©. 249.,
wenn er in diefem Schlüffel das eigentlihe Urfombol findet, dem man, um
einen Schlüffelhalter zu haben, eine menſchliche Geſtalt zugefellte, wie in fo
vielen Fällen, wo das Attribut eher war, als die petſonificirte Statue. Leicht
erfichtlich iſt es nun, mie diefer ſchlüſſeltragende Bott der Vorſteher nit nur
der berühmten Kriegspforte, fondern al der vielen Durchgänge, die es in
dem enggebauten Rom gab, und jeder Hausthüre geworben ift: und biefe
Ießtere Auffaffung wurde die herrſchende in einer Zeit, in der die nationale
Religion von der griechiſchen dermaßen verdrängt worden war, daß Auguftin
(de Civ. Dei IV, 23.) fagen fonnte: Romani veteres nescio quem Summa-
num — coluerunt: sed postquam Jovi templum insigne ac sublime con-
struotum est, propter aedis dignitatem sic ad eum multitudo confluzit,
ut vix inveniatur, qui Summani nomen, quod audire jam non potest, se
saltem legisse meminerit. In biefer Zeit fam man darauf, den Janus mit
dem Apollon Hvpeios und Ayvievs der Griechen zu identificiren (Macrob.
Sat. I, 9.), uneingeben? deſſen, daß die griechiſche Kunft fi fletö von dem
Typus dieſes ihr fremden Weſens zurüdgebalten bat. Somit iſt fl der
verftändige Ovibius Elar geblieben, wenn er in den Faſten I, 90. fingt: Nam
tibi par nullum Graecia numen habet. Bon den Philofophen aber wurden
fon vor 2000 Jahren gleih abgeſchmackte Träumereien audgebrütet, wie
wir fie Heut zu Tage verbauen follen. Der floifirende Varro (bei Auguflin.
C. D. VII, 9.) iventifierte den Janus mit der Welt (Janus est mundus),
‚und ſuchte die Eollifion, in die er dadurch mit dem griehifchen Zeus gerieth,
dur eine fpitfindige Unterſcheidung fo auszugleichen, daß er dem Jupiter die
Urſache, dem Ianus den Anfang der Welt zufchrieb. Andere identiſicirten
den Ianus mit dem Chaos durch ein gar fhönes Erperiment: Chaos kommt
von yammsaır ber, was dem Tateinifchen hiare entfprit: „unde Janus detracta
aspiratione nominatur ideo, quod fuerit omnium primum,‘ Feſt. s. v.
Chaos p. 40. Lind. vgl. Ovid Fast. I, 103., alfo Janus f. v. a. Hianus!!
Bl. Buttmarın über den Janus in den Abhandl. der Berliner Akad. 1816.
und im Mythologus Br. II. S. 70—92. Hand in Erſch u. Grubers Ency-
clopädie. [ W.]
Japttus (Juneroc), Sohn des Uranus und der Gäa, einer der Titanen
und Bruder des Kronus, Oceanus, Edus, Hyperion und Krius, fo wie ber
Titaniden, Tethys, Rhea u. f. wm. (Apollod. I, 1, 3. Diod. V, 66.),
vermaͤhlte ſich nach Apollodor I, 2,3. mit der Tochter feines Bruders Dceanus,
Japhla — Japyı 25
Alta, umb zeugte mit ihr den Atlas, Prometheus und Epimethens und endlich
den Mendtius, melden Zeus im Titanenfriege erfchlug und in den Tartarus
foerrte. Andere geben ihm zur Gemahlin die Klymene, auch Tochter des
Deeanus, Andere die Tethys, feine Schweſter, Andere die Afopis, oder au
Libya (Heflod. Theog. 507 ff. Xzetz. Lyc. 1277. Orpheus Fragm. VII,
21. Virg. Georg. I, 279. Munker zu Hygin p. 9. Hygin, der Zitanen
und Giganten (m. f. d. Art.) vermiſcht, macht ihn zu einem Giganten und
zum Sobne ded Tartarus. Nah Homer (Il. VIII, 479.) figt er mit Kronus
im Tartarus gefangen; nad) Sil. Ital. XII, 148 f. liegt die Infel Inarime
auf ihm. Er ſteht ale Vater bed Prometheus an der Spige der helleniſchen
Stammtafel (Heyne zu Apoll. p. 8.). Ueber die Deutung ber Sage f. m.
den Art. Titanen, auch Bölder Myth. des jap. Geſchl. S. 4 fi. Seine Nach⸗
fommen heißen Japetides (ae) oder Japetionides (ae), Hefiod. Theog. 528.
Ovid Metam. IV, 631., bie weiblichen Japetionis (ides), Pind. Olymp. IX,
39. (81.). [Mzr.]
Japhia, nah Joſua 19, 2. ein Ort Valäftina’8 im Südweſten des
Stammes Sebulon, und fomit unftreitig diefelbe Stabt in Galilaea Inferior
(in der Nähe von Jotapata), welche Joſeph. B. Jud. IH, 21. Japha (Jaye)
nennt, und von ber er meldet, daß fie im J. 67 vom Kaifer Trajan erobert
wurde; vielleicht auch nicht verfchieben von dem Jebba des Plin. V, 19, 17.
Winer im Bibl. Realwörterb. I. S. 630. hält Japhia gewiß irrig für iden⸗
tif mit Sycaminus, einer Seeſtadt am Buße des Garmel zwifchen Btolemais
und Gäfarea, die das heutige Haifa zn fein ſcheint (f. den Art. Sycaminus).
Eher dürfte e8 das heutige Dorf Yafa (oder St. Giocomo) eine Halbe Stunde
ſüdweſtlich von Nazareth fein. Vgl. Nobinfon IH. ©. 438f. [F.]
Japho, ſ. Joppe.
Japis (idis) oder mie Heinflus Iefen will Japyx, na Virg. Aen. XII,
391., der Gomer Il. XI, 843. IV, 200 f. nachahmen will, ein Sohn des
Jafus (Jasides) und Liebling Apollo's, ver ihm feine Gabe der Wahrfagung,
feine Zeyer u. ſ. f. verleihen wollte. Japis aber zog, um feinem Vater das
2eben zu verlängern, bie Arzneitunde und die minder prablennen Künfte
(mutas artes) allen andern vor und erbat fi nur dieſe. Gr heilte auch den
Aeneas von der im Latinerfampfe erhaltenen Wunde. S. Heyne Exc. IV. zu
Aen. XII. [Mzr.]
Japödes, ſ. Japydes.
Japydes (Str. Iarodes), eine illyriſch⸗celtiſche Volkerſchaft, Str. 207.
213., zwiſchen den Flüſſen Arfla und Tedaniue im Innern von Römiſch⸗
Sügrien (Il. barbara), ein tättomirtes, Volk (naraozıro) von illyriſch⸗thra⸗
ciſchen Sitten aber celtiſcher Bewaffnung, räuberifh und kriegeriſch, früher
volfreih und mächtig, aber von Auguflus gedemüthigt, Str. 207. 314 f.
Dal. Cic. Balb. 14. Liv. XLIH, 5. Plin. III, 18. (22.) 19. (23.) 21.
(25.). Birg. Georg. II, 475. Tibull. IV, 1, 108. Ptol. [P.]
Japysia, Japygii, f. Calabria, Bd. 11. S. 590 f. und Italia. — Japy-
gium promeontorium, dad Italiſche Landsende, j. Cap Leuca oder Binisterre
in Galabrien, rechts am Eingang in den tarentinifhen Meerb., Str. 109.
123. u. a. Plin. III, 11. (16.). [P.]
Japyx (lanv:), Sohn des Lykaon, Bruder des Daunius und Peu⸗
cetind, die mit einer Kolonie nach Italien zogen. Unton. Lib. 31. Ober:
ein Kreter, Bruber des Ikadius, der nach Italien ging. Serv. zu Virg. Aen.
II, 332. Dder: Sohn des Dädalus und einer Kretenferin, nad welchem
die Kreter, bie in Italien einwanderten, Japyger genannt wurben. Strabo
p. 279. 282. Athen. XII. p. 523. A. Herodot VII, 170. Heyne zu Virg.
Aen. XI, 247. [Mzr.)] 2°
IV.
26 Jarbas — Jaslon
Jarbas, ae, ein König und Priefter der Getuler in Nordafrika, Sohn
des Jupiter Ammon und einer libyſchen Nymphe, der feinem Vater viele
prächtige Tempel baute und fi der Dido zum Gemahl aufbringen wollte,
fo daß diefe nur dur den Tod fi retten Eonnte. Virg. Aen. IV, 196 ff.
Ovid Her. VIl, 125. Auſon. Epigr. 118. Juſtin. XVII, 6. Nach Heyne
zu d. a. St. eine von Virgil benübte Fabelſage der Xibyer. [Mzr.]
Jardänes (’/aodavns), na Apollod. II, 6, 3. Vater der Omphale.
Diefe heißt daher Nympha Jardanis, Ovid Her. IX, 103. Herodot I, 7.
nennt die Herakliven in Lydien Nachkommen ded H. und einer Sklavin
des Jardanus. [Mzr.]
Jardänes, Fluß in Piſatis (Elis), j. Jardan, Str. 342 f. 347., bei
Som. II. VII, 735. und Pauſan. V, 5, 9. 'Ixoöeros. [P.]
'Sardänus (Icoöaros, Som. Od. III, 292. und daſelbſt Euftath.,
Pauſ. VI, 19.), ein Flüßchen auf der Norbfeite der Infel Greta, welches bei
der Stadt Cydonia oder Cydonis (f. Bd. II. S. 817.) flo. [F.]
Jarmuth (of. 10, 3. 12, 14. 15, 35. Nebem. 11, 29., bei Eufeb.
Onom. 'Ieouovs und Teouoxoo), eine Stadt PBaläftina’8 in der Ebene bes
Stammes Juda, die nad Eufeb. v. "/souoüs zehn, nad Hieron. de situ et
nomm. locc. Hebr. v. Jarimuth aber nur vier Mill. von @leutheropolid
entfernt war. (Doch ſcheint die erſte Angabe richtiger zu fein, da ed nad
Hieron. dicht bei Eftaol gelegen haben fol, welches derſelbe Schrififteller
ehn Mill. von Eleutheropolis entfernt.) Sie war in früherer Zeit der Sig
ananitifger Könige (Iof. 10, 3. 12, 11. 15, 35.) und ward au nad
dem babylon. Exil wieder von den Juden in Bells genommen (Nehem. am
a. D.). Unftreitig if fie dad heutige Darmuf (vgl. Robinfon II. S. 509 f.)
und keineswegs mit einer andern Stadt deſſelben Namens zu verwechſeln, vie
als Levitenflabt des Stammes Iſſaſchar in Samaria bei Joſua 21, 29. vor⸗
tommt. [F.]
Jarsath (’/e0009, Ptol. IN, 2.), ein Ort' in Mauritania Caesariensis
öfllih von Saldä und unmelt des Fluſſes Sifar. [F.]
Jarzetha (Irolnde, Ptol. IV.6. und 'Ieoleusde, ibid. VIII, tab. 4.),
eine wohl nicht ganz unbedeutende Stadt des meftlicden Küſtenlandes von
Lybia Interior füblih vom Fluſſe Maffa und nörblih vom Zluffe Daras,
da fie Ptol. für wichtig genug hält, um im achten Buche ihre Tageslänge
und ihre Entfernung von Ulerandria genauer zu beflimmen. [F.]
JSasaea (Irocia), Städten in Arcadien, Pauſ. VIII, 27, 3., fonft
unbefannt. [P.]
Sasi (como, Ptol.), von Plin. IH, 25. (28.) unter den pannoni=
schen Völkerſchafteu genannt. [P.]
Jasis ("Ieors, 1605), 1) eine der Heilnymphen Jonides, w. m. f. —
2) Atalanta, Tochter des Iaflus bei Propert. I, 1, 10. [Mzr.]
Jasion (Jcoior, wros), auch Jasius genannt, Hefiod. Theog. 970.
Ovid Am. III, 10, 25., Sohn des Zeus und der Elektra, Tochter des Atlas,
Bruder ded Dardanus, AUpollod. III, 12, 1. Serv. zu PVirg. Aen. I, 384.,
nad Andern Sohn des Korythus und der Elektra, oder ded Zeus und ber
Hemera, oder Sohn des Ilithyius, oder Sohn des Minos und der Nymphe
Pyronia, Schol. Theofr. II, 30. Auf der Hochzeit feiner Schwefler Har⸗
monia mit Kadmus verliebte fih Demeter in ihn wegen feiner großen Schön»
heit, und zeugte mit ihm auf dreimal geadertem (roiroAog) Felde den Plutus
in Greta. Dafür erfchlägt ihn Zeus mit dem Blige. Odyss. V, 125 ff. Heſ.
Theog. 969 ff. Apollod. am a. O. Diod. V, 49. 77. Tzetz. Lyc. 29.
Eon. n. 31. Nah Serv. zu Virg. Aen. III, 167. erfhlägt ihn Darbanus,
nad Hygin tötet ihn fein eigenes Geſpann, fab. 250. Nah Ovid Met.
IX, 421 f. lebt er bis in fein hohes Alter als Gemahl der Demeter. Mit
Jasius Sinas — Jason 27
feinem Bruber Dardanus zieht Jafion, wahrſcheinlich dieſelbe Perfon, die
fonft Eẽtion genannt wird (Buttmann Abh. der K. Br. Ak. d. W. 1818.
S. 229 f.) von Italien, oder von Kreta oder von Arkadien aus, durch eine
Fluth vertrieben, nah Samothrafe, mo ihn Zeus felbft in die Müfterien der
Demeter einweiht und mohin er dad Palladion bringt. Serv. zu Virg. Aen.
IH, 15. 167. nebft dem Excurs von Heyne. VII, 207. Dionyf. Halik. I, 61.
Died. V,48. Strabo VII, p. 331. a. E. Steph. Byz. s.v. Anodaros. Na
Guftath. p. 1528, 6 ff. zieht er in Sicilien und vielen andern Rändern umber
und Iehrt überall die Myſterien der Demeter. Vgl. über die Sage Müller
Orchom. S. 156. 265. 460. Bölder Mytb. d. jap. Geſchl. S. 9. Voß
zu Som. h. in Cer. p. 149. [Mzr.]
Jasius Sinus (’Icoıxos xoAros, Thuc. VII, 26. Mela I, 16, 3.
Plin. V, 29, 29.), ein nad der an ihm liegenden Stadt Jaſus oder Jafſus
benannter Meerbufen an der Weftfüfle Cariens, der nad einer andern an
ihm gelegenen Stadt, Bargylia, auch Bargylieticus S. (Bapyviımtınoc
xoAnos, Bolyb. XVI, 12, 1.) hieß, und jet den Namen MB. von Affyn
Kaleffi führt. Er zog fih zwiſchen Miletus und Myndus tief ind Rand
hinein, und feine nördliche Spite bildete das Vorgeb. Poſidium in der Nähe
von Mile. Der nörblicdere Theil deſſelben (ober die heut. Bat von Gaziklu)
ward nah Mela am a. D. und Plin. V, 29, 31. auch Basilicus Sinus ge=
nannt. (Vgl. über ihn Chandlers Reife Gay. 54.) [F.]
Jaso (’/acw, ovs), fem., Tochter des Asklepius (oder des Amphia⸗
raus), Schwefter der Hygieia, Göttin der Genefung, hatte auch Antheil an
dem Altar im Tempel des Amphiaraus zu Dropud, Pauf. I, 34, 32. Ariſtoph.
Plut. 701. u. daf. Schol. Heſych. s. v. [Mzr.]
Jason, '/200r, oros. Indem die Hauptpunfte aus der Sage von biefem
Argonautenführer bereit3 im erflen Bande ©. 724 ff. aufgeführt, und zwar,
fo meit es mögli ift, in ihrer Hiftorifchen Entwidlung dargelegt find, fo
daß die zwei bedeutendſten Berichte vom Argonautenzug, bei Pindar und
Avollodor, erfhöpfend mitgetheilt worden; fo bleibt Hier nur eine Eleine Nach⸗
Iefe übrig, betreffend das Perfönliche des Helden und die minder wefentlichen
Abweichungen der verſchiedenen Sagen. Iafon tft Sohn des Aefon und ber
Polymede, vom Geſchlecht ver Neoliven aus Jolkus. Die Mutter heißt bei
Andern (Schol. Od. XII, 70.) Bolymele, bei Diod. IV, 50. Amphinome,
oder Allimede (Apollon. A. I, 232.), bei dem Schol. zu Apollon. I, 45.
VPolypheme, bei Andern Arne oder Skarphe, oder auch Rhöo, Heyne ad
Apollod. I, 9, 16. In Jolkus Herrfchte nach Kretbeus, Sohn des Aeolus,
dem Gründer von Jolkus und Vater des Aefon, der Neffe, nad Und. Halb⸗
bruder, bes letzteren, Pelias. Diefer, durch ein Drafel vor den Aeoliden
gewarnt, Tieß Alle dieſes Geſchlechts, mit Ausnahme des Jaſon, ermorben.
Jaſon nämlich wurde von den Seinen gerettet, indem fie ihn ala tobt be⸗
weinten und ihn heimlich dem Ehiron zur Erziehung übergaben (Pind. Nem.
IT, 94.). Später erhielt Pelias vie befannte Warnung ‚vor dem Ein-
ſchuhigen. Jaſon Fam vom Lande her, mo er aus Xiebe zur Landwirthſchaft
Iebte, mit Einer Sandale bei dem Opferfeft des Poſeidon an, zu dem ihn
Welias geladen hatte, den anderen Schuh Hatte er bei dem Durddgange durch
den Fluß Anaurus (nah Andern Evenus oder Enipeus) verloren, weil er
nad Hygin fab. 13. die in ihn verliebte Here durch den Fluß tragen mußte.
Jett gedachte Peliad des Drakeld und fragte den Safon, mas er thun würde,
falls ihm der Orakelſpruch geworden wäre, er würde von einem feiner Mit»
bürger ums Leben fommen. Diefer antwortete: „ich würde ihn fortſchicken,
das goldene Vließ in Kolchis zu holen.” So erhielt nun Jaſon den Auftrag
und führte ihn aus. Das Weitere f. Bd. I. S. 729 ff. Anders erzählt
Pindar vie Veranlaffung des Bugs, ibid. 725. Nah ihm Tehrt Jafon, von
28 Jason
Gbiron auf dem Gebirge Pelion erzogen, im zwanzigften Jahre in magneſi⸗
fer Tracht nah Jolkus zurüd, ungelaven von Pelias, finvet feinen alten
Bater Aeſon noh am Leben und verlangt, umgeben von feinen Stamm»
genofjen, von Peliad die Herrfhaft zurüd. Pelias milligt ein, verlangt
aber, er folle, um den Fluch, der auf den Aeoliden laſte, zu löfen, das goldene
Widderfell und den Geift des Phrirus in die Heimath zurüdbringen (Pinv.
Pyth. IV, 109 ff. Diod. IV, 40.) Noch friedlicher Tautet eine andere
Sage, nah welcher Aeſon bis an fein Ende in Jolkus herrſcht und Pelias
nur Vormund des Jaſon iſt (Schol. Odyss. XII, 70. Müller Orchomen.
©. 255.). In der Ausführung der Abentheuer in Kolchis weicht Diobor
IV, 48. nur in jo weit von Apollodor ab, daß vor der Abreife Iafons ein
Zweifampf zwifchen ihm und Aeetes Statt findet, in welchem letzterer fällt,
Jafon aber zwar verwundet, aber von Medea geheilt wird. Nach der Rüd-
kehr trifft diefer nad Ovid Met. VII, 162 ff. feinen Vater noch lebend aber
altersſchwach an, jedoch auch ihn verfüngt Medea. Nah der Nahe an Pelias
dur Medea, von der Apollovor erzählt, verfuhr Iafon nach Diodor IV,
52. 53. gegen die Peliaden mild, forgte für fie und feßte den Akaſtus,
Sohn des Pelias, jelbft auf den Thron. Sogar von der Vertreibung auß
Jolkus ſcheint die ältere Sage (Heflov Theog. 982. Müller Orhom. ©. 255 f.)
Nichts gewußt zu haben, fondern Jaſon kehrt nad ihr frienlih heim und ift
der Hirte der Völker. Nah Diodor IV, 54. wurden von Meden zwei ihrer
Söhne von Iafon getöhtet, der dritte aber, Iheffalus, wurde Herr von Jolkus.
Sie ſelbſt entfloh zuerſt nad Thebe, wo fie den Herafles Heilte, und nachher
nad Athen. Eine andere Sage (Pauſ. II,3. a. E. Müller Orchom. ©. 269.)
bringt fle und Jaſon nochmals mit Korinth in Verbindung. Die fpäteften
Sagen föhnen den Iafon mit Medea aus und lafjen ihn mit ihr und ihrem
Sohne Medus, den fle mit dem Athener Aegeus erzeugt hatte, nad Kolchis
zurüdfehren, wo fle den Aeetes wieber in bie Herrſchaft einfegten (ac. Ann.
VI, 34. Suftin. XLII, 2. Müler a. ©. ©. 281.). Den Tod fol Jaſon
durch Selbſtmord (Diod. IV, 55.) oder durch ein Stück der Argo, das auf
ihn berabflürzte (Schol. Eurip. Med. 9. 20. 277.) gefunden haben. Heilig⸗
thümer des Iafon führt Strabo an p. 45. 526. 531. Die Vermählung
des Jaſon und der Medea war dargeflellt am Kaflen des Kopfelus (Bau.
V, 18, 1.). Als Kinder des Iafon (Ixooridaı) werden außer den mit Medea
eugten, Mermerus und Phered (Diovor weiß von dreien, Theſſalus,
Tifander und Alcimene) genannt: Buneus und Nebrophonus von Hypfipyle
in Lemnus, wo die Argonauten bekanntlich Tandeten; der leßtere Heißt au
Deiphilus oder Thoas (Hygin fab. 15. Schol. Pind. Müller Orchom. ©. 268.
Som. Il. VII, 469. Stat. Theb. VI, 342.). — So wenig es bier der Drt ift, eine
volftändige Deutung des fo vielfach veränderten und ausgeſchmückten Mythus
von der Argonautenfahrt und ihrem Helden zu verfuchen, fo Eönnen wir uns
doch nicht verfagen, auf zwei, wie und ſcheint, Elar in der Sage liegende
Winke hinzuweiſen, von denen bie Erklärung ausgehen muß, und die in dem
Labyrinthe der zum Theil miderfprechenden Sagen einen leitenden Faden bilden
fönnen. Fürs Gifte fcheint die mit dem Mythus von Helle und Phrirus
in Zufammenhang ftehende Sage von der Farih nah Kolchis eine deutliche
Hinweiſung auf den Glauben zu enthalten, daß eine Beziehung der griechi⸗
fhen Kultur zu der in den Ländern öflih vom Pontus Euxinus Statt finde.
Mag man au in der fpäteren Angabe, daß Meben von Athen aus zu den
Artern gefloben fei und dieſen ihren Namen in den der Meder verwandelt
babe (Herod. VII, 62.), eine mythologiſche Nachgeburt erkennen, und mögen
wir ſelbſt auf die angeblich alte Sage, daß e3 einen Vatersbruder ber Meben,
Namens Perfes, gegeben babe, wenig Gewicht legen; fo muß bo in ber
uralten Sage yon der Argo und Jaſon, bie in der Odyſſee ſchon als ganz
befannt veraußgejiht wird XII, 66 ff., ein hiſtoriſches Element angenommen
werben, eben in der Art, daß im griechiſchen Volk ſchon in den älteften
Zeiten das Bewußtſein Iebte, feine Kultur flehe in Zuſammenhang mit dem
norbmeflliden Aften, für das man allerdings erft fpäter die beflimmteren
Namen Medien, PVerfien fegte. Und zwar erfcheint Griechenland freilih erft
in der fpäteren, aber immer noch frühen, Ausbildung der Sage bei Mimner-
mus zu Solond Zeit und Pindar, nicht aber fon bei Homer und Heſiod
(f. Br. I. ©. 725.) ald empfangend. Somit muß zugegeben werben, daß
urſprünglich diefe Seite des Mythus, d. 5 die beflimmtere Faſſung vom Holen
eines Gutes aus dem Oſten, noch fehlte, und daß vielleicht das Ganze aller»
dings eine bloße Abentheuerfage war, erwachſen aus einer uns unbefannten,
noch älteren, idealeren und religiöfen Grundlage. Faſt noch beftimmter ift
fürs Zweite die Andeutung, melde Art von Kultur e3 fei, für bie diefer
Eage zufolge Griechenland jenen Morgenlänvern verpflichtet fe. Dem erften
Anidein nah hat man an Bermittlung dur Handel und Schifffahrt zu
denken, ſowohl das goldene Vließ ald die Seefahrt machen dieß wahrſchein⸗
lid, und es liegt näher, durch Erſteres an die kolchiſche Sitte, Goldkörner
aus den Blüffen auf zottigen Bellen aufzuflfchen, oder an den nordiſchen Pelz⸗
handel ſich erinnern zu laſſen, als das Bel als ein Symbol der golvenen
Saatfrudt zu deuten, die durch den günftigen Ginfluß des Widders am
Himmel, des Srühlingszeicdens, gemonnen wird. Diefe Iehtere Anſicht ſpricht
Baur aus Symb. u. Mythol. I, 251. Dennoch müflen wir in der Haupt⸗
ſache dieſem Gelehrten beiflimmen, wenn er in dem Mythus, wie er eben
einmal in Pindar und den Späteren vor uns liegt, eine Andeutung davon
findet, daß die erfien Anfänge der agrarifhen Kultur der Griechen von
den kolchiſchen Ländern Fam. Sehen wir auch ab von ber immerhin miß-
lichen etgmologifhen Rechtfertigung, daß Jaſon von inivo abzuleiten wäre
und bie belebende, Bruchtbarkeit weckende Wärme bebeuten fol, und lafien
wir die freilid nahe liegende Vergleihung mit dem Kiebling der Demeter,
Jafion (Baur II, 1, S. 114.), außer Betracht; fo iſt in dem Mythus felbfi
denn doch nit Weniges gegeben, was uns die Vermuthung nahe legt, daß
wir mit der genannten biftorifhen Beziehung das Wahre getroffen haben.
Jafon lebt aus Liebe zur Landwirthſchaft auf dem Lande, fagt Apollodor
aust růcklich; in wel naher Beziehung der Widder am Himmel und dieſes
Thier felbft in feiner ſymboliſchen Bedeutung zur Fruchtbarkeit fleht, ift bes
fannt; mit befonderem Nachdruck hebt Pindar und Apollovor die Bezähmung
der wilden Gtiere und die Aufpflügung der Erde als Hauptwerk des Jaſon
in Kolchis hervor; lauter Züge, die, wenn wir auch nit mit Baur in den
Bewaffneten, die aus den gefäeten Dradenzähnen entftanden, Getreidehalmen
erkennen wollen, zur Genüge darthun, daß eine Verbindung der agrariſchen
Kultur in Hellas mit der im norbweftlichen Aflen in unferer Sage angedeutet
werben follte. Ob vielleicht mit dem goldenen Vließ und der Seefahrt das
Gewinnreiche ded mit der Agrikultur in Verbindung tretenden Handels dar⸗
geflellt werde, etwa wie unfer deutſches Sprichwort von einem goldenen Boben
redet, den das Gewerbe habe, möge dahingeftellt bleiben. [ Mzr.]
Jasom von Pherä. Wahrſcheinlich ifl er ein Sohn des Lyfophron,
ber zu Ende des peloponneflichen Krieges Iyrann von Bherä war und von
den Lacevämoniern begünftigt (vgl. Xen. VI, 4,24.) damit umging, ſich ber
Herrſchaft über ganz Theſſalien zu bemädhtigen (Xen. Hell. II, 3, 4.), nad
der Schlacht von Haliartos aber (395 v. Chr.) durch die gegen Sparta Ver⸗
bünbeten genöthigt wurbe, von feinen Planen abzuftehen. Diod. XIV, 82.
Bann Iafon die Tyrannid feines Baters erhielt, ift nicht bekannt; im. 378
befaß er fie fon, da um dieſe Zeit mit feiner Hülfe ein gewiſſer Neogenes
RG zum Tyrannen von Heftiä auf Cubda machte. Diod. XV, 30. Wornach
80 Suson
LEykophron geflrebt, das mollte auch Safon und noch mehr; er befaß aber
auch biezu Talent, Gewandtheit, Thätigkeit, Ausdauer und die Mäßigung,
dur welche gewonnene Vortbeile erhalten und geflchert werben; überdieß
Begünftigten ihn die Verhältniffe in Griechenland, wie fle fich feit dem antal-
kidiſchen Frieden geftaltet hatten. Er bildete fi ein Heer von 6000 tapfern
und mwohlgeübten Sölonern, die er durch zweckmäßige Behandlung fo an fi
feſſelte, daß fle mit größter Bereitwilligfeit allen Anftrengungen und Gefahren
fih unterzogen. Schon ums I. 375 mar er Herr der meiften Stäbte von
Theffalten, au gehorchten ihm die Maraker, Doloper und felbft der epiro⸗
tiſche König Alfetad. Noch aber war Pharfalus unabhängig. Jaſon mollte,
damit nicht fpäter von bier aus Schlimmes gegen ihn erfonnen werde, bie
Stadt und ihr Gebiet auf gütlichem Wege gewinnen und unterhandelte des⸗
bald mit Polydamas, dem die Pharfalier als einem durch Rechtlichkeit aus-
gezeichneten Mitbürger das Amt eines Archon Meſidios übertragen hatten.
Jaſon fchildert ihm feine Hülfsmittel und eröffnet ihm, daß er an die Berei-
nigung Thefſſaliens unter Einem Oberbaupte die Hoffnung knüpfe, Griechen⸗
land zu unterwerfen, und was noch leichter fein merbe, Verflen zu bezwingen
(au Iſokr. ad Phil. 50. Bal. Mar. IX, 10. ext. 2.); er entmidelt ihm,
auf welche Weile er in Griechenland verfahren werde: daß er gegen Sparta
als den mächtigſten Staat Alle unterftüße, vie ſich gegen daſſelbe erheben,
meehalb er fhon Verbündeter von Iheben fei; mit Athen wolle er in Fein
näheres Verhältniß treten (cf. Demofth. in Timoth. p. 1187.), um ımge=
hinderter auch die Herrſchaft zur See zu erringen, dagegen hoffe er in dieſem
Plane gefördert zu werben dur ven Beflg Macedoniens, woher vie Athener
Holz zum Schiffbau beziehen; zur Bemannung der Schiffe werde er Peneften
vernenden. Polydamas weigerte fih, auf den Untrag einzugeben, ehe er fi
deshalb an die ihm verbündeten Spartaner gewandt babe; Jaſon lobte die
ehrenwerthe Erwiederung, drohte aber mit Gewalt, wenn feinem Begehren
nit millfahrt werde. Polydamas begibt ſich nah Sparta und berichtet
Jaſons Erklärung; zugleich gibt er eine Schilderung von der Perfünlichkeit
des in feinen Unternehmungen jo weit auögreifenden, herrſchſüchtigen (Ariſtot.
Pol. IH, 2. p. 77. ®öttl.) Mannes, der mit feftem Willen und Elarer Er-
fenntniß des Zweckmaͤßigen eine unermüdliche Thätigkeit und firenge Selbft-
beherrſchung verbinde und in feinem kühnen ˖ Streben durch eine allen An⸗
firengungen gewachfene Körperfraft unterflügt merde. Da die GSpartaner
damals die von Polydamas verlangte flarfe Heeresmacht nicht flellen konnten,
unterwarf fich Polydamas dem Jaſon, der fofort als fürftlides Oberhaupt
(rayog) der Theffalier anerfannt wurde, und daburd in Bells einer Herr-
Ihaft kam, die auf Tegitimem runde ruhte. Seine Kriegsmacht brachte er
jegt auf 20,000 Hopliten und die für andere griechiſche Staaten ungeheure
Zahl von 8000 Heitern (vgl. Bo. IH. ©. 342.), wozu no eine Menge
leiter Truppen kam. Zen. Hell. VI, 1, 4 ff. (Nah Diod. XV, 60. hätte
Jaſon erſt nah der Schlacht von Leuktra den Oberbefehl erhalten.) Obgleich
er zur Erhaltung dieſes zum großen Theile aus Mierhätruppen beflehenden
Heered und zur Gründung einer Seemadt (Xen. Hell. VI, 4, 21.) großer
Geldſummen beburfte, fo waren doch die Xeiftungen, die er feinen Untertanen
auferlegte, jebr mäßig (Xen. Hell. VI, 1, 19. Diod. XV, 60.), dagegen
erlaubte er fih, dem Grundſatze huldigend, daß die, die im Großen Gerechtig⸗
feit üben wollen, kleines Unrecht nicht zu feheuen haben (Nut. praec. reip. 24.
Artftot. Rbet. I, 12.), feinen eigenen reichen Verwandten dur allerlei Lift
Geld abzunehmen. Polyän. VI, 1. — Iafon konnte nur Weniges von dem,
was er im Sinne hatte, ausführen, aber died Wenige zeigt, daß er auf
ähnlich fchlaue Weiſe, wie bald nah ihm Philipp von Macedonien eingriff.
(Sic. de off. I, 30. behauptet, daß Iafon naͤchſt Themiſtokles am beften
Jason 91
unter den Griechen verflanden babe, Anſchläge zu verbergen, ſich nicht zu
verratben, ſich zu verſtellen, zu überliften, den Beinden ihre Plane abzu⸗
merken.) — Er war zwar zur Zeit des Krieges zwiſchen Theben und Sparta
Derbündeter Thebens und wäre bereit geweſen, die Thebaner im Falle des
Unterliegend vor Bernichtung zu ſchützen, daher folgte er dem Rufe, Hülfe
zu bringen, erſchien aber bei Leuftra (371) erfi, als die Schlacht vorüber
mar, und wiberjegte fi dem Vorhaben, das noch übrige ſpartaniſche Heer
anzugreifen, da er nicht wũnſchen Fonnte, daß die Thebaner zu mächtig wür⸗
den; vielmehr lag ihm daran, die Macht der Staaten, die bis jeht nach Hege⸗
monie gerungen hatten, im Gleichgewicht zu erhalten, dadurch ihr Mißtrauen
und ihren Haß gegen einander zu nÄähren und den Kampf hinauszuziehen,
bis fie fi verblutet hätten. Er vermittelte einen Bertrag, nad) welchem die
Ihebaner dem lacedämoniſchen Heere freien Abzug aus Böotien gewährten.
f. 3b. IN. ©. 152. Bon befonderer Wichtigkeit war es für Safon, freien
Eingang nah Hellas zu erhalten, daher fhon vor der Schlacht bei Keuftra
Kämpfe mit ven Phokiern (Xen. Hell. VI, 4, 21.) und nad berfelben auf
dem MRüdwege nad Theſſalien Zerflörung der Vorwerke von Syampolis;
au in Heraflea riß er die Mauern nieder, damit Niemand die in einer
Enge gelegene Stadt befege und ihm den Weg verfperre. Xen. Hell. VI,
4, 27. Auch andere Mittel verfuchte er, mit Hellas in Berbindung zu bleiben:
er ließ es ſich angelegen fein, Männer von Bedeutung ſich verbindlich zu
maden; jo wird erzählt, daß er dem Cpaminondas ein Geſchenk von 2000
Goloflüden zu machen verſuchte (Blut. Apophth. Imper. Ep. 13. de gen.
Socr. 14.; in legterer Stelle ift ein Anachronismus; Aelian. V. H. XI, 9.
gibt eine Fleinere Summe an); dem athenifchen Feldherrn Timotheus Teiftete
er den Dienfl, daß er ſelbſt nah Athen Fam, und für den wegen Verun⸗
treuung öffentlider Gelder auf den Tod angeflagten Feldherrn Fürbitte ein⸗
legte. Demoſth. in Tim. p. 1187. Corn. Nep. Tim. 4. (Nepo8 ſpricht
von einem Kriege, den die Athener fpäter unter Timoth. Anführung gegen
Jaſon geführt haben; allein Timotheus nahm nah feinem Prozefle Sold⸗
dienfte bei dem Könige von Perfien für den Krieg gegen Aegypten, und
wurde von den Athenern erft im I. 368, zu einer Zeit, wo Jaſon nicht
mehr lebte, wieder vermendet.) Jaſon wurde aus feinen Entwürfen durch
einen gewaltiamen Tod berausgeriffen. Nachdem er nach feiner Rückkehr
aus Hellas noch einige Broberungen in der Nachbarfchaft gemacht und mit
Ampntad, König von Macedonien, ein Vündniß geſchloſſen hatte, traf er
große Zurüflungen zu der Beier der Pytbien in Delphi; ale theffalifchen
Städte follten eine bedeutende Zahl Dpfertbiere zufammenbringen; zugleich
befahl er den Iheflaliern, zu einem Kriegszuge fich gefaßt zu halten. Die
Delphier gerietben dadurch in nicht geringen Schreden; fle fürdhteten, ver
über eine jo große Macht gebietenne Mann werde fi nicht damit begnügen,
dem Gotte dad Feſt und die Spiele felbft anzuoronen, fondern feine Unter-
nebmung ſei gegen bie delphiſchen Schäße gerichtet. Allein bevor bie Zeit
der pythiſchen Spiele fam, wurde er bei einer Mufterung der Pheräifchen
Meiterei von fleben Jünglingen ermordet (in der erften Hälfte des I. 370),
die wahrfheinlih aus edlen Geſchlechtern abflanımend die Unterwerfung ber
Ariſtokratie rächen wollten. Zwei von den Mörbern wurben von Jaſons
Zeibwäctern nievergehauen, die übrigen entflohen und wurben in ben meiflen
griechiſchen Städten, in die fie famen, als Tyrannenmörder geehrt, woraus,
wie Zenophon fagt, erhellt, daß die Griechen große Furcht Hatten, Jaſon
möchte ihr Zwingherr werben. Xen. Hell. VI, 4, 27 ff. Ephor. bei Diod.
XV, 60. (Rab Baler. Mar. IX, 10. ext. 2. wurde Jaſon von Jünglingen
ermordet, die er durch eine über fie verhängte befchimpfende Strafe erbittert
hatte; Diodor kennt einem Bericht, nah welchem Jaſon duch feinen Bruder
82 Jasen
Polybor getöbtet wurde. — Nach einer Anekdote bei Gic. de Nat. Deor.
II, 28. Valer. Dar. I, 8. ext. 6. war auf Jaſon fhon früher ein Mord⸗
verfuch gemacht worden, der jedoch die Heilung von einem für unheilbar er⸗
flärten Blutgefhwür zur Volge batte. cf. Plin. H. N. VII, 51.) Jaſon
hinterließ eine Tochter Ihebe, die Gemahlin des nahherigen Tyrannen Ale⸗
zander. Blut. Pelop. 28. Kon. ap. Phot. p. 442. a. 7. ed. Bekk. Als
Brüder biefer Tochter werden Plut. Pelop. 35. Tifiphonus, Pitholaus und
Lykophron genannt; diefelben Namen gibt Konon am a. D., feßt jedoch bei,
Thebe Habe nur die gleiche Mutter mit ihnen gehabt; als Vater diefer Brüder
wird ein Eualked genannt. Wenn dem fo iſt, fo muß die von Jaſon ges
heirathete Wittwe noch vor ihm geflorben fein und Jaſon eine zweite Frau
genommen haben, da die von Xen. Hell. VI, 4, 37. erwähnte Frau Iafons,
die nach feinem Tode in Theben lebte, nit wohl die Mutter der Thebe war.
Bon Ifofrated, mit dem Jaſon, ein Verebrer des Gorgias (Pauf. VI, 17,9.)
vieleicht bekannt wurde, als ſich jener des Gorgias wegen in Theffalien aufs
bielt (f. Ifofr. ed. Cora&s II, 311.), if ein Brief an Jaſons Söhne vor=-
handen, in welchem er die Gründe angibt, warum er ihrem Wunfde, bei
ihnen feinen Wohnfls zu nehmen, nicht entfprechen könne. Ob diefe Söhne
feiblide Söhne des Iafon waren, deren fonft nirgends gedacht wird, oder
jene von Konon als Stiefföhne angegebenen, ift nit zu beflimmen. — Nah
Safon erbielten die Iagie feine Brüder Polydor und Polyphron; letzterer
ermorbete kurz darauf den Polydor, Hatte aber, nachdem er Ein Jahr als
gewaltthätiger Tyrann geherrfcht Hatte, gleihes Schickſal durd feinen Neffen
Alexander (f. Bd. I. S. 331.; feine Tyrannid beginnt jedoch nicht 370, wie
dafelöft angegeben ift, ſondern in der erflen Hälfte des I. 369). Na eilf
Jahren (Diod. XV, 61.) wird Alerander von den oben genannten. Brüdern
feiner Gemahlin Thebe ermordet. (Blut. Pelop. 28. wird beridtet, Ale
xander babe mit dem jüngften Bruder der Thebe gebublt; Amat. c. 23. nennt
er den Pytholaus; während diefer aber Hier auch als Mörder des Alerander
bezeichnet wird, nennt Diod. XVI, 14. nur den Lykophron und Tifiphonus;
Schneider macht daher zu Xen. Hell. VI,4,37., wo erzählt wirb, Aleranver
babe einft feinen Liebling gefangen gefeßt, und als Thebe um feine Freiheit
bat, denfelben aus dem Kerker geführt, aber niebergefloßen, was von @inigen
als Urſache des Haſſes der Thebe gegen den Gatten angegeben werde — die
Bemerkung: Qui si fuit Pitholaus vel Pytholaus, ratio apparet, cur eum
Diodorus inter interfectores Alexandri haud nominaverit; es ift jedoch
dabei nicht beachtet worden, daß Diodor den Pytholaus fpäter no — XVI,
37. — mit Lykophron als Herrſcher von Pherä nennt.) Die Mörder Ales
xanders ernteten Anfangs großen Ruhm ein, weil fie den Schein annahmen,
die Freiheit berflellen zu wollen; fie änderten aber bald ihre Befinnung,
brachten die Söldner Alexanders durch Geld dahin, fie felbf zu Tyrannen
zu erklären, und ließen viele ihrer Gegner umbringen. Diod. XVI, 14. Nah
Zen. Hell. VI, 4, 37. erhielt zunächft der Altefte von ihnen, Tiſiphonus, die
Herrfhaft (jedoch nur über Pherä, da Aleranver das ganze übrige Theſſalien
theild durch die Aleuaden, theild durch bie Thebaner verloren hatte, ſ. Bd. I.
©. 332.). In dem heiligen Kriege fanden die Tyrannen auf Seiten ber
Phokier, wurden aber nah dem Siege Philipps über Onomarchus genöthigt,
PHerä zu übergeben — 352 v. Ehr.; mit 2000 Söldnern zogen fie zu Bhayflus
nah Phofis. Diod. XVI, 35. 37. Pherä erhielt die Freiheit zurüd; einige
Zeit aber nah Philipps Abzug aus Iheffalien Hatte nach Diod. XVI, 52.
Pytholaus fich Pherä's von Neuem bemädtigt; während des Kriegs mit den
Olynthiern im J. 349 "wurde er von Philipp wieder vertrieben. — Bon
Sievers in d. Geſch. Griechenl. ꝛc. wird ©. 323. angeführt eine Dissertatio
de Jasone Pherarum Tyranno von Leonard Hamming, Utrecht 1828. [K.]
Jasen — Jasııs 88
Jason, 1) aus Nyia, des Stoikers Poſidonius Enkel und Rachfolger,
hinterließ nah Suidas folgende Schriften: Bios ardoher, pılocoger dıa-
doyai, Blog "Ellados in vier Büchern (vgl. Steph. By. s.v. Alstırönsız
und TiAos) und zegi ‘Podov. — 2) I. aus Argos, nah Suibas jünger, als als
Plutarch, aljo vermuthlich aus ber nächſten Belt, ſchrieb zeol ic 'Eil«dog
in vier Büchern, worin er die alte mythifche Zeit ſowohl ala au die Oe⸗
ſchichte Griechenlands bis zum Tode Alexander und ter Einnahme Athens
dur Antipater behandelte. Vielleicht demſelben gehoͤrt auch die von Athen.
XIV, p. 620. D. genannte Schrift zepi zer Alsbaräpov isoor an. Bgl.
St. Greir Exam. crit. d. histor. d’Alex. p.59. — 3) I. aus Byzanz, bios
bei Plut. d. ſluv. 11. als Verfaſſer einer Schrift Toayaa (vermuthlil
Spanıxa). gmannt. — Ob einer von biefen ber im Etym. M. p. 134,
angeführte Grammatiker Jaſon ſei, iſt unbeflimmt. [ West.)
Jasonia (’laoorix), Beinamen ver Athene in Eyzikus. Apollon. Arg.
1, 960. Müller Ordom. ©. 287. [Mer.]
Jasonlam (Icoonor, Ptol.. VI, 10. Ammian. XXI, 6.), eine
Stadt Wargiana’8 an der Vereinigung des Fluffes Margus (j. Murghab
oder Meru Rud), mit einem (von Ptol. nicht genannten) wekligen Neben«
fluffe, unflreitig dem Ochus bed Strabo XI, p. 09 ff. u. (oder dem
beut. Zebien). [F.]
Jasonium Promenterium (’Ieoaror, Gtrabo XII, p. 548. Biol.
v. 6. Arrian. Per. p. 17. Anon. Per. p. 11., bei Zen. Anab. v1, 2,1.
Jaoovie a), die am welteften in ven Pontus Euxinus hervortreienbe Land⸗
ſpihe —5 von Pontus, 130 Stad. nördlich von Polemonium, wit
welcher ſich die dem Meere am nächſten kommende Kette des Geb. Barnabres
endigt und die den Amiſeniſchen Meerbuſen in Oſten begrenzt. Es führte
feinen Ramen vom Safon, der hier gelandet fein follte (Zen. a. a. O.), und
heißt noch jept Iafun, gewöhnlicher aber Bona oder Bona, nad der gleich⸗
namigen, ſchon ben Alten unter dem Namen Boon (Bow, Arrian. u. Anon.
1. 11.) befannten Stabt (vgl. Hamilton Researches I. p. 269.). [F.]
Jasomies (10 Jaoonor, Pol. VI, 2. Ammian. XXIII, 23., bei
Strabo XI, p. 526. zo Irooresor), ein, nad Strabo, zur Linken der Kaöpie
ſchen Pforten in nordweſtlicher Richtung mitten durch Medien hinſtreichender
Zweig bed Parachoatras (f. diefen Art.), durch welden dieſes Gebirge des
Taurusſyſtems (der Heut. Elmend, Almend oder Amas) mit den nurbäfll
Zweigen des Antitaurus zufammenbängt. Bal. Mannert V, 2. S. 86. [F.]
Jasoe, ein Bildhauer aus Athen, der an dem Fries des Wrechiheumd
arbeitete, nach der Infchrift bei Quaſt, das Erechtheum ©. 14. 6cqhoͤll,
arhäolog. Mittbeilungen, H. I. ©. 125. [W.]
Jassus, 1) f. Jasus. — 2) ein von Ptol. V, 7. erwähnter Ort in
Melitena (Armenia Minar), norböftli von Zoropaffus. [F.]
Sastse (’Tcoras, Ptol. VI, 14.), ein font unbefannteß, unftreitig um
ben Fluß Jaſtus Her wohnendes, Volk in Seythia intra Imaum, vielleicht
bafleibe, welches Plin. VE, 17, 19. Histi nennt. [F.]
Sastms (Jaoros, Ptol. VI, 14.), ein Steppenfluß im Innern von
Scythia intra Imaum, an weichem unſtreitig die von Ptol. ebendaſ. erwähnte
Bölferiäck ver Jastae wohnte. Nah Biſchoff hieße er jet Kreſſel, und
nele, von R. ber Tommend, in den Oihon ober Amu Darja (den Oxus ber
Alten). [E.]
Jasus (1c0oc). Unter diefem Namen, auch ald Jasius, kommen vor
I) argivifhe Helden: a) Sohn des Pboroneus, Bruder des Pelasgus
in) Agenor (ober Areſtor), Euflath. p. 385, 39. b) Sohn des re Argus und
ver Toadne, einer Tochter des Strymon, ober wie Schel. erp. Pheen.
Bauly, eal⸗Euncyclov. IV.
34 Jasız — Jathrippn
3151. (1123.) fagt, der Sohn der Oceanide Pitho. Vater des Agenor,
Großvater des Argus Panoptes, wel’ letzterer einen Jaſus II. (litt. c.)
zum Sohn und die Io zur Enkelin hatte. Apollod. II, 1, 2. c) Sohn des
Argus Panoptes und der Sömene, Vater der Io. Apollod. II, 1, 3. d) Sohn
ber Io. Euftath. p. 1185, 12. Kein anderer, als der Water der Io (c),
aber mit anderer Angabe ver Abflammung, iſt e) Sohn des Triopas, Enkel
des Phorbas, Urenkel des Argus, Bruder des Agenor, Bater der Jo, Pauf.
I, 16,1. @uftath. p. 1465, 61. Odyss. XVIII, 246. — 2) ein Arkadier
ift Jaſus, der Sohn des Lykurgus und der Kleophile oder Eurynome, Bruder
des Anckus Amphidamas, Gemahl der Klymene, Bater ver Atalante, Apollo.
ul, 9, 2.; bei Hygin Heißt derſelbe Iaflus, fab. 70. 99., bei Aelian. V.H.
XII, 1. aber Jaſion. Ebenſo bei Paufan. V, 7, 4. 14, 5.; man vergl.
Müller Orchom. ©. 265. Diefer erhielt bei den erften olympiſchen Spielen,
bie Herkules feierte, den Preis im Pferderennen, Bauf. V, 8, 1., und feine
Bildfäule fland in Tegen, ibid. VIII, 4. — Weitere dieſes Namens find:
3) der Sohn des Eleuther, Vater des Ghaireflleus, Pauſ. IX, 20, 2. —
4) Vater des Amphion, König der Minyer, Odyss. XI, 282. Pauſ. IX,
36. a. &. — 5) Sohn des Sphelus, Führer der Athenäer, vor Troja von
Aoeneas getöbtet. II. XV, 332 ff. 337. — 6) Vater des Dmetor, König von
Cypern. Odyss. XVII, 443. [Mzr.]
Sasus (Icoo;, Thuc. VIII, 28. 29. Strabo XIV, p. 658. Stadiasm.
mar. magni 6. 274. 275. Plin. V,29, 29.) oder Jassus (’Irooos, Bolyb.
XVI, 12, 2. XVII, 3, 5. Ptol. V, 2. iv. XXXI, 33.), eine Stadt Ca⸗
riens auf einer dicht vor ver Weftküfte gelegenen Infel an der Sübjfelte des nad
ihr benannten Meerbufens (f. Jasius Sinus), norböftlid vom Prom. Posidium
und wefllih von Mylafa. Ste war von Argivern gegründet, von Milefiern
aber erweitert (Polyb. XVI, 1.), und obgleich fie nur 10 Stab. im Umfange
bielt und fih Hauptfählih vom Fiſchhandel nährte (Strabo 1. 1.), doch ein
ſehr wohlhabender Ort (Thuc. 1. 1). In ihrer Nähe Tag ein Heiligthum
ver Veſta, deren unter freiem Simmel flehenne Bildfänfe nie vom Regen
benegt wurde (Polyb. 1. 1.). Jetzt heißt fie Aſyn Kalefil, und enthält noch
anſehnliche Muinen, namentlich eines prädtigen, marmornen Theaters. (Vgl.
Spon und Wheler Voyage T. I. p. 361. oder I. ©. 73. der deutſch. Ueberf.
Chandler Kap. 54. ©. 257. v. Richters Wallfahrten S. 546 f. und Leake
Asia minor p. 227.) [F.
Jasus (Iædoc), unbekanntes Städten in Achaja bei Paufan. VII,
13, 7. [P.]
Jatba (2 Kön. 21, 19., in der LXX. 'Iszeßa), nad) Hieron. v. Je-
theba, eine alte Stadt Judäa's, deren Lage fi nit genauer beflimmen
läßt.
i Jathir oder Yattir (Sof. 15, 48. 21, 14. vgl. 1 Sam. 30, 27. u.
4 Ghron. 6, 42. 57., in der LXX. ’Isdeo und ’Tedop, bei Eufeb. Onom.
Iedeior), eine Levitenftabt des Stammes Juda im Süpen bed Gebirges Juda,
nad Eufeb. unweit Malatha und 20 Mill. fünöflid von Gleutberopofis,
in dem ganz von Ghriften bewohnten Diftrikte Daromas (vgl. Reland Pal.
p. 885 f.). Raumer (Paläfl. ©. 188. der 2ten Aufl.) verwechſelt es mit
der in der Ebene gelegenen Stadt Cther, Nobinfon (Paläfl. TI. S. 422 f.)
aber hält e8 mit größerer Wahrfheinlihkeit für das Heut. Attir (obgleich
freilich ſonſt er Beifpiele vom Uebergange des Jod in Ain vorzus
feinen). [F.
Jathrippa (Iadoınna, Steph. Binz. p. 316., bei Ptol. VI,7. minder
richtig Aadoiana), eine Stadt im Weflen von Arabia Felix etwas füdoöſtlich
von der Hafenſtadt Sambia (f. oben S. 4.), unftreitig das heut. Mebina, welches
wenigfiend nah dem Geogr. Nub. (vgl. Bochart Geo. sacra p. 214.) auch
®
[3
Emil — Jaznameatae RB
Isthreb hieß — jean Mevina aber vgl. hauptſächlich Niebuhrs Arabien
©. 371 ff. .
Zattt (Iarıo, Ptol. VI, 12., vulgo ’Iaraoı), eine Voölkerſchaft in Sog⸗
Diana am nördlichen Ufer des Jaxartes, die von Plin. VI, 16, 18. ſchon zu
Bactriana geredönet wird. [F.]
Jatinusm, ſ. Moldi.
Hatralipta (ieroaleinıns, iarpalartmr,, iatraliptice) war in ber
fpäteren Zeit ein diätetiſcher Arzt, deſſen Wirkſamkeit zwiſchen ber deb yuu-
saorne und des iarooc fland und fich vorzüglich auf biätetifches Verfahren
durch zweckmäßige, dem Zuſtande des Leidenden angemefjene Leibesübungen,
durch mannichfache Arten von Ginreibungen mit und ohne Del und ähnliche
diätetiſche Heilmethoden erſtreckte. Plinius führt die Erfindung ober erſte
Ausübung dieſer Art Praris auf den Selymbrianer Herodikos, welchen er Pro⸗
dicus nennt, zurüd (XXIX, 2.), welden ſchon Platon (Staat IT, 406. a—c)
in diefer Beziehung erwähnt hat. Ich Habe hierüber in der Gymnaſt. und
Agon. I. ©. 11. Anm. 4. das Nöthige beigebradt. Bol. S. 629. Anm. 5.
Bei ihren Reibungen, welche zu einem Tünftlicden Syſtem ausgebildet worden
waren, bebienten fie fich verichiedener Inftrumente und Schwämme (ſ. Gymnaſt.
1. c.). Bet älteren Autoren ſcheint er nicht felten mit dem einfachen dAsızıng
bezeichnet worden zu fein. Auch in Mom fpielte der iatralipta, von Juve⸗
nalis mehrmals einfach alipta genannt, eine bebeutende Rolle während der
Kaiferzeit. Bol. Celſus I, 1. Blin. 1. c. So nahm der jüngere Plinius
(Ep. X, 4. u. 22.) zum iatralipta feine Zuflucht, welder ihm Genefung
verfhaffte. Vgl. Vandale Diss. VII. p. 718 f. Außerdem iſt in den Werken
der fpäteren methodiſchen Aerzte nicht felten von den Jatraltpten die Rebe. [Kse.]
Istromantis (lcroouarııs, eos), Beinamen des Apollo bei Aefchylus
Eumen. 62. Weiffager und Arzt in Einer Perfon. [ Mer.
Javolenus Priscus, wie ihn ber jüngere Plinius (Ep. VI, 15. und
dafelbft Beäner, nebſt I. G. Linoner Prolusio de Javoleno Prisco ad Plin.
Arnſtadt 1770. 4.) nennt, und nicht umgekehrt, wie Einige in neuerer Zeit
gethan haben, ein angefehener roͤmiſcher Jurift, geboren um 79 n. Ghr., ge⸗
ſtorben 138 n. Ghr.; er beffeivete die Prätur, ward Proconful in Syrien
und gehörte zulekt zu dem geheimen Rathe Antonins des Frommen. Als
Schüler des Gälins Sabinus gehörte er zu der Schule der Sabinianer, ohne
jedoch ben grellen Gegenſatz mit der von Labeo auögegangenen Schule feft-
zubalten, fondern etwas einlenkend, und mildere Anflten verfolgend. Don
feinen Schriften find zahlreihe Exrcerpte — an 206 — in die Bandekten auf⸗
genommen worben, man flieht darin einen noch verhältnißmäßig ziemlich reinen
Styl und eine Präcifion des Auédrucks. Es gehören hierher: Ex Cassio
ib. XV., ein Gommentar über ein Werf eines vor Ihm lebenden, berüßmten,
an den Grundfägen des Sabinus fireng feſthaltenden Juriſten C. Gafflus
2onginud; Epistolarum Libri XIV., zunächſt eine durch Anfragen und darauf
gegebene Antworten veranlaßte Sammlung von Rechtsfällen; Ad Plautinum
ober Ex Plautio lib. V., auch eine GErläuterungsfährift zu einem Werk des
Juriſten Plautius; Ex posterioribus 'Labeonis und - Posteriorum Labeonis
Epitome, auch Beſprechungen und Auszüge aus einem Werke des Labeo.
©. die Hauptſchrift von &. van Alphen Spicilegg. de Javoleno Prisco et
Specim. Obserw. etc. litret 1768. 4. und in Delrichs Thes. nov. Diss.
jer. IE. T. I. p. 1ff. ©. auf ©. A. Jenichen Diss. de Prisco Javolen.
Lips. 1734. 4. Zimmern Gef. des roͤm. Privatrechts I. $. 88. S. 923 ff.
Puchta Einleit. in die Rechtsgeſch. S. 441. [B.]
Jaxamatae (lebauczar, Anon. Peripl. p. 2. Baler. Fl. VI, 146.
Ammian. X, 8., bei Mela I, 19, 17. Ixamatae und bei Polyän. Strat.
VIII, 53. "Tonazas), ein bebeutenbes Wolf in Sarmatia Asiatica, bas ſũblich
6 dJaxantae — Jaxrartes
som Tanats (Don), von feiner oͤſtlichen Beugung bis zu feiner Mänbung
in die Palus Maeotis, und längs der letzteren, jedoch auch ziemlich tief ind
innere Land hinein (alfo im @ebiete der doniſchen Kofaten) wohnt. [F.]
Saxartae (labapreı, Btol. VI, 14.), ein nit unbeträchtliches Bolt
in Scythia intra Imaum, das feine Wohnflge auf dem noͤrdlichen Ufer des
Jaxartes bis zu dem Tapuriſchen Gebirge bin (alfo im Lande der Kirgid-
Kaiſaken) Hatte. IF.]
. Saxartes (6 Icsapıns, Strabo XI, p. 507. 514. 517. u. ſ. w.
Agathem. II, 10. Dion. Ber. 749. Ptol. VI, 12. Mela IU, 5, 6.), ein
Strom des inneren Aflens, über melden ſich bei ven Alten ſehr widerſprechende
und unrichtige Unfichten finden. Nah Strabo XI, p. 510. (und Arrian.
Anab. III, 30.) entipringt er auf dem Indifchen Kaufafus (jet Hindukuſch),
nad) der richtigern Angabe des Btol.a.a.D. aber (vgl. Ammian. XXIII, 6.)
auf dem Gebtrge der Comedae (dem heut. Mustag) und ift nah Mela 1.1.
gleich von feiner Quelle an ein bedeutender Fluß, der nad Strabo p. 514.
u. 517. auf feinem erft gegen R., dann gegen W. gerichteten Laufe die Be⸗
wohner von Sogdiana und die Scythae Nomades trennt. Nachdem er auf
feinem anfängliden Laufe gegen N. zmei weſtliche Nebenflüffe, ven Demus
oder Dymus (jet Marghinan) und Baskatis (jetzt Fergana oder Ferſan) in
AH aufgenommen, follte er fi, nad der faft einflimmigen Annahme ver
Alten, einen großen norbweftliden Bogen befchreibend, innerhalb Scythiens
dieſſeit des Imaus an der Norboftkäfle des Kaspiſchen Meeres in letzteres
ergießen (Strabo p. 518. Ptol. VI, 14. Agatbem. 1. 1.), während doch
ben neuern Brfahrungen zufolge der Sir, Syr Darja oder Sihon unferer
Tage, für den wir ihn offenbar zu halten haben, vielmehr in ven Aral⸗See
fid mündet. Erſt beim Ammian. XXI, 6, 59. (p. 358. Bip.), alfo im
vierten Jahrh., finden fih die erflen Spuren der richtigeren Kenntniß feines
Lauf und feiner Mündung, indem dieſer Schriftfteller von zwei großen
Strdomen Arazates und Dymas fprigt, die beide den großen See Oxia bilden
(vgl. die Artt. Oxiana palus und Oxus), und unter leßterem unftreitig den
Aral⸗See, unter feinem Araxates. aber den Jaxartes oder Syr Daria verfieht,
obgleich auch der letztere Name etwas welter unten (p. 359. Bip.) bei ihm
vorkommt. Die Form Araxates aber ſcheint aus einer Berfehmelzung der
Namen Arazos und Jaxartes hervorgegangen zu fein; denn baß man au
biefen Strom früberhin mit dem fo vielfach gemißßraudten Namen Araxes
bezeichnete, unterliegt wohl Teinem Zweifel, da der bei Herod. I, 201. 202.
u. IV, 40. (fo wie bei Ariſt. Meteor. I, 13, 16. u. Kallifih. ap. Strab.
XI, p. 581.) vorkommende Araxes, der fih mit einem Arme ins Kaspiſche
Meer ergießen, mit den Übrigen 39 Mündungen aber in Sümpfe und Lachen
verlieuen foll (and denen fich vielleicht erſt fpäter der große Aral⸗See bilvete,
wenn ſich nicht vielmehr Herodot eine Verwechſelung des Syr mit der Wolga
Hat zu Schulden Eommen laſſen), Fein anderer Fluß zu fein feheint, als ber
Jazartes der Späteren. (Bgl. v. Humboldt's Krit. Unterf. I. S. 153. Bähr
Ind. Herodet. v. Araxes. Bernhardy ad Dion. Per. p. 728. Ideler ad
Aristot. 1. I. T. 1. p. 457. Eichwald Alte @eogr. des Caſp. Meeres ©. 57.
Kephalides Hist. mar. Casp. p. 357. und Ritters Erdkunde II. ©. 657.)
Aus derfelben Berwechfelung oder aud blos aus falſchem Hören des Namens
Jazertes (der aus dem Mongoliſchen Ikſarte, d. i. großer Strom, entflanden
zu fein ſcheint, vgl. Mitter a. a. DO.) find aud bie übrigen Berunftaltungen
beffelben entflanden, wie Orzantes bei Arrian. Anab. Ill, 30., Oxyartes bei
Demſ. VII, 16. und Orexantes bei Plut. Alex. c. 45. Nah Blin. VI,
16, 18. wear fein ſcythiſcher Name Silis, was vielleicht eine blofe Berun-
faltung des wahren Namens Sir iſt, ven er noch jest führt. Bei den ältern
Griechen wird er auch nicht felten mit bem Tanais verwechfelt, weil man
Basyges 87
einen Zufammenbang bed Kasp. Meeres mit ber Palus Maeotis annahm,
und nun Bald den Tanais, bald den Iarartes ald Grenzfluß zwiſchen Curopa
und Aflen nannte. Uber au fpäter, ald man mit biefen Gegenden etwas
bekannter geworben war und wußte, daß bieß zwei ganz verfchievene Zlüfle
wären, nannte man bo, vielleicht aus Schmeichelei gegen Aleranber, damit
biefer auf feinen Zügen wirklich bis an den einmal angenommenen Brenz»
from beider Welttheile vorgedrungen zu fein fcheine, ben Jaxartes Immer
neh Tanais. (Vgl. Polnb. X, 48, 41. Arrian. Anab. IH, 30. IV, 15.
Guftath. ad Dionys. v. 14. Gurt. VI, 2, 13. VII, 7, 2. u. Öft. Dart.
Gay. VI, p. 223. Solin. c. 52. Safmaf. ad Solin. p. 555. Weflel. ad
Diod. XVII, 3). Schweigh. ad Polyb. X, 48, 1. Izſchucke ad Mel. II,
9, 6. p. 160 f.) Eine andere und wahrfceinlich richtigere Erklärung dieſer
Berwechſelung verſuchte v. Humboldt (bei Ideler a. a. O. p. 501.), indem
er (mit Bermeifung auf Klaproth Tabl. hist. p. 131.) darauf aufmerkfam
madhte, daß an beiden Strömen Alanen mohnten, in deren Sprade das
Waſſer Tan, Dan, Don heiße; eine Anficht, die ih auch in Ritters Erd⸗
tunde II. ©. 658. vorgetragen findet. Uebrigens vgl. über den Strom über-
haupt außer Mitter befonder& die neuen geogr. u. flatifl. Ephemeriven XXV.
Br. 5. St. ©. 129 ff. Brehmers Entdeckungen im Alterth. I. IHl. 1. Abth.
©. 400. 460. u. A. [F.]
Sasfges, 'Ialvyec (Ovid. ex Pont. IV, 7, 9. hat au den Singular
Jazyx), ein fehr bedeutender Stamm der Sarmatae, welde man bekannt»
li wohl von ben Scythae zu unterſcheiden bat, obgleih fon die alten
Särififieller nicht felten beide Völker mit einander vermengen. Während
nämlich die Sarmaten in ihrer Ganzheit, als herrſchendes Volk des über dem
Pontus liegenden Nordens, ſowohl in Aflen als in Europa wohnten, finden
wir in beiden Welttheilen auch Jazyges, und zwar immer im fünlicden Theile
ber betreffenden Sarmatia; jo im Süben von Sarmatia Asiatica, längs bes
nörblicden Ufers der Palus Maeotis und öflli von ver Mündung bed Bo⸗
rofthenes, unb im Süboften ver Sarmatia Europaea am Pontus Eurinus
bis zur Donau, Ovid Pont. I, 2, 79. Trist. II, 191. Als die Sarmaten
in das Land der Scythen vorrüdten (Diod. II, 43.), fo wurden, neben an⸗
bern Stämmen berfelben, beſonders auch die Jazyges Bewohner ver bisher
ſcythiſchen Flaͤchen, Strabo VII, 806.; denn auf bie Jazygen unterflüßten
den König Mithridates in feinem Kriege mit den Scyiben, Appian. Bell.
Mithr. c. 69., wobei die Ießteren eine Menge Volkes, ihre Site unmittelbar
am Pontus, fo wie überhaupt in ber Geſchichte ihren Namen verloren, Strabo
1. 1. und 11, 114. Spätere ungenaue Schriftfteller (Zoflm. IV, 24.) nehmen
dies freilih nit fo genau; bie Genaueren aber nennen nur Sarmaten, und
unter ihnen nebft den Roxolanen befonvderd die Jazygen, ale Bewohner
biefer Landſtriche. Nachdem übrigend die Iazygen mit den andern Sarmaten
einmal die Uferländer des Pontus überſchwemmt hatten, * drangen fie ſelbſt
no in die Flächen der Mitteldonau vor, wo bie Daten wohnten, fo baß
Ptolemäus IH, 7. die Iazygen zwar im Allgemeinen noch als Bewohner der
Sarmatia Asiatica nennt, aber bei ber fpeciellen Anordnung und Vertheilung
ber einzelnen Völker nit mehr aufführt. Unb zwar mit Met. Denn
wenigſtens in bebentender Mafje waren bie Jazygen (ungewiß warn, jeben
° Is Dvibins zu Tomt lebte, waren Sarmaten und Jazygen im Bein bes
Landes am linken Donauslifer, und fireifien unter die Mauern der halbgriedyifchen
Stabt, fo oft die Eisdele auf dem Iſter ihnen Brüde und Weg barbot, In bem
Gebiete, welches fie in Ovidius' Lagen inne hatten, als verderbliche Grenznachbarn
Möftens, finden wir um und nach Nero's Ende bie Rorolanen, mit welchen fidh die
Jazvygen von Zeit gu Zeit in nähere Berührung ſetzten, Die Eaff. LXXI, p. 1188,
dgl, Teac, Hist. I, 79, und Spart. in Adrian. ©. 6,
48 Eberis
Meeres bisweilen auch Portae Caspise heißen (Plin. 1. U. Gueton. Ner.
c. 19., bei Xac. Hist. I, 6. claustra Caspiarum, und Annal. V, 33. Via
Caspia), aber nicht mit den eigentlichen Portis .Caspiis im Taurus zu vers
wechſeln find. (Bol. mein Handb. d. alt. Geogr. II. ©. 47. Not. 92. und
©. 55.) Sie wurden nad Strabo p. 500. von einem engen, felflgen Thale
zu beiden Seiten des Fluſſes Aragus (f. unten) gebildet, und waren durch
eine unbezwinglihe Dauer verfchlofien. Vgl. au die Schilderung des Blin.
VI, 11, 12., der hier ein Kaflel Cumania anfegt, welches unftreitig das
heut. Vladi Caucas (Wladikawkaß, d. i. Zwingkaukaſus) iſt, das wenigflens
nach Samba II. ©. 17. auf dem Grunde eines alten Kaſtells erbaut iſt.
(Bgl. auch Ritters Erdkunde II. ©. 812. und Parrots Nelfe zum Ararat
I. ©. 25 f.) Diefer Paß iſt Übrigens der jetzige Hauptweg nach Grufien,
und beißt bei den Tataren Dariel (am Tered, vgl. Samba II. ©. 23 f.),
bei den Ruſſen aber nach jenem Kaſtell Vladi Caucas. — Das ſtark bevöl-
kerte Land ſelbſt war, von mehreren Flüſſen durchſtrömt, Außerfi fruchtbar,
und brachte nicht nur Getreide in Dienge, fondern felbfl Del und guten Wein
hervor; wie denn no jeßt namentlich die Provinz Cacheti eine Menge guten
Meines erzeugt, fo daß Ginige Iberien felbft für das Land Halten, wo über-
Haupt der Wein zuerſt gebaut worden fei. (Bol. PBarrotd Meife zum
Ararat I. S. 53 ff.) Jene Zlüffe waren ver Hauptfirom Cyrus (noch jeßt
Kur oder Menkari, |. Bo. II. ©. 829.) mit feineg Nebenflüflen, und zwar
auf der Norbfeite der Aragus (Apayos, Strabo p. 500., noch jetzt Aragui
ober Aral), an dem oben erwähnten, aus Sarmatien nad Iberien füh-
renden Waffe, und der Cambyses (jet Gori, Dort, ſ. Bd. II. S. 109.),
der fi mit dem öftlidern Alazonius (Aalwnos, Strabv p. 300. Alazon
bei Plin. am a. O.; no jegt Alafan, Alad3) vereinigt, und bald nad
biefer Vereinigung mit ibm in ben Hauptſtrom fält, auf der Güpfeite
aber der Pelorus (IlsAwpog, Dio Gafj. KXXVII, 2., f. oben). Das Land
war nad Strabo reih an Städten und Dörfern, von denen erflere wohl⸗
gebaute Häufer aus Backſteinen enthielten. Ptolemäus und Plinius nennen
mehrere berfelben; doch if ihre nähere Beflimmung äußert fhwierig. — Die
Einwohner des Landes, Iberes (Ißnoss, Strabo p. 118. 288. 499. und
öfter, Plut. Pomp. c. 34. Steph. By. p. 319. Mela III, 5, 6.) ober
Iberi (Mela I, 2, 5. Xac. Ann. VI, 33. Flor. III, 5.) genannt, fanden
auf einer weit höheren Stufe der Kultur, als bie benachbarten Koldier,
und gehörten nad der Anficht der Alten zu dem Mediſch⸗Aſſyriſchen Volks⸗
ſtamme, deſſen Sitten und Gebräude fle auch zeigen follten (Strabs p. 300.).
Nach Annahme des Chriſtenthums, zu dem fie fchon frühzeitig befchrt wurben,
Teiteten fie ihre Abkunft auf den König David und bie Gattin bed Urias
zurüd (Procop. de adm. imp. c. 45.), und Mannert IV. ©. 401. vermuthet
daher, daß vielleicht die Aſſyriſchen Fürſten einen Theil ber Ifraeliten an
ben Fluß Cyrus verpflanzt hätten, eine Anſicht, bie allervingd auch durch
den Ramen Seumara oder Seufamora (Samaria?) einige Wahrſcheinlichkeit
erhält. Was aber Manche der Alten von ihrer Verwandtſchaft mit ben Ibe⸗
riern der pyrenäiſchen Halbinfel fabeln, fo daß fle bald die kaukafiſchen Iberer
dorthin, bald die Hifpanifchen Iberier an den Kaukaſus auswandern laſſen,
muß für blofe Träumerei angefehen werden. Das Volk zerfiel in vier
Kaften: 1) Edle, aus deren Mitte die jededmaligen Könige gewählt wurden,
von denen der ine an der Spige der ganzen Nation fland, der andere bie
Verwaltung der Juſtiz und dad Gommanbo des Heeres führte, 2) Prieſter,
die zugleid Sachwalter des Volks waren, 3) Krieger (gleih ven Albaniern
mit Banzern, Helmen und Schilden verfeben) und Landbauer, und 4) Sflaven,
welde Eigenthum des Fürften waren, alle Öffentliden Arbeiten verrichteten
und ald Handwerker für die nöthigen Lebenshebürfnifie forgen mußten (Strabo
x
Ibenia — Ihlens Si
p. 501.). Die Saupibefhäftigung des Volkes aber war ver Aderbau. Uebri⸗
gend Herrfchte bei ihnen Gütergemeinſchaft unter den einzelnen Familien, und
der Ueltefle einer jeden war Verwalter des Eigenthbumd. Der Kultus und
die Lebensart des Dolls war nah Strabo am a. D. der mediſchen und
armenifhen ähnlich, alfo Sonnendienft; au wurde wirklich nad Moſes von
Ghorene (vgl. Ritters Erdkunde Bo. I. ©. 891. 966. ıc.) bei Einführung
des Chriſtenthums ein Simulaorum Aramuzdis hier zerflört. (Ritter ebendaſ.
S. 810. vermuthet daher, dad der Name der iberiſchen Stabt Harmozica
(t. oben) einen dem Drmuzb geweihten Ort bezeichne.) Die ältere Geſchichte
bed Lande und Volkes ift in tiefe! Dunkel gebüllt, obgleih der Name
Phrirupolis, den nach Strabo einft die Stadt Ideeſſa an der iberiſch⸗kolchi⸗
ſchen Grenze führte, auf die griechiſche Mythe des Phrirus, alſo auf eine
alte griechiſche Kolontfation hinweist. Daß .fpäter Iherten, fo gut wie Kolchis,
wenigftend dem Namen nad zur Perſtſchen Monarchie gebörte, ſcheint fon
aus dem Namen des Ylufies Cyrus hervorzugehen (vgl. auch Herod. IH, 97.).
Bekannter aber wurbe das Land erft durch die Kriege der Nömer in Aflen,
und namentlich durch den Feldzug des Pompejus in den kaukaſiſchen Laͤndern
im J. 69 v. Ghr., fo daß Strabo der erſte Schriftfleller iſt, bei welchen
fh etwas genauere Nachrichten über dafielbe finden. Wir finden Iberien
fpäter (namentlich ſeit Trajan) unter der Herrfchaft ber Römer, die fih auf
bis nad dem Tode des Julianus in feinem Beſitze behaupteten. Da aber
nahm es Sapor, König von Perflen, ein (Ammian. XXVII, 12.), und fo
fand es denn im fünften Jahrhundert wieder unter PBerfliger Oberhoheit
(Brocop. Pers. I, 12.). Die größere Givilifation des Volkes begann mit
der ımter römifcher Herrfhaft von Byzanz aus bewirkten Ginführung des
Chriftenthums. (Nah Procop. de aedif. V, 9. bieß ein altes, vom Kalfer
a ſechdten Jahrhundert erneuertes Klofter in Ierufalem das ibe⸗
riſche. F.
Kberia (Ißnoi«) hieß nach dem Peripl. mar. Erythr. p. 24. auch ein
Diftrift Indien zwiſchen Lariea und Scythien, was in Verbindung mit dem
Namen der indiihen Stadt Colchi am Colchiſchen Meerbufen (Peripl. p. 33.)
und der Lanbfchaft- Inbofeythia (Peripl. p. 21.), auf eine Einwanderung
ſcythiſcher Völkerſchaften aus den Kaufafusländern hinweist, die wahrſchein⸗
lich nad der Vernichtung des DBaktrianifchen Reiches im I. 136 v. Ghr.
erfolgte. Bgl. mein Handb. d. alten Geogr. II. ©. 509. [F.]
Iberimgae (önoiyyaı), nad Ptol. VI, 1. eine Voͤlkerſchaft im Innern
von India extra Gangem, wefllih neben ben Basanarae und nörblid von
den Dabasae ober Damasae. [F.]
Isörus, Hiberus, Ißngos (Bro, Str.), der Ebro, Hauptſtrom bes
norböftliden Hifpaniend; er bat feine Quellen unweit Juliobriga in ben can»
tabriſchen Gebirgen, firömt in ſuͤdöſtlicher Richtung zwiſchen den Pyrenäen
und bem Jbubenas Gebirge durch die theild ebenen (Cato Origg. VII. bei
Non. v. pisculentus), theild hügeligen Landſchaften ber Autrigonen, Das⸗
onen, Ilergeten, Ilercaonen sc. in einer Länge von 450 Willien, wirb bei
Baria (Barela?) auf eine Strede von 260 Mid. ſchiffbar, und fält, von
nambaften Ylüffen, dem Sicoris, Salo u. a. verftärkt, unterhalb Dertofa in
ein Delta auslaufend ing Mittelmeer. Str. 159 ff. Plin. III, 8. (4.)
Bofidonius bei Str. 175. fahelt von einem See, ben er durchſtroͤme, und
deſſen Wafler von heftigen Norbflürmen in ven Fluß hinausgepeitſcht werde,
fo daß diefer manchmal ohne alle andere Veranlafiung flark anfiäwelle.. Vgl.
Euftath. zu Dionyf. Ver. 281. Der älteren Gintheilung bei den Römern
in ein bieffeitige8 und jenfeitiges Hiſpanien lag diefer Strom zum Grumbe,
was zu der irrigen Vorflellung Beranlaffung gegeben haben * daß der
IV.
—82
MR Tues — Ybyoms
Ebro die Halbiuſel in der Mitte durchfchneide, eine Meinung, bie ſich ſelbſt
noch a Appian findet, de reb. Hisp. 6., ber feine Mündung an den Ocean
verlegt (wie ebenfalld Aeth. Iſter p. 17.). [P.
Ibes, ein nur von Liv. XXVIII, 21. (jedod nit ohne Varianten)
augeführter Ort, civitas von ihm genannt, im jenfeitigen Hifpanien; nad
Raborbe j. Ibi norböffih von Valencia. [P. |
Ebettes, ein fonft unbekanntes, blos von Plin. V, 31,37. erwähntes
Fluͤßchen auf der Infel Samos. (F.] |
Inte oder Ibeum, ein Ort der ägyptiſchen Landſchaft Heptanomis,
Ra Mill. noͤrdlich von Hermopolis gelegen (It. Ant.), vermuthlich ein Hauptfig
des Ibiskultus. |
Ybligo, iche Stadt der Garni, j. Invillins in Krain, Paul. Diac.
Longob. IV, 38. [P.]
Xbliodurum, rt der Mebiomatriker, I. Ant., nad dert j. HGa⸗
nonville am Iron weRlih von Metz. [P.
Hbycus (’IBuros), der fünfte Meifter in dem Kanon der helleniſchen
Lil, an Steſichorus zunächſt fich anſchließend, und wie dieſer, in der heroiſch⸗
erotiſchen Lyrik der Dover fich auszeichnend. Gr war geboren zu Rhegium,
bas eine meflenifche Bevölkerung hatte, daher er auch der Meffenier in einem
Epigramm (in Welderb Sylioge p. 278.) genannt wird, und flammte auß
einer angefehenen Bamilie, lebte Dann aber zu Samos an dem glänzenben
Sof 5 des Polyfrates, um Olymp. 59., mag auch an andern Orten, namente
im doriſchen Peloponnes, in Siellien, herumgewandert ſeyn, muß aber
wohl von da in feine DVaterflabt wieder zurüdgekehrt feyn, da er nad feiner
Grabſchrift (Anthol. Palat. VII, 714.) dort farb, was freilih ver dur
Sqhillers Gedicht unter und verbreiteten Sage des Alterthums (f. Antholog.
Dalet. VIE, 745.) von feiner Ermordung durch Räuber, zu deren Entbedlung
Kraniche geführt, widerſpricht, obwohl diefelbe fich nit wohl unbedingt
wirb verwerfen laffen, wie Ginige gewollt haben. Denn daß Ibyeus in Ko«
sinth, in deſſen Nähe ver Mord Statt gefunden, ald Sänger aufgetreten, ift
Eeineöwege unglaublih, zumal da auch andere Sänger in ber Kunft und
Befang liebenden Stabt auftraten (vgl. Bode am ımten anz. O. ©.87ff.).
Beiber wiffen wir von den im Altertum fo gefeierten Sichern des Ibycus
nur fehr wenig; Suibad nennt fleben Bücher Igrifcher Gedichte, wahrſcheinlich
eine Sammlung ver verſchiedenen PBoeflen deſſelben, die unter verſchiedenen
Namım, und auch verſchiedenen Arten der lyriſchen Poefle angehörig, im
Publikum verbreitet waren; es waren darunter Chorlieber, und andere, in
bie heroiſche Poefle fallende Lieber; die größere Zahl derſelben aber waren
ohne Zweifel erotifge Poeflen, voll ver feurigften Gluth der Poeſte, uns
einer überflrämenben Leidenſchaft, worüber fchon die Alten fi ausgeſprochen
haben, um fo mehr als ber Sauptruhm des Ibycus durch dieſe erotifchen
Lieder, in weldden die doriſche Kraft mit äoliſcher Weichheit verbunden war,
und ſelbſt in der Sprache wie im Rhythmus eine Vermiſchung doriſcher und
aolifiger Elemente und Formen hervortrat, begründet werben war. ©. außer
Fabric. Bibl. Gr. II. p. 124 f. inäbefondere: Ibyci Carmm. Religg. Ser.
F. G. Schneidewin. Praofiza est Epist. C. O. Mülleri Gotting. 1835.
(f. Ebendeſſelben Dorer II. S. 350 f.), und daſelbſt über Leben und Brig
des Ibyens p. 8—82. vgl. Schneidewin Delect. poes. eleg. p. 336 ff.
S. auch weiter: ©. Hermann in Jahns Jahrbb. d. Philol. 1833. Bd. VIL.
S. 871ff., Kleine, Zeitfchr. 6 Alterthumswiſſ. 1827. Nr. 11 ff. Welder im
Mufeum 1832. III. ©. 401 ff. Bode Geſch. d. hellen. Dichtk. IL
(Eyrit᷑ I.) ©. BA ff. —* von dem Dichter iſt Ibycus, ebenfalls aus
— ber fig —7 Pythagoreiſchen Bunde anſchloß; ſ. Jamblich. Vit.
Pythag 7] 0.
Kondliıs — Konz «8
Kondims, von Kreta, Bruder bed Japys, der von einem Delphin
(Apolion) geführt, an den Barnaffus zieht und dort Delphi und Kriffa ben
Namen gibt. Servo. zu Birg. Aen. III, 332. [Mzr.]
Yearia, Beiname der Diana von einem berühmten Tempel auf ber
wildreißen Inſel Ikarus. [ Mzr.]
Hecaria ımd Hearius, Demos der Phyle Aegeis und Berg in Attica,
f. 3b. I. ©. 938. [P.]
Ycarlım Mare (3. B. Hor. Od. I, 1, 15. Ovid Fast. IV, 568.
Blin. IV, 11, 18. Tcarium pelagus bei Claud. in Eutsop. II, 264.
Inapıos noreos fon bei Ham. 11. IE, 145. möreyoo 0 /Inapıor bei Heron.
VI, 95. 96.. Strabo I, p. 124. X, p. 488. Piel. V, 2. Agathem. 53.
u. A.), der füböflliche Iheil des Aegäiichen Meered Tängs der Küfte von
Doris, Karien und Ionien, ber fi um bie Inſel Ikaria ber auäbreitet, und
die Infeln Samos, Kos, Lerod u. f. w. umfaflend, gegen W. an das myr⸗
teifge, gegen S. aber an das Tarpathifche Meer grenzt. Wie dieſe Meere
ihren Ramen von ben in ihnen gelegenen Inſeln Myrtos und Karpathos
hatten, fo war auch das ifarifde nah Strabo und Blin. I. II. na der
Inſel Ikaros oder Ikaria benannt. Der Mythe nad aber wurde ihm bisfer
Name zu Theil, weil Ikaros, der Sohn des Dädalos, ver feinen Vater auf
der Flucht aus Kreta begleitete, bei dieſer Infel ind Meer flürzte und ertrank
(Bgl. Ovid am a. D. und Metam.' VIH, 195 ff.) [F.]
Kenrtus (Ixaooc), au Icarus und Icarion, if ber Rame 1) eines
Atheners, der unter Pandions Megierung den nah Attila Eommenden
Dionyfud freundlich aufgenommen haben fol. Zum Danfe tbeilte ihm der
Bott die Kenntniß des Weinhaus und Schläuche mit Wein mit. Diefe Gabe
auch an Andere zu ertheilen, fuhr er mit feinen Schläuchen auf einem Magen
umber und ließ den Eöftliden Trank Eoften. Weil aber einige Hirten durch
ven Bein berauſcht wurden, töbteten ihn veren Genoſſen, die glaubten, er
habe Gift vertheilt, flürzten ihn in ben Brunnen Anygrus ober begraben
ihn unter einem Baume. Seine Tochter Erigone (’Horyorn, bie Frühgeborene,
au Ads, die Umherirrende genannt) fand nah langem Suchen fein Grab,
von Ihrem treuen Hunde Mära geleitet. Aus Betrübnig erbenkte fie fih an
dem Baume, unter welchem ihr Bater begraben war. Zeus ober Dionyins
verfeßte fie ald die Jungfrau unter die Geſtirne, ebenfo ihren Bater mit
feinem Becher als Booted ober Arkturus und die Mära als den Hundaſtern.
Ueber bie undankbaren Athener aber verhängte Dionyfus eine Peſt oder eine
Haferei der Jungfrauen, daß fich diefe, wie Erigone, erhenkten. Aul. Gell.
XV, 10. Das Orakel verhieß Befreiung, wenn man die Leichname fände
und das Berbrechen fühne. Man fand die Todten nit. Aber der Erigone
tHftete man ein Schaufelfeft, winon, aAnuıöss, und brachte ihr und dem Ika⸗
ins Früchte als Opfer dar. Auch der Askoliasmos, das Tanzem auf einem
mit Luft gefüllten und mit Del beftricdenen Schlaufe an ven Dionyfien,
jührte man auf Ikarius zurüd, der aus dem Bel eines Bode, ver ihm vie
Neben beſchäͤdigte, einen Schlau gemadt und dann einen Tanz vesanflaltet
baben fo. Hyg. P. A. IL,4. Bin attiſcher Demus wurde auch nad) Ikariuß
benannt. Steph. Byz. s. v. Inapie. Apollod. III, 14, 7. PBauf. I, 2, 4.
Hyg. f. 130. P. A. II, 4, 25. Serv. zu Virg. G. I, 67. 218. II, 389.
Guftath. p. 389, 43. 1535, 38. Xibull. IV, 1, 9. Propert. II, 33, 29.
QDvib Met. VI, 126. X, 451. Heſych. s. v. Aiwge. Al. Bol. IV, 38.
Welcker Nachtt. ©. 222 5. Schwenk Andeut. S. 148 f. Derf. Ueberſ. d.
dom. Hymn. S. 309 f. — Denſelben Namen führt 2) ein Lacedämonier,
ser Sohn bed Verieres und der Gorgophone, Enkel des Ueolus ober bes
Kyonortas, Apollod. I, 9, 5. III, 10, 3. Oder: Enkel des Perieres und
Sohn des Debalus und der Bateia, Halbbruber des Hippokoon, Apollod.
u Keätrims — Gollrus
IH, 10, 4., ober Sohn des Debaluß und der Gorgophone, Enkel des Ky⸗ |
nortas, Pauf. II, 1, 4.; Widerſprũche, die Pauſ. IV, 2, 3. II, 21,8. III,
1, 4. fo zu löfen ſucht, daß er die Gorgophone zuerft an ‘Berieres, bann
an Debalus verbeirathet fein Täßt: Söhne aus erfler Ehe waren Aphareus
und Leucippus, aus zweiter Tyndareus, Ikarius und Arene. Die Sage fagt
von dieſem Ikarius: Hippokoon, der unehlide Sohn des Debalus, vertrieb
feine beiden Brüder Tyndareus und Ikarius aus Lacedämon. Sie flohen zu
Theſtius nad Pleuron und wohnten jenſeits des Achelous. Tyndareus kehrte
ſpäter, als Herkules den Hippokoon erſchlagen, nach Sparta zurück. (Nach
Apollod. III, 10, 5. auch Ikarius.) Ikarius blieb in Akarnanien. Nach
anderer Sage war Ikarius auf Seite des Hippokoon und vertrieb mit dieſem
den Tyndareus aus Sparta, Pauſ. III, 1, 4. In Akarnanien zeugte er mit
Bolykafte, der Toter des Lygäus, die Penelope, Alyzeus und Leufabtus.
Strabo p. 461. 452. Euftath. 1417, 24 ff. Andere Namen für die Mutter
und Kinder |. man bei dem Schol. zu Odyss. XV, 16. u. Apollo. III, 10, 6.
Pauf. VII, 34, 2. Odyss. IV, 797. I, 329. Darin flimmen alle Berichte
überein, Penelope fet feine Tochter geweien. Yür die Freier derſelben Habe
er einen Wettlauf angeftellt, in dem Odyfſſeus geflegt habe, Pauſ. III, 12, 2.
Etwas anders Apollod. II, 10, 9. Als nun Penelope dem Odyſſeud ver⸗
lobt war, wollte Ikarius ihn bewegen, in Lacedämon zu bleiben. Odyſſeus
ging darauf nit ein und z0g mit der Braut ab. Ikarius folgte ihrem
Bagen nah und wollte die Tochter durch Bitten zum Bleiben bewegen. Da
verlangte Odyſſeus von ihr eine beſtimmte Erklärung. Ste ſchwieg, gab aber
durch ſchamhaftes Berhüllen das Zeichen, daß fie doch Tieber ihrem Manne
folgen wolle. Nun fland Ikarius von feinem Wunfche ab und errichtete an
. dem Orte, wo dieß geſchah, eine Bilvfäule ver Schamhaftigkeit. Pauf. III,
20, 10. [Mzr.
Hcarlas, Gomes Orienti8 um 384—385 n. Ghr. an die Stelle des
abgefegten Proclus, bekannt durch die an ihn gerichtete Rede des Libanius
(no0c "Inapıoy napamerıxos), auß der wir erfehen, daß er ein fehr wiſſen⸗
ſchaftlich gebilneter Mann war; von Schriften vefielben wiffen wir nichts,
obwohl er früher, wie es fcheint, als Lehrer der Rhetorik in Nom gelebt
Hatte. Auf diefe Mebe (T. II. p. 91 ff. ed. Reisk. T. II. p. 455. ed. Mo-
relli) folgen bei Libanius zwei andere gegen ihn gerichtete Vorträge (xar«
Ixagiov), in welchen Ikarius als ein anmaßenner Mann erfcheint. [B.]
Hearos (Ixapos, Ptol., bei Strabo XVI, p. 766. auch Inapıos) ober
Ichara (Iyaoa, Ptol. und Plin. VI, 32.), eine Fleine, erſt von Alerander
dem ®r. mit diefem Namen belegte Infel des Perſiſchen Meerbufens (Arrian.
Anab. VI, 20, 6.), der Mündung des Euphrat (oder Tigris) gegenüber,
mit Tempeln bed Apollo und ber Artemis, von denen erflerer au ein Orakel
hatte, und reih an Wilppret, beſonders Hirſchen und wilden Ziegen, das
jedod nur der Artemis zu Ehren erlegt werben burfte. Vgl. Aelian. H. A.
xl, 9. Man Hält fie für das Heut. Peludji. [F. '
Uehzus ("Ixaoos), der bekannte Sohn des Daͤdalus (Bo. II. S. 839.),
ber nach ber fpäteren Sage (Ovid Met. VIII, 195. Hyg. fab. 40.) in das
Meer bei der nah ihm benannten Infel Ikaria flürzte und vemfelben ben
Namen gab, weil er bei der Flut von Kreta gegen vie Warnung feines
Baters zu hoch flog, fo dag ihm die Sonne bie von feinem Bater angefegten
wächſernen Flügel ſchmelzte. Seinen Leihnam, ber an bie genannte Infel
angeſchwemmt wurbe, babe Herkules begraben (Paul. IX, 11.). Schon bie
Alten (Bauf. a. DO.) erflärten vie Babel von den Flügeln fo, daß darunter
die Erfindung ver Schiffäfegel zu verfichen fel, wie denn auch nad anderer
Sage Dädalus und Ikarus auf einem Schiffe geflohen fein ſollen. Nach
Ecleus — Yorlıs 45
Diob. IV, 77. fiel Ikarus beim Auffteigen an ver Infel Ikaria durch Unvor⸗
ſichtigkeit ins Meer und ertrank. [ Mzr.] :
Hchrus (Ixcoos, Som. hymn. XXXIV, 1. Aeſch. Pers. 887. Thuc.
IH, 92. VI, 99. Scyl. p. 22. 55.), fpäter Icaria (Ixapie, Strabo X,
p- 488. XIV, p. 639. Ptol. V, 2. Mela 11, 7, 11. Blin. V, 12, 23.)
genannt, eine von Plin. am a. D. zu den Sporaben, von Steph. Byz. aber
zu den Cykladen gerechnete Infel in der Nähe der Eleinaflatifhen Küfle und
in dem nach ihr benannten ifarifchen Meere, etwas weſtlich von Samos (und
zwar nad Strabo am a. O. 80 Stad., nah Plin. am a. O. aber 38 Mill.
vom Borgeb. Ampelos auf Samos entfernt), genau genommen nur eine Fort⸗
fegung des Gebirgsrückens von Samos, und baber lang und ſchmal, und,
wie jene, von NO. nah SW. geſtreckt. Ihrer Länge wegen mwurbe fie früher
au Doliche (Ballim. in Dian. v. 187. vgl. Apolod. II, 6.) und Macris
(&uftath. ad Dionys. v. 530. Liv. XXVII, 13. u. daf. Dufer), von ihrem
Fiſchreichthume aber auch Ichthyo&ssa genannt (Blin. 1. 1.). Den fpäteren
Namen leiteten Manche, melde die mytholog. Etymologie verwarfen, vom
ioniſchen xao« oder xuwoos, Weibeplag, ber, fo daß er alfo eine Weideinſel
bezeichnen würde (vgl. Heſych. v. Kro, Bochart. Hieroz. I, 429. u. Eid»
lers Handb. ©. 454.). Die Länge der Infel betrug nad Plintus 17 MIN,
ihr Umfang nad Strabo 300 Stad. Sie begann in D. mit dem blos SO
Stab. von Samos entfernten Borgeb. Drepanum (Apsnaror, Strabo p. 637.)
oder Dracanum (Apaxasor, id. p. 639. Som. hymn. XXXIV, 1. Dtob.
IH, 66. Steph. By. p. 245. Plin. IV, 23.) und endigte in W. mit
einer Landſpitze beim Städtchen Oenos (Oivon, Strabo 1. 1. und Athen. I,
p. 30.). An dieſer Weſtſeite befand ſich auch noch ein anderes Staͤdtchen
Isti (Iotoi, Strabo 1. 1.) mit einer guten Rhede und einem naben Tempel
der Diana (Tavponol:or genannt). Plinius gedenkt noch eines dritten Stäbt-
Hemd, das (mie Steph. Byz. anzubeuten ſcheint) mahrfcheinlih denſelben
Namen, wie die ganze Infel führte, am Borgeb. Drafanon (an der Stelle
des heut. Fanari) Tag, und einen Ankerplatz hatte; ein eigentlider Hafen
aber fand fih auf der Infel nicht. Sie war von Milet aus zuerft bevölkert
worden (Strabo XIV, p. 635.), jedoch ſchon zu Strabo's Zeiten wenig bes
wohnt, und wurde von ben Samiern eigentlih nur als Weideplatz benutzt
(id. X, p. 488. XIV, p. 639.). Jetzt beißt die im Ganzen arme, nur an
Baus und Brennholz reihe Infel Nitaria. Bol. Xournefort Voyage du Le-
vant T. II. lettre 9. p. 94. [F.]
Heäzus, nad Plin. VI, 17. ein Nebenfluß des Oxus in Bactriana.
Allein die Lesart iſt unficher, da fl im einigen Codd. ftatt ad Icarum flumen
au ad Achrum flamen findet. [F.]
Mcarüsa, nah Plin. VI, 3. ein Fluß in Sarmatia Asiatica zwiſchen
ber Palus Maeotis und dem Pontus Euxinus, in der Nähe der Cercetae.
Doch iſt der Name noch zweifelhaft, da andere Handſchriften die Lesart Ta-
rusa haben. [F.]
Henunus, Nebenfluß der Sequana in Gallia Lugd., jetzt Donne,
Infor. [P.] \
Hectus (auf einer Münze L. ITI., Edhel Doctr. Num. V, p. 227.),
I)M. Iccius, Prätor im $. 710 d. St., befam Sieilten zur Provinz.
@ic. Phil. IN, 10, 26. Vielleicht mit ihm verwandt iſt
2) ver Iccius, der aus den an Ihn gerichteten Od. 1, 29. Ep. 1,12.
des Horatius befannt if. Er fcheint ein jüngerer Freund des Dichters ges
meien zu ſeyn, und hatte großes Interefje für philofophifcge Studien (Od. I,
29, 13 f.), von denen er ſich aber abbringen ließ, als Auguft ven Feldzug
gegen das glückliche Arabien vorbereitete, weldhen im I. 730 Aelius Gallus
ausführte (vgl. 6. G. 3. Shönemann, über eine römiſche Unternehmung
46 | Eocas — Tolyiyas
auf Arabien unter Anführung des Eqvos A. G., in ver Biblioth. der alten
Lit. u. Kunft, Heft IX. S. 1—33. GBötting. 1792. 8. Ueber Ae. G. f.
außer bem Bd. I. S. 145. Angef. Dio Gaff. LIII, 29. Strabo TI, 118.,
wo er ihn feinen Freund nennt, XVI, 780. XVII, 816. Joſeph. Antiggq.
XV, 12.) Wie fo viele Andere wollte.er die Gelegenheit benützen, um ſich
eine behagliche und unabhängige Exriftenz zu begründen. Dieſes Motiv und
ben ganzen Plan des Icctus bat Hor. in dem föfllihen Neckgedicht Od. 1,29.
mit gutartigem Humor carifirt und perfiflirt. Aber ver unglüdlicde Ausgang
jener Erpebition vereitelte feine Berechnung, und fo treffen wir im I. 734
(in dem Empfehlungsſchreiben Ep. 1, 12.) Icciuß wieder als Procurator der
fletliihen Latifundien des Agrippa (V. 1.), wieder eifrig mit philofophifchen
Studien befhäftigt (W. 15—20.), über die Unficherheit und Beengtbeit feiner
Berbhältniffe Klage führen, aber dadurch keineswegs entmuthigt, noch irre
gemacht durch die allgemeine Richtung aufs Materielle (VB. 2—14.). —
Seine Charakteriftik faffen die Horazifhen Schollaften wie gewöhnlich ylump
an; zu Vieles und Unrichtiges hat Wieland (Einl. zu Ep. I, 12.) über ihn
gewittert, wogegen feine @hrenrettung f. bet Jacobs Berm. Schrr. V. S. 1—30.
vgl. Waldenaer hist. d’Horace II, 171. Dünger, die Br. d. H. J. ©. 155.
bis 4157. Obbarius Comment. zu den Br. II, 1, ©. 130 ff. [ W. Teuffel.]
Hccus von Tarentum, audgezeichnet ald Athlet und Lehrer der Gym⸗
naftiE, Hatte zu Olympia einen Sieg im Pentathlon gemonnen und wird von
Platon mehrmals mit Belobung genannt (Legg. VIII, 840. a. Schol. ad
Protag. c. 20. p. 316.e.). Paufanias (VI, 10, 2.) bezeichnet ihn als ven
beften Gymnaſtes feiner Zeit. Auch von anderen fpäteren Autoren wird er
mit Auszeichnung erwähnt: Lufian. quomod. hist. sit conscrib. $. 35.
Aelian. V. H. XI, 3. Er blühte um die 77fle Olymriade, alfo in der Seit,
während welcher fi die gumnaflifhen und agoniftifhen Beftrebungen bei
ben Griehen am fhönften entfalteten. Gr betrachtete die Mäßigkeit als eine
Brut der gumnaftifchen Uebungen und war ſelbſt ein Diufter firenger Mäßig-
fett. S. Kraufe Gymnaſt. u. Agonift. I, ©. 75. und Olympia ©. 302 f.
Jamblich. Vit. Pyth. 36. nennt ihn einen Pythagoräer. Nah Themiftius
Zogeor. or. XXIII, p. 350. Dind. zählte Platon auch den Ikkos und ben
Selymbrianer Herodikos zu den Sophiften, or eyomuerilorro ano Tor vamr.
Es ift Hier nämlih von einer Schattenfeite der Sophiften, dem «opyvpoAoyeir,
die Rede. ©. die weitere Expofition bafelbft.
Iccus, ein @pibaurier, welcher von dem Aftypalier Kleomebes zu
Dlympia im Fauſtkampfe getöbtet wurde. Pauſ. VI, 9, 3. S. Gymnaſtik
u. Agoniſtik Thl. I. S. 520 f. [Kse.]
Kchäna, Stadt in Sicilien, Steph. Byz.; Plin. IH, 8. (14.) Icha-
nenses. Seht Icana unfern der Südſpitze Siciliend. [P.]
Hchnae (Iyraı, Iſidor. Char. p. 3. Steph. Byz. p. 340., bei Div
Gafj. XL, 12. "Iyrıaı) oder Ischnae (Joyraı, Plut. Crass. c. 25.), ein
von den Macedoniern angelegted Städten in Mefopotamien, öſtlich won
Karrä, nah Ifldor am a. O. 10 Schöni fünlih von Cveffe, bekannt
durch den Sieg, den hier Crafſus in dem erſten Gefechte gegen bie Parther
erfocht. Nah Appian. de beil. Parth. p. 243. ed. Steph. aber erlitten die
Römer nicht weit davon eine Niederlage. [F.]
Ichnaea (Iyrcie), vie Spürerin, Beiname a) der Ihemis, Homer
Hymn. in Apoll. 94.; in Ichnä verehrt, Strabo p. 435., Steph. Byz. s. v.
üpaı, Ilgen, Som. h. p. 221. Jacobs Anthol. 2, 2. ©. 79. b) ver
Nemeſis, Brund Anal. 2, p. 186. Ilgen p. 222. | Mzr.]
Hchthyas ('Iydvas), Sohn des Metalus, Schüler des Euflives, unt
von Diogenes von Laerte (II, $. 112. 113. vgl. Athen. VII, p. 335.) ale
ein angefehener Mann bezeichnet, an ben au der Cyniker Diogenes einen
'Iekikyotesytauzus — Kollus 17,
ge a babe. Weitere Nachrichten Über dieſen Philoſophen fehlen
edoch.
Ichthyocentauzus (IyIvoxerzevpos), eine beſondere Modiſication
der Vorſtellung von den Tritonen (ſ. d. Art.). Während dieſe ſonſt nur
im Allgemeinen als halb Menſch halb Fiſch geſchildert werden, fügt eine
weitere Ausſchmückung dieſes mythiſchen Weſens unter dieſem Namen zu dem
menſchenähnlichen Oberleibe und dem Fiſchſchwanz noch zwei Vorderfüße eines
Pferbdes hinzu. Tzetz. Lyc. 34. 886. 892. Böttiger Vaſengem. 3, 156 f. [Mer.)]
Ichthyophägi ("IyIvogazyoı, Fiſcheſſer), eine (vielen ähnlichen Völker⸗
namen, die von dem Hauptnahrungsmittel derſelben entlehnt find, wie Loto⸗
pbagen, Ghelonophagen, Struthonhagen, Elevhantophagen u. f. w., analoge)
allgemeine Bezeichnung verſchiedener Küftenvölfer ver ſüdlichen Meere, vie
man nicht genauer Fannte, und von denen man mußte ober voraußdfegte, daß
fie größtentheild von Fiſchen Iebten. Die befannteren darunter find a) in
Aflen: 1) die Ichthyophagi Aethiopes, melde Ptol. VII, 3. in die Sinarum
regio im Äußerfien Often verfegt, und ſüdwärts bis zum Aequator, nord⸗
wärts aber bis zum Sinus Magnus (Meerbufen von Siam) reihen läßt;
2) die Ichthyophagi längs ver Küfle Gedrofiens am Erythräiſchen Meere
(Artian. Anab. VI, 28. Ind..c: 24. 29. Ptol. VI, 8. und Strabo XV,
p. 720., welder ihren Wohnflgen eine Ausdehnung von 7400 Stab. giebt;
vgl. au Plin. VI, 23, 26.), die nicht blos mit ihren Haußthieren von
Fiſchen lebten, ſondern fih auch in Fiſchhäute (und Felle) Eleiveten und ſelbſt
ihre Häufer aus Fiſchgräten und Muſchelſchaalen bauten, die aber au in
Gegenden, wo ed nicht an füßem Wafler mangelte, d. h. um bie Ufer ber
Küftenflüffe ber, etmad Schaafzucht und Aderbau trieben (Arrian. u. Strabo
1. U.), und wenn daher Blin. VI,23. erzählt, Alexander der Gr. habe ihnen
verboten Fiſche zu eſſen, fo beißt das wohl nichts weiter, ald er habe fie dem
rohen Fiſcherleben entfremden und dur Gewöhnung an ven AUderbau ent-
wildern wollen. Uebrigend nennen Ptol. am a. D. und Marcian. c. 22.
(melde vielen Küftenftrih Gebrofiens fon zu Garamanien rechnen), jo wie
Mela II, 8, 4. dieſe Ichthyophagen auch GChelonophagen ( XeAmsogayoı)
oder Schilöfröteneffer. (Ueber den zum Theil noch ganz den Schilderungen
der Alten gleihenden Zufland ver jeßigen Bewohner biefer Küfte vgl. Morier
Second Voyage I. p. 72. und Niebuhrs Beſchreib. von Arabien ©. 310.);
3) die Ichthyophagi Arabes an der norhöfllihen Küfle von Arabia Felix
vom Bingange bed Berfiihen Meerbufen bis zum Promont. Solis und dem
Volke der Anaritae, um den nad) ihnen benannten Meerbufen ( Iydwoyayar
»oArog bei Ptol.) ber, alfo in einem Theile des Heut. Hadſchar (Ptol. und
Juba bei Plin. VI, 28, 32.). b) in Afrika: 1) in der Landſchaft Troglo-
dytice, oder den Küftenftrihe am Arabiſchen Meerbufen oberhalb Aegyptens
und Aeihiopiens (Strabo p. 769 f. 772. Btol. IV, 8. Died. III, 40.
Agatharch. p. 27. Peripl. mar. Erythr. p. 1. 15. 19.), die, gleih ven
ſtets neben ihnen genannten Troglodyten, nad Diod. 1. 1. u. Agathem. p. 45 ff.
auf der niebrigften Stufe der Kultur flanden und nicht einmal bie She kannten,
io daB Weiber und Kinder bei ihnen gemeinfchaftlih waren; 2) an der Weft-
füfle, zwifchen dem Hippodromus Aethiopiae und den Wohnflgen ber Aethio-
pes Hesperii, füplih vom Fluß Maflıbolus (d. h. dem heut. Sambia) und
tübmeRlih vom Geb. Theön Ochema (wahrſcheinlich dem Heutigen Kong»
gebirge). [F.]
Echthys, ein ſüdlich vorfpringende® Gap von Elis unweit Phea, j.
C. Zandi, Str. 343. Mela II, 3. Blin. IV, 5. (7.). ®Btol., von den
Reueren häufig mit dem nördlichen Ghelonatas-Borgeb. (C. Torneſe) ver-
wedfelt. [P.]
Kodlms, Sohn des Schlafgottes, Bruber bed Morpheuo, ein Bildner
48 Eoßlus Martianns = Ycllin gens
der Träume „Ikelos nennen ihn Goͤtter, Phobetor der Kaufe der Menſchen“.
Ovid Met. XI, 640. [Mzr.]
Ecöius Martianus, #reigelafiener des Galba (feinem Namen nad,
InsAos, der auf einer Infchrift als Name eines Atheners vorfommt, ein
Grieche von Geburt), that fich zuerft bei ven Bewegungen hervor, die den
Sturz ded Nero zur Folge hatten, und z0g ſich dadurch das Gefängniß zu,
aus welchem er nad Nero's Tode befreit, jo großmüthig war, ben Leichnam
des ermordeten Kaiferd ver Mache des Volks zu entziehen und ehrenvoll ver-
brennen zu lafien (Suet. Nero 49.). Nachdem er fofort die Nachricht von
ber Erhebung Galba's und von dem Tode Nero's dem erfleren von Rom nad
Spanien (wohin er die Reife in fleben Tagen zurüdlegte) perfönlih über
bracht, fo wurde er für feinen Eifer mit dem goldenen Ringe belohnt und
ale Nitter mit dem Namen Martianus beehrt (Plut. Galb. 7., wo der Name
Icelus in den Handſchr. corrumpirt iſt, vgl. Tac. Hist. 1,13. Suet. Galb. 14.).
An Galba's Hofe bildete er ſodann mit dem Conſul T. Binius und dem prä-
torifhen Präfecten Cornelius Laco (deſſen Amtsgenoſſe er zu werben tradhtete,
vgl. Suet. Galb. 14., summi equestris gradus candidatus, und hiezu Mars
quarbt de Equitt. p. 80. und Nein, in unf. Encycl. Bd. II. ©. 217.) ein
Triumvirat, dem Galba, mit dem Namen des Fürſten fi begnügend, vie
fürftlide Macht anheimgab (Tac. Hist. I, 13. Sueton. Galb. 14. Plut.
Galb. 20.). In diefer feiner Stellung bauptfähli darauf bedacht, fi durch
Raub zu bereichern (Zac. 1,37. II, 95.), büßte er nah dem Sturze Galba’s
durh Otho, defien Adoption er mit Laco im Widerſpruch mit Vinius be:
fämpft hatte (Tac. I, 13. 33.), und wurde als Freigelaffener von Otho ohne
Weiteres öffentlich hingerichtet (Tac. I, 46.). [Hkh.]
Toni, Völkerſchaft im römifchen Britannien, welche mit den Zuueror
des Ptol. für identifch gehalten wird; ihre Wohnflge werben in Norfolk und
einem Theil von Suffolf geſucht. Sie waren nach Tac. Annal. XI, 31. ein
ſtarkes und wehrbaftes, aber von den Roͤmern ungeachtet der Ergebenheit
ihres Königs PBrafutagus, mißhandeltes Bolt, XIV, 31 ff., weswegen fle einen
gefährlichen, mit Mühe unterprüdten Aufftand erregten, 37.; ſ. Boadicea. [P.]
Yeläni, Ort der Icener (f. d.) in Britannien nah It. Ant. Sept
Ruinen bei Norwich. [P.]
KIciämägus (Iciomagus? der Name ſcheint verfchrieben), Ort in Aqui⸗
tanien, Tab. Peut., verſchiedentlich gedeutet, nach d'Anv. Iſfingeaux, nad
ud, Mayeres bei Arlon. [P
Yellia gens, ein plebejiſches Geſchlecht, das ſich im dritten und vierten
Jahrhundert der Stabt durch Feindſchaft gegen die Patricier und eifrige Ver⸗
theidigung der Volksſache Hervorthat. Liv. IV, 54. vgl. 52. — Als Beiname
eines Icilius (Nr. 2.) kommt der Name Ruga vor, ber vielleicht bei Mehreren.
vorauszuſetzen ifl, ohne von den Schriftftellern ausbrüdlich ermähnt zu werben.
1) Spur. Icilius, im 3. 261 d. St. (495 v. Chr.) mit M. Decius
und 2. Junius Brutus von den auf ben heiligen Berg entwichenen Plebejern
ala Abgeoroneter an den Senat geſandt (Dionyf. VI, 88.), eiferte im fol⸗
genden Iahre als Volkstribun aus Anlaß einer Hungersnoth gegen Senat
und Patricter (Dion. VII, 1A.), und fol in demfelben Jahre (2620. St.) ein
Geſetz beim Volke in Antrag gebracht und burdgefegt haben, wornach ein
Tribun bereitigt war, jeden, ber ihm bei einem Vortrage an dar Bolt
entgegentrete oder ihn unterbredhe, vor das Gericht der Tribunen zu ziehen
und zu nöthigen, Bürgen für bie von ihnen anzufegende Strafe zu ftellen;
thäte er es nicht, fo folle fein Leben und fein Cigenthum verfallen fein (Dion.
‚vo, 17.). Nah Niebubr (Bd. II. 2te Ausg. ©. 263.) kann jedoch dieſes
Geſetz nicht älter fein als das publilifche, welches im I. 283 d. St. bie
Gemeinde befugte, in ihrer abgefonberten Berfammlung guf den Antrag der
gelte gons 45
Tribunen Über alle Gegenſtände des gemeinen Wohles zu berathſchlagen und
u beſchließen (BZonar. VII, 17. Dionyf. IX, 43. Nieb. I. ©. 246.),
daher das Durchgeben eines Sriehes auf Antrag der Tribunen überhaupt
erft in Folge des publiliſchen möglich wurde. Niebuhr vermutbet alfo, daß
jenes Geſez im I. 284 d. ©t. verorbnet worden fei, in welchem ein Volks⸗
trißun Sp. Scilius felbfünfte unter den erflen genannt werde, welche dur
die Tribus ermählt worden (Liv. II, 38.). Möglicher Weife Tönnte ver
legterwähnte Tribun mit bem des Jahres 262 identiſch feyn; und wenn Die-
nyfius (IX, 1. 2.) im I. 273 d. St. (461 v. Chr.) gleihfalls einen Tri⸗
bunen Sp. Jcilins nennt*, der in der Abſicht, das Adergefeh zu er»
mingen, fi ber Aushebung durch den Conſul K. Fabius (vol. Bo. IE
S. 369.) widerſetzte, und in feiner Erbitterung ſo weit gieng, daß er offen
befannte, lieber bie Feinde in Rom, als die Patricier länger im ungerechten
Beige zu fehen, fo könnte der Tribun des I. 262 d. St. das Tribunat im
J. 273 zum zweiten Male und im I. 284 zum britten Dale befleidet Haben.
Im Sabre nah dem erflen Tribunate (263 d. St., 493 v. Chr.) bekleidete
er übrigens die Aedilität (movon um jene Zeit auch fonflige Beifpiele vor-
fommen), und erbielt mit feinem Amtögenofien 2. Junius Brutus von den
Tridunen den Befehl, fl der Perfon des Mareius Goriolanus zu bemäd»
tigen, fo wie fpäter, ihn auf die Burg zn führen und von dem tarpejiſchen
Felfen herabzuſtürzen; wobel die Aebilen beidemal von den Patriciern mit
Gewalt zurüdgetrieben wurden (Dionyf. VIE, 26 f. 35. vgl. Plut. Eoriol. 17 f.).
2) ©. leilius Ruga, wurde nah Bionyflus (VI, 89.) im J. 261
d. St. (495 v. Chr.), nachdem die auf den Heiligen Berg entmichenen Ple-
beier fich mit dem Senate verglichen hatten, zugleich mit vier Anderen zu
der neugeiaffenen Tribunenwürbe berufen. (Lieber die Erſtlingswahl von
fünf oder zwei Tribunen vgl. außer Dionyf. die Angaben bei Liv. II, 33.
Gic. Cornel. I. fragm. und dazu Adcon., p. 75 f. ed. Baiter. Plut. Co-
riol. 7. 3onar. VII, 19. Eyd. de magg. I, 38. u. den Art. Tribuni.)
3) L. Tcilius (Ruga), Sohn des Vorigen (Dionyf. XI, 28.), war
‚merk Tribun im I. 298 d. St. (456 v. Ghr.), und gab als Führer feiner
Amtögenofien den Anftoß, daß die Tribunen in jenem Jahre zuerft das Recht
übten, den Senat zu berufen (Dion. X, 31.). Bel der durch einen Eid⸗
ſchwur geflerten Ginigkeit fämmtlider Tribunen gelang es ihm, das Gefek
über die Anweifung des Aventinus an die Plebejer (vgl. über die Wichtig⸗
keit deifelten Niebuhr H. ©. 339 f.) trotz dem Wiverftreben ver Conſuln
(melden er nahe daran war, feine Machtvollkommenheit durch Herabflürzen
ihres Lictord vom tarpeſiſchen Felſen zu bemeifen) bei dem Senate durchzu⸗
iegen (Dion. X, 31. 32. vgl. Liv. IH, 31. 32.). Im folgenden Jahre, 299
d. St., auf welches dieſelben Tribunen ſämmtlich von Neuem gewählt wurden,
erfolgten aus Anlaß des gewaltſamen Berfahrens der Gonfuln bei ver Aus
hebung noch beftigere Händel zwiſchen Gonfuln und Tribunen; und als die
feßteren auf die Beſtrafung der Confuln, welche fie im Wege ber Gewalt zu
erreiden verſucht Hatten, endlich verzichteten, um das von ihnen erneuerte
Ackergeſetz deſto ſicherer durchzuſeten, fo verhinderten die Batrieier gewaltſam
die Annahme dieſes Geſetzes (Dion. X, 39 -36. 41.). Drei patriciſche Ge⸗
ſchlechter, nämlich die der Clölier, Poſtumier und Sempronier wurden hierauf
als die ſchuldigſten zur Cinziehung ihrer Güter verdammt; allein die übrigen
Patricier machten durch Loskauf ver Güter die Strafe zu nichte, und auch bie
Wiederaufnahme des Adergefeges wurde in Bolge des bazmifchen getretenen
® Abweichend find allerdings bie oodices bes Livins (U, 43.), welche ſtatt kollius
deu Namen Licinins geben,
Bauly, Real⸗Eucyclop. IV. 4
50 Kellia goms
Einfalls der Hequer im Gebiete von Tusculum vereitelt (Dion. X, 42. 48.).
Einige Sabre fpäter (305 d. St., 449 v. Chr.) fpielte 2. Icilius eine Role
als Berlobter der dur den Decemvir Appius Glaubius bedrohten Virginia
(Ziv. III, 44. Dionyf. XI, 28.), verfocht die Freiheit feiner Braut gegen
Appius (Liv. II, 45 f. Dionyf. XI, 28 f.), rief an der Leiche ber vom
eigenen Vater getöbteten Jungfrau das Volk zur Erhebung gegen die Ty⸗
tannen auf (Xiv. IH, 48 f.), brachte das gegen die Sabiner im Felde ſtehende
Heer zum Abfall (vgl. Liv. IH, 51.), und unterbanbelte, nachdem das auf
dem Algidus geflandene und von Virginius zuerfi auf ven Aventinus ge:
führte Heer, von einem großen Theile der Gemeinde gefolgt, ‚vie Stadt ver:
laffen und mit dem fabintihen Heere den Heiligen. Berg beſetzt Hatte*, im
Namen ver Menge mit ben vom Senate gefandten Abgeordneten Balerius
und Horatius über bie Beringungen ber Ausföhnung (Liv. II, 53.). Nad
ber Rückkehr ver Bürger auf den Aventinus mit Birginius und Andern zum
Volkötribunen gewählt (worauf er, nach Liv. II, 51., von Anfang es ab-
gefehen hatte), ftellte er alsbald ven Antrag und feßte ihn dur, daß wegen
- des Aufſtandes gegen bie Zehner Niemand belangt werben dürfe (2iv. IEE,
54.); fo wie er fpäter dur bie Anklage des M. Claudius, Glienten des
Appius und Werkzeugs feiner Woluft, fich perfönlide Genugtthuung nahm
(Dion. XI, 46.). Als zu Ende des Jahres der Senat den Conſuln Vale⸗
rius und Horatius den Triumph verweigerte, fo ließ er diefen durch vie
Tribus beſchließen (vgl. Liv. III, 63.). — Ein Bruder des 2. Icilius wird
von Livius (III, 46.) als derjenige erwähnt, ver mit Numitoriuß (dem
Sohne) in dad Lager auf dem Algidus geeilt fei, um den Vater Virginius
um Schutze feiner Tochter herbeizurufen; wogegen Dionyflus (XI, 37.) den
—* ſelbſt in dieſes Lager eilen, und auch ſpäter — im Widerſpruch mit
Livius — den Virginius in daſſelbe zurückbegleiten läßt.
.4) M. Icilius, von Dionyflus (X, 49.) um der Sohnestreue willen
erwähnt, mit welcher er die Verwendung patriciiher Sreunde, durch bie er
von einem ſichern Tod verbeißenden Kriegszuge (299 d. St., 455 v. Chr.)
befreit werben follte, zurückwies, und Gefahr und Tod mit feinem Bater
theilen zu wollen erflärte.
5—7) Bon den brei Bolkätribunen, melde nad Livius (IV, 54.) auf
das 3. 345 d. St. (409 v. Chr.) aus dem ieiliſchen Geſchlechte gewählt
wurden, iſt einer ohne Zweifel mit L. Icilius (wahrſcheinlich Sohn von
Nr. 3.) identiſch, der ſchon im I. 342 (412) dur den Borfchlag von Acker⸗
gefegen Unruhen erregte (vgl. Liv. IV, 52.). Im S. 345 d. St. festen es
die drei Schlier als Volkstribunen durch, daß ber Bürgerfland, um ſich für
die Verhinderung der Wahl von Kriegstribunen an ben Patriciern zu rächen,
von vier Quaſtoren brei bürgerliche wählte (Liv. IV, 54.) Für das fol-
gende Jahr drangen fie auf die Wahl von Kriegstribunen, damit die Bürger-
lichen endlich an ven Ehremämtern Theil nähmen (Liv. a. a. D.); und als
die Nachricht von einem Einfalle der Aequer und Volsker einlief, fo hinderten
fie, um ihren Zweck zu erreidden, die Aushebung, worauf der Senat unter
der Bedingung nachgab, daß kein Volkstribun des Taufenden Jahres berüd-
fichtigt, no irgend ein Volkstribun für dad nächſte Jahr wieder gewählt
werben bürfe (2iv. IV, 55. vgl. 56.). [Hkh.]
* Nadı Niebuhr Bd. II. ©. 402. begaben fi bie Ausziehenden zu dem bei
Eruſtumeria (in ber Nähe bes heiligen Berges) fiehenden fabinifhen Heere: womit
die Erzählung bes Livius (TIL, 51f.), daß das letztere zuerft in bie Gtabt gezogen
fei, fich auf dem Aventinus mit dem vom Algidus vereinigt babe, und dann in Ges
mr aut dieſem anf der Straße, die es gefommen war, zuruckgekehrt fei, ver
werfen wird, |
Telatäcıın — 'Inoior 81
Mointäcum , Ort in Rätia ſecunda, Tab. Peut., j. Ihing in ber bayr.
Provinz Schwaben und Neuburg. ©. unfere Abb. Ueber den Straßenzug
der Bent. T. von Binboniffa nah Regino, ©. 8f. [P.]
Eoonit, ’Inoro:, ein Alpenvolk, das Strabo 185. 203. über den Ca⸗
varen und Bocontiern anfegt, nörblih vom j. Gap am Drac. [P.
Econiam (’Ixoror, Xen. An. I, 2, 19. Strabo p. 668. Ptol. V, 6.
Plin. V, 27, 25. Gic. ad Div. IH, 8. V, 20. XV, 4. Ammian. XIV, 2.
Sierocl. p. 675.), na Zen. am a. D. noch die öſtlichſte Stadt Phrygiens,
bei allen Späteren aber die Hauptfladt von Lykaonien, nad Strabo am a. O.
nur ein noAiynor, nad Plin. 1. 1. aber urbs celeberrima und auch in ber
Apoſtelgeſch. 13, 51. 14, 1. 4. 19. als eine volfreihe, von Griechen und
Juden bewohnte Stadt gefchildert; nad Münzen aus der Zeit des Gallie⸗
nus (bei Eckhel doctr. num. III. p. 31. und Seflini Geo. num. p. 48.)
auch romiſche Kolonie. Sie war gut gebaut, und lag in einer fruchtbaren
Gegend (nad Abulfeda Tab. XVII. an einem Flüßchen, das die Gärten der
Stadt bemäffert, und fi in ihnen verliert) und unfern eines Seeds. Was
den Namen biefer beſonders im Mittelalter zur Zeit der Kreugzüge fo be=
rühmt gewordenen und noch gegenwärtig fehr bedeutenden Stadt betrifft, der
ſich jeht in Koniyeh, Kunjah, Bogni umgeftaltet hat, fo erinnerte er an das
griech. sinomıor, und eB bildete fich daher bald eine Fabel von einer Menge
Fleiner Bilder, die Prometheus nad der Deukalion'ſchen Flut bier aufgeflellt
und dann durch den Wind belebt Habe (Steph. Byz. p. 325.) ober von einer
bier durch VPerſeus aufgeftellten Bildſäule ver Mebufa (Cuſtath. ad Dionys.
v. 856.); weshalb auch Steph. am a. D. behauptet, man müfle Eixoror
ſchreiben (mie Euflath. und die Byzantiner wirklich ſchreiben und auch einige
Münzen bei Eckhel am a. O. zeigen. Sickler dagegen ©. 593. verſucht, wie
gemöhnli, eine ſemitiſche Etymologie (von np, Schilf), alfo die „Schilf⸗
oder Rohrſtadt““, weil nah Pococke IH. S. 122. und Otter Reifen. c. 7.
ganz Lykaonien mit einer Dienge ſchilfbedeckter Seen und Sümpfe angefüllt
fei. Ueber den heutigen Zuſtand der Stadt vgl. außer den oben Genannten
Olivier Voyages T. VI. p. 388. Gramer Asia min. II. p. 69. Raumer
Geſch. d. Hohenft. II. S. 373. Texier im Ausland. Apr. 1836. ©. 392,
und Samilton Researches II. p. 205 f. [F.]
Mcorigiam (Egorigium, It. Ant.), Ort in Gall. Belg., Tab. Peut.,
nad Ud. f. Kronenburg. [P.]
Ycosium (’Ixonor, Btol. II, 1. Mela I, 6, 1. Plin. v,2,1. St.
Anton. p. 15.), eine nicht unbedeutende Stabt an der Küfle von Mauritania
Caesariensis, öoſtlich von Tipaſa und Gäfaren, der Hauptflabt der Provinz,
von der file 63 Mil. entfernt war. Dur Veſpaftan erhielt fie das Jus
Latii (Plin. am a. O.). Wahrfeinlih gehören ihr bie weitläufigen und
präßtigen Muinen von Shershell an, über melde Sham S. 19 ff. zu ver
gleichen iſt, der fie aber vielmehr für die Trümmer von Bäfaren hält. Andere
feben Icosium für das Heut. Dran, Andere wieder für Acor, für Aochara
oder Brifa an. [F.]
’Ixgior erſcheint in der Äfteften Holzbaufunft der Briefen, namentli
in ber Gonftruction von Flößen, Schiffen, in verſchiedenen architektoniſchen
Erhöhungen, Berüften und Tribünen für Zuſchauer als weſentlicher Theil
des Holzgefüges im Gebälk und Tabulat. Wir ſuchen zunächſt zu ermitteln,
weldde Bebeutung inpior in der homeriſchen Tektonit behauptet. Odyſſeus
im Begriff die Kalypſo zu verlafien, fügt ale ein sv eidos Tenzoovranr aus
zwanzig bebauenen Baumflämmen ein breites Floß (evpeiar uyedim) zu-
jammen, ixpi« 88 oroas, apacor Bausnr orauiseoos, noise (Od. V,2353.).
Die ingix find hier aufgerichtete Stügen ober Pfähle, wie aus arnoug und auß
fpäteren Ausbrüden (ixpex eniyrvor, ingie noosunsarees) erhellt, an melde
82 Kecimäl — Intänet
bie ozasures gefügt werben, um ein Tabulat zu bewirken. Dieſes Floß er-
halt demnach an den Seiten ringäherum eine Binfafjung, um einigen Schuß
gegen die Wellen zu gewähren. Dies erhellt auch aus den Worten der Ka
Iypfo: arap inpia as en avdın iwor, xeA. (Od. V, 163. Bel. Ronnus
Dionys. 40, 1044.). Dies läßt ſich auch daraus abnehmen, daß ixpie bei
den alten Lericographen durch = opda Evim erklärt werben. Diefe ur
fprüngliche Bedeutung erweitert ſich aber fchon in der bomerifchen Dichtung
bahin, daß ingior bie obere Bebedung des Schiffes, das Verdeck, die aur-
Souaza zig vemg bezeichnet, auf weldem die flreitbare Manufchaft agirt.
ll. XV, 676. von dem Telamonier Aias: «AA öya 707 ine ENDYETO, ua-
ga Bißacdwr, und v. 685.: og Alias emi moAla Hoawr ingie var poite,
HARIR Bıßas. Bol. v. 729. 88 Hat alfo Hier die Bedeutung von xere-
orpouarae. Hiermit flimmen bie Formeln er’ inosogır, ar’ inpioger (Od.
XV, 283. 551.) ſehr wohl überein. So wird ixpior noch in der fpäten
Grãcitãt gebraucht: Themiſt. XV, p. 239. ed. Dind.: ev z«e AOovvtss en
x0ng eo Eni Ta inpia auge araßeßımaror, Erden ATROmIor ana To
aelayog xra. — Dann finden wir bie ixpia bei einfachen Holzbauten, mie
im alten Iheater zu Athen. Heſych. v. Atyaıpgov Isa: ... irdx noir ye-
100aı HeaTpor, T& inpin ernnyvvor. Das fleinerne Isaroor wurde bier
DI. 70, 1, uora To Reoeiv T& ingin, zu bauen begonnen, aber erft unter
Lykurgos als raiag vollendet (Blut. X. orat. vit. Lyc. c. 7.). Jedenfalls
find die Worte bei Ariftopb. Thesm. v. 395.: oc suOvg eiorLes ano Tor
inpioy vroßäsnous nuas, vom Theater zu verſtehen: fobald nämlich die
Männer vom Iheater kommen, wo fie vernommen, wie @uripides bie Sitten
ber Frauen charakterifirt, find fie gleich vol von Verdacht ıc. "Inpia find
alfo bier die Sige der Zufhauer im Theater. Dies erhellt auch aus einer Stelle
des Uthenäus I, 64. p. 167. d. von dem Demetrios zu Athen, welder an
den Panathenäen feiner Geliebten, ver Uriftagora, eine hohe Tribüne errich⸗
tete, damit fie ven Feſtzug defto bequemer überfchauen könne: ixpior Eornoe
#005 toig Epuais 'Agıorayopa, usrewporspor 1007 Epuor. Bon der Be-
deutung einer Stüge, eines Pfahles gingen noch andere hervor, wie bie für
oravoog. Suld. v. ixpiw "lovdaicı 707 Zwrjpa nposnlacer. Heſychius
T. I. p. 38. Alb. hat P 8. v. folgende Bedeutungen aus feinen Gramma⸗
tifern und Gloflarien zufammengeftelt: ixpie. 7 nadsdpa ToV außeprntov.
05 83 za nAayın nal = uaxpe vandwuare Tig vewg. N za emi zoig Ev-
Aoıs xurammevalonera Iewpeia. nal za ogde Evla, za Eni Ting nouumg nei
A0WERG, xal Ta nnzaorponaze avıig, nal Ta Sul, ovrwg sAsyorro
'Adıyyar, &y ar &9809, mgo Tod 10 &r Alorvow Hearpor yerzodıı. Dann
ingior. oaridwue 7 EvVlor, 69 @ 0: naxovpyos Seorraı (nad) Lipf. Ssorzeı).
©. d. Intpp. — Bl. Suid. s. v. T. II. p. 111., welcher mit Heſychius
ziemlich übereinflimmt und außerdem noch einige Stellen aus den Alten bei-
Bringt. Die ingionnyos und ixgionosoi erwähnt Pol. Onom. VII,27. Die
Iegteren erflärt er durch zTovg maoürag Ta nepi 77 ayopar inpia. [Kse.]
Iotimüli ('Inruuovio, Str.), Flecken im transpadanifchen Gallien in
der Gegend von Bercelä, mit Goldgruben, Str. 218. Plin. XXXIII, 4. (21.),
im Mittelalter Vittumulo, j. della Beſſa, nah And. Vectimolo oder Pepe»
mulo in Piemont. [P.]
Ketinus, der berühmtefle Architekt des Perikleiſchen eitalters, deſſen
zmei vornehmfte Werke, ver Parthenon auf der Afropole zu Athen (Bauf.
VIII, 41, 5. Steabo IX, p. 395—396.) und der Tempel des Apollon
Epikurios bei Phigalia in Arcavien (Pauf. am a. O.), daß erfle in ziem-
licher Erhaltung, das zweite in bedeutenden Trümmern (f. Gombe Britt. Mus.
IV. pl. 25—28. Stafelberg, der Tempel des Ap. Cpik. Taf. 1-5.) dur
eine bei Bauwerken feltene Gunſt des Schickſals auf unfere Zeit gekommen
" lIetodüärum — Edsel Dactyli |
ind. Bei dem Parthenon, welder DT. 85 vollendet worben iſt, wurde er
von Kallifrates unterflügt, Plut. Pericl. 13., und in Verbindung mit Kar-
pion faßte er eine Beſchreibung deſſelben ab. Bitruv. VII. Prooem. $. 12.
Da ed nit wahrſcheinlich ift, daß ein atheniſcher Künftler während des
Peloponnefligen Krieges im Peloponnes gearbeitet habe, fo wurde ber Phi-
aaliige Tempel wohl vor DI. 87, 2 vollendet. In Eleufls erbaute er das
Weihgemach (uvozıxos omxos), ein Gebäude von dem Umfang, daß es bie
Volkémaſſe eines Theaters faſſen konnte. Strabo IX, p. 395. Pitruv. am
eD.$. 16. [W.]
Ectodüram, Ort der Tricorier in Gall. Narbonn., Tab. Veut., j.
Avancon nad d'Anv., nah Uck. Ia Batie vieille. [P.]
Hculisma, Stadt in Gallien, und zwar (menn die Idensität mit bem
Ecolisma der Not. Imp. und dem j. Angoulöme ihre Nichtigkeit Hat, wie
nicht zu zweifeln if) in Aquitanien. Auſon. Ep. XV, 22. führt ben Ort
unter obigem Namen an; er bezeichnet ihn als einen abgelegenen und ein-
famen Ort, wo eine Schule befland, an welder fein Freund Tetradius
quondam docendi munere adstrictus gravi war. [P.]
Han, 1)f. Creta, ®v.11.&.746. — 2) f. Mysia u. ben folg. X. Idaei D.
Kanea (Idaic), Name verfhiedener Nompben, ſo wie Belname ber
Gybele, Heſych. 5. v. Birg. Aen. X, 252.; auch eine Tochter des Darda⸗
nus, Gemahlin bes Phineus, f. d. Art., hieß fo. [Mzr.]
Hänsel Bactyli ('Iöcioı AaxtvAos). Unter diefem Namen begegnen
uns in der griehifhen Mpthologie, fo zu jagen an ihrer Gränze gegen ben
Drient hin, dämonartige Geſtalten, die fammt den verwandten, aber gleich
räthſelhaften Kabiren, Karcinen, Kureten, Korybanten, Heliaden, Telchinen
einem der bunfelften Gebiete der alten Sagenwelt angehören. Man flieht
fi Hier in einen wahrhaft verwirrenden Zauberkreis von Namen verfebt.
Mancherlei Bermutbungen find zwar ſchon darüber gewagt worben (man f.
den Art. Cabiri), aber die gründlichiten Forſchungen haben e8 bis jegt noch
nicht weiter bringen können, als baß man mehr und mehr einfehen lernte,
wie eben in den betreffenden Nachrichten eine grängenlofe Verwirrung herrſcht,
und daß über einen Elaren Begriff der Sache noch Vieles ungewiß if. Was
nun bie idäiſchen Daktylen betrifft, fo. verfuchen wir zuerft die Sagen über
biefelben nad drei vorzugsweiſe zur Sprache kommenden Lofalitäten, Phry-
gien, Kreta und Glis zu fondern. Die bedeutendſten Zeugnifle weiſen und
vor Allem nah Phrygien bin, ald den Hauptfiß dieſer fog. Daktylen.
Gin merfwürbiges Fragment eines alten Gedichte Phoronis bei dem Schol.
zu Apoll. A. 1, 1126 ff. Tautet: „Allda bewohnten die Zaub’rer, phrygiſche
Männer idälfchen Bergwalds, ihre Behaufung, Kelmis, Damnameneus und
ber übergewaltige Akmon, Aoraftreiens ber Göttin des Bergs Tunflfertige
Diener, melde zuerſt die Kunft des erfindungdreichen Hephäftus glüdlich ent⸗
bet in des Bergwalds Schluchten und bläuliches Eifen ſchmelzend in feu⸗
iger Gluth zu berrlihen Werken geſchmiedet.“ Ebenſo Diod. XVH, 7.:
‚Am Ida waren aud die idäiſchen Daktylen, welche das Ciſen zuerft bear-
beiteten und dieſe Kunfl von der Mutter der Bötter gelernt hatten.’ Apollon.
A. 1, 1126. nennt ald die vornehmſten Daktylen und als Begleiter der Ipäl-
ſchen Göttermutter den mariandyniſchen Heros Titias und den Kyllenus. Ein
Brand am Ida habe ihnen die dortigen Eifenminen gezeigt, und fie haben
zuerfi Kupfer und Erz bearbeitet, fagt au Elem. Alex. Strom. I, p. 420.
Strabo aber X, 466. 473. gibt ald übereinflimmende Nachricht an, daB biefe
Aantvios (bei Cic. Nat. D. Il, 16.) Zauberer, yonzes nal parpueneig, ges
weien, Diener der Böttermutter und mohnend am eifenreichen Ida in Phry⸗
gien oder eigentlid am trotihen. Nur darin ſei Verſchiedenheit, daß die
Einen fe für einheimiſch am troiſchen Ida hielten, die Andern für einges
54 ‘ Ydael Dactyli
wandert. Nämlich aus Schihien, von ben Chalybern ber, oder aus Bak⸗
triana und Kolchis. NIS phrygiſche Dämonen und myſtiſche Metallarbeiter
und Zauberer werben fie mit Cybele in Verbindung gebracht und mit ven
Kureten, Korybanten, Kabiren vermengt oder fo zufammengeflelt, daß fie
3 ®. als die Väter der Kureten ober Korybanten genannt werben (Strabo
am a. O. Schol. Arat. 83. Serv. zu Virg. G. IV, 153.), auch nah Sa-
mothrafe fommen und Lehrer des Orpheus heißen, Diob. V, 64. Bon
Phrygien aus feien fie nach Ephoruß (cf. Ephori Fragm. p. 176 f. ed. Marx.)
mit Minos (nach anderer Ledart Mygdon) nah Europa gekommen. Lind
fo finden wir Daktylen nah Diod. a. aD. In Kreta am Berg Iva als die
erften Bewohner der Infel. Nach einer Angabe waren ed hundert an der
Zahl, vielleicht mit Beziehung auf die Zahl der Städte auf Kreta; nad
einer andern gab ed nur zehn. Nah einer vielleicht fpäteren Nachricht im
Heflodus des Plinius (VII, 57.) Haben fle auch in Kreta Eifenwerfe er-
funden, und Diod. V, 64. fagt: fie haben dort auf dem Berge Berezynthus
im Lande der Upteräer das Eifen und Kupfer entdeckt und bie Kunft ber
Berarbeitung der Metalle erfunden. cf. Hök Kreta I, S. 280. 325. und
dagegen Welder die äſchyliſche Trilogte ©. 177. u. 181. Einer der kreten⸗
fifden Heißt au Morgus oder Morges, und es wirb gefagt, Pythagoras
babe in die Myflerien dverfelben fi aufnehmen laſſen. Borphyr. V. Pyth.
p. 17. „Einer von ihnen, fährt Diodor fort, Namens Herkules, welcher vor⸗
üglih berühmt wurbe, if der Stifter der olympiſchen Spiele. Später ent⸗
and die Meinung, dieje Spiele rühren vom Sohne der Alkmene ber. Dem
ift aber nit fo.’ cf. Strabo VIII, p. 355. Dieß führt uns auf die eleifche
Lokalſage, nach welcher außer dem Herkules vier Heildämonen, Päondus,
Epimedes, Jaflus und Idas oder Akefidas als Daktylen aufgeführt werden.
Bon diefen wird erzählt: nad der Geburt des Zeus habe Rhea das Kind
den indischen Daktylen anvertraut, die auch Kureten genannt würden, und
diefelben von dem fretiihen Ida nad Elis berufen. Herakles ver ältefte habe
mit feinen Brüdern Spiele im Wettlauf angeftellt und dem Sieger einen Oel-
zweig gegeben. Pauf. V, 7, 4. VI, 23, 2. XIV, 5. Fünfzig Jahre nach der
Deukalioniſchen Fluth fer Klymenus, Sohn des Kardis, ein Nachkomme des
idäiſchen Herakles aus Kydonia auf Kreta nah Elis gefommen, babe ben
Wettkampf in Elis eingefeßt, der Athene Kydonia, den Kureten oder Daktylen
und namentlih dem Herakles Paraftated einen Altar geweiht, ſei aber von
Endymion vertrieben worden. Pauſ. V, 8, 1. coll. V, 14, 5. VI, 21, 5.
Strabo VII, p. 355. Dielen Herafles nennt Lydus (p. 96.) den Sohn der
Anchiale. Bon dem Daftylen Herakles fand Pauſ. VIII, 31, 1. aud ein
Bild, eine Elle Hoch, im Heiligihun der Demeter und Kora, des Asklepius
und der Hygiea; derfelbe habe einmal dem Sophoffes als Prieſter eines
Geſundheitsdämons einen Raub aus dem Heiligthum geoffenbart. Mehrere
Drte feines Kultus führt Höck an, Kreta S. 328. Mit diefem Daktylen
Herakles, meint Niebuhr, röm. Geſch. 1, 123., fet der ſabiniſche Sancus ver-
miſcht worden, und auf denfelben bezieht fi die Sage, Herakles fei bei den
Römern Geber der Befuntheit gemefen. 2yb. de mens. p. 92 ff. Anderswo
(Arnob. III, 40.) werben bie Daktylen aber mit den römlifhen Zaren zu-
fammengeftelt. Nigiv. ap. Arnob. IH, Al. cf. Lobeck de Id. Dact. p. 8.
Namentlih aber der Begriff des Zauberbaften und Magiſchen macht fich noch
in mehreren Sagen von den griehifhen Daktylen bemerflih. Blut. Num. 15.
Ihnen werden die ephefiſchen Zauberformeln zugeirieben, Elem. Aler. Strom.
I, 360., und nad Plut. de prof. virt. sent. T. VII. p. 266. ed. Hutten
wurden ihre Namen als magiiche Formeln gegen Shredniffe auswendig ge⸗
lernt. Auch Diod. V, 64. jagt: „Die Weiber nehmen Häufig noch gegen-
wärtig ihre Zauberformeln von dieſem Gott (dem Daktylen Herakles) und
Kdänei Baotyli 35
tragen ihn auf Amuleten.“ Der Schol. zu Apoll. I, 1126 fi. aber erzaͤhlt
den wunberliden ®lauben, von den 52 Daktylen feien 32 (die linken) die
Zauberer, 20 aber (bie rechten) die Löfer des Zaubers gemeien. cf. Blut.
de facie in orbe Lun. 30. Was nun die Namen dieſer fog. Daktylen,
zunächſt die der einzelnen, betrifft, fo haben die einen: Idäus, Skythes, Idas
u. a. offenbar geographliche Beziehung, andere aber, wenigftend die Namen
der phrygiſchen Daktylen (f. oben), feinen auf das ihnen zugeſchriebene Ge⸗
igäft, die Metallarbeit, hinzuweijen: nsAws mag mit anAso, ſchmelzen, zu⸗
fammenbängen und erinnert an die Telchinen (BeAyo), wie ja auch der rö⸗
mitche Depbäftus, mit deſſen Dienft diefe phrygiſchen Daktylen in Beziehung
fliehen, Mulciber (von mulcere) heißt. Damnameneus iſt ſchwerer zu deuten,
wenn man nicht nad) anderer Lesart Andödauoveve liedt, was von daw,
Saioo, wiſſen, herfommt, und in dem Künfllernamen Acidados ſich wieder
Anvet. Arxumr aber it Ambos, was an den Namen anderer bephäftiichen
Dämonen, Kapxiroı, Zangen, erinnert. Wieder andere Namen: Titiad und
Kyllenus, bezeichnen die Daktylen ald Erddämonen, ald mapedpo: der idäi-
fen Mutter; man f. darüber Schwenk etymol.mythol. Anveut. S. 98. 99.
172 f. Der Geſammtname Daktylen nun aber hat fon in ben Nach⸗
richten der Alten die wunderlichſten Deutungen erfahren; bald wird berfelbe
auf die Zahl bezogen, weil es fünf ober zehn Daktylen gegeben, fo habe
man ihnen den Namen nah der Zahl der Finger gegeben; nah Andern,
weil fie am Zube, den Zehen (daxzvAoız) des Ida wohnten; ober weil bie
Eretifhen Ammen des Zeus auf Vefehl des Gottes Hände voll Staub hinter
fih warfen, woraus die Dämonen entflanven feien; ober weil fie aus ven
GEinprüden der Finger entfprungen jeien, welde Ops madte, als fle ven
kretiſchen Zeus gebar; oder nad) Etym.M., weil fie den daktyliſchen Rhythmus
gezeigt: dir To ddakeaı darrvlovg; denn auch als phrygiſche Muflker werben
die Daktylen gerühmt (Plut. de mus. T. XIV, 214. ed. Hutten) u. U. m.
MWelder Trilog. S. 174. gibt unbedingt der Deutung den Vorzug, welde
fi bei Bolur II, 156. findet: „Die Finger nämli find Künftler und aller
Dinge Werfmeifler; darum, fagte man, murben Daftyien die genannt, welche
der Rhea (Kybele) allerlei ins Werk richteten. Das letzte darf man nur
umfegen, welde am ‘Berge der großen Mutter Eifen bearbeiteten, und man
hat den richtigen Grundbegriff, Kunftfinger, Metallarbeiter, jo wie Xaipor
chirurgifhe Geſchicklichkeit ausdrückt. Daber beißen bie drei phrygiſchen
Daktyien Evralauo.‘ Dieß ift fomit nah Welder der Sinn ded Namens
und das Weſentlichſte im Begriff menigftens der phrygiſchen Daktylen: fie
find Eunftreide Werkmeifter in Erz, aber nicht ehmals hiſtoriſche Verfonen,
jondern (ibid. S. 198.) „Dämonen von Kräften und Künften.” Nicht der»
felbe Begriff, mieint Welcker, liege aber bei den übrigen, alfo namentlid
den kretenſiſchen Daktyien und denen in Olympia zu Grund, und bier möge
nicht die Geſchicklichkeit der Finger, fondern die Zünf» ober Zehnzahl ders
ielben Beranlaffung zu dieſem Namen gegeben haben. Mit der Anficht, daß
die Daktylen ald Dämonen zu denken feien, tritt Welder der Behauptung
2obeds de idaeis Dact. p. 5. de bello Eleus. I, p. 12. entgegen, nicht
blos die Kureten und Korybanten, ſondern auch die Kabiren feien zuerft
Menſchen, die alten Landesbewohner, und nebft den Daktylen Briefterfamilien
geweien, bie dann im Verlauf der Zeit vergöttert worben feien. Als dämo⸗
niſch verehrte Mächte, an die fich die Vorſtellungen von dem Aufblühen und
der Ausbildung des Lebens ver Menſchen, insbeſondere von der Erfindung
nügliher Künfte anfchloßen, faßt dagegen auch Stuhr Allg. Geſch. d. Reli⸗
gionsformen der heidniſchen Völker, 2ter Thl. S.89. vie Daktylen, Teldinen
und bie damit verwandten Korpbanten, Kureten, Kabiren auf. Ganz in ähn⸗
licher Weiſe hatte ſchon Grenzer Symbolif Zier Ahl. 808 f. geingt: „Alle
..
Ss Hänsel Bactyit
diefe Namen, Corybanten, Gureten, Daktylen u: f. w. finb wur nah Ort
und Sprade verſchiedene Benennungen magiſcher Priefter und Bilpner der
vorderafiatiſchen und griechiſchen Menſchheit, und wir haben in biefen Mythen
dad Andenfen an die Bildner der rohen pelasgiſchen Menſchheit, bie ihr
neuen Gultus und bie Kunft der Bearbeitung der. Metalle brachten. Beide
Begriffe hingen vermuthlih zufammen. Die großen himmliſchen Kräfte, die
fie verehrten, waren ald Planetengötter auch der Metalle Herrfcher, und fie,
ihre Diener, indem fle ſie gewältigten, arbeiteten auch dadurch in ihrem Dienfte.
Gott und Sotteßbiener waren metallifche Botenzen. Waffentänze (Gorybanten)
verfinnlichten die Planetenbahnen und bie Tänze der himmliſchen Mädhte.
Umfaffender und wie uns ſcheint mit richtigem Blicke auf die Sauptzüge im
Bilde der fog. Daktyien und auf den Zufammenhang biefer Mythen im Großen
ſpricht IH Baur in feiner Symbolik und Mythologie II, 1.S. 66— 75. über
unfern Gegenfland aus. Wir theilen feine Anflt in Kurzem mit, um fo
mehr, da wir darin eine nothwendige Ergänzung bes im zweiten Band über
bie Gabiren Geſagten erbliden müflen. „Als ein alter Glaube, ber am
wenigflen mit dem neuen verwachſen iſt, erſcheint und, fagt Baur, bie Lehre
von den Kabiren der alten pelasgiihen Vorzeit. (Daß aber alle diefe Ge⸗
ftalten, wie Kabiren, Kureten, Daktylen einem gemeinfamen Vorſtellungskreiſe
angehören, darf ald gewiß angenommen werden.) Die Kabiren nehmen wir
im Allgemeinen ald die Gottheiten des älteren Glaubens, melden das zaus
berifhe Weſen, das fie etwa an ſich haben, nur in dee Anflcht des neueren
Glaubens angehängt worden ift. Ihrem eigentligen Begriff nach find fie
nicht zauberiſcher Natur, wie Schelling fle faßt, fondern dämoniſche und
telluriſche Weſen, Ahnlih den dämoniſchen Bolksgeiftern des veutichen Volks⸗
glaubens, die, wie jene griechiſchen, gerne mit Schätzen und Metallen zu»
ſammengedacht werben. Im Gegenfat gegen die Götter des neuen Syſtems
wurden fie als bloße Naturwefen in den Hintergrund geflelt und bie ihnen
eigene. Naturbebeutung wurde hauptſächlich auf telluriihe Gigenfchaften be⸗
zogen. Ihre Geſtalt ald Zwerge (f. oben die Stelle aus Baufan. und Herod.
m, 37.), aber auch als Rieſen flimmt mit ihrem Begriff ganz zufammen.
-Die gemöhnlide Menfchengeftalt, ivealifh genommen, ift die Anſchanung,
unter welcher der Grieche die Goͤtter des herrſchenden Glaubens als ver-
wandte, freundlide Weſen fi vorſtellte. Die Bötter des älteren Blaubens
aber fegte er gerade dadurch jenen entgegen, daß fie in feiner Anfchauung
. son jener normalen und ortboboren Beftalt nah der einen ober andern Seite
hin abwichen. Es wäre möglih, daß gerade ver Name der Daktylen (man
vgl. das deutſche Daumesbid u. dgl.) eben hierin feinen Grund Hatte und
fomit dafjelbe bedeutete, was der den Kabiren beigelegte Name, Pygmäen.
Der Begriff des Zauberhaften und der Metallarbeit (man erinnere IH an
die Bergmännlein des deutſchen Volksglaubens und auch an den zauberifchen
Gezwerg Alberih im Nibelungenlieb, ven Hort der Bergichäge), hängt ganz
damit zufammen, daß es Bottbeiten eines älteren antiquirten Glaubens waren,
bie ihre objective Realität mehr oder minder verloren und ber bloßen Sub⸗
jectivität derer anbeimflelen, welche ihnen noch anhingen. Leberall, fagt
Ritter Erbfunde II, S. 797 f. Vorh. S. 98 f., mo der alte Glaube von
einem neuen verdrängt wird, werben die alten Goͤtter von den Verehrern des
neuen, herrſchend gewordenen Glaubens als dämoniſche, feindliche, oder wenig⸗
ſtens zauberhafte Weſen, als Halbgötter und Rieſen angefehben. Wo das
lichte Gebiet der vechtgläubigen Meligion feine Gränze bat, da beginnt das
Land des Nebeld und Dunkeld, der Aufenthalt der Dämonen, Rieſen und
Zwerge. Das if die Macht der Naturreligion über die Gemüther der Men⸗
fen: wenn glei beflegt, will fie fih doch ihre Götter nit ganz nehmen
lafien, und auch ver neue Glaube muß fie wenigftens ale Dämonen und
Naturgeiſter forileben laſſen. Binben wir ed ja doch ſelbſt ebenſo Im Geblet
des chriſtlichen Curopa, mo bie zauberkräftigen Kobolde und Erdgeiſter in
ein ähnliches Verhältniß zum neuen Glauben gelegt wurden, wie Kabiren,
Daktylen zu ben Bewohnern des olympiſchen Bötterhimmels. Dieb bie
Dauptfäge der Darſtellung Baurd. Daß die Namen der Bötter oder Heroen
des Dlymps, möchten wir hinzufügen, in dieſem Kıeife fich finden, daß z. B.
Ceres, Perſephone, Dionyfus ald die brei Kabiren, Herakles als Daktyl er»
icheint, darf und nah diefer Auffafjung gar nit befremden. Mag man
piefe Namen ald theilweiſe aus dem Orient entlehnte oder als rein helleniſche
betradhten, fo viel ſcheint gewiß zu fein: gewiſſe Böttergeflalten, welche ein
älterer Olauben, wir nehmen an, die Symbolik des Orients gefchaffen, melde
aber das muthenihaffennde Hellas dann zu mythiſchen Berfonen im engeren
Sinne außbildete, begegnen und bier auf ver Völkerbrüde in Kleinaflen und
den Infeln des Archipelagus in ihrem Uebergang vom Drient zum Oceident.
Es IR die Dämmerungszeit der helleniſchen Mythenbildung. Die Götter und
Heroen des älteren orientalifhen Glaubens mußten als nebelhafte Kabiren,
Daktylen u. f. w. verbleigen, um als helleniſche, menſchlich geflaltete Götter⸗
weſen wieder aufzuſtehen. Man vgl. den dritten Abſchnitt unſeres Artikels
Hercules, ®b. III. ©. 1189 ff. [Mar.]
Hdaews (Iönio;), iſt neben dem, daß es Beiname bed Zeus, beB
Herakles, der ebengenannten Daktylen überhaupt iſt, vorzugsweiſe der Name
eines Sohnes des Dardanus und der Chryſe, Bruder des Deimas. Er ſoll
mit feinem Bater aus dem Helleſpont über Samothrace nah Phrygien ge⸗
sogen fein und ben bortigen Bergen die Benennung ber idäiſchen gegeben
baben. Gier babe er Tempel und Geheimdienſt der phrygiſchen Böttermutter
gegründet. Dion. Halic. I, 61. Der Name findet fih aud font no als
Benennung troifher Männer, eines Sohns des Priamus, des Paris, eines
Gerold, eines Prieſters. [ Mzr.]
Hdaons (bei Blut. Agesil. c. 13. Adeaiog), ein Maler im Gefolge deö
Agefllaus, Zen. Hellen. IV, 1, 39. Jedoch koͤnnte ber Ausdruck yoapevg
(f. Stevh. Thes. s. v.) auch einen Schreiber bezeichnen. Gr lebte um
Dt. 95. [W.]
Yaalia, Beiname der Aphrodite von der Stabt Idalion in Cypern,
Pirg. Aen. I, 680. 692. X, 86. Dvid A. A. III, 106. Strabo XIV, p. 682.
Theocrit XV, 101. Bion I, 36. [Mzr.]
Ydaltam, f. den vorberg. Art.
Hans (Tdac). Diefen Namen führt neben andern minder bedeutenden
Heroen ber berühmte Sohn des Aphareus und ber Urene, ber Tochter bes
Debalus; daher er mit feinem Bruber Lynceus Apharetides beißt. Gemahl
ber Marpefia, Bater der Kleopatra over Alcyone, Apollop. 111,10, 3. Hom.
II. 1X, 556 fi. Guflath. p. 776, 12. Theoctit XXII, 206. Pin. Nem.
x, 112. Apellea. I, 151. Der Schol. zu der letzteren Stelle nennt feine
Mutter Polydora oder Laokooſa. Die Marpeſſa raubte er, während aud
Apollo um fie warb, und Tam mit diefem baburh in Kampf. Während
deffelben trat Zeus ind Mittel und überließ der Jungfrau die Wahl. Diefe
mäßlte den Idad, weil fie fürdtete, Apollo Eönnte fie verlafien, wenn fle
altere. Apollod. I, 7, 8. 9. I. a. St. Als Theilnehmer am Argenauten-
ug und ebenfo an der kalydoniſchen Jagd wirb er nebft feinem Bruber Lyn⸗
eus genannt bei Upollovor und Ovid Metam. VILU, 305. Apollon A. 151 f.
Orph. A. 178. Beſonders berühmt if der Kampf der Apharetiden mit ben
Dioskuren, mit denen fle ala Gef@wifterlinder anfgemadien warn. Gemein⸗
ſchaftlich trieben ſie einſt Heerden aus Arkadien als Beute weg. Idas follte
fie theilen. Er traf die Beflimmung, wer zuerft, einen Theil sind GStiera,
I.
m
a
den er in vier Theile zerlegt hatte, aufgegefien babe, folle die Beute erhalten.
Er wurde zuerf fertig und trieb dann die Heerde nach Meffenin. Die Dies
turen eilten ihm nad und lauerten ihm auf. Sein Bruber Lynceus entdeckte
dieſelben mit feinem ſcharfen Blick dur den Stamm eines Baumes hindurch.
Idas erſchlug nun den Kaftor, Polydeuces den Lynceus, Idas aber wurde
von Zeus mit dem Blitze erſchlagen. Apollod. III, il, 2. Ovid Fast. V,
700 ff. Diefer Kampf wird entweder nah Lakonien oder nah Meffenien
verlegt. Boͤckh Expi. Pind. p. 472 f. Ovid feht ihn nach Aphidna. Nah
Theokrit XXI, 137— 211. war e8 ein Kampf um die Töchter des Leuctppus.
Noch etwas anders ſchildert venfelben Bindar Nem. X, 60—72. (112—135.)
und wieder anders Hygin fab. 80. Pauſanias fah in Sparta das Grabmal
des Idas und Lynceus, III, 13, 1., und in Meffene ein Gemälde von ihnen
und ihrem Bater, IV, 31, 9. Auch am Kaften des Eypfelus war Idas mit
der Marpeſſa dargeftellt. Pauf. V, 18, 1. Als ein Ähnliches Brüberpaar,
wie Apollon und Artemis, Kaflor und Polur, Zetes und Kalais, faßt
Schwenk Andeut. ©. 194. die Aphareiden (von gairo, gao, Yepac) als
mythiſche Perfonification von Sonne und Mond, Avyxevs iſt ihm ber Leuch⸗
tenbe, Idag der Sehende. [ Mzr.]
Ydatlus, auch Hdacius, ein Spanier von Geburt, der in ber zmeiten
Hälfte des fünften Jahrh. nah Chr. bis um 470 lebte, und dem geifllichen
Stande jedenfalls angehörte, fonft aber nicht näher bekannt ift, fchrieb als
Kortfegung der Chronik des Hieronymus (f. Bd. II. ©. 1334.) ein Chro-
nicon, dad von 379—469 reicht und in den kurzen Angaben ber Greignifle
eines jenen Jahres auch insbefondere Spanten berückfichtigt, dadurch aber,
daß der Verfafier ven größeren Theil ald Zeuge der Begebenheiten nieder:
ſchrieb, für. und an Werth und Glaubwürdigkeit allerdings jehr gewinnt,
wiewohl auch einige Irrthůmer mit unterlaufen, im Ausdruck zeigt Ih Nachah⸗
mung des Hieronymus, ohne daß jedoch die Neinheit feiner Sprache erreicht
wäre. Vollſtändig erfchten dieß Chronicon zuerft von I. Sirmond (Paris
1619. und in deſſen Opp. II. p. 228 ff.); dann au bei I. Scaliger (The-
saur. Tempp. die 2te Ausg.), in ver Bibl. Patr. Max. (Lugdun. 1677. fol.)
VII. p. 1231 ff., in Gallandi Bibl. Patrist. X. p. 323 ff. au) in Bouquet
Recueil d. hist. de la Erance I. p. 612 ff., Roncalli Vetust. Latt. Scriptt.
Chronic. I. T. II. zu Anfang, dem: auch Mödler (Chronica medii aevi
Tubing. 1798. T. I.) folgte. Außerdem gab Sirmond (am a. D.) die von
ihm Hinter dem Chronicon in einer Handſchrift gefundenen, und darum von
ihm für ein Werk veffelben Idatius gehaltenen (mas jedoch Rösler und Ans
bere bezweifeln) Fasti Consulares oder Descriptio Consulum, reichend von
den erften römifchen Gonfuln an, von 245 d. St. bis A468 n. Chr., meiſt
blos die Jahressahlen der Gonfuln enthaltend und nur an wenigen Drten
einige furze Angaben von Sauptereigniffen des vierten und fünften Jahrh.
n. Chr. beifügend; fle ſtehen bei Sirmond am a. D., Labbé (Bibl. Nov.
Mess. Paris. 1658. fol. I. p. 3 ff.), Roncali (am a. O. p. 55.), und Graͤ⸗
vius Thesaur. Antigq. Romm. XI. p. 246 ff. ©. das Nähere über Ipatius
und feine Schriften im erften Supplem. meiner Geſch. d. Röm. Lit. ( Chriſtl.
Diät. u. Geſchichtſchreib.) F. 54 f. vgl. mit Türk Geſchichtl. Stubien I, 1.
8 — un. pwencordt Geſch. d. vandal. Herrſch. in Africa (Berl. 1837.)
ff.
Kde (Tôn), 1) Tochter des Meliſſus und der Amalthea, eine der idäi⸗
ſchen Nymphen, welchen Rhea den Zeus zur Erziehung übergab. Apollod.
1, 1, 6. — 2) ivälfcge Nymphe, mit welcher Zeus die idaͤlſchen Daktylen
zeugte. Etym. M. p. 465. — 3) Tochter des Korybas, mit welcher Lykaftus
den Minos zeugte. Diod. IV, 60. — 4) Mutter des Nifus. Virgil. Aen.
IX, 177. [ Mer.)
Zdeus — Idemöäneus R
Hdems, Sohn des Theſtius und einer der kalydoniſchen Jäger, bie
Meleager erſchlug. [Mezr.]
Kdiminiam (Idominium, Geogr: Rav.), Ort in Unter-PBannonien,
öſtlich von Sirmium, Tab. Peut. [P:]
EIdimum, Drt in Ober-Möflen, wohl an der Morawa in Serbim,
Tab. Bent. It. Ant. [P.]
Edistavisus, der durch den Sieg bed Germanicus über Arminius
(j. DB. III. ©. 844.) berühmt gewordene Wahlplag an der Weſer. Tacitus
Annal. II, 16., auf welcher Stelle allein jener Name beruht, befchreibt ihn
als einen campus medius inter Visurgim et colles, welcher, ut ripae flu-
minis cedunt aut prominenlia montium resistunt, inaequaliter sinuatur:
pone tergum insurgebat silva, editis in altum ramis et pura humo inter
arborum truncoes. Die Luge dieſer Thalebene iſt verſchiedentlich zu beſtimmen
verfucht worden. Mit Net aber bat man bie ältere Amahme, welcher vurch
Lipfius Geltung verfihafft worden war,‘ verlafien, wornach Id. unterhalb
Bremen bei Begefad zu ſuchen wäre. Die meiften Neueren kommen barin
überein, daß Bermanicus die Wefer hinauf bis oberhalb Minden zog, und
bier, in der Gegend von Hausberge, über den Strom gieng, daher benn
Ledebur zwiſchen biefem Ort und Rinteln in der Gegend ber porta Vest-
phalica das Schlachtfeld annimnıt, Land und Boll ver Bruc. ©. 228. Roch
etwas weiter hinauf geht Niemeyer (Hannöv. Magaz. 1841. Nr. 17. ©. 49.),
der zwifchen Hameln und Grohnde, alfo etwa bei Tundern und öſtlich vom
Nieterberge Idist. anjegt. Eine genauere Beflimmung ift bei der Allgemein-
heit der Angabe des Tatitus um fo weniger zu erreichen, als die Stromes⸗
ufer im Laufe der Zeiten wohl mande Aenderung erlitten haben. benfo
vergeblih werben die Berfuche ſeyn, eine ſichere Deutung des Namens Idista-
visus zu geben. Wir verweilen nicht bei einer Aufzählung derſelben, da fle
an Wahrſcheinlichkeit die befannte Erklärung nicht übertreffen, wonach ein
alıer Deutſcher auf die Frage eined Nömers nah dem Namen biefed Feldes
etma gefagt haben Eönnte: „Het ift a Wieſe.“ S. Luden T. Gef. Bb. 1.
Bahrdt Urgeih. 6. A401. Bilfter Geſch. der T. I, 97. Grimm T. Gramm.
p. XL. (Idista wista, die fhönfte Wieſe). Neuerlich Hat Iacob Grimm in
ven Abhh. ver Berliner Academie 1842. nachzuweiſen gefucht, daß vieles
Schlachtfeld eigentlich Idisiaviso, die Sungfernwiefe, Jungfernhaide, gebeißen
babe, und bat ein neu entdecktes, altdeutſches heidniſches Gedicht für ein auf
dieſe Schlacht bezůgliches Siegeslien erklärt. [P.]
Hämom, Neben einem Sohn bed Negyptud und Andern führt dieſen
Namen vorzugdweife ein Sohn des Apollo und der Afteria, einer der Seher,
welche die Argonauten begleiteten. Er fah zwar feinen Tod auf dem Zuge
soraus, ging aber doch mit und flarb im Lande der Mariandyner durch ein
wildes Schwein, nad Andern durch den Stih einer Schlange, oder an einer
Krankheit. Apollod. I, 9, 23. Orph. A. 185. Apollon. A. I, 139 f. 443.
II. 815. Baler. Flacc. V, 2. Wurde fpäter Schirmherr der Gtabt
Seraflen. Apollon. II, 846 ff. Müller Orchom. ©. 260. 292. [Mzr.]
EIdom£öuneus (löouerev;), 1) Enkel des Minos II. und Sohn: des Deu-
kalion, Königs von Kreta; führte fein Geflecht auf Zeus zuräd, rühmie
fih großer Schönheit und war daher einer der Freier der Gelena. Som. 1.
XII, 450 ff. Od. XIX, 181. Bauf. V, 25, 3. Apollod. IH, 9, 1. Hygin
fab. 81. 270. In adtzig Schiffen führte er mit Merlones, dem Sohn feines
Halbbruders, die Kreter gegen Troja und war im trojanifhen Krieg einer
der tapferfien Helden. II. II, 645 fi. III, 280. V, 43. IV, 251. VII, 165.
XIIE, 361 ff. XVI, 345. Nah Philoſtratus dachte er ſogar ſchon in Aulis
an eine Zhellung des SDberbefehls mit ‘AUgamemnon (Her. VII, p. 709.).
Rah vem Falle Iliums Lehrte er glüdlih heim. Od. III, 194. Die nach⸗
% Jdemänens — Ydanızea
homeriſchen Sägen berichten von ihm ein Ähnliches Gelübde, wie von Jephtha
im Buch der Richter erzählt wird. Ipomeneus babe im Sturme einft dem
Bofeldon gelebt, ihm zu opfern, was ihm bei der Landung zuerſt entgegen-
fommen werbe, wenn er glüdlih heimkehre. Der erfte, ver ihm begegnete,
war fein Sohn. Weil er dieſen opferte (nach Andern opfern wollte) und
darauf eine Peſt ausbrach, vertrieben ihn die Kreter. Er ging nach Italien,
fpäter aber nad der aflatifhen Küfte bei Kolophon zurüd, wo er auf dem
Berge Kerfaphus begraben liegen fol. Serv. zu Birg. Aen. III, 121. 401.
581. XI, 264. Schol. Od. XII, 259. vgl. Strabo X, p. 479. Müller
Dorier I, 276. Nah Diod. V, 79. mwurbe fein Grab zu Knoſud gezeigt
und er bort als Heros verehrt. Sein Bild von Onatad erwähnt Paufan.
V, 25, 3. — 2) Sohn des Priamus. Apollod. III, 12, 5. [Mzr.]
EKdomdmewms aus Lampfarus, Schüler und Freund des Epikur, Diog.
Zaert. X, 23. u. 25. Athen. VII, p. 279. F. Strabo XII, p.589. Sen.
Bpist. I, 21. Bon feinen Schriften werden namentlich angeführt: ra weg:
109 Zorpauıxr (Diog. Laert. II, 20.) und ioropie zer nark Zauodpanır
(Suivad). Die Tome beim Schol. zu Apoll. Rhod. I, 916. find ver-
daͤchtig und an deren Stelle vermuthlih bie Zaxuodoanınd zu feßen; |. Sin-
tenis im fünften Excurs zu Plut. Pericl. p. 316. Bon ben ziemlih zahl-
reichen Bragmenten des Id. weiſen nur die bei Diog. II, 60. u. Athen. XIII,
P- 614. D. mit Beſtimmtheit auf die Schrift über die Sofratifer hin. Die
brigen, melde fih auf die “Piflfrativen (Athen. XII, p. 532. F.), auf
Ariftides (Blut. Arist. 1. 4. 10.), Ihemiftofles (Athen. XII, p. 533. D.
576. C.), Perikles (Blut. Pericl. 10. 35.), Thucydides, den Sohn des Me-
leſias (Schol. Ariſt. Vesp. v. 947.), Demoftbenes (Plut. Dem. 15. 23.
Athen. XIII, p. 592. F.), Aeſchines (Apollon. vit. Aesch. p. 247. Bekk.),
Hyperides (Athen XIII. p. 590. C.) und Phocion (Plut. Phoc. 4.) beziehen,
führten, obwohl neuerdings Sintenis a. D. p. 317 f. denfelben wieder Ihre
Stelle in der Schrift über die Sofratifer anwies, mehrfah zu dem Berfuche,
den Titel der Schrift, welcher fie angehören mögen, feftzuftellen; Jonftus
hist. script. philos. II. 1. p. 118. vermuthete maoi 8750509 ardcor, Heeren
d. fontt. vitt. Plut. p. 93. eine griechiſche Geſchichte, Zuzac Lectt. Att.p. 113.
eine Schrift eos Tiis av erdosor zovgüc. Allen ven erfteren Bermuthungen
fehlt e8 an aller Sicherheit, die letztere aber, fo anſprechend fle if (vgl. ©.
F. Sermann im Index lectt. Marburg. 1836. p. VII. Weflermann Quaestt.
Demosth. IV. p. 30 f.), läßt immer noch eine Anzahl von Stellen übrig,
welche fich nicht recht fügen wollen. Das Wahrſcheinlichfte hat H. Sauppe
(f. R. Rhein. Mufeum 11. 3. ©. 450 ff.), welcher durch Heilung einer ver-
berbten Stelle in Belferö Anecd. graec. p. 249, 27. (os 68 'Idousrns grai
Önueyayor) eine Schrift des Id. wepl dnuayayay gewinnt. Die Auctoriiät
dieſes ———— übrigens, welcher nach den Fragmenten zu ſchließen keinen
hohen Standpunkt einnahm, ſondern ſich vorzugsweiſe mit dem Privatleben
einzelner hochſtehender Männer beſchaͤftigte, Tann nicht ſehr hoch angeſchlagen
wetrden. Plutarch Dem. 23. nimmt ihn ausdrücklich von der Zahl der dom-
norero: aus. Im Allg. vgl. ©. I. Voß d. hist. graec. I. j1. Glinton
fast. Hellen. III. p. 488. Sintnis a. O. A. G. Deder Analekten zu ben
attiſchen Nebnern I. ©. 24 ff. [ West.]
Hdrae, ein ſarmatiſches Bolf, f. Sarmatia Europaea. |P.]
Hdrtews oder Hidrieus, f. unter Ada.
Hdnböda, ein hiſpaniſcher Gebirgezug, der bei den Gantabrern be
ginnt, das Ebrogebiet ſüdlich einfchließt und gegen das Mittelmeer ausläuft,
f. die Sierrn de Oca, de Lorenzo und de Moncayo, Str. 161 f. Ptol.
Agathem. (wo verſchrieben Irdovßaada). [P.]
Kdumaon, Kdom, zwei geographiſche Namen, ſprachlich und zäumlic
Zdamass s
verwandt und doch auch wiederum verſchieden. Dieſer nehmlich, der Stamm-
name, der hebräiſchen Sprache des A. T. und der vorexiliſchen Geſchichte des
züdiſchen Volkes angehörig, bezeichnet ein Land, im Süden an Paläſtina
gränzend in ſeiner Erſtreckung von Norden nach Süden, jener aus dieſem
griech. geformt ein Land im Süden von Paläſtina ſelbſt, in feiner Erſtreckung
von Südoften nad Nordweſten, und iſt in den Apokryphen und im N. T.,
bei den Profanferibenten und bei Iofephus in feinen Berichten über bie nach⸗
eriliide Geſchichte des jüb. Volks üblih und eben mit dieſer verflodten.
Der Name Edom weist und auf das etwa 16 Meilen lange und nur 3—4
Meilen breite Gebirgsland Seir bin (Bejenius im Thesaurus Linguae hebr.
etc. p. 1335.), das im Norden dur die Thalrinne el Ahſy von Mon»
bitis (j. Diſtrikt Kerak), im Wehen durch das mehrere Stunden breite und
20 Meilen lange Thal Arabah, dem es hoch und fleil entfleigt, von der
großen peträifgen Wüftenhbochebene Tih geſchieden ift, welche Iehtere aber auch
mandmal, unter dem Namen Amalekitis, noch zu dem ohnehin ſtammver⸗
wandten Edom (1 Mof. 36, 12.) gerechnet wird. Joſeph. Ant. Jud. II, 1, 2.
Im Oſten durch die nur wenig tiefer gelegene arabifche Wüfte begränzt, zieht
es HH im Süden mit unbeflimmter Gränze nach Akabah (Elath des A. T.,
Asa oder Eiava bei Strabo), am Öftlichen arab. Meerbufen gelegen, hinab.
Robinfon PBaläfina u. f. f. III, 103. 108f. Dur} den waidereichen Wady
el Ghuweir wird dieß Ländchen in einen nörbliden Diſtrikt, j. Diebal (pas
Gebal des Pfalm 83, 8. Gebalene des Eufebius, vgl. hierüber unb
über verwandte Namendformen Reland Palaestina p. 71. 82 f.) und einen
füplichen, j. eſh Sherah, getheilt. So vorherrſchend gräulih au bie Felſen⸗
wildnig dieſes Gebirgolandes war (vgl. die hierher gehörigen Lanpfchaftd-
bilder in Voyage de l’Arabie P6tr&e p. Leon de Laborde und das Sprechenofte
bieraus bei Dr. A. Keith, Die Erfüllung d. bibl. Weiffagungen u. f. f. a. d. @. ũ.
Stuttgart 1844. zu ©. 209. ald einen vollen Beleg für die Wahrheit der
propbetifäfen Schilderungen von Edom Serem. 49,16. Obadj. 3 f.), fo hatte
ih doch auch zwiſchen die Sanbfleinrüden und Porphyrklippen in Ihälern
und an Abhängen eine üppige DBegetation von Gefträuhen und Bäumen,
Baivepligen, Getraidefeldern und Iraubenpflanzungen eingebrängt, wofür
u. A. 1 Mei. 27, 39. vgl. 27. 28. A Mof. 20,17. Iefai. 84, 6f. Hiob
42, 12. v. Raumers Baläftina 2. A. ©. 273., fobann die Beizählung bes
Ländchens als Hauptbeflandtheild zur röm. Provinz Palaestina tertia oder
salutaris (Burdhardis Meifen in Syrien u. f. f. ©. 676.), ferner dad Zeugniß
bes Reiſenden Ihetmar zu Anfang des 18ten Jahrh., der Edom eine ſchoͤne,
fruchtbare Gegend nennt (Malten’d N. Weltkunde 1844. Mat, ©. 193.),
endlich jeßt noch vorhandene zahlreiche Spuren früherer Gultur ſprechen, de
Lab. am a. O. p. 4. Keith ©. 119 f. Hiezu kam die für den Handel fo
günflige Rage Cdoms, deſſen herrſchende Bewohner, die Nachkömmlinge Cſaus,
nach Unterjochung der troglodytiſchen Aboriginer, unter Wahlkoͤnigen und
Stammeshäuptlingen, mit ber Energie ihres Stammvaters frühe ſchon als
Beförderer von ben reihen Producten der Küftenländer und Inſeln des
arab. Meerbufens und des indiſchen Dceand auf den durch ihr Land mehrfach
verzmeigten Karawanenftraßen nach ben Buphratgegenden, wie nad) Damascus
und den Häfen bes Mittelmeer von Rhinokolura (el Ariſch) an bis hinauf
zu den phöniciſchen Emporien fich bereicherten. Czechiel 27, 15. 20. de Lab.
am a. D. p. 10f. Heerens Ideen I, 2. „Phoͤnicier“ 2. u. 4. Abſchnitt.
Robinfon S. 114 f. 157 f. 187. Depots dieſes Handels in Edom ſelbſt
waren im noͤrdlichen Striche die offenbar ſchon in der altteſtamentlichen Zeit
commerciel und militaͤriſch wichtige. Felienflabt Petra (f. d. Art.), im füb»
lihen das oben genannte Aelana (f. d. Art.) fammt Czion Geber (dad Öfl-
liche Berenice (3), nad Joſeph. am a. DO. VII, 6. 4. vgl. Pomp. Mein
3
| Zdumann
II, 8, 61., ober die Weftfünmeft von Akabah an der Käfte gelegene Kleine
Belfeninfel Pharao's oder el Kureiyeh (?), nah Schubert Reiſen uw. 1. f. IH,
377 f, deren geringe Ausdehnung gegen diefe Annahme nicht entfcheidend
wäre, wie Nobinfon I, 280. Anm. 2. will, wofern fle nur den Schiffen ge-
hörigen Schub gewährte, mad Rüppell, Reifen in Nubien u. f. f. von der
bei ihm Emrag geheißenen und Nr. 7. abgebildeten Infel S. 252. nur be⸗
dingt annimmt, indeß Wellſted Reife in Arabien, mit Anm. von Roͤdiger,
II, 117 f., der diefe Infel am vollſtändigſten befchrieben, ſie zwar in biefer
Gegend für ven einzigen Sicherheitsort für eine Handelsbarke hält, dagegen felbfl
Ezion Geber ſüdlicher (man darf wohl fagen, zu ſüdlich, vgl. Gefenius Thes.
u. d. W.) in Merſa Dahab wiederfindet. Mit dem Handel gieng auch hier bie
Bildung Hand in Hand; daher die in altteftamentlichen Tagen beſonders twegen
ihrer Sittenfprüche gepriefene Wetsheit der zu Edom gezählten Ihemaniten
(Winer u. d. W.) Ihr Wohnort war nad) Hieronymus Onomast. nur fünf
röm. Meilen von Petra entfernt, und zu feiner Zeit mit einem röm. Poſten zur
Deckung der Handelsſtraße verfehben. So nahe lagen fi die alten Brenn-
punfte der edomitiſchen Bildung und Handelsthätigfeit. Dürfte man Iheman
mit dem heutigen, ungefähr gleichweit von Wady Mufa (Petra) entfernten
‚ Maan identificiren, wozu Raumer am a. D. ©. 271. und die Burckhardiſche
Karte, nit fo Rob. II, ©. 127. Anm. 3. geneigt ift, fo würden noch heut
zu Tage an jenem Drte die obengenannten zwei Richtungen ebomitifcher
Thätigkeit repräfentirt, Burdh. am a. D. ©. 724 f. Keith S. 225 f., wie-
wohl beide in ſchwachen Neliquien, denn die von Propheten Obadja ſchon
V. 8. verwünfchte Weisheit Themand namentlich befchränft fi auf das bloße
Studium ded Koran. — Die in Folge fo günfliger Berbältniffe raſch zuneh⸗
menbe Bevölkerung und die Thätigkeit derfelben fchuf auf einem nicht bedeu⸗
tenden Raume im Lauf der Jahrhunderte zahlreihe Städte, vgl. über ihre
Trümmer Rob. II, 122 ff. Dieß und der hiemit zufammenhängende Wohl⸗
ftand der Edomiten reizte die Lüfternpeit ihrer fhammverwandten Nachbarn,
ber Ifraeliten, und die fchon in ben beiderfeitigen Stammvätern gefchäftige
Giferfucht fand hierin, fo wie in der Verſchiedenheit des religiöfen Olaubens
Stoff genug zu mehrhundertjährigen feindlihen Berührungen. Vgl. hierüber
Nofenmüllere Handbuch der bibl. Altertbumdfunde IH, ©. 65 f. u. Winers
bibl. Nealmörterbud, 2. U. unt. „Edomiter.“ Unterfodung der Ehomiter
durch David, von der phöniciſchen Handelspolitik gefördert (deLab. a. a. O.
p. 11 f. ſetzt dieß gut auseinander), darauf gebaute Seefahrten von dem alte
edomitiſchen (1 Moſ. 36, 41.? Ritter zur Geſch. d. petr. Arabiens, in d.
Abh. d. Berl. Akad. Bd. 24. ©. 212.) Elath aus, endlich nach verſchie⸗
denen Fehlverſuchen wieder gewonnene Selbſtſtändigkeit der Edomiter zur Zeit
des jüd. Königs Ahas (zwiſchen 740 u. 730 v. Ehr.) iſt in Kurzem das
Wichtigſte von jenen langwierigen Kämpfen. Dafür wird nun Wiederver⸗
geltung von den Edomitern geübt, zur Zeit des babyloniſchen Exils, durch
Eroberungen In Judäa, aber nicht in nördlicher Richtung (7. B. Bozra's in
Auranitis, wie Gefenius ganz unnatürlih annimmt u. a. im Thes. u. d. W.
vgl. Dagegen v. Raumer in Berghaus’ Annalen u. f. f. I. ©. 564 f.; das
edomitijche Bozra iſt vielmehr das heutige el Buſaireh in Gebalene, Rob.
am a. D. S. 125 f.), fondern in norbmweftlicder, mo die Gränzen zwijdhen
beiden Nachbarländern auch früher unbeſtimmt und wechfelnd geweien feyn
müſſen; und bier beginnt nun fprahlih und räumlid Ipumäa. Die Evo-
miter reißen Sübjubäa bis Hebron ab, welder Bezirk bald Ober» bald
Groß: Idumäͤa Heißt, Joſeph. B. Jud. IV, 9, 4. 9., und dringen bis nah
der Seefüfle von Philiſtäa vor, Sofeph. A. J. V, 1, 22. c. Apion. Il, 9.;
daher der gefteigerte Nationalhaß, mie er ſich bei jüd. Dichtern und Pro⸗
pheten vernehmen läßt. (Den Stellen bei Raumer Paläfl. S. 267. füge
4
Käumaesn ' 68
man bei Sei. 63, 1. Pfalm. 137, 7f.) Diefe beveutende Vergrößerung
der edomitifhen Macht und ihres Gebietes namentlih bis ans Mittelmeer
hatte wohl no Beſtand zu Unfang der Berferperiope, daher der von Kam⸗
byſes geehrte König der Araber bei Herobot III, A f., der tie Seeſtädte von
Kadytis (Gaza, nah dem ganzen Zufammenhang bei Herod. c. 5. vgl.
Hißig de Cadyti etc. p. 14 f.) an bis Jenyſus befigt, der damals mächtige
König von Edom geweſen feyn möchte. (Ueber bie Verwechslung der Edo⸗
miter und Araber vgl. Bähr zu Herod. III, 8.; follten die Herod. c. 5. ges
nannten Syrer etwa die Bhilifläer ſeyn? Ezech. 25, 15. Plin. V, 12.13.)
Diefe norbweftlide Ausbreitung der edomitiihen Macht wurbe aber mehr als
aufgewogen dur Einbuße ihres eigentlihen Stammlandes im Süden an bie
Nabatäifchen Araber (f. d. Art., dort auch über Strabo's Kombination von
diefen und den Soumäern, XVI, 2. p. 760.), vielleiht zur Zeit, als bie
Berjermaht durch den grieh. Krieg unter Xerxes, oder dur innere Empö⸗
sung unter Artarerred Longim. bebeutend geſchwächt war. (Sollte ſich
darauf Maleachi 1, 2—A. beziehen, aus der Zeit des letztern Königs flammend ?
Rofenm. Ein. z. M., miewohl das Wan converf, nicht nothwendig auf bie
Bergangenheit zu beziehen iſt, Hitig zu Jeſaj. 2, 9.) Hieraus erklärte fid
dann etwa bie Befreundung der Nabatäer mit den jüd. Maffabäern, 1 Macc.
5, 25. 9, 35., als Judas M. den dur ihres Stammlandes Verluft ger
ſchwaͤchten Idumäern, welche jüd. Feſtungen bebrängten und die abtrünnigen,
aus Jeruſalem verjagten Juden bei fih aufnahmen, 2 Macc. 10, 15., Hebron,
Asdod und andere Städte im Mittag wegnahm, 1 Macc. 5, 65. 68. Joſ.
am a. D. XII, 8, 6. (Vgl. die Zufammenftelung der Idumaͤer mit Gas
zäern und Azotiern bei Strabo am a. D. p. 749.) Dieß war jedoch nur
das Borfpiel einer nochmaligen völligen Bezwingung ber Idumäer durch den
Makfabäer Johannes Hyrfanus 129 v. Chr., der ihnen jedoch erlaubte, im
Lande d. 5. in Sübjubäa zu bleiben, Joſ. A. J. XII, 9, 1. 15,4. B.J. 1,2, 6.
Rob. H. ©. 692 f., wohin fie feit ihrer Eroberung deſſelben, d. h. vom bab.
Eril an, zahlreih eingewandert ſeyn müffen, unter der Bedingung, die Be⸗
ihneidung und die übrige jüd. Weile anzunehmen, fo daß fie fortan im
Grunde Juden waren, fpöttif$ aber Halbjuden genannt wurden: A. J. XIV,
15, 2. So Hätten wir alfo nad allem Biäherigen unter dem naderilifchen
Idumaäa, mit Ausfchluß des eigentlichen, nun nabatäifch gewordenen Stamm⸗
landes zwiſchen todtem und rothem Dieere, den aus einem Xheile von Phi-
Ida mit Adbod, und aus den Stammgebieten von Simeon und Juda bis
Marefa und Hebron Hinauf (f. die obigen Eitate aus 1 u. 2 Mace., Iof.
und GStrabo) und etwa bi8 zum Salzthale und Zephath hinab (Mob. III,
24 f. 150.) zufammengefeßten Landſtrich im jüb. Mittag zu denfen, der bis
zur jũd. Wiedereroberung etwa unter einer vor den Nabatäern bierher ge»
flüchteten altedomitifhen Yürftenfamilie fammt Stammeshäuptlingen fland;
eine Unterſcheidung Edoms und Idumäa's, die felten gehörig hervorgehoben
wird. Ptol. V, 16. Bertbeau zur Gel. d. Iſrael. S. 429.* Unter der
Makkabäer⸗Dynaſtie nun bildete dieſes durch fie Judäa wieder einverleibte
Gebiet eine eigene Toparchie, Sof. B. J. III, 3, 5., von oroarnyor verwaltet,
deren einer, Antipater, der Vater von Herodes, dem Stifter der idumäiſchen,
mit Noms Cäſarn aus dem julifhen und flavifchen Geſchlechte vielfach ver-
flodtenen, KRönigsfamilie ver Juden war. A, J. XIV, 1, 3. Uebrigens war.
Idumäa fehr ſtark bevölkert, wie aus den fchnellen und zahlreihen Aufge⸗
boten im letzten jũd. Krieg erhellt, und von einem leicht entzündlichen, Friege«
rigen, aber au zu Gewaltthat und Grayfamkeit. geneigten Menſchenſchlage
bewohnt (ded Stammvaterd Grundcharafter 1 Mof. 25. 27. mit arabifchen
Elementen gemiſcht). Daher in dem genannten gräuelvollen Kriege, wo fie
eine Hauptrolle fpielten, B. 3. VI, 1, 8. 6, 2. 8, 2., ihr Name bei den
64 Kiumasischn Wynastio
Uutbaten zu Serufalen wie zu Maſada wiederholt und mit tiefem, wenn
auf dur Nationalantipathie gefteigertem Unwillen genannt wird, a. a. D.
IV, a, 15.5, 1f. 9, 5. VII, 8, 1. Daraus nun, daß Idumäer zulegt
über die Juden herrſchten, und deren Verhängniß durch die flavifchen Kalfer
beiäleunigten, erklärt fih 1) die Hervorhebung Idumäa's neben Judäa, ja
2) vie Verdrängung bes letztern durch das erftere bei griedh. und röm. Schrift»
ftelern. So bildet Ipumäa, was 1) betrifft, ven Weftanfang Judäa's beim
Berge Kaflus nad Strabo XVI, 2. p. 760. vgl. p. 749. und auch Plinius
H. N. V, 13. vgl. mit 12. 14. VI, 34. und Solinus c. 34. läßt beim
Ausbruche des dem Kaflus nachbarlichen Sirbonis⸗Sees Idumäa und Pa⸗
läſtina, d. h. „Syrien, wo ed an die Araber ſtößt“, beginnen. Gleichgeſtellt
erſcheinen die beiden Namen bei Aelian. H. A. VI, 17. „im Lande der Ju⸗
däer oder Idumäer.“ Verdrängt aber hat 2) auf eine Weile der Name
Idumäa's den von Judäa bei einer Reihe von röm. Dichtern, und zwar
eonftant, wenn vom Palmenreichthum jener Gegenden, und vom Sieg der
Flavier über die Juden die Rede if. Jenes ſchon bei Virgil aus dem Zeit-
alter der dem Idumäer Herodes I. befreundeten Triumvirn, Georg. UI, 12.,
während doch eigentlih Judaea inclyta palmis, Plin. a. a. O. XI, 4.,
befonder8 um das nie zu Idumäa gerechnete Hierichus, und dann bei Zucan.
IT, 216., aus der Zeit Nero's, der den lebten Herobes begünfligte. Im der
zweiten Beziehung finden wir den Namen erwähnt bei drei Epifern und einem
Epigrammatiker des flaviſchen Zeitalterd, von denen zwei, Silius Pun. II,
600 f. und Statius Silv. III, 2, 138. V, 2, 139. vgl. V, 1, 213., bie
idum. Palmen und die idum. Siege in eine nahe Tiegende Verbindung mit
einander bringen, der dritte, Valerius Flaccus Argon. 1,12 f. und der Epigr.
Martialis II, 2., an die Erwähnung diefer Siege Schmeicheleien gegen Do»
mitianus anfnüpfen. Wie in der genannten Zeit die vorberrfchende Benen-
nung Idumäa den Sieg des idumäiſchen Prinzips über das füdiſche bedeutet,
fo bat dann ſpäter die Nomenclatur der chriflliden Zeit im Anfang ihres
fünften Jahrhunderts Judäa oder Baläflina wiederum, fo zu fagen, in feine
teſtamentlichen Rechte eingefeßt, und das Edom der vor-, und das Idumäa
der naderilifhen Zeit, dort mit dem Metropolitanfige Petra, bier mit dem
Biſchofbſitze Berſaba, felbft bei Kirchenvätern, z. B. Hieronymus, in einander
fließend, in der politifch-Eirhliden Benennung Palaestina tertia zuſammen⸗
gefaßt. Meland a. a. D. p. 205— 226. Rob. III, 116 f., nachdem bereits im
dritten Jahrhundert nah Drigines bei Mel. p. 756. Name und Gprade der
Idumäer untergegangen waren, und biefelben Araber biegen und fyrifch rede»
ten, bis auch jene neue, chriftlihe Form ihrer geifligen Regſamkeit fo mie
ihr bis dahin in der alten Richtung beftandener Handelsverkehr in den Fluthen
des Islam untergieng, und auch an die Stelle der biäherigen Benennung
biefer Landſtriche, bezeichnend genug, eine andere, die mittelalterliche, Syria
Sobal (Bebalene) ımb Arabia tertia trat. No Einiges über dieſe Gegenden
aus älterer und neuerer Zeit |. unter Petra. [ Cless.]
Ydamaeische Bynastie. 1) Herodes, der Große (Seneca de
Clem. I, 14.). Der im vorigen Artifel berührte Iangwierige Kampf der
zwei feinblichen Brüder, Efau und Jakob, in ihren Nachkommen, ben Edo⸗
mitern und SIfraeliten, ſollte fi$ am Ende der jũd. Geſchichte, nur unter
veränderten Berhältniffen und Interefien, noch einmal erneuern. Mit Jos
hannes Hyrkanus (136—106 v. Ehr.), dem gegen Samaria und Idumäa
flegreichen, zuletzt won Syrien völlig unabhängigen Prieflerfürften (Juſtin.
XXXVI, 2.) war im Grunde bereild der Wendepunkt bed Heils der Makka⸗
häer-Dynaftie und ihres Volkes eingetreten, und beide gingen unter feinen
Söhnen, Ariftobulus I. und Alexander Jannai, und noch mehr unter feinen
Guten, Hyrkanus II. und Ariflobulus II. (Strabo XVI, 2. p. 762.) dur
wunautisenle mynumetib . 05
innere Fehden, Einmiſchung der polirikg-röfigtöfen Parteien der Phariſäer
und Gabburäer (Bertbeau, zur Geſch. der Iſrarliten &. 426 f.) und Buhlen
um auswärtige Hülfe dem Berderben raſch entgegen. Hyrkanus, phariiäifch
gefinnter Hoherpriefler und König, ein Mann von träger Friedliebe, Hatte
an feinen jüngeren flteitfertigen Bruder, das Haupt der verfolgten fabbucäi«
ſchen Bartet (69 v. Ehr.), feine Doppelgemalt eingebüßt. Do fein ges
wandter und thatfräftiger Freund umd Rathgeber, Antiyad vder Antipater
(Heroped bei Strabo am a. D. p. 763.), gewiß nicht jüdfiher, und fehr
wahrſcheinlich idumiſcher Abkunft, und Sohn des gleichnamigen füb. Statt⸗
halter® von Idumäa unter der vorigen Regierung (Nold. hist. Idum., an
Haverkamps U. d. Joſephus II. p. 337.), wußte den Nabatäerfürften Aretas
und noch nachhaltiger Römer von den beiden, damals um die Weltherrſchaft
kämpfenden :Barteien, namentlich deren Führer Mompejus und Gäfar ſelbſt,
dieſen mEhefondere durch feine Unterſtüßung in Aegypten, Für feinen Fürſten
(oder vielmehr für ſich ſelbſt, Joſephh. A. 3. XIV,9,3.) zu intereſſtren, und
während Arikobulus und fein Sohn Alerander, nad wechſelvollen Schickſalen
von Kronprätendenten, ihr Leben unter der Hand von Pompejanern aus⸗
hauchten, wurde Hyrkanus wieder in feine geiſtliche und fpäter theilweife aus
in feine weltliche Macht eingefeht, Antipater aber, ber Stifter hievon,
dem roͤm. Bürgerrechte und fofort uud Statthalterantte Über ganz Judäa
beehrt (47 v. Chr.). Hiemit war der Grund zur Pänftigen Größe feines
eigenen Hauſes gelegt, auf dem er ſelbſt zwar — von politiſchen Nebendublern
aus dem Wege geräumt — nur noch drei Sabre fortbnuen follte; aber in
feinen Söhnen, Mhaſael und noch mehr Serodes, bem zweitgebornen, er»
flanden ihm Mäder und Fortſetzer feines Werked. Bgl. Aber Antipater Sof.
A.J. ‚41, 3—11, 4. B. J. 1, 6, 2— 11, 4. HSerodes vereinigte in
fich die Thatkraft des idum. Stammes mit ber Gluth atub. Nationalität —
feine Mutter, Kypros, war eine edle Araberin — die Menſchen und Ver⸗
haͤltniſſe klar durchſchauende und dann raſch amd Fe durchgreifende Beſonnen⸗
beit feiner rim. Gönner mit der herzgewinnenden Leichtigkeit grittch. Umgangs⸗
weiſe, Iof. A. J. XVI, 2, 2., und hatte, fo audgeftattet, gleich beim erſten
Auftreten fürfifige Größe um jeben Preis, ſchon bed Waters Ziel, nur mit
mehr Maaß, fi zur Erreichung vorgefeht. Faſt noch Rnabe, vom Water
über Galiläa gefegt (A. J. XVI, 9, 2.), fäuberte er das Laͤndchen von einer
furchtbaren, den über Baläftina betriebenen Welthandel Aörenden Räuber⸗
haar (Bertbean am a. D. 6.435 ff.), um ed nachher für die durch Caͤſars
Mörder, Gaffius, auferlegte Steuer außzurauben. Dadurth gewinnt er aber
außer Anberem von vielem daß Berfpteßen, ihn nal Belegung ver Gäfas
vtaner auf Judda's Ihron zu erheben, was ihm dann bes Galfius Ueber⸗
winder, Antonius, erfüllen follte. Denn wie fein Vater oder noch kunſtge⸗
rechter, machte er fi beiden röm. Parteien ober vielmehr dieſelben ſich um
die Wette dienſtbar; ebenfo einſchmeichelnd bei den Zührern von biefen, als
hochfahrend gegen feine Ankläger vor dem Schattenfürften Hyrkanus. Denn
von Stunde an regte ſich im ſuͤdiſchen Synedrium, hei den Pharifäern, im
Bolke, ein Geiſt der Oppofition wider feine ausgeſprochene Fremdenliebe,
A, J. XIX, 7, 8., fein willführlies Spiel mit der Sohepriefterwürbe, und
feine übrigen Antaßungen nationeller Cigenthinmlichkeit, gegen welchen er bis
an fein Ende mit Li oder Gewalt zu ringen hatte. Dawider nun „auf
NS, aber au auf Rom geftellt‘‘, weiß ex ſich durch eine lange Reihe von
Beſtechungen Über feine Kräfte, A. J. XV, 6, 7. nad dem mit Zahlen aller»
dings freigebigen Joſephus, Hei Antonius, und fofort bei Ociavianus und
ihren Freunden Gunſt zu gewinnen und zu erhalten, und muß zwar vor
Antigonuß, bem Erben der Thronanſpruͤche feines unglücklichen Baters Ariftor
bulus und Brudert Alexander, der bald mit ben gleichen goldenen Waffen,
Vaunlhj, Real⸗Cucyeloy. IV. 8
66 Münmegischo: Dynasiip
wie Herodes, bei röm. Gewalthabern, bald mit parthiſchen Geſchoßen, ſeder
Zeit aber mit des. jüd. Volkes Pietät gegen ven Maflabäer-Namen wine
den neuerungsluftigen Halbjuden kämpfte, ih nah Rom flüchten, aber nur,
um — früher fhon von Antonius zum Tetrarchen ernannt — jeßt dort von
demfelben und von Octavianus für ſich bie jüd. Königskrone zu holen.
A. J. XIV, 14, 3f. Tacit. Hist. V, 9. Appian. B. C. V, 75. GStrabs
XVI, 2. p. 765.* (40. Chr.) Zurückgekehrt gewinnt er fi mit röm. Hulft
(Cafſ. Div XLIX, 22.) dazu auch die fortan unbeflrittene Macht, und ver
Makkabäer muß auf feinen Wunſch bei Antonius blutig enden. Gehäßige
Mittel hatten feinen Ihron gegründet; friebliche follten ihn wenigſtens theil-
weife flüßen; fo die Berbeirathung mit der reizenden Mariamme, durch Vater
und Mutter Enkelin der feindlichen Brüder Ariftobulus MH. und Hyrkanus IL,
wiewohl auch das Herz bei diefer Handlung der Politik ſehr lebhaft mit
ſprach, A. J. XV, 3, 8. 7, 1.; aber eine Hochzeit konnte freilich zu Gunſten
bes tbronräuberifchen Freundes audländifcher Lehre und Kunft, Sitte und
Luftbarkeit den Prinzipienkampf zwiſchen dem flabil orientalifhen Sudaismus
und dem den Ipumäern erwünſchten beweglichen Hellenismus nicht beſchwich⸗
tigen, von welden jener allervings ein Recht Hatte, geiflige Güter durch
äußere Saßungen zu behaupten, dieſer aber mit al feiner glänzenden Weis»
heit doch fittliden Ernſt und Herzensfrieden nicht gewähren Eonnte. (hen
darum muß nun auch des Herodes achtzehnjähriger Schwager, Ariftobulus,
von ihm auf der unrubigen Mutter Alerandra Drängen zum Hohepriefter
ernannt, mitten unter feinen gleisneriſchen Scherzen das Leben laflen, weil
dem Holden Makkabäerkinde das Volk zugejauchzt, und verbädtig Immer und
furchtbar, befonderd uſurpatoriſchen Herrfchern ift, wer die nächſte Anwart»
ſchaft hat; darum muß auch der adtzigjährige Hyrkanus, dem Herodes vor
feiner eigenen Begnabigung durch ben Ueberwinder feines Gönners Antonius
noch furchtbar, fünf Jahre fpäter (30 v. Chr.) in den Tod gehen; fo um
möglich ift es, Herrſchaft, durch Schlecdhtigkeit erworben, auf gute Art fort
suführen. Aber nicht nur in feinem Haffe gegen den Stamm feiner Bemahli
war Herodes todbringend, fondern au in feiner Liebe zu ihr, A. J. XV,
3, 5. 6, 5., welche durch ihr eigenes, launiſch verwöhnted, herrliches, zuleg:
feindlihes Benehmen wider ihn, den Mörder ihres Großvaters und Bruders,
den Gegenfland fläter Herabjegungen durch ihre Mutter, einft die geheim:
Gorrefpondentin Cleopatra's auf Herodes Verberben, einerfeitö verlegt und ge
zeigt, und andererſeits durch Binflüfterungen von feiner Mutter, beſonders aber
von feiner Schweſter Salome, diefem böfen Dämon feines Lebens, in Argwohn,
Haß, ja augenblidlihe Wuth verkehrt wurde, jo fehr er Anfangs dawider
gerungen, A. J. XV, 7, 2., alfo daß er zulekt das Bluturtheil wider fi
ausſprach, dem fie gelaffen und ſchweigend unter ben Mishandlungen ver
eigenen Mutter, die hiedurch fich retten wollte, würbig ihres erlauchten Hauſet
fich unterzog. Tac. Hist. V, 8. Ihr Tod, durch Heroded’ bis zum Wahnfinz
tobenden Schmerz nit zu fühnen, zog bald au den ihrer Mutter und
fpäter ihrer zwei Söhne, Alerander und Ariftobulus, nah fih. Auf fs,
in Rom bei feinem Freunde, dem berühmten Vollio erzogen und auch am
Gäfarnhofe gern gefehen, A. J. XV, 10,1., fobann nach ihrer Heimkehr ver
mäblt und zu feinen Nachfolgern beflimmt, hatte er feine volle Liebe zu ihre
Mutter Übergetragen, und bewahrte fle ihnen, wie einft dieſer, lange, wenn
"® Xac. regnum ab Antonio Herodi datum, viotor Augustus auxit (an ber
Seekliſte und im Oftjorbanland, Eaff. Div LIV, 9.), Appian befhräntt es auf Samarte
und Idumaͤa, weil über Jubka ben Scheine nad) noch Hyrkanus herrſcht. Straboe
verwechſelt weltliche und geifiliche Gewalt, Indem er biefe dem Herodes zukomme⸗
lãßt.
IV GG
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Miuunneläche:ijnaniieli 6
auch fon felten ober nie(?), fo doch Hier tief menſchlich fühlend, im Kampfe
gegen Anſchwaͤrzungen und andere Intriguen derſelben ſchnöden Salome,
anderer Feinde Mariamme's, und bald auch. feines exrfigeborenen, nah der
Krone läflernen Baſtards Antipater, eines Teufels in Menfchengeftalt, bis
e8 ihren vereinten Bemühungen, begünftigt durch der Jünglinge hochfahrendes,
umvorſichtiges, durch die Grinnerung an der Mutter Tod gereisted und durch
venfelben nicht gewarntes Benehmen gelang, trog der Verfühnungdverfude
des Auguftus und anderer, dem umflridten Vater über feine nad Leib „und
Seele wohlgebilveten Kinder das Todeswort zu entreißen (A: J. XVI., Türzer
B. J. 1, 2—27. Strabo XVI, 2. p. 765.), welches ihn fpäter bie göttliche
Gerechtigkeit, wenige Tage vor feinem eigenen Tode, über jenen gräßlichen,
auf Vatermord bedachten Brudermörber felbft ausſprechen ließ. A. J. XVII, 7.
Mögen auch wirklich Auguftus und Agrippa fo vortheilhaft von Herodes
gedacht und geurtheilt haben, als Joſephus will, A. J. XV, 10, 3. XVI,
5, 1., fo ift bei ſolchen Unthaten einem doch bes erfleren Heußerung in der
auch wegen Anfpielung auf ven bethlehemitiſchen Kindermorb beachtenswerthen
Stelle des Marrobius, Saturn. II, 4.: „melius est Herodis porcum, quam
flium esse“ glaublich. Gegen biefe und Ähnliche @räuel unter. feiner Re⸗
sierung, im Lande und am Hofe, dem würbigen Geitenflüde des römiſchen,
verübt, wo er felbft, fonft andere mit Bemußtfeyn ald Mittel gebrauchend,
‚ulegt von andern bemußtlos ald Mittel gebraudt wird, erbleicht aller Glanz
feiner früheren Kriegstbaten in und außer Subäa, feiner übrigen Regierungs⸗
Talente und Berbienfle, A. J. XV, 9, 1 ff., obgleih er doch über all dem
leidenſchaftlichen Treiben in ihm und außer ihm Leinen wohlgeordneten Staat
aufrichten Eonnte, fo wie ber Shimmer feiner zablreihen Bauten, bie er mit
Sinn fürs Nüglihe und Schöne ausführte, theild im Dienfte der Religion,
und das waren feine populärfien (A. J. XV, 11, 6.), wie das Tempelhaus
‚und einige prachtvolle Säulenhallen umher, theils zu eigener Luft ober Sichere
r beit, wie feine Paläfte und Burgen in (Tac. Hist. V, 11.) und um Serus
‚ falem, namentlich zu Jericho, thells zu Ehren des Auguflus, wie der Tempel
über der Iorbandhauptquelle, theild im allgemeinen Interefie, wie dad vers
ſchoͤnerte Samaria (Sebafte), die neugefchaffene Seeſtadt Eäfarea (Plin. H.
‚ N. V, 13.) fammt Theater und Ampbitheater, gleihwie zu Ierufalem, mit
dem Fremdartigen ihrer manderlei blutigen und unblutigen Spiele der Mehr⸗
ı zahl der Juden freilih mehr ein Bräuel denn eine Luft, oder enplid, um
: Auswärtigen feine @unft und Größe zu zeigen, mie ven Rhodiern und Ghioten
(A. J. XV, 8, 1. 5, 9. 9, 3. 4. 6. 10, 8. 11, 1f. XVI, 2, 2.5, 1f.
B. 3. 1, 21, 11. 12. Vgl. über diefe Bauten Hirt in d. Abhandl. d. Berl.
Mad. 1816. u. 1817. und insbefonbere auch über ihre Trümmer, Nob. Pal.
im Reg. unt. „Herobdes der Gr.“). AU viefer Glanz feines Schaffens und
Wirken fand bei vielen Juden geringe, ober gar Feine Anerkennung; denn
menn einmal der Fürft verhaßt ift, fo fällt ja, was er thut, ſei's gut ober
böfe, ihm zur Lafl; und: fo wars namentlid bei Herodes mit diefem Baus
wefen um jo mehr der Fall, als es fammt feinem übrigen ungeheuern Auf
wand nad Innen und nad Außen, meber durch makkabäiſche Schätze, no
durch Handeldgewinn (A. J. XVI, 7, 6. GStrabe XVI, 4. p. 780.), no
durch ben angebliden Bund im erbrochenen Davibsgrabe (XVI, 7, 4.) zu
been, natürli einen ſchweren Ubgabenbrud, durch Nachlaß einiger Steuer⸗
quoten nicht fühlbar erleichtert, auf das Volt wälzte (XVI, 5, 4.), und fo
kam es benn, alles Bisherige zufammengenommen, daß, während „die Stillen
im Laube‘ fi vor der Bein einer vüftern, blutigen Gegenwart in daß fried⸗
lichere Dunkel der damals aufblühenden Rabbinenſchulen (Joſt allg. Geſch.
bed ifraelit. Volles II. S. 60 ff.) oder zu ben Idealen einer Bald tagenden
ässfimifipen - Zukunft ſtichteten, die heffigeren Gemüther in Haß wider ben
88 EE
beftlagen werihen Thraunen HA zu moͤrdetiſchen Aufhlägen auf jdn Leben.
fi
erglübten, das er endlich, von einer furchtbaren Krankheit bis zu Selbſtmords⸗
verſuchen gefaltert, aber im Todeskampfe noch mit graufen Mordgedanken,
feinen Iepten, Sig nicht vollzogenen Bermädtniß an eine Salome, be
ſchaͤftigt, A. I. XVD. 6, 8, ungefähr 70 Jahre alt, 750 d. St., vier Jahre
vor Anfang d. aer. dionya. (Edel doctr. num. vet. I, 3. p. 487 f.) bes
ſchloß. ine ebenſo treffende als unbeſtochene Charakteriſtil von ihm gibt
Joſephus A. 3. XVI, 5, 4. XVII, 6, 6. 8, 4. XIX, 7,3. Bol. au Winer,
bibl. Nealwärterb. unt. „Hexodes, mis einer f. reichen Litexatur; W. Schott
in der Hall. Encyd. IL VE., wo ©. 375. wie auch in Raumers Pasäf. zu &. 376.
eine Gitammtafel der Heroned-Bamilke; Jaſt a. a. O. ©. 26 ff.; Berthean a. a. O.
S. 439 ff.; Qückerts Herodes der Gr. in zwei Stüden. Ueber die Herodes⸗
Münzen ſ. Cckhel a. a. O. p. 483 f. Miounet Descr. de m&d. ant. V. p. 565 f.
Bon zehn Travuen Herodes des Gr. — neun waren gleichzeitig — ge⸗
baren ihm acht Kinder. Drei var dieſen folgten ihm in ber vreigetheilten
(Tac. Bist. V, 9.) Megierungsgewalt, dexen Geſchick Strabo XVI,2.p. 765.
is wenige Sauptzüge zuſammengedrängt hat, naͤmlich:
2) Arche laus, von der Samaritanerin Malthace, wit Herodes An-
tipaß, feinem leiblichen, und Philippus, feinem Halbbruder von Kleopatra
aus Serufalem, in Rom, damals der politiſchen und wiſſenſchaftlichen Bil-
Jungsflätte für orientalifhe Sürflenfähne, erzogen, A. J. XVII. 1, 3. B. J.
L, 31, 1., und weil den Threnausfichten feines Halbbruders Antipater mit
eigenen ſtolzen Soffuungen im Wege, von. dieſem Mngeheuer, wie einft Ma-
riamme's Söhne, beim Vater mit dem Untergang behroht, war nach deffen
Hinrichtung der Nächſte am Königäthrome. Mit dieſem nun auch, nad vor⸗
übergehenber Bevorzugung des Antipag, durch des Vaters allerletzte Willens⸗
weinung bedacht, A. 3. XVI, 8,1. B. 3.1,32,7., wurde er non Auguſtus,
vielleicht aus Raͤckficht auf eine Anklage der Juden wegen feines erſten blu⸗
tigen, wohl nothgedrungenen Auftretend wider fie nad ihren frohen Hoff⸗
gungen, auf den Cthnarchentitel zurückgeſetzt, jedoch Samaria, Judäa, Idu⸗
mäa nach Abzug einiger Städte, wie Gaza's, ihm belaſſen; — ber fleißige
Gommentator ariſftotel. Schriften, Nicolaus von Damascua, ſchon feines
Vaters beredter Rathgeber, hatte ihn vor Auguſtus veriheidigt. — Aber
aus einem Haufe des Unſegens ſtammend, und daher jo wenig, ale feine
Brüder glällig (Strabo am a. D.), war er auch nicht wert, es zu ſeyn,
und ohne des Vaters Mei, doch verlegenb mie biefer, in Abſetzung von
Sohenrieftern, Nichtachtung jüd. Religionsſatzungen durch Chelichung der nicht
Uinderlofen Wittwe ſeines unglücklichen Halbbtruders Alexander, Glaphora,
der Tochter des cappadociſchen Künigd Archelaus, u. ſ. f. wurde er von feinen
eigenen Brünern und den. Stammedälteften aus Judäa und. Samaria vor dem
Oberherrn Auguflus wiederum verklagt, ſehr peremtoriſch norgefordert, in
Folge Verhoͤrs „Über die Alpen’ (Caff. Die LV, 27. Hocone 6 Iladuı-
arivoc) na Vienna, der Allobreger Stadt (Sirabo am a. D.) verbannt
(A. 3. XVII, 12,8. B. 3. H,7,3.), fein Vermögen dem kaiſerlichen Fisſcus
Judaa unter röm. Procuratoren Syrien einnerleibt — die Juben wären
lieber gleich nah Herodes I. Tode vom ganzen verbaßten idum. Stamme frei
und römifd$ geworben, A, 4 XVIL 11, 2. — Hebn Jahre hatte er regiert;
nor feinem Abgang nad Rom traͤumte hiefem zweiten Phamo von zehn
Aehren, welche Stiexe, abmeideten (am a. DO. 12, 8.). Bauluſtig wie fein
Bater, hatte er u. a. ven Palaſt zu Jericho prächtig wiederhergeñellt, Mob.
Dal. I. ©. 549., und bie usılisgente. Ebene. mit Balmbäumen überfät.
A. J. XVI, 13, 1. (Meint ihn, oder den Bater, Horst. Epp. I, 2, 184.7)
Bol. Noldius am a. A). pn, 963 f:
3) Serodas Antinas, durch Bea Batns-Ksfammi:und: des Yugufiab
XCVCECC:d 32
Sanciion Tairarch von Malilãͤa una Moraa, von den Evangeliſten auch Künig
geheißen (ſ. d. vor. Art. und Noldius p. 367.), ein charakterlefer, üppige
Aube liebender Fürſt, in der evang. Geſchichte, bei Joſephus und durch Die
jũd. Trabition zur Genüge gezeichnet, u. a. als Entführer der Herodias,
der Frau feines Halbbruderd Herodes oder Bhilippus (nicht bed Tetrarchen,
ſ. Winer unt. „Herodias“). Diele Tochter von Urifobulus, dem Sohne der
Mallabäerin Mariamme, und von Berenice, ber Toter von Herodes I.
Schweſter, Salome, verbrängte, ränfefüchtig wie ihre Mutter, und aus dem
Dunkel des Privatlebens nah fürklidem Glanze verlangend, die rechtmäßige
Gemahlin von Antipas, eine Tochter des Nabatäerfürſten Aretas, veran⸗
laßte ihn wider beſſere Regungen zur Hinrichtung des freimüthigen Johaumes
des Täufers, wofür ſofort Ernſtgeſinnte feine Beflegung durch ben Araber
eis Strafgericht auſahen. Derſelbe Hatte ihn nehmlich wenige Jahre nach
dieſer Unthat, um ber Tochter Schmach und zugleich trandjordaniſche Gränz⸗
fireitigkeiten auszufechten, wit Krieg überzogen; die hiefür won Herodes bet
feinem großen Freunde Tiherius (A. 3. XVIII, 3, 3.) provocirte Zůchtigung
des Arahers unterblieb ob dem Tode diefed Kaifers (am a. D.c.d.). Dafür
ereilte ihn, Den Widerſacher der zwei Erhabenſten ſeines Bolfes (Johannis
und Jeſu), eine noch empfinpliere Strafe. Dem von ber Herodias ehr⸗
geiziger Giferfuht auf den Königstitel ihres Bruberd, Herodes I. Agrippa,
zum Geſuch um Gleiches nah Bajä vor Galigula getrieben, wurde er bort
von Ygripna’s Anklage, „er habe mit Sejanus gegen ven vorigen, mit den
Baribern gegen den jetzigen Kaiſer conjpirirt”‘, überflügelt, entthront, fein
Land dem Ankläger zugeſchieden, und er felbft mit ver Stifterin feines Un⸗
elüds, Die ihn Doch wicht verlaffen wollte, nach Lugbunum in Gallien (I. 37
n. Chr.) und fpäter nad Spanien verwiefen, wo er an Bram flarb. Au
er iheilte ned Vaters und des Bruders Bauluft und gründete außer Galiläa's
groͤßeſter und feſteſſer Stadt, Geppharis (Mob. am a. O. IH. ©. 440 f.)
vie belanniefte des Ländchens, nad jeinem kaiſerlichen Gönner Tiberias ge-
nannt, in bes Nähe nes Weflufers vom galil. See und der berühmten Thermen,
Rob. ©. 316f.; daher Bammen Münzen von ihm, Edhel am a. D. ©. 486.
4) Bhilippus, ale Menſch und Negent durch Milde und Wohlmollen
bei weiten ber Gefle unter Herodis Söhnen, A. J. XVII, 4, 6., Tetrarch
der Landfhaftn Batanäa mit Trachenitis, und Auranitid mit einem Theile
bes Hauſes von Zenodorus, — Ev. Luc. 3, 1. nennt Trachonitis und Itu⸗
räa, f. d. Art. — regierte 37 Jahre Lang bis zum zwanzigſten Jahr be&
Tiberius mit allenthalben tgätiger Gerechtigkeit fein nie von ihm verlafienes
Sand, das, weil er kinderlos geflochen, zu Syrien geihlagen wurde. Auch
er bauluflig, wie Die Seinigen, erweiterte das gaulonitiſche Dorf Bethſaida,
den Schauplag einiger Wunderthaten Jeſu, am Oflufer bed Jordan (Plin.
H. N. V, 15,), nahe feinem Eintritt in den galil. See, zu der nach Auguſtus
Toter benanzten Stadt Julia®, deren weitläufige Trümmer auf einem Hügel
zerfireut find, Mob. Meg. u. et - Tell und das. nach ihm ſelbſt Cäſarea
VDhilippi umgenannte Paneas (j. Banins, Plin. am a. D. u. o. 18.) an
der bedentendſten Iorbantquelle (Mob. Meg. u. Banins), deren angebliche
Berbindumg mit dem Phiala⸗See der lernbegierige Fürſt entdeckt zu haben
meinte, Rob. UI. ©. 614. 616.
9) Hexodes Agrippa L, von Herodid I. und Mariamme's Sohne
Axriſtobulus und Saleme's Tochter Berenice ſtammend, Bruber ber Herodias,
legte in Nom den Grund zu feinen nachherigen enigegengefegten Schickſalen.
Denn dert in täglichen, nertsautem Umgang mit Drufus, dem Sohne beB
Tiberins, bei dem letztern in wechſelnder Gnade, wohlempfoblen bei den nad»
berigen Kalfern Caligula und Elaudius, wir Diefem ſogar auferzogen, und
von deſſen Mitter Uutapia Beghufligt, ſürzte es ſich durch übermäßigen Auf⸗
0 Rüntimanlschte Ziyamıs
wand, beſonders an die für feine Erhebung bebentungsuollen kaiſerlichen
Sreigelafienen, in die äußerſte Dürftigfeit, in welcher heimgekehrt er vom
unzarten Mitleid feines Schwagers, Herodes Antipad, : leben mußte; nad
mancherlei @eldverlegenheiten wieder in Rom, wurde er auf Angeberei eines
Sreigelafienen und des Tiberius Befehl in den Kerker gefloßen, wo ein Germane
aus einem Augurium ihm künftige Größe weiffagt; zu biefer follte Ihn aber
erſt Caligula's Throngelangung führen, der ihm die ehemalige Tetrarchie des
Philippus und die Antilibanonslandſchaft Abilene fammt dem Köntgstitel,
und eine goldene Kette, fo ſchwer, als die eiferne feines biäherigen Kerkers
(f. das f. intereffante c. 6. von A. J. XVIII.), und fpäter noch das Fürften-
thum feined ertlirten Schwagers H. Antipas ſchenkte. Bald nachher zwifchen
dem wahnfinnigen Galigula, der für fein Bild Aporation begehrte (Sueton.
Cal. 22.) und den Juden, die ſich deſſen mweigerten, Mittler, erlangte er bei
einem dem Kalfer veranflalteten Belage, was die Geſandtſchaft eines Philo
und die flebentlicäften Bitten feiner Glaubensgenoſſen nicht vermocht Hatten.
A. J. XVIII. 8. B. J. II, 10. Philo adv. Fiacc. p. 532. Leg. ad Caj.
p. 572. 585. 593 f. Opp. ed. Mangey T. II. Don Glaubiud endlich wurde
fein jüb. Iugenpfreund, der den vor der Kaiſerkrone Zurückbebenden zu deren
Annahme geftärkt Hatte, A. J. XIX, 4. Gafl. Dio LX, 8., dafür noch mit
dem, mas von Judäa und Samaria zu feines Großvaters Reich gehört Hatte,
belohnt. — Auch feinem Bruder und Eidam, Herodes, floß durch feine
Berwendung eine kaiſerliche Gnade zu, das forifche Fürſtenthum Chaleis.
Bal. über ihn Nolvius B; 374. und Münzen von ihn bei Edhel am a. D.
p. 492 f. Mionnet p. 569 f. — So nun Herr von ganz Paläftina, er
warb er fi, anders geartet denn fein Großvater, und wohlthätig gegen Juden
und Fremde, nit nur aus Muhmesliebe, ſondern auch aus Wohlmollen,
und gerne in der 5. Stadt vermweilend, und der jüb., durch Hillels Säule
und Haus bearbeiteten Neligion und ihrem Cultus mit ſichtlichem Eifer bis
zur Verfolgung der Ghriften-Apoftel (Actt. App. 12.) ergeben, bie Liebe des
Volks, obgleih von Vater und Mutter Idumäer (Noldius p. 376.), in hohem
Grabe bis ji ſchmeichleriſcher DBergötterung (A. J. XIX, 6. 7. 8. Actt.
App. X, 22.), deren Huldigungen jedoch eine peinliche, von Chriſten und
Juden. verfhieden aufgenommene Krankheit (Joſ. am a. D. 8, 2. Actt.
App. v. 23.) ihn nad flebenjähriger Regierung (44 v. Chr.) raſch ent;og.
Auch diefer Herodes folgte dem Bautriebe feiner Familie u. a. in Verichd-
nerung, vielleiht zu Rom erfaufter (Xac. Hist. V, 12.) Befefligung und
Erweiterung feiner geliebten Reſidenzſtadt Ierufalem, durch Anlage einer
Tempelhalle, Beginn einer dritten Stabtmauer, und Errichtung eines pracht⸗
vollen Iheaterd und Amphitheaterd fammt Bädern und Gäulenhallen in dem
auch von den Römern begünftigten Berytus (Mob. Meg. u. „Herodes Agrippa‘‘),
deren Einweihung, fo wie der hiedurch herbeigezogene Befuch einiger Bafallen-
Fürſten Roms bei ihm, und der politifhe Argwohn des röm. Gtatthaltere
dawider, von Iofephus am a. O. ergößlich gefchilbert find.
6) Herodes Agrippa IL, des Dorian Sohn, bei des Vaters Tode
17 Jahre alt, erhielt, obwohl zu Nom bei Claudius erzogen, dad ihm von
piefem zugedachte väterlihe Reich auf Einreben der kaiſerlichen Freigelaſſenen
nicht (etwa fpäter eine käufliche Waare?), fondern zur Entſchädigung für das
Syrien einverleibte, A. J. XIX, 9. Tac. Ann. XII, 23. Hist. V, 9., etliche
Jahre fpäter dad durch feines Oheims Tod erledigte Chalcis, nebft dem Recht
der Aufſicht über Jeruſalems Tempel und der durch den ſonſt gemäßigten
Fürften willkührlich auageübten Hoheprieflerwahl, fpäter flatt Chalcis des
Philippus ehemalige Tetrarchie und Abilene fanımt dem Königstitel, welchen
Xrümmern des alten Länder feiner Familie Rero tm erften Gnadenjahre
feines Regiments noch einiges in uns Beräs belfügte, A. 3, XX, 1.5.7.8,
N V cae 71
B. J. II, 12. Abſthtolefer, ober vorurtheilbfreier gegen das Chriſtenthum,
denn fein Vater (Actt. App. 25. 26.), iſt er dagegen (ob etwa auch des⸗
halb ?), wegen jener Willkührlichkeiten und fonfliger Mißgriffe, desgleichen
als Patron der gefährbeten GStatihalterägewalt des verbaßten Florus,
vielleigt auch wegen Incefled mit feiner bei Roͤmern und Juden famofen
Schweſter Berenice (f. d. Art. und Noldius p. 385 f.), weniger beliebt bei
feinem Bolle, das in den erflen Zudungen feiner Rebellion wider Nom ihn
durch GSteinwärfe in den Kampf für dieſes treibt (Xac. Hist. II, 81. V,1.),
für welches er früher fon in einen parthiſchen Krieg aufgeboten worden
war, Zac. Ann. XII, 7.; Münzen haben jene röm. Allianz von ihm vere⸗
wigt, Eckhel am a. DO. p. 493 f. Mionnet p. 571 f.; er überlebte ihr tra»
giſches Reſultat bis zum pritten Jahre des Trajanus, 100 n. Chr., und
ſchloß, ein Greis an 70 Jahren, nah Hijähriger Negierung die Reihe der
fürflichen Herodes. Edel p. 496. Nicht ohne Sinn wie für die Wiſſenſchaft,
3. B. der Geſchichte und ihre Auffaffung durch feinen Beitgenofien Joſephus
(f. deſſen Selbſtbiographie c. 65.), fo für die Kunft, ſchmückte er Gäfaren
Vhilippi, von Ihm Neronias genannt, mit Gebäuben, und mit mannigfacher Zier
das von feinem Vater ſchon begünfligte Berytus. A. J. XX, 9, 4. [ Cless.]
Edumania, Fluß und CEinbucht auf der Oſtſeite Britanniend, jet
Bladwater-Bai, Ptol. [P.]
Kdumenia, Stadt am Ariusfluß in Macebonien, bei Thucyd. II, 100.
Eidouem, j. KumlisKei nah Vaudonc. u. Ant. Bol. Plin. III, 13. IV,
10. (17.). Steph. Byz. Tab. Peut. Hierockl. Inter dem Namen Ido-
menia tennt fle noch der Geogr. Rav. [P.]
Ktanam, Stabt in Noricum, j. Judenburg, Btol. und Infor. [P.]
Käyın (Iövia), eine der Deeaniden, Gemahlin des kolchiſchen Königs
Aeetes. Heſiod. Thoog. 352. Apoll. Arg. III, 243. Hygin. f. 25. Ser»
mann de myth. p. XXII. bezieht diefen Mythus auf die Kenntniffe, welch⸗
man auf Meifen durch daB weſiliche Meer nah entlegenen fruchtbaren Läns
dern gewann; Greuzer Briefe S. 212. deutet die Sage von der Lebensreiſe,
auf der der Erdenfohn im Zaubergarten bed Lebens gewitzigt wird. [ Mzr.]
SJeobbe, ſ. Sycamina.
Jebnsel, |. Jabneel.
Jebusmei (’Isßovoaios, LXX.), Jebufiter, eine Volkerſchaft Pa⸗
Iäflina’6 vom Stamme der Gananiter (Gen. 10, 16.), welde bein Gin-
bringen ber Siraeliten (Joſ. 9, 1.) neben ven Hethitern und Amoritern auf
dem Geb. Juda und In der Gegend von Ierufalem wohnte (Num. 13, 30.
Joſ. 14, 3.) und von eignen Königen beherrſcht wurbe (Jof. 10, 1. 23.).
Obgleih von Joſua bekämpft (Sof. 11. vgl. 24, 11.), behauptete fie fich
doch im Beſitz ihrer Wohnflge bis auf Davids Zeiten herab, der zuerft ihre
Stabt Jebus (das nachmalige Ierufalem) fammt ber Burg eroberte (2 Sam.
5, 6.), aber doch vie Jebuſiter nicht völlig auszurotten vermochte (2 Sant.
24, 16. 18.), deren Ueberreſte zinsbar zu machen erſt dem Salomo gelang
(1 Kön. 9, 20f.). Seitdem i von ihnen wenig mehr die Rede; und doch
Dun em ſelbſt noch in den Zeiten nah dem Gril vor (Eir.
9,1f.). IE.
Jomerii, eine zum Gebiet des Gottius gehörige Gemeinde, genannt
auf dem Triumphbogen in Suſa, Maffei Mus. Ver. p. 234. Orelli Inser.
a. 626., nah Duranti il Piem. Ant. p. 84. in ber Gegend des Thales von
Berofa gegen Pignerol. [P.] _
Jena, ein Aeſtuarium (Ima 8 ) auf der Weſtſeite Britanniens,
L Wigton-Bay in Schotiland, Piol. [P.]
Jenysus (’Irrvoog), eine blos bei Serod. IH, 3. vorkommende Stabt
auf dar Bronze Aegyptens und Paläfina’s, am Anfange einer großen Saud⸗
hi
4] Surasiäkn — Beirasulöın
wößle, alfo in der Gegend, wo bie fpätere Zeit bie Stäbte Raphia und Rhi-
nocorura fennt, von denen vielleicht Die eine oder die andere an bie Stelle
de8 alten Jenysus trat, das zu der Zeit, mo Kambyfes feinen Feldzug gegen
Hegypten unternahm (528 v. Ehr.), wie alles Land von da bis zum Gere
Serbonis, zum Gebiete der Syrer gehörte. Vgl. Reland. Pal. p. 828 f. und
Mannert VI, 1. ©. 267. [F.] Ä
Jerabrig&ä, |. Arabriga.
Jeratis (soacıs), eine blos von’ Nearch (Peripl. p. 33.) erwähnte
Küftenftadt am Perfifgen Meerbufen auf der fehr fruchtbaren und gefegneten
Halbinſel Mefambria (Meoxußpin), an einem aus dem benachbarten Eleinen
Fluffe Radargos ind Meer geleiteten Kanal, Namens Heratemis (Hoarerss),
7 Stab. von der Mündung des Fluſſes Sitakos. Mannert V, 2. S. 390.
vermuthet, ed jet derfelbe Ort, ven Ptol. Jonaca (’Iosanx) nenne, und
ſucht ihn in der Gegend des heut. Abufhähr. IF.)
Jericho (Deut. 34, 3. Iof. 2, 1. 6, 1. 18, 21. Sub. 3, 13. u. f. w.;
Teoıya, 1 Macc. 9, 50. Sirach 24, 8. Matth. 20, 29. Marc. 10, 46.
Luc. 19, 1. Joſeph. B. Jud. IV, 28.; ‘Teoıyoüs, Joſeph. B. Jud. I, 16.
II, 36. Ant. 1, 5. u. öfter, Steph. Byz. p. 322.; “Isomovs, Strabo XVI,
p. 760. 763. 779. Ptol. V, 16. (vulgo Jepemovc); Hiericus, Plin. V,
14, 19. Tac. Hist. V, 6.), eine alte cananitifhe (Joſ. 6, 1. 12, 9.), ſchon
‘von Joſua zerflörte (Iof. 6, 26.), aber bereits zu den Zeiten der Richter
wieberhergeftellte und bewohnte (Jud. 3, 13. vgl. auch 2 Sam. 10,5. und
Bar Hebr. Chron. Syr. ed. Bruns. Dyn. 7. p. 49.), auch feit den Zeiten
der Makkabäer befeftigte (1 Dkacc. 9, 50. vgl. and 2 König. 2,4 ff.) Stabt
Palaͤſtina's dieffeit des Jordand, in einer von einem Keffel kahler Kalkftein⸗
berge gebildeten, herrligen und wohl bemäfferten, befonders an ofen,
Palmen und Balfamflauden reihen Gegend (Joſeph. Ant. IV, 5. V, 1. B.
Jud. IV, 8. V, 4. Strabo, Plin. und Tac. U. II. Juſtin. 35, 8. Sirach
24, 18.), an der Heerſtraße nad Ierufalem, 150 Stad. öſtlich von dieſem
und 60 Stab. weſtlich vom Jordan (Sofeph. B. Jud. IV,8., nad Maunbreuf
ledoch S. 111. nur zwei Stunden). Sie hatte einen Umfang von 20 Stab.
(Sofeph. 1. U. und Epiphan. adv. haer. 2.), war durch Herodes fehr ver⸗
ſchoͤnert und namentli mit einem herrlichen Palafte geziert worden (Joſeph.
Ant. XVI, 5. XVII, 10. B. Jud. I, 21.), wurde zu Strabo’s Zelten auch
von vielen Arabern und Aegyptern bevohnt, und war Sig einer Propheten
ſchule (2 Kön. 2, 4. ff.). Noch zu den Zeiten ver Mömer war fle eine der
bedeutendſten und reichſten Stäbte des Landes (Joſeph. Ant. XIV, 15. vgl.
XVH, 8.) und ale Schlüffel Judäa's für ein von NO. ber kommendes Heer
ſtark befeſtigt, namentlih durch die Kaflele Thrax und Taurus (Strabo
p. 763.), Dagon (Joſeph. Ant. XII, 15. B. Jad. I, 2.), Dok (1 Maic.
16, 15.) und Cyprus (Iofeph. B. Jud. I, 21. H,18. Ant. XVI,5.). Wegen |
der ſtarken Balfamverfendung hatte ein Dberzöllner daſelbſt feinen Sig (Luc.
1, 19 ff.). Man fucht Jericho gewöhnlich in der Nähe des heut. armieligen
Dorfes Richa, wo ſich menigflens Spuren einer alten Stabt zeigen. Bat.
Basiene II, 3. 6. 224. Hamelsveld IE. ©. 12. Maundrell ©. 109 ff.
Volney II. S. 339. Joliffe S. 159. PBocode TI. ©. 47. Budingham
p. 293. Robinfon H. S. 516. und beſonders ©. 544 ff. [F.]
Jerne, |. Hibernia, Br. II. ©. 1292. [P.]
Jernus, Yluß in Irland, j. Shannon, Ptol. [P.]
Jerusalem (leoovoaAnu, LXX. Matth. 23, 27. Ruc. 13, 33.
24, 47. 9, 16., d. der bebr. Name Jeruschalajim) * oder bei wen Griechen
2
ouUeber die bebrätfche Form des Namens vgl. Gefenins Lehrgeb. S. 5391, und
was Krit, Gramm, S. 322., Aber bie Etpmologie befferben aber Ewald ebenbaf,,
Jerssalem 78
unb Mömern Hierosolyma (r« ‘IspoooAvua, Gtrabo XVI, p. 759 ff. Piol.
V. 16. Dio Gaff. LXIX, 12. Appian. Syr. c.50. Mithr. c. 106. Joſeph.
Ant. I, 11. II, 3. V, 1. B. Jud. V, 13. VI,6. 2 Macc. 12,29. Matth.
2, 3. 3, 5. u. f. w., au bei den Römern gemöhnlih als Neutr. plur.,
3. 8. Cic. pro Flacco 18. Tac. Hist. II, 4. 10. II, 5. Plin. V, 14, 15.
@utrop. VI, 14. VII, 19. u. |. w., febod auch bisweilen als Femin. singul.,
3. 3. Zac. Hist. V, 2. GSuet. Octav. 93. %lor. III, 5., öfters auch blos
ze ZoAvun, Bauf. VI, 16, 3. Joſeph. Ant. I, 11. Martial. XI, 95, 5.
ogL Juvenc. in Act. 20.)*, in religiöjer Beziehung au pie heilige
Stadt (Ir Kadosch, Nehem. 11, 1. 18. vgl. Maith. 4, 5. u. Philo Opp.
II. p. 524. iegonoAss, und fo noch jetzt bei den Arabern nie anders als el
Kodes ober el Kuds) ** genannt, die Hauptſtadt Paläftina’s, lag faft in
der Mitte des Landes (Joſeph. B. Jud. III, 3.), nah Abulfeda unter 56°
30° E. 310 JO NB. (nah Seetzen aber unter 53° 21’ 2. 31% 41’ 47°
NB., und nah Robinſon I. S. 13. wohl am rihtigften unter 31° 46’ 43°
MB. und 329 52° 36” DR. von Paris), etwa 8 Meilen ſüdöſtlich von
Joppe und 5 Meilen weſtlich vom Jordan ***, auf mehreren Hügeln (f. unten)
am Bade Kidron (2 Sam. 15, 23. 1 Kön. 2, 37. u. ſ. w., Job. 18,1.
Joſeph. Ant. VII, 1, 5., der öſtlich von der Stabt, zwiſchen ihr und dem
Oelberge, dur daß gleihnamige Thal [papay5 Kedowr bei Iofeph. B. Jud.
v, 2, 3. V, 4, 2. und anderw.,-jegt Thal Jofaphat] floß) und in einer troß
tes fleinigten Kalkbodens (Strabo XVI, p. 761.) doch ziemlih fruchtbar ges
machten Gegend. (Joſeph. Ant. V, 1, 21.). Urfprünglih Iag bier vie fehr
fefte Hauptſtadt der cananitifden Jebuſtter (f. diefen Art.), Jebus (Sof.
1, 23. 15, 63. 18, 28. Judic. 19, 10. 1 CEhr. 11, A. Pf. 76, 8.), bie
aber blos auf den fleilen und ſchwer zugänglichen Berg Zion, den höchſten
unter ben Gügeln dieſer Gegend beihränft war, und auß einer fehr feſten
Burg mit einem Eleinen fie umgebenden Fleſcken beitand (2 Sam. 5, 6.).
Als es aber den in Paläftina eingewanderten Ifraeliten nad vielen vergeb-
liden Anftrengungen enblih ums I. 1050 v. Ehr. unter Davids Anführung
gelungen war, die Stabt Jebus, in der fi ſchon früher einzelne Iſraeliten
neben den Gananitern angeflevelt Hatten (Sof. 15, 63. Jud. 1, 21. vgl.
1 Sam. 17, 54. u. Pf. 78, 68.), zu erobern (2 Sam. 5, 1ff. 1 Ehr.
Geſenius ©. 538, und Nofenmüllers bist, Alterthumse, II, 2. ©. 202. Die alten
GSriechen und Römer fiellten eine doppelte Etymologie auf, eine mythifdhe, von
ihrem Erbauer Hieroſolymus, der nach Put. de Is. et Osir. c. 31. ein Sohn bed
Typbon fein folte (Tac. Hist. V, 2, 2.), und eine hiftorifhe, von bem (ſchon bei
Homer N. VL 184. 204. Od. V, 283. vorkommenden) Wolfe ber Solymer in Aften
(Zac. ibid. 5. 3.). Eine andere, noch fonbderbarere Etymologie fiehe bei Joſeph.
contra. Ap. I, 34.
* Man vermuthet daher auch, daß es das fchon zu Abrahams Zeiten erfcheinenbe
Salem (Gem. 18, 18. Pf. 76, 3. Zain, Kebr. 7, 1 ff.) fei, als beffen Erbauer
iefepp. Ant. I, 10, 2. den Meichifedet bezeichnet (vgl. Winers Bibl. Realwoͤrterb.
11. S. 95.); was jedoch noch manchem Zweifel unterworfen if. Bol. Jigens hiſtor.⸗
tbest. Zeitſchr. Neue Folge. Ifter Bd, AteB Heft.
”. Daher höchſt wahrfcheintih auch Herobots (II, 159. III, 5.) Kadueıs (worand
Stepb. Byz. p. 348. u. 352. Kavurs und Hecat. S, 261. Kalvrıs machen). Bol.
Heinii Diss. saer. Amst. 1736. 4. p. 223 f. Niebuhrs Fleine hiſtor. Schriften I.
©, 120. Ballen, Opusc. I. p. 155 ff. und Heerens been I, 2. ©. 114. Andere
wie Zonffaint de urbe Cadyti Herod. Franecg. 1737. Heyne Qunest. Herod. p.
9. Ktsig de Cadyti urbe Herod. Gotting. 1829. 4. u. f. w., vgl, auch Winere
dl, Realwörterb. I. 6. 613.) halten freilich Herodote Kadytis für das Tpätere
Bass, jedoch mit geringerer Wahrfcheinlichkeit.
°*o Andere Diffangen ſiehe bei Eugefippus p. 5., Phocas o. 14., im Itin. Hieroſol.
0, f. w. Bol. Winer am a. O. ©, 643, Note 2, 8
IV. *
7. Jerusalem
12, 1. ff.), fo machte fle niefer zu feiner Refidenz und dem Mittelpunfte bes
Reichs, worauf fle von ihm beveutend vergrößert wurde; weshalb fie auch
bisweilen die Stadt Davids genannt wird (2 Sam. 5, 7.9. 6, 12, 16.
1 Kön. 3, 1.8, 1. 1 Chr. 12,5. 2 Chr. 32, 5. 33, 14.). Uebrigens
wurde fle eigentlih dem Stamme Benjamin zuertheilt (Sof. 18, 28. 15, 8.
Jud. 1, 21. Ser. 6, 1. vgl. auch Joſeph. Ant. V, 2, 5.); da wir fle aber
ſtets im Befitze des Stammes Juda finden (Iof. 15, 63. Jud. 1, 8. 21.
Ser. 37, 42. u. f. mw.), fo ſcheint es, daß die Benjamiten fie den Judäern,
die fle erobert Hatten (Jud. 1, 8.), freiwillig überlaffen haben. (Nach den
Talmudiſten gehörte die Stadt beiden Stämmen, und bie Grenzlinie ging
mitten dur den Vorhof des Tempels [f. Othon. Lex. rabb. p. 300.];
welche Behauptung wahrſcheinlich nur ein Verſuch ift, ven feheinbaren Wider⸗
fpruh der Angaben in Einklang zu bringen, über melden überhaupt MR e-
land p. 839 ff, Hamelsveld I. ©. 21 ff. und Jänif ©. 24 ff. zu vgl.)
Salomo vergrößerte und verfähönerte die Stadt namentlih durch einen präd-
tigen königlichen Palaft (1 Kön. 3, 1. 7, 10. 9, 15., von deſſen Thoren
2 Kön. 9, 16. 14, 19. u. 2 Chron. 23, 5. 20. die Rede iſt) wahrfhein-
lich auf dem Morijah neben dem Tempel (menigftend wenn die unten er-
wähnte Sage, von den Ställen ded Königs unter dem Tempelberge gegründet
ift), und den von ihm auf dem geebneten und durch hohe, aus dem Thale
aufgeführte Böſchungsmauern (Joſeph. B. Jud. V, 5, 1. Ant. XV, 11, 3.)
erweiterten Gipfel des Morijah (einer norböftlichen Fortfegung des Zion, von
dem er nur durch eine tiefe Schlucht geſchieden war, 2 Ehr. 3, 1.) erbauten
berrliden Tempel, deſſen Bau im vierten Jahre feiner Negierung over 975
v. Chr. begann (1 Kön. 6, 1. 37. 2 Er. 3, 2 f.) und 7 Jahre Yang
dauerte (1 Kön. 6, 38.). Der aus behauenen Quaderſteinen erbaute Tempel,
zu dem man mwahrfcheinlih auf mehreren Stufen emporſtieg (Ezech. 40, 49.
41, 8. 1i. 26. vgl. Winer II. S. 666.), war 60 Ellen fang, 20 Ellen
breit und 30 Ellen hoch (1 Kön. 6, 2.), und durch eine Scheidemand in
zwei ungleihe Räume getheilt, von denen der vordere, AO Ellen lang, das
Heilige, der hintere aber, 20 Ellen lang (2 Ehr. 3, 8.) und nur 20 Ellen
hoch (1 Kön. 6,16.), alfo niebriger al® das übrige Tempelhaus, und wahr:
ſcheinlich ohne Fenſter (vgl. Winer II. ©. 665. u. 667.), das Allerheiligfte
genannt wurde. Inwendig waren die Wände beider Abteilungen mit zierlich
gefehnigtem Täfelwerk von Zedern⸗ und Tannenholz belegt (1 Kön. 6, 9.
15. u. 18.), weldes wieder, wie felöft ver Fußboden (ebenbaf. v. 29.),
mit Goldblech überzogen war (ebendaſ. v. 21. u. 22.); welche Menge von
Holzwerk es auch erflärlih macht, wie der Tempel fo leicht von den Flammen
vernichtet werben Eonnte. Das Tempelhaus war an den beiden langen und
an der bintern ſchmalen Seite mit einer Anzahl von Gemädern umbaut,
welche drei Stockwerke über einander bildeten (1 Kön. 6, 5ff. 7,51. 15, 15.
2 Kön. 11, 10.), und nah Hirt S. 26. zufammen der Höhe bed Tempel-
hauſes von 30 Ellen. glei Tamen, nah Andern aber nur 15 oder 20 Ellen
hoch waren, und über fich noch Raum zu den Fenſtern des eigentlichen
Tempel übrig ließen (vgl. Winer II. ©. 667.). Bor demfelben befand
fih eine zwanzig Ellen Tange und 10 Ellen Breite (1 Kön. 6,3.), am Ein-
gange mit zwei ehernen Säulen verzierte (1 Kön. 7, 15.) Vorhalle, deren
Höhe wahrſcheinlich 25 (nah 2 Chr. 3, 4. freilig 120) Ellen betrug (vgl.
Winer II. ©. 664.); und den ganzen Tempel umgaben Borhöfe, ber innere
oder der Vorhof der Prieſter, zunächſft um das Tempelgebäude ber (1 Kön.
6, 36. 2 Ehr. A, 9. 24, 21. vgl. Ierem. 19, 14. u. 36, 10.), und ber
äußere ober große, der wieder den vorigen umfaßte (1 Kön. 7, 12. 2 Chr.
4, 9.). Beide waren mit einer Menge einzelner Gemächer umbaut, die ihre
befondern Namen und Thore nad verſchiedenen Richtungen bin hatten (Jer.
Jerusalem’ 73
35, 2. 4. 36, 40. 1 Ghr. 28, 11. 12. 9, 26 ff. 2 Kön. 23, 11.—2 Kön.
11, 6. 19. 15, 35. 2 Chr. 24, 8. 35, 15. u. f. w.), von denen 'jedoch
mandde wohl erft nah Salomo’3 Zeiten hinzugefügt wurden. (Vgl. 2 Kün.
15, 35. Ser. 26, 10. 36, 10. u. f.'w. und Winer II. ©. 669.) Das
Nähere fiche in den Befchreibungen des Tempels 1 Kön. 6, 1—38. 7, 13.
bis Sl. u. 2 Chr. 3, 3 ff. vgl. mit Iofeph. Ant. VII, 2., und vgl. unter
den vielen über ihn erichienenen Monographien (f. Winers bibl. Nealmörterb.
II. ©. 663 f.) namentlid die neueflen von Hirt: Der Tempel Salomond.
Berl. 1809. 4. m. Kupf., v. Mayer: Der Tempel Salom. Berl. 1830.8.
mit Abbild., und Grüneifen im Kunftbl. zum Morgendl. 1831. Nr. 73.
bis 75. u. 77—80., außerdem aber Stieglig Geſch. d. Baukunſt S. 125 ff.
u. Beitr. zur Geſch. d. Baukunſt J. S. 63 ff. Crome's Art. Jeruſ. in Erſchs u.
Grubers Encycl. II. 15. ©. 297 ff. Robinſons Paläfl. I. ©. 53 ff. und
Schnaaſe's Geſch. d. bild. Künſte J. ©. 264 ff. — Die folgenden Könige, Ufias,
Jotham, Hiskias und Manaſſe, beſchränkten fich größtentheils darauf, die ſchon
von Salomo begonnene (1 Kön. 3, 1. 9, 15.) Befefligung der Stabt zu ver-
vollſtãändigen (2 Ghr. 26, 9. 27, 3. 32, 5. 33, 14.), und zwar fiheint
Hiskias na 2 Ehr. 32, 5. u. 33, 14, die innere Mauer noch mit einer
zweiten, äußeren umgeben zu haben (vgl. Winerd bibl. Realwörterb. II.
5. 644. Not. 1.). Dennoh wurde Jerufalem mehrmals von fremden Kö⸗
nigen erobert und geplündert; zuerft fhon unter Rehabeams Regierung von
Sijaf aus Aegypten (1 Kön. 14, 26.), dann vom König von Ifrael, Joas
(2 Kön. 14, 13.), bis es endlich ums 3. 588 v. Chr. nach zweijähriger
Belagerung den Chaldäern in die Hände fiel und von Nebufabnezar völlig
zerflört, die Binwohner aber ins babylon. Eril abgeführt wurden (2 Kön.
24, 25. 2 Ghr. 36. Jerem. 39, 1 ff. 52, A.). Werfen wir nun einen
Blid auf ven Zuftand Ierufalems in feiner erften Periode bis zu der eben
erwähnten Zerftörung, fo find und, den ſalomoniſchen Tempel abgerechnet
(ſ. oben), allerdings nur fehr mangelhafte Nachrichten überliefert morben.
(Bel überhaupt außer den älteren Schriften Reland Pal. p. 832 ff.
Dfferhaus Descriptio vet. Hieros. Daventr. 1714. A. d'Anville Diss.
sur V’etendue de l’ancienne Jerusalem et de son Temple. Paris 1747. 8.
Juſtus Disgaufen Zur Topographie des alten Jeruſalems. Kiel 1833. 8.
Grome am a. O. ©. 2856|. Bellermannsd Handb. IN. ©. fl.
Fabers Archäol. J. S. 273 fi. Roſenmüllers Alterth. II, 2. S. 202 fi.
Mannerts Geogr. VI, 1. ©. 278 ff. u. A.) Die Mauern, welche ohne
Zreeifel fon alle drei Hügel, auf denen das fpätere Serufalem (nad dem
Exil und bis zu Heroded Agrippa's Zeiten) erbaut war, ober bie Ober-
und linterfladt nebfl dem Tempelberge umjchloßen, waren mit Thürmen und
Zinnen verſehen (2 Chr. 26, 9. 15. 32, 5. Jerem. 31, 38. Zadar. 14, 10.),
und zwei Kaftelle, Milo (2 Sam. 5, 9. 1 Kön. 9, 24. 11, 27. 2 Er.
32, 5.) und Ophel (2 Chr. 27, 3. 33, 14.), dienten überbieß zum Schuße
ver Stadt (vgl. auch Jeſ. 32, 14. 1Chr. 11, 8. 2 Chr. 32, 5. Jofeph.
B. Jud. V, 4. VI, 16. Crome ©. 289 f. u. Robinfon I. ©. 383 ff.
II. S. 16 fi. 23 fi. 46 ff. 100 fj. 110 fj.), in welche mehrere Thore führten
(vgl. Ier. 39, 4. 2 Chr. 32, 6.), von denen wir folgende genannt finden:
vas erfle Thor (Zadar. 14, 10.), das Eckthor (2 Kön. 14,13. Ser. 31, 38.
Zach. am a. D., vielleicht daſſelbe, das Joſeph. B. Jud. V, A, 2. erwähnt,
wenn man annimmt, daß er es fäljhlih Temrad flatt Ilsmad [me Nr]
nennt) ®, das Fiſchthor (2 Chr. 33, 14.), das Benjamindthor (Ier. 37, 13.
* Nah Robinfon II. ©. 117. wäre jebocdy das Thor Gennath des Joſephus
identiſch mit dem im A. T. erfcheinenden Thalthore, das, an der Nordweſtecke des
Zion gelegen, nach dem Thale Gihon führte.
‘6 Jerusalem
38, 7. Bad. a. a. D.), das Ephraimsihor (2.Kön. 14,13.), das Mittel:
thor (3er. 39, 3.), das Ihalıhor (2 Chr. 26, 9.), das Ziegel- oder Töypfer-
thor (Ser. 19, 2.) und das Roßthor (Ier. 41, 40.), denn das Ezech. 9,2.
vorkommende Oberthor war wohl ein Tempelihor. (Das Nähere Hlerüber
weiter unten.) Von Straßen und Plägen wird blos ein geräumiger Thor⸗
ylag (2 Chr. 32, 6.) und der Bädermarkt (Ier. 37, 21.) erwähnt. Bor
den Mauern befanden fih zwei aus der Duelle Siloah abgeleitete Teiche
(Ief. 7, 3. 36, 12.), und die durch einen derfelben bemäfferten Eöniglichen
Gärten (Ser. 39, 4. 52, 7. vgl. Nehem. 3, 15.), höchſt wahrſcheinlich in
dem Thale fünöflih von der Stadt (vgl. 2 Kön. 25, 4. 5.). — Nach ver
Rückkehr aus dem babylonifchen Eril warb die Stadt, mit Benußung der
noch vorhandenen Trümmer und mögliäft nah dem alten Plane, vom 9.
536 v. Chr. an innerhalb 20 bis 24 Jahren durch Serubabel, Gära und
Nehemia wieberhergeftelt (Nehem. 2, 12 ff. 3, 1 ff. 12, 31 ff. Esr. 3, 12.).
Sie wurde auch jegt wieder durch Mauern und Ihürme befefligt, obgleich
von legteren nur zwei erwähnt werben, beibe zwiſchen dem Fiſch⸗ und Schaaf-
thore (Nehem. 3, 1. 12, 39. Zad. 14, 10. vgl. Hamelsveld ©. 73 f.),
und der flärkfte Theil der Stadt blieb immer die Fefle Zion, die, nachdem
Jeruſalem mit dem ganzen babylon. Reiche an daB perfiſche übergegangen,
dann mit diefem unter macedoniſche und enbli unter forifche Herrſchaft ge-
fommen war, von den Eyrern noch ſtärker befeftigt murde (1 Macc. 1, 33.
3, 45. 4, 2. 9, 52. 10, 6. 14, 37. u. f. w.), mäßrend diefe nad Joſeph.
Ant. XII, 5, 4. aud noch auf der Akra (f. unten) eine Gitavelle anlegten,
aus der fpäter die Burg Antonla wurde (vgl. Erome a. a. O. ©. 291 ff.).
Die Zahl der There aber ward vermehrt; denn die neue Stadt Hatte deren
wenigſtens zwölf, unter denen fih fünf der alten wiederfinden, nämlid
1) das Roßthor (Neh. 3, 28.) unmeit des Tempels, zwiſchen ihm und dem
fönigliden Balafte (vgl. 2 Kön. 11, 16. 2 Chr. 23, 15.), 2) das Fifch-
tbor (Neh. 3, 3. 12, 39. Zephanja 1, 10.), 3) das Thalıhor (Neh. 2, 13.
15. 3, 13.), nad dem Thale Gihon führend, 4) das Ephraimsthor (Neh.
8, 16. 12, 39.), und 5) das alte Thor (Neh. 3, 6. 12, 39.), welches
höchſt wahrfcheinlid von dem oben ermähnten erften Thore nicht verſchieden
if; außerdem aber werben noch folgende genannt: 6) dad Waflerthor (Meb.
3, 26. 8, 1.3. 12,5.), vermutblih nad dem Bache Kidron benannt, allem
Anſchein nach an dem weſtlichen helle ver Tempelarea, 7) das Schaafthor
(Neh. 3, 1. 12, 39. vgl. Joh. 5, 3.), in der Nähe des Tempels und des
Teiches Bethesda, 8) das Miftthor (Neh. 2, 19. 3, 14. 12, 31., vielleicht
nicht verfchleden von der zvAn or 'Eoumsor an der Südweſtſeite der Stadt
bei Joſeph. B. Jud. V, 4, 2.)*, 9) das Duell» oder Brunnentbor (Neb.
3, 15. 12, 37.), mwahrfheinlid nah der Duelle Siloam benannt und in
deren Nähe, 10) das Morgentbor (Neb. 3, 29.), 11) das Zählungs= oder
Rathsthor (Neb. 3, 31.), und 12) das Kerkerthor (Neh. 13, 39.); von
denen jedoch die letzten drei nad ber Meinung Biniger nicht Stadt⸗, fondern
Tempelthore waren. Man flieht aus diefer Aufzählung, daß von drei Thoren
ber alten Stadt, dem Ed-, Benfamin= und Hiegeltbore, nad dem Eril nicht
mehr die Rede if. Was nun die Lage der Thore betrifft, fo folgten fie
nah Lightfoot Opp. IL. p. 184. in der Richtung von W. nad ©. zuu. |. w.
* Mol. Robinſon II. S. 117, Bel ihm befand ſich unfireltig der bei Joſeph. B.
Jud. V, 4, 2. erſcheinende Plad Brdce, db. i. Beth Zoah, Mififtätte, ber Plag,
wo man den Unrath aus der Stadı hinſchüttete. Noch jegt führt ein Thor Jeru:
lems den Namen Mifitbor (bei den Arabern Bab el Mughäribeh, vol. Brocarbus
c. 8, extr. u. Rofenmfller II, 2, S. 237.), das aber freilich an einer ganz
andern Stelle liegt und im das alte Käfemadherthal, vielleicht an die Stelle Des
alten Waſſerthores, zu fliehen kommt,
Jerusalem 77
alfo aufeinander: 9, 8, 3, 4, 5, 2; 7, 11, 1, 6, 10, 12, fo daß fih 9, 8
und 3 auf der Wefl-, 4 auf der Nord⸗, die übrigen alle auf der Oft» und
Süpfeite befanden. (Andere Verſuche, dieſe Höhft ſchwierige Frage zu erörs
tern, ſ. bei Bachiene I. 9. 94 ff. und Faber Archäol. I. ©. 336.
Hamels veld I. ©. 75 ff. und Rofenmüller II, 2. ©. 216.) Au
der Tempel warb nad dem Gril in ven Jahren 534—516 (vgl. Bra 3,
85. mit I—6, 15.) wiederhergeſtellt (Ear. 1, 6. 3, 7 ff. 5, 1 ff. bis 6,
15 ), jedoch bei weitem nicht in der alten Größe und Pracht (Esr. 3, 12.
Haag. 2, 1 ff.), obgleich und alle nähere Nachrichten darüber fehlen. Cine
Brüde verband ihn auf der Norpfeite mit der Stadt (Iofeph. Ant. XIV, 4, 2.).
Judas Maffabäus ließ fpäter, nachdem er der ſyriſchen Herrſchaft über Pas
läflina ein Ende gemadt hatte (167 v. Ehr.), den von Antiochus Epiphanes
im 3. 169 v. Chr. geplünderten (1 Macc. 1, 20 f.) und durch Götzendienſt
entweihten (1 Macc. 1, 45. 54. 2 Macc. 6, 2. Joſeph. Ant. XII, 5.)
Zempel wieder reinigen, audbefiern und flark befefligen (1 Macc. 4, 43 ff.
2 Mac. 1, 18. 10, 3.); doch erſt Herodes der Sr. war es, der den ein⸗
faden Tempel Serubabeld wieder in einen bemundernswertben Prachtbau
verwandelte (f. unten). Bon einzelnen Gebäuden werben dad Haus ber
Helden (eine Gaferne der Leibwache? Neh. 3, 16.), ein Zeughaus (Neh. 3,
19.), ein Kerkerhof (Neh. 3, 25.) und ein königlicher Palaſt (ebenpaf.) er⸗
mähnt, Namen von Straßen und Plägen aber werben uns in biefer Periode
nit genannt, und überhaupt bleiben unfere Nachrichten über die Stadt bis
zu den Zeiten Iefu Hin fehr unvollflännig und mangelhaft, da und aud bie
römiſchen Schriftſteller, melde die im I. 63 v. Chr. erfolgte Einnahme
Serufalemd dur Pompejus berichten (vgl. Joſeph. Ant. XIV, 4, 2 ff. und
Die Caſſ. XXXVH, 15 ff ), nichts Näheres über viefelbe mittheilen. Was
nım aber den Zufland Jeruſalems im Zeitalter Jeſu betrifft, nah welchem
es (das Hinzukommen der Neuſtadt abgerechnet) bis zu Joſephus' Zeiten Feine
mwefentliden Beränderungen mehr erfuhr, fo verbanfen wir eben biefem jübi-
ſchen Geſchichtſchreiber (B. Jud. V, 4.) eine ziemlich vollſtändige Darftellung
deſſelben, die fi durch einzelne Stellen des N. T. noch ergänzen und be=
Rätigen läßt. Zu Joſephus' Zeiten alfo, d. h. unter Befpaflan und Zituß,
mo die Juden eben den, freilich gefcheiterten, Verſuch machten, das römifche
Joch abzuſchütteln (f. unten), beftand die auf vier dur jähe Ihäler von
einanber getrennten Hügeln erbaute Stadt (Joferb. B. Jud. V, 4, 2.) aus
zwei Haupttheilen, 1) der Aliſtadt, welche wieder in drei Abtheilungen zerfiel,
a) die Oberfladt (n ara oA), d. h. die Stadt Davids mit dem oberen
Marfte auf dem Sgel Zion, der, ſchroff und fleil, und nur auf ber Nordoſt⸗
feite Leichter zugänglich, Hier durch das Bid zur Quelle Siloam reichende und
mit Häufern bebaute Käſemacherthal (7 Tor Tvponowr wapayk, Iofeph.
B. Jud. V, 4.), auf der Sühfelte dur das Thal Hinnom* von dem gleich⸗
namigen Hügel und auf ber Weftieite duch das Thal Gihon ebenfalls von
einem Hügel diefed Namens geſchieden war**; b) bie Unterflabt (7 xare
aoAsz) auf dem halbmondförmigen Hügel Akra (Arpa), nörbli von Zion
und norbwefllid vom Morijah, mit dem er weiter nörblich zuſammenhing
(denn faͤlſchlich behauptet OlIshauſen Zur Topogr. des alten Jeruſ. Kiel
® WBeldyed nach Hieron. Comm. in Jer. VTI, 31. und in Matth. X, 28., den
ı Köm. 23, 10. u, Ser. 7, 32. erwähnten Platz Tophet enthielt, wo bie Inden
den ſchrecklichen Baals⸗ und Molochsdienſt Begingen. Leber bie heutige Beichaffen-
beit dieſes von beu Arabern Jehennam (vgl. Edriſi p. 345. ed. Seaubert) genannten
Thales vgl. Robinfon II. ©. 38 ff.
”. So heißt wenigfiend jegt diefer ganze Bergrücken nördlich vom Thale Hinnom,
zu dem auch der Hügel Akra gehört, Im Alterthume findet fih ein Hügel Gihon
nirgends erwähnt, Bel, Robinfon IL ©, 25, ,
& j Jerusalem
auf der Oſtſeite, welchen dieſe nicht überfgreiten durften, und in welchem
fich auch die Geldbüchſen befanden, worein die Juden ihre Beifleuern zum
Tempelſchatze niederlegten (70 yalopvAanıor, Marc. 12,41.43. Luc. 21,1.);
2) den um 15 Stufen höheren (vgl. jedoch Winer II. ©. 676.), mit einer
Mauer umgebenen innern Vorhof, Vorhof der Ifraeliten genannt, auf ber
Weſtſeite, in melden außer mehreren, 20 Ellen hoben und 10 Ellen breiten
Nebenthoren, ein 50 Ellen Hohes und AO Ellen breite (Talmubd Middoth.
2, 3.) Hauptportal, das Thor des Nikanor (Mibboth. 1, A. 2, 6. Ioma
3, 10.) führte, das nur am Sabbath und an großen Belltagen geöffnet
mwurbe (Joſeph. B. Jud. VI, 5.) und über den Niemand, der nicht Briefter
war, hinausgehen durfte; 3) ven blos um zmei Stufen erhöhten und durch
ein fleinerned, eine Ele hohes Geländer gefchienenen Vorhof der Vrieſter,
der den Tempel von allen Seiten umgab, und in weldem der 50 Ellen lange
und breite und 15 Ellen hohe Branpopferaltar ſtand (Iofeph. B. Jud. V,
5, 6.). Aus diefem Vorhofe erft flieg man auf 12 Stufen (Joſeph. B. Jud.
V, 5, 4.) zum eigentliden Tempelhaufe hinauf, dad von meigem Marmor
gebaut,. defien vier Seiten 100 Ellen lang und eben fo hoch waren, und aus
drei Abtheilungen beftand, a) einer Vorhalle, in welde ein 70 Ellen hohes
und 25 Ellen breites, offenes Thor ohne Thorflügel führte, und die nad,
Sofepb. 1. 1. wahrſcheinlich 20 Ellen Tang, 50 len breit und 90 Ellen
hoch war (vol. Winer H. ©. 679.), b) dem Heiligen, in melde man
dur zwei 55 Ellen hohe und 16 Ellen breite Thore gelangte, die ſtets offen
landen, aber mit koſtbaren Vorhängen verhängt maren GJoſeph. B. Jud.
V, 5, 4.), und weldes, bei einer Länge von AO, einer Breite von 20 und
einer Höhe von 60 Ellen, den goldenen Näuderaltar, den Schaubrobtiid
und den großen goldenen Leuchter enthielt, und c) dem Allerbeiligften, welches
20 Ellen lang und breit und 60 Ellen hoch, aber ganz leer war (Joſeph.
B. Jud. V, 5, 5.), und vom Heiligen nur dur einen Eoflbaren Vorhang
getrennt wurde (vgl. Matth 27, 51.). Hinter dem Allerbeiligften aber be
fand ih nah dem Talmud (Middoth. 4, 7.) noch ein Gemach von 6 Ellen
Tiefe, deſſen Befimmung nicht weiter erwähnt wirb und das Jofephus gan;
mit Stillſchweigen übergeht, für melches aber bei feinen Längenangaben der
andern drei Räume (20 4 AO 4 20) und einer Länge bed ganzen Tempel:
baufes von 100 Ellen, noch 20 Ellen übrig bleiben, wad, wenn wir bie
Dide ſämmtlicher Mauern mit in Anſchlag bringen, von der Angabe des
Talmud nicht fehr vifferiren wird. Uebrigens war aud der herodianiſche
Tempel, wie ber falomonifche, auf der ſüdlichen, weſtlichen und nördlichen Seue
mit einem aus drei Stodmwerken beſtehenden Umbau umgeben, in welchem ſich
38 Gemächer zur Aufbewahrung des Tempelſchatzes, der zu den Opfern erfor:
derlichen Borräthe u. f. w. befanden. Dad Dach des Tempeld war flad, mit
einer Bruftwehr eingefaßt und einer Menge goldener Spigen verfehen (Joſeph.
B. Jud. V, 5, 6.), die vieleicht auch als Bligableiter dienten. (Bgl. Michaelis
Zerfireute Heine Schriften, dritte Lief. S. 387 ff.) Auf der Weſtſeite führte vom
Tempelberge, in deſſen Innerem fi eine Quelle (fons perennis aquae, bei Tat.
Hist. V, 12.), große Wafferbehältniffe (Gifternen) und geräumige Gewölbe bes
fanden (vgl. Joſeph. B. Jud. VII, 2. Zac. 1.1. St. Hierof. p. 590. Ariſtaͤus im
Appendir zu Havercamps Joſephus T. II. p. 112. und mad wir weiter unten
von dieſem Gegenflanve berichten werden) eine Treppe in bie ihn hier be
grenzende tiefe Schlucht hinab. Don Süden und Oſten ber aber ſcheint er
ganz unzugänglic geweſen zu fein, da ihn bier, wie am fühlihen Ende ber
Weſtſeite, jähe Abgründe umſchloßen. Daher konnte die ganze, von flarfen
Mauern umſchloſſene Tempelanlage au als eine Art von Beflung ober
Kaſtell angefehen werden; und dieß mwurbe denn auch der Hauptgrund feine
Vernichtung; denn bei ver Erflürmung des Stadt durch Titus war der Tempel
Serusalem 81
die legte Gchugwehr der Juden gegen die heranpringenden Möner, wurde fo
felbR ein Schauplatz des Kampfes und von den Römern in Brand gefledt
und vernichtet (vgl. Sofeph. B. Jud. VI, 4,5 f.). b) Der prächtige Valafl
des Herodes an der nördlichen Dauer der Oberſtadt und dem nordöftlichen .
Ende des Zion, unmeit der glei zu ermähnenden Burg Antonia,“ ganz von
Marmor erbaut und mit einer 30 Ellen hoben Mauer. fo wie mit herr⸗
lien Gartenanlagen umgeben (Joſeph. B. Jud. V, 4, 4 Ant. XV, 9, 3.
xx, 8, 18. vgl. Act. Ap. 23.). Im ihm wohnten fpäter die römiſchen Pro-
curstoren, To oft fle nach Ierufalem kamen (Joſevh. B. Jud II, 14,8. Philo
Opp. I. p. 591.), und vor ihm murde bei Gerichtsverhandlungen unter
rreem Simmel das Böue aufgeftellt (Ioferb 1. 1. vgl. Matıh. 27,27. Job.
15, 33. Die Tradition weist freilih auch ein. befonveres Richthaus des
Pilatus in der untern Stadt nad [vgl. Irin. Sierof. p 593. Korte Meife
©. ;5. u. Troilo S. 234 f.]; doch ift an dem einftigen wirfliden Vor⸗
bandenfein eines folgen noch fehr zu zweifeln. Bal. Winer II. ©. 388 f.).
c) Die Burg Antonia, zuerft von Johannes Hyrfanud unter dem Namen
Barid gebaut, dann aber von Herodes vergrößert, ftärfer befefligt und dem
M. Antonius zu Ehren umgetauft (Joſeph B Jud. I, 3, 5. V, 9,8. Ant.
XV, 11, 4.). Sie lag auf einem fteilen Belien von 50 Ellen Höhe, nord-
weſtlich vom Tempel, mit dem fie in Verbindung fland *, an der Ede, wo
der nördliche und weſtliche Sänlengang des äußern Heiligihums zuſammen⸗
ſtießen (Soſeph. B. Jud. V, 4, 8.), war im Viereck erbaut, von 40 Ellen
hoben Mauern umgeben, glei einem prachtvollen Balafte, und hatte einen
ſolchen Umfang, daß fle allein für eine Eleine Stadt gelten Eonnte. (Joſeph.
B. Jud. V, 5, 2. giebt den Umfang des Tempels mit der Burg Antonia
zuſammen zu ſechs Stad. an; ziehen wir aljo für ven Tempel vier Stad. ab
[j. oben], jo bleibe für die Burg ein limfang von zwei Stadien.) ‚Un jeder
der vier Eden mar ein Thurm erbaut, von denen der hochſte an der ſüdöſt⸗
lichen Ede 70, die drei übrigen 50 Ellen maßen. Bon der Bezetha ober
Neuſtadt war fle durch einen tiefen Graben getrennt (Joſeph. B. Jud. V,
%,%). In ihr fag wohl vorzugsweife die römische Garniſon; daß aber auch die
Proconſuln darin refldirt hätten (wie Roſenmüller II, 2. © 228. an«
nimmt), iſt nicht ſehr wahricheinlih, da viele gemiß lieber den fonft gan,
leer ſtehenden, prächtigen Palaſt des Heredes zu ihrer Wohnung mäßlten.
Sie iſt unftreirig au die maoeußoAr, in welche Paulus nah Act. Ap. 21,
34 37. 22, 24. u. 23, 10. geführt wurde. Auch fle wurde übrigens bei
der Erflärmung der Stadt unter Titus noch früher als der Tempel von den
Römern zerflört (Joſeph. B. Jud VIL, 2, 7.). d) Der Xystus (Joſeph Ant.
AV, 4. XX, 8. B. Jud. VI, 6, 8), wahriteinlih ein mit Gallerien um-
gebener, freier “Plap anf der Dftjeite des Zion, der füdmeftlihen Ede des
iempeld gegenüber, zu welchem man von ihm und dem zur Königäburg
führenden Thore aus vermittelſt einer Brüde gelangen Konnte (Joſerh B.
Jud. I, 2, 2, II, 16. 3. VI, 3, 3. vgl Ant. XIV. 4, 2.), unflreitig der⸗
ielben bedeckten Brüde, die nach Joſeph. B. Jud VI, 6. (val. Aut. XV, 11.)
den Zion und Morliah verband, und nah Denijelben Ant. XIV, 4, 2. beim
Angriffe des Pompejus auf ven Tempelberg abgebrochen wurde (und von ber
46 wie wir unten ſehen werden. noch Spuren vorfinden). Won öffentlichen
Mägen wird eine doxar ayoca bei Joſeph. B. Jud. 11, 19, 4. und ein
Wü ., Eijen» und Kleidermarit bei Demſ. B. Jud. V, 8, 1. erwähnt, und
Robinſon 1.6.76. vermutbet, daß eine flarfe Mauer zivifchen ber Seflung
au) dem Tempel geflauden, da der Befig der Antonia die Nömer noch nicht zu Herren
des Tempels machte. Allein bie Tempelmanern waren wohl an fi ſchon ſtark
genug, um biefe Erscheinung auch chne Annahme einer folhen Mauer zu erklären.
Baulg, Real⸗Encyclop. IV. 6
82 Jerusalem
im Talmud finden ſich auch die Namen einiger Straßen, einer Fleiſchergaſſe,
einer Wollkämmer⸗ und einer Oberſtraße (f. Faber ©. 340. und vgl.
Sofeph. B. Jud. V, 8, 1. u. Nebem. 3, 32.). Die Vflafterung der Straßen
fheint Heroded Agrippa zuerfi eingeführt zu haben (Joſeph. Ant. XX, 9, 7.).
Por der Stadt, befonderd vor der nördlichen Mauer, befanden fi Lufthäuier
und Gärten (2 Kön. 25,4. Neb. 3, 15. Joſeph. B. Jud. V,2,2. V,3,2.
VI, 1, 1.), aber au Friedhöfe und Grabflätten (Joſeph. Ant. XX,4,3. B.
Jud. V, 4, 3. XI, A. XII, 2.), befonders dad Grabmal des Herodes (Io:
feph. B. Jud. V, 3, 2.) und der Selena (ibid. V,4,2. vgl. Bauf. VIEL, 16.),
beide im Norden der Stadt. Was enblih no die Quellen, Brunnen un
MWafferleitungen Ierufalems betrifft, die als eine Hauptſache für die Zope
graphie der Stabt. nicht. mit Stillſchweigen übergangen werben dürfen, ir
werden und (in chronolog. Bolge) überhaupt folgende genannt: a) Quellen
der Brunnen Rogel (of. 15, 7. 18, 16. 2 Sam. 17, 17. 1 König. 1,9.),
nad Joſeph. Ant. VII, 11, 4. im Bezirk ver Eönigliden Gärten (mahrfcheln-
lich nit verſchieden von dem Neh. 2, 13. vorkommenden Dradenbrunnen,
da nah 1 Kön. 1,9. neben der Quelle Rogel ein Schlangen= oder Drachen⸗
felfen lag); die Quelle Gihon (2 Ghr. 32, 30. Jofeph. Ant. VII, 14,5.),
mwefllih vor der Stabt, aber von Hiskias in diefelbe geleitet (f. unten); das
Waſſer Siloah (Schiloach) oder Siloam (Jeſ. 8, 6. Nehem. 3, 15. Sob.
9, 11. Joſeph. B. Jud. V, 4, 1. 12, 2. V, 9, 4. VI, 8, 5.), am Ende
bes Käfemaderthales, aljo im Süpoften der Stadt am ſüdöſtlichen Abhange
des Zion (vgl. au Itin. Hierof. p. 592. und Hieron. Comm. in Jes. 8,
6.), und nit, wie von Mehreren geſchieht (vgl. Winer I. ©. 537 f.),
mit der Duelle Gihon im SW. der Stadt zu ibentiflziren; der Brummen
Tannin (Nebem. 2, 13.), und der Nehemiadbrunnen (2 Macc. 1, 19 ff.)
b) Teile und Eifternen: der Teich des Hiskias (2 Kön. 20, 20.), der ober:
Teich (Jeſ. 7, 3. 36, 2. vgl. 2 Kön. 18, 13. 17.), der untere Teig (Jeſ
22, 9.), der alte Teig (Ief. 22, 11.), der Königäteih (Neb. 2, 14.), ver
Teich Siloah oder Schiloah (Neh. 3, 15.), der Teih Aſujah (Neb. 3, 16.)
und der Teich Bethesda (Joh. 5, 2) mit fünf Hallen, am Schaftbore (Itin
Sierof. p. 589.). c) Waflerleitungen: die des Hiskias (2 Kön. 20, 20.
2 Chr. 32, 30. vgl. Jeſ. Sir. 48, 19.) aus der Duelle Gihon, und die
Wafferleitung Siloah (Jeſ. 8, 6.). Das Nähere von ihnen weiter unten
bei der Vergleichung des heutigen Ierufalemd. Unter den Umgebungen Serw
falems ift namentlih noch der Delberg und Golgotha zu ermähnen. Der
Delberg (op0s sAaıwrog oder 107 slaıcr, Matıh. 24, 3. Mare. 13,3.
Act. Ap. 1, 12. vgl. Iofeph. Ant. XX, 8. B. Jud. V, 2, Badar. 14, 4.
und Stin. Hierof. p. 594.), lag etwa fünf Stadien öſtlich von der Stadt,
von der er durch das Thal Kidron getrennt war (Joſeph. B. Jud. 1. 1.),
hatte drei (nah Pococke vier) Spigen, und mar nod einmal fo hoch, alt
der ion, und überhaupt der höchſte Punkt der Umgegend, deſſen Lieber-
fleigung einen Weg von 15 Stad. erforderte, und von dem man weſtlich bi
ans Mittelmeer, füböftli bis and tobte Meer und nordoͤſtlich bis zum Se
Bennezareih ſchauen fonnte. (Vgl. über die heutige Beichaffenheit ded ein
gleihnamiges Dorf mit der Himmelfahrtkirche tragenden Iebel Tür Reland
p. 337 ff. Hamelsveld I. ©. 145f. Pocode ll. ©. 43. Berg
green Ill. S. 96. Buckingham J. S. 162. Joliffe S. 214. v. Richter
S. 34. Schubert ll. S. 321 ff. Robinſon II. S. 41 ff.; auch Gie⸗
belhauſen Diss. de monte oliv. L. 1704. 4. Nah Schubert a. a. O.
erhebt fih fein hoͤchſter Gipfel 2556 Bar. F. über das Meer und 416 Par. 8-
über das Thal Joſaphat, ift alfo 175 Par. F. höher als die höchſte Spike
des Zion. Die Traditton verlegt befanntli (dur Mißverſtändniß ver Stelk
Act. Ap. 1, 12.) auf viefen Berg den Schauplag der Himmelfahrt Chriſti
Jerusalem 88
(vgl. @ufeb. Demonstr. Evang. VI, 18. p. 288. ed. Colon. 1688. u. Thilo
Apocr. I. p. 619.), was aber der Erzählung bet Luc. 24, 50 f. geradezu
wipderfireitet. Bel. Robinfon II. S. 6. Golgotha (ToAyodx, Matıh.
27, 33. Iob. 19, 17. Hebr. 12, 12. tin. Sierof. p. 593.) ober bie
Schaͤdelſtoͤtte, d. 5. der Platz, wo die Mifferhäter hingerichtet wurben, und
mo auch Jeſus feinen Martertod erlitt, war ein außerhalb ver Stadt, wahr-
ſcheinlich an dem nach Jericho führennen Wege gelegener Hügel. (Vgl. Has
melsveld I. S. 156 ff. und Pleffing Ueber Bolgatha und Ghrifli Grab.
Sale 1789. 8.) Jetzt freilih Hält man einer alten Tradition zufolge ge»
möhnli den Galvarienberg, der die Kirche ded heil. Grabes trägt, für den
Hügel Golgatha (welcher Anſicht unter den Neuern auch v. Naumer
S. 208 ff. und Schubert II. S. 503 ff. folgen); allein jener Liegt mitten in
der Stadt und würde eben fo auch innerhalb der Ringmauern ver alten Stadt,
nur eine halbe Biertelftunde vom Tempel, zu ſtehen kommen (vgl. Korte's
Reife ©. 169.), während ed doch der Sitte des Altertbums durchaus wider»
Areitet, einen Richtplatz mitten in der Stadt anzulegen, und felbft nad dem
Zeugniß der Heil. Schrift (vgl. Math. 28, 11. Joh. 19, 20. Hebr. 13,
12.) Die Stätte, wo Chriſtus gefreuzigt wurbe, vor der Stadt lag. — Dieſes
neue Serufalem, wie es fih nad dem babylon. Exil nad und nad geftaltet
batte, ımd wie es und die apokryph. Schriften des U. T., das N. T. und
Joſephus darſtellen, ward nun nad mandherlei wechfelvollen Schickſalen ſnach⸗
den e8 ſchon im I. 320 v. Chr. durch den ägypt. König Ptolemäus Lagi
(3ofeph. Ant. XII, 1, 1.), tm 3. 161 v. Chr. von dem König von Syrien,
Antiochus Epiphanes (1 Macc. 1, 32 ff.), im I. 63 v. Chr. aus Veran-
loffjung des zwifchen den Brüdern Hyrkanus und Ariſtobulus ausgebrochenen
Thronſtreites durch die Römer unter PBompefus (Joſeph. Ant. XIV, 4. Dio
Gafl. XXXVII. 15 ff. Strabo XVI, p. 762. Tac. Hist. V, 9, 1.), und
im J. 37 v. Ehr. durch den König Herodes den Gr. erobert, im J. 44
n. Chr. aber, wo der Kaiſer Claudius ganz Judäa mit Beſeitigung ber ein⸗
beimifgen Könige dem römifchen Reiche ala Provinz einverleibte, eine römiſche
Stadt geworden war] in Folge jenes allgemeinen Aufftandes der Juden,
melder vie Befreiung vom römifchen Joche bezweckte, im. 70 n. Chr. dur
den Gölar Titus nad vielen Anftrengungen (Joſeph. B. Jud. VI, 10, 1.
Die Gaff. LXVI, A ff. Tac. Hist. V, 2, 3. 9.) erobert und faft gänzlig
verlört (Appian. Syr. 49.), vom Kaifer Hadrian aber, nachdem aus Made
ver Römer megen eines neuen Aufflands der Juden im I. 135 au no
vie legten Reſte der Stadt (über melde Joſeph. B Jud. VII, 1, 1. zu ver«
gleiden IM) niedergerifien morben waren, vom 93. 136 an ($ieron. Comm.
ın Ezech. 3, 1. @ufeb. H. Eccl. IV, 6.) an deren Stelle eine ganz neue
Stadt als römiſche (Militärs) Kolonie erbaut und Aelia Capitolina
oder Capitolia (Adız Kamroisa, Dio Gafſ. LXIX, 12. Gufeb. H.
Eecl. II, 12., Ada Kanırodie, Btol. V, 16., blos Aidiu bei Guſeb. H.
Ecci. IV, 6. vgl. au Münzen bei Eckhel P.I. Vol. III. p. 442. Seftint
Descr. num. vet. p. 344. Mionnet Med. Antiq. T. V. p. 316. und
Raſche's Ler. Ih. I. umnd Supplem. I.) genannt (Die Gafl. 1. 1. Dal.
überhaupt Münter Der jüdiſche Krieg unter Trajan und Hadrian. Altona
1821. &. 37 ff; au Erome in Erſchs u. Grubers Encyelop. am a. D.
&. 300 fj.). Sie Hatte aber nicht mehr ven imfang bes alten Ierufalems,
indem ber füblicde Theil des Zion und ein Theil von Bezetha ausgeſchloſſen
blieben (Gufeb. H. Eccl. IV, 6. Praep. Ev. VII, 5., fo daß wir und nit
wundern dürfen, wenn nah Maundrell Voyage p. 184. u. U. ber Um⸗
rang des heutigen Jerufalems, welches noch ziemlich denſelben Raum einzus
nehmen ſcheint, wie Hadriang Aelia Capit., nur eine Stunde oder 4630
Schritte, nah Robinfon II. ©. 31. aber 12978 8. ober 4326 Dards,
86 Jerusalem
Herovesthor (oder Bab ez Zahary) die Stelle des alten Ephraims⸗ und
Bentamindtbores, das heutige Miftthor aber (oder Bab el Mugbäribeh) am
ſüdlichen Abhange des Tempelberges fcheint die Stelle des alten Waflerthores
einzunehmen (vgl. Brocarbus am a. O.). Was nun bie einzelnen Thelle der
alten Stadt felbft und die Hügel betrifft, auf denen fie erbaut war, fo liegt
der Zion (no jekt Syon oder Sion genannt), der fübweftlihfte Hügel der
Stadt, jet größtentheils außerhalb der Stabt, indem nur fein nörblicher
Theil in die Mauern derfelben eingefchlofien if. Diefer Theil umfaßt das
Judenviertel und trägt in feiner ſüdweſtlichen Ede das große armenifche
Klofter St. Jakob, in feiner nordweſtlichen Ede aber die heutige Citadelle,
noch jetzt von den Chriſten Davidoburg, auch Burg der Piſaner genannt,
ein ſtark ummauertes Viereck von 200 Schr. Länge und 60 Schr. Breite
mit ſechs Thürmen, dad auf einem Unterbau gewaltiger Werkftüde aus dem
höchſten Alterthume ruht und offenbar einen heil des Umfangs ber alten
Königeburg einnimmt, aud den oben erwähnten Thurm Hippicus (Davids
thurm) umfhließt. (Bol. Wirtmanns Reiſe I. ©. 201. und v. Prokeſch
©. 89.) Der ſüdliche Theil außerhalb ver Mauern iſt größtentheild Ader>
land, enthält aber auf ein armenifched Klofter (früher Haus des Caiphas
genannt), ein ehemaliges lateiniſches Klofter und chriſtliche Begräbnißpläge.
(Bol. Robinfon ©. 24.) Uebrigens fleigt der Zion auf feiner Weft-
und Süpfelte fhroff und fleil aus dem Thale Hinnom empor, das fi fafl
in einem rechten Winkel um feine ſüdweſtliche Ede herumzieht, weshalb viefe
Ede und überhaupt der ganze Südweſtrand des Berges höher erfcheint, als
irgend ein anderer Punkt ver Stadt. Robinſon ©. 23. ſchätzt Hier feine
Höhe auf 300 %. (während Schubert IL. S. 521. feine Erhebung über
das Thal Iofaphat zu 241 Par. F. beſtimmt). Die Oftfeite iſt nur theil-
weife ſchroff und fleil, und es ziehen fih an ihr mehrere Fußpfade ins Thal
herab; im N. aber bildet er eine jähe Felswand von 20—30 F. Höhe, die
aber einft gewiß viel bedeutender war, da gerade bier das Thal mit fehr
hohem Schutt ausgefüllt if (vgl. Robinſon ©. 24). Das den Zion
vom Morijah (und welter nöÖrbli den Akra vom Bezetha) ſcheidende Thal,
dem die Alten menigftens bier in feinen ſüdlichern Theilen den Namen des
Kaſemacherthales gaben (ſ. oben ©. 77.), iſt jetzt ein ziemlich ſeichter Wady,
der erft nach feiner Bereinigung mit dem den Zion nörblid vom Akra ſchei⸗
denden Wady in einem etwas tieferen Bette bis zur Quelle Siloam und dem
Thale Joſaphat Hinabfäuft. (Wal. Nobinfon ©. 15f.) Der Morijah,
der jeßt dur fein Thal, Keinen Graben von dem noͤrdlichern Bezetha ge:
trennt {fl, fonbern einen damit zufammenbängenben Bergrüden bildet (MR o»
Binfon ©. 16. 28.), iſt der niedrigfle unter den Hügeln Ierufalems, und
wenn auH Niebuhrs (I. S. 34.) Angabe, daß fi die Wände des Thales
Kidron, das ihn Öftlih begrenzt, im Durchſchnitt nur 40 —50 F. erhöben,
auf einem Irrthume berubt, To beträgt doch nah Robinfon ©. 35. bie
Höhe des Belfens an dem ſüdöſtlichen Winkel ver Area der Mofcher, mo ſich
dad Thal Kivron zu einer blofen fhmalen Schlucht verengt und wo wir das
oben ©. 79. erwähnte mzepyyıor tov depov zu ſuchen haben, nit mehr ale
130—150 engl. F., fo daß, wenn mir die Höhe ver Halle von 100 8.
bazunehmen (Joſeph. Ant. XV, 11, 5.), jene ſchwindelnde Höhe, von der
man bier hinabſah, immer nur 250%. betrug, und alfo aud bier bie hyper⸗
Holifhe Sprache des jüdiſchen Geſchichtſchreibers fi nicht verläugnet. (Bol.
Robinfon S. 69.) Der fünlide Abhang des Felſens, oder der Oxhel,
ſenkt fi in mehreren Abſtufungen ſchnell und jaͤh nah dem Teiche Siloam
Binab und enbigt mit einer 40-50 8%. hohen Zeljenklippe oberhalb des ge-
nannten Teiches Robinſon ©. 29. maß von feinem fluhen Rüden an
der Suͤdoſtecke der Stabtmauer bis zu feinem eben bezeichneten Enbpumtte 1550,
Jermsalemm 87
engl. 8. Der Morijah trägt bekanntlich no jet die von Omar erbaute
Sauptmofäre der Stadt, Kubbet es Sukrah, Sakharah, außer ihr aber au
noch die etwas Kleinere und ſüdlicher gelegene Mofchee el Alfa, und bie ganze
Area des heiligen Berges heißt jetzt BI Haram esh⸗Sheriſ. Die Außeren
Mauern des Mofcheerraumes find, wie auh Robinfon ©. 61 ff. darthut,
in ihren unteren, aus ungeheuern Steinen nad einer allen Zeiten troßenden
Gonftruction zufammengefegten Theilen fafl überall noch jetzt die alten, auch
von Herodes benusten, falomonifhen Böſchungsmauern, und wenn dennoch
die Area der Moſchee jetzt bedeutend größer erſcheint, als bie des alten
Tempels (die nad Joſephus ein Quadrat von 1 Stad. Ränge auf jeder Seite
bildete), und auch Fein gleichſeitiges Viereck mehr darftellt, indem die Länge
von ©. nah N. bedeutend größer if, als die Breite von O. nah W. (nämlich
jene nah Prokeſch ©. 77. 00 Schr, nah Richardſon ©. 286.
1489 F., nad Robinfon ©. 71. 1528 engl. %., dieſe nach Prokeſch 460
Shr., nah Richardſon 995 F., nad Robinſon 955 engl. F.), fo hat man
vielleicht, was bie größere Länge betrifft, mit Robinſon anzunehmen, baß
man beim Bau der Mofchee die Area im N. vergrößerte und den Raum,
den früher bie Feſtung Antonia einnahm, mit in ihre Mauern einſchloß, hin⸗
ſichtlich Der größeren Breite aber das Stadium des Iofephus blos für eine
runde Zahl und ungefähre Angabe zu halten. Daß aber die jehigen Mauern
der Area wenigſtens zum Iheil noch die alten find, ergiebt fich auch aus
einer andern Entvedung, die wir Robinſon (S. 64 f.) verbanfen, daß
Ab nämlich an der Südweſtecke jener Mauern noch unverkennbare Ueberreſte
des Brückenbogens finden, der einft den Mortjah mit dem Xyſtus auf Zion
verband (vgl. oben S. 81.). Sie beleben aus mehreren großen, aus ber
Mauer hervorragenden, oben zu einer Curve auögehauenen Steinen, in drei
Lagen übereinander; und Robinſon ſchließt nach ber Breite des Thale an
diefer Stelle auf eine Känge der Brüde von 350 engl. F. ober 116 Yardo.
An der gegenüber liegenden Seite des Zion finden fih Feine Spuren ber
Brüde mehr. Uebrigens fleht bie jegige große Mofchee, die gerade pie Mitte
der Plateforme einnimmt, nit auf der Stelle des alten Tempelgebäudes
ſelbſt, das vielmehr auf dem freien Raume zwiſchen ihr und der ſüdlichern
Moſchee el Akja und zum Theil auch auf dem von legterer ſelbſt eingenom-
menen PBlape geftanden haben muß. Die Mauern beider Mofcheen zeigen
deutlich, daß fe zum Theil aus Materialien alter Bauwerke befichen, indem
ſelbſt Brudflüde von Marmorfäulen flatt vierediger Steine in fle einge-
mauert find. (Mobinfon’S. 88. Sonſt vgl. über das Haram die Fundgr.
des Orients I. ©. 81. 118. 375. Richardſons Travels II. p. 285 fi.
Bonomi in Hogg's Visit to Alexandria, Jerusalem etc. II. p. 272 fi.
Die gewaltigen Gewölbe unterhalb des Iempelberges, die fih wenigſtens
100 8. tief in denfelben hineinziehen follen und von der Tradition für bie
Ställe Davids erklärt werden (vgl. Breidenbach Reyßbuch fol. 60 b,
Saber Reyßb. fol. 150b. und Maundrell in Paulus Heilen in ben
Drint I. S. 27.), faben noch im 3. 1818 Richardſon (Travels II. p.
308 if) und im 3 1833 Bonomi (in Hogg's Visit to Alexandria etc.
II. p. 281 ff.), feitvem aber fcheinen fie ganz unzugänglich geworden zu fein,
ia Robinſon ©. 90. fand nit einmal eine Spur von einem Gingange
in diefelben. (Uebrigens vgl. darüber I.D. Mich aelis Bon ven Gemölben
unter dem Berge Zion und des Tempels, in feinen Serftreuten El. Schriften
5. 427 ff. und Münters Antiquar. Abhandlungen S. 87 ff. Die unter
wdifhe Duelle (einige 80 F. unterhalb des Haram) und die Gifternen da⸗
gegen find noch ſichtbar (vgl. Mobinfon ©. 159 ff. u. 88.). Daß der nörd⸗
lie Theil des Haram von den Mauern der Moſchee Sukhrah bis zu dem
jegt fogenannten Teich Bethesda höchſt wahrfgeinlig den Raum der alten,
L: Berusmlom
Burg -Autonia einnimmt (vgl. Nobinfon ©. 73 f.), haben wir ſchon oben
geſehen. Doch dürfte auch das jept als aferne benugte ehemalige Haus
des Statihalterd, das auf fehr flarfen und wahrſcheinlich antifen Grund⸗
mauern rubt, zum Theil auf dem Plabe diefer alten Feſtung flehen (vgl.
Robinfon ©. 60.). Der bei den Alten Akra genannte Hügel, den das
fhon oben befchriebene Thal (der Käſemacher) öftlih vom Morijah und ein
anderer jeihter Wady, der fi nörblih vom Subenquartier mit dem vorigen
vereinigt, füdlih vom Zion irennt, iſt eine Bortfegung des breiten Land⸗
rüdens nördlich vom Thale Hinnom, ver fi bis in die Stadt herabzieht,
and dem man jeßt, ſowohl inner» ald außerhalb der Stadtmauer den Namen
Gihon giebt (vgl. Robinſon S. 26). Er trägt auf feinem Rüden das
große lateiniſche Kloſter St. Salsater, ein griechiſches und ein Eoptifches
Klofter und vor Allem die Kirche des heil. Grabe, und mird, weil man
au den Hügel Golgotha auf ihm fucht, jet der Galvarienberg genannt
(1. oben ©. 83.). Bon Reſten des Alterthums findet fh auf ihm nichts,
ald der Teich des Hiskias Pf. unten). Der vierre Hügel endlich, Bezetba,
norböfllid vom Akra, von dem er durch ein breited Thal getrennt wird, das
in der Nähe des Damascusthores beginnend, in ſüdlicher Richtung hinläuft
und fih weiter Hin zum Käfemacher der Alten verengt, foll nad Joſeph. B.
Jud. V, 5, 8. der höchfſte unter allen Hügeln Jeruſalems sein, {ft aber in
der Ihat niedriger, ald der Zion. Seine größte Höhe, die der des Hügeld
Alra gerade gleihfommt, hat er inW., von wo er fih öͤſtlich nach dem Thale
Joſaphat zu almählig abdacht. Die andern drei Seiten, befonders bie weſt⸗
liche, find fehr ſteil (Robinſon ©. 26.). Sein ſüdlicher, jetzt noch in
die Mauern eingefehloffener Theil enthält größtentheile nur jchlechte Hütten,
zerflörte Kirchen, namentlich die ehemalige St. Annenkirche, Gärten und
Felder, und jein nördlicher Abhang vor den Mauern ven türkiſchen Begräbniß-
plag und einen Olivenhain. Bon Muinen zeigt fidh nirgends eine Spur,
obgleih die Mönche dieſe Lokalität einem Palafle des Herodes Agrippa an-
weifen, der aber nad Joſeph. Ant. XX, 8, 11. vielmehr auf der Nordofl-
feite des Zion zu fuchen iſt (vgl. Robinſon S. 27.) Vom Morijah und
der Burg Untonia war er in alter Zeit nur dur einen künſtlichen Graben
geixennt, und diefen glaubt Mobinfon S., 74. u. 136 ff. in jenem audge-
mauerten, ſchon feit mehreren Jahrhunderten troden liegenden Baifin gefunden
zu haben, das man jegt gemöhnli den Teich Bethesda (bei den Bingebornen
Birket Iörail) nennt. Dieſes Baffin ift jegt 360 engl & und 130%. breit,
und hat, ohne die hehe Maffe von Schutt auf feinem Grunde, eine Tiefe
von 75 F. An feinem weflliden Ende ziehen fih von ihm aus zwei tiefe,
größtentHeils mit Schutt ausgefüllte Gewölbe, das nördlichere 19, das ſüd⸗
lichere 12%. breit, unter ven Häuiern diejed Quartierd bin. Robinſon, dem es
gelang, in dem nördlichern vieler Genölbe 100 F. tief vor;ndringen, vermuthet
daher, daß dieß der eben ermähnte Graben fei, den die Mömer nah Ser:
flörung der Burg Antonia in feinen weſtlichern Ihellen zugeſchüttet hätten,
um dur ihn nicht in ihrem Angriffe auf den Tempel gehindert zu werden,
und den man jpäter hier übermölbt habe, um Gebäude darauf errichten zu
können. Auch Pococke Deser. of the East II. p. 15. hielt ion dieſen
fogenannten Teich Bethesda für Leberbleibfel eines alten Grabens. Was
nun die Gewäfler, Quellen, Teiche und Wafferleitungen der alten Stadt be:
trifft, fo laſſen ſie ſich faſt alle mit ziemlicher Gemißheit noch jept nach⸗
weiten. Das Bett des Kidron, der nur zur Regenzeit, wo fih das Wafler
son den benachbarten Bergen in ihn hinabſtürzt, einen wirklich fließenven
Bach bilder, für gemöhnlih aber ganz troden iſt ( Robinſon ©. 38.),
befindet fih in jenem engen Thale, dad man jeht vermurhlih mit Rückficht
‚auf Joel 8, 7. 17., jedoch ohne triftigen Grund, das Thal Joſaphat nennt
Jerusalem 89
(vgl. Itin. Hieroſ. p. 594.), das Anfangs nach einer Durchſchnittszahl etwa
435 engl. F. oder 145 Yards breit if, ſich aber von der ſuͤdöſtlichen Ede
der Tempelarea an, nad dem Dorfe Siloam bin, zu einer bloſen fchmalen
Schlucht verengt (Robinfon S. 35.), und deffen auf der Weftfeite bis zu
150 F. anfteigende Felſenwaͤnde, theils als Steinbrüdhe, theild zu einer Menge
von ®räbern benntt, gewaltig autgehauen find. (Die nähere Beſchreibung
ſ. bei Robinſon ©. 31f.) Was die Quellen und Brunnen betrifft, fo
ift (um der oben gebrauchten chronolog. Ordnung zu folgen) der Brunnen
Rogel unftreitig derfelbe, der jetzt (bei ten Ghriften) den Namen Nehemias⸗
oder (bei den Gingebornen) Hiobsbrunnen führt (Bir Eyab; und fo fon
ın der arabiſchen Ueberſezung bes U. T. Joſ. 15, 7. 8., vgl. Robinſon
&. 139.), ein tiefer Brunnen gerade unterhalb der Bereinigung des Thales
Hinnom mit dem Thale Iofaphat, mweftlich neben den Bache Kidron, in dem
hönften und fruchtbarften Theile der Umgegend von Jeruſalem. Gr ift 125
5. tief, und für gemöhnlih nur bis zu einer Höhe mit 50 F. mit füßem
und nicht ſehr kaltem Waſſer gefüllt, zur Megenzeit jedoch bis zum Ueber⸗
laufen. Schon Brocardus c. 8. halt ihn für identifeh mit dem Brunnen Ro⸗
gel, und Mobinfon ©. 141 fi. ſtimmt ihm mit vollem Rechte bei, da
nicht nur feine Lage mit den Angaben bei Joſua zufammentrifft, fondern au
der fon im arabifhen U. T. vorfommende und noch jegt üblihe Name
Hiobsbrunnen für dieſe Unnahme ſpricht. Andere freilih folgen blos ver
xradition und Halten ihn für den Nehemindbrunnen des U. T., während
fe (mie 3. B. Cotovic Itin. p. 292 f. und Troilo ©. 355.) den nörd-
liden Mariendrunnen für den Brunnen Rogel anſehen. Die Quelle Gihon,
die ſich doch ohne Zweifel im Thale Gihon oder Hinnom befand (dad von
Robinſon ©. 38 ff. Hefchrieben wird), Laßt ſich jehzt natürlich nicht mehr
auffinden, da fle fon Hiskias verflopfte und (durch einen unterirbifchen
Kanal?) ins Innere der Stadt, leitete (2 Ehr. 32, 30.); fie floß früher gewiß
tur das Thal Hinnom nah dem Kidron hinab. Wahrfcheinli wurde ber
unten zu erwähnende Teich des Hiokias aus ihr abgeleitet, und ebenfo hält
Robinion ©. 163. u. 165. (jedoch ohne ſichere Wrlinde) aud Die unter»
irdiſche Duelle des Tempelberges und die von Joſephus B. Jud. V,‘7, 3.
u. 11, 17, 9. erwähnten Wafferleitungen, welche Wafler nah dem Thurme
Hippicus und na dem königlichen Valafte auf Zion führten, für Ableitungen
piefer Gihonquelle. Ueber die Duelle und ven Teih Siloam fann kein
Zweifel flattfinden, denn fle fanden ſich nah Iofephbus im SO. der alten
Stabt am Ende des Käſemacherthales, und bier liegt noch heutiged Tages
dad Dorf Siloam, welches noch immer eine Duelle und ein großes Wafler-
behäftniß aufzuweilen hat. Das Wafler fällt, 255 3. von der öſtlichen Ede
des Felſens Ophel, aus einer durch Kunft gemachten Definung im %elfen
ealide Zuß tief in ein 53 F. langes, 18 5. breites und 19 F. tiefes
Baffin und fließt dann aus diefem in einem Fleinen Kanal an dem Buße der
Reilen Feloklippe des Ophel bin, um die umliegenden Gärten zu bewäflern
(Robinfon ©. 142 ff.).. Es if aber dieſes Wafler, mie wir gleich fehen
werben, Teine eigentlide Duelle, fondern nur eine durch ben Felſen hindurch»
geführte Waflerleitung aus dem nörblihen Marienbrunnen, und fo haben in
zemiffem Sinne Bocode Descer. of the Bast II. p. 23f. u. Korte Reife
S. 111 f. Recht, wenn fie, freilih ohne jenen Zuſammenhang zu ahnen,
und alfo einem blofen Irrthume folgend, obige Waflerbaffin allerdings für
ven Zei, den Marienbrunnen aber für die Duelle Siloanı halten.
Indeſſen bereihtigt nichts zu einer folgen Trennung, und die Alten verflanden
gewiß ımter der Quelle Siloam die Stelle, wo dad Wafler aus dem Bellen
ın das Waſſerbecken berabfirömt (vgl. Robinfon S. 145f.). Dr Brunnen
I.
890 Jerusalem
Tanin und der Nehemiabbrunnen aflen fi durchaus nicht näher beftimmten.
Unter den Teihen führt der des Hiokias noch jept den alten Namen (bei
den Eingebornen Birket el-Hammän). Er liegt auf der ehemaligen Ara
etwas öftlih vom Yafa⸗Thore an der Weſtſeite der zur Kirche des heiligen
Grabes führenden Straße und ift jeht ungefähr 240 engl. 3. lang und 144
F. breit; einft aber war er, wie Robinfon zuerft erfuhr, im N. um 57 5.
länger, indem jegt ein Theil des an ihn floßenden koptiſchen Klofters auf
dem ausgefüllten Theile und der alten nördlichen Dauer des Teichesd flebt.
Er iſt nämlid ummauert, hat einen felflgen Grund, und geringe Tiefe (vgl.
Robinſon S.135.). Daß er ohne Zweifel aus der Gihonquelle abgeleirer
war, haben mir fhon oben gefeben. Den oberen Teich Hält man allgemein und
gewiß mit vollem Rechte für den oberen Gihonteich ober Birket el-Mamilla
am Unfange des Thales Bihon oder Hinnom, A400 Schritte nordweſtlich vom
Dafas oder Bethlehems-⸗Thore. Er iſt nah Maundrell bei Paulus 1.
©. 136. 106 Schr. lang und 67 Schr. Breit, nah Robinſon ©. 130.
aber 316 engl. &. lang, 200-218 F. breit und 18 F. tief, ausgemanuert
und inwendig mit Stufen zum Sinabfteigen verſehen, aber nur zum Theil
mit Regenwaſſer angefült und fleht dur eine Waflerrinne mit dem Teiche
des Hiskias in der Stadt in Verbindung. (Vgl. auch Pocode ama. D.
©. 40.,.der von einer zum Theil verbedten Wafferleitung aus ihm nady dem
Wafjerbehälter unfern des heil. Grabes ſpricht. Außerdem vgl. über den
Teich auch CGotovic Itin. p. 150. v. Prokeſch ©. 1211. u. U) Der
untere Teich kann nun Fein anderer fein, als der untere Teich Gihon oder
Birket e8-Sultan (au Teich von Berfaba und Teich der Bathſeba ge-
nannt), weiter füböftlich in demfelben Thale, fünlid vom Vafa-Thore. Gr
it gleichfalls ummauert, und nah frühern Angaben (vgl. Bocode U.
p. 39. u. Prokeſch S. 60.) 250 Schr. lang und 100 Schr. breit, nad
Robinſon S. 131. aber 592 engl. %. lang, 245—275 8. breit und 35—
42%. tief, und troden. Ob er mit dem obern Teiche in einer unterirdiſchen
Berbindung fleht, iſt noch nicht ermittelt. Der alte Teih und der Teich
Afujah erlauben Feine nähere Beflimmung; der Königäteih und der Teich
Aiujah Hei Nehemia aber ift nah Robinſon ©. 148 ff. der heut. Marien;
brunnen (oder Duelle der heil. Jungfrau, bei den Eingebornen Ain Um ed⸗
Deraf), der die deutlihften Spuren hohen Alterthums zeigt (und von Andern
bald für die Duelle Siloam, bald für den Brunnen Mogel gehalten wird).
Er finder fich 1100 Fuß norpöfllih von der Duelle Silvam im Thale Jo⸗
faphat, und befteht in einem 15 F. Tangen, I5—6 %. breiten und 6—8 $.
hohen Becken, in welches das Wafler aus einer Höhlung des Felſens Ophel
berabfließt. Daß viefer Darienbrunnen mit der Duelle Siloam durch einen
unterirbifhen Kanal in Verbindung flehe, haben fchon frühere Reiſende (Po-
code II. p.23f. Korte S. 112. v. Richter ©. 31. Sieber S. 69.
Ghateaubriand II. p. 32. Budingbamp. 188. Richardſon I.
p. 357. u. 4.) angedeutet, doc ift ſelbſt Erome in Erſchs und Grubers
Encycl. ©. 281. darüber noch in Zweifel (vgl. auch Rofenmüller IE. 2.
S. 251.), und erſt Robinfon war es vorbehalten, alle diefe Zmeifel zu
Köfen, indem er den beide Quellen und Waſſerbecken verbindenden, durch ben
Belfen gehauenen Kanal, in welchem das Wafler des Marienbrunnens nad
Siloam Hinabfließt, feiner ganzen Länge nad durchkroch und durchwadete.
Er iſt durchaus 2 Fuß breit, aber von verfäiedener, gegen ©. immer zu⸗
nehmender Höhe, vom Marienbrunnen aus Anfangs etwa 950 F. weit fo
niedrig, daß man kaum auf allen Vieren hindurchkriechen kann, von ba an
einige Hundert Ellen weit 4 Fuß, dann 6-10 und endlich etwa 100%. von
feiner Mündung in Siloam an 15—20 F. hoch; feine ganze Länge beträgt,
da er in vielen Krümmungen geführt iR, 1750 F., während beide Quellen
*
Jerusalem’ 94
in geraber Linie nur 1100 F. von einander entfernt find. Der Zweck diefer
WBafterleitung, deren wohl ion Jeſaias 8, 6. gedenkt (melde Stelle Ro⸗
binfon entgangen ift), ift freilich unbekannt. Dielleicht, meint Robinfon, war
es in ſtrategiſcher Hinſicht wichtig, das Wafler auf einem unſichtbaren Wege
von einem Punkte zum andern zu bringen, damit ed, nahe an der Mauer
Dinfliebend, bei einer Belagerung von den Yeinden nicht abgefchnitten werben
fonnte. Webrigend fließt das Wafler der Duelle fehr unregelmäßig, bleibt
oft ganz aus, und fprudelt dann wieder mit neuer Kraft hervor, auf melde
Grigeinung Robinſon S. 158. die freilid etwas gewagte Conjektur grün-
bet, daß dieſer Königdteih des U. T. identiſch fei mit dem Teiche Bethesda
des N. T., deſſen Heilkraft blos in dem Bewegtwerden bed Waſſers
gelegen habe, d. h. eben in dem mit neuer Kraft erfolgenden Hervorquellen
des vorher ausgebliebenen Waſſers. Vom Teiche Siloam oder Siloah iſt
ſchon die Rede geweſen, und ebenſo haben wir auch bereits eine Vermuthung
ũber den Teich Bethesda kennen lernen, deſſen Lage außerdem völlig ungewiß
bleibt, da der heutige ſogenannte Teich Bethesda (j. oben S. 88.) dieſen
Namen blos dem Umſtande verdankt, daß man das heut. Stephansthor irr⸗
mmlich für das alte Schaafthor hielt und alſo die Piscina Probatica in
jeiner Näbe ſuchte. (Bel Robinfon S. 137. beſonders Note2.) Mauns
drefl (London 1839. p. 88.) verſetzt die Piscina Prob. innerhalb der St.
Annenkirche auf dem Hügel Bezeiba. Vgl. auh Rauwolf S. 282. u. 609.
Bas die alten Wafferleitungen betrifft, fo ift von der des Hiekias und ber
bei Siloah bereits die Rede geweien. Die heutige große Wafferleitung aber,
vie das Wafler aus den Teichen Salomo's ſüdweſtlich von Bethlehem nad
Serufelem und bis zur Hauptmoſchee führen, und über welde Pococke II.
©. 40. u. 64, Maundrell bei Baulus I. ©. 111. 114. 126., Ioliffe
(in d. deutſch. Ueberf. von Rofenmüller) ©. 112. 121., Chateaubriand
(nah d. deutſch. Ueberſ.) I. ©. 262., Budinghbam I. ©. 207., Richar d⸗
fon II. ©. 289., Grome ©. 280., Robinfon IL. ©. 166 ff. u. U. zu
vergleichen find, finder ſich bei den Alten nicht ermähnt. Auch von den Ci⸗
ſternen, vie das heutige Jeruſalem in großer Menge enthält (vgl. Robin
fon ©. 126 5.), find gewiß viele antif, namentli bie Tängs ber alten,
jegt ganz verlaffenen Straßen. Was endlich no die Umgebungen Jeruſa⸗
lems betrifft, die im Ganzen feinen freundlichen Anblid gemähren, indem der
fat überall mit Iofen Steinen überfäete Boden häufig den nadıen, kahlen
Ralffleinfelien zeigt (vgl. Robinfon ©. 16.), fo find fle in antiquariicher
Hinficht beſonders dur Die Menge alter Felſengräber merkwürdig (vgl. Ro⸗
binſon ©. 175 ff.), unter denen namentli zwei Gruppen unfere Aufmerk⸗
iamfeit in Anfpruh nehmen, die fogenannten Gräber der Nichter im NW.
der Stadt, eine halte Stunde vom Damaskusthore, am Außerflen Anfange
des Thales Joſaphat neben der Straße nah Neby Samvil. (beichrieben von
Robinfon ©. 181 fj.), und die fogenannten Königägräbder, ſüdöſtlich von
ben vorigen und näher nad) der Stadt zu, blos eine Viertelſtunde nördlich
vom Damaskusthore, zum Rechten der nach Nabulus führenden Straße, bie
dur ihre Broßartigkeit an die Gräber von heben in Aegypten erinnern,
und von Bocode II. p.20., Chateaubriand Itin. II. p.79f., Glare
Traveis P. II. Vol. 1. p. 599. und Robinfon, ver fie ©. 183 ff. aut-
führlich beſchreibt, für das von Joſephus B. Jud. V, 4, 2. und Paufan.
VUI, 16. erwähnte Grab der Helena, jener Königin von Adiabene, bie zum
Judenthume überging und in Serufalem begraben wurde, angeſehen werden,
da die freilich üßertriebene Befchreibung des Pauſanias wenigftens zum Theil
auf fie paſſe, die drei Pyramiden aber, die damals über dem Grabe empor⸗
regten, im Laufe der Zeit vernichtet fein könnten. Hierzu kommen noch vier
antite, aus dem Felſen ausgehauene Grabmaäler im Thale Joſaphat, öſtlich
Zgnatius (eoü Mayioropog Tür yoruuarınor), ein anbered bringt feine
Grabſchrift; |. Iacob8 Anthol. Gr. T. XII. p. 904. Gin in Jamben ge»
faßtes Gedicht auf Adam von einem weiter nicht bekannten Ignatius gab
Beiffonade (Anecdd. Graec. I. p. 436.) heraus: 'Iprariov oriyoı eis Ada.
CEbendaſelbſt IV. p. 436. befinden ſich auch: Zaußoi xara oroysiov Iyrariov,
wie es ſcheinen will, von dem oben zuerſt genannten Ignatius. [B.]
YIgnominis (aud in und nomen f. v. a. malum nomen; Non. Mare.
I, 93. p. 497. Goth. erflärt nominig nota), h. im w. ©. Verluſt oder Min⸗
derung der existimatio, während infamia (f. v. a. mala fama) urfpränglich
nur üble Nachrede hieß. In der Älteften Zeit gab eo Feine durch das pofi⸗
tive Recht ausgeſprochene Chrenſchmälerung, fondern nur bie des allgemeinen
Lebens, indem der gute Muf eined Bürgers durch allerlei Handlungen leiden
mußte, welche mit dem Charakter eines rechtlichen Bürgerd und mit der zarten
Gefinnung eines feinfühlenden Mannes unvereinbar waren. Sole Hand⸗
Jungen waren Vietätöverlegungen, 3. B. boppelted Cheverlöbniß, Schließung
einer zweiten Heirat vor Vollendung des Trauerjahrs u. f. m., ehrenrührige
Gewerbe, z. B. Kuppelei, noch mehr aber Vergehen und wirkliche Verbrechen,
welche dem, ver fie verübt, in den Augen des Publikums einen gewiffen
Makel auferlegen. Des Volks Urtheil gewann allmälig Einfluß auf Die
Geſetzgebung, fo daß manche Verfonen mit allerlei rechtlichen Nachtheilen in
Beziehung auf ihre Ehre belegt wurden, melde unter dem Namen igno-
minia begriffen wurden (ſ. Fronto de diff. verb. p. 284. ed. Nieb. igno-
minia imponitur ab eo, qui potest animadversione notare, infamia ex
multorum sermone nascitur), während andere von dem Geſet nicht berück⸗
fſichtigt wurden umd nur an dem faftifchen ühlen Rufe zu leiden hatten. Da-
durch bildete ſich ber Unterſchied zwiſchen der juriflifchen und der bürger-
lichen Ehre (existimatio). Die erfle iR die dem Bürger als ſolchem zufte-
hende und vom Staat garantirte Mechtsfähigkeit, gleihfam die Beringung
ded Genuſſes der bürgerlichen Rechte, wie Galliſtr. erklärt, 1.5.6.1. D. de
extraord. cognit. (50, 13.) existimatio est dignitatis lllaesae status legibus
ac moribus comprobatus. Die bürgerliche Ehre dagegen iſt der gute Auf,
welchen der Bürger in den Augen des Publitums hat und welder von dem
moralifchen Benehmen eines jeden Binzelnen abhängt. Eine Schmälerung
ber legten erwähnt Julian 1. 2. pr. D. de obseq. (37, 15.) re ipsa et opi-
nione hominum non effugiunt infamiae notam. ſ. Eic. in Vat. 16.
p. Clu. 14. — Biel wichtiger aber iſt die juriftifge ignominia oder der VBerlufl
und die Minderung ber bürgerlichen Ehre. A. Der völlige Verluſt der-
felben erfolgt durch den Verluſt der Freiheit und des Bürgerrehts, alio durch
jede capitis deminutio maxima und media, welche bei jeder Capitalſtrafe
eintritt (Hinrichtung, aquae et ignis interdictio, deportalio, condemna-
tio ad bestias, ad metalla und in opus publicum, fobald es perpetuum
tt), 1. 5. F. 3. D. de extraord. cogn. (50, 13.). Die damit verfnüpften
ſtaats⸗ und privatrechtligden Nachtheile f. bei aquae et ignis interdictio, ex-
silium und servitus poenae. ine Wienergeminnung ber verlorenen existi-
matio (außgenommen bei Todeöftrafe) war in der republikaniſchen Zeit durch
ein Volkegeſet, welches den Berbannten reflituirte, möglih, in ver Kalferzeit
dur Faijerlihen Befehl; f. restitutio und indulgentia. B. Die Minderung
(minutio). der bürgerlichen Ehre erfolgt entweder mittelbar Durch mebre
nicht capirale Strafen (Melegation, Eörperlide Züchtigung, damnatio in opus
publieum, d. 5. auf eine beflimmte Zeit), oder unmittelbar, nit ala
Folge einiger Strafen, fondern als Folge gewiſſer Verbrechen nad vorher⸗
gefaͤllter Strafſentenz. a) Die älteſte Art dieſer vom Richter auferlegten
ignominia begegnet uns in ven XII Tafeln, wo ed h., daß gewiſſe Verbrecher
+ improbi und intestabiles erklärt werden follten, ſ. d. Art. b) Cie
Igmäuns "=
neue Art won Ghrenfhmälerung mar die durch die Nota des Genfer erfol-
gende, weiße ignominia im e. ©. genannt wurbe. Cic. de rep. IV, 6.
Liv. AXI, 61., mehrmals bei Sueton, ſ. clavis Suet. von Baumgarten: Gru»
fius p. 405. Diefe befand aus einer temporären Entziehung ver publicifii-
ſchen Bürgerrechte (tribu movere) ober aus einer gewöhnlich vorübergehenden
Stanbeßerniedrigung, ſ. Bb. II. ©. 253., oder aus einem bloſen Tadel,
weider in bie Bürgerlifien eingeſchrieben wurde (die eigentliche nota censo-
ris). Gic. p. Clu. 42 ff. Der Genfor belegte mit diefer härtern oder mildern
ignominia diejenigen, welche bereit die infamia des gemeinen Lebens auf ſich
gelaben hatten, fo daß für viele auch rechtliche Machtbeile erfolgten. c) Am
wichtigſten ift die durch das prätorifche Edikt eingeführte ignominia (fpäter
infarnia gen.) ex edicto, womit ber Brätor mande Perfonen belegte,
welche ſich bes Genufſes der vollen existimatio unmerih gezeigt hatten, f. in-
famia. Diefe Strafe war, vorzüglich dadurch, daß fie Jebendlänglich dauerte,
härter, als Die cenforifhe Nota. d) Zu den Ehrenftrafen (ignominia) gehört
auch bie von der infamia unabhängige Auoſtoßung aus dem Senat ober ber
Gurie, ſowohl auf eine gewifle Zeit ald auf Lebenslang, desgleichen Abſetzung
von einem Amt oder Unterfagung von Würden, I. 5. $. 2. D. de extraord.
cogn. (30, 13.), L 2. 3. D. de senat. (1, 9.), 1. 7. $. 20. 21. 22. D.
de interd. (48, 22.), Sac. Ann. IV, 31. VI, 48. XII, 4.59. XI, 11. 32.
XIV. 40. 48. 59. XV, 71. Hist. IV, 39.; f. Magistratus und Senatus. —
Gine fahrifche ignominia traf nach römischer Anflcht gewilfe Stände und Ges
werbe (turpes, humiles und viles personae), welche an ſich nichts
Verächtliches haben, und dieſe Anfſicht des Volks übte auch auf die Rechts⸗
verhältniffe jener Claſſen Cinfluß aud. S. d. Art. Turpes persone Die
Ziteratur über ignominia if dieſelbe wie bei infamia, f. d. Art. [R.]
Eguviam;, jetzt Gugubio oder Gubbio genannt, hieß im Alteribume
ein anfehnlihes Municipium des umbrifchen Berglandes am fühlihen Ab⸗
Gange des Arenninus, meldes Cäſar B. C. I, 12. nad) feinem Liebergange
über den Mubico in Beil zu bekommen fi beeilte. Auf einem Berge ber
Stadt an der flaminifhen Straße lag ein hochverehrter Tempel Iupiters
(Giaubian. de VI. cons. Honor. 504.), deſſen Lage bie Peutingerſche Tafel
befondero begeignet, und in deſſen Auinen vor vierbundert Jahren ein Bauer ein
unterirdiſches Gewölbe entdeckte, aus welchem er fieben wohlerhaltene Erz»
tafeln mit umbriſchen Infchriften bervorzog, die noch jetzt auf dem Rathhauſe
m Gubbio ald das mertwürbigfle Denkmal des Alteribumes forgfältig auf»
bewahrt werden, und auch bier etwas ausführlicher beſprochen zu werben
verbienen, da wir durch fie mehr als taufennd Wörter der umbrifchen Sprache
und eben dadurch dad Verhältnig derfelben zu Andern Sprachen bed aufoni-
igen Bölterkammes fennen lernen. Ueberdies gehören fle zum Theil einem
to frühen Alterıbume an, daß fle ſchon hierdurch einen bedeutenden Borzug
vor den iguviniihen Münzen gewinnen, wenn auch dieſe nicht fo viel Ab⸗
weichendes von andern umbrifchen Dlünzen zeigten, daß man fih des Ver⸗
dachtes ihrer Unächtheit nicht ermehren kann. Lange waren jene Tafeln,
ungeadhter die beiden größten verjelben mit Iateinifcher Schrift beichrieben find,
ein verborgener Schatz, weil man beren Inhalt nicht zu enträthieln verfland,
und die Sprache der Infchriften, wie die umbrifche Schrift der fünf Übrigen
Tafeln, für tuskiſch hielt. Lipfius machte zwar ſchon gegen das Ende des
ſechszehnten Jahrhumbertd ein paar Tafeln bekannt, welche Gruter (Inscrip-
tiones antiquae Vol. II. p. CXLII.) im Anfange des flebenzehnten Jahr⸗
hunderte um etwas vermehrt wiederholte; volftäntig iheilte jedoch ſämmiliche
Infhriften, obgleih in verkleinertem Maßſtabe, erfi 1723 Bonarota in
Dempflers Werke de Etruria regali mit; und wenn gleich feit dieſer Zeit von
einzuinen Tafeln auch Facfimiles erſchienen, fo haben wir biefe doch vom
8 XRXRRR
*
allen Tafeln erſt vor einigen Jahren durch Rich. Lepfius in dem Werke
Inscriptiones Umbricae et Oscae quotquot adhuc repertae sunt omnes,
Lips. 1841.) nah Vapierabprüden erhalten. Minder frei von allerlei Irr-
thümern iſt der zugegebene Text, in welchem der Berf., zwar Manches erin-
nert, was die erſten Vorgänger in richtiger Deutung der Imfchriften, Orfr.
Müller und Lafien, nicht befriedigend erfußten, aber auch mit einzelnen Ber-
irrungen, welche ber Unterzeichnete am Schluffe feiner Rudimenta linguae
Umbricae ex inscriptionibus antiquis enodatae, Hannov. 1835—1839. felbft
geſtand, deſſen beſſere Anſichten dagegen faſt ganz unbenutzt blieben. Um fo mehr
hält es der Unterzeichnete hier für feine Pflicht, bei feinen Bemerkungen über bie
Inschriften zwar deren biplomatifch treue Abbildung von Lepflus zum Grunde
zu legen, in der Deutung derſelben jedoch feiner eigenen Anficht zu folgen. —
Ob ſich glei der Inhalt ſämmtlicher Tafeln auf die Heiligkeit des Ortes
bezieht, an welchem fle' gefunden wurden; jo hängen doch nur je zwei unter
ſich ihrer Schrift und der äußern Beſchaffenheit nah fo zuſammen, daß fie
in einerlei Zeit verfaßt zu fein ſcheinen. Gleichwohl bilden nur die beiden
Eleinften und die beiden größten Tafeln, von melden jene mit umbrifcher,
diefe mit Tateinifher Schrift befhrieben find, ein zufammenhängendes Ganzes,
welches fich bei jenen ſchon durch ihre äußere Beichaffenheit verräth, bei dieſen
aber au dur wörtlide Wieberholung der Schlußzeile der erften Tafel zu
Anfang der zweiten angebeutet wird. Zwei Tafeln mittler Größe mit umbris
ſcher Schrift zeichnen fi zwar durch Die Schreibung einzelner Buchflaben als
die älteften von allen aus, und enthalten einerlei Unterfchrift, welche auf Der
einen Tafel in der unterfien geile, auf der andern am ande ver Nüdieite
quer geſchrieben flebt: aber während ver Inhalt jener Tafel dem nur mit
allerlei Zuſätzen vermehrten Inhalte der beiden größten Tafeln entſpricht,
enthält die andere Tafel nit nur auf beiden Seiten eine befondere Infchrift
von verfchiedener Länge, fondern bat au auf der Rückſeite noch eine Dritte
Inſchrift erhalten, in welder zwar noch alle Buchſtaben, aber nicht mehr alle
Wörter auf gleiche Weile geichrieben find. Gleichwohl muß bie mit Der
Unterfögrift der erflen Tafel zufammenflimmende Randſchrift, wenn fie gleich
auch der Altern Schriftart angehört, noch fpäter eingetragen jein. Einer viel
fpätern Zeit gehört die nicht viel größere Tafel an, welche dadurch, daß fie
zwei Infchriften in umbriſcher, und wieder zwei in lateinifher Schrift ent-
hält, einige ältere Gelehrte verleitete, von acht noch erhaltenen Tafeln zu
reden. Die Iateinifhe Schrift iſt jedoch völlig derjenigen glei, mit welcher
die deinen größten Tafeln im zweiten Jahrhundert vor Chriſti Geburt be-
föprieben fein mögen. Dadurch werden die diefen gleichlautenden Tafeln mit
umbriſchet Schrift in ein weit höheres Alterthum Hinaufgerüdt, da die beiben
Eleinften von den übrigen ſchon in Sprade und Schrift verſchiedentlich ab⸗
weiden, und eben dedhalb die Linterfehrift der auf der Rückſeite der fiebenten
Tafel hinzugefügten vier Zeilen A. CCC anzudeuten ſcheint, daß der Inhalt
der ſechſten und flebenten Tafel eine Erneuerung der kürzern Berorbnung der
erften Tafel nad dreihundert Jahren fei. Aber wenn fih aud hieraus einige
Veränderungen der umbrifhen Sprache im Laufe der Zeit erklären; fo darf
man biefe doch nicht durch jede verſchiedene Schreibung in umbrifdger und
lateiniſcher Schrift begründet glauben. Bielmehr Ichrt die Gleichzeitigkeit
der beiderlei Inſchriften auf der alleinftehenven Tafel, melde fih aus dem
Uebergange des Schluß-s in ein Schluß-r ergibt, daß weder die der tuski⸗
fen entftammte umbriſche Schrift, no die von ber roͤmiſchen entlehnte
Iateinifhe dem umbriſchen Lautſyſteme vollfommen entſprach, und jene eben
fo wenig ein o, wie dieſe ein v, vom u zu unterfcheiden vermodte, und
darum jene nicht fo wie diefe, mit u ein v verband, biefe aber nur & für o
ſchrieb. — Der Mitlaut j wurde in beiderlei Schriftart nit vom Gelblaute i
Iguvium 7
untexfäiehen, und demnach nit nur Ine.Fisa ober Iguvina mit LeFira, fon»
dern auch kovina mit Iovina vertauſcht, da nah i fehr oft daß j, wienah
u das v ausfiel; aber in der umbrifden Schrift finden mir in gewiſſen.
Wörtern au zwei ii flatt eines vor einem andern Selblaute geſchrieben,
wie in den Namen Arzusöıs und KiaFeprun. Daß davon Bas zweite wie j
geſprochen warb, erhellet nidht nur aud dem’ erwähnten LsFira für Iguvina,
fondern au aus der Schreibung nepruss: für muonzıas ober neonrles:
und wenn dafür in lateiniſcher Schrift purdin sus gefchrieben warb, wie Ati-
ersiur für Arusdisp, fo mar bie Ausfprade bei fcheinbar verſchiedener
Schreibung ziemlih gleih. Man erkennt jedoch daraus, daß weder bie tusfifche,
noch die römische Schrift für die ganz eigenthümlichen Saufelaute der umbri«
fden Sprache ausreite; ſondern fo wie bie umbrifhe Schrift das tuskiſche
Alphabet mit dem lateiniſchen B bereicherte, fo führte fie das Zeichen » für
ven fcharfen, das Zeichen P für den ſchnarrenden Saujelaut ein, wovon bie
Lateinifhe Schrift jenen mit einem accentuirten 's, biefen aber durch RS
wiedergab. Dabei hatte die umbriſche Sprache noch einen Saufelaut, ‚welchen
die lateiniſche Schrift vom einfachen 5 nit unterfhieb, die tuskiſche aber
durch einen Bucflaben bezeichnete, welcher zimar einem boppelt durchſtrichenen
T gig, aber im Namen Uluxe für Ulixe; oder Uluxe für Odvovavs bie
Stelle eines x ober ss vertrat, und daher vermutblid wie ein fanftes sh
geistodhen ward. Weil das griehtihe Alphabet, welches der Unterzeichnete
zum Grfage des umbriſchen gewählt hat, ven ſcharfen Saufelaut zmar durch
Z bezeichnet, aber weder für den ſchnarrenden, no für den angehauchten
Saufelaut ein Beiden bat, fo. fhien es am geratbenften, jenen durch do,
diefen durch £ zu erfehen, was Hier bemerkt wird, damit man die mit griedht«-
fen Buchſtaben geſchriebenen umbriſchen Wörter nit falſch ausſprechen
möge. Wenn ed fl aber ber Unterzeichnete hat angelegen fein laſſen, jeden
umbriſchen Vuchſtaben durch einen beſondern griechiſchen zu erſehen; fo darf
man darum nicht glauben, daß auch die Umbrier gleich ſehr bemüht geweſen
wären, jeden Laut ihrer Sprache durch ein beſonderes Zeichen audzudrücken.
Vielmehr finden wir nicht ſelten einerlei Wort. ſehr bald hinter einander auf
verſchiedene Weiſe geſchrieben, und mährend aus dem tuskiſchen Alphabete,
welches beim Mangel aller weichen Mitlaute einen Ueberfluß an angehauchten
Hatte, nicht bloß das D für das lateiniſche F, ſondern auch zuweilen das oO für T
beibehalten, dagegen weder 5 von z, noch » von x, ſelbſt 4 nicht immer von
» unterſchieden wurde, ſchrieb man in Tatelnifcher Schrift flatt des K vor u
zuweilen Q, vor s au X, fonft immer C, welches jedoch zumeilen noch die
Stelle des G vertrat. Im fpätern Bufaße der zweitälteſten Tafel finden wir
joger zweimal ein lateiniſches M, und in ber jüngften umbriſchen Tafel bes
ſtaͤudig ein griechiſches A ſtatt eines umbrifhen M gebraudt: und fo wie in
der umbrifhen Schrift das s nicht felten verboppelt warb, fo liest man in
ber lateiniſchen Schrift zuweilen ee, oo, uu, unb zwar lehteres ſowohl in
seräuu für seritu, als in salvva für salva, weshalb man jo wenig in sub-
ocaus für subocau oder tuua für tua, als in touer für tuer, dad u als.
Mitlaut zu leſen braucht, wenn glei Liovina beſtändig Ijovina für Iguvina
lautet. — Als vorzügliäfte Sprachveränderung durch die Zeit erſcheint außer
ver Bertaufung eines s mit r, der zufolge die MNömer nad Anleitung des
App. Claudius Caecus den Cenſor des I. 319 v. Chr. Geb. Papirius flatt
Papisins nannten, und honos in honor abänderten, die Dehnung Langer
Votale durch den Hauchlaut, wogegen man den Ausfall mander Laute am
Seluſſe oder In ver Mitte der Wörter weit mehr in den ältern als in den
füngern Införiften bemerkt. So leſen wir auf der fünften Tafel xuuraE xAe
für usurands II, 7 f., wie in ver fpätern Inſchrift der zweiten Tafel ver-
Bey, rel Enskloy. W. 7
Tarsinatem, Tugeom, Naharosm, Japtısco(m) nome ; totar Tarsinater, trifor
Tarsinater, Tuscer, Naharcer, Japisc-pr nomner nerf 'sihitu, an'sihitu; Jovie
hostatu, -anfh)ostatu; tursitu, tremitıl, hondu holtu, ninctu, nepitu, sunitu,
savitu, preplohotatu, previslatu. Tıarsa Jovia! futu fons pacer pase tua
popie totar Jovinar, ‚tote Jovine, erar' nerus 'sihitir, an sihitir; Jovies hosta-
tir anhostatir, erom nomne, erar nqmne. — Sowie wir -fhon oben auf
den ‘Plural .nerus 'sihitir u. f. w. vont Singular nerf 'sihitu u. f. w. aufs
merkſam gemacht Haben, obwohl ber vorhergehende Dativ pople — tote
Jovine anzubeuten ſcheint, baß auch neirus Dativ fei, wie nerf einerlei Caſus
mit totam Tarsinatem u. f. w., worauf mir hernach zurüdfommen werben;
fo Iefen wir VIb, 61 f., wo drei Botthieiten zugleich angerevet werben, flatt
des Singulard futu fons, pacer pase tua (esto volens, propitia pace tua),
welcher in andern Gebeten auch fons sir, pacer sir VIb, 7., fonsir, pacer
si VIb, 26. ober fossej,. pacer sei Vla, 22. lautet, die Pluralform: Serfe
Martie! Prestota Serfia Serfer Martieır! Tursa 'Serfia Serfer Martier!
fututo [oner, pacrer pase vestra pople totar Ijovinar, tote Ijovine, ero
nerus u. f. w., mo ſich der Genitiv det Plurald ero(m) für eorum auf
das Collectivum pople bezieht, während ewar für das Femininum ejus auf
tote Ijovine bezogen werben muß. Nomne iſt der Ablativ oder Dativ, wie
nomner der Genitiv für nominis, nome atier ober vaueu Ib, 17. ein den
Umbriern eigenthümlicher Caſus, welcher fh in ruseme für ruri VIIa, 8f.
23. als localis auäwelfet, aber nicht felten mit einem instrumentalis auf f oder
fo verbunden wirb, wie wir für zoaoure (Incte saccato) Ib, 31. ober zo=
oxFra 1b, 35. nicht nur traba sahata VIl:a, 39., fondern aud trahaf sa-
kate Vila, 41. und traf sahatam Vila, 39. ober traha sahatam VIl a, M4A4 f.,
orrane Ib, 38. Iefen. Wie wir ferner für :nere uzres anependuen Ib,
15 f.. au ape- acesoniame hebetafe benust VI b, 52 f. geſchrieben finden;
fo lefen wir zu Unfange der fehöten Tafel niit nur ebetrafe ooserclome,
presoliafe nurpier vasirslome, fondern auch vapefe avie(h)clu, im Plural
vapersus(to) avie(h)ci(e)ir, für Faneyau aFienAugpe Ib, 14. Daß totam
Tarsinatem u. ſ. w. fein Dativ ſei, wie das folgende pople, lehret das
Gebet an Prestota 'Serfia 'Serfer Martier VIla, 9 ff,, wo bei ven ſchwarzen
Gefäßen (vesclir adrir) prevendu via ecla atero tote Tarsinate, trifo Tar-
sinate, Tursce, Naharce, Jabusce nomne u. f. w., bei den weißen (vesclir
alfir) hingegen ahavendu via ecla atero pople totar Ijovinar, tote Ijovine
u. f. mw. gebetet wird. Warum aber in Iguvium vor dem Gebete für deſſen
Volk und Staat für eine tarfinatifhe Stadt und Tribus Tuskiſchen, Nahar⸗
kiſchen, Japygiſchen Namens gebetet und geopfert wurbe, bleibt ein Räthſel,
wiewohl der Plural mehrer Verbe darauf Ieitet, daß mehrerlei Völker an
dem Sühnopfern Theil nahmen. In der Aufzählung der Schredniffe der
Natur, um deren Abwenbung gebetet wird, tursitu, tremitu (Beueröbrunft
und, Erdbeben), hondu holtu, ninstu nepitu (Sonnenbrann und Schnee
geſtoͤber), sonitu, savitu (Donner und Blig), preplo(ho)tatu, previ( s)tatu
(Platzregen und Sturm), ſpricht fid ein Streben nah Alliteration aus, mie
in den Worten, melde in das Gebet an Fisus Sansius VIb, 11. einge
f&altet\ find: dupursus, peturpursus, fato fito, perne, posine, sepse, sar-
site, vovwse avie esone. Selbſt einzelne Formeln, wie orer ose (oratus
audias), , pacer pase (pacatus pace), unb salva seritu (sala serxato) ver»
rathen eine Vorliebe ehr die Alliteration, wogegen in persi mersi VIa, 38.
oder persei mersei Via, 28. für perse mars est VIb, 31. der Reim ge⸗
ſucht zu friin fcheint. Beides dünkte den Abergläubigen eben fo wirkſam, ale
die Dreizalil, melde man bei allen Opfern beachtet findet, eſtim⸗
mungen, wann, wen, womit geopfert werben fol, in umbriſcher und lateini⸗
ſcher Schrift aljo lauten: U.
Eypuviuni | 101
1. Noe Fege; zosnlares IsFe KounsFı zos Pep yere.
Pre vereir treblaneir Juve Grabovei buf treif feta.
II. Dles Feges roeniaves rosp np nsuap gerrs Tosße IsFie.
Post verir treblanir si gomia trif fetu Trebo Jovie.
IIE Iloa Feoes tsoeranes os. Bsp yers, Maore KoanuFı gere.
Pre verir tesenocir buf trif fetu Marte Grabovei.
. IIec Feges teosvunes zog ap pelısp pers Bios Zalı.
Post verir tesenocir sif filin trif fetu Fiso Sansie.
- Ilgs Feoeg FeFusg zpep Bey nalspsp were Fugyiwve Kouneni.
Pre verir vehier buf trif calersu fetu Vofione Grabovei.
. Touc Fepes FeFus; zoep Fanıwop pers Tepoe IsFie.
Post verir vehier habima trif fetu Tefrei Jovi.
. Fionenau IeFia-roep FirAsp zsosp Maors Föbis were.
Vocucom Joviu -.vitlu toru trif fetu, Marte Horse fetu.
. Fonuxsu Kepstues 1osp Firlen ruour Ferre Ze(o)gpı pears.
Vocucom Coredier vitlu toru trif fetu, Honde 'Serfi fetu.
Derrieps Top anosp oupps Bre neıs pers Zeope Megprı.
Fondlire ubrof trif fetu, heriei rofu beriei peiu, Serfe Martie feitu.
Penws oe nepxa psypa sre-nein pers Llosorare Zeogis Zeope
Meorusg.
Aubine porca trif rofa ote peia fetu Prestote 'Serfie 'Serfer Martier.
XI. Toc oate top Fırlap gerrs Teoe Zepgıe Zeugs Maotiks.
Ttabaf sabate vitla trif fetu Turse 'Serfie Serfes Martier.
XI. Jlare nenis area puor, — ıFena oe aneoerıe were Teoe IsFie.
Pane poplo andirsa fust — ivenga - trif- acersoniem fetu Turse Jovie.
In dieſen Beflimmungen ift außer bem Imperative pers oder gerre für
&acito nichto Flarer, als die Bezeihnung der Opferihiere durch den instru-
mentalis,, befien Endbuchſtab eben fo beliebig gefeht als ausgelaſſen if. Da
vas Zahlwort drei mit Ausnahme des ſchon befprocdhenen zwölften Opfers
auf der erfien Tafel unmittelbar vor, auf den beiden letzten Tafeln aber
unmittelbar nach den DBenennungen der Opferthiere ſteht; fo iſt si gomia für
suibus scroßs, sif filiu für suibus verribus, und vitlu toru für vitulis tauris
geſchrieben, wogegen dad nachgeſetzte Adjectiv calersu nur bie melße Farbe
ber Stiere bezeichnet, wie rofu und peiu ober rofa und peia nad heriei
(sire) ober ote (aut) die. rothe oder dunkle Farbe der Eber und Ferken
weiblichen Geſchlechtes. Schwieriger iſt die Deutung der Bötternamen, und
nur bie Bemerkung, daß dem Serfus Martius Eher, feinen Begleiterinnen
weibliche Ferken und Kälber geopfert werben, füßret dahin, durch Jovis,
Mars und Vofion‘Grabovius drei obere @ötter, wie durch Treba, Tefra und
Tuarsa Jovia drei Bfttinnen verfchiebenen Ranges bezeichnet zu glauben. Wie
biefen Saͤue, Länmer und Minder geopfert werben, fo dem Fisus San sius
oder Fidius Saneus, welchem die Burg Iguviums den Namen Ocar Fisius
zu verbaufen ſcheint, männliche Schweine, und Fexsxsu IsFie, .stuve sep
gepga® (cum foco Jovio, quum ovibus februant) dem Mars Horsius, auch
Feuasauu Kupsries (cum foco Curitis), dem Hondus Serfius männliche Kälber,
wie es die römifche Benennung ber Suovetaurilia fordert. Von anderer Art
ad die Opfer der zweiten Kafel, welche mit ven Worten Teueræg Tenspıes
An, zanpsu ensru (Somonlis decuriis. suem, caprum offerto) beginnt,
und nach der Aufzählung von neun Doppelgeſchlechiern zenFiac- pauedıas
Houssgeac (uobilis familiae Pompiliae) hinzufegt: Is Fe naros para, m neganre
ause entee und Fanıre Zalı auners, nanos neoanve oeFanre unere.
Am Ende ver Borberfeite Heißt es: pero IaFe naroe Fouanep yanırz gonzos
Asuspıa (pro Busia stirpei frairùm Atiersiorum), zu Anfange der Ruͤckſeite
aber: garu Gonrguonse Agusfıe Xfacito pro fratribus Atiersiis), Faarsle
'
„mRdss.z
.
108 | Ylareurie — Iliuneus | |
zwar wurbe Ilaira Gemahlin des Gaftor. Apollod. IH, 105.3. Schol. By-
eophr. 511. [Mar.]
Ylarconris, Stabt bei den Carpetanern in Hiſp. Tarrar., Piol., jetzt
Sorda. [P.] |
Ylargus, Fluß im zweiten Rätien oder Vindelicien, Pedo Albinen.
eleg. ad Liviam 386., wo verſchr. Itargus, j. bie Sler. [P.]
Mdam, Ort in Sifp. Tarrac., It. Ant., j. vielleicht Billa de Ca⸗
baned. [P.]
yıaı, Eileo:, ein dryopiſcher Drt nördlich über Hermione in Argolis,
mit einem Tempel der Gered und Proferpina, Pauf. IL, 34, 6., jet Eleo
ober Ili. [P.]
Nterda (Hilerda, Auſon.), einft namhafte Stabt der Ilergeten in Hiſp.
Tarrac. auf der Höhe über dem Sicoris, über welchen eine fleinerne Brüdke
führte, von den Römern zur Golonte erhoben, zu Aufontus Seit aber (Epist.
XXV, 59.) ſchon zum Theil verfallen, j. Leriva. Gier wurben bes Pompejus
Zegaten von Cäſar geichlagen, Cäſ. B. C. I, 41. 43. 45 App. B. C. I,
42. Vellej. II, A2. Suet. Caes. 34. 2ucan. IV, 143. 261. Horat. Ep.
I, 20, 18. Blin. IH, 3, (4.). Flor. IV, 12. fP.
Ylergnömes (llercaonenses, Liv. XXH, 23.), Bolt in Hifp. Tarrac.
welih vom untern Ebro bis an dad Idubeda⸗Gebirge, Plin. II, 3. (4.).
Ptol. Bei Eäf. B. C. I, 60. Illurgavonenses. [P.}
Zlergaonia, auf Münzen, waährſcheinlich Beiname von Dertofa, f. d.,
nad Andern dad j. Ampoſta. [P.)
. Hlerg&äten, Volk in Hiſp. Tarrac nörblih vom Ebro, öfli von
Gäfarsugufla, die Iferaugeten des Hecatäus bei Stepb Byz. vgl. Polyb
IH, 35. Str. 161. Liv. XXI, 61. XXII, 21. Plin. III, 8. (a) Us
Stadt nennen ZAovoyaın Polyb. XI, 24, 10. Zvoyi« Appian. Hisp. 32.
Dovoyis Btol. [P.]
Mia, f. Rhea Sylvia.
Yıfea (Ilice, f. Tʒſch. zu Mela Vol II, 2. p. 442.), Stadt und Co-
lonia immunis in Hiſp. Tarrac., j. Ele ober vielleiht au Alicante an
der Seeküfle, Plin. II, 3. (A.). Mela I, 6. (Mlice). Ptol. It. Ant.
Sehr mwahrfcheinlih das Elike des Diodor XXV, 2. [P]
Hlienses, farbinifhe Völkerſchaft, |. Sardinia. [P.]
Yltöna ('IAiora), Tochter des Priamus und ber Hefuba, wird von
den ältern Mythographen, 3. B. Apollodor, nicht erwähnt, fonbern erſt von
Hygin. fab. 109.240. cf. Hor. Sat 11, 3, 64. (Heindorf). Serv. zu Birg
Aen. 1, 653. Heyne Exc. XXIV. Gic. Acad. II, 27. Tusc. I, 44. Die
Sage von ihr iſt folgende: II war an Bolnmneftor (al. Bolymeftor), König
auf dem thrazifchen Cherſones, verheirathet. Belm Unfang des trolaniſchen
Kriegs wurde ihr von ihren Eltern ihr Bruder Volydorus übergeben. Sie
erziebt ihm aus ſchweſterlicher Liebe, als fei es ihr Sohn, während fie ihren
wirflihen Sohn Deipylus für den Polydorus audgiebt. Ald nun die Griechen
Trofa erobert hatten, verfpraden fie dem Polymneſtor, um den Stamm bes
Briamus ganz auszurotten, eine große Summe fo wie die Gleftra zum Weibe,
. wenn er den Polydorus tödlen würde. So tödtet Bolynmeftor feinen eigenen
4
2
Sohn Deipylus, den er für den Polydorus hielt. Der ächte Polydorus
erfährt nachher die Wahıheit, und mit feiner Hülfe tödtet nachher Ilione den
Bolgmneftor, nachdem fle ihm zuvor die Augen ausgefloden. — Pacuvius.
und Accius haben diefen günfligen Stoff in Tragöbien bearbeitet. [ Mzr.]
Ylioneus ('IAorev;), 1) Sohn des Amphions und ber Niobe, ben
Apollo, weil er beiete, gerne verfchont Hätte, wenn der Pfeil nit ſchon
abgedrückt geweſen wäre. Dvid Met. VI, 261. — 2) ein Trojer, Sohn bes
VhHorbas. I. XIV, 489 ff. — 3) ein anderer Trejaner, den Diomedes erlegte.
KIlpa — Ylllkıyla 103
Duimt. Sa. XII, 180. — 4) einer ber vornehmften Begleiter des Aeneas.
Birg. Aen. I, 120. [Mzr.
Hiipe (Ilipa magna), Stabt in Turbitanten (Hifp. Bät.) am Bätis,
der bis hierher für größere Fahrzeuge ſchiffbar iſt, mit Silbergruben in ber
Nähe, Gir. 141 f. 174 f., gehörte in den Gerichtsbezirk von Hiepalis, Plin.
HE, 1. (3.). Liv. XXXV, 1. Ptol. It. Ant. Jetzt Pennaflor. [P.]
Hipäla, 1) magna, Ptol., oder Il. Laus, Plin. III, 1, (3.), Stadt
in Hiſp. Bätica, nad Neid. j. Zora. — 2) minor, Plin. a.a O. civitas
stipend., in Hifp. Bät., zum Bezirk von Aftigi gehörig, j. Lepe di Ronda.
Verſchieden bavon war 3) Ilipula, Ptol. Ilipla, It. Ant., Stabt in Hiſp.
Bät. zwifchen dem Bätis und Anas, j. Niebla. — 4) Berg auf der Süd⸗
felte Des Bärls, Ptol. [P.]
Hiissiades, Nymphen des Iliffus (oder Muſen), die am Iliffus in
Attika einen Altar Batten. Pauſ. I, 19, 6. [Mzr.]
Elithyia (Eilsidue, auch Elevövm, EAröve, 'Eisvßw, über bie
Namen vgl. man Jakobs Anthol. Pal. p. 156.), erſcheint in der griechiſchen
und römiſchen Mythologie als die theils hülfreich, theild feindlich wirkende
Geburtögöttin, und zwar bald als feldfiftänviges Wefen, bald als bloßes
Artribut der Here (Juno) oder Artemis (Diana). Um einige Klarheit in
die verwirrten und zum Theil widerſprechenden Sagen zu bringen, iſt vor
Allem erforberlih, dieſelben nach der Beziehung aus einander zu Halten, in
welche die Ilithyia zu diefen und andern Gottheiten gefegt wird. Mit Here
fegen fle in Berbindung: Apollodor, Heflod und Homer. Nach Apollo. I,
3, 1. unb Seſiod. Theog. 916. nad Voß, tft Ilith. nebſt Hebe und Ares
Zoäter des Zeuß und ber Here, nad cretifcher Sage geboren in ver Ge⸗
gend von Cnoſſus zu Amnifus auf Greta. Pauf. I, 18. Diod. V, 72. In
einigen Stellen der Ilias (denn bie Odyſſee Fennt nur Eine Ilithyia, XIX,
188., vielleicht nur in der Art, wie au von einer Moira, Crinnys, Muſe
bei Homer die Rebe it) werben mehrere ſolche Toͤchter der Here genannt, 11. XI,
269. XVI, 187. Die Ihätigfeit dieſer Ilithyien erfcheint als eine gedoppelte,
fie find einestheils diejenigen, welche den berben Pfeil des Schmerzes fenden,
anderntbeild aber find fie Die koyoszoxa, d. i. fle helfen den ſchwer Behä«-
renden. Insbefondere haben nah der Ausmalung fpäterer Dichter Junge
frauen, bie ihre Jungfraufchaft nicht bewahrt haben, und bie jungen Weiber,
die zum erflenmal gebären, ihren Zorn zu fürdten, Theocrit XXVII, 28.
Schol. zu Theocr. II, 66.; und mit Rückſicht auf dieſe Vorflelung einer
Drobenden Göttin wurde biefelbe mit Fackeln und andern drohenden Werk» '
zeugen dargeflellt, Bauf. VII, 23. Bei Homer erfeint fie gleichfalls zwei⸗
mal als feindlich wirkende Beburtögättin. Als Leto auf Delus gebären
follte, Aigt Ilüuhnia auf Befehl der Here auf dem Olymp und binbert neun
Sage lang und eben fo viel Nähte die Geburt. Die um die Kreifende verſam⸗
weiten Böttinnen ſenden daher die Iris an fle ab und laſſen ihr einen Hals⸗
f&mud anbieten, um fle zur Hülfe für Leto herbeizuloden. Sie fam und
zıun erfolgte die Geburt Apollo's, indem Leto mit ihren Armen den Palm⸗
Baum umfaßte und bie Kniee gegen den grünenden Boden flemmte. Hom.
Hymn. in Ap. 98 ff. No ſchwieriger zeigte ſich Ilith. bei der Geburt des
Seracles. Sieben Tage und Nächte hatte Alemene mit den Geburtsſchmerzen
zu ringen. Dann rief fie die Ilith. an. Diefe Fam zmar, aber nit um
zu helfen, fondern um im Auftrag ber Gere die Geburt j hemmen. Sie
fegte ſich deshalb auf den Altar vor bee Thüre, ſchlug ein Bein über das
ausere, verſchraͤnkte die Hände und murmelte Zauberfprüde. Galanthis, nad
Ansern Galinthias, die Dienerin ver Alcmene, bemerkte vielen ſchaͤdlichen
Gefuf und wandte nun eine KR an, den Zauber zu ven Sie trat
ww.
x
6 . Mlikyin .
mlich plögli vor bie Aith. Hin und fagte, In biefem Augenblick fei Akcmene
"bunden worden. Darüber erfhroden fprang die Böttin auf, Tößte die
t:fögränkten Hände und Beine, und nun erft Eonnte Alemene gebären. Ga»
ithis freute fi frohlockend ihrer Lift, murde aber von der zürmenden Jlith.
eine yaaz, yarzr (Wiefel oder wohl richtiger Rabe, man f. unten bie
ypt. 36) verwandelt. Hom. Il. XIX, 119. Ovid Met. IX, 265 -320.
iton. Liber. 29. In dieſen Sagen ſehen wir ſomit bie Jlith. ganz im
ienſte der Here wirken, und bei Homer II. XIX, 116 ff. finden wir ſie fogar
t derfelben iventifizirt, indem das Weib des Sthenelus bei ihrer Entbin-
ng von Here ſelbſt bebient wirb, wie denn auch nad Heſych. s. v. Eier
sa die Here zu Argos ſelbſt Diefen Beinamen führte. Noch mehr finde
fe Vermiſchung bei römiſchen Dichtern Statt, die zu wieberhoften Mala
a einer Juno Lucina reben. Xerenz Adelph. III, 5, 41. Andr. II, 2, 1.
id Fast. VI, 39. Nach Gerv. zu Birg. Ecl. IV, 63. wurbe bei der Geburt
er Knaben der Juno Lucina im Atrium des Hauſes ein Lager bereite.
MWiderfpru mit diefer Sage von ber Ilith. als einer Tochter der Here
d des Zeus oder ald ber Here ſelbſt ſteht nun bie Beziehung, in ber bie
be zu andern Böttinnen erſcheint. Weniger von Bedeutung iſt vie Sage,
habe der Rhea bei ver Geburt des Zeus fchon beigeſtanden; aber ihre Ver⸗
bung oder au Vermiſchung mit Artemis Täuft um fo auffallend
sen jenen erfigenannten Sagen ber. Und zwar um fo mehr, da bie Jlith.
3 Einemal in einem gewifien Gegenfak zur Artemis erſcheint, indem bel
: Annrung der Tochter des Phlegyas dieſe von der Artemis getübtet
rd, ehe die Ilith. erſcheint, Pind. Pyth. III, 9. (15.), fonft aber mit der
temis gerabezu ibentifizirt wird. Artemis — Diana, ale Monpsgöttin mit
onderem Einfluß auf die Geburten gedacht, iR auch Artemis — STihyia,
nf. Plut. Symp. II. a. @. und fon Apollod. I, 4, 1., nah melden
o zuerft bie Artemis und dann von biefer bei der Geburtdarbeit unterflüfl
+ Apollo gebar, Callim. Hymn. in Dian. 21., beſonders aber die röml
en Dichter, bei denen Artemis ganz zur Aoysin, Dea Lucina wird. Hor.
1.11], 22. Carm. saec. 14. Ovid Fast. 11, 450. Tibull. III, 4, 18. Dionyf.
nr Halik. IV, 45. erzählt, Servius Tulltus habe das Opfergeld beflimmt,
3 jenes Familienglied für die Geborenen in die Schatzkammer der Jlith.
abfen müfle (die Romer nennen diefelbe aber Lucina), läßt aber unent⸗
leden, 05 er Juno oder Diana Lucina meint. Bel Gatufl. XXXIV, 13.
rden Iuno und Diana ald Lucinae mit einander vermengt. Wan f. anf
:5 zu Virg. Ecl. IV, 10, 63. und Serv. zu d. St. Weiter kommt aber
3 in Betracht, daß die Ilith. au zu den Moiren in Beziehung gefeht
ed, Pind. O1. Vi, 42. (72.) Nem. VIE, 1. @urip. Iphig. 205. Paul.
U, 31., womit zu vergleichen iſt Plato im Symp. in der Rede der Di
‚a, wornach die Braut vor dee Hochzeit der Juno, ber Diana und ben
arzen opferte. Und berfelbe Pauf. IX, 27. führt an, daß in einem alten
mnus des Olen die Ilithyia als Mutter des Eros befungen worden ſei
d zugleih als evAwos — die gute Spinnerin, ſomit ald Schidſale⸗
tim, infofern die Begriffe des Spinnens und Webens aufs Bnafle
ı Borftelungen vom Schickſal verknüpft wurden (man f. Baur Symb. 1.
©. 331.). Paufanias in d. a. Gt. läßt die Ilith. gerade für bie Per
„mene, Schickſalsgöttin, gelten. Won biefem uralten Sänger Olen (’UArr)
‚t man merkwürdige Nachrichten bei Bauf. I, 18, 5. IX, 27. und Herob.
., 38 ff. Derfelbe, ver Ältefte Sänger, fo weit bie Griechen wiſſen, fei an
"2 Spike einer PBrieftereolonie von Lycien ber nad der Infel Delus ge
-mmen und habe dorihin mit der Meligton, die ex hieher verpflanzte, auf
Geſchichte ihre Urfprungs gebracht, welche fofort in Hymnen fich erhalten
be. Er fang die Geburt des Apollo und ber Artemis und der hülfreichen
Klichyla Lı.
Rithhyia avAsro;, der Mutter ded Eros, und nannte fie eine Superborän
(nah einer Nachricht war Dien ſelbſt ein Hyperboräer), die von ihrer Sı
math in den Süden fam, und mit welcher zwei weitere fpätere Züge -
Zufammenhang flehen, von denen Herod. a. St. berichte. Mit dieſer uraltı
Sage, die, wie wir gefeben haben, in ben fpätern Borflellungen von d
Ilich. bei Pindar, Euripives, Plato nachflingt, find wir auf den Bunft g
kommen, auf dem über dad Berhältnig ver Juno — Ilithyia und ber Diana --
Ilithyia trog ber fyäteren Bermifgung eine Aufklärung gefunden werb:.
fann. Dffenbar find es zwei ganz getrennte Sagenkreife, die wir bier 7°
unterfcheiden Haben, der von Greta und der von Delus. Auf Ereta trir.
ber Mythus in Verbindung mit dem Mythus von Jupiter und Juno. Dies;
Stammgötter der cretifchen und olympiſchen Goͤtterdynaſtie gelten nad cret}-i
ihen Roralfagen als Stifter und Mepräfentanten der Ehe. Die Ehe ds:
Stummgötter wird in myſtiſchen Gebräuden das Borbild der entwilderten
Eiämme, und Hera (die Herrin, Frau) wird die Vorſteherin und Schupfra‘}
aller Borfommenheiten unb Biliäten im häusliien Leben. In ven Jahrel
der Meife wird das ehelide Band zwifchen dem Jüngling und Mädchen S
ihlefien und bie Folge zeigt fi nach zehn Mondwechſeln in der fröhlich:
Entbindung ber jungen Frau. Beide DVerbältniffe drückte bie Bilderſprach“
jener Menſchen, welche Urſachen und Wirkungen am liebſten in Stammtafel:
und Iheogonieen barflellte, burdh die von Zeus und Juno erzeugten Kinder
Hebe und Ilithyia und Ares aud. Bon nun an erfeint bie geburtöhelfenez ‘
Sörtin immer im Gefolge ihrer Mutter, fie wird bie ans Lit bringent?
Helferin, die gütige Juno Lucina, der hauptſächlich die Prädikate der griechi
ſchen Dichter gelten: zpavunue — hulbvolle, Pind. Ol. VI, 42. (71.),
unzporolos — bie Helferin der Mütter, Pyth. III, 9., emeAvoauern (Oeſych.).
Analarog — die den Gürtel der Gebärenden löſende, Iheoer. XVII, 60.
norostonog, |. oben. Diefer Mythus nun, der die Slith. einzig ala Vor⸗
fteberin der Geburten, ihr Weſen einzig in Beziehung auf dieſe Seite ve
Natur lebens auffaßte, floß nun vielleicht eben in Delus, wohin er von
Greta and gefommen fein mag (Müller Dorier I, 243. u. 312.), zufammen
mit einem zweiten Sagenfreld, der aus ganz amberer Duelle ſtammt, und
in welchem lub. vorzugsweife als Schickſal amacht, alfo als eine Gotihel,
von weit allgemeinsrer Vedeutung und von mehr ethiſcher Art aufgefaßt war,
Welches war nun biefe Quelle? Bon Medien ber über die aflatichen Küften
bes ſchwarzen Meeres herab hatte fi ſchon fehr früh der Dienft einer Göttin
ſelbſt in Kleinaflen verbreitet, vie man als Symbol der gebärenden umb
allernährenden Kraft ber Natur anſah. Der Mond if ihr Sinnbilb am
Simmel, denn er empfängt die Sonnenſtrahlen und fördert die Erzeugung
und dad Wachtthum auf Erben. Die Kuh if ihr finnlichſtes gemeinfaßlich⸗
fleb Gegenbild auf der Erbe. In Seythien murbe fie die Stiergättin, in
Kiemafien in Verbindung mit dem Dienft der Eybele die große Mutter. "Ihr
Hauptfig war Epheius. Diefe erfie Religionsverpflanzung aud dem Nordoſten
ber, von ben Hyperboraͤern, iſt die Ilithyia Olens. Mit dem fpätern Dienſt
tes cretifchen Zmillingspaares, des Kinder der Leto, vermifcht, wurde bie
Artemis ber Griechen, die Diana ber Nömer daraus, indem einestheild die
telifgen Sagen aufgenommen wurden, anberntheild aber dad, was im aflati=
Hm Mythus und Kultus in Einer weiblichen Gottheit vereinigt war, vom.
Griechen in feiner Here, Iliihhia, Artemis, Aphrodite, Perſephone, Hekate
vereinzelt gedacht wurde. Für alle dieſe findet ſich wenigſtens Raum in ber
mesiich- perflicden Mithraperſephone, oder, wenn man lieber will, in ber
afgriigen Tanais. Insbeſondere laſſen ſich aber bie Borflelungen einer
Mendsgättin, ' die ald ein numen virginale und zugleich als einflußreih auf
die Geburten gefaßt wurde, und zwar mit dualiftiſchem Charakter, alle bie
‘
108 Klickyla
Grundvorſtellungen ber griechiſchen Sage von der Hit. laſſen ſich in jenen
oberaflatifchen Sagen verfolgen. Damit ift aber keineswegs gefagt, daß deß⸗
wegen bie griechifche Artemis — Ilithyia ohne Weiteres aus aflatifen Mythen
herübergenommen wurbe, fondern es ift auch bier wieder die Bereinzelung
und Vermenſchlichung pas Kigentbümliche des helleniſchen Mythus. So viel
mag bier genügen, um bie Forſchungen über ben Zuſammenhang der be⸗
treffenden Sagen in ihren Hauptfägen anzubeuten. Weiteres f. m. in Bötti-
gers Ilithyia. Weimar 1799. Bei. Werke Ifter Bor. Greuzer Symb. 2te
Ausg. I, 734 f. II, 116 ff. 148 ff. 171 ff. Moers Religion der Phönizier
©. 620 ff. — Wenn das Bisherige es uns einigermaßen verftändlich macht,
wie durch Vermiſchung zweier Sagenkreife das Vorhandenſein einer Here —
Ilithyia und Artemis — Ilithyia in der griechiſchen und römifgen Mytho⸗
Iogie zu erklären fein möchte, und wenn wir mandes Räthſelhafte in ben
Vorſtellungen verfelben durch Zurüdgehen auf vorberaflatifche Bottheiten auf:
zubellen verſuchen können; fo if andererfeitö nicht zu leugnen, daß bei Dem
Mangel an fiheren Beweiſen die Ergebniffe doch nur im Allgemeinen ſtehen
bleiben muͤſſen, d. h. wir finden nirgends in den Mythen bed Drients eine
einzelne, feft ausgeprägte Ilithyia im Sinne der fpätern griechiſchen Mytho⸗
Togie. Anders verhält es ſich dem erflen Anſchein nad, wenn wir und zu
der ägyptiſchen Ilithyia wenden. Die Griechen fanden in Oberägypten
eine Stabt Ilithyia, die mit ihrem Tempel einer Göttin gleichen Namens
geweiht war, Strabo XVII, p. 817. Diod. Sie. I, 12., und zwar fagt Der
letztgenannte Schriftfteller, Iiithyia gehöre mit Jupiter, der Sonne, Hermes,
Apollo und Pan zu den älteren Göttern. Ebenſo ſpricht Guſeb. praep. ev.
III, 12. von dieſer Stadt und Göttin und fagt, jeber dritte Tag, wahr,
fhelnli in jevem Monat, fei biefer Ilith. geheiligt geweſen und ihre Biliver
haben die Geftalt eines weiblichen Geiers gehabt. Diefer Bogel aber war
dem Monde Heilig. Der nächſte Gedanke hiebei Ift zwar, mit dem Namen
ſei eben au die griechiſche Vorflelung in fpäteren Zeiten nah Aegypten
gelommen. Nun mirb aber eine entſchieden ägyptiſche Goͤttin, Bubaſtis (m.
f. d. Art. im erflen Band) offenbar mit der Ilithyia verwechſelt in einem
Vrogramm des Nicarchus, Anthol. gr. I, 72, 3., wo «6 aus Beranlaffung
einer fehr leichten Geburt einer Frau heißt: „ſo wird Bubaflis überflüſſig;
wenn jede gebären wird, wie biefe Frau, wer wird dann noch nad) der Göttin
fragen?” und Ovid Amor. II, eleg. 13. fpielt darauf an, daß Is ſowohl
als Bubaſtis von ſchwangeren Brauen als Jlichyia angerufen wurbke. Somit
werben wir, geflüßt auf die fonfligen Beweife, daß Ifle und Bubaflis als
Mutter und Tochter einem und bemfelben Vorfielungskreife angehören, keinen
Anſtand nehmen dürfen, dad Ergebniß des beveutendflen Älteren Forſchers über
ägyptifche Mythologie, Jablonoky (Panth. II, c. 3.), mit den Prigard (Darft.
». ägypt. Myth. S. 113 ff., beſ. S. 120.) übereinftimmt, als fiher anzunehmen,
daß die Ilithyia Oberägyptens Ifis oder Bubaflid unter irgend einer befondern
Form gewefen fein mag. Auch Darftellungen von ihr als einer Wehemutter finden
fh, befonders die auf einem Melief in Hermonthis, vgl. Hirt über bie Bil⸗
dung der ägyptiſchen Gottheiten. Ohnedieß ift nicht wohl ander zu erwarten,
als daß in der aͤgyptiſchen Meligion, in melder Zeugung, Geburt und Er⸗
nährung des natürlichen Lebens eine fo wichtige Mole fpielen, eine insbe⸗
fondere der Geburt vorſtehende Gottheit fich findet, und zwar iſt es alſo bie
Sauptgottheit in weiblicger Gehalt, Iſis, der in ihrer Tochter Bubaſtis —
Nithyia diefe Funktion übertragen war. ben bamit hängt nun aber Die
Beziehung zu dem Monde zufanımen, welde dieſer äghyptiſchen Ilithyia ge»
geben war. Denn fie if, wenn auch nicht allein, Doc vorherrſchend Monds⸗
göttin. Diefe Beziehung geht aber namentli auß dem Sauptemblem eben
des Bubaftis, der Kae, hervor (f. Bubastis im erflen Band. Prichard a. St.
Zlithyla 109
and Iablonsfy Panth. III, 3. 6. 6.); denn die Katze iſt Symbol des Mondes.
Somit Tönnen wir den Schluß ziehen, fagt Prichard, daß Bubaflid — Ili⸗
thyia den wohltbätigen Einfluß darftellte, den nad der Vorſtellung der Mond
oder ein in demfelben wohnender Dämon über die Geburt oder bie Schwan⸗
geren Hatte. Nimmt man nun zuſammen, wie gerabe dieſe Borftelung von
einem Einfluß des Mondes auf die Geburten in der Verbindung ber Artemis
als Mondegöttin mit der Artemis als Geburtsgöttin in der griechiſchen und
röuifgen Mythologie ſich perfonifizirte und fortlebte, wie auffallend vie
fonderbare Gage von der Verwandlung der Galinthias in eine Kate in dem
äppptifchen Emblem der Bubaflis ihre Erklärung findet, fo möchte die Ver⸗
ſuchung nahe liegen, Aegypten als die Hauptquelle des ganzen Mythus an»
zufeben. Man büte fi aber dennoch, zu viel auf ſolche Uebereinflimmung
zu bauen. Denn ſolche Beweiſe find denn doch wenig fliähaltig und werben
durch Anderes wieder umgeftoßen. Ginen Widerſpruch Tönnte man ſchon
derin finden, daß nah Manetho bei Plut. de Is. 73. in der Stabt JIlithyia
Menſchenopfer dargebracht wurden. Wie fol diefe Sitte mit der Geburts⸗
öttin zufammenhängen, und mie können wir die griechiſche Ilithyia mit dieſer
Ennptifehen zufammenftellen und daraus herleiten? Solcher Einwurf möchte
alerbings dadurch zu befettigen fein, daß man aufmerkſam macht auf das
dualiftiiche Element, das ſich auch bei der griechiſchen Ilith. findet, das fi
durch die Mythen von Apollo und Artemis bindurchzieht, und welches aller»
dings durch Zurüdgehen auf eine orientaliihe Grundquelle, vielleigt für bie
ägyptifhe und griegifche Vorſtellung zugleih, am leichteſten erflärbar wird.
Aber die Beziehung des Mondes auf die Geburten felbft, welche am ceheften
eine Verwandtiſchaft der claffiiden Mythen mit dem ägyptifchen zu begründen
f&eint, beweißt genau betrachtet gar Nichts, indem gerade biefe Vorftellung,
fo wunderlich fie ſcheint, nicht blos bei Griechen und Römern, fondern ebenfo
bei den Juden (Basnage Hist. des Juifs IV, c. 11.), ja fogar bei den Groͤn⸗
länbern fi findet, bie dem Mond einen fo Eräftigen Einfluß auf die Fort»
vflanzung zufreiben, daß junge Maͤdchen fi fürdten, Iange im Monpfchein
ya verweilen, weil fie ſich einbilden, fle koͤnnten dadurch ſchwanger werben.
Somit laſſen wir lieber den Juſammenhang der griechiſchen Sagen mit den
genannten ägyptiihen dahin geftellt fein, biso ſicherere Bewelſe beigebracht
fiub. — Gben fo wenig möchte bis jet die eine oder andere ber etymo-
logifhen Erklärungen bes Namens der Ilith., die wir in der Kürze noch
folgen laffen, unmiberfprechlih genügen. Greuzer läßt den griehifchen Namen
Eievdvia von &ievdn herkommen, - bie Göttin war dem Griechen bie von
Norvoften gelommene, oder bie, ohne welde Kein Weſen zur Geburt Fam
(edenfo Nigich in ſ. mythol. Wörterbuh und Andere nah dem Vorgang
griechiſcher Etymologen), meint aber, ben eigentliden Lirfprung bed Worte
haben wir in den Sprachen bed Orients zu ſuchen in mbra die Nacht, bie
Urnadt, oder in 53 — die Bebärerin. Letztere Ableitung gibt auch Weffe-
ling zu Diod. V, 73. und Gerh. Bofflus Theol. gent. If, 26. Schwenk
Andent. ©. 70. u. 192. jagt: Jlith. bedeutet, wie Leto, da ed nur eine
andere Ramendform von berfelben Wurzel (79m) iſt, die Nachtgöttin.
Sickler (Kadmus p. LXIII.) deutet 5 verhüllen. — Tempel und Stand⸗
bilder Hatte die Nick. zu Athen, PBauf. I, 18, 5., zu Sparta, IH, 17, 1.
14, 6., zu leiter, VIII, 21, 2., in Mefiene, IV, 31, 7., in Tegea, VIIT,
48, 5., in Aegion, VII, 23, 5., in Megara, I, 44, 3., in Sermione, II,
9. a E., in Argos, von Selena gegründet, II, 22, 7. 18, 3., in Amni⸗
faß, Strabo p. 476., inGäre, Derf. p. 226., in Einatus auf Ereta, Steph.
.s. v. Eivaro;, in Elis, Pauf. VI, 20, 2.; woraus die meite Berbreis
tung ihres Gultus zu entnehmen if. Ihre Bilder Hatten meiſt dae Eigen⸗
x
108 Hiichyia
Grundvorſtellungen der griechiſchen Sage von der Ilith. laſſen fi$ in jener
oberaflatifhen Sagen verfolgen. Damit ift aber keineswegs gefagt, daß de:
megen bie griechiiche Artemis — Iltthyta ohne Weiteres aus aflatiten Mother
herübergenommen wurde, fondern es iſt auch bier wieder vie Vereinzelung
und Vermenſchlichung dad Eigentbümliche des helleniſchen Mythus. So viel
mag hier genügen, um bie Forſchungen über ven Zufammenbang der be:
treffenden Sagen in ihren Hauptfäßen anzubeuten. Weiteres f. m. in Bötti-
gers Ilithyia. Weimar 1799. Gef. Werke ifter Bo. Creuzer Symb. 2uı
Audg. I, 734 f. II, 116 ff. 148 ff. 171 ff. Movers Religion der Bhönizier
©. 620 fi. — Wenn das Bisherige es uns einigermaßen verſtändlich mad,
wie duch Vermiſchung zweier Sagenkreife das Vorhandenſein einer Gere —
Ilithyia und Artemis — Ilithyia In der griechiſchen und römiſchen Mytho⸗
Iogie zu erElären fein mödte, und menn wir manches Räthſelhafte in den
Vorſtellungen verfelben dur Zurückgehen auf vorderafiatiſche Gottheiten auf-
zubellen verſuchen können; fo if andererfeitd nicht zu Teugnen, daß bei bem
Mangel an ſicheren Beweifen die Ergebniffe doch nur im Allgemeinen ftehen
bleiben müflen, d. h. wir finden nirgends in den Mythen des Orients eine
einzelne, feft ausgeprägte Ilithyia im Sinne der fpätern griechiſchen Mytho—
Iogie. Anders verhält e8 fi dem erflen Anfchein nad, wenn wir uns zu
der ägyptiſchen Ilithyia menden. Die Griechen fanden in Oberägypten
eine Stadt Iltthyia, die mit ihrem Tempel einer Göttin gleihen Namens
geweiht war, Strabo XVII, p. 817. Diod. Sie. I, 12., und zwar fagt der
letztgenannte Schriftfteller, Ilithyia gehöre mit Jupiter, der Sonne, Hermes,
Apollo und Pan zu den Älteren Göttern. Ebenfo ſpricht Eufeb. praep. ev.
II, 12. von dieſer Stadt und ®dttin und fagt, jeder britte Tag, wahr⸗
ſcheinlich in jedem Monat, ſei diefer Ilith. geheiligt gewefen und ihre Bilver
haben die @eftalt eines weiblichen Geiers gehabt. Diefer Vogel aber war
dem Monde heilig. Der nädfte Gedanke hiebei if zwar, mit dem Namen
ſei eben au die griechiſche Vorftelung in fpäteren Beiten nah Aegypten
gefommen. Nun mirb aber eine entſchieden ägyptiſche Böttin, Bubaſtis (m.
f. d. Art. im erflen Band) offenbar mit der Ilithyia verwechſelt in einem
VProgramm des Nicarchus, Anthol. gr. I, 72, 3., mo es aus Beranlafjung
einer fehr leichten Geburt einer Frau Heißt: „ſo wird Bubaſtis überflüfflg;
wenn jede gebären wird, mie diefe Frau, wer wird dann noch nad) der Göttin
fragen?’ und Ovid Amor. II, eleg. 13. fpielt darauf an, daß Iſis ſowohl
als Bubaſtis von ſchwangeren Frauen als Ilithyia angerufen wurde. Somit
werben wir, geftüßt auf bie fonfligen Beweife, daß IflE und Bubaflis ale
Mutter und Tochter einem und demſelben BVorftelungskreife angehören, Teinen
Anſtand nehmen bürfen, das Ergebniß des bebeutenbflen älteren Forſchers über
ãgyptiſche Mythologie, Iablondfy (Panth. III, c. 3.), mit dem Prichard (Dark.
». ägypt. Myth. S. 113 ff., def. S. 120.) übereinftimmt, als ſicher anzunehmen,
daß die Ilithyia Oberägyptens Iſis oder Bubaftid unter irgend einer beſondern
Form gewefen fein mag. Auch Darftellungen von ihr als einer Wehemutter finden
ſich, beſonders die auf einem Relief in Hermonthis, vgl. Hirt über bie Bil.
dung der ägyptifchen Gottheiten. Ohnedieß ift nicht wohl anders zu erwarten,
als daß in der aͤgyptiſchen Neligion, in welcher Zeugung, Geburt und Er
nährung des natürlichen Lebens eine fo wichtige Holle fpielen, eine insbe⸗
fondere der Geburt vorſtehende Gottheit fih findet, und zwar iſt es alſo bie
Sauptgottheit in weiblicher Geſtalt, Iſis, der in ihrer. Tochter Bubaſtis —
Rithyia dieſe Funktion übertragen war. Eben damit hängt nım aber vie
Beziehung zu dem Monde zufammen, welde biefer ägyptiichen Ilithyia ges
geben war. Denn Ifis if, wenn auch nicht allein, doch vorherrſchend Monds⸗
göttin. Diefe Beziehung geht aber nammtlih aus dem Hauptemblem eben
der Bubaſtis, der Katze, hervor (ſ. Bubastis im erflen Band. Prichard a. St.
Au MER
xe ke ya
— — u zwaü auri Tr
Zlthyla 109
und Sablonsfy Panth. III, 8. 6. 6.); denn die Katze iſt Symbol des Mondes.
: Somit Fönnen wir den Schluß ziehen, fagt Prichard, daß Bubaflid — Ili⸗
thyia den woplibätigen Einfluß darſtellte, den nad der Vorſtellung der Mond
oder ein in bemfelben mohnender Dämon über die Geburt oder die Schwan⸗
geren Hatte. Nimmt man nun zuſammen, wie gerabe dieſe Borflelung von
einem Ginfluß des Mondes auf die Geburten in der Verbindung ber Artemis
5 «ls Mondsgöttin mit der Artemis als Geburtsgöttin in der griechiſchen und
sömifgen Mythologie fi perfonifizirte und fortlebte, wie auffallend die
fonderbare Sage von ber Verwandlung ver Galinthias in eine Kate in dem
äppptifcden Emblem der Bubaflis ihre Erklärung findet, fo möchte die Ver⸗
fuhung nahe liegen, Aegypten ald die Hauptquelle des ganzen Mythus an»
zuſehen. Man büte fi aber dennoch, zu viel auf ſolche Uebereinflimmung
zu bauen. Denn foldhe Beweife find denn doch wenig fliähaltig und werben
durch Anderes wieder umgeftoßen. Ginen Wliderſpruch Lönnte man fihon
darin finden, daß nad Dianetbo bei Blut. de Is. 73. in der Stadt Ilithyia
Menſchenopfer dargebracht wurden. Wie fol diefe Sitte mit der Geburts⸗
öttin zufammenbängen, und wie können wir die griechiſche Ilithyia mit dieſer
gyptiſchen zufammenflellen und daraus Herleiten? Solcher Binwurf möchte
allerdings dadurch zu befeitigen fein, daß man aufmerffam macht auf das
dualiftiſche Element, das ſich aud bei ver griechiſchen Ilith. findet, das fi
durch die Mythen von Apollo und Artemis hindurchzieht, und welches aller-
dings dur Zurüdgeben auf eine orientaliſche Grundquelle, vielleicht für die
ägyptifche und griechiſche Vorftelung zugleih, am leichteſten erffärbar wird.
Aber die Beziehung des Mondes auf die Geburten felbfl, welche am ebeften
eine Verwandiſchaft der claffifden Mythen mit dem ägyptiſchen zu begründen
ſcheint, beweist genau betrachtet gar Nicht, indem gerade diefe Vorftellung,
jo mwunberlid ſie ſcheint, nicht blos bei Griechen und Römern, fondern ebenfo
bei den Juden (Baönage Hist. des Juifs IV, c. 11.), ja fogar bei den Groͤn⸗
Iändern fi findet, die dem Mond einen fo Eräftigen Einfluß auf die Fort⸗
pflanzung zufchreiben, daß junge Mädchen fi fürdten, lange im Mondſchein
zu verweilen, weil fie ji einbilden, fle koͤnnten dadurch ſchwanger werben.
Somit lafſen wir licher den Zuſammenhang der griechiſchen Sagen mit den
annten aͤgyptiſchen dahin geftellt fein, bis ficherere Beweiſe beigebracht
. — ben fo wenig möchte bis jetzt die eine ober andere ber ety m o⸗
Iogifhen Erllärungen des Namens der Ilith., die wir in der Kürze no
felgen laſſen, unmwiberfprehli genügen. Greuzer läßt den griechiſchen Namen
Eisvov —X
ca von &Aevdn herkommen, die Göttin war dem Griechen bie von
Rorvoften gekommene, oder bie, ohne welche kein Weſen zur Geburt kam
(ebeufo Nigih in ſ. mythol. Wörterbuch und Andere nah dem Vorgang
griechiſcher Etymologen), meint aber, ben eigentliden Urfprung des Worte
haben wir in den Sprachen des Orients zu ſuchen in mar bie Nacht, die
Urnaqht, oder in dr — die Gebärerin. Lehtere Ableitung gibt auch Weſſe⸗
ling zu Died. V, 73. und Gerh. Bofflus Theol. gent. II, 26. Schwenk
Andent. ©. 70. u. 192. fagt: Ilith. bedeutet, wie Leto, da e8 nur eine
andere Namensform von berfelben Wurzel (4700) if, die Nachtgöttin.
Sickler (Kadmus p. LXIII.) deutet 75 verhüllen. — Tempel und Stand«
Silver Hatte die Nürh. zu Athen, Bauf. I, 18, 5., zu Sparta, II, 17, 1.
14, 6., zu Kleitor, VIII, 21, 2., in Meflene, IV, 31, 7., in Tegea, VI,
48, 5., in Aegion, VII, 23, 5., in Megara, I, 44, 3., in Hermione, II,
3. a. E., in Argos, von Helena gegründet, TI, 22, 7. 18, 8., in Amni⸗
fus, Strabo p. 476., inGäre, Derf. p. 226:, In Einatus auf Greta, Steph.
‚8. v. Ebvaro;, in Elite, Pauf. VI, 20,2.; woraus die meite Berbrei-
tung ihres Gultus zu entnehmen if. Ihre BVilder Hatten meift dae Cigen⸗
110 Ylissus — Dlustres
ihũmliche, daß fle bis zur Spitze der Füße verhält waren; beſonders befannt
war dad Stanbhilb zu Aegion, das von Holz und ganz verhüllt war, aus⸗
genommen Kopf, Hände und Füße, die aus Marmor gebildet waren; vie
eine Hand war ausgeſtreckt, die andere hielt eine Bade. [Mzr.]
Hiissus, Fluß in Attica, |. Bv. I. ©. 934. [P.]
Kliam;, f. Troja.
Kitib&ris, 1) (Illeris, Ptol.), Fluß im Lande ber Sarbonen (Gall.
Narb.), kommt aus den Pyrenäen und fällt nah kurzem Lauf in dad mare
Gallicum, derfelbe mit dem Tichis des Mela II, 5. und Tecum des Blin.
II, 2. (5.), i- Tech. Bolyb. VIII, 2. Str. 182. Athen. VII, 4. —
2) Stadt der Sarbonen am Fuß der Pyrenfäen und am vorgenannten Fluß,
in früßerer Zeit ein bedeutender und großer Ort, aber ſchon unter Auguflus
u einem Bleden berabgefunfen, Str. 182. Liv. XXI, 24f. Mela I, 5.
In. a. O. Tab. Peut. Bei Späteren (Eutrop. X, 9. Aur. Bict. 41.
Oroſ. VII, 29. Zonar. XIII, 6.) finden mir an diefer Stelle ben Ort He-
lena, wovon das j. Elna in Rouffillon den Namen bat. — 3) au Uliberi
Liberini, ®lin. III, 1. (3.). Ptol., Stadt in Hifp. Bätica, |. Granada,
Steph. Byz. ’EiıBvpyn. [P.]
Kiliturgis, Iliturgis, anfebnlide Stadt in Turditanien (Hifp. Bät.)
am rechten Ufer des Biris, 210 v. Chr. durch Scipio zerflört, in der Folge
wieder angebaut und unter dem Namen Forum Julium blühend, in der Nähe
des j. Andufar. Liv. XXI, 49. AXVI, 17. 41. XXVIII, 19 f. XXXIV, 10.
Plin. II, 1. (3.). Ptol. (Movoyi«). Appian Hisp. 32. ZAoveyia, Gteph.
By. St. Ant. [P.]
Hliareo, Stabt in Hifp. Bät., Gerichts Corduba, Pin. III, 1. (3.),
nad Inſchr. beim j. Binos am Gubillad. Grut. p. 406. [P.]
Hllastres. Als Gonflantinus der Er. dad Beamtenweſen neu orga⸗
nifirte (Bd. II. ©. 606 ff.), ſchuf er mehre Rangclaffen, welche nit bios
den perfönligen Rang bezeichneten, fonbern auch bie amtliche Stellung und
Subordination anbeuteten. Die illustres nahmen den erflen Pla ein;
die nächſten beißen spectabiles und clarissimi (urfprünglid das
Präpifat ber Senatoren, dann übergetragen auf die Brovincal- Statt»
Halter, ſowohl consulares und correctores als praesides und comiles deo
zweiten Range). Die beiden lehten Mangelaffen bezeichnen meniger bie amt-
liche Stellung, ald den perfönligen Rang des mit dieſen Prädikaten Beklei⸗
beten, nämlich perfectissimi, und egregii, vgl. Gothofred. ad 1. 1.
C. Th. de hon. codic. (6, 22.) Tom. II. p. 117 f. Beide Titel Iegt
Conſtantin nah Willkür verſchiedenen Beamten bei. Bol. im Allgemeinen
Iſidor. IX, 4. Sidon. ep. VII, 9. Lact. Inst. V, 14. und vorzüglich bie
Notitia dignit. — Bur Claffe der illustres, welches dur Conſtantin zum
sornehmften Titel erhoben wurde, während früher clarissimus al& das höchſte
Ehrenpräbifat gegolten Hatte, wurden folgende Würden gerechnet: consules,
patricii (f. d. Art.), praefectus praetorio (Premierminifter), praef. urbi
(Suftizminifter), magistri militum (Öbergeneräle), praepositus sacri cubiculi
(Oberfammerherr), und bie vier regelmäßig zum Gonfiftorium gehörenden
Aemter (Bd. II. ©. 524 ): magister ofhiciorum (Hofmarſchall ober Miniſter
des Haufe), quaestor sacri palatii (Kanzler), comes sacrarum largilionum
(&inanzminifter), comes rerum privatarum (Minifter ded Kronguts); f. d. Axt.
Uebrigens hatten nicht alle illustres gleihen Rang, ſondern beflanden aus
mehren Abftufungen, unter denen bie her consules und patricii Die vornehmſte
war, I. 12. 6. 1. D. de senat. (1, 9.); dann die praefecti, magistri mail.
und praepos. sacri cub.; endlich die andern oben Benannten; f.Cod. Theod.
6, tit. 6. 7. 8. 9. mit Both. Gommentar, 1. 2. C. ut dignit. (12, 8.).
ALS Synonym mit dem Titel illustres fommen vor: sublimissimi, excellen-
‚Llysfeum _ YMyrlas 111
berini, magnißci u. bel. Bon ber Brärogatine derſelben iſt vorzägli
K3 hervorzuheben, daß fie in Criminalſachen nur von dem Kaljer ſelbſt oder von
‚& einem Eaiferlihen Commiſſarius gerichtet werben Eonnten, daß fie fih vor
*: Gericht durch procuratores vertreten laſſen durften und Feine Bürgfchaft zu
feiften brauchten, 1. 16. C. de dignit. (12, 1.), 3. 1. 3. C. ubi sen. (3,
24.). Geib, Geſch. d. röm. Griminalprozefied S. 301. Ueber die verſchie⸗
denen Inſignien f. magistratus. Literatur über biefe und die andern Rang»
s eleffen: Noutia utraque dignitatum mit Gommentar von G. Pancirolus
s (Venet. 1595.) und @. Boeding (Bonn 1839.), I. &. Bulenger, libr. de
» imperatore et imperio Rom. Lugd. B. 1618. %. ®utherius, de offlcils
}: domus Augustae I. c. 10. Paris 1628. Lips. 1672. und in Sallengre thes. III.
j. J. Gothofredus, notitia dignit. in f. ‘Ausg. des Cod. Theod. Tom. VI.
3 p. II. ed. Ritter. Gibbon, Bei. bed Sinkens und Untergangs des rom.
l Beide. TR 17. Wichtig find au die Münzwerke von Spanheim und
Eckhe R.
-; Ellyrfcam (’Mivoic). Man begriff in den früheren Zeiten, che bie
.* Kriege der Nömer auch jene Gegenden erhellten, alle Völkerſchaften, welche
= wealih von Theffallen und Macevonien, und von Italien und Nätien öſtlich
bis an den Iſter hinauf, wohnten, unter dem Namen Illyrier, und bie Bes
zeichnung dieſes ganzen Ländercomplexes war noch zu Gäfard Zeit eine jehr
> wmnbeflimmte, Appian Illyr. 1. Str. 313. Beſtimmter war der römlidhe
2 Bermalitungsname Illyricum oder Hiyris barbara (auch Romäna genannt)
feit Auguftuß, mit meldem man das Küſtenland am abriatifhen Meer von
Jaria bis an den Drilon und das Innere bids zum Savus und Drinus be=
legte. Bon diefem Illyrien ift ſchon oben unter Dalmatia Bd. II. &. 843 ff.
i gehandelt worden. Hier iſt nur Illhriens im engſten Sinn oder ver Hiyris
graeca, fpäter auch Epirus nova genannt, zu gedenken, welches von Philipp,
: dem Bater Aleranderd des &r., mit Macebonien vereinigt wurde. Diefes
L Land M vom adriatiſchen Meer weRlih, Dalmatien und dem Scobrus⸗Geb.
nördlich, dem eigentliden Macedonien oͤſtlich, und Epirus üblich begränzt.
Berfähienene, zum Theil rohe und rauhe Gebirgäzüge, die Candaviſchen und
Daffaretiihen gegen Macedonien, der Aeropus und Asſsnaus mit ben Acro⸗
ceraunien gegen Epirus, und ‚im Norden der Scobrus machen bad Land
fee uneben und weniger zum Getraidebau als zur Viehzucht geeignet. Dog
galt die Küſtengegend für ungemein fruchtbar. Str. 317. Selbſt Kabelhaftes
fagte man von biefer Fruchtbarkeit, auch der Hansthiere, 3. DB. die Hühner
jollten täglich zwei- und breimal legen, die Kühe jährlich zwei-, ja breimaf
Junge, gemöhnlih Zmillinge, nicht felten drei und vier, fogar fünf zur Welt
ringen, und babei reihlih Milch gewähren u. j. w. Athen. VII, p. 285.
Yrif. Hist. an. VI, 1. Mir. ausc. 140. Das ehemals volkreihe Land lag
zu Strabo’6 Zeit veröbet, 327. Als Hanptflüffe werden genannt ber Aous,
Apfus, GSenufus, Banyafus und Andaxanus; unter ben Geen waren der
Laheatid und befonderd der große Lychnitis bekannt. Als einzelne Völker⸗
ſchaften findet man die Barthiner, Taulantier, Bullionen, Peneſten, Atintanen
und Ghaonier. Leber alle dieſe Namen ſ. d. bei. Urt. Un der illyriſchen
Küfte, und zwar in Dyrrhachium und bei Ayollonia, nahm die Herühmte
Via Egnatia ihren Anfang, weldge über die candaviſchen Gebirge nad Mace⸗
denien und A zog. S. Tafel de via milit. Egn. Tüb. 1837. 4. [P.]
Metyrieas. Apollod. III, 5, 4. erzählt, Cadmus fei mit feiner Gattin
Sarmonia von Thebe aus zu den Encheleern, mie ſie eben mit den Illyriern
im Kriege Sagen, gelommen, und von den @rfteren einem Orakel zufolge zu
ihren Anführer gewählt morben; von da an habe er über vie IUyrier ge⸗
berrfägt um feinem damals geborenen Sohn den Namen Illyrius gegeben.
Je nachdem nun der Mythus von- Cadmus gefaßt wird, erhält au biefer
112 Hiaxci — ms
fein Sohn eine bloe Hiftoriihe oder aber kosmiſche Bebeutung. In Iehierer
Beziehung wird daran erinnert, daß ber Name 'ZAAvpsos (Avor) fo wie ber
feiner Mutter Harmonia eine Hinmwelfung auf den Hermes Cadmilus (dmu-
oveyog) und feine Ihätigkeit als des Schöpfers ver Weltharmonte enthalte
(Nork mytholog. Wörterb.). [ Mzr.]
Klorei, f. Eliocroca.
Eiva, bei den Briehen Aidadia (A9adn, Heat. bei Steph. Byz.),
bie Infel Elba der etruriſchen Küfte gegenüber, im Alterthum beſonders wegen
ber unerfhöpflicden Eifengruben befannt, in welden dad Metall, fo reichlich
e8 audgebeutet wurbe, ſich immer wieder nachwachſend erzeugte, Str. 223.
Ein: ganzes Eifengebirg erhebt fi Hier aus Branitmaflen, die von den Nömern
vielfältig zu Bauten benugt wurden, Müller Er. I, ©. 246. Bei Virgil
x, 174. beißt Elba insula inexhaustis Chalybum generosa metallis, vgl.
Sil. VON, 617. Rutil. I, 351 ff. Uebrigens wurde das Eifen bier nur
audgegraben, und zwar in unterirdifchen Grotten; geſchmolzen wurde es in
Populonia auf dem Feſtland, welche Stadt die Herrin der Infel gemefen zu
ſeyn ſcheint, Barro bei Serv. zu®irg. a. O. Mirab. ausc. 95. Str. a. O.
Bon dort wurde dad Roheiſen in Klumpen weiter verführt, Died. V, 13.
Früher, che man das Eifen beachtete, fol in Elba auf Kupfer gebaut worben
fegn, Mirab. a. O. Ginen treffliden Hafen hatte die Infel auf Der Norpfeite
an dem Argous portus, dem fhönften ber ganzen Gegend, Diod. IV, 56.,
wo fon Jaſon gelandet haben fol. Apoll. Rhod. IV, 658. Str. 224. —
Mela II, 7. Plin. IM, 6. (12.) XXXIV, 14. (41.). [P.]
Hlvätes, eine ligurifhe Gemeinde im j. Montferrst, Liv. XXXI, 10.
XXXII, 29. [P.]
Hiacia, nur von Livius XXXV, 22. genannte Stabt der Oretaner in
Hifp. Tarrac., deren Lage nicht näher anzugeben if. [P.]
Hünem, Stabt der Bafletani in Hifp. Tarrac., |. Bergula, Ptol. [ P.]
Huratum (JAovoaror, Ptol. IN, 6.), eine Stadt ber Chersonesus
Taurica (Krim), die etwa in ber Nähe bes heut. Raffa zu ſuchen if. IF.]
Hurbida, nicht näher befannte Stadt bei ben Garpetanern in Hiſp.
Tarrac., Ptol. [P.]
Hiureis, ſ. Gracurris.
Hüro, 1) Stabt in Hifp. Bät., nad Inſchr. j. Alora. — 2) (Eluro,
Mela II, 6.), Stadt der Racstaner, Gerichts Tarraco in Hifp. Tarracon.,
Plin. III, 3. (4.) oppidum civ. Rom., Ptol. Aidoveor, j. Mataro, nad
Andern re — 3) Stadt der Tarbeller in Aquitanien, j. Oleron, It.
Ant.
Elus ("IAos). Dardanus, der Sohn bed Zeus von Clektra, der Tochter
des Atlas, Hatte 1) einen Sohn dieſes Namens, den er mit Batea, ber
Toter des Teukrus, zeugte, als er von Samothrace auf das gegenüberlie-
gende Feſtland gekommen war. Diefer Ilus farb kinderlos und hinterließ
das Reich feinem Bruder Erihthonius, deſſen Sohn Teos fobann wieder
2) einen Ilus zum Sohn hatte, ber fomit Urenkel bed Darbanus (Aapda-
öng U. XI, 372.) iſt und die Hauptrolle in der Sage fpielt. Als feine
Mutter wird genannt Kalirchoe, Tochter des Skamandrus; er war Bruber
des Aſſarakus, Ganymedes und der Kleopatra, Gemahl der Eurydice, Toter
des Adraſtus, Vater des Laomedon und fomit Großvater des Briamus. Leber
biefe beiden Ilus ſ. man Apollod. III, 12, 1—3., über den letzteren Hom.
U. XX, 232. 236. Als Erbauer von Ilium wird er genannt von Apollod.
ibid., und zwar fagt nad ihm die Sage: er fel ein nad Phrygien ge»
Lommen und babe bei den Rampfipielen, die der dortige König gerabe an⸗
flellte, wegen feines Siegs im Ningen fünfzig Jänglinge und fünfzig Jung»
frauen als Sklaven erhalten. Zugleih Habe ihm ber König einem Orakel
Maya — Yale 418
zemäß eine bunte Kuh gegeben, mit ber Weiſung, ba, wo biefe fi} nieder⸗
Iaffe, folle er eine Stadt gründen. BDiefe habe fich an dem Hügel ber phry⸗
giſchen Ate mievergelaffen. (Bol. Steph. Byz. s. v. Tuo», Heſych. s. v.
Arrorogpos. Etwas anders Iautet die Sage bei Tzetz. Lyc. Alex. 29.) Hier
sei nun Mium erbaut worden. Auf die Bitte um ein Zeichen von Zeus
tabe er das Palladium, ein Bild drei Ellen Hoch, die Füße aneinander ge=
ichloffen, mit einem Speer in der Rechten, und Moden und Spindel in ver
Linken, gefunden und für biefes Bild einen Tempel gebaut. So Apollod.
am a. D. Als der Tempel einft abbrannte, rettete Jius daß Bild, wurde
aber blind, weil daffelbe von Niemanden gefehen merden durfte. Doch Tieß
fih die Göttin verfühnen und gab ihm das Geficht wieder. Plut. ed. Yutten
Tom. VII. p. 422. (Parall. min. gr. et rom. 17.) Den Tantalus und
teffen Sohn Pelops fol er wegen des Raubs ſeines Bruberd Ganymedes
aus Paphlagonien vertrieben haben, Dion. IV, 74. Panſ. II, 22,4. Sen
Grabmal war bei Trofa, Hom. N. X, 415. XI, 372. 166. XXIV, 349. X,
415. Theokr. XVI, 75. Euft. 1353, 62. — 3) Sohn des Mermeruß und
nach Euftath. p. 1415, 30 ff. 1416, 2. Straßo VIII, 338. (m. vgl. Müller
Orb. 273.) Urenkel des Jaſon und der Medea, bei welchem in Ephyra
Ulnffed das Gift zum Beſtreichen ver Pfeile Holen wollte, da8 ihm J. jedoch
aus Scheu vor der Vergeltung der Götter vermeigerte, Od. I, 259 ff. IT,
329. - [Mzr.]
Hiusa (ra ovla, Slerocl. p. 667. Conc. Constant. III. p. 534.),
eine blos fpäter vorkommende Stadt In Phrygia Pacatiana, wahrſcheinlich
nit verfieden von dem Aladda ber Tab. Bent. und dann zwiſchen Sebafte
und Acmonia, 25 Mill. ſüdweſtlich von letzterer zu ſuchen; Sig eine chrift-
ſichen Biel. [F.]
Nmathära, Stadt in Sicilien in den Serätfääen Bergen, j. Maccara,
Cic. Verr. IN, 18. 42. Plin. III, 8. (14.). Btol. Zuyeoe. [P.]
Emagines inajorum, f. Nobilis und Pätricius.
Yrnkus (10 Iucor öpos, @ratoflh. ap. Strab. XV, p. 689. Ptol. IV,
13. 14. 15.; zo Tucior 6oos, Strabo II, p. 129. und 6 Juaos, Agathem.
1, 9. Plin. VI, 17, 21.), ein Sauptgebirge am Sübrande des großen
aflatifchen Hochlandes, dem die Alten (menigflens Ptolemäus, Bei dem allein
HH genauere Angaben über biefe Gebirge bed innern Afiens färben) eine ſehr
weite Ausdehnung gaben, indem fie es nicht nur eine weite Streäte in ber
Richtung von W. nah D. an der nörbliden Grenze Indiens Hinftreigen
Tießen, fondern auch weit gegen N. hinauf, durch Gegenden, in benen es
wirklich gar kein Sauptgebirge giebt, verlängerten, Tb daß es Bei Ihnen eine
Trennung Seythiens in zwei große Hälften, Scyfhia intra tınd extra Imaum
bewirkte. Sie ſcheinen alfo nit nur bie weſtlichern Weile ves Himaleh
oder Himalaya, ſondern au den Belur oder Belortagh (vielleicht ni den
Muztagh) und die noch nörblicher nach dem Ural hinſtreichetiden Alginski⸗
fen Gebiege darunter verſtanden, und auß mangelhäfter Kenntniß diefer
Gebirgszüge ihnen einen Zuſammenhang und eine falſche —— gegeben
u haben. Gemöhnlih hält man, durch eine Namendähnlichkeit verfühtt, ven
Imaus für daB heutige Muz⸗ oder Musgebirge; man hätte fib aber weniger
an bie griech. Endung, als am den Kern des Namens Halten füllen, und
würde dann unflreitig den Himaleh darin erkannt Haben, beſonders wenn
man dabei berückfichtigte, daß die Sanskritform bed Namens. Himavat iſt,
vie fehr Teicht in Imaos übergehen konnte. (Vgl. Ritters Erdkunde. 2te
Aufl. IH. Thi. Lter Bb. ©..420.) Ed kommt dazu, daß Blinius VI, 17, 21.
autdruͤcklich fagt, ver Name ſei ein einheimiſcher nnd Tolle it der Landes⸗
ſprache ein Schneegebirge dezeichnen, was befanntfi auch Himaleh bedeutet.
Die öftlichere Fortfetung des Gebirged führte ven Natmen Emodi Montes
Vauly, Real⸗Cueyclop. IV. | 8
414 Emhduckt — Iimlros
(f. diefen Art.), und wenn Strabe XV, p. 689. vie Gebirge biefer Gegend
von Ariana aus nah dem öſtlichen Ozean hin in folgender Ordnung aufs
führt: Paropamisus, Emodi Montes, Imaus, fo daß der Imaus die öftliche
Vortfeßung der Emodi Montes fein würde, fo iſt dad nur ein Irrthum, den
Ptolemäus vermieden hat, welcher den Imaus ganz richtig zwiſchen den
Paropamisus oder Caucasus Indicus und die Emodi Montes fegt. Uebrigens
gehörte derſelbe nad Agathem. a. a. D. zu ven böchflen, mit ewigem Schnee
bedeckten Gebirgen der Erbe. [F.]
Umaduehi, eine 6103 bei Plin. VI, 7,7. vorkommende, an ber Palus
Maeotis mohnende Völkerſchaft in Sarmalia Asiatica. [F.]
Eımbärus, nad Plin. V, 27, 22. ein Gebirge im Innern von Cilicia
Trachea, wahrſcheinlich norbweftlih von Soli. (Auch bei Strabo IX. p. 531.
fand fich fonft ein Gebirg Imbaros in Armenien; allein jegt ift bie Lesart
von Korai mit Bergleihung von p. 927. richtig in Nibaros verwandelt
worden. Vgl. Groskurd II. ©. 439.) [F.]
Imbrämus, Beiname des Hermes nah Steph. Byz.: "Zußoos vioo;
sorry ieoa Kaßeipwr xai 'Epuov, or Jußoor (nad Euftath. ad Dionys. 524.
Zußopauor) Asyovo uaxapes (nad Demi. oi Kapes). Welder Tril. S. 217.
fleht darin einen Namen des pelasgifhen Hermes, der von Attika aus nach
Lemnus, Imbrud und Samothrace gekommen, auf Samoihrace Ixos, Ioöxos
geheißen babe und mit Himerus identiſch fein fol. ine Münze von Imbrus
flellt ihn dar mit Patera und einem Knotenflab, nadt und ithyphalliſch.
Sofern Hermes Himerus (Imbrus) d. i. Bildungdprinzip if, wird er dann
Hermes Kabmilus d. i. Koomaos. Welder a. St. Dan f. auh Müller
Orb. p. 438. [ Mzr.] x
Imbrasia, 1) Beiname der Here von dem Fluſſe Imbrafus, auch
Samus, an melden Here geboren fein fol. Apollon. A. I, 187. Bau.
VII, 4, 4. — 2) der Artemis. Callimach. H. in D. 228. [Mzr.]
Umbräsus, 1) bei Euftath. 985, 57. identifh mit Imbramus, w. m. f.
— 2) ein Ihracierfürft in Aenus, Hom. I. IV, 520. — 3) Birgil. Aen.
x, 123. u. XII, 343. werden Aflus und Glaukus ald Söhne eines Imbrafus
genannt. — 4)’Athen. VII, p. 283. e. gibt dem Gemahl einer Nymphe in
Samud, Chefias, diefen Namen. [Mar.]
Imbräsus (Jußoxoos, Strabo XIV, p. 637. Plin. V, 31,70.), eins
der drei Eleinen, auf dem Gebirge Ampelos entfpringenden Flüßchen der Inſel
Samos, welches nah Gallim. fr. 213. (aus Schol. Apollon. I, 187. und
II, 868.) früher au den Namen Parthenius führte. Es floß vor dem
Heräon, jenem alten Heiligthume ver Juno außerhalb der Stadt Samos,
vorbei, Gallim. 1. I., der Iuno au den Beinamen 'Iußoaoin giebt. [F.]
Imbrinium, ein fonft unbekannter Ort in Samnium, iv. VIII, 30.,
j. Brienza (?). [P.]
Umbrius, 1) Sohn des Mentor aus Barien, mit Priamus' Tochter Me⸗
deflfafte vermählt und von Teucer erichoflen. Il, XIII, 170 ff. Pauf. X, 25,2. —
2) Beiname des Getion, ded Baflfreunds von 2yfaon. I1.XXI,40 ff. [Mzr.]
Embros ('Jußoos, Hom. Il. XIII, 33. Herod. V,26. Dionyf. v. 524.
Mela I, 7. Plin. IV, 12. Liv. XXXV, 43.), eine zwei Mil. ſüdöſtlich
von Samothrafe (Plin. 1. 1.), und fünf Meilen norbweftlih vom Sellefpont
gelegene Infel des Aegäiſchen Meeres, mie Samothrafe durch die Verehrung
der Rabiren und des Hermes berühmt (Steph. Byz. v. Zußopos). Sie hat
fünf Meilen im Umfange und ift vol hoher Berge und Wälder, enthält aber
auch fruchtbare Thäler, und hatte im Alterthume auf ihrer Oftfeite eine gleich⸗
namige Hafenſtadt, von welcher noch jetzt Ruinen (bei dem Flecken Embro)
vorhanden find. Sie führt noch jeßt ihren alten Namen (au Gmbro,
Imrus). Bol. Wheler Voyage p. 112. [F.]
Imbros — Immunltas 115
Embros war nad Strabo XIV, p. 691. au ber Name eines auf
einer Anhöhe gelegenen Kaſtells ber Stadt Kaunod in Karien, deſſen aber
Diodor XX, 27., wo fich zwei andere Kaftelle diefer Stabt, Herafleum und
Perſikum, erwäßnt finden, nicht gedenkt. [F.]
Ambruas, 1) f. Imbramus. — 2) aub Name eined Sohns de
Aegyptus. [ Mzr.]
EImenarete, Mutter eined häufig genannten Fürſten der Abanten auf
Eubda,, Elephenor, der mit gegen Troja 308. Hygin f. 97. [Mer.]
Kmityi, eine blos von Plin. VI, 7, 7. erwähnte Voͤlkerſchaft in Sar-
matia Asiatica, die an der Palus Maeotis und um ben auf den Gifflfcden
Bergen (?) entfpringenben Fluß Imitys her wohnte, welcher uns aber ebenfo
unbefannt ift, als das Volk ſelbſt. [E.]
Immadras, eine Station vor Maffllien gegen Südoſt, ij. Ile de la
Maire, Itin. Marit. Imadrus positio. [P.]
Emnundus Sinus (uxadapros xoAnog, Strabo XVII, p. 770.
Diod. IN, 39. Ptol. IV, 5.), eine Bucht des Arabifchen Meerbujene an
ver Küfte Aegyptens, an deren innerftem Winkel die Stadt Berenice Tag.
Er führte nah Strabo und Diobor a. a. D. feinen Namen wegen ber durch
viele Klippen und flarfe Brandung erſchwerten Schiffahrt in ihm, und wirb
auch noch jegt von den Engländern die Foul Bay genannt. Ueber feine
heutige, den Angaben der Alten völlig entſprechende Veſchaffenheit vgl. Caſtro
in der Histoire generale des voyages I. p. 209.
EImmunitas (von in und munus), — 1) die Freiheit von
Steuern oder 2) von öffentlichen Dienſtleiſtungen. In Beziehung auf das
Erſte find ſowohl ganze Städte mit dem Recht der Steuerfreiheit begabt
(3. B. Mium bei Suet. Claud. 25., f. provincia und ius Italicum), ald auch
einzelne Berfonen und ganze Stände. 1. 4. $. 3. D. de censib. (50, 15.).
Suet. Oct. 40. So waren z. B. die Soldaten feit Nero von ber Abgabe
für eingeführte Waaren frei, Tac. Ann. XII, 51. 1. 3. C. de vectig. (4,
61.); au die navicularii (ſ. Bb. III. ©. 326.) und der Fiskus, 1.9.6.8,
D. de publican. (39, 4.). Ueber die zweite Bebeutung fagt Paul. 1. 18.
D. verb. sign. (50, 16.): munus f. v. a. onus, quod cum remittatur, vo-
cationem militiae munerisque praestat, inde immunitatem appellari, und
Sfloor X, p. 1078. Both. erflärt immunis, qui non facit munia, i. e. offi-
cio non fungitur. Est enim omni privilegio vacuus. Es ift alfo immunis
der, welcher dur ein Privilegium oder irgend einen geſetzlichen Entſchuldi⸗
gungdgrund (f. excusatio, Bd. III. S. 326.) entweder von allen Öffentlichen
Aemtern ober von ein einen Bejorgungen, 3. B. Tutel u. f. w. (je nachdem
das Geſetz und das Privilegium lautet), oder vom Kriegäbienft An if, ſ. J.
17. $. 1. D. de mun. ($0, 4.) (der Gegenſatz von immunes iſt munifices).
Die Belreiung der navicularii von allen Öffentlichen Aemtern wird außer den
Bd. III. ©. 326. cit. Stellen vorzüglih 1. 5. 6. 3 ff. D. de iure immun.
(50, 6.) aungelpro den; ebenfo mancher Menſchen von anderer Byſqhift gung
und ganzer Collegien, J. 6. 1. 5. $. 8—13. D. eod. 1. 17. $. 2. 3.
excus. (27, 1.). Die Geiſtlichen erhielten durch Conſtantin Befreiung. von
allen laͤſtigen öffentlichen Beforgungen, 1. 1. 2. 3. 6. 7. C. Th. de episc.
(16, 2.). Eufeb. X, 7.; die Einmohner Iliums erhielten durch mehre Scons.
und faiferl. Gonflitutionen auch ſolche Immunität, z. B. in Beziehung auf
Tutel Unmündiger außerhalb ihrer Stabt, 1. 17. 6. 1. D. de excus. mun..
(27, 1.), au konnten Einzelne dur Privilegium für „ss ober auch zugleid)
für ihre Nachkommen Immunität erhalten, 1.1. $. 1 1.4. D. de iurı:
immun. (50, 6.), Suet. Galb. 15. Vgl. im Allgem. —— Bd. I.
S. 326. Ueber die völlige Befreiung vom Kriegsdienſt und über die Be»
118 Iniplurtum — Ynlichus
1815. ©. ®. Zimmern, Röm. Civilproz. Heidelb. 1829. S.6f. A. Beth⸗
mann⸗Hollweg, Givilproz. Bonn 1834. I. ©. 41. [R.]
Impluvium, f. Atrium und Domus.
Imporcitor, römiſche ländliche Gottheit, dem Binfurdden des Saamens
vorſtehend. Serv. zu Pirg. G. I, 21. [Mzr.]
EImpröbus fann bier nur in Betracht kommen, infofern ed mit dem
Wort intestabilis in mehren alten Geſetzen vorfommt und bezeichnet in All⸗
a T ebrlofen, ded Vertrauens unmwürbigen Bürger; f. Intesta-
ilis.
Imas Pyrenaeus, Ort bei den Tarbellern am noͤrdlichen Fuß ber
Pyrenäen in Aquitanien, j. S. Jean Pied de Bort, It. Ant. [P.]
Inachia, Imachis, Enachione, häufiger Beiname ver Io, als
Tochter des Inachus. Ebenſo wird ein Enkel des Inahus, Epaphus, Ovid
Met. I, 753. und Perfeus, als aus Argos gebürtig, ibid. IV, 719. Ina-
chides genannt, und Inacho (Frayw) iſt nur eine andere Form diefes
Patronymifon. Ereuzer Briefe 181. Hermann Briefe 94 f. [Mzr.]
Enachorium (Jraywoıor, Ptol. III, 17.), eine fonft unbekannte Stadt
auf Kreta nahe beim Borgeb. Kriumetopen an ber Sübmeflfpige der Infel. [F.)]
EInächus, 1) Fluß in Argolis, ſ. Br. I. S. 733. — 2) Fluß in
Acarnanien, j. Inacho oder Krikeli, kommt aus dem Pindus und fällt in den.
Achelous, Str. 270 f. 316. 326 f. 370. — ©. d. folg. Art. [P.]
Knächus (/rayos), Sohn des Oceanus und der Tethys, der mit einer
melifhen Nymphe, oder mit der Oceanide Argia, feiner Schwefter, den Pho⸗—
roneus und Aegialeus, nad einer Angabe bei Apollod. 11, 1, 3. au
die Io und den Argus Panoptes, nah dem Schol. zu Eurip. Or. 920.
1239. den Phoroneus und Phegeus zeugte, m. vgl. no Tzetz. Lyc. 177.
Hygin f. 143. u. 145. Ovid Met. I, 583 ff. 640 ff. Amor. III, 6. Er
war der Stammgott von Argos. Der nad ihm benannte Strom fell von
ihm den Namen erhalten haben, weil er fi in deſſen Fluthen flürzte, als
«ihn Zeus, erzürnt dur die Vorwürfe, die ihm 3. wegen der Behandlung
der Io machte, durch eine Furie verfolgen Tief. Blut. de fluv. 8 Nach
ihm, dem erften Herricher und Priefter in Argos, Heißt Argos vielfah das
Zand des Inachus. Er mar es aud, der ben Streit zwiſchen Poſeidon und
Here (oder Athene, Apoll. II, 1, 4.) über ven Beflg von Argos bahin ent-
fhied, daß. Here das Land befommen ſolle. Poſeidon Habe daher ihm und
ven beiden andern Schiebäridhtern, Afterion und Gephiffus, das Wafler ge-
nommen, fo daß fle außer der Negenzeit troden Tagen, Pauſ. II, 15,4.5. —
Schon die Alten fuchten diefe Sagen zu deuten, indem man in J. balo
einen Ureinwohner erkannte, der nach der deufalionifhen Fluth die Argiver
von den Gebirgen in die Ebene geführt und die Gemäfler in ihr rechtes Bett
geleitet babe, bald ihn als den Anführer einer über das Meer (S. des Ocea⸗
nu8) gekommenen, wahrfcheinlich ägyptiſch⸗Iybiſchen Eolonie betrachtete, ber
am Geſtade von Argos gelandet, dort Nieverlafiungen zerftreuter Beladger
gefunden und diefe um den Inachus herum zu vereinigen gefucdht habe. Er
wäre ſonach der Stammvater ber älteften argoliſchen Könige, und da man
in der mythiſchen Sprache gerne die Flüſſe zu Vätern, Müttern und Schweftern
einheimiſcher Helden, in der Hiftorifirenden Mythe aber zu wirkliden Röntgen
machte, fo möchte dieſes DBeranlaffung gemefen fein, den Fluß Inadhus
km erften Heros des Landes umzufhaffen und jo mit jenem Anführer der
olonie zu verwechſeln. Der Streit zwiſchen Pofeldon und Gere bezöge ſich
in diefem Kal auf die Binführung des Cultus der einen oder andern Gottheit
durch diefen Heros. Dean vgl. Schol. zu Eurip. Or. 920. 932. und das
Fragm. aus dem Inachus des Sopbofles bei Dion. Hal. I, 25. Man bat
auch verſucht, Über dieſe Hiftoriiche Deutung noch hinaudzugehen und bem
In Alpe-— Yacendiam 119
Inachus wit Anknüpfung an morgenkinbife ober agyptiſche Vorſtellungen
eine kosmiſche Beziehung zu geben. Inachus (von vnyouaı) fol der Schwimmer
d. i. der Strom ber Zeit fein. Der Kampf zwiſchen Poſeidon und Here
beziehe ſich auf den Kampf zwiſchen ven zmei Solſtitien, wenn die Sonne
im Beichen des Waflermannd und Krebfes fleht. Dan f. Nork mytholog.
MWörterb. Sicheres läßt fi hierüber vollends bei fo Dürftigen Sagen Nichts
ausmitteln, fo wenig als der Name des Sohnes von Inachus, Phoroneus,
uns beredtigt, darauf, baß er mit Pharao Lautähnlichkeit Hat, den Schluß
zu bauen, wir haben in ver Sage von Inachus eine Spur eines Zuſammen⸗
hangs zwiſchen Griechenland und Aegypten, wie Baur will, Symb. 1,258. [Mzr.]
En Alpe, 1) Station auf den noriſchen Alpen und zwar dem j. Rad⸗
ſtadter Taurn, nah Muchar. Tab. Peut. — 2) Graja, Station auf der
böchſten Stelle der Straße über den Heinen St. Bernhard, Tab. Peut. —
3) Julia, Station auf den Julifchen Alpen, dem j. Bremerberge, Tab. Peut. [P.]
En Alperio (wenn der Name nicht verfrieben ift), Ort in Dalmatien,
nah Reich. auf einem hoben Berge, j. Preczipa, Tab. Peut. .
Imapael, eine blos von Blin. VI, 7, 7. genannte Völkerſchaft in
Sarmatia Asialica an der Palus Maeotis, deren Wohnfige fh nicht genauer
beftimmen laffen. [F.]
Inariacum , nah Ptol. eine der Iflermünbungen, das Naracustoma
( Vapaxov oroua) deö Artian Peripl. 23. Solin. 13. Plin. IV, 24. und
Ammian. Marcel. XXII, 8. [P.]
Imaronia, Stabt in Dalmatien, nah Neid. j. Ruinen bei Almifia,
Tab. Beut. Geogr. Rav..Aronia. [P.]
Unärus, ein libyſcher Fürſt, der den Perſern Aegypten entreißt, f.
unter Artaxerıes I. und Bb. II. ©. 865. - [K.]
Hualtus (Ivurocç, Ptol. II, 17.; Eiraros bei Steph. Byz. u. Heſych.;
Inata auf der Tab. Peut.), eine Stadt im Süboften der Inſel Kreta, nad
der Tab. PBeut. 32 Mil. norbmefllih von Hierapytna, ſüdlich von Lyctus,
ın einiger Entfernung von der Küſte, etwa in ber Gegend des heut. Bira-
vetra gelegen. Krufe häft fie für das heut. Eipatos. [F.]
Emearo, ein Landungdplag oder Schiffsſtation bei Maflilien (Gall.
Narb.), j. Carry, Itin. Marit. Inc. positio. [P.]
Emecendiam oder Brandſtiftung iſt das Anzünden einer Sache, wo»
tur das Bigenthum von Menſchen gefährdet wird und galt ſchon im alten
röm. Recht ale Verbrechen. Die XII Tafeln belegten den doloſen Brands
flifter mit harter Strafe, während der culpofe Brandflifter nur Schadenerfag
zu leiſten Hatte. Dieſes ift mit Sicherheit aus Gai. 1. 9. D. de incend.
(47, 9.) zu fließen, denn die von ihm erwähnte Strafe des Beuertobd bes
zieht ſich wohl nie auf die Zeit der XII Tafeln. Im zweiten punifchen
Krieg war eine große Beueräbrunft in Rom humana fraude angelegt worden,
die Thäter wurden entdeckt und beftraft, aber wie? wird nit berichtet. Liv.
XXVI, 27. Im Testen Jahrhundert der Republik wurde dieſes Verbrechen
unter bie Verbrechen des Mords und der Gewaltthat ſubſumirt, zuerft in
Icx Cornelia de sicariis, welche incendium (und zwar nur in Mom ober
nille passus von Rom) infofern verpönt, als daſſelbe oft als Mittel an⸗
gewandt wurde, das eigentlich in lex Cornelia verbotene Verbrechen (Mord)
auszuüben. Die Strafe war, wie in Sulla's andern Geſetzen aquae et
ıgnis interdictio. 1. 1. pr. D. ad l. Corn. (48, 8.). En. Pompejus 309
darauf Die Branpfliftung unter das Verbrechen ber vis in lexPompeia de vi,
wozu ihm bie bei der Beftattung des ermorbeten Clodius erfolgte Verbren⸗
nung der Curia und ber Porcia basilica die Beranlaffung gab. C. Iulius
Gäfar nahm diefe Beflimmung in feine lex Julia de vi auf, fo daß nun jede
Brandfliftung, welche durch größere Haufen von Menſchen, aljo gewaltfam,
1% Taescnarun = Yndeilas
bewirkt wurde (obgleich ber Zweck des Zufammenrottens nit Brand, fonbern
Gewaltthat im Allgemeinen war), als ftrafbare vis galt und mit aquae et
ignis interdictio beftraft wurde, @ic. Phil. I, 9. vgl. Cic. Paradox. A.
ilder ſcheint die neuere lex Julia geweſen zu feyn, jedoch iſt ungewiß, melde
Strafe beftinnnt war, Paul, V, 26, 3. Neben den beiden Griminalflagen
(nad) lex Cornelia de sic. und lex Julia de vi) bot das Eivilreit zwei
Schabenerfagflagen dar, nämlich 1) Actio legis Aquiliae (flatt der in den
XII Tafeln gegebenen ieiffinge) bei culpofem Brand (welcher durch negli-
entia entftanden ff), 1. 27. 6.39. D. ad 1. Ay. (9,2.); 2) eine yrätorijche
lage auf vierfathen Erfah gegen den, welcher bei dem Brand geraubt oder
Befähigung verübt Hatte, 1. 1. pr. $. 2. 1. 5. D. de incend. (47,9.).—
An der Katferzeit erhielt dieſes Verbrechen feine vollſtändige Ausbildung durch
die juriſtiſche Praxis und durch die Legislation. Man machte einen Straf:
unterſchied in Ruͤckſicht auf vie Gefährlichkeit de8 angezünneten Gegenſtandes
und Heflrafte Brandanlegen in der Stabt härter, als auf dem Land. Ferner
unterfchted man nit blos dolus und culpa, fondern au) casus, fo daß
Schadenerſatz nur dann gegeben werden mußte, wenn der Brand bei gehöriger
Vorfiät Hätte vermieden werben Eönnen; reiner Zufall befreite auch von
Schadenerſatz; f. 1. 28. 6. 12. D. poen. (48, 19.). 1. 30. 8. 2. D. ad 1.
Aa. (9, 2.). Paul. V, 20. Coll. leg. tit. XII. — Die cogritio wurde
extraordinaria, unter Leitung des praefectus urbi, welder die Strafe nad
Befinden auflegen durfte, nämlich Hinrichtung, Lebendigverbrennen, condemmn.
in metallam und im opus publicum, deportatio, relegatio, körverliche Zũch⸗
tigung u. ſ. w. — Literatur: 8. A. Hamberger, de incend. II. Jen. 1712. 13.
and in befien opusc. Jen. 1740. C. Hofacker, über d. Verbrechen v. Branv-
fliftung im N. U. d. Civilrechts V. (1822) S. 74—137. Wädter, de
erim. incendii. Lips. 1833. 1. (tft vie befte Monographie). v. Borfngen,
Beitrag z. Theorie d. Brandſtift. im A. d. EM. Neue Folge. 184.35. au Die
Lehrbb. des Crim. Rechts von Wächter, Feuerbach, Heffter, Abegg u. A. [R.]
Anoensus. Ber ſich dem allgemeinen Cenſus entzog (um badurd
fowohl dem Kriegdvienft als der Steuer zu entgehen), wurde als ein des
römifhen Bürgerrejtd unmärbiger, von Seiten des Staats in die Schaverei
verkauft. Gic. p. Caec. 34. cum incensum vendit (scil. populus), hoc iudi-
cat, cum ei, qui im servitute iusta fuerint, censu liberentur, eum, qui
cum liber esset, censeri nolaerit, ipsum sibi libertatem abiudicavisse.
Nah der Angabe bes Liv. I, 44. wurde ver incensus von Servius Tullius
vinculorum minis mortisque bebroht, welche Differenz ſich leicht dadurch
befeitigen Yäßt, daß wir annehmen, Setv. Tull. habe allervings die Todes⸗
firafe Über den incensus andgefprochen, mas ſich in ber republikaniſchen Zeit,
al8 die Zobesftrafe außer Gebrauch gekommen war, in Berluft der Eivität
umänberte. [R.]
Encestüs (von in und castus) im w. S. begreift alle unflttlien und
unreltgiöfen Handlungen, und im e. S. bedeutet es A) die unkeufche,
Entweihung eines Heiligthums, namentlich des der Veſta, B) den verbotenen
Geſchlechtsumgang verwandter Perfonen (Blutſchande). A) der religiäfe
Inceſt umfaßt ſowohl die Unzucht der zur höchſten Sittenreinheit verpflich-
teten Veſtaliſchen Jungfrauen, als vie Entweihung durch andere Perſonen.
Die Veſtalinnen wurden durch harte Strafen von dem Bruch ihres Gelübdes
(Keuſchheit zu bemahren) abgehalten, damit mit etwa das Baterlandb von
dem Born der Göttin heimgeſucht werbe, weßhalb au bei jeder Beſtrafung
roße Sühnopfer vorgenommen wurden. Uv. XXI, 97. Bion. VII, 89.
ix, 40. Plut. quaest. Rom. 83. Die Pontifices faßen über die Bergeben
Der Veftalinnen zu Gericht und beftraften bie als unkeuſch Aberführte in der
älteften Zeit mit Peitſchenhieben 618 zum Tod, felt Tarqumins Priscus aber
Unser 121
nit Lebendigbegraben, Dion. I, 786. Die Schulbige wurbe auf einer Wahre
‚um campus sceleratus am colliniſchen Thor getragen, wo fle nach vorher»
gegangener Geißelung (Dion. IX, 40.) in einem Tleinen unterirdiſchen Ges
wölbe mit einem Lit und einigen Speifen eingemauert wurde. Dion. IE, 67.
VIII, 89. 2iv. VIN, 15. XXI, 57. Juv. Sat. IV, 9 f. Plin. ep. IV, 11.
Serv. ad Virg. Aen. XI, 206. Feſt. v. sceleratus campus p. 339. Müll.
‘Tut. Nam. 10. Fab. Max. 18. Son. VII, p. 326. Der Buhle der Bers
brecherin wurde auf dem Markt zu Tode gegrißelt Dion. VII, 89. IX, 40.
viv. ep. XIV. XXI1,57. Feſt. v. probrum virg. Vest. p. 241. Müll. Son. 1. 1.
Sroßes Auffehen machte 113 v. Chr. der Prozeß gegen die Veſtalinnen
Aemilia, Licinia und Marcia, welche zuerft vom PBontifer L. Metellus, und
iobann auf den Vorfchlag des Bokfätribun ©. Pebucdus (rogatio Peducaea
Cic. d. nat. de III, 30.) von einer befondern quaestio unter Borfik bes
firengen 2. Gafflıs Longinus Ravilla gerichtet wurden. Ferat. epist. II, 9.
p. 105 f. Dio Gaff. fragm. 92. Bal. Mar. TI, 7, 9. VI, 8, 1. — Diefe
Strafe befand fo Tang, als das Inflitut der Beftalinnen, alfo auch noch unter
den chriſtlichen Kaiſern. Symmad. ep. IX, 128. 129, @ufeb. chron. a.
2107. — Bon Inceftprogeffen in anderer Nüdfiht, nämlich megen Entwelhung
ves Heiligthums durch andere Perfonen iſt nur die Klage gegen ven berüch⸗
igten P. Clodius 61 v.Chr. zu nennen. Seinen Frevel ſ. Bd. II. S. 440f.
Zur Ergänzung jener Notiz bier nur noch Folgendes: Der Volkstribun DO.
duftus Calenus machte einen Geſetzvorſchlag, daß ein befonderes Gericht von
36 Verfonen aus allen drei Ständen geloost über Clodius zu Gericht ſitzen
follten, was zwar geſchah, allein pie erwartete Gondemnation nicht nach Ya
sog. Berrat. epist. IM, 11. p. 198 ff. Dfenbrüggen zu Eic. p. Mil. 9.
p. 67 ff. Drumann Geh. Noms II. S. 203—214. V. ©. 161 F. 584. —
B) Bel incestus als Blutſchande unterſchieden die Roͤmer incestus
iuris gentium, welcher durch das natürlige Sittlichkeitsgefühl unterfagt ift,
von inc. iur. civilis, welcher auf dem Verbot des Civilrechts beruht. Zu dem
erften gehört der Umgang zwiſchen Eltern und Kindern oder ſolchen Perfonen,
quae parentum liberorumve locum inter se obtineant, ®at. I, 58. Inst. J, 10,
1. 6. 7., 3. B. Stiefeltern und Stiefkinder, Schwiegereltern und Pong
finder u. f. w., ebenfo zwiſchen Geſchwiſtern, 1.8. D. de ritu nupt. (23, 2.).
Der inceslus iuris civilis iſt neueren Urſprungs und begrefft die verbotene
She zwiſchen Geſchwiſterkindern, Schwägern u. f. w. Doch warm viefe
Berbindungen nicht immer als incestus angefehen worden, fonbern wurben
mehrmals erlaubt, und dann Doch wieder verboten. Goth. ad C. Th. Tom. I.
p. 331 fj. 338 f. vgl. nuptiae, matrimoniam. — In ver Älteften Zeit wurbe
Inceſt zwifgen Eltern und Kindern mit Tod beftraft (Herabſtürzen vom tar»
velſchen Felſen), was aud fpäter zuweilen geihah, Quinct. VIE, 8, 3.5.6.
Tac. Ann. VI, 19. Feierliche Suͤhnopfer folgten der Strafe. Tac. Ann.
XII, 8. Ein umfaflendes @efeß Über incest. gab es nicht und ſelbſt Tex
Julia de adulterils erwähnt denſelben nur beifäufig, nämlich infofern er auch
adulterium war. Die fpäteren Beftimmungen ſchloßen fih an biefe lex an
und waren folgenden Inhalts: Inceftuofe Ehe gilt als nichtig, ver Mann
erfeidet relegatio, Baufl. II, 19, 5., die Frau war ftraflos, fobald es in-
vestus juris civil. mar. Inceſtuoſer Chebruch (incestus und adulterium zu»
jammen) wurbe mit deportatio in insulam für den Mann und mit relegatio
für die Frau beftraft. Vaull. II, 26, 15. Inceſtuoſes Stuprum murbe ges
wöhnlich aud mit deportatio beſtraft; 1. 5. D. de quaest. (48, 18.). Die
cbriſtlichen Kaiſer dehnten die Inceflverbote aus und drohten ‚mit härteren
Strafen, fo 3. B. Conſtantins Söhne mit Capitalſtrafe, 1. 1. C. Th. de
incest. (3, 12), Theodoſ. mit Verbrennen und Gonflöcation, 13. C. Th.
IV.
422 Enpiliemses — -Indox -
eod., 1. un. C. Th. si nuptiae (3, 10.), f. Gothofr. zu beiden Gtellen.
Arcadius fchaffte dieſes harte Geſetz wieder ab, allein Juſtinian beflimmte
wieder Eril, Eonflseation u. f. w. für Mann und Frau, fo weit Letztere
davon getroffen werben kann. Nov. 12, 1. Literatur: E. Otto, de vetitis
affınium nuptiis, Trai. ad Rh. 1730. und in Oelrichs thes. III, 2. p. 235.
bis 284. P. Ram, de incestu. Trai. ad Rh. 1774. und in Oelrichs coll.
diss. i. nat. p. 73—166. Wächter, Abhandl. aus dem Shrafredt I, S. 167.
His 173. Diele Schriftfeler handeln au nur von den römifchen Chever⸗
boten, ſ. nuptiae und matrimonium. [R.]
Anellienses, Bewohner eines ſiciliſchen Städtchens (Inciliae? Ancylii ?),
j. Scillato im Nebroden-Bebirge, ic. Verr. III, 45. [P.]
Incitas, ad, ſ. Latrunculorum ludus.
Encitega (die Penult. wird als kurz bezeichnet, vielleicht mit Unrecht,
wenn bie hienach angegebene Etymologie die ‚wahre if), nad) Feſtus machi-
nula, in qua constituebatur in convivio amphora, de qua subinde defer-
rentur vina.. Wan bat fh demnach unter inc. ein tiſchförmiges Geſtell zu
denken, deſſen obere Platte runde Deffnungen hatte, in welche die Wein=
ampboren eingelafien wurden. Fälſchlich wurde angenommen, dieſe Vorrich—
tung fei gebraucht worden, um nicht die Weinfrüge auf die Tafel ſelbſt ſetzen
und biefe damit beſchmutzen zu müflen. Vielmehr ergiebt ſich aus der Geſtalt
ber großen mweitbaudigen und nad unten fi ſehr verengenden Amphoren,
daß fle nicht fiher auf einer Fläche aufgeflelt werden Eonnten, fondern in
eine Oeffnung eingelaffen werben mußten, um in berfelben zum Behuf des
Eingießens in Eleinere Gefäße (z. B. die Miſchkrüge) bequem umgedreht zu
werden. CEbenſo verfehlt ift offenbar die Ableitung von incitego für intego
(wie recipero für reparo), ex eo, qund tegerct mensae partem, Forcell.
Das Wort iſt die römiſche Umformung des aus ayyodn«n verderbten griechi⸗
hen ayyvönan, deſſen Athenäus V, p. 199. mit Andeutung der gleichen
Beſtimmung gebenft. [P.]
Indapräthae (Irdanpuduı, Ptol.), eine Völkerſchaft im nörblichern
heile von India extra Gangem, zwiſchen dem M. Bepyrrus im W. und
dem Damafflihen Gebirge im D., fünlih neben den am Buße ver Emodi
.Montes wohnenden Aminachae, und nörblih von den Iberingae. [F.)
EIndenea, Ort der Japoden in Illyris barbara, nad Reich. Unter—⸗
Unnacz, Tab. Peut., wo aber der Name wahrſcheinlich verſchrieben if, vielleicht
Inde Eneam. [P.]
Endex (unrvıns), Beiname des Hercules, m. f. Bd. IN. S. 1175.
oben. [Mzr.]
Endex iſt derjenige, welcher die Thäter eine bereit vollendeten Ber»
brechens ober die, melde ein Verbrechen auszuführen beabfichtigten, bei ber
Obrigkeit anzeigt. Bei dem Necufationsprincip bed römiſchen Griminalpro>
zeffes war eine foldde Anzeige nur bei großen Verbrechen gegen den Staat
und das allgemeine Beſte zuläßig und von Wirkung, 3. DB. bei Verſchwö⸗
rungen, Berrath, Branbfliftung u. f. w.; bei Repetunden, ambitus u. f. w.
fommen nie indices vor; auch pflegten nur Perfonen gemeinen Standes,
namentlih Sclaven, folde Anzeigen zu maden, niemald Männer fenatori-
ſchen Range. Pi. Ascon. zu Cic. div. II. p. 114. Orell. Sole Angeber
erhielten ſchon vor Alters vom Senat und Volk Belohnungen zuerkannt,
namentlid Geld und das Bürgerrecht, auch die Breihelt, wenn der Angeber
ein Sclave war. Die älteften Beifpiele folder Belohnungen werden bei
Entdeckung der auf die Zurüdführung des vertriebenen Tarquinius Superbus
geriiteten Verſchwörungen erwähnt, Liv. I, 5. Dion. V, 7—13. (vom
Sclaven Bindicius.) 53—57. ©. no Liv. IV,45. VIII, 15. 18. XXI, 33.
AXVI, 27. XXVII, 3. XXXII, 26. XXXIX, 12. 13. 19. Gic. Cat. III, a.
India 4128
IV, $. Sall. Cat. 30. 47 ff. Jug. 32. App. b. c. MI, 54. Später wurben
Belohnungen auf die Anzeige und Entdeckung gewiſſer Verbrechen -fihon im
Voraus zugeflgert und die Kaifer Sprachen bei einigen Verbrechen fogar bie
Berpflißtung aus, dieſelben zur Anzeige gi bringen, 3. B. bei Kegerei,
Falſchmünzen, Zauberei, Raubmord, f. 1. 3. 6. 7. C. Th. ad 1. Corn. de
sic. (9, 14.), 1.9. $. 7. C. ad 1. Jul. mai. (9, 8.), I. 11. C. Th. de
malef. (9, 16.), 1. 9. C. eod. (9, 18.), I. 2. 4. C. Th. de fals, mon. (9,
21.), 1. 1. C. eod. (9, 24.), 1. 16. 6. 2. C. de haeret. (1, 5.), 1. 2. C.
Th. de his qui latron. (9, 29.), 1. 1. 2. C. eod. (9, 39.). Es geſchah
aber bei allen Berbredden, und man nannte ſolche Angeber delatores, obglei
biefe Bezeichnung fehr hänfig für eigentliche Ankläger gebraucht wird. ©. bie
Art. calumniator, delator und quadruplator. Auch gab es in der Kalferzeit
gereiffe untergeorbnete Behörden, welche verpflitet waren, bie Verbrecher zu
überwachen, anzuzeigen, nnd nad Befinden zu arretiren, damit die competente
Debörde über diefelben richten könne. Sole h. stationarii, curiosi, nun-
tiatores, irenarchae, defensores u. f. w. Durch alles Diefed machte fi das
Inguifitionsprincip im Gegenſatz zum Accufationsprincip Im röm. Criminal⸗
yrogeß immer mehr geltend. Dan fehe vorzüglich Geib, Geſch. des Nöm.
Girilprog. ©. 102 ff. 529 ff. 650 f.: [R.]
Ymdia (7 Iröie, Bolyän. IV, 3, 30. Joſeph. Ant. I, 6. ober Tr--
oz, Diod. H, 34. Strabo I, p. 39. II, p. 103. u. öft. Ptol. VII, 1.2.
Theophr. h. pl. IV, 5. Aelian H. A. XVII, 6. Polyän. I, 1, 2. Joſeph.
Ant. VII, 2. u. f. w.), das füblichfle Land Nflens, fon nad der AR
der Alten eind der wichtigften und merkwürdigſten Ränder der Erbe, wurbe,
wie wir weiter unten feben werben, ben Griechen erſt durch die Feldzüge
Nlerander& des Gr. und ded Seleucus Nicator etwas genauer befannt, und
doch find auch die Vorftellungen der fpätern Geographen über Indien nod
fehr unrichtig und mangelhaft. (Siehe die Befchreibungen Indiens bei Strabo
XV, p. 685 ff. Ptol. VIE, 1. 2. Arrian in der Schrift ’Zvdıxe. Mela III,
7, 2f. Blin. VE, 17, 21. u. A. Ginzelne ſchätzbare Notizen geben auch
Herodot, Gteflaß, die Fragmente der Geſchichtſchreiber Alexanders, Diodor,
Gurtius u. A. Bol. über dieſe Quellen der indiſchen Alterthümer überhaupt
Seeren Comment. de Graecorum de India notitia in den Commentt. Soc.
Gotting. X. u. XI. Robertſon Historical disquisition concerning the
knowledge which the ancients had of India. Leyden 1792. Bohlen Das
alte Indien. Königsb. 1830. I. S. 61 ff. u. A.) Den Namen des Landes
und feiner Bemohner, der fi zuerfi bei Hecatäus (fragm. 174—179. in
Mülleri Fragm. hist. Gr. Paris 1841. p. 12.) unb Herodot (V, 3.) finvet
(denn bet Somer Od. I, 22 ff. IV, 83 ff. 188. XI, 521. [vgl. mit Herob.
VII. 70. und @urip. fragm. ap. Strab. I. p. 33.] erſcheinen die Indier noch
unter bem Namen der Inlisen Nerbiopier), leiteten ſchon bie Alten vom
Induöftrome Her (Arrian Ind. c. 3. Steph. By. p. 328.), und es war
natürlich, daß, nachdem der einheimifche Name sindhu-s fih fon im Munde
der Zendvölker in hindhu-s verwandelt hatte (vgl. Bopp Vergleichende
Gramm. bed Sanſkrit, Zend, Griech. ıc. Berlin 1833. S. 50.), die Joni⸗
ſchen Griechen, die ihn von den Perfern zuerft nennen hörten, bei ihrer
Neigung die Afpiration zu vermeiden, flatt ‘Irdos, “Iröor, Irdia, wie e8
eigentlid lauten follte, 'Irdos, 'Irdoi, Irdia ſchrieben. (Vgl. Laſſen
Comment. geogr. atque hist. de Pentapotamia Indica. Bonn. 1827. p. 7.
und Deffelben Indifhe Alterthumst. Berl. 1843.1.&.3.) Weber die Grenzen
des Landes konnte man, da es lauter natürliche find, nicht im Zweifel fein.
ıBgl. Eratoflb. ap. Strab. XV, p. 689.) Die Alten verflanden unter dem
Namen Indien die ganze große Ländermafie, welche gegen N., wo fie bie
zuſammenhängende Grbirgätette (Plin. VI, 17, 21.) des Paropamifus, Imaus
126 Yadia
oder Gondvara⸗Geb.?), norböfllig vom vorigen, mit den Quellen bes Ada⸗
mas, Dofaron und Tyndis; den M. Adisathrus, wefllih vom vorigen, der
in ſüdweſtlicher Richtung binflreiht und die Quellen des Chaberus enthält;
den M. Bittigo (j. dad Gates- oder Ghats-Geb.), eine weſiliche Fortfegung
des vorigen, mit den Duellen des Solen und Barius; den M. Vindius (noch
j. Vindhya-Geb.), nördlid vom Bittigo, mit den Quellen des Nanaguna
und Namadus; den M. Sardonix (vielleiht das heut. Sautpura-Geb., Das
dann aber freilih von Ptol. zu weit gegen SW. gerüdt würde, Daher
von Laſſen Ind. Ultertb. I. S. 243. vielmehr für das Geb. Raga—
pippali mit feinen Karneolgruben gehalten), ſüdweſtlich vom Bittigo, zwischen
dem Nanaguna und Namadus, und den M. Apocopa (au Tlosai zur
genannt, vielleiht das heut. Aranulli-@eb.), zwiſchen dem Namadus und
Indus. Mehrere diefer Gebirgszüge Taufen bis in das Meer hinaus und
bilden Borgebirge, von denen folgende die widhtigeren find: a) in India
extra Gangem: Prom. Magnum, die wefllide Spige der den großen Dieerb.
bildenden Küfte (welches gemöhnlih für das Gap Romania, ritiger aber
wohl für das viel weiter gegen NW. dem Borgeb. Cambodja gegenüber
liegende Cap Ligor, oder au für das etwas ſüdöſtlichere Cap Patani ge-
Balten wird, weldes genau genommen ben Meerb. von Siam in®. fließt);
das Malaei Colon (MaAniov xuAor axoor) an ber fürlichen Küfte der golonen
Halbinfel, der aber freilich Biol. eine ganz falſche Geſtalt und Richtung giebt
(und daher wahrſcheinlich viel nördlicher zu fuchen, als das Vorgeb. an ver
Straße Papara ver Injel Salanga oder Djnukſeylon gegenüber, für welches
Reichard es Häft, vgl. Forbigers Handb. d. alt. Geogr. II. S. 482.
Note 69.) und dad Prom. Aureae Chersonesi (ohne befondern Namen) an
der Südfpige des Sinus Sabaracus auf der Weftjeite der genannten Halbinſel
bei der Stadt Tacola; b) in India intra Gangem: Prom. Cory oder Calli-
gicum (vgl. au Marcian. p. 25. 26. 44.), die denSinus Agaricus in O.
und den Sinus Colchicus in W. trennende Landfpige, dem noͤrdl. Vorgeb.
der Infel Taprobane (oder Geylon) gegenüber, d. 5. das Vorgeb. an ver
Straße Panban, der Infel Ramiſur oder Ramijorom Kor gegenüber, das
noch immer Ramanan Kor Heißt (vgl. Bd. II. S. 724. Ritters Erpf.
V. ©. 517. u. Forbiger am a. D. Note 67.); Prom. Comaria, am weft-
figen Ende des Sinus Colchicus bei einer gleignamigen Stadt (no j. Cap
Gomorin, die fürlicäfte Srige Borberindiene; Prom Simylla (vgl. audı
Arrian Peripl. p. 30.), bei Ptol. die weſtlichſte Spide der ganzen Küfle
und das füpliche Ende des Sinus Barygazenus (wabrideinlih das heut. Gay
St. John, das aber Ptol. freilich zu weit gegen W. Kinausrädt, weshalb
Neihard das Vorgeb. Simylla zur Güpipige des Meerb. Canibi oder dem
heut. Dſchiga macht), und Prom. Maleum (Meisor), die ben Barygazen.
Meerb. in S. und ben Meerb. Canthi in N. trennende Landfpige (mahr-
ſcheinlich das heut. Cap Diiga). Die von dieſen Vorgebirgen gebilperen
Meerbufen waren in ver Richtung ron D. nah W. folgende: ver Magnus
Sinus (j. Meerb. von Eiam), der die öſtliche Küſte von India extra G. von
der gegenüberliegenten Küſte ter Sind i&ieb: ter Perimnlicus oder Peri-
mnlus und der Sabaracus Sinus an der öſtlichen und weſtlichen Küfle ber
goldnen Halbinfel (d. 6. die Errase von Malakka und ber Goli von Mar-
taban); der greße Sin. Ganzelicus (oder Meerb. von Bergalen‘: ver Sin
Argaricus, ber Inſel Taprodane gegenuber, im W. dur daR Vorgeb Corv
begrenzt und nad der Stadt Argara benannt (die beut. Palks-Bai); Der
Sin. Colchicus (|. Meerb von Manaar). gfeit neben dem vorigen, zwiſchen
ven Vorgeb Gem und Somaria. Der feinen Namen von ker Hantelafları
Colchi datte Mach Ritters ref. V. ©. 516. jeflen Die beiden Buadıen
an Nr Gerlonfraße noch jegt Artingarı nad Kollbi beiten) Der Sinus
Tadıs 127
Barygazenus (j. Golf von. Cambay), an der Weſtküſte und der Laubfchaft
Larice, zwiſchen ben Vorgeb. Simylla und Maleum, nah der Stadt Bary—
gaza benannt, und ber Sin. Canthi (j. Meerb. von Cutſch) vor der Land⸗
Oaft Syraftrene, vom Borgeb. Maleum bis zu den Indusmündungen reihend.
Die Slüffe Indiens, unter denen die meiften ala fehr bedeutende Ströme
erigeinen, die größtentbeild auf dem nördlichen Grenzgebirge entipringen und
ih mit Ausnahme der als Nebenflüffe größerer Ströme erwähnten ſämmtlich
in den Indiſchen Ozean ergießen, flnb: a) in India extra Gangem, in ber
Richtung von D. nad, W.: der Serus (j. Menam?), der Dorias (j. Thaluen
oder Saluen?) und der Doanas (j. Iramaddy oder Awas?), die fih nad
Ptol. alle in den Sinus Magnus münden follen (mo aber neueren Erfahrungen
nah gar Eeine Hauptſtröme ihre Mündung haben, fo daß fich Ptol. unftreitig
eines Irrthums ſchuldig gemacht und den Sinus Magnus ſtatt des Sinus Sa-
baracus genannt hat, vgl. befonder8 Korbigerd Handb. d. alt. Beogr.
11. ©. 60. Note 26.); der Sobannas, ein Fluß der goldnen Halbinſel, der
fi$ in ben Sin. Perimulicus ergieße, aber gewiß Fein anderer als der heut.
Tanafferim fein fol (vgl. Forbiger am a. D. ©. 484. Note 73.), der
Attabas und Palandas, zwei Eleine lüffe, die nah Ptol. in der Außerften
(ren ihm eigentlih gar nicht gefannten) Spige der golpnen Halbinfel fließen
toßen, aber einer unverfennbaren Namensähnlichkeit zufolge die viel nördlicher
ſtrömenden Flüſſe Tavoy und PBaunlaun find (vgl. Korbiger aa. O.
Rote 75.).” Berner an der Weflfüfle ver Aurea Chersonesus: der Chry-
soana (von Mannert V, 1. S. 183. für den heut. Tanaſſerim gehalten,
wahrſcheinlicher aber eine der Iramanpymündungen, vgl. Forbiger a. a. O.
Note 76.), der in den Sinus Sabaracus fallende Besynga (den Mannert
am a. O. ©. 195. für den beut. Pegu hält, in dem wir aber richtiger ven
Baflein oder die weſtlichſte Irawaddymündung erkennen werben), und ber
Teınala, der oberhalb des genannten Meerb. bei einer gleichnamigen Stabt
mündet. Im den Sinus Gangelicus fallen: der Sadus, nörblich von der Stadt
Saba (vielleiht dem heut. Sandoway? vgl. Forbiger ©. 485. Note 77.),
ter Tocosanna (der heut. Aracan oder Huritung?), der Catabeda (der heut:
Kurmful oder Kurrumfoli? und der Ganges ſelbſt (vgl. Bd. III. S. 650.)
mit folgenden, größtentheild bedeutenden und f&iffbaren Nebenflüffen: a) auf
tem linfen Ufer oder in India extra Gangem: Magon (Arrian Ind. c. 4,
i Ramguna?), Commenases (Arrian 1. I, ji. Gumty? vgl. Forbiger
am a. D. Note 79.), Agoranis (j. Gogra oder Gogari), Condochates
(Arrian u. Plin. II. I. j. Gunduk), Oxymagis (Arrian 1. I., mwahrfchein-
lich der heut. Bogmutty, vgl. Forbiger am a. D. Mote 81.), Cossoanus
(Arrian 1. 1., bei Plin. Cosoagus, j. Coſt oder Eofa) und Oedanes (Ar⸗
tmid. ap. Sirab. XV, p. 719.) oder vielleicht richtiger Dyardanes (bei Gurt.
VIN, 9, 9.), ohne Zweifel der heut. Brahmaputra; b) auf dem rechten Ufer
oter in India intra Gangem: Jomanes (Plin. VI, 17. u. 19.) oder richtiger
kai Ptol. Diamuna (no j. Djumna ober Dſchumna), der nieder ben Sambus
(Arrian c. 4, j. Sambul, Tſchumbul) und den Cainas (Arrian u. Plin.
n., j. Gane, Kan) in fi$ aufnimmt; und Sonus (iidem, j. Son, Gone,
Ecneb) oder Erannaboas; denn wenn Arrian und Plinius den bei Palim⸗
bothra miündenden Erannaboas audprüdlic vom Sonus unterſcheiden, fo iſt
rieß ein blofer Irrthum, da Crannaboas nichts als eine Verunſtaltung des
richteriſchen Namens des Sone, Hyranyavähas, d. h. der Goldarmige, iſt
(egl. Forbiger ©. 486. Note86.).* b) In India intra Gangem münden
® Autdere von Arrian am a. D. genannte Nebenjtüffe des Ganges, die gar Beine
Aernlichkeit mit neuern Namen haben, und fich daher nicht näher befiimmen Laffen,
mb ber Bittocacis, Solomatis, Cacuthis, Andomatis, Amystis und Erineses
gl. Forbiger am a, O. ©, 486 f.).
[|
⁊
128 Yudta
nad Ptol. in den Gangetifäden Meerbufen: ber Adamas (höchſt wahrſchein⸗
IH der heut. Braminy ober Bramni), Dosaron (j. Mahanada oder Maha-
nubby? wenn biefer nicht vielmehr der Mandas ober Manadas des Ptol. ift,
vgl. Forbiger S. 62. Note 29.), Tyndis (j. Godavery?), Maesolus (I.
Kiſtnah oder Krishna), Tynna (j. Pennair), Chaberis oder Chaberus (no
j. Gavery, au Colerun), Solen (wahrfheinliß ber in den Meerb. von
Manaar fallende fühlide Arm des Vygaru), Baris, der bei der Stadt Ba:
race zwiſchen dem Colchiſchen Meerb. und dem Vorgeb. Calac Carias mündet
(vielleicht der bei Barcelore mündende Feine Fluß), Pseudostomus, der bei
der Stadt Muzirid die See erreicht (vermuthlich der bei Onore mündende
Garfippa, vgl. Forbiger ©. 488. Note 95. b.), Nanaguna (j. Tarty ober
Tapty), Namadus (j. Nerbudda), und endlich der Indus felbft (f. unten)
mit folgenden Nebenfläffen: a) auf dem linken Ufer: dem Acesines (j. Dſchenab
"oder Tjchenaub), der wieder auf feiner Tinfen Seite den Hydaspes (j. Behut
ober Dielun), auf feiner rechten aber ben Hydraotes (j. Rawi) und Hypanis
‚oder Hyphasis (d. 5. den aus der Vereinigung des Beah oder Beyah und
Sutludj oder Suttuluz entftehenden Gharra) in fich aufnimmt; b) auf dem
rechten Ufer aber dem Cophes oder Cophen (j. Kabul) mit ven Nebenflüffen
Choaspes (j. Attot), Suastus (j. Sewad), ber ſich mit dem Guraeus (j.
Penjcora) vereinigt , und daher von den Alten mit dieſem ibentifizirt wird
(vgl. Forbiger S. 510. Note 72.) und Choes (j. Kameh ober Kama).
Ueber die außerorventliche Fruchtbarkeit und den unermeßlihen Reichthum des
Landes an Produkten aller Art war ſchon bei den Alten nur Bine Stimme;
ja man erlaubte ſich ſelbſt in dieſer Beziehung viele Liebertreibungen, und
glaubte nit nur, daß Indien Thiere und Pflanzen in viel anfehnlicherer
Größe und Schönheit hervorbringe, als alle andern Länder (vgl. über die
Thierwelt Herod. III, 106. 114. Gtef. Ind. c. 7. 13. Strabo XV, p. 695.
Diod. TI, 35. Nelian h. an. II, 4. IV, 31. Bauf. IX, 21. Blin. VII,
21, 30. u. U., über vie Pflanzenwelt Theophr. h. pl. IV, 4. Girabo XV,
p. 694. vgl. mit II, p. 73. Etef. Ind. c. 14. Diod. XVII, 90. Plin.
vu, 2, 2. 16, 58. 60. 17,12. u. f. w.), fondern machte e3 auch zu einem
wahren Wunderlande, von dem man bie feltfamften Märchen erzählte (vgl.
Strabo p. 702 f. 711.), Indem beſonders Cteſias mehrere Wefen der inpifchen
und perfifgen Babelmelt, die er in den heiligen Büchern diefer Völker ers
wähnt, oder auf ihren Denfmälern abgebildet fand, für wirklich exiſtirende
Weſen anfah, und fo befonders- Indien mit einer Menge fabelhaft geftalteter
und fonft nirgends auf Erden vorfommenber Geſchöpfe bevölferte (vgl. 3.8.
Plin. VI, 3, 2. VII, 21, 30. Cuviers Anflten von der Urwelt,
verbeutfägt von Nöggerath. Bonn 1822. ©. 59 f. Bährs Prolegg. ad
Ctes. p. 55 ff. 135. und Forbigers Handb. d. alt. Geogr. I. S. 95.).
Die Ihierwelt Indiens umfaßte namentlich Elephanten von feltener Größe
(Strabo XV, p. 703 ff. Polyb. I, 84. Arrian Ind. c. 13. u. Anab. III, 8.
IV, 25. Diod. II, 35. Aelian. h. an. III, 46. VII, 37. XII, 44. Gurt.
VIII. 9, 17.; über die Art fle zu fangen vgl. Agatharch. p. 39 ff. Huds.
Strabo und Arrian 1. I. Diod. II, 42. Nelian. h. an. IV; 24. VII, 6.
Plin. VII, 8. und Bohlen Das alte Indien ıc. 1. ©. Al., und über ihren
Gebrauch im Kriege Etef. Ind. c. 24. Arrian Anab, IV, 25. V, 8. 15.
Diod. XVII, 87. Blut: Alex. c. 50. u. Plin. VI, 19, 22.)*, Nashorne
(Plin. XII,7, 15. vgl. jebo Gurt. VIII, 9, 17.), Zömen (Aelian. XVII, 27.
- Strabo XV, p. 700.), Tiger (Strabo XV, p. 703. Arrian Ind. c. 19.
oUeber die (bis zu 6000, ja nach Plinius bis zu 9000 anfleigende) Zadl ber
Elephanten, welche bie Indifhen Könige bei ihren Heeren hielten, vgl. Dieb, XIII, 93.
Plut. Alex. c. 62, und befonderd Plin. VI, 22.23, ©. Laffen Ind. Alterthumsk.
I. G. 307.
Inäss 128
Adien. XV, 14.), Panther (Aelian. XIV, 14 ), Luchſe (Dvib Met. XV, 419.)
und andere Raubthiere, Kameele (Plin. XII, 7, 15.), Affen von ben ver»
i&iedenflen Arten (Strabo XV, p. 699. 703. 710. Nelian. XVI, 9. XVII,
25, 39.), Buckelochſen oder Zebu's (Strabo XV, p. 718. u. daf. Gros-
kurd IE. ©. 163. vgl. mit Ariflot. h an. I, 1. IX, 45. u. de part. m.
11, 2.), Büffel (Arrian. IV, 25. Aelian. IN, 34. Plin. VII, 21, 80.,
deren man ſich auch zum Reiten und Rafttragen, gleich den Kameelen, Arrian.
Anab. IV, 25. Aelian. h. an. XV, 24., beſonders aber zum Ziehen leichter
Kurden bediente, Strabo XV, p. 709. vgl. Bohlen I. &. 40. u. II.
S. 109. Ueberhaupt beſaß wohl nicht leicht ein anderes Land fo zahlreiche
Rinderheerden, als Indien, vgl. Gtef. Ind. c. 13. 22 ff. Xeltan. h. an.
IV, 32), Eleine, aber fehr ſchnelle Pferde, die befonders im Kriege fehr gut
in gebraudden (Gtej. Ind. c. 11. 13. 22. Aelian. IV, 23. XRI,9. XVI,9.
Herod. VII, 86. 106.), jedoch nicht in großer Menge vorhanden waren
(Gurt. X, 1., fo daß für die zahlreihen Reiterſchaaren viele vergleichen aus
dem Auslande eingeführt .worben zu fein feinen, vgl. Bohlen 1.8.72.
und Laffen Ind. Alterth. I. S. 301.), Maufefel (Aelian. XVI, 9.), wilde
Gjel (Aelian. IV, 52. XVI, 9.), Schaafe mit Fettſchwänzen (Gtef. Ind. c. 13.
20. 21. Aelian. III, 3. IV, 32,), Biegen (Aelian. IV, 32.), beſonders gute
und Eräftige Jaghhunde (Herod. I, 192. Cteſ. Ind. c. 5. Ariſtot. h. an.
‚VAL 27. Welian. IV, 19.. VI, 1. Strabo KV, p. 700. 703. Plin. VEIT,
40. extr.), Grocodile (Herod. IV, 44. Strabo XV, p. 696. 706. 719.
Aelian. XII, 41.) *, Schildkröten (Xellan. I. 1. Peripl. mar. Erythr. p. 16.),
Sälangen von verfhiedenen Arten (Strabo XV, p. 706. XVI, p. 775.
Arttan. Ind. c. 15. Aelian. XII, 32. XVII, 2.), Bapagayen und andere
Bögel mit herrlichem, bunten Gefieder (Aelian. XVI, 19. Strabo XV, p. 718.),
die leicht bie menſchliche Stimme nachahmen Iernten (Gurt. VIII, 9, 16.),
Pfaue (Melian. V, 21. XI, 33. XVI, 2. XVII, 23.), Wiedehopfe (Wellen.
XVI, 5.), Mraniche (Strabo XV, p. 711.), Perlenmuſcheln (Arrian. Ind.
c. 8. MWelian. X, 13. XV, 8. Strabo XVI, p. 527. Athen. III, 14. p. 83.
Gurt. VII, 9, 19. Blin. VI, 25. 27. 32. IX, 25.), Gochenille (Gtef. Ind.
c. 21.), Scorpione (Aelian. XVI, 14. XVII, 40.) u. f. w. Aus dem Pflanzen»
reiche werben erwähnt: alle Arten von Getraide, beſonders Walzen und Gerſte
(Strabo XV, p. 690. Plin. XVII, 13.), da Indien, ſelbſt bei mangel⸗
bafıer Beftellung, jährlich eine boppelte Erndte gewährte (Strabo p. 693.
Diod. II, 35.), Flachs (Strabo ibid.), Hirfe (Died. II, 36. Strabe 1. 1.
Plin. XVIII, 10.), Reis (Strabo 1. 1. Theophr. h. pl. IV, 4, 10. BDiod.
1. ı. Blin. XVII, 13.), Sefam, woraus ein treffliges Del bereitet wurbe
(Strabe L 1. Theophr. h. pl. VI, 5, 1. Diod. 1. 1. Plin. XVIII, 22.),
Zeigen und andere Südfrüchte (Plin. XII, 5, 11.), Wein, jedoch in geringer
Menge (Strabo XV, p. 694. Theophr. h. pl. IV, 9. Solin. c. 52.),
Banianenbäume von ungebheurer Größe (Arrian. Ind. c. 11. Gtrabo I. 1.
Theophr. h. pl. I, 12. IV, 5. id. de caus. pl. II, 14. Gurt. XI, 3, 10.
Blin. VI, 2, 2. XI, 4, 8.), Kokuspalmen (Theophr. h. pl. IV, 2,7. I,
6, 10. Peripl. mar. Er. p. 19.), Burbaum (Strabo XV, p. 711.), Eben⸗
bel; (Herod. II, 114. ©trabo XV, p. 703. Theophr. h. pl. IV, 4, 6.
Blin. XII, 9. vgl. mit Czech. 27, 13), eine Menge Bauholz aller Art,
namentlich aud treffliches, in den Wellen faft unverwüſtbares Schiffbauholz
(%heophr. h. pl. V, 6. Plin. VI, 41.), Zuderrobr (Strabo XV, p. 694.
Nah Queſieritus follten fih im Indus außer Erocodilen auch Flußpferde
rumben , welcher Behauptung jedoch ſchon Strabo p. 609. (707.) umd Arrlan Ind.
e- 6. mis Recht wiberfprecdhen,
Bauly, Real-Guckcloy. IV. 9
13Q, India
Dioscor. II, 104. Peripl. mar. Er. p. 9. Theophr. b. pl. IV,5. Aelian.
V. H. II, 39. u. H. A. XII, 8. Plin. XII, 8, 17. Seneca Ep. 84.),
Bambus oder anderes Schilfrogr von gewaltiger Größe (Prof. 11, 17. Plin.
VII, 2.), Baummollenftauden (Herod. III, 106. Arrian. Ind. c. 7. 16.
Strabo XV, p. 693. Plin. XI, 6.), Papyrusflauden (Strabo XVII, p. 823.),
Pfeffer (Theophr. h. pl. IX, 20, 1. Peripl. mar. Er. p. 81. Plin. XI,
14.), Zimmt und andere Gewürze (Herod. III, 111. Strabo II, p. 98.
XV, p. 695. vgl. mit Jerem. 6, 20.), Betel (? uxiaßadoor, .Peripl. mir.
Er. p. 37. Dioscor. I, 11. Btol. VII, 2. Plin. XII, 26, 59.), Weib:
rauch (Strabo XVI, p. 782.), Myrrhen (Peripl. 1. p. 28.), Maſtix (Dioscor.
1,90. Plin. 1.1.), Gaffla (Strabol.1.), Rardamomen (Amomum, Theophr.
h. pl. IX, 7,2. ®Blin. XIII, 27, 29.), Sanbelhol; (Peripl. mar. Er. p. 20.,
wo flatt onyadirwy ohne Zweifel aaradiro» oder oarzadiror zu leſen if,
vgl. Salmaf. Exercc. Plinn. p. 726.), Narbe (Arrian. Anab. VI, 22. Dioscor.
1, 6. Ptol. VII, 2. Peripl. 1. p. 23. vgl. LKaſſen am a. O. S. 288 f.),
Koftus (Peripl. I. p. 22. 28. Plin. XII, 25.), Kampher (Ixaprior, im
Sanſkrit Karpüra, bei Cteſ. Ind. c. 28.), Indigo (’Irdınov, Diokcor. V, 107.
Peripl. I. p. 18. Plin. XXXV, 6, 12. vgl. Ideler ad Arist. Met. II.
p. 148.), ein Pflanzenharz, BdeAAsor (Peripl. 1. p. 21. ff. 38. vgl. Laſſen
am a. D. 289 f.), wahrfheinlih daſſelbe, welches Etef. Ind. c. 19. nAenroor
nennt (vgl. Bähr ad Ctes. p. 318.) u. f. wm. Das Mineralreich endlich
lieferte eine Menge Gold theils aus den Gebirgen, theils aus den Flüſſen
des Landes (Herod. III, 106. Strabo XV, p. 700. Diod. II, 36. Curt.
vi, 9, 18. Plin. VI, 23. vgl. Forbigers Handb. d. alt. Geogr. II.
©. 491. Note 13.) und Epelfteine, befonderd Diamanten, Smaragben, Sap—⸗
phire, Onyxe, Lapis Lazuli u. a. (Etef. Ind. c. 5. Herod. I, 195. Strabe
XV, p. 717. Arrian. Ind. c. 8. Peripl. I. p. 32. Plin. XXXVIl, 76.
Gurt.1.1.), au Silber, Eiſen und Sinn* (Diob. II, 36. Peripl. 1. p. 31.).
Kryſtall (Strabo II, p. 98. XV, p. 717.), Steinſalz (Strabo XV,p. 700.)
u. f. w. (Ueber die Probufte Indiens überhaupt vgl. beſonders Laſſens
Sud. Altertbumstunde I. S. 237 ff.) Die Einwohner des Landes (Irdai,
Indi), eins der älteſten Völker der Erbe, ‘von weldem die Kultur aller
anderen audgegangen zu fein ſcheint, waren nach der AnflHt der Alten Aw
tochthonen (vgl. Diod. II, 38.) und lebten bis zu Alexanders des Gr. Zeiten
in glüdlicher Verborgenheit unter einheimischen Königen, deren Dynaflien
auf die urälteften Zeiten zurüdtgeführt werden. (Nach Arrian Ind. c. 9. zählten
die Indier [d. 5. der Staat von Valibothra, wo Sandrokottus herrſchte,
obgleich die Alten nicht felten von Indien wie von Einer großen Monardit
ſprechen] bis Alexander und Seleucus 153 Könige in einem Zeitraume von
6042 Jahren, und nah Plin. VI, 17, 21. 154 Könige währenp 6451 3.
[vgl. auch Diod. II, 38.]; welche Angabe jedoch fehr übertrieben ſcheint, da
nah Bohlen I. ©. 291. alle hiſtoriſchen Grinnerungen ber Hinbuß
nicht über die vierte ihrer fogenannten Weltperioden, bie mit dem 3. 3102
v. hr. beginnen fol, Hinausreichen. Vgl. auch Benfey am a. O. ©. 2.
und Laſſen am a.D.6.509 f.) Denn ob vor Alexander au ſchon Er
fofris, Semiramis und Cyrus Eroberungszüge nad Indien unternommen
haben, wie Diodor I, 55. II, 17 ff. Strabo XV, p. 686. Arrian. Anab.
v1, 24, 4. Juſtin. I, 2, 3. u. %. im Wiverfprug mit Megafthenes bi
Arrian. Ind. c. 5. u. Gtrabo A: 687. (na welchem bie Indier vor Alesande!
nie durch einen Angriff von Außen her beunrublgt wurden) berichten, bleibt
99 Deffen griech. Name xasoiregos felbft nichts Anderes als eine GSraͤciſiruss
des Indifchen (fanfkritifchen) Namens kastira if. Bol. Benſey im Wer. Jaubien ir
Erſche m, Brubers Encyel. Ate Sect. 17ter Thl. ©. 28, |
India | fst.
10 ſehr zweifelhaft; obgleich allerdings neuere Altertfumsforfcher auf dem,
äghptiſchen Monumenten, welche die Siege des Sefoftris verherrlichen follen,
in der Geſichtsbildung der Gefangenen den Typus der Hindus deutlich aus»
jeprägt zu finden glauben (vgl. Champollions d. I. Briefe aus Aegypt.
Kein. 1835. S. 235. und Ritters Erdkunde V. ©. 442. Dagegen aber
Benfey in Erf und Grubers Encyclop. am a. DO. ©. 24 fj.); und ſelbſt
Darius ſcheint feine Eroderungen nicht bis über den Indus ausgedehnt zu
baben (vgl. Benfey am a. O. S. 40f.). Nah wirklich Hiftorifchen Ueber⸗
lieferungen war ber Mazedoniſche Eroberer der Erſte, der durch feinen Cinfall
in Indien die Ruhe und Unabhängigkeit des harmlofen und frieblichen Volkes
Rörte, babur aber freilih auch das Land zuerſt den Bliden des Abend⸗
landes öffnete. Er kam zwar nicht bis über den Hyphafis, alfo nicht über
das Vendlab oder den Diftrikt der fünf Flüſſe (Neben- ober Quelenfläffe
det Indus) hinaus (Arrian. Anab. V,25. Diod. XVII, 95. Strabo XV,
p 697. Gurt. IX, 2.), erwarb fih aber doch theils durch die auf feinen
Beiebl vom Nearchus unternommene Entdedungdreife auf dem Indus und
Grorhrätfchen Meere (vgl. Forbigers Handb. d. alt. Beogr. I. S. 139 ff.),
teile durch die Veranftaltung, daß gelehrte Männer, bie ihn auf dieſem Zuge
begleiteten, wie Beton, Diognetus, Dnefleritus u. ſ. w., bie gemachten Ente
dekungen an Ort und Stelle niederfhreiben, dann aber dieſe Notizen ſam⸗
neln, ordnen und in befondern geograph. Werken herausgeben mußten (vgl.
borbiger am a. D.), um bie Kenntniß Indiens die größten Verdienſte.
(Hikorif-geograpb. Ueberſichten von Aferanderd Zügen in Indien finden
NH bei Mannert V, 1. S. 47 ff. Georgii Alte Geogr. I. S. 343 ff.
St. Eroir Examen critique etc. p. 238 ff. Droyfen Beh. Alexanders
des Er. Berlin 1823. ©. 360 ff. Ritter Ueber Aleranders db. Gr. Feldzug
am Indiſchen Gaucafus. Berl. 1832. 4., in Deffen Erdkunde V. S. 449 ff.
Benfey am a. O. ©.43 ff. und anderwärtd. S. auch den Art. Alerander
im Ifen Bde. unferer Encycl. S. 345 ff) Glücklicher in feinen Unterneh⸗
mungen gegen Indien war Seleucus Nicator, dem es gelang bis an ben
Ganges vorzubringen, den mächtigen König Sanbrofottus (indiſch Tſchan⸗
Mraguptaß, vgl. Benfey am a. D. ©. 61 ff.), der nad Alexanders Tode
Indien von der Mazebon. Herrſchaft ganz unabhängig gemadt und ein große®
Rei daſelbſt gegründet hatte, zu beflegen (?ogl. Benfey S. 68.) und
dauernde Verbindungen mit Indien anzufnüpfen, fo daß wir fpäter Immer
Geſandte der ſyriſchen Könige in Palibothra, ver Refidenz des Sanbrofottuß,
Anden (Etrabo II, p. 70. XV, p. 702. Juflin. XV, A. Blin. VI, 17,21.),
von denen Ginige, wie Megafthenes und Daimachus (vgl. Forbiger am
2.0.6. 156 f.), Mh auch dur ethnographiſch-geographiſche Werke über
Indien verbient machten, während der Admiral bes Seleucus, Patrocleß,
dh eine Entdeckungsreiſe im Indiſchen Ozean die Kunde bed Landes er.
neiterte (dgl. Forbiger am a. DO. ©. 157.). So verdanken wir benn
tieſen beiden Croberern faſt alle unfere Kenntniß des alten Indiens; denn
vu und fon in früherer Zeit Hecatäus, Herodot und Ctefias aus Mits
ikilungen der Perfer berichten, if noch fehr mangelhaft, und durch den
Talııen Handeldsverkehr der Syrer, Aegypter u. f. w. mit Indien erfahren
wir wenig Neues mehr, da die Kaufleute, die nicht der Geiſt miffenfchaft-
ir Forſchung, fondern bloſes Handelsintereffe nach Indien führte, nur
fühtige Beobachter und als ungelehrte Männer auch nicht im Stande waren,
ae und deutliche Beichreibungen von Ländern und Städten zu geben
si. Straße p. 686.). Nur ale die griech. Könige des neuen bactrifchen
Fiche, ungefähr vom I. 200 v. Ehr. an, ihre Eroberungen auch über einen
INT des weſtlichen Indiens ausgedehnt hatten (Strabo p. 516. 686. Juſtin.
Ill, 6. vgl. Benfey am a. ©. S. 77 ff.), wurde durch fie die Kenntniß
492 Indie
Indiens wieder etwas erweitert und vervollfländigt. Allein das bactriſche Neid
ing bereits um's I. 140 v. Chr. theils durch die Ungriffe der Parıber,
theile durch das Eindringen der Scyihen zu Grunde, und fo finden wir denn
jaon in Arrians Periplus (p. 22. Huds.) Indien längs ded ganzen Laufes
ed Indus in den Händen biefer beiven Völkerſchaften; Ptolemäus nennt
diefen ganzen Landſtrich Indoscythia (f. unten), und Cosmas Indopleufte
(in der Mitte des ſechſten Jahrh.) kennt meiße Hunnen oder Mongolen ala
Einwohner des Penpjab (XI, p. 338.), welche fpäter unter Tihingiäfben
faft ganz Indien ihrer Herrihaft unterwarfen (vgl. Ritters Eidkunde V.
©. 598.). Seitdem blieb das Land den Blicken der Europäer wieder längere
Beit über entzogen, bis endlich in den neueren Zeiten erſt vie Bortugieien
und fpäter die Engländer dur Gründung der engliſch-oſtindiſchen Compagnie
ein helleres Licht über daflelbe verbreiteten, und neuere Borfchungen bie und
Kon von ben Alten gegebenen Nachrichten größtentheild beſtätigten. Diefe
achrichten aber (am vollſtändigſten und fiherften bei Strabo, XArrian und
Ptolemäus) beichränfen ſich größtentheild auf Topographie, und hinfichtlich
der Ethnographie auf Verfaſſung, Sitten und Charakter der Binmohner,
über den religiöfen Kultus und die befanntlih ſchon zu einer hohen Stufe
vorgeſchrittene Bildung des Volkes durch Künfte und Wiffenfchaften aber er-
fahren wir von den Alten fehr wenig. Bloſe Andeutungen des vantheiſti⸗
fen Grundprinzips der indiſchen Religion finden fih bei Strabo XV, p. 718.
und Gurt. VIII, 9, 34. Sonft ſprechen die Alten nur von einem Hauptgott
der Indier mit einer Menge von Untergöttern und Dämonen (vgl. Strabo
am a. O. und Philoftr. vit. Apollon. IH, 2.), unter welchen fle unftreitig
die zahllofen Berlörperungen des einen höchſten Wefend verfiehen. Eine Ber
wandtſchaft ber indiſchen Religion mit der ägyptifchen Eonnte ſchon den Alten
nicht entgehen (vgl. Philoſtr. vit. Apollon. VI, 1.), und daß ein Theil ihrer
eigenen Goͤtterlehre, namentlih der Dionyfosfultus, aus Indien flanıme,
darüber finden fih fon bei den Griechen felbft mandherlei Andeutungen (vgl.
Diod. I, 19. II, 38. IV, ij. Strabo XV, p. 687. Etym. M. p. 259, 28.
vgl. Baſt ad Greg. Cor. p. 882. und Bohlen I. ©. 139 ff.). Aus Plut.
de fluv. 1. und Strabo XV, p. 706. erfehen wir aud, daß die Alten von
der göttlihen Verehrung der Schlangen bei den Indiern bereit? Kunde er
halten hatten (vgl. Benfey am a. D. ©. 183. und Bohlen I. ©. 148.
Mote 471.). Was aber den Kultus beitifft, fo erfahren wir von Strabo
p. 710., daß die Opfertbiere von den Prieſtern nit geſchlachtet, fondern
erftict wurden, um fie den Goöttern unverftümmelt darbringen zu können.
Die politifhe Verfaſſung anlangend, fo zerfiel das ganze Volk in 7 Kaften
(in welcher Zahl die Alten [mit einziger Ausnahme des Plinius, f. unten]
alle übereinflimmen, indem fle mehrere Iinterabtheilungen der jetzt In Indien
erſcheinenden vier Hauptkaften, namentli der erflen oder ber Braminen, und
der dritten oder der Wiſas annehmen, vgl. Strabo p. 703 ff. Diod. Sic.
II, 40. Arrian. Ind. c. 11. u. A.), nämlih: 1) Briefter, die zuglei die
Rathgeber der Könige, die Aerzte und Wahrfager des Volfs, Eurz überhaupt
Im Beflg aller Höheren und gelehrten Bildung, und wohl noch nicht fo fittlich
verborben waren, wie bie heutigen Braminen (Boxyuares bei den Griechen),
übrigens auch völliger Freiheit von Abgaben und Kriegsdienſten genoßen.
[Ueber ihre Sitten, Anſichten, Lehren u. f. w. vgl. Arrian. Ind. c. 11.
Strabo p. 712 f. u. 716. GEufeb. Praep. Ev. VI, 10. IX, 6. Porphyr.
de abstin. IV, 17. 18. Glemens Qler. p. 538. 571. Potter. u. A. Strabo
b- 713. unterfheidet von ihnen ausbrädlih die Sarmanen (Tapuarec, vgl.
rosfurd II. ©. 153.), welche Glemend Alex. p. 359. Potter. richtiger
Zapuäras nennt, d. i. Sramänas, Heilige, und zu benen er auch bie’AAdo-
Bros rechnet, wofür es unftreitig ‘7Roßıos heißen fol, wie Strabe am a. D.
Indis 198
ſchreibt (im Ganffrit Vanaprastha, d. i. Waldeinfiedler), alfo Anadoreten
und Shmwärmer, die Glemend am a. D. ausdrücklich als Buddhiſten bes
zeichnet. Hierher gehört au, mus Strabo p. 718 f.. von den Pramnen
(TIvapras) berichtet (vgl. Auguftin. de civ. dei XIV, 17.), in denen mir
leicht Die heutigen Kafird und wandernden Bettelmönde wiedererkennen. Auch
die Namen einiger Sekten berfelben finden wir bei den Alten angebeutet,
, 8. die Jainas (vgl. Bohlen I. ©. 352 ff.), bei Suidas: Tarroı“ o
Iruvooogıorai.] 2) Aderbauer, die, da eigentlid alles Ackerland dem Könige
gehörte, nur den vierten Theil des Ertrags der Ländereien für fi erhielten
(Died. II, 40. Strabo p. 704.), dabet ebenfalls vom Kriegsdienſte befreit,
und die zahlreichſte, ſanfteſte und rechtſchaffenſte aller fleben Kaften waren
(Straßo 1. 1.); 3) Hirten und Jäger, namentlih Elephantenjäger, die im
Lande herumzogen und fich befonderd in ben Bebirgen aufpielten, von ihren
Herden Steuern zahlten, und jährlid eine beſtimmte Quantität Getreide zu
ihrem Unterhalt empfingen; 4) Künftler und Handwerker, zu denen Strabo
p.707. auch die Kaufleute und Tagelöhner rechnet; 5) Krieger, die der Zahl
neh ſtärkſte Kaſte nahft den Ackerbauern, die während eined Krieges vom
König unterhalten, bewaffnet und beritten gemacht wurben, fo daß fle nad
Beendigung des Kriegs Waffen und Pferde in die Fönigl. Zeughäufer Imb
Marſtälle zurüdliefern mußten (Strabo p. 705. 708 f. Arrian. Ind. c. 12.),
im Frieden aber vom Ertrag ihrer Rändereien ein müßiged und luſtiges Leben
führten, und nicht einmal nöthig Hatten, felbft ihre Waffen zu putzen, ihre
Pierde und Elephanten zu beforgen, u. f. w., mozu ihnen befonbere Diener
gehalten wurden; 6) Polizeiaufſeher, welche auf Ale, mas in den Städten
und auf dem Lande vorging, Acht haben und dem Könige oder ben Behörben
Davon Bericht erflatten mußten. (Namentlich ſtanden fle auch mit den öffent»
lichen Dirnen in Verbindung, um durch fie Geheimniſſe, Verſchwoͤrungs⸗
pläne u. f. mw. zu erfahren. Alſo ſchon im alten Indien eine förmlich organi⸗
firte geheime Polizei!) 7) Deffentlihe Beamte, oder die Staatöräthe de
Königs und die Auffeher Über den Gottesdienſt, dad Schiffs⸗ und Militär»
weien, die Steuern, die Randesvermeflung, den Aderbau, das Forſtweſen, bie
Gewerbe, über Maaße und Gewichte, Waarenpreife, Wirtbähäufer, Kranken⸗
rflege u. f. w., kurz eine volfländig geordnete Bureaukratie, wie in unfern
civilifirteſten europäiſchen Staaten. (Leber die verfchienenen Klaffen der öffent»
lihen Beamten und ihre Unterabtheilungen vgl. Strabo p. 707 ff.) Diefe
fiebente Kaſte (vielleicht auch die ſechste) war ohne Zweifel nur eine Unter
abtheilung der erflen oder der Braminen. (Plinius VI, 19. führt daher
aur vier Kaſten an, Staatöheamte, Soldaten, Kaufleute und Ackerbauer.)
&4 war nit erlaubt, aus einem dieſer Stände in den andern zu heirathen
oder Überzutreten, und nur ein Weijer ober Bramin durfte auch die Geſchaͤfte
jeder andern Kaſte treiben. (Arrian. Ind. c. 12. Diod. II, 40f. Vgl. über
viefes Kaflennefen überhaupt Strabo XV, p. 703 ff. XArrian. Ind. c. 10 ff.
Died. 31, 40 f. Plin. VI, 19, 22. und Bohlen II. ©. 10 ff.) Der von
diefen Kaften gänzlich ausgeichloffenen, unglüdliden Paria's gefchleht (abges
feben von einer Stelle bei Plin. VI, 19., wo von Halbwilden in Indien bie
Rede if, die unfäglihe Drangfale erduldeten) bei den Alten Feine ausdrück⸗
lihe Erwähnung (wenn man nicht etwa die weiter unten erwähnten, bald»
wilden Padaei |Padyas bebeutet im Sanſkrit „Schlechte, Verachtete“, vgl.
Ritters Erdk. V. S. 445., iſt aber nah Benfey am a. D. ©. 7. eine
Bezeichnung der Subrad, oder der unterften Kaſte] und Calatiae ober Ca-
lantise [d. i. Kälavantas, Schwarze, vgl. Bohlen I. ©. 63. und Benfey
©. 41.) mit Bohlen ama.D. ohne hinreihenden Brund für nomadifirende
Baria’s anjehen wid); vielmehr verfihern Strabo XV, p. 709. und Diob.
11, 99. ausbrüdlig, daß nad ven Belegen alle Indier frei fein und gleiche
. ' . n o-
34 India
Rechte genießen follen, weshalb es auch Feine Sklaven bei ihnen gebe (vgl.
auch Strabo p. 701. Diod. Ste. II, 39. Arrian Ind. c. 11.; was infofern
ganz richtig iſt, als die Sudras, oder die dienende Klaffe, von den Indiern
nit als Sklaven betrachtet wurden, fonbern bie vierte Kaſte der freien Indier
bildeten); was jedoch Megafihenes bei Arrian. Ind. c. 10. u. Strabon. 710.
allerdings nur auf den Staat ded Muflcanud, den am beflen unter allen
georbneten, einſchränkt. Es gab nämlich, wie fi bei einem fo ungeheuern
Lande faft von felbft verfteht, in Indien eine Menge unabhängiger, oft faum
in irgend einer Verbindung zu einander ftehender, felbfiftändiger Staaten.
Die Megierungdform war faft in allen monarchiſch und die Königsmürde
erblih (Strabo p. 710.), doch war die Macht der Könige durch den Einfluß
der Braminen fehr befhränft. Die Könige maren mit einem großen Harem
umgeben "(Strabo am a. O. Gurt. VIIE, 9, 29 f., wie denn überhaupt
Polygamie in Indien allgemein eingeführt war, Strabo p. 709. 712.), und
gaben zus beſtimmten Zeiten ihren Unterthanen öffentliche Aubtenzen (Strabo
p. 710.), fo wie fie auch zu Opfer» und Gerichtshandlungen feierlidde Aus⸗
üge hielten. (Strabo am a. D. Ueber den großen Pomp dabei, die koſt⸗
are Sänfte, in welcher der König getragen wurde, fo mie über die prächtige
Ausſchmückung des Fönigfihen Palafles vgl. Eurt. VII, 9, 23 ff.) Die
Jagd war ein Lieblingsvergnügen derfelben (Strabo am a. DO. Gtef. Ind.
c. 14. Gurt. VIII, 9, 28. vgl. Bohlen II. ©. 49. 147. a. f.w.). Die
Staatsverwaltung war, wenigſtens in den größern und cultivirteren Meichen,
fehr gut georbnet, wie außer der Menge öffentlider Beamten, von denen
bereits die Rede geweſen ift, fhon der einzige Umſtand zeigt, daß durch einen
großen Theil des Landes Heerſtraßen gezogen und alle zehn Stadien Weg»
fäulen mit Angabe des Namens und Abftandes der Stationen errichtet waren
(Strabo p. 689. 708. Arrian. Ind. c. 3.). „Daher bielten denn au die
Macebonier 3. B. das Reich des Muflcanus für das glüdlichfte, was fie bis
dahin angetroffen (Strabo p. 710.). Befremden muß es, daß vie Indier
feine gefchriebenen Befehe hatten, was menigflend Strabo p. 709. von den
Prafiern verfichert; doch laͤßt ſich dieſe Erfcheinung vielleicht aus dem Streben
ber Braminen erklären, das Volk blos durch ihre Weisheit und Geſetzkunde
am Gängelbande zu führen, worauf au bie Notiz bei Strabo am a. D.
hinzubeuten ſcheint, daß Alles bei ihnen blos nah dem Gedächtnlſſe (der
Trabition) entfähieden und verwaltet wurde (vgl. Benfeyama. DO. ©. 19.).
Dennoch werben bie richterliden Ausſprüche der Inder ihrer unpartheiiſchen
Gerechtigkeit wegen allgemein gerühnt (Diod. II, 42. Aelian. V. H: IV, 1.).
Die Tobeöftrafe Fam in Indien felten vor, da man es gewöhnlich auf ein
Gottesurtheil durch die Wafler- und Beuerprobe ankommen ließ (PHiloftr.
vit. Apolion. III, 3. Porphyr. de styge p. 283. Holst.). Mit ver in ein»
zelnen Staaten gewiß ſchon auf eine hohe Stufe gefliegenen wiſſenſchaftlichen
Kultur der Indier ſcheinen die Alten überhaupt nur wenig bekannt geweſen
zu fein. So findet ih 3.8. in Bezug auf die reihe und geblegene Riteratur
des Volkes blos bei Suidas v. Boryuer eine Hindeutung auf die heiligen
Bücher der Indier, wo er der von einem alten König Brachman nieberge-
ſchriebenen Befege der Brachmanen gedenkt (d. 5. doch wohl der von Brachma
fel6R den Braminen offenbarten Beben), und in Hinficht ihrer poetifchen
Literatur bei Aelian. V. H. XII, 48. die Bemerkung, daß die Indier die
bomerifchen Befänge in ihrer Landesſprache fängen (d. h. doch wohl Epopden
im Geiſte und Charakter der homeriſchen bejäßen), womit au die Mitthei⸗
lungen des Arrian Ind. c. 10. und Philoſtr. vit. Apollon. III, 5. zu ver⸗
binden find, von denen Erſterer meldet, daß fie ihren Berftorbenen Feine
Srabmonumente feßten, weil file dieſelben in Liedern ie feiern pflegten, und
Rebterer von Ihren, den Päanen des Sophofles ähnlichen Hymnen fpricht.
India 185
Bon dem hohen, fat göttlichen Anfeben, in welchem bie Gelehrſamkeit bei
ihnen fand, ift öfter die Rede (3. B. Plin. VI, 19, 22.), während dagegen
wieder Strabo p. 701. berichtet, daß fie die Wiffenichaften, mit Ausnahme
ter Arzneifunft, vernadläßigt hätten. Dieß aber kann wenigftens nicht von
ter Philoſophie, ven NRaturwiflenfchaften und ver Sternfunde gelten, worin
tie Indier ſelbſt nach dem Urtheile der Griechen Ausgezeichnetes leiſteten (vgl.
3. B. Megafih. ap. Clem. Alex. p. 224. Sylb.), fo daß aud nit felten
griechiſche Gelehrte nad Indien reisten, um fich von den Braminen hierin
belehren zu laſſen (vgl. Plut. Lyc. 4. Diog. Laert. IX, 34. 61. Aelian.
v. H. IV, 20. Heſych. u. Suid. v. Democritus), und Lucian (Fugit. c. 8.
rgl. Glen. Aler. p. 359. Potter.) die Philoſophie von Indien nad) Aegypten
und erft von da aus zu den Griechen und andern Völkern, Ammian aber
LIXIII. 6. (vgl. mit Strabo p. 713. 703. Diod. Sic. I, 25. 40. u. Eurt.
VIII. 9, 33.) die Sternfunde von den Indiern zu den Berfern wandern läßt.
Das die Leifltungen der Indier in den Künften, namentlih der Baufunft,
betrifft, fo erfahren wir hinfichtlich der herrlichen, uralten Baudenkmale In⸗
diens, melde die der Aegypter an Geſchmack und Großartigfeit welt über⸗
treffen. und nach denen der Griechen unflreitig ben erflen Hang behaupten
(vgl. Bohlen Ti. ©.76 ff.), blos aus dem Peripl. mar. Erythr. p. 24., daß
fi in Syraſtrena merfwürbige alte Tempel, Altäre, Brunnen u. f. w. fänden.
Nah den Angaben der Indier felbft fällt die Periode der Erbauung jener
berrliden Tempel u. f. w., gegen welche nicht blos der religiöfe Fanatismus
ver Muhamedaner, fondern felbft in neuern geiten noch der fanatiihe Eifer
der Bortugiefen würhete (vgl. Bohlen II. S. 95.), größtentheild in das
3ifte Jahrhundert vor unferer Zeitrechnung. (Vgl. Asiat. Research. VII.
p. 391. und Bohlen II. ©. 93.) Hinfichtlich der Skulptur und Malerei
erfahren wir nichts Nähered. Die Alten geben blos dunkle Andeutungen,
daß bie ägyptiſchen Bildwerke urfprünglih wohl Kopien inbifher Originale
waren (vgl. Diod. I, 57. Glem. Aler. p. 43. Potter. Asiat. Res. IV.
p. 418. und Bohlen II. ©. 205 f.). Etwas mehr wiffen wir von dem
Handel und der Induflrie der alten Indier. Das Haupterzeugniß derſelben
waren gemebte Stoffe von bemunderndmürbiger Zartheit und Feinheit (Strabo
XV. p 693. 719. Arrian. Ind. c. 16.-und Peripl. laud. p. 36.), naments»
Iıh feine Baummollengewebe (Herod. II 106. ardores, von sindhu, alfo
indiſche Gewebe, Muſſeline [nah Maoadix oder Mafulipatam benannt] und
Tülls [zvAe, mie es wahrjheinli bei Arrian. Ind. c 7. flatt rad heißen
ſoll, denn tulaka beveutet im Sanffrit Baummolle, vgl. Benfey a. a. O.
©. 305.]), befonders gedruckte Zitze (Herod. VII, 67. Glaub. in Eutrop.
1, 357.); denn die Kattundruderel war eine Erfindung ber Indter. (Bol.
Baum Unterfudh. über China u. Uegypten I. S. 303. und Bohlen 1.
©. 117.) Auch der Eunftreiden Metallarbeiten der Indier, namentlich ihrer
Kunſt In Erz zu gießen, geſchieht bei Strabo XV, p. 717. Ermähnung.
Mir dieſen Erzeugnifien der Induſtrie, weit mehr aber noch mit den Natur»
rrobuften ihres fo reich gefegneten Landes trieben nun auch bie Indier ſchon
jeit den Älteften Zeiten ben Tebhafteften Kandel; und wollen wir auch nicht
mit Benfey ©. ff. u. U. annehmen, daß Ophir, wohin Salomo feine
Schiffe fendete, um Epelfteine, Bold, Silber, Elfenbein, Sandelholz (ober
richtiger wohl Aloe, vgl. Benfey S. 26.) zu holen, in Indien ſelbſt zu
ſuchen fei, fo läßt ſich voch fchon aus den ind Griechiſche Übergegangenen
Namen zweier indiſcher Produkte (des Elfenbeind und Zinnes, vgl. Benfey
©. 26. 28. und Laſſen ama. O. ©. 315.), die bereitd bei Homer (II. IV,
141 ff. Od. IV,73. VIII, 404 f. XIX, 55 f. 562 ff. XXIII, 200. 11. XI, 25. 94.
XVII, 477. 565. 613. XX, 271. XXI, 592. XXI, 561.) fehr oft vorfommen,
den Schluß ziehen, daß ſchon damals ein Tebhafter Handelsverkehr mit Inbien
186 India
Statt fand; und daß nicht blos die Phönizier (und Araber), durch deren Wer⸗
mittelung die weſtlichen Länder jene Produfte empfingen, nad) Indien fegelten,
um fie dafelbft zu Holen, ſondern daß auch die Indier felbft damit nach dem
W. fchifften und ſelbſt ausmärtige Factoreien (namentlih in Arabien) ans
legten, dafür fcheint unter Anderem der Name der Insula Dioscoridis, der
nah Bohlen II. ©. 139. und Benfey ©. 30. indif iſt (Diu Zokotora,
d. i. die glüdliche Infel) und der Umfland zu ſprechen, daß fpätere Schrift-
fteller (vgl. oben oben ©. 124. Note **) das glüdlihe Arabien das Innere
Indien nennen, und noch hHeutiged Tages die ſüdlichen Araber von ihren
nördlidern 2anböleuten die gelben Indier genannt werben (vgl. Bohlen
am a. D.). Später ſcheint dieſe ausgedehntere Schiffahrt der Indier nad
und nah aufgehört zu haben, als fih erft die Phöntzier, dann die Araber
zu Dermittlern des indiſchen Handels aufgemorfen hatten (vgl. Heerens
Ideen 1,2. ©. 107. 111 ff. 233 ff. 250 ff.), fo daß nun die von den Arabern aus
Indien geholten Produkte nicht felten für Erzeugniffe Arabiens ſelbſt ange»
fehen wurden; obgleih auch in fpätern Zeiten indiſche Kauffahrer noch Immer
wenigflend den indiſchen Dzean burdidifften (vgl. Peripl. mar. Er. p. 94.
Cosmas in Montfaucon Nova coll. patr. II. p. 336. vgl. Plin. VI, 19.),
und zwar rad) Strabo XV. a. a. O. auf Schiffen, die fie vom Könige mietheten.
Sprit doch felbft Plinius VI, 23. no von indiſchen Seeräubern, welde
dem römischen Handel Gefahr braten. Die Hauptpunfte für den Seehandel
feinen Pattala, Barygaza und Muziris gebildet zu haben, namentlih aber
Barygaza, mo fi fpäter der ganze Seehandel der Indier Eonzentrirte und
wohin alle vom Ausland kommende Schiffe ihre Richtung nahmen (Perip!.
mar. Er. p. 31 f. Huds.). Zu diefem Seehandel gefellte fih ſpäter, ale
Berfer und Syrer nähere Verbindungen mit Indien angefnüpft hatten, aud
ein blühender Landhandel von den nörblidern Provinzen des Landes auß,
als deſſen Sauptflupelpla& wohl Kaspapyrus (oder Caſchmir) angefehen werben
muß. (Vol. Benfey ama. O. S.41 ff.) Die Ausfuhrartifel waren na
Peripl. mar. Er. p. 31 ff. Epelfleine, befonvderd Diamanten, Nubine und
Onyxre (vgl. auch Peripl. 1. p. 22. 28 f.), Perlen (vgl. Athen. IN, 14.
p. 93. und Gurt. VII, 9, 19.), Elfenbein (vgl. Herod. IH, 97. und Bauf.
V, 12.), Schildkrot, rohe Seide, feidene und baummollene Stoffe, Pfeffer,
Betel, Narben, Sefamöl (Peripl. p. 9. 18. 20. 24.), Bbellion (Perip!.
p. 21 f. 38.), Zucker (Peripl. p. 9.), Indigo (Blin. XXXIV, 5. 27.)
u. f. w., wogegen bie Aualinder nad demſelben Peripl. p. 28. u. 31 ff.
Silberwaaren, ungefärbte Wollenzeuge, Kupfer, Zinn (das früher, vor Ent⸗
deckung der Binninfeln des Weſtens aus Indien ſelbſt bezogen worden war,
f. oben und vgl. Diod. 11, 36.), Blei, Korallen, Glaswaaren, griedifhe und
italieniſche Weine, Ehmudiahen, Salben und Eſſenzen, mufikaliſche Inſtru⸗
mente, Mädchen für die indiſchen Harems n. f. w. einführten. (Leber bie uralten
Sandelöverbindungen der Indier mit den Phöniziern, Arabern, Aegyptern,
Perſern, Syrern und den Griechen Vorderafiens und ihre Schiffahrt übers
baupt vgl. Mannert V, 1. ©. 118f. Heerend Ideen am a. D.
Bohlen II. ©. 124 ff. Mitters Erdkunde V. S. 435 ff. Benfey am
aD. ©. 306 ff. u. A.) Was endlih noch den Charakter, die Sitten und
Lebensweiſe des Volks betrifft, fo iſt es wohl natürlich, daß dieſe bei einem
ſo großen und weitverzweigten Volke von ungleicher Abſtammung (vgl. Herod.
III, 98. und Benfey am a. O. ©. 4 ff.) ſehr verſchieden waren, beſon⸗
derd wenn man bedenkt, daß die einzelnen Völkerſchaften auf fehr verſchiedenen
Kulturftufen landen. Denn während z. B. die Padaei, ein Wandervolk bes
nörblicden Indiens, faft noch Feine Spur von Kultur zeigten, fondern fi
Öffentlich begatteten, nie das Vieh, und nicht blos rohes Fleiſch genoßen,
fondern Äh auch bei dem erfien Anſcheine von Krankheit einander ſelbſt
>
Kamıı 1397
auffraßen (Serob. III, 38. 99, 100. vgl. auch Strabo p. 710.)*, vie Cala-
tiae ober Calantiae aber ebenfalls ihre ſchwach und hinfällig werdenden Greife
zu verzehren pflegten (Herod. II, 38. vgl. mit II, 97. und Strabo p. 710.,
melde Sitte übrigens Marco Bolo nah Heerens Ipeen I, 1. ©. 386. in
einzelnen Gegenden Indiens noch ganz unverändert wiederfand, fo wie über-
baupt Die Gewohnheit, Menſchenfleiſch zu eſſen, ſich noch 618 auf den heutigen
Tag bier und da in Indien erdalten bat), und andere Stämme blos von
rohen Fiſchen Tebten und NAH in Matten von Flußſchilf kleideten (Herod.
IH, 98.), mar dagegen die größere Waffe des Volks ſchon zu höherer Bil⸗
dung gelangt, und huldigte fanfteren, menfchenfreundlicderen Sitten. Auf dieſe
gebildeteren Stämme alfo wird man das zu beziehen haben, was hier von
ten Sitten und Gebräuden des Volks im Allgemeinen berichtet werben fol.
Froͤmmigkeit, Trene und Ehrlichkeit waren Grundzüge im Charakter ber
Indier; und erflere ging nicht felten in ven höchſten Grab religiöfer Schwär-
merei über. Daher waren Selbflopferungen durch Wafler- und Feuertod,
ober burch Herabflärzen von hoben Felſen (eine noch jetzt in Indien herrſchende
Sitte, vgl. Hitters Erkunde II. S. 943 ff.) nichts Seltened bei Ihnen
(Strabo p. 716. 7138. Gurt. VIII, 9. Plin. VI, 19, 22. &ucan. III, 42.
vgl. auch Arrlan Anab. VII, 5. Strabo p. 717. 720. Diod. Sie. XIX, 2.
Plut. Aler. c. 65. 89. Aelian. V. H. V, 6. Gurt. VII, 9, 32.); und
eben daber iſt auch die, zwar nicht geſetzlich gebotene, aber durch freiwillige
Entſchließung oͤfter vorkommende Seldftverbrennung "der Indifchen Wittwen
u erflären, von der ſchon Strabo XV, p. 699 f. 714. BDiobor XVII, 91.
XIX, 33 f. und &icero Tusc. V, 27. fprehen. Auch die häufigen qualvollen
Bußübungen und Kafltetungen der Indier waren den Alten wohl befannt
(Strabo p. 714 f. Plin. VIE, 2, 2.). Ihre Redlichkeit aber ging fo weit,
daß Diebkähle bei ihnen etwas Unerhörted waren, und man nie daran bachte
die Häufer zur verfchließen (Strabo p. 709.). Prozeffe kamen äußerſt felten
vor (Strabo ibid.); man wußte nichts von Kontraften, Zeugen, Beflegelung
u. f. m. (Strabo p. 701. 709.), Treue und Wahrheit waren allgemein
berrfgende Tugenden, und Lügen gingen faft nie aus dem Munde eines
Indiers (Arrian. Ind. c. 12. Strabo p. 710. vgl. Aelian. V. H. II, 31.
und Digg. Laert. prooem. V.). (Daß ſich jetzt dieß Alles durch den vers
derblichen Einfluß der Europäer, beſonders In den mit Ausländern angefüllten
Küftenländern, "auffallend. verändert hat, und daß das fromme, biedere und
barmlofe Volk der Indier durch die Buropäer immer mehr verborben morben
ft, iſt leider eine bekannte Sache. Bol. Bohlen I. S. 55 ff.) Gegen
Fremde zeigten fie bie größte Zuvorkommenheit und Gaſtfreundſchaft (Diod.
1, 42. Gtrabo p. . Bhilofte. vit. Apollon. II, 11., und biefe Tugend
bar ſich allerdings auch Bis jeht noch unter den Inbiern erhalten, vol.
Bohlen J. S. 55.). Dabei waren fie Außerft mäßig (Straßo p. 701.709.)
und enthielten fi (menigftens na Strabo p. 709 f. vol. mit Clem. ler.
p. 538. Potter.) bed Weined gänzlih (obgleich Athen. X, 49. und Gurt.
VIII. 3, 30. freili gerade das Begentbeil Berichten, wahrfheinli andere
Völkerſchaften und Stämme, als Strabo, im Auge habend); ja der Abfcheu
vor bem Lafter der Trunkenheit ging fo weit, daß nad Strabo p. 710. jedes
Münden des Harems, dad den König trunfen ſah, das Met hatte ihn zu
töbten, und zur Belohnung bafür die Battin feines Nachfolgerd wurde (mährend
® Siubere hoͤchſt ſabelhafte Nachrichten Über einzelne Völkerſchaften Indiens f. bei
Eief, Ind. c. 11. 20. Gtrabo p. 711. (vgl. mit p. 698. Died, XVII, 90. Arrian
Ind. e. 15.). Plin. VOR, 2, 2. u. U. Zu manden berfeiben mag wohl bie Gr:
deinung menſchenaͤhnlicher Affen Wetaulaffung gegeben Haben.
IV.
188 Zudie
dagegen nad Gurt. VIII. 9, 90. die Mädchen des Harems ben König faß
täglich beraufcht zu Bette bringen.). Ginige Stämme aßen au nit einmal
Fleiſch, da fie e8 für eine Sünde hielten irgend ein Thier umzubringen
(Herod. III, 100. vgl. Pallad. de Brachm. p.43.). Xelian h. an. XV, 37.
verfihert namentlich, daß fie ſich des Schweinefleifches gänzlich enthalten Hätten,
weshalb au Gteflas fage, daß ed in Indien gar feine Schweine gäbe (ibid.
Il, 3. u. VII, 27., was jedoch auf einem Irrthume beruht. Vgl. Bohlen
I. &. 163.). Reid war dad SHauptnahrungsmittel der Indier (vgl. Phot.
p. 240. Bekk.), und aus ihm warb aud ein Getränk (alfo Arrak) bereite
(Strabo XV, p. 709. Ariſtot. h. an. VIII, 25. Nelian. bh. an. XIII, 8.).
(Daneben war aber auch der Rum den Indiern nicht unbefannt, indem Strabo
p. 694. eined aus einer merkwürdigen Rohrart, in welder das Zuckerroht
nicht zu verkennen if, gewonnenen beraufchenden Saftes gedenkt. Auch wir
wirflih fon in den älteſten indiſchen Schriften der Saft des Zuderrohrs
als ein ſchädliches Getränk verboten. Bol. Bohlen 11. ©. 165. und fick
au Kants Phyf. Geogr. II, 1. S. 186 f.) In Bolge diefer Mäßigkei
wußten auch die Indler wenig von Krankheiten, und erreichten ein hohes
Lebendalter (Cteſ. Ind. c. 15. Diod. II, 40. Strabo.p. 701. 706. Lucian.
Macrob. 4. Plin. XV, 2.). Doch weiden auch hierüber die Nachrichten
der Alten auffallend von einander ab; denn während z. B. nad Oneflcritus
bei Strabo p. 701. (vgl. auch Diod. II, 42. und Plin. VII, 2, 2.) ein
Lebensalter von 130 Jahren in Indien gar nicht zu den Seltenheiten gehört,
iſt Dagegen nach Megafthenes bei Arrian. Ind. c. 9. das höchſte Mannesalter
daſelbſt AO Jahre (?); eine Angabe, die wohl nur ein falſcher Schluß auf
der Frühreife des Volkes if. Denn allerdings reiften die Indianer fo früß
zeitig, daß die Mädchen bereits im flebenten Jahre heirathafähig waren
(Arrian am a. O. Nah dem Geſetzbuche des Manus erreichen die indiſchen
Mädchen im achten Jahre das Alter ver Heirathéfähigkeit. Dal. Bohlen
II. ©. 146.). Trat dieſer Zeitpunkt ein, fo führten bie Väter ihre mann
baren Idchter Öffentli vor, und wer von ben jungen Männern in gyar
naſtiſchen Kampffptelen den Preis davon trug, durfte ſich feine Braut aus
ihnen wählen. (Strabo p. 717. Arrian. Ind. c. 17. Ueber viefe nod
heute herrichende Sitte und das große Anfehen überhaupt, in welchem gym⸗
naftifhe Künfte noch jeht bei den Indiern fliehen, vgl. befonders Ritters
Erdkunde I. S. 805.) Doch fand gjureeilen auch ein Kauf der Bräute Statt
(Strabo p. 709. 714.), obgleich Arrian Ind. c. 17. dieß läugnet. Die
Indierinnen lebten übrigens keuſch und züchtig, da bei ver Wahl einer Gattin
ganz beſonders auf Neinheit und Unbeſcholtenheit der Sitten gefehen wurde
(Diod. XVII, 91.); nur dem Gefchenke eined Elephanten Eonnten ſie nit
widerfiehen, und für biefen Preis fich hinzugeben wurde nicht einmal für
ſchimpflich gehalten (Arrian. Ind. c. 17.). HR jenen gymnaſt. Uebungen
waren Muſik und Tanz bie Lieblingsbefhäftigungen der Indier (Strabo p. 709.
Arrian. Anab. VI, 3. u. Ind. c. 14). Auch Gaukler, Wequilibriften und
Taſchenſpieler gehörten ſchon in alter Zeit zu den belichteften Unterhaltungen
derſelben (Aelian. V. H. VI, 7. vgl. Juven. VI, 582.) Trotz der erw
wähnten Borliebe für körperliche Uebungen aber waren die Indier nichts
weniger als Eriegliebend (Arrian. Ind. c.9. Strabo p. 701. extr.), wo «8
aber galt fi zu vertbeibigen, dennoch ſchnell zur Sand und im Kriege äußerſt
tapfer (Arrian. Anab. IV, 25. V, 4. Blut. Alex. c. 59. 63. u. f. w.).
Die von den indiſchen Königen ind Feld geflellten Heere waren gewoͤhnlich
ungemein zahlreich und von einer Menge Clephanten begleitet. (Plin. VI, 23.
Ueber die Art fich derſelben im Kampfe zu bedienen, vgl. nie oben ©. 128.
angeführten Stellen.) Ihre Waffen waren beim Fußvolk Pfeil und Bogen,
die Hauptwaffe der Indier, und ein großes und breites, mit beiden Händen
.
Eadpn 189
geführtes Schwerdt, bei der Weiterel zwei Wurſſpieße und ein runder Silo
(Serop. VII, 65. Arrian. ind. ce. 16. Strabo p. 717. Gurt. VIE, 9.).
Im Benpiab fanden die Macedonier noch die Sitte, ſich vergifteter Pfeile
wu bedienen (Diod. XVII, 103.), und daß die Indier auch bereits den Ge⸗
brau des Feuergewehrs kannten, fcheint aus Philoſtr. vit. Apollon. II, 14.
u. II, 3. Gervorzugeben, mo davon bie Rede ifl, daß eine belagerte Stadt
den Feind mit Donner und Blitz von oben herab zurüdgetrieben, daß bie
Indier ihre Feinde weggedonnert hätten u. f. w. (Vgl. auh Bohlen IL.
©. 65.) An den Lanzen führten fie lange und female, fich im Winde
ſchlaͤngelnde Fähnlein (Suid. v. Irdos). Ihre Eriegerifhe Muflt befand
befonders in Mufcheltrompeten und Trommeln (Strabo p. 687. 708. 710.
vgl. Arben. IV, 47. und Heſych. v. Zauum). Die Pferde ver Reiterei waren
ungefattelt und fehr einfach gezäumt (Arrian. Ind. c. 16. Strabo p. 717.).
Die gewöhnliche Kleidung der Indier war fehr einfach, und beſtand in den
an Lein fehr reihen Indusgegenden aus langen Gewändern von weißem
Linnen (Philoſtr. vit. Apollon. II, 9. Gurt. VIIE, 9, 21.), fonft aber von
Bammwollenzeugen (Herod. VII, 65. Strabo p. 719. XArrtan. Ind. c. 16.),
doch trugen einige Stämme auch ſchön gemalte (d. 5. unflreitig bunt ges
drudte) Kleider (Herod. VII, 67.), und die Briefter Kleider von Asbeſt (? Steph.
Dr v. Boayuäres). Kopf und Schultern waren verhält (Arrian. Ind.
e. 16. Strabo p. 719. Gurt. VIII, 9, 21.), und dabei auch noch der
Gebrauch von Sonnenfihirmen üblich (Arrian. Ind. c. 16.). An ven Füßen’
trugen fie Schuhe von weißem Leder mit fehr dicken, buntfarbigen Sohlen,
um deſto größer zu erfheinen (alfo eine Art Kothurne, Arrian. Ind. c. 16.
Gurt. 1. 1.), ‘wie fle denn überhaupt nad Strabo p. 699. u. 709. fehr putz-
füchtig waren. GBolbne und elfenbeinerne Ringe, beſonders Ohrringe und
: Armringe, waren fehr gewoͤhnlich (Arrtan am a. DO. Gurt. 1. 1.), und
ebenſo anderer Schmud von Gold und Edelſteinen (Strabo p. 709.); auch
herrſchte Bei ihnen die Sitte, fih den Bart nit blos ſchwarz und meiß,
ſendern ſelbſt roth und grün zu färben (Strabo p. 699. Arrian. a. a. D.
sl. Lucan. III, 238.). Ihre Häufer befanden gemöhnli blos aus Holz
und Bambutrohr, und nur in den höher gelegenen und Tälteren Theilen des
Landes aus Ziegelfieinen (Arrian. Ind. c. 10.). Als Schreibmaterial dienten
ihnen Balmenblätter, auf melde die Buchſtaben mit ehernen Sriffeln einge-
tigt wurden (Gurt. VIII, 9, 15), und dichtgeſchlagenes Baummwollenzeng
(Strabo p. 717.), auf das man wahrſcheinlich mit Rohrfedern und Tuſche
ſchrieb. Ueber den Kalender der Inbier, ihre Mondjahre und blos aus
fünfzehn Tagen beflehenden Monate findet ſich eine Anbeutung bei Gurt.
: WM, 9, 38 ff. Was endlich noch die körperliche Beichaffenheit der Indier
betrifft, To ſchreiben ihnen die Alten eine ſchwarze ober wenigflend dunkel⸗
braune Sautfarbe, mie den Aethiopiern, zu, bie fi jedoch durch ihre platten
Naſen und krauſen Haare von ihnen unterfhieden (Serod. III, 101. Gtef.
Ind. c. 9. 10. Strabo p. 690. 696. vgl. Arrian. Ind. c. 1. 6. Anab.
V. 4, 10. Blin. V, 70. Bgl. Bohlen II. ©. 47f. Benfey S. Aff.
md Laffen I. ©. 4021. Doch kennen die Alten auch indiſche Stämme
von weißer Hautfarbe, ja ſelbſt in den füblichflen Ihellen von Hinterindien
[f. weiter unten], und geben überhaupt fo mande Mittbeilungen, bie trog
imer Anficht von den Indiern als Ureinwohnern ded Landes, doch auf eine
iche verſchiedene Abſtammung bırfelben und auf eine frühe Cinwanderung
eines zur kaukaſiſchen Menſchenraçe gehörigen Stammes Hindeuten.) Ihr
Körperbau war zierlih, zart und ſchlank, und verlieh ihnen eine große Ge⸗
wandtheit (Arrian. Ind. c. 6. 17. vgl. Strabo p. 103. 695 f. und Plin.
VI, 22.), au hatten file nach Arrian. Anab. V, 4. im Allgemeinen einen
viel hoͤheren Wuchs als die übrigen Aflaten. (Vgl. au Diod. 11,86, Per.
142 India
derfelben (im W.) waren die Calingae (bei Plin. VI, 19, 22. vgl. Laffen
Ind. Alterth. I. S. 180.) mit der Hauptfladt Parthalis und der Handels⸗
ſtadt Dandagula am Prom. Calingön (vielleicht das heut. Balingapatam).
Unftreitig gehörte zu ihnen auch vie von Ptol. fhon den benachbarten Maͤ⸗
foliern zuertheilte und am den Tyndis gefehte Stadt Calliga (vielleicht das
heut. Cullo am Mahanuddy). Weftliher an der Küfte ded Banget. Meerb.
erſtreckte fh His zum Fluß Mäfolus die wahrſcheinlich au den Calingä
untermworfene Landſchaft Maesölia mit der Haupiſtadt Pitynda im Innern Lande
(etwa Gondapiliy?) und den Sanvelöplägen Contacossyla und Alosygna an
der Küfle, von denen einer vielleicht das heut. Mafulipatam iſt, deſſen Name
wenigftens noch deutlih an den alten Namen der Landſchaft und bes Fluſſes
erinnert. Werlih vom Mäfolus um den Tyndis Her und nörblid bis zum
Orudiſchen Geb. wohnten die Arvarni mit der Hauptſtadt Malanga (dem
heut. Madra8?) und den Hanbelsplägen Podöca und Maliarpha (höchſt wahr-
ſcheinlich der alten, verödeten Felſenſtadt Mavalipuram in der Nähe von
Maliapur an der Küfle Koromandel)*. No weſtlicher, auf beiden Ufern
des Chaberus faßen die Soringi mit der Hauptſtadt Orthura (f. Utatur) am
genannten Fluſſe und dem Handelsplatze Sobura, und neben ihnen am Aga-
rifhen Meerb. die Bati mit der Hauptftabt Nicama (wahrſcheinlich dem Heut.
Gottapatam). Weſtlicher ſodann folgte um den Fluß Solen und vie Land⸗
fpige Cory ber dad Land des Pandion (nicht zu verwechſeln mit einem
noͤrdlichern Reiche defielden Namens im Pendjab, welches dur ben Namen
ſeines Beherrſchers ebenfalls an die alten Pandu⸗ODynaſtien erinnert, über
welde 2affen de Pentapot. Indiae p. 36. und Ritters Erdkunde III.
S. 1091. zu vergleichen And) mit der Haupt⸗ und Meflpenzflabt Modura
(no j. Madura) und der Küftenflabt Agara oder Argara, von meldher ber
eben genannte Meerbufen feinen Namen hatte. (Der Peripl. mar. Erythr.
. 84. nennt diefe Küfte, an welcher flarke Perlenfifcherei getrieben wurde,
Apyalov yape, und an ihr die Stabt Comar (p. 33.) oder Camara (p. 34.),
wo fih Leute aus allen Gegenden des Landes verfammelten, um ſich burd
ein Bad von ihren Sünden zu reinigen; und noch jegt befindet fih beim
heut. Borgeb. Calymere eine der befuchteften Pagoden mit einem heiligen
Blufie, in dem von frommen Büßenden häufig gebabet wirb, vgl. Ritters
Erdk. V. ©. 516.). Daneben befanden id um den Colchiſchen Meerb. br
und bis zum Zlufie Baris die Wohnflge der Car&i mit der Hauptflabt Colchi,
die nad dem Peripl. p. 33. ebenfalls reihen Gewinn aus ber Perlenſiſcherei
309 (mie noch jet die Verlenfticherei in ver Gegend von Tuticurin am Meerb.
yon Manaar in hoͤchſter Blüthe fieht und noch immer, wie in den Beiten
der Abfafjung des Periplus, durch Sträflinge betrieben wird, vgl. Ritters
Erpf. V. ©. 516., über Colchi überhaupt aber Bo. II. ©. 491. unferer
Encyclop. und Forbigers Handb. d. alt. Geogr. II. S. 503 f.). Süd⸗
weſtlich von den Gareern wohnten an der Weflfpige des Colchiſchen Meerb.
hie Aii (deren Name fi in dem der heut. Stadt Ay⸗Potta bei Koranganor
erhalten Bat, denn der Zufag köta bebeutet Feſtung, vgl. Laffen Ind.
Alterıb. I. S. 154 ), deren Hauptflabt Cottiara (unftreitig identiſch mit dem
Cottona oder Cottonara des Plinius, aus welcher nad dem Peripl. p. 32.
ber Gottonarifche Pfeffer antgeführt wurbe) ohne Zweifel das Heut. Cochin
oder Cotchin ift (vgl. Ritters Erdk. V. ©. 515.). Ihnen gehörte auch
noch der Handelsplatz Elancon und bie Stabt Comaria am gleihnamigen
Borgeb. (noch j. Eomorin, vgl. Laffen Ind. Alterth. I. &.158.). Weiter
® Die weitere Begründung ber hier Aber wichtigere Wölferfchaften und Gtädte
audgefprochenen Auſichten f. bei ben einzelnen Artikeln au ihrer durch bie alphabet.
Orbuung bebingten Stelle.
Indie 148
gegen W. folgte zwiſchen dem Fluß Baris und Pfeuboflomus, dem Gebirge
Bittigo und der Küfte die großeLandſchaft Limyrica (dad Geut. Mangalore) mit
der Haupt» und Refidenzſtadt Carura (unftreitig dem heut. Carur am Ein⸗
Auffe des Goimbetore in den Cavery [oder Chaberus bed Ptol.], dem aber
dann freilih Ptol. eine viel zu noͤrdliche Lage giebt, bie eher an das Heut.
Cananor denken läßt), den Stänten Tyndis (i. ®oa?) und Purata (mo fi) viele
Berylle fanden), dem Handelsplatze Muziris (j. Dirzno, Mirdſchno) u. f. w.
Nah dem Peripl. p. 30. 31. Tag in Limyrica auch) die große und berühmte
Sandelsflebt Nelcynda (das MeArrö« des Ptol., mo Andere MeArvrö« lefen,
im Lande der Aji), die ſchwerlich die tief im Innern von Bidjapur gelegene
heut. Stadt Nulgund fein kann, fondern vielmehr in der Nähe des heutigen-
Barcelore (des alten Barace, |. Bd. I. S. 1057.) geſucht werben muß
(etwa das beut. Mully? Vgl. Forbigers Handb. d. alt. Geogr. II. ©.
4. Note 50.). Weſtlich neben Limyrica hausten berüchtigte Piraten, denen
VPiol. Die Hauptſtadt Musopale, einen Handelsplatz Nitrae (noch j. Niutri
oder Niuti), und eine Seeſtadt Mandagara (im Peripl. p. 30. Mandagora)
zuſchreibt. Noch welter gegen W. dehnte ſich zu beiden Seiten des Zlufies
Ranaguna die große, von ben Sandanae bewohnte Landſchaft Ariaca aus,
die zwei Haupt⸗ und Reſldenzſtädte, Hippocura (wahrſcheinlich das Heut.
Hydrabad, nah Ritter V. ©. 487. aber daß viel ſüdlichere Bangalore in
Myiore) im fübliern, und Baetana (im Peripl. mar. Er. p. 29. Plithana
mit Onyxgruben, j. Beber) im nörblicdern Theile bes Landes, und ben Hans
delſsplatz Simylla am gleihnamigen Vorgeb. enthielt. Unter ihren übrigen
Städten erfennt man in Omenogara dad heut. Ahmednuggur, und in Tagara
(wrelches aud der Peripl. p. 79. als wichtige Handelsſtadt erwähnt) daß
heut. Droghir, beide in Aurungabad, leicht wieder; Modogulla heißt noch
immer Mobgull, Calligeris iſt dad heut. Kallianyg und Nagaruris das heut.
Nagaram. Der Peripl. p. 30. nennt hier zwei Ganbelöpläge, Melizigara
(bei Ptol. eine der Küfte gegenüber Tiegende Infel Milizigiris) und Calliena
(unftreitig derfelbe Ort, den Cosmas XI. p. 337. 14 Kaidıara, und Ptol.
Calligeris nennt, ober das heut. Kalliany bei Bombat, vgl. Laſſen Ind.
Alterih. I. S. 151.). Unter den übrigen Stäbten Ariaca's iſt aud) Suppara
(im Peripl. mar. Er. p. 30. Uppara; dad Vincent Periplus of the Erythr.
Sea II. p. 385. in der Gegend des Heut. Surate ſucht), welches manche neuere
Gelehrte (und jüngſt auh Benfey am a. D. ©. 27.) mit dem berühmten
Ophir des A. T. in Verbindung bringen. Neben Ariaca breitete fi bis
zum Yluffe Namadus und dem Barygazen. Meerb. der mächtige und reiche
Handelsſtaat Larice (Ind. Larika, Lätika, Laſſen Ind. Alterth. I. S. 108.)
aus, ber mehrere bebeutende Städte enthielt. Die Haupt» und Reſidenzſtadt
war zu Ptolemäus' Zeiten Ozene (vgl. auf Peripl. p. 28., noch j. Uzen
oder Dugelin), zur Zeit der Abfaſſung des Periplus aber Minnagara (bei
Ptol. Minagara) am linken Ufer des Namadus. Wichtiger als beine aber
war bie große Handelsſtadt Barygaza (au im Peripl. p. 8. 20. 25 ff. und
bei Steph. Byz. p. 155., j. Baroatſch oder Baroniſch, vgl. Kaffen Ind.
Alterıb. I. ©. 107.) am rechten Ufer deſſelben Stroms, 300 Stadien von
feiner Mündung, der Hauptflapelplag für den ganzen Kandel des ſüdweſt⸗
lichen Indiens (Peripl. p. 27. 28. vgl. Br. I. ©. 1065. und Borbigerd ,
Sandb. II. ©. 506 f.). Unter den übrigen, von Ptolemius genannten
Städten finden wir Nasica im heut. Nafiuf in Aurungabad wieder, das aber
freilich viel füblicher Tiegt, al8 bei Ptol. Nordweſtlich von Larica Tag, nad
Biol. am Meerbufen Canthi (j. Golf von Eutfh), nah den richtigern Uns
deutungen des Peripl. p. 25. aber vielmehr an dem Sinus Barygazenus (oder
Meerb. von Gambay, vgl. Forbiger am a. DO. ©. 507. Note 64.) bie
fleine Landſchaft Syrastrene mit der Stadt Syrastra (nah Hamilton I.
144 India
S. 715. noch J. Suräshtra, vgl. Kaffen Ind. Altertb. I. ©. 107.),-und
noch weſtlicher zwifcden den Münbungen des Indus bie Infel Patalene oder
Pattalene, oder dad Indusdelta, mit der Stadt Pattala (eigentlich Potala,
vd. i. Scifferflation, vgl. As. Journ. of Beng. VI. p. 349. und 2affen
am a. D. G. 97.) an der Spitze der Trennung beider Hauptarme, alfo an
der Stelle des Heut. Tatta. b) Völkerfchaften im Innern: Bon ber Infel
Pattalene an wohnten längs bed Indus hinauf zu beiden Seiten des Stroms
in den Seiten des Btol. und ber Abfaffung bes oftgenannten Periplus (p. 21.)
ſcythiſche Völkerflämme, deren Binmanderung unftreitig erfolgte, als fie dem
Bactrianifhen Neihe im I. 136 v. Ehr. ein Ende gemadt hatten, und
“deren daher auch Dionyf. Perieg. v. 1088. in dieſen Gegenden als sorıos
Zuvdaı gedenkt, fo daß ihre Nichterwähnung von Seiten des Plinius einem
bloſen Zufalle oder Ueberſehen zugefchrieben werben muß. Nah Ihnen hieß
daß ganze Land Indoscythia (Isdomvdie), der fühlicdere, an Larica
anftoßende Theil aber nah dem Peripl. p. 24. Iberia, wad, jo gut mie der
ſchon oben. erwähnte Name Colt, darauf Hinführt, daß es Scythen aus
ber Gegend des Eaucafus waren, bie fich Hier niedergelaffen hatten (fo wie
au die oben im Art. Iberia S. 40. erwähnte Kafteneintheilung des Iberi-
ſchen Volks auf eine Stammverwandtfchaft der Indier und Iberer binbeutet).
In Folge dieſer ſcythiſchen Einwanderung aber waren natürlich ſehr große
Veränderungen vorgegangen, und fo wird es leicht erflärlih, warum wir
dei Plinius, Ptolemäus und im Periplus in dieſen Gegenden ganz andere
Voͤlkerſchaften und Stäpte erwähnt finden, als Aleranber auf feinen Zügen
hier vorfand. (Vogl. Forbiger ama. O. ©. 508 f. Note 69. u. 71.)
Weiter nah N., zmifchen den Quellenflüffen des Indus und der Norbgrenze
Indiens, alfo am Fuße des Imaus "und Emodus, nennt Ptol. folgende
Bölferfaften und Diftrifte in der Richtung von W. na D.: die Lampätae,
an den Quellen des Coas; fühlih von ihnen die Landſchaft Suastene (jetzt
Sevad) um die Quellen des Suafluß her, und Goryaea mit den Städten
Gorya am Suaſtus (oder Guräus), und Nagara, die auch Dionysopolis hieß
(unfreitig berfelbe Ort, den Aleranverd Begleiter Nysa ober Nyssa nennen
(vgl. Forbiger ©. 510. Note 73.] und das heut. Nagur ober Naggar),
etwas öftficher aber, zwifhen dem Suaſtus und Indus, die Wohnflge der
Gandärae (in der Landſchaft Gandaritis bei Strabo XV. p. 698. [vgl. Bb.
I. S. 650.], die wohl nicht verfchtenen fein dürfte von der Landſchaft Peu-
celaotis bei den Geſchichtſchreibern Alexanders, die ihren Namen von der
Stabt Peucela, dem heut. Pehkely, Pakholi, hatte, vgl. Korbiger ©. 510.
Note 74,). Deftli von ben Lampatä wohnten an den Quellen ded eigent-
lichen Indus die Daradrae (unftreitig auch die Derdae des Strabo p. 706.
und die heut. Daradas ober Dards, vgl. Forbiger S. J11. Note 79.),
und weiter Öfllih folgte die Landſchaft Caspiria an den Quellen des ‘Bis
daspes (d. i. Hydaspes), Sandabalis und Rhoadis, oder dad heut. Caſchmir
(in welche unſtreitig auch die bei Herodot [III. 102. IV, 44)] erwähnte Stadt
Kaonarvgos, ober vielmehr nach Hecat. fr. 179. Kuomanvoos |d. i. Kac-
japapura oder Stabt des Kacjapa, vgl. Laſſen Perſepolit. Keilinſchriften
&. 11. und Ind. Alterth. I. S. 42.], das heut. Caſchmir, nit Gabul,
wofür es Andere halten, gehört, vgl. Forbiger am a. D. Note 76. und
Benfey am a. O. ©. 35.) Süblich von ihr, zwifhen bem Inbus und
Hydaspes, lag der Diftrift Varsa oder Uarsa mit der fchon von Aleranber
(Arrian. Anab. V,8.) vorgefundenen, fehr bedeutenden Haupt» und Refidenz⸗
ſtadt Taxila, die jeßt verſchwunden zu fein ſcheint. Südöſtlich neben Varſa
fand fi wieder ein Land des Pandion (ober richtiger Ilardwov yaoe,
Pandovi regio vgl. oben &. 142.) mit dem Handelsplatze Salur. (ds iſt
dieß daſſelbe Land, welches zu Alexanders Zeiten dem König Porus gehörte,
India j 145
und in mweldem ber Macebonier die Stäbte Nicaea und Bucephala anlegen
ließ, von denen fi noch Ruinen beim Dorfe Darapur, vier Meilen von
Ditlum, vorfinden. Bgl. Forbiger €. 512. Note 79.) Deftlih von Cas⸗
vpiria zog fih bis in das Gebiet der Bangesquellen der Diftrift Cylindrine
um die Quellen des Zarabrus, Diamuna (Iomaned) und eigentlihen Ganges
ber (in melden die dur den Zug des Seleucus Nicator fo bekannt ge-
wordene Stabi Calinipaxa, vielleicht das heut. Banoge oder Kanudf, zu
ſtehen kommt). Oeſtlich an ihn grenzte das Gebiet ber Gangani, der nord⸗
öftlichſten Volkerſchaft des vieffeitigen Indiens, um den Fluß Suaftus her,
Bis an den Imaus. Nun folgten längs des Ganges, herab bie Daetichae
unb Nanichae, beide ſüdweſtliche Nachbarn der Ganganer, dann die Land⸗
ſchaft Prasiaca um den Fluß Soa her (deren Einwohner, die Prasii, einft
ein weit ausgedehntes, mächtiges Reich beherrfcht Hatten) und nun in einem
weiten (früher zum Reich der PBrafler gehörigen) Diftrikte die Mandalde mit
der berühmten Haupt» und Mefldenzftabt Palimbothra oder Palibothra (jegt
Ruinen Namens Patelputer oder Pataliputra bei Batna) am Zuſammenflufſe
bed Erannaboad und Ganges. Weiter gegen S. faßen die Cocconägae,
und dann um den Fluß Adamas ber, ald norbmwefllihe Nachbarn ver Gan-
daridä, die Sambärae, bei denen eine Menge von Diamanten gefunden wurde.
Zwiſchen allen bisher genannten Völkern im Innern des Landes endlich
wohnten zu beiden Seiten des Fluffes Tyndis und nörblih von Mäfolia bie
Salaceni, nördlich von ihnen, an den Quellen dieſes Fluffes und am fühs
lien Abhange des Urenfus, die Drillophyllitae, no weiter gegen. aber
jenfeit des genannten Gebirgs und weſtlich bis zum Geb. Apifathrud die
Adisathri mit der Haupiſtadt Sagida (vieleicht dem heut. Sohagepur). Nörb-
licher folgten vie Poruari, und weiterhin bis an den Fluß Soa (Sonus) hinauf
die Bolingae, alles weſtliche Nahbarn der Mandalä. Ienfelt des Son und
des Geb. Vindius folgte die Landſchaft Sandrabatis, über welcher nördlich
bi8 zum Fluß Zaradrus Die Gymnosophistae wohnten (denn merkwürdig
genug wirb mit biefem Namen ſowohl, als mit dem ihm entſprechenden
Brachmanae nicht 6108 die Priefterkafte bezeichnet, ſondern berfelbe auch auf
ganze Völkerſchaften Übergetragen. Vgl. den Art. Brachmanae, Bd. I.
S. 1163. und Forbiger ©. 515. Note 86.). Weſtlich von letzteren und
der Landſchaft Sandrabatis ſaßen um den Fluß Zaradrus her die Caspiraei
(oder Caspiri nad Steph. Byz. p. 3695.), ein weit audgebreiteted, im ©.
bis zum weſtlichen Ende des Geh. Vindius reichende Wolf, mit der Haupt-
flabt Rarassa unmeit der Quellen des Namabus und einer Menge anderer
Gtäbte, worunter Caspira (bei Steph: By;. 1. 1. Caspirus, welches nach Ptol.
eine ganz andere Lage hat, ala das oben erwähnte Caspatyrus des Herobot,
und gerade dahin zu flehen Tommt, wo Ulerander die Haupiſtadt der Mall
ſwahrſcheinlich das Heut. Multaun] fand, vgl. Forbiger S. 516. Note88.)
und bie heilige Stabt Modura (Modovon 7% or Ber). Sünöfllih von
ifnen, am ſüdlichen Abhange des Vindius und zwifhen dem Namabus und
Nanaguna, wohnten bie Paratiotae mit der Stadt Cossa, wo fich viele Dia⸗
manten finden, und weiter bin, um den Fluß NRanaguna ber, die Phyllitae
(j. Bhilla, vgl. Laffen Ind. Alterth. I. S. 88.), Bitti und Condali, und
oͤſlich von diefen, zwiſchen ven Geb. Bittigo und Abifathrus und bis zum
Fluß Chaberus die nomadiſchen Sörae, denen aber doch eine Haupt- und
Refidenzflabt Sora ‚am öſtlichen Ende des Geb. Bittigo sugefünehen wird.
Deſtlich von ihnen und dem Chaberus reichten bis zu dem Orudiſchen Geb.
bie Wohnflge der Badiamaei, und weſtlich von ihnen, am ſüdlichen Abhange
des Bittigo, zwiſchen ven Flüſſen Chaberus und Solen, faßen bie. Brach-
mani (vgl. oben die Gymnoſophiſten), am nörbliden Abhange deſſelben
Bauly, Real-Encyelop. IV. 10
446 Indice — Jndiges
Gebirges aber, als meftliche Nachbarn ver Sorä, die Ambästae und Betti
und weſtlich von dieſen, auf beiden Ufern des Nanaguna und zwifchen
Geb. Bittigo und Sarvonir, die Tabassi. Nörblih von diefen wohnten
Rhamnae, ein ſüdweſtlicher Nebenzweig der Barapiotä, mit ver. Stadt Cosa
(wahrſcheinlich dem Heut. Gotta am Fluß Zefuf), mo man viele Diamanır
fand, und nordweſtlich von biefen endlich, zwiſchen Inbofchtbien und bem
Gebiete der Gaspiräer, d. h. zwifchen dem Indus und Namadus, bie Pa-
lindae (welche rohes Fleiſch zu. efien pflegten, aypuopaycı), und norbmeflid
von ihnen bie Chatriaei, wahrfheinli nicht verſchieden von den Xathri un
Cathaei des Arrian. Anab. V, 22. u. VI, 15., in deren Namen Schlegel
Ind. Bibl. I. ©. 249. Bohlen I. ©. 21. Laſſen de Pentapot. p. 23
und Ritter Erdk. V. ©. 46]. den der indiſchen Kriegerfafte, Kshatra,
Kshatriyas, wiederzufinden glaubten, der mir in. dem ver Ghatriäer noch viel
deutlicher hervorzutreten fcheint. (DaB fi außer viefen von Btolemäus nam-
haft gemachten Völkern und Städten hei den Geſchichtſchreibern Alexander
und bei Plinius noch viele andere erwähnt finden, haben wir ſchon oben
eſehen.) Endlich rechnet Ptol. zu Indien auch noch mehrere Infeln ve
Snbifeen Ozeans, nämlid außer Taprobane (over Geylon, von ber in einem
bejondern Art. ausführlicher die Rede fein wird) beſonders eine große Gruppe
von 1378 (1) Injeln weflid von dem eben genannten Eiland, in welde
die Lakediven und Malediven nicht zu verfennen find, von denen er neunzehn
fogar mit ihren Namen zu nennen weiß, ſodann öſtlich von Taprobane, in einen
etwas fübligern Breitenſtriche, ald die Süpfüfte dieſer Infel, eine Inſel des
guten @eifled (ayadov daiuorog Fioog), vieleicht das heut. Sumatra, dann
Jabadii Ins. (Iußediov vruog), eine große Infel unterhalb des goldnen Eher-
ſones (vieleiht das heut. Java, vgl. oben. ©. 1.*) und pie Satyrorum In-
sulae, Öftlih vom goldnen Cherſones, unter demfelben Breitenſtriche mit ver
Süpküfte deſſelben (wahrfeinlih die Omamba-Infeln unferer Tage). [F.]
Undice, eine unbefannte Stadt, welche Steph. Byz. in Hiſp. Tarrar.
an den Pyrenäen anſetzt und bemerkt, fie führe auch den Namen Blades
rura. j
Endietlo. Die römiſchen Kaifer pflegten jedes Jahr die von einem
‚jeden caput oder iugum (d. i. ein gewifier, als @inheit angenommener Compler
von Grunpflüden) zu entrichtende Grundſteuer in einem Cdict zu befkimmen
und zur Zahlung aufzuforbern (indicere), weßhalb fowohl dieſe Steuerauf:
legung, als die Jahresſteuer ſelbſt indictio genannt wurde, I. 2. C. de
indict. (10, 17.), 1.1. C. de superind. (10, 18.), €. Th. eod. tit. 11,
3. u. 6., nebſt Gothofr. Anm., 1. 13. 6. 6. D. de act. emt. (19, 1.)
1. 28. D. de usu (33, 2.). Daß das Ausfereiben ber Steuer auch dele-
gatio hieß, f. Bo. II. ©. 898. Das Nähere Über daB gefammte Steuer:
weſen f. unter vectigal. [R.]
Endictio in chronologiſchem Sinn, |. Chronologia, Bp. 1. ©. 345 €.
Indicns Oceanus, |. India.
Indiges, Plural: Indigetes. inter diefem Namen, über deſſen Ab-
leitung die Angaben ſchwanken (man f. Serv. zu Virg. Aen. XII, 794.),
finden wir vorzugsweiſe in @ebetsformeln, Virg. Georg. I, 498. Liv. VIII, 9,
vaterländifge, einheimische Gottheiten zufammengefaßt, die einſt ald Dienfchen
in Latium gewandelt und nach ihrem Tod vergättert worben fein ſollen, 3.8.
—.
Wo ich noch Hätte hamerken follen, daß die zweite Hälfte des Nament
(diov) vieleicht nichts Anderes ift, als die Zuſammenziehung des fanftritifchen dvipa,
Infel, die fih auch in ben Namen Diu Zokotora (morans bie Alten —
»nỹÿoocg machten), Selen Diu (Eeylon) u. ſ. w. findet (vgl. Ritters Erbdtunde IV, 2.
©. 33. u. Benfey am a, O. ©, 30.); fo daß auf biefe Art die reing Gore bes
Namens Java Abrig bliebe,
Indigötes — Madulgentia Ar.
Zanus, Picus, Faunus, namentlich Aeneas, ferner Evander, Herkules, Bac⸗
chus, Gaftor und Pollux, ja fogar die fpäter geheiligten Tyrannen, Virg.
Aen. VIII, 314. XU, 794. Arnob. I, p. 39. Wie Romulus nad feinem
ode um Quirinus wird, und Latinud zum Jupiter Latiaris, fo wird Aeneas
nad feinem Berfäminden vom Schlachtfeld am Lifer des Numicus zum Deus
Indiges, Pater Ihdiges, Jupiter Indiges, Gell. II, 16, 9. Aur. Viet. orig. 14.
Solin. 2. Sil. Stal. VIII, 39. Tibull. II, 5, 44. u. Virg. u. Lip. ind.
a. St. Beſonders gerne werben bie Inpigeted mit ben Laren und Penaten
verbunden, Virgil. Georg. I, 498. Lucan. 1, 556. Sil. Ital. IX, 294.
Silius mie auch Ovid Met. XV, 862. land. bell. Gild. 83. und iv.
vm, 9. bringen die I. mit den Göttern in Geſellſchaft, welche an der
Gründung des latiniſchen und römifchen Staats Antheil hatten, Mars, Benns,
Bea m. A. Bine eigenthümliche Angabe findet fih bei Baul. Diaconus
p. 79.: Indigetes fettn folge. Gottheiten, deren Namen nicht bekannt werben
dürfen. Auf diefe Rachtichten, momit noch, freili mit Hälfe von Gonfecturen,
die Sagen von dem Bäculus in Pränefte und von Servius Tullius verbunden
werben, gründet Hartung (Mel. ver Römer I, 81-93.) feine Anficht, „daß
der Name indigetes mit penates fynonym aber nicht identiſch ſei, infofern er
das Berbältnig der Bottheit, und zwar des hierin als befondere Perſönlich⸗
keit fich offenbarenden Jupiter, zum Lande und Volke bezeichnet, fo mie
der Name ber Penaten das Verhältniß des Gottes zum Haus und deſſen
Bewohner ausdrücke.“ Vielleicht fagen wir einfacher: 3. waren einheimiſche
Heroen bed Landes, welde die dankbare Verehrung nad ihrem Tode mit
göttligem CTharakter audflattete, als Manifeflationen ver oberfien Gottheit
betradptete und als Schuggätter de Landes verehrte, weil fle um Volk und
Staat ſich vorzugsweiſe verdient gemacht Hatten. Diefer Begriff flimmt au
mit bem Ramen zufammten, welcher am natürlichften nur ald Nebenforn von
indigena betrachtet wird. Sie waren daiuorves Eyyapıoı. Auf biefelbe Be⸗
deutung führt die Ableitung voh indu — agere, während bie von indigitare
d. 5. imprecari (Serv. am a. D.) minder wahrfcheinli if, da der Plural
ja Indigetes, nit Indigites lautet. [ Mer.
Endig8tes (Irdixitei), daB äußerſte Bolt Hifpaniend am Oſtende der
Borenäbh, in vier Stänime geiheilt (vgl. Avien. Or. mar. 528.), init Griechen
m Emporium auf eine eigenthüniliche Art zufammengeflebelt, Str. 160. (vgl.
Liv. XXIV, 9.) Plin. III, 3. (4.) Btol.’ [P.]
Endigitämerta (von indigitare, was vermöge bed alten Gebrauches
von g für e f. ». a. indicitare ifl, von indico — invoco, imprecor, ober
von indiges, was einen Heros oder Dämon und dann im Algemelnen einen
Sort Hezkihnet, Böttling Höm. Staatöverf. S. 174.) find die Pontifical»
bücher, ra ieparına Bıßkia, wie fie in den @lofien heißen, worin bie Namen
der Goͤttet und Goͤltinnen und ber unter die @dtter aufgenommenen Menſchen,
fo mie bie Gebräuche bei ihrer Verehrung verzeichnet waren. Serv. ad Georg.
I, 21.: nomina haec numinuin in indigitamentis inveniuntur, i. e. in libris
pontificelibus, qui et nomina Deorum et rationem ipsorum numinum con-
tinent. UNeber das Nähere vertreifen wir auf den Artikel über die Römiſche
Religton. Vgl. Dacier ad Fest. p. 458. Lindem. Pitiscn8 Lex. Antigg.
Rom. s. v. Ambroſch über die Religionsbücher der Hömer. Bonn 1843. [ W.]
Endoseyiki, Indöscythia, |. India ©. 144.
Hnäulgentia im m. uneigentlichen Sinn ald Begnabigung, d. 5. die
zu Sunſten eines Schuldigen gemachte Auſsnahme vom Strafgeiih. Wine
ſolche Begtradigung Tann eintreten: 4) vor der Strafſentenz, 2) nad ber
Straffentenz vor Vollzichung der Strafe, 3) nach begonnener Strafe, melde
nun aufgehoöbtn wird. I. In_ der republikaniſchen Periode Roms war eine
Begnadigung weber vor ber Senienz, noch nuch dr Sentenz möglid. Nur
152 Infamia :
betrifft, fo unterſcheiden wir den Einfluß derfelben im öffentlichen und im Privat
recht, müflen jedoch bemerken, daß nicht alle Entflehungsarten ber infamia
biefelbe Wirkung haben und daß die Bedeutung ber infamia bei einzelnen zu
verſchiedenen Zeiten eine verfchiedene war. Daß bie prätoriſche infamia erſt
aud ber infamia des gemeinen Lebens und aus ber cenſoriſchen Note hervor:
ging, indem der Prätor das fhriftlih beſtimmte, mas fi früher durch Her-
fommen gebildet Hatte, und bie Strafe des Cenſor ſowohl auf die Lebenszeit
ausdehnte ald auch fonft verftärkte, tft fchon oben und bei ignominia ange:
deutet worden. Namentli hatte der Prätor Veranlaffung, ein Verzeichniß
ber als infames geltenden Perſonen aufzuftellen, Indem er diejenigen in feinem
Edikt aufzählen mußte, denen er nit geftatten wollte, vor feinem Tribunal
aufzutreten und Anträge zu flelen. Bon foldden Berfonen gab er drei Clafſen
-an, 1. 1. $. 1. 7. 9. D. de postul. (3, 1.); in ver erflen die unter 17
ZJahren und die Tauben, in ber zweiten die Brauen, bie Blinden, und bie
infames des höchſten Grades (d. h. Männer, die fih zu unnatürliher Wolluſt
mißbrauchen laſſen, die fih zu Thierfämpfen vermiethen und die wegen Gapi-
talverbrechen DVerurtheilten), in ber dritten die übrigen infames. Die der
zweiten Glaffe dürfen für ih, aber nicht für Andere poftuliren, die der dritten
für fih und nur ausnahmsweiſe für Andere. Alle viefe, gen. infames, in-
famia notati, famosi, ignominia notati, ignominiosi wurden nun im Ebift
aufgezählt, die. Wirkungen der infamia aber nicht befonders aufgezählt, fon»
dern ald befannt vorausgefegt. Die Wirkungen find folgende: 1) im öffent
lichen Recht. Der infamis verlor alle politifchen Nechte des Bürgers, nämlich
jowohl ius honorum als ius suffragii (f. ®b. II. S. 392.). Für das erfle
ſpricht Cic. p. Clu. 42. turpi iudicio damnati in perpetuum omni honore
ac dignitate privantur, das Scons. in 1. 1. pr. D. ad 1. Jul. de vi priv.
(48, 7.) omni honore, quasi infamis ex Scons. carebit, die tab. Heracl.,
welche alle infames von der Theilnahme am Senat in Municipien, Golonien
u. a. Gemeinden ausſchließt, und viele Stellen aus der Kalferzeit, welche
dem infamis alle Ehrenämter und Würden abfpreden, 1. 6. $. 3.1. 12. D.
de decur. (50, 2.). 1. 2. D. de off. ass. (1, 22.). 1.4. $. 1. D. de legat.
(50, 7.). 1. un. C. de infam. (10, 57.). 1. 3. C. de re mil. (12, 36.).
1. 8. C. de decur. (10, 31.). vgl. 1. 2. C. de dignit. (12, 1.). Daß der
infamis au das suffragium verlor (zuerfl aufgeftelt von Burchardi S. 33.,
dann von Gryſar in d. Allgem. Schulzeit. 1832. Nr. 46., Walter Gef. d.
- Röm. Rechts S. 850., Ehriftianfen Röm. Rechtsgeſch. S. 146., und am
grünblichflen bewiefen von Savigny S. 202 ff., in Abreve geftellt von Marezoll
S. 207 f.), Indem er aus den Tribus gefloßen und unter die Aerarier ver-
fegt wurde (Bd. I. ©. 173. Bb. II. ©. 45 f. 253.), geht vorzüglich aus
der f. g. lex Acilia repetund. lin. 4. ed. Haub., wo es neben den andern
Merkmalen der infamia h.: queicomque comitia conciliumve habebit, eum
suffragium ferre nei sinito, und daraus hervor, daß es mehrmals von ben
Schauſpielern beißt, fie wären aus der Tribus gefloßen worden, was nur
eine Bolge der auf ihnen ruhenden infamia feyn konnte, Auguftin. de civ. dei
11, 13. Liv. VII, 2. Baler. Mar. II, 4, 4. Iertufl. de spectac. 22.
Endlich ift zu bemerken, daß, menn ber infamis nicht des ius honorum und
suffragii verluflig geworden wäre, “man von den infamirenden Klagen nit
hätte jagen können, daß fle summae existimationis et paene capitis feien,
@ic. p. Rosc. Com. 6. So wird vom Goncurd der Ausdruck capitis causs
gebraudt. Cic. p. Quinct. 8. 9. 13. 22. Ob jede infamia an fl vom
Kriegspienft ausfchließe, iſt zweifelhaft; wahrſcheinlich bezieht fi bie Un⸗
fähigkeit, Kriegsdienſte zu leiſten, nur auf einige Arten ber infames. Marezoll
©.209 f. — 2) Im Kriminalregt und im Prozeß. Der infamis hat weder
pas Net, eine actio popularis, 1. 4. D. de popul. act. (47, 23.), noch
Infaxsia 158
ine Griminafflage anzuftellen, nisi Hberorum vel patronoram suorum mor-
tem eo iudicio vel rem snam exsequantur, I. 4. 8. D. de accus. (48, 2.),
oder wenn er ald Ankläger bei Majeſtätsverbrechen auftreten will, 1. 7. pr.
D. ad L Jul. mai. (48, 4.), no im Givilprozeß für einen Andern aufzu⸗
treten. Die infames des höchſten Grades durften nit für fi} und eben fo
wenig für Andere poſtuliren, 1. 1. 6. 5. 6. D. de postul. (3, 2.), die an⸗
dern infames konnten zwar für fi, aber für Andere nur dann auftreten,
wenn das Verhältniß zu ihnen von der Art ii, daß fle zu deren Vor⸗
tretung (3. B. für Kinder, Eltern, Patronen) verpflitet find, 1. 1. 6.6 ff
D. eod. Niemals kann der infamis cognitor und procurator jeyn, Wat.
fragm. 324. Paul, I, 2, 1., noch einen ſolchen beftellen, Inst. IV, 13, 11.;
au darf ihm deßhalb Feine Klage cedirt werben, Baull. I, 2, 3. Oft hat
man auch behauptet, alle Infamen feien unfähig gewefen, ein Zeugniß vor
Gericht oder bei feierlichen Rechtsgeſchäften abzulegen, allein das gilt nit
von allen Infamen, fondern es war nur in einigen Griminalgefegen den bes
ſonderer Berbrechen wegen BVerurtheilten die Zeugefähigfeit abgeſprochen, 3.8.
bei repetund., adulter. vis, Inst. II, 10, 6. _ Daß ver infamis in Griminal«
Unterſachungen härter geftraft wurde, als der honestier, f. bei: poent. —
3) Privatregtlihe Nachtheile der infamie. Durch lex Julia wurde eine dem
alten Hecht fremde Beihränfung ver Ehefähigkeit eingeführt, inbem ben
Sematoren und deren Nahlommen die Ehe mit Freigelaſſenen und mit ges
wiffen verächtlichen Perfonen (quae — artem ludieram feoerit, welche mere-
trix war) unterfagt wurde. Zugleich verbot lex Julia allen Breigebornen
die Ehe mit gewiflen verächtlichen Frauen (3.8. lena, iudicio publico dam-
nata, quae artem ludicram fecerit etc.), Diefe Berbote wurden in ber
Kaiſerzeit erweitert, indem bie verbotenen Fälle aus den einen in bie ambere
Klaſſe Übergetragen wurden, und indem man bas Eheverbot auf alle im Odikt
als infames aufgezählten Perſonen ausdehnte. So wurbe bie infamia au
auf rauen bezogen (früber nicht, und in tab. Heracl. werben ſie gar nicht
erwähnt), bis fpätere Kaiſer diefe Eheverbote und fomit auch bie Anwend⸗
barkeit der infamia auf Frauen aufhoben. (Juſtinian 506 vie Eheverbate
für den fenator. Stand nad und nah auf, 1. 28. 29. C. denupt. (9,4.).
Nov. 117. c. 6.) Die Quellenzeugnifſſe für dieſe Cheverbote find: Ulpian.
XI, 1. 2. XVI, 2. 1. 16. pr. 1. 43. $. 6. 8. D. de ritu nupt. (23, 2.).
I. 16. D. de spons. (23, 1.). 1. 1. C. de nat. lib. (9, 27.). 1. 7. C. de
incest. nupt. (9, 8.). Ob die trotz der Eheverbote geſchloſſene Che nichtig
war, ober welche andere nachtheilige Folgen damit verbunden waren, f. bei
lex Julia und Pap. Poppaea, matrimonium und uxor. Mehre erbrechtliche
Nachtheile befanden auch für einige Arten ver infames, ohne daß dieſe auf;
den Grundbegriff der infamia zurüdzuführen wären. Diele Nachtheile waren
nimli nicht für alle infames vorgefchrieben und hingen großen Theils von
Km Ermeflen des. Richters ab. Dahin gehört 3. B. ver Befehl des Kaiſers
Vomitian, daß bie probrosas mulieres (merstrices u. a.) Feine Erbſchaften
md Bermäätniffe erwerben burfien, Sue. Dom. 8., was von ben Teſta⸗
nenien ber Soldaten gefagt wird, 1. 41. 6. 1. D. de test. mil. (29, 1.).
k 14. D. de his quae (34,9.). vgl. 1. 23. 6.8. C. de nupt. (9, 4.). Ein
anderer Nachtheil war, daß auf den infames und andern übel berüchtigten
Berionen relative Erbunwürdigkeit zuhte, indem bie Geſchwiſter ber infames,
Ge im Teſtament den infamss nachgeſetzt worden waren, bie querela in-
iosi testamenti anflellen Eonnten, 1. 1. 3. C. Th. de inoff. (2, 19.).
27. C. eod. (3, 28.). Die Beurtheilung ber Eigenſchaften der Borge-
men war dem Richter anheimgegeben, und ein allgemeines Merkmal ber
liegt nit darin. Marezoll S. 246 ff. Gavigny ©. 2a f. —
154 Ynfantieläium — Inf£rl
Spätere Schidlfale der infamia. Die publiciſtiſche Bedeutung der infami
erlofch bereits unter den erſten Kaiſern, die beſchränkte Ehefähigkeit wurk
durch Juflinian, zum Theil ſchon vor ihm aufgehoben, und fo blich im
Zuftin. Recht nichts übrig, als die befchränkte Fähigkeit der Infamen, für
Andere zu poftuliren. — Literatur: Hagemeifter, Unterſchied zwifchen Infank
und Ehrlofigfeit in Hugo's civiliſt. Magazin III. S. 1693—182. G. 6
Burdarbi de infamia. Kil. 1819. F. Walter, über Ehre und Injurie nad
Nöm. Net im Neuen Archiv des Crim Rechts IV. (1821.) ©. 108-0.
241--308. v. Geund, de infamia legibus Rom. constituta. Trai. ad Ri.
1823. A. M. I. Molitor, de minuta existimatione. Lovan. 1824. Tor:
zügtiä wichtig iſt IH. Marezoll, über die bürgerliche Ehre, ihre gänzli
l.
ntziehung und theilweife Schmälerung. Gießen 1824. Zimmerns Rechtsgeſch
S. 456-469. F. 4A. Schilling, Lehrb. f. Inflit. u. Geſch. d. Rom.
Privatr. Leipz. 1837. II. S. 146 ff. I. 8. 2. Göſchen, Vorlef. über hat
gemeine Civilrecht. Götting. 1838. I. S. 151 ff.; und in neuefter Zeit u
gezeichnet %. ©. v. Savigny, Suflem bes heut. Röm. Rechts. Berlin 184.
II. 6. 170—230. 516559. [R.]
EInfanticidium, ein in ben erften Sahrhunderten der Kaiferzeit auſ⸗
gekommenes Wort, bezeichnet die Ermordung von Kindern durd die Elm
derfelben. Wenn eine Mutter ihr Kind töbtete, fo wurde biefes wohl all
Mord angefehen, oder fie wurde von dem Dann als häuslichen Nicter br
firaft, bis lex Pompeia de parricidiis eine ſolche That zum parricidium
erhob, ſ. lex Pompeia und parricidium. Die Xödtung des ungebornen
Kindes |. abigere partum. Ueber die Tödtung des Kindes durch feinen Vater
f. pater und patria potestas. |[R.] |
Enfelix arbor bildet einen Gegenfag mit felix arbor. Zu der erfterm
Glaffe gehören nach bem ostentarium arborarium des Tarquinius Pridcu
die Bäume, quae inferum Deorum avertentiumque in tutela sunt, 3. ®
ficus atra, und überhaupt quae baccam nigram nigrosque fructus ferun
quibus portenta prodigiaque mala comburi iubere oportet,; Macrob. St
II, 16. Dagegen Plin. H. N. XVI, 26. XXIV, 9. erklärt fie damnalae
religione, quae neque seruntur unquam, neque fructum ferunt, fegt ab
hinzu, nach Meinung des großen Haufens ine folde arbor infeliz wur
zur Strafe des Aufbängens ausgewählt, woraus fi bie Kreuzesſtrafe bb
dete, f. crux, ®b. I. ©. 768 f. Turneb. advers. XVII, 4. Ihyſ. in Gel
X, 14. ®rob. Miscell. IV, 6. Niebuhr, Röm. Geld. I. S. 386. [R.)
Umföri (die Borftellungen der Alten von dem Zuſtande
nah dem Tode). Der römifhe Ausdruck bezeichnet ſowohl die unter
(oi na, 3. B. AÄieſchyl. Choeph. 165., oi yonoı, Agam. 89. Suppl. 25.
Ariſtoph. Nub. 305. Plat. Legg. VII, 828. Soph. Oed. C. 1606., &
dno yaiar, Hei. Eum. 912., oi Unsvepde, Hom. II. III, 278., os ävepdt
8sol, I. XIV, 274., und andere Bezeichnungen, f. Preller ©. 187 f. Anm. 7.)
Mächte (vgl. Preller Demet. u. Perſeph. ©. 183 ff.) im Gegenſatz ber oberen,
superi (Xiv. VIII, 10.), oi arw, unaraı, ovpanoı (a9araro, Bum. 912.),
welche wieberum von Andern in olympiſche und chthonifche, im Gegeniah I
den hypochthoniſchen geſchieden werben (Porphyr. de antr. c. 6. Prellt
Demet. u. Perſeph. S. 184. Unm.), als auch überhaupt alle diejenigen,
welche unter der Erde find, die Tobten, im Gegenfag zu den auf ber Erik
Lebenden (Apulej. de mag. p. 69. Mercurius superum et inferum com
meator). Hiemit ifl ſchon die urſprungliche und Im Allgemeinen immer fh
gehalten: Borftelung von dem Todtenreich ausgebrüdt: es iſt unter der Erde
ie das Heitere, Glückliche von felb an den Simmel fi anknüpft, fo
weist ein natürlicher Inftinkt das Schauerliche weg von dem Anblid bet
Menſchen in die dunklen Tiefen ber Erde. So war aud die erſte natürliäft
Enföri 155
Bergung ber Tobten bie im Schoß ber Erde, mie fie in ben Ländern, melde
von Abfümmlingen der Pelaöger bewohnt waren (bef. Attita), au fpäter
noch neben ber andern fortbefland (f. Preller S. 219. Anm. 85.); dad Vers
brennen iſt Die fpäter aufgefommene Sitte (Sol. zu Som. 11.1,52. bringt
fe mit Herafles in Berbindung). Urfprünglihd mochte die Beerdigung an
fig die Verpflanzung in bie Unterwelt feyn, fo daß dieſe überhaupt das unter
der Oberflädhe der Erde Liegende war, wozu allentbalben ein Cingang fi
befand; Reſte diefer Borflelung finden ſich in Ausprüden wie Aida» Aay-
arın (Bind. Pyth. V, 90. oder 130.) für Beerdigtwerden. Aber wenig
Reflerion und Phantafle führte weiter zur Borftelung eines Sammelplapes
für alle Tobten, auf bie Organifation eines Reiches der Todten, deſſen
allgemeiner Charakter dadurch beflimmt ift, daß es ſich unter der Erbe bes
findet, fomit des Lichtes der Sonne entbehrt, in einförmige Düfterkeit ges
bil: iſ. Go erſcheint es auch in der älteften Darftelung bei Homer (Od.
IX, Si. yaiz oruyeon, vgl. Lopos Neooas, I. XXI, 56. Od. XI, 57. 155.
hymn, Dem. 338.; daher arsonns yopos, Od. XI, 94. und den Bättern
verhaßt, U. XX, 65.). In Bezug auf bie Rage des Todtenreichs bei Homer ..
Reben ſich zwei Anfichten gegenüber. Nach der einen (vertreten von F. U.
Wolf, Völder, Homer. Seogr. ©. 140 fi. Jacobi, mythol. Handwoͤrterb.
6.3625. Burckhardt, Handb. d. claff. Mythol. I, 1. S. 25 ff. vgl. Preller
om a. O. ©. 186. Anm. 4.) wären zwei Formen zu unterfdeiben: in ber
Ilias (XX, 61 ff. XXII, 482. XXIII, 100.) iſt dad Todtenreih wirklich
unter der Erbe, gleihfam das Souterrain derfelben, in- der niit aus bem
inmittelbaren Bewußtſeyn abzuleitennen, mehr gelehrten Darftellung ver Odyſſee
(bei. X. XI.) aber wäre der Aufenthaltsort der Geftorbenen zwar außerhalb
des Bereichs unſe res Sonnenſyſtems, aber nicht unterirbifh, fondern im fern»
Ren Wehen, bei den Kimmeriern, jenfeitö des Okeanos, dem Aufgange der
Sonne gegenüber. Uber das, wohin Obyffeus (Od. XI, 155 ff) zu Schiffe
gelangt, iſt nicht Die Lintermelt felbft, fondern nur eine Gegend nahe dem
Gingange dazu; Der Wohnort der Beftorbenen felbft wird von ihm nicht bes
teten und jener erfcheint auch hier durchaus unterirbifch (vgl. Od. X, 560.
3, 57. 65. 475, XX, 81.), worauf vieleicht auch das Graben einer Grube
zum Zwecke der Tobtencitation (Od. X, 517. XI, 24 f.) Hindeutet. Daher
ſcheint die weite Anficht richtiger, daB bei Homer nur Eine Vorftelung an⸗
zunehmen fey, wonach das Todtenreich Im Innern der Erdſcheibe ſich hinzieht
und im Weflen nur ber Bingang dazu if. So Voß, Erit. Blätter IL, 306.
bis 310. 347-353. (434.) und fonft, Eggers de orco Homerico, Altona
1336. 4, (der nur irrig den Gingang dieffeits des Okeanos fest, ſ. Nitzſch
I, 6. 1594 ſ.), G. W. Nitzſch, Erkl. Anm. 3. Od., Br. II. ©. XXXV. :
u. 187. Wie beſchreibt nun Homer biefen Ort? Den Gingang bildet ber
Hain ber Berfephone, unfruchtbare Bäume (Od. XI, 509 f.); im Haus bes
dades ſelbſt befinden ſich vier Ströme: der Styr (der Schreckliche, orıyesir),
bi dem bie Götter den höchſten Eiv ſchwören (well fie ſich dabei zum Adler
ihteclichflen, zum Tode, verfluchen), Il. VIII, 369. XIV, 271 ff. XV, 37f.
04. V, 185 $. (vgl. Heflod. Theog. 805. Herod. II, 74.); veſſen dmoboos
f der Kofytos (Wehgeheul), der mit dem Byriphlegethon (der Keuerbrennende)
NG in den Acheron (area öde, Leivenftrömer, f. Nipf III, 157.) ergießt,
rede Bereinigung an einem Felſen geſchieht (Od. X, 513 -515.), der
KV, 11. Leufas genannt iſt; Über diefe umflare Schilderung f. Nitzich III,
1899|. Weiter dem Innern zu iſt bie Asphodelos⸗Wieſe, der gewöhnliche
Anſenthaltsort der Tobten (Od. XI, 539. 573.), welche ſchon unterirdiſch
R (Od. XXIV, 13. vgl. mit V. 106. 204.). Die eigentliche dunkle Tiefe,
üelde das Todtenreich bildet, wird durch zo äpeßoc bezeidinet (Il. VEIT, 368.
AI, 327. Od. X, 528. XI, 37. 563. XII, 81. Vgl. Rißſch II, 171 f.).
18 " Aacx
Davon if unterſchieden der Tartaros (den Spätere als Aufenthaltsort da
Böfen beflimmen im Gegenſatz zu Erebos, dem Wohnorte der Guten, wäh
rend Andere bie verſchiedenen Benenmungen promiscue für das Ganze ge
brauchen), ber tieffte, finfterke Theil des Todtenreiches, fo tief nach un
fi) wölbend wie ber Himmel nad oben, mit eifenen Pforten und eben
Schwelle (ll. VII, 13—16.); er if e8, ber den Japetos und Kronos um
fließt (B. 478481. vgl. 14, 204). Im Allgemeinen bemerkt Paufan.
I, 17, 3., daß der homeriſchen Beichreibung der Unterwelt die Topographi
der Umgegend des Acheron und Kokytos in Theſprotia zu Grunde liege, und
auch Nigf III, 157. gibt zu, daß, wenn überhaupt ein hiſtoriſches Lotal
die Züge zu der Darfielung lich, viefes Fein anderes als das theiprotiiä:
war; bagegen Gphores bei Strabo V, 373 f. (395 f.) verfegte dad home
riſche Todtenteich nach Gumä. Im ber zweiten Nilyie (Od. XXIV.) fat
ſich bereits sine allegorifirende Ortöbefhreibung: der Weg zur Unterwel
geht (B. 12.) nit nur durch die Thore bed Helios, fondern au turd
das Land ber Träume (Berwandtfäaft von Schlaf und ob); darauf folgt
aber auch bier die Asphodeloswieſe (B. 13 f.). — Die Bewohner viel
Ortesd find erftens die Beherrſcher: Ais, Aides, Aidoneus, deſſen Behaufung
die Unterwelt it (Il. IH, 328. Od. XI, 627. I. V, 646. XV, 251. Od.
x, 175. 512. u. ſonſt), weldem die Beftorbenen zugefendet werben (IL 1,3.
V, 654. VI, 487. XI, 55. XXIII, 244. V, 190.), nach weldem (in eint
nachhomeriſchen Form feine® Namend) bie Unterwelt felbft fpäter Hades gr
nannt wurbe; deſſen Gattin, die Berfephone (1. IX, 457. 569. Od. X, 49.
534. XI, 47., wo mit Aides zufammen genannt, allein 3. ®. Od. X1,213.
217. 227. 635.); endlih vie Erinyen (oder die Grinys), z. B. I.
571 f. XIX, 87., welche alle aber mit ihrer Herrſchaft nicht auf die Torte
beſchraͤnkt find, ſondern von der Unterwelt aus auf auf bie Erde einwirken
und Verbrechen in dem eben ſelbſt beftrafen, I. IX, 454457. 571. 318,
260. Od XKX, 78.; Beflrafung erfl in der Unterwelt flieht I. III, 278. gam
vereinzelt umb ber fonfligen homeriſchen Weltanſchauung widerſtreitend (fe
Ripi IT, 184 f.). Ueber dieſe Götter im Einzelnen f. Pluto, Proserpins,
Furiae. Zweitens bie geftorbenen Menſchen. In Bezug auf ihren du
ſtand find gemäß der in ver Odyſſee überhaupt hervortretenden Verſchieden⸗
heit der Abfaffungdzeit der einzelnen Stüde zwei bis drei Darflellungen zu
unterſcheiden. Na der einen erweislich älteften finb bie Tobten oneh (1. 2.
Od. X, 495.), auesmra xapnma (Od. X, 521. 536. XI, 29. 49.), eidol
(XI, 476. u. oft), Zraumbildern (Od. XI, 222.) oder dem Rauche (11. XXI,
100.) vergleihbar, ohne Confiſtenz, daher nit faßbar (N. XXIU, 1.
. XI, 206. 208.), und ſelbſi ohne alle Kraft (Od. XI, 393.); bean It
haben fein Fleiſch und Bein mehr (Od. XI,219.), das im Feuer zu Grund
gegangen iſt (ibid. 220 f.), daher fle auch Feine Stimme mehr haben, fon
dern nur funmen und ziſchen (Teile) Können (I. XXIII, 101. Od. XXIV, 3.)
woburd aber bei einer größeren Anzahl auch großer Lärm entficht (04.
XI,43.); nach der, Seite des Geiſtes find fie vollfommen bewußtlos (anne
D. XI, 392. XXI, 466.; agppadzes, Od. XI, 476., ohne gozres, N.
104., ohne sous, Od. X, 494 f.) in Bezug auf Gegenwart und Vergangen
heit (II. XXI, 389. Od. XI, 153.). Nur Tirefias macht in Folge einet
befondern Begünftigung eine Ausnahme von ihnen (Od. X, 493. XI, 91.)
bie Uebrigen leben im einem BZuflande, ber eigentlih Tein Seyn genann!
werben kann, obwohl jede wurn abgefondert vorhanden ift, in dumpfen
träumerifhem Nachfühlen des früheren Zuflandes, das erfl durch Bluttrinken
klar und befkinimt wird und von ihnen dann au in Worte gefaßt werd
kann (melde Borftellung die Borausfegung des Thuns des Odyſſeus In 0d.
XI. bildet). Dem das Blut gilt für das eigentliche fomatifhe Lebendprinch:
Zul 257
darum werden bie Schatten durch das Trinken befielben gelabt (daher bei
ven Todtenopfern beionders Blut angewenbet) und momentan belebt, obwohl
der Schatten als ſolcher eigentlih Tein Blut in fi aufnehmen Tann. Uber
naive Widerſprüche und Inconfequenzen find auf biefem @ebietE ber blofen
Imagination ganz heimiſch (vgl. Gic. Tuse. I, 16, 37.); die Schatten haben
feinen Leib und doch eine Urt leiblicher Exiftenz, fonft Fönnte fie Odyſſeus
(Od. X, 535 ff. XL, 48 ff. 88 ff.) nicht mit dem Schwerte fehreden, noch
auch bie einzelnen Schatten erkennen, ehe fie Blut getrunfen (3. DB. feine
Mutter, XI, 84 ff. vgl. B. 83. eidwAor sraipov); auf dad Borbhandenfegn
ber körperlichen Umrifie wie fie im Leben waren (nit aber, wie Od. XI,
38 f., bloß der Geſtalt wie fie im Tode war, denn Agamemnon fieht man
ſeine Ermordung nicht an, wol. XI, 398 ff.), weist auch Od. XI, 469 f.,
wonach Achilleus noch Immer sidos za Ögunc ra der Größte der Dancer iſt
ud (B. 485.) uiya para verveon. In biefem Vorhandenſeyn eines
Siendebunterſchiedes zeigt fich bereitd ein Anknüpfungspunkt für die zweite,
fpätere Darſtellungsweiſe, die ſich fchon dadurch als unächt beweist, daß fie
den Odyſſeus Scenen gewahren läßt, die nur im Innern bes Todienreiches
geſehen werben konnten, während Iener doch nur am Bingange deſſelben fi
befindet. Nach dieſer iſt bei ven einzelnen Individuen eine beflimmte charak⸗
teritiſche Form für immer feftgehalten: Minos richtet noch fortwährend (und
bie übrigen Tobten müflen ihm zulieb Prozeſſe führen, Od. XI, 569 f.),
Drions Cidolon ſchwingt noch gegen Thiere die eherne Keule (V. 572 ff.),
Dränte, reife, Verwundete find noch mie im Augenblide des Sterben
(8. 38 .), aber Alles geſpenſtiſch, doketiſch, gleichiam die Seele ber Keule,
wie die Indianer den Meflern u. dgl. Seelen beilegen (H. Voß, Erit. BI.
1, 427 ff.), eine Vorſtellung, welde dem helläugigen Realismus Homer
jo ſeht widerſtreitet, daß ſchon hieraus der fpätere Urfprung hervorgeht.
(I. XXI, 65-67. bat das Bild des Patroklos zwar auch gleiche Geſtalt
und Reibung mät dem DBerflorbenen, aber biefes ift ein Traumbild, mit bes
tenft ſubjectivem Urfprung.) Zu biefer Vorflelung gehört auch gewiſſer⸗
maßen die, wonach dad Leben der Erde ideell nachwirkt, in der Veſtrafung
des Tantalos, Tityos und Siſyphos (Od. XI, 576-600.) für ihre aus⸗
gezeichneten Bergebungen gegen bie Götter (|. Sisyphus u. ſ. w.), eine Scene,
verm Grundgedanke und Apparat im Winzelnen der ſonſtigen homerifchen
Danſtellung der Unterwelt total widerſpricht. Vgl. Niki z. d. St. und
SI. Ebenſo wenig zur Urgeftalt der Odyſſee gehört die dritte Vor⸗
Rellung ver zweiten Nekyia (Od. XXIV.), wonach die Todten nicht mehr von
ſelbſt den Weg zur Unterwelt finden (vgl. Od. XI, 57. 65.), fondern von
Hermes geleitet werben (XXIV, 1—5.), bier aber doc, ohne Blut zu trinken,
in volllommenem Beflte des Bewußtſeyns und der Sprache find (vgl. XXIV,
15—204.), mas die fpätefte Darftelungsweife zu feyn ſcheint, da fie den
Snterefien,, aus melden der ganze Glauben gebildet worden iſt, am voll
kommenſten genügt. Die urfpränglie homeriſche Vorſtellung gründet fid
auf naive Beobachtung des Hergangs beim Sterben: der Leib zerfällt, bie
erion hört auf zu exiſtiren, aber der Hau, die yuyy (mit ber man nur
gar nicht die fpäteren Borftelungen verbinden darf), „der den Körper belebt
md im Pulsſchlag und Athem fih kund thut,“ (Nitzſch I, 284.), wirb nur
us dem Körper andgefloßen, nur in dem Körper if} er nit mehr nach dem
Iode; daß er aber überhaupt nicht fei, hatte man Feine Urfache anzunehmen.
Ron firirte demnach dieſes mit dem Tode Davonfliegende (Od. XI, 222.)
und ſchrieb ihm eine Art Kortleben, ein gefonbertes Vorhandenſeyn, zu.
diebel war der Wunfe, bad Intereffe nur in fo weit thätig, als unter ben
beiden Möglichkeiten (Bortexifliren oder Zerflattern des Hauches) bei dem Mangel
yoftiver Entfhelnungsgrünnde das Wünfchenswerihere, das was immer noch
138 Enförl
befier war als vollſtändige Vernichtung, vorgezogen wurbe; im Uebrigen fie
noch der nüchterne unverborbene Verfland und die unbefangene Wahrnehmu
über die eigenen Wünſche; denn bie Perfon als ſolche dachte man fi wirkl
als vernidtet, da dieſe an die Exiſtenz des Körpers weſentlich gebund
von dieſem eigentlich nicht verfchieden ifl; vgl. den Gegenſatz von avzog unt
7 wvyn, D. 1, 3 f. V, 654. oder Od. X, 560. (Elpenor brach das Benid,
wuyn 6° "Ardosde narnAde). Das geiftige Weien, für meldes der allge
meinfte Ausprud bei Homer gosres ift, ift nicht abgefondert vom Körper
vorhanden, Hört aljo mit diefem auf zu feyn. Je mehr aber das Ich mit
feinen Wünſchen fi vordrängte und mit Hilfe feiner bereitwilligen Bundes⸗
genoffin, der Einbildungdfraft, den noch unbemehrten Berfland aus dem Felde
flug , defto weniger fühlte man ſich befrienigt von der kahlen, bewußtloſen,
inhaltöleeren Zortdauer der erften Borflelung; je theurer dem immer mehr
fih ausbildenden und fi in fi vertiefenden Subjecte feine Beihäftigungen
wurden, deſto meniger wollte e8 von ihnen laflen, und ver ſchmiegſame Ver⸗
fland derretirte deren Beibehaltung auch nad dem Tode (bie zmeite homeriſche
Darftelung); durch einen Bortfehritt der Abftraction gelangte man endlich zu
dem, was der Innerfte Kern der Berfönlichfeit und damit auch des Interefled
ift, zum Bewußtſeyn, und fand fi befriedigt nur von einem Zuſtande, wo
biefed gerettet fei; diele Erhaltung des Bemußtfeynd auch nah dem Tode
finden wir bereitd als feftfiehende Vorausſetzung in der dritten Darftellungs⸗
weife, die wir daher die fpätefte genannt haben. (Mit diefer pragmatifchen
Entwicklung vgl. Limburg: Brouwer I, 2. S. 485—487.) In feiner Form
aber wird die althellenifche Anfchauung dem natürlichen Gefühle fo fehr untreu,
daß ed das Jenſeits dem Dieffeit® gegenüber in ein helleres Licht ſtellte. Für
die homeriſche Weltanfhauung ift alles Gute und Schöne ein bieffeitiges;
hier auf der Erde fieht es der Menfh und freut fich deſſelben. So ift für
dad Jenſeits nichts mehr übrig; der kindliche glüdlihe Menſch bat ſchon
Alles, er kann bei jeder Aenderung fomit nur verlieren, was nach dem Leben
auf der Erde fommt, kann im Allgemeinen nur ſchlechter ſeyn. So ſtehen
bie Geflosbenen durchaus niedriger als die Lebenden; dieſe können zwar burd |
Spenden von dem was fle felbft no haben, von Blut, auf einen Augen
blick jenen wieder zu einer Art eben verhelfen, auch ſehnt fi im Gedränge
der Leiden der Xebende manchmal nah der Ruhe des Todes (Nägelebach
©. 37—329.); aber das bleibende Verhältnig und Gefühl ift: daß bie
Todten unglüdlih find, daß fih freuen darf wer das goldene Licht noch
ihaut, und daß dad elendefle, kummerreichſte Leben immer noch viel beſſer
ift als die glänzendſte Stellung unter den Todten (ſ. bei. Od. XI, A88 fi.
vgl. XII, 341. und Nägeldb. ©. 330.). Diefes if die Kehrfeite des Wurzelnd
im Diefleitö, der Freude am Leben: "weil der Menih bad Leben liebt, jo
haßt und fürchtet er den Tod (verfehrt Nägelsb. S. 331.). So feſt klammert
fi das Ih an das Dieffelts, daß ihm auch die blofe iveelle Korteriften, in
demfelben von hohem Werthe if: ver Geflorbene will fortleben in der Crinne⸗
sung der Ueberlebenden, will @rinnerungsmale (Od. XI, 74—78.), und
einfam und unbeachtet zu fterben ift ein unerträgliher Gedanke (V, 308 ff.);
auch für den in der Kerne Beftorbenen wirft man daher in ver Heimath ein
Denkmal auf (IV, 584.; vgl. Nitzſch I, 187 f.), mad Alles nur unter ber
Vorausſetzung, daß dieß die einzige Art von Fortleben des Bewußtiſeyns if,
folge Bedeutung haben kann, fomit eigentlih nur zu ber älteften Vorſtellung
paßt. Indeſſen findet doch noch innerhalb des Kreijes der bomerifchen Ans
fhauung ein wenigſtens quantitative Sinauegehen über die unmittelbare
Wirklichkeit, eine Erhebung zu einem Ideale, Statt In der Borflellung des
elyflihen Feldes (vgl. Nitzſch I, 283 f.). Dieſes (bildet nicht, wie bei
fpäteren Dichtern, einen Beſtandiheil der Unterwelt, fondern) Fiegt im Welten,
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n ben Enden ber Erde (alfo in derſelben Gegend wie das Tobtenreih).
Mer Berrfät nicht der dunkle Aides, fondern der blonde Rhadamanthys.
die klimatiſchen Verhältniſſe find alle fo Tieblih, daß die Dewohner von
en Beſchwerden des Menfchenlebens befreit find. In dieſen Zuſtand eines
rböhten und verfeinerten Sinnenlebend fol Menelaos verfeht werben, nicht
um 2obne für irgend eine befondere Auszeihnung (fonft müßte ed einem
Achilleus glei fehr widerfahren, vgl. Nief II, S. 352.), fondern nur weil
er Cidam des Zeus ift (Od. IV, 563—569.), und fomit an deſſen gött-
licher (unfterblier) Natur gewiflermaßen participirt (was freili bei andern
Deroen nod direkter hätte der Ball ſeyn follen). Um für die Genüffe, die
dem homeriſchen Menihen das Höchſte find, empfänglih zu feyn, muß ber
Begünftigte einen Leib haben, muß aljo vom Tode befreit feyn, denn ber
Tod vernichtet fhonungslos den Leib und die daran hängende Berfönlichkeit;
to behält aud Menelaos feinen Leib (Od. IV, 561—564.: ool ö ov Hsoyaror
sarir, av "Apya Bœvéeir, all 0 Es HAvmor nedior adavaroı neunyovar),
ohne den fih die homeriſche Anſchauung Feine Unfterblichkeit denken Tann.
Für jeden Sterblichen iſt daher Elyfion unzugänglid. — In Zufammenhang
mit dieſem Kreife von Borflelungen flehen noch bie von der Beflattung
und den Todtenopfern. Die Seele kann nicht in die Unterwelt (vreo
rorauoio, U. XXIII, 73.), fo Lange ver Leib noch phyfiſch vorhanden, d. h.
nit beftattet ift; es kettet fie an ihn ein geheimes Band, fie hat noch gleich»
sam etwas Körperliches an fich und darf daher noch nicht in die Unterwelt
(11. XXI, 71—74.), daher auch der Schatten des unbeerbigten Elpenor
dem Odufſeus am Bingange zum Todtenreich zuerft erfheint (Od. XI, 51 f.).
Od. XIV. iſt diefe Bedingung für die Ruhe des Geftorbenen, welche au
der ſpätere Bolläglaube ftreng feftbielt, (an den Freiern) befeitigt oder igno⸗
rt. (Vielleicht entftand der Glaube aud nur zu Motivirung und Sicherung
der Beſtattung.) Was das Zmeite betrifft, fo findet fi die ganze Liturgie
te8 Todtencultus, Todtenopfer und Schattencitation, mie fie fpäter war,
ichon bei Homer, wo fie daher Schilderung einer bereits beſtehenden und
durch bie Dichtkunſt nur verbreiteten und feftgehaltenen Volksfitte jeyn muß;
regt. Nisf TU, ©. 162 ff. Schon bier werben Ihnen Solofaufta (und zwar
unfrudgtbare und bunfelfarbige Thiere) dargebracht (Od. X, 522 f.), auch
Koftbarkeiten verbrannt (B. 523. vgl. Herod. I, 50.), Libationen geſpendet
(B. 518 f. Euflath. dazu: oineioy venpois 7 yon) von benfelben Blüfiig-
keiten wie auch ſpäter (Honigtrank, Wein u. f. w.). Uber die babei zu
Grunde liegende Anfchauung if niht (wie Nägelebah S. 348. unrichtig
angibt), daß die Abgeſchiedenen etwas Göttliches feien (wogegen vgl. Od.
X, 321.), noch aud, daß fle einen zu wünſchenden oder zu fürchtenden Einfluß
auf das Leben haben, ſondern Odyſſeus hat nur das Intereile, biefelben
momentan zu beleben und ſich geneigt zu maden, damit fie ihm Auskunft
geben Über dad, was er wiflen möchte, und daher bringt er ihnen Opfer
dar als eine napaıpvyn für fie (Soh. Lyd. de mens. IV, 26, ai yoai na-
EWUIT TIg EidepEpsro. Tois EidwÄnıg a9 rerelevınnoror), eine Anficht,
in welcher ſchon der Keim zu einem regelmäßigen Tobtencultus, wie er in
ter nachhomeriſchen Zeit Statt fand, Tag, fofern alſo die Opfer jederzeit
den Todten höchſt erwünſcht ſeyn müflen. Auch von der Todtencktation find
bei Homer eigentlich nur Anfänge. Er weiß noch Nichts von der Möglichkeit
ver Wiederkehr Geſtorbener aus der Unterwelt; nur in der unbeimlihen Stille
und Dunkelheit der Naht fchleihen ja die Geſpenſter, in feiner Welt aber
iſt es tagbel. Nur bis an den Bingang ber Linterwelt Eönnen die Tobten
gelodt werben, und dahin muß ſich begeben wer etwas mit ihnen zu ſchaffen
haben will; von magifchen Beſchwoͤrungen, wodurch die Cidola auf die Ober⸗
welt gezogen werben, iſt noch feine Spur bei ihm.
Diefe ausführlige Darſtellung ber homeriſchen Cſchatologie war wöthig,
weil dieſe einestheils den aͤlteſten Glauben am vollftänpigften darlegt, andern:
theils für die ganze Folgezeit maßgebend war, fofern fih an fle alle weiter
Entwicklung theils vorausfegend , (vgl. die Stellen bei Limburg⸗Brouwer
3b. VIH, ©. 122.), theils weiterbildend und beflreitend, anſchloß. So vor Allen
Heſiod, der (Theog. 767—779.) die bomerifchen Borftelungen vorausſetzt
und nur die Styr und den von Homer (Tl. VID, 368. Od. XI, 623.) blos
angebeuteten Haushund des Aides mehr ausmalt, aber noch ohne ihm ben
Namen Kerberos zu geben, und auf inconfequente Weile, da Cidola eigent⸗
lich nicht gebiffen werben Eönnen (doch vgl. die Analogie von Hom. Od. X,
535 ff.); befonder aber führt er ven bei Homer nur in den Grundzügen
vorhandenen Titanenmythos weiter aus. Hier (örd«, f. Theog. 734. 736.
758. 767.), im Tartaros, fo tief unter der Oberflähe ber Erde als ber
Himmel Hoch iſt über der Erbe, fo tief, daß ein Ambos neun Tage und
neun Nächte zu fallen hätte, bis er ganz unten anfäme (Theog. 720— 725 ),
figen die Titanen hinter chernen Thüren und Mauern, bewacht von ben Genti:
manen (Theog. 726--735.). Der Raum iſt fo groß, daß man in einem
ganzen Jahre ihn nicht zu durchfliegen vermöchte (Theog. 740 f.). Dem
Zwede und Zufammenbange des Gedichts gemäß konnte nur dieſe Seite zur
Sprade kommen; nur die Titanen und ihr Aufenthaltsort ſchon bet Homer
(H. VII, 479 ff. XIV, 279.), der Zartaros, hatte für den Dichter Interefle,
die übrigen Bewohner der (höher Tiegenden) Lintermelt, die Todten, werben
(Theog. 767 ff.) nur beiläufig erwähnt. Dagegen wurde von andern Dichtern
und der eigentlichen. Volksſage die Vorſtellung des Tobtenreiches ausge:
bildet, und zwar je mehr man fl von dem gefunden Realismus Homers
entfernte, um fo phantaftiicher, abergläubifcher, zugleih aber auch, in Folge
des @influffes philoſophiſcher und ethiſcher Ideen, immer reflectirter unb an»
ſpruchavoller. Je mehr fih das einzelne Individuum ablöste von der Sub:
ſtanz feines Volkes, je weniger es fi in ver unmittelbaren Gegenwart mehr
glücklich fühlte, deſto mehr Hatte es pas Verlangen, fich ſelbſt feine Fort⸗
dauer zu verbürgen, und für bie immer mebr fi verwidelnden ſittlichen
Berhältniffe mar in dieſer Unnahme die Fürzefte Löfung gegeben. Betrachten
wir das @inzelne. 1) Der Drt. a) Bingang. Dit der Zunahme der
geographifgen Kenntnifie ſchwand der Glaube, als ob im Weften ber aub-
fHließlihe Eingang zur Unterwelt wäre: man fand in jener Gegend nidt
die geglaubten under und lernte andere Gegenden Eennen, die, geheimniß-
vol und fhaurig, den Gindruch machten, als 0b Hier es in die unenblide
Tiefe hinabgehe, 3. B. der lakoniſche Berg Iainaron, die Begend von Thym⸗
bria in Garien, Ihesprotia, Pylos im Beloponnes u. a. Dabei fand An
Inüpfung an verſchiedene Mythen Statt, in melden ein Herauffommen aus
ber Unterwelt oder ein Hinabgehen in fie vorkommt: fo des Naub der Ber
ſephone, als deren Xofal die Argiver (Pauf. II, 36, 7.) wie die @leer
(Bauf. VI, 21, 1.) ihr Sand angaben, die Athener Kolonos (Soph. Oed.
Col. 57. mit Schol. 1590 f.), während Andere e8 nad Enna verfegen (I.
Prelier 6. 8.); Herakles kam mit Kerberos herauf In Lakonien, Strabo 558.
Pauf. III, 25, 4., bei Dermione, Bauf. II, 35, 7., in Böotien, Pauf. IX,
34, 4., Trözene, II, 31, 2., Heraklea in Kleinaflen, Xenoph. Anab. V,10,2.;
Dionyfos flieg zu feiner Mutter Semele hinab am See Altyon, Bauf. U.
37, 5., bei Trözene, II, 31, 2. u. ſ. f. Die Hermionenfer mußten fo gewiß,
daß bei ihnen der @ingang fel, daß fie ihren Todten fein Fahrgeld mitgaben,
Strabo 573. - Auch vgl. Avernus, Bd. I. &. 1000 f., Charonea scrobes,
Br. II. ©. 315. Go wetteiferten bie verfähiedenen Gegenden um die Chre,
den Gingang zur Unterwelt bei fich zu haben. b) Nähere Beſchaffenhelt de?
Inneren. Die Bolksanfiht, mie fie Homer darſtellte und wie fie im Auſchluß
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ibm weiter gebilder wurde, ſcheint am geiteueften wicherugehen Lulian.
Iacı. 5. 2—10. Rewe iR hienach die Verwendung der bei Homer leer»
i iInterwelt zum ließerjabren und die Schöpfung der Figur
des Gharem (ij. ».) für dieſes Geſchäft. Nah Pauſ. X, 2S, 1. kam er in
der pepse zum eriien Male vor, nachdem er in ver Bollsjage
hen lange beilanzen haben mochte; bei Homer aber if nicht der Adheron,
iondern der Okeanos die Grenze zwiſchen der Welt der Lebenden und ber
Todten, umd über birien fommen die Seelen obne Fährmann.“ Zu der
Zahl der Flüfe Tam nem binzu bie Leibe, der Fluß, aus bem bie Seele
Bergefienbeit des irdiſchen Daſeyns, feiner Freuden und ieiner Schmerzen,
ırinfe (alio aud bier ein Trinken der wur mie bei Homer); ſie kommt für
und mer ver in frem. 116, 6. des jüngern Simonides (S. 7SI. Berg,
ſronme Somor, aber noch nicht beffimmt als Fluß), aus ipäterer Zeit vgl.
Bier Rep. X, 621. A. Ariſtoph. Ran. 186. u. A. (Lufian. 5.3. Beiöt He
eine aryr). Diele Vorſtellung if dem Ioeenkreife entfprungen, wonad bie
mir dem Tode eine Umgeſtaltung erleidet, in ein neues Leben eintriit,
Nigig II, ©. 151. Gtatt des Elyflon hat Heflod (Op. er D. 167—173.)
die Imjeln der Seligen im fernen Dcean, beberrfht von Kronos, wo man
dreimal Des Jahrs erntet. Bine eigenthümliche Beichreibung des Eluflon gibt
Sinsar OL 2, 70 ff. frgm. 95. Imieln der Seligen ald Aufenthalt der
Heron |. in dem Skolion auf Harmodios (p. 871, fr. 2. Bergk). Herod.
III. 26. verſetzt Re in die libyſche Wüſte, fleben Iagreifen von Ihbebä ent«
fernt. — 2) Die Bewohner. a) Die Beherrſcher. Breller am a. D.
©. 188 #. unterſcheidet zwei Hauptbifferenzpunfte: «&) der Begriff der alten
chihoniſchen Gottheiten if ein anderer geworden: fie haben zu ben Gigen-
ihaften Der näüchtlichen und tödilichen Furchtbarkeit die (nelasglichen) ber
vegerativen Fruchtbarkeit erhalten und der Tod, den fie repräfentiren, erſtreckt
fi nun auf die ganze Natur, nicht die Menſchenwelt allein, if die Ver⸗
gänglidgleit des Irdiſchen überhaupt. Durch diefe Verbindung zweier Reihen
von Gigenjchaften find die alten Götter des Unterwelt zu Segensmädten ger
worden und baber jegt nicht mehr ein Greuel für Götter und Menſchen,
fondern im Borbergrunde ber religiöfen Verehrung befonderd in den Myſte⸗
rien; andererjeits if eine Anzahl von Gottheiten, welche bisher blos ben
vegetativen Segen fpenbeten, jeßt chthonifch.- In Folge diefer Kombination
ift auch die Linterwelt weder mehr (wie bei Home) Ort des Schredens,
no Andgangepunft der Fruchtbarkeit und des Segens (mie in der mythi⸗
ihen Naturfpeculation der Orphiker und ber reflectirenden ber Philoſophen),
fondern ein unklare Mittelding zwiſchen beiden. 4) Zu den alten chthoni⸗
ihen Göttern find auf dem angegebenen Wege ald nen Hinzugefommen bie
Götter der Fruchtbarkeit, Demeter (Preller S. 199 f.), Germes (S. 201 ff.),
Selate (S. 208.) und Dionyfos (S. 209 ff.). Bine weitere Vermehrung
ergab fih aus der höheren Entwicklung des fittlichen Bewußtſeyns. Homer
kennt noch feinen Linterfchieb zwiſchen Guten und Böfen, fondern nur zwiſchen
Großen und Kleinen, Starken und Schwaden, Reichen und Armen; aber
diejer Unterſchied, ausſchließlich beruhend auf Eörperliden Verbältniffen, er»
lit mit dem Tode, und im Neid des Aides iſt daher im Weſentlichen
|
f
Ä
© 86 lag bei ber homeriſchen Vorſtellung nahe, zu fragen, wie denn bie Stelen
über das Waſſer kommen, und ebenfo natürlich war diefe dem fonftigen Leben nachs
gebildete Beantwortung, Aegyptiſchen Urfprung bdiefer Worftelung und ber vom
Zobtengericht (f. Ereuzer II, 146 ff. ed. 3.) zu behaupten, fchien nicht ratbfam, ba
bie Entſtehung derfelden auf pſychologiſchem Wege vollkommen fich begreifen läßt und
jene Annahme an fich ſehr zweifelhaft ift; bie Binwanderung bes agyptiſchen Wolke:
Hammes, weicher diefe Vorſtelungen mitgebracht Hätte, Hätte in ber nachhomeriſchen
Zt, alfo.viei zu ſpaͤt, erfolgt ſeyn muͤſſen.
Banly, Real-Encyilop. IV. 11
162 Eurer
durchaus kein Unterſchird zwiſchen ben Schatten; bie einzelne Schuld min
von bem beleidigten Gotte felbft gerächt, in dem Leben ſelbſt gebüßt und ver
Tod an fi iſt die ſchwerſte Strafe {Mißgefiätet Od. IX, 52% fi., Tod Od.
IV, 302 ff.). Je felbftfländiger und reicher fi aber bad einzelne Individuum
entwidelte, um fo entſchiedener trat ımter den Menſchen ein Unterfhieb in
fittlicder Beziehung hervor und die Beobachtung bewies die häufige Incons
gruenz zwiſchen innerem Werthe und äußerem Schickſale, bef. das Unterbleiben
der Bellrafung von Verbrechen. Die Teichtefle und daher zuerſt ergriffen
Art, dieſe Schwierigkeiten zu löfen, war, dieſe Löfung felbfl einem andern
Leben agusnweifen, wo Gute und Böfe erft rein gefchleden werben ſollten. Daß
biefe Borftelung ganz auß dem Bewußtſeyn des Volkes hervorgieng, ergibt
fih daraus, daß fie fih von Anfang an bomerifcher (d. h. Volks⸗) Formen
bediente, mie ja fchon in den fpäteren Theilen der Odyſſee (Siſyphos u. ſ. w.)
ein Anſatz hiezu vorhanden war (nur aber kein regelmäßiges Richton Aller,
fondern nur ein ausnahmsmelfes Beſtrafen Einzeiner). Auch ein (wiewohl
voketiſcher und eigentlich unbefchäftigter) Richter war In der Berfon des Mine?
fon da; er befam nun das Amt eines Richters über den Werth der-neus
ankommenden Todten unb zu Golkgem Ankos und Rhadamanthys (ſ. d. u.
Nitzſch I, S. 181.). Auch die Sentenz ſchließt fih an Homeriſches an,
das aber zu diefem Zwecke modiſicirt iſt: die Guten werben in das elyfiſche
Feld gewieſen, die Böfen in ben Tartaros gefloßen und den Bringen zur
Peinigung übergeben. Die vom mittleren Schlage führen das indolente
Schattenleben, das Homer von allen Todten außfagt (Ruf. de luct. $.7—9.
dia. mort. XXX.). Außer dem Richterperſonal waren daher auch Götter
für die Erekution erforderlih, und biefe find bie ITowot, Doßor u. f. w.
(Luf. $. 6.). Vgl. über das Ganze Nitzſch IN, ©. 182—186. — b) Bi
Geftorbenen. a) Wer iſt von dem XTobtenreihe erimirt? Außer ben
Bdttern, deren charakteriftifpes Merkmal eben die Unſterblichkeit tft, find e
auch alle diejenigen Menſchen, welden Zeus aus eigener Bewegung ode
auf die Fürbitte eines Olympiers als befonbere Gnade die Befreiung vom
Tode ertheilt. Gemäß der urfprünglichen Anthropologie war hiefür die ein-
zige mögliche Borm bie wunderbare Entrückung bei lebendigem Leibe (vgl.
Menelaos in der Odyſſee), Entraffen von dem Scheiterhaufen (vgl. Adillen
bei Arktinos, und Herakles, Diod. IV, 388. Apollod. H, 7,7.), und bie fo
Bevorzugten erhielten, eingeführt durch den Gott, der für fie gebeten (z. 2.
Herakles durch Athene, PBauf. III, 18, 7. 19, 4.), ihren Wohnflg im Olymp
(3. B. Diomedes, Pind. Nem. 10, 7., Ibyk. fr. 34. Bgk., Helena, Guriy.
Orsst. extr. Hei. 1666. 1676. Andr. 1253.) oder in Elsflon, f. ob. Bo. Ill.
©. 1259. Später ſodann, als das Wunderbare durch ben Berfland mehr
beſchränkt wurbe, Tieß man ben Tod wirklich eintreten, ſchied aber zwiſchen
einer göttliden und einer menſchlichen, einer unfterblihen und einer vergäng:
Then Natur, wovon die Iehtere im Tode ganz untergeht und ver erflerm
Raum zu freierer Entfaltung In jenen Aufenthaltsörtern gibt (Wind. fr. 96.).
Im Hades aber ift auch dann Nichts von biefen; erſt als man einen dritten
Beſtandtheil im menfchlichen Wefen zu unterſcheiden anfleng, Tonnte auch dieſer
bedacht werden: der Leib wird verbrannt, die Seele gebt zu den Göttern,
der Schatten in die Unterwelt. Diefe Anſchauungsweiſe gehört einer fpäteren.
Zeit an (Analoges f. bei Pfut. de ser. num. vind. T. VIII. p. 229—246.
de fac. in orb. lun. T. IX. p. 717-726. AQuftan. dial. mort. XVI, 5.),
und iſt in bie Odyſſee (XI, 602 f.) nur Durch Interpolation bed Onomakrtitos
gekommen, ſ. Nitzſch III, S. 343 f. 351. — 4) Der Zufland der Nicteri-
mirten aa) im Allgemeinen. Es findet ſich Häuflg (4.8. Soph. Trach. 1175.
Eutip. Troad. 602. 633. Heracl. 592. Thesen. 955. 997. Mosch. Id.
111, 106 ff. Stob. 117.) die Vorſtellung, daß bie Todten empfinbungelos
XRXX 468
ſeien, weder Freude noch Scäuwrz fühlen (doch kann ben Aeußerungen auch
die Borausfegung des völligen Aufhörens der Griften, mit dem Tode zu Grunde
liegen). Im Ganzen blieb der Volksglaube fo wie er in Homer dargeſtellt
iR, und es if ungewiß, ob es wirklich auf einer Vorflelung des Volkes
beruht oder eigene burleske Fiction if, wenn Lukian (dial. mort. XXIV, 2.
XXV. 2, XXVIII, in. Neoyom. 15.) die Geftorbenen als Gerippe darſiellt
(Anth. gr. III, p. 40, ar. 56. werden fie geradezu omsdlera genannt). Verän⸗
derungen wurben berbeigeführt theils durch die myſtiſchen Geheimlehren, theils
durch den Einfluß der Philoſophie. Die Iheilnahme an dem eleuflnifchen
Qultus gab nad der gröberen Auffafiung der Meiften den Cingeweihten ald
ſolchen einen Anſpruch auf Proedrie im Hades, während Tieferdenkende in
der frommen Verehrung der eleufinifden Böttinnen eine Berfühnung des
Xsves fanden (f. Eleusinia und Preller, Demet. u. Berf. ©. 234 ff.) Die
Phileſophie ſodann brachte Durch ihre Immer mehr ins Volksbewußtſeyn ein-
dri und durch das Chriſtenthum dann ſixirte Auffaſſung des Begriffes von
worn auf dem homeriſchen Boden ſelbſt eine ganze Umwälzung hervor. Jetzt mar
bie yon das Wefentlihe, Subftantiele am ganzen Menſchen, auf fle wurde
jegt das Hauptgewicht gelegt, und ba von ihr nit ebenfo wie von dem
früher ale Hauptſache (oder Binziged) betrachteten Körper die Vernichtung
im Tode augenfheinlih iſt, fo wurbe bier der Anker der Hoffnung auöge-
werfen, auf philoſophiſchem Wege die Unvergänglickeit der pbilofophiſch
aufgefaßten wuyn beducirt und bemgemäß die Unſterblichkeit des Menichen
behauptet. Die fortgefäprittene objective Entwidlung der menſchlichen Natur
hatte zur Folge ein höheres Bewußtſeyn von berfelben, und in Folge deſſen
wurde auch die Borflellung von den Todten eine höhere, immer mehr wurden
fie als divi Manes betrachtet; mehr gieng wohl vorläufig in das Bewußtſeyn
bes Volks nit über, und auch davon finden fi bie Keime fon in ven
bomerifchen Gedichten. Wenn au nit Il. I, 352. IX, 410 ff. XXIII, 80.,
io findet ſich doch Od. XI, 69 f. ein Weiffagen eined Geflorbenen, eine Vor⸗
ſtelung, welde (nad Proklos) erfi in den Noften mit Beflimmthelt und
Bewußtſeyn durchgeführt ik. bb) Verhältniß zum Leben auf der Erde. Im
Allgemeinen ſchloß man ih an denjenigen Iheil der homeriſchen Borflellung
an, wonach bad Daſeyn in der Unterwelt eine Fortſetzung bes auf der Erbe
geführten if, und zwar der letzten Geftalt deſſelben (in ber Interpolation
über Orion, Minos u. f. w.). So beraubt fih Debipus des Augenlichts,
damit er in der Unterwelt nicht feinen Bater fehen muß (Soph. Oed. Tyr.
1358 ff.), vgl. Eurip. Hec. 550 fi. Lukian. dial. mort. XXVII, 5.7. Nes
fyom. 10.18.; jo au im Pſychiſchen, vgl. z. B. Antip. Sib. ep. 76. 80.
(der Anth: gr.), und Lulian dehnt es perfiflirend auch auf die Kleider aus,
Philops. 27., vgl. übrigens Herod. V, 92. Die Möglichkeit der Wlederkehr
Geſtorbener ift jeht Vorausfegung (vgl. Alkefis, Curybdike; Pindar erigeint .
nah feinem Tode, Pauf. IX, 32, 2., Ariftomenes, Pauf. IV, 92, 4.
Aeſch. Prom. erſcheint Argos, Pers. Dareiod, Eumen. Klytämneftra, Cur.
Hec. 31. 37. Polydoros und Achilleus u. f. f.), und ed gründet fi darauf
ein förmlich organifirtes Syſtem der Pſychopompie und ein weitgehender Bes
ipenfterglauben (vgl. Larvae, Lemures, Spectra). Üerier, wo man @elfler
utirte (wuyozoureia), waren z. B. am Borgebirge Tainaron (Plut. de
ser. num. vind. c. 17. ext. Schol. zu Ariſtoph. Ach. 509.), in ze
tia, Herakleia in Kleinaflen, neben chihoniſchem Gult bei Hermione, Phi⸗
galia, Trözene im Pelopones, vg). oben Bo. II. S. 1128 f. Diefe Epagogle
breitete FD immer mehr aus, |. Plat. Rep. II, 363. C. Pſychagogen
(Geiſterbeſchwoͤrer, dur Opfer u. dgl.) kommen vor z. B. Lullan. Phi-
lops. 14. Porphyr. de antr. Nymph. 28. Damit war hauß auch Nekyo⸗
oder Pſychomantie verbunden, wie in Theſprotia (Herod. V, 92.), bei Kumä
164 Införl
(Strabo V, 395.), vol. Mar. Tyr. diss. XIV, 2. 2uftan. Necyom.; be
fonder8 knüpfte fi diefe an prophetifäfe Heroen an, wie in Boiotia un
Kilikia an Teireflas, Amphiaraos, Trophonios, Mopſos, Ampbilochos,
Kalchas u. A. Vgl. Nitzſch HI, ©. 164 f. 169 f. Beſonders die Gräber
find es, auf welchen die Todten erſcheinen (z. B. Sthenelos bei Apollon.
Rhod. II, 915 f. vgl. Plat. Phaed. 81. C. 83. D. 108. B.). Auch haben
ſie die Kraft, auf die Lebenden einzuwirken; bei Homer hat der Schatten
des Agamemnon nur erfi Worte der Klage über feine Mörder, bei Soph.
El. 409. (vgl. Plat. Phaed. p. 114. B.) beunruhigt er fie; bei Homer (Od.
XI, 73.) und den Früheren (f. 3. B. Suid. s. v. "AoyiAoyos) wird die Rache
für eine Geftorbenen angethane Beleidigung dur vie Götter vermiitelt,
fpäter wird fie durch jene ſelbſt geübt, und fle erſcheinen fo als Mächte,
welde man fürdten muß, welche haflen, zürnen und zu verföhnen find (vgl.
Plut. de ser. n. v. 8. Cim. I, 6.- Aeſchyl. Choeph. 36 ff. 283. Guriy.
Or. 580. und oft bei den Tragik. Pauſ. IH, 17. extr. Liv. XXI, 10.).
Auch nehmen die Verftorbenen Antheil an dem Schiefale ihrer Hinterbliebenen,
Pind. Olymp. 8, 106 f. 14,.30 f. Pyth. 5, 132 f. Sopb. Ei. 1062
Die Hauptveränderung, welde eintrat, iſt aber vie Idee eined Geriätt.
Einmal wurde die Zahl der in der Odyſſee aufgeführten Straferempel ver:
mehrt durch die Danaiden und Irion, fpäter auch Amphion, Thamyrit,
Dfnos (Plut. de an. trang. t. VII. p. 850. vgl. Pauf. X, 29, 2. Plin.
H. N. XXXV, 36, 31.) u. U. (die Erwähnung des Prometheus bei Hor.
-Od. 11, 13, 37. 18, 35. beruht wohl auf Mißverſtändniß). Weiterhin wurde
die Beftrafung eine regelmäßige und daneben eine Belohnung für das auf
der Erde gethane Gute angenommen. Ausgeſprochen ift die Idee z.B. Pin.
Ol. II, 106 ff. Ariſtoph. Ran. Plat. Phaed. p. 378. A. Rep. II, p. 4231.
Gorg. 312 f. (wo dieſe Einrihtung ausprüdlich als eine erft ver Zeit bei
Zeus angehörige bezeichnet wird, während unter Kronos das Bericht nof
vor dem Tode Statt fand), Soph. Antig. 74. 89. 94.889. Gtob. Serm.
LXXVII, p. 415. &uflan. dial. mort. XXX. Necyom. 12. Julian. frgm.
ep. p. 300. C. Greg. Naz. or. IV, p. 132.A.B. und fonft oft; vol. Pauſ.
x, 28. (dagegen Plut. de superst. t. VI, p. 636 f. bekämpft dieſe Bor
ftellungen). Die Guten erhalten zum Wohnſitz Elyflon, die elyſäiſchen Gr
filde, die Infeln der Seligen, Bezeichnungen, welche jetzt promiscue gebrauf!
wurben (@urip. Hel. 1692. Zufian. dial. mort. XXX.), und deren Lofalitat
man auf die verſchiedenſte Weiſe angab (Ximburg-Broumer VEN, 164— 167.)
in deren Beihreibung man vielfach auf die idealiſchen Zuſtände des goldenen
Seitalters zurückkam. Die tfl die Belohnung der Tugend (Plat. Rep. VI,
490. E. Crit. r. 374 f.). Um fih prüfen zu Taffen, müffen die Seelen vor
Minos nackt erfheinen, Lukian. Necyom. 12 f. — Die Seelen ver hier
befinden fich gleichfalls in der Unterwelt (Theokr. Id. XXV, 271. Lukian.
Catapl. 21. Simm. Rhod. in Anth. gr. I, p. 197. n. 4.), nur find fe
natütlich einem Gerichte nicht unterworfen. — Anhangssweiſe betradgten wit
wieder die Anfichten über Beflattung und Todtenopfer. Daß die Br
flattung immer nod für weſentlich nothwendig gehalten wird, bemeidt 3. ®-
Soph. Antig., vgl. Eur. Suppl. 311. 378. 526.; fle wurbe als eine Pflid!
gegen die chthoniſchen Götter (Soph. Antig. 448. 737 ff. Eurip. Phoen.
1331.), wie gegen den Todten (Xenoph. Ephes. III, 10. in. Herod. 1. 112.
extr. Soph. Ai. 820 ff. Eurip. Or. 702 ff.) betrachtet. Verpflichtung un?
Eid gebot, gefallene Kameraden nicht unbegraben zu laſſen und ben Leichnam
wo möglich zu reiten (Kykurg. c. Leocr.-19.); unterließg man es, fo wat
bie Verfäumniß durch Kenotaphien nicht mehr zu fühnen (vgl. Zenoph. Hell.
I, 7, 4—38.), welche überhaupt mehr aus Pietät und zur Erinnerung 9
richtet wurden, al aus veligiöfer Verpflichtung (Renoph. Anab. VI, 2, 2
Snölel 165
vgl. Bo. II. S. 243. Feinden die Beflattung zu verfagen galt für Rohheit,
PBauf. IX, 82. extr. 2uf. in Eratosth. p. 444, 14. Aufgeklaͤrtere jedoch
legten wenig Werth darauf (Archiloch. fr. 11. Bgk. Eurip. Troad. 1248.
Zenopb. Cyrop. VIll,7,25.). Die verfchlevenen Arten der Beflattung wurden
in Zuſammenhang gebracht mit den philojophlichen Anflchten über ven Zu-
Rand nah dem Tode. Die pantheiflifche empfahl das Verbrennen, vgl. Greuzer
Symb. I, 146 f. (ed. 3.). In der Zeit der Tragiker find die Nefte und
Gräber der Ahnen iheure xasundge und Unterpfänder im heiligen Boden der
Heimath, verleihen diefem Werth und führen die Verpflichtung herbei, ihn
aufs Aeußerſte zu vertbeidigen; daher bringt man auch die Gebeine der in
der Fremde Gefallenen in die Heimath. Der Tobtencultus iſt dem Aeußern
nach noch derſelbe, vgl. 3. B. Aeſch. Choeph. 85 ff Pers. 616 ff. Soph.
E1. 52. @urip. Or. 112 ff. Iph. Taur. 165. Urſprũnglich hatte der Todten⸗
cult wohl darin feinen Grund, daß die Ehren der Beerdigung zur Erinne⸗
rung für die Lebenden und zur Labung für den Geſtorbenen an defien Grabe
wiederholt wurden (Nitzſch III, S. 170.), woraus ſich almälig eine fefle
Sitte bildete, welche ihrerfeitö zu Entſtehung höherer Vorftelungen über das
Weſen und den Einfluß der Todten mit beitragen mochte. Als aber dieſe
fi$ im Bewußtſeyn des Volkes fefigefeht Hatten, murbe der Tobtencult zur
Nekrolatrie und war von dem Heroencultus nicht mehr zu unterfehelden, vgl.
Br. III. ©. 1263 ff., auch S. 542. (Über die yerdoı« oder servaun). Zived
dabei war nun wirklich, durch die Opfer eine Wirkung auf die Tobten zu
üben, daß fle berauffonmen, wie bei den Chytren (ſ. Bd. II. ©. 1061.),
und den Lebenden eine beflimmte Befinnung oder Thätigkeit zuwenden; bei
den Tragifern erfcheinen daher dieſe Opfer als uesliyuare, GeAnnoıa venpor,
fie werden neben dem chthoniſchen Hermes oder Zeus und der Erde ange»
rufen, evpereig zu ſeyn, vol. Acid. Choeph. 125 ff. Die Unterwelt war fo
nicht mehr blos etwas Räumliches, fondern etwas Dynamiſches.
Die waren die Vorſtellungen des Volkes, uriprünglih. des ganzen
Volkes. Aber allmälig entfland eine Kluft zwiſchen den Anſichten der Ge⸗
bifdeten , inöbefondere der Philofophen, und den Meinungen bes Volkes.
Das Verhalten ver Erftern zu diefen war dreifacher Art: entweder wurren
biefelben ganz ignorirt, weder anerkannt, noch ausdrücklich verworfen, oder
lehnte man fi daran an und bemühte ih, dielelben durch Umbeutung auf
den eigenen Standpunkt zu erheben, oder endlich Heftritt man fie. Das Zweite
fand beſonders bei Dichtern und bichterifhen Philofophen Statt, melde das
der Phantafle angehörige @lement verjelben weiter ausführten, für ihre Zwecke
verwenbeten. So faßt Plato die Vorftellung auf, daß das Leben nach dem
Tode eine Fortſetzung und Folge der Zuftände fet, welche als That der freien
Selbſtbeſimmung zu betrachten ſind. Man nimmt in den Hades Alles mit,
a ds 7 önıTndsvmy ExaoTov NModyuaros Eoyer 89 11 Wuri 6 rdWmmOS
(Gorg. 524. E.), die zaudsix und roopn (Phaed. 107. D.), und wer bier
bie Geſetze verleht Hat, wird im Hades nicht freundlich empfangen von ben
dortigen Geſetzen (Crito 94. ©. vgl. Phaed. 113. D. Rep. X, 615. E. E.
Gorg. 525. B.); mer aber ooıws aus user’ aAndeiag gelebt Hat, der wahre
und vollfommene Vhilofoph, wird von Rhadamanthys zu den Infeln ver
Seligen gefhidt (Gorg. 526. C.). Bon befonderem @influß auf die Umbil-
dung der Volksbegriffe war die erwähnte Veränderung im Begriffe der yon.
Bermeiflungen und Befltreitungen der efchatologiihen Borftelungen des Volks
enthalten Ariſtoph. Ban. Eurip. Alc. 787 f. Lucret. III. @ic. Tusc. I,
3 ff. pro Ciuent. 61. Propert. III, 9. Ovid Met. XV, 153f. Juvenal.
1, 149-152. XI, Si ff. Plin.. ep. VII, 56. Senera ep. 24.83. Consol. .
ad Marc. 19. de ira II, 35. Semeca Troad. 369 ff. Sert. Empir. adv.
Math. IX, 66. Petron. Satir, 121. extr., Lukian allentbalben, wie überhaupt
168 Ingaevönes — Iniuria
Ingaevönes, f. Germani, ®b. III. S. 801 ff.
Ingauni, ſ. Ligures.
Ungens, Stadt der Abrincatuer in Gall. Lugd., j. Avranches, Ptol.
Not. Imp. Abrincatae. [P.]
Ingenichlas. Zur Vervollfändigung bes Artifeld Engonasi (Bo. II.
&, 139.) haben wir noch Folgendes nadzutragen: Hug Unterf. S. 205 1.
ſpricht fi mit Berufung auf Arat. Phaen. p. 64. @ic. de N. D. II, 42.
Manilius V, 644. entichievden dagegen aus, daß man in dem Knieenden einen
Kämpfer erkenne, da ihm ehemals Waffen und ebenſo auch der Name fehlte;
fondern es tft ihm Die Hieroglyphe eines Betenden. Der Gegenfland, vor dem
derfelbe anbetet, ift nach Arat. Phaen. 615. die Leyer ald Zeichen der Harmonie,
und zwar der Weltenbarmonie, vor der der Menſch als andächtiger Beter
- auf den Knieen liegt. Anders Greuzer; m. f. Bd. HI. ©. 1169. unt. [ Maer.]
Ingenuus, als ®egenfa von libertus, f. libertus.
Engriönes nennt Ptol. unter den deutſchen Volkern zwijchen dem
Rhein und der Abnoba; ihre Wohnflge laſſen fl aber bei der Unbeflimmt:
heit des Namens Abnoba bei Ptol. nicht näher angeben; ſchwerlich ifl an
Groß = und Klein. Sngerößeim im Würtemberg. zu venfen. [P.]
Iniceöram, Drt in Nieder-PBannonien, It. Ant., nad Neid. jeht
Pofſega. [P.]
Iniecetio manus, ſ. manus iniectio. - |
Irıov, ägyptiſche Bezeichnung eines flüffigen Maßes und zwar des römi⸗
fen Sertarius (griech. Esoens genannt), von welchem inor das hebräiſche
Hin abzuleiten if. Vgl. Böckh Metrolog. Unterfuhungen über Gewichte,
Münzf. u. Maße d. Alt. ©. 203. 244. u. 260 f. Heſych. v. T. II. p. 39.
Alb. ro Omwder Toü roaynAov veioor, nal 7 OVsayayı Tar YUEF 700;
@dnlas. 7 usrEor. 7) isior. Vid. ibid. Interpp. [Kse.]
"Iniuria im w. ©. bezeichnet im Gegenſatz von ius jedes Unrecht, jede
widerrechtliche Handlung, Ouint. decl. 265. Serv. ad Virg. Aen. IX, 107:
Ifidor. V, 26. Coll. leg. VII, 3, 4. Im e. ©. ift iniuria die Verletzung
einer Perſon rückſichtlich des vieler zuſtehenden Rechts auf Ehre, alfo Ehren
tränfung und perfönliche Beleidigung überhaupt, ad Her. IV, 25. Genen
const. sap. 9. Die Ehre oder existimatio in dem Sinn ald der vom Staat
anerfannte und gefhügte Auf eines Bürgers, erſcheint in doppelter Beziehung
(f. ignominia): 1) im juriſt. Sinn, d. 5. die dem Bürger ald Bürger zu:
ſtehende Rechtsfähigkeit. Wer alfo dieſe Rechte eines Bürgers nicht anerkennt
- oder verleßt, greift die Ehre deſſelben an und begeht eine iniuria; 2) im
bürgerliden Sinn, d. h. der gute Name, den ein Bürger behauptet. Ber
diefen guten Namen angreift, indem er eine verächtlihe Meinung über ven
Andern äußert oder andern Menfchen eine fchlechte Meinung über denſelben
beizubringen ſucht, begeht ebenfalls eine iniuria, und der Staat fügt den
Angegriffenen in feinem Recht auf einen guten Namen. — Schon in ben XII
Tafeln waren Ehrenverlegungen verboten, aber nur zwei Arten der imiuria
als die beveutenpften heruorgehoben, nämlich 1) vie öffentlichen Schmähungen
(famosa und mala carmina, Spottgedichte, oder wie die XII Tafeln fagten:
si quis occentavisset sive carmen condidisset (d. 5. scripsisset), quod in-
famiam faceret flagitiumve alteri, Auguſt. civ. dei II, 9. 12.) follten mit
zu Tode Geißeln beftraft werden, Gornut. ad Pers. I, 137. Porphyr. ad
Hor. ep. II, 1, 151. Vgl. noch über das Berbot der mala carmina ic.
Tusc. IV, 2. Hor. Sat. II, 1, 80 ff. und Schol. ad h. I. Arnob. adı.
gent. IV, fin. Paul. V, 4, 6., und über das occentare Feſt. v. occen-
tassint (p. 181. Müll.) antiqui dicebant, quod nunc convicium fecerint
dicimus, quod id clare et cum quodam canore fit. Aus diefer Stelle fehen
wir, daß convicium (eig. convocium, db. 5. dad Geſchrei Mehrer, dann
Inturin 169
lautes Geidrei, eubli öffentliche und Taute Shmähung) fpäter der gewöhn⸗
lie UAutorud ſtatt occentare wurde, f. Lexica, Dufer. opusc. var. de lat.
iurise. Lips. 1773. p. 169—178. Menag. amoenit iur. civ. c. 39. —
2) Körperlide Berlegungen wurden mit Geld gebäßt, aber in der Urzeit mit
talio, Feſt. v. talionis p. 363. Müll. si membrum rupit, ni cum eo pacit
(d. 6. wenn ber Berlegte nit mit Geld abgefunden wird), talio esto. Gell.
XX. 1. Daß aber ans der talio fehr bald regelmäßig Abfaufen ver mate⸗
riellen Wiedervergeliung murte, feben wir aus Gai. IM, 223.: propter os
fractum aut collisum trecentorum assiam poena erat (ex lege XII tab.),
nimfi$ wenn e8 ein Freier war; at si serro, centum et quinquaginta;
Senlih Inst. IV, 4,7. Sl 11. ©. Talio. — 3) Alle andern nit be»
ſonders genaunten Injurien waren mit einer Buße von 25 Aſſes bebroßt,
SA. v. viginti quinque poenae p. 371. Müll. SA. 1.1. Sal. 1.1. —
Diere Bellimmungen,, melde fi theild als zu barbariſch, theils als unzu⸗
reißen» ergaben (Gel. I. 1. ai. III, 224.), wurden durch das Prätoriide
Grit nad und nad gänzlich umgeflaltet. Zuerſt wurde bie Gapitalftrafe
und die befliurmte Geldbuße abgefhafft, dafür aber die Injurte als eine obli-
gatio ex delicto aufgeflellt, welche zu Schadenerfaß verpflitete, jo daß dieſes
Vergehen num gänlih in das Gebiet des Civilrechts überrat. Die neue
rrätoriſche Klıge 6. aclio iniuriarum aestimatoria, vermöge welcher ber
Berlegte die Summe erhielt, auf welche die empfangene Berlehung nad Recht
und Billigfeit von ihm und von dem Richter gefhäht worden war. Gai.
I, 224 Inst. IV, 4,7. Paul. V, 4, 7. Ws firafbare iniuria maren
folgende Handlungen im &ift aufgezählt: A. Verletzung der jurift. Ehre oder
roliriider Rechtsfähigkeit, a) in Beziehung auf die phyfiſche und geiftige
Integrirät des Bürgers, 5. B. körperliche Mißhandlung (pulsare, stuprum,
Berlegung ver periönliden Freiheit u. f. w., ic. Verr. IE, 27. de inv.
11, 20.), b) im Berhälmiß zu den Saden (Störung im Hausrecht, im Belle,
im Genuß der res communes u. f. w.), fobald es nit fowohl auf die mit
der Berlegung verbundene Verminderung bes Bermögens, als auf die Ehren»
und Rechtökränkung anfommt, wie Gic. p. Caec. 12. erklärt: actio iniur.
non ius possessionis assequitur, sed dolorem imminulae libertatis iudicio
poenaque mitigat. — B. Berlegung der bürgerlidien Ehre oder des guten
Rufs im Allgemeinen: 1) convicium d. 5. mündliches lautes Schimpfen,
f. oben, 2) Pasquille und Schmähſchriften, 3) alle anderen Ehrenkränfungen,
3. B. Berläumbung, unſchickliches Begleiten und Verfolgen von anfländigen
Srauenzimmern oder Handlungen, wodurch Jemandes Grebit angegriffen
wird, 3. B. indem man Ihn fälſchlich feinen debitor nennt, einen Erben als
infolvent verdächtigt, bonorum possessio undthiger Weile verlangt, Trauer»
Heider anlegt, um ben Andern ald einen in Griminalunterfugung Befallenen
anzudeuten u. f. w. Die Römiſchen Bintheilungen der iniuria waren von
dieſer verſchieden, indem fle diefelbe theils nad dem Grab in mindermidtige
und atrox iniuria (Dufnt. IV, 1, 15. Gai. 11, 225.), theils nad der
Form der Handlung in Neal» und Berbalinjurten (mit und obne Worte),
tbeild nach dem beſonders verlegten Objekt in iniuriae in corpore und extra
corpus u. f. w. eintheilten. — Die Beleidigung galt jedoch nur dann ale
iniuria, wenn das nachtheilige Urtheil Über einen Andern nit durch That⸗
ſachen belegt werben Fonnte, und wenn dolus damit verbunden war, d. 5.
das Bewußiſeyn, eine beleidigende Handlung hervorzubringen und die Abflcht,
bie Ehre einer Perſon dadurch zu verlegen. Die Belege darüber f. im Tit.
Dig. de iniur. (47, 10.) und Paull. V, 4. — Die Nichtachtung der fremden
Beriönligkett Hatte in den Marianiihen Unruhen einen jo hohen Grab
erreicht, daß das prätorifche Edikt nicht Hinlänglih ſchühte; es 0 daher Sulla
IV.
170 In Medio — Ino
bie lex Cornelia de iniuriis, in welcher Eörperlihe Mißhandlungen und ges
waltfames Gindringen in ein fremdes Haus mit einer Griminalftrafe bedroht
wurden. Diefe Annahme, daß Sulla auch eine Griminalflage einführte, Hat
wenigflens mehr Wahrfcheinlichkeit, ald daß Sulla nur eine Givilflage ge-
geben hätte, denn dann wäre fein Geſetz überflüßig gemeien, ba eine Civil⸗
Hage ſchon im prätor. Edikt geflattet war. Paull. V, 4, 8. Inst. IV, 4,8.
und Dig. in dem citirten Titel. Welde Strafe Sula beflimmte, iſt nicht
mit Gemißhelt iu fagen, wahrſcheinlich war es aquae et ignis interdictio. —
In der Kaiferzeit wurde die Xehre von ber iniuria zwar weiter ausgebildet,
aber ohne durchgreifende Veränderungen. . Die früher als iniuria geltenden
Handlungen wurden in den Faiferliden Gonftitutionen als ſolche beftätigt
und drei Arten derfelben als beſonders flrafbar hervorgehoben, nämlich
1) Padquille und Schmähſchriften (liber famosus, f. d. Art.), 2) Injurien
der Kinder gegen ihre Eltern, welche eriminell geftraft wurden, 1. 1. 6. 2.
D. de obseq. praest. (37, 15.), und 3) Injurien gegen Geiſtliche während
religiöfer Amtshandlungen, worauf bie Strafe bed Erild ober Törperliche
Züchtigung gefeht war. Nov. 123. c. 31. Wenn weltlide Beamte in ihren
Amtöverrihtungen geflört worden, fo galt es als iniuria atrox. Inst. IV,
4, 9. In Beziehung auf bie gerichtliche Verfolgung der Injurle änderte
man Folgendes: Die alte prätorifhe Klage erlofh nah und nad und eine
neue Civilklage wurde moribus eingeführt, 1. 7. $. 6. 1. 37. 6.1. D. h. t.
Paul. V, 4, 8.; die Gornelifhe Eriminalflage wurde auf alle Injurien
ausgedehnt, und ber Verletzte hatte Die Wahl, ob er Civil⸗ over Griminal-
klage anftelen wollte, f. die eben cit. Stellen und Inst. IV, 4, 10. Die
aufzulegende Criminalftrafe war nicht beflimmt vorgeſchrieben, ſondern konnte
mit Berückfichtigung des Thatbeſtandes und der Perfon des Thäters ver
ſchiedenartig ſeyn (mit Einführung des neuen Verfahrens .extra ordinem),
. B. Eörperlide Züchtigung bei Schaven und gemeinen Perfonen, Exil bei
ornehmern u. ſ. w., 1.45. D. h.t. Die gemeinfame Folge aller Griminal-
firafen ober Civilcondemnationen war infamia bed Gondemnirten, wie zuerfl
im Edikt ausgeſprochen war, 1. 1. D. de his qui infam. (3, 2.). Paul.
V, 4, 9. 19. 20. — Literatur: Matthäus, de crim. 47, 3. p. 138—180.
Seinecc. synt. ed. Haubold p. 643—653. Walter, über Ehre u. Infurien
nah Nöm. Net, im N. Archiv d. Crim. Rechts IV. S. 108—140. 241—
808. Zimmermann, de iniur. ex iure Rom. Berol. 1835., und die Lehr»
bücher des Crim. Rechts von Wärhter 1, S. 72—115., Heffter, Abegg,
Feuerbach, jegt au dad Röm. Crim. Recht von Dein S. 354—383. [R.]
In Medio, unbeflimmb. Station in Noricum Mebiterr. T. Bent. [P.]
In Monte, 1) Carbonario, Ort in Latium, Tab. Peut. Geogr. Hav.,
j. Gervara (?). — 2) Grani, unbekannter Ort ebenfalls in Latium, nabe
dem erfteren. [P.
In Mario, Station in Noricum Mebiterr., j. Murau, Tab. Peut. [P.]
Innocentius, ein Jurift aus der Zeit Eonftantins des Großen, aud
befien, auf die Kunſt ver Agrimenforen und die bamit zufammenhängenden
rechtlichen Verhältniſſe und gültigen Rechtsbeſtimmungen bezüglicder Schrift
(De literis et notis juris), die aus mindeſtens zwölf Büchern beſtanden Haben
muß, einige Ercerpte no in der Sammlung der Gromatici (f. oben Br. I.
©. 271. ®b. IH. ©. 973.) fich erhalten haben unter der Aufichrift: Ex
libro XII. Innocentii de literis et notis juris exponendis (p. 220. und
p. 167. nott. d. Ausg. von Goes). S. meine Geld. d. Roͤm Lit. 6. 359.
der dritt. Ausg. und Bad Histor. jurispr. Rom. Lib. III. c. III. Sect. U.
$. 11. p. 542. [B.]
Emo (Ivo), vie Tochter des Cabdmus und der Sarmonia, Bemahlin
bed Athamas, der fich neben feiner Battin Nephele, nad) Andern erſt nad
KM .. 171
deren Tod mit ihr vermäßlte, und nach Ihrer Vergdtterung bie vielhefungene
Leukothea. Die gemöhnlide Sage von ihr und ihrem Verbältniß zu Atha⸗
mas, zu Dionyfuß, ihrer Schwefter Semele Sohn, den fle aufzog, insbe⸗
fondere zu ihren Stieffindern Phrixus und Helle, und mie fie nad dem
Sturz von dem moluriſcheu Felſen zwiſchen Corinth und Megara ſammt ihrem
Sohn Meliterihes (Palämon) zur hülfreichen Deergättin wird, gibt Apollod.
1,9, 1. u. 2. III, 4, 2. u. 3., und der Schol. zu Gurip. Medea 1274.
Man findet fie Br. I. S. 896. u. d. A. Athamas. 8 finden fih aber in
den Erzählungen von ihr nit wenige Abmeldungen voll reicher Erfindung,
mas ſich daraus erklärt, daß nicht leicht eine Sage fo günftigen Stoff zu
poetifher Bearbeitung barbot; Aeſchylus fol einen Athamas, Sophocles
eine Ino und einen Athamas in zwei Theilen (den Inhalt feiner Zabel gibt
der Schol. zu Ariſtoph. Nub. 258.), @uripides einen Phrixus und eine Ino
hinterlaſſen haben. Auch ein Phrixus von Achäus war bekannt. Indem
wir in Beziehung auf ihr früheres Leben auf den genannten Artikel im erften
Band vermeifen, was fie aber als Leukothea zu beveuten hatte, unter biefem
Kamen nachbringen müffen, bleibt e8 bier unfere Aufgabe, die bedeutendften
Sagen befonderd über ihr letztes Geſchick und ihre Vergötterung anzuführen,
und zwar diejenigen, welche mehr ober minder von dem gemöhnliden Mythus
abweihen; man vgl. darüber insbefondere Hygin fab. 1—5. und andere
fpätere Erzähler. a) Nah dem vermeintliden Tode der Ino vermäßlte fi
Athamas mit der Themiſto, nachdem er aus Böotien ſich Hatte flüchten muͤſſen.
Nun hörte er aber, daß Ino ald Bachantin in den Schluchten des Parnaſſes
noch lebe. Er ließ fie daraus Heimlih Holen. Themiſto, bie dieß erfuhr,
beſchloß die Kinder der Ino zu tödten. Für diefen Endzweck nahm fle eine
der fremden Sclavinnen des Hauſes zu Hülfe und befahl verfelben, ihre
Kinder mit weißen, die ber Ino mit ſchwarzen Gewändern zuzudecken, damit
fle wiffe, welche fie zu töbten habe. Diefe Sclavin war aber niemand
Anderes, als vie von der Themiſto unerfannte Ino felbft. Diefe verwech⸗
felte natürlih die Gewänder, und fo töbtete Themifto in der darauffolgenden
Nacht ihre eigenen Kinder und, als fle dieß inne wurde, fi ſelbſt. Hygin
a St. b) Achamas tödtete In dem über Ihn und Ino von Here verhängten
Wahnſinn, weil fle den ihr verbaßten Dionyfus erzogen hatten, ben Einen
feiner Söhne von der Ino, Learhus, und als er auch den andern, Melis
Tertes , töbten wollte, floh Ino mit ihm über dad Weißfeld in Megaris (di
zod Aevanov nediov Hevoacu) und flürzte fih mit vem no lebenden
Knaben (nah Eurip. Med. 1289. mit ihren zwei Söhnen) in das Meer;
während berfelbe nah der fonfligen Sage zuvor in einem Keffel fledenden
Waſſers geftorben war, Euftarh. p. 1543, 20 ff. vgl. Plut. Symp. V, 3.
Tzeh. Lyc. 229. Ovid Met. IV, 505. 520 ff. Nach Lehterem wurde fie
dann von Pofeldon auf Bitte der Aphrodite vergöttert. c) Nah Plut.
Qu. rom. 13. bringt die Ino ihren eigenen Sohn ums Leben, weil fie aus
Eiferfucht auf eine Atolifife Sclavin Antiphera mwahnflnnig geworben war.
Die ſoll in der Sitte fh erhalten haben, daß in Nom bei dem Dienfte der
Matuta, die mit der Leukothea zuſammengeſtellt wird, feine Magd ih in
ben Tempel wagen durfte, außer einer einzigen, bie aber von den anweſenden
Frauen Obrfeigen bekam. d) Athamas übergibt die Ing und ihren Sohn
Relikerthes dem Phrixus, um beide zu töbten, weil Ing dem Phrirus nad
dem Leben getrachtet. Als Phrixus fie ſchon zum Tode führte, umbüllte
ihn Dionyfus mit Dunkel und rettete dadurch feine Erzieherin. Athamas,
von Zeus mwahnflnnig gemacht, töbtet den Learchus, Ino fpringt ins Meer
und wird nad des Dionyfus Willen vergöttert, Hyg. fab. 2. vgl. Pauſ.
II, 44, 11. e) Leukothea verfeßte umgekehrt den Dionyfus mit fi unter
bie Götter, Plut. de frat. am. a.G. FI Nah dem Sprung Ind Meer wird
178 Inda — Inseiptio im erimen
file son einem Delphin an die eorinthiſche Küfle getragen; in Korinth
regierte Sifophus, der Bruder des Athamas, und viefer fehte zu Ehren ber
beiden Todten den iſthmiſchen Wetılampf und ein jährlihes Opfer ein. Tzet.
Lyc. 107. Etwas anders ibid. 229. Schol. Pind. Hypoth. Isthm. p. 514.
Böckh. g) Nach megariſcher Sage wurde der Leichnam ver Ino an die Küfle
von Megara getrieben, dort von zwei Iungfrauen gefunden und begraben.
Hier fei fle zuerſt Leukothea genannt worden. Pauf. I, 42, 8. [Mzr.]
Unda, dad Heft der Ino oder Leucothea; es wurde an verjchiebenen
Drten in verfehiebener Weife begangen. Bei Epidaurus Limera in Laconien
befand fi ein der Ino gebeiligter tiefer Teich, an welchem dieſes Feſt gefeiert
mwurbe; man warf Gerſtenbrode Hinein, und hielt e8 für ein glückliches Zeichen,
wenn die Brobe im Waſſer unterfanken,, für ein ſchlimmes, wenn fle wieder
berauffamen, Pauſ. IH, 23, 5. In Megara hatte die Ing ein Heroon,
weil nah der Localſage ihre Leiche an dieſer Küfte landete und von Glefo
und Tauropolid begraben wurde; mit ihrem Cultus war ein Jahresfeſt ver
bunden, ebd. I, 42, 8. In Gorinth Hatte ſchon Sifypbus, der Bruder bes
Athamas, der Leucothea Jahresopfer und einen Agon gefiftet, Tzetz. zu
kycophr. Cass. 107. [P.]
Enöms, Sohn der Ino, zuerft Melikertes, dann Palämon genannt;
man f. d. Art. [Mer.]
In porta, Ort in Etrurien, j. Empoli Vecchio zwifchen Florenz und
Pifa am Arno, Tab. Peut. [P.
Ensäni momtes (Mawsouera on, Ptol.), dad Hauptgebirge Sardi⸗
niens, ſ. d. [P.]
Enseriptio in crimen. Dei dem oerdentlichen Criminalprozeß vor
ben quaestiones perpetuae fland bie inscriptio zwiſchen dem Akt ber inter-
rogalio und nominis receptio, f. diefe Art. und iudiclum. Die inseriptio
mar nämlih das von dem Vorfitzenden (praetor ober iudex quaestionis)
nach dem mündlichen Anbringen ber Anklage aufgefeßte Protokoll, welches
den Inhalt der Anklage in wenig Worten zufommenfaßte und von dem
Ankläger zu unterfgreiben war. Dieſes Unterzeichnen 5. subscriptio, ſteht
aber auch zumeilen für bie inscriptio und subscriptio zufammen, 3. B. Asc.
argum. in Mil. p. 55. Orell.: subscriptione ea, quod loca (superiora)
occupasset et cum telo fuisset, sc. Milo accusatus est. de inv. II, 19.
Ein volftändiges Beifpiel eines folden Brotofells flebt 1. 3. pr. D. de
accus. (48, 2.), mo ed nad) Angabe der Eoff. und des Tages heißt: apud
illum praetorem vel procos., L. Tilius professus est se Maeviam lege
Julia de adulteriis ream deferre, quod dicat eam cum C. Seio, in civi-
tate illa, domo illius, mense illo, Coss. illis adulterium commisisse.
(Eine andere Bebeutung von subscriptio im e. ©. f. subscriptio.) Diefes
Protofol kam zu den Gerichtsakten (f. acta, Bd. I. ©. 52. und Gic. p.
Clu. 31.) und wurbe bei der nachfolgenden Haupthandlung fireng befolgt,
fo daß der Angeflagte abfolvirt wurde, wenn er des in das Protokoll auf-
genommenen Verbrechens nit überführt murbe, eined andern Verbrechens
aber ſchuldig erſchien, Cic. de inv. 11, 19. — Der Ankläger Tonnte aud,
ſtatt feine mündliche Klage protofollirem zu Tafien, dieſelbe ſchon aufgeſchrieben
und unterzeichnet mitbringen, barum fagt Seneca de ben. 111,26. subscrip-
tionem componeret, und apocol. p. 257. ed. Bip. edit subseripionem.
Bol. subscriplio.e S. Birnbaum, im N. Archiv d. Erim.Nehts IX. ©.
359 —863. Walter, Geſch. d. Nöm. Rechts ©. 872. Geib, Geſch. des
Nöm. Erim. Pro. S. 281 f. — B. Nah Abſchaffung des alten ordo iudi-
ciorum publicorum und G@inführung des außerorbentliden Verfahrens (f.
Br. II. S. 489. Bo. III. ©. 365., iudicium und ordo) ſchloß ſich vie
inscriptio und subscriptio unmittelbar an die nominis delatio au, ba bie
Inszsiplonns | 178
interrogalio feinen eigentlichen Akt des Berfahrend mehr bildete. Noch immer
befland inscriptio ald ein von dem richterlihen Beamteu aufgefehted und von
dem Anfläger unterſchriebenes (subscriptio) Brotofgll über den @egenfland
der Anklage, 1.8. $. 2. C. Th. de iurisdict. (2, 1.). Biel häufiger aber, ja
faft regelmäßig war ed, daß der Ankläger fogleih mit einer ſchriftlich abgefaßten
Klage eridien und biefe dem Michter übergab, 1.3. 10.C. de accus. (9, 1.).
1.11.C. Th. de accus. (9, 1.).1.2.$.8.D. ad. Jul. adult. (48, 5.). 1.1. C. ad
Scons. Turpill. (9, 45.). Da eine inscriptio ohne subscriptio gar nicht denkbar
iR und ebenfo wenig eine subscriptio ohne inscriptio, jo werben biefe beiden
Worte in den jurifliiden Quellen der KRaiferzeit ganz identiſch gebraudt,
1. 7. pr. D. de accus. (48, 2.). Eine fehr wiätige Neuerung des Inhalte
ber inscriptio und subscriptio war es aber, daß, um vor calumnia zu
ſichern, ver Ankläger darin zugleich einen Revers (cavere) audftellen mußte,
alle Nachtheile erleiden zu wollen, die ein falicher Ankläger zu erleiden hatte,
1. 7. 6.1. D. de accus. (48,1.). G®emöhnli wird behauptet, biefer Theil
der inscriplio babe ſtets xur a&oyr» subscriptio geheißen (3.8. von Briffon
de form. V, 188. Matthäus, de crim. 48, 13, 6. n. 3. 5. v. Reneſſe,
de coercit, accus. in Oelrichs thes. nov. I, p. 591—604. %. ©. Schabe
v. ®efrum, de cura, quam Rom. habuerent carcerum. Lugd. B. 1825.
p. 40 ff. u. f. w.); allein Gelb, Geſch. d. Rom. Crim. Pro, ©. 594 ff.
ıhut überzeugend aus den Quellen dar, daß inscriptio und subscriptio au
in Beziehung auf dieſen Revers ganz gleichbedeutend gebraucht wurden, 3.2.
inscriptionis. vinculum, 1. 11. 14. 19. C. Th. de accus. (9, 1.). 1. 13.
C. eod. (9, 2.). Symmad. ep. X, 70. u. f. w. — literatur: Außer den
angegebenen Büchern |. noch Gothofred. ad C. Theod. III, p.3. u. mehrm.
Walter, Rom. Rechtsgeſch. S. 378 f.
Auseriptiones. Griechiſche. Die griehiihen Inſchriften erſtrecken
fich über faft alle Theile des focialen Lebens und find daher, zumal ale
unmittelbare Ausflüſſe vefielben, für die Kenntniß der Zuflände des griechi⸗
ſchen Landes und Volkes von größter Wichtigkeit. Was zunähft die Claſſi⸗
fication der Infchriften betrifft, fo Tann die von Bödh für Attika im
Corp. Inser. gr. aufgeflellte, welche jedoch in gleicher Weile auch für die
übrigen griechiſchen Staaten gilt, als erſchöpfend betrachtet werben: 1) acta
senatus et populi, universitatum et collegiorum, 2) tabulae magistratuum,
3) Utuli militares, 4) magistratuum catalogi, 5) agonistica et gymnastlica,
6) honores imperatorum et aliorum ex domo Augusta et decreta impe-
ratoria, 7) tituli honorarii, 8) donariorum tituli et operum publicorum,
9) ordo sacrorum, termini, defixiones magicae, supellex varia, 10) mo-
numenta privata, maxime sepulchralia. Die Bigentgümlichkeiten dieſer Glafien
find auseinandergefegt von Franz Elem. epigr. gracc. p. 313—345. —
Aelteſte Inſchriften. Der Anfangspunft für diefe Art der Aufzeihnung
überhaupt läßt fich nicht ermitteln; jedenfalls iſt derfelbe nicht früher anzu⸗
iegen, als bis die Schreibfunft einen gewifien Grad allgemeiner Verbreis
tung erreiht hatte. Jetzt wenigftend wird an bie Echtheit der bis in vie
mythiſche Zeit hineinreichenden Infchriften bei Hero. V, 59—61., Aeſchyl.
Sept. v. 434. 468. 647., Arift. mirab. auscult. 133., Bauf. VIII, 14, 4.
IX, 11, 1., Blut. d. gen. Socr. 5., u. a. m., welche theild auf einer Art
frommen Betrugs, theild auf der Unkritik der alten Griechen und ihrem
Mangel an hifioriſchem Sinn beruhen, Niemand mehr im Ernſte glauben;
ſelbſt Die Auffchrift auf dem olympiſchen Diecus aus der Zeit des Iphitus
findet in der Perſon des Arifloteles (bei Blut. Lyc. 1.) feinen fideren Ge⸗
währsmann. Zu den älteften Aufzeichnungen gehörten wahrſcheinlich die
Berzeichniffe der olympiſchen Sieger, za Häeio es Tovs OAvumorixas
yozunara oder za 'Hisiwr apyaia yoruuara bei Bauf. III, 24, 1. V, 4,
174 Ynseoriptiones
6. 21, 9. VI, 2, 9. 8,1. 13,10. X, 36,9., was fpäter an anderen Orten,
wo feierlicde Spiele gehalten wurben, Nachahmung fand (vgl. Kraufe Olympia
©. 59.), die muſikaliſchen Kataloge von Sichon (Plut. d. mus. 3. u. 8.),
die der Prieflerinnen der Here zu Argos (vgl. Preller de Hellanico p. 34 ff. ),
mozu ein Seitenflüd aus fpäterer Zeit das Verzeichniß der Prieſter des Po⸗
feidon zu Halicarnaß im C. I. Gr. H. n. 2655., die der Herrſcherfamilien
zu Sparta (Plut. adv. Colot. 17. vgl. Agesil. 19.). Died und Nebnliches
iſt Tängfl untergegangen. Die noch vorhandenen älteften Infehriften, welche
nicht weit über die HOfle Olympiade hinausreichen dürften, bat Boͤckh zu
“Anfang des C. I. Gr. ald tituli antiquissima scripturae forma insigniores
zufammengeftellt; dazu find neuerbingd noch einige andere gekommen, unter
. denen beſonders die ihrer alterthümlichen Schriftzüge wegen merfmärbigen,
auf Thera gefundenen Ermähnung verdienen. — Material der In
f&riften. Um bie Inſchriften auf die Dauer zu ſichern, bediente man fid
eines Materiald, welches der Zerflörung nicht leicht unterworfen war, deB
Steined und des Metalls. Die Steinart, meiſt Acdos ſchlechthin, zumellen
Aevnoc Aidos genannt (araypapnraı eis ormAnv AevnoAıdor, C. I. II. n.
2059.), war in der Megel Marmor, felten eine andere, wie ber zu biefem
Zwecke wenig fi eignende poröfe Tuffſtein (vgl. Kunftblatt 1837. Nr. 78.);
doch ward auch nicht felten die Inſchrift glei in den natürlichen Helfen ge
bauen, mie C. I. n. 456. 512 ff. 1107. 1601. 1728. 1824 ff. 2400 f. u.
die Infehriften auf Thera. Bon Metallen findet ſich ausnahmsweiſe Blei (C.
I. n. 538. 539. 1034., dazu die plumbea volumina hei Plin. H. N. XII,
11, 21. vgl. Pauſ. IX, 31, 3.), feltener Zinn (Pauf. IV, 26, 8.) und
Bold (bekannt iſt nur eine Kleine Platte aus der Zeit des Ptolemäus Euer:
getes, vgl. Letronne Recherches pour serrir à N’histoire de !’Egypte p. 5.),
in der Negel Erz, yaAxog, gebraucht, letzteres bald in größeren Maſſen als
ori (Thuc. V, 47. Demoflb. Phil. II, p. 121. 6. 41. Lycurg. geg.
Leoer. $. 117. Pauſ. V, 23, 4.), bald in Borm von Tafeln oder Platten,
bes Teichteren Trandportö wegen oder um an beflimmten Orten aufgehängt
zu werden (C. I. I. n. 4. 11. TI. n. 1841 ff.). Die Ihongefäße mit ge
malten Aufſchriften endlih, melde den Uebergang zur gemeinen Schrift bilden,
find für die Epigraphik meift nur in paläographiſcher Hinficht von Intereffe
‘(vgl. beſ. Gerhards Rapporto intorno i vasi Volcenti in den Annal. d. inst.
archeol. III. p. 1270. und Kramer über Stil und Herkunft der gemalten
griech. Ihongefäße, Berl. 1837.). — Form der Infhriften. Die In
ſchriften zerfallen zunähft der Form des Ausdrucks nah in profaifhe und
poetifhe. Bei meiten der größere Theil gehört ber erflen Battung an. Die
Erlafſe von Staatsmegen find faſt durdgängig in ſchlichter Profa abgefaßt.
Für diefe bildete ſich ſchon frühzeitig ein beflimmtes Formular, ähnli dem
neueren Curialſtyl, aus, deſſen Kenntniß ein bedeutendes Hülfsmittel zur Er-
gänzung der verflümmelten Infhriften abgiebt. Dahin gehört vor Allem vie
Gingangsformel in den attifchen Volks⸗ nnd Rathsbeſchluͤſſen, welche in ihrer
verfhiebenartigen Faſſung in chronologifher Rückficht wichtig il. Die Grenz⸗
ſcheide bildet das Archontat des Euclides DI. 94, 2, oder menigfiens ein
nicht meit über dieſes Hinaueliegender Zeitpunft. Die Beſchlüſſe, welche vor
diefe Zeit fallen, beginnen mit Nennung des Archonten und des Schreibers
ber erflen Prytanie (emi ou deirog apyorros el Emil rñe Bovins 1 6 deira
NE@TOg &ypaunarever), hierauf folgt der Beſchluß unter folgender Formel:
dose zw önum (ri BovAf xas to num), N deire YvAn Enpvrarever, 6 deira
eypauuarever, 6 sine eneorateı,O deiva einer. Dagegen in den Beichlüffen aus
der Zeit nach Cuclides, in denen fi überhaupt eine größere Warietät zeigt, folgt
auf den Namen des Archon der Name und die Zahl der die Prytanie führenden
Poyle (zumellen mit dem ihres Schreiber), dann der Tag des Monats (ber
Xnseriptiones 173
au wegbleibt) und der Prytanie, zumellen auch die Angabe ver Verſamm⸗
fung (exxAnoie, exnAnoia xvoie u. f. w.), enpli der Name des Vorfitzenden
und des Antragftellers; der Beſchluß ſelbſt mird entweder mit der Formel
(doch auch ohne dieſelbe) ädo&e 77 BovAn na To Önum (glei nad dem
Namen des Vorfigenden) im blofen Infinitiv an daa einer des Antragftellers,
oder nach vorbergegangenem eresdn im Nachſatz mit einem dedoydas 77
Bovig xai zo örum angehängt. So z.B. die Fürzere Formel C.I.n. 85. c.
aus DI. 102, 4.: ani Avmoroarov &pyorros, emi tis Egeydmidog dexarng
zovraveiag, ...... "Almmıevs öypaupateve, Tor nposöowr aneruigiler
Evayyelos, 0 deira einer. Bollfländiger Nr. 90. aus DI. 106, 2.: eni
Kallıorparov apyortog, En tñ .... idoß NEUNTNG NOVIATEVOVONS, -- ..108
Zunisovg £5 Olov Eypauuazeve, Tpirm zig nQvraTeing, Tor 0080U0r
eneupngiler FAavasıng ...... , £doße ın Bovig xai zo dnuw, Apıoropar
eizer, errareonı unf. w. Am volfländigften in dem Decret zu Ehren des
Spartocus DI. 123 (Arhäol. Intel. Blatt 1836. Nr. 10.): ari Aoriuov
apgorrog, uni tig "Arnoyidos eBdouns movzareiag, 1 Avoiorgazog "Agıoro-
nayov Ilmanev;. sypruuareve, Tuunkorog rn nal vER, Sram nal eixooti
Ing RQVTareing, EnnÄNoie, Tor NE088owr enerungiler 6 Öeive .... 000870V
Zureruwr nal ol ovungosdoor, &doke zo Önum, Ayvobıog Kadlıusdorrog.
Aovaevg einer" Ensudn — Ösdoydan. — Mehr bei Franz Elem. epigr. gr.
p. 319 ff. und über die Formulare in den Infchriften anderer Staaten p. 322 ff.
Was insbefondere noch die Decrete betrifft, welche fih in Demoſthenes' Rede
de corona finden, fo iſt nicht nur wegen der verfälfchten Eingangéformel
und ded au fonft fehr abweichenden Formulares, fondern au aus anderen
Gründen ihre Authentichtät fehr zweifelhaft. Zwar haben nad Böckh (Abhh.
der Berl. Akad. 1827.) Viele für die Echtheit diefer Urkunden geſprochen,
neuerbingd noch Bömel in vier Programmen, Frankf. 1841—1843. u. X.
G. Böhnede in den Forſchungen auf dem Gebiete der Attifchen Redner,
Bd—. I. 2te Abth. Berlin 1843. Do iſt dadurch das, was nächſt Brückner
(König BHilipp und die helleniſchen Staaten &. 864 ff.) namentlid Droyfen
in der Zeitfehr. f. Alterih. Will. 1839. Nr. 68—75. 88 - 90. 100—103.
114—120. gegen bie Echtheit berfelben Gemerkt hat, keineswegs entkräftet. —
Sind alfo in den meiften Fällen die Erlaffe des Staats in Profa abgefaßt,
fo genehmigte derfelbe doch zuweilen bei beſonders feierliher Beranlaffung
auch voetiſche Abfaffung, wie bei Ehren-Infgriften (Aeſch. g. Ctefiph. $. 184f.
u. 1%. Blut. Cimon 7.) oder bei den Grabſchriften zum Andenken der im
Kriege Gefallenen (Herod. VII, 228. C. I. n. 1051.). Minder banden fich
Eorporationen und Collegien an bie firenge Form; zwar gaben aud fie ihre
Beihlüffe im Weſentlichen profaifh, fügten jedod am Anfang ober am
Schlufſe gern einige Verſe Hinzu, gleichſam eine poetiſche Weihe ihrer Bes
ſchlüſſe; vgl. C. I. n. 85. i26. 380. 402. 406. — Die poetiſchen Infriften,
größtentbeild fepulcrale, find meiſt im heroiſchen und elegiſchen Versmaß
abgefaßt, feltener im iambiſchen (ausnahmsweiſe einmal im archilochiſchen,
Nr. 1925.), zuweilen in einem gemiſchten; fo 3. B. find einzelne Bentameter
unter eine größere Zahl von Herametern gemiſcht, C. I. n. 85. 1012. 1030.
2467. 3397. 3627. 3797. d. e., und in der iyciſchen Inſchrift, Hall. Lit.-
Zeit. 1843. Int. Bl. Nr. 69., vgl. Plut. Aem. Paul. 15., oder Serameter
und Iamben, C. I. n. 411. b. Der Gehalt diefer Dichtungen iſt natürlich
ſehr verſchieden; Giniges iſt als eine wahre Bereicherung der epigrammati»
den Literatur zu betrachten, das Meifte Mittelgut, Mandes jedoch In Form
und Gedanken verfehlt (3.3. C. I. n. 808. 1012. 1030. 1064. 2321. u. f. w.).
Endlich kommen auch aus Proſa und Berfen gemiſchte Inſchriften vor, mie
Nr. 22. 456. 1655. vgl. Bauf. V, 27,1. VI, 14,5. X. 7, 6. Der Name des
Dichters iR zuweilen hinzugefügt, wie Nr. 1051..2415.; fonft bedeutet der Name
176 Inscriptiones
gewöhnlich mit dem Zuſatze szoinoe, in der Megel den Künfller, welder
das Denkmal, auf dem die Infhrift fich beflnpet, verfertigt Hat (Nr. 8. 359.
470. und Öfter, einzig in Ihrer Art eine Inſchrift von Stiris bei Roß Inser.
ined. I. n. 73:, wo der Steinmeß feinen Namen vorgefegt Hat: BAwr Ar-
Hovoyöos "Acnkanıc), ausnahmsweiſe, wie Nr. 399., den, welcher das
Denkmal Hat fehen laſſen. Selbſt Doppelinſchriften kommen vor, von denen
die eine dem Weihenden, bie andere dem Künfller angehört, Nr. 24, vgl.
PBauf. VII, 42, 10. Ganz anderer Art bingegen find die Doppelinfähriften,
welche in zwei verſchiedenen Sprachen abgefaßt find (bilingues); davon wohl
das Ältefte Beifpiel griehiih und afſyriſch bei Herod. IV, 87., andere griechiſch
und phöniziſch C. I. n. 859. 894. Gefentusö Monum. Phoen. I. p. 93 f.
113 ff. griehifch und Tateinii$ C. I. n. 1537. 2958 f. 2971. 3182. 3373.
und öfter (anderer Art iſt Nr. 3175.), griehifh und lyciſch, vgl. Brotefend
in d. Transactions of the R. Asiatic Soc. IH. 2. p. 317 ff., griechiſch und
ägyptiſch auf der bekannten Infehrift von Roſette (zufegt bearbeitet von es
tronne, Paris 1841.). — Ein anderer formeller Unterſchied der Inſchriften
tft dur den Gebrauch verſchiedener Alphabete, des alten fogenannten attis
ſchen (Aruına oder apyaia yoruuare) und bes fpäteren ioniſchen, bedingt.
Bol. den Art. Alphabet. Auch bier ift der Wendepunkt das Ardontat des
Euclides, unter welchem auf Archinus Antrag das ionifhe Alphabet für die
Staatäfhriften angenommen wurde (Suidas s. v. Laim» 6 Önuoe). Der
Grund diefer Verordnung lag vermuthlich in ber willführlicden Bermifchung
beider Schriftarten, wodurch die Infchriften ein etwas buntſcheckiges Anfehen
erbielten. Denn daß die Athener ſchon geraume Zeit vorher das ioniſche
Alphabet Fannten und fih deſſen zum Privatgebrauch bedienten, iſt durch vie
Beſchreibung einzelner Schriftzeihen des Euripides bei Athen. X, p. 454.
und bed Gallias daſ. p. 453. (vgl. Bergf Reliqu. comoed. Att. p. 118.)
außer allen Zweifel geſetzt. Doch auch nachdem das ioniſche Alphabet fanc
tionirt war, währte es nod einige Belt, bis daffelbe zur völligen Geltung
durchdrang. Wie fhon vor Euclives in den Staatsfchriften dann und wann
ioniſche Formen ſich zeigen, die man aus Kiebhaberei und Laune geltend
machen mochte, fo fiel man wohl auch nah biefem Zeitpunkte zuweilen aus
Vergeßlichkeit wieder in die alte Gewohnheit zuräd; und fo erklärt es fich,
wenn auf Infhriften aus der Zeit unmittelbar nach Cuclides, ver Uebergangs⸗
periobe, der eine und ber andere Buchftabe, beſonders y und A, bald in ber
‚alten bald in der neuen Form erſcheint (vgl. 3. B. C. I. n. 149.). Schon
bie Alten benugten die Alterthümlichkeit der Schriftzüge ald Moment bei
hiftorifgen Unterfuhungen, wie Theopomp bei Harpocr. 8. v. "Artıxoig ypau-
nacı und Panätius bei Put. Aristid. 1. Doch iſt nicht zu überſehen, daß
biefelbe kein durchaus hinreichendes Kriterium für die Beflimmung des Alters
einer Inſchrift ift,; denn auch in der Zeit, wo längft das ioniſche Alphabet
in allgemeinen Gebrauch gekommen mar, bebiente man ſich zuweilen noch,
fei es um zu täuſchen oder aus Liebhaberei, der alterthümlichen Schrift.
Dahin gehört die ſcheinbar fehr alte Inſchrift im C. I. n. 25., welche aber
ungefähr aus Ol. 102 flammt.- ine ähnliche Bewandtniß mag es mit Nr.
26. 27. 34. Haben; andere Beifyiele giebt Pauf. I, 2, 4. V, 22,2. —
Eine ähnliche Verſchiedenheit zeigt fi in der angewendeten Schreibart. Die
vermuthlih mit dem Alphabet von den Phöniciern angenommene Schreibart
von ber Rechten zur Linfen ift Iange beflritten worden und allerdingd durch
bie verbägtige Fourmont'ſche Infhrift in C. I. n. 56. ſchlecht verbürgt, jedoch
durch zwei zweizeilige theraͤiſche Inschriften Nr. 1.b. u. 6. bei Franz Elem.
epigr. p. 92. u. 55., durch eine famifhe im C. I. n. 2247. und eine neuer:
dings aufgefundene attifche bei Gurtiud Inserr. att. duodecim p. 24. außer
Zweifel gefegt. Gin Meberreft diefer früh aufgegebenen Schreibart IR bie
Enseriptiones 177
fogenannte scriptura relrograda, welche in einzelnen von ber Rechten zur
Zinten gefäriebenen Worten und Zeilen befleht, und fih außer auf Münzen
von Aırhben, Melos, Greta und den Städten von Sicilien und Großgriechen⸗
land beſonders auf alten theräiſchen Inſchriften findet (Mr! 9. 11. 17. 18.
vgl. N. Rhein. Muf. I. ©. 443.), doch auch auf attiſchen (f. Bullet. d. |
inst. archeol. 1833. p. 89.). Den Uebergang endlich zur Schreibart von
der Linken zur Rechten bildet die Buflrophebonfärift (vgl. Bd. I. ©. 382.),
in welcher noch Solons Geſetze gefchrieben maren (Harpocr. 8. v. 6 xaroder
0405), und von welder fi auf Inſchriften zahlreiche Beifptele erhalten
haben, vgl. C. I. n. 1. 8. 20. 22. 23. 34. 39. 40.; merfwürbig Nr. 27.,
mo nur bie erfle Zeile von ber Rechten, die übrigen von der Linken aus⸗
geben. Auch hier jedoch if bie Schreibart nicht immer ein zuverläßiges Kri-
terium für die frühzeitige Abfaſſung der Schrift, indem man auch foäter no
diefelbe in Anmendung brachte, um einen Schein von Alterthümlichkeit zu
erfünfteln. In dieſe Kategorie gehört die obere Hälfte der buſtrophedon ges
ſchriebenen figeifihen Inſchrift (C. I. n. 8.), und von fpäterer scriptura re-
trograda giebt Pauſ. V, 25, 5. ein Beifpiel. Als beſondere Abnormität
mag bier noch erwähnt werben, daß auf einigen Inſchriften, wie C. I. n. 20.
21. 359. 1477. 1928., ein oder mehrere Worte mit verkehrt lebender Schrift
geigrieben find. Bon fonftigen Schreibarten kommen auf Inſchriften vor bie
orosyndor genannte, mo ein VBuchflabe genau unter dem anderen fteht, bes
ſonders auf attiſchen der beflen Zeit, für die Ergänzung verflümmelter In»
ſchriften ein nicht unbedeutende Moment, und die morndor, Täulenartig, in
perpenbiculären Reiben, wie C. I. n. 2656. b. (Add. II. p. 1106.). Vgl.
Bekkers Anecd. gr. p. 787 f. Ginigermaßen näher: fih dieſer Schreibart
sine andere, welche gleichfalls mehr in die Ränge ala in die Breite gebt und
mo, freilih wohl meift dur die Form des Steined bebingt, möglichſt wenige
Buchſtaben in einer Zeile leben; fo Nr. 26. u. 9., melde letztere mit dieſer
Scäreibart zugleid die Bovarpogndor und oroıyndor vereinigt. Die noch
von dem Grammatiker bei Beffer a. O. p. 786 f. erwähnten Schreibarten,
nnvosdor, in Form eines Korbes, nad) unten ſich verjüngend, und minor,
in Form eines PBarallelepivevon , dürften als befondere Arten auf Inſchriften
nicht Teicht vorkommen; ebenfo fünnen die durch bie Geflalt des Gegenſtandes,
auf welchem fie fleben, bedingten Inſchriften, wie im Kreis Nr. 545., im
Zuadrat Nr. 2138., im Dreied Nr. 2325., Leine befondere Gattung ber
Schrift begründen. — Andere formelle Eigenthümlichkeiten der Infchriften.
Die Schrift if durdgängig Capitals oder Uncialſchrift. Bon wirklicher
Eurfivfhrift Hat ſich auf Inſchriften wohl noch Fein ficheres Beifpiel gefunden,
wenn man nit dahin bie Krigeleien an den Säulen der Baferne zu Bompefi
sehnen will, welde 1767 entbedt und mit merthlofen Erklärungen von Murr
(specc. antiquissimae scripturae graecae tenuioris siv6 cursivae ante im-
perii Titi Vespasiani tempora, Nürnberg 1792. 4.) befannt gemacht wurden.
Anderes, was man fonft für Curſivſchrift hielt, wie die Beſchwörungsformel
im €. I. n. 539. (zuerfi herausg. von Akerblad, Rom 1813. 4.), 2278.
und bie Schrift auf der oben ermähnten Goldplatte aus ver Zeit des Ptole⸗
mäus Euergetes, ift bei genauer Anficht nur flüchtig geſchriebene Uncial⸗
ſchrift, obgleich dieſe fich natürlich der auf eben dieſem Wege entflanbenen
Curſivſchrift, wie fle z. B. fhon auf den ägyptiſchen Papyrusrollen ſich zeigt,
jehr nähert. Der 1743 bei Refina (Herculanım) gefundene, noch bazu mit
Accenten und Hauchzeichen in Gurfiv angeſchriebene Vers des Euripides täufchte
ſelbſt Windelmann (Werke II. ©. 124.), ergab ſich fpäter aber als eine
Moftification. Die eurfiv geſchriebenen Buchſtaben endlich C. I. n. 853.
3538. 3605. flehen auf den Originalen nit. — Der Text der Inſchriften,
mögen biefelben in Profa over In Berfen abgefaßt fein, If in ber Hegel
Bauly, NealCucyelop. IV, 12
180 | Enseriptiones
* 14., Blut. a. O.), ober auf die Apodekten (Nr. 84.), oder auf andere
aflen (Nr. 87.). Bing aber die Sade von einem Demod aus, fo war
es ber Demarch, welder bie Beforgung übernahm, und bie nöthigen Summen
auf den Tamiad angemiefen erkielt (Nr. 100. 102. 214.); in rein finan:
zielen Angelegenheiten glei der Tamias felb (Nr. 93.). War das zu
errichtende Denkmal PBrivatfahe, jo wurden natürlih auch die Koflen aus
PBrivatmitteln aufgebracht, wie zuweilen auf Inſchriften ausdrücklich bemerkt
iſt (Nr. 1340. 1345. 1360. u. a.); Erlaubniß dazu wurde vom Volfe und
Senate gegeben, in der römifhhen Zeit vom Areopag (Nr. 379. 380. 402.
445.) und vom Rathe (Nr. 189. 395.). Ueber die Modalität in anderen
Staaten ſ. Branz Elem. epigr. p. 317. — Sammlungen von Im
fSriften bei den Alten. Die Wichtigkeit der Infchriften in mehrfader
Beziehung mußte ſchon den Alten einleuchten, daher man fon frühzeitig
bedacht war, Sammlungen theils biftorifch wichtiger Befchlüffe, theild inter
eflanter epigrammatifcher Poefien anzulegen, von welchen legteren ſich ein
eft in die Anthologien gerettet hat. Die älteſte bekannte ifl die des Phi-
Iohoru3, emyprunera "Aruna. Sehr eifrig fammelte Bolemo der Pe
zieget, wie fhon fein Beiname LzrAoxornas vermuthen läßt: über fein Werl
nepi 709 nara noAsıc smıyoaunaror |. bei. Preller Polem. fragm. p. 123.
Naͤchſtdem fammelte Arifiodemus emypunuuare Onßaina und ſchrieb
Neoptolemus nepi eniypaunaraor. Zahlreiche Beiträge enthielten auf
die Schriften des Alcetad zei zwr er Aciyois avadıuaror, ded Me
netor nei dradnuarwor, ded Heliodorus neo ar 8» Adısmam rar
70509 (f. diefe Artikel), vor Allem aber das mit großem Fleiß zufammen-
geftellte und menigflend neun Bücher umfaflende Hauptwerk des Graterus,
ovvayayn wrpouaror (f. Br. II. ©. 737.). Vgl. im Allg. Reineſ. syn-
tagm. inscr. praef., Jacobs Anthol. comm. I. p. 33 ff., Bödh C. I. gr.
I. praef. p. VIII f. und daraus Franz Elem. epigr. p. 9. — Schickſale
der Infhriften bis auf die neuere Zeit. Eine Geſchichte der griech
Juſchriften fol erſt noch gefchrieben werben. Diefelbe wird ſich vorzugsmeiie
mit den verſchiedenen zerftörenden Einflüffen zu befhäftigen haben, melden
die Infehriften im Laufe der Zeit unterworfen waren, und welde Vieles
davon gänzlih vernichtet, Anderes in mehr ober weniger fragmentarijcher
Geſtalt übrig gelaffen Haben Daß in der alten Zeit die Exiftenz der In-
ſchriften im Allgemeinen ficher geftellt war, verfieht fi von ſelbſt; fle ſtanden
unter der Obhut des Staates, da fie theild von ihm ſelbſt ausgingen, theile
mit feiner Genehmigung gejeht wurden; das Bolt Tieß ihnen einen morali⸗
fhen Schuß angebeihen (Dem. g. Lept. p. 476. $. 64.). Gleichwohl läßt
fich vorausfegen, daß es an rachſüchtig und muthmwillig zerflörenden Händen
nit gefehlt Habe; Beifpiele geben die Germofopiden, die zuußmuvyos, die
Salimufler bei Dem. g. Eubul. p. 1318. $. 64., der leichtfertige Sohn des
Chabrias bei Athen. IV, p.165. BE. Soldier Frevel mag entweder als vBos
(sol. Ariſtid. or. XXXIII. p. 425. or. XLVI, p. 303.) oder als aasßaz bes
firaft worden fein, in befonberen Fällen als Hochverrath, wozu die Herma
Topie ein Analogon giebt. Don Todesftrafe fpriht Dio Chryſ. or. XXXI,
86. p. 612. Meberbieß juchte man den Frevel von Gräbern (C. I. n. 916.
2260. und öfter) und andern Dentmälern (Nr. 989 fi. vgl. Philoſtr. vit.
soph. II, 1, 10.) dur Andrehung eines Fluches abzuhalten. Dennoch
murben ſchon damals Inſchriften unter befonderen Umfländen und aus poli-
tiſchen Gründen vom Staate ſelbſt der Vernichtung preidgegeben; fo wurden.
Bundeöverträge nad vorbergegangenem Bruch vernitet (vgl. Dem. p. Me-
galop. p. 209. $. 27. g. LKept. p. 468. $. 37. Arrian. Exp. Alex. UI, 1,4.
n. 2, i u. f. w.), das Strafdecret gegen Alcibiaded nah deſſen Rückkehr
(Died. XI, 69. Plut. Alc. 33. Gorn. Rep. Alc. 6.), die ehrenrührige
Ineesipanes 181
JImiche ift des Banianiad auf einem delrkiigen Dreifuß (Ihuc. 1,132. Dem.
3 Reär. p. 1378. $ 98. Flut. de malign. Herod. 42.), die ampbilıyo-
niihen Bejchlüſſe durch Rbilemelus (Dion. XVI. 24.) u. ſ. w. Gin anderer
Alı ver Zerfiörung ereiguete Ab in Athen noch zur Zeit einer Unabhängigkeit
zwemal, beim BRauerbau zuerſt unter Themiſtocles (I but. I, 93. Corn.
Re. Them. 6.), dann zur Zeit des Demoflbened (Lycurg. g. Leser. F. 44.
Mei. 4. Brei. $. 236.); beivdemal wurde, da man fih nit Zeit nehmen
fonnte, Quadern in den Sieinbrũchen zu bredden, das erſte beſte Material,
dejten man habhafı werden konute, Säulen, Grabfleine, Inſchriften, zum
Bau verwendet. Freilich mögen bavon meift nur Brivamdentmäler von unter-
geordaetem Interefle betroffen worden fein: ohne Unterſchied hingegen vernichtend
mirfte Die Zerkörung bei den zahlreichen Kriegdunruben, Ginfüllen, Belagerun-
geau.j.w., minder in früherer Zeit, auf das Empfindlichfle aber während der
macebeniidhen umb rõömiſchen Kämpfe. So jagt Liv. XXXI, 26. vom lebten
Bhilpp: ad vastandos agros profectus, quum priorem populalionem se-
puleris circa urbem diruendis exercuisset, ne quid inviolatum relinqueret,
templa deum, quae pagatim sacrata habebant, dirui atque incendi iussit.
Eıornata eo genere operum eximie terra Attica, et copia domestici mar-
moris et ingeniis artiicum, praebuit huic furori maleriam. neque enim
diruere modo ipsa templa ac simulcra evertere satis habuit, sed lapides
guoque, ne integri cumularent ruinas, frangi iussit. In der roͤmiſchen
Zeit war beionders eine Glafle von Juſchriften der Zerflörung audgeleht.
Ge kam häufig vor, daß man in Ermangelung eigener Productivität Bild»
werte ver alten Zeit zu modernen Darflellungen benußte, indem man fie
entweder unverjehrt ließ oder den Statuen neue Köpfe aufiekte und ſonſt
diejelben dem jepedmaligen Zwecke gemäß umbildete (usraopvduiceır), die
darunter beſindliche Inſchrift aber theilmeile oder ganz zerflörte und durch
eine neue eriehte (ueraypagsır, ueroronaceır), eine Unfltte, die am fehärfften
in Rhodus von Dio Chryſ. or. XXXI. S6 fi. p. 612 ff. gerügt wird. Bei⸗
iriele bei Stuart Alterıh. von Arben II. ©. 97. der Ueberſ. und Words⸗
wort& Athens p. 141. VBgl. Vauf. I, 2, 3. 13, 3. II, 9, 7. 17,3. Der
Berluf Tür die Cpigraphik freilid mag von feiner großen Bebeutung ge⸗
wein jein. Zerflörender wirkte jedenfalls der religiöje Fanatiomus vom
vierten Jahrh. n. Chr. an, der feine Befriedigung nur in der Vernichtung
der beidniiden Tempel und Bilder fand, mehr no& und nachhaltiger bie
gemiffenlofe und unbeigränfte Benugung ber Ueberreſte der alten Denkmäler
ale Material zum Bauen. Gewiß kam dies bei den bäufigen und ſehr ver«
beerenden Kämpfen und feindlichen Einfällen ſchon frühzeitig vor; förmlich
ſpoſtematiſch aber if dieſe Art der Zerflörung unter der türkiſchen Herrſchaft
bis in unjere age betrieben worden. Die Nuinen des Alterihums wurden
gerabezu als Steinbrüde benutzt, die Steine wurden entweder im glücklichſten
Balle, wie man fle gerade fand, eingemauert, ober zum bequemeren Irandport
in fleinere Stüde zerſchlagen, oder zu Kitt und Anwurf zerrieben. Auf
diefem Wege iR mande foflbare Injchrift untergegangen. Cinzelne Beifpiele
von modernem Bandaliömus, wie das des berüchtigten Fourmont (1729 ff.),
welcher nidt nur Inſchriften erfand (mad Böckh, trop der Binreden der
Franzoſen zu Gunſten ihres Landomannes, im C. I. Gr. I. p. 61 fi. fo gut
wie ermiefen bat), fondern auch wirklich gefundene gewaltſam zerflörte (vgl.
Dodwells Reiſe in Griechenl. II. 2. S. 282 ff. der Meberf.), und dad von
Weller im NR. Rhein. Muf. II. S. 441. Berichtete (vgl. Curtius Anecd.
Deiph. p. 7.), kommen dagegen kaum in Betradt. Allein die zahlreichen,
von neueren Retfenden zum Iheil in großem Maßſtabe gemachten Erwerbungen
alter Kunftrefle, welche befonvers die Muſeen von London und Paris au
mir einem Schape von Juſchriften bereihert haben, find, abgefehen vom
184 . Inseriptlones
aypten: Letronne, Recueil des inscriplions grecques et latines de TE- |
gypte, t. I. Paris 1842. 4., vgl. Deff. Recherches pour servir à !’histoire
de I’Egypte, 1823. — Außerdem ift im G@inzelnen über Inſchriften aller
grieh. Staaten Vieles in Zeitſchriften zerflreut, beſonders in der Altyıraia.
der Torios ardokoyia und der apymıodoyınn spmuepis, in ben Annalen
und Bulletins des Instit. di corrispond. archeologica, in den Transactions
of the Roy. Soc. of Literature, in dem Hal. archäol. Intelligenzblatt, im
Tübinger Kunftblatt, im Rhein. Mufeum und in der Berliner archäolog
Zeitung. — Lieber Werth und Bedeutung ver Infhriften und die Grundjäge
der Erklärung derjelben find zu vergleihen $r. Oudendorp, de reterum
inscriptionum usu, Lugd. Bat. 1745. 4. U. Kopp, de varia ratione
inscriptiones interpretandi obscuras, Francf. 1827. 8. Ph. Lebas, sur
l’utilit& qu’on peut relirer de l’epigraphie pour Fintelligence des auteur:
anciens, Paris 1829. 4. ©. Hermann, über Böckhs Behandlung der
griech. Infhriften, Leipz. 1826. 8. Das Ganze der griech. Epigraphik hat
Jo. Franz, Elementa epigraphices graecae, Berol. 1840. 4., zuſammen⸗
efaßt und an zahlreihen, meift dem C. 1. Gr. entnommenen Beiſpielen er:
äutert. Vorzugsweiſe den onomatologifhen Theil der grieh. Inſchriften
behandelt &. Keil, specimen onomatologi graeci, Lips. 1840. 8. und
Analecta epigraphica et onomatologica, Lips. 1842. 8. [ West.]
EInscriptiones latinae, Römiſche Epigraphif. Wir geben
hier unter Hinmelfung auf die einzelnen, zerſtreut in diefem Werke vorfom-
menden, bierber gehörigen Artikel, einen kurzen Weberblid über das ge:
fanımte Gebiet der römiſchen Infchriftentunde. Es wird fih dieſes rediier-
tigen durch die Betrachtung, daß manches nah dem Plan biefer Encyelo:
pädie aus dieſem Gebiet Aufzunehmende nur in einer foldhen zuſammen⸗
faffenden Darftellung gegeben werben kann; ferner, daß dadurch die einzelnen
zerftreuten Artikel an Klarheit der Auffaffung gewinnen; endlich, weil ge |
rade diefer Ihell ver Alterthumekunde verhälmigmäßig wenig vurch folde
ufammenfaflende Darftelungen, ſei e8 in Kompendien oder fonft, bearbeitet iſt.
Kir beginnen mit einleitenden Bemerfungen über Begriff, Nutzen,
Geſchichte und Kiteratur der römischen Epigraphik — Unter Infriften
begreifen wir alle fchriftliden Denkmäler des Alterthums, welche auf Härteres
Material (Stein, Metal, Holz u. dgl.) geſchrieben find, mit Ausnahme
der Münzen, melde letztere den Gegenſtand einer befondern Disciplin (Nur
midmatit) bilden. Die Infhriften find theils Aufſchriften, und fomit
nur untergeordnete, erflärende Zugaben zu den @egenfländen, auf und an
welchen fie angebracht find, over fie find für fich beſtehende, ſelbſtändige
epigraphiſche Urkunden (Infhriften im engern Einn des Worted);
ferner, theils für bie Dauer und zu bleibendem Gebrauch beſtimmt, theils
nur zu vorübergehenden Zwecken (inscripliones temporariac). Das Weien
der Inſchriften iſt demnach durch das Material des ſchriftlichen Denkmales
beſtimmt, und zugleich durch ihren Zweck und Inhalt, wie einmal bei allen
Aufſchriften, dann aber auch bei vielen epigraphiſchen Urkunden, welche (wie
Geſetze, Beiblüffe öffentlicher Behörden u. vgl.) nach Geſetz und Herfommen
auf härtere Material aufgezeichnet murden. Die römiihe Epigraphik be⸗
greift denjenigen Theil der clafflihen Alterthume kunde, mwelder das Der:
flänpniß, die Beuriheilung und die Anwendung der aus dem römiſchen Alter
ſhum übrigen Nufjhriften und epigraphiſchen Urkunden lehrt. Dabei be
ſchränken wir uns hier auf die römiſchen Inschriften ber heidniſchen Zeit, mit
Ausnahme der chriſtlichen. Obgleich die Inſchriftenkunde alle Theile ver
Alterthumskunde, Brammatif, Literatur, Alierthümer u. |. w. zu ihren
Duellen bat und im genaueften Zufammenhange mit ihnen fleht, fo Bilde
fie dennoch einen gewiften geichloffenen Kreid von Kenntniffen, welcher eine
-
— 188
barfonberte willenfbaftliche Behanblung erjervert, fe daß man fie immerhin
18 eine eigene Disciplin im dem größere Krriſe Der claffijchen Alteribumb-
unbe gelten iafien mu. Des Nutzen ver Inihrifientunde bedarf Feiner
ustührlien Nahwmeiiung.- Mau btaucht nur Daran zu erinnern, baß bei
ven lem mit wur viel häufiger alß Sei umd aßle öffemliche Baumerke unb
Monumente, übersieh jo viele Werke ver Auf und Induftrie, mir Auf-
ĩchrinen verfehen waren, ſondern daß auch die widtigfien Urkunden aller Art
auf del;, Stein aad Retall aufgezeigt warden und baburd in das Gebist
ver Zrichriften gehören, jo wie man überhaupt cher biefen Gebrauch von
ver Särift made, besar man literarijche Werke verfaßte. So bilsen aljo
Die Zaſchrien in ihrer —*—* die — Grgänzung der Literatur
und den sridheltighen Codex diplomalicas zur alım Geididte. Hinfcılid
ver Geſchichte umb Literatur ber zömijgen Gpigrapbit bemerken wir,
das im defiikhen Album jelbfk die römijchen Infchriften keine jo zahl-
reiäen mud gelehrien Sammler jenben, mie wir Diefeß von ben griechiſchen
Juchtiſtes wien (&tan; Elementa epigrapbices graecae. Berol. 1839.
P- 9.), und obgleich die romiiden Geidichtidreiber Die epigraphiſchen Denf-
—* nicht gem; unbeadtet lichen, jo macht man ihnen doch nicht ohne
Grund en Beruf (Riebuhr Nöm. Geb. Thl. I. S. 256.), da fie
bieie Urfunben wer Geſchichte weier käufig noch genau genug benugten. Rach
vom Umfhurz ver alien ein Ebe gieng ber —— * dieſer Urkunden,
namexti fo viele saufense + Metall, verloren. Gin großer Iheil der⸗
'elben hatte ih aber auch in Italien, zumal um -befonders zu Rom felbft,
erhalten, un Der Unblid je mancher dieſer Nele ven Jnſchriften erhielt Die
ärinnerung und bes ã berielben umb e fon im früßern
Hi
Alerfuns wahr man ha smer vermehneie den Merten ber Bıraater
zu; 5 aber fen Den —— fehlte es in Italien nicht an eifrigen
Sammiern zen Juichrifien im einzeinen Gegeuben dieſes Landes, wenn ſchen
tie Frchte ührer Bemühungen anf banbihrinlide Sammlungen beidränft
blieben und wid Dur ven Denck befannı gemalt wursen. (5. Durmanı
Praefat ad Geuter. Thessur. p. 37. Ucher vie folgende Pitanter me
Biblisgrarhie ver Eyigruphil |. Arche Haabbuh ber yhilelog. DB
isL IL ©. 356-367. Bähr Geih. ». ıöm. Literatur $. 169. ©. 333 W-
und vergägih Dre[li Inscript. Collectio Collectio Vol I p. 21 4. Index prae-
cipaorem läbrer. epigraghicer. unb p. 29 f. Artis erilicae uppit-
rieſen Gammicın dves
u
—2 * I. vazu beauittagt.
ie i uck ex⸗
kunsihrifilsge Gemmmkung cıfk viel feäter gu Mom theilmeiie im Dr
ichien (Cyriaci Imseriptiones s. L ei a. fol). Die erfke Belannsnadun‘
som zömifdgen Iuhlpeifoen Drnd geihah aber wieheiit
in Dertichland, vun Beutinger, weißer wie zu — —
—*— vorhandenen Sefbe —— —
Augusta Vindelicerum ei eins diseceni. Aug. 1505. fol. **
w.
a Instelpttiommd
mehrere Jahre nachher erſchien die erfie Sammlung in Stalin, und zwar
von Inſchriften, die ih zu Rom vorfanden, dur den Burhbruder Jacob
Mazochius (Epigrammata antiquae urbis. Romae. 1521. ſol.). Nach biefen
beiden -Iocalen Sammlungen waren es gleichfalls wieder Deutſche, welden
man die erfie allgemeine Sammlung zu verbanfen bat, Bartholomäus
Amantius und Betr. Apianus, PVrofefioren zu Ingolftadt, welche mit linter-
ſtützung Raimunds v. Yugger eine folge veranflalteten (Inscriptiones sacro-
sanctae vetustatis. Ingolstad. 1534. fol.), worauf Beorg Fabricius in feinem
Werke Antiquitatum Libri II. (Basil. 1560. 8.) viele Inſchriften mittbeilte,
und bald bie reichhaltigere, gleihfalle von einem Deutichen, Mart. Smetius,
veranftaltete und von Lipſius herausgegebene zweite allgemeine Sammlung
folgte (Inscriptiones antiquae. Lugd. Bat. 1588. fol.), während in Italien
Pirro Ligorio (Petrus Ligorius, zwiſchen 155090), Architekt und eifriger
Sammler, dur feine handſchriftlichen Sammlungen von Inſchriften und ven
abgezeichneten alten Denfmälern eine Menge falſcher und verfälſchter In⸗
ſchriften in Umlauf brachte, und Aldus Manutius mit verbienfiugller Be⸗
mühung die alten Denkmäler zur Erläuterung und Feſtſtellung ber Ortho⸗
graphie benugte (Orthographiae ratio. Venet. 1566. 8.). Auf im fieben-
en Jahrhundert gebührt den deutſchen und nieberlänpifchen Gelchrten ber
reiß in der römifchen Cpigraphik, wie die große Sammlung, die Jan. Gru⸗
terus in Gemeinſchaft mit Iof. Scaliger veranflaltete (&ruter. thesaur. in-
scriptionum. Heidelberg. 1603. u. 1668. fol., neu herausgegeben von I. G.
Grävius und Petr. Burmann. Amstelod. 1707.), dann die Sammlungen
von Thom. Meineflus (Syntagma inscriptt. antiquarum. Lips. 1682. fol.)
und die freilich nicht Hinlängli Eritifcde von Marquard Bude, nach feinem
Tode (1688) beraudgegeben von Heffel (Antiquae inscriptiones. Leovardiae
1731. fol.) beweifen. Die nächſte allgemeine Sammlung murbe in Italien
. veranftaltet von Muratori (Novus thesaur. vett. inscriptt. Mediolan. 1739.
4 voll. fol., dazu Donat. Supplementa. Lucae 1765. 3 voll. ſol.). Nun
ift keine größere Sammlung mehr zu nennen bis auf die reißhaltige und
kritiſche Auswahl römiſcher Infchriften von Io. Caſp. Orelli (Inseriptionum
latinar. selectar. amplissima collectio. Turici 1828. 2 voll.). In ver
neueften Zeit, nachdem feitber fo viele neu aufgefundene Infhriften und fo
viele Berichtigungen ver früher ſchon bekannten binzugetommen find, beab⸗
fichtigte ein bänifcher Gelehrter, Kellermann, ein ähnliches Unternehmen,
das durch feinen Tob nicht zu Stande Fam (f. Jahn Specimen epigraphi-
cum in memoriam Olai Kellermann. Kiliae 1841.) Mit der Hoffnung
eined größern und mehr fihern Erfolges kann man der umfaflenden Samm-
ung aller bis jetzt befannten römiſchen Infchriften entgegeniehen, welche mit
Unterflügung ber FE. franz. Regierung die Akademie der Infchriften zu Paris
gegenwärtig vorbereitet. (Rapport-de M. Egger sur le plan... du recueil g6-
n6ral d’&pigraphie latine, Paris 1843.) Wie im 16ten und 17ten Jahrh. vie
röm. Epigraphif hinfichtlich der Sammlung und Verbreitung der Inſchriften das
Meifte ven deutfchen Gelehrten und Drudofficinen zu verbanten hat, fo geben
in diefem Theile der Alterthumswifſenſchaft von dem Ende des 17ten Jahrh. an
bis auf die neueſte Zeit die italieniſchen Gelehrten allen andern vor. “Den An
fang machte darin der trefflide Zabretti (Inscriptiones antiquae. Romae
1702. fol.); ihm folgen im Laufe des achtzehnten Jahrhunderts die gelehrten
Arbeiten von Gori, Maffei, Mazochi, Maiflonei, Zaecaria, Morceli und
Marini (der beiden ausgezeicänetfien Männer dieſes Baches im achtzehnten
Sahrhundert), Ennio Quirino Bisconti; ferner in ber neueflen Zeit ® ⸗
lioli, Lama, Cardinali, Malmuſt, Cavedoni, Furlanetto und die beiden
größten Kemmer dieſed Faches unter den gegenwärtigen @Miehrten, Labud und
Borghefl. Bon franzoͤſiſchen Gelehrten, bie ſich um bie roͤmiſche Cpigraphil
Zassripiienss 97
verdient machten, von dem Ende des fechzehnten Jahrhunderts, find zu nennen:
Barnabas Briffonius (in feinem Werke De formulis), Jacob Spon; im
achtzehnten Jahrhundert Mabillon, Montfaucon, die gelehrten Benebictiner,
welche das Lehrgebäude ver Diplomatik verfaßten, und mehrere Mitglieder,
welche in den Schriften ber Academie des inscriptions Abhandlungen über
einzelne Infchriften lieferten, obgleich die Arbeiten dieſer Akademie auf dem
Gebilete der römiihen Epigraphik den Mitteln und dem Namen berfelben
im Allgemeinen nicht befonderd entſprechen. Unter ven gegenwärtigen Pflegern
diefe® Baches in Frankreich iſt befonders Letronne ausdzuzeichnen, fo wie ber
Umfland bemerkenswerth if, daß bie römifche Epigraphik aus den franzöfl-
ſchen Feldzügen in Algerien einigen Zuwachs gewonnen bat (f. Safe im
Journai des Savans 1837. p. 428 ff.).. Bon den Arbeiten englifäger Ge⸗
lehrten auf biefem @eblete find von dem Ende bes flebenzehnten Jahrhunderts
bis jet zu nennen bie epigrapbifdgen Arbeiten von Fleetwood, Maittaire,
Pococke, Dodwell. Deutihland mit Holland und der Schweiz hatte im acht⸗
zehnten Jahrhundert einige jehr gründliche Kenner und Bearbeiter dieſes Baches
an Chriſtoph Sachſe, Oudendorp, Hültmann und ganz beſonders
Sagenbuch. Im Uebrigen wurde bie römiſche Cpigraphik nicht mit dem
gleichen Eifer und Erfolg wie fo manche andere Theile ver Alterthumswiffen⸗
ſchaft in Deutſchland gepflegt, ungeachtet der Anregungen und Winke, welche
einzelne ausgezeichnete Gelehrte dazu gaben, wie J. U. Wolf (Lieber eine
milde Stiftung Xrajand. Berlin 1808 ), und Hugo (Ueber die Lex Gallia
Cisalpina und bie tabula Heraeleensis in deſſen Civiliſt. —5 Bd. II. u. IV.).
Erk in den letzten zwei, drei Decennien zeigte fi ein lebhafteres Intereſſe
baflır , theils von dem allgemeinen philologifchen Standpunkte aus, wie fn
ven Werken von Ofann (Inscriptt. graecae et latinae. Jenae 1821. und
in einer Reihe von Aufſätzen in Zimmermannd Setung für Alterthums⸗
wiffenfgaft feit 1828.), Grotefend (in mehreren Auffähen ebendaf.), Io.
Gaſp. Drelli, durch deſſen Sammlung (Inscription. latinar. amplissima
collectio. Turiei 1828. 2 voll.) dieſe Stubien eine neue Grundlage gewonnen
baden, theils in Beriehung auf Dad römiſche Met, wohin die weiter unten
näher anzuführenden Arbeiten von Haubold, Dirkfen, Spangenberg,
Klenze, Marezoll gehören, theils endlich in den Spezialgeſchichten aller
einzelnen deutſchen Länder, deren Geſchichte auf die roͤmiſche Zeit zurückgeht.
Bei ver reichhaltigen und eifrigen Bearbeitung, welche bie roͤmiſche Cpi⸗
graphit früher und neuerdings wieber gefunden bat, tft der Mangel an all-
gemein einleitenden Werken zu dem Studium derfelben um fo auffallender.
Die beiden Werke der gelehrten italienifhen Jeſuiten Saccaria (Istituzione
ispidaria. Rom. 1770. u. Venet. 1792.) und Morceli (De stilo insezip-
tionum latinarum Libri Ill. Romae 1781., auch in beflen Opera epigraphica.
Patav. 1819. 5 voll.) finb bie einzigen vorhandenen Hilfsmittel diefer Art.
Der Verfaſſer dieſes Artikels hat: ich dadurch beftimmen laſſen, ben Verfuch
einer ‚Anleitung zu dem Studium ber römiſchen Epigraphik“ zu wagen,
welche na dem hier bei viefem Artikel zu Grunde liegenden Plane von ihm
andgearbeitet worden it und nun nebfl einer epigraphiſchen Inteinifchen Chreſto⸗
maibie zum Drude vorbereitet wird. |
Wenn wir nach diefm einleitenden Bemerkungen zu der Abhandlung
bes Begenfiandes übergeben, fo kommt zuerſt in Betracht die Darflellung
der verſchiedenen Glaffen von Juſchriften ihrem Inhalt und ihrer Form nad
(Eheoretiſcher Saupttheil); dam bie Anleitung zur Erklaͤrung und
Beurthellung berjelben (praktiſcher Haupttheil). Der theoretiſche
Hauptiheil zerfällt in einen allgemeinen Theil über basienige, was allen
Inſchriften gemeinſchaftlich ift (Material, Schrift, Sprache, Styl der In⸗
ſchriften), und in einen befondern Theil, welcher bie einzelnen Glaffen ber
188 Eunsoriptiends
Inſchriften behandelt. Der praktiſche Haupttheil begreift pie Hermeneutik un
Kritik der Inſchriften. —
A. Theoretiſcher Haupttheil. I. Allgemeiner Theil. Das Ma—⸗
terial der Inſchriften iſt bei den Aufſchriften je nach den Gegenſtänden, worauf
ſie angebracht find (an Gebäuden, plaſtiſchen Kunſtwerken, Gefäßen und Ge—
räthen) Stein, Metall, gebrannte Erde, Glas; bei den epigraphiſchen Urkunden
(Geſetze, Verträge ac.) 1) in früherer Zeit Holztafeln (Dion. Hal. III, 36.
p. 519. ed. Reisk, Niebuhr Roͤm. Geſch. Th. I. S. 256.), wozu auch das Album
des Prätor, eine weiß angeſtrichene Holztafel, gehörte, was nach Andern dagegen
eine weiß angeſtrichene Mauer war (Ulpian in L. 7. D. de iurisd. $. 5. Hoc
edicto tenetur et qui tollit (sc. album) quamvis non corruperit; die zweite
Meinung unterflügt Windelmann (Nachrichten von den neueften bercul. Ent:
dedungen F. 42. Ihl. I. S. 257. Donauefding. Ausg. Val. oben ven
Art. Album); 2) fpäter gewöhnlich KRupfertafeln, zumellen mit einge
legten filbernen Buchſtaben (Gruter. p. 55. Nr.7.), au Säulen von Bronze
(Dionyf. Halte. 1. 1.); 3) Stein und Marmor (der Beperino früher als
der Travertino zu Inſchriften verwendet, Windelmann Thl. II. ©. 357. 481.
Bol. Orelli Nr. 3304.), zuweilen mit eingefeßten Buchflaben von Bronze
wie bei dem Triumphbogen des Septimius Severus; 4) Bleiplatten
(Plin. H. N. XII, 11. plumbea volumina); 5) in der Kaiferzeit Silber
(ein Senatsbeſchluß zu Ehren des Galigula auf filbernen Säulen mit goldnen
Buchſtaben, Dio Cafſ. XLIV, p. 385. D.); 6) ®o[b (pars carminum Ne-
ronis aureis literis Jovi Capitolino dicata, Suet. Ner. c. 9. 10.); 7) @Lfen-
bein (in der fpäteren Kalferzeit bei Senatsbeſchlüſſen flatt der Bronze,
Vopisc. Tacit. co. 8., die Diptychen der Gonfuln und anderer obrigkeitlichen
Perjonen (f. oben unter d. W.); ferner nah Pomponius (Dig. I. 2. ©. 4
-De origine iuris) die Driginal-Urkunde der Zwoͤlftafel⸗Geſetze, vgl. Niebuhr
Röm. Geh. Thl. I. ©. 152.); 8) Wahstafeln (cerae, zu Teflamenten
und Verträgen, Maßmann libellus aurarius. Lips. i840. p. 4.). Die
Schriftzüge find außer der angeführten Einſezung von anderem Material,
auf Metall und Stein eingegraben, auf dem letztern Material zuweilen mit
Mennig nadgefahren (Plin. H. N. XXXIH, 7.), wie fih davon nod in
den Brabmal der Scipionen bie. Spuren erhalten haben. Die Schrift auf
Thon (Biegen) IE mit Stempeln eingebrüdt, ober. auch zuwellen en reliel
gehalten; welches Iehtere auch bei Blasgefäßen ver Tal if. Bet Holstafeln
wurden die Ehriftzüge eingeihnitten, oder auch auf den weiß angeſtrichenen
.Zafeln (Album) mit Farbe aufgetragen; ebenfo auf weiße Wände, in letzterem
Sale Hei Aufiriften zu ‚voräbergebendem Gebrauch (Programmata) . mit
vother oder ſchwarzer Farbe gefchrieben, wie an mehreren Bebäuben zu Bom-
peji noch fichtbar if. Das Fertigen der Inſchriften, namentlich auf Stein,
‚war das Geſchäft der marmorarii, quadratarii (Blaf. Garyophilus De anti-
quis marmorib. Traject. ad Rhen. 1743. p. 115 ff.). Das Schild eine
folgen Arbeiters findet fih an einem Haufe zu Pompeji („Titulos scriben-
dos vel si quid operis marmorarii opus fuerit, hic habes.“ Marini Atti
Arv. Tom. II. p. 693. not. Orelli Rr. 4222. u. 4223.). Was die Schrift
ſelbſt betrifft, vote fie auf den römiſchen Inſchriften vorfommt, fo haben wir
und hier ohne näheres Eingehen in das Paläographiſche, wozu Abbilbungen
nicht entbehrt werben Eönnten, auf bie nöthigfien Anbeutungen und Nach⸗
weifungen zu beſchränken. Was hierüber geſagt wird, bezieht ſich auf bie
Inſchriften in lateiniſcher Sprache mit lateiniſcher Schrift. gibt aber auch
Inſchriften in lateiniſcher Sprache mit griechiſcher Schrift, ſowohl mit ein⸗
zelnen griechiſchen Buchſtaben als durchaus (Fabretti p. 390 ff. Epitaphium
8. Sepheri Ed. Lupi; Hagenbuch bei Orelli T. I. p. 367. 6.17.), fo wie
es umgekehrt Inſchriften in hebräiſcher und griechiſcher Sprache mit lateini⸗
Ynsdriptiones 189
(her Sqhrift gibt (Kopp Palaengraph. crit. 8. 176.). Die Schrift ber römi-
ſchen Inſchriften if die Capitalſchrift (Quadratſchrift, literae quadratae sive
lapidariae, Petron. Satyr. c. 29. u. 58.), wenn auch gleih nah der Zeit,
der Glaffe der Urkunden und nad andern Umſtänden unter ſich ſelbſt fehr
verſchieden. Der Charakter diefer Schrift iM im Gegenſatz zu der Gurflv-
ſchrift durch die Natur des harten Material, das die Schriftzüge aufzu⸗
nehmen bat, bedingt. Doch kommt auf einer Wachstafel von dem I. 167
n. Ghr., dann auf Mauerſchriften (programmata) zu Pompelt, und aud) auf
ioäteren Steinſchriften Curſtvſchrift vor (Maßmann libellus aurar. p. 38 ff. .
und p. 147.). Zur Zeit Trajans und Hadriand iſt die römiſche Lapidar⸗
ſchrift auf den forgfältiger ausgeführten Inſchriften am beſten kalligraphiſch
geformt und hat vorzugsweiſe den quadratförmigen Gharafter; früher, und
fpäter von der Zeit der Antoninen an ift fie im Allgemeinen mehr länglich,
aber im der erflern Periode dabei tiefer eingegraben, in ber legtern flacher.
Bon den andern Schriftzeichen außer den Buchſtaben werben bie
Interpunetiondzeiden gar nicht angewendet, oder nur Punkte. - Diefe
find nicht rund, fondern breiedig, nit an dem Fuß der Buchflaben, fondern
in der Mitte der Höhe verfelben angebracht, nicht nad dem Sinne gefet,
fonbern nur als ganz äußerliche Zeichen. Sie ſtehen 1) nad abgefürzten
Wörtern; 2). nah jedem Worte mit Ausnahme gemöhnlih des Wortes am
Ende der Zeilen; 3) zuweilen vor dem Anfange jeder Zeile, nad jedem
Worte und au am Ende der Zeilen (Babretti p. 376, 27.); 4 nad jeber
einzelnen Sylbe, ja zuweilen nad jedem einzelnen Buchflaben (Orfato Marmi
eruditi 1. p. 12. Orell Nr. 4872. 6. 7.). Arcentzeichen finden ſich
feit der Auguſteiſchen Zeit, oben an der Seite der Vocale angebracht, ober
auch perpendlfular über ihnen; überhaupt aber ohne Rückſicht auf Profobie
und wie ganz willkürliche Zeichen (Orelli II. p. 361. Kellermann Disputat.
de accentibus in inscriptt. latt. in Jahn Specimen epigr. p. 105 ff.). @in
horizontaler Stri auf einer Syibe bedeutet die Auslaffung eines Buch“
ſtabens, namentlih des M am Ende des Wortes (Marini Atti Arv. I. p.
37 b.), ein quer dur dad Wort gehender Strich oder ein Einſchließungs⸗
zeichen follen andeuten, daß dad Wort zu flreihen fei. Die Zahlzeichen
bezeiänen nit blos Zahlen, fondern auch Wörter, welche von Zahlwörtern
berfommen, wie III triremis, CC Ducenarii, ebenjo die eignen Namen,
Seceundus, Sextus. Die Zahlen werden fowohl burd Addition der fol⸗
genden Zeichen ald Subtraction der Dorangelchten gebildet (IIII und IV,
VIIII und IX u. dgl.); doch if die erfle Art häufiger. Ein Strich ober-
halb Ber Zahl, bei Geldſummen den taufendfaden Betrag bedeutend,
tommt feit Trajans Zeit vor; zumellen geht dieſer Strich au mitten durch
die Zahl (Maffei Mus. Veronens. p. 111.). Die außer den jegt noch ge-
braͤuchlichen römifhen Zahlzeichen vorkommenden gibt Zaccaria Istituz. p. 330.;
die Beiden für Geldſummen, Mafe und Gewichte ebendaf. p. 333. und
Marini Ati Arv. T. I. p. 227. Fuͤr Centuria und Centurio werden eigene
Zeichen gebraudt. Baccar. am a. D. p. 334. Don audgebehntem Gebrauch
und befonberer Wichtigkeit für die Schrift auf Infhriften find die Abkür⸗
sungen ber Wörter. ©. die erften Artikel bei jedem einzelnen Buchftaben
und den Art. Notae. Lieber das bisher Angebeutete über die epigraphiſchen
Schriftzüge und Schriftzeichen, deren genauere Kenntniß vorzugämelie auf
eigener Anfhauung der Denkmals beruht, geben die größern Lehrbücher über
Baläograpbie und Diplomatik, fo mie diejenigen epigrapbifchen Werke, welche
treue Abbildungen von alten Infchriften enthalten, weitere Belehrung. Aus
ber erfiern Glaffe von Schriften find als zu dieſem Zwecke geeignet anzu⸗
führen: Nouveau Trait6 de diplomatique. Paris 1755. Tom. Il. überhaupt,
befonder8 Chap. XI. p. 535—658. und in der beutfchen Bearbeitung von
190 . Enssriptiänsus
Adelung (Lehrgebäude der Dipfomatif) Thl. III. ©. 212 ff. und Kopr
Palaeographia critica. Mannhem. -1829 ff. 4 voll 4. in mehreren Stellen. —
Nicht weniger wichtig als für die Paläographie find die alten Inſchriften
in Beriebung auf Orthographie. 3 ift Hiebei nur immer wohl zu
unterfeiden, ob vie Infhriften aus Italien und aus Rom ſelbſt herrären.
oder aus den Provinzen; 0b es öffentliche Urkunden und von Öffentlichen
Behörden ausgehende Auffchriften ober Privatinfchriften And; ferner welcher
Zeit fle angehören, da fi hiernach der Grab der orthographiſchen Richtig⸗
keit und Benauigkeit im Allgemeinen richtet. Es Fommen auf ben Infchriften
faft aus allen Perioden eine Menge theils wirkliger Schreibfehler, teils
anderer Abweichungen von der fpäter herrſchend gemorbenen lateiniſchen Ortho⸗
graphie vor. Die Gründe diefer Erſcheinung find: die größere Sorglofigkeit
und Gleichgültigkeit, welche die Alten in dieſem Punkte, verglichen mit unferer
genauen und Ängflliden Schulbildung, Hatten (Fleetwood Sylloge, Praef.
„‚Ilis ratio et sensus, nobis verba et punctä curae sunt‘‘); Unwiſſenheit
der Goneipienten, Unwiſſenheit und Nachläbigfett der Arbeiter, welche die
Schrift ausführten. Die Brehung der Wörter am Ende ber Bellen: ge
ſchieht nit nad Regeln, fonvern nad dem Bebürfnig und nad dem Zufell
(Zaccar. Ist. lapid. p. 335. Drelli Nr. 4872. 6. 8.). Bin zufammen-
faſſendes Verzeichniß der bäufigfien fo mie ber auffallendſten orthographifcgen
Abweichungen und Eigenthümlichkeiten der Infchriften gibt Zaccar. a. a. D.
p. 320 ff. Ausführlihere Darfielungen und Würbigungen ber Orthographie
der Inſchriften geben die größer Werke über lateiniſche Orthographie, be
fonder8 die Altern von Aldus Manutius, Lipfius, Dausqueius und Geflarims.
Die Sprache in den römiſchen Inſchriften folgt im Allgemeinen, wie fi
von ſelbſt verflebt, dem Gang der Veränderung und Bildung der Sprache
überhaupt. Sie weicht aber dabei vielfach von der und aus den Werken ber
claſfiſchen Literatur geläufigen lateiniſchen Schriftfprade ab, am wenigſten
- zwar auf den Inſchriften aus der Zeit zwiſchen Auguflus und ben Antoninen,
auch in den Injchriften von Staatsbehörden weniger ald in denen von Bri-
voten. Bu der Kenniniß der Eprache der Infchriften gehören -außer den bier
angebeuteten Abweichungen von ber Schriftſprache, noch beſonders gewiſſe ſich
ih bleibende Ausdrucksweiſen und Formeln. Bon den jeder Glaffe von
nfriften eigenthümlichen Formeln iſt an ihrem Drte zu handeln; außerdem
- aber gibt ed aber auch ſolche ſtehende Ausdrucksweiſen, weiche ihrer Natur
nad in allen Glaflen von Injchriften vorkommen müſſen. Dabin gehören:
die. Bezeichnung der Perſonennamen, der Abflammung, der Heimath, der
BZeitbeflimmung. Lieber die Art der Bezeihnung der Berfonennamen,
welche vorzugsweiſe dur die Infchriften zu erläutern if, fehe man umten
den Urtifel Nomen. Mit dem Namen der Perſon find die übrigen, bazu
gehörigen Bezeihnungen in der Negel fo verbunden, daß nach dem prae-
nomen und bem nomen gentilitium bie Ungabe des Vaters ber Perſon
folgt, zumellen auch noch der entferntern Ahnen; darauf der Name ber Tribus,
welcher vie Berfon angehört, im Ablativ ohne Präpoſition und in Ablärzung,
dann zum Schluffe das cognomen; 3. B. Mus. Veronens. p. 854, 9. Q.
Gavio Q. fil. Q. nep. Q. pron. Q. Abn. Q. Adn. Fal. Fulvo (Quinto
Gavio, Quinti filio, Quinti nepoti, Quinti pronepoti, Quinti abnepoti, Quinti
adnepoti, Faleria, Fulvo). Bei Freigelaſſenen fleht flatt der Angabe bes
Vaters die Angabe des Patronud, 3. B. Titus Cotius T. L. (Titi libertus)
Quadratus. Auſnahmsweiſe kommt L. mit dem Namen bed Batrons and ganı
-am Ende nad dem cognomen vor (Mus. Veron. p. 165. P. Primius Eglec-
Ganus P. Primi Libertus). Die Bezeihnung der Tribus geſchieht auch, ob-
glei ſehr felten, außer jener oben angegebenen regelmäßigen Weife, durch den
®enitiv (C. Murrius C. F. Anniensis, Fabretti p. 341, 320.), odex wii
Buseeiytiones 191
Hinzufägung bed Wortes Tribu ober des Buchſtaben T (Fabretti p. 341,
3214.), zuweilen auch erſt nad dem cognomen (T. Antistius Sabinus Stella-
ina, Wabietti p. 314, 517.). Leber die Zahl und Namen der Tribus
ſ. den Urt. Tribus. Nach dem cognomen folgte, namentlich , auf Reichen»
feinen, wenn der Berflorbene fern von feiner, Heimath geftorben war, wie
meiſtens bei Soldaten des römiſchen Heered der Hal eintrat, die Angabe der
Heimath. Bon den verfihtenenen Weifen, wie diefes geſchieht, und welche
ron Gäftmann (Miscell. epigraph. p. 100 fj.) vollſtaͤndig aufgezählt werden,
find folgende die gemöhnliääfien: der Name der Baterflabt im Ablativ mit
oder ohne vorausgefehte® D. (domo); D. (domo) mit dem Namen ber Stabt
im @enktiv ; ebenfo N. (natione) mit dem Genitiv ber Stadt, dieſes jebo nur
in jpäterer Zeit; natus, oriundus mit dem Genitiv ober Ablativu. A. Oft
ftebt ſtatt der Baterflabt nur das Vaterland im Allgemeinen, durch den Volks⸗
namen mit ober ohne vorgefeßted N. (riatione). Zuweilen wird ausdruͤcklich
die urfprünglide Heimath und der Wohnort angegeben und durch die Bes
zeichnung domo und incola unterſchieden, auch die Straße der Stadt, mo
der Berflorbene gewohnt bat, zumeilen beigefügt (a vico ober vico). Bel
den Zeitbeflimmungen durch die Gonfuln des Jahres (f. oben unter
Consul, B®b. II. ©. 626. 5.) flehen die Namen ber beiden Gonfuln- ohne
Berbinbungspartifel mit dem Beiſatz COS., fpäter COSS: und CONS. Zur
weilen wird nur ein Gonful genannt, zuweilen außer ben ordinariis auch
noch die consules sufleeti. Auf Infpriften der fpäteren Zeit findet ſich bie
Bezeichnung CONS. au vor den eigenen Namen derſelben, auch consulatu
mit dem Genitiv des Namend der Berfon. Auf Infchriften aus den Muni⸗
cipien find neben den Gonfuln zur Beflimmung des Jahres auch noch bie
hõöchſten Munttipalobrigkeiten (duumviri) angeführt; bei Eolonien das Jahr
nad ber Zeit der Gründung derſelben (Dreli Nr. 3694.). Bei der Ans
gabe des Tages nah dem roͤmiſchen Kalender findet fi auf den Infchriften
aus fpäterer Zeit sub die flatt des einfachen die. Der Styl ver Infriften
folgt im Aligemeinm ven Veränderungen des äſthetiſchen und literariſchen
Geſchmackes. Wie die Münzen auf Eleinem Raume in ihrer Neibenfolge
die Veränderungen des Geſchmackes in der bildenden Kunft zeigen, fo thun
die epigraphifgen Denkmale daſſelbe in Beziehung auf den literariſchen Ge⸗
ſchmacc. Im Allgemeinen find bei denjenigen Glaflen ver Infchriften, bei
welchen überhaupt von dem Styl bie Rede feyn kann, in ber beften claſſi⸗
ſchen Zeit bis etwa zu dem Zeitalter der Untonine die bervortretenden Eigen⸗
ihaften des Styles: Kürze, Binfachheit, Angemeffenbeit in Gedanken, Aus⸗
druck und Wortftelung, überall unmittelbare Darftelung des Weſentlichen
ohne künſtlich geſuchte Antitbefen und prunkende Fülle. Es iſt bemerkens⸗
werth, wie bei Auffchriften von hiſtoriſchem Inhalt aus der genannten Pe-
riode der wichtigſte Inhalt in der fehlichteften Form gegeben if.
A. Sheoretifher Haupttheil. 1. Befonderer Theil. Der
Eintbeilungsgrund bei der Beflimmung der einzelnen Claſſen von Inſchriften
ſollie nicht, wie es in größern Sammlungen für die meiften Claſſen gefchieht,
von einzelnen Wörtern oder Notizen in benfelben hergenommen ſeyn, fondern
anf dem Zwed und dem Befammtinhalt ver Infchriften beruhen. Nach einem
folgen Cintheilungsgrunde theilen wir bier die ganze Maffe der röm. Inſchriften,
deren nad Ausſchluß der unächten gegen 60,000 jeht bekannt feyn mögen
(Kellermann bei Jahn Specim. epigr. Praef. p. XX.), wie au die Werke
der Literatur zuerft in zwei Hauptgebiete, in Proſa und Poeſie, ein.
Für jedes der beiden Gebiete gilt dann folgende @intheilung: A. Inscriptio-
nes sacrae, alle Inſchriften, die fi auf den Cultus beziehen, mögen fie
von Öffentliden Autoritäten oder von Privatperfonen audgegangen ſeyn.
B. Inseriptiones profsnae, alle übrigen. Diefe letzteren find entweder
198 Ensseipfäiones
I. publicae, vom Staat und von öffentliden Behörden ausgegangene, unb
auf Öffentliche Verhältniſſe fich heziehend; IE. privatae, folde, die von Privat-
perfonen audgegangen find und fich auf Brivatverhältnifie beziehen. Die
Unterabtbeilungen werben fi aus der folgenden Darfiellung ergeben. Die
ih auf den Eultus und mas damit zufammenhängt beziehenden Inſchriften
(inscriptiones sacrae) find entweder I. Auffchriften an Gegenfländen,
melde dem Gultus gewidmet find, oder 11. felbfländige epigraphiſche
Urfunden, die fih auf den Bultus beziehen. Zu den Auffehriften CA.) |
gehören: die Auffchriften 1) an Tempeln und andern dem Cultus angehö⸗
renden Gebäuden, 2) an Altären, 3) an Statuen, 4) an religiöfen Weib
geſchenken und Tempelgerächfchaften aller Art. Alle dieſe Aufſchriften ent⸗
halten, je nachdem fle mehr oder weniger vollſtändig find, folgende Angaben:
a) Wem der Gegenfland gewidmet worben iſt, b) von Wem, c) die aus⸗
drülihe Angabe des Gegenftanves felbft, d) warum und auf welde Beran-
laffung, e) wann, f) andere Nebenumſtände. Nicht leicht finden ſich alle
diefe Angaben vereinigt. Die einfachften Aufichriften enthalten entweder nur
(a) Wem die Widmung gilt (Fortunae placidae, Üeinef. p. 206.), ohne
Zufab oder mit beigefügtem S. (Sacr., Sacrum) und D. (dedicatum, datum):
Junoni Sacr., Meinef. p. 59.; Legiferae Cereri D., Reineſ. p. 63., wobei fid
zuweilen flatt des Dativs der Nominativ, oder au eine Unrebe an die
Gottheit, welder die Widmung gilt, ins Vocativ (Hercule Tibi, Mus. Ve-
ronens. 248, 9.) findet; oder die Aufichriften enthalten nur den Namen bes
Stifters (b), was in ſolchen Zählen gefchehen Eonnte, wo das Uebrige fi
Hinlänglih von ſelbſt verfland, wie auf dem Pantheon zu Rom: M. Agrippa
L. F. Cos. tertium fecit. Es folgen diejenigen, welche beides mit einander
verbinden, wobel der Name des Stifter gewöhnlid nah dem Nanıen bed
Gottes, dem die Widmung gilt, nachfolgt, zuweilen aber auch voraudgeht.
In beiden Ballen ſteht entweder Eein Zeitwort dabei, ober es iſt ein BZeit-
wort beigegeben. Dergleihen find: Dedit; D. D. dedit, dicavit; D.
D. D. dedit, dicavit, donavit; Dat, welde Form Daffei für ver-
dächtig hält, deren Echtheit aber Zaccaria (Istituz. lap. p. 186.) beweist;
P. posuit; Fecit et dicavit; Perfecit et dicavit. Die ausbrüdlihe Be⸗
nennung des gewidmeten Gegenſtandes (c) kommt feltener vor, als man
glauben möchte: übrigens mit Recht, da in ven meiften Fällen dieſes nicht
nothwendig if. Wo diefe Denennung fi aber findet, ſteht file in der Regel
obne dad pronomen demonstrativum (signum, aram, nicht hoc signum etc.
D. u: dgl.); doch darf man aus der Beifügung biefed Pronomens nicht
geradezu auf Unechtheit fließen (Baccar. p. 189.). Die Ungabe der Beran-
lafjung zu der gemachten Stiftung oder Widmung (d) ift fehr mannigfaltig.
Die gewoͤhnlichſte iſt die Erfüllung eines Gelübdes mir folgenden Formeln:
Ex voto, Voto suscepto, Voto soluto, V. V. voverunt, V. S. votum
solvit, V.S. L. M. votum solvit libens merito, V. L.L. S.
votum libens laetus solvyit, ut vovit u. a. (ine andere häufige
Veranlaffung war das Geheiß einer Gottheit duch Erſcheinung oder Traum,
wie 3. B. Jussu Proserpinae, Somno monilus, Ex visu, Ex viso, Ex ora-
culo, Imperio Veneris.u. a. Bielfah wird aud der Zweck der Widmung
angegeben: Pro se et suis, Pro salute uxoris, Pro salute domus augustae,
Pro salute itus et reditu u. a. Üben dahin gehört die fo häufig vorfom-
mende Zormel zur Ehre des Faiferlihen Saufes: In H..D. D. in honorem
domus divinae. Bei der Angabe der Zeit (e) wird, wo fie ſich bei Ge⸗
lübden vorfindet, der Tag bes erfüllten Gelübdes, nicht des übernommenen
bemerkt (BZaccar. p. 164.); bei größeren Werken zuweilen die Zeit des An-
fangs und bie Zeit der Vollendung (Fabretti p. 473. n. 23.). In der Regel
iſt es bie Zeit der Debication von Tempeln und Altären, welde angegeben
Enserigiienen 108
wird. Su ben manderlei Rebenumfländen (f), melde bet ſolchen Aufſchriften
no angegeben werben, gehören: 1) bie Leiſtung der Koften, ob ber Stifter
fie beftritten Bat (Pecun. S. D. D. pecunia sua dedit, De S. P.
de sua pecunia, De suo fecit, Impensa sua) ober ob es durch tefla»
mentarifche Berfügung geſchehen if (T. P. I. testamento poni iu
sit), der auf Staatöfoften (Aere P. aere publico), oder durch Zu⸗
fammenlegen mehrerer (Aer. Col. aere collato); 2) Bezeihnung des
Ortes (Solo privato, In suo fando, L. D. D. D. locus datus de-
crete decurionum, L. P. D. locus publice datus; 3) Feierlich⸗
feiten bei der Debication (Dedicavit et epulum dedit, Epulo dato); 4) ob
in eigenem Namen ober zum Andenken, zu Ehren einer andern !Berfon
(Nomine suo et viri sui, Maffei Mus. Veron. p. 86. n. 2. — In Memo-
riam Minei Prisci, Mus. Veron. p. 80. n. 3.); 5) Drohung gegen Beſchaä⸗
diger (Si quis hanc aram laeserit numina omnium deorum et genium
populi romani iratum habeat, Reineſ. p. 123.) u. A. Die biöher ange»
führten Momente find mehr oder minder allen Aufſchriften, bie ſich auf den
Gultus beziehen, gemeinſchaftlich. Meber die einzelnen, oben angeführten
Unterebtheilungen derfelben bemerken wir noch Folgendes. Bei den Tempeln
war bie Auffchrift, wie überhaupt bei den Gebäuden, nit auf abgefonberten
Steintafeln angebracht, fonbern unmittelbar auf dem Geflmfe über dem Ein-
gang. Außer der bier angebrachten Inſchrift mit dem Namen ver Gottheit
und bes Stifters Tamen noch andere vor, wie Aufichriften an verbotenen
Gingängen (Hoc praeter virgines Vestales et sacerdotem publicum introire
nefas esto, Fabretti De Col. Traj. p. 168.); fromme Syprüde (Drei Nr.
1272.) u.%. (Morcelli Stil. lap. p. 301. Ed. 1.). Außer den dem Eultus
geweihten Bebäuben waren Heilige Haine mit Infchriften bezeichnet (Drelli
Pr. 2480.) und vom Blig getroffene Stellen (Fulgur divom, Fulgur con-
ditum, De coelo tactum, Dreli Nr. 2482.). Bon den für den Gultus
beflinnmten und darnach mit einer entfprechenden Auffchrift verfehenen Altären
(arae) unterfäheiden wir die Monumente von gleicher Form und von gleichem
Namen (arae), zum Anventen "an wichtige Begebenheiten und Perſonen er»
ritet (Walther ad Tacit. Annal. XIV, 31.), fo wie die Grabmonumente,
aras sepulcrales. Die dem Cultus gewidmeten arae hatten zuweilen außer
der Aufſchrift in der oben angegebenen Weife, noch die vollfländige bei ber
Cinweihung gebrauchte Dedicationsformel, mie bei der ara Narbonensis
(Sruter. 229, 1. Drei Nr. 2489.) und fonfl. Bei den Bötterbilvern
it die Inſchrift auf der Bafls angebracht, zuweilen aber auch auf der Statue
ſelbſt (Kopp Palaeograph. crit. $. 541. Vol. II. p. 643.). Wenn außer
dem Stifter und dem Namen bes Gottes, dem das Bild gewidmet iſt, bie
Bildfäule ſelbſt ausprüdlih genannt wird, fo fleht, wie au im gemöhn-
lien Sprachgebrauch, flatt signum mit dem @enitiv ded Namens, zuweilen
der Ramen bes bargeflellten Gottes felsft (Herculem cum basi, Gruter.
44, 8. u. dgl.). Bei Statuen von edlerem Metalle ift nicht felten pas Ge⸗
wicht derfelben in der Auffchrift angegeben (Bruter. 48, 6. 101, 2. u. a.).
Bei den Weihgeſchenken (donaria) aller Art (Reuter, Becher, Spiegel,
Kronen, Schalen u. |. w.) iſt die Aufihrift, wenn ver Begenfland Keine
befondere Balls Hat, auf ihm ſelbſt angebradt. — II. Zu den epigraphifhen
Urkunden unter den inscriptiones sacrae gehören: 1) Stiftungd=- und Debi-
cations⸗Urkunden von dem Cultus gewinmeten Localttäten (Tempel, Murat.
587, 1. Drelli 2488.; freie Plähe, Fabretti 684, 83.; Altäre, wie außer
der ara Narbonensis vie ara Salonitana, Gruter. 23, 12. Orelli 2490.),
und von Yeflen u. dgl. (wie die Stiftungsurfunde zum Vortheil des Golle-
giums des Aesculap, Fabretti 724, 443. Orelli 2417.); 2) Aufzeichnungen
von einmal ober petiodiſch abgehaltenen Opfern und Feſten (gehaltenes Tau-
Bauiy, Real-Enciklop. IV. 13
184 Inrestptienes
robolium, &yon. Misc. p. 98. ODrelli 2332., ein Fragment von Annales
feriarum latinarum, Orelli 2471.), fo mie die Brotofslle (acta) und Mü-
gliederverzeichniffe (album) von geiflligden Körperſchaften (Acta fratrum ar-
valium, bad Album augurum Aquileiensium, Oreli Mr. 2290., das Colie-
gium Silvani, Orelli Nr. 2566., der Flamines, Dreli Nr. 2207.); 3) bie
Fasti calendares, infofern fle die Feſte und das Kirddenjahr ver Nömer dar»
Reiten (f. oßen unter Fasti und Calendarium. Vgl. Orelli Vol. H. ce. XXII.
p. 379. SKellermann De Calendarii Cumani fragmento in Jahn Specimen
opigraphic. Kiliae 1841. p.1.); 4) die Inſchriften, welche ſich auf die öffent
lichen Schauſpiele beziehen, da biefe urfprüngli und ihrem Weſen nad zu
vem Gultus gehörten. Unter diefen (unter 4. angeführten) Infchriften finden
wir Aufzeihnungen über gegebene Gladiatorſpiele, über die Erfolge einzelner
Gladiatoren (Orelii 2594. 2555.) und über theatralifche Aufführungen (Drelli
2608.); dann die fo häufigen tesseras gladiatoriae mit dem Namen eines
Bladiatord, dem Datum und ber Bezeihnung Sp. (spectatus, |. unten
unter tessera gladiat.); ferner die Anfünbigungen von ®labiatorfpielen zu
Bompeli (Orelli 2556. 2559.); endlich gehören aus der Claſſe ber tesserze
(Eleine Zäfelden (von Elfenbein, Bein, Metall oder Marten) außer den tesserse
gladiatoriae noch hierher Marken zur Theilnahme an Opferfeſten (tesser
paganica, Orelli 2474.), die Marken für Theaterpläte (Dreli 2539.) und
die auf Täfelchen gefchriebenen sortes Praenestinae (allgemeine Antworten,
wie bei unſern Frag⸗ und Antwortfpielen, 3. B. Cur petis post tempus
consilium ? quod rogas non est u. dgl., Drelli 2485. Bullenger De sor-
tbus in Gräv. thesaur. V. p. 362.). — B. Bei den inscriptiones profanae
publicae, wozu wir nit blos die von öffentlichen Behörden ausgegan⸗
genen, fonbern auch die von Körperfchaften (collegia) audgegangenen rechnen,
unterfheiden wir zuerft diefenigen, welche ſich auf den Civilſtaat (inscrip-
tiones publicae civiles) und diejenigen, die ſich auf den Kriegsflaat bezichen
(inscript. publ. militares); bei beiden Glaffen unterſcheiden wir bann wieber
die Aufſchriften und bie Inſchriften im engern Siun des Worte.
I. Inscriptt. publicae civiles. DiE Aufſchriften dieſer Glaffe
fommen vor: 4) an öffentlihen Bauwerken des Hochbaues; 2) an Werken
des Waſſer⸗ und Straßenbaues, 3) an Ehrenbilpfäulen und architektoniſch⸗
plaftifgen Ehrendenfmalen, 4) auf Grensfteinen, 5) auf Maßen und Ge
wichten. Bei den öffentlichen Gebäuden wurde die Aufſchrift nit auf
einer abgefonberten Tafel angebracht, noch weniger wie bei und im ben
Grundſtein verftedt, fondern über dem Eingang unmittelbar auf dem Bebäube
(auf dem Architrav ober Fries) geichrieben, oder fonft auf einer am erflm
in die Augen fallenden Stelle; bei Brüden auf den beiden Einfaffungsmauern
(More. Stil. lap. p. 472.). In der Regel erhielten alle öffentlihen Bau⸗
werke Aufidriften; daher nannte Conſtantin den Kalfer Irajan wegen ber
vielen unter ihm errichteten und in ber Aufſchrift feinen Namen tragenden
Baumerfe, herba parietaria (Aurel. Bict. Epit. c. 41.). Diefe Aufichrifien
enthielten namentlih in der befiern Zeit Feine Lobſprüche und Anpreifungen,
fonbern die einfache hiſtoriſche Meldung über die Erbauung. Es wirb barin
angegeben: a) Wer das Gebäude Hat errichten oder wiederherſtellen Laffen,
wobel der Name ded Bauherrn voranfleht, wenn das Gebäude nicht Je—⸗
manden, namentlich in der Katjerzeit ver kaiſerlichen Familie (I. H. D. D.)
ober einem einzelnen Kaiſer gewidmet if, deſſen Name im Dativ vorangefeht
- wird, ober Honori, In honorem alicuius, au) nomine alicuius. Statt bed
un Nominativ gefepten Namens der Kaiſer als der Bauherrn, flieht fett der
Zeit von Beipaflan häufig die Formel: Ex auctoritate imperatoris. Mit bem
Subjecte it b) in der Regel ein entfprechennes Verbum (fecit, F. C. faciundum
curavit, D. dedit, Inehoarvit, Consummavit, Bestituit u. dgl.) verbunden,
Snseriptionen 105°
ung zwar in ber dritten Perfon des Perfect.; jedoch zumellen auch in ber
erfien PBerfon (M. Aquilius M. F. Gallus Procos. viam feci, Orelli 3308.),
und wenn bie Aufihrift vor der Vollendung des Werkes angebracht war,
Ratt vdes Perfectes das Imperfect. (Murat. p. 2006, 6. vias sternebat).
c) Bon ben Berfonen, welche fonft bei dem Bau mitwirkten, werben häufig
Die Magiſtrate oder Privaten genannt, die den Bau leiteten, mit dem Belag,
Daß man mit ihrer Beforgung zufrieden war (curaverunt probarunfque,
curante, eurantibus); felten auch die Arcitecten (zu Berona auf dem Triumph:
bogen der Gavii: L. Vitruvius L. L. Cerdo Architectus, Orelli 4145.
cf. Sactar. Ist. p. 207.). d) Das Bebäude ſelbſt wird ale fih von ſelbſt
verfächend meiſtens nit genannt, und wo es geſchieht, meiſtens ohne demon⸗
ſtratives Pronsmen. e) Bon andern Nebenumfländen werben auch bier wie
bei den Tempeln, die Zeit, auf weſſen Koſten, teflamentarifche Beflimmungen,
dann aber noch die Veranlaffung und der Zweck des unternommenen Baueß,
mebr aber bei öffentlihen Gebaͤuden, welche durch Wreigebigkelt von Pri⸗
vaten gebaut find, +ald hei den auf Öffentliche Koſten gebauten (Melia An-
niana in memoriam Q). Laepici.... . mariti sui emporium sterni et arcum
Beri... . testamento iussit. Montfauc. Antiq. Tom. II. p. 178.). Zus
weißen folgt am Schlufſe ein glückwünſchender Zuruf (quod perpetuo feli-
eiter. Gruter. p. 109, 4.). Auch Tann hier angeführt werden, daß ber
Keifer Alerander Severus die moraliſche Sentenz Quod übi fieri non vis
alteri ne feceris an viele oͤffentliche Bauten als Auffchrift fegen ließ (Kamprid.
Alex. Sev. c. 51.). Unter den Auffchriften, welche in ven Kreid (2) des
Straßenbaues gehören, bilden die Meilenzeiger eine zahlreiche unb in geo-
graphifh-hiflerifher Hinſicht beſonders intereffante Claſſe (f. unter d. W.
Milliare). Ein großer Theil der auf Waſſerleitungen und ähnlichen Bauten
vorkommenden Aufſchriften iſt zufammengeftelt und erläutert in Yabretti De
aquis et aquaeductibus veteris Romae. Rom. 1680. Die Aufſchriften auf
(3) Ehrenbilofäulen (statuae honorarise, tituli honorarii) bilden eine fehr
jablreiee Glafie. Wir Hegreifen darunter alle Chrendenkmale, welche öffent⸗
ih auf Plägm, Straßen und in Öffentliden Gebäuden aufgeflelt waren,
fei es nad dem Beſchluß von Öffentlichen Behörben, over von Privatperſonen
mit Erlaubniß der Behörden. Diefe Monumente mit ihren Aufjchriften in
fallen in zwei Abtheilungen: 1) folde, die für Zeitgenofien errichtet
(titali honorarii); 2) folde, die zum ehrenden Andenken an hiſtoriſche Per⸗
fonen früßerer Zeiten erritet find (Elogia). Der Inhalt der tituli hono-
rarii bei Statuen enthält a) den Namen der Perfon, welder die Statue
geſetzt if, im Dativ, zumellen auf im Nominativ (Mus. Veron. 622, 8.)
und Aceuſatio, letzteres nah Art der Griechen (Bruter. 450, 6. Hagenbuch
Epist. epigraph. p. 34.). Andere Wendungen dafür find: Honori M. Gavi
(Mus. Veron. 116, 2.), Meritis et honori (ebendaſ. 354, 7.). 88 wird
mit dem Ramen ver Berfon angefangen, ohne ein lobendes Präbicat voraus⸗
—— Die geführten Aemter folgen auf den Namen entweder nad dem
ange ber Aemter oder in chronologiicher Ordnung, dabei flehen bie Priefter-
würben gewöhnlih allen andern Aemtern voraus. Der Titel Imperator
flieht Immer vor dem Bigennamen. Nah dem Namen und Titel die lobenden
Appofltionen, melde zugleich den Grund der ertheilten Ehrenbezeigung ans
deuten; zuweilen Reben diefe Appofltionen aber au ganz am Schluſſe ber
Inſchrift (Gruter. 248. 8. 488, 2.) h) Der zweite weſentliche Beſtandtheil
IR die Angabe der Behörde ober Perfon (Senat, Kaiſer, Municipalbehörben,
Gollegien, Coxporationen, Privatperfonen), welche die Statue ſetzen Reßen.
Für Brivatperfonen iſt die obrigkeitliche Erlaubniß audgebrüdt durch L. D.
8. C. locus datus senetus consulto, und in den Municipalſtaͤdten durch
L. D. D. D. locus datus deoreto decurionum, in Zeitwert IR dem Sub⸗
%
198 Insoripitfanen
jecte, wenigſtens in ven Aufſchriften aus ber claffiſchen Zeit, nicht beigegeben
c) Bon andern Angaben kommen noch vor: bie nähere Bezeichnung da
Gründe der ertheilten Ehrenbezeigung (ob merita, ob eius erga se ben®
volentiam et integritatem eius, ob insignes liberalitates in rem publicas,
ob insignia eius beneficia, u. dgl.); wer bie Koften beſtritten, wobei nik
felten angeführt wird, daß der Gefeierte, mit der Ehre zufrieden, bie Kofa
jelbft getragen hat (honore contentus impendium remisit, ©ruter. 449, 6
und fonft); die Zeit und Feierlichkeit der Einweihung (Dedication) des Me
numents, womit Häufig Feſtmahle und Austheilung von Geſchenken vr
bunden waren; überbieß finden ſich auch zumellen no befonvere Aftenfük.
zur Begründung der ertbeilten Ehrenbezeigung und zur Ehre des Gefeierm
der Aufichrift beigegeben (Oreli 4039., aus welcher Inſchrift man zugleid
fiebt, daß bei Hoch geftellten Perfonen, denen eine Statue zugebadt war,
angefragt wurde, wie fle die Auffchrift eingerichtet wünfgten). Die ardt
tettoniſch-plaſtiſchen Ehrenvenkmäler beſtehen in Triumphbogn
und Säulen; die Aufſchriften find den Aufſchriften an Ehrenbildſäulen analog
Die bebeutenpften Monumente diefer Art find: a) Triumphbogen (f. d. An.
Arcus, Bo. I. ©. 697.); b) Ehrenfäulen: die columna Duilti rostrata (Oreli
549. Eiaccon. in ®räv. Thes. Tom. IV. p. 1811.; f. oben unter Duiliu.
Bd. II. ©. 1279.), Traiana (Fabretti De columna Traiana. Rom. 1683.)
Antoniniana (Orelli 848. Differtation darüber von Wignoli. Rom. 170%.)
Bon Aufihriften an Bilvfäulen berühmter hiſtoriſcher Berfonen (Elogia) he
fich noch eine Anzahl erhalten, von melden man vermuthen kann, fie ſeien
Copien von den Elogien an den Statuen berühmter Römer (des Nomulut
Balerius, Publicola, Appius Claudius, Marius u. A.), melde gleichſan
als eine hiſtoriſche Nationalgalerie Auguflus (Suet. Aug. c. 31.) auf de
nach ihm benannten Forum hatte aufftelen laſſen (Orelli 534-—546.). Sit,
Echtheit wurde von Maffei beftritten (Ars crit. lap. p. 126.), aber vn
Morcelli gut vertheibigt (Stil. lapid. Tom. I. p. 158 ff.). Die Auf
ſchriften enthalten den Namen des im Bilde Dargeflellten im Nontinativ, mi
Angabe ber von ihm befleiveten Aemter und feiner wichtigſten Thaten, u
kurzer Meldung. Der Name beffen, ver die Statue ſehen Tieß, erſcheim
nit, wie dieſes bei den statuis honorariis ber Kal if. Na einer Ber
muthung von Borghefl (im Giornale Arcadico 1819. I. p. 60.) find hi
Eurzen Lebensbefhreibungen von Aurelius Victor nichts als eine Sammlung
von folhen @logien. Des innern Zufammenbanges wegen führen mir hir
an, obgleich fie in das Gebiet der inscriptiones privatae gehören, bit äh:
lichen Elogia, welche ven Ahnenbildern (imagines) beigegeben wurden (Ei$-
flat De Imaginibus Diss. II. p. 112. 126. Ed. Petrop.), fo tie ben Bühl
berühmter Gelehrten, wie die von Atticus (Cornel. Nep. Attic. c. 48.) und
von Gapito (Plin. Epp. I, 17.) verfaßten Aufſchriften waren. — Zut fol
- genden (4) Glaffe Öffentlicher Auffchriften bemerken wir, daß bie Grenz
wiſchen verfchievenem Grundeigenihum entweder durch eigene Steine (Greur
eine, Markfleine, cippi) bezeiänet wurben, ober durch Aufſchriften 1
Mauern und Gebäuden (Morcel. Stil. lapid. I, 1, 4. p. 362. Di"
4332 fj.). In beiden Fällen wird entweder bie Grenze einfach burd de
Namen des Eigenthümers oder eine Raumbeſtimmung angegeben (Fin. a
Fin. Arel. Fines Aquenses, Fines Arelatenses. Spon Miscel).
p. 165. — Finis inter „Publicum et privatum. Murator. 495, 2.); *
wenn fie auf einer ausdruͤcklichen obrigkeitlichen Entſcheidung bernhte, DU
Anführung biefer Entſcheidung (Id quod intra cippos ad campum vers)
soli est Caesar Aug. redemptum a privato publicavit. Fabretti 726, 45.
Co. Sentius Satuminus, C. Clodius Licinus Cos. terminaverunt locun
publicum ab privato, Oberic. Syllog. Insc. 308, 4.). — (5) Die Maaße Ur
‘
Enserägtäenes 197
Mermalmesfe waren aui vom Garitol aufbewahrt. Tie Raape uud Gewichte.
deren mod eine bedentrade Un;chl übrig if, enthielten in der Aufirift die
Angabe, naf fie geeicht ieien „nit ber Bekimmumg . wurn amd von Tem.
wie
| . Tai F. OT, Mensurac Be eiachae im Capitolio P. pondo)X.
rei 4342. vgl cbenbei. 4343-4350. Merci Sul. kp. II. p. 385.
Das roikänbigfte und genanche Berzeitnig ber neh übrigen römiichen
Dlasie un Gewißte meh ihren Aufihritien gibt Bödh Metrolog. Unter
indungen. Berlin 1335. IX Abie. ©. 160. — Die epigrapbiiden
Iirfanden (Saibriitn ım
Paris 1563. fol. Er recensione Bachi. Lips. 1754. fol. — Veteris iuris
prudentiae romamae Monementa, old Anhang des Werfes: Histoire de la
jurspradence romame par. Ant. Terasson. Paris 1750. fol. — Dirtien
in melrreren Ubhenvlungen in deſſen: Berjucde zur Kritit und Auslegung
ver Uuelien des Tömiiden Nedrs. Leiyı. 1822. 8. und Beiträge zur '
Kunde des römiiden Rechts. Leixrz 1825. — Spangenberg Juris romani
Tabulze negoliorum sollemaium. Lips. 1822. — Borzüglid aber: Hau⸗
hol» Mommmenta legalia extra libros iuris romani sparsa. Ed. Spangen-
iuris romami sparsorum p. XVII—CAXV. eine vollländige Literatur *
über alle hierher schörigen epigraphiſchen Denfmale mitgerbeilt iſt —
epigraphärden Urkunden diefer Glaffe laſſen fi io eintbeilen: I ——
Altenfiüde der oberfien Centralbehörden des Reiches (Volksverſammlung,
Senat‘, Kaiſer); II. Aktenſtücke der römiſchen Magiflrate; III. unter öffent⸗
licher Auteritãt erſchienene hiſtoriſche Urkunden: IV. öffentliche Altenſtuͤce
von BRuniciyalbehörben; V. Urkunden aus dem Bereich ber 1. g. frehwilligen
Gerichtöbarfeit (Teſtamente, Berträge u. dgl.); VI. Aktenflüde von Sffentlidh
anerfannten weltliäen Gorporationen (Gollegien). Bir haben nun über jebe
diefer Abcheilungen eine furze überfihtlihe Anveutung bed Wichtigflen zu
geben. I. Zu der erften Glaffe versöffentliden epigraphiſchen Urkunden ges
hören: 1) Geſetze. Ueber ihre Abfaffung und Außere Form ſ. unter Lex
und Plekiscitum. Die noch vorhandenen Hierher gehörigen Monumente ſind
(merüßer man die betreffenden beſondern Artikel nadiebe): Lex Thoria, Lex
Servilia, Lex de scribis et viatoribus, Lex Galliae Cisalpinae, Lex mis-
cella Heracieensis (Tabulae Heraclieenses), Tabula Bantina, Lex regia de
Vespasiani imperio (f. Vespasian.), Plebiscitum Thermense. 2) Deffentlidhe
Urkunden, die den Senat betrefien, ale: a) Senatsbefhlüffe (I. Senat.
Senatusconsulta); b) Acta senatus, welde durch die Ab aclis genannten
Schreiber auf Metall und Stein gt eichrieben wurden (Rarini Act. fratr. arv.P. I.
p. 34. ©. s. v. Acta): c) Reden der Kaijer im Senat (Orationes
prineipum), von welcher Glaffe noch übrig if: die Rede des K. Glaubius
über das röm. Bürgerreiit der Gallier (1. Bo. Il. ©. 428f. und über biefes
Monument ſelbſt Claudii Imperatoris Oratio super civitate Gallis danda.
Ed. Carol. Zell. Friburgi in Typographeo academico fratrum Groos. 1833. 4.),
ferner eine Rede des Kaifer Beipaflan (ſ. s. v. Vespasian. Haubold Monum.
legal. Nr. LXIV.); f. Dirkſen Ueber die Neben der röm. Kaiſer, in Blu⸗
mes Rhein. Muf. für Iurispruden, 1828. ſſtes Heft; d) einzelne Borgänge
im Senat, namentli Acclamationes der Senatoren an die Kaiſer (Plin.
108 Euseeiptionen
Paneg. c. 75, 1. und oben s. v. Acclamatio); endlich e) das Verzeichniß der
Senatoren (ſ. s. v. Album). — 3) Die Erlaſſe der Katfer, als: Rescripta
(Antworten und abminiflrative Entfheibungen über Anfragen und Bitten),
Decreta (faiferlige Entſcheidungen zweifelhafter Netöfälle), und Edieta s.
Constitutiones (allgemeine Bejege und Verorbmngen). Vgl. diefe Wörter
a. D. Die beiden erflen Gattungen von kaiſerlichen Erlafien gehörten zwar
ihrer erſten Ausfertigung nach nicht in das Gebiet der Epigraphif; fie wurben
aber Häufig von den betheiligten Berfonen auf Metall oder Stein geſchrieben
aufgeftellt und aufbewahrt. Die Eoicte und Gonflitutionen aber wurden, wie
früher vie Gefege, auf Eupfernen Tafeln eingegraben pußliciit und biefed im
der Urkunde ſelbſt in der Megel bemerkt, 3. B. Valentin. et Valens L 4.
De suariis Cod. Theodos. Haec autem omnia aeneae tabulae in foro suario
collocandae ad aeternam memoriam oportebit insculpi und ſonſt. Aud
geihah die Publication der Edicte und Genflitutionen fo, daß man fle auf
weiß angeftrihene, audgeipannte Leinwand ſchrieb (cerussatis linteis mappis.
Cod. Thead. 1. 1. De aliment. quae inop. paren.). Leber bie Form Der
Abfafſung dieſer drei Arten von Eaiferlicgen Öffentlichen Aktenftüden |. Briffon.
De formul. III, 5. 8. Dirffen Ueber dad röm. Formelweſen in befien
Berfuhen S. 20 ff. Als Beifpiele noch vorhandener epigraphiſcher Denk:
mäler find anzuführen, und zwar von Meferipten: dad Reſecript des Kaifer
Beipaflan über einige hier zufammengefaßte Gegenflände an die Wanatiner
in Gorfica. Haubold Monum. Nr. XLIX. p. 228. Srelli Inser. Nr. 4031.;
von Decreten: des Domitianus in einem Nechtöftreit über Grundſtücke zwiſchen
den Zalerienfern und Firmanen, Haubold Ar. L. Dreli Nr. 3148. (ven
bort gegebenen Anführungen if hinzuzufügen Worceli Stil. lap. I, 1, 4.
p. 304., welder die ganze Inſchrift erklärt); von Edicten: das äußerſt wich⸗
tige und intereffante Edictum Diocletiani De pretis rerum, eine Berorbnung
mit angehängten Tarife, wodurch für ade Bictualien, Produkte des Gewerbe⸗
fleißeß, für Arbeitslöhne und Honorare fixirte Marimalpreife feflgefegt werben.
3 find zwei Gremplare davon übrig; das erfte if ein vollfländiges Bremplar
auf Stein bei der alten Stadt Stratonice, jegt Eafi-Hiffar, in Kleinaflen,
von dem Engländer Sherard copirt 1709, und auß diefer in dem brittiichen
Muſeum aufbewahrten Abichrift von Leafe (in Journal of a Tour in Asia
minor. London 1824.) theilmeife herausgegeben; fpäter noch einmal nad
dem Original copirt und die Gopie Lithograpbirt durch den Engländer Bankes
Das zweite Eremplar iſt eine Steintafel, welde den Bingang des Cdictes
enthält, in Aegypten gefunden, dann zu Aix aufbewahrt. Eine Ueberfegung
und Brläuterung nad einer Abhandlung von Moreau de Ionnes gibt daS
Tübinger Morgenblatt 1827. Nr. 99. 100. Die Literatur über dieſes Mo»
nument gist Haubold Mon. leg. LXVII. p. 268. und in’ dem Appendix.
Das Monument if auch abgevrudt in Mai Nova Collect. auctor. class.
Rom. 1831. T. V. p. 296. Gin noch vollflänpiger erhaltenes Gremplar
verfelben Verordnung in griechiſcher Sprade fol im Jahr 1843 dur ben
franzöfliden Gelehrten Lebas in Meffenien aufgefunden worben feyn (Journal
des Debats 30. Juli 1843.). — Zu den epigrapbifcgen öÖffentlien Akten⸗
Rüden der Gentralbehörben des Meiches gehören ferner (4) die Staatsver⸗
träge und Bündniffe (Foedera, |. oben d. W.), welche gemöhnlih auf Säulen
oder Tafeln von Bronze eingegraben und Im Aerarium des Jupiter Gapito-
linus aufgeftelt wurben. Als noch vorhandenes Monument diefer Claſſe If
ansuführen das Plebiscitum De Thermensibus, wodurch die Bewohner von
Thermeſſus in Pifivien als liberi, amici sociique des römifen Volkes an⸗
erkannt und ihnen Die damit verbundenen Freiheiten und Rechte zugefichert
werben. Saubold Monum. Nr. XVII. p. 134. Orelli Nr. 3673. (f. oben
Bd. II. ©. 502.). — II, Die ſchriftlichen Erlaſſe der römiſchen Magifrate,
praeteriu
ĩ ». MB). oper au Ineuıemen Flaues eder auf Stein Der Onm ver Auf⸗
Rellung mar auf türmluben Flägen, ami ten Hera. bei den Trihemalien,
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ben iſt eine Kupferplatte, enthaltend
Urcheil der Geniuln vom I. d. St 637 über Grensfreitigkeiten zreiichen
Gesmates und Viturü. Drelli Inser. Nr. 3121. — Il. Zu ven hiſtori⸗
en Urtunpen. welde unter öffentlicher Autorität zu Rom abgefaßt wurden
sur vie Urı ner Aufzeichnmg in ven Kreis ber Gpigraphik gehören,
regnen wir 1) die Amnales pontiicum (Annales marimi, Commentarü
" ‚?. d. Urt), auf einer weißen, mit Gips zurecht gemachten Tafel
geirieben, Sic. De Orat. Il, 12., 2) die Fasti maiores s. consulares s.
itolani , von denen no jo bedeutende epigraphiſche Denkmäler übrig Hub
(f. oben Br. IN. ©. 429. unter Fasti): 3) Acta diuma (s. publica, s.
urbana), Die rõmiſche Tagächremif, Zeitung, deren Driginalien, auf feſtem
Material geirieben, Öffenılih ausgeſtellt wurden, wovon dann durch Schreiber
Ybirifien genommen und überall bin reriendet wurden. Darüber, fo wie
über Die vorhaubenen,, aber für fali gehaltenen Bruchſtücke derſelben f. den
Art. Acta, Bo. J. S. 49 ff. vgl. noch: Rieberfühn Comment. de diurnis Rom.
acıis. Vimar. 1840. 4. Leclerc Les joumaux chez les Rom Paris 1838. 8,
kieberfũha Vindiciae libror. iniar. suspect. I. Ep. crit. de vett. diurn. actor.
fragm. Dodwell. data ad Leclerc. Lips. 1844. Schmidt Zeitſchr. f. Geſch. Wiſſ.
I. 1844. 4) Einzelne hifloriiche Ilrfunden, wie dad Monumentum Ancyranum,
worin Auguß eine Darlegung feiner Thaten und Megierungäbandlungen gibt
(i. ». Urt. Mon. Ancyr.). Die bisher unter Ar. I. bis IH. genannten wurden
u Rom in den Staatsarchiven aufbewahrt, auf dem Gapitel, in dem Tempel
der Gereß, in dem Iempel bed Satum (ij. d. W. Aerarium und Tabula-
rium), aber auf) jonf an öffentliden Orten, wo man es nah limflänben
für vaſſend hielt, aufgeſtellt — IV. Decrete von DRumicipalbehörden. So mie
die Gemeinderäthe (ordo decurionum) in ihrer Organifation mit zwei Duum-
viri an der Gpige und in ihrem Beidäftsgange dem roͤmiſchen Smat mit
feinen zwei Gonfuln nachgebildet waren, fo war and meiften® bie Sorm
ihrer Befpläfle den Genntsconfulten nachgebildet. Nach ver Angabe ber Zeit,
37
200 Enseriptionen
bed Ortes der Berfammlung, und der Urkundsperfonen bei der Ausfertigung '
des Altenftüdes (scribendo affuerunt) folgt der Name des Bortragenden mit
der Inhaltsanzeige des Vortrags (3.8. Quod P. Casinerius Clemens duumvir
verba fecit, Annium Leonam petere ut Egnatii Festi statuae locus sibi |
adsignaretur), mit der auch in Senatsbefhlüffen vorfommenden Formel Q.
D. E.R. F.P.D. E.R. I. C. (Quid de ea re fieri placeret, de ea re
ita censuerunt), worauf der Beſchluß in inbirecter Rede (Placere, ut etc.)
folgt, am Ende zuweilen mit der wiederholten Befräftigung: Ita censuerunt.
ine befondere Claſſe folder Gemeindebeſchlüſſe bilden bie Tabulae patro-
‚natus et hospitalitatis, zur @rnennung von Patronen der Gemeinde und Er⸗
theilung des Gaſtrechtes (f. d. Art. unten). Unter den übrigen, erhaltenen
epigraphifhen Urkunden von Gemeindebefhlüflen (ungefähr fünfzehn im
Ganzen) find bie intereffanteften und befannteften: die zwei Gemeindebeſchlüſſe
von Piſa über die Ehrenbezeigungen für die beiden verflorbenen Söhne bed
Germanicus, Lucius und Cajus Cäaſar (au unter der Bezeichnung Ceno-
taphia Pisana Lucii et Caii Caesarum befannt), auf zwei Säulen von Stein,
Saubold Monum. XXXVII. p. 179. Drelli Nr. 642. Norij. Cenotaphia
Pisana in ®räv. Thes. VII. Nr. 3.; die lex Puteolana operis faciundi,
ein Beſchluß der dortigen Gemeindebehörde, die Bedingungen für einen Baus
Accord enthaltend, zu einer Bauveränderung an einem Tempel bed Serapis
649 d. St. (auf einer Marmortafel), Haubold VII. p. 71. Drelifitr. 4034.;
Gemelndebefchläffe non Beil, mit Ehrenbezeigungen für einen Breigelaffenen
bed Auguflus, L. Gelos. Haubold Nr. XL. p. 188., erklärt von Morcelli
Opp. epigraph. I. p. 287.; Gemeinvebefhluß von Gabii über eine Stiftung
zum ehrenden Andenken ver Domitia, Tochter des Domitius Corbulo, aus
der Zeit Habriand, angebracht auf dem Piedeſtal einer Statue der Benannten,
Haubold Nr. LVII. p. 243., mozu Pisconti Monum. Gabin. (p. 83 ff. Ed.
Labus) einen ausführliden Gommentar gibt; Gemeindebeſchluß von Tergefle
(in der Stadtmauer von Trieſt vor dem S. Lorenztbor) zu Ehren bes um
die Gemeinde fehr verbienten Fabius Severus, tem eine vergolbete Meiter-
flatue errichtet werben follte, aus der Zeit des Antoninus Pius, Haubold
Nr. LIX. p. 249. Drelli Nr. 4040. T. II. p. 221. Mehrere von ſolchen
Gemeindebeſchlüſſen haben fi nicht in ber urſprünglichen Ausfertigung, fon»
dern an andern Monumenten, namentlid an Ghrenbilpfäulen, erhalten. Zu
den epigraphifhen Urkunden von Municipalbehörden find noch zu rechnen:
Verzeichniſſe (Album) der Decurionen und andern Municipalobrigfeiten, mie
die Bronzetafel mit einem folden Album von Canufium, Orelli Nr. 3721. T. H.
p. 160.; ferner: fasti municipales, chronologiſche Verzeichniſſe ber Gemeinde:
vorfteher (duumviri), entſprechend den fasti consulares zu Rom, wovon ein
Fragment aus einem nicht bekannten Municiplum bei Orelli Nr. 4033. T. II.
p. 217. — V. Die epigraphiſchen Urkunden aus dem Bereich ber freimilligen
Gerihtöbarkeit ſtellt nebſt den in Schriften fonft erhaltenen Spangenberg
(am a. O. Tabulae negotior. etc.) zufammen. Dahin gehören: Tefla-
mente, welche ganz oder theilmeife auf Grabmonumenten over aud, info»
fern fle Stiftungen enthielten, fonft an Gebäuden und Denkmalen ald Auf:
friften vorfamen, wie ein Abſchnitt aus dem Teflamente des Mucius Meco⸗
nius Gornelius Leo, worin er zu Gunſten ber Bemeinde der Petelini und ber
dortigen Auguftalen Schenkungen und Stiftungen madt, bei Babretti Inscr.
p. 404. Spangenberg Nr. IV. p. 64. und ebenbaf. p. 66 ff. und p. 391.
mehrere andere Infchriften derfelben Art; Schenkungen und Berfäufe,
meiſtens von Grabflätten, Plägen in gemeinfchaftlihen Gräbern, und baber
als Aufſchriften an Grabmonumenten, Spangenberg XXI, p. 194. Instru-
mentum donationis Flavii Artemidori u. a. ähnlide bis Nr. XXV. p. 197.
Omissa p. 389., und Rr. XLVI. p. 232.; Obligationen von Grundſtücken.
seichnig (alkam) von einigen, wie die beiden bei Orelli Ar. 2054. u. 4055.
mit ben Ramen der en, Beamten und der übrigen Mitglicder (plebs). —
Die ſechs Bisher aufgezählten Claſſen von epigraphiſchen öffentlichen Urkunden
And alle iprem Inhalt und ihrer Ausfertigung nah für bleibenbe Zweckt und
für die Dauer befiimmi. Als Anhang dazu ſind nım mod bie dem Inhalt
und der Yudtertigung nad voräbergebenven Iuferiften (inscriptiohes lempo-
rarine) zu erwähnen, welche obrigfeitliche Bekanntmachungen, Anzeigen u. dgl.
mitbieten. Wir rechnen dahin folge mit Kohle oder Roͤthel geſchriebenen
Befanutmadungen an den Wänden der Thore von Bompeii (Mazois Werk
über Vompeji Tom. I. tab. I. Text p. 10.), Tafeln mit Verzeichniſſen von
Urgenläuden, die verfleigert werden follten (Blin. Paneg. o. 50, 9. Cir-
ımferter sub nomine Caesaris (sc. Domitiani) tebula ingens rerum ve-
allum, que sit detestanda avaritia illius qui lam multa oönco®pisoebat,
mum haberet rvacua tam multa); oder folde Belannimadgungen , wie
ne von Kailer ander Severus, welcher dur öffentlichen Ainfgien in
m Stadt befennt machte, fo oft er verreiäte (Lamprib. Sever. o. 46.).
KG kann man ‚hierher rechnen bie, wenn auch nidt dem Material, do
BZwede nab verübergehenben verſchledenen Täfelchen (tabellae) und
Basten (tesserae), welche bei mehreren Beranlafjungen des öffentlichen Ge⸗
äftölchend gebraucht wurden (ſ. d. W. tebella, tessera). — Nach den
über abgehandelten Glaffen von Infriften aus vem Kreiſe ber Giofifimats» '
Hwaltung folgen diejenigen, welche ſich auf das Kriegsweſen beziehen (In-
Wiptiones publicas, militares). Bon beſonderer Wichtigkeit hieruüber If
Berk: Vigiium Romanorum latercula Uuo Coelimontahla, edidit altyue
vit, Appendioem inseriptionum qua6 ad vigilos peftinemt, latercu-
militerieitr oßiitiam et inscrtiptionum varidfuns militariurii adiecit
us Kellemann, Dünus. Ronia6 1835. fol. Zu pen Aufſchriften dieſer
ng gehören bie Auffchriften auf Giipedtropden, tite vie bei Plinins
N. VII, 28, 27. XXVI, 2, 6.) und andere bei ro tert gen
a. u
202 EInseriptiones
führten, außer welchen Anführungen ſich keine Aufichrift ber Art erhalten
bat; b) auf Bahnen und Feldzeichen, wohin Morcelli (Sul. inscr. Tom. 1.
Nr. 475.) ein Fleines bronzenes Schild zählt, mit der Aufſchrift: Placent
Marti in bello feroces; c) Aufſchriften auf den Schilden und Waffen der
Soldaten. Die Schilde hatten nicht blos außen je nad ben Cohorten ver
ſchiedene Zeichen, fonbern au innen ven Namen des Soldaten, ber den
Schild trug (Veget. R. mil. II, 18.), außerdem aud zumeilen noch ben
Namen bed Anführers, zu deſſen Heeresabtheilung der Soldat gehörte (Hirt.
Bell. Alex. c. 17.); d) Auffäriften auf ven vom Militär gefertigten Ziegeln
und Badfleinen mit dem Namen der betreffenden Legion. So unſcheinbar
biefe Reſte find, fo find fie dennoch für die Geſchichte der Legionen und bie
Geſchichte der Gegenden, wo fle gefunden werben, von Wichtigkeit. Schöpflin
in den M&moires de l’Acad. des Inscript. T. XV. p. 197. Amfterbamer
Ausg. 8.; e) Aufſchriften an den Kriegsihiffen (Triremen, Quinqueremen),
den Namen verfelben enthaltend (wie z. B. Victoria, Virtus, Rhinoceros etc.).
S. ODrelli Inser. Nr. 3611. Tom. II. p. 182., woſelbſt weitere Literarifge
Nachweifungen gegeben werden. Zu den militäriſchen Inſchrift en (m
. engern Sinn des W.) oder epigraphifchen Urkunden god folgende Arten von
Inſchriften: a) die Täfelchen mit der jedesmaligen Parole oder mit fonft einer
Ordre (tessera, f. d. Art.); b) die bei den Triumphzügen mitgetragenen
und aufgeftellten tabulae triumphales mit Berichten und L2obpreifungen bei
erlangten Siege (f. d. Art.); c) die tabulae honestae missionis, beurfun:
dete Auszüge für einzelne Soldaten aus den kaiſerlichen Beſchlüſſen, mo
durch den verabichieneten Soldaten ganzer Truppenabtheilungen das römiide
Buͤrgerrecht eribeilt wirb (f. unter d. Art.); d) Berzeichnifie der Legionen,
wie bie beiden Verzeihnifie auf marmornen Säulen auf dem Gapitol. Gruter.
13, 2. u. 3. Drei Nr. 3368. 3369. Tom. II. p. 83., wofelbfl - weitere
Ikterarifche Nachweiſungen über die auf Infchriften vorfommenden Namen
römiſcher Regionen gegeben werden, womit zu verbinden iſt C. 2. Brote
fend Geh. d. röm. Regionen in der Zeitiär. f. Jhumewiſ 1840.
S. 641 ff. Bol. den Art. Legio; e) Namensverzeichniſſe von Soldaten,
mit den verſchiedenen militärifgen Graven, wovon Marini Att. Arı. P. 1.
p. VIII. Fragmente mittheilt, und befonders Kellermann (a. a. D.). — Wir
wenben uns nun zu der letzten Hauptabtheilung ber Infchriften, den Inscrip-
tiones -privatae, worunter wir alle Auffchriften und Infriften im engem
Stun des Wortes begreifen, welche von Privatperfonen ausgehen und ſowohl
dem Inhalt ala dem Zweck nah ſich auf Privatverhältnifie beziehen. Hierher
gehören: A. Auffehriften an Bebäuben, und zwar 1) an gemöhnlidgen Pri⸗
vathäufern und Privatgütern, enthaltend die Benennung berfelben nach dem
Eigenthämer (3. B. K. Oppiana — Casa Oppiana, Orelli Nr. 4333.) over
den Namen des Gigenthümers (M. 'Tullii M. F. Area privata, Drelli Rr.
4325.), oder auch der Bewohner (mie bei den meiften Häufeen von Bompefi,
DOreli Nr. 4340.); 2) Auffpriften an Baphäufern (In praediisC. Legianni
Veri Balineum more urbico lavat, omnia commoda praestantur, Drelli
Nr. 4328.) und Wirthshäuſern, melde, wie nod heutigen Tages, eigene
Namen batten (wie 3. DB. zum Hahne, Orelli Nr. 4330. Evrard Dtto De
tutela viar. Traject. ad Rh. 1731. p. 498.); 3) Aufſchriften zur Anzeige der
Wohnung von Gewerbtreibenden, wie bie oben angeführte Auffärift an ver
wetnung einsE Marmorarius; 4) Auffäpriften zu vorübergehenden Sweden,
wie die Anzeigen von DBermietbungen (Dreli Nr. 4323. 4324.). B. Auf:
ſchriften an Werken der Kunft und Inbuflrie. Hier find von Kunftwerker
zuerft anzuführen Werke ber plaflifgen Kunſt, namentlid Statuen und Büſten
die in Privaträumen und von Privatleuten aufgeftellt wurben, und zmaı
1) die imagines maiorum, 2) Bilbniffe berühmter hiſtoriſcher Perſonen
⸗
3) freie kunſtleriſche Darfellungen. An jeder biefer drei Claſſen von plaflis
fen Werken kamen Aufſchriften vor, welche ſich bezogen entweber auf bie
dargeſtellte Perſon oder auf den Künftler. Leber die Aufichriften von 1.
unb 2. in Seulehung auf die dargeftellte Perſon ift oben bei Anführung der
Elogia dad Nöthige bemerkt worden. Was die Namen der Künftler betrifft,
fo finden ſich Hei Statuen faft Feine Iateinifhe Künftlernamen in der Auf
ſchrift. Die Namen fleben im Nominativ, aber auch im Genitiv, wie Inge-
nui (sc. opus) auf der PBlinthe einer Statue des Mercurius, Bisconti Mus.
Pio Ciem. T. Ill. p. 195. not, Bgl. Windelmann Thl. IV. S. 29. Ausg.
von Donauelidingen. Die Ausleger zu Phädr. fab. V, prolog. v.4. Plin.
H. N. XXXV, 10. Bei gefihnittenen Steinen ift der Name des Steinſchnei⸗
ders gewöhnlih im Genitiv aufgefchrieben, bisweilen auch der Name ber
dargeftellten Berfon. Morcelli Stil. Jap. p. 412. Bine eigene Claſſe bilden
die Aufſchriften auf geſchnittenen Steinen, die als Amulete dienten, zufamuen-
gefellt und erklärt bei Kopp Palaeograph. crit. Vol. IV. p. 376. $. 887.
bis 902. Bei Porträtbüflen in Grabmälern find die dargeſtellte Perfon und
die, melde dad Denkmal fehen ließ, in ber Auffrift genannt (Monimae
filiae ..... parentes fecerunt etc. Gerhard, Berlins antike Bildniſſe, Thl. 1.
©. 121. Nr. 307.). Sonft fommen noch häufig und zum Theil durch ihre
Einfachheit oder finnreihe Auffaffung fehr intereflante Aufſchriften vor: auf
Ningen (Amo te ama me, Vita tibi, Sergi vivas), Trintgefäßen und Schüfieln
(Vivas valeas vincas, Utere felix u. dgl.), zumellen mit dem Namen des Schenfers
und der Veranlaſſung des Geſchenkes; auf Silbergeſchirr auch mit der Bes
zeichnung der Barnitur und bed Gewichtes. Auf irdenen Gefäßen und Lampen
findet ſich der Name des Berfertigers, des Bigenthümers, die Zeit ber Ver⸗
fertigung mit Angabe der Gonfuln, Weihungen für einzelne Gottheiten, Accla⸗
mationen in Beziehung auf Spiele und Leichenfeier, einzelne Vorfälle, welche
das Schenken folcher Rampen veranlaßien, namentlih bei Neujahrsgeſchenken
(strenae). Paſſeri Lucernae fictiles T. I. p. XI. Proleg. D’Agincourt Re-
cueil de fragmens de sculpture antique en terre cuite. Paris 1814. p. 66.
Auf irdenen Fäſſern (amphorae), Ziegeln, Badfleinen (mad Alles unter opus
doliare begriffen if): die Yabrif (EX PRAEDiis, EX FiGLinis, EX OF-
FICina) und die Confuln des Jahres, wegen welcher Iehteren Angabe biefe
ganze Glaffe von Aufſchriften für Befimmung der Chronologie und Ergän⸗
zung ber fasti consulares von Wichtigkeit find. Vgl. Marini Att. Arv.
p. 144. 544. D’Agincourt am a. O. p.80. Ein bisher noch nit heraus⸗
gegebened befonderes Werk darüber (Collect. figulinarum) hat Marini begonnen,
Borghefl vollendet (Jahn Spec. epigr. Praef. p. XXI.). Weiter gehören hierher
die Auffriften von Buchflaben und Zeichen auf Badfleinen und Säulen»
flüden, zum Zwed ver Teichtern Zufammenfegung (Oſann in d. Zeitſchr. f.
Mterifumswifl. 1839. ©. 520.); fo wie die Spebitionszeihen auf Marmor⸗
blöden, welche ald Kaufmannsgut ſpedirt wurden (Bea zu Windelm. Bo. IL
S. 107.). Bon Geräthen und Vorrichtungen zum häuslichen Gebrauch find
ferner noch hier zu nennen: Würfel mit einem Wunſche bed Gebers an ben
Beſchenkten (Petronilla Iude felix), Halsbänder von Sclaven mit ihrem
und ihres Herrn Namen, Halsbänder für Hunde desgleichen. Lieber alle
biefe zulegt aufgezählten Aufiriften, die zu ben inscriptiones privatae bier
gerechnet werden, f. Morcelli De stil. inscriptt. latt, II, 2, 3. De titulis
rerum privatarum p. 404. und Orelli Inser. Cap. XIX. Vita communis.
Vol. II. p. 267 ff. Die zahlreihfte und wiihtigfe Glaffe der Privataufs
ſchriften bilden die Grabſchriften; darüber f. ven Urt. -Tituli sepulcrales.
Bon InfHriften im engern Sinne des Wortes aus dem Privatleben, bie nad
den Hiäher genannten Aufichriften anzuführen wären, Iafien fih nur etwa
anführen Täfelgen mit einer Einladung zur Thellnahme an einem Gaſtmahl
%
(tesserao convivales, f. unter tessera), entſprechend uniern Einlabungg- ober
Tinirlitsbillets, und Tafelchen zur Beurfundung ver beftehenben vertragämäs
ßigen Gaflfreundfegaft zwiſchen zwei Familien (ſ. ebendaf.). Sole Urkunden
des Privatverkehrs, wie Schenkungen, Teſtamente u. dgl. haben wir ber
beſſern Ueberſicht megen mit den epigraphiſchen Staats⸗ und Rechtsurkunden
oben verbunden. Moch kann man auch hierher rechnen bie elfenbeinernen
Diptycha (Schrelbtafeln), welche in der ſpaͤteren Zeit die ernannten Conſuln
ihren Freunden und Dekannten gleichſam als Viſttenkarten zum Geſchenk zu
ſchicken pflegten. Diele waren außer mit geeigneten bilblichen Aorkellungen
au noch mit dem Ramen und Titel des neu ernannten Conſuls verfeben. Bal.
oben d. W. Diptyche. Das Hauptwerk auch in epigrapbliher Beziehung iſt
®ort Thesaurus veterum Diptychorum consularium et ecclesiasticorum.
Ed. Passeri. Florent. 1759. 3 Voll. fol. — Alles biöher über die Inscrip-
tiones sacrae, publicae und privatae Bemerkte bezieht ſich auf das Haupt⸗
ebiet der Infchriften, wenn man bie ſprachliche Form derfelben zum Grunde
est, nämlih auf Pie in Profa abgefaßten. — Es kommt nun dad zweite
Hauptgebiet der Infriften, die in poetifher Form abgefaßten, in Betrach⸗
tung. Die epigraphiſchen Reſte dieſer Art geben, außer den allgemeinen
Sammlungen, Ferret Musa Lapidariae. Veronae 1672. fol. Bonada
Carmina ex antiguis marmoribus. Romae 1753. und bie lateiniſche Antho⸗
Iogie. Davon handeln Morcelli Stil. inscriptt. Lib. 1. P.2. c.4. Lib. U.
P. 2. c. 4. Baccar. Istituz. Lib. II. c. 9. p. 292. Diefe ganze Gattung
von Inſchriften bat außer dem epigraphiſchen noch ein unmittelbar damit
zufammenhängendes literariſches Interefje, da fle einer Gattung ber poeti⸗
fügen 2iteratur (dem Bpigramm) Namen und Entflehbung gab. Uebrigens
ſtehen die römiihen Producte diefer Art in weitem Abſtand von dem Reich⸗
tum und ber Trefflichfeit der griechiſchen. Hinſichtlich der Metra bemerfen
wir, daß in biefen poetiſchen Auffchriften der Hexameter und das elegiſche
Versmaaß vorherrſcht. Es Fommt aber au ber Senar und ber Hendeka⸗
ſyllabus vor, auch ſolche Yinregelmäßigkeiten wie ein Serameter mit zwei
Barauf folgenden Pentametern (Durst. p. 621, 1. Yabretti p. 80. Nr. 96.),
oder mehrere Pentameter nach einander (Bruter. p. 939, 1.). Wie unter
den Inſchriften in Profa viele in ſprachlicher und orthographiſcher Beztehung
incorrect find, fo finden wir daffelbe in proſodiſcher Beziehung bei ven In⸗
färiften in Derfen, welche Ießtere zumellen mehr nur eine allgemein’ rhyth⸗
mifhe, als eine ftreng metriſche Form haben. Zaccar. p. 303. Die In
ſchriften in Verſen können der Natur der Sache nad nicht in allen Glaflen
vorkommen; die noch übrigen epigraphifägen Denkmäler dieſer Art Iaffen ſich
‚unter folgende Glaffen einreihen: Inscriptiones sacrae, Auffäriften an Tempeln
(Limen ad hoc populi persolvite vota Tonanti an dem @ingang bet Iem-
vels des Jupiter Tonand zu Benevent. Bita Antiquit. Benevent. Tom. 1.
p. 53.), an Bötterbilden und andern Weihgeichenfen (mie z. B. an einer
Herme des Sylvan, Fabretti p. 607. Nr. 230.; an einer Statue des Mercur,
©ruter. p. 93, 8. und fonftl). Unter den inscriptiones profanae puhlicae
kommen metrifhe vor: an Öffentlihen Bauwerken (wie auf der von Rarſes
gebauten Brüde über den Anto, Bruter. p. 161. Nr. 2. Orelli Rr. 1162.;
auf dem Obelisk im Hippodrom zu Gonflantinopel, Banduri Antig. Con-
stant. Tom. I. p. 182.); und an statuae honarariae (mie die auf Urfuß
Togatys, Orelli Nr. 2591. Morceli Stil. inser. I, 2, 4. Rr. 807.). Als
der &laffe der Inscriptiones privatae angehörend find von metrifen In-
ſchriften anzuführen: Auffägriften auf PBrivatbeflgungen (mie das fhöne Epi-
gramm bei ber Quelle, welche auf der früher dem Elcero, dann dem Antiſtius
Betuß gehörenden Billa hervorkam, Plin. H. N. XXXI, 2.), auf Kunſtwerken
(Orelli Nr. 4911.), an Biloniffen berühmter Männer (wie fon oben bei
Eusertptionen , 208
ven Blogia angeführt worden IM), und endlich, die zahlreichſte Gattung von
Infäriften in Berfen, auf Grabmonumenten (f. tituli sepulcrales).
Der zweite Hauptiheil der Cpigraphik, welder von uns oben al& ber
praktiſche Theil bezeichnet worden ift, begreift die Anwendung der in dem
erfiem Haupttheile gegebenen Darſtellung auf die Erklärung und Beurtbeilung
einzelner Inf@riften und fomit vie epigraphiſche Hermeneutik und Kritik.
Im Allgemeinen eniſprechen dieſe letztern Bäder der Epigraphik der Herme⸗
neuti und Kritik der Werke ber Literatur, greifen ebenfo in einanber ein
und ſetzen ſich gegenjeitig voraus. Es iſt desmegen bier nur basjenige vor-
züglich hervorzuheben, was bei dieſen beiden Functionen des Erklärens und
Beurtheilens nad der individuellen Natur dieſer ſchriftlichen Denkmäler Be⸗
ſonderes und Eigenthümliches vorfommt. Eine gute Zuſammenſtellung hier⸗
über gibt Barcaria Istituz. lapidar. Libr. IH. c. 1. u. c. 3., einzelne frucht⸗
bare Bemerkungen Hermann in Jahns Jahrbb. 1829. THL IH. ©. 210.
Das erfie Erforberniß der richtigen Erklärung iſt das richtige Lefen des
epigraphiſchen Denkmals, was bei manchen berfelben aus manden Urſachen
auch für geübte Kenner ſchwierig iſt (Marini Att. Arv. Prooem. p. XXXVIII.
‚‚Non ostante che io abbia la' miglior parte de’ miei anni logorato in
‚leiere, come gia Cola Rienzi, gli antichi pataffi‘, e siami ite
rompendo il capo in tutti sassi scritti che ho potuto vedere; non. licuit
esse tam disertis che tratto traito aqua haesit, e convenne a dire aper-
tamente di non saper che si voglia la pietra nel tal e tal Iuogo.‘“) Die
Borbebingungen dazu find: ſcharfes Gefſicht, unbefangene Auffaffung ohne
vorgefaßte Meinung, und Kenntniß der Schriftzüge. Zu dem Leſen gehört:
1) richtiges Auffaffen ver einzelnen Buchſtaben, wobei man befonbers auf
die interfgeidung ähnlicher Buchſtaben und auf die zufammengezogenen Buch⸗
flaben aufmerffam zu feyn bat, ein Nachfahren jedod ver Schriftzüge a8
Denkmals mit Roͤthel (Rothſtein) oder fonft einer Farbe nicht zu empfehlen
ft, da man bei der Unficherbeit mander Schriftzüge auf weniger gut erhal-
tenen Inſchriften dem Leſen nicht auf diefe Art vorgreifen fol (Marini Att.
Arv. T. I. p. 240. not. 49.). Zum Lefen gehört 2) das richtige Ubtheilen
ver Worte, was befonders bei denjenigen Infriften ſchwieriger it, wo bie
einzelnen Wörter nicht dur Zwiſchenräume getrennt find, ober wo na
jeder Sylbe, zuweilen nach jevem Buchſtaben, ein Punkt geſeht if; 3) das
richtige Xefen der Abkürzungen. Bel der Erklärung der Abkürzungen find
die Haupmüdfihten, die man zu beobachten bat: daß die Erklärung ungen
zwungen fei, daß fie ſich an bie font üblichen Formeln anſchließe, daß fie
nichts gegen den Gontert Widerſprechendes enthalte, nichtd gegen die Gattung
ver Inſchrift, oder den Ort, mo fle angebradt war. Die Verbindung der -
io richtig aufgefaßten einzelnen Worte gibt den Sinn: des Ganzen. Dabei
bat man fi au verläßigen,, ob die Inſchrift voflftändig ift over nicht. Als
Duellen für die Interpretation der Infchriften dienen: ver Ort der Auffin»
dung (Orelli Vol. II. p. 868. 9. 18.), bie beigegebenen bildlichen Dar
ſtellungen (Drelt Vol. 11. p. 367. $. 15. Figurae inscriplionibus adpictae),
vie Bergleidung ähnlicher Infchriften, die einſchlagenden Theile der Geſchichte
und Alterıbümer. — Die Grundfäge der Kritik ber Infchriften behandelt
Maffet in feinem unvollendeten und von willkürlichen Ammahmen nicht freien
Werte: Ars critica lapidaria (in Donati Suppiem. ad Murator. T. I. Bol.
&orcellini Lex. Praefat. Nr. V. p. XIII.), und auf eine gebiegene Weiſe
Zaccaria Istituz. lap. Libr. IM. c. I—7. Bol. auch Hagenbuch Criticae
Observatt. bei Oreili Vol. I. p. 966. — Die epigrapbifcge Kritik theilt fich,
wie die Kritl ber I Werke, in zwei Thelle: in die niebere und in
die Höhere Kritik. Die erfiere bat fi mit der Verbefferung und @rgänzung
einzelner Stellen zu beichäftigen; Die andere mit ber Frage Über die Cchihen
208 Zarülise
rõmiſche Sprache und Sitten an. S. ®p. III. ©. 396. 601. 638. Bel.
Polyb. II, 12. Liv. V, 34. [P.]
- Insülne. In Betreff der griech. Sagen von ben Infeln der Geligen
f. man ben Art. Inferi. Uber auch im Allgemeinen batte die Vorſtellung
von Infeln fi mit der Mythologie verbunden, und zwar nicht blos bei den
Griechen (Delus, Rhodus, Ortygia, Ogygia, Ueha u. a.), ſondern auf
bei andern Völkern. Wie die Indier ihre Heilige Infel Geylan (Mitten
Vorh. S. 53. 95.), die Bermanen ihre Infel der Hertha, die alten DBe-
wohner von Britannien ihre Mondinjel Diona (Done, nord. Heidenth. II,
520 ff.) hatten, fo fpielt derfelbe Begriff vorzüglich in Aegypten eine bedeu⸗
tende Rolle. Das Heiligthum ber Buto neben ber ſchwimmenden Infel
Chemmis ermähnt Herod. II, 156. Dflris Hatte fein geheimnißvolles Grab
auf der Nilinfel Phil& an der Gränze Aethiopiens. Sie hieß das Beilige
Feld und nur Priefler durften fie betreten. Diod. I, 22. Derfelbe Schrift-
Keller I, 96. erzählt von Wohnungen der Abgeſchiedenen an einem Ort bei
Memphis in der Nähe des fog. acheruflichen See's, welcher ringe von Wiefen
mit Lotus und Schilfrohr umgeben ſei, und erinnert dabei an bie Aſpho⸗
delos⸗Wieſe bei Homer. Inſeln der Seligen, die von Thebä fieben Tagreifen
entfernt feien, nennt Herod. III, 26. — Die bedeutungsvolle Stelle, welche
die Eilande fomit überhaupt in den Mythen und im Gultus einnehmen, er:
klaͤrt fi aus der nahe liegenden Borftellung, in einer Infel das Bil der
aus den Waflern auftauchenden Erde zu erfennen. Wie die Lichtgottheiten
Apoͤllo und Artemis auf einer Infel geboren werben, fo erhebt ſich Der indiſch⸗
Weltberg Mandar aus dem Milchmeer, und die Lotusblume taucht mit
Sonnenaufgang aus den Woflern empor. Aber dad Wafler iſt nit nur
das erzougende, fondern auch das wieber auflöfende und durch Reinigung mit
ber Gottheit verbindende Element; im Ganges ober Ril begraben zu werben,
iſt die heiligſte Weile der Beflattung. Herod. II, 41. 90. Noch weiter ver»
bindet ſich mit einer Infel die Borflellung des Befegneten, Wohlthuenden und
Beglüdenden in Vergleich mit der Debe der umgebenvnen Waſſerfläche; fo wie
auch einzelne Stätten des Feſtlands, wo fich nie Nähe der Bötter durch
reichere Saben der Natur verkündet, Infeln der Seligen beißen: nidt blos
die Dafen an den Bränzen von Aegypten, Yelian. H. A. X, 28., fondern
ſelbſt Cadmea Hatte vor Alter Meaxapor vroos geheißen ; |. Greuzer Comm.
Herod. P. I, p. 90. Dan vgl. Baur Symb. II, 2,417 ff. Nork Wörterb:
u. d. A. Und fo fehen wir, wie die Vorftellungen ber griech. Sagen von
den Wötter gebärenden, Todte neu beiebenden und begludenden Juſeln in
tiefen, weitdreiteten mythiſchen Anſchauungen wurzeln. [ Mzr.]
Unsälae. So hießen in Nom bie, mehrere Stockwerke hohen, und
abgetheilte Wohnungen für Bamilien und Einzelne enthaltenden Käufer,
welche von den Gigenthümern vermiethet wurben. Gin folddes großes Haus
bildete gewöhnlich entweber für fi allein, oder mit einigen andern, dem⸗
jelben Herrn gehörigen, ein eigenes, durch die Straße und bie angiportus
von andern abgeſchiedenes Quartier, baber ber Name. So bildete ih der
Sprachgebrauh aus, daß domus von dem Wohnhaus bed Hausherrn, bes
angefehenen und wohlhabenden römiſchen Bürgers, insala von ven Mieth-
wohnungen Ärmerer, ober auch in Mom nit eingebürgerter Leute gefagt
wurde (vgl. Suet. Ner. 16. 38.), welche daher inquilini, auch insulares
hießen. Es liegt in der Natur ver Sale, daß Die oberſten Gtedwerte,
coenacula genannt, nur von Uinbemittelten gefucht wurden; bes Didier Mar⸗
tial wohnte scalls tribus, sed altis, I, 118. Sub tegulis (unter bem Dadhe)
wohnte der Schulmeifler Orbilius, Suet. de ill. gramm. 9. Diele Mieth-
wohnungen, ſelbſt Die unanjehnlichen und minder bequemen, fanden hoch im
Preife, Juv. III, 166. magno hbospitium miserabile; man findet ſolche bis
Eutaphornss — Interontim 208
zu 80,000 Geftertten, Gic. pro Coel. 7. . Den Miethbömann, weicher bie
Miethe (pensio cellae) über zwei Jahre ſchuldig blieb, pfändete der
Haudelgentbämer, Martial. XI, 32, 3. Bergl. den Art. Roma, Topo⸗
grapbie. [P.] .
Eutaphornes, Theilnehmer an der Verſchwörung gegen den Pſeudo⸗
Smerdes und bie Magier, Herod. 111, 70. 78. Ein übermüthiges Benchmen,
das er fih naher erlaubte, erregte bei Darius Argwohn gegen ihn; er
wurde mit feinen Angehörigen verhaftet; feiner Frau verfprad Darius auß
Miıleid, einen von ihren Berwanbten frei zu geben, file bat fi aber nicht
iären Mann, fondern Ihren Bruber aus, der nun nebft dem älteſten ihrer
Söhne frei gegeben wurde, Intapherned aber und die Uebrigen wurden bin»
gerichtet Serod. III, 118. 119. [K.]
äutemelii, eine Völferfägaft ber Ligures, f.d. [P.] -
Intentise, im techniſchen Sinn ift derjenige Theil ver Formel (j. Bo. III.
©. 508 f.), in welcher dad Berlangen des Klägers enthalten iſt, z. B. si paret,
Numerium N. Aulo A. sest. decem millia dare oportere. &3 if alfo ber
Sag bed Klägers, von deſſen Unterfuhung die Entſcheidung abhängt, Gai.
Iv, 41. 44 ff. 53. 68. 106. 131. 1. 12. D. de excus. (44, 1.) u. f. w.;
ſ. Dirkſen, manuale lat. font. iur. civ. Rom. h. v. p. 488. [R.]
Enterämienses nennt Blin. IV, 22. (35 ) die Einwohner einer Stadt
in 2ufltanien, welche-auf Infriften (Brut. 162, 3.)-und bei Bhleg. Trall.
de longaev. 1. Interamnesia (/rregarrnoia) beißt, und zwiſchen Coa
und Auroes bei Almeyda geſucht wird. [P.]
EInteramna, 1) Stadt (Municipium) in Umbrien, die wie die übrigen
dieſes Ramene von ihrer Rage zmifchen zwei fließenden Waflern fo hieß, und
zwar lag biefe am Nar und war von einem aus biefem abgeleiteten Canal
umfloffen, daher ihre Bewohner zur Unterſcheidung von andern Interam-
nates den Beinamen Nartes führten, Plin. IH, 14. (19.). Die Familie der
Tacitus, deß Geſchichtſchreibers und des Kaifers, war bier begütert, Vopise.
Tao. 10. Elorian. 2. Sie wird von den Ulten oft genannt, Str. 227.
Barro L. E. IV, 5. ic. Milon. 17. Xacit. Hist. III, 63. Plin. a. O.
und XVII, 28. (LXVII, 5.). G@utrop. IX, 5. Aurel. Vict. Amm. Ware.
Tab. Beut. It. Ant. It. Hierof. Ptol. u. A. Jetzt Terni. — 2) Stadt
in Satium an ber via lalina und Bereinigung des Gaflnug mit dem Liris,
eine romiſche Colonie, die aber bald verfiel; jegt ſpurlos verſchwunden, nad
Anbern Terano, Str. 237. (Irreoxunor.) Cic. Phil. II, 41. Liv. IX, 28.
X, 36. XXVI, 9. Plin. III, 5. (9.) nennt die Bewohner Lirinates, auch
Succasini. — 3) Stadt in Pieenum, j. Teramo an der Mündung des Bis
ciole in den Trontino, Ptol. (Irrsoaurie.) Brontin. de col. It. Ant. [P.]
Interamnium Flavium, Stadt in Afturien (Hiſp. Tarrac.), jetzt
Billorvane, zwiſchen den Flüffen Ela und Bernerga, It. Ant. [P.]
Enterbromium, Stadt im Peligniſchen (Samnium), j. Tocco, St.
Ant. Tab. Beut. Geogr. Nav. [P.]
Entercatia, nah Str. 162. eine fehle Stadt der Vaccaͤer oder der
Geltiberen in Hiſp. Tarrac. beim j. Miofeco (Ropez) oder bei Benavente
(Blorez). Der Dre ſcheint nach ven häufigen Erwähnungen bei ben Alten
erheblich geweſen zu ſeyn, Liv. Epit. XLVIH. (vgl. Aurel. Vict. 58. und
Baler. War. 1, 2, 6.). Plin. IH, 3. (4.). XXXVII, 1. (4.). Appian
de r. H. 53 f. Ptol. Infhr. Ohne Zweifel if e8 dieſelbe Stadt, melde
Ptol. den Orniaci in Afturien anmeist. Reichard vermuthet fie im jegigen
Grrigoytia, welcher Name (nach einer Mitibeilung von Wilh. v. Humboldt)
in der Sptache ver Basken einen hoch gelegenen Ort bebeute, und von ben
Nömern in Intercatia corrumpirt worden feyn dürfte. [P.]
Banly, Real⸗Eueyclob. IV.
210 Intercessio — Interäletum
, Entercessio, a) ald Mittel zur Sicherung einer Verbindlichkeit (Bürg-
ſchaft), iſt das in Stipulationeform gekleidete Verſprechen, für die Schuld
eines Anbern dergeſtalt zu haften, fo daß biefem die Schuld dadurch ganz
entnommen wird, ober daß der Bürge noch neben dem Andern Schuldner
feyn fol. Es gab drei Arten ber follennen Bürgſchaft: 1) die älteſte ächt⸗
roͤmiſche Form, gen. sponsio, f. d. XArt., 2) fidepromissio, 3) fideiussio,
. ſ. ®b. III. ©. 475. Lex Cornelia machte manche Beſchränkungen, bamit
Niemand durch leichtfinnige Bürgfchaften fein Vermögen verſchleudere. Bat.
II, 124. 125. Die rechtlichen Folgen der Bürgfchaft waren nach bem alten
röm. Recht fehr ſtreng, indem der Gläubiger na Belieben ben eigentlichen
Schuldner oder deſſen Bürgen belangen Eonnte (appellare, agere ex sponsu,
Gic. ad Att. I, 8. 10. XVI, 15. Barro 1. 1. VI, 72.); Hatte er aber den
Schuldner belangt, fo wurde ber Bürge frei. Cic. ad Att. XVI, 15. mit der
Erklärung in Kellerd Litisconteflattion S. 463—478. und Mein, Roͤmiſchet
Brivatreht S. 342 f. Paull. II, 17, 16. Später traten Moderationen
ein. — Wenn der Bürge bezahlt (dependere, Gic. ad Att. I, 8. ad dir.
I, 9.) Hatte, fo hielt er fich an den Schuldner mit der actio mandati und
negotiorum gestorum, @ai. IH, 127., und ver sponsor hatte dur) Lex
Publilia noch befondere Begünftigungen empfangen. Gai. IV, 9. 171. 111, 127.
Paull. I, 19, 1. Hafteten mehrere Dürgen zufammen (consponsores und
adpromissores gen., ſ. Lexica), fo mußte urfprünglih ein Geber für das
Ganıe haften, doch waren die Anbern befreit, wenn der Gläubiger einen
von ihnen belangt Hatte. Die erfle Härte wurde durch lex Appuleia (melde
ben Sponforen und Fidepromifloren Regreß unter einander geflattete, Gat.
111, 122. 127. IV, 22.), und lex Furia gemilvert, welche eine Theilung ber
zu erlegenden Summe unter den Sponforen. und idepromifforen anorbnete,
Gai. II, 121. Auf die Fidejufforen wurde erſt durch Habrian die Noth⸗
wenbigfeit der Ihellung ausgedehnt. Gai. TIL, 121. 122. Paull. 1,20. Die
. Erben des Sponfor und Fidepromiffor waren von aller Verantwortlichkeit
frei, nicht fo die des Fidejuſſor. Gai. III, 120. IV, 113. Die Aenderungen
des Juſtinianiſchen Rechts f. Tit. D. de fideiuss. (3, 20.) und Cod. eod.
(8, 41.). — Die Bürgfchaft der Frauen für ihre Gatten verbot Auguflus,
und alle weibliche Bürgihaft überhaupt Claudius im Scons. Velleianum.
Paul. II, 11. Tit. D. ad Scons. Vell. (16, 1.). Cod. eod. (4, 29.)
B. I. Windſcheid, de valida mul. intercess. Bonn. 1838. L. D. Katten-
horn, über Intercefflon der Frauen nah Rom. Net. Gießen 1840. Ueber
Bürgſchaft überhaupt f. Heinecc. ed. Haubold 7 573-581. 2.®. v. |
Säröter, de spons. fideprom. et fideiuss. Jen. 1822. Walter, Hömifche
Rechtsgeſch. S. 644f. — b) als Einfhreiten eines Magiſtratus gegen feine
Gollegen oder gegen einen ihm an Rang untergeordneten Magifiratus und
der Bolfötribunen gegen Alle, um ein Unreht im Givil» oder Griminal-
prozeß zu verhindern oder überhaupt eine obrigkeitliche Verordnung zu hemmen.
Beifpiele dieſes Rechte f. Bo. 1. S. 639 f. und in dem Art. Tribunus. [R.]
Intercido, Intereidöna, ſ. Deverra.
Entereisa (Tab. Peut. It. Hierof. ad Intercisa), ein Ort in Um⸗
rien, der feinen Namen von der auf bed Veſpaflanus Befehl kühn durch
Belfen gebrochenen Straße trug, beim j. Furlo (Mann.) ober Pietra Lata
(Rei). Diefe durchbrochene Felsparthie Heißt bei Aurel. Bict. Vesp. Pe-
tra pertusa (vgl. Procop. B. G. II, 11. IV, 28. Glaub. VI Cons. Hon.
500 ff.); und noch jeht verewigt eine roͤmiſche Infhrift an Drt und Stelle
das große Werl. Der Geogr. Rav. kennt noch Intercissa. [P.]
Enterdietum h. häufig jebe8 Verbot, 3. B. Paul. II, 19, 5. 11,
10, 1. Inst. IV, 15, 1. u. f. w., in einem befondern Ginn aber ein
Zwifgenfprug des Magifratus zwiſchen zwei Parteien (Gic. do rep. I, 13.
Intemum Mare 211
Inst. IV, 15, 1.), worin ein Befehl enthalten if, welger zum Gchug eines
faktiſchen Verhälmmifies erlaffen wird. Gehorchte die eine Barthel dem obrig⸗
keitlichen Ausſpruch, fo daß die anbringende Parthei zu Ihrem Zwed ges
langte, fo mar die Sache abgethan; gefhah dieſes nicht, ſo wurde bie nidht
gehorchende Barthel zwar nicht gezwungen, aber die anbringende Barthel
erhielt ein indicium, welches darauf beruhte, ob die andere Parthei wirklich
den obrigkeitlihen Befehl unerfült gelaſſen habe. Bat. IV, 141. fagt: nec
tamen cum quid iusserit fieri aut fieri prohibuerit, statim peractum est
negotium, sed ad iudicem recuperatoresve itur et ibi editis formulis (b. h.
nadbem bie Klage vorgebracht ifl) quaeritur, an aliquid adversus praetoris
edictum factum vit vel an factum non sit, quod is fieri iusserit. Das
Interdict diente, wenn es zum Prozeß Fam, als Aktionsformel für den Richter
(f. ®b. 111. ©. 508.), welcher die Sade nun unterfudgte und ben Bellagten
condemmirte oder freifprad. Gai. IV, 164. Diefer Interbiltenprozeß hatte .
mandes Eigenthümliche. was hier nicht näher erörtert werben kann. —
Der Urfprung dieſes Inflituts, iſt nach Niebuhr Nm. Bei. TI, S. 168 ff.
und Savigny (f. unten) in dem Beflgverhältniß und zwar in ber possessio
des ager publicus zu ſuchen. — Die Interbiftionsformulare, welche In dem
prätorifgen Edikt ſtanden, waren von feht verfehiebener Art und bezogen
fi theils auf res divini iuris, theils auf Sachen dem oͤffentlichen Gebrauch
gewidmet, theild auf Privatvermögen. Sie waren entmeber gebietenb (bie
f. g. restitutoria unb exhibitoria) ober verbletenb (prohibitoria), entweder
Gigenthum ober nur DBeflg betreffend u. f. w. 1. 2. D. de interd. (43, 1.).
Gic. p. Caec. 13. Diefe den Belle betreffenven f. g. poffefforifgen
Interbifte waren bie wichtigſten und find folgendermaßen zu orbnen: A. in-
terd. retinendae possessionis, um einen Beflg aufrecht zu erhalten, in dem
ſich Jemand befand, und vor allen Störungen zu ſichern: 1) interd. uti
possidetis bezog fih nur auf Grundſtũcke und vermied den Gtörenden zur
Ruhe mit den Feſt. v. possessio p. 233. ed. Müll. angegebenen Worten;
2) interd. utrubi possidetis bezog fih auf den Schuß in beweglichen Sachen.
Ueber beide f. Gai. IV, 148—153. 160. -B. interd. recuperandae poss.,
gerichtet auf Wiederverſchaffung eines verlorenen Befitzes, betrafen vorzüglich
den durch Gewalt (interdictum de vi, f. vis) oder den durch heimliche An
maßung (interd. de clandestina poss.) und durch Mißbrauch des bittweiſe
in den Befig gefommenen Beflgerö (interd. de precaria possessione ober de
precario) verloren gegangenen Befitz. C. interd. possessionis adipiscendae,
welche zu Erwerbung von Befl& führten, und zwar: 1) interd. quorum bo-
norum, wodurch ber prätoriiche Erbe (bonorum possessor, ſ. Bd. 1. ©. 1154 )
in den Beflg der Erbſchaft Fam, indem ein anderer Beflgergreifer den Befehl
erhält, den Beflg dem bonorum possessor abzutreten, 1. 1. pr. D. quor.
bon. (43, 2.). @ai. IV, 144. Savigny in Zeitſchr. f. geſch. Rechtswiff.
v,‚6.2—25.; 2) interd. Salvianum, woburd ber Bigenthlümer eines Grund⸗
Rüde in den Beflg der ihm im Kal ausbleibender Pachtgeldzahlung ver
pfändeten Sachen des Pachters trat. Bat. IV, 147. Huſchke in f. Studien
des Röm. Rechts S. 337—400. Franke, Notherbenreht S. 98 ff. Fabri⸗
ciuß, bie bonor. possessio S. 158 ff. 197 ff. — Literatur im Allgemeinen:
Saubold in d. Zeitſchr. f. geſch. Rechtswifſ. III, S. 358-388. v. Savigny,
das Met des Beflges, Gte Aufl. S. 445573. Zimmern, Nöm. Cloil⸗
Proz. S. 219—223. Klop in f. Anm. zu Gic. Neben I, S. 454—468.
Mein, Roͤm. Privatreht S. 506-517. Walter, Nöm. Rechtsgeſchichte
©.' 776-781. [R.]
Isternum Mare. Dad ganze in ber Mitte der den Alten bekannten
drei Welttheile Aurbende, im W. mit dem Freium Herculeum ober Gadi-
tanum beginnenbe und durch dieſes mit dem Oceanus Atlanticus zuſammen⸗
%
242 , Sstsrnum Binr®
Hängende, große Meer hieß bei den alten Roͤmern Mere Internum (Mela
I, 1, 4. Plin. III. prooem. II, 4, 5.) oder Intestinum (Sal. Jug. 17.
Flor. IV, 2, 76.), bei ven Griechen aber 7 rw Iadarza (Bolyb. 1, 39.
Auct. de mundo c. 3.) oder 7 arrog Hal. (Strabo II, p. 121. III, p. 139.
Appian. Mithr. 93. 94. Agathem. II, 4. Marcian. p. 65.) und vollſtaͤn⸗
viger 7 arros Hoankeior ornAor Hai. (Uriflot. Met. II, 1. Dion. Halic.
I, 3. Plut. Pomp. 25.); do nannten es die Alten als das die Küflen
Griechenlands und Italiens befpülende Meer au nicht felten ſchlechthin ihr
Meer (N nuerson Yad., Hecat. ap. Schol. Apollon. IV, 259.; 7 na® nuac .
Bar., Bolyb. III, 37. 39. Died. IV, 18. Strabo II, p. 121. Ptol. 11,5.
Appian. 1. 1. Agathem. II, 14; Mare nostrum, Sal. Jug. 17. 18.
@if. B. G. V, 1. Liv. XXVI, 42, 2, Mela I, 5, 1. Avien. or. mar.
v. 56. Vgl. Kapp ad Aristot. de mundo III, 6, 10. und Ideler Meteor.
vet. p. 5.); und. eben darauf beziehen ſich auch die Benennungen 7de 7
Bar. bei Herod. I, 1. 185. IV, 39. 41. Ariſt. Meteor. U, 2. u. U. (vgl.
Schweigh. ad Appian. praef. c. 1. und Wefjel. ad Diod. IV, 18.) und
n dsdpo Bar. bei Mar. Tyr. XLI, 1. Bon ältern Schrififtellern, die fein
Berhältnig zum großen Weltmeere noch nit Fannten, wird ed auch das
große Meer genannt (7 ueyada BaA. bei Hecat. p. 39. u. 148., und
daher Mare magnum bei Oroſ. I, 1.), mit melden Namen fonft ges
wöhnlich der Atlantifhe Ozean bezeichnet mird. Der Name Mare Mediter-
raneum aber iſt unklaffifh, und kommt erfi bei Späteren, 3.8. bei Solin.
c. 22, 18. vor. E& war nah Plat. Tim. p. 25. A. (T. IX. p. 296.
Bip.) und Dion. Per. v. 45 ff. nur ein Bufen des Außern oder Atlantiſchen
Meered, und wurde fon von den Alten für Fein urfprüngliches, fonbern
erſt foäter entweder durch den Einbruch des Atlant. Ozeans, oder durch eine
Ergießung des Pontus Burinus entflandened Meer angeſehen; obgleih Ans
bere wieder glaubten, e8 ſei früher ein Binnenmeer gemefen, und babe ſich
erft dur einen Durchbruch der Landenge bei den Säulen des Herkules mit
bem Atlant. Meere vereinigt (Strabo I, p. 38. 49. 51f. 36.). Die Meiften
erklären fi für die Anſicht, daß das Mittelmeer fein Waffer dur vie
Meerenge bei ven Säulen aus dem Atlant. Ozean empfange, und fi wieder
in den Pontus Gurinus ergieße (Auct. de mundo c. 3. Stob. 1, p. 654.
vgl. mit Plat. Tim. 1. 1. Ugathem. II, 14. Mela 1,.1, 4. 1,5, 3. Blin.
VI, 1, 1. Macrob. Sat. VII, 12. Seolin. c. 18. Avien. or. mar. v. 392.
u. A.); Undere dagegen behaupten gerade Im Gegentheil, daß das Waffer
aus dem Pontus ind Mittelmeer fließe (Ariftot. Met. I, 1. Solin. 1. 1.
Apien. v. 245 f.). Die erflere Anflcht iſt unftreitig die richtigere (vgl. Dus
reau de la Malle G6ogr. phys. de la mer noire p. 348. und Lin Urmelt
und Alterth. IE. S. 82.); doch laſſen fi beide Annahmen recht gut mit
einander vereinigen, indem allerdings ein beſtändiges Einftrömen des ſchwarzen
Meeres in das Mittellänvifche Statt findet, dieſes aber mit dem Atlantifhen
ſo zufammenbängt, daß, während es felbft ſechs Stunden lang in den Ozean
fluthet, dieſer bagegen achtzehn Stunden lang in jened firömt (vgl. Kants
Phyſ. Geogr. I, 1. S. 109 f.). Ueber die Ausdehnung des Mare Internum
berrfchten zwei verſchiedene Meinungen. Nah Agathem. I, 8. und Mela I,
1, 5. reichte es vom Fretum Gaditanum bis zur Palus Maeotis (j. Meer
von Aſow), die Meiften unter den Alten aber laſſen es beim Helleſpont
enbigen und feben den Pontus Euxinus ald ein befonderes Meer an. Den
Umfang beſtimmt Agathem. am a. DO. zu 139,072 Stav. (nämlich längs der
europ. Kũſte von der Meerenge bei den Säulen bi6 zur Mündung des Tanats
zu 69,709, Jängs der aflatifgen von letzterer bis zur kanopiſchen Rilmündbung
u 40,114, und längs ber afrikaniſchen von da bis Tingis zu 29,252 Stad.),
grippa bei Plin. VI, 83, 38. aber zu 10,056 zöm. Mil. Was die Tiefe
Entesssrds — YIntesgees u 218
betrifft, fo hielten Ariftoteles (Meteor. II, 1.) und Voflbonius (bei Straße
I, p. 93.) das farbolfhe Meer für den tiefflen Shell des gemeflenen oder
überhaupt meßbaren Meeres, und Letterer beflimmt feine Tiefe zu 1000
Orgyien ober Klaftern. Daß das Mittelmeer die Erfcheinung der Ebbe und
Fluth nur in geringem Grade zeigt, Fonnte ſchon den Alten nicht entgehen.
Am meiften zeigt fie ſich nod an den beiden Syrien, und ſelbſt innerhalb
ihres Beckens (vgl. Scylar p. 49. Mela I, 7, 3. Bolyb. 1, 39. Dionyf.
v. 201 ff. Schol. Apollon. IV, 1235. Izſchucke ad Mel. 1. I. Bähr ad
Herod. II, 150. IV, 169. Udert Geogr. d. Gr. u. Röm. II, 1. ©. 76.
Note 47.), ſetzte aber Hier die Mömer ſelbſt noch im Jahr 253 v. Chr. in
Furcht und Schreden (Polyb. I. 1. vgl. mit Cäſ. B. G. IV, 29.). - Außere
dem bemerkte man fie au an den Küften Mazedoniens (Herod. VII, 129.),
im Adriat. Meere, an den Küften Spaniens u. ſ. w. (Strabo IV, p. 212.
XVII. p. 835 f.). Bgl. Dionyf. v. 198. Appian. res Hisp. VI, 21_ Glaub.
VI. Cons. Hon. 495 ff. und Seaccia Osservazioni intorno el flusso e el
reflasso del Mediterraneo in Bibi. Ital. 1819. Maggio. p. 211. @ine ziemlich
allgemeine Annahme endli war ed, daß das Mittelländ. Meer immer mehr
ſinke, daß feine Waflermafle fich ſtets verringere und fich immer weiter von
ven Küften zurüdziche (Kutan. IX, 303 ff. vgl. Plin. IL; 85, 87.), fo daß
gewiß mande jet erfäheinenve Infel, wie Delos und Rhodus, einft von deu
Wogen ded Meeres bedeckt geweſen wäre (Philo: quod mund, sit incorr.
p. 959. vgl. Plin. II, 87, 89.), andere dagegen auch ihre Infelnatur vers
loren hätten und jegt mit dem Zefllande zufammenhingen (Strabo I, p. 60.
Blin. 11, 85, 87. 89, 91. u. f. w.). Vol. Forbigers Handb. d. alt. Geogr.
I. ©. 646. Uebrigens gab man den einzelnen Theilen des Mare Internum,
größtensheil® nad ven Ländern, bie ed beipülte, verſchiedene Namen! Es
umfaßte nämlid in feiner weiteflen Ausbehnung in der Richtung von W.
nad D. folgende einzelne Meere (von denen in befondern Artifeln gehandelt
wird): Mare Hispanum, Ibericum ober Balearicum, M. Gallicum, M. Sar-
“doum ober Sardonicam, M. Ligusticum, M. Tyrrhenum, Tuscum oder In -
ferum, M. Siculum, M. Adriaticam oder Superum, M. Jonium, M. Ae-
gaeam (mit den linterabtheilungen M. Thracium, Myrtoum, Icarium,
Creticum), M. Carpathium, M. Pamphylium, M. Cilicium, M. Phoenicium,
M. Aegyplium, M. Libycum, Hellespontus, Propontis, Bosporus Thracius,
Pontus Eusinus, Bosporus Cimmerius und -Palus Maeotis. [E.]
Enterocr&a, Gtadt (Str. 228. xwun) der Sabiner im Innern von
{Pl j. Introdoco oder Antrodoco, Tab. Peut. (Interocreum). It.
Ant. [P.
Interpres fommt vor ald Mittelöperjon in verfchtebenen Beziehungen,
3. B. bei Kaufverhanblungen, mo es f. v. a. Mäfler if, Salmaf. plin.
exereit. p. 708. de usur. p. 476., bei Geſpraͤchen von Menſchen verſchie⸗
dener Abflammung und abweichender Sprade (ſ. v. a. Dollmeticher), Ifidor.
orig. X, h. v. p. 1076. ed. Goth. @ic. p. Balb. 9. 11. Plin. H.N. Vi, 5.
Solche interpreies werden im Senat bei Verhandlungen mit fremden Ge⸗
fandten zugezogen, Gic. de div. II, 64. de fin. V, 29., fie find Begleiter
der Statihalter in die Provinzen u. ſ. w. ic. Verr. 111, 37. ad div. XIII, 54.
Dirkfen in civiliſt. Abhandi. I, Berlin 1820. S. 10 ff. Endlich find bie
interpretes zu nennen, welche als Uinterhändler bei der Beflehung (fle werben
zwar nur bei Beflehung der Michter, nicht der Wahlcomitien erwähnt, find
aber doch vielleicht auch bei legtern thätig geweien) angewandt wurden (ver⸗
wandt ben divisores, ®b. II. S. 1185 f. und sequestres, f. d. Art.). Die
Haupiſtelle if Gic. Verr. act. 1, 12. qui aut deponere (von dem Beſtechen⸗
den), aut recipere (von ben seguestres), aut accipere (von den Richtern),
aut polliceri (van den interpretes gejagt), aut sequestres aut interpreies
214 Entesrex — Interrogatib
corrumpendi iudicii solent esse und Pf.Ascon. ad h. I. 145. Orell. inter- |,
pretes, per quos inducitur pactio. Sie ſuchen bie Richter durch ihre Ver⸗
—— pe gewinnen und unterhandeln ganz im Namen ber Sauptper ||
fonen. |
Interrex und interregaum. Der Urfprung dieſes Inftituts iſt in |
ber Königszeit zu ſuchen, mo allemal nah dem Tod bed Königs Zwifchen- |
magiftrate, Interregen genannt, deſſen Stelle vertraten, weshalb Paul. Diac.
v. interregnum p. 110. Müll. erflärt: spatium temporis, quousque in loco
regis mortui alius ordinetur. Zum erflen mal geſchah dieſes nad dem Tode
des Nomulus, Xiv. I, 17. Cic. de rep. II, 12. Plut. Num. 2. Dion.
II. 57 f. App. b. c. I, 98. und dann allemal. Die zehn Erflen des Senats
füllten abwechſelnd jeder fünf Tage lang die Eöniglihe Würde aus, was fo
lang fortgefegt wurde, bis ſich Die Interregen über die Wahl eines Nach⸗
folger8 vereinigt Hatten. Dann ſchlug ber interrex biefen dem Senat vor
(rogare), und menn biefer Damit übereinfimmte (senatus auctoritas), fo
bielt ver interrex die gewöhnlichen Wahlcomitien. ic. de rep. II, 17. Dion.
DI, 1. 36. 46. IV,40.75. Zon. VII,S. — In der republikaniſchen Periode
blieb dieſes Inflitut, nur mit dem Unterſchied, daß der interrex von ben
patrieifhen Mitgliebern des Senats. erwählt wurde (count ad prodendum
interregem), Cic. de leg. III, 3. or. p. dom. 14. Dion. VIII, 90. Liv.
IV, 7. VI, 41. Accon. argum, p. Mil. p. 32. Orell. Dio Taff. XLVI, 45.
Huſchke, Berfafl. d. Serv. Tullius ©. 405. Der interrex wurde nämlid
dann gemählt, wenn beide Cofſ. geflorben waren oder wenn fle ihr Amt
niebergelegt hatten oder fonft ein Hinderniß fie abhielt, fo daß eine Magi⸗
ſtratsperſon nörhlg war, die Wahlcomitien der neuen Gonfuln zu halten
(do konnte auch ein Dictator zu biefem Behuf ernannt werden). Den erfte
interrex bielt aber die Wahlcomitien in ver Megel nicht, fondern er ernannte
einen Zweiten, weldder mie der Erſte fünf Tage die Würde begleitete und
die Gomitien Hielt oder einen Dritten ernannte. Ascon. Mil. 5. p. 43. Orell.
Rubino, Entwillungsgang d. Röm. Verfafſ. I, S. 92 ff. Ja es Fam vor,
daß eine ganze Reihe von Interregen ernannt wurden, woburd große Störung
eintrat, wedhalb die Volkstribunen fi der Wahl derſelben zumellen wider:
ſetzten. 2iv. IV, 43. ©. noch im Algen. Liv. IV, 50. V, 17. 31. VI,1 9.
36. 41. VII, 17. 21. 22. 28. VII, 3. 17. 23. (mo vierzehn Interregen
erwähnt werben.) X,7. XXI, 33 f. Dion. VIII, 90. IX, 69. XI, 62. App.
b. c. I, 98. Dio Gaff. XXXIX, 27. 31. XL, 45. Plut. Marcell. 6.
Pomp. 54. — Aus den cit. Stellen ergiebt ſich, daß dieſe außerorbentliche
Magiftratur noch in den letzten Zeiten des Freiſtaats vorfam; in der Kaifer-
zeit war natürlich nicht mehr daran zu benfen. Greuzer, Abriß der Möm.
Antiq. S. 237 f. [R.]
Interrogatio, i) in iure war bad nad altem röm. Recht dem Kläger
‚vor dem Prätor (in iure, als e8 no nicht zum iudicium gefommen mar,
f. beide Art.) zuſtehende Net, ragen an ven Beklagten zu flellen. Sole
ragen waren 4. B. an quis heres sit et quota ex’parte; ulrum quis in
potestate vel dominio alterius sit; an fundum possideat, quo de agitur:
an res sua sit eic. In ber Antwort ded Beklagten lag entweder ein, Ein»
räumen bed Rechts des Klägers, und dann mußte der Beklagte fogleih das
Berlangte leiften, obne daß der Prozeß forigefegt wurde (f. confessio, Bod. II.
&. 589.); oder er läugnete, wenigſtens theilweiſe, und in diefem Ball galt
die Ausfage wie litis contestatio (ſ. d. Art.), fo daß die Erklärung in die
Formel kam, worauf ber Richter in iudieio das Nähere zu unterfuchen hatte.
S. Tit. Dig. de interr. in iure fac. (11, 1.). Zimmern, d. Röm. Civil⸗
Proz. S. 377—331. Mein, Röm. Vrivatrecht ©. 472 f. — 2) Im Eri-
minalprozeß war bie interrogatio ein befonderer Aft, welcher vorgenommen
Entestabtils — Entihllis 215
murbe, wenn fi der Angeklagte bei der nominis delatio eingefunden hate,
ehe es zur ‚inscriplio und subscriptio kam (f. inscriptio). Der Ankläger
zichtete nämli an ben Angellagten mehre Fragen in Beziehung auf die
Hauptpunkte der von ihm anzuftellenden Anklage. Liv. XLV, 37. (nomen
deferret et legibus interrogaret). or. p. dom. 29. Sall. Cat. 18. 31.
Bell. Mer II, 13. Xac. Ann. XIV, 46. XVI, 21. Pf. Fr Verr. act.
1, 2. p. 128. Or. und zu 2.1.11, 3. p. 206. Or. Schol. Bob. p. 342. Or.
Srmöhnlic glaubte man, daß wenn der Angeklagte das ihm Borgemorfene
eingefland , der Prätor fogleih die Strafe ausgeſprochen hätte, ohne daß bie
Sache von den Nichtern wäre entfhieden worden. So meinen Sigon.,
Briffen., Matthäus, Heinecc. Heyne u. U., allein Geib, de confessionis
effectu in processu crim. Rom. Turic. 1837. und Grim. Pros. ©. 272 ff.
Hat nachgewieſen, daß fogar, wenn der Angeflagte bei der interrogatio ein⸗
geftand , ein förmliches Gericht gehalten werben mußte, und daß bie iudices,
nicht der Prätor das Schickſal des Angeklagten beftimmten. Cic. Verr. I, 5.
III. 95. IV, 47. V, 64. p. Ligar. 1. & ſ. w. Vgl. au confessio, Bd. II.
S. 589. und Gelb am a. D., nebſt S. 552. Eu per Kaiferzeit hörte die
interrogatio des Givil» und ed Griminalprozeffed auf. — 3) Das Befragen
der Zeugen f. bei testis.
Untestabilis h. eigentli einer, welchem durch irgend ein Geſetz bie
Fähigkeit, ein Zeugnig abzulegen, abgeſprochen mworben if. Gell. VI, 7.
7 ad Hor. Serm. II, 3, 181. Inst. II, 6, 10. und Schrader adh..
Ifidor. X, p. 1077. Gothofr.; ; dann aber tft die Bedeutung erweitert worben,
jo daß intest. auch den bezeichnet, welcher unfähig iſt, Andere als Zeugen
zuaugleben — er Tann alfo auch Eein Teflament machen, ja fogar nad Cinigen
ein Teflamentöerbe werden, Schol. Cruq. ad Hor. I. Theoph. paraphr.
11, 10, 6. Beide Bedeutungen werben erwähnt 1. 18. $. 1. D. qui test.
fac. (28, i.) und 1. 26. eod. Endlich h. intestabilis im mw. nicht techniſchen
Sinn ein Menſch, welder ber bürgerliden Ehrenrechte unwerth ift, Fein Zus
trauen verdient, und überhaupt ein ebrlofer, verächtlicder Menſch ii ; „1
intest. bei Sadufl. Jug. 67. Tac. Ann. XV, 55. Hist: IV, 42. u. f. w.
Gewoͤhnlich wird dad Wort improbus, welches in der alten Geſetzeoformel
mit intestabilis verbunden war, neben biefes Wort geftellt. — In ben XII
Tafeln war über den Padquillanten die Strafe der intestabilitas ver- -
hängt, fo deß derſelbe von nun nicht sub räbig Im job, ein Zeugniß
abzulegm, 1. 21. pr. D. testib. (22, 5.). 1. 5. $. 9. 10. D. de iniur.
(47, 10.). h 18. $. 1. D. qui test. (28, 1) deogieichen über den, welcher
zu einem feierfiden Zeugniß eingeladen, dieſes nicht ablegt, nachdem er ed
vorher angenommen hatte, Gel. XV, 13. Später war aud über den des
erimen repetundarum Gondemnirten dieſelbe Strafe ausgeſprochen, 1.19. pr.
D. de testib. (22, 5.). 1. 20. 6. 5. D. qui test. fac. (28, 1.). 1.6. ©. 1.
D. ad I. Jul. repet (48, 11.). Baull. III, 4. A. 13. a., bdeögleichen über
die condemnirten Ehebrecher und Chebrecherinnen, 1. 14. 18.
D. testib. (22, 5.). Unter den chriflligen Kaifern wurden Die Keper,
namentlich die Manichäer, als intestabiles erklärt, 1. 3. C. Th. de apostat.
(16, 7.). 1. 18.7. 9. 65. C. Th. haeret. (16, 5.). Alſo ift intestabilitas
nicht identiſch mit der prätorifchen infamia, fondern weit beichränkter, als
diefe, und nur auf die Ausfchließung von einigen bürgerliden Rechten fih
beziehend. Literatur: ©. die bei infamia und ignominia citirten Schriften,
namentlih Marezoll S. 85—94. [R.]
Untibills, 1) Stabt in Hiſp. Tarrac. an ber Sıraße von Dertofa
nach Balenila, beim f. S. Mattheo, It. Ant. Geogr. Nav. — 2) Stadt
ann ei. —* unweit Illiturgis, Liv. XXIII, 49. vgl. Frontin. Strateg.
| 216 Entonsus — Lo
EIntensus (axepomoung), Beimort des Apollo und Bacchus, bie unge
foren heißen mit Beziehung auf ihre ewige Jugend, wie fle der griechiſche
Mythus von Ihnen ausfagt, Kom. Il. XX, 39. Hymn. in Ap. 134. Ser.
Epod. XV, 9. u. And. Der tiefere Grund diefer Bezeichnung mag wohl in
fideriſchen Beziehungen zu fuchen feyn, indem die Haare der Sonnengötter
als Strahlen der Sonne zu faflen find (man ſehe Intereflantes barüber bet
Nork ſymb. Wb. II, 133.), fo daß der Deus intonsus den Sonnengott vor
bem Sommerfolflitium bezeichnete, mo fein Strahlenhaupt am hellſten glängt,
wie umgekehrt die phöntzifhen Solymer zooyoxovgidss (ringôgeſchorene)
Sofeph. c. Ap. I, 21. heißen, weil fle ihrem Saturn, dem Tahlen, winter
lichen Sonnengott, dem Feinde aller Vegetation zu Ehren das Zeichen ber
Keuſchheit, die Tonfur, trugen. [ Mzr.]
Intuergi, ein deutſches Volk, nah Ptol. zwiihen dem Rhenus und
dem Upnoba-Bebirge, alio in der Ober⸗Rheinebene auf deutſcher Seite:
Näheres läßt fich nicht angeben. [P.]
EInuca (im It. Ant. p. 25. 45. u. 50. fälfhli$ Unuca), ein auf der
Tab. Peut. erſcheinendes Städten in Zeugitana, 22 Mil. weſtlich von
Karthago, in den chriftliden Zeiten Sig eined Biſchofs (Coll. Cone. p.
128. 187.). [F.]
Inventor, Beiname des römifchen Jupiterö, man |. den Art. Hercules,
Br. II. ©. 1177. [Mezr.] j
Invidia, ald Tochter des Pallas, eined Biganten, und ber Styr perfo-
niflzirt. Ovid. Met. II, 760. Hyg. Praef. [ Mzr.]
Euuws von inire sc. feminam (&piadrns), Beiname des Lupercus, des
Befruchters, Hartung Rel. d. Nöm. II, 178.; f. Lupercus, Mars. [ Mzr.]
EInfcum;, ein nur von Griechen ermähnter, vermutbli frühzeitig unter»
gegangener Ort auf Sicilien in zweifelhafter Lage, unmeit Selinus am Hypſas
wie es ſcheint; nach Andern j. Calda bellota. Herodot VI, 23 f. und daf.
Bald. Nah Plato Hipp. m. p. 282. E.$.5. war es ein fehr Heiner Ort.
Bauf. III, 4, 5. Xelian. V. H. VI, 17. Steph. Byz. Kelch. (Zruß).
Ob das Ina des Ptol. und Geogr. Nav. derſelbe Ort, ift nicht ſicher. [ P.|
» Ko. Um eine genügende Ueberfiht von ven vielen Zragen zu geben,
welche fih an den Sagenkreis der Io anknüpfen laflen, handeln wir zuerfl
von ben betreffenden Localfagen, dann von den durch Sagenfchreiber und
Dichter vorzüglich audgebildeten Irren der Io, endlich von den mandherlei
Deutungen, welche dieſe Babel bei älteren und neueren Mythologen gefunpen
hat. 1) Localfagen. Die eigentliche Heimath iſt Argos, mo das Wefen
der Io aufs engfte mit dem bortigen uralten Zeus» und Heredienſt ver:
flochten ifl. In den chronologifhen Tabellen, welche fih aus alten Auf—⸗
zeichnungen der Priefterinnen dieſes Dienfled frühzeitig bildeten, fand Jo
unter dem Namen Kaddıdon ober Kadkı:dvia an der Spige biefer Priefterinnen
(f. de Hellanico Lesbio p. 40.). Genealogifh gilt fie gewöhnlich für bie
Toter des Inachos, bed angeblihen Stifierd bed Herebienfled, bei Andern
für die des Jaſos oder des Peiren. Zeus liebte bie Prieflerin und verwan⸗
delte fle der eiferfüchtigen Here wegen in eine weiße Kuh, um jeden Umgang
mit ihr abſchwören zu Fönnen, ein Beifpiel, worauf fi nachmals mandder
in Liebesſachen Metneiviger berief (Apollodor: dio gras 'Hoiodo; ovx amı-
onaodnı nv ano rar Bew Opyr-» ToUg yıroussovs ÖpXov; VAREL &0WwTog).
Here erbat fih darauf von Zeus die Kuh und fehte ihr Argos den AU:
ſehenden (naronıns) und Schlaflofen zum Wächter. Diefer band die Kuh
Jo an einen Delbaum des Hained ber Gere zu Mykenä. Hermes aber erhielt
von Zeus den Auftrag. die Ruh zu entführen; ein Sperber meist ihn zuredt ®,
® Diefer Sperber (ipat. zzixor) iſt Zeus felöft, ſ. Suidas s. v. "In.
” 217
worauf ‚er ben Argos dur einen Steinwurf tödtete. Here aber ſchickt num
Der Is eine Bremfe (ooreos, (vgl. Virg. Georg. III, 148 ff. ) die fle durch
alle Welt jagte, bis ſie am Nil Ruhe fand. Das iſt die gewöhnliche Kabel,
die uralt fein muß, da fon Homer den Namen bed Hermes Apyssporıns
kennt (ID. II, 103. XXIV, 182.), wie denn nad ihm Beflob in den Cöen
und im NANegimios (Müller Dor. I, 29, 1.), Akufilaod und jeder myihifche
Dichter und Mythenſchreiber dieſe vielbeliebte Sage vorjufragen pflegte (ſ.
bei. Avollob. II, 1, 2. und Hygin fab. 145.). Kleinere Abweichungen finden
Statt in ber Angabe bed Locals, welches urſprünglich, wie bei Apollodor,
der Hain zu Mykenä gemefen zu ſein fcheint, mo überbied der Drt Evßoa
feinen Namen von der Waide der Jokuh Hatte, während andere Meferente
Die Scene nah Nemea verlegen (Lucian. deor. dial. III. Etym. M. ’Agss '
09); dann über bie Urt der Tödtung, wo die gewöhnliche Erzählung ift,
Argos fei zuerfi von Hermes dur fein Spiel auf der Mohrflöte eingeſchlä⸗
fert unb dann enthauptet worden; endlich in dem Zufage, die Augen bes
tönteten Argos fjelen von ber Gere auf ihren Lieblingdvogel, den Pfau,
bertragen worben (Ovid Met. I, 722.), oder, wie der Dichter Moſchos
Id. 4, 59. in ver Beſchreibung eine goldnen Korbes erzählt, aus dem
purpurnen Blute des Getöbteten babe ſich der Vogel erhoben, prangend mit
der blumenreichen Farbe feiner Fittige. Don befonderem Interefie aber find
für die ganze Babel die neuerdings von Panofka Ichrreih zulammengeftellten
graphiſchen Darftelungen alter Kunſtdenkmäler, ſ. Tb. Banoffa, Argos Pa»
nopteß, eine arhäol. Abhandl., Berlin, 1838. 4. Argos nun if durchaus
ald die Heimath der Io anzufehen, wie ihr denn dort aud ein eigenthüm«
liches Trauerfeſt gefeiert wurde (Suidad v. Tö*). Wo ihre Fabel fi ſonſt
noch localifirt Hatte, dahin war fie theils durch Golonialverhältniffe, theils
durch andere Beziehungen übertragen, meiſtend zugleich mit dem ihr aufs
Engfte verbundenen Heredienſte. So auf Bubda, der vielfach mit biefer
Religion, ven welcher fle wohl aud ihren Namen hatte, durchwebten Infel,
wo man gleihfalld die Stätte zeigte, no Io gemorbet, und eine Höhle, wo
fle ben Cpaphos geboren haben follte (Strabo X, p. 320. T. Steph. Byz.
v. Apyovoax. Etym. M. v. Evßoia). So ferner in Byzanz, mohin mit
megeriihen Goloniften auch Argiver gefommen waren, welde mit ihrem
vaterländifgen Heredienfle ash die Jofabel dort angeflevelt hatten (Müller
Proleg. ©. 132 ff), und wo namentlich der Bosporos feinen Namen von
der hinüberſchwimmenden Iofuh erhalten hatte, worauf die zahlreihen Münzen
von Byzanz, welde mit dem Bilde der ſchreitenden Kuh geprägt find und
die Legende IIv haben, zu beziehen find (Pinder Annal. de l'Inst. Aroh6ol,
VI. P- 307.). Vom thrakiſchen Bosporos verpflanzte ſich dann meiter unter
äbnlihen Localverhältniffen die Sage an den Timmerifhen Bosporos bei
Pantifapäum. Berner zeigten Tarfos und Antiohien Monumente, melde
bie Ankunft der Io in ihrer Gegend und damit zugleich ihren Urfprung von
ben Argivern beweijen follten (Demeter und Perſeph. S. 301. D. Müller
Antigq. Antioch. ß 18.). Auch in Jope und in Aethiopien ſollte Jo ge⸗
weſen fein, an beiden Stellen zugleich mir Perſeus und der Meduſa (Tzetz.
zu Eycophr. v. 835. u. 836.). Endlich aber und ganz beſonders vindicirten
© Bon einer Verehrung ber Jo in ber gefchichtlihen Zeit if zwar Nichts bes
tanıze; daß aber ſolche flattgefunden, möchte hervorgehen aus Valdphatud p. 43.
und Strabo XIV, p. 673.. mo erzählt wird, ‚die Argiver haben bie To gefucht und
Re feftgebanden, wenn fie gefunden war.’ Den Gtun biefer Sitte vermögen wie
kaum zu entziffern. Schwenk In feiner nenen Mythol. der Griechen ©. 55. fieht
darin eine Beziehung auf eine Wermählung. [Mar.] ur
IV. -
IT Io
bie Hellenen Aegyptens dieſ em Lande bie Ankunft ber Jo, wo fie unte
ber Berührung des Zeus am Nil den Epaphos gebiert und ſelbſt den Sfle
dienſt fliftet, während Cpaphos der Stammovater eines Geſchlechtes wirt
aus welchem auch Danaos ift, der fpäter nad Argos Zurückkehrende. Hie
haben fider gewiffe Anklänge religtöfer Vorftelungen, namentlih die Kuh
- geftalt Beranlaffung zur Aſſimilation der Io und der Ifis gegeben, wel
nachmals geradezu identificirt wurden (Herod. I, 1 ff. u. II, 41. zo ya,
rijß Tolos ayalıa 809 yuraımmioy fovaepwr Sori, naranep "ElAnves Tn
'Iovr yoayova). Die Ausbildung der Sage aber In ver Geflalt, wie fi
bei Apollodor u. U. vorliegt, ſcheint von Kallimachos ausgegangen zu fein
welder eine Tovs agıdız gedichtet hatte (Suidas v. Kaddiuayog), von welchen
Gedichte einige Grundzüge in dem von Dfann befannt gemachten Callimach
de sacris in Osiridem defunctum celebratis fragmentam, Gissae 1829. 4
erhalten find. — 2) Die Irren der Io. Die Dichtung von Ihnen ſchein
fo alt zu fein mie ber Mythus von der Io überhaupt, nur gewannen ir
Wanderungen an Umfang und Abentheuerlichkeit in demſelben Verhältniß
als fich der ethno⸗ und geographiſche Geſichtekreis des Volkes und der Kabel,
dichtung erweiterte, nur daß die Richtung diefer Wanderungen im Allge
meinen immer durch bie vorhin bemerkten Localſagen, namentli die an ber
beiden Bosporos und in Aegypten, bebingt blieb. Für uns iſt von befon:
derer Wichtigkeit die Darftelung in Aeſchylud' Prometheus v. 705 ff, ob:
glei es überaus ſchwierig iſt, ja unmöglich zu fein ſcheint, die Phantaflı
des Dichters mit unfern Kenntniffen und Vorftellungen von der mythiſchen
Geographie der Alten in Binflang zu bringen. (vgl. außer den’ Auslegern
Weller, die Aeſchyl. Tril. Prometheus ©. 137 ff. Klaufen im Rh. Muf
von Niebuhr und Brandis III, 3. S. 293-323. Bölder Myth. Geogr
d. Griechen u. Römer Ifter Thl. Leipz. 1832. 8.) Von Argos fommt Je
zuerft nah Moloffle und in die Gegend von Dodona; von da and Meer,
welches von Ihr den Namen des ioniſchen bekommen; dann nad vielen Im:
ſalen (nadıumdayrrom 8o0u0s) durch den unbekannten Norden zu dem Orte,
wo Prometheus angeſchmiedet if. Da diefer von feinem Standpunfte aus
ihr die weitere Fahrt vorzeichnet, fo Tommt für die Erklärung bed Folgenden
Alles darauf an, diefen Standpunkt ſelbſt ficher zu firiren, was aber kaum
erreichbar iſt, fo dunkel Ift die Andeutung des Dichters und fo fehr ſchwanken
die Ausleger. Nah den Angaben des Stüdes ſelbſt wäre jener Ort im
europäifen Scythien, etwa nörblih vom Iſtros anzufegen, und biefer Mei-
nung iſt mit den älteren Auslegern Völder; weil aber in dem Iehten Städt:
der Aeſchyleiſchen Trilogle und in der fpäteren Fabel immer der Kaukaſus
als Ort der Strafe genannt wird, fo entſcheiden fi Welder und Klaufen für
diefen, wiewohl auch fle wieder über den Ort am Kaukaſus, wo Prometheus
angeſchmiedet zu denken wäre, unter ſich uneins find. Setzt man ven leidenden
Titanen in den europälfhen Norden, fo würde fi das Folgende (v. 705 ff.)
etwa fo orbnen. Io werde, fo weiffagt Prometheus, zuerft gegen Morgen
wanbern, durch unbekannte Fluren, zu den nomabiflrenden Scythen (fpäter
oberhalb Olbia), die fle vermeiden folle fo, daß fle dur ihr Land Länge
dem Meere hingehe. Darauf werbe fie links die Chalyber haben (mahr-
fSeinlih die Kimmerier, welche früher die Krym und dad anfloßende Scy⸗
thien, fpäter die Gegend bei Sinope bemohnten), vor denen fie fi gleichfalls
zu hüten habe. Nun werde fie an den Fluß Hybrifled gelangen (Don ode
Kuban), den fie bis an feine Quelle auf den höchſten Bergen des Kaufajus
verfolgen folle, wo fle ihn erſt überfägreiten Eönne. Hierauf folle fie RS
ſüdlich wenden, wo fle auf. Die Amazonen treffen würde (damals noch in
Kolchis), welde fpäter in Themiskyra am Thermodon wohnen wärben. Bon
ihnen geleitet würde fle babin gelangen, wo die Salmydeſſiſche Klippe bis
zo 219
Shlfahrt bedrohe; eine fo gut zutreffende Anbeutung der thrakliſchen Küſte
nördli von der Mündung ded Bosporos (Völcker S. 202 ff.), daß anzu»
nehmen, der Dichter babe die So den thrafiihen Bosporus von Aflen nad
Europa überjegen lafien. Bon da führt er fie an ven kimmeriſchen Bos⸗
poro8, der von ihr feinen Namen erhalten werde und über dad Maͤotiſche
Meer; wo fle alfo zum Theil viefelben Gegenden noch einmal berühren werde,
nur daß fie früher nicht den kimmeriſchen Bosporos durchſchwamm, fondern,
wie es ſcheint, dem nörblichen Feſtlande nachging. Darauf werde fle Buropa
verlaffen und nah Aflen kommen; wobei ber. Dichter die Mäotis ald Grenze
der beiden Erdtheile zu feßen ſcheint, da er fonft ven Phafis als ſolche an⸗
nimmt. Die Befchreibung wird dann v. 788 ff. wieber aufgenommen. Nach⸗
dem fie über die Furth, melde die Feſtlande trenne, gekommen fel, werde
fie zu dem brennenden Sonnenaufgange geführt werden. Hier iſt eine Lüde,
wo bie Irrfahrt der Jo durch Aflen wahrſcheinlich weiter ausgeführt und
dortige Wunder aufgezählt wurden (Klaufen S. 307.). Dann, heißt e8
meiter, werde fie wieder ein Meer durchſchwimmen, bis fle zu den Gorgo⸗
näifchen Fluren Kiſthenes (eine unſichere Lesart; die Scholl. erflären es für
‚eine Stadt Aethiopiens oder Kibyend) gelangen und bort auf bie Gräen und
Gorgonen treffen werde. Jenes Meer ift wahrfcheinlih der f. g. indiſche
Bosporos (Sieph. Byz. v. Boonopos. Euftath. zu Dion. Per. v. 143.), eine
Enge des rothen Meeres, wo man ſich bie beiden Erbtheile in ihren ſüdlichſten
Griremitäten, Indien und Xeibiopien, gegen einander geneigt dachte. In
eben diefe Gegenden wurden von Einigen die Gorgonen geſetzt (Scholl. Pin.
Pyth. X, 72.), fo daß aljo Hier Alles wohl zufammentrifft. enn aber nun
in den folgenden Berfen plöglich von ven Greifen und Arimaspen bie Rede
ift, melde Wunderweſen befländig dem Norden vinbichrt werben, fo find
diefe Gefahren bier wohl nur ver fachlichen Verwandtſchaft, nicht ber ört⸗
lichen Nähe wegen und nachträglich aufgeführt. Bon den Gräen und Gor⸗
gonen werbe Jo zu den Schwarzen kommen, melde um den Duell ber Sonne,
am Sluſſe Aethiops (der obere Nil oder Niger) wohnten. Dem Laufe diejes
Fluſſes tolle ſie nachgeben, bis fie zu den Kataralten des NIS gelange,
deſſen Strom fie dann zu dem Nilvelta geleiten werde, wo enbli die Er⸗
Iöjung ihrer warte. So führte die Phantafle des Dichters die alfo leidende
Seroine dur alle Erdtheile und an den Grenzen des Erkundbaren und
Babelhaften bis zu dem vorgefchriebenen Ziele, wie benn bie Dichter, ins⸗
beſondere die dramatifhen, folge Mythen mie die von der So, von ben
Wanderungen bed Herakles, des Phrixos und der Helle, des Triptolemos
nad Moͤglichkeit auszubeuten pflegten, um ihren Zufhauern nicht geograpbifche
Kennmmiſſe beizubringen, ſondern ihnen einen romantifden Hintergrund aben⸗
iheuerlicher Fernen und buntgemiſchter Namen aufzuſchließen. ie frei die
Dichter bei ſolchen Beſchreibungen verfuhren, lehrt Aeſchylus ſelbſt, Schup-
flehende v. 348 ff., wo in einer Schilderung derſelben Irren ber Io weſent⸗
liche Abweichungen von jenen im Prometheus vorfommen. Vgl. außerdem .
Eurip. Iphig. Taur. v. 382 ff. Apollod. II, 1, 3. Hygin fab. 145. u. A. —
3) Deutungen des Mythus. Bel der großen Dunkelheit deſſelben, ber
wie zu den älteflen, fo auch zu den ſchwierigſten gehört, Tann es an fehr
verfchiedenen Deutungsverfuchen nicht fehlen. Schon bie Alten erklärten bie
Jo durch ben Mond, mit der beflimmten Ueberlieferung, die Argiver hätten
den Mond Io genannt (Buflarh. zu Dion. Per. v. 92, Suid. u. Heſych.
v. Io), wozu fie bauptfäglih durch die Wanderungen der Io und durch
ihre Abblldung als gehörnter beftimmt fein mögen. Ihnen folgen Bug, über
den Mythus ©. 163 ff. und Creuzer Symb. I, 531. II, 717. IV, 15., beibe
zuglei den Mythus für die Annahme eines urſprünglichen Zufammenhanges
“
20 . 23
zwiſchen ägyptiſcher und griechiſcher Meligion Benupend. * Anders ©. Her⸗
mann de historia gr prim. p.9. (Opusc. V. H. p. 208 ff.), melcher mittels
etymologifher Erklaͤrung zu der Anficht gelangte, der Schlüffel zur Bedeu⸗
tung fel in dem wichtigſten Naturfactum Aegyptens, dem jährlichen An«
fomellen des Nils zu fuchen, im Liebrigen aber verſchiedene Sagen zu⸗
ſammengeſchmolzen; wobel alfo die Beziehung auf Aegypten und die phyflſche
. Deutung feftgehalten wurde. Dabingegen verſuchte Butemann, üb. d. myth.
Verbindung von Griechenland und Aften, Mythologus 2ter Bo. ©. 179.
eine ganz hiſtoriſche Interpretation, indem er Io für eine Berfoniflcation bes
Jonierſtammes anſah, Epaphos aber für den ägyptiſchen Apis, übrigens fi
begnügen, die Kombination beider für den Ausdruck einer alten, tiefge⸗
murzelten Ueberzeugung von. einer DBerbindung zwiſchen Griechenland und
Aegypten zu erflären. Ginen bedeutenden Bortichritt bezeiänen dann die
Deutungsverſuche von Schwenk etymol.mythol. Andeutungen S. 62 ff. (vgl.
befielben Mythol. ver Briehen S. 52 f.) und Welder, die Aeſchyl. Trilog.
©. 127 ff., melde Heide auf den urfprünglihen Zufammenhang der Jomythe
mit dem argiviſchen Hereculte hinweiſen, zugleig aber die Bedeutung ber Io
als einer Mondgöttin über allen Zweifel erheben; dahin fei das von ihr
unzertrennlide und für den Bond fo natürlide Symbol der Kuh zu deuten,
fo wie da8 Umherirren ver Io den unvermeidlicden Kreislauf des Mondes,
und ber hundert- oder taufendäugige Argos, welder die Kuh hütet, den
Sternenhimmel bedeute, mie dieſes ſchon Euripides Phönifien v. 1123. und
Mucrobius Saturn. I, 19. wohl einfahen.** Derfelben Erflärung folgt
Panofka am a. O. ©. 37 ff., welcher für dieſe Deutung des Argos zugleich
analoge Bilder der indiſchen Mythologie zu Hülfe nimmt. Zur Heflimmteren
Motivirung fünnte man binzufegen, daB aus der Bedeutung, melde Zeus
und Here für bie argivifche Landſchaft hatten, ihr Verbältniß zur Io von
ſelbſt folgte, daß die Verwandlung der geſchwächten Jo in die Kuh vie Ent»
ftelung des jungfräulichen Vollmondes in den gehörnten Halbmond , die
Flucht der Io in die entlegenflen Gegenden das Verblaflen und Verſchwinden
bes Neumondes, die Geburt des Epaphos und bie Rückkehr feines Beichlechtes
in das Argivifhe Land die neue Erſcheinung des Vollmondes ausprüde.
Gewiß müßten bie Wanderungen ber Io ihre urſprüngliche Begrenzumg in
den Phänomenen der Mondwechſel und des Mondlaufes am Horizonte von
Argos finden. *** Daß Uegypten nit nothwendig dad Land der letzten Zus
fluht und der Geburt des Epaphos war, beweist die eubdifche Landes ſage
und der von Suidas v. To erhaltene seoos Aoyos ded argiviſchen Jofeftes,
wo Io, nachdem fe eine Tochter Libya geboren, in das ZiAmıor Opog flüchtet.
Bei der gewiß fehr alten und fehr tief in die argiviſche Mythologie eingrei-
fenden Verbindung mit Uegypten aber und bei der fehr deutlichen Innern
Verwandtſchaft ber argiviſchen Jo und der ägyptiſchen Sfls konnte e8 nicht
«fehlen, daß der Ort des Oſtens, wo Epaphos geboren worden, in früben
Selbſt den Namen glaubt Jablonsky Panth. III, 1, $. 2. coll. I, 3. $. 6.
and Voc. Aeg. ], p. 99. und Zoöga Ash. S. 259. in dem koptifchen Worte Joh =
Kub gefunden zu haben, wiewohl ber erfigenannte Schriftfteller ehrlich geſteht „‚in
ipsis Aegyptiorum veterum monumentis antiquis Lunae sub nomine Joh celtae
vestigia quaequam hactenus non deprehenduntur.‘‘ [ Mer.)
*° Den Namen leitet Weller ab von "Ju, eu, Jo iſt bie Wandlerin, geilen,
wie Helios ünepler, ein Wort, das auch fonft in mauchen Iufammenfeugungen vors
Eommt: ’Iodaua, 'Ioguson, ’Ioxaory u. a. Neuere Forfcher wollen auch auf bas
Ganstrit hinweifen, wo Go, perfifh Gaw, bie Kuh bedeuten fol. [ Mzr.]
v.. ine eigenthämlide, wohl aber zu fublime Anſicht fiber die Zofage ſiellt Stuhr
auf in: „‚Religionsipfleme ber Selfenen 1838. ©, 41. 109. 158. 226. 351. [ Mear.]
— —
Kößuned 228
eiten an das Ufer bes N verlegt wurde; eine Wendung ber Babel, welchs
re ihre weitere Außbildung ein für allemal entſcheidend wurde. [ Preller.]
Koanmes. Unter ber großen Anzahl derjenigen Gelehrten und Schrift⸗
fleller, welche unter diefem Namen in der griechiſchen Literatur der fpäteren
chriftlichen Zeit und entgegentreten (vgl. Fabric. Bibl. Gr. XI. p. 79. 99.
642 ff. ed. Harl.), nennen wir bier nur biefenigen, welche eine nähere Bes
ziehung zu der älteren claſſiſchen Literatur haben, und in biefer Hinficht bes
merkenswerth erfähelnen:
a) Dichter: Joannes Barbucallus, f. Br. I. S. 1061.; Joannes
mit dem Beinamen Mauropus (Schwarzfuß), ein Mönd aus der klein⸗
aſtatiſchen Stapt Cuchaita oder Iheopoflopolis um die Mitte des eilften Jahr»
hunderts, dichtete, ganz im Sinn und Geift der älteren Boefle, Cpigramme,
melde als Auf- und Unterfchriften zu Helligenbildern, Statuen u. dgl. pimen
follten; fie erfchienen_gebrudt von Matıb. Buſt zu Eton 1610.4. ©. Fabrie.
Bibl. Gr. T. VIII. p. 627 ff. IX. p. 79 ff. ed. Harl. und daſelbſt auch über
feine übrigen Schriften, die in das Gebiet der chriftlich⸗-kirchlichen Literatur
fallen. Joannes mit dem Beinamen Grammaticus Gazes, deffen
Lebenszeit ſich nicht näher Heflimmen läßt, obwohl er jedenfalls ber fpäteren
byzam iniſchen Zeitperiode angehört, ſchrieb in 732 Verſen eine Beſchreibung
eines zu Gaza ober Antiohin befindligen Bildes des Weltallo (Erpoanıg
Tod xooumov nivenos), herausgegeben von Ian. Rutgerfius Var. Lectt. II,
7. p. 95. und beſſer von F. Gräfe hinter dem Paulus Silentiarius (Leipz
1822. 8). Bgl. auch Babrie. 1. 1. VII. p. 610. XI. p. 653. Eben fg
wenig läßt fi das Zeitalter des Joannes Georgides genau angeben,
eines Moͤnches, welcher eine alphabetifd (nah den Anfangsworten) geord⸗
nete Sammlung von Denkſprüchen in Berfen Binterlaffen bat: Trouas avd-
Asyeioaı uno 'Imarvov uoralortog oũ nas Isopyiön in Boifſſonade's Anecdd.
Graecc. (Paris 1829.) I.p. 1108. Endlich Tann bier noch genannt werben
Joannes mit dem Beinamen Pediasimus oder Galenus (d. I. des
Nubige, Gleichmüthige), welcher unter Anpronicus HI. (1328-1341) Char⸗
tophylax von Bulgarien mar, und ein aus zwei Theilen beſtehendes Gedicht
hinterließ, das die Aufichrift TTodoce führt und im erften Mbfchnitt von ber
böfen, im zweiten von ber guten Brau handelt; es warb zuerfl beraudgen
geben von Luc. Holftenius (Mom 1638. 12. bei den Sentenzen bed Demos
philus, Democrates u. A), und erfälen barnah von I. A. Scier bei
deffen Demophilus (Leipzig 1754. 8.), fo wie in 3. G. Orelli Opusce.
Graece. sententiosa (Lips. 1819.) T. I. p. 240 ff., au in der älteren
Ausgabe bes Fabricius Bibl. Gr. T. XII. p. 576. Andere Gedichte von
ihm ſollen noch handſchriftlich erifliren; auch fchrieb er eine allegoriſche Aus⸗
legung ber vier erſten Verſe der Ilias Buch IV. und anderes Aehnliche über
andere Mythen der alten Welt (f. Babric. Bibl. Gr. I. p. 916. ed. Harl.),
fo 3. B. Über die zwölf Arbeiten des Hereules, auch ein Compendium der
Geometrie u. dgl. Gommentare (Addnyopios) zu der Iheogonie und zu der
Aspis des Heflodus (oyodın napagpaorıra nebft einer zeyroAoyie), in ähn-
lidem Geiſt und Sinn gefchrieben, find noch vorhanden und mit den Schelien
bed Tzetzes zu den genannten Schriften bes Heflodus abgebrudt bei Baisforb
Poett. minn. Graec. IH. p. 448 ff. 499 ff; f. Fabric 1. 1. I. p. 382. u.
588., insbefondere au VI. p. 871. XI. p. 648 f. ed. Harl. — Im britten
Bande der Anecdd. Graecc. des Boiffonade p. 456. finden ſich auch abge
brudt oriyos aranpeosteioı TIoarrov Kournvov vov Zwlorokirov;
ſ. Babric. I. t. XI. p. 644.
b) Bon Geſchichtſchreibern, welche dieſe Namen tragen, können mit Ueber⸗
gehung derer, melde blos Kirchliche Befchichte geichrieben haben, bier ‚bie
verſchiedenen byzantinischen Befchichtfehreiber genannt werben, von melden
=
*
N
222 oo. Eoaunnes
bereits B5. I. S. 1211 f. im Allgemeinen die-Mebe war, wie Joannes
Sfiliges, Joannes von Antiochien, genannt Malales, Joannes
von Sicilien; ferner Joannes von Epiphania, ber eine Geſchichte
des Kriegs mit den Perſern im I. 591 n. Chr. beſchrieb, von welder jedoch
nur ein Theil in einer pfälzifchen, jet heidelbergiſchen Handſchrift ſich be⸗
findet, wornach Haſe denfelben in feiner Ausgabe ded Leo Diaconus (Baris
1819. fol.) ebirt Hat; ſ. auch deſſen Prolegg. in Lydum de magistratt. p
XVII; Joannes, ein Mönd zu Ierufalem, wahiſcheinlich au der Patriarch
in biefer Stadt von 705754, iſt Berfaffer einer wegen ihrer Rückſichts
nahme auf die politifchen Verhältniſſe wichtigen Gefchichte der Bilderſtürmerei:
obwohl einige Codd. diefe Schrift, die in der Sammlung der Byzantiner
(ſ. Bd. I. S. 1212.) fleht, dem Joannes von Damascus beilegen wollen;
Joannes Cameniata iſt Berfaffer einer Geſchichte der Croberung von
Thefialonih im Jahr 904, bei der er felbft von den Saracenen gefangen
ward, fie flieht am a. O.; f. auch Hanke de Byzantt. rerr. scripit. p. 408 |j.
Joannes Cinnamus aud dem Ende des zwölften Jahrhunderts, iſt Ver⸗
faffer einer dem Siyl nach gut gehaltenen und im Ausbrud dem Zenopbhon
nachgebildeten Lebensgeſchichte des Kaiſers Manuel und jeines Vaters Calo-
joannes (1118—1176), welde zu Nicephorus Bryennius und Anna Com⸗
nena (f. Bd. II. ©. 567.) die Fortſehung bildet, abgebrudt in den Samnı-
lungen ver Byzant. und früher beſonders von Gornel. Tollius zu Utrecht
1652.4. &. Sanfe De Byzantt. rerr. scriptt. p. 5I6 fe Joannes Can-
tacucenus, mötterlider Seitö ein Verwandier der Paläologen, ein an-
gefehener Staats⸗ und Hofmann, der aber in ein Klofler fi zurüd;og und
bier die, in den genannten Sammlungen abgedrudte byzantiniſche Geſchichte
von 1320—1357 ſchrieb; |. Hanfe am a. D. p. 602 ff. Lambecius Com-
mentt. bibl. Caes. Vindob. T. V. p. 420 ff. T. VI. p. 58 ff; eine äbn-
liche, ebendafelb aufgenommene byzantinifhe Geſchichte, die mit Erfhaffung
der Welt beginnt und bis 1341 reicht, fchrieb Joannes Ducas, aus der
kaiſerlichen Samilie der Ducas (f. Fabric. Bibl. Graec. XIII. p. 33 f. ed.
Harl.); eine Geſchichte der Eroberung von Theffalonih im Jahr 1430 dur
die Türken, verbunden mit einer Klage darüber Joannes Anagnostes
aus Iheffalonih (f. Hanke am a. O. p. 636 ff.); Joannes Cananus,
eine Geſchichte des Kriege von Gonftantinopel gegen Murad II. im. 1420,
ebendafelbft abgenrudt ; eine kurze Beſchreibung der zwiſchen Antiodien und
Jerufalem gelegenen Orte, nebfl den heiligen Stätten Paläflina’8 gab Jo-
annes Phocas, ein Mönd aus Kreta gegen Ende ded zwölften Jahrhun⸗
bertö, abgebrudt in d. Zuuunza des Leo Allatius (Colon. 1653.) p. 1 ff.
und in der Lieberfegung auch in die Actt. Sanctt. Mai. T. II. praef. p. Iff
aufgenommen.
. 6) Aus der Claſſe der Philoſophen, Grammatiker, Rechtsgelehrten
u. dgl. laſſen ſich ebenfalls noch einige dieſes Namens anführen, welche mit
der älteren claffiichen Literatur in einiger Berührung flehen, wie Joannes
von Damascus, ber berühmte Gründer der eigentlichen ſyſtematiſchen Theo»
logie im achten Jahrhundert durch feine indong anpıßns Tüs opdodosor
zioreos, und andere in das Gebiet der kirchlich-chriſtlichen Literatur ein-
(Hlägige Schriften, bier zunächſt zu nennen megen einer aus den Schriften
des Ariſtoteles und der Einleitung des Porphyrius entnommenen Zufammen-
ſtellung von Hauptfägen aus dem Gebiet der Logik: Kegakaia Yıloooyınd,
welde den Audgaben feiner Werke (Paris 1619. fol. von Jac. Bi und
ibid. 1712. und Venedig 1748. 2 Voll. fol. von Mid. Lequien) beigefügt
iſt. Auch follen noch handſchrifilich Scholien zu ben Kategorien des Ariſto⸗
teled vorhanden ſeyn; i. Zabb6 Bibl. nov. Mss. p. 281. und im Allgemeinen
&abric. Bibl. Gr. T. IX. p. 682? ff. Bon dem Bd. II. ©. 847 f. erwähnten
heibdniſchen Bhllofepken Damascius il er wohl zu unterſcheiden. — Wir
Iaffen Hier foglei folgen Joannes mit dem Beinamen Philoponus,
d. i. Der Arbeitsfreund, der Bielarbeiter, auch Grammaticus genannt,
infofern er allerdings auf dem Felde ber Grammatik, wie auf dem der Philo-
forbie MG durch feine zum Theil noch erhaltenen Leiftungen auszeichnete. Gr
täfle im die eiſte Hälfte des flebenten Jahrhunderts und lebte no, wenn
auch als betagter Greis, im Jahre 640 hei der Eroberung von Alerandria,
wo er durch den ihm befreundeten Feldherrn Amru vergeblich bei dem Cha⸗
Iifen Omar ſich für die Erhaltung der berühmten alexandriniſchen Bibliorhef
(if. 8b. L ©. 1109 f.) verwendete, die nun die Bäder Alexandria's ein
halbes Jahr lang Heizte (j. Abulfaradſch Hist. dynast. Oxon. 1663. 4. p. 114.).
Er war ein Gchüler des Ammonius (f. Bd. I. S. 415. Nr. 5.) und lehrte
ief6R zu Alerandria Philofophie und Literatur, erflere als Eklektiker, ob⸗
wohl er im Ganzen doch dem Ariftoteles, deſſen Erflärung ihn viel befchäf«
tigte, den Borzug gab: auch ſcheint er mit ver Theologie ſich beſchäftigt zu
haben, kam aber hier ald Anhänger und Vertheidiger der Lehre vom Tri⸗
ıheißmus in ben Ruf ber Härcfle und zog ſich Unannehmlicäfeiten dadurch
u; mehrere feiner darauf bezüglicden Schriften find daher auch untergegan-
gen, nur ein größerer, aus fieben Büchern beftebenber, im Ganzen aber doc
nicht bedeutender Kommentar über die Moſaiſche Schöpfungsgeſchichte nebſt
einer daran angehängten Abhandlung über die Zeit der Dfterfeier, bat fi
erhalten (gebrudt zu Wim 1630. 4. von Balth. Gorderius und in Gallandi
Bibi. Patr. T. XII. p. 471 ff.); bedeutender ifl das, was mir nocd von
Shriften veffelben aus dem Gebiet ver PHilofophie und Grammatik Hefigen,
während Mehreres noch ungebrudt in Handſchriften vorliegt (f. 3. B. Lam⸗
becius Comment. bibl. caes. Vind. IV. p. 215 f.); dahin gehört eine Wider»
legung der Anſicht des Philoſophen Proflus von der Ewigkeit der Welt
(xara Ilporkov nepi aidorrrog noouov Avoeıs Aoyar ın, herausgegeben
von Victor Trincavellus zu Venedig 1535. fol.); eine gegen den Philofophen
Jamblichus gerichtete Schrift reoi ayaduaror d. i. über die Goötzenbilder,
melde Phonus noch las (f. Bibl. Cod. CCXV.), ift verloren gegangen; fie
follte deſſen Anficht von der wirfliden Gegenwart der Gottheit in ven Bild»
jäulen verfelben wiverlegen. Well er mit Ariftoteles ſich viel beſchäftigte,
io wird ihm aud von Manchen, obwohl ohne genügenden Grund, das ſonſt
dem Ammonius beigelegte, den Ausgaben des Ariftoteles meift beigefügte
Leben des Ariftoteles (f. Bo. I. ©. 778. nebſt Buhle in der Zweibrüder
Ausgabe des Ariflotele® 1. p. 52 ff. 303.) beigelegt. Deflo zahlreicher find
feine Gommentare über einzelne Schriften des Ariftoteles, zu den Kategorien
(vermifgt mit des Ammonius Bommentar zu derſelben Schrift gebrudt;
f. Br. 1. ©. 415.), zu der erfien Analytik (gebrudt von Bict. Trincavelli,
Benebig 1936. fol.), zu der zweiten (ibid. 1504. u. 1534. ap. Ald. fol.),
zu den vier erflen Büchern der Vhyfik (von Vic. Trincavelli, Venedig
1535. fol.), zu dem Bud von der Seele (Venedig 1535. fol.), zum erften
Bub von den Meteoren (ibid. 1551. fol.), zu der Schrift vom Entſtehen
und Untergang (ibid. 1527. fol.), zu der von ber Erzeugung der Thiere
(ibid. 1526. fol.), zu der Metaphyfik (nur Tateinif$ von F. Patricius
zu Zerrara 1983. fol.); |. das Nähere bei Buhle am a. DO. p. 304 }.
und daſelbſt auch über bie verſchiedenen, gedruckten Iateinifchen Ueberſetzungen,
und über Mehreres noch Ungedruckte aus dieſem Kreife. In das Bebiet der
Grammatik gehört eine Sammlung von Wörtern, melde in verſchiedenen
Bedeutungen verſchieden accentulrt werden (Zurayayı) Tor wog dLapopor
uanar Eirpopws rorovusrwoy Assewr), herausgegeben von E. Schmidt zu
Ettenberg 1615. und Leiden 1751. 8., dann auch nebft einer andern Schrift
über die Dialeete in dem Thes. Ling. Graec. von H. Stephanus T. 12.
828 Jobauxus
p. 433 ff. der Londner Ausgabe. Ein anderes Büchlein Über die Regeln ber
Betonung (romxa zapaprelmara) gab unlängft Wild. Dindorf zu Leivzig
1325. 8. heraus, ein anderes über den Gebrauch und Bau des Alrolabiums
(ng eis zoü aorpolaßov yoraeug ai nasaonsvng) H. Haſe zu Bonn
1839. 8. (Mbein. Muſeum f. Philolog. VI, 1. ©. 129 ff.). S. im Allge⸗
meinen noch Fabricius Bibl. Graec, T. X. p. 639. ed. Marl. — Joannes
Charax, von dem Bb. II. ©. 1290. genannten Hiftorifer wohl zu unter:
feinen, und in bie fpätere byzantiniſche Periode jedenfalls zu verlegen, if
Berfaffer eines Büchleins über die enklitiihen Wörter (mepi Eyalırousror
9007), abgedrudt im britten Bande des Aldiniſchen Börterbusb, bei
Iriarte Catalog. codd. gr. Matrit. I. p. 316. (ber jedoch das Ganze nidt
für ächt Hält) und bei Bekker Anecdd. Gr. Ill. p. 1149 ff. — Joannes
Siceliota, von Leo Allatius (Diatribe de Georgiis bei feiner Ausg. des
Georg. Acropolita Paris 1651. p. 327.) für Bine PBerfon mit dem Joan-
nes Glycys over Glycas (1. Bd. II. ©. 891.) erklärt, von Walı
(Bheit. Graece. Vol. Vi. p. V ff.) aber mit dem Joannes Doxopatri (I.
Br. I. ©. 1258.) identifichtt, obmohl in einer von Leo Allatius (a. a.D.
p. 321.) angeführten Stelle beive ausbrüdlih von einander unterfchieden
werben, ſcheint in bie Zeiten bed vierzehnten Jahrhunderts zu gehören; fein
weitſchweiſiger Gommentar zu Hermogened (Einynas euf zug iösag ou 'Eo-
uoysrovs) ſteht bei Walz; am a. D. p. 56 ff. abgedrudt; eine mit dem Jahr
866 ſchließende Chronik ſoll noch handſchriftlich exifliren, aber keineswegs
von Belang ſeyn, ſ. Leo Allatius p. 327., ebenſo auch andere Schriften aus
dem Gebiete der Theologie; irrig mil ihn deshalb Schöll (Bei. d. griech.
Lit. II. ©. 266. d. deutſch. Ueberſetz.) in das neunte Jahrh. verlegen. —
Joannes Italus, ein byzantiniſcher Sophiſt des eilften Jahrhunderts, bei
dem Kaifer Michael Ducas beliebt, und an bie Stelle des zum geiftlichen
Stande übergehenden Michael Pielus zum Haupt der Philoſorhen (urazo;
YıAloooywr) erhoben, daher auch oftmals mit dem Beinamen Hypatos be»
zeichnet, erklärte die Schriften des Plato und Ariftoteles und war im Dispu-
tiren durch feine Künſte der Dialektit berühmt; von feinen eigenen Schrifien
iR bis jegt nichts durch den Drud befannt, zu Wien und Paris finder fig
jedoch Mehreres handſchriftlich vor; 3. B. 93 Antworten auf Fragen, bie
von verſchiedenen Perfonen vorgelegt wurden, Gommentare zu dem zweiten
und vierten Buch Der Logik und zu dem Buch von der Audlegung bed Xri-
ftoteles, eine Schrift über Dialektik und ein Handbuch der Ahetorif; ſ. Lam-
beeiud Commentt. bibl. Caes. Vindob. IV. p. 822. VII. p. 148 fi. 257.
Safe Notices et Extraits des Mss. de la Bibl. du roi Vol. IX. P. II. p. 149.
$abric. Bibl. Graec. XI. p. 646. 6952. ed. Harl. S. aud über fein Leben
die Saupiftelle in der Alex. der Anna Comnen. V. p. 183 ff. ed. Par. —
Joannes von Antiochia, au Scholaflicus genannt, da er In feiner Bater-
ſtadt Sachwalter war, dann Priefter und Apoeriflariuß ber antiochiſchen Kirche
zu Gonflantinopel und nachher Patriarch daſelbſt (564—578), veranftaltete
eine Sammlung von Kirchengefegen, die vor früheren Sammlungen der Art
burh größeren Umfang und foflematifhe Anordnung ſich auszeichnet und
wohl als ver Grund des kanoniſchen Rechts betrachtet werben kann: bazu
kam noch ein zweites Werk (Nouonaror), dad die von Juſtinian erlaffenen
Gonftitutionen über kirchliche Gegenſtände, die mit den in der andern Samm⸗
Jung enthaltenen Kirchengeiehen in Binklang zu bringen waren, zum Gegen⸗
ſtand Hatte; beide Werke Reben in der Biblioth. juris canon. vet. von Wilß.
Bölus und H. Juſtellus (Paris 1661. fol.) Vol. II. p. 603 ff. 789 ff. Vgl
Fabrie. Bibl. Gr. Xi. p. 100f. [B.]
Toßaxysıa, a, iR mit Baomın in dem alten opxog yapaıpar bei
Demafib. in Noaer. 5. 78. p. 78. p. 1371. zufammengeflellt, wo es jedoch
|
Hohacehi — Xeläus ' 225
nit ſowohl ein beſonderes Bacchusfeſt, als vielmehr die Feſte des Wein⸗
gotteß überhaupt zu bezeichnen ſcheint. [P.]
Hobacchi (Joßaryoı), ein blos von Ptol. IV, 5. erwähntes Volk im
Innern von Marmarica, oder genauer im Kibyihen Nomos, oberhalb der
Dafe ded Ammon, ſüdlich von den Adyrmachidae. [F.]
Jobares, |. Jomancs.
Kobates, |. Bellerophon. Die Tragödie des Sophocles unter dieſem
Namen ift verloren gegangen. Fabric. Bibl. Gr. II, 17. [Mzr.]
Jobia, ein Stäbthen Piſidiens in der Nähe von Termeſſus, melches
bei Hierorl. p. 680. fälfhlid Zobia genannt wird, da auf dem Concil.
Chalced. p. 239. en Biſchof von Sobia erſcheint. [F.]
Jocaste, f. Oedipus. Sie und da 3. B. Odyss. XI, 271. aud) Epi-
caste genannt. [Mzr.] -
Jochesera (Ioysapıa), die pfeilfiohe, Beiname der Artemis, Hom.
ll. V, 53. Od. XI, 197. [[Mzr.]
Kodamia (Ioödauea), Prieflerin der Athene Itonia, die einft, ale
fie zur Nachtzeit in das Heiligthum der Göttin getreten, von ihr durch das
Medufenhaupt in ihrem Gewande in Stein verwandelt worben fein fol.
Deehalb werde täglih auf dem Altar der Iodamia von einem Weibe Yeuer
angezündet und dabei gerufen: Jodamia lebt und fordert Beuer. Pauf. IX,
34, 1. [Mzr.] |
Joel, ein byzantiniſcher Grieche, der eine kurze Chronik ſchrieb, melde
ron Erſchaffung der Welt bis zur Eroberung Gonftantinoyeld burd vie
Sranfen 1204 n. Ehr. reicht, abgedruckt bei dem Georgius Acropolita; f.
Br. II. ©. 767. Vgl. Fabric. Bibl. Gr. VII. p. 773. ed. Harl. [B.]:
Johannes von Byzanz, ein Baumeifter aus dem fechdten Jahrhundert
unferer Zeittehnung. D. Müller Kunſtarchäol. ©. 212. [W.]
Bol, ſ. Caesarea Mauritaniae.
Jolaenses (ITolaeis,-Str. 225.), farbifhe Bergbewohner, nad der
Sage die Abkömmlinge des Jolaus und feiner Söhne, die bier fih anfie⸗
beiten. Noch Paufan. X, 17, 4. kannte in Sardinien einen Ort 'IToAaie,.
wo Jolaus Heroenehre genoß. [P.]
Toraia, ein Feſt in Iheben zu Ehren des Hercules (daher auch Hod-
Ass genannt) und feines Gefährten Jolaus; den erflen Tag ward geopfert,
den zweiten ein gymniſcher Agon und Dferberennen gehalten, wobei ber
Sieger einen Myrtenkranz erhielt, Schol. zu Pind. Ol. VII, 154. Isthm.
I, 20. IV, 118. Val. Bauf. X, 17,5. [P. ’
Bolas over Bollas, ein wahrſcheinlich mehreren Aerzten bed Alter«
thums gemeinfamer Name; wir finden einen gelehrten Arzt diejed Namens
aus Bithynien um die Mitte des dritten Jahrh. v. Chr., welcher ein nicht
mehr vorhandenes, aber von Dioscorides angeführtes Werk über die Kräuter °
und deren Wirkungen ſchrieb. Auch bei Galenus, Geljus, fo wie bei Plis
nius wird mehrmals ein gelehrter Arzt unter diefem Namen angeführt, ob
verfelbe, oder ein anderer, ift ſchwer zu unterſcheiden; ein Augenarzt dieſes
Namens Tommt bei Gruter. Inscr. p. DCXXXIV, 2. vor; f. Babric. Bibl.
Gr. T. XII. p. 301. vd. äft. Ausg. und insbeſondere Kühn Additamentt,
ad Elench. medicor. XVIII. (Lips. 1829. 4.) p. 4. 5. und Index medicc.
ocularr. VI. (Lips. 1829. 4.) p. 8. [B.]
Holäus (’IoAaos), Sohn des Iphicles und der Automebufa, fomit
Stiefneffe des Heracles und deſſen getreuer Gefährte und Wagenlenker. Die
wichtigften Züge feines Lebens f. im Art. Hercules, befonderd die Sage
son feiner Anhänglichkeit an die Nachkommen feines Helden au noch nad
feinem Tode, in Folge der er noch aus der Unterwelt ben Serarliom zu
DBauly, Necal⸗Ancyelop. IV.
- 226 Zoleus — Ion
Hülfe eilte, Bo. IH, ©. 1161. Nachzutragen ift hier nur: Nachdem er bei
den zu Olympia eingefegten Spielen mit des Hercules ‘Pferden ben Sieg
davon getragen Hatte (Pauf. V, 29.), fandte ihm Hercules an ber Spike
feiner mit den Töchtern des Thespius erzeugten Söhne nah Sarbinien, wo
er den wilden @inwohnern den fhönften Theil ihrer Infel genommen, Cultur
gepflanzt Haben und zufegt göttlich verehrt morben fein fol. Bon Sardinien
kam er na Sicilen und kehrte kurz vor dem Tode des Hercules zu biefem
zurüd. Da er nad DBerbrennung des Helden deſſen Gebeine fuchte, aber
nicht fand, opferte er ihm zuerft als einen Halbgott. Diod. IV, 29. 30. 40.
Nah PVaufan. IX, 23. flarb er in Sardinien, nah Pindar Ol. IX, 149.
Pyth. IX, 137. lag er im Grab feines "Broßvaterd Amphitryon und ward
dort auch als Heros verehrt. [Mzr.]
Holcus (’IoAxos, dor. ’IaAxos), alte Stadt in Magnefla (Theffalien)
an der innerflen Bucht des Pagaſäiſchen Meerbufens, leben Stapien von
Demetriad, bei deſſen Gründung die Bewohner des damals ſchon herabge:
tommenen (Str. 436.) Jolcus beigegogen wurden, fo daß diefe Stadt gänzlich
verfiel und zu Strabo’8 Zeit ihre Stätte öde lag, 436. Sie lebte aber fort-
während in dem Mythus von Jafon und der Urgonautenfage, f. Argonautae
und Jason. Alé Gründer wird Cretheus angegeben, Apollod. 1,9, 11. Nah
. Gtr. 414. waren Minyer von Orchomenus bier angellevelt. Vgl. Diod. Sie.
IV, 11. Mela II, 3. Liv. XLIV, 12f. Colum. X, 368. Plin. IV, 9.
(16.) u. a. Die Umgegend heißt ebenfalls 'IwAxos, Str. 436. oder 'ZwA-
ir, Schol. zu Apoll. Rhod. III, 1090. [P.]
Zöte (IoAr), die legte Beliebte des Hercules, ſ. Bd. III. ©. 1173., nad
Anton. Lib. 32. Ovid Met. IX, 325 ff. Halbſchweſter der Dryoye. [ Mar.]
Jollas, Antipaters Sohn, f. Alexander, ®p. I. ©. 392 K.
Zomanes (Plin. VI, 17. u. 19., unftreitig au ver 'Ioßaors bei
Arrian Ind. c. 8.), bei Ptol. VII, 1. noch richtiger Aanovre (j. Diumna,
Dſchumna), ein mefllider Nebenfluß des Ganges in India intra Gangem,
der nah Ptol. auf dem Geb. Imaus entipringt, die Nebenflüffe Sambus (1.
Sambul, Tſchumbul) und Cainas (j. Cane, Kan) in fih aufnimmt und bei
den Städten der Surafenä, Methora und Clisobora (oder beim heut. Alla
babab) in ven Ganges fällt. [F.]
Jomnium (Jouror, Ptol. II, 2. It. Ant. p. 17., auf der Tab.
Bent. Jommium), ein Munteipium an der Küfle von Mauritania Caesarien-
sis, 91 Mil. wefllih von Saldä und deahalb wichtig, weil feine Lage ge
rade auf das heut. Algier trifft, ihm alfo die neuerlich in den Umgebungen
von Algier audgegrabenen Ueberreſte angehören. [F.]
Jomüsa (ouovoa, Ptol. VII, 1.), eine Stadt in India intra Gangem
am öſtlichen Ufer des Indus, gerade ber Mündung des Acefined (oder Tſchu⸗
- nad) gegenüber, mo ſich auf neuern Karten jegt Fein Ort findet. [F.]
Kon (lov öpos), ein blos von Ptol. IV, 9. genanntes Gebirge im
ſũdweſtlichen Libyen, unterhalb des Aequatord, in ber Gegend Agisymba
und unmelt der Weſtküſte Afrikas. [F.]
Eom, Fluß in Iheffalien, der aus den cambunifhen Bergen bei Oxynea
fommt, und in ben Peneus gebt, Str. 327. [P.]
Eom (Toy, wrog), der erbichtete Ahnberr der Ionier, den Apollo mit
Greufa (man f. Cr&usa 2.), der Tochter des ECrechtheus und Gemahlin des
Zuthus, gezeugt haben fol. Am berühmteften iſt die Babel von ihm, wie
fie dem Trauerſpiele des uripides gleihed Namens zu Grunde liegt.
Greufa gebar von Apollo, der ihr in einer Höhle unter den Propyläen zu
Athen genaht fein fol, ven Ion, fehte ihn aber mit Kleibungsflüden in der
Höhle aus. Apollo ließ das Kind nah Delphi bringen und durch eine
Brieferin erziehen. Als er herangewachſen war, kamen Zuthuß und Grenfa
Yon | 227
zum Oratel, um es wegen der Kinverlofigkeit ihrer Ehe zu befragen. Die
Antwort lautete, dad erfle Kind, das ihm, wenn er aus dem Tempel heraus»
trete, begegue, folle jein Sohn fein. XZuthus erkannte den Son als Sohn
an, Greufa aber in der Meinung, es fei derfelbe dad Kind einer früheren
Geliebten des Gemahls, Tieß ihm einen Becher vom giftigen Blut bes gor-
goniſchen Dradden reihen. Diefe Abficht wurde entdeckt, weil Son ben Tranf
zuerft den Göttern auegoß und in Folge davon eine Taube vergiftet wurde.
Greuja flüchtete darauf an den Altar des Bottes., Ion mil fie herunterreißen
und töbten, eine Priefterin löste aber das Räthſel und offenbarte, daß Ion
der Ereuja Sohn fe. Mutter und Sohn verfühnen fih, ohne dem Xuthus
ven Zujauimenhang der Sache aufzuflären. Diefer aber gab fih zufrieden,
meil auch ihm Kinder verheißen worden, die nachmals gebornen Dorus und
Achäus. — Daran, daß die Bemohner von Aegialus an der Nordküſte des
Peloponneſes auch Jonier waren, Enüpfte fh eine andere Beftaltung ber
Sage. Zuthus, aus Iheflalien vertrieben, Fam nad) Aegialus. Nach feinem
Tode war Ion im Begriff gegen die Aegialeer zu ziehen, als ihm veren
König Selinue feine Tochter Helice zur Gemahlin gab. Nah des Königs
Tod .beflieg Ion den Ihron und fo erhielten die Uegialeer den Namen Ionier
und die Stadt Helife wurde der Semahlin zu Ehren erbaut. So Paufan.
VII, 1. XIV, 2. XXXI, 2. Upollod. I, 7, 2. Heyne p. 40. 340. — Andere
Nachrichten ſchieben ihn zwiſchen Eurechtheus und Cecrops ald Herrſcher
von Athen ein. Er ſei nämlich von den Athenern gegen Eleuſis zu Hülfe
gerufen worden, habe den Eumolpus beſiegt und fei dann König von Athen
geworben. Als folder zeugte er vier Söhne, Beleon, Aegicores, Argades
und Hoples, teilte Die Athener darnach in die vier Klafien: Aderbauer,
Hirten, Handwerfer und Krieger, und wurbe nad feinem Tod in Potamus
begraben. @uripid. Jon 578. Gtrabo VIII, p. 383. Conon 27. Herod.
V. 66. [ Mzr.]
Kon (Ior), ein angefehener griechischer Dichter, über welden Batto
aus Einoye (j. Athen. X, p. 436. F.), ferner Ariſtarchus, Didymus und
Gpigenes (f. Athen. XIV, p. 634. C. E. XI, p. 468. C. D.) eigene Schriften
verfaßt Hatten, bie wir freilich eben fo wenig mehr beflgen ald die Schriften
des Ion felbft, der ald Dichter, ala Hiftorifer und Philoſoph unter feinen
Zeitgenoffen in großem Anſehen geflanden zu haben ſcheint, daher au von
Strabo unter ven berühmten Männern von Chios aufgeführt wird. Er war
der Sohn des Orthomenes, aus Chios, von wo er nad Athen, den damals
dieje Infel unterworfen war, Fam, bort um DI. LXXXII (852 v. Ehr.)
zuerſt als Tragifer um den Preis fih beivarb, und, nachdem er benfelben
errungen, jeben Athener mit einem Faß Chierwein befchenfte (ſ. Athen. I,
p- 4. F. Suidas s. v. Adnraios). Um DT. LXXXIX, 3 (421) muß er
jedoch ſchon geflorben feyn, da Ariſtophanes in dem Frieden (829), welches
Stud um diefe Zeit aufgeführt warb, feiner als eined Todten gedenft und
feiner Seele einen Wohnflg auf dem WMorgenftern anmelst. Hiernach hat
Kövfen das Geburtsjahr des Ion um DI. LXXIV, 1 (484 v. Ehr.) muth⸗
maßlih beſtimmt. Als Dichter fcheint Son beſonders in ber Tragödie fi
ausgezeichnet zu haben; von feinen Dramen, beren Zahl verſchieden, bald
u 30 bald zu 40, angegeben wird, kennen wir no eilf dem Namen nad
(wie 3. DB. Ugamemnon, Xrgivi, Phönir u. f. w.); Komoͤdien ſcheint er
nicht gedichtet zu haben, eher ſatyriſche Dramen; aber nicht minder berühmt
war er als elegiſcher Dichter; mir befigen noch einige Reſte feiner Elegien,
die ſich durch einen anafreontifchen Geiſt, eine heitere, freubige Stimmung
und ſelbſt durch eine gewiſſe Begeifterung auszeichnen, wie 3. B. ein 2oblieb
auf den Bott des Weines u. A.; andere follen auf eine Gelichte Chryfilla
aus Gorinch, welche Pericles gleichfalls verehrte, gedichtet geweſen ſeyn, und
228 Jon — Yones
mag vieleicht daraus auch fein ungünftiges Urtheil über Pericles, feinen
Nebenbuhler, zu erflären feyn (vgl. Blut. Pericl. 5. mit Sintenis Note
p. 81.); außerdem werben ihm Skolien, Dithyramben, Hymnen und @pi-
gramme beigelegt, von denen kaum Etwas fi erhalten Hat. Won feinen in
Profa abgefaßten Schriften Eennen wir noch aus einzelnen Spuren eine
Gründungegeſchichte von Chios (Xiov xrias), ferner eine Schrift von be:
rühmten Männern, welde Chios beſucht hatten (sruönuia:), "Trourmuare,
welche Plutarh in feinen Biograpbien, namentlich in der des Cimon, benußt
zu haben ſcheint (f. Sintenig am a. O.), Toreyuoi, philoſophiſchen Inhalts,
und auf ein aus der pythagoreifchen Lehre hervorgegangenes Syſtem in dem
Vortrag ber Sophiften bezüglich; ferner KoouoAoyınor; Jlpeoßevtinor, welche
Schrift jedoch nah dem Scholiaften des Ariftophanes 1. 1. von Manchen für
unächt gehalten wird. ©. Fabric. Bibl. Gr. II. p. 307 f. Bentley Epist.
ad Mill. p. 494 ff. (Opp. phil. ed. Lips ), und die Schriften von G. G. ©.
Köpfe De Jonis Chii poetae vita et fragmm. Berol. 1836. 8., und &. Nie
berbing: De Jonis Chii vita, moribus et studiis doctrinae scripsit, frag-
mentaque collegit, Lips. 1836. 8. nebft Köpfe in der Zeitſchr. f. Alter
thuniswifſ. 1836. Nr. 73 f. Ueber f. Elegien vgl. Weber Elegiſch. Dicht.
d. Selen. ©. 247 ff. 625 ff. Bode Geſch. d. Helen. Dichtk. II, 1. S. 265 f.,
über feine Tragövien ebenpaf. III, 1. ©. 541 ff.
Berihieden von dieſem Ion iſt Ion aus Epheſus, der Nhapfobe,
nad welchem der befannte Platonifhe Dialog benannt iſt (f. Fabric. Bibi.
Gr. III. p. 89. ed. Harl.), ferner ein weit jüngerer Jon, ein Platoniſcher
Philoſoph, welchen Lucian (Conviv. 7. Philopseud. 6.) nennt. [B.]
or \ ein Erzgießer, der um DI. 114 blühte. Plin. H. N. XXXIV, 8.
s. 19.
Iönes, Yonia. Die Jonier (Tores), ein Hauptzmweig bed hellenifchen
Volkes, flammten nad der gewöhnlichen nıytholog. Sage vom Gründer ber
ganzen bellenifgen Nation, dem Deufallon, ab, von deffen älterem Sohne
Hellen fie fi eben das Volk der Hellenen nannte (vgl. Herod. I, 56. Thuc.
I, 3. Chron. Parium Epoch. VI.). Diefer Selen nämlich hatte bekanntlich
drei Söhne, Aeolus, Dorus und Kuthus, die Häupter ebenfo vieler Stämme
des Volks, von denen fi aber der Stamm bed Xuthus unter feinen Söhnen
Achäus und Ion wieder In zwei Stämme fonverte, fo baß es alfo überhaupt
vier Hauptſtämme hellenifher Abkunft gab, Aeolier, Dorier, Achäer und
Sonier.* (Bgl. Heflod. fragm. bei Tzetz. ad Lycophr. 284. Diod. IV, 67.
Schol. Apollon. I, 143. Herod. VII, 94. Apollod. I, 7, 2.) Selen be»
flimmte nah Strabo VII, p. 383. feinem älteften Sohn Aeolus das väter-
liche Reich in Theſſalien (Herod. u. Thuc. I. I. Dicäarch. in Hudſ. Geo.
Gr. minn. II. p. 21.), wohin Deufalion in Folge der großen, nah ihm
benannten, Ueberfämemmung von Phocis und dem Parnaß ber ausgeman-
* Da bie Fonier bei Homer I. XIII, 685. und Aeſchylus Pers. 176. 561.
Jaoves beißen, fo vermuthet Raoul: Rocette Col. Gr. II. p- 75., daß ihr Name
wicht vom Ion, fondern von dem alten Wolke der Aonen herzuleiten fe. Allein
diefe Aonen in MBöotien (Paufan. IX, 5. Gtrabo IX, p. 397.) haben mit den
Soniern nichts zu fchaffen. Bol. Kruſe's Hellas I. ©. 504. Note 515, Da eb
jedoch mehr als wahrſcheinlich if, daß wir deu Ion blos für eine allgemeine Perſo⸗
nififation zu halten haben und das Volk der Jonier eher vorhanden war, als jene
Sage vom Ion, fo hat man noch mebrere andere Etpmologien des Namens verfucht,
Butimann (Mythol. U. ©. 179 ff.) ſezt ihn mit “Im, "Iaaos u, f. w. in Ber:
bindung, und macht ſonach bie argivifchen Pelasger felbft zu Soniern; Jlgen de
trib. Att. p. 58, leitet ihn von civa, ab und verfieht unter Soniern ein Wanbdervolf,
Da mann Griech. Alterth. $. 96. Note 7. ſcheint ihn für fpnonpm mit Im
alten,
— —
Könes ' 229
dert war (Xriftot. Meteor. I, 12. Chron. Par. Epoch. II. IV.), und ſendete
nad der Sitte jener Zeiten feine jüngeren Söhne aus, um fi felbft neue
Wohnfitze aufzufuhen; und menn Paufan. VIE, 1,1. (vgl. mit Strabo VIII,
p. 987.) berichtet, Aeolus und Dorus Hätten ihren jüngften Bruder Xuthus
aus Theffalien vertrieben, fo iſt das wohl nur eine fpätere, and der Ab⸗
neigung der Meolier gegen bie Ionier Teicht erflärlihe Sage. Während nun
Dorus fih gegen N. wandte, z0g Zuthus gegen ©., und fehlug feinen
Wohnfitz zunächſt in Attila auf; wenigſtens werden von Strabo am a. O.,
Conon c. 27. u. Steph. Byz. v. Teroanodıg die vier Städte Attika's, Denoe,
Marathon, Trikorythus und Probalinthus als von Zuthus gegründete be=
zeichnet. Wahrſcheinlich aber erhielt er den Landſtrich, mo er diefe Städte
erbaute, vom Erechtheus, dem Könige von Athen, der ihm feine Tochter
Kreufa vermäßlte, zur Mitgifi; wie er benn überhaupt beim Erechtheus,
wahrſcheinlich megen der ihm gegen die eingebornen Pelasger geleifteten Hülfe,
in großer Gunſt geflanden und auf die Angelegenheiten Attika's einen bedeu⸗
tenden Einfluß ausgeübt zu haben fcheint, wie mir daraus erfehen, daß bie
Arhenienfer feinen Sohn Jon wegen feines Steges über die Eleufinier (Ban.
IH, 14.) felbft zu ihrem Könige machten (Strabo VII, p. 283. Gonon a.
a. O.), und daß nicht nur ganz Attika aud den Namen Jonia führte (Strabo
IX, p. 397. vgl. mit Som. II. XIII, 685. u. @uftath. ad h. 1.), fondern
dag auch die urfprünglichen vier Tribus des Landes unter Erechtheus, die
Teizortes, Atyınopeas, Aoyadas und "Onintes, einer freilich wohl unges
gründeten Annahme zufolge, nach den vier Söhnen bed Ion, Geleon, Aegi⸗
fored, Argades und Hoples, benannt worden fein follen (Herod. V, 66. vgl.
Krufes Hellas I. S. 504.). Nichtsbefloweniger wurde Ion nah Erech⸗
theuß’ Tode von den Söhnen beffelben vertrieben (Pauſ. VII, 1. 2.), unb
zog mit feinem Bruder Achäus nad Aegialea, d. h. in das noͤrdliche Küften-
land ded Peloponnes (over Achaja), wo nach Herodot VIE, 94. u. Apollod.
1,7, 3. bereit8 fein Bater eine Niederlaffung begründet hatte. Hier heiratbete
er die Tochter des Königs Selinus, Helife, und folgte dieſem auf dem Throne,
fein Volk aber Hieß nun nach ihm Aegialeiſche Pelasger (Herod. VII, 94.). **
Mit diefer Nachricht des Pauſanias jedoch fleht eine Mittheilung des Strabo
VII, p. 383. in Widerſpruch, nach welcher die Auswanderung der Ionier
in Folge einer friedlichen Uebereinkunft erfolgte, indem die Athenienſer biefe
Kolonie wegen ber Uebervölferung Attika's in den Peloponnes entfendeten,
und dieſe Nachricht hat größere Wahrſcheinlichkeit, da zmifchen ven Athe⸗
nienfern und ben Soniern im ‘Peloponnes flet ein freundichaftliches Ver⸗
bäfıniß fortbefland, was auch aus Paufanias (VII, 1,4.) felbft hervorgeht.
Denn als die Ionier nah der Rückkehr der Herakliden in den Peloponnes
von den Achäern aus ihren Wohnflgen auf der Halbinfel vertrieben wurden,
nahmen fie tie Athenienfer bereitwillig wieder in Athen auf (vgl. auch Strabo
° Denn biefe Namen find offenbar Bezeihnung eben fo vieler durch ihre Bes
f[häftigung gefchiedener Kaften, indem fich die Aegikorenſer beulich genug als (Ziegens)
firten, bie Hopleten aber ald Wehrſtand charakterifiren, die Urgabenfer aber bie
Ackerbauer zu bezeichnen fcheinen, fo daß nur die Geleonten (oder nad andrer Ledart
Xeleonten) die Sache fhwierig machen, und bald für Zinsbauern, bald file Weihe⸗
rrieſter angejehen mworben find. Vgl. Hermanns Griech. Alterth. 5. 94.
ee Daß nämlid, Pelaſsger und Hellenen urfprünglich einem und bemfelben Volks⸗
ſtamme angehören, und erflere nicht als ein den Eultivirteren Hellenen gegenüber:
. flehendes barbariſches Volk anzufehen find, if im dritten Bande unſerer Enchclop.
5, 910. gezeigt worden. Bol. auch Hermann am a. O. 95. 8. Daher hat auch
die Behauptung Herodots VII, 94., daß bie Jonier auch cin Pelasgiſches Volk
biegen, gar nichts Befremdenbes, befonderd wenn wir bie innige Berfchmelgung ber
velasgifchen und Tomifchen Bebblkerung in Attika Ind Auge faffen,
230 Hönes.
VIH, p. 383.), wo fie bald ein bedeutendes Uebergewicht über bie eigentlidhe
pelasgiſche Bevölkerung erhielten, fo daß dieſe felbft den Dialekt der Jonier
annahm oder mit ihrem eigenen vermijchte, woraus der attijihe Dialekt der
griech. Sprade entfland (vgl. Herod. I, 56. Xenoph. Rep. Ath. 2, 8.).
Abſtrahiren wir nun von aller mytholog. Ausfhmüdung und von der Zurüd:
führung allgemeiner Stamm» und Kaftennamen. oder örtlicher Verhältnifſe
auf einzelne mythiſche Perfonalitäten, fo ſcheint fo viel ald wirkliches hiſto—
riſches Faktum feſtzuſtehen, daß ver hellenijche Stamm der Jonier Thon früß>
zeitig die Oberherrſchaft in Attifa erlangte, wohin fle vielleicht Anfangs nur
als Flüchtlinge gefommen waren (vgl. Schömann de com. Ath. p. 351 ff.) *,
mwo fie aber, als ein tapferer und ritterliher Stamm (Hoyleten, vgl. Her⸗
mann am a. D. $. 95. Note 9.), durch wichtige Kriegsdienſte, die fie der
urfprünglichen pelasgiſchen Bevölkerung leifteten, bald zu großem Anſehen
und zu großer Macht gelangten, und fo namentlich zu Ihefeus’ Zeiten (deffen
ioniſcher Urſprung kaum bezweifelt werben Fann, vgl. Wach muth hellen.
Alterth. I, 1. ©. 227 ff. und Müllers Dorier I. ©. 237 ff.) auf die Ent>
widlung des Acht heleniihen Volks- und Staatslebend in Athen am mefent-
fihften einwirkten. Bald aber nahm die Bevölkerung Attika's in einem
folden Grade zu, daß fie eine neue Auswanderung höchſt wünſchenswerth
machte, die denn nun au in Folge einer wichtigen politifden Veränderung
wirtlih Statt fand. Nah dem Tode des Kodrus nämlich, des legten
Attiſchen Königs, und 60 Jahre nah der Rückkehr der Herakliven 309
ums Jahr 1044, nah Andern ſchon 1060 v. Ehr.,. ein großer Iheil der
attifchen Jonier, an die fih auch eine Menge anderer auswanderungsluſtigen
Bewohnerrdes übrigen Griechenlands anfchloßen, unter Anführung der jüngeren
Söhne ded Kodrus, Neleus und Androklus, die mit ber neuen Regierungs⸗
form, d. 5. der an ihren älteften Bruder Medon übergegangenen Archonten⸗
berrfchaft, höchft unzufrieden waren (Pauſ. VII, 2. Strabo XIV, p. 633 f.),
nach Kleinaften aus, und gründeten, indem fle die dort vorgefundenen (mahr-
ſcheinlich ſchon mit Pelaëgern vermiſchten) Einwohner theild vertrieben, theils
ſich mit ihnen verſchmolzen, an den Küſten von Lydien und Karien, d. h.
in einer der reizendſten Gegenden ber ganzen Erde (Herod. I, 142.), den
Joniſchen Städtebund. (Vgl. Pherec. fragm. 26. Herod. 1. 1. Pauſ. VII,
2. 3. Strabo XIV, p. 632 f. Dionyf. v.822 ff.) Die zwölf Bier gegrün—
deten, von einander unabhängigen, aber zu gemeinſchaftlichen Intereflen ver-
bündeten Städte der Jonier (von denen in befondern Artikeln gehandelt wird)
waren in der Richtung von N. nah ©. folgende: a) an der Küſte Lydiens;
Phocäa, Erythrä, Klagomenä, Teod, Lebedus, Kolophon,
Epheſus; b) an der Küfle Kariend: Priene, Myus, Miletuß; c) auf
der Küfte nahen Injeln: Samos und Chios. (Strabo XIV, p. 633.
Aelian. V. H. VII, 5.) Später, ums Jahr 700 v. Ehr., kam auch noch
das früher äoliſche Smyrna dur Verräiherei zum ioniſchen Bunde (Herod.
I, 149. Pauſ. VII, 5. Strabo 1. 1.), der ſonach nun dreizehn Städte um⸗
faßte. Uebrigens erhielten damals auch Delog, Naros, Ceos und andere
Infeln des ägäiſchen Meeres ihre ioniſche Berölkerung. (Dgl. Hermanns
Griech. Alterth. $. 77. Note 5. 6. u. 7.) Das ganze von den Soniern
bewohnte Küftenland hieß Ionia (7 Iorix, Herod. 1, 142. Xen. Cyr.
VI, 2, 10. VIII, 6, 7. Anab. I, 1, 6. Strabo XIV, in Mela I, 2. 17.
11, 7. io. XXXVIL 56. Plin. V, 29, 31. u. f. w.), bei röm. Dichtern
au lonis (PBrop. II, 21, [28% 53.), bildete jedoch ebenfowenig als die
von Äolifhen und doriſchen Kolonien bevölferten Küſtenſtriche Aeolis und
° Denn mit Müller Orchomenos ©. 307. u. U. an eine feindliche Invafıon,
wie die der Dorier im Peloponnes zu denken, bürfte fi) kaum rechtfertigen laſſen.
Zönes 231
Doris, je eine befondere Provinz Kleinaſiens. Das tonifche Gebiet erfiredite
fich nah Herodot, Strabo, Mela und Plintus am a. DO. von PVhocda in
Lydien bis Mile in Karten und hatte bier in gerader Linie eine Auspehnung
von 800 Stab., während dagegen die Fahrt längs ber Küfte hin 3430 Stad.
betrug, indem 3. B. auf die Entfernung von Epheſus nah Smyrna, die in
gerader Linie blos 320 Stad. betrug, allein ſchon faft 2200 Stad. kamen
(Strabo XIV, p.-632. 665.). Landeinmärtd aber oder gegen D. reichte ed
faum einige Meilen weit bis zu einer unbeflimmten Linie dieſſeit ver Städte
Magnefla, Larifia, Tralles, Alabanda u. f. w., die ſchon nicht mehr dazu
gehörten. Ptolemäus giebt auch längs der Küfte dem ioniſchen Gebiet Feine
io weite Ausbehnung, als feine Borgänger, fondern läßt es blo8 vom Hermus
in Lydien bis zum Mäander in Karien reihen, fo daß Phocäa im N. und
Miletus (nebft Pyrrha und Heraklea) im S. fihon von Jonien audgefchloffen
und erflered zu Aeolien, Iegtere aber zu Karien gerechnet werben. Daß
außer dieſem Küftenftrihe auch noch die Inſeln Samos und Ehlod zum ioni⸗
ſchen Gebiet gehörten, ift bereitö bemerkt worden. In diefen neuen Wohn⸗
figen, mitten zwifchen andern griedh. Schweflerftaaten, den äoliſchen Kolonien
im N. (in Myfien) und den doriſchen im S. (in Karien), erlangten bie os
rier, begünſtigt durch die Handel und Schiffahrt ungemein befördernde Lage,
das herrliche Klima und die ausnehmende Pruchtbarfeit des Landes (vgl.
Herob. I, 142. Pauf. VII, 5. Ariſtid. Panath. I. p. 160. Dind.), in Folge
idre® politiihen Lebens, ihres ausgebreiteten und lebhaften Handels und ihrer
wiſſenſchaftlichen Ihätigkeit fehr bald eine Hohe, weltgeſchichtliche Bebentung,
und wurden in allen vielen Beziehungen das vorleuchtende Mufter und Beiſpiel
für ihre europälfchen Brübder. Während aber jeder der einzelnen Zreiflaäten
fi bei einer demokratiſchen Verfaſſung felbfiftändig entwidehte, und mehrere
derielben (namenılih Miletus, Epheſus, Phocäa und Smyrna) befonders
dur lebhaften Land» und Seehandel reih, blühend und mächtig murben,
allgemeine Angelegenheiten aber auf den Bundesverfammlungen im Panio⸗
nion (Slanwrıor), dem Mittelpunkte für alle ioniſche Städte, eigentlich
einem heiligen Saine* am nördlichen Abhange des Vorgeb. Mycale, drei
Stad. von der Küfle und in der Nähe von Priene, verhandelt wurden (Herod.
I, 141. 148. Strabo XIV, p. 639. Mela I, 17. Blin. V, 29. vgl. au
Bödh Corp. inser. II. n. 2909. und Hermann $.77. Note 23.), genoßen
alle längere Zeit hindurch der, alle dieſe Verbältniffe mächtig fürdernden,
goldenen Freiheit und ungeflörter Ruhe von Außen ber, bis ſchon unter der
Hegierumg des Gyges die Angriffe der lydiſchen Könige auf die blühenden
Sreiflaaten begannen, fo daß eine Stadt des Bundes nad der andern und
endlich unter Kröfus ſämmiliche ioniſche Bellgungen in Kfeinaflen der lydi⸗
ſchen Herrfchaft unterworfen wurden; mit bem ‚ganzen lydiſchen Reiche aber
gingen fie im Jahr 557 v. Ehr. an das perflihe Mei unter Chrus über. '
Dbglei nun diefer Zuſtand der Unterwerfung unter bie perflide Herrſchaft
in der Innern Verfaſſung bed Staatenbundes menig änderte, und ihm nur
drückende Tribute, die Verpflichtung Kontingente, zum verflihen Heere zu
ſtellen und herriſche Satrapen (Oberflatthalter) und Tyrannen (Unterflatts
halter in den einzelnen Städten) bradte, fo dünkte er Doch bald genug den
an Zreiheit gemöhnten Griechen unerträglich, und fo brach denn im I. 500
v. Chr. ein allgemeiner Aufftand ber Ionier gegen die perfiſche Herrſchaft
* Nur Gteyhanus Byz. fpricht wohl fälfhlidh auch von einer Stadt Panionion.
Die nähfte Stadt war, wie ſchon gefagt, Priene, welches daher auch bie nöthigen
Borbereitungen und Sinrichtungen zu den Berfammlungen treffen mußte, mit benen
auch feierfihe Spiele gu Ehren des Pofeidon (Panionia) verbunden waren, und bei
benfeiben präfidirte,
° —
232 KHönes
des Darius Hyflaspis aus, an welchem auch ihre europäiſchen Brüder, von
mahrem Patriotismus befeelt, einen nicht unweſentlichen Anıbeil nahmen.
Der frühere Unterftattdalter oder Tyrann von Milet, Hifliäus, war ed, der in
Verbindung mit feinem Schwiegerfohne Ariftagoras, der ihm in jener Würde
gefolgt war, biefen Auffland organiflrte und leitete, durch welchen alle Griechen
Kleinaflend in die größte Aufregung geriethben. Bon ven Athenienfern und
der ioniſchen Kolonie Bretria unterflüßt (von denen ihnen jene zwanzig, biele
fünf bemannte Schiffe zu Hülfe endeten), drangen file bis Sardes, der Reft-
denz des perfiſchen Satrapen, vor und fledten dieſe Stadt in Brand, wurden
aber von den Perfern mieder bis Ephefus zurücdgedrängt und bier in einer
blutigen Schlacht gänzlih geſchlagen, Ariflagorad von den Thraziern am
Strymon, zu denen er geflüchtet war, getödtet, und Hiſtiäus von den Periern
gefangen und and Kreuz gefchlagen (Herod. VI, 30.). Nachdem fich zulegt
im J. 496 auch noch Milet den Beriern hatte ergeben müffen, waren ſämmt⸗
liche Jonier genöthigt fi wieder den Berfern zu unterwerfen, unb ihnen
felbft mit ihren Schiffen und ihrer ftreitbaren Mannfhaft in dem Kriege gegen
ihre europäifchen Brüder beizuſtehen, ver fich befanntlih als Folge des Ein»
mifchens der Arhenienfer in den Aufftand ver Eleinaflatiigen Griechen jegt
entwickelte. Erf die Schlaht bei Myfale im 3. 479, in welcher die Jonier
die Reihen der Verſer verließen, und zu ihren Landeleuten übergingen, Tegte
wieder den Grund zur Freiheit derfelben vom perflichen Joche, welche Cimons
Sieg am Curymedon im I. 469 vollfländig machte. Ob dieſelbe aber aud
durh den cimoniſchen Frieden von Seiten der Perſer förmlich anerfannt
wurde, wie Binige behaupten (Diod. XH, 3. 4. Pauſ. I, 8, 3. Blut. Cim.
c. 13.), bleibt, mie jener ganze Friedenoſchluß, höchſt problematiid. (Wal.
Bo. II. S. 368. unferer Euencl.) Waren nun aber aud die Sonier von
der perſiſchen Herrichaft befreit, jo geriethen fie dagegen nun in ein abbängiges
Verhältniß zu Athen, welches jegt, dem. Haupte ber doriihen Symmadjie,
Sparta, gegenüber, als Haupt der attiſch-ioniſchen Symmadie angeichen
wurde, und verfhmolzen nach und nach immer mehr mit den übrigen klein⸗
aflatifchen Griechen zu einem Ganzen, fo daß nun von Ioniern im Gegen-
fage au Meoliern und Doriern nicht mehr bie Rede iſt. Dur den Frieden
des Antalcivad vom I. 387 Tamen fie wieder unter peifiſche Herrſchaft und
gingen darauf mit dem ganzen perſiſchen Reiche an das macedonifhe und
endlihd an das römijche über. Die höchſte Blüche der ioniſchen Sıäpte endigte
eigentlih ſchon unter der perfliken Herrſchaft, doch erhielten fie fih auch
fpäter immer noch einen gewiffen Grad von Wohlhabenheit und Bedeutung,.
und erhoben ih fogar unter macedon. Herrſchaft zu neuer Blüthe. Unter
dem Joche der Mömer änderte fich freilich ihr ganzes Verhältniß; fie waren
bloſe römiſche Provinzialſtädte geworden, blieben aber doch immer noch als
Handelsſtädte und Sige der Künfte und Wiflenfchaften von Bereutung, und
erft unter den rohen Händen der Oemanen verfhmanden die letzten Spuren
ihrer Blüthe und ihres Woblſtandes. Was den Charakter der Ionier betrifft,
fo waren file unftreitig unter allen griechiſchen Stämmen der Teichtfinnigite,
weihlihfte und vergnügungdfüdtigfle, bei aller finnlihen Meizbarfeit aber
doch auch in geifliger Beziehung der empfänglichfte und thätigfle, und ioniſche
Bildung, Sprache, Kunft und Wiſſenſchaft haben daher lange Zeit zum
Mußfter für dad Abendland gedient. Ionien war die Wiege der grieh. Kunfl
und Literatur, und namentli fanden bier die Dichtkunſt, Philoſophle und
Geſchichtſchreibung der Griechen nicht nur ihren Anfang, jondern erreichten
auch ſchon eine beveutende Stufe der Ausbildung. Hier fang Homer, der
Vater ded Epos, feine unſterblichen Gefänge, bier wurde Heflod geboren,
bier dichteten Mimnermus aud Kolophon, der Schöpfer der erotiihen Elegie,
und Anakreon aus Teos ihre zeizenden Lieber; bier regte ſich zuerſt der Geiſt
Kanes 238
»hiloſophiſcher Forſchung, und Thales, Anarimander und Anarimened, alle .
‚rei aus Mile, Xenophanes aus Kolophon und Anaragoras aus Klazomenä
jrünbeten bier bie erflen Syſteme der Philofophie; hier endlich legten bie
!ogographen Kadmus, Dionyflus, Hekatäus, ſämmilich aus Milet gebürtig,
ven Grund zur Geihiätfhreibung und Erpbejchreibung der Griechen. Was
sie bildenden Künfte betrifft, fo wurde namentlih die ioniſche Baufunft im
zanzen Alteribume flets für die geſchmackvollſte und gefäfligfte gehalten *,
daß ſich aber au die übrigen Künfte in den ionifchen Städten einer feltnen
Blürhe erfreuten, gebt ſchon aus bem einzigen Umflande hervor, baß bie
größten Maler des Altertbums, Apelles (in Kolophon geboren und in Ephefus
erzogen und gebildet) und Parrhaflus (aus Epheſus), geborne Ionier waren.
Daß die Jonier vermöge ihrer großen Betriebſamkeit und Gelehrigkeit auch
in der Schiffahrt ihre Lehrer und Vorgänger, die Bhönizier, fehr bald über
trafen, und da fie nun auch an bem Seehandel derſelben lebbaften Antheil
nahmen, bald als Handelsvolk feinem andern Volke bes Alterthums mehr
nachſtanden, ift fhon oben angedeutet worden. Beſonders merkwürdig für
uns wurden die Jonier auch durch das bei ihnen herrſchende umfängliche und
in hohem Grade ausgebildete Koloniſations-Syſtem, durch welches ioniſche
Bildung, Induſtrie, Kuuſt und Wiſſenſchaft in die entfernteſten Laͤnder ver⸗
pflanzt wurde. Wir laſſen daher noch eine kurze Ueberſicht der und bekannten
Kolonien der Jonier folgen. Schon in der vorhiſtoriſchen Zeit gingen von
dem ioniſchen Mutterſtaate in Attika und Aegialea mehrere Kolonien aus;
nämlich im Peloponnes: Kynuria in Argolis, vielleicht ſchon vor der
Rückkehr der Herakliden von Aegialea (und zwar von Orneän in Achaja) aus
gegründet, da Herodot VIII, 73. die dortigen Jonier Autochthonen nennt
(vol. Baus. II, 25. Euftath. ad Hom. II. Il, 576. und Kruſe's Hellas
I. ©. 507.); ferner Leſſa in Argolis (Bauf. II, 26.), Kapbyä in Arka⸗
dien (Steph. Byz. v. Kegva), Kolonie in Meffenien (Bau. IV, 34.)
und Heraklea in Elis (Pauſ. VI, 22. vgl. Steph. Byz. v. Imeynrrog);
jodann im eigentlichen Hellas: Lebadea (Pauf. X, 34.) und Thespiä
in Böotien, welches letztere nah Pauſ. X, 26. von dem mit den Joniern
vermandten und dur Symmachie verbundenen athenienfiihen Königshaufe
des Crechtheus gegründet war, und daher au für eine Anlage der attifchen
Jonier gelten Kann; Stiris (Bauf. II, 25. X, 35.) und wahrſcheinlich auf
Elatea (Bauf. X, 34. vgl. Raoul⸗Rochette II. p. 99. und Kruſe's
Hellas I. S. 509.) in Phocis. Selbſt in Aetolien und Akarnanien finden
ih Spuren alter ioniſcher Niederlaffungen (vgl. Strabo X, p. 461. Stepb.
Byz. v. Ada und Krufe l. ©. 512.). Auf der Infel Cuböa wurde
Hellopia der Sage nach ſchon von Hellops, einem Sohne des Jon, ge-
gründet, nah welchem bisweilen auch die ganze Infel Hellopia genannt wurbe
ı Steabo X, p. 445. Steph. Byz. v. EAdonie); von Ehalcis und Ere—⸗
tria aber gilt ganz dafjelbe, was fo eben von Thespiä bemerkt wurde (vgl.
Raoul-Rodette ll. p. 101. u. 432% ff. Krufes Hellas I. ©. 509 |.
Pflugk rerum Euboicarum Spec. p. 25 ff. u. Hermann Gried. Alterth.
F. 77. Note 4.). Auch nah Bephallenia warb einer alten Sage zur
rolge ſchon vom Cephalus, einem Sohne des Xuthus und der Kreufa (vgl.
Hogin. fab. 161.), alſo no vor dem Heraklidenzuge, eine Kolonie ausge⸗
rührt (Strabo X, p. 456. 461. Etym. M. v. Kayalrria und Steph. Byz.
v. Koaroı).** Ungleich wichtiger aber find die nach der Auswanderung ber
8 Leber mehrere der berühmtelten Bauwerke, befonders Tempel, ber Jonier vgl.
Panf. VII, 5, 2 ff.
** Bow dieſen tonifchen Nitderlaffungen anf den Juſeln an der Wefttüfle Sriechen⸗
lands Hatte höchſt wahrſcheinlich auch das Joniſche Meer feinen Mamt „erhalten,
IV, N
23 Zönes
Jonier nad Kleinaflen von dort aus gegründeten Kolonien, die wir in zwei
Klaffen,, in öſtliche und weſtliche, theilen Eönnen. Die öſtlichen Kolonien
an den Küften des Helleſponto, der Propontis und des ſchwarzen Meeres®,
von denen mehrere durch Schiffahrt und Handel zu hoher Blüthe gelangten,
wurden früber, als die wefllihen, in dem Zeitraume zwiſchen 800 und 600
v. Chr., größtentheils von Milet aus, gegründet. (Vgl. Strabo XIV, p. 635.
Plin. V, 29. Seneca Cons. ad Helv. c 6. Rambach de Miletop. 29.)
Es waren folgende: a) an der Südküſte der eben genannten Meere, und
zwar am Hellefpont: Abydus, Lampſakus, Kolonä, Parium,
Päſus, Priapus, fämmtlih mileflfhe Kolonien (Strabo XII, p. 387.,
über Abydus au Thuc. VIII, 61. und über Lampfafus au Eharon bei
Blut. virt. mull. T. VII. p. 298. Hutten., ver es für eine Anlage ver
Phocder ausgiebt); an der Propontis: Cyzikus, auch von Milet aus ges
gründet (Strabo XIV, p. 681. PBlin. V, 32.); am Pontus Eurinus: Si⸗
nope, eine der bedeutendſten Pflanzſtädte der Milefler (Xen. Anab. VI, 1,
[oder V, 9,] 15. Strabo XII, p. 549. Diodor XIV, 32.), die aber wahr:
ſcheinlich ſchon einen Ort dafelbft vorfanden, ven fle nur vergrößerten, ba
Apollon. Rhod. II, 948. und Valer. Blacc. V, 108. den Argonauten Autos
Intus als Gründer von Sinope nennen. (Daß diefe blühende Handelsſtadt,
ein Haupiftapelplat ber Milefler, ſelbſt wieder die Mutter vieler anderer
Kolonien am fehwarzen Meere, von Ceraſus, Trapezudu. f. w. wurde,
kann hier blos angebeutet werden. Vgl. Zen. Anab. IV, 8, 23. V, 3,.2.
Diodor. XIV, 30.) Berner Amifus an dem nad Ihr benannten Meerbufen
in Pontus (Strabo XII, P. 547.) und Phaſis im Lande ber Kolcher,
alfo bereits an der Oſtküſte des Pontus (Mela I, 19, 20.). b) an ber
Nordküſte der genannten Meere: am VBontus: Pantikapäum auf be
Chersonesus Taurica, bie fpätere Hauptſtadt des Eleinen bosporaniſchen König:
reihe (Strabo VIE, p. 309. Plin. IV, 12 Ammian. XII, 8.), DIbia,
an der Mündung bed Boryſthenes (Strabo VII, p. 306. Plin. IV, 12.),
Iſtrus, an der Mündung des gleichnamigen Stromes (Strabo VII, p. 319.),
Tomi, der Berbannungdort Ovids (Peripl. Pont. Eux. bei Gail T. II.
p. 226.), Odeffus in Möflen (Strab. 1.1.) und Apollonia in Thrazien
(Strabo ibjd.), ſämmilich mileſiſche Kolovien**; an der Propontis: By:
zantium, meldes wenigftens nad Belle. Bat. II, 15. eine Kolonie ver
Milefler war (während es freilich Ammian. Marc. XXI, 12. für eine athe⸗
niſche und Juflin. IX, 1. für eine ſpartaniſche Kolonie erflären. Vgl. tie
Br. II. S. 601. unferer Encyclop. angef. Schriften), Berinthus (Blut.
Qu. Gr. 56. Scymn. Chius v. 712. Eyncell. p. 238.) und Bifanthe,
Kolonien der Samier (Plin. IV, 11. Marcian. Heracl. p. 29. Steph. By:
v. Boardn); am Hellefpont: Cläus, nad Scymn. v. 706. von Teos, nah
Plut. Parall. 41. aber von Ephefus aus gegründet; endlich am ägäiſchen
Meere: Abdera in Thrazien, eine Kolonie von Teos (Herod. I, 168. vgl.
Hermanns Geld. von Abdera in d. Allgem. Schulzeitg. 1830. Nr. 63.
u. 64.) und vor der Küfte die von Samos aus bevdlferte Infel Same
thrace (Thuc. II, 3. Strabo X, p. 457. Bauf. VII, 4, 3.). Auch von
Chalcis aud wurden an der Norbfüfte des ägäiſchen Meeres mehrere Kolo⸗
nien gegründet, fo daß die ganze große Halbinſel zwifcgen dem thermäiſchen
Welches eben erſt durch dieſe milefifchen Kolonien aus einem Torroc “Ateros
su einem Ilovcos Evkewos wurde, Bel. Forbigers Handb. db. alt. Geogr. 1.
©, 42. u. II. ©, 25.
© Bon Dioskuriad, Phanagoria, Tanais und Salmpdeffns bleibt
sd ungewiß, ob fie von Joniern ober audern griech. Koloniſten angelegt waren,
m
Konlous — Eonldes 985
und ſtrymoniſchen Meerbufen mit ihren 32, zum Theil blühenden Ortſchaften
(Olynthus, Potidäa u. f. w.) den Namen Chalcidice erhielt (Thucyd.
I, 58. Xen. Hell. V, 2, 12.). Die weſtlichen Pflanzſtädte der Jonier, deren
Gründung in den Zeitraum von 750650 v. Chr. fällt, verbreiteten fi
über die Küſten von Unteritalien, ver Infeln Sieilien, Sardinien und Korſika
und bie Küfle Galliens. Mit Sicherheit laſſen fi als ioniſche Anlagen
folgende nachweiſen: in Unteritalien: Elea in Lufanien, von den vor Cyrus
flühtenden Phäckern gegründet (Herod. I, 167.). Auch Ahegium in Brut»
tiuns, von Ghalcid auf Euböa aus angelegt (Strabo VI, p. 257. Diodor.
XIV, 40.) und Kumä in Kampanien, eigentli) zwar von Aeoliern, aber
dog mit Beihülfe der Chalcivenfer und Eretrienfer erbaut (Strabo V,p. 243.
Dionyf. Hal. VII, 3. Vellej. I, 4. Liv. VIII, 2. vgl. Sermann $. 82.
Note 1.), fo wie die von Kumä aus gegründeten Städte Dicdardia (das
jpätere Puteoli, Etrabo V, p. 245. vgl. Hermann am a. D. Note 4.)
und Neapolis (Strabo V, p. 246. Lio. VII, 22. Plin. III, 9. Scymn.
v. 252. vgl. Hermann am a..D. Note 5.) Fönnen wenigſtens mittelbar
als ioniſche Kolonien angefehen werden. Auf Sicilien fanden fi eine Menge
Kolonien der Chalcivenfer, die nach dem oben Bemerkten ebenfalls für tonifche
Kolonien gelten Eönnen, nämlich Narus (Ihuc. VI, 3. Strabo VI,p. 267.
Diodor. XIV, 14. Pauf. V, 13, 4.), Leontini (Thuc. VI,3.), Katana
(Ihuc. 1. 1), Zauromenium (Diobor. XVI, 7. vgl. Plin. II, 8., nad
Diodor. 1. I. eine Kolonie der Naxier und Ghalcidenfer, nah Strabo VI,
p. 268. aber der Zanfläer, alfo immer auch chalcivenfligen Urfprungs),
Zanfle, nah Thue. VI, 4. von den Kumäern in Italien in Verbindung
mit dem Mutierſtaate Chalcis gegründet, nah Strabo VI, p. 268. aber von
den Naxiern in Sicilien, welchen Widerſpruch Mannert II. ©. 266. burd
die Annahme zu befeitigen fucht, daß «die Ehalcivenfer ihren Antheil zur Bes
rölferung der neuen Anlage aus ihrer Pflanzftabt Naxus fendeten (vgl. au
Sermann $. 83.), und Himera, nad Thuc. VI, 5. u. Scymn. v. 288 fi.
von Zanfle aus, nah Sirabo VI, p. 272. aber von Mylä aus. gegründet,
welches ſelbſt auch eine Kolonie der Zankläer war (vgl. Thuc. III, 96. Diod.
XIV, 87.). Auf Sardinien waren Olbia ımb Ogryle von Thespiern und
Attikern unter Jolaus gegründet (Pauf. X, 17, 5. und fomit wenigflens
mittelbar auch ioniſche Kolonien. Auf Korfika hatten die ſchon oben er»
wähnten, vor Cyrus fliehenven Phocäer die Stabt Aleria angelegt (Herod.
I, 167.), deren Cinwohner jedoch fpäter, von ben Kartbaginienfern beflegt
und vertrieben, theild nad Unteritalien auswanberten, mo fle eben das ſchon
genannte Elea gründeten, theild nah Gallien, wo fle an den Küften Ligu⸗
riens bie Erbauer von Maffilia, der äußerften Kolonie der Ionier gegen
W. und einer ihrer berühmteften Nieberlaffungen wurden (Strabo IV, p. 179.
Mela 1, 5, 3. Plin. II, 4. Tacit. Agr. c. 4. Geneca Cons. ad Helv,
c.8.). Endlich kommt au noch eine füdliche Kolonie Hinzu, nämlih Nau⸗
fratis in Aegypten, von Milet aus gegründet (Strabo XVII, p. 801 f.
vgl. Hermann $. 77. Note 12.). [F.]
Hontcus (Iorınos), Sohn eines Arztes,. aus Sardis, Schüler- des
Zeno in Cypern, von Dribaflus bewundert, von Cunapius aber, der Ihm
einen eigenen Abſchnitt gewidmet bat (p. 185 f. oder p. 106. ed. Boissonad.),
ungemein gerühmt wegen feiner ärztlihen Kenntnifle, womit auch philoſo⸗
phiſche Stubien, zunächſt, wie es jeint, in ber neuplatoniſchen Lehre, und
ſelbſt Studien in der Rhetorik verbunden waren; weitere Nachrichten über
viefen in das Zeitalter des Bunaplus (f. Bo. III. S. 278.) fallenden ge⸗
lehrten Arzt fehlen. [B.] |
Konides (Iorides, 'Iorındes), vier Heilnymphen mit einem Tempel
am Yluß Cytherus in Clis, fo benannt von Ion, dem Sohn des Bargetiuß,
736 Koniem Ware +- Wöphon
alfo einem andern als dem obengenannten, der aus Athen eine Colonie in
diefe Gegenden führte. DBeranlaßt war die Erfindung von diefen Nymphen
durch die dortige Heilquelle. Bauf. VI, 22, 4. Strabo VIII, p. 356. [Mer.]
Yonlam Mare (Mela I, 3, 3. 11. 3, 7. 7, 4. Plin. III, 8, 14.
III, 26, 29. 30.; Ionium Pelagus, Mela II, A, 7. 7, 10.; ’Iorıo;
novros, Herod. VII, 20.; Torior neiayos, Ptol. III, 13. Agathem. I, 3.;
Torin Iaraooe, Dionyf. v. 94.; 'Iorıos nopog, Polyb. II, 14,4. V, 110,2.
Seymn. v. 360.), ein Theil des Mare Internum zwiſchen Italien und Griechenland
und um bie meftlih von Griechenland Tiegenden Infeln ber, der fih ſüdlich
and Adriatiſche Meer anfchließt und bier weſtlich bei Hybruntum in Galabrien
(Plin. III, 11, 16.) und oͤſtlich bei Oricus in Epirus (Polyb. VII, 19, 2.)
oder na Strabo VII, p. 316. beim Geraunifhen Gebirge beginnt. Die
älteren ‚Griechen aber gaben ihm eine” weitere Ausdehnung und nannten auf
das Aoriatifhe Meer 'Torıog uvyos (Aeſch. Prom. 840.) und Torios aoAnos
(Secat. fr. 59. 60.), während man umgefehrt fpäter auch wieber bas Joniſche
Meer mit unter dem Namen des Adriatiſchen begriff. Im meltern Sinne
umfaßte ed nah Plin. IV, 14, 8. au das Mare Siculum, Creticum unb
Icarium, im engflen aber reichte ed nah Ptol. III, 13. blos von Dyrrha—
chium bis zum Zluffe Pepylychnus in Macevonien. Seinen Namen, ven e8
bekanntlich noch heutige® Tages führt, Teiten die Meiſten von der Irrfahrt
der Io ber (vgl. Euftath. ad Dionys. v. 389. Staveren ad Hygin. fab.
145. und Tzſchucke ad Mel. Vol. III. P. 2. p. 185.); viel wahrfdein-
licher aber iſt es, daß es denfelben von Joniſchen Kolonien erhielt, vie fih
ſchon früßzeitig auf ven Inſeln deſſelben, namentlih in Gephallenia, nieber»
gelaflen hatten (vgl. oben S. 233. Anm. **). [F.
Jonnaria, Ort im Innern von lilyris barbara, j. Glavacz (Reid),
Tab. Peut. [P.] . .
Iope, Gemahlin des Gepheus, die in ber Sage von Andromeda und
Perfeus fonft Caffiopen heißt, nach welcher die Stadt Joppe benannt fein fol,
wo Perfeus dad Seeungeheuer erlegt haben fol. Steph. Byz.s h. v. [Mzr.]
Iöphon (lopor), der Sohn des Sophorles von der Nifoftrate, be-
kannt unter Andern durch die Anklage, die er wider feinen Vater erbob,
ben er wegen feines hohen Alters für verſtandesſchwach und unfähig, fein
Bermögen felbit Tänger zu verwalten, erklärt wiſſen mollte, der jedoch durch
die Vorlefung des Oedipus auf Kolonos, feines Teßten Drama's, fi von
biefer Anklage (dixn mauaroias) befreite (j. Eic. Cat. 7. Plut. Mor. p. 785. A.
Schol. ad Aristoph. Ran. 73. vgl. mit Hermann Praefat. ad Sophncl. Oed.
Col. p. IX ff. und Anderes bei Bode Geſch. d. Hellen. Dichtkunſt IH, 1.
S. 371 f.): welche Anklage vieleicht ihren Grund in ber Zuneigung bes
alten Sophocles zu den nachgeborenen Söhnen zweiter Ehe hat, modurd
Jophon in dem em gebührenden Antheil der Erbſchaft verfürzt zu werden
glaubte. ehrigene wird Jophon felbft als ein tragiſcher Dichter bezeichnet,
‚ber noch zu Lebzeiten feines DBaters einen tragifhen Sieg gewann (Schof.
Ariftoph. Ran. 73. 78.), der mit Ion und Euripives zugleih auftrat, nad
Artflophanes und beffen Scholtaften aber feinem Vater Vieles verdankte, und
fogar Poefien feines Vaters für die eigenen audgegeben haben foll; über:
Haupt ald Dichter nicht beſonders angefeben war, auch fpäterhin nicht weiter
beachtet worden zu feym feheint, indem von feinen Tragödien, deren Zahl
Suidas auf fünfzig angiebt, darunter ein Achilleus, Telephos, Actäon,
Bentheus u. f. w., auch ein Satyrfpiel, die Auloden, Faum noch ein paar
Verſe fi erhalten haben. Auffallend iſt es, daß man im Alterthum fogar
bie Antigone diefem Jophon beilegen wollte (f. Cramer Anecdd. IV. p. 315,
20. mit Bode am a. ©. ©. 392.). Weitere Nachrichten fehlen; do muß
er zur Beit ber Aufführung ber Fröſche des Ariftophanes (OT. XCIII, 4.
⸗
Joppre — Jordänes 237
ober 405 v. Ehr.) noch gelebt haben. S. über ihn Suidas s. v. Eudocia
p. 248. Sol. Ariſtoph. 1. 1. Fabric. Bibl. Gr. I. p. 308 f. vgl. 197.
Bode ama. D. ©. 364 f. — Verſchieden ift Iophon aus Gnoffus, melder
nah PBaufantas (I, 34, 3.) DOrafelfprüge in Herametern fang, fonft aber
weiter nicht bekannt if. [B.) .
Soppe (Ionnn, Strabo XVI, p. 758 f. 1 Macc. 10, 75. 14, 5.
Act. Ap. 9, 36. 11, 5. u. öfter. Joſeph. Ant. XIII, 4, 15. XIV, 4, 10.
vw. f. w. Ptol. Mela I, 11, 3. Plin. V, 13, 14., au Tönn, Dionyf.
v. 910. Steph. Byz. p. 329. Solin. c. 34., im A. T. Iapho, Yof.
19, 46. Jonas 1, 3. Esra 3, 7. u. f. w.), eine fehr alte” See» und
Hafenftadt Paläſtina's (2 Chr. 2, 16. 1 Macc. 14, 5. 2 Mace. 12,3 ff.
Jofeph. Ant. IX, 11. XI, 4.) und vor Anlegung des Hafens von Gä-
jarea eigentlih der einzige, und nicht einmal ganz fichere (Joſeph. B. Jud.
IM, 9.) Hafen des ganzen Landes, daher von Strabo am a. D. der Hafen
von Jeruſalem genannt. Sie lag am ſüdlichen Ende der blumenreichen Ebene
Saron, 150 Stab. fſüdweſtlich von Antipatris (Joſeph. Ant. XIII, 3.) und
zehn Stunden nordweſtlich von Serufalem, war, bis fle von den Maccabäern
wieder erobert wurde (1 Mace. 4, 8.) in den Händen ber Syrer, dann aber
bis zur römiſchen Herrfhaft ein Sig der Seeräuber (Strabo 1. 1.); weshalb
fle der Kaiſer Velpaflan fleifen und eine Feſtung an ihre Stelle bauen Tieß
(Joſeph B. Jud. III, 9.). Wahrfcheinkich zeigte fich bet ihr einmal ein Ind
Mittelländ. Dieer verfchlagener Wallfiſch oder ein anderes vergleichen See⸗
ungeheuer, weshalb ſowohl die Griechen den Schauplag des Mythus von
der Andromeda (Strabo 1. 1: Joſeph. B. Jud. IN, 19. Plin. V, 13, 14.
31, 34.), ald auch die Juden den ihrer, höchſt wahrſcheinlich damit In Vers
bindung flehbenden, Sage von Propheten Ionas hierher verfehten (Jonas
c. 1. 2. vgl. Diod, IV, 42. Apollod. IT, 5. 9.). Die Stadt ift übrigens -
das Heut. Jaffa, über welches Hameldveld I. S. 442. II. ©. 229 ff.
Joliffe S. 243 ff. Bolney IT. p. 200. und Clarke I. p. 646. zu
vergleiden find. [F.]
Jordänes (- is, - ng, - 05), 7 iſt der Hauptfluß bed Heil. Landes
(daher 5 norauòs bei Sof. A. 3. V, 1, 22.) und feiner Geſchichte (feine
Memorabilien ſ. bei v. Raumer, Baläflina 2. A. S. 61—63.). Ihm gibt
der gewaltige Gebirgsftod des Hermon (im A. T., j. Djebel eſch Scheikh)
aus mehreren Duellen und LZuflüffen (Pjalm 42, 7 f.) feinen Urfprung
(Rußegger, Reifen in Eur., Af. u. Ar. 1,1. ©. 412 f. ©. 753f. Ro⸗
binfon, Baläfina III, S. 612 ff). Die eigentlihe Hauptquelle kommt aus
einer geräumigen Höhle unter einer Felſenwand am Fuße des Heiſch, dieſes
öſtlichſten Randes vom Hermon, an einer Stelle, die einft dur Pand-Euftus,
einen von Herodes dem Gr. dem Auguftus zu Ehren errichteten Tempel und
die Stadt Eijaren Philippi (fonft Paneas, j. Dorf Banias) gefelert war
(3of. A. J. V, 1, 22. XV, 10, 3. XVII, 2, 1. B. J. 1, 21, 3.1, 9, 1.
PBlin. H. N. V, 15.); daher bei arab. Geographen Bantatfluß, bei Iof.
o ueyas Toodarns (B. J. IV,-1, 1.), zum Unteiſchiede vom uixgog (ebend.
u. A. J. 1, 10, 1. V, 3, 1. VII, 8, 2.), der eine Stunde mehr weſtlich
bei Dan (j. Tel el Kady) entiprungen in jenen fließt. Bedeutender als
beide if ein dritter Zufluß, Nahr Hasbeiya, der norbweftli von ben höchſten
Hermondfuypen in Eöfefgrien feinen Urfprung, und durch einige Bäche ver
° Für die allein ungeklinſtelte Ableitung von 793 hinunterjließen, ſprechen
5. Moſ. 9, 21., beſonders aber Ezech. 47, 8. und die Eigenthümlichkeit feines Rinn⸗
ſales. Andere Abll. f. bei Geſenius im Thies. L. hebr. p. 626. und in b. Anm.
zu Burckhardts Reifen in Syrien, Paläft, u. ſ. f, S. 494 f., mo auch eine Zeichnung
der Jordandquellen ſich findet. “
-
*
240 Jordänes
bildet, zwei Stunden füplih vom Tiberias⸗See, und der Jabbok (j W.
Zurfa, 4 Moſ. 21, 24. A. J. IV, 5, 2. v. Raumer, Baläfl. ©. 73.)
mit dem einen Zuflug von Gerafa, mit den andern von Philadelphia ber,
in der Mitte des Ghor in den Jordan mündend, in engen, tiefen Schluchten
durchſetzen, zur Weckung einer bebeutenden Begetation unzureichend in dieſer
Einſenkung, melde zudem von einer tropiihen, durch Feine maritime Kin:
wirkung temperirten Hige burdglüht wird. Diefe Ihalebene nun vom Xi:
beriad-See an heißt heut zu Tage el Chor, d. h. tiefliegender Landſtrich,
gewöhnlich zwifchen zwei Bergzügen, ein Name, der fih auch noch auf ihre
Bortfegung im Salzthale drei Stunden fünlih über dad torte Meer binaud
bis zu der fhon im U. T. erwähnten Klippenfurve Akrabbim erftredt (Rob.
IH. ©. 24 f. 32 ff. 153 ff. Gel. Thes. p. 1030.); füpli von dieſer bis
zum älanitiſchen Meerbufen heißt fie heut zu Tage Arabah, melde Benennung
übrigens bereit im U. T. vorfommt, bier aber auch das ganze Ghor
mit umfaßt (Gef. Thes. p. 1066 f. Reland, Palaest. p. 360 fj.. p. 508.,
wo auch die bei Eufebiuß und Hieronymus vorkommende Bezeichnung der
Tpaleinfenkfung vom Libanon bis zur Wüfte Paran, Avis befprochen wird).
Sonft heißt die Jordansebene im A. T. 777773 22 (Gef. a. a.D.p. 717.)
was jedoch meiſt auf den Strich zunächft oberhalb des tobten Meeres zu beſchränken
if, im N. T. 7 repiywpog zov ’Iopdasov, bei Jof. zo uey« medion, A. J.
XII. 8, 5. B. 3. IV, 8, 2. Uebrigens erſtreckt fi viele Thaleinſenkung im
Grunde auch noch über den Tiberiad-See hinauf bis zum Fuße des Di. ei
Sheikh (vgl. das eben über Avaor Bemerkte), fo daß man mit Leop. v.
Bud das Jorbansthal eine Erpfpalte nennen kann, die vom Libanon bi8 zum
rothen Meere fih ununterbrochen ausbehne (Mob. III. S. 167. Rußegger
am a. D. ©. 759 f.). Nachdem nun der Jordan dieſes Ghor in mandherlei
Wendungen gleihfam widerſtrebend (invitus, Plin.) feiner Mündung ind
todte Meer durchmeſſen, wird er von dieſem aufgetrunfen (Plin.), und
vollendet fo feine merkwürdige Kunfıion, vie Verbindungskette eined Sumpfes
(Huleh), eined füßen Alpſees (von Tiberias) und eined Salzmeerd (t. WM.)
zu feun; ein eigenthbümlich intereflantes Gewäſſer, mag man nun auf feine
natürlichen oder auf feine geſchichtlichen Beziehungen blicken. Endlich ift die
Ausbünflung bed tobten Meeres mächtig genug, dem Zufluß vom Jorban
mehr ald ein bloßes Gegengewicht von jeher zu Halten (Mob. II. ©. 460.).
und die auf bedeutende Auctoritäten (Gef. am a. D. p. 625.) fich flüßenpe
Lieblingohypotheſe der letzten Jahre vom früheren Abfluß des Jordan nad
dem älanit. Meerbufen dur die Arabah, wobei der feige Grund des todten
Meeres eine fruchtbare Ebene geweien fei*, bat fi bei der nun genauer
‚ermittelten Vekanntſchaft wenigſtens von ver gegenwärtigen Beſchaffenheit
diefer Gegend, d. 5. von der unter dem SOflen Breitegrabe wenige Stunden
nördlich vom genannten Meerbufen in der Arabah eintretenden Waflerfcheive |
zwiſchen demfelben und ven tobten Meere, indem fih das Terrain der Thal:
fohle zur Bildung eined Dammes (el Sateh) gegen jenen wieder zu heben be:
ginnt, fo wie von des todten Meeres tiefer Deprefllon unter ven Spiegel des
Mittelmeered, als durchaus unbaltbar erwiefen (Rob. II. S. 33 f. 162.
774 f. 780. v. Raumer, Beitr. 3. 6. &. ©. 14 f. Rußegg. S. 759.). —
lieber einen vermuibeten hiſtor. Zufammenhang zwiſchen unferem Ixud«ro;
Leake in ber Vorrede zu Burckhardts Travels p. VI. (S, 8. d. d. lieberf.)
und Delaborde Voyage de l’Arabie Petree p. 3. Siehe jeboh, was Mödiger in
der Nez. ber Delab. Reife in d. Allg. Lit. Zeit. 1836. ©, 306 f. und in Erſchs und
Grubers Allg. Encyel, 3te Seet. Hter Ihl. S. 347. gegen biefe Anficht geltend ge:
macht bat, und vgl. aud Letronne im Journ. des Savans Oct. 1835, p- 596.
Nouv. Annales de Voyages 1839, T. IH. p. 264, [F.]
diernandes au
(ſo Bauf. am a. D.) und dem Eretenflichen ’Zapdaros |. Ewald, Geſch. des
Volkes Ifrael I. S. 293. [ Cless.]
Jornandes (im Cod. Ambros. und fonft Jordanis), Berfafler zweier
bifkorifher Werfe: 1) de Getarum s. Gothorum origine et rebus gestis,
furz historia Gothorum; 2) de regnor. ac temporum successione, s. de
origine mundi et actib. Romanorum ceterarumg. gentium. Nad feiner
eigenen Angabe im erfigenannten Werke c. 50. gothifher Herkunft, und zwar
mit den Amalern verwandt, erſt Notarius, dann Mönd, nah Muratori's
Bemeifen aber nit Episc. Ravennas, wie Sigeb. Gemblac. u. U. ihn nennen;
auch nit, wie Funccius mohl meint, gothiiher, d. 5. arianiſcher Biſchof,
da er fein Urtheil über Kalfer Valens und die Arianer hist. Goth: c. 25. 26.
deutlich genug audfpriht und offenbar dem Nicän. Symbol anfing. — In
dem erfien Werke theilt er, nah allgem. Angabe ver Außerften Enden der
Erbe, genauere Rachrichten über Scandzia (Scanbinavien) mit, und von
bort bie Gothen herleitend begleitet er fie in ihren beiden Hauptzweigen bis
nad Spanien und Italien, und fließt mit der Rückkehr des Beliſarius aus
bem eroberten Ravenna nad) Chr. Geh. 541. Das zweite Werk, welcher er jelbft
in ber praefatio zum erflen als opusculum de breviatione chronicorum be-
zeichnet, giebt eine Leberfiht ver Weltgefhichte von Adam an, nad ben
Monardien, genauer die römiiche nah Florus, den er nicht nennt. Den
Schluß erklärt er felbft für eine Ergänzung zur gothiihen Geſchichte,
denn er gebt damit zehn Jahre Über Bellfard Abreife hinaus, bis zum
MWiederaufleben der gothiſchen Macht unter Totilas. Die letzten Ereignifie
(bei Procop. Goth. IH, 31— 39.) und die Angabe in dem Vorworte, daß er
bis zum 24ften Jahre des Juſtinianus ſchreibe, führen uns bis 551. Des
tanntli ging im folgenden Jahre, 552, Narfes mit einer trefflichen Armee
nad Italien, beflegte Totilad, und machte 553 der ganzen gothifhen Herr⸗
ſchaft ein Ende. Kein Wort davon bei Iornanded. Sollte er zu Anfang
des Jahre 552 geftorben feyn? Was Hätte ihn fonft bewegen können, dieſe
fo wefentli zur Sache gehörenden Greigniffe auszulafien? Die kurze Welt⸗
ehronik Hat der Verfaſſer früher angefangen, aber fpäter beenbet, als bie
Schrift über die Bothen (praef. ad Vigil. cf. praef. ad Castal.), bie legtere
muß alfo wohl vor 551 fertig gewefen fein. Dazu flimmt Allee. Wenn
wir auch nicht gerade daß Jahr, mit welchem fie fließt, als Jahr der Ab⸗
fafung annehmen, nämli 541, fo iſt e8 doch, bei den übrigen fo klaren
Stellen, unmöglich, in der Notiz c. 19. der histor. Gothor., auf welche
man feit Voſſius Gewicht legte, etwas anderes ala einen Rechnungsfehler
des Iornandes oder als ein Ginfchiebfel deſſelben aus fpäterer Zeit zu fehen,
da Die Abfaffung der Geſchichte der Gothen durch diefelbe in das 3.548 4-9,
alſo 352, dv. 5. fogar nad ver Vollendung bed Buches de regnor. success.
fallen würbe. — Die vielfältigen Mängel des Stils eines Werkes aus ber
decrepita aetas, und bie zahlreichen Irrthlümer des Scähriftftellers überfieht
ber Geſchichtforſcher gern, menn er Über den Werth des Jornandes zu ur»
theilen hat. Wie Ammian. Marcel. zu Tacitus, fo fteht Jornandes zu den
frühern Geographen und Hiftorifern. In wie weit das Wert de Gothor.
origine etc. wirflid ein Auszug auß des Senators (Caſſiodor nad Variar.
IX, 25.) fet, läßt fi nicht mehr entfcheiden, da Jornaudes nach feiner eigenen
Angabe (praef. ad Castal.) defien duodecim volumina nur ad triduanam
lectionem hatte, nonnulla ex historiis Graecis ac Latinis binzufete, initium
finemgque et plura in medio sua dictatione permiscens. — Die zahlreichen
Ausgaben biefer Schriften haben Funcc. aetas decrep. VIII. $. 14.15. Voß
n. 20. Wuratorl rer. ital. script. I. p. 189 f. aufgezählt. Die von Perg
serfprocdene neue Ausgabe (Archiv VI. S. 299.), welche Prof. Meinert in
Bauly, Real-Encheion. IV. 16 - ©:
MO. Yos — Zeosophus
Wien nach neunzehn Handſchriften für die Monumenta Germ. hist. beforgt,
iſt noch immer nit erſchienen. — Reichliche Beiträge zur Erklärung des
Jornandes giebt Zeuß in ſeinem bekannten Werke: „Die Deutſchen und die
Nachbarſtämme“ überall. [ Hansen.]
Kos (n 'Ioc), Bergfefte in ver laconiſchen Landſchaft Skiritis, alfo nahe
der arcadiſchen Bränze, nur von Zenophon erwähnt, H. Gr. VI, 5,25. [P.]
Mos (7 los, Strabo X, p. 334. Scylax p. 22. Steph. Byz. v. Toc
Mea II, 7, 11. Blin. IV, 12, 23.), eine der Eleineren Sporaden bes Ae⸗
gätfchen Meeres, die Steph. Byz. fälſchlich zu den Cykladen rechnet. Sie
führte nach Plinius früher den Namen Phoenice und lag 25 Mill. nörblig
von Thera und 24MIN. fünlih von Naxos. Schon Schlar am a. DO. er
&hlt, daß auf Ihr Homer begraben Liege, melde Sage von Plinius wieber-
Holt wird. (Ueber das vermeintliche Brab des Homer daſelbſt ſiehe Welder
in der Zeitſchr. ſ. Alterthumswifſſ. 1844. Nr. 37—41. und vgl. Fiedler
Geogr. u. Bei. von Altgrieden!. II. S.93 ff.) Nah einem alten Orakel⸗
ſpruche follte auch Homers Mutter aus Jos gebürtig geweien fein (Steph.
Byz.). Sonſt enthielt fie weiter Feine Merkwürdigkeiten, als eine gleid-
namige Stadt (Ptol. 1. 1.). No jetzt Hat die ziemli fruchtbare Infel Nio
(d. i. 87 Io) einen gleichnamigen Flecken mit gutem Hafen. Vgl. über ihre
heutige Beſchaffenheit befonderd Roß Reifen I. S. 54. u. 154—173., und
über ihre Inschriften Denfelben in Inscriptt. ined. II, 93—97. [F.]
Josephus (Ioonnog) oder Flavius Josephus, Sohn bes Matthäus
aus einem Vrieſtergeſchlecht, mütterlicher Seit von ber Familie ber Hass
monder abflammend, war zu Serufalem 37 nah Ghr. geboren, erhielt
eine gelehrte Bildung und ſchloß ſich an die Secte der Pharifäer an, begab
fih aber im Jahre 63 n. Chr. nah Nom, wo er die Zuneigung der Boppäa,
der Gemahlin des Nero, fi zu erwerben wußte, indeß wieder zurückkehrte
in feine Seimath und hier, nachdem er vergeblich fi bemüht, vie Empörung
feiner Landsleute wider die Nömer zurüdzubalten, fi ihnen felber anſchloß
und Befeblöhaber von Baliläa warb, bier aber, bei der Binnahme von
Jotapata in die Gefangenſchaft ver Nömer gerieth, aus ber ihn jedod, nad
zwei Jahren, feine Prophezeiung von der Fünftigen Größe Veſpaſians befreite
(f. Sueton. Vesp. 5. mit d. Audlegg. ©. Olearius Diss. de Vaticänio
Josephi de Vespas. Lips. 1699. 4. und Th. A. Strobbacd Diss. de Josepho,
Vespas. imperium praedicente, num vere divinaverit. Lips. 1748. 4.).
Nun nahm er ven Eaiferlihen Familiennamen (Flavius) an, madhte die
Belagerung Ierufalems unter Titus mit, und verlebte den Reſt feiner Tage
(jedenfalls bis 93 n. Chr. wo nicht länger) zu Rom, wohl befreundet ber
kaiſerlichen Familie, und wiſſenſchaftlichen Beſtrebungen zugetban, beren
Früchte in den hinterlaſſenen, zunächſt hiſtoriſchen, Schriften uns noch vor⸗
liegen (ſ. @ufeb. Hist. Eccles. Ill, 9. 10.). Dahin gehört zuvorderſt feine
Geſchichte des erſten Kriege der Roͤmer mit den Juden in fieben Büdern:
nei zoü Jovöaixou nolsuov oder 'Iovdaixn ioropia mepi dAMOEOG, ur⸗-
fprüngli in feiner vaterländifehen Sprache, der ſyrochaldäiſchen, gefchrieben,
dann aber ind Griechiſche übertragen und fo dem Kaiſer Beipaflan überreicht,
eine fehr lebendige Darftelung bes Aufflandes der Juden unb befien traurigen
Ausgangs, berichtet durch einen Augenzeugen, wodurch die Schrift an GOlaub⸗
würdigkeit nicht wenig gewinnt. ine in einen gebrängten Auszug gebradhte
lateiniſche Ueberfegung, welche unter dem Titel Egesippi (i. e. Iwonnov ober
Ex Josepho) de excidio urbis Hierosolym. den Werfen bes Kirchenvaters
Ambroflus beigefügt if, wird zwar von Manchen bezweifelt, ſcheint aber nad
den neueren Forſchungen von Bontanint (Hist. liter. Aquilej. p. 392 ff.) und
Gallandi (Bibl. Patr. VII. p. XXVIII ff., wo auch p. 695 ff. dee Test) für
ein Werk defielden gelten zu können. Auch Rufinus gilt füs den Berfafler
Zosophus 243
einer lateiniſchen Lieberfegung; vgl. Fabric. Bibl. med. et infim. aet. VI.
p. 131. unb Bibl. Graec. V. p.22. Nach dieſer latein. Ueberſetzung bear»
beitete Iofeph Aen Borion, ein franzöflfger Jude zu Tours im zwölften
Jahrhundert, wie jegt ausgemacht ift, eine hebräiſche Geſchichte des Süpifchen
Kriegs, die er für die ächte des Joſephus ausgab, auch eine Zeitlang damit
täuſchte (ſ. das Nähere bei Babric. 1. 1. p. d6 fl. G. 3. Voß De historr.
Graece. p. 240 f. ed. Westerm.); es erſchien biefer falſche Joſephus zuerft
vollſtändig Hebrälfch zu Venedig 1544., und damad zu Frankfurt 1690. 12.,
beſſer, mit Tatein. Ueberfegung und Noten von I. Br. Breithaupt zu Gotha
1707. 4., auch Iateinif$ von I. Bagnier zu Orforb 1706. 4. — Daß ziveite
Sauptwerk des Jofephus giebt unter der Auffchrift: "Zovdainn Apyarodoyie
in zwanzig Büchern eine Geſchichte des jüdiſchen Volks von Erſchaffung der
Welt bis zum zwölften Jahre der Megierung Nero's, gefchrieben in ver Ab»
| ht, den Griechen und Römern eine günflige Anfiht von dem im Allges
meinen bei ihnen verachteten Volke ver Juden beizubringen: was auf bie Art
und Weiſe der Darftellung allervingd feinen Einfluß geäußert und der hiſto⸗
rifhen Treue des Werkes, in welchem neben der Hauptquelle des Alten
Teſtaments auch andere geſchichtliche Meberlieferungen benußt wurben, aller»
dings einigen Abbruch geihan hat, fo wichtig au fonft diefe Geſchichte für
uns in mehr als einer Beziehung gemorden If. ©. barüber vie Abhand⸗
ungen von: 3. A. Erneſti Exercitt. Flavianae de fide et dictione- Josephi
(Opusec. phil. et: critic. Lips. 1776. 8.) Philarete Chadles: De l’autorit6
historique de Flavius Josephus. Paris 1841. 8. Auch bie Schreibweiſe und
die Darfielung des Iofephus wird von Photius (Bibl. Cod. 47.) gelobt,
: and als rein erfannt; ja Hieronymus (Ep. 22. ad Eustach. c. 35.) nennt
ihn foger den griechifchen Livius: was freilich eine Lebertreibung if. Auf⸗
fallend übrigens erfcheint in dem Werke dieſes eifrigen jüdiſchen Patrioten
die Stelle über Chriſtus (Buch XVII, 3. 6. 3.), welche Eufebius in feiner
Kirchengeſchichte ebenfalls daraus anführt, während bei andern Altern Schrift-
feiern davon feine Spur fi findet: weshalb die Aechtheit der Stelle in
_ nemeren Zeiten mehrfach Beftritten, von Andern aber in Schub genommen
worden If (f. SHöU Geſch. d. Griech. Literat. II. &. 986. und die daſelbſt
angeführten Schriften nebſt Fr. Beni Quaestionn. Flavianarum Specimen.
Regimonti Pruss. 1835. 4., wo die ältere Literatur gleichfalls angeführt iſt,
der Berfaffer aber ebenfalls gegen die Aechtheit der Stelle ſich erklärt). No
eriftirt von diefem Werke eine alte Iateinifche Ueberfegung, welche den Namen
des Rufinus trägt. Weiter befigen mir von Joſephus eine an bie Ges
ſchichte des Jüdiſchen Kriegs zur Vervollftändigung ſich anreihende Selbfi-
aphie: Biaßiov 'Imonzov Bios, aus der bie oben bemerkten Nachrichten
über fein Leben zunächſt genommen find, dann eine zur Bertbeibigung feiner
Jũdiſchen Geſchichte abgefaßte, durch manche Nachrichten, welche barin ent⸗
halten And, nicht unwichtige Streitſchrift wider Apion (ſ. Br. I. ©. 606.):
zepi apyarızos ’Iovdaien xarz ’Aniwros in zwei Büchern, dann eine in
ihrer Aechtheit bezweifelte, in manden Ausgaben ber Bibel fogar als vierte®
Bud der Makkabäer aufgenommene Schrift: Eis Manxaßaiovg Aoyog 7 nepi
avroxparopog Aoyıouov; endlich ein durch Joannes Philoponus erhaltene,
von Manchen dem Joſephus, von den Uebrigen mei dem Hippolytus zuge⸗
theiltes Fragment einer Schrift von dem Weltall (zepi roõ ITavtxoc). Gedruckt
erſchien der griechiſche Text der Schriften des Joſephus zuerſt 1944. fol. zu
Baſel bei Froben, dann mit latein. Ueberſezung von PB. de la Novlöre zu
Genf 1611. fol., wieder abgedruckt von I. Criſpin ebenbafelbft 1634. fol.
md von Th. Ittig zu Koͤln 1691. fol., dann mit weitſchweiſigem Kommentar
von ©. Bernard zu Oxford 1700. fol., aber unvollendet (nur ein Band, die
vier erſten Bücher und einen Theil des fünften der ApzasoAoy. enthaltend),
z14 Jotäbe — Zetäpe
darauf von I. Hudſon und A. Hal zu Oxford 1720. IE Voll. fol. und m
einer Alles umfaflenden Collectivausgabe von Sig. Havercamp zu Amflerdem
1726. II Voll. fol.; ein Abdruck davon (ohne die Noten) von Er. Oberthür
zu Leipzig 1783 ff. in III Voll. 8., ein Tert von I. &. Richter zu Leipzig
1826 ff. VI Voll. 8. (in der Biblioth. sacr. eccles. Graec.); die Geſchichte
des Juͤdiſchen Kriegs, befonderd Herausgegeben mit Noten von E. Cardwell
zu Orforb 1837. II Voll. 8., die Selbfibiographie, befonderd von H. Ph.
C. Henke zu Braunſchweig 1786. 8. Die altlateinifhe, angeblide Lieber
fegung des Rufinus erfhien fhon 1470 zu Augeburg in II Voll. fol., dann
zu Verona 1480. fol., eben fo frühe finden wir ſchon Ueberfegungen ind
Spaniſche (1492), ins Franzöſiſche (1492), ins Italieniſche (1493. 4.) und int
Deutfche, zuerft von K. Hedion zu Straßburg 1531. fol., und öfters wiederholt,
dann von I. Spreng und 3. Münzer zu Branffurt 1569. fol., ebenfalls
öfterd wiederholt, und fo fort; von neueren beutfchen 'Ueberfeßungen nennen
wir bie von I. B. Ott zu Zürich 1786. fol., und in VI Voll. 8., von
3. F. Gotta zu Tübingen 1736. fol., von I. B. Frieſe zu Altona 1804 f.
II Voll. 8, (blos ver jünifhe Krieg, die Selbfibiographie ebendaſelbſt
1806. 8.), am beſten von A. Fr. Gfrörer, mit Cinleitung von W. Hoffmann
zu Stuttgart 1835. 8. (blos der jüdiſche Krieg); ſ. das Nähere bei Hoff
mann Lexie. Bibliogr. II. p. 587 ff. Im Allgemeinen ſ. über Leben und
Schriften des Joſephus mehr bei: G. I. Voß De historr. Graece. II, 8.
p. 238 fj. ed. Westerm., insbeſondere Fabric. Bibl. Gr. T. V. ed. Harl. zu
Anfang die Abhandlung von Oberthür, mit den Zufägen von Harles; |. auf
Gave T. I. p. 32 ff. Gellier T. I. p. 592 f. Joſt Gef. d. Juden Br. II.
©. 55 ff. Anhang. Ch. ©. Steuber Disquis. de scriptis Fl. Josephi et
fide. Rinteln 1754. 4. — Außer dieſem Joſephus kennt die Geſchichte ver
Griechiſchen Literatur noch mehrere andere deſſelben Namens, melde bei 8%
bricius 1. 1. V. p. 59 f. aufgeführt find, aber in eine ſchon fpätere Zeit ded
Mittelalterd und außer den bier zu beachtenden Kreis fallen. Wir erinnern
nur bier an den Byzantiner Josephus Genesius, f. ®b. IH. ©. 6%.
Au kann Hier noch der Engländer Josephus Iscanus, ber im zwölften
Jahrhundert n. Chr. ein Gedicht über den trojanifhen Krieg in ſechs Büchern
ſchrieb, genannt werben, da man ihn irrthümlich für den Berfaffer eine
jedenfalls no aus dem Altertum flammenden, angeblih aus dem Griech.
des Dares ins Lateinifche überfegten, im Mittelalter aber, ungeachtet dei
bürftigen Inhalts viel benugten Schrift: Historia excidii Trojae hat machen
wollen; f. meine Gef. d. röm. Lit. $. 210. vgl. 6. 95. d. dritt. Ausg. —
Endlih kann no Josephus Rhacendyta wegen feiner aus Hermo⸗
gened entnommenen Epitome ber Rhetoril genannt werden, die jegt im britten
Bande der Rhett. Graecc. von Walz abgebrudt if. ©. auch Fabric. Bibl.
Gr. VI. p. 131. [B.]
Zotäbe (Iozaßrn, Procop. B. Pers. I, 19.), eine Fleine, von freien
Juden bewohnte und zu Arabien gehörige Infel des Arabifchen Meerbufend,
1500 Stad. von Ailas (d. 5. Aelana); jeht Iaboa genannt. Reichard
kl. geogr. Schriften ©. 492 f. hält fie für identiſch mit der von Steabe
XVI, p. 777. erwähnten Infel Die. [F.]
Jotapäta (Iorenarn, Joſeph. B. Jud. II, 20. III, 7. 11 ff. 21. 23.
Vit. p. 1014. 1016., nad) Steph. B. Joranare, nolsg Zvpias), eine auf einem
Belien gelegene und von Joſephus befefligte, von Veſpaſtan aber doch eroberte
Stadt in Galilaea Inferior, fünöflid von Sephoris und nordweſtlich von
Itabyrion, deren Lage fich jedoch nicht genauer beſtimmen laͤßt. [F.]
Jotäpe (Inrann, Rtol. V, 8. Plin. V, 27, 22. Conc. Chalced.
p. 699., bei Hierocl. p. 709. Torcian), eine Heine Stadt Giliciend in Se⸗
lentis, nicht weit von Selinus, vielleicht nicht verſchieden von Laortes oder
Jovalise: — Zevianus 245
Laerts (f. biefen Art.), ber Vaterſtadt des Diogenes Laertius. Angeblich |
das heut. Gaflel Lambardo. [F.]
Jovalia (fo It. Ant., aber Tab. Peut. Jovallium, Ptol. ’TovoAAor,
Geogr. av. Joballios), Stadt in Niederpannonien, j. Balpo am Draufl. [P.]
Jevia, 1) Ort in Nieverpannonien, St. Ant., nah Mei. ij. Muinen
bei Jovincza. — 2) Ort in Oberpannonien, It. Ant. Tab. Peut. (Botivo),
Gugipp. Vita S. Sever. (Juba). Seht Toplica. [P.]
Joviäcum, Stadt in Noricum, It. Ant. und Not. Imp., nach melder
der praefectus secundae Italicae militum Liburnariorum bier feinen St&
Batte, was auf Flußſchiffarth deutet, weswegen Reichard den Drt mit vieler
Wahrieinlikeit an der Donau beim j. Engelhardszell anſetzt. [P.]
Joviami hieß feit Diocletian eine Legion auserlefener Mannſchaft; fie
Hatte ihren Namen von Diocletian, der auch den Beinamen Jovius hatte.
Ihnen entfpredgen die Herculiani, fo benannt nad Maximianus Hercu-
leus. ©. Zoſ. Iil, 30. Amm. Dare. XVII, 3, 2. XXV, 6, 2. [ W. Teuffel.}
Joviamus, 1) der Kaifer Flavius (Orelli Inscx. 1112.) Claudius
Jovianus (Socr. III, 22.). Bei Iulians Tode war dad röm. Heer auf dem
Rückmarſch aus Uffgrien begriffen und mußte, weil der Kaiſer die Schiffe
verbrannt hatte und daher der Uebergang unmögli war, flromaufmärts am
Ufer ſich Hinziehen; die Roͤmer waren zwar die Sieger, aber von Allem
enıblößt, ohne eigenen Borrath und in dem verwüſteten Rande Nichts an⸗
treffend und fo der Gluth des Simmeld und ven Qualen des Hungers wehrlos
preiögegeben, überbieß von bem Feinde, dem Perſerkönige Sapor und feinen
Satrapen wnaufhörlih genedt. Gin Diitregent war nicht ernannt und Nie⸗
mand vorbanden, der vermöge feiner Geburt entfchienenen Anſpruch auf den
Thron hätte machen können, ebenfowenig ein überlegener Geiſt und Wille,
dem bie Andern von felbft zugefallen wären; aud war die Krifls zu ſchnell
unb unerwartet eingetreten, als daß vie Parteien Zeit zu Entfaltung ihrer
Thaͤtigkelt und zur Intrigue gehabt hätten. In dieſer Verlegenheit entſchied
man fih, als ber allgemein als tüchtig anerkannte Salluftius (f. d.) ab»
lehnte, am 24. Juni 868 für den durch einige laute Stimmen vorgeſchla⸗
genen Jovianus (mm. Marc. XXV, 5, 1—4. Üutrop. X, 9. consensu
exercitus electus est. Unmahrheiten über ben Hergang gibt Theodoret. IV, 1.).
Diefer mar damals domesticorum ordinis primus (Umm. $.4. XXI, 16, 20.
nennt er ihn protector domesticus, jedenfalld eine Würde bei der kaiſer⸗
lien Leibwache) und komte nicht eigene Verdienſte, fonbern nur bie feineß
Vaters, ded Grafen Varronianus (f. d.), welcher Anführer der Jovianer
gemefen war, für fih anführen (Amm. u. Cutr.); nichtöpefloweniger nahm
er, die Schwierigkeiten feiner Lage kaum ganz überblidend, die glanzuolle
Würde an. Auf die Nachricht von dem Megierungsmedhfel greift Sapor
fogleid an (Umm. XXV, 5, 9.); man befragt die Dpfer, fie rathen zum
Ausrüden (Amm. 6, 1.) und man ſchlägt, nicht ohne anſehnliche Verluſte
auf beiden Seiten (fo daß Cutr. X, 9. von Jov. fogar jagt: uno a Persis
atqve altero proelio victus), den Feind zurüd (Amm. 6, 2 ff.). Geſchwaͤcht
dur die vielen einzelnen Kleinen Niederlagen, die unermüdliche Ausdauer
des rõmiſchen Heered und bie unerfchöpfligden Hilföquellen des röm. Reichs
fürchtend, durch die Bermegenheit von 500 Galliern und Germanen aus dem
feindlichen Lager, welche in der Naht den bodangefchmollenen Tigris
durchſchwammen und feine Borpoften niebergehauen hatten, beflürzt gemacht
(Ammian. 7, 1—5.), au wohl von dem Mangel im römilden Heere und
von der Schwäde ihres Feldherrn Alles ertropen zu können hoffend,
machte Sapor zuerft Friedensvorſchläge. Sein Abgefandter erklärte: Aus
befonderer Menſchlichkeit wolle der allergnädigſte König den Ueberreften des
römifgen Heeres freien Abzug geflatten, falle der Kalfer feinen Befehlen
246 Jovianız
nachkomme (Ammian. 7, 6.). Jovianus ſchickt Salluſtius und Arinthäus
an Sapor, der die Unterhandlungen vier Tage lang hinauszuziehen weiß,
während welcher das röm. Heer eine Beute des quälendſten Hungers If;
Jov. konnte in dieſer Zeit unter fortgefeßten Unterhandlungen fruchtbare
Gegenden erreihen; aber er bewegt fih nicht von der Stelle, wie es ſcheint,
aus bornirter Gewiſſenhaftigkeit (Amm. 7, 7f.). So wird ber Frieden um
jeven Preis immer mehr eine unvermeidliche Nothwendigkeit, und da Sapor
auf feinen Forderungen eigenfinnig beftebt, fo wird endlid auf dreißig Sabre
(Amm. 7, 14.) ein Vergleich abgeſchloſſen, wornach die fünf regiones
transtigranae (vom Standpunft der Perfer aus) und fünfzehn feſte Plaͤtze,
auch Niſibis und zwei andere Städte, ven Perſern abgetreten werben follten ;
auch gelobte der Kaifer, dem Arfaces, einem alten treuen Bunbesgenofien
der Römer, nicht gegen die Perſer Hilfe zu leiften (Amm. 7,9.12.). Höchſt
unrũhmlich und ververblih war dieſer Vertrag jedenfalls, obwohl es nicht
ber erfle derartige war (vgl. Hadrian., Aurelian., Diocletian.); aber er war
(dur Jovianud' Schuld) ein für das Ganze nothwendiger geworden, mie
er ed für die perſönlichen Intereffen des Jov. von Anfang an war. Diefer
fuͤrchtete nämlich, es möchte fi, während er im Orient verweile, im Occi⸗
dent ein Nebenbubler (Procopius) erheben (Amm. 7, 10 f.) und dum aemu-
lum imperii veretur intra Orientem residens, gloriae parum consuluit
(Eutr. X, 9.). Aus demfelben Grunde befland er aud auf ber pünkilichen
Ausführung des Vertrags, angeblih aus Berwifienhaftigfeit (periurii piacula
declinans, Amm. 9, 2.), in Wahrheit aber alia metuens (ib. vgl. 9, 8.
dum extimescit aemulum potestatis); wenn aber einmal die Gewiſſenhaftig⸗
keit doch fehlte, fo war es befier, zum Vortheile bed Staated gewiſſenlos
zu feyn, als zu deſſen ewigem Nachtheile; daher Amm. und @utr. mit einem
gewiffen Nechte meinen, er hätte ven Vertrag, den er fi Hatte abnöthigen
laſſen, wenigſtens nicht Halten follen, wobei fie ſich (mit Unrecht wegen ber
Verſchiedenheit der politifhen Stelufg ver Paciscirenden) auf republifanifde
Borgänge berufen, vgl. die ſcharfſinnige Erörterung von Bleterie p. 135.
bis 170. (der nur bie Lehre des neueren Staatörehts, daß ein Land nicht
ohne Einwilligung der Einwohner abgetreten werden Eann, hätte .aus bem
Spiele laſſen follen). Trotz des Friedens hatte Ion. fortwährend mit den
Schwierigkeiten des Vebergangs über den Zigris ohne Flotte (Amm. 8,1 ff.)
und des äußerſten Mangels an Lebensmitteln (Amm. 8, 6. 15.) zu kämpfen,
und erreichte endlich, nachdem er unterwegs bie Qulbigungen des gefürdteten
Procopius gnäbig aufgenommen hatte (Ammian. 8, 16.), die Stadt Ni«
ſibis. Obwohl er Leute voraudgeihict hatte, um die Stimmung ber
Provinzen und Heere ihm gegenüber zu erfunden und durd Verbreitung
falfcher Gerüchte Über feine glänzenden Erfolge gegen die Berfer für ſich zu
sewinnen (Umm. 8, 12.), fo hatte fich doch die Wahrheit noch rafcher ver-
breitet und namentlih in Nifibid allgemeine Beftürzung verurfadht, weil man
von dem mehrmals abgefihlagenen Sapor dad Schlimmfle erwartete (Anne.
8, 13.). Als nun Jov. zur Stadt Fam, weigerte er fi, in geredhtem
Schamgefühl, in ihr felbft feinen Balaft zu beziehen (Amm. 8, 17.), und
vermeigerte den Cinwohnern hartnädig die Erlaubniß, ſich auf ihre eigene
@efahr zu vertbeidigen (Amm. 9,.); endlich mußten viefelben wirklich die Stadt
säumen (Umm. 9,5 f.), weil Jov. feinen Xhron noch immer nicht feft glaubte
und immer noch Beinde im Welten fürdhtete; fo opferte er feinem perjönlichen
Intereffe das Wohl des Banzen, bie Integrität des Neihed und eine werth-
volle, treue und tapfere Stadt auf. Bon Niflbis zieht er nad Antiochien
(Amm. 10, 1.); hier verweilt er eine Zeitlang und winmet fi den kirch⸗
lichen Angelegenheiten, wirb aber durd bie ungünflige Stimmung bed an-
tiocheniſchen Volkes gegen ihn (Suidas 8. v. Zoßearos; bie andere Angabe
Jorianus a
befjelben,, daß Ser. Die von Ialian errichtete Biblioihek verbrannt Habe, bes
zweifelt Bleterie p. 138 f. mit gutem Grunde), meit mehr aber wohl durch
feine Yinruhe in Bezug auf die Berhältnifie des Weſtens, mitten im Winter
weiter getrieben nad Tarſus (Amm. 10, 4.), wo er das Grab feines Bor»
gängers ſchmücken läßt (Socr. III, 26. Liban. de ulc. m. 3. 7. Amm. .
10, 3.) und Nachrichten aus dem Decidente erhält. Sein Schwiegervater
Zuciflianus, dem er zum Generaliffimus ernannt hatte, war zu Rheims in
einem Golbatenaufflande von ben Batavern (Zof.) erſchlagen worben, bo
erfannte jegt das gallifche Heer ihn ale Imperator an (Amm. 10, 7f.).
Im I. 364 tritt er das Gonfulat an; zu feinem Gollegen war fein Bater
Varronianus deſignirt, da aber diefer vorher flarb, wurbe aus abergläubi-
ſchen Gründen der nad dem Großvater benannte, noch ganz unmündige Sohn
des Kaiſers Gonful (Amm. 10, 11. 17.). Aber noch auf dem Wege nad
Gonftantinspel, auf der Grenze zwiſchen Galatien und Bitbynien (zu Daba-
ſtana, Amm. 10, 12) farb ver Kalter unerwartet (in der Naht vom 16.
auf ven 17. Febr.), 33 Jahre alt (Amm. 10, 13. Eutr. X, 9.) nad einer
Regierung von 7 Monaten und 20 Tagen, noch ehe feine Bemahlin Gharito
ihn getroffen hatte. Nach Baronius war fein früher Tod die Strafe dafür,
daß er Julian im Tode geehrt hatte, hominem alioqvin ne caespititia qri-
dem sepultura dignum; nad Ghryfofl. (ep. ad Philipp.) wurde er durch
ieine Domeſtiken vergiftet; bie gleichzeitigen Schrififieler Amm. (10, 13.)
und Gutr. (X, 9.) aber berichten übereinflimmend, daß bie Urſache feines
Todes entweder bie friſch getünchte Wand feines Schlafgemachs, oder der flarke
Koblendampf, welchen er zum Schuß gegen ben Froſt angewendet hatte, ober
ein Schlaganfall, den er ſich dur Ueberladung am Abende zugezogen hätte
(Gutr. nimia eruditas, Unverdaulichkeit) geweſen fei. ine Unterfuhung
wurbe nicht angeflellt (Amm. 10, 13.), theil® weil keine Partei ein befon-
deres Interefie für ihn Hatte, theils weil an Gewaltſamkeit, die ganz unmos
tieirt gewefen wäre, Niemand dachte. Sein Keihnam wurde in Conſtanti⸗
nopel beigefegt (Amm. XXVI, 1, 3.), das Heer aber z0g weiter nad Richa,
wo Balentinian zu feinem Nachfolger gewählt murbe. Benignitate princi-
pum, qvi ei successerunt, inter divos relatus est, @utr. X, 9. Sein Sohn
uberlebte ihn, war aber, ala Sohn eines Kaiſers, in fleter Lebendgefahr;
im I. 380 wurde ihm in Folge der eiferfüdtigen Aengſtlichkeit des Kaiſers
ein Auge ausgeſtochen (Chryſoſt. I, p. 336. 344. Monif.). Jov. war ven
Berfon fehr hoch gewachſen, hatte graue (caesii) Augen, ein freundliches
Get und eine etwas gebrüdte Haltung (Amm. 10, 14.). Sr war vir neqve
iners neqve imprudens und natura admodum liberalis (@utr.); nur hatte
er nit die Tugend der Mäßigkeit: edax et vino Veneriqve indulgens, qvae
vitia imperiali verecundia forsan correxisset (Amm. 10, 15.). Die Intelli»
gen; war nicht das lieberwiegende an ihn: mediocriter eruditus magisqve
benivolus (Amm.). Als Regent wäre er wohl zu ertragen geweien; befaß
er auch keine auffallenden Vorzüge, fo Hatte er doch auch feine großen Fehler,
und bie orbinäre Regentenklugheit, den Iuflinet des Eigennuged, befaß er
in nur zu hohem Grade. Was feine religiöfe Stellung betrifft, fo war er
christianae legis studiosus et nonnungvam honorificus, wie Amm. XXV,
10, 15. in feiner Manier fagt. Er iſt vollfommen Chriſt: er hatte auf
feinen Bahnen das den Namen Chriſti bezeichnende Monogramm und verbot
bei Todeſſtrafe, die sacratas virgines fleifhli in Unfpru zu nehmen (Cod.
Theodos. 9. tit. 25. I. 2. Sozom. VI, 3. Theodoret. IV, 32.). Daneben
aber ließ er für fi opfern (Umm. XXV, 6, 1. Themiſt. or. 5.) und übte
volle Toleranz gegen das Heidenthum, fon weil er feinen Thron für zu
ſchwankend hielt, als daß er eine fo mächtige Partei gegen ſich hätte aufe
bringen mögen. Er that Nichts für das Heidenthum (3. B. wehrte er von
8 Jorkaus
den heidniſchen Philoſophen Beleidigungen nit ab, Themiſt. or. 8.), aber
auch Nichts gegen daſſelbe (ließ 3. B. den unermüdlichen Lobrebner Julians,
Libanius, ungekränkt). Gleich in feinem erſten Erlaß erflärte er zwar das
Chriſtenthum für die Staatöreligion (was der Chriſt Sozom. VI, 3. einfeitig
hervorhob), geflattete aber zugleich auch den Heiden die ungebinderte Ausfbung
ihrer Religion (was der heidniſche Rhetor Themiſtius or. 1. allein zu Toben
wußte; vgl. DBleterie p. 112. not. a.), verordnete die Wiedereröffnung ber
nad Julians Tod geſchloſſenen heidniſchen Tempel und verbot nur Aber⸗
glauben mit offenbar betrügerifher Abſicht. Als chriſtlicher Katfer mar er
von allen theologifchen Parteien umlagert, Atbanaflanern, Arlanern, Maces
donianern und was es fonft gab, von denen jede die kaiſerliche Gewalt für
ihre Zwecke und zur Demüthigung ihrer Gegner zu verwenden beabflähtigte.
Jov. aber erklärte fih mit CEntſchiedenheit gegen das leere Gezänke, das er
vom politifhen Standpunkt aus nur für verberblih halten konnte. Dog
begünftigte er entſchieden den Athanafius, von welchem er ein fo großer
Verehrer war, daß er ihm dur ein eigenes Schreiben, worin er ihm Aehn⸗
lichkeit mit dem Gotte des Weltalls zufchrieb, feinen Schuß verſprach (Athanaſ.
Opp. Il, 778. Bened. Socr. II, 24. Greg. Nay. or. 21. Epiph. haer.
68.), fi von ihm in den dogmatiſchen Streitigkeiten der Zeit orientiren ließ
(in feinem Antwortsſchreiben garantirte ihm Athanaſ. zum Danke eine lange
friedliche Regierung und ftellte das nicänifhe Symbol ale das einzig Wahre
und hiſtoriſch Beglaubigte, die Arianer aber als unbedeutende Dinorität dar)
. und ihn zu perfönlidem Erfcheinen in Antiochia einlud, was Athanaf. be⸗
folgte (Sozom. V, 6.); daher auch die Arianer in Alerandrien, welde eigens
Abgeordnete gegen ihn an ven Ealferlihen Hof fandten, nit auffommen
fonnten, f. Athanaſ. Opp. II, p. 782. Bleterie p. 128-135. — Die
Sauptquellen über Iovian find Ammian. XXV. und Eutroy. X, 9., beide
Beitgenofien und Teilnehmer an dem Zuge Julians (und Jovians), fomit
Augenzeugen des Meiften und unparteiifhe Beurtheiler. Daneben bieten
Libanius in der or. parent. (nicht unbefangen), Aurelius Bictor, Zoſfimus,
Zonarad und die Kirhenhiftorifer Einzelnes, was aber nur fofern es den
beiden Erften nicht widerſpricht, Glauben‘ finden kann. Münzen auf Iov.
find nicht felten; Inſchriften ſ. Orelli 1112 f. (mo er Victor Invictus und
dergl. heißt). Monographie: hist. de l’empereur Jovien, par l’Abbe de la
Bleterie, Amfterdam 1740. 8. (mit dem franzöflfchen Talente der Darſtellung
und Ausmalung, auch mit gefunder Kritik geſchrieben, nur zu gutmüthig
orthodor, um At Hiftorif zu feyn). Val. Gibbon c. XXIV. XXV. (8b. 6.
S. 67—113.). Xillemont histoire des empereurs, Tom. IV.
2) Jovianus, unter Julian primus inter notarios omnes, zeichnete fidp
bei der Eroberung der Stadt Maiozamalcha aus (Amm. Mare. XXIV, 4, 23.).
Nah dem Tode Juliand wurde er von einer Eleinen Zahl zum Imperator
vorgefchlagen und verrieih fortwährend Abfichten auf ven Thron; daher wurde
er auf Befehl des Kaiſers Jov. in Niflbis eines Abends vom Tiſche wegge-
riffen, an einen einfamen Ort geführt, in einen Brunnen geflürzt und mit
Steinen Überfgüttet. Amm. XXV, 8, 18. [W. Teuffel.]
Jorinus, magister eqvitum fon unter Julian (Amm. Marc. XXI,
12, 2.) und von biejem vielfach militäriſch verwendet (ib. 8, 3. 12, 2.) und
(im 3. 361) zum Befehlshaber von Illyricum ernannt (Amm. XXI, 3, 1.).
Im 3. 363 iſt er armorum magister per Gallias (ib. XXV, 8, 11.) und
wird von dem argwöhniſchen Jovian als dux meriti celsioris gefürdtet; er
will ihn abfegen, aber der von ihm ernannte Nachfolger entzieht fi, I. er-
Tennt Jovian an (ib. 10, 8.) und bleibt auf feinem Poften (10, 9.). Au
dem Valentinian leiflete er als kluger und tapferer Soldat gute Dienfle (Anm.
ZxVH, 2, 1. 10, 6.). [W. Teuffel.]
Jovis Larena — Yphierätes 249
Joris Larene, Ort im Innern von Samnium, Tab. Beut. Geogr.
Nav. (Larena), j. Scura, nah Rei. auf dem Berg Korea di Ballena. [P.]
Jovis Lucus (A; aloos, Strabo XIV, p. 683.), ein Kain auf der
Infel Cyprus, unweit Arfinoe. [F.]
Jovis Mons (Aröc öpos, Ptol. IV, 3.), ein Berg der röm. Provinz
Africa zwiſchen den Flüffen Triton und Bagradas, der wahrſcheinlich die
Duellen des Flufſes Catada enthielt; vieleicht der Heut. Zowan. [F.]
Jovis Pagas, Ort im innern Möflen, Tab. Peut. It. Hierof. Geogr.
Hav., j. Glogovacz. [P.]
Jovis Promontoriam (Los axpa, Piol. VII, 4.), ein Vorgeb.
an der Welfüfle der Infel Taprobane (Beylon), alſo wahrfcheinli die Suͤd⸗
weftfpige der Infel bei Galle, obgleich freilih der alte Name beffer auf das
öfligdere Gap Donderah (d. 5. das Donner-Cap) paffen würde. [F.]
Jovis Vicus (St. Ant. p. 174., auf der Tab. Peut. griech. Dios),
ein Flecken Aegyptens an der Heerfiraße von Koptos nad Berenice, 22 MIN.
von Gompafls und 24 Mil. von Xeron (Hydreuma). Nicht zu vermedhfeln
mit dem Jovis oppidum bei Plin. V, 9, 11., d. i. Diospolis parva zwiſchen
Abydus und Tentyris. Bol. Mannert X, 1. ©. 28. [F.
Jovisura (Jovis ara?), Drt im zweiten Rhaͤtien ober Vindelicien, f.
Tunding (Buchner), nah Neih. Alto-Münfter. [P.]
Koxus, Sohn ded Melanippus und Enkel des Theſeus, der eine Co⸗
lonie nad Garten führte. Plut. Thes. 6. [ Mzr.]
1 m, Stadt in Hiſp. Bätica, öſtlich von Aſtigi, j. Aguilar am
Cabra, It. Ant. Inſchr. [P.]
Ipasturgi, ſ. Isturgi.
Kphisunassa, 1) Tochter des Prötus, f. d. Art. — 2) Tochter des
Agamemnen, eine von den Dreien, unter denen Achilles ſollte wählen dürfen.
nl. IX, 145. 287. — 3) @emahlin des Endymion. Apollod. I, 7, 6. —
4) eine Nereive. Lucian. Dial. D. M. 14. [Mer] .
Ephicies (Ipırd7s, oUs; 05, ov; evg, &u5), 1) Sohn bes Amphi⸗
tryon und ber Alcmene, Halbbruder des Hercules (f. Bd. IN. S. 1157.
1158.), Begleiter deſſelben auf mehreren Zügen, beſonders gegen Hippocoon,
bei welchem Zug er ftarb, Apollod. II, 7, 3.; war einer der kalydoniſchen
Jäger, ibid. I, 8, 2. Gemahl der Automedufa, mit ber er den Jolaus
zeugte, und dann ber jüngflen Tochter des Greon, ibid. II, 4, 11. Ra
Baufan. VIM, 14, 6. flarb er nad dem Kampf gegen die Molioniden in
Vheneus und erhielt dort ein Heroon. Ueber die Schreibart des Namens
f. Heyne zu Apollod. not. cr. 54. 154. 159. 213. Ruhnken. zu H. in Cer.
p. 28. — 2) Sohn bes Theſtius, Apollod. I, 8, 3., Theilnehmer an der
calgbonifchen Jagd fo wie am Argonautenzug, ibid. I, 9, 16. Apollon. A.
I, 201. — 3) ein anderer Argonaut, Sohn des Bhylacus, Enkel des Deion
und ber Glymene, oder Sohn des Gephaluß, zeugte mit Diomede (oder
Aſtyoche) den Podarkes und Protefllaus, berühmt dur feine Schnelligkeit
im Wettlauf, auch durch feine fehönen Rinderheerden, die er dem Weiffager
Melampus gab, als dieſer ihm anzeigte, wie er feine in früher Jugend ver-
lorene Mannbarkeit wieder gewinnen könne. Som. Il. II. 705. XIII, 698.
XXIII. 636. Od. XI, 289 ff. Apollod. I, 9, 12. Pauf. IV, 36, 2. X,
29, 2. Hyg. fab. 103. [Mzr.]
Ephicles, ein cyniſcher Philoſoph bei Amm. Marc, XXX, 5. u. daf.
die Note von Valois. [B.]
Kphiorätes aus Athen, war aus nieberem Stande entfproffen, Sohn
eine® Lederarbeiters (Blut. apophth. Iphier. 1. Suib. s. v. 'Igıxo.), beffen
attiſches Bürgerrecht zweifelhaft geweſen zu fein ſcheint. Dem. in Timoth.
w.
250 | Kpblcrätes
p. 1204. (Ob die Mutter Bürgerin war ober nicht, war glaichgültig, da
Sphicrates vor dem Archon Buclives, A403, geboren wurde, f. Hermann
Staatdaltertb. 6. 118, 9.) Nah Paufan. IX, 14, 6. hieß ver Vater bed
Ipbierates Timotheus, vgl. Corn. Nep. Iphicr. 1. ed. Staveren; bei Dem.
adv. Aristocr. p. 659. haben einige Handfſchriften flatt Ipuneeens; 6 'Eyual-
eov Dironoaıne 6 Ep. Vgl. Schneiver zu Xen. Hell. IV, 8, 24. Ein
Bruder bes Iphicrate wird von Demofth. in Mid. p. 534. Tiflad genannt. —
Weber durch Yamilienverbältniffe noch durch Reichthum begünftigt, konnte J.
allein durch perſoönliche Tüchtigkeit ſeinen Lebensweg bahnen, und er rühmte
fich deſſen ſpäter gegen ahnenſtolze Ariſtocraten. Ariſtot. Rhet. J, 7. 9. Plut.
apophth. Iphicr. 5. Arſenius viol. p. 308. Stob. flor. 86, 15. Ulpian
ad Dem. Mid. p. 655. ed. Wolf. — Nach Plut. apophth. Iphier. 1. ew
regte I. zuerſt dur eine tapfere That in einem Seegefechte die Aufmerkſam⸗
Teit der Athener; bald ſchenkte man feinem Talente das größte Vertrauen,
und erſt zwanzig Jahre fol er gezählt haben, als er über bie von dem
Bunbesratbe in Corinth geworbenen Truppen (zo Serixoy To 8 Kogivdo,
Harpocr. Phot. Schol. zu Ariſtoph. Plut. p. 173.) den. Oberbefehl er⸗
bielt. Juſtin. VI, 5. Als die erſte Schlacht, in der er an ber Spige dielr
Söloner mitlämpfte, wird die bei Lehäon (393) genannt. Zwar murbe
er bier gefchlagen (Xen. Hell. IV, 4, 9. 11. Diod. XIV, 86.), in Kurzem
aber brachte er es durch feine Erfindungdgabe und Thätigkeit dahin, daß
feine Söldner eine flegreihe Schaar wurben und fein Name ſchon Furcht ein
flößte. Ariftiv. II, p. 385. extr. Jebb. Plut. apophth. Iphicr. 3. Er bildete
eine neue Truppengattung, welche die Mitte hielt zwiſchen Hopliten und Leicht⸗
bewaffneten, biefen an Schnelligkeit und Beweglichkeit gleichkam, mit jenen
den Kampf in gefchloffenen Glievern gemeinfam hatte; fie ſollte in ber
Schlacht nit ſowohl der Mafie ald Maſſe gegenüber fichen, als vielmehr
durch künſtliche Evolutionen und Schwenkungen den Feind verwirren, burh
Schnelligkeit ihn überraſchen und übervortheilen. Er veränderte deshalb die
Bewaffnung und gab weniger ſchwere Schugwaffen, welche die Bewegung
erleichterten, dagegen verlängerte Angriffswaffen: flatt des Hoplitenſchildes
erbielten die Soldaten die Belta, einen Eleineren und leichteren Schild, Tinuen:
Harniſche ſtatt metallener und eine leichtere Fußbekleidung (vie noch fpäte
Ipimparides hieß, Suid. s. v.), die Speere aber wurden um bie Hälfte ver»
längert und das Schwert erhielt die doppelte Größe des biäher gebräuchlichen.
Gornel. Nep. Iph. 1. Diod. XV, 44. — Dur fleißige Uebung und bie
verfchiebenften Scheinmandvres (Polyän. II, 9, 32. 35.) gewöhnte er feine
Mannfhaft an größte Regelmäßigkeit und Schnelligkeit in den Bewegungen,
und durch die firengfle Mannszucht an unbedingten Gehorfam und Pünft
lichkeit im Dienfte. Nep. 2. Front. IH, 12, 2. In der fchmwierigen Auls
gabe, Unordnungen, wie fie bei den gewöhnlich zügellofen Sölonerhaufen
vorfamen, zu unterbrüden, wurbe I. dur ein Achtung einflößendes Aeußere
unterflügt (Nep. 3.), au verfland er es, das Ehrgefühl feiner Leute anzu-
regen (Bolyän. III, 9, 10. 26. 31. 51.), Furchtſame zu ermutbigen oder
unfgädlih zu machen (Bol. II, 9, 1. 4. 12. 21. 25. 56.), und indem a
für die Bebürfniffe der Mannſchaft nach Kräften forgte, und wenn Noth
eintrat, zuerft ſelbſt entbehrte (Bol. 47. 51. 34.), erhielt ex feine Soldaten
zufrieden und für alle Unternehmungen bereitwillig, um fo mehr, ba er Gt⸗
fahren perfönlich ſich ausfegte (Pol. 33.), durch Beionnenheit und Borfiät
Unfälle vermieb ober in einem unerf&höpflicden Reichthum an Liſt und durch
feine firategifche Ueberlegenheit ſogleich Mittel und Wege fand, aus Der
legenheiten ſich zu retten ober — mitunter freilich auf wenig lobenswerthe
ife — Vortheile zu gewinnen. Blut. apophth. Iphier. 2. Aen. Jact.
c. 24. Polyän. I, 9, 2. 5. 6. 7. 8. 9. ii. 14. 17. 18. 19. 20. 23.
Iphicrätes 251
24. 28. 36. 39. 41. 42. 43. 44. 45. 46. 48. 49. 50. 32. 53. 34. 37.
58. 59. 60. 61. 62. 63. Zrontin. I, 5, 24. 6, 3. II, 1,5. 6. 1V,7,23. —
Die Schule des I. mar natürlih nicht für eine Bürgerniliz, fondern nur
für ein flehendes Söldnerheer geeignet (ſ. Bd. III. S. 346 f.), und dieſes
tonnte den Grad militärischer Ausbildung, melde den Iphicratenfern (Nep. 2.)
ihrers großen Ruf verihaffte, nur allmälig erreihen; gleihwohl trugen bie
Bemühungen des I. fo Schnelle Früchte, daß er fhon wenige Monate nad
jener oben ermähnten Schlacht bei Lechäon glüdlihe Angriffe auf die mit
Sparta verbändeten Städte Phlius (Xen. Hell. IV, 4, 15. Diod. XIV, 91.
Polyän. III, 9, 49. 54. Ariſtid. I, p. 172. cf. Schol. dazu) und Sichon
(Diod. a. a. DO. Polyän. IT, 9, 24.) machte und durch Streifzüge bis ins
Innere von Arcadien, wo er nicht nur plünderte, fondern auch fefte Pläge
berannte, die arcadifhen Schwerbemwaffneten dergeſtalt einſchüchterte, daß fie
ſich in fein Gefeht mit ihm einließen. Xen. Hell. IV, 4,16. Mit den Lace-
bämoniern Dagegen vermieb I. vorerft ven Kampf; fle fahen daher mit Verach⸗
tung auf feine Peltaſten, noch mehr auf ihre eigenen Bundesgenofien, bie
fi$ vor diefem Teichten Fußvolke wie Eleine Kinder vor Popanzen fürchten.
Zen. Hell. IV, 4, 17. Daß aber die Angſt, in ber nah Xenophon vie
Schaar des I. fih nicht auf Schußweite den Lacedämoniern zu ſtellen wagte,
menigften® nicht lange andauerte, beweist eine von Zenophon übergangene
Begebenheit. Diodor nämlich erzählt (XIV, 91.), die corinthifhen Flücht⸗
linge, welche Lechäon bei Corinth inne hatten, feien bei einem Verſuche, fich
Cortinths zu bemächtigen, von I. mit einem Verluſte von 300 Mann zurück⸗
geſchlagen worden; mahrfheinlih aber hatten die corinthiſchen Flüchtlinge
den Berfuh mit Hülfe der Lacedämonier, die mit ihnen als Befagung in
Zechäon lagen, gewagt; Polyän III, 9, 43. Spricht fogar nur von Lacedä⸗
moniern, die in die Stabt eindringen wollten, aber durch bie Maßregeln des
3. veranlaßt wurden, ohne Ungriff zurücdzuflichen. Auf eine höchſt empfind⸗
lichẽ Weiſe aber wurde jener Lebermuth der Lacedämonier von I. im Sommer
392 Heftraft. (Diodors Zeitbeflimmung XIV, 91. tft unrichtig.) Agefilaus
hatte, während er Piräus, eine Stadt an der Weftfeite des Iſthmus angriff,
die Amycläer im fpartanifchen Heere in Lechäon zurüdgelafien, und dem
dortigen Polemarchen befohlen, fle zu geleiten, wenn fle yach ihrer Gewohn⸗
heit zu den nahe bevorſtehenden Hyarinthien nah Haufe zurüdfehrten. Der
Polemarch übergab die Feſtung der Hut der DBundeögenofien und führte
mit feiner ganzen Mora, Hopliten und Neiterei, die Amycläer bi8 in bie
Nähe Sicyons; darauf trat er mit den Schmwerbemaffneten, etwa 600 an der
Zahl, den Rückzug nah Lehäon an, bie Meiterei Tteß er mit den Amycläern
noch eine Strede meiter ziehen. Unbekümmert um die Peltaften des J. in
Corinth, denen er nit den Muth zutraute, Spartaner anzugreifen, zog er
ſorglos in der Nähe von Corinth vorbei, ala plöglih J., unterſtützt durch
atheniſche Hopliten unter Gallias (f. Bd. II. S. 81.) einen Ausfall machte,
die Hopliten bei der Stadt in Schladtorbnung aufftellte und durch feine Pel⸗
taften die Mora aus einiger Entfernung beſchoß; ſobald ein Theil der Lace⸗
pämonier näher rüden wollte, mußten jene zurückeilen, Tehrten aber um und
ſchoßen aufs Neue Wurfivieße ab, menn die lacedämoniſchen Hopliten fi
mwieder zu den Ihrigen zurüdgogen; dieſes wiederholte fih einige Mal, und
ſchon war ein großer zeit ver Hopliten gefallen, als die Reiterel von Sieyon
ber zu den Lacedämoniern ſtieß, allein dieſe benahm fi fo ungeſchickt, daß
ihr Beiftand nichts nüßte; von der ganzen Mora entfamen nur Wenige nad
Lechäon. Zen. Hell. IV,5, 11. ff. Diod. XIV, 91. Blut. Agesil. 22. cf. Bauf.
ni, 10, 1. (Xenoph. 47. gibt als Geſammtzahl der Gefallenen zmar nur
250 an, allein nad feiner Erzählung felbft F. 14. und nad 6. 17. muß
die Zahl der Todten ungleich bedeutender geweſen fein.) Agefilaus' Freude
252 Iphierätes
über feine Fortfritte auf dem Iſthmus wurde durch die Nachricht von dem
Unglüde der Mora nicht wenig getrübt, und um ber Schabenfreube ber
Arcadier zu entgehen, rüdte er überall auf feinem Wege nah Lacedämon
Abends ganz fpät in die Städte und brad Morgens in aller Frühe wieder
auf; an Mantinen, dem ber Spott über die Peltaflen des I. beſonders ges
golten Hatte, z0g ex erfl in ver Dunkelheit vorüber, ob er glei ſchon mit
Tagedanbruh von dem nur wenige Stunden entfernten Orchomenus aufge
brochen war. Zen. 18. Plut. Agesil. am a. D. — Unmittelbare Folgen
jenes Siege waren, daß die von Agefllaus übermüthig behandelte böotiſche
Friedensgeſandtſchaft (Xen. Hell. IV, 5, 6.) des Friedens nicht mehr gebadte
(Xen. IV, 5, 9.), und mehrere von den Spartanern befegte Pläge von I.
wieder genommen wurben, fo daß der ganze Iſthmus bis auf Lechäon von
Feinden gefäubert war und bie corinthifhen Flüchtlinge fi auf dem Land⸗
wege nit mehr von Sicyon weg wagten. Xen. 19. Ueberall bewunderte
man. die Waffenthat des J., der mit Leichtbewaffneten ſpartaniſchen Hopliten
eine Niederlage beibrachte, die den Verluft in großen Schlachten übertraf, und
noch fpäter wurde bie That als die glänzendſte feines Lebens gepriefen. Nep. 2.
Dem. in Aristocr. p. 686. Aeſch. in Ctes.p.86. Dinar. c. Demosth. p. 99.
Put. de glor. Athen. c. 8. Harpocr. Serınor 89 Kop. — Im J. 391 gerieih 3.
mit den Argivern wegen ihrer Anmaßungen in Eorinth in heftigen Streit, er ließ
einige von ber Argivifchen Partei tödten; da Die Athener dieſe Bertheidigung ihrer
Interefien nicht billigten, zog fich I. nah Athen zurüd (Xen. Hell. IV, 8, 34.),
fein Nachfolger in Corinth wurde Chabrias. Diod. XIV, 92. (unrichtig Olymp.
96, 4.). Als aber Unaribius, früher fpartanifher Nauarch (Xen. Anab.
V, 1, 4. v1, 4,16. VII, 1, 3. 11. 2,5.), feit 390 flatt Dercyllidas Harmoft
in Abybus, die Athener wegen ihrer Befigungen am Helleſpont beunrubigte,
fandten fle den I. mit acht Schiffen und ungefähr 1200 Peltaften, die er
größtentheils ſchon in Korinth befehligt Hatte, nah dem Cherſonnes. Nah.
feiner Anfunft beftand der Krieg zwiſchen beiden Feldherrn Anfangs nur in
desenfeitigen Plünderungszügen. (Hieher gehört Polyän. IH, 9, 44. Die
rzählung bei Frontin. I, 4, 7. enthält daſſelbe Factum mie Volyän. II,
9, 33.) ine Tages aber, ald Anaribius an der Spige feiner Miethtruppen
und der Iacedämonifhen Mannſchaft nebfl 200 Schwerbewaffneten aus Abybus
nah Antandrus in’ Myflen zog, um eine Befagung in Die Stabt zu werfen
und dann auf dem Landwege nah Abydus zurädzufehren, legte I. feine
Truppen in einen Sinterhalt und machte den Anariblus dadurch fider, daß
er feine Schiffe an dem Geſtade des Eherfonned aufwärts jegeln ließ, als ob
er audgefahren wäre, um, wie gewöhnlich, zu brandfchagen. Auf biefe
Weiſe uͤberraſcht fielen Anaxibius und andere Lacedämonier in feiner Beglei-
tung muthig Fämpfend, von den Uehrigen Eamen Viele auf der Flucht um.
Zen. IV, 8, 34 ff. Frontin. IE, 5, 42. (Put. apophth. Lac. p. 126.
erzählt von dem Spartaner Bias, er fel burd) einen Hinterhalt des I. um⸗
gekommen, und legt ihm die von Kenoph. berichteten legten Worte bed Anarib.
bei.) 3. Hatte jeßt das Uebergewicht in jener Gegend und unternahm,
manderlei Kriegslift anmendend (Polyan. II, 9, 4. 41. 46. 50. 60. 62.
Brontin. I, 9, 24. I, 6, 3. II, 12, 4.), vom Gherfonned aus zu feiner und
feines ‚Heeres Bereicherung Plünberungszüge gegen bie Thracier. Vorſchub
Ieiftete ihm dabei bie Uneinigkelt der thracifen Häuptlinge, von benen nad
Mey. 2. der den Athenern befreundete Geuthes in feine Herrfchaft durch ihn
wiebereingejegt wurde. Dagegen befriegte er nad Seneca Exc. Controv. VI, 5.
den Cotys; nachdem er aber zweimal von ihm beflegt worden war, ſchloß
er ein Bünbniß mit ihm und heiratete dann feine Tochter. Die Hochzeitfeier,
„eine Miſchung von thraciſcher Barbarei, griechiſcher Schlemmerei und atheni⸗
ſcher Feinheit“ (Schloffer univerfalhift. Ueberſ. 1, 2, 240.), wurde von bem
Yphieräise 253
Komiker Anaranbrived im Protefllauß auf bad Theater gebracht; bie Stelle
iR aufbewahrt von Athen. IV, 7. p. 131., bei Meinefe fragm. Com. III,
p. 182 f. Die Zeit viefer Verbindung läßt fi nicht genau beflimmen,
jedenfalls wurde fie erfi geſchloſſen, nachdem Cotys wahrſcheinlich in Folge
jenes Kampfes mit 3. die Herrſchaft erlangt hatte, 382 v. Chr. — J., ges
wohnt an ein Leben unter Waffen abwechfelnd mit Tagen des Genufles,
hatte den langen Aufenthalt in jenen Gegenden einem untbätigen Leben in
der durch ben antalcidiſchen Frieden zur Ruhe verpflichteten Vaterſtadt vor⸗
gezogen (vgl. Theopomp. ap. Athen. XII, 43. p. 532. Nep. Chabr. 3.);
im Dienfle Athens war er zum legten Mal thätig Eurz vor jenem Friedens⸗
ſchluſſe, als er im I. 388 in Verbindung mit Diotimus mir der atheniſchen
Flotte vom Gherfonnes aus gegen Abydus ſchiffte und hier den ſpartaniſchen
Slottenführer Nicolochus belagerte, Xen. V, 1, 6.25.; ehe fie aber denſelben
bezwungen batten, kam Antalcivad vom Perſerhofe zurüd und nahm bie
drohende Stellung an, welche Athen zu jenem Frieden geneigt machte; f. Bo. I.
©. 513. — Dem Willen der Athener gemäß begab fih I. ungefähr im J.
379 zu Pharnabazus, der verlangt hatte, daß Chabrias aus Aegypten zurück⸗
berufen, ihm dagegen I. als Anführer der zum Kriege gegen Aegypten ge»
worbenen Griechen zugefandt werde. * Pharnabazus brachte mehrere Jahre
mit Rüſtungen zu; I. ließ zulegt feinen Unmuth darüber aus und machte
ihm Bormwürfe, daß er mit dem Wort fo ſchnell und mit der That fo langſam
jei; endlich Tamen 200,000 Berfer und 20,000 Griechen (cf. Nep. Iph. 2.)
in Ace in Phönicien zufammen (wie I. eine Berrätherei in Aee unterbrüdte,
Bolyän. TU, 9, 56.). Sie erzwangen die Landung an dem mendefſiſchen
Nilarme und eroberten Mendes, wobei fi J. beſonders hervorthat; er ver⸗
langte nun auch ſogleich nach dem von aller Vertheidigung entblößten Mem⸗
phis zu ſchiffen; Pharnabazus wollte die gehemmte perſiſche Kriegemacht
vorher erwarten, und als J. verſprach, die Stadt allein mit ſeinen Soͤldnern
zu nehmen, verweigerte ihm Pharnabazus aus Furcht, der entſchloſſene und
tapfere Mann könnte Aegypten für ſich erobern wollen, die Cinwilligung.
So gewannen die Aegypter Zeit, eine hinlängliche Beſatzung nah Memphis
zu ſchicken, zugleich befämpften fle die Perſer in Mendes; als endlich bie
Nilũberſchwemmung eintrat, entfehloßen fi die Berfer, Aegypten wieder zu
verlafien; 3. aber, mit Pharnabazus zerfallen, war für feine Freiheit bejorgt
und entfloh aus dem Lager nah Athen, 374 v. Chr. Pharnabazus ſchob
auf ihn die Schuld des Mißlingens der Unternehmung und klagte gegen ihn
® Diodor XV, 29. und Nepos Iphier. 2. berichten die Berufung bed Ipbier.
gegen Aegypten; Nepos aber gibt bie Notizen Über Iphier. bunt durcheinander,
Diodor drängt am a. D. zu viel in Gin Jahr zufammen und läßt deu Chabrias
erh im J. 377 aus Aegypten abbernfen werben, ba berfelse doch fchon im Anfange
Des J. 378 ben Thebanern zur Huülfe gefchidt wurde. — Chabrias verließ wohl
Eypern nah dem amntaleibifhen Brieden (387) und begab fi nad) Aegypten, wo
Acoris, mit dem Evagoras in Verbindung fand, von den Perfern angegriffen murbe,
Iſoer. Pan. c. 39. Juſtin. VI, 6. Acoris ftarb kurz vor oder nach ber Ankunft
des Ehabrias, nach Euſeb. ſchon DL. 98, 1. 388—87. Der Krieg gegen Aegypten
aber bauerte , miewohl bie Perfer Nichts amsrichteten, nody einige Zeit fort, und
CEhabrias fand dem Nectanabis im Befefligung feines Thrones bei, Nep. Chabr. 2.;
er blieb Hei ihm (au nad) Theopomp. ap. Phot. p. 120. a. 34. regiert über Aegypten
Nectanabis zur Zeit des cpprifchen Krieges), während bie Perfer dur den Krieg
gegen Evagoras in Anſpruch genommen wurden; als aber bei dem guten Gortgange
des Rrieges auf Eypern die Perfer ums J. 380 twieder gegen Aegypten rüſteten,
verlangte Pharnabazus, zum zweiten Male mit ber Leitung bed Krieges gegen Yes
gypten beauftragt, durch eine Befandtfchaft. daß bie Athener, wenn ihnen an bem
WSohimollen des Königs liege, den Ehabrias aus Aegypten zurfikrufen, und man
ihm ſelbn deu Feidherrn Iphicrates fende, Diod. am a. D.
256 Yphieräteu
feiner auf Kundſchaft ausgefandten Meiterei, vie bei diefer Gelegenheit einen
Berluft erlitt, bievon benachrichtigt, Fehrte raſch zum Schutze Attica's zurüd,
Epaminondas aber fol ihm fogar bis vor die Thore Athens nachgefolgt fein
und ihm eine Schlacht angeboten haben, allein er ließ die Athener nicht
ausrüden (Bauf. am a. D.) und bewog nah Polyän. II, 9, 20. durch
eine Lift den Epaminondas zur Bortfeßung feined Heimzuges. Xenophon if
natürlich gegen I. ſehr aufgebradt, daß er gegen Eyaminondas nit mehr
ausrichtete, allein I hatte wohl gute Bründe, die Kampfesluft feiner Leute
zu hemmen. Wenn er aud den Beſchluß, die Spartaner zu unterflüßen,
bifligte, wiewohl er fein Freund derfelben war und in Athen es nicht an
folgen fehlte, die fiH gegen den Zug erklärten (Xen. VI, 5, 49.), fo mag
ed ihm doch, zumal nachdem Sparta gerettet war, als eine Unbeſonnenheit
erfhienen fein, fih in einen Kampf auf Xeben und Tod mit einem Heere
einzulaffen, dad mit den Bundeögenofien aus dem mittleren und nördlichen
Griechenland (Xen. VI, 5, 23.) nit nur an Zahl feinen 12,000 Mann
(Diod. XV, 63.) überlegen, fondern auch wegen der moraliſchen Kraft der
den Kern bildenden flegeömutbigen Thebaner und des Talentes ihres Führers
u fürdten mar. Bolyb. III, 9, 28. — Doch wurde dem I. nicht wieder,
Sondern dem Chabrias der Dberbefehl über das Heer, das ben Sfihmus be»
wachen follte, übertragen, als im Sommer deſſelben Jahres (369) die The⸗
baner unter Epaminondad den zweiten Feldzug in den Veloponned unter»
nahmen. Div. XV, 68. Pauſ. IX, 15, 4 Dagegen wurde er im I. 368
zum Feldherrn gegen Amphipolis ernannt; man gab ihm aber nur menige
Schiffe, da er, wie Aeſchines f. leg. c. 8. fagt, vorerſt nicht fomohl Die
Stadt angreifen, als die Lage der Dinge beobachten follte. Eben damals
wurde Eurydice, die Wittme des macebonifhen Königs Amyntad, von einem
PBrätendenten Pauſanias hart gedrängt; I., der mit Amyntas in freund»
ſchaftlichen Verhältniſſen geflanden, wurde von ihr zu Hülfe gerufen und half
den Ufurpator vertreiben. Aeſchin. am a. D. Nep. Iph. 3. (Ueber ven
Widerſpruch, in welchem in Beziehung auf Philipp die Erzählung des Aeſchines
mit der des Plutarh, Diodor und Juſtin fleht, ſ. unter Phil.) Bon einer
Unternehmung gegen Amphipolis wird Nichts berichtet. Auch über fein Treiben
in den folgenden Jahren finden fi nur menige unbeflinmte Notizen in ver
Rede des Demoſthenes gegen Ariftoer. p. 663. 669. Na dieſen hielt er
fi bei feinem Schwiegervater Cotys auf, der mit dem abtrünnigen, von
den Athenern unterflügten Miltocythes Krieg führte; fobald aber Cotys bie
Pläge der Athener im Cherſonnes angriff, entzweite fi$ I. mit ihm und
verließ ihn, hielt es aber nicht für rathſam, ſogleich nah Athen zurüdzu-
fehren, ſondern begab fich zuerft nach Antiffa, dann in das früher von ihm
befeſtigte Drys (Harpocr. 8. v.), doch Furz darauf übertrugen ihm die Athener
wieder die Leitung des Krieged gegen Amphipolis, gegen das mehrere atbe-
niſche Feldherrn nah einander unglüdlih gekämpft Hatten; wahrſcheinlich
folgte er auf Alcimachus, der nah Schol. Aeſch. de f. leg. p. 755. im
Jahre des Timocrated (364 v. Chr.) eine Niederlage erlitt. I. fcheint glüd-
licher geweſen zu fein; er erbielt wenigſtens — auf welche Weife ift freili
nit angegeben — von einem gewiflen Harpalus Geißeln der Amphipoliten;
der Söldnerführer Charidemus aber, dem er fle anvertraut hatte, übergab
fie, flatt nach Athen zu bringen, wieber den Amphipoliten und verhinderte
dadurch die Einnahme der Stadt. Dem. in Aristocr. p. 669. Im J. 360
(Schol. Ach. am a. D., mo flatt Kalauımrog Kadkıundovg zu leſen if)
trat Timotheus an die Stelle des Iyh, Dem. in Aristocr. am a. OD. — Der
Abfall der reichſten und mächtigſten Bundesgenofien im I. 358 war für bie
Athener ein fo heftiger Schlag, daß fie Alles aufboten, das Berlorne mieber
zu gewinnen; fie fandten daher ald bewährten Feldherrn au den 3. wieder
Ephierätes — Iphidämns 257
aus. Nah Died. AVI, 21. wurbe ihm und bem Timotheus der Dberbefehl
über eine Flotte von 60 Schiffen übertragen, die ber von Chares befehlig⸗
ten, ebenio ſtarken Zlotte nadhgeiendet wurde; nah Nep. Timoth. 3. (au
Dionyj. Dinarch. c. 13.) war Meneſtheus, der Sohn des I. und Schwieger-
john des Timorbeus, Befehlshaber, Bater und Schwiegervater aber waren
ihm als Rathgeber zugefelt.e Wegen ihrer Weigerung, im Hellefpont ein
Ireffen zu wagen, mie Chares troß des flürmifchen Meeres verlangte, wurben
fle von Ießterem der Berrächerei angeklagt und von der Strategie abgerufen,
nah Diod. am a. O. aud beide in bebeutende Geldſtrafen verurtbeilt; nad
Nep. Iphier. 3. 3joct- de perm. 129. 130. Blut. X. orat. p. 139. (f.
Meier de bon. damn. p. 1055. Vater am a. O. ©. 181, 36.) wurbe 9.
freigefprogen (Polyän. IT, 9, 29. erzählt, die Richter Haben feine und
ſtiner Freunde Gewaltthätigkeiten gefürdtet), Timotheus zu einer ungewöhtt«
li& großen Geldbuße verurtheilt (ſ. Timoth.). Hauptfläger mar Artflopbon
aus dem Demos Azenia; Worte vol Seldftgefühl aus I. Vertheinigungdrebe
finden ſich bei Ariſtot. Rhet. II, 23. Quintil. V, 12, 10. Ariſtid. IT, p. 38%.
(Aus derfelben Rebe find auch Stellen bei Ariflot. Rhet. III, 10. Plut.
reip. ger. praec. 9. Apophth. Iph. 4.) — 9. flarb wohl bald nad dieſem
Trocefle, wenigftend bereötigt die Art, wie Demoflh. in Mid. p. 534. von
ihm ſpricht, zu der Annahme, daß er zur Zeit der Abfaffung biefer Rede
(DL 106, 4. 353—52 v. Ehr., Bv. I. S. 962.) nit mehr lebte. —
Außer dem Meneflheus wird ein zmeiter Sohn des I. gleiches Namens von.
Arrian. Rıp. Alex. II, 15. genannt: er befand fi unter den atheniſchen
Gelandten, melde vor der Schlacht von Iſſus (333 v. Chr.) an Darius
gekommen waren und von Parmenion bei ver Einnahme von Damaskus
gefangen genommen wurben; Alexander behielt Ihn, das Andenken feines be⸗
rühmten Baters ehrend, und um den Athenern einen Beweis feiner freund»
lichen Seflnnung zu geben, in höchſten Ehren bei IB, und als er an einer
Krankheit verſchied, ſchickte er feine Gebeine nach Athen an feine Familie. [K.
| Ephierätes, ver Feldherr, war auch ald Redner angefehen, wiewohl
er NH ſelbſt darin dem Antiphon nachſetzte (ſ. Plut. Mor. P; 801. F.);
Juſtinus (VI, 5.) und Ariflives (mepi napeapYsyu- p. 385.) rühmen feine
Beredtſamkeit jehr, in ver fh, auch nah dem Urtheil Anderer, die ihn
minder hoch ſtellen (f. Blut. Mor. p. 813. A. u. 836. D. Dionyf. in Lys.
12.), eine an den Soldaten erinnernde Kraft und Keckheit (orparıwon
urdadssar ei alaloresiar fagt Dionyflus) Fund gab. Zwei Reden, melde
im Alterıbum von Ginigen dem Iphikrates abgefproden und dem Lyflas zu⸗
gewiefen wurden, weist derfelbe Dionyflus als ächt nach: «8 haben fi davon
auch noch ein Paar Fragmente erhalten (eines z. B. bei Quintilian Inst.
Or. V, 12, 10.), und ebenfo kommen auch noch Nachrichten von andern
Reben zunächſt bei Ariflives vor; fie find aber weiter gar nicht befannt, fo
bag es und nicht wohl mögli ift, ein eigenes Urtheil über vie Leiflungen
tes I. auf dem Gebiete der Veredtſamkeit zu fällen. Vgl. Fabric. Bibl. Or.
II. p. 750. ed. Harl. Ruhnken. Histor. critic. oratt. Graecc. p. LVIL f.
(vor f. Ausg. des Rutilius Lupus.) Weftermann Gef. d. Beredtfamt. in
Griechenl. (1.) 8.45. Not. 16. — Verſchieden davon jedenfalls iſt der Iphi⸗
crates, welder über die Taktik ſchrieb, deſſen Schrift aber ebenfalls ver-
loven Be 9 f. Nelian. u. Arrian. Tactic. 1. und Plutarch. Vit. Pe-
lopid. 2. . .
p Yphidäimas (Iyıdcuas, 9205), 1) Sohn des Buſiris, den Heracles
ugleih mit feinem Vater binridten ließ. Schol. Apollon. Arg. IV, 1996.
old. II, 5, 11. nennt ihn Amphidamas. — 2) ein trojaniſcher Held,
Sohn bed Antenor, aus Ihrazien, wurde von Agamemnon erlegt. Hom. I.
xı, 221 ff. Pauf. IV, 36, 2, [Mzr.]
Vaxiy, Real⸗Enchclop. IV. 17
258 ' Yphigenmia
Kphigenia (Ipıyeraa), tft nad der gewoͤhnlichſten Sage Tochter
Agamemnond und der Kiytemneftra (Hyg. fab. 98.), nad Andern Tochter
bes Thefeus und der Helena, von Klytemneſtra nur als von ihrer Pfleg⸗
mutter erzogen (Ant. Lib. 27. Tzetz. zu Lyk. 183.). Agamemnon hatte eine
Hirſchkuh im Hain der Artemis getöbtet, oder fich gerühmt, die Böttin ſelbſt
treffe nicht befier, als er, oder er hatte nach anderer Angabe gerade in dem
Jahr, da ihm Iphigenia geboren wurde, gelobt, das Schönflte, was das
Jahr gebären würde, zu opfern, das Gelübde aber zu erfüllen verfäumt.
Das Eine oder Andere war nun der Grund, warum Winpflille die Abfahrt
der griech. Flotte in Aulis hemmte und der Scher Kaldas (Aeſch. Agam.
156.; nad Andern das delphiſche Drafel, Welder Trilog. S. 409.) erflärte,
das einzige Mittel, den Zorn der Göttin zu verföhnen, ſei, wenn Iphig.
geopfert würde. Anfangs firäubte fih Agamenmon gegen dieſes Anfinnen.
Dur Menelaus' Bitten bewogen gab er es endlich zu, daß die Jungfrau
unter dem Vorwand, fle folle dem Achilles vermählt werben, durch Ulyfſſes
und Diomedes herbeigebracht wurde. Als indeſſen biefelbe geopfert werben
ſollte, nah Aeſchylus wahrſcheinlich Fi ſelbſt bereitwillig opferte (Welder
ibid.), entrüdte fie Artemis in einer Wolfe nah Tauris, wo fie ihr ale
Priefterin dienen mußte, an ihre Stelle auf den Altar ſetzte fie eine Hirſch⸗
kuh (nah Andern eine Bärin, oder einen Stier ober eine alte rau). Diep
die Erzählung, welche der gewöhnlichen dramatiſchen Bearbeitung gu Grunde
liegt Eurip. Iph. Taur. 10—30. 783. Iph. Aul. 1540 ff.; über Aeſchvlus
f. Welder Trilogte ©. 408 ff, über Sophofles ſ. Suidas v. IIerdeoo;),
und von welcher fih aud zwei antike bildliche Darftellungen erhalten
haben, die eine an dem berühmten Opferaltar des Kleomened, bie andere
auf einer Marmorvaje, beide in Blorenz, Welder Trilog. S. 412. Nach
einer andern Sage bei Diktys Kretenf. I, 19 ff. iſt e8 ein Donnermwetter unb
eine Stimme ber Diana nebft dem Dazwifchentreten Achills, der von Kly⸗
temneflra gewonnen war, was bie Iphig. rettet; Achill verfebt fle nad Ser-
thien. Selbſt eine Heirath mit Achill, der den Pyrrhus mit Ihr erzeugı
habe, findet fich erzählt bei Tzetz. zu eyk. a. St. Daß aber bie Opferung in
der Sage als wirfli vollzogen gedacht worden wäre, fagt Feiner der De:
richte und kann weber aus Gic. de Off. II, 25. und Lucret. I, 89., no&
daraus gefchlofien werden, daß Plinius XXXV, 9. von einem Gemalde tes
Timanthes ſpricht, welches dieſe Scene darſtellte. Wie oft iſt die Aufopfe⸗
zung Iſaaks ſchon abgebildet worden, während doch feine Errettung ebenſo,
wie bie ver Ipbig., durchweg als Beſtandiheil ver Erzählung gilt? Wohl
aber mochten die Dichter, 3. B. Aeihylus in den Iadauoroso:, dem muth⸗
maßlichen Mittelftü ver Trilogie „‚Iphigenia“, die Opferfcene vollſtäaͤndig
ausgeführt darſtellen, Welder in d. a. Schr. 409 f. — Während nun bie
Sungfrau als Priefterin der Artemis in Taurid dient, wo bie Gewohnheit
bereite, dag ale Fremblinge der Göttin geopfert werden mußten, Batte
reftes dem Math des Orakels zufolge ven Plan gefaßt, das Bild ver Ar»
temis in Tauris, dad daſelbſt einft vom Himmel gefallen war, zu entwenden
und ed nah Attika zu Bringen. Eurip. Iph. T. 79 fl. Dreſtes kommt mit
Pylades zum Tempel in Tauris und fol geopfert werden. Iphig. entdeckt
in ihm ihren Bruder und entflieht mit ihm und mit der Bildfäule der Göttin.
ng Ermordung ded Königs Thoas dur Drefles und Chryſes, Hyg. fab.
21. Gero. zu Birg. Aen. II, 116.). Indeffen Hatte nad ber Verbannung
des Drefles aus Argos Elektra gehört, ihr Bruder fei in Tauris von ber
dortigen Prieflerin ermorvet worden. Um Gewißheit zu erhalten, reiste fie
nach Delphi, traf dort mit Ipbig. zufammen und erfuhr, diefe fei die Moͤr⸗
derin. Elektra will fie deshalb bienden, wird aber durch Dazwifchenfunft
des Oreſtes daran gehindert. Ale zufammen kehrten nun nah Diycend zurüd.
|
Iphigenia- 289.
Spbig. aber brachte das Bild der Artemis in die attifhe Landgemeinde
Brauron bei Maratbon, ei dort als Priefterin, wurde als Tochter bes
Theſeus (f. oben) in vie heroiſche Genealogie des Landes einverwebt, und es
wurden ihr dort nah ihrem Tode bie Schleier und Toflbarften Kleider ges
ſtorbener Kinbhbetterinnen dargebracht. Gurip. Iph. T. 1464. Diodor. IV,
44. 45. und Pauf. I, 33, Lebterer fpricht übrigens I, 43. von ihrem Grab
und Heroon in Megara, und nah andern Sagen wäre fie gar nicht geftor-
ben, fondern (mie die Eden Heflods fagen) von der Artemis zur Helate ge»
macht worden, ober fie wurde von Artemis mit Unſterblichkeit und ewiger
Jugend begabt und unter dem Namen Dreilohia die Gemahlin des Achill
auf der Infel Leuce. Anton. Lib. 27. Wie die Bewohner von Attifa, fo,
und nah Pauf. II, 16. mit größerem Recht, behaupteten die Lacevämonier,
das Schnitzbild der Diana, welches einft Drefted und Iphig. aus Taurien ent=
wendet haben, befinde fich bei ihnen und werde in Sparta als Diana Orthia
oder Avyodsoua (vie mit Keufhlamm, einer Art Weide, gebundene) oder
gansdins (die im Reisbund bewahrte) auf dem Plage Limnaͤon verehrt,
Orthia, Orthofia hieß die Böttin wahrſcheinlich mit Beziehung auf phalli⸗
fen Dienſt, während bie zwei andern Beinamen blos auf bilplihe Vor⸗
ſtellungen zu zielen feinen. Noch wichtiger iſt der Cultus dieſer angebli
von Iphig. eingeführten Böttin in Lacedämon und Xttifa. In Sparta fel
bei der Einführung des Dienfles das Bild der Göttin in einem Straude
gefunden worden und der Anblick defielben habe die Binder wahnfinnig ge=
macht, bei dem Dienfle felber aber fei die Sitte des Menſchenopfers auf
Befehl des Drafels angeoronet worden, als es einft bei dem Feſte der Goͤttin
zu Mord und Todtſchlag gefommen; Lykurgus habe das Menfchenopfer ab⸗
gefhaflt und die blutigen Geißelungen der Jünglinge zum Erſatz dafür ein“ |
geführt. Pauf. III, 16. Spanheim obs. in Callim. hymn, in Dian. 174.
Müller Dor. I, 382. Im Attila weist gleichermaßen bie Sitte, bei dem zum
Andenken des Drefted geftifteten Dienfte einiges Menſchenblut zu vergießen,
wenn auch Eein Denfhenleben zu opfern, darauf Hin, daß mit der Berehrung
ber Artemis Brauronia Menſchenopfer, menigftend in älteren Zeiten, ver=
bunden waren. Curip. Iphig. Taur. 1446—1463. Und diefe Artemis ſcheint
nun nah allen: @rünven feine andere zu fein, als vie Artemis Taurica
(Tavomn, Tavpo, Tavpwın, Tavgwonos, womit au die Tavponolog,
ſ. dieſe Artt.), verwandt ifl. — Je —* und dunkler alle dieſe An⸗
gaben find, und fe mehr Die Sage von der Iphig. durch die Anknüpfung an
uralıe Gulte Bedeutung erhält, deſto eifriger Hat die mythologiſche Forſchung
verfucht, die tieferen, dahin gehörigen Bragen zu löfen. Es möchten vor⸗
züglich folgende drei Fragen zur Sprache zu bringen fein: in welchem Ders
pältmiß die Iphig. zur Artemis ſelbſt flehe, was von der angeblichen Böttin
in Tauris und ihrer Cinführung in Griechenland zu halten fei, in melden
Zufammenbang die Vorſtellungen von diefer Göttin und ihr Dienft mit dem
ganzen Meligionsfuflem ver Griechen zu bringen fein. So wenig es bier
ber Ort if, auf umfaffende Erörterung diefer wichtigen Punkte einzugehen,
fo ſoll doch menigflend der gegenwärtige Stand der Beantwortung ber ge=
nannten ragen kurz angegeben werben. Die erfte verfelben möchte am eheften
als gelöst zu betrachten fein. Iphig. iſt nicht blos Priefterin dieſer Artemis,
nicht blos Heroin, die ihrer merkwürbigen Schickſale halber in der Bolge
Heroeubentmäler erhielt; fie iſt urfprünglich nichts Anderes, als ein Präpikat
der Artemis, iſt bie Artemis ſelbſt. Sehen wir auch ab von ver Etymologie
des Namens Artemis, wie fie Schwend Andeut. ©. 218. gibt, daß Artemis
nämlich f. v. a. Borronepris und daraus verfegt ſei, und daß dieß „pie
große mächtige Jungfrau“ bebeute, fo berechtigt bie allgemeine Vorſtellung
von dieſer Gottin fhon dazu, es wahrſcheinlich zu finden, daß fie Zyerdram
264 Iris
vorhricht. Ihre Muter aber beißt Clektra, die Toter des Oceanud und
der Thetis, die Böttin der Tageshelle, oder aber wegen ihrer Eltern richtiger:
der Klarheit und des durchfichtigen Glanzes des Waſſers in den Negentropfen.
In dieſer Genealogie, die fi bei Heflod. Theog. 266. 780. Upollov. I,
- 2, 6. findet, fehen wir die Naturerfheinung aus ihren nächſten fcheinbaren
Urfachen hergeleitet. Homer weiß Nichts von derfelben; dagegen gibt er eine
andere Andeutung in dieſer Beziehung in feinem Hymn. in Apoll. 103 ff.
Hier fommt die Iris in Verbindung mit der Geburt des Apollo vor. Die
- „um bie Ereifende Leto verfammelten Göttinnen fohiden fie nämli an vie Ili⸗
thyia ab, bie von der Here abgehalten wird, ber Leto beizuflehen. Iris
verfpricht ihr ein Schönes Halsband mit goldenen Fäden und lodt fie dadurch
herbei. Das goldene Halsband ift wohl der Regenbogen felbft, und es liegt
wahrſcheinlich in dieſer Sage der Gedanke: dieſer Bogen erſcheint erſt, wann
die junge Sonne, Apollo, geboren iſt Abweichend von Homer iſt in der⸗
felben Sage Kallimachus Hymn. in Del. 157., wo Iris dem Befehl der
Here gemäß. auf einen Berge wacht, daß Fein feſtes Land die gebärende Leto
aufnehme. Aber nicht blos die Abflammung der Iris, fondern au ein Spröß⸗
ling von ihr wird, freilid erft bei Späteren, genannt, während fie früher
durchweg, felbft noch bei Theokrit XVII, 134. Virg. Aen. V, 610., als
jungfräulige Göttin auftritt. @uftath. Il. V, 99. p. 391, 24. 555, 30. fagt,
fie Habe fih mit Zephyrus vermählt und von ihm den Eros geboren; dies
felbe Sage erwähnt Put. amat. 20. Vol. IV. p. 69. Wyttenb. vgl. Greuzer
Symb. II, 558. 2te Aufl., und beutet fle ald ro romiAor Tov madovs
(Eowzos) as To ardnp0or, oder aber nad) einer zweiten Erklärung fo: Amor
bewirkt in edlen Seelen durch den Anblid des Außerliden Schönen einen
Mefler (arandazaız) der Erinnerung an jenes göttliche wirklich wahrhafte Schöne.
Diefe Verbindung mit Zephyrus wird endlich von Andern bezogen auf ben
neuen Lebens⸗ und Brühlingshaud, der das bunte, dem Bogen der Iris
ähnliche, Blumenkleid der Erbe hervorruft, wie denn au) umgekehrt wiederum
die Iris bei dem herbſtlichen Naturtob eine Role fpielt; m. |. Welder Zeit»
ſchrift für alte Kunft (1ſter Bo., Götting. 1818.) „Raub der Kore.“ Hier
erſcheint Iris mit ihrem Schleier bei dem Raub der Perſephone neben einem
umgeflürzten Korb, aus dem Früchte fallen, dem Sinnbild des Herbſtes, mit
einer für uns rärhfelbaften Beziehung. Wenn wir nun 3) zu ven befann-
teren und ausgeſchmückteren Dihterfagen vom Weſen und Würfen ber
Iris, und zwar zunächſt denen in den homeriſchen Gebidten, übergehen, fo
"muß vorerft aufmerffam gemacht werben darauf, daß mährenn die Odyſſee
diefe Böttin nie erwähnt, und nur ben Hermes als Bötterboten fennt, bie
Ilias fle deſto häufiger und bei den verfhtenenften Belegenbeiten auftreten läßt
als diejenige, na Heoim user ayyslog wdasurom (XV, 144.). Sofern
nämlih Zeus bei Homer nie felbft erfiheint, bedarf er immer eines vermit⸗
telnden Boten, dieſen bilvet neben Hermes die modas nie, nodnTeuog,
asdronog (flurmfüßige), zovoonzevos, goldgeflügelte Iris. X1, 195. XV, 158.
II, 786. VIII, 409. Sie bringt die Botſchaften von Böttern zu Göttern,
oder von biefen zu den Menſchen; dient vorzugäweife dem Zeuß, aber auf
der Here und andern Gottheiten, XVIIL, 168. h. in Ap. 102 ff., ſelbſt dem
Achilles, um die Winde zu feinen Dienfle zu rufen, XXIH, 199. Während
fie gemöhnlih im Olymp mit den andern Unfterbligen wohnt, geht fie ebenfo
bereitwillig in den Grund des Meeres, XXIV, 78 ff, mie zu den frommen
Aethiopen, XXIII, 205—207., felbfl in den Styr, um Bafter zum @ötters
ſchwur zu holen, Heflod. Theog. 776 ff. Sie bringt auf ven von Ares ent»
lehnten Moffen die verwundete Aphrobite aus dem Kampf, V, 355—369. und
Holt die Thetid in den Olymp, XXIV, 95—97. Ihre Erſchelnung iſt von
ber Urt, daß fie bald ſogleich als Göttin erfannt wird, XVII, 182., bald
Exls 265
aber nimmt fie au andere Geſtalten an, IL; 790. vgl. IH, 121. Rai
wie ber Hagel und Schnee, XV, 169—172., over gleih dem Blei an ber
Angel, XXIV, 78—82., oder wie der Sturmwind mit goldenen Schwingen,
XI, 195. XV, 158. II, 786. VIII, 409., oder aber einer ſchuͤchternen Taube
vergleichbar (dom. Hymn. in Apoll. 144. Ariſtoph. Av. 575.), was das
fanfte Gervortreten des Regenbogens andeutet, eilt fle dahin, wenn eine er»
theilte Botfchaft oder der Trieb eigener Dienftfertigkeit fle irgendwohin fendet.
Sie iſt nämlich nicht blos mechaniſche Beftellerin, ſondern räth und Hilft
gerne aus eigenem Drang, II, 122. XV, 201. XVIII, 197. XIV, 74. 77.
So mie in der Ilias erfcheint fie auch noch bei fpäteren Dichtern (man vergl.
außer dem fon angeführten Heflod beſonders Virg. Aen. IX, 803.) als
Borin aller Bötter und als Dienerin inäbefondere des höchſten Bötterpaars,
des Zeus und der Here, denen fle bei Iheocrit XVII, 134. das eheliche
Lager bereitet. Wir nennen außerdem nur noch dad poetiſche Bild bei Nonnus
Dionys. 13. B. im Anf., wo dargefiellt wird, wie die züchtige Iris an den
Dionnfus gejendet in den Kreis trunfener Korybanten tritt und fie, bie @eburt
bes Waflers, fih im Weine beraufhen muß. Doch iſt deutlich zu bemerken,
wie Re nad und nad, bei den fpäteren griechiſchen, noch mehr aber bei den
romiſchen Dichtern vorzugdweife und faft ausſchließend in den Dienft ber
Here tritt, fo beſonders in der fhönen Stelle bei Callimachus h. in Del.
232., der fle „eingedenk ihres Amtes ſchlummern läßt nit auf eigenem Lager,
ijondern nur gelehnt an den Thron ihrer Herrin.” Sie treibt, in ein altes
Mütterden verwandelt, auf Befehl der Juno die Troerinnen an, die Schiffe
bed Aeneas in Sicilien zu verbrennen, Aen. V, 606 ff., rettet ihre Schweftern,
die Harpyien, Apollon. A. I, 288 ff. 432. Serv. zu Aen.dIl, 209., ſchneidet
der fterbenden Dido die Rode ab und verficht jo dad Amt der Perfephone,
ibid. IV, 688. Sie ift fomit ein weiblicher Hermes verponoumog, nicht blos
bei Birgil und Ovid Met. XIV, 830 ff., wo fie der Samniterin Herfilia zu
Hülfe gefenbet, und XI, 585 ff., wo fle zum Dienfle der verlaffenen Halcyone
verwendet und zum Traumgott geſchickt wird (ein poetifcher Contraſt, welchen
Stat. Theb. X,7. dem Ovid nachzubilden nicht verfäumt hat), fondern ſchon
bei @uripid. ‘He. ua. 832. 841. 855. cf. Mythogr. Vatic. IH, 9. Und
auch als ſolche Begleiterin der Todten erfchelnt fie fafl durchaus nur im Dienfte
der Here. Wan vgl. ferner noch Virg. Aen. IV, 700 f. V, 609. 657. IX,
15. 803. Ovid Met. außer d. angef. St. indbefondere I, 271 ff. Die enge
Verbindung mit Here erklärt fich ganz natürlih daraus, weil Here die Luft
gästin iſt, die Iris aber ‚reicht den Wolken Waſſer zur Nahrung von ver
Erde herauf,” wie Dvid in der legtgenannten Stelle fagt, und dad Gprüd-
wort bei Plautus: bibit arcus, pluet hodie ed andeutet, eine Vorſtellung,
die ſich auch bei uns no erhalten hat. Darum heißt fie auch aöria, ros-
cida, und ift die Botin bed Iangerfehnten Regens. Quint. Gal. I, 61. Es
lapt A fragen, ob fie durchaus mit dem Regenbogen identifizirt wirb, tie
es in ber Stelle bei Ovid geſchieht, ober ob nicht vielmehr Servius reiht
bat, wenn er zu Birg. Aen. V, 610. fagt: Arcum non Irim, sed viam
Iridis dizit, der Regenbogen ſei nicht die Iris ſelbſt, fondern nur ihr Weg,
er entfiche, wenn Iris ungefehen vom Himmel ber und dahin zurüdellt.
Die legtere Vorſtellung ſcheint allerbings als die vorherrſchende gedacht werben
m müſſen. Ueberhaupt iſt zu bemerken, wie bereitö bei Homer bie Iris fo
ichr fhon zur mythiſchen Perſon geworben ift, daß man in den meiften Sagen
nur die Geſtalt ver Bötterbotin weiter audgemalt findet, die Entſtehung der⸗
ielben aus ber Anſchauung bed Megenbogens aber ganz in ben Hintergrund
mitt. Dieß zeigt ſich nirgends deutlicher, ala Il. XVII, 547., wo ber Regen⸗
bogen als Naturerſcheinung erwähnt wird, ganz ohne Rücat darauf, ba
iv.
266 Yris
es eine mythiſche Perſoniſication deſſelben gibt. Ja gewiſſermaßen im Gegen»
ſatz zu der lieblichen und freundlichen Iris, die wir namentlich bei Homer ſo
vielfach finden, heißt hier der Regenbogen „ein Zeichen des Kriege
oder des Winterſturms.“ Wir fragen, wie reimt ſich dieſes zuſammen?
Ja noch mehr; wie kann Iris (ſ. oben) Schweſter der Harpyien (Orkane)
beißen, wie kann vollends Servius zu Virg. Aen. V, 606. u. IX, 2. fagen,
Iris bringe Zwietracht, Merkurius den Frieden? Es ſcheint damit ein un⸗
aufloͤslicher Widerſpruch in die Vorſtellung von ber Iris zu kommen, wie
wir fle und nad der großen Mehrzahl der bisher angeführten Stellen bilden
mußten. Wir glauben, der Widerſpruch ſcheint ſchwieriger, als er wirklich
iſt. Die Erſcheinung des Negenbogend bietet dem Betrachtenden zwei Seiten
dar; derſelbe erſcheint einestheils im Gefolge des Megend und der Stürme,
ift aber anderntheils ein Tiebliches verſöhnendes Bild nah dem Sturm und
Megen. In erflerer Beziehung erfcheint Iris bei Homer nur fymbolifch in
der angef. Stelle, nicht als mythiſche Geftalt, und in der claſſtſchen Mytho⸗
logie überhaupt zeigt fi dieſe Auffaffung nur infofern, als nit nur die
Harpyien, fondern auch bie Arke (m. |. Bd. I. ©. 674.) Schweſtern ver
Iris beißen, und Iris im Dienft der Here allerdings auch Zwietracht bringt.
Aber ihre Geſchwifter find es eigentlih, in denen mir bei ben Griechen bie
mythiſch gewordenen Beftalten jenes homerifen Symbols, die Kehrſeiten
der gemöhnliden Iris zu fehen haben. Andere Völker haben allerdings dieſe
Seite der Vorſtellung allein hervorgehoben, fo die Indier und Lappländer,
melde in auffallender Uebereinſtimmung den Megenbogen den Bogen bes
Donnergotted nennen, von dem er die Pfeile des Bliges abſchieße. Näheres
hierüber f. m. in der geiftreichen, von uns dankbar benützten Abhandlung
son W. Menzel: „Mythologiſche Forfhungen und Sammlungen. 1842. Die
Mythen des Regenbogens S. 235 ff.” Die germanifhen Stämme, die Her
bräer und ebenfo Griechen ubd Römer, bielten aber mehr die andere freund:
liche Seite der Erfcheinung fef. Die Iris wurde ihnen zur Himmel und Erde
verbindenden Götterbotin, und wohl nur als folge, nicht aber im Zufammen-
bang mit der genannten trüberen Vorſtellung, zur XIobtenbegleiterin.. Zu
bemerken ift bier nur im Vorübergehen, wie Pi bei der Vergleihung der
claffifden und hebräiſchen Mythe ver ethifchsreligiöfe Charakter der Tegteren
in fo hohem Maaße zeigt. — Noch ift 4) über die Verehrung der Iris
Weniges zu jagen. Es findet fi von einer foldden nur eine einzige Spur.
Die Delier nämlich Haben ihr auf der Infel ver Hekate Kuchen von Waizen-
mehl und Honig, Bafynien genannt, und Kofforen d. i. getrodnete Zeigen
und Nüffe dargebracht. Athen. XIV, 645. vgl. Müller Aegin. p. 170. Was
endlich 5) die Bilpmwerkfe betrifft, fo iſt zwar feine größere Statue der»
ſelben bekannt, wohl aber finden ſich vielfache Darflellungen von ihr auf
Dafen und Basreliefs, auf denen fle entweder ſtehend erfcheint mit einem
langen, weiten Kleive, worüber ein leichtes Obergewand geworfen iſt, mit
bunten Schmetterlingsflügeln an den Schultern (mogegen Boß im erften Theil
feiner mytholog. Briefe eifert), das Haar mit einer Binde ummunben, ben
Serolpsflab in der Linken, oder ſchwebend mit Flügeln an den Säultern
und an den Schuhen (evmesıdlos), mit dem Stab und ber Kanne, um ben
Wolfen Nahrung zu fhöpfen. ine Eleine Borgia'ſche Broncefigur Hat au
an den Kniefehlen Flügel. Man f. hierüber Hirt myth. Bilberbud I, ©. 93.
Taf. 12, 2. 3. Böttiger Bafengem. 2, ©. 68. 86 ff. Gerhard ant. Bildw.
©. 230. Vaſen Taf. 82. Dillingen Taf. 1. u. 2. Tiſchbein I, 4. Leite
ſchrift für alte Kunft von Welder. Gditing. 1818. Die Abhandlung im
erften Band: „Raub der Kore.“ [ Mzr.]
Kris (6 'Iois, Schi. p. 32. Straße I, p. 52. XTI, p.547. Btol. V. 6.
&m. Anab. V, 6, 9. VI, h. 1. Apollon. I, 969. Dionyſ. v.783. Plin.
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Irrhkosia — Isaneus 267
VE, 3, 3. VI, 4, 4. u. f. w.), ein Strom in Pontus, ber auf bem Anti⸗
taurus in den Innern, öſtlichen Iheilen des Landes entipringt, erſt gegen
W., dann mit einer Beugung gegen ND. bei Neocäfaren, Comana Pontica
und Amafla vorbei fließt, bei Megalopolis ven Lycus in fi} aufnimmt (Strabo
xu, p. 556.), und fi$ in dem Gefilde von Themiscyra in den Sinus Ami-
sonus ergießt. Er ift Kleiner, als der Halys (Apollon. II, 368.), aber doch
immer ein bebeutender Strom, der einen fangen Lauf und nad Xen. Anab.
V, 6, 3. eine Breite von drei Plethren hat. Er Heißt jet Kaſalmak, bei
jeiner Ründung aber Dedil over Dekil Irmak. Bol. über ihn (namentli auch
über feine Bereinigung mit dem Lycus oder Kulel hiffar, zwei St. öſtlich vom
heut. Sonnifa) Samilton Research. in Asia min. I. p. 340., bei welchem
ſich p. 349. für den Iris au der Name Tocat Su findet. [F.]
Errhesia (Plin. IV, 12.), eine Eleine, fonft unbekannte Inſel des
Sinus Thermaeus, der Inſel Grocala gegenüber, unftreitig dieſelbe, die ſchon
in Som. hymn. I, 32. unter dem Namen Eiosoia: vorkommt. [F.]
Erus (’Ivos), 1) Sohn des Aktor und Vater des Curydamas und Eu⸗
sytion (f. die Art.). Er föhnte ven Peleus wegen des an feinem Bruder
begangenen Mordes aus, aber Peleus erſchlug unabſfichtlich auf ver Jagd des
kalydoniſchen Ebers den Sohn des Irus, Eurytion. Peleus wollte ihm daher
Herden zur Sühne geben, Irus nahm diefelben aber nicht an und Peleus
lieh dem Befehl des Orakels gemäß die Heerde laufen. Ein Wolf frag fie
auf, wurde aber dafür in einen Stein verwandelt. Man zeigte denſelben
auf der Bränze zwifchen Lofris und Phocid. Anton. Lib. 38. Tzetz. zu Lyk.
175. Schol. zu Apollon. A. I, 71ff. — 2) der bekannte Bettler auf Ithaka,
berühmt durd feine Freßbegierde. Sein eigentlider Name war Arnäus (f.
den Art.), Irus aber heißt er, weil er von den Freiern zum Botenbienft
verwendet wurbe; denn Irus bebeutet nach den Lexicographen — Bote. Sein
unglüdlider Zmweilampf mit Ulyſſes if aus Homer Od. XVIH, 5 ff. des
fannt. [| Mer.
Krus (Eioo;, Arrian. Ind. c. 21.), ein Berg an der Kũſte Gedroſtens
in der Gegend Saganda umfern des Indus, deſſen Namen wahrfheinli mit
dem des Irinus Sinus in Verbindung fleht; wahrſcheinlich die äußerſte Spige
des Brabul-Bebirged. [F.]
Hs (Ic, Herod. I, 179.), eine Stabt im fünligen Mefopotamien, acht
Zagereifen von Babylon, am weftliden Ufer des Euphrat und an einem
gleihnamigen Flüßchen, mit Aspbaltquellen, aus welchen man das Erdpech
zum Baue der babylon. Mauern holte. Höchſt wahrfheinlih derſelbe Drt,
den Zofle. II, 15. Sitha nennt und nicht weit von einer Aophaltquelle an⸗
iegt, d 5. das heut. Hit. Iſidor p. 5. ſetzt neben die Asphaltquelle eine
Stadt Asunodıs, in deren eigentlihem Namen Aed man auch eine unver⸗
Eennbare Aehnlichleit mit dem wahren Namen findet. [E.
Ksnnceus. Die Mehrzahl der unter diefem Namen in der Geſchichte
ber grieifchen Literatur vorfommenden Gelehrten und Schrififteller Tiegt dem
Gebiete der clafflfchen Literatur fern; fle gehören meiflens der kirchlichen,
chriſtlichen Literatur an; f. das Verzeichniß bei Fabric. Bibl. Gr. XI. p. 118.
ed. Harl. Allein Tann bier etwa genannt werben Isaacus der Comnene,
von welchem ſ. Bd. II. ©. 567.; ferner Isaacus Argyrus, ein chrift«
licher Mönd des vierzehnten Jahrhunderts, von weldem ein zur Vervoll⸗
Ränbigung ber metrifhen Schrift des Draco (f. Br. II. ©. 1263.) dienendes
Bub repi usrowr nomxur in Bachmanns Anecdd. Graecc. II. p. 167 ff.
abgedruckt ift, ein IInoyadıos xarar aber von I. Eh. Chriſtmann zu Heidel⸗
berg 1611. 4. Herausgegeben und au in D. Petav. Uranologium aufges
nommen ward, während eine namhafte Zahl von andern arithmetiſch⸗mathe⸗
matifhen, aſtronomiſchen, au geographiſchen und hiſtoriſchen Schriften noch
” nm .r . .
268 lei — Dia -
ee in mehreren Bibliothefen fi vorſindet; f. das Nähere bei
abric. Bibl. Gr. IV. P- 159. VI. p. 987. XI. p. 126 f. ed. Harl Von
Isaacus, dem Katholicos der Armenier um bie Mitte bed zwölften Jahr⸗
hunderts (daher mit dem Beinamen Armenus von Undern dieſes Namens
unterfdieben) fleben mehrere Reden in Gombefid Auctuar. nov. Bibl. II.
p. 317 ff. und in Galland. Bibl. Patr. T. XIV. p. Ali ff. Vgl. Fabric.
1.1 T. XI. p. 123f. [B] |
Yedca, Fluß auf der Südküſte Britanniens, j. Ur, Btol. [P.]
Yeadiei (Eioadınoı), ein bloß von Strabo XI, p. 506. genammteß,
fonft unbekanntes Volt im noͤrdlichen Sarmatien, deſſen Wohnflge nit ges
nauer beflimmt werden können, obgleich Strabo meldet, daß es unter einem
Breitenfirihe wohnt, mo noch Aderbau möglich if. [F.]
Ysaeus aus Ehalcis, auch als Athener bezeichnet, wahrſcheinllich weil
ee frühe nach Athen Fam, dort in der Schule des Lyſias und Iſocrates ger
bildet warb und nachher felbft als gerichtlicher Sachwalter dort lebte, Heben
vor Gericht für Andere verfertigend und Unterricht in der Beredtfamkeit er-
theilend ; auch Demoftbenes fol denfelben genofien Haben. Nähere Nachrichten
über fein Leben haben fich nicht erhalten: die Zeit feiner Blüthe wird ſich
mit Weſtermann zwiſchen 420—348 v. Ehr. verlegen laſſen, oder Olymp.
XC-CVIII, mofür Liebmann (p. 7.), der ihn um 415 v. Chr. geboren
werden läßt, Tieber Olymp. XCVN—CVI annimmt. Da wir weber das Ge⸗
Burtöjahr noch die Zeit feines Todes kennen, läßt fi Eein beflimmter Endſcheid
faſſen. Man Iegte ihm im Alterthum 64 Neven bei, von weldgen ſedoch
nur fünfzig für Acht anerkannt wurden; und von biefen Haben fih, außer
einzelnen Fragmenten, die die Befammtzahl der feinen Namen tragenden und
zu unferer Kenntniß gekommenen Neben auf ſechs und fünfzig bringen (f. die
Beilage V. bei Weftermann S. 293 ff.), nur noch eilf erhalten, welche fidh
ihrem Inhalte nah fämmtlich auf Erbfchaftäftreitigkeiten und vergl. Verhält⸗
niffe (repi xAnpov) beziehen; zehn davon waren ſchon früher bekannt: eine
eilfte Fam 1785 aus einer Florentiner Handſchrift hinzu (von Th. Tyrwhitt.
Lond. 1785. 8., in der Bötting. BIBI. f. alte Lit. u. Kunft 1788. III. und
von I. Conr. Orelli zu Züri 1814. 8. Herausgegeben: megi zov Mere-
xAsovs »Anoov); ein fehlended Stüd zu der Rede mepi rov Kisamuuov nAn-
eov machte Mai aus einer Ambrofianiſchen Handſchrift zu Mailand (1815.
und dann in Classicc. Auctt. e codd. Vatt. T. IV. p. 280 ff.) befannt.
Die Commentare des Divymus von Alerandria (f. Harpocrat. s. v. Iaur-
Ai) zu diefen Neben haben fi nit erhalten, wohl aber beſthen wir no
die Kritik des Dionyflus von Halicarnaß (De Isaeo judic. T. V. p. 986 ff.
und aud in den Oratt. Graecc. T. VII. p. 300ff.) über die Neben des Iſäus,
welche man in Bielem zwar denen bed fine glei ftellte, aber die Kürze
und Gebrängtheit, die Einfachheit und Natürlichkeit des letzteren, bei aller
fonftigen großen Kunft in der Anlage und Entwurf der Mebe, vermißte, auch
in der Ausführung und Behandlung fhon Manches zu gefünflelt und mehr
auf die Erregung der Leidenſchaften berechnet fand. ‚Außerdem wird dem
Jäus, welcher im Kanon der Attiſchen Redner die fünfte Stelle einnimmt,
auch eine Schrift aus dem Bebiete der redneriſchen Technik zugefchrieben, die
wir jedoch nicht mehr beflgen: dis reyraı bei Plutarch. Mor. p. 839. F.
Dionyf. Ep. ad Ammon. I, 2. Gpengel rex⸗. Zusayoy. p. 181. Gs er
fhienen die Reden des Iſäus gebrudt in den Sammlungen der Griechiſchen
Redner von Aldus (Venedig 1813.), H. Stephanus (1975. fol.), A. Mi⸗
niatt (Sannov. 1619. 8.), 3. I. Reiske (Oratt. Graecc. T. VII. p. 1.),
3. Bekker (Oratt. Atticc. Oxon. 1822.8. T. III. in.), I. G. Baiter u. Sauppe
(Oratt. Atticc, Turici 1840. 4. p. 327 ff., au beſonders in 12. ibid.),
dann au in beſondern Abbrücken zu Leipzig 1778. 8. (mit Meisle's umb
Ytagöras > Yınchär a9
Zaylore Noten und ber oben angef. Schrift des Dionyflus über HWäus),
ibid. 1822. 8. von G. H. Schäfer, am beflen mit Commentar von G. F.
SKHömann zu Brelfswalde 1831. 8.; eine deutſche Ueberfegung Cbendeſſelben
zu Stuttgart 1830. II. Voll. 12. (in der Sammlung von Tafel, Oflander
und Schwab Nr. 70. 71.). Im Vebrigen if. über Iſäus außer ber ange.
Schrift des Dionyfius: Plut. Dec. Orat. (T. II. p. 839 ff.) Phot. Bibl.
Cod. 263. Suidas s. v.; von Neueren: Babric. Bibl. Gr. II. p. 808ff. ed.
Harl. Schömann in der Praefat. f. Ausg. p. Vff. J. U. Xiebmann De
Issei vit. et scriptt. Commentt. Hal. 1831. 4. Weftermann Geſchichte d.
Beredtſamk. in Griechenl. F. 51. ©. 87 f. — Verſchieden von biefem iſt ein
jüngerer griechiſcher Redner biefes Namens, Isaeus aus Aſſyrien, der aber
in Rom, wenigftend eine Zeitlang gelebt haben muß, und dort wegen feiner
dahinreißenden Berebifamkeit und feinem Talent aus dem Stegreif zu reben,
in großem Anſehen fland, mie aus Juvenal Sat. III, 74. mit ven alten
Shelim, und Plinius Epist. II, 3., der ihn ungemein lobt, erſichtlich wird.
Wir können daraus auch die Zeit entnehmen, in welche dieſer Ifäus fälkt,
dem auch Philoſtratus Vit. Sophist. I, 20. p. 513. Olear. einen eigenem
Abſchnitt, der noch einige weitere Angaben über fein Leben und feine red⸗
nerifgen Leiflungen enthält, gewidmet hat. Grbalten Hat fich jedoch von
feinen Neben durdaus Nichts. [B.]
Hsagöras, Führer der oligarchiſchen Faction in Athen gegen Cliſthe⸗
nes, f. ®p. I. ©. 968. Br. II. ©. 441. [K.] M
Usagöras (Ioayopas) wird als Tragoͤdiendichter unter den Schülern
des Sophiften Ehreflus (ſ. Bd. IE. S. 340.) von Vhiloftratus (Vit. Soph.
11, 11. p. 591. Olear.) genannt, ift aber fonft nicht weiter befannt. [B.]
Esamminm, Vorgeb. in Hibernien, wird für das j. St. Johns Point
gehalten, Btol. | P.] |
Hsamus (Ioauos), ein blos bei Strabo XI, p. 516. vorfommender
Fluß des nörbliden Indiens, Öfllih vom Hypanis, bis zu welchem ber
baktriſche König Menander vordrang. Iſt die Resart richtig, fo dürfte ber
Iſamus wohl blos eine andere Form bed Namens Jomanes oder Diamuna,
d. 5. des Heut. Dſchumna, fein. [F.]
Isander (’Ioaröoos), Sohn des Bellerophon, von Ares im Kampf
mit den Solymern getödtet. Som. Il. VI, 197 ff. [ Mzr.]
(6 Ioap, Str.), Fluß in Gallia Narbonenfid, kommt aus den
Algen, Str. 185., ſtrömt fehr rafchen Laufes weſtwärts und einigt ſich ba,
wo da8 Kemmenongebirg nabe an den Strom vortritt, mit dem Rhodanus.
An diefer Stelle fhlug Aemiltanus die Arverner, tr. 291. 204. Lucan.
1, 399. Blanc. bei Cic. Epp. X, 23. Plin. III, 4. (5.). J. Ifere. [P.]
Hsarei, Volk in Bindelicien oder dem zweiten Rhätien, Umwohner
der obern Ifar in Bayern, Blin. III, 20. (24.). [P.]
Hehrus, Fluß, der aus einem Alpenfee kommt und in den Ifter ſtroͤmt,
bie Iſar, Str. 207., wo eine Berwirrung im Text entflanden und von der
Etſch zu verfichen iſt, was von dem Isarus gejagt wird. [P.]
Ksachar (Ben. 49, 14. Num. 1, 29. 26, 23. Deut. 23, 18. Yof.
19, 17. 22. 1 Ehr. 7, 1.; Zoayap, Iofeph. Ant. V, 1.; "Tooayxe in der
LXX.), einer der zmölf Stämme des jüdifhen Volks in Samaria oder dem.
weſillichen Palaͤſtina, ber feinen Namen vom Iſaſchar, dem fünften Sohne
Jacobs von der Lea, hatte (Gen. 30, 18.), und deſſen Wohnflge, unterhalb
des Sees Tiberiad, vom Berge Thabor bis zum Thale Jesreel reichten,
welches noch zum Gebiete befielben gehörte, das öfllih an den Jordan, nörd⸗
li an Sebulon, weſtlich an Aſcher und ben Karmel, ſüdlich an die eine
Hälfte von Manaſſe und an Gphraim gränzte (Iof. 19, 18. 21, 28 f.).
Bgl. den Art. Palaestina. [F.]
272 Ischemächkus — Eselantici
vor der Menge der Feinde Teine Mettung fei, die jüngeren Leute nad Sparta
zurück, um fie für eine fpätere Zeit zu erhalten, mit ben älteren aber bes
bauptete er feinen Poſten und opferte ſich, wie ein Leonidas, fürs Vater⸗
Sand auf: nachdem viele Feinde gefallen, wurde er umringt und mit allen
feinen Genoſſen von den eindringenven Arcadiern erſchlagen. (Auch Zen. VI,
5, 26. erzählt, daß Iſchol. und feine Leute nach tapferer Gegenwehr gefallen
feien.) Bon demfelben Iſchol. erzäplt wohl Polyän. II, 22.5 ſ. Weſſel. zu
Diod. am a.D. [K]
Ischomächus. Bei mehreren Schriftſtellern geihieht eines Atheners
dieſes Namens Erwähnung, die Angaben find aber einander fo wiberfpreddend,
daß fie ſich wohl nicht auf Einen Iſchomachus beziehen koͤnnen. Der Iſcho⸗
machus, den Gratinus ap. Athen. I, 14. p. 8. wegen feiner Kargheit einen
Myconier nennt (ſ. Mein. fr. com. II, p. 175.), if vielleicht berfelbe, ven
Sorrated nah Xenophons Oeconom. 6 ff. einft als einen trefiliden Haus⸗
wirth fennen lernte. Der Zeit nach könnte ein Sohn von dieſem ber Iſcho⸗
machus fein, von bem Lyſ. pro bon. Aristoph. p. 180. angibt, man babe
ihn zu feinen Lebzeiten auf mehr als 70 Talente geihäßt, nad feinem Tode
aber Habe jeder der beiden Söhne nur 10 Talente erhalten. Diefe Bermös
gensabnahme würde durch Heraclid. ap. Athen. XII, 52. p. 537. erklärt,
nah weldem Iſchom. fein Vermögen durch Schmeichler und Schmaroger
verlor. Da er DI. 98, 1. 388 v. Ehr., als die Rebe pro bon. Aristoph.
gehalten wurde, fon tobt. war, fo muß ſich die Stelle aus Ararus (mit
einem eigenen Stüde trat diefer Komiker zuerft DI. 101 auf, ſ. Bein. fr.
com. I. p. 343.) ap. Athen. VI, 31. p. 237., wenn fle gleich ihrem Inhalt
nach auf ben genannten Iſchom. paßt, auf einen britten Iihom. beziehen.
Bol. Bödh Athen. Staatsh. II, 12. [K.]
Eschomächus, ein Sieronife aus Kroton, flegte zweimal zu Olympia
im Weitlaufe (DI. 68 u. 69). Dionyf. Hal. R. A. V, 1, 37. Afric. bei
Eufeb. FAà. öAvur. p. 41. Scal. ed. II. [Kse.]
Uschopolis (’IoyonoAs, Strabo XII, p. 548.; ImanoAss, Ptol. V,
6.), ein fhon zu Strabo's Zeiten zerflörter Flecken in Pontus, unmelt der
Mündung des Melanthius und der Grenze von Gappabocien, in ber Nähe
von Pharnacia; vielleiht an der Stelle des heut. Bledens Tripoli in Anadoli
am ſchwarzen Meere. [F.] .
Uschys (Joyvs, vos), Sohn des Blatus, Beliebter ber Coronis, als
diefe mit Aesculap ſchwanger war, und daher mit ihr von Diana erihlagen,
weil Apollo die Untreue beftrafen mollte; vgl. Bod. I. ©. 188. [Mzr.
UseXna (Imre, Ptol. IV, 3. It. Ant. p. 65., beim Geogr. Rav.
V, 6. Isina), ein Ort im Innern der Regio Syrtica in Afrika, zwiſchen dem
Fluß Cinyphus und der großen Syrte, 30 Mil. füvöftlih von Macomaba,
dem Sauptorte an der Weſtküſte der letzteren; unflreitig derſelbe Ort, den
die Tab. Peut. Fol. VII (verſchrieben) Stina nennt, in einiger Gntfernung
von der Küfte anfeht, und als eine von Juden bemohnte Domaine des Kaiſers
Auguftus bezeichnet (Stina, locus Judaeorum Augusti). [F.]
Hsechi, oder nad) anderer Redart Insechi, eine blos von Zac. Ann.
XIII, 37. erwähnte Völkerfgaft im Südweſten von Goldis, ſüdlich vom
Fluſſe Phafis, unweit der Küfle des Pontus Eurinus, bie früher mit den
Mömern verbündet gemeien war, aber vom Tiridates aufgewiegelt in bie
entlegenern Theile Armeniens einfiel. Vielleicht nicht verfhieden von den Zechi
des Procop. B. Pers. II, 29., die zwar an ber Norboflfüfle des Pont. Eur.
wohnten, pn denen fih aber auch einzelne Haufen fünlid vom Phaſis
finden. JIF.
Eselastieci sc. ludi (iselastica sc. certamina, eigeAuouxa, sigyAvan« von
siseAavrer und eisspreodu) werden namentlich in ber fpäteren Zeit biejenigen
Ises — Kıftdlörus 273
großen Feſtſpiele genannt, welche dem Sieger’ einen feierlichen Einzug in feine
Baterfladt, oder in biejenige Stadt, ald deren Bürger er fich bet jenen Spieken
angegeben hatte, verftatteten, bei welchem Einzuge man ein Stück ber
Stadtmauer niederzurelßen pflegte. In der Älteren war ein folder @inzu
nur den Siegern in den vier großen heiligen Spielen ber Hellenen geftattef.
Unter ben Kaifern war dieſes Recht durch kaiſerliche Privilegien auch auf
andere glänzende Spiele Übertragen worden. Glänzende Beifpiele eines ſolchen
Einzuged geben Diod. XII, 82. T. I. 608. Weß. und Dio Gaff. LXIII, 20.
cf. Suet. Nero c. 25. Plut. Symp. IE, 5, 2., welcher ven Grund angibt,
warun man ein Stück der Mauer niederriß. Sowohl in der Älteren Zeit
- als unter den Kaiſern wurden den Athleten, welde in einem ber certamina
iselastica geflegt hatten, befondere Bortheile zu Theil (f. Kraufe Olympia
6. 22. ©. 199 ff.). Ueber die Emolumente, welche unter dem Kaiſer Ira
janus foldden Stegern zu Theil murden, gibt ung der jüngere Blinius in
zwei Briefen an jenen Kalfer nähere Auskunft (Ep. 119. 120.). ine Tatels
niſche Steinfhrift zeigt und, daß auch die Pialia oder Evosßen, welche von
dem Antoninus Pius ald quinquennale certamen zu Puteoll dem Habrianus
zu Ehren eingefegt worden waren, als cerlamen sacrum iselasticum bes
tradhtet wurden (Bafaub. zu el. Spart. vit. Adrian. Caesar. c. 27. p. 219. *
Ser. hist. Aug. T. I). [Kse.]
Uses, Fluß in Noricum, der in ven Ifler gebt, j. Vps, Tab. Bent. [P.
Esex (Idex?), Fluß in Gallia Cispadana, j. Spice, Tab. Peut. [P.
Istdis Oppidam;, ein blos von Blin. V, 10, 11. erwähnter Flecken
Hegyptens in der Nähe von Buflris, ver ſich wahrfcheinlich erft fpäter um
den großen, zu jener Stadt gehörigen, aber in einiger Entfernung son thr
gelegenen Iflötempel her bildete, deſſen prachtvolle Trümmer fidh noch ae
beim Flecken Bahbeyt (Bohbair), etwas nörblih von Bufyr, finden. Bol.
Pococke J. S. 34. und Minutoli p. 304. '[F.]
Keidörus. Diefer Name kommt, wie aus der Zufammenflellung bet
Sabricius Bibl. Gr. T. X. p. 494 ff. ed. Harl. erfichtlich ift, in ber Literatur
des Altertbums, zumal des griehiihen und des chriſtlich⸗kirchlichen, fehr oft
vor; für unfern Zweck find die folgenden zu beachten:
1) Diter: Isidorus von Negä, ein griechiſcher Dichter, deſſen Zeit
fich jedoch nicht näher beflimmen läßt, obwohl er nah Bruncks Urtheil einer
noch immer guten Zeitperiode angehören und jedenfalls nah Antiphilus (f.
Br. I. S. 552.) fallen dürfte. In der Griechiſchen Anthologie befinden fi
fünf Eypigramme veffelben (Anal. II. 473. oder III. 177. ed. Jacobs); vom
dieſen zu unterſcheiden iſt ein fechätes, daſelbſt ebenfalls befinpliches Eyigramm
(Anal. II. 474. oder 179. ed. Jac.), welches die Auffchrift eines Isidoras
Scholasticus aus der ägyptiſchen Stadt Bolbitine im Delta, trägt; biefer
SAoorus iſt jedoch weiter gar nicht bekannt; f. Jacobs Commentt. in An-
tholog. Graec. T. XI. p. 909. |
2) Isidorus aus Pergamus, ein griechifäger Redner, der noch in eine
ziemli gute Zeit fällt, wie aus den Angaben des Diogenes von Laerte (VH,
34.) und des eine Stelle deſſelben anführenden Rutilius Yupus (De figg.
sentt. et eloc. II, 16.) erhellt, fonft aber gar nicht meiter bekannt ff.
3) Ein Cyniſcher Philoſoph Isidorus kommt bei Suet. vit. Ner. 39.
vor, iſt aber au fonft gänzlih unbekannt.
4) Ein berühmter Architekt Isidorus aus Milet Tebte unter Iuflitrian
und mar ber Lehrer des Eutocius (f. Bd. III. S. 319.), iſt aber durch eigene
Schriften nicht weiter bekannt.
5) Isidorus aus Gaza, ein neuplatonifher Philoſoph, ein großer
Verehrer bes Proclus und des Marinus, und nad diefen eine Zeitlang an
bie Spige diefer Schule im Lehramt geftellt, wovon er ſich jedoch zurückzog
Bauly, RealEncyeop, IV. 18
274 Ksidörus
unb den Reſt feines Lebens in Aegypten zubradte; von Schriften dieſes Neu-
platonikers Hat fich Nichts erhalten; |. Phot. Bibl. Cod. 242. Euid. s. v.
Isidorus von Antiodien, ein gelehrter griehifher Arzt, den Ga⸗
Venus einigemal anführt und als einen feiner Schüler und Bekannten an
einer Stelle bezeichnet: woraus ein Schluß auf fein Zeitalter gemacht werden
Tann; f. Zabric. Bibl. Gr. T. XII. p. 303. der Alt. Ausg., wo-auh noch
ein anderer Arzt Isidorus aus Memphis, der bei Aelius vorfommt, an-
geführt wird.
7) Isidorus, Antecessor aus dem geitalter Jufliniand, der Verfaſſer
einer Erklärung der Digeflen und des Cover, welche mehrmald citirt wird;
f. Bach Hist. jurispr. Rom. IV, 1. sect. 3. $. 13. p. 632.
8) Endlich iſt auch hier noch zu nennen der berühmte chriſtliche Biſchof
Isidorus von Sevilla, ver mit Boethius und Gafflodorus (f. Bd. IE.
©. 203.) dad Verdienſt theilt, in den Zeiten des gänzlihen Verfalls ver
Literatur und Wiſſenſchaft die Kenntniß der älteren clafflichen Kiteratur einiger-
maßen bewahrt und auf die Nachwelt verpflanzt zu Haben: in welcher Hinſicht
befonders das größere Werk zu nennen ift, über deſſen Vollendung ihn ver
Tod (um 635—636 n. Ehr.) ereilte: Originum s. Etymologiarum
Ubri XX., eine Art von Encyclopädie, welche Alles dad, was zu den um
biefe Seit noch betriebenen Wiflenfhaften nöthig und wünſchenswerth war,
befaßte, aus ben älteren Schrififtellern zufammengetragen oder ausgewählt
und auf diefe Weife und eine Maffe ver feltenften und wichtigſten Notizen
über dad Alterthum, zunächſt das vömlihe, aus großentheild verlorenen
Duellen erhaltenn, wiewohl wir allerdings Kritik darin oftmals vermiffen,
namentlih in den zehn letzten, meiſt etymologiihe Angaben enthaltenven
Dächern, während die zehn andern von den verſchiedenen Wiſſenſchaften,
Philoſophie, Rhetorik, Grammatik u. f. w. handeln, au im flebenten und
achten eine Urt von Theologie in der Lehre von Gott, den Engeln u. f. w.
einmiſchen: woraus wir zugleih den Stand der Bildung und bed gelehrten
Unterrits, der dur dieſes Werk hauptſächlich gefördert werden follte, in
jener Zeit zu erkennen im Stande find. Wie viele ältere Autoren dabei bes
nutzt und angeführt wurden, Tann das Verzeichniß bei Wabric. Bibl. Lat.
IH. p. 371 ff. ed. Ernest. am beften lehren. Minder wichtig iſt eine Fleinere,
ihrem Inhalt nach aus Älteren Grammatikern gefhöpfte Schrift: De differen-
tiis s. proprietate verborum (ſ. Fabric. 1. 1. p. 376.) und noch unbedeu⸗
tender bie Schrift: Liber Glossarum (f. Babric. 1. 1. p. 386.). Es fliehen
diefe Schriften, von denen befonderd die Origines im ganzen Mittelalter Gin:
dur viel gelefen und flubirt wurden, wie bie zablreih davon vorhandenen
Handſchriften (nach Urevali über 164) noch jegt bezeugen können, gedruckt
in den Ausgg. d. Opp. Isidori zu Paris 1580, von I. Grial zu Madrit
4599. fol. und 1778 in II Voll. fol., von I. du Breul zu Paris 1501 und
Göln 1617. fol., am beften von Bauflin. Arevali zu Rom 1797 ff. (VII
Voll. 4.); die Origines (melde bei Arevali T. III. u. IV. fleben) erſchienen
auch beſonders ſchon frühe gebrudt zu Augsburg 1472. fol., zu Bafel 1577.
fol., dann in der Sammlung ber Lateiniſchen Grammatifer von Gothofredus
(Auctt. Ling. Lat. ®enf 1595. 1622. 4.), wo aud bie beiden andern oben
angeführten Eleineren Schriften fi finden, am beflen von 8. W. Otto im
dritten Bande des Corpus Grammatt. von Lindemann. Lieber Ifſidorus f. im
Allgemeinen Nicol. Anton. Biblioth. Hisp. V, 3. Fabric. Bibl. med. et
infim. Latin. T. IV. p. 539 ff. ed. Mansi; vgl. mit Fabric. Bibl. Lat. T.
III. p. 370 ff. ed. Ernesti (wo über die Origines). Meine Geſch. d. Roͤm
Lit. $. 401. d. dritt. Ausg. und Supplem. II. (GEriftl. Theolog.) $. 205 ff.
und bafelbft auch über die andern, in das Gebiet der Theologie einfchlägigen
Schriften. [B.]
YUtdörus — Yslonda 275
Nsidörus aus Charar, Geograph, angebli aus der Zeit ber erflen
römiſchen Kaifer (fo daß der Schrififieller Iſidorus aus Charax, welden
Zucian. Macrob. 15. ald unter den erflen Ptofemäern lebend erwähnt, ein
ganz verſchiedener geweſen fein müßte). Bon feinen Schriften wird nur znie
TIecHos mepıryntinog bei Athen. II, p. 93. D. namentlih angeführt.
Daraus Eönnen die unter feinem Namen in den Sammlungen der Beographen
von Höſchel 1600, Hubfon 1703, zulegt von E. Miller im Supplement aux
dernidres Editions des petits g&ographes, Paris 1839. p. 245 ff. (dazu bie
Bemerkungen von Letronne in den Fragmens des poëmes géogr. de Scymnus
et du faux Dicearque etc. 1840.) herausgegebenen Zraduos Ilapdıxoi
böchſtens nur ein Auszug fein, wenn fle überhaupt mit Ifidorus in Ver⸗
bindung zu feßen find, denn nicht zu überfeben ift, daß im Codex Pithoea-
nus der Verfaſſer diefer Schrift nit Isidorus, fondern Athenaeus heißt.
Das Driginal ſelbſt aber mar vielleiht nur ein Theil eines größeren geo⸗
grapbifhen Werfes, dem die Notizen bei Plinius H. N. II, 108. IV, 4. 22.
Y. 6. 9. 30. 31. 32. angehören mögen. [ West.)
Esidörus, 1) ein Erzgießer aus unbeflimmter Zeit, von dem ein Her⸗
cufes in Parium bewundert wurde. Plin. H. N. XXXIV, 8. s. 19. —
2) Isidorus von Milet, Architekt, welcher mit Anthemius von Tralles
die Kirche der b. Sophia in Gonftantinopel erbaute vor 537 n. Chr. Nah
einem Erdbeben 554 erneuerte 3) der jüngere Isidorus das auf vier Pfellern
rubende Rundgewölbe (ToovAAog) dauerhafter, aber minder effectvoll. Otfr.
Müller Kunſtarchäol. S. 212. [W.
Kstdörus, der Name zweier Hieronifen aus Alerandria, von denen ber
eine DT. 177 zu Olympia Im Ringen flegte, nad einer Berichtigung bei
Phot. Cod. 97. p. 146. Höſch. p. 83. Bekk. fogar Periobonife war, ber
andere aber zweimal im Wettlaufe ebendafelbft (DI. 243, 244) den Siegeb⸗
kranz gevonchug African. Hei Euf. "EA. 0A. p. 44. 45. Scal. isrop. avrey.
. 343. se.
p LIeigſönus aus Nicäa nach Steph. Byz. s. v. Nixaie (aus Cittium
nach Cyrill. c. Jul. 3. p. 88., wenn nicht dort vielmehr 6 Nixasvg für
u Kırrıevs zu ſchreiben if), aus unbeftimmter Zeit, doch vielleicht noch vor
dem Anfang unferer Zeitrechnung anzufeßen, da Plinius (H. N. VII, 2, 12.
16. 27.) und befonders Sotion, vermuthlich derfelbe, welcher unter Tiberius
lebte, in der Schrift über die merkwürdigen Gewäſſer ihn benußten. Gr
ihrieb "Anıore, eine Schrift, deren Fragmente fich in den Paradoxograph.
ed. Westerm. p. 162 f. zufammengeftellt finden. Vgl. daf. praef. p. XXX.
Nicht fehr genau aber iſt es mohl zu nehmen, wenn Gelius Noct. Att.
IX, 4. den Ifigonus unter bie veteres scriptores non parvae auctoritatis
rechnet. [ West.]
Nsigönus, ein Erzgießer, der mit GStratonicus und Antigonus die
Schlachten des Attalus und Eumenes gegen bie Gallier darſtellte, um Ol. 139.
Plin. H. N. XXXIV, 8. s. 19. [W.]
Hsinisca (ſo It. Unt., Isunisca Tab. Peut.), Ort in Binbelicten ober
dem zmeiten Rhätien an der alten Straße zwijchen Augsburg und Salzburg;
in der Gegend von Aspach und Helfendorf. [P.
Esionda (Inoröa, Polyb. exc. de leg. c. 31. Liv. XXXVIII, 15.,
bei Strabo XI, p. 570. [mo freilid unfere Codd. und Ausgg. die falſche
Lesart Zirda zeigen, die ſchon Steph. Byz. v. Außiade in feiner Hand
ihrift des Strabo gefunden zu haben ſcheint] XIII, p. 631. u. Steph. Byz.
p. 336. Towrd«, bei Ptol. V, 5. verſchrieben ITorrda), eine Stadt Pifldtens,
fünf Mit. norbwehlid von Termeſſus und Ofllid von Denvanda und ber
Cibyratiſchen Tetrapolis. Fellows Asia min. p. 194. fand 12 engl. DM.
von Berge und 10 M. von Ceſtrus in der Richtung nah OSO. Ruinen
276 Ysls
einer fehr alten, zum Theil aus dem Felſen ſelbſt berausgehauenen, alten
Stadt mit cyclop. Mauern, einer Akropolis auf dem Gipfel des Berges und
zahlreichen Belfengräbern eine Meile rund um bie Stabt herum, bie er für
Bad alte Iſtonda hatt [F.]
Meis, Toic, eine ägyptiſche Göttin, deren Begriff und Cult, wie der
einer andern Gottheit, den mannifaltigften Veränderungen unterworfen war.
Die äͤgyptiſche Religion, durch die einförmige Eigenthümlichkeit des ägnpti-
fen Naturlebens beftimmt (Herod. TI, 35. vgl. Died. Ste. I, 10.), trug In
ihrer urfprünglichen Geſtaltung ein fehr einfaches, phantafle= und farbloſes Ge⸗
präge an ih. Kaum daß ed zu einer mythiſchen Entwidlung in berjelben
gefommen zu ſein ſcheint. Der Nil mit feinen auffalenden, regelmäßig
wiebertehrenden Veränderungen einerfeitd, das ägyptiſche Rand andererſeitd,
in feinem probucirenden Leben von demſelben ſchlechthin bebingt, beſchließen
den Kreis, worin die religiöfe Einbilvungäfraft ver Aegypter fi zu bemegen
wußte. Die Wechſelwirkung beider Momente beherrfchte das Leben der Natur,
Ber Tierwelt, der Menſchen, unenblihen Segen verbreitend, wenn fle ge
regelt vor fh ging, Verderben und Jammer, wenn Störungen eintraten.
Bon ſelbſt mußte fi dieſes Verhältniß zum Heiligen Mofterium geftalten,
um fo beflimmter und einfacher, je weniger der Prozeß deſſelben den, den
waltenden Naturkräften fonft eigenen Charakter des Allmäligen, Zufälligen
und Ungleihen an ſich trug, je mehr die Wirkungen deffelben plötzliche, auf
fallende, und doch regelmäßig georbnete waren, in denen zudem alle Br
dingungen der Eriftenz ſich coneentrirten. So ergab ſich für bie urägnpiiide
Anſchauung ein einfaches Bötterpaar, Iſis und Ofiris, die beiden Segens⸗
.mächte Aegyptens, die Nepräfentanten des Nilfandes und des daſſelbe de
fruchtenden Stroms. Alle Functionen des Naturlebens, Sonne und Mond
nicht weiter als andere, dad Xeben der Menſchen über und unter ber Erde
find diefen beiden, vielleicht ziemlich geiftig gedachten Gottheiten untergeben.
Die Erinnerung an diefe urägyptifhe Bedeutung zieht fi wie ein rotber
Faden durch alle Wandlungen, welche diefe Gottheiten im Verlaufe der Zeit
erfuhren. . Wie Oflris, ver Nilgott, den Gebrauch des Pflugs vweranlaftt,
fo erfindet IMs die Behandlung von Walzen und Gerfte, die auch bei
ihrem Feſte aufgeführt werden (Diod. Sie. I, 14. 27. V, 69. u. öft.). Sie
iſt die Erbe, die die Aegypter Mutter nennen (Diod. I, 12. Serv. Aen.
von, 696. floor. Orig. VII, 11. Geliod. Aeth. IX, p. 624. Origin.
c. Cels. V, 38.), und deshalb nebft Ofiris allein von allen Aegyptein
verehrt (Herod. II, 42.). Die Erbe iſt der Leib der Iſis, und zwar, mie
noch bei Plutarch (de Isid. et Osir. 38.) die Sage fi erinnert, die Erde
gedacht als Nilland, der alle, au die animaliſchen Bildungen des Leben?
entfprungen find (Diod. Sic. I, 10. Plin. H. N. IX, 84. Mela de Nilo
L c. 9. Ovid Met. I, 822.). Diefes bebeutet auch das Ihr heigegebent
Kind (Plut. 39.), das noch fpät die Hieroglyphe ift, melde Erde bedeute
(Macrob. Sat. I, 19.). Mit Ofiris ehlich verbunden, if fie das vom Ril
befruchtete Land (Blut. 32.). So erfcheint fie auch auf altäggptifchen Bild
werfen, 3. B. einer Tempelfculptur in Philä, als das um Regen bittende
Sand (Descript. de PEg. Tom. 1. pl. 23. n. 1.), auf einem die wiederleh⸗
sende Nilfluth darſtellenden Relief yon Karnak (a. a. ©. II. p. 272. pl. 64.)
Diefer elufärmige, in feiner Barblofigkeit befonderd durch den Thiercult aus⸗
pefproßene Gharakter der ägyptiſchen Urreligion vermiſchte ſich indeß früht
urch Berührung mit fremden Clementen. Semitiſche und phoͤniciſche Ein
fluͤſſe leiteten die Kriege mit afiatiſchen Völkern herein. Typhon, ein Symbol
des feindſeligen Feuercults, tritt in den ſtillen, harmloſen Kreis bes Goͤtter⸗
paares herein und flört feinen Frieden. Oftris wird überwältigt und 6
töbtet; fein Tod und feine Leiden werben in myſtiſchen Uufzügen begang
Kois 277
(Serob. UI, 61. 170.). Uber in Horos lebt ein. Mäder des Vaters. Ihn
bat die Mutter in Buto vor Typhons Nachflelungen verborgen; er beilegt
den Yeind und berricht über Aegypten (Gerod. II, 144. 156.). Aber ſchon
baben Hiermit neben den fremben orientalifhen nicht minder fremde griechiſche
‚ Elemente Bla gegriffen, und nun dringen biefe in flrömender Yülle immer
mächtiger an. Horos felbft ſchon, ber jugenplide Bott, ift vielleicht griechi⸗
ſcher Abkunft. Helleniſche Binflüffe vergeiftigten das altägyptiſche Bemußtfein
zum Widerſtand gegen den Orient; ihre heterogene Natur rief aber auch felbft
wieder Gegenftrebungen hervor. Die Geſchichte der Könige bei Herodot
commentirt den Mythus (Herod. II, 137—182.). Die Agyptiihen Götter
find andere geworden. Don Syrien und Affgrien war der Sonnencult mit
feinen ſinnlichen Emblemen gefommen, Ofiris ward zum flrahlenden Sonnen»
gott, IS zur gehörnten Monpgöttin (vol. Voß mythol. Briefe V. ©. 59 f.
88. 135. vgl. III. 31. 38.); Pfammetichs Hellenen braten dazu dionyſiſche
Geier, jene Jonier und Karier, deren Theilnahme am Yilsfeft fih bis zur
wahnfinnigen Ekſtaſe ſteigerte (Herod. II, 61.). Indem Kampf und Leiden
bie alten Götter ergriffen Hatten, Hatte die Ägyptische Religion eine Seite
gewonnen, von der aus der mythiſche Drang der Hellenen fi ihrer bemäch⸗
tigte, und bie Weisheit der Könige, wie die Klugheit ver Priefter fügten fid
in die vergeifligende Umbildung um fo milliger, als es ihnen fo leicht wurde,
die empfangenen Borflelungen den frommen Teichtgläubigen Hellenen als ur⸗
ſprünglichſtes Eigenthum zurüdzugeben (vgl. Voß, Bacho8-Oflrig, mythol.
Briefe V. 133. u. öft). Voß verfolgt die biftorifchen Spuren biefer Um⸗
bildung und Verſchmelzung ägyptiſcher und griechiſcher Mythen burd bie
Orphiker, Pherefybes, Onomafritoß u. A., ind Einzelne (am a. D.), und
Lobeck entlarvt beſonders den letzteren, den berüchtigten Fälſcher des Muſäus
(Serob. VII, 6.), als Verderber ver griechiſchen Religion (Aglaogh. I, 670f.)
durch Einführung der neuen ägyptiſchen Weisheit. Hatte aber Pherekydes
aus frommen Betrug den Attifer Ogyges und feine Frau Thebe vor ber
älteften Fluth ſchon die ägyptiſche Thebaͤ bauen und tie Myſterien der Iſis
und des Dflris dafelbft einführen laſſen (Schol. ad Aristid. Symb. III, 128.
IV, 31.), fo laſſen umgefchrt nun die ägyptiſchen Prieſter bei Herodot bie
Thesmophorieen, die Weihen der Demeter dur die Danaiden (II, 171.),
bei Diodor durh Orpheus nach Hellas kommen (I, 96.). Bon Herodot an
und durch ihn murde bie Aegyptomanie zur herrſchenden Sucht. Ihm und
na ihm faſt Allen iſt Ifis die griehifche Demeter, Oſiris Dionyſos, Oros
Apollon, Bubaſtis Artemis (II, 42. 59. 137. 156. Diod. Sie. 1,12. 13.
25. 96. V, 69. Apollod. UI, 1. 3. Leon ap. Clem. Alex. Strom. I, c. 21.
Steph. Byz. v. Bovagıs), und Aeſchylus nennt daher die Artemis (— Bus
bafis) eine Tochter der Demeter (— Ifis) bei Herodot (II, 156. vgl. Pauf.
VIII. 37, 3.). Einmal mit Demeter in Bezug gebradt, konnte ed nit
fehlen, daß die Keinen der Iſis nah dem Mythus von der irrenden und
ſuchenden Demeter umgebildet wurden. Ihre gemeinfamen Leiden waren wohl
ber einzige Grund, warum Herodot Ofiris Dionyfos, Iſis Demeter nannte,
und ihr ehliches Verhältniß ganz ignorirte. Lind findet fi bei Diodor ber
reits ein euemerifliiher Deutungäverfuch ber aljo umgebilveten Sage durch⸗
geführt, fo wird dieſe feld in voller Breite von Plutarch (de Is. et Osir.)
mit al ihren frembartigen Anwüchſen entwideh. Als Ofiris vie Welt durch⸗
zog, beflellte er vie Iſts mit Hermes an der Seite zur Statthalterin Aegyp⸗
tens (Plut. 13. Diod. I, 17.). Nah feiner Nüdkehr warb er von Tyrhon
getödtet. Pane und Satyrn verbreiten die Runde davon, worauf Iſis in
Kopto FH eine Locke abſchneidet und ZIranerkleiver anlegt. Bon Kindern
erfährt le, daß der Garg dur die tanitifhe Mündung getrieben, worauf
fie den Hundskopf Anubis, den Baflard des Ofiris und ber Nephthgs, zu
278 XX
fich nimmt, um ihn zu ſuchen. Sie hört, er babe bei Byblos gelandet, wo
er, nie fle durch höhere Mittbeilung erfährt, in eine Erifaftaude verwachſen
ſei, die der König Malfander wegen ihrer Größe als Säule in feinem Palaft
angebradt habe. Ifis Fommt, figt trauernd bei einer Quelle niever, wo bie
Dienerinnen der Königin Afarte fie finden, denen fie die Haare fliht. Bon
einem munderbaren Duft, den biefe verbreiten, gelodt, läßt die Königin die
Fremde rufen und beftelt fie als Anıme ihres Kindes. Diefes nährt fie nicht
mit der Bruft, fondern mit dem Finger; Nachts Täutert fie es im Beuer und
upfliegt indeflen ald Schwalbe die Säule und wehklagt. Darüber von der
anigin überraſcht, gibt fle fi als Göttin zu erkennen, erhält die Säufe,
188: den Sarg ab, das Erifaholz mit duftender Leinwand ummidelt zurüd-
laſſend, das als das heilige Iſioholz im dortigen Tempel verehrt wird. Nun
warf file fih über den Sarg, fo weheklagend, daß der jüngere Sohn des
Königs firbt. Den Ältern nimmt fle mit fi und ſchifft nun nad Aegypten.
Den Fluß Phädrus, der ihren Lauf dur rauhen Wind hemmt, verirocknet
ihr Zorn. An einem einfamen Ort öffnet fie den Sarg, wirft ſich auf den
Todten und küßt ihn unter vielen Thränen. Da nähert fih ihr der Knabe
von hinten, fie wendet fih um und ihr fürchterlicher Blick tödtet ihn. Er
wird ald Maneros bei Gaſtmahlen gefeiert. Dann eilt Iſis zu ihrem
Sohn Horos in Buto, den Sarg aber verbirgt fie. Typhon findet ihn und
zerſtückelt den Leichnam in vierzehn Stüde (nad Diodor theilt ihn Typhon nah
der Zahl feiner Genoffen fogleih nah dem Mord in ſechsundzwanzig Stücke
[I, 21.], von der Fahrt nah Byblos erzählt er Nichts). Ifis fammelt fie,
in einem Kahn von Papyrus die Sümpfe durchſchiffend. Wo fie ein Glied
findet, errichtet fie ein Grabmal. Nah einer andern Sage machte fie Bilder
von Oſiris (nah Diodor, indem fle jedes einzelne Glied mit Wachs und
wohlriechenden Kräutern zu einem Körper ergänzt, I, 21. vgl. Blut. 59.),
die fle dann in die ägyptiſchen Städte verfendet, um das mahre Grab des
Ofiris zu verheimlihen und ihm in allen Städten Verehrung zu fichern
(nah Diodor [am a. D.] mit der Beſtimmung, daß jede Stadt ihm ein
hier meihen fol, um bei deſſen Tode die Klage um Ofiris zu erneuern,
wofür fie die Priefter mit Ländereien begabt. Nach einer weiteren Sage bei
Diodor [I, 85.] aber famnielte fie die Glieder des Oſtris in eine mit Byffus
bekleidete hölzerne Kuh, moher der Name Buflris entflanven fei. Vgl. Herod.
11, 132. Blut. Is. 40.). Nur dad Männlihe fand fle nicht wieder, weil
e8 von gewiſſen, deshalb verfluchten Fifchen verzehrt war. Sie fliftet dafür
die Phallusfeler. Von dem todten Oſiris gebiert IS num den ſchwächlichen
Harpofrates (f. diefen Art.). Typhon fodann, von Horos beflegt, wir von
der Ifis nach Diodor (I, 21. 88.) getöbtet (und zwar vor der Sammlung
der Glieder), nad Plutarch wieder Toßgelaffen, worüber unwillig, Horos ihr
das Diadem raubt, Hermes aber den Kuhkopf auffeßt, welche mutbifche Zuthat
wohl aud der von Plutarch de Is. 20. nur berührten Fabel von der Ent»
hauptung ber Ifl& (vgl. fragm. wor. wyy. x. T.A.6.) zu Grund lag (de Is. et Os.
12—20 ). Diodor fügt, den Myıhus als hiſtor. Vorgang faffend, noch hinzu,
die Königin Ifis (als Königin der mythiſchen Zeit wird Iſis auch von Tacitus
angeführt, Hist. V, 2.) babe mit ihrem Miniſter Hermes dem nun vergöt=-
terten Oflris geopfert und Myſterien geweiht (vgl. Blut. de Is. 27.), dann
aber ehelos gelebt, und gerecht regiert; begraben fei fie in Memphis, oder
auf der Infel Philä, mo 360 Opferſchaalen unter wehklagender Anrufung
der Götter täglih mit Milch gefüllt werden, oder in Nyfa in Arabien (I,
20. 22. 27.). — Man verfennt die urfprünglihe Bebeutung der Iſio nit
in diefem Mythus, fie bildet Die einfahen Grundlinien deſſelben — Iſis, das
bürftende Land Aegypten, ſuchend und Flagend nah dem Segen des Waffers
(Breuer, Symb. I. ©. 268 ff.). Aber fle iſt nicht mehr die altägyptifche,
Mais 279
einförmige Geſtalt. Ofiris if vorherrſchend zur Sonne, Ifls zum Monde
geworden. Die 360 Milchſchalen in PHil& an ihrem Grabe deuten auf das
alte Jahr von 360 Tagen, und die theogonifhe Nachricht, momit Diodor
und Plutarch ihre Erzählung einleiten, ift eine aftronomijche Fiction, durch
welde das alte Jahr mit dem neuen von 365 Tagen ausgeglichen wird.
Rhea, Heißt es, gebat an den fünf, von Hermes dem Mond im Brettfpiel
abgemonnenen Schalttagen die fünf ägyptiſchen Götter, und zwar den Oſiris
von Helios, die Ifis von Hermes, diefe am vierten Tage in Banygra, Blut.
ec. 12. Diob. I, 13. Bei dieſem und im Hymnus in Isid. v. 15. (ed.
Saupp.) beißt fie Tochter des Kronod. Dupuis hat ed verfuht, den Mythus
des Plutarh im Ginzelnen auf die Meilen des Mondes dur den Zodiacus
u deuten (Orig. d. Cult.), und Nork hat diefe Erklärung dadurch limitirt,
daß er fie auf die Wanderung ded Mondes durch die minterlihe Hälfte be=
ſchränkt (Etymol ſymbmyth. Realwörterb. unt. Iſis S. 312.). Allein ab⸗
geiehen von den unnatürlichen Künſteleien, die Dupuis anwenden muß, um
tıe Beziehung des Mythus zu dem Stande des Mondes nachzuweiſen (3. B.
irenn Ifis erfährt, daß Ofiris bei der Nephthys ſchlief, iſt fie der Vollmond
im Krebs, der die Krone der Ariadne im Aſpect hat, bei welcher Bacchus,
ter auch Oſiris Heißt, ſchlief; Ifis erfährt von zwei (?! davon weiß Plutarch
Nichts) Knaben, wohin der Sarg ſchwamm, d. h. der Mond ift vol im
Zeigen der Zwillinge u. U. m.) bat Bohlen überzeugend bewiejen, daß ber
Thierkreis eine dem ägyptiſchen Naturleben völlig fremde und widerſprechende
Erfindung fei (d. alte Ind. IL. ©. 256 ff.), und Dupuis ſelbſt, um beide
in Ginklang zu bringen, ſieht ſich genöthigt, die Frühlingsgleiche in bie
Maage, das Winterjolftitium in den Krebs zu fegen, eine Bofltion, beren
Alter auf 14,272 v. Chr. käme (l. c. p. 406. 457.). Auch die Ägyptifchen
Befte erleiden durch die Dupuis'ſche Deutung eine weſentliche Aenderung, fo»
fern z. B. Oſiris gefunden wird, wenn der Mond fih im Stier (April)
wiederverjüngt mit der Frühlingsſonne (f. unten über d. Fefle). Immerhin
mag die Kenntnip des Thierkreiſes nicht ohne Einfluß auf ven Mythus und
vie Geſtaliung der ägyptiſchen Hefte geweſen fein, beſonders in der Norf’fchen
Beſchränkung. Doch minder wegen feiner aflronomifchen Deutung, als wegen
ter hiſtoriſchen Neminitcenzen, die er enthält, iſt dieſer Mythus von Wich-
tigkeit. Zwar Hug hält jene ausſchließliche Deutung der Iſis auf den Mond
für die urſprüngliche und älteſte. Ifis, meint er, war zuerft einzige Mond⸗
göttin, ihre Bild Hieroglyphe des Mondjahrs (Xoray. Hierogl. I, 3.). Er
beruft fich dafür auf Diodor (I, 11.) und Manetho (ap. Diog. Laert. prooem.
$. 7.), daß die alten Aegypter Sonne und Mond als Iſis und Oſiris verehrt
busen. Ja, Oſiris fet fogar urfprünglih unbekannt geweſen; ohne ihn haben
tie Danaivden die Iſis nah Hellas gebracht, als Göttin ded Mondjahrs, des
Zeitmaßes und der Geſittung. Nah Entdeckung des DOftrie, d. h. des Sonnen»
jahrs, fei le jeine Gemahlin geworben, das Mondiahr fei veraltet, Iſis
wur Göttin ded Mondes herabgefunfen; dann habe fle die Hälfte ihres Ge⸗
biets an Bubaftid, ihre Tochter, abgerreten, und nur no den Mond vom
Bollmond bis zu feinem Verſchwinden behalten. Dieſe Aenderung falle zwifchen
die Wanderung der Danaiden und des Kadmos, wobei er fih auf Herodot
beruft (II, 171. vgl. c. 49. Apollod. III, 4, 1. Apollon. Argon. III, 1181.
Kadmos vom Stier, dem Bild des Oflris, geleitet; nur daß das Nind de
Kadmos vielmehr das Zeichen des Mondes trug! Hyg. fab. 178. Paufan.
IX, 12.) u. f. w. Hug, Unterf. über d. Muth. ©. 66 fi. Diefer Hypo⸗
ıbeje Hugs nähert fih Jablonski's Anfiht. Auch ihm iſt Iſis ver Mond,
und zwar war ihr urfprüngliher Name Joh, zugleich der koptiſch-ägyptiſche
Eigenname des Mondes. Wie die Griechen bei Diodor (I, 24.), verlegt er
ibt Vaterland nah Argos. Io, Tochter oder Abkömmlingin des Inachos,
280 Heis |
eined Aegypters, der in Argos herrſchte und die Myſterien dahin brachte
(Epiph. Haer. p. 11.), oder vielleicht, entſprechend der ägyptiſchen Anſicht,
daß die Götter dem Nil entfprungen feien (Diog. Laert. prooem. Ampel.
lib. memor. c. 9. Cic. Nat. D. III, 22. 23.), die Toter eined argivi⸗
fen Fluſſes Inachos (Ovid Met. I, 583. 84.), fei, in eine Kuh verwan>
delt, nach Aegypten gekommen und bort als Iſis verehrt worden; und nod
lange fei in Argos der alte, nad Abfterben der ägyptiſchen Sprade noch in
Mofterien fortgeführte Name des Mondes Io gewefen (Cuſtath. in Dionys.
Perieg. v. 94. Joh. Malala Chronogr. p 27. Chron. Pasch. p. 96. Panth.
1. p. A ff.). Und zwar jene Namendveränderung falle mit Erfindung des
Sonnenjahrd zufammen um 1323 v. Chr. (ib. II. p. 6. I. p. 196.). Allein
dieſe Hypotheſen entbehren fichtbar alles Hiftorifhen Grundes. Jablonski gibt
dieſes ſelbſt zu; die Ausſage Herodots aber von den Danaiden, worauf Hug
fußt, verdient ſo vielen Glauben, als was Pherekydes von Ogyges ſagt;
der Phönicier Kadmos dagegen iſt eine ſehr verdächtige Auctorität für
ägyptiſche Vorſtellungen, der auch die Notiz bei Diodor nicht aufhilft, daß
er Im ägyptiſchen Thebängeboren ſei (I, 23. XL. vgl. dagegen Pauf. IX,
12, 2.). — Berfolgen wir die Spuren des Myıhus, fo ſpricht fih in dem⸗
felden Nichts Elarer aus, ald die Erinnerung an den Einfluß frember Ele⸗
mente auf die Ägyptifhe Neligion. Die Vorgänge in Byblos weiſen vorerft
nad Phönicien. Schon die Namen Malkander ımb Aftarte erinnern
an den dortigen Eult: an Adonis, den die Byblier ſelbſt mit Dfiris iden⸗
tificiren (2uc. Dea Syr. 6. 7. Phot. Cod. 243. p. 558. Höſchel Aufon.
Epigr. XXX. Steph. Byzant. s. v. Bu3ios und 'Auadovg). Wenn ferner
Sandunlathon (ap. Eus. Pr. Ev. I, 10.) erzählt von dem phoͤniciſchen
Kronos — Mole tft fein örtlicher Name — er babe den Uranos entmannt,
deſſen Blut in eine Duelle geflofien fei, fo hätte man Hier ein Analogon
zu den im Meer verlorenen Geſchlechtötheilen des Ofiris. Beides aber ift
wohl nur eine mythiſche Fiction, wodurch man den Phallusdienſt zu erklären
ſuchte. (Nitualien und Feſte find fehr häufig der Anlaß von Mythen ges
wefen.) Herodot Eennt jene Fictior noch nicht. Wohl aber erklärt fig die
Einführung des Phalluspienfles in Aegypten aus der Verbindung Aegyptens
mit Aflen, befonderd Syrien. Denn diefer iſt den mollüfligen Eulten Ba⸗
bylons, Aſſyriens, Syriens ebenfo natürlih, als dem einförmigen, finftern
Weſen der urägyptifhen Religion unnatürlig. Man denke an die Phallen
in der ſyriſchen Hierapolis von dreißig Klafter Höhe (Lucian. Dea Syr. 28.
vgl. Creuzer Symb. II. ©. 85.). Der Phönicier Kadmos brachte bie dio⸗
nyfiſchen Weihen au nah Hellas (Herod. II, 49.); berüdtigt war die von
den früheften Zeiten an mit dem Gulte der beſonders in Byblos verehrten
(Ereuzer am a. DO. ©. 22. 63. 91.) Aftarte verbundene Unzudt (Stuhr,
orient. Religionsſyſt. ©. 440. Münter, Rel. dv. Kartbager S. 80.), und
fo werben wir die Quelle der mit dem Ifledienft verfnüpften Phallagogieen
ebenfalls nicht in Aegypten felbft, ſondern in den verwandten Erfheinungen
aflarifher Eulte ſuchen müffen. Die Verbindung zwiſchen Phönicien und
Aegypten bat fih aber auch noch fonft im Gedächtniß erhalten, wenn z. B.
Pieudo:Lucian (Dea Syr. $. 7) jährlig von Aegypten nad Byblos einen
von Papyrus gemachten Kopf in fleben Tagen ſchwimmen läßt, der nad
einer andern Nachricht die Botfchaft enthielt, Adonis fet gefunden (Cyrill.
Alex. comm. in Jes. II. p. 275.), wenn man ferner nad Plutarch (Is. c. 30.)
jährlih Int Sanuar das Feſt der Ankunft ber Ifis aus Phönicien feierte.
Eine Hindeutung auf inflüffe auch phrygiſcher Culte aber kann man in der
Erzählung Herodots von ber Probe finden, durch die Pſammetich das äftefte
Volk erkennen wollte, nach deren Ergebniß die Aegypter ſelbſt ven Phrygiern
(wohl ald Collectivname zu faffen) den Preis des Alters zuerfannten (Serob.
Helge ABI,
H, 2. vol. Voß myihol. Briefe V. ©. 60 F.). Mit dieſer Umbildung bes
ãgy ptiſchen Cultus ging die völlige Umſetzung ber Is in eine Monpgöttin
Sand in Hand. Phönicien iſt das Land diefer ſideriſchen Culte. Aflarte ift
Mondgöttin, die, wie Hermes der Ifls, fo fih ſelbſt den Kuhkopf auffeht
(&uf. Pr. Ev. I, 10.). Und was anders Tann biefe Krönung der Ifis dur
Hermes nad Breilaflung des Typhon am Schluß des Mythus bebeuten, als
daß nah vielen Reactionen der Virreliglon gegen den aſtatiſchen Sonnen
und Feuercult jene ſelbſt mit diefem fi verſchmelzt, daß Iſts am Ende
Mondgöttin geworden ſei? Auß iſt es auffallenn, Haß noch Herodot die Io,
mit der Ifid nur vergleiht, nicht identificirt (TI, 41.), daB er die Selene
noch ala eine beſondere äͤgyptiſche Gotiheit aufführt (IL, 47.), ohne Zweifel,
weil die Umbildung der Iſls in die Selene noch nit allgemeisı durchge⸗
brungen war. Erſt die Griechen vollbrachten bie völlige Umbildung des Oſiris⸗
und Ifis⸗Mythus nach den Stadien des Sonnen- und Mondlaufs. In den
aflatiigen Eulten waren Sonne und Mond und andere Geſtirne nur als
particuläre Naturmädhte aufgefaßt; als ſolche kamen fie zunächft na Aegypten.
@ine aftronomijche Anſchauung derfelben in einem geordneten Euflus von
wirklichen Erfdeinungen braten erſt die Oriechen dahin. Harpokrates und
vielleicht ſchon der ältere Horos dienten dieſer Beſtimmung. Aber die Ge⸗
ſchichte des Mythus gibt noch andere Momente, in denen dieſe Gräcifirung
deſſelben fi thatſächlich bezeugt. Un die Stelle des Typhon treten die Ti⸗
tanen, die den Oßris in die Stücke zerreißen, melde Iſis fammelt und
Körpern formt, wobei fie den Phallus einführt u. f. w. (Diod. Sie. IV, 6.
Aber beſonders zeigt ſich ber griechiſche Cinfluß in der Zuſammenſchmelzung
der Ilfls mit der Demeter und zumal jener Demeter, die bereits durch bie
Drphiler mit der Ge und Rhea tdentificirt warb (vgl. Vreller, Demet. u.
Verſeph. S. 41 ff). Da Haben wir ja bei Plutard, wie im Demeter»
Mythus, fogar ſchon im Homeriſchen Hymnus, in. ber INS nun auf bie
irrende, fuchende Göttin, die fi fremd an der Duelle nieberfeht, bie Amme
im königlichen Haufe, die ihr Kind Im euer läutert, die im Zorn verberb-
liche Gönin. Aber auch eine trauernde Mutter jolte Iſis werben. Darum
. wird nun Horos zerrifien (Plut. Is. 20.); oder von den Titanen verfolgt,
im Wafler mieber gefunden (Diod. I, 25.); oder fucht Iſts den fonftwie
‚ verlorenen Harpofrated, und freut ſich des wieder gefundenen (Hyg. fab. 277.
Minut. el. Octav. 21. Lactant. Instit. div. I, 21. Gafflovor. var. V,17.).
‚ Aber hiemit hat Iſis ihre urſprüngliche, particulär ägyptiſche Bedeutung völlig
. verloren, und gegen allgemeinere Beziehungen vertaufcht. Mehr und mehr
. bürgert fie ſich in den helleniſchen Bötterkreis ein, bis fie durch bie Orphiker
— — — —
zur obwaltenden Königin deſſelben erhoben wird. Nur darin bewahrt fie
die Erinnerung an ihre Heimath, daß fie zum Sig ihrer Herrſchaft die heilige
Aegyptos wählte (Euf. Pr. Ev. IH, 11.), nad hermeſiſcher Lehre bie edelfte
Mitte der Erdſcheibe (Stob. Ecl. p. 993. Heer.). Bel Entmidlung ber
einzelnen Functionen, die der Göttin nun zugewiefen werben, flieht man ſich
durchaus auf Quellen vertiefen, vie nicht über Alexanders Beit hinanfreichen.
In allen Bezirken der Götter Hat fie ſich beinahe feſtgeſetzt; denn bie Sucht
ber Böttermengerei, . fi beſonders an Aegypten anſchließend, war ja Übers
haupt das Motiv, das fle einführte. Vorerſt erfheint uns Iſis ala Mon d⸗
göttin. Das Rind, ehedem ihr finnreihes Symbol ald Nilland, hat ihr
sun ſelbſt feinen Kopfſchmuck abgetreten, ber nun zum faden Abzeichen ber
Hörner des Mondes wird (Diod. I, 11. Put. Is. c. 52. Aelian. Anim.
. X, 27.), und die trauernde Iſiq iſt der Mond, wie er in Schatten ſich hüllt
‚ und fehnfüchtig der Sonne nachgeht (Blut. c. 52.). Und zwar erklärt fie
: Hug für ben zwar vollen, aber dann ſchwinden den Mond — über d.
Ev. ‘
Myih. &. 68.), Jablonoki dagegen für den Mond allgemein betrachtet, ohne
Nuckficht auf die Monpphafen (Fanth. I. p. 78f. 117.). Daß bie gebörnte
(auch Ceres hat Hörner auf ficiliſchen Münzen, d Orv. Num. Sic. I. n. 7.
p. 281.) Monpgöttin Ifis nun mit der Io tbentifleirt wurde, verſteht ſich
leiht. Diefe Vermiſchung iſt nicht mehr fagenhaft; fie beruht auf dem falfchen
Schluß vom Verhältniß der Aehnlichkeit auf dad ber Identität, war aber fo
conflant, daß beide nicht felten ſelbſt ganz eigenthümliche Bezüge an einander
yeräußern. So wird nun Argos der Ifis Baterland (Died. I, 24.), bie in
eine Kuh verwandelte Ifis in Euböa aufgeführt (Etym. Magn. v. Eüßow),
wofür Io nun als Iſis den Nil zu verwalten unb die Schlange als Kopfs
ſchmuck bekommt (2ucian. Diall. Deorr. 3. Bip. Vol. II. p. 6. Bal. Flace.
Arg. IV, 416.). Dal. Ovid Trist. II, 397., beſonders Melam. I, 583 ff.
IX, 691. Baler. Flacc. Arg. I, 4. Bropert. II, 33, 7. 28, 17. Glem.
Alex. Str. 1, $. 106. Apollod. II, c. 1. Hyg. fab. 145. Lactant. Inst.
I, c. 11. Serv. in Georg. 111, 152. u. A. m. Zu bemerken if jedoch, daß
die ägyptiſchen Prieſter ſelbſt ſich dieſe Ipentification verbaten (Aelian. An.
xI, 10.). Aber nicht minder ſchließt ſie ſich In dieſer Bedeutung an die
Demeter an, fofern auch diefe Mondgöttin warb (Virg. Georg. 1,7. Serv.
in h. 1. Macrob. Sat. c. 18.). ˖ Als Mondgöttin tritt aber nun Iſis in
die ganze umfaſſende Bedeutung ein, ‚bie die alte Welt dieſem Geflirn ein-
räumte. Der Mond iſt das zeugende und nährende Princip der Welt; das
Leben der Natur nimmt mit ihm zu und ab (Plin. H. N. II, 99. Prod.
in Hesiod. opp. et dies p. 102.), fein Licht fördert durch feine Feuchtigkeit
die Erzeugung und das Wahsthum der Pflanzen und Tihiere (Plut. Is. c. 41.
Apulej. Metam. XI, p. 239.), ja aud der Menſchen (Jul. Firmic. Matthes.
V. praef.). Als Princip der nährenden Feuchtigkeit bezeichnet bie Iſis ſchon
ihre Geburt von der Rhea (Pein); daher wird nun ver Nil, urfprängli
das Gebiet des Ofiris, der Ifis angewiefen (Lucien. am a. D.); fie if
der Dämon, ber dur das Siſtrum die Zu⸗ und Abnahme des Fluſſes,
durch die Situla die Anſchwellung ber Kanäle leitet (Gero. Aen. VIIE, 696.).
Ihre Thränen ſchwellen den Strom und befruchten das Land (Pauf. Phoc.
c. 32.). Diefes Alles wirft fie als Mondgoͤttin; denn mit dem Neumond
im Solftitium beginnt dad Steigen des Nils (Plin. XVII, 18. V,9. Solin.
c. 35.), und nah den Mondphafen richten fi die Stabien feines Wachſthums
(Blut. Is. 43.). Als Monpgöttin heißt fie die Alte, wie Diobor (I, 11.)
ihren Namen erklärt, weil der Mond fi in feiner alten Erſcheinung immer
wieder erneuert. Diefelde Namenterklärung bei Joh. Lydus (de menss.
p. 78.), bei @ufebius (Pr. Ev. I, 9.). — Uber theils als Mepräfentantin
der vegetativen Naturkraft, tbeils als naͤchtliches Gebild gejellte fie ſich mit
ben andern Monbgöttinnen, Demeter, Perſephone und Hekate nun auch dem
Reiche der chthoniſchen Goͤtter zu (Artemidor. Oneirocr. II, 35. 44.). In
dieſer Cigenſchaft wird fie beſonders mit Demeter, na ber Erklärung dieſes
Namens dur) In-uneno ibentiſicirt (Diod. I, 12. Etymol. v. Zac u. ft.)
und iſt Die Spenderin der Nahrung, bie, wie Demeter (Preller, Des
meter ©. 316.), Walzen und Gerfle erfindet (Diod. I, 14. 27. V, 69.),
ein Verdienſt, das ihr nah Prellers Bemerkung, daß Aegypten vor Ptiole⸗
mäus Philadelphus nur untergeorbnete Getreidearten Tannte, und aus ber
Gerſte nit einmal Brod, fondern nur Bier zu bereiten wußte (Hecat. fr.
230. u. 305. vgl. Herod. II, 36. 77.), ebenfalls erft fpäter zugewachſen
wäre, wenn glei Triptolemos fein Korn aus Aegypten geholt haben fol
(Vhilochoros p. 25. Sieb.). Beſonders zeigt fie des Leins Nuyung und Gast
(Mart. Gay. nupt. 2.), in befien Stoff fie und ihre Priefter fi leiden
(Ovid Amor. II, 2. 25. Art. am. I, 77. Pont. I, 1. 32. Met. I, 747.
Martial. ZI, 29. u. ft. linigera juvenca, linigeri calvi). Auf dieſe
Bedeutung als vegetative, ſich ſtets verjüngende (Phurnut. 89.) Kraft des
Boben& weisen auch die chthonifgen Schlangen (vgl. Herod. 1,78. Artemib.
II, 13. Breller, Demeter S. 811. Voß myth. Briefe II. 143.), vie ihr,
mie ber Demeter, beigegeben werben (vgl. Greuger Symb. I. ©. 311. u. äft.
Ovid Met. IX, 691., ale Kopfſchmuck Aelian. Anim. X, 31. Ayvulej. Met.
xI, p. 240. DBaler. &lacc. Arg. I, 4., ein Iſis⸗ und Serapishlln in eine
Shlange enbigend auf einer Münze Julians, Guper. Harp. p. 37. coll. 59.
61., auf einer Münze Trajans zwei Schlangen mit Bart und Krone, . auf
einem Wagen einen Korb voll Aehren ziehend (Zo&ga Num. Aeg. Imp.
t. V.). Diefelbe Bebeutung ſprechen Iſisbilder mit dem Füllhorn aus (3. ®
auf einer Münze der Julia Mammäa, Guper. p. 37.), die den Horos ſäu⸗
gende Ifle, (Descript. de P’Eg. Vol.I. pl. 22. p. 2.3. 4. 3., über die fäu-
gende Demeter vgl. Preller Demet. S. 380.), over dieſe im NRiederfommen
begriffen, das Hervorſproſſen der Pflanzen bedeutend (ibid. Antiggq. I. ch.
VII. p. 11. mit pl. 96. fig. 1. 93. fig. 3. —— I. S. 310 f.). —
Als eÖtkonifie Böttin iſt fie aber nun auf, wie Demeter (Orph. H. 39.
Stat. Theb. IV, 460. V, 156. anf. III, p. 186. Preller, Demeter ©.
199 FE.) Goͤttin der Unterwelt. Diefe Bebeutung war vielleicht fon eine
altäguptifche, die um fo leichter bei den Griechen aufgenommen wurde. Iſis
mb Oſtris beherrſchen das Leben au nah dem Tode. Als Königin und
Richterin der Todten erfheint fle in den Wanpgemälden des Iflötempels zu
Theben und auf den Papirusrollen (Descr. de PEg. Vol. II. Antigg. p.
165 f. mit pl. 35. und Jomard ibid. p. 363 f. Greuzer I. ©. 426 ff.
cf. Serod. II, 123. Died. I, 96.). Unter deu Schatten thronend, befucht
fie der König Rhampfinit und würfelt glüdlih mit Ihr, und das Feſt, daß
zum Andenken an dieſe Degebenheit gefeiert mwurbe, da zwei Wölfe Einen
mit verbundenen Augen ind Heiligthum ber Demeter und wieber heraus⸗
führen, iſt eine Art Todtenfeier (Herod. II, 122.). Denn ale Wolf kommt
auch der geflorbene Dflris der Iſis gegen Typhon zu Hülfe (Diod. I, 88.;
der Wolf allein in der Dunkelheit ſehend, daher die Zeit der Naht Wolfs⸗
lit, Avxopacs, Aelian. H. A. X, 26., Avın das dämmernde Monplicht,
Macrob. Set. I, 17.). IE Hat die Schlüffel des Schattenreichs in Händen
(Apulel. Met. XI, p. 253.), fle iſt die mxosie Exarn, die einen Tempel in
Memphis Hatte, mo fie ſelbſt begraben if, und wo bie Aegypter ſich be
graben lafſen (Diod. I, 22. 96.), bie Venus tenebricosa in Aegypten bei
Seſych. (5. onoria), identiſch mit der ebenfalld gehörnten (Porphyr. ap. Eus.
Pr. Er. 111,11.) Mondgöttin Perſephone (Tzetz. ad Lycophr. p. 116. Euf.
Pr. Er. IN, 11.) oder Berfepyhafla (Blut. Isid. ec. 27.), ver triformis unb
stygia Proserpina, regina manium (Apulej. Met. XI, p. 239. 241.). Des-
Halb wohl Hat fie Hunde im Geleite (Aelian. Anim. X, 45. V, 45. Diob.
I, 87.). Denn Anubis, ie superüm commeator et inferum (Apule. am
a. O. p. 246.), von dem dieſes Gefolge ſich Herfchreibt, iſt in feiner fine»
riſchen Deutung als Horizont der Grenzwächter der oberen und unteren He⸗
mifphäre (Blut. Isid. c. 44. Glemens Alex. Strom. V, 567. Paris.); ber
Kynokephalos figt auf der Waage des Todtengerichts (Deser. de I’Eg. An-
tiqq. Vol. H. pl. 35. Greuger I. ©. 426. Bel. den Art. Anubis, ®b. I.
©. 3587.); Humbde werben zur Gühne den unteren Göttern geopfert (Guper.
Harp. p. 67.); Hunde find Begleiter der Hekate und der Furien (Seinborf
zu For Sat. I, 8, 35.), und bei dem Hund, dem Gott der Aegyptier,
ſchwur Gofrates (Plat. Gorg. p. 316.). Die gleiche Beziehung bat es
vielleicht, menn ber Iſis der Hundsſtern oder Sothis (von den Aegyptern als
Kuh gezelchnet) geweiht iſt (reitend auf dem Hund, Dio Cafſ. LXXIX, 10.
Müller Archäsl. d. Kunft $. 408. ©. 629. 2ie A.), wie fie denn bei Diobor
ſelbſt fast: IH bin's, die im Geſtirn des Hundes aufgeht (1,27. cf. Damase.
280 o - eis
ap. Phof. Bibl. God. GCXLH, p. 1043. Sorap. I, 3. Blut. Isid. c. 21.
22. 61.). Denn nicht nur, weil der Sirius vdoayayog iſt (Blut. Isid.
c. 38.), hat er Beziehung zur Iſis; fonbern der Hundoſtern iſt auch ein
ververblihes Geſtirn (Echol. ad Horat. Sat. I, 7, 25. Som. I. XXH, 30.
xanov Ö8 Te onua Terunzen. Virg. Aen. X, 273. Plin. H. N. II, 47.
Broyert. I, 28, 4.), und fein Aufgang Hat bivinatorifhe Bedeutung (Gic.
Divin. I, c. 57.); röthlihe Hunde werden Ihm zur Sühne geopfert (Beftus
v. Catularia und Rutilae), Gründe genug, ihn in bie linterwelt zu vermeiien.
Als Böttin Der Unterwelt verwaltet die Ifid nun Träume, Geſichte u. dgl.
(Pauf. Phoc. c. 32. Orid Met. IX, 685. Heliodor. Aethiop. I, 18. 29.
Apulej. Met. XI, p. 254. w. öft.), ihre SPBriefler find Iraumbeuter,. conjec-
tores (Gic. Divin. I, 58.), und ein Vorzeichen war e8, als einft ihr auf
dem Hund reitendes Bild den Kopf umprehte (Die Cafſ. LXXIX, c. 10.).
In diefer Bunction iſt fie eine theils heilbringende, theild verderblide Er⸗
fheinung. Als Isis salutaris, wie fle auf vielen Infchriften heißt (Gruter
p. 83. Yabretti p. 470. Neinef. Cl. I. n. 132.; ebenfo Demeter owragpe
auf einer Münze von Apamea, Greuzer IV. S. 310., Broferpina auf Münzen
von Cycicus, Liebe Gotha nummaria p. 179 f. Greuzer am a. D., ale
xoon owrso« Pauſan. III, 13., auch servatrix, ®ruter. Thes. XCVII, 6.,
Athene owreapa, Diog. Laert. v. Aristot. 16.), werben ihr und ihren ovr-
vooıs, Serapis, Anubis und Harpofrated Gelübbe für Kranke geihan (Guper.
Harp. p. 157.). Sie tfl Erfinderin der Arzneien und gibt den Kranfen Heil⸗
mittel in Träumen an, wie Athene Hygiea (Bauf. I, 86. 122.) im Traum
das Mittel angibt, ven Mneflfled zu heilen (Blut. v. Pericl. c. 13.), und
bereitet Mittel der Unfterblichkeit für ihren Sohn Horos (Diod. I, 25.) und
für das bybliſche Königokind (Plut. Is c. 16 ), wie Diefes gleihfalls bie
Demeter thut (vgl. den Homer. Hymn. und Voß dazu ©. 72 f.; ferner Ar-
temid. Oneiroer. II, 39. Preller, Demet. S. 111.). Daher finden in ihren
Tempeln Incubattonen flatt, befonderd von Blinden, deren Uebel vorzugd-
meife in ihrer Sand fteht (Died. I, 25.), und ihre Wunder werben durch
Gemälde in den Tempeln verberrliät (Tibull. I, 3, 27.). Diele Wirkſam⸗
Zeit deutet ebenfalls die der Ifis in verfchiedenen Geſtalten, in Gefäßen und
bergl beigegebene Schlange an (Bremer I. S 312. 527. Apulej. Met.
p. 241. 246. Vgl. die Schlangen der Minerva medica, des Aedculap u. A.).
Hieher iſt fofort zu ziehen ihre Thätigkeit als Geburtshelferin,
worin fie wieder mit Demeter (Heſych. v. anıAvorusrn), PerſephöoneHekate,
qreoyorsın ( Heſych. s. v.), befonders mit Artemis — Bubaflis als Lurina
(Catuſl. XXXV, 13. u. fonft) zufammenfält (Horaz Od. Ill, 22. diva tri-
formis; Nifard. Epigr. in Anthol. Gr. I, 72, 3.), ſämmtlich ale Böttinnen
des Mondes betrachtet (Artemis ald Mond, Gic. Nat. Deor. III, 20.), im
veren Reiben als der IS verwandt nun auch Juno Lucina (Terent. Ad.
II, 5. 41. Ovid Fast. II, 449. Blut. Qu. Rom. p. 282. u. fonft) ein⸗
tritt. Denn der Mond ald zunehmend und voll befördert die Geburt (Blut.
l. c und Sympos. II. p. 658. fin. Porphyr. ap. Eus. Pr. Er. Ill, c. 11.
Proklus in Hesiod. opp. et dies p. 162. Plin. H. N. II, 101.). Ja
ſpäter ſcheint fogar Ifis vie Bubaflid-Eilerhyta ganz verbrängt zu haben,
indem ber Cultus der Teßteren verſchwindet (Iuvenal. Sat. XV,8.), währen»
Bubaflus eine Stadt der Sfls heißt (Diod. I, 27. Hymn. in Isid. v 3.
ed. Saupp. p. 16.). Und fo ruft nun Ovid bie If für die gebärente Co⸗
tinna an (Amor. II, 13.), im Hymnus bezeichnet fie die Geburiehülfe ſelbſt
als ihr Geſchaͤft (am a. D. v. 39.), und der Biel des Apulejus nennt fie
die geburtshelfende Schweſter des Phöbus (Apulej. Met. p. 239.). — Aber
als Isis infera theilt fie num aud die verderbliche Seite der untern Goner,
iR fie Isis irata (Mug. Civ. D. VIII, c. 26.). Wie Demeter, in ihrem
.
.w—:
— — u wa 8 — — —
— — m m. u. v0.
} 279 25
Schmerz verderblich, die ſchwarze (Anu. usa, Pauf. VIII, 42, 3.), Pro⸗
ferpina farva heißt (Horaz Od. II, 13, 21.), fo heißt auch Iſis als trauernde
farva (Arnob. adv. gent. I, c. 36.), ueAarnpogog (Orph. H. 42, 9.), und
ihr fürchterlicher Blick iödtet den Maneros, ihre Klage feinen Bruder (Plut.
Is. c. 16. 17.). Iſis und ihre ovußmuo, Serapid, Anubis, Harpokrates,
ihre Bildfäulen und Myflerien, das Reden von ihnen beveuten Gefahren
(Artemiv. Oneirocr. II, c. 44.). Borzügli iſt es Blindheit, was fie be-
wirft (Suven. Sat. XII, 92. mit dem Siftrum; Ovid Pont. I, 51. Lucil.
Epigr. in Anthol. II, 22. n. 4.), Schwellen des Körpers (Perfius Sat. V,
186.) und andere leibliche Leiden (aspera egestionibus, Mart. Gap. II, p. 41.;
als Brimo bezeichnet fle hier die triformis discoolorque vertigo, cf. Apule.
Met. XI, p. 239., vgl. auch Ceres furens und Brimo, Arnob. adv. gent.
V,c. 34.). Auch dieſe Function hängt mit der Beziehung der Böttin auf
ven Mond zufammen, dem unter beflimmten Confunetionen ein verſchieden⸗
artig verberblicher Einfluß beigelegt wird (Macrob. Sat. I, 17. Sul. Sir
micus Mathes, IV, ec. 7. p. 93. Nonnus Dionys. XLIV, p. 758.). Nähe
beſtimmt fich dieſe verderbliche Thärigkeit als Function der Nahe. Ifis ik
bie ägyptiſche Nemeſis, wie Demeter Erinnys (Baufan. Il, 424. Preller,
Dem. ©. 149 f. 157.), und darin gleihen fi jene beiden gegenfäplichen
Thätigkeiten and. Sie verberbt nur die Verderblichen, ihre Liebel find Thaten
der Mache oder der Abwehr. So fhleudert ihr Bild in Rhodos Feuer auf
die Schiffe des Mithridates (Appian. Mithrid. XII, c. 27.), und firaft fe
ben Meineid (Iuvenal. Sat. XIII, 92.). Sie fällt Hier mit der Tithrambo
zuſammen, und ihr auszeichnendes Attribut iſt auch bier die Schlange, be
ſonders die Schlange Thermuthis, die fie als Kopfſchmuck trägt, und gegen
die Uebelthäter ſchickt (Aelian. Anim. X, 31. cf. Ovid Amor. II, 13, 13.
Met. IX, 693.). — Wie Ifſis in diefen Functionen meift in bie Stelle von
griechiſchen Gotiheiten, Demeter, Proferpina, Artemis, Athene, Bere, He⸗
Fate (die Häufig den Iſiskranz trägt, Voß myth. Briefe III. S. 203.), ein»
tritt, fo erfcheint fie nun ganz unägyptiih ala Meerherrſcherin. Zwar
wid Nork (etymol.fymb.myrh. Nealmörterb. unt. Ifis S. 312.) dieſe Bes
beutung an die Ifls ald Symbol des Urwaſſers anknuͤpfen; aber biefes if
felbR erſt eine unäcdte Bedeutung der Iſis. Scheinbarer iſt die Anknüpfung
an dad von Herodot (II, c. 60.) erzählte Bubaſtisfeſt, da Männer und
Weiber, jene Hötend, dieſe Elappernd und fingend zu Schiff nah Bubafliß
fahren, bei jeder Stadt landen, und üppige Scenen Preis geben, wovon
nun Nork das navigium Isidis ableiten mil. Allein wenn wirklich jene Zeier
uriprũnglich it, wofür der Gebrauch des Welnd dabei, der mit dem Uebrigen
zufammengenommen, auf eine Art dionyflicher Zeler zu weiſen fcheint, nicht
eben ſpricht, wie denn die Vermuthung, es fei dieied dad Feſt der Eußmar
Oaipıdog eis my oeAnım (Plut. Is. c. 43.), das ohne Zireifel fremder Natur
war (f. unten über die Hefte), nicht übel iſt (über den Gebrauch des Weins
in Aegypten vgl. Herodot II, 77. 11,6. u. Voß myth. Briefe V. S. 89. 91.,
über die Bubafliöfeier am a. D. ©. 31., wo er bei dem Hohnnecken der
Weiber ſHerod. Il, 60 ] an die Baubo der Demeter erinnert, val. S. 29.
Lobeck Aglaoph. p. 819. Preller, Demet. ©. 134 ff.): fo bat fle mit ber
Schiffahrt im eigentlihen Sinn jedenfalls Nies zu ſchaffen. Daß bie
Schiffahrt den Aegyptern naturgemäß fremd blieb, bewies Bohlen (vd. alt.
Ind. I. ©. 126 f. Bgl. Juvenal. Sat. XV, 127.). Bielmehr war das Meer
dem Aegypter ein feindſeliges Element, das Gebiet des Typhon (Blut. Is.
e. 33.). Nun aber, als Alesandrien erbaut warb und der Welthandel ägyp⸗
tiſjch wurde, wird au das Meer der Iſtsa unterworfen (Rucian. Dial. Deor. 9.
Marin. 7. Apulej. Met. p. 250. Hymm* in Isid. v. 22. 34. 55. ed. Saupp.).
Mo if nun Eifiaderin des Segels Oygin fab. 277. Gaiflov. Var. V, 17.),
wirb befonderd an Handelsplätzen nerehrt (Vitruv. I,7.), und Die vom Schiff⸗
‚ bruch Gererteten ſtiften ihr Votivtafeln (Iuvenal. Sat. XIE, 27. 28.). Sie
heißt daher Pelagia (Hygin. u. Gafflod. II. cc. Bauf. II, c. 4. p. 93.,
anf Infehriften Euper. Harp. p. 8.), auch Pharia (Martial. X, 48, 1. Euſ.
Pr. Ev. V,7. Minut. Felix Octav. c. 21., überhaupt nun ein ſtehendes
@pitheton, pharia turba Tibull. I, 3, 82., pharii dolores Stat. Sylv. III,
3, 144. Ovid Met. IX, 771.); auf alerandrinifgen und roͤmiſchen Münzen
erfheint fie ein Segel außbreitend, mit fliegendem Mantel, den Pharos um:
wandelnd, ein Siftrum in ver Hand (Zoöga Num. Aeg. Imp. tab. VII. n. 16.
cf. p. 135. Creuzer I. ©. 320. vgl. auch die Ceres Pharia, Tertufl. Apol.
c. 16.); auch ift jte wohl vie Navisalvia (Inscr. Murat. p. 98. Mus. Veron.
p. 90. 252., auf einer Münze Julians eine in einem Nachen ftehende Iſis
mit der Umſchrift VOTA PUBLICA, cf. Dudendorp not, zu Apulej. Met.
p. 786.). Am fünften März aber wurde ihr ein Feſt, „Navigium Isi-
dis“, gefeiert, verbunden mit einem Schiffopfer für günflige Seefahrt im
neuen Jahr (Lactant. instit. I, c. 11. Apulej. Met. p. 242. ed. Oudend.
p. 764. not., vgl. unt.). Vgl. aud die Banathenien. Als Schiffsgöttin if
ihr die Band heilig (Dvib Fast. I, 450. Artemid. Oneirocr. IV,85. Por:
vhyr. de abstin. IN, p- 285.), melde daher am Hintertheil ver Schiffe an-
ebracht wurde (Apulej. Met. XI, 250. ed. Oudend. p. 787. not.). —
temit zufammen bängt das Regiment der Iſis über die Winde (Lucian.
U. cc. Apulej. Met. XI, p. 258. u. Öft.), was auch der ver Iſis gehei⸗
ligte Hundsſtern bedeuten fol (Plut. c. 61.), fo wie der ihr beigegebene
Geyer, mit defien Bebern fie ſich ſchmückt, und der auch Mondſymbol if
(Aelian. Anim. X, c. 22. @uf. Pr. Ev. III, 12.). Hier trifft Its wieder mit
Here zufammen, der au ber Geyer angehört (Melian. 1. c. cf. Diod. I,
25.); aber au Helate hat Gewalt über Meer und Sturm, weshalb bie
Argonauten fih in die famothrafifchen Myfterien weihen ließen (Apollon.
1, 917. Voß myth. Briefe III. S. 197.). Ueber den Einfluß des Mondes
auf die Winde vgl. Plin. XVIII, 35. Virg. Georg. I, 430 f. — So bat Ifis
bie elementarifden Bedingungen des Weltlebens faſt in ihrem ganzen Umfang
in ihren Bereich gezogen. Indem fie die Wurzeln deſſelben beherrſcht, Tann
die Blüthe ihr nicht fremd bleiben. Indem fle vie Gewalt der Blemente
bändigt, macht fie die Entfaltung eines georbneten Lebens möglid. So er-
langt fie denn au ein Gebiet fittliher Thätigkeit — fie iſt Geſetzgeberin,
und Demeter auch bier ihre Genoffin. (Leber Demeter ala Ihesmophoros
vgl. Preller, Demet. K. II.) Als Spenderin orbentliher Nahrung, meint
Hug (Unterf. ©. 68.), wodurch ſie dem gegenfeitigen Sichverzehren der Men⸗
fen (Hymn. in Is. v. 45. Saupp.) und ihrem @ichelfrefien (Apulej. Met.
Al, p. 239.) ein Ende machte, wird fie lirheberin der Geſittung, Willkũhr
und Cigenmacht beſchränkend (Diod. I, 14.). Auf die Benennung Heauo-
popog ließe ſich beziehen Herodots Ableitung der Thesmophorien aus Aegypten
(II. c. 171.); vielleicht verbanft fie erſt dieſem Mißgriff jenes Eyicheton
(Divd. I, 25. Sextus Empir. adv. Rhet. p. 296., Hzouoddrz uepörer,
Hymn. in Is. v. 20.). Umgekehrt könnte einen fpäteren Einfluß ver Ifis
auf die Eleuſinien die von Diodor felbft geringfhägig behandelte Notiz an»
deuten, daß die Eumolpiven bei der Iſis geſchworen haben (I, 29. nad Voß
myth. Briefe IH. 185 ff.), fo wie fonft gegenfeitige Berührung ber nad
Alerandrien verpflanzte Demetereult (Strabo XVII, p. 800. Liv. XLV, c. 12.;
ein Quartier der Stabt hieß Eleufld, Preller, Demet. ©. 42.). Im biefer
fittligen Thätigkeit ift ihr befonvers die Bamilie Heilig. Sie führt den Mann
zum Weibe, bringt das gereifte Kind and Lit, gewöhnt es von zarter
Kindheit an, bie Aeltern zu ehren, und ihre Rache verfolgt die unehrerbietigen
bis zum Hades (Hymn. in Is. v. 235 44. nah G. Hermann, Zeitſchr. f. A. W.
Heid‘ 237
1843. Nr. 48.8. 381. Welder MN. Rh. Muf. III. ©. 197.). Hieran flieht
es ſich auch, daß fie Richterin in Liebesfachen iſt (Eubor. bei Blut. Is. c. 52. 64.).
Aber einmal auf diefem glatten Bebiet der verfeinerten Lebendintereffen einges
fäprt, Tann fie fi and der zmeideutigen Seftaltung derfelben nicht entziehen.
Erbarmt fie fi hülfreich der als Mädchen mit einer Sungfrau verlobten Iphis
fo, vaß fie fie in einen Jüngling verwandelt (Ovid Met. IX, 771 ff.), fo
iR fie nicht minder Beratherin in Liebedintriguen (Ovid Amor. I, 8, 74.),
die in ihren Tempeln Gelegenheit macht (Ovid Art. am. I, 77.), und ihre
Heiligthümer find berüdtigte Häufer der Unzucht (Iuvenal. Sat. VI, 489.
KR, 22. Broyert. II, 19, 10. Joſeph. Antiq. XVII, 4.). — Uber auf
das höhere Gebiet menfhlicher Bildungsfphären wird ihr untergeben. Sie
auch das allgemeine Lehen, Staat und Religion. Sie bänpigt
bie Schrecken des Kriegs, iſt Stifterin und Beihügerin der Rechtspflege, und
weht über ver Majeflät ver Könige (Hymn. in Is. v. 68 ff. Diod. I, 14.
27. Bgl. auch Infhriften, wo fle als Victrix, Invicta, Triumphalis,
Bellona (Drelli Inser. sel. n. 714. 1878. 1882. Apulej. Met. XI, p. 241.)
erideint). Tochter des Hermes oder Prometheus (Blut. Is. c. 3. 37. Clem.
Aler. Str. 1,106.), iſt fie ferner die Stifterin der öffentlihen und geheimen
Religion. Beſonders werden von ihr die Myſterien eingeführt (Plut. Is.
0.27. Diob. 1,20. 22.), und Hermes ift babei ihr Lehrer (Diod. 1,27. Hymn.
in Is. v. 12. nah Sauppe, vgl. Hermann dazu a. a. O. ©. 378., ber die Stelle
auf Erfinbung der demot. und hierat. Schrift bezieht, und dagegen Welder am
O. S. 136), und wie der Demeter (Preller, Demet. ©. 351.) werben nun
auch der Iſis myſtiſche Bücher zugeſchrieben. Schon Plato führt za zomuare
zus "Icdos, heilige Gefänge, an (Legg. II, p. 657.), Zucian zas Bißlovug
zaq xat Imdoc (Somn. sive Gall. c. 18.), und eined derſelben wird
ange unter bem Titel Koon xoouov (Babric. Bibl. Gr. I. p. 99.). —
Diefe fittliche Stellung hat ihre Spige darin, daß INS zur Fortuna wirb,
eine Gombination, die ſich durch viele gleiche Attribute empfahl. Aber nicht
eine blinde, fondern eine fehende Fortuna, die allmählig und weiſe dad ver-
wickelte Reh der Geſchicke entwirrt und die verderblichen Einfläffe der Geſtirne
abwehrt (Apulej. Met. XI, p. 249. 257.). Ifis ald Tuyr (Bruter. Insor. 5.
p. LXXIIL cf. luna als zuyn, Macrob. Sat. I,c. 18.), Iſio mit den Attri⸗
buten ber Fortuna, Windelmann Werke, Dresd. 1820. II. 107. — Nicht
befremmden Tann es, daß die Iſis bei dieſer umfaflenden Bedeutung ihres We⸗
ſens nun aud ganz beſonders Gegenſtand der metaphyſiſchen und theofophis
ſchen Bhantafien der Zeit wurde. Sie iſt die zöore yj_ und bie ovpari«
yü, Erde und Mond (Euf. Pr. Ev. III, p. 115., auch fonft erhält der Mond
dieſe Doppelbezeichnung, vgl. Lobeck Aglaoph. p. 499 f., ebenfo Hekate,
Ob. H. 1.), mit Serapid verbunden coelum et terra (Barro L. L. IV,
p. 17.), und darauf bezieht ſich ihre neupythagoräiſche Bezeichnung als Dyas
(Rikomach. ap. Phot. p. 1351. Greuzer IV. ©. 540.) So iſt fie bie
fusfolare Welt, natura rerum Soli subjacens (Macrob. Sat. I, 20.),
bee Sonne gegenüber dad „ewig Weibliche‘ (vgl. die Iſis — Helma
aus Sulians Zeit, Eckhel VIII. p. 136.), die Materie, die Amme im Tis
mäus (Blut. Is. c. 34.53), die Ge des Hefiod, wie Dfiris der Eros (Plut.
Is. c. 57.), die guns naraioAos narımv unene (Bruter. Thes. XXVI,7.),
bie gung, SE e masmeg ägvoor nal di 76 marreg eichr (Arhenag. Legat.
e. 22.), das Urwafler, aus dem die Welt geboren, weshalb fie Tr7Ovs und
QNaecvn genannt wird (Blut. Is. c. 34. Diod. I, 12.), die ägypt. Athene,
Neith, die dem gebundenen Zeus die Glieder Ist, d. 5. ben götiliden
Mus zum Schaffen bewegt, und von der Fülle der Geſtalten, bie fie durch
Berbindung wit bem Logos erzeugt, Heißt fie nun uugiervuos (Blut. Is.
e. 53. vgi. Koon zoAvarıuog u. A.; Preller, Demet. ©. 192.). Ifie
288 Keie
aber heiße fie von teodanı, fi bewegen, und ton, wiſſen, weil fie mit
Wiſſen HG dem wahren Sein zu bewege (Plut. Is. c. 2. 60.); die Materie
nimmt dad dem Tode Derfallene auf und läßt das Gniflehenve hervorgehen,
d. 5. Iſio fammelt die Glieder des Oſiris und überfleibet fie u. A. m. Daber
heißt fie ferner Movd, Mutter (Plut. Is. c. 56.), mie der Mond Weltmutter
beißt (am a. O. c.43.). Hiermit wird fie ſich mit der Rhea und der großen
Böttermutter combiniren: fie if die, die Die oberen und unteren Bötter vers
ehren (Upulej. Met. XI, p. 258.), wie fie denn auf nun neben die famo-
thrafifhen Kabiren tritt (Barro L. L. IV, p. 17. vgl. Barro ap. Aug.
Civ. Dei VII, 18.), und mit ber ſyriſchen Göttin fi verbindet, als ver
feuchten Allmutter des Lebens (Plut. vit. Crass. c. 17. vgl. mit Is. c. 34.).
Darum au wird der Planet Benus, in Syrien Deorum mater genannt
(Btolem. Tetrab. und fein Paraphraft Proclus IE, p. 97. Jablonoli Panth.
I. p. 8.), bald ver Ifis, bald der Mutter ver Götter zugefchrieben (Bin.
H. N. II, 8.), welche Orph. Hymn. 26. ebenfalls beſchreibt als die Hebre
Mutter der Unfterbliden, Allnährerin, Königin des Himmels, Vielnamige,
Ehrwürbige, wie Iſis rerum naturae parens, Isis magna, omniparens, mater
siderum u. f. w. heißt (Apulej. Met. XI, p. 241. 243. 246. 254. u. öft.).
Daher ift Is nun mannweiblich, wie der Mond empfangend und be
frudtend wirft (Plut. c. 43. Hymn. in Is. v. 24. Saupp. Damasc. in
Wolff Anecd. gr. III. p. 454. np0s irdakır tig narımy yarımııxıg ovoias,
of. Spartian. Carac. c. 7.), der Aphrodite der Orphiker glei$ und andern
(vgl. Voß myth. Briefe LXXIV.). Mutter der Geftirne, wird fie nun ſelbſt
Gebärerin der Sonne, wenn die befannte, von Plutarch (Is. c. 9.) der Iſis
zugewieſene Infchrift in Sais nad Proclus lautet: „Das Seiende und das
Werbende und dad Geweſene bin Ih. Dein Gewand hat Niemand enthüllt;
die Brut, die ich geboren, war die Sonne‘ (in Timae. I,p. 30. cf. Hymn.
in Isid. v. 31.; über die erfle Spur des Dictums f. Jablonski Panth. 1.
p. 66. Diog. Laert. I, 6. 116.), und wirklich bat fie ja fchon im Dunkel
des Mutterleibs mir Ofiris den Horos Aruerid erzeugt (Plut. Is. oc. 12.),
und des Apuleius Eſel begrüßt fie als Die, die das Licht der Sonne ent»
zänbet (Met. XI, p. 258.). Damit aber ift fie zur abfoluten Urſaͤchlichkeit
des Alls geworben. Sie ift.nun die Agyptiiche Aphrodite, Athor, die all
probucirende Ur nacht. Sie heißt felbft "A9voi (Put. c. 56.), d. h. zagr
yeroewc nal desauern, iſt die ſyriſche Atergatid ald zonos Yeor (Simplic.
in Aristot. ausc. phys. IV, p 150.), die Gottheit, die das AU durchdringt
(Samblig. Myst. Aeg. VII, 5.), die una, quae est omnia (Orellt Inscr.
sel. T. I. n. 1871.). Und jo, Simmel und Erbe und die ganze Bötter-
welt umfaflend,, ein vollfommener Bantheus, mag fie dann den goldnen Eſel
des Apuleius mit gutem Nechte orafeln: Ich bin die Allmutter Natur, Herr⸗
ferin aller Elemente, Srfigeburt ber Jahrhunderte, Höchſte der Bottbeiten,
Königin der Namen, Bürftin der Himmliſchen, Gingeflaltige Erfcheinung
aller Götter und Böttinnen, deren Wink über die Jeuchtenden Höhen des
Himmels, die heilfamen Lüfte des Meers, der Unterwelt klägliches Schweigen
gebietet; deren einiges Weſen unter vielen Geſtalten, verfchiedenen Bräuchen,
wechfelnden Manen ver Erpfreis verehrt, als Peflinuntiihe Göttermutter,
Kekropifhe Minerva, Paphiſche Venus, Diktynniſche Diana, fiygiige Bros
ferpina,, Alte Göttin Gered, als Juno, Bellona, Hefate, Nhamnufla, aber
mein wahrer Name if Königin Iſis (Met. XI, p. 241.) So wurde
Iſis in dieſer myſtiſchen Tiefe ihres Weſens zu dem grunplofen Abſtractum
umgebilbet, in weldem bie nabrungsbebürftige, an der Realität der alten
Götter verzweifelnde Phantafie in der Epoche des Weltreihs und der Welt:
religion ihre Befriedigung fuchte. (Bgl. Böttiger kl. Schr., archäol. Inhalts,
Bd. II. ©. 211 ff.) Daher Fam es denn au, daß Feine Gottheit einen
—
YInie 289
ausgebenteren Cult erlangte, als bie Iſts. Don Aegypten nicht zu reden,
wo fle nah Herodot allgemein verehrt wurde (II, 42.), führt er fie auch
don in Kyrene (Herod. IV, 186.) auf. Aber feit Ulerander breitet ſich ihr
Dienft über alle Theile des griechiſchen Reiches aus. Nah Diodor verfchafften
ihr ihre Wunberheilungen bie Anerkennung ber ganzen Welt (I, 25. cf. Hymn.
in Isid. v. 8. 9. Plut. Is. c. 66.). Zeugniffe der Alten, Namensbil⸗
dungen nad) dem Namen ms, zahllofe Infchriften beweifen ihre Verehrung
in allen Theilen der griechifhen Länder. Vgl. Corp. Inser. Boeckh. für Ams
bryſſus in Phocis tit. 1729., Ambracia in Epirus tit. 1800., Athen
tit. 481. (of. Keil spec. onomatol. p. 5. über bie Namen ’Inidwpos, "Icior,
Ispuos, Toyerns u. a. m. Dindorf zu @urip. Alcest. Praef. p. 9. vgl. au
Dieb. I, 29, daß die Athener bei der Its ſchwören), für Chios tit. 2230.
ci. 2240. b., Delo® tit. 2293. 2295. 2297. 2298. 2300. 2302. 2303.
2304. 2305. 2306. (’Ioidopos), Ephefws tit. 2955., Baros tit. 2411.,
Samos tit. 2253. (Toio), Thespiä in Böotien tit. 1633.; ferner Pauſan.
für Megara 1,41, 3., Korinth in Kenchreä I1,4,6., Phlius II, 13,7.,
wo fi& ein nur den Prieſtern zugängliches Ffisbild befand, Methana und
Trözene Il, 32, 6. 34,1., Sermione II, 34, 10., Boia III, 22, 13.,
Meſſene IV, 32, 6., Bura in Achaia VII, 25, 9., Tithorea in Phoeis
x, 32, 13., deffen Tempel nur denen offen fland, welde die Göttin ſelbſt
im Xraum einlud; ferner in Eypern Sirabo XIV, p. 1002., in Rhodus
Appian. Mithrid. XH, 27., Antiodien ©ruter. Inscr. 3. p. LXXXIV.
Sert. Uıfat. Monum. Patav. I. s. 7. Euper. Harpocr. p. 126. Befonders
zu erwähnen iſt Andros (Corp. Inser. Boeckh. tit. 2348. Te Bas Inscr.
Gr. et Lat. fasc. V. 176.). Hier fand Dr. &. Roß (Inser. Gr. ined. fasc.
11. 1842. Roß, Reifen auf den griedh. Infeln des äg. Meeres Bd. 11.
&. 21. Stuttg. Gotta 1843.) den Hymnus auf die Iſis auf einer großen
Zafel von meißem Marmor, in vier Columnen befchrieben, wovon er bie
erſte und vierte theilmeife copirte, die dann von Sauppe, Welder, Bergk und
Hermann mit Glück und Scharffinn bearbeitet wurden (Hymn. in Isid. ed.
Saupp., Turici 1842. Mhein. Muf. Bo. II. ©. 326 ff. 436 ff. II. ©. 134 ff.
Zeitfchr. f. Alterth. Wiſſ. 1843. Heft 1. u. 4.). Sauppe ſetzt denfelben nah
Nonnus (p. 10 f.), Bergk ſchon ins dritte Jahrhundert, weil der Hymnus
noch die volle Blüthe des Iſiscults vorausſetze (am a. O. ©. 37 ff.), ein
Grund, der zwar gegen Sauppe's Argumente aud der Schriftart, Wortform,
Bersbildung u. f. mw. nicht Stich Hält, doch aber eine frühere Zeit wahr-
ſcheinlich macht. Nicht mindere Verbreitung erlangte der Iflecult im Abend⸗
land. Bgl. Lucan. VIII, 831. Tibull. IT, 21.; in Sietlien, Münter antiq.
Abhandl. ©. 175 ff.; ferner Orelli Inser. select. für Capua Nr. 1871.,
Asculum Nr. 1882, Oſtia Nr. 1888., Jadera (Berona) Nr. 1889.,
das Land an der Ifere in Sallien Nr. 1876., Wettingen in ber Schweiz
(eine Inſchrift Deae Isidi templum a Solo L. Annus. Magianus de Suo posuit, -
Rr. 437. Inscr. Helv. in Dittheil. d. antiq. ®ef. in Züri 1844. p. 197. n. 264.);
in Kärnthen Orelli Nr. 2035., Flandern (Schebiuß de diis germ. p. 155.),
Borburg in Holland Dreli Nr. 1894., Rottenburg v. Saumann Sumloc.
©. 189f. u.dAm. In Rom bat der Iflecult feine Geſchichte. Die Öffentlichen
Arte ins diefer Beziehung folgten mohl alfo auf einander. Nach Apulejus (Met.
XI. p. 262.) wurde der Ifödienft zu Sulla's Zeiten in Rom bekannt (wenn
nit ſtatt Sullae zu leſen iſt Sibyliao. cf. Oudend. ad h. 1.), und bafeldft
ein Baflophoren- Collegium gegründet. Nah Varro (ap. Tertull. ad Nation.
1 c. 130. coll. Apologet. c. 6. Arnob. adv. Gent. I, c. 73.) wurde die
8 mit ihren Gontubernalen megen ihres anftögigen Cultus durch einen
| eberäins (den man fälfhlih 535 d. St. ſetzte unter das Gonfulat des
Bauly, Real-Enchelor. IV,
290 Ysis
Paullus Aemilius wegen Valer. Mar. I, 3, 3. Vgl. Saupp. 1. c. p. 9.
not.), vom Gapitol verwielen, und ihre Bildfäulen weggeſchafft, der Beſchluß
aber (fo iR die Stelle bei Tertulltan wohl zu verflehen), nur unter dem
Widerſtand des Pöbels, der fie gewaltfam wieder herftellen wollte, durch die
Gonfuln Pifo und Gabinius aufrecht erhalten (696 d. St. Gabinius Kalen-
dis Januariis, cum vix hostias probaret, prae popularium coetu, quia
nihil de Serape et Iside constituisset, potiorem habuit senatus censuram,
quam impetum vulgi). Dur weiteren Beſchluß unter den Gonfuln En.
Domtttus Galvinus und M. Valerius Meſſala wurden auch die Privatculte
der Iſis und des Serapis verboten und bie benfelben gemweibten Privatcapellen
zerflört (701 d. St.), und au fpäter, bemerkt Dio Caſſius, blieben, als
der Gult wieder reflaurirt wurde, die Orte deſſelben Zw ou nwunpior
(XL, 47.). Neues Einfreiten wurbe nöthig unter dem Gonful 2. Aemiltus
Paulus, der, als Fein Arbeiter ed wagte, die Zerflörung zu beginnen, bie
Art nahm und ſelbſt Hand anlegte (704 d. St. cf. Valer. Mar. I, 3, 3.).
Die Wirkung war von Eurzer Dauer. Denn fon 707 d. St. wurde, als
ein Bienenfäwarm ſich an die Bildfäule des Herkules auf dem Capitol an-
gehängt hatte, was für ein Omen galt, der neue Beſchluß gefaßt, den Tempel
der Iſis und des Serapis zu zerflören, und mit diefem aus Verſehen eine
Gapelle der Bellona eingeriffen, in der man Töpfe mit Menfchenfleiich fand
(Dio Cafſ. XLII, 26.). Wenn dieſe gehäuften, immer wieder fruchtlofen
Reactionen die Gewalt, welche der Iſiscult über die Nömer übte, ind Richt
ftelen, fo mar e8 von den Triumpirn nur im Intereffe ihrer Popularität
gehandelt, daß fie demfelben enblih durch Erbauung eines Iſio⸗ und Serapis-
Tempels in der dritten Region, bie daher Isis et Serapis genannt wurde,
Öffentliche Geltung einräumten (711 d. St. Dio Cafſ. XLVII, 15.). Dieß
Tam dem geächteten M. Boluflus zu, gut, ver ſich als bettelnder Iſisprieſter
mit der Anubismaske ins Lager des Brutus oder zum Sertus Pompefus
rettete (Appian. B. Civ. IV, 47. Baler. Mar. VII, 3, 8.). Bon nun an
aber, ſcheint ed, babe der Iſiscult auch in die Stadt felbft eindringen wollen.
Denn von Auguft heißt es, er babe den ägyptiſchen Cult nicht in die Stadt
ſelbſt augetaflen, während es an Tempeln außer berfelben nicht fehlte, die
er der Öffentliden Auffiht unterwarf (726 d. St. Die Cafſ. LHI, 2.),
und Agrippa fah fl veranlaßt, den Iſis⸗ und Serapis⸗Dienſt aus der Stadt
und auch aus ben Vorſtädten bis auf taufend Schritte weit zu verbannen
(733 d. St. Div Cafſ. LIV, 6.). Wieder eingefchritten wurbe unter Tibe⸗
rius durch einen Senatsbeſchluß, wornach viertaufend von dem ägyptiſchen
(und jüdiſchen) Aberglauben angefledte Freigelaſſene nah Sardinien geſchickt
wurben gegen die dortigen Räuber, wenn ſie nicht in gegebener Zrift dem
profanen Gult entfagen würden (772 d. St. Tacit. Ann. II, 85. Sueton.
Tiber. c. 36.). Bon Neuem wurde ein SIflötempel zerftört, ihr Bild in
den Tiber geworfen und ihre Priefter gefreuzigt auf Befehl des Tiberius, als
ein gewifler Mundus mit Hülfe der Iftpriehler unter dem Borgeben, Anubis
begehre ihr, vie keuſche, abergläubiſche Paullina entehrte (etwa um 755
d. St. Sofeph. Ant. XVIIL, 3. 4, Segefipv. II, 4.). Unter Titus zerflörte
der große Brand au die Tempel der Iſis und des Serapis (Dio Caſſ.
LXVI, 24.); file wurden aber mit den andern Gebäuden von Titus wieder
erbaut. Mit den Flaviern fcheint überhaupt die günflige Zeit des ägyptiſchen
Eults in Nom gekommen zu fein. Serapis hatte dem Veſpaſian Wunder⸗
kräfte verliehen (Tac. Hist. IV, 81. Sueton. vit. Vespas. c. 7. Dio Caff.
LXVI, 8.). Domitian, der einſt im Bitelliihen Krieg in das Gewand der
Iſis oder eines Ifisprieſters verkleinet feinen Beinden entwilcht war (Sueton.
vit. Domitian. c. 1.), gründete ein Ifeum und Serapeum (@utrop. Breviar.
VII, 15.). Bon nun an wetteiferten bie Kaiſer in Begünfigung und Ver:
Kols 291
Herrlichung des Iſiseulto. Mark Aurel baute dem Serapis einen Tempel, der
fpäter mit Säulen u. |. w. geziert wurbe (Gruter. Inscr. 3.4.6. p. LXXXV.).
Gommobdus wurde felbft Iſisprieſter, raflrte den Kopf, trug den Anubis,
mit defien Schnauze er die Priefter auf die Köpfe fhlug, et omnes pausas
explevit oder edidit, was fih auf die Paufen oder Stillſtände der Ifis⸗
proceffion bezog; ebenfo Pescennius Niger und Garacalla, dem neue Ein-
führung des Cultus (sacra Isidis Romam deportavit, was man erflärt durch
insignes Deae exuvias, ap. Apulej. Met. XI, p. 245. Guper. Harp. p. 151.)
und Grbauung prachtvoller Tempel zugeſchrieben wird (el. Lampr. Commod.
c. 9. Mel. Spartian. Pescenn. Nig. c. 6. Caracall. c. 9.). Alexander
Severus verfihönerte das Ifeum und Serapeum, und erweiterte ben Cult
dur myſtiſche Gebräuche (Ael. Lamprid. Alex. Sever. c. 26.). — Mit dem
Chriſtenthum zerfiel im Allgemeinen auch ber Sfläcult; das Signal dazu gab
die Zerflörung des Serapeums in Alerandrien 391 n. Chr.; doch findet
man den Iſisdienſt noch zur Zeit des Proklus in Philä herrſchend (Marin.
v. Procl. ed. Fabric. p. 47., Mitte des fünften Jahrh.), und ein roͤmiſcher
Dichter derfelben Zeit redet noch fehr lebendig vom Ifisdienſt (Claudian.
consul. IV. Honor. v. 570. cf. Prubent. c. Symmach.); wie lange daß
Heidenthum no in Rom auch unter den höheren Ständen fi& erhielt, iſt
aus ber Kirhengefhiähte bekannt. — Der bebeutendfte Ifistempel in Rom
mwar in der neunten Region auf dem Campus Martins (Juven. Sat. VI, 329.),
woher fle Isis Campensis heißt (Apulej. Met. XI, p. 259.), jonft wird ans
geführt ein Isium Metellinum (Treb. Bol. trig. tyr. c. 25.); ferner Tempel
und Gapellen in ber I. IE. III. IV. VIE. IX. XII. XIII. XIV. Region der
Stadt (Rofin. antiqu. rom. I. 13.). @inen Tempel ver IE Pelagia in
Mom feinen Inſchriften bei Brut. p. 312. u. p. LXXXI. zu bezeichnen,
einen der Iſis Patricia, vielleicht von dem vicus patricius, nennen die Bes
fchreibungen der Negionen der Stadt (cf. Cuper. Harpocr. p. 181.).
Was die Feſte der Iſis betrifft, fo muß man unterfcheiden zwiſchen
ägyptiſchen und nichtägyptifchen. Bon jenen. haben wir Berichte bei Herobot
und Plutarch; ausſührlich befpricht fie Prichard (Darft. d. ägypt. Mythol.
S. 55-62. u. ©. 82ff.), auch hier wie in allen Punkten ohne Kritik. Da
die Aufſuchung (Fjrnoic) des Dftris erſt um die Zeit des Winterfolftitiums
gefeiert worden (Plut. Is. c. 52.), fo koͤnne man das Auffindungsfeft nicht,
wie Plutarch angebe (ib. c. 39.), fon am neunzehnten Athyr (15. Nov.)
begangen haben; fondern, da Iſis die Glieder des Dfiris auch dem Mythus
zufolge erft nah ihrer Nüdtehr aus Phönicien gefammelt habe, bie
Beier diefer Rückkehr aus Phönicien aber erft auf dem flebenten Tybi
(2. Ian.) gefallen fei (Blut. c. 50.), fo müffe und werde auch dad Feſt ber
Auffindung wenigftens nad dem flebenten Tybi, wahrfcheinlih aber erſt um
das Früplingsäquinoetium gefeiert worden fein, wie 3. B. auch bie Freuden⸗
ſeſte des Adonis u. f. w. (S. 86.). Zu diefer gewaltfamen Umbeutung Plus
tarh& berechtigt Nichts. Seine Worte find veutlih. Die Schwierigkeit hat
ihren Grund nur darin, daß, wie im Mythus, fo auch hier ſich zwei ent⸗
gegenngefehte Elemente durchdrungen Haben. Sie Töst fih, wenn man untere
iheidet zwiſchen agrarifchen und aflronomifchsmyftifägen Feſten, von denen
diefe erſi fpäter in Aegypten heimiſch wurden. Nach der Eigenthümlickelt
Aegnptend liefen die Beiden zu Grund Tiegenden Phänomene gerade gegen
einanber , was den evibenten Beweis gibt, daß fie nicht gleich urfprängli
Ind. Das überſchwemmte Aegypten war ein Bild des verſchwundenen Ofiris.
Daher ſchloß ſich die Trauer um ihn ganz natürlich ber Ueberſchwemmung
an; aber nicht minder war ber Ablauf des Wafferd der Beginn des neu
erwachenden Naturlebens, und mit ber Trauer verband fi baher vie Freude.
So wurde in einem Feſt von wenigen Tagen der Naturlauf bes Jahres zur
204 Kein
Anubis, in der Linken eine Babucee, in ber Rechten einen Palmzweig tra⸗
gend, Halb ſchwarzen, halb goldenen Angefihts; dann eine aufrechte Kuh
von einem Priefter getragen; hierauf die myfliſche Kifle; enblih der Ober⸗
priefter mit vem Bild der Göttin, einer goldenen Hydria mit Schlangen-
handhabe (cf. Bitruv. in praef. VII.) am Bufen, in der Rechten daß
Siftrum. An der See werben die göttlihen Bilder aufgeflellt, unter Gebet
ein mit Hieroglyphen beſchriebenes Schiffchen, das im Segel den Spruch
„für glückliche Schiffahrt im neuen Jahr““, und im Hintertheil eine goldene
Gans Hatte, mit Ey und Schwefel gereinigt, der Böttin geweiht, mit Speze⸗
reien und Weihgefchenken gefüllt und unter einer Milchlibation den Wellen
übergeben. Dann folgt die Rückkehr wieder in Vrocefflon ; bie heiligen Bilder
werben von den Prieflern und Gingemweihten in dad Gubiculum ber Böttin
gebracht; der Grammateus, vom Paftophorencollegium umgeben, ſpricht von
einer Ranzel den Segen über den Kaifer, Senat, Ritter, Boll, Schiffahrt,
das ganze Reid; endlich Auois upeoıs (ecclesia missa. Apulej. Met. XI,p.
243—251. Dan vgl. auch die Noten bei Dudendorp). — Außer diefen
außerorbentlichen Feften murben der Böttin auch andere regelmäßige Andachten
begangen; fo täglich zwei Meſſen (Tibull. I, 3, 31. Apulej. I. c. p. 252.
255.) Morgens und Abends. Beide hat nad blidlichen Darſtellungen Boͤttiger
beſchrieben, Sabina oder Toilette einer Romerin II. S. 250. und Die Ifls⸗
Veſper, in feinen Klein. Schrift. archäol. Inhalts, herausgeg. von Sillig,
©. 210 ff. Letztere bezieht ih auf ein enkauftiides Gemälde, das in Her⸗
culanum gefunden wurde, zwar wieder verloren ging, aber noch in einer
Gopie vorhanden iſt, und nach Böttigers, tbeilmeife zu berichtigender Aud⸗
fegung, folgende Bedeutung bat. Auf -eilf Stufen erhebt fih, von zwei
Sphinren auf beiden Seiten bewacht, das Bubiculum der Göttin, in dem
die heiligen Geräthe und Bilder find, als Allerheiligſtes, vor ven der Ober:
priefter, Prophet genannt, ſteht, eben bie mit Nilmafjer gefüllte Hydria er-
hebend (bei der Proceſſion trägt er fie ı am ober im Bufen, Apulej. 1. c.
p. 246. Clem. Uler. Strom. VI. roogarss To vögsior EynsxoAnıouero:,
bei der Elevation erhob die Gemeinde anbetend vie Hände oder warf Äh auf
die Kniee, Vitruv. VIIE. praef. p. 206.). Zur Rechten des Propheten fleht
eine Priefterin, die in der linken Hand die Situla, dad Bild der befrud-
tenden Kraft des Nils, hält, in der rechten das Siſtrum. Do erfcheint
dieſes ala Haupigeräth in der Hand bes rechts vom Propheten ſtehenden
Prieſters, weshalb es größer und von befonverer Form if. Eo wehrt den
Typhon ab und begleitet die Trauer und Breube der Iſis (Plut. 63.), und
breimal ſchwingen es ihre Anbeter (Apufel. 1. c. 240.). In den Händen
diefer ift es ein Geräth des Cultus; in der jenes Prieſters das myſtiſche
Symbol. An der unterflen Stufe ftebt ein Priefter mit aufgehobenem Stab,
der die im Tempelraum ihm rechts und links in zwei Reihen geordnete Sr:
meinbe, wenn file fingt und Flappert, dirigirt. Am Ende der Meibe rechts
zeichnet fih eine etwas vortretende Frau von ebler Erſcheinung auß, bie Haare
in einen Flor gehüllt, in einen unter dem rechten Arm, der dad Sifirum
ſchwingt, weg über bie linke Schulter gefchlagenen ſchwarzen Iflömantel
(Apulel. 1. c.) gefleivet. Sie iſt wahrſcheinlich vie Hauptperfon des Banzen,
die die Beier veranflaltete. Die wenigen meißen Gefichter in der Verſamm⸗
lung (denn die Priefler und Miniftranten find ſchwarz, und aud die ſchwarzen
Geſichter in der Gemeinde find wohl zum Tempelyerfonal gehörig, was don
ihre Tonfur bemeist) bilden vielleiht ihr Gefolge. Hinter ihr fleht ein
Priefter, dad Tau, das Symbol der Befruchtung (ed wird als Kreuz, cruz
ansala , le Phalus, als Nilſchlüſſel, als Iheilungszeichen be Jahreszeiten
erklärt, Greuzer 1. 512. II. 187. Bohlen, d. alte Ind. 1. 210. Fr.
Schlegel, Spr. u. Welsh. d. Ind. ©. 120. Enn. Bidconti Mas Pio Clem.
sis | 295
II. p. 36 ff. PBöttiger am a. DO. ©. 225. Denon fand damit die Grund⸗
maner eined Tempels zu Philä ganz bedeckt, Voyage dans la haute et la basse
Eg. zu pl. 107.) gegen fie haltend; vermutrhli eine Einverlofe Frau, bie
fich Leibesfrucht erflebt. Ihr gegenüber flebt am Ende der Reihe links ein
weißer Mann, der, an diefem Platz, ebenfalls vorgetreten, durch edle Hal⸗
tung und Kleidung ausgezeichnet offenbar in befonberer Beziehung zu der
Dame ſteht. Böttiger weiß ihn nicht zu erklären. Wie, wenn er die männs
liche Hauptperſon des Stüds wäre, der Gatte der Dame? Er Hält ein Rohr
in ber Rechten, in der Linken einen Stab aufmärtd gerichtet, in erwartunges
voller Stellung. Zwiſchen beiden fleht ein Altar, an dem eine meiße Berfon
mit einem Wedel von Pfauenfedern die Flamme anfacht. Hinter den Manne
pläst ein Weißer eine Trompete. Zahme Ibiſſe fleht man an verfchiedenen
Stellen im Tempel; diejer ift von einem Bosket ungeben, in weldem aus
der Berne zwei Balmen auf jeder Seite fi erheben. Böttiger hält das Bild
für eine Iſisveſper oder Abendandacht, melde mit einem Sclafliev für die
Börin geihloffen zu Haben ſcheint (Arnob. adv. Gent. VII, c. 32. Böttiger
an a. D. ©. 229.). Vielleicht iſt es cher eine mit Rückſicht auf den ans
gebeuteten Zweck veranftaltete außerorbentliche Beier. Die Perfonen, pie einer
folden Feier anwohnten, hatten fich einer zehmtägigen Keufchheit und Faſten⸗
zeit zu unterziehen (Propert. IE, 33,1. Apulej. 1. c. 225. Tibull. I, 3,25 f.
Zertull. de jejun. c. 16. Castum Isidis et Cybeles. Juven. Sat. VI, 535. vgl.
in Casto Cereris esse, Feſt. v. Minuitur p. 154. Müll.). Dad Dienft-
rerfonal der Göttin zerfiel in mehrere Grade und Claſſen: einfade Eins
geweihte (Apulej. Met. XI, p. 245. turbae initiatae, die Männer mit voller
Tonfur, die Frauen, bie gejalbten Haare in einen weißen Schleier gehüllt
tragend); dann bie niederftien Miniftranten, welche bei der Procefflon, die
Clemens beſchreibt, die Schaubrode tragen und dem Propheten folgen (Strom.
VI. 4. p. 758. Pott.), dann dad Gollegium ber Vaftophoren,, dad die Priefter
ſämmilich in ſich begreift. (Clemens am a. D. verfteht unter den Paſto⸗
phoren eine beſondere Claſſe, die priefterliden Aerzte. Wenigſtens verfland _
man nah Apulelus in Nom und Korinth darunter offenbar die Geſammt⸗
heit der höheren Prieſter, I. c. p. 250. coetus Pastophorüm, quod sacro-
sancti collegii nomen est, und p. 262.). Unter biefen werben namentlid
aufgeführt 0 wöos, vurwdos (lem. Alex. 1. c. 757. Porphyr. Abstin.
IV, 9. p. 324.). Ihm eignen zwei Bücher des Hermes, dad eine enthält
Hymnen, da8 andere Lebendregeln für die Könige (Clem. Aler. 1. c.). Dann
der epoypvauuereis, mit einem Kopfſchmuck von Bedern, ver Symbolen ber
Schreibekunſt, Meßapparaten u. dgl. Er fcheint Feſtordner geweſen zu fein,
der die Profanen entfernte, ven Segen fprah (ll. cc. Zurian. de sacrif.
c. 414. Apulej. 1. c. p. 256. 250.), den neugeborenen Apis prüfte (Aelian.
Anim. XI, 10.) und von der Iſis ſelbſt in unterirnifhem Gemad unterrichtet
wird (Rucian. Philopseud. c. 34.). Werner ber Mpooxonos und weoAoyog
mit einer Uhr und dem Palmzweig, als aftronomifhem Symbol; ihm eignen
die vier aflronomifhen Bücer des Hermes; er batte der Böttin wahrfchein-
lich auch anzuzeigen, wie viel Uhr es fei (Porphyr. Abstin. IV,c.8. Elem.
Nler. 1. c. Böttiger am a. DO. ©. 217.). Der oroAwıng, er trägt daß
Symbol der Gerechtigkeit, eine Elle nad Clemens, nah Apulejus eine linke
Hand (1. c. p. 245.), ferner das omorösior, nach Apulejus in Borm einer
Bruſtwarze, auch Hat er die Schau und Beflegelung ver Opferrinder, bie
Opfer felbR u. dgl. zu beforgen (nooyoopayıorıza , noogooyoeyıoıng , ci.
Hero. II, c. 38. Porphyr. u. Clem. 1. cc.). Endlich der moognens (au
propheta primarius, Apulej. Met. II, p. 39. XI, p. 253.), der das vöosior
trägt, die Ginkünfte vertheilt, die zehn fogenannten Prieſterbücher in Händen
hat u. f. w. (Il. cc. Apulej. XI, p. 255.). Plutarch nennt diefe Chargen
%
206 Hain
allgemein Hierophoren und Sieroftolen (Isid. c. 8.); Stoliften die, welche vie
heilige Lade beim Ifläfeft mit dem goldenen Käftcden ans Meer tragen (ib. c. 39.).
In Rom wurden aud der Mitte der Paftophoren die fünfjährigen Vorſteher
genommen, melde nad Analogie anderer Gollegien quinquennales' decu-
riones genannt wurden (Apulej. Met. XI, p. 262.). Vgl. au Greuzer I.
©. 244 ff. Schmidt de sacerd. et sacrific. Aegypt. Zoega de obelisc.
p. 505 f. Die Lebensweiſe der Priefler mar vielen Geboten der Ent-
haltſamkeit unterworfen, fle durften Fein Schwein» und Schaaffleifh, Feine
Bohnen und Zwiebeln effen, aud Eeine Fiſche, mußten viel baden, hatten
die Tonfur; ihre Kleidung war von Leinwand (Herod. II, 36. 37. Blut.
Is. c. Iff). Den Weihen gingen ald Vorbereitungen voran eine In-
firuction des Bandidaten aus den beiligen, hieroglyphiſch geſchriebenen Büchern,
ein Bad, Gebet, Beiprengung mit Weihmwaffer, geheime Aufträge, dad Gebot
zehntägiger Enthaltung von Fleiſchſpeiſen, Wein und Weibern. Dabei be:
ſtimmt die Goͤttin ſelbſt Alles dur Träume, 3. B. die der Weihe Wür-
digen, den Tag berfelben, den Myſtagogen, felbft den zu machenden Auf:
wand. Am Tag der Einweihung wurde der Candidat von den Verehrern
der Böttin befchenkt, dann nah Entfernung der Profanen vom Hoheprieſter
ins Heiligthum geführt in einem groben leinenen Gewand.“ Hier blieb er
die ganze Nacht, wechſelte zmölimal das Kleid; das legte Gewand war ein
beblümter Nod von Kattun, darüber bie olympica stola mit myſtiſchen
Thieren, Draden, Greifen u. dgl. bemalt; während der Nacht fchauerliche
Aufzüge. „Ich fland, fagt der Lucius des Apulefus, auf der Grenzſcheide
des Lebens und Todes; betrat Proſerpina's Schmelle, und nachdem ich durch
alle Elemente gefahren, Eehrte ich zurüd. In tiefflee Mitternacht ſah ich die
Sonne In ihrem. beülften Xichte. Ich ſah die unteren und oberen Götter von
Angeficht zu Angeſicht.“ Gegen Morgen mußte er vor das Bild der Göttin
treten, eine brennende Badel in der Rechten, mit einem Strahlenfranz von
Palmblättern geziert, und fo warb er dann ber Menge als ein Bild ber
Sonne durch Aufzug ded Vorhangs gezeigt. Dann fröhliche Gaſtereien
(Apulef. Met. XI, p. 254 ff. Boulage des mysteres d’Isis. Paris 1820. Eonnte
ich nicht vergleihen). Berüchtigt waren die Sflöpriefler in Rom auch als
Bettelvolt (Ovid Pont. I, 1, 38.), und als bettelnder Iflöpriefter rettete ih
M. Boluflus ind Lager des Brutus (Bal. Mar. VII. 3, 8.), auch brauchte
man fie als Muflfanten bei Shmäufen u. dgl. (Propert. IV, 8, 39.). Selbſt
ihre leibliche Beſchaffenheit fheint ihren Charakier manchmal ausgeſprochen
zu haben; Perfius nennt eine ſchielende Prieſterin (Sat. V, 186.), Apulejue
einen hinkenden Priefter (Met. XI, p. 259.). — Die Brage, ob ver Iſts⸗
dienft oder überhaupt die ägyptiiche Meligion auch Prieſterinnen gebabt
habe, verneint Herodot beflimmt und allgemein (II, ce. 35.). Vielleicht ger
hört dieſes zu bem vielen Ungenauen, was er von Aegypten berichtet (vgl.
Diodors Urtheil über ihn I. c. 37. 69.); er felber redet von heiligen Frauen
in Theben (11, 54. vgl. I, 182. Strabo XVII, p. 1171.); auch wollte mar
in den Königsaufsug unter den Reliefs von Mebina-Tabu eine Priefterin
mit dem Iſisſchmuck (Descript. de Eg. II. Thebes p. 49.) gefunden haben,
ebenfo eine bittenbe Priefterin auf dem Todtengericht im Iflätemyel zu Iheben
(ib. Vol. II. Antiqq. p. 165 f. und dazu pl. 35.); vielleicht aber war ber
Gebrauch von Prieſterinnen erfl dem fpäteren, gräcifirten Gult eigen, wo fie
ſich ficher finden, z. B. in ber Infchrift von Roſette, auf ber Iſis⸗Veſper
nah Böttiger (f. oben); auf der Iflötafel (f. unt.) opfern die Priefterinnen;
in dem SIflöfeflzug, Relief, im Mus. Pio-Clement. n. 58. maren die Opfer
prieflerin, dann ber Bewahrer der heiligen Bücher, der Prophet mit dem
Hydreion, eine Opferbienerin (Börfter Hands. f. Reif. in Stalten S. 455.),
im Neuen Saal des Mus. Chiaramonti, Braccio Nuovo n. 31., im Belvedere
Esis 297
XVII. n. 449.; dann bei Juvenal (Sat. VI, 488.), Perſius (Sat. V, 186.).
Unter den fungirenden Perſonen des Prieftercollegiums bei Clemens, Apu⸗
lejus werden fie nicht aufgeführt. (Vgl. Windelmann Geſch. d. Kunſt J.
S. 89. u. 325. Anm. Zoega de obelisc. IV. 2. $. 3. n. 24. Börtiger,
Ideen zur Archäol. d. Malerei I. S. 39 f. Jomard Descript. de l’Egypt.
Antiqq. T. I. c. 3. p. 11. Greuzer J. &. 250 fi.)
Bon den bilplihen Darftellungen der Iſis war im Verlauf fon
bin unb wieder die Rede. Daß fie bänfig Gegenſtand der Kunft, befonders
der Malerei war, bezeugen Tibull (I, 3, 27. in ihrer heilenden Thätigkeit)
und Yuvenal (Sat. XII, 28.). Als trauernde Iſis trug fie ein fchmarzes
Gewand, und Hermes oder Kamephis hatte ihr einen ihwarzen Schleier ge=
geben (Stob. I, 52. p. 950. Heeren, vgl. Creuzer I. S. 520. Anm.). Diefe
Kleidung bezieht Plutarch auf den Neumond (Is. c. 39. 52.). Sonft ifl
fie vielfarbig gekleidet, was PBlutar auf die unendliche Bildfamfeit ver Mas
terie deutet (ib. c. 78.). Bel Apulejus erſcheint fie mit reihen Locken (vgl.
Hymna. in Is. v. 18.), einen bunten Kranz; eine Mondſcheibe auf der Mitte
der Stine, auf beiden Selten Schlangen ſich windend, wie Burden; in
leinenem Kleid, deſſen Farbe fehillernd in Weiß, Gelb und Roſeuroih; dar⸗
über ein dunkelſchwarzer Mantel (palla), der unter dem rechten Urm weg
über die linke Schulter gefhlagen war, mit Branfen geläumt und Sternen
beiät, die einen Vollmond umgeben; Über die ganze Figur Hin wallend eine
Kette von Blumen und Früchten, bie Schuhe von Palmblärtern, u. f. m,
(Met. XI, p. 240.). Nah Windelmann bildet die beiondere Manteltracht
ein Keungeihen ber Iflöbilver, wornach zwei Zipfel des Manteld über die
Schultern herübergeben und unter den Brüften mit dem Nod verknüpft find,
wodurd dieſer ein wenig aufgezogen wird, fo daß alle Balten nach oben
laufen, zugleih hat der Mantel Branien. Vgl. Windelmann Werke von
Meyer u. Schulze, Dresd. 1820. III. 107. V. 29.; eine Statue mit dem
Mantel V. 614, auf einer Laterne bei Kicet. p. 1178. und Guper. Harp.
p. 46. ein Ifistild mit dem Mantel, mit der auf einem figenden Vogel
ftebenden Perſea auf dem Kopf, einer Ägyptiichen Haube (dein Vorbild ber
Nonnenfhleier), der Schlange in der Rechten, ber Situla in der Linken,
Arogenden Brüflen. Diefe bezeichnen fle als Isis fructifera. Als folche er»
ſcheint fie au wit Brüflen ganz überdeckt (Macrob. Sat. I, 20. vgl. die
Ceres mammosa, Arnob. III, p. 133.), den Horos auf dem Schooß
baltend im Muſeum bed Bollegium Romanum und des Grafen Baylus
(Bindelmenn VII. 352. Il. 141. VI. 451. Guper. Harp. p. 51.), ihn
ſäugend (Descript. de I’Eg. I. pl. 22. n. 2. 3. A. 5. na den Sculp⸗
turen von Philä, cf. ib. I. ch. VIII. pl. 93 fig. 3., eine bronzene Bigur
Windelm. VII. 475., auf einer ägyptifgen Münze Antonind auf einem Stuhl
figend,, auf deffen Lehne zwei Wiedehopfe, Bilder der Kinverliebe, auf dem
If daB Schlangengefäß bei Bodga num. aeg. tab. X. n. 1. Greuzer I.
©. 311. tab. I. n. 2), den Horos (oder den Königsſohn ded Mythud) mit
bem Binger nährend auf einem Garneol (Windelm. VII. 463.), dem
Apis die Bruf reihen® (am a. O. VII. 381.), sin in Elfenbein erbaben
gearbeiteted Bild. Ferner Ifishilder mit dem Mond und Hörnern (Deser.
de V’Eg. Il. p. 127. Denon voyage dans la basse et Ja h. Eg. Pi. 119.
n. 19. Pi. 120. n. 3. Pi. 136. Caylus recueil des antiq. eg. T. I. pl. 3.
ao. 1. T. VII. suppl. pl. 9. n. 1. T. I. pl. 2. n. 1. pl. 4. n. 1. Sonini
voyage dans la h. et la basse Eg. T. II. Pl. XVI. fig. 4. Windelm. VII.
464.), auf einer Münze der Sulla Mammda Iſis mit dem Füllhorn in ber
Achten, einem Perſeazweig in ver Linken, Hörnern, Blägeln, einem auf«
wärs zeigenden Halbniond auf dem Naden (Guper. Harp. 7 2 ohne
I.
298 Isis
Hörner mit dem Mond ein Kopf von Mlabafter bei Sonini I. c. XVI.
fig. 6., eine fehr fhöne Iebüfte mit dem Modius, ver den Halbmond als
Schild Hat, auf dem Haupt, die Kugel unter der Bruft, berabhängenden
Locken (Sonini 1. c. pl. XIV.), neben ber Mondſcheibe zwei Kleine Schlangen
bei Bisconti Mus. Pio-Clement. VI. t. 17.; ein Ifiskopf mit dem Kuhhelm
und abwärts gehenden Strahlen (Guper. Harp. p. 109.); in einem Reelief
von Hermonthis Iſis mit einem Löwenkopf (Deser. de l’Eg. Ant. 1. c. 8.
p.8.), mit einem Sperberfopf (Winckelm. II. 489.). Als Schiffgöttin auf
dem Hintertheil eines Schiff3 mit einem erhobenen Bein in einer Heinen Figur
der Villa Lubovifi (MWindelm. VI. 1. 312.), ferner Is mit einer Perfea
auf einer Krone, in der Kinfen ein Füllhorn, in der von einer Schlange
umwundenen Rechten ein Ruder, geflügelt (Cuper. Harp. p.38.). Iſis als
Böttin der Unterwelt mit der Schlange, Zoöga num. aeg. p. 326. u.
A. m. Dean Hat fhon behauptet, Iſis fei immer befleivet; eine nadte Iſio
will Greuger Comm. Herod. I, 387. und Sonini 1. c. pl. XII. fig. 2. geben.
Weitere Attribute der INS find ein Kranz von Balmblättern, der Lotos,
ehren, das Segel, ein Schiff, ein Spies, der Kanopus, der Hund (IE
auf dem Hunde reitend Dio Cafſ. LXXIX, c. 10.), das Sifrum u. U. m.
Bon letzterem behauptet Windelmann, daß es fi Feiner altägyptiſchen Figur
in die Hand gegeben finde (III. 89.). Eine ſchwierige Aufgabe iſt die Schei⸗
dung altägyptifher Bilder von den fpäteren Erzeugniflen, da au in ben
alten Dentmälern fi nicht felten Spuren fpäterer Hände bemerken Taffen.
An den meiften Tempeln zu Philä, Iheben, Denderah findet man ägyp⸗
tiſche, griechiſche und römiihe Namen unter einander, fo fleht zu Karmaf
unter dem Namen Ptolemäus auch Pſammetich, In einem Höhlengrabe neben
bem Namen Oſiris auch Zoornp, auf einer Vaſe mit Hieroglyphen und Keil-
ſchrift Xerres. Die Ptolemäer haben dad Land mit Tempeln überfüllt, bei
deren Bauten natürlih alter Styl und alte Trümmer angewendet wurben.
(Bol. Bohlen, d. alt. Indien I. ©. 40 ff. Stieglig Geh. d. Bauf. 1.
©. 158 ff. Fritſch üb. d. neue. Verf. d. Hierogl. Erkl. S. 45. Roſett.
Inſchr. Zeile 33. Lucan. Phars. X, 15.) Schwerlich aber wird ſich die aſtro⸗
nomifhe Beziehung der Iſis und des Ofiris aus den Denfmälern als urägop⸗
tiſch nachweiſen laffen. An dem Grab des Rhamſes Maianum findet fi
vielmehr das ägyptiſche Jahr durch eine Reihe ber Erzeugniffe jeven Monate
verfinnbilpfiht (Mußegger, Reife in Uegypten u. f. w. Thl.1.©.125.), und
wenn in den Hypogeon Rhamſes V. der Sonnenlauf vie fymbolifhe Dar⸗
Rellung des Lebens des Königs vor und nah dem Tode if, des Könige,
den Ofiris und Phre fegnen, den die Götter richten, fo erhellt, daß bie alten
Aegypter ihren Böttern eine von dem Lauf der Geflirne ganz unabhängige
Stellung anmwiefen, und die Verſchmelzung der Oſirismyihe mit bemfelben,
oder vielmehr ihre Bildung erſt dad Werk fpäterer Beiten ift (Rußegger am
a. D. ©. 127 ff.). Jedenfalls find die Thierkreife in Cone und Denverab,
in wel letzterem die Ifis als das Ganze ded Syſtems umfaſſend erſcheint
(Greuzer I. ©. 397.), theils nicht ägyptiih, theils erſt fpätere Erfindung,
da die Tempel mit Thlerkreiſen erſt unter Tiber und Antonin erbaut find
(v. Bohlen, d. alte Ind. II. ©. 253. Letronne rech. pour serv. à l’hist.
de l’Eg. p. 180. 456 f.). Daffelbe gilt von der befannten tabula oder
mensa Isiaca, auß Bembina genamıt. Sie ifl eine vierediige Kupfer»
tafel, mit gemifchtem bläulih ſchwarzem Schmelzwerk übergofien, mit fünf»
lich eingelegten Silberplättchen, 2° 3 9° Breit, 3° 10° lang, welche ein
Soldat des Connetable Bourbon an einen Schloffer, diefer 1527 dem Gar:
binal Bembo verkaufte, nad deſſen Tod fie nad Modena, und fpäter na
Turin Fam. Sie ift in drei Horizontal Taufende Parthieen getbeilt, die wieber
in viele Felder zerfallen. In der Mitte des Ganzen figt Iſis auf einem von
zwei Säulen getragenen Ihron, auf dem Haupt einen fihenden Vogel, der
feine Flügel bis auf ihre Schultern berabbreitet, barüber zwei Lotoöſtengel,
über biefen zwei große, durch den Schild des Scarabäus verbundene Hörner.
Außerdem mil man fie noch zehnmal auf der Tafel finden, ferner mehrere
Oftris, Horos, Anubis, Apis, Prieſterinnen u. dgl. Windelmann Hält
bie Tafel für altägyptiſch troß der Kate mit dem Siftrum und dem ganz
undgyptifden Greif in dem oberften Streifen (vgl. Werke IH. 113. V. 450.
VII. 449.). Bater Kircher in feinen Oedipus findet darin eine Darflelung
der myſtiſchen Theologie der Aegypter, des Schwede Rudbeck (Atlant. P. II.
c. 11.) einen Runenkalender; Jablonski (Panth. in zahlreichen Stellen) einen
nach dem römijchen Jahr eingerichteten ägyptiſchen Feſtkalender aus dem zweiten
oder dritten Jabırh. n. Chr. für die Aegypter in Nom; Banier (Gdͤtierl. v.
Sälegel 11. ©. 350 ff ) eine Botivtafel; Seyffarth (System. astron. aeg.)
die Darfielung einer Rativität für die Geburt Trajans etwa um d4 n. Ghr.
(Bel. Pignorius mensa isiaca, Venet. 1609. Amstel. 1669. SIablonsfi
Misc. Berol. vol. VI. VIE. Bruder hist. cr. phil. I. p. 249 ff.) Sie wurde
in Kupfer geflochen von Aeneas Vico von Parma (Venet. 1559.), von Mont»
faucon und Caylus abgedrudt. — Vgl. über bildliche Darftellungen ber Iſis
noch Pococke T. 1. t. 60. 61. Monifauc. T. H. t. 107. suppl. T. Il. t. 85. 36. 37.
105. Sonini 1. c. pl. XII. fig. 6. XVI. fig. 3.6. Hirt uͤb. d. Bilder d. Ägypt.
Gotth. u. A. m.; f. den Art. d. Encycl. Aegypt. Relig. S. 111 ff. Difr.
Mäler Arhäol. dv. KR. 6. 408. ©. 627 f. ?te Ausg.: „die Ifisſtatuen in
dem Koftum römifcher Iſisdienerinnen mit der fleifgehaltenen Xunica, dem
gefranzten und auf ber Bruft gefnoteten Obergewande und der Rotosblume
sfind felten vorzüglie Werke ;’’ |. dazu die Anm., welche noch weitere Quellen
angibt, über Statuen Mus. Clarac pl. 307, 308. Mus. Nap. IV, 51. Ifts
mit dem Blügelrod um die Lenden, im Louvre 375. Gfarac pl. 306.;
Buſten Beived. XXII. n. 547. Pio-Clement. VI. 16., Borträtfiguren
Mus. Capit. 111. 87.; ®emmen Tabl. stat. etc. de la gal. Flor. et du
Pal. Pitti dessine par Wicar; Münzen, befonderd zu Commodus' und
Caracalla's Zeit, Eckhel Doctr. num. vett. VII. p. 128. 213 f., vota pu-
plica aus Julians Zeit Eckhel VIII. p. 136. Iſis figt Hier Häufig auf dem
Sirius, nah griechiſcher Manier ald Hund (Agyptiih als Kuh) gebilbet;
ſchon auf felencidifhen- Münzen fommt der Kopfauffag der Iſis vor. Be-
- fondere Erwähnung verdient ein in Pompeſi ausgegrabener Ifistempel,
nach der Infchrift von Numerius Popidius Gelfinus nah dem Erbbeben
a. 63 reſtituirt, 68° lang, 60’ breit; auf dem Fangen Pieneftal ſtehen Bötter-
bilder, daneben eine geheime Treppe, die zu ber cella führte; ber Tempel
it auf vier Seiten von einem bedeckten Porticus in roͤmiſch⸗doriſchem Styl
umgeben, vie Wände find polirt und gemalt. Im Innern führt eine Treppe
nad einem Kleinen Zimmer mit einem gemanerten Bett und Stuhl; in ber
offenen Halle eine verzierte Aedicula und ein großer Altar, auf dem man
noch Koblen und verbrannte Thierknochen fand, wornach Böttigers Meinung,
Ifisopfer feien nur unblutig gemeien, ſich ſelbſt ermelst (am a. O. ©. 226.),
fo wie eine Höhle mit verbrannten Früchten, und mehrere Altäre im bes
deckten Porticus. Ueber der. geheimen Treype ift eine Niſche, in der Bacchus
mit dem Panther und der Traube fland. Die offene Halle umgeben ver-
ſchiedene Zimmer; neben dem Tempel lag die Kühe. Im Porticus fand
man eine halb vergofvete Ifisflatue, die Marmorflatue der aus dem Bad
fleigenden Venus, die des Horos u. A. m. Ausgegraben murben bafelb
bie große Ifistafel im Muſeum zu Neapel, Lampen u. f. w. Die Tempel»
gemälde find Iſis mit dem Siftrum, Anubis, Prieſter mit Palmen und
Aehren und eine Rampe, ein Nilpferd, Ibis, Lotos, Delphine, Fleine
Vögel. (Bl. Förſter Handb. S. 374. Plan de Pompei et remarg. sur
300 Haie
ses Edifices par Jorin). Auch in Herculanum fanden ſich Kunftvenfmäfer, melde
bie Ifls betreffen. Vgl. le Antichitä d’Ercolano. Nap. 17597 - 92. T.I—IV. u.
VII. Pitture d’Ercol., fo wie die Werke von Gel, Hamilton, Roux und
Barréͤ (überf. v. Kaffer), Zahn u. U. m.
Der Name Ins ırlıd bald von TR, Weib, von 5287, mustum
terrae, von Andern arabiih oder koptiſch abgeleitet; nach Diodor (I,c. 11.)
fol er die Alte bedeuten; oder von im, Erde (Schol. Ariftiv. p. 185. Jebb.);
Jablonski Eoptiich entweder abundantia permunens, oder domina iens, se
movens (Panth. II. $. 13. 14. opusc. I. p. 98 IH. 29.), v. Bohlen kop⸗
tifh und fanffrit von J geben, oder von isi Herrin, Königin (d. alte Ind.
Il. S. 458.); Hug koptiſch als Göttin der Mühe, oder der Fülle, was auf
ihr Belname MeOveo befagen fol (Plut. Is. c. 56. Hug Unterf. S. 68. 70.
Jablonski Panth. II. p. 123.). Danz griehifh von Is, Kraft, Naturfraft
(Jigen hiſtor. Zeirfchr. 1843. H. 3. S. 15.). — Der Beiname Bovßaos
(Etym. M. s.v.) foü heißen Jo, in vaccam conversa, ift aber offenbar nur
Bovßeorız zu leſen. | L. Georgii.]
Usis der alten Germanen. Tacitus Germ. c. 9. Deorum maxime
Mercurium colunt, cui certis diebus humanis quoque hostiis litare fas
habent. Herculem ac Martem concessis animalibus placant. Pars Sue-
vorum et Isidi sacrificat. Unde caussa et origo peregrino sacro,
parum comperi, nisi quod signum ipsum, in modum liburnae figuratum,
docet advectam religionem. Dieſe Stelle war von jeher eine crux der Er⸗
Härer. Man rvecurrirte auf die @va, bie als isn, Weib, mit der Ifis
identiſch nothwendig allen Völkern befannt gemefen fei, bat an die Züge des
Oſiris und Sefoftris erinnert, oder an die allgemein befannte Berbeißung
der Geburt des Meſſias aus dem Weide, mie Gerb. Voſſius (de orig.
et progr. Idol.), Schedius (de diis Germ. p. 345.), Huet (Dem. Ev. IV,
10. $. 3.), Banter u. U. m. Schedius meist auf Namen bin wie Iſenberg,
Eisleben auf Infhriften in Belgien, Baiern (de diis Germ. p. 227 f. vgl.
Böhme de Isid. a Suev. cult. Lips. 1748.). Die Infchriften des Schedius
fo wie die Im Elſaß ausgegrabenen Bötterbilder, welche Schöpflin in feiner
Alsatia namhaft mat, find aus der römiſchen Zeit und von Nömern, denen
das Gebiet ver Sueven bei Tacitus im Nordoſt von Germanien an ber Elbe
und Saale nicht zugänglid war. Die Liburna, melde Tacitus ald signum
der Böttin anführt, Tonnte an das Navigium Isidis (f. d. vorherg. Artikel)
erinnern, und Grimm führt aus Rodulfi chron. abbatiae s. Trudonis 1 XI.
nad Dachery spieil. tom. 7. (Paris 1666. 4.) p. 301—505. oder tom. 2.
(Paris 1723. fol.) p. 704—706. eine weitläufige Erzählung an von dem
Zug eined Schiffes, dad in Inden im Jülih’fhen etwa um 1133 in einem
Walde gezimmert, mit Radern verfeben und durch Menfchen nah Aachen,
Maſtricht, von ba mit Segel und Maflbaum verfehen nah Zungern, Xoo;
u. f. w. im Land berumgeführt und überall mit Jubelgefang und Tänzen
empfangen, von dem Clerus aber als Teufelafhiff verabfheut worden fei
(deuiſche Mythol. 2te Ausg. I. S. 236—242.). Grimm if geneigt, in
diefer Beier das Wieneraufleben eines Jahrhunderte Fang unterdrückten
heidniſchen Brauche Ay finden (1©. 241.).. Allein daß das Schiff befonvers
als ein Schiff der Weber bezeichnet wird, die e8 ziehen mußten, gibt dieſer
Geſchichte den Anftrih eines ganz beflimmt charakterifirten Volksſchwanke
gegen die reihe Weberzunft. Eine Beziehung dieſes Aufzugs auf die Yfie
de3 Tacitus ſcheint mir abentbeuerlich. Die germanifhen Bötter, die Tacitus
(Germ. c. 9.) nennt, find aus ihm ſelbſt zu erflären. Der Mercur, dem
Menſchenopfer fallen, if in der großen Gottheit der Semnonen, die auch
mit folgen Opfern verehrt wird, wieder zu erfennen (Germ. c. 89.). Der
Mardeult erklärt fig näher aus Hist. IV, c. 64. Annal. XII, 57. u. ſonſt;
Kela — LIımärns : 801
der des Hercules aus Germ. e. 34 Auch der Iſtsdienſt der Germanen wirb
näber erläutert. Germ. c. 40. erzähle Tacitus: einige fueotihe Stämme
(c. 9 pars Saevorum) verehren die terra mater, Hertha, Herthus oder
nad Grimm (am a. D. S. 230) Narthus genannt, melde die menſchlichen
Schickſale regiere und die Völker befute. Kst in insula Oceani caslum.
nemus (cf. c. 9. lJucos et nemora consecrant), dicatum in eo vehiculum
(cf. c. 9. liburna, vielleicht war die Form des Kahrzeugsd einem Schiff ähn-
lich; übrigens cf. liburnum bei Juven. 111, 240. u. fonfl), veste contectum,
attingere uni sacerdoti concessum. Is adesse, penetrali Deam intelligit,
vectamque bubus foeminis multa eum veneratione prosequitur (cf.
c. 9. nec cohibere parietibus Deos, neque in ullam humani gris speciem
assimulare. — Deorumque nominibus appellant secretum illud etc.).
Dann fröhlige Tage, überall Friede, bis der PVriefler satiatam cons
versatione mortalium Deam templo reddet (of. Apulej. Met. XI, p. 250.
inira cubiculum Deae recepti, disponunt rite simulacra spirantia),
morauf das Bild gemaihen, das damit beſchäftigte Perſonal aber ertränft
wird. Da ift faft fein Zug für den Tacitus nicht Analogieen im JIſis⸗
dienſt finden konnte. Der Auedruck castum nemus, bie boves focmi-
nae, die Benennung terra mater, kurz Alles zeigt, daß er c. 39. die Er⸗
läuterung zu c. 9. geben wollte. IL. Georgii.] Ä
Uste (6 Ins, Scyl. p. 32. [mo Gail die gem. Lesart Tou mit Recht
in Ing verwandelt bat], Arrian. Peripl. p. 7. Plin. VE, A), ein ſchiff⸗
barer Fluß in Bontus zwiſchen dem Acinafis und Mogrus, 90 Stab. nörd⸗
lich von erflerem un» ebenſoweit ſüdlich von lezterem und 180 Stab. ſüdlich
vom Phaſie. Auch die Tab. Peut. Eenut ihn, indem fie 3 Mil. (wahr⸗
ſcheinlich Schreibfehler ſtatt 11 MiN.) vom Flecken Nigrus (unflreitig Schreib»
fehler flatt Mogrus) einen Ort Apasidam anfegt, wofür e8 gewiß ad Isidem
heißen ſollie. Dan hält ihn für den heut. Tſchorok. [F.]
Kam (Isia, It. Ant. p. 167., in der Not. Imp. verfchrieben Isui),
ein Kaflell an der Grenze von Oberägypten gegen Mittelägypten am rechten
Ufer des Nils, 20 Mid, fünöflih vom Kaflell Hierafon und 24 Mil. nörd⸗
lich er ae Muthis, in welchem eine Ala der Britonen in Garniion
lag. [E.
Esims Moms (ro Inor opos, Btol. IV, 7.), ein Berg in dem äthio⸗
vpiſchen Küfenftrihe Troglodytice unfern der Weſtküſte des Arabifchen Meere
buſens, etwas fünlih vom Dinemion Promont. (urmusios axpor) und ſüd-
weſtlich von Berenice; fjeßt Nas al Dwaer. Auch Strabo XVI, p. 770.
gedenft an dieſer KRüfle, jedoch meiter nah ©. Hin, eines ſchon von Seſoſtris
gegründeten Tempels der Iſis anf einem Berge, der wahrſcheinlich kein an⸗
berer IR, ald jener Berg des Ptolem. [F.]
EIsmaelitme, eine blos im A. T. (Sen. 37, 25. 39, 1. Nicht. 8, 24.
Di. 43, 7. u. f m.) erwähnte Völkerſchaft in Arabia Petraea, die vom
Zamael, dem Sohne Abrahamd und der Sara abflanımte und das Stamm⸗
volt der Nabarhäer und Ituräer wurde. Nah Hieron. in Jes. 60, 7. waren
fie daſſelbe Bolt, das fpäter unter dem Namen Saraceni (Zapaxnr0:) vor-
fommt. [F.]
Ysmära (Inucor, nah anderer Lekart Ziauape), ein bloß von Ptol.
V, 7. erwähnter Ort im eigentlichen Armenia Minor zwiſchen Bimara und
Dascufa, 3 g. Di. von erflerer und 12 g. M. von Iepterer. |[F.]
Heumäres, Stabt an einem Berg gleiches Namens (Virg. Ecl. VI, 30.
Georg. 11, 37. Ismara, wer. V, 30 ) bei Maronea in Thracien, ſchon von
HOomer Odyss. IX, 39. 198. als eine Stadt der Giconen genannt. Bol. Mare.
Seracl. 8. Die Form Ismara Birgil. Aen. X, 351. Ismaron Blin. IV, 11.
(18.). In der Gegend wuchs ein geihägter Wein, Archil. bei Aıhen. I, 30. F.
904 Kıocräten
Hsoerätes (Idoxparns), ein berühmter Attiſcher Redner, ber in bem
Kanon der Redner Griechenlands die vierte Stelle einnimmt und von Cicero
(De Orat. II, 2.) pater eloquentiae genannt wird. Er war der Son
eined vermöglichen Atheners, des Theodorus, der eine Fabrik von mufifalis
fen Inftrumenten beſaß und dadurch die Mittel gemonnen hatte, dem Sohne,
defien Geburt DI. 86, 1 oder 436 v. Chr. fällt, eine angemeflene Erziehung
und Bildung zu geben, bie er insbeſondere bei den angefehenften Sophiften
jener Zeit, Tiſias, Gorgias, Probiens, auch Sorrated und Iheramenes,
wie von @inigen behauptet ward, erbielt. Weil er aber von Seiten feines
Körpers ſchwächlicher Gonflitution, dabei von Natur etwas fihüchtern war,
fo z0g er fih von der unmittelbaren Theilnahme an dem Sraatsfeben zurüd,
und eröffnete, um auf tiefem Wege feinem Vaterland nüglih zu werden,
eine Schule der Berebfamfeit, zuerfi auf Chios und dann zu Athen, wo er
ungemeinen Beifall und damit auch ein bedeutendes Vermögen fi gewann;
batte er doch nach einer Angabe des Plutarh am unt. a. Orte an hundert
Schüler, von denen jeder ihm ein Honorar von taufend Drachmen entriätete;
dabei fland er im Verkehr mit auswäriigen Fürſten, die ihn zu Rathe zogen,
für die er Reden verfertigte u. dgl., dafür aber von ihnen fürftlih bezahlt
ward; Nicocles, König von Eypern, fol ihm zwanzig Talente für eine folde
Rede gegeben haben. So war er allerdings im Stande, der Eoflfpieligen
Uebernahme einer Trierarchie ſich zu unterziehen, mährend er durd die von ihm
verfaßten, im Publiftum viel verbreiteten Reden für die Wohlfahrt feines
Vaterlandes und für eine Befferung der Zuftände deſſelben zu wirken fuchre,
nad dem unglüdlichen Ausgang der Schlacht bei Chäronea aber aus Ver:
zweiflung einem freimilligen Tod fid unterzog DT. CX, 3 oder 338 v. Chr.
Seine Brau, Plathane, war die Wittme des Sophiften Hipptas. Iiocrates
ſuchte der Beredſamkeit in ihrer praftifchen Anwendung auf das Öffentliche
Leben und die Angelegenheiten des Staats eine fittlide Grundlage und da⸗
durch eine innere Haltung zu geben, von der fie durch die Behandlung der
Sophiften und ihre eriſtiſche Methode fern gehalten worden war, daher er
auch ald Gegner der Sophiſten auftrat, während er in feinen Reden jene
Grundfäge zu verwirklichen und auf diefe Weife vortbeilhaft in ben Gang
der öffentlichen Angelegenheiten feiner Baterflabt einzugreifen ſuchte; au
feiner Schufe find ja aud die berühmteflen Redner Griechenlands, ein Ifäus,
Lycurgus, Hyperides, Demoftbened u. U. bervorgegangen (f. Weftermann
F. 51.). Hatte doch Hermippus über die Schüler des Iſocrates eine eigene,
leider verloren gegangene Schrift hinterlaſſen (1. Bv. III. ©. f221.). Daffelbe
Schickſal Hat auch die zahlreihen Kommentatoren der Reden des Ifocrates in
fpäterer Zeit, einen Philonicus, Hieronymus von Rhodus, Cleochares, Di:
dymus u. U. (f. Weflermann $. 49. Not. 3.) betroffen. Die Sprade des
Iſocrates iſt durchaus einfad und in dem reinften Atticismus gehalten, ob⸗
wohl minder natürlich wie die des Lyſias, und durch die öftere Anwendung
rhetorifher Biguren, wie fie dur die Sophiften insbefondere in Aufnahme
gekommen waren, bisweilen flörend, auch ‚Hei aller der forgfältisflen Ab:
rundund des Periodenbaus und aller Glätte des Ansdrucks doch bisweilen
etwas weitfgmweifig und die mühevolle und forgfame Kunft der Behandlung
zu erfennen gebend. Uebrigens waren feine Neben nicht ſowohl für ben
mündlichen Vortrag, als für dad Leſen beflimmt und darnach auögeführt.
Bon fehzig angeblihen Reden des Ifocrates, von melden jedoch ſchon im
Alteribum Cäcilius nur aht und zwanzig als ädt anerkannte (f. Blut.
“p. 838. D.), befigen wir no ein und zwanzig, welche, mit Ausnahme
von acht Reden, bie für gerichtliche Zwecke in civilrechtlichen Fällen geſchrie⸗
ben, als Muſter in dieſer Gattung der Beredſamkeit Athens dienen ſollten
(darunter auch die früher nur verflünmelt vorhandene, durch einen Fund des
Muftorives im Jahr 1812 aber vervollflänbigte, auf die mit dem Namen
ber Trierarchie oder Reiturgie bezeicäneten Leitungen ver reidderen Bürger
Athens bezüglicde Rede mapl rs arnıdooeng, gebrudt zu Mailand 1813. 8,,
dann von I. Conr. Dreli zu Züri 1814. 8.) ſämmilich der politiſchen
und epideiktiſchen Beredſamkeit zugehören, auch mehr oder minder zur Er⸗
reichung ber oben ‚bemerkten Zwecke niebergefrieben und verbreitet morben
find; hochgefeiert in dieſer Hinſicht war ſchon im Alterthum ber IIarımyvpınog, -
eine Feſtrede, auf deren Husarbeitung Iſocrates zehn oder gay fünfzehn Jahre.
verwendet Haben fol (Duintil. Inst. Or. X, 4, 4.), beflimmt bie Verdienſte
Athens um ganz Griechenland aus der Geſchichte darzulegen und dadurch die
Nothwendigkeit ver Athen vor Sparta zukommenden Degemonie, fo wie bes
gemeinfamen Kampfes wider die Perfer darzuthun; ebenfo gefeiert war der
IlsraOnreinos, eine ähnlige Feſt⸗ und Lobrede auf Athen und das Attiſche
Bolt, fle iſt leider mit einigen Lüden auf und gekommen; ferner. ber Apao-
zuyınnog, befllmmt vor dem Areopag zu Athen gehalten zu werben, um
für die Wieverberftellung der dur Cliſthenes (f. Bo. I. ©. 968. u. Bd. II.
6. 460.) geänderten Soloniſchen Verfaſſung zu wirken, mepi eionms fi
ovunayınos, nad dem Anfang des Bundesgenofienfriegs (Olymp. CV, 4),
um die Arhener zur GBingehung eines Friedens mit Chios, Rhodus und Bye
janz zu veranlaffen; aud die Leichenrede auf den Ol. CH, 3 ermorbeten König
von Gypern, Eungoras, die Kobrede auf die Helena (EAeyng synouor), da8
Lob des Buflris, des in der Mythe des Hercules bekannten Aegyptiſchen
Könige, gebören in biefe Gattung; empfehlend durch ben Inhalt und bie
ſchönen, bier nievergelegten Grundſätze find die Reden moos Nixonise, über
die Kunfl zu regieren, und Nixoxdis, über die Pflichten der Unterthanen
gegen ihre Herrſcher, für ben Nikofles, den Sohn des vorber genannten
Gvagorad ausgearbeitet, und von dieſem fürfilih belohnt; ferner Didszmos
oder rpog Dilınnor, um diefen Macevonifchen König zur Uebernahme eines.
Bermittler- Amtes unter den Griechiſchen Staaten und eines gemeinfamen:
Feldzugs wider die Perier zu bewegen; Aoyıdauos, um die Gpattaner zu.
veranlaffen, Mefiene nicht wieder aufjubauen; IMaraixos, eine Schuhſchrift
für Platäa gegen die Ihebaner; noos Anuonnor, eine Zuſchrift an einen
angefebenen Athener, den Sohn des Hipponicus und Bruder des Gallias,
vol von herrlichen moralifhen Grundſätzen, von Manchen jedoch in neuerer.
Zeit bezweifelt und für das Werk des Iſocrates aus Apollonia, oder gar
eines dritten Mhetoren biefes Namens ohne genügenden Grund erklärt, vgl.
Vatry in d. Mém. de l’Acad. des Inser. XII. p. 183 ff. und die weiteren '
Nahwelfungen darüber bei Weitermann S. 288.; von den übrigen, feinen-
Namen tragenden, auf und aber nit mehr gekommenen Heben iſt ebendaf.
©. 291. eine Zufammenftellung gegeben, welche die Zahl der nad ihren Aufs
ſchriften bekannten Neben 5618 zu at und vierzig fleigert. Außerbem
befigen wir von zahlreichen Briefen, welche Ifocrates bei feinem ausgebrei-
teten Verkehr, mei auch in. politiihen Ungelegenbeiten und auf an ihn ges
flelte Anfragen gefchrieben, wodurch dieſelben allerbings auch eine geſchlcht⸗
lie Bedeutung gewinnen, nur nod zehn, welde feinen Namen tragen, ob⸗
wohl darunter au einer in feiner Aechtheit beftritten iſt (ſ. die Nachweiſung
bei Weſtermann S. 292.) ; eine andere Schrift, welche auf die Theorie ber
Beredſamkeit ſich bezog (zayrn), Kennen wir nur aus einzelnen, bei Stobäus
und fonft vorkommenden Bruchſtücken (f. auch Quintil. Inst. Or. II, 15, 4.
vgl. mit Cicero De invent. II, 2. Spengel ws ovrayay. p. 156 ff. und.
Weflermann 6. 68. Not. 15. und Beilage IV. &.293.); aud biefe Schrift
wollen Manche dem andern Ifocrates von Apollonia beilegen. Es finden fi -
bie Reben des Iſocrates gebrudt in den (bei Ifäus III. p. 268.) erwähnten-
Bauiy, Aeal⸗Ecyclop. IV. | 20 **
⸗
206 XRXX
Gemulungen der Attiſchen Redner von Aldus, Beklet (T. IL), von Dauu
mb Sauppe (p. 151 ff. und beſonders 2 Voll. 12. Turici 1839.), vam
befonders zuerft zu Mailand dur Demetr. Chalcondylas 1498., dann Öfters
(na der Aldiner Ausgabe) au Hagenau 1933. 8., zu Venedig 1542. 1544.
1549. 8., zu Bafel 1546. 1550. u. f. w., beffer ebenvaf. 15853. fol. von
Hier. Wolf, insbeſondere in feiner größeren, mit Ueberfegung und Anmer⸗
Zungen begleiteten Ausgabe 1570. fol., auf welche mehrere Eleinere, daraus
gemachte Abdrũcke 1571. folgten. Einzelnes änderte H. Stephanus in
feiner naher oftmals wiederholten (zu Genf 1604. 1642. 1651.8., Kondon
1615. 8.) Ausgabe 1593. fol.; weniger leiflete die von U. Auger zu Parks
1782. II Vol. 4. beforgte Ausgabe, als man nad den Angaben über bie
dabei benutzten ſechzehn Codd. hatte erwarten Eönnen; einen beffern Text
gaben W. Lange zu Halle 1803. 8. und Ab. Coraes zu Paris 1807. UI
Vall. 8. (als Bo. I u. II der EAAnsuen Beßlsodnun), noch beſſer Bekler und
Die Zůrjcher Herausgeber am o. a. Orte; eine empfehlenswerthe Bearbeitung
ausgewählter Reben gab I. H. Bremi in der zu Gotha und Erfurt erſchei⸗
nonden Bibl. Graec. Vol. XIV. 1831.; einzelne Reden gaben au Ph. Fletcher
(au Orforb 1726. 8.) und W. Battie (zu Cambridge 1729. 8. und eine
weite Auswahl zu London 1748. 8.) beraus. Bon Ausgaben einzelner
den find inshefondere beachtenswerth die Ausgaben des Ilarmyvpenog von
©. F. N. Morus zu is 1766. 1786. u. 1804 -8., dann mit den Noten
bes Morus von 8 A. &. Spohn zu Leipzig 1817. und (cur. J. G. Baiter)
1831. 8., von &. Pinzger ebenbaf. 1825. 8., und von W. Dindorf ebendaf.
1826. 8.; ded Apusonayır. von I. 3. Bergman zu Leiden 1819. 8., und
von ©. C. Benfeler zu Leipzig 1832. 8., zapl sioyrns von B. I. Leloup
zu Mainz 1826.8., Evayopas von Demfelben ebendaſ. 1828.8. Die Briefe
(einzelne beſonders herausgegeben von K. F. Matthäi zu Moskau 1776. 8.)
fliehen am volflänvigften und correcteflen in den angeführten Sammlungen
yon Beller, wie von Baiter und Sauppe. Bgl. au Fabric. Bibl. Gr. I.
p. 678. 694. II.p. 791. Deutſche Leberfegumgen der Reben und Briefe gaben
&. &. Benfeler (IV Voll. 12. Prenzlau 1829 ff.) und Q. H. Ghriftian (in der
Meplerfen Sammlung 1832—36.). Ein Index Graecitatis Isocrat. von T.
Miichell zu Oxford 1807. 8. Ueber Audgg. und Ueberfeh. ſ. mehr bei Hoffmann
Lexie. Bibliogr. II. p. 615 ff. Im Allgemeinen f. über Leben und Schriften
des Iſocrates die Darflelung des Plutarh in den Vitt. X. Oratt (Opp.
T. H. p. 888. D.), die Kritit des Dionyſtus von Halicarnaß (T. V. p. 334 ff.
ed. Reisk.), Philoſtrat. Vit. Soph. I, 17., Phot. Bibl. Cod. CCLX., Guiv.
s. v. und daraus Gubocia p. 247.; von Reueren: Yabric. Bibl. Graec. II.
p. 7771. Weſtermann Geh. d. Deresfamf. in Gricchenland $. 48. 49.
Göloffer Univerſalhiſt. Ueberf. I, 2. ©. 272 ff. 2eloup Comment. de Iso-
create. Bonn. 1823. 8. U. Pauly Quaestt. aliquot Isocratt. Heilbronn
4828. 8., eine frühere Abhandlung von &. B. Schirach Über Leben und
Schreibweiſe des Iſocrates zu Halle 1765. 4. 3. ©. Pfundt De Isocrat.
vit. et script. Berolin. 1833. 8. A. Mang De Isooratis ingenio a
1ostantia Comment. (Programm zu Neuburg a. d. D.) 1885. 4 6.9.
änel in d. Zeitſchr. f. Alterth. Wi. 1837. S. 48 ff. ; kritiſch⸗ſprach⸗
ũqhe Bemerkungen von I. ©. Strange Köln 1831. 8. I. u. Iahns Jahrbb.
dv: BPhilol. Suppl. H. S. 76 ff. 226 ff. 382 Fi. TIL ©. 11. 439 ff. Ueber
die verlorenen Neben unb Briefe f. bie Abhandlung von Batry in den Usm
de lAcad. des Insoriptt. T. XII. p. 162 ff. (XIX. p. 240 ff.) — De
ffow genannte, mit ben Iſocrates von Athen mehrmals verwechſelte Ife-
erates von Apollonia iſt etwas jünger, ſcheint aber als Redner eben⸗
falls in einigem Anfehen geflanden zu haben, ba er an bem von ber Artemis
fin, der Königin von Carien, zu Ehren ihres Gemals veranfialteten Wettlampf
Natheil wahe, and Rebden hinterlleß, von Jwelchen Suibaßs fünf mit Ramen
nennt, von denen fich aber nichts erhalten hat; ſ. bie Nachweiſungen Bet
Hubafen Hist. critio. oratt. Graece. p. LXXXIV f. und Weflerm. a. a. O.
$. 50. Not. 3. 4. [B.]
Hoodnetes, ’Ioodairms von darin, Beiwort des Divnyfuß Zagreus,
als deſſen, ver feine Gaben glei vertheilt (Plut. ed. Hutt. IX, p. 288.),
ober ’Zooödenc von ddw, ber Alle gloich feſſelt, Beiwort des unpartheliſchen
Biuto (Heſych.), nad Bet. Anecd. 267. au Beiname bed Apollo. [ Mzr.]
Esomantas, fpäterer, zu Plutarchs Zeit üblicher Name eined Gies⸗
bachs Hei Goronda in Böotien, der früher ven Namen HSopliad oder Sopfitts
führte. wo yſander feinen Tod fand, Plut. Lys. 29. Bgl. HUN. of Gr.
1
p Esomäne (HJoordaı, Btol. V, 9.), ein Volk in Sarmatia Asiatica un-
weit des cafp. Dieeres und um den Fluß Soana (j. Sulat?) Her. Ihtre
nördlichen Nachbarn waren die Aleondae oder Olondae. [F.]
TooroAsreim, Gleichheit der bürgerlichen Rechte zwiſchen den Bürgern
zweier Staaten, deren Ausübung durch die Ueberſiedelung des Bürgers aus
dem einen Staat in den andern bebingt war. Solche Verträge (zo0 &
molsteiay Unaprem Exaripoıs reg Exarspoıs, Bolyb. XII, 10,4.) beftanden
3. B. zwiſchen Athen und Rhodus, Volyb. XVI, 26,9. u. Riv. ‚25.,
Iwiſchen Lebadea und Arkadien (7), Plut. quaestt. graec. 89., „elle den
tretiſchen Städten Latos und Dlus, Corp. Inser. gr. II. nr. 2554., Gietio
pytna und Briäfos ib. 2556., Allaria und Paros ib. 2557. Daß die Gleich⸗
ftellung ver Bürger eine völlige war, und nicht eine bebingte, etwa mit Auße
ſchluß des Stimmrechts und der Anwartſchaft auf Staatsämter, wie mimn
vermuthet hat, Ichrt der Ausdruck zo Bmioudro neroyar quer Oeivany zul
arlpuxireor zarıny 87 inardor za mode, C. I. Ar. 2554, 26., und Ahım
lie ur. 2556, 18. 2557, 16. Mit Unrecht dagegen bat man bus Ber
Hälmiß der Platäer zu Athen hierher gegogen, welches allerdings Diob. Ste.
XV, 46. ioonoAızeia nennt; allein dies war nur eine einfeitige Einbürgerung,
solsteia (Ihuc. III, 63.), wogegen ivonoAsrein, wenigſtend bei den Sährifte
ftelern der älteren Zeit, ſtets ein gegenſeitiges Verhaͤlmiß vorausfegt. Dus
einzige Beiſpiel von einfeltiger Ifopolitie in ber boͤotiſchen Inſchrift .
Inser. I. Ar. 1567. if nicht ganz fiher; das Formular der vorbergehmbeh
Infchriften zeigt, daß vielmehr die Ifotelte gemeint if. Vgl. C. F. Hermann
* . Gtantsalt. $. 117. Schoͤmann Antig. fur. publ, Üraec.
p. . ost.
IsorsAsicg, eine bevorrechtete Claſſe der Shußverwänbten In Athen
(Bolur III, 56. Harpoer. s, v. iooreing), wie biefe ohne Stimmrecht und
Zutritt zur Gtaatöwerwaltung, auch nicht in bie Stämme, Gaue und Phra⸗
tin, wohl aber in die Schahungen ber Bürger eingetragen, mit venen fle
glei befteuert waren. Auch konnten fie Orundbeflg erwerben und als com⸗
promiflarifge Schiebsrichter fungiren (Dem. g. Phorm. p. 912. 6. 18.).
Fan wer d. Ah. IE S. 77 ff. Hermann Lehrb. db. Oiränte
‚1. est.
Espa (once, Ptol. V, 7.), ein Ort im füblichen Striche von Armmonin
Minor zwifen Oromanbruß und Fufena (Dovgme). [F.]
Hspalis, |. Hispalis.
Hepimum, Stadt ber Garpetaner in Hiſp. Tarrac. in undefiimmier
Rage, Ptol. [P.]
Eszael, |. Judaea.
Ksrael, Ibal, f. Esdrelon.
Keen, f. Lesbos.
usa, Intel im adriatiſchen Merr, ber dalmatiſchen Kuͤſte gegmüßer,
IB o Eualitis: =. Lone
von geſchickten Seelenten bewohnt, baber „ie Antigen Varken (lembi Issa8})
‚in befonberem Rufe flanden, j. Liſſa, Str. 815. @äf. B. C. II, -9.
Hirt. B. A. 47. Liv. XXXT, 49. —5 — * —* 16. XLII. 4.
XLIN, 9. XLV, 26. Mela I, 7. Bin. II, 22. (26.) 26. (30.). [P.]
Hesätis, eine blos von Plin. VI, 15, 17. erwähnte, .aber -zu feiner Zeit
ſchon nicht mehr vorhandene Heine Stadt Bartbiens auf einem Felſen im Diſtrikte
EChoarene, nit: weit von der Stadt Galliope und der Örenze Mebiens. [F.]
-Isse (Toou), Tochter: des Makareus, auf Lesbus, Geliebte des Apollo,
fall der Stadt gleichen Namens den Namen gegeben Haben. Strabo I, p. 60.
PDvid Met. VI, 624. [Mzr.]
Issädon (100n80>), 1) 1. Scythica (Zxvdan, Ptol. VI, 15.), eine
Stadt in Scythia extra Imaum, fübwefllih von Auzacia, in einer Gegen?
der großen Tatarey, wo bie heutigen Karten Teinen Drt zeigen. — 2) I. Se-
riea (Zrnomn, Ptol. VI, 16., Hei Ammian. XXIII, 6. Essedon), eine Stadt
der Issedones in Serica unmeit des Flufſes Decharbe⸗ und der Casii Montes,
nad Mannert IV. S. 500. an der Stelle der heutigen chineſ. danbeleſtadi
Kantſcheu In der Prov. Schen⸗Si, nordöſtlich von der ſüdlichen Quelle des
Oechardes (j. Etins), an, der Grenze ver Wüſte Schamo. [F.]
Ussedönes (Isondores, Herod. I, 201. IV, 13. 25. 26. Btol. VI,
16., bei den Nömern, 3. B. Mela II, 1, 2. 9. 12. Blin. VI, 7, 7. VI,
17, 19. u. f. w., Essedones), ein weitverbreitetes Volt in Scytbia extra
Imaum bis 0 Serica hinein, das Herod. am a. D. den Maffageten gegen⸗
Über und Öfllih von ben Argippäern anfeht, und bem bie ebengenannten
Städte gehörten. Seine urfprünglidhen Site waren höchſt wahrſcheinlich
neben denen der Maſſageten, um den Fluß Iſet ber, einen Nebenfluß des
Mine, von dem fle auch ihren Namen hatten, nämlich „die am Stuffe Jet
Wohnenden‘‘, denn Don bieß in der Sprade der Alanen „Fluß, Waſſer“
(vgl. v. Humboldt bei Ideler ad Arist. Meteor. I. p. 501. Klaproth. Tab.
Dit. p. 131. und Ritters Erdk. II. S. 658.) und nah Cichwald Geogr.
d. Caſp. M. S. 264. heißt noch immer ein Hier wohnender finnischer Volks⸗
famm Ifet-Donen. (Val. auch Müller Der Ugrifhe Volkoſtamm. Berlin
1837. ifte Abth. S. 180.) Die Sitten der Iſſedonen, des oͤſtlichſten Volkes
ber Erbe, mit weldem die Griechen zu Herodots Zeiten in Handels verbin⸗
dungen geflanden zu haben fcheinen, waren benen ber Maflageten, ihrer Nach:
barn, ſehr ähnlich (vgl. Herod. IV, 26. und Mela II, 1, 12.). [F.]
Hast, ein jonft unbekanntes Bolt in Sarmatia Asiatica bei Blin. VI,
E
7,7.
Kasious Sinus (6 Tooube noAnos, Strabo II, p. 121. 125. XIV,
. 676. XVI, 737. u. Öft., Mela I, 13, 2. Blin. v1, 2, 2., bei Herod.
iv, 88, nad der Stadt Marlandus in Syrien 6 Mapıswövor noAnos; jet
Golf von Scanderun, auch von Ajazzo oder Ayas), er äußerfte, öflichke
Winkel des Mittelländ. Meeres zwiſchen Bilicien und Syrien, der feinen Namen
son der an ihm liegenden Stadt Iſſus und von der Mündung bed Pyramus
in Cilieien bis zur Klippe von Rhofus in Syrien einen Durchmeſſer von
8 9. M. Hat. Ueber die bedeutenden Veränderungen, welche bie Küfte dieſed
Bufens im Laufe der Zeiten erhalten bat, vgl. Rennell Illustrations of the
auped. of Aue (Lond. 1816. 4.) p. 38 ff. und Ritters Erdkde. IL
463 ff.
. Mssoria (Jovweia), Beiname der Artemis (Britomariis), von bem
lakoniſchen Berge Iſſorion, wo fie ein Death Hatte. Pauf. IH, 25, 4.
vgl. II, 14, 2. Plut. Ages. 32. Polyän. II, '[Mzr.
Hesus (Iooos, Strabo XIV, p. 676. —* v8 Mes 1, 13, 1.
Plin. V, 27, 22. Gic. ad Att. Il, 10. V, 20., bei Zen. Anab, L, 2, 24.
und I, 4, 1. Zoooi), eine Stadt Gificiens am innerfien Winkel des ms ihr
EIntaeränes.- Lstor - 308
benannten Meerbuſens, in den Zeiten der Perſer und ſelbſt Alexanderd des
Gr. noch groß und blühen (Xenoph. 1. 1. und Diod. Sie. XVII, 32.),
und berühmt dur die Schlacht zwiſchen Alerander und Darius (333 v.
Chr.), fpäter, aber, nah Anlegung des benachbarten Alerandria in Syrien,
febr FA und daher ſchon zu Strabo's Zeiten nur noch ein Städtchen.
Gewoͤhnlich Hält man es, jedoch wohl faͤlſchlich, für das heut. Ange oder
Ayas; Kinneir (Voyage dans P’Asie min. trad. par Perrin. T. 1. p. 215 ff.)
ſucht es an der Stelle des heut. Pias, Beaujour aber (nah Georgii Alte
@eogr. 1. S. 25.) glaubt, daß es in einem Sumpfe begraben liege, ber
ih in Folge großer Umwandlungen dieſer Küfte (f. oben Issicus Sinus) am
Golf gebildet habe. [F.]
Istaevönes, |. Germani.
Uster, {. Danubius und Bb. III. S. 1550.
Ester, Ioroos, ein nicht unbebeutender Name in ber Literatur be#
Alterthums, mehr als einem Schriftfieller angehörig, von denen und ver»
ſchiedene Werke genannt werden, ohne daß wir genau zu beſtimmen vermö⸗
gen, wie viele dieſes Namens gelebt haben und welche von jenen Werken
jedem derſelben als Urheber zukommen. Der bedeutendſte und bekannteſte
unter ihnen war der Verfaſſer der Arzına, deſſen umfaſſendes Werk in vielen
Büchern beſtehend namentlich über die ältere und älteſte Geſchichte des atti⸗
ſchen Staates ſehr ausführlich und dadurch für ſpaͤtere Autoren eine Haupt⸗
quelle geweſen fein muß (Athen. XIII, 557. a.: Ioroos your 87 r7 Teovapeg-
xadsnarn 707 Artiucr xra. cf. III, 72. c. Plut. Thes. c. 33. erwähnt
das dreizehnte Bud. Auch wird derfelbe von Harpofration, Suidas, dem
Schol. zu Ariftoph. u. a. angeführt. S. Siebelld Phanodemi ,. Demonis,
‚Clitodemi atque Istri '420:60> rel. libr. Frag. Lips. 1812. p. 51 f.). Es
bürfte nicht eben gewagt erjcheinen, wenn man vermuthbet, bap jene "Artıına
daſſelbe Werk bezeichnen, welches auch den Titel Zurayayn or ’Ardidor
führt (Sarpofrat. v. Beoimor: Torgos 69 noww ovrayayar, und 8. v.
Enreseynsiv: "Iorpog € ij ovrayoyı or Ardidor. Bol. Tzetzes ad Lyco-
phron. v. 1328). Wahıfgeinliä meint benfelben auch Plutarch Alex. c. 46.,
wo er ihn als einen Hiftoriker neben Kleitarchos, Polykritos, Dnefltritos
und Antigened aufführt (vgl. Siebelis 1..c.). Er erwähnt benfelben auch
in den Quaest. Gr. c. 43., bezeichnet ihn als Alerandriner und legt ihm
vaoumpare bei. Wir dürfen mit ziemlichet Gewißheit annehmen, daß biefer
vielgenannte Ifler der Kyzenäer, ein Schüler und Sclave des Kalimaod
war, weßhalb häufig 6 Kuddsuayeos genannt (Athen. XI, 478. b. Ebenſo
v1, 103. 272. b.). Es werden ihm bei Athenäos za —2* — und arm-
yoagal gegen Timäos beigelegt. Suidas s. v. T. II. p. 155. Küfl. nennt
ihn dagegen einen- Mafebonier und bemerkt zugleich, bap ihn Hermippos als
VPaphier bezeichne. Er erſcheint hier als Urheber vieler Schriften in gebun⸗
dener und ungebundener Rede. Gerh. Voß (de hist. Graec. IV, 385.) ſetʒt
ihn in die Zeit des Ptolemäos Cuergetes.“ Vielleicht iſt es derfelße Iſter,
welcher vom Schol. zu Sophokl. Oed. Col. 1046. 1059. als Verfaſſer rcõ⸗
aranımv, vom Tzetzes ad Lycophr. v. 467. als Verf. 70» ovuuinzor ge-
nannt wird. Wenn alle biefe Schriften einem und bemfelben angehören, fo
fann man ihn den bebeutenbften ber alexandriniſchen Polyhiſtoren anreihen.
Auch ſcheinen ihm die AnoAAavog enıparemı anzugehören (Siebeliß 1. c.
p. 66 ff. Harpokr. v. gapuanos. Phot. Lex. v. roızuar Hvoier. Plut.
de mus. T. IH. p. 2081. ed. Steph.). Ebenſo die Schriften Alyvazıov
® Wiewoht die Schriſt Ilroleuais, welche Siebelis und nach ihm Müller p. XC.
ohne Grund für ein Gedicht halten, nach der offenbar verberbten Anführung bei
Stpen, X, p. 478. bi ſehr zweiſelhaſt if. L West.)
dromlar und 7 ovsayayı tür Kontucy Bvasr, obwohl bie lehtere Zwrifel
erregen koͤnnte, wenn nicht das Prädicat 7 avsayaoyn (entfpreihend dem obigen
6 RoOTo ovvayayar) und beflimmte, ihm auch dieſe beizulegen. — Bu unter»
ſcheiden von biefem iſt ein zweiter Ifter, mit dem Beinamen Kallatianos.
Steph. Byz. v. Kadlanıs: 'Ioroog Kallarınröos nepi Tpaymdies yomıbec
„uAor BıßAior. Auf ebenvenfelben bezieht fi wahrſcheinlich die Schrift zeps
nslonowr ( Suid. v. Dune). Wenn die Arunal Assug nit dem Ber»
faſſer der Arruxce angehören, würbe man fle wohl dem Ifter Kallatianos
beilegen dürfen (Euflath. ad Odyss. I, p. 1627, 15.). — Höochſt wahr⸗
ſcheinlich iſt von dieſen beiden Autoren ein dritter Iſtros zu unterſcheiden,
welcher ſich vorzüglich Feſte und Kampfſpiele zu feinem Thema gewählt Hatte.
Er wird zunähft Berfaffer einer Schrift mai idormros «dor genannt.
Glem. Ufer. Strom. III, p. 193. ed. Comm. und Schol. zu Pind. Nem.
V, 89. p. 465. ed. Boeckh. Gin anderes, jedenfalls demſelben angebörenves
Wert, Hiıana und neel ıor Hiiov ayasror genannt, wird ihm vom Schol.
zu Pind. O1. VII, 146. p. 179. (BödH) beigelegt: is Zorpos ynalv &r 1
neol rar Hiiov ayorwr, in welchem Werke über bie auf der Infel Rhodos
gefeierten Seftipiele Helieen (zu Ehren des Helios) gehanbelt wurde. Indeß
iſt e8 nicht felten ver Fall, daß fpeciellere Titel nur eine Abtheilung eines
allgemeineren Werkes bezeichnen, und fo Fönnte auch hier das Iehtgenannte
Wert nur ein Theil des erfleren fein, obwohl dies Hier nicht eben ſehr wahr⸗
ſcheinlich iſt. Die oben erwähnte ovsayayn rar Kontor Hvar könnte
man mit gleichem Rechte biefem Iſtros beilegen, wenn man bie Berwanbt«-
{haft der Gegenflände berückſichtigt. Denn mas if verwandter als Opfer
und Feſte? Allein der Titel ovrayayı entſcheidet mehr für den erfleren
Autor. — Wir haben hier die wichtigſten Notizen über den Namen Ifter,
welche ſich bei den Alten auffinden laſſen, vorgelegt. Allein eine ganz ges
naue Unterſcheidung bleibt gegenwärtig noch mißlih in Betreff der von ben
Autoren dieſes Namens verfaßten Werke. Nicht von großer Bebeutung iſt
das, was Gerh. Voß de Hist. Graec. IV, p. 384 f. und Fabric. Bibl. Gr.
T. IH. p. 44. T. IV. p. 654. T. VI. p. 371. vorgetragen haben. Der
Lentere zumal laͤßt Alles auf fi beruhen, ba der Erſte doch menigfiend an
eine Unterfcheidung gedacht bat, 1. c.: „Nec tamen contendere ausim quae-
cungue Istro hactenus tribuimus, ea Istri esse Callimachii. Nam duos
minimum Istros fulsse vel inde liquet, quod apud Plut. Quaest. Graec.
logas: "Ioroos 6 ’Alskardgsvs 87 Unoumuanı, arA.“ Wir glauben e8 jeboch
annehmen zu dürfen, daß mehr als nel Seribenten biefes Namens eriftirt
haben. Siebelis 1. c. p. XVIII. Hält den Kyrenäer und Aleranpriner für
identiſch, unterfcheibet aber von biefew den Iſtros Kallatianos, und dann
noch einen viel fpäteren, welcher nah Gonftantin dem Br. gelebt unb eine
Gosmographie geſchrieben haben fol. Der Kyrender mochte zu Kyrene ges
boren fein, feine Schriften aber zu Alerandria ausgearbeitet Haben, weßhalb
er bald Kyrenäer, bald Alerandriner genannt werben konnte. — Der Tepe
in der Literaturgeſchichte bekannte Ifter If der Geograph Actbicus Ifter, von
weldem Bd. I. S. 197. gehandelt if. [ Kse.]
Esthınin. Die großen feftlihen Spiele, melde auf dem Iſthmos be⸗
gangen wurben, mögen unter den heiligen Agonen der feſtreichen Pelopon⸗
nefo8 den zweiten Rang behauptet haben, d. 6. ihr Glanz mochte geringer
als der der Olympien, größer ald der der Nemeen fein. (Bal. Themiſt
Orat. XV, p. 229. XXVIH, p. 413. ed. Dind. und Ariftiv. ’Zc9u. eis IIo-
oa. III, p. 41. Dind. Vol. 1.) Ja man Eönnte fid wundern, daß fie nicht
unter allen zur größten Bebeutung gelangten, da die Lage ihres Schauplatzes
dazu geeigneter war, als jeber andere. Denn ber Iſthmos war ein beſuchter
Zandungöplag für Of und Weſt und bir gafllide agrsos Kopırdog war
XXX St
ſtets vom Fremben beſucht. Pindar, welcher iſthnuſche Sieger befungen, be⸗
zeichnet dieſen Schauplatz auf manchfache Weiſe (zar adseoxsa Ioduov de-
oade, Isthm. I, 9. B. — Tobuioy vanog, VII, 63. 64. — 4 Baovaın? Ioöuov,
lo9uo za Lade«, ROrTov ydpvo ananarros, yapvoar normade neo Kooirdov
raxeo, KopirYov Saupada, Isthm. I, 32. HI, 38. 11. Nem. VI, 40. Ol. VIII, 52.
IX, 86.). in heiliger Fichtenhain (IToosıdanor räusrog) umfaßte die Kampf⸗
pläge, auf welchen bie Spiele begangen wurben, fo wie das Heiligthuu des
iſthmiſchen Pofeidon (Strabo VIII, 6. p. 380. Casaub.: eni ds zu Iodus
xas 0 zov loduiov Iloossöurog iapov, ade nurvmdsı Ovrmpepes, ONoV
109 ayara rar Toduimr Kopisdros avrersiovr). Die wichtigſten Theile des
Schauplatzes waren, wie überall, der Hippodromos für das Roßwettrennen
und ein Stabion für den Wettlauf. Paufantas ſah Hier noch ein ſchauwür⸗
diges Theater fo wie ein Stadien von weißem Marmor aufgeführt (II, 1,7.).
Den Hippobromod erwähnt er nit, woraus wir folgern dürfen, daß er zur
Zeit viefed Autors Fein anfehnlider Bau war ober fich nicht mehr in gutem
Zuflande befand. ine Inſchrift aus der. fpätern Zeit gibt und Über ver-
ſchiedene neue Einrichtungen und Wiederberftellung verfallener Bauwerke Aus⸗
funft (BödH C. I. n. 115. p. 573 f. Vol. I.). Hier werben xazalvonıg
Tois ano Tüg olnovussme anı za "Iodwue napaysrousros aOAmtaig erwähnt.
Auch nennt diefe Inſchrift zovs synpsrmpiovg oinovs, worin wahrſcheinlich über
die Tüchtigkeit und Zulaffungsfähigkeit der angemeldeten Agoniften jo wie
über die Siege entſchieden und beſtimmt mwurbe, fo wie Tempel verfchiebener
Gotiheiten. Auch wird hier eine Gäulenhalle (oroa) am Stadion ovr xexa- _
nrpmussoi; Olnoıs xai apognoounsan aufgeführt, worin wahrſcheinlich bie
Arhleten vor dem Beginn der Wettkämpfe vermweilten (ef. d. Anmerf. Böckhe
zu jener Infhrift). Diefe Urkunde fcheint der Zeit des Hadrianus und bee
Antenine auzugehören. Zu den gefeglichen Borübungen der Athleten in ben
paläftrifhen Rampfarten mochte das Kraneion benugt werben, ein ums
faſſendes Gymnaſion im Kyprefſenhaine gleiches Namens (Bauf. II, 2, 4.
Blut. Alex. c. 14. Athen. XIII, 6, 589. b. Diogen. Laert. VI,77.p. 351.
Meib.). Anberweitiges über vie hieher gehörigen Localitäten ift in der Schrift
über die Pythien, Nemeen und Ifihmien III, 1. S. 165—170. angegeben
worden. — Den Urfprung und die Geflaltung des Agons betreffend haben
wir bie mythiſche oder vorgeſchichtliche Beriode und bie geſchichtliche zu unter⸗
Heiden. Die mythiſche Beriode ermangelt einer zuverläßigen Grundlage unb
wir Fönnen bier nur den dunklen Spuren uralter Gulte nachgehen, welde
bis in die hiſtoriſche Zeit auf dem Iſthmos ihren Sig hatten und ihre Cele⸗
brität behaupteten. Offenbar hat bie fpätere Zeit verfchienene Sagenfrelfe ver⸗
(dmolzen, um jebem jener Mythen und Gulte feinen ehrwürbigen Urfprung
und feine Geltung zu reiten. Der am .weiteflen zurüdgebende Mythos Täßt
ben Agon von dem Poſeidon und dem Helios gemeinſchaftlich anordnen, bei
welcher Feier Kaſtor als Sieger im Wettlaufe, Kalais als Sieger im Diau⸗
los, Orpheus im Kitharſpiel, Herakles als Pammachos (d. i. im Pankra⸗
tion), Polydeubes im Saufllampfe, Peleus im Ringen, Telamon im Diskos⸗
wurfe, Ihefeus im Waffenlaufe oder Waffenkampfe (eroni:or) genannt
werden. Im Noßweitrennen habe Phaëthon mit dem Meitpferde, Neleus
mit bem Viergefpann geflegt. Auch fei hier ein Wettkampf ver Schiffe veran⸗
flaltet worden, wobei bie Argo den Preis erhalten Habe und darauf bier
dem Bofeidon geweihet worben fei (Dion Chryſoſt. Orat. Corinth. XXXVII.,
T. I. p. 107.R.). Dan findet Bier alle mythiſchen Potenzen phantaſtiſch
vereinigt unb erkennt an biefem Beifpiel pie ſeltſame Miſchung in den fpätern
Legenden. Poſeidon behauptet jedoch überall feine Bereutung ala Anordner
der Spiele. So im folgenden Mythos, welcher biefelben als Trauer-Agon
bezeichnet. Poſeidon nämli habe Die Einfegung diefer Spiele zum Andenken
342 Ertunie
und zur Ehre des Melitertes befohlen, eines Sohnes des orchomeniſchen
Könige Athamas und der Ino, welche fich mit jenem ind Meer geftärzt.
Ino fet in eine Nereive, Leukothea, Meltkertes in einen Dämon, Peldömon
genannt, verwandelt worden (Schol. ad Pind. Arg. Isthm. p. 514 f. B.
Ovid Met. IV, 521 ff. @uripides hatte vielen Mythos dramatiſch behandelt,
von welchem Stüde fih noch 22 Eleinere Fragmente erhalten haben; Gur.
Fragm. ed. Barnes. Musgr. T. Hi. p. 450—452.). Auch fein einft die
Mereivden dem Siſyphos im Ghorreigen erfhienen, und haben ihm aufge»
tragen, zu Ehren des Melikertes die Iſthmien zu begeben. Alles Gebilde
des poſeidoniſchen Cultes, welcher natürlih auf den meerbefpälten Iſthmos
das Uebergewicht behaupten mußte (cf" Ariflid. ZoOu. eis ITodeiô. III, p.
43. u. 48. ed. Dind. Vol. I. Bildliche Darftelungen eines irdenen Gefäßes,
welche man auf Poſeidon und Palämon bezogen bat, f. in d. Mon. ined.
d. Inst. d. corr. arch. V. I, pl. 52. 33.). Cine andere Modification
dieſes Mythos läßt den entfeelten Melikertes unbeerbigt am Ufer des Iſthmos
liegen. Da fei Korinth von Hungersnoth heimgefuht worden, und bad um
GErlöfung befragte Orakel habe Beſtattung bes Leichnams und Einfeßung eines
Traueragond befohlen. Noch eine andere, durch Werke der Kunft und Mim;-
gepräge veranſchaulichte Sage berichtet, daß der Leichnam des Meltkertes von
einem Delphin an den Iſthmos getragen worden jei, und daß Ihn Siſyphos,
König von Korinth und Verwandter des Melifertes, gefunden, beflattet und
ihm zu Ehren einen Traueragon eingefeßt Habe. Philoftrat. Icon. I, 16.
.p- 833. Ol. befäreibt ein Gemälde, meldes ven Palämon barftellte Hier
war Melikertes auf einem Delphin ſchlafend vorgeftelt, welcher fanft und
leiſe auf der Fläche des Meeres hinzugleiten ſchien, um ben Schläfer nidt
zu weden. Korinthifhe Münzen, welche ben Melitertes mit dem Delphin
veranſchaulichen, finden wir in bedeutender Anzahl: Vaillant Num. aer. imp.
p. 245. 246. 263—65.—268. 288. 289. Vgl. Mionnet Descr. d. med.
T. 11. p. 180 ff. T. IV. Suppl. p. 83—127. Der den Melikertes tragende
Delphin erſcheint Hier als der Bote bed Pofeldon, fein Liebling in den
Meereswogen und dad Symbol feines Eultes. — Wenn nun in allen jenen
Mythengebilden die Idee des poſeidoniſchen Cultes durchſcheint, fo tritt die=
ſelbe in der weiteren Geſtaltung der Sage noch beſtimmter hervor. Wir
treten an einen dritten Sagenkreis, aus deſſen Mitte Theſeus, Poſeidons
ſtatilicher Sprößling, hervorragt. Ein anderer Mythos meldet nämlich, daß
Theſeus die Iſthmien als Dankfeſt eingeſetzt habe, nachdem er den Frevler
Sinis Pityokamptes bewältigt und vertilgt hatte (Schol. zu Pind. Argum.
ad Isthm. p. 514. b. Vaſenbilder veranſchaulichen dieſe Scene auf verſchie⸗
dene Weiſe. Ich habe vier verſchiedene Vorſtellungen in den Pythien, Ne⸗
meen und Iſthmien mitgetheilt, Taf. III. Fig. 18—21.). Da nun Sinis
eben fo wie Theſeus Sprößling des Poſeidon genannt wird, fo iſt nad
diefem Mythos ein Neptunive dur den andern vertilgt worben, und infofern
fönnte man auch die durch Theſeus eingefehten Iſthmien als eine dem Pos
feidon dargebrachte Sühne betrachten. Dies läßt fich leicht mit einer Angabe
des Plutarch in Verbindung fegen, welcher berichtet, daß die zu Ehren des
Melikertes begangene Beier mehr in einer nächtlichen Weihe (reisen) als in
einem panegyrifchen Agon beflanden habe (Thes. c.25.). Wenigftens könnte
man annehmen, daß Theſeus nach jener That Hier entfühnt worden fel und
nun diefen Agon ald Dankfeft eingefegt babe. — Eine weitere Mopifkcatien
diefes dritten Sagenkreiſes ift eine Angabe des Scholiaften zum Pindar (Arg.
ad Isthm. p. 915. b.), daß die von Siſyphos urfprünglich eingefehte Beier
wegen ber jene Gegend beunruhigenden Straßenräuber eine Zeit lang in Ver⸗
gefienbeit gerathen, dann aber durch Theſeus, welder den Iſthmos von jenen
Unholden befreit, wieverbergeflellt worden ſei. Genug wir ſehen, daß wir
Esthmnia sis
; Betreff des Olhmpien Alles, was hinter Herakles, dem Ampbitryoniben,
gt, in ein Aggregat göttlider und menſchlicher, völlig mythiſcher Hand⸗
ngen zufammenfchmilst, fo in Betreff der Ifthmien Alles, was Hinter The⸗
38 Liegt. Jener weiber die Olympien feinem Erzeuger, dem Zeus, Bieler
mem Grzeuger, dem Poſeidon. So wie der olympiihe Zeus, der Bater
r Bötlter und Menihen, über der höchſten Meeresgottheit ſteht, fo bie
Inmpien über den Iſthmien. Plutarch (Thes. c. 25. vgl. Bauf. I, 44, 12.)
zeichnet den Theſeus als erfien Gründer ber Iſthmien (209 ayara noWrog
Irma), welche er aus Wetteifer mit Herakles angeorbnet und dem Voſeidon
:Beifigt habe. An dieſe Binfegung ber Iſthmien durch Theſeus haben fpätere
iſtoriker ein politifches VBerhälmig der Arhender zu den Korinthiern geknüpft.
aut Der Angabe des Hellanilod und bed Andron bewirkte Theſeus einen
Zertrag mit den Korintbiern, Eraft beffen die als Zuſchauer zu den Ifthmien
ommmenden Athenäer auf dem Schauplage fo viel Raum erhalten follten,
18 das audgebreitete Segel des Theoren⸗Schiffes einnehmen würbe (Piut.
Thes. c. 25.). In diefer Nachricht finden wir erftens eine der Älteften Theo⸗
ieen, zweitens ein uralted, durch Theilnahme an feſtlichen Spielen vermit«
eltes Sreunbicaftöverhältniß zweier meeranmwohnender Staaten. Gewiß iſt,
af die Athender während der fpäteren hiſtoriſchen Zeit die Iſthmien gern
efuchten, fo wie auf ihren Belobungsbecreten die Ifihmien gemöhnli als
ie erſten der vier großen heiligen Agone aufgeführt wurden (Demoflb. pro
orona p. 267. a. Rt. $. 91. Bekk.). — Die pariſche Steinſchrift, weiße
iythiſche Begebenbeiten gleich hiſtoriſchen Thatſachen chronologiſch feſtſtellt,
ählt von der Gründung der Iſthmien durch Theſeus bid zur Zeit ihrer Ab⸗
afjung 995 Jahre (Böckh C. I. n. 2374. ep. 21. v. 86. p. 801. Vol. II.). —
Das nun die hiſtoriſche Zeit betrifft, fo Läßt ſich annehmen, daß die Iſthmien
Kon früh genug mit Brequenz begangen wurden, morauf felt dem anhebenden
Slanze der Dlympien ein gewifler Wettelfer der Korinthier mit den Gleiern
inwisten mochte. Bor allem Eonnte die günflige Lage des Schauplakes, der
Reihehum und die Stellung Korinths mit ihren bebeutenben Golonieen ber
Belebrität de Agons förderli fein. Solon fehte jedem attiſchen Iſthmio⸗
ifen eine Belohnung von hundert Dradmen aus (Blut. Sol. o. 23. Diog.
taert. I, 55. p. 34. Meib.), ein Beweis, daß die Ifkhmien zur Zeit dieſes
deſetzgebers bereitö ala periodiſche Feſtſpiele anerkannt und celebrirt waren.
Die Tropäen über die Berfer brachten eine neue Epoche für alle großen Zefl-
viele der helleniſchen Staaten, fo nie in Deutſchland auf analoge Weiſe nad
wa großen Beireiungstämpfen die Turnkunſt aufblühte. Unmittelbar nach
von Berferfriegen finden wir die glänzenbften Hieroniken aus den verfchie-
venften Staaten, aus Athen und dem Peloponneſos, von Aegina und Rhodos,
ws Kroton und Sikelien. — Dagegen mochte der peloponneſiſche Krieg mit
iinen gegenfeitigen Niederlagen mehr hemmend als förbernd einwirken. Nach
Beendigung befielben aber mochte der Glanz des trieterifchen Feſtes von Neuem
eben. Späterhin während der Blüthe des achäiſchen Bundes, fo fange
ch mir ihm fand, konnten die Staaten dieſes Bundes ber Panegyris
eichende Feſtlichkeit verleihen. Merkwürdig bleibt, daß ſelbſt die Zer⸗
ng Korinths durch Mummius keine Unterbrechung in die Feier der Iſthmien
hie. Nachdem Korinth wiederhergeſtellt, zur roͤmiſchen Golonie erhoben
von neuem zur Blüche gelangt war, Tehrte auch ber Glanz der Ifihmien
‚ und fle wurben während ber Kaiferzeit mit großer Theilnahme cele⸗
. Auf Münzen von Korinth, unter Hadrianus, Verus, M. Aurelius
Commodus geprägt, kehrt die Aufſchrift ISTHMIA Häufig wieder (Mionnet
. d. med. T. il. p. 180. 182. 184—86. n. 235. 248. 262. 265.
L T. IV. p. 98. n. 668. p. 112. n. 766.). ©. Abbilumgen zu den
h., Rem. u. Ihm. T. U. Gig. 12—17. Bur Belt ve, Reifere Ju⸗
tv.
sie Betkunies
lianus wurben die Iſthmien, fo wie die übrigen großen Feltſpiecle noch ber
gangen (Julian. Ep. pro Argiv. p. 85. A.), modten aber mit jenen zum
DI. 298, wenn nit ſchon früher, eingekellt werben (f. Krauſe Olympia
©. 40 f. Pythien sc. ©. 58.). — Il. Die trieteriſche Beſtimmung Sei
Feſtes: Von ven vier großen Feſtſpielen waren zwei pentaeterifch, zwei trie
teriſch. Zu den letzteren, welche durchſchnittlich nad Verlauf von zwei Jahren
wieberfehrten,, gehörten die Iſthmien, über deren trieteriſche Feier uns PBinbaı
bie ältefte Gewähr gibt (Nem. VI, AO f.: zorsov ya yiyup Aandummeog sı
AupixEıorwr Tavpoponn zossrnoiß: zlunce Ilovedanıor ar rausmoe). Wir
die Pentasteris iſt au Die Trieterid aus ber Ditneterid abzuleiten, bem ur:
alten Cyclus, welcher in Kleinere Zeitabfchnitte zerlegt wurde, um kürzer
Frißen für die veriodiſche Wiederkehr der feſtlichen Panegyris zu exbalten
(f. Bockh Beitverhältn. d. Dem. Red. g. Mid. S. 97 ff. Abhandl. d. Berl. Qt.
hiſt. phil. GL. 1818. 19.). Wann aber die iſthmiſche Trieieris feſt
worden, läßt fich durch keine Thatſachen beſtimmen. Cuſebius fetzt die erſte
hiſtoriſche Beier in das dritte Jahr der 49ſten Olympiabe (Chron. libr. poct
p. 125. interpr. Hieron. ed. Scal. II.). Wir bürfen aus dieſer Angebe
vermuthen, daß ihm Quellen vorlagen, melde eine genaue Beſtimmung ver»
Ratteten. Wenigſtens können wir die Hifkorifche eier von jener Olymwiade
ab als ficher datiren. In diefelbe Zeit werden wir auch die Trieteris zu
- fegen haben. Ja es wäre wohl möglih, dag gerade bie Feſtſtellung der
Xrieteriö in jener Olympiade Beranlaffung gegeben, die geſchichtliche Kein
der Spiele erfi von jener Zeit ab beginnen zu laſſen. — Die gewidtigften
älteren Ghronologen, Scaliger, Betau, Dodwell und Gorfint haben bereit
nachgewieſen, daß die trieterifähe Feier der Ifiämien in dem exflen und britten
Jahre jeder Olympiade Statt fand (Iof. Scalig. de em. temp. I, p. 99.
Pet. de doctr. temp. I, 33. Dodw. de vet. Gr. et Rom. cyel. VI. Seet.
I—IV. p. 280. Gorf. diss. agon. IV, 3. p. 85 ff.). Au Tiefen uns fe
wohl griechifche ala römiſche Autoren competente Beifpiele, welche dieſe Be
hauptung außer Zmeifel fegen. Berner folgerte Dodwell aud den Worien
Dinbars (Ol. IX, 88 ff., dazu d. Schol.), daß die in das erfle Dlympiaben:
Jahr fallende Zeiler der Iſthmien am zwölften des attifchen Helatombäen be⸗
gengen worden jei, welder nah dem korinthiſchen Kalender ber vorlegt
Monat des Jahres geweſen fei (Dobw. de cycl. VI, 3. p. 283). Aut
nach Gorfini (Diss. ag. IV, 3. p. 86 ff.) fiel dieſe Sommerfeier auf be
zwölften des korinthiſchen Panemes, welcher nad) ihm dem attiſchen Heka
tombäon, nad Böckh aber dem attiſchen Metageitnion entſpricht. Die Um:
haltbarkeit dieſer Folgerungen hat jeboch bereit Boͤckh (Kapl. ad Pind. Oi
IX, p. 188.) dargethan, und es bleibt uns nur fo viel gewiß, baf die Geis
nes erſten Dlympiaben- Jahres im Sommer begangen wurbe (Thuc. VIEL, 10
cf. c. 7. Gurt. IV, 5, 11. @lint. F. H. p. 164.). In Betreff vor Frie
des aritten Olympiaden⸗ Jahres läßt fih aus Renophon, Demoſthenes und Liviu
beſtimmt ermitteln, daß dieſelbe in ben Frühling jenes Jahres gefallen ie
(&en. Hell. IV, 5. Liv. XXXIH, 32. 83. Ausführliser babe ich hierübe
in den Pyth., Nem. u. Ihm. ©. 182—188. gehandelt). — IH. Beitanb
theile des Feſtes: Die drei Hauptbeſtandtheile großer Feſtſpiele waren bei
mufifge, der gymniſche und ber ritterlihe Agon. Diefe finden wir auch ü
von. Iſthmien vereinigt. Der ältefle war jedenfalls der gumnifche, zu welden
man ſchon früh den ritterlichen und erſt fpäterbin auch den muſiſchen Kinn
fügen mochte. Was den gymnifgen Agon betrifft, fe finden wir bier fol
fämmtliche in den übrigen großen Feſtſpielen eingeführte Rampfarten der Manne
und Kuchen, und fiherli fanden aud diefenigen Hier Statt, welche ım
nit aushrädlih geuannt werben. Denn da wir kein Verzeichniß vieſ⸗
Kampfarten, übsrhaupt keine Schrift über pie Iſthmien aus dem Allerther
meßrere vorhanden waren), mb bie und überlteferten
erfireut, vereinzelt und nur beilduflg angegeben ſind, fo läßt
folgern, wenn wir einige Rampfarten nit aukdrücklich
. Es werden uns Iſthmioniken im einfaden Wettlaufe
dnner und Knaben, im Dolichos, im Singen, im Fauſt⸗
Männer und Knaben, im Banfrarion ver Männer und der ayr-
im Bentathlon aufgeführt. (S. D. Ehrvfoflom. Kor. 7 Ioon.
. 291. Vol. I. Reisk. un) d. Verzeichn. d. IMhmioniken in d.
‚ m. 6. 209 ff.) Borzüglih fennen wir tädtige Fauſt⸗
Bantratiaften als Iſthmioniken, mas um fo mehr zu bewun⸗
‚ da diefe Kampfarten von den Deriern nicht cuftivirt wurden. Pin-
at mehrere Ihebäer und Aegineten ald Gieger in den Iſthmien ver-
(Istkm. HI— VII. [VET.] et Pragm. Pind. I. Iodmorixas p. 500)
oroniten Hatten natürlich auch in den Ifiymten geflegt. — Im ritterlichen
uns nur Sieger mit dem Biergefpann und im Heiterrennen
Gewiß mar auch das Zwiegeſpann aufgenommen worden. Pin⸗
den Sieg feines Mirbürgere Gerodotos im Rennen mit dem Bier-
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und den des Agrigentinerö Zenokrates in berfelben Kampfart be-
fungen (Isthm. Carm. 1.11.). ebenfalls hatten auch der Spartiate Xenarchos
und ver Bater des Theochreſtes aus Kyrene mit dem Viergeſpann geflegt
(1. Poth. Rem. u. Iſihm. ©. 223.). Die Söhne des Pheidolas aus Ko⸗
rinth Gatten den Breie im BMeiterrennen gemonnen (Bauf. VI, 13, 6.). Auf
Münzen finden wir im Rennen begriffene Zmeigefpanne veran⸗
ſchaulicht (Baillant Num. aer. Imp. etc. p. 306.). — IV. Der Gotted-
frieden, die Theorien und KRampfgefege: Iodumei onordei erwähnt Baur
fantas aus ber mythiſchen Zeit und läßt viefelben durch Herakles übertreten
(V, 2,1. 2.). Mährend ver hiſtoriſchen Zeit hatten natürlich diefe aomordai
nit geringere Geltung als die der übrigen großen Keflfplele und wurden wie
gewöhnlich durch die heiligen Herolde (onordopopor) in den helleniſchen Staaten
verfündigt. Indeß wurden fle nicht beachtet, wenn die Anoronung ber Ago-
nothefle nit gefegmäßig und Herfömmlih mar. Go zur Zeit deö Ageſilaos,
ale die Argeier Korinth in ihre Gewalt bekommen hatten und nım bie
Iſthmien zu begehen beabſichtigten. Während fie mit der Anordnung des
Feſtes beihäftigt waren, rückte Agefllaos mit Heereſsmacht und mit ben ver-
triebenen Korintbiern heran und verhinderte jene an der Ausführung (Ken.
Heu. IV, 5, 1. 2. Divb. XIV, 86. T. I. p. 709. W. Pauf IM, 10, 1.).—
Daß glänzende Theorien ſowohl zu Wafler als zu Lande auf dem Schau⸗
plage ver Iſthmien anlangsem, TÜR fi voraußfegen. Unter allen mochte fich
vie attiſche auszeichnen aud dem oben angegebenen Grunde. Nur die CEleier
fanden keine Theoren zu ben Ififnnien; auch traten Feine Agoniſten aus Elid
bier auf, vie Lepreaten ausgenommen (Pant. V, 2, 1—4. VI, 16, 2.). —
Ueber die iſthmiſchen Kampfgeſetze Tüte ſich nichts ſpecielles mittheiſen; auch
bürfen wir ohnehin annehmen, daß fie mit den olhmpiſchen und pythifchen
zen identiſh waren. (©. Dftympia $. 15. ©. 144-196. Im Allgem.
Ara. zeoi öpor. Or. XLIL, p. 781. Dind. und Themiſt Or. XV, p. 229.
ed. Dind.) As etwas Gpecielled wiſſen wir, daß hiet ein’ Agenift an
einem und bemfelben Tage wit nur in zwei, fordern fogar in drei ver-
ſchiedenen Kampfarten auftreten durfte, was 3. B. Kleitomachos aus Theben
that, welcher bier an einene Tage im Ringen, im Faufltampfe und im Pan-
kration legte (Bauf. VI, 15, 3.). In Betreff des Geremoniellen ver Beier
wiffen wir, daß der Beginn der Feſtlichkelt Durch den Herold feierli ange
tünbigt wurde, welcher mitten auf den Kampfplat trat, dur vie Galpinz
Stille gebot und den Anfang der Spiele mit der gebräuchlichen Formel
anfagte (io. AXZ, 32. ch. Themiſt. 1. c., welcher ebenfalls die Salpim
316 Kıtkmni
erwähnt). — V. Die Kampfrichter: Der Iſthmos war Eigenihum der Ro»
rinthier, welchen daher auch bie AgonothHefle der Iſthmien anheimfallen mußte.
Auch wird fie Ihnen ſchon in der mythiſchen Zeit beigelegt (Blut. Thes. c. 25.
Bauf. V, 2, 1. 22, 3.). Pindaros bezeichnet die Korintbier überhaupt als
Agonotbeten der Iſthmien (Nem. II, 20. B., dazu d. Schol. p. 439. ed. B.
vgl. Strabo VIII, p. 380.). Im dritten Jahr der Yöflen DI. wurde, wie
fdon bemerkt, die von den Argeiern bereits angeordnete Feier durch den au⸗
rüdenden Agefllaos unterbrochen und dbiefelbe nun unter dem Schub dieſes
Feldherrn von den erilixten Korinthiern durchgeführt. Nachdem fich aber
Agefilaos wieder zurückgezogen hatte, begingen die Argeier, welche im Beſite
Korinth waren, die Feier von Neuem, wodurch der feltene Fall eintrat,
daß in diefem Jahre mancher Iſthmionike zweimal befränzt wurde (Xenoph.
Heil. IV, 5, 2.). Im zweiten Jahre ver YBflen DI. murde Korinth durch
den nad Antallivas benannten Frieden von den Argelern wieder befreit und
erhielt natürlich zuglei feine Ugonothefle zurüd. Nah Korinths Zerflörung
durch Mummius übernahmen die Sikyonier die Agonothefle, bis dieſe Stabt
durch Gäfars Vermittlung miederhergeftellt worden mar, worauf die Korinthier
wieder in ihre alte Bunction eintraten (Pauſ. II, 2, 2.). — Ueber die Zahl der
Kampfrichter find und Feine beflimmten Nachrichten erhalten. Auf fpäteren
Infhriften (Bödh Corp. Inser. n. 1186.) und bei fpäteren Autoren wird
uns nur bie und da ein iſthmiſcher Agonothetes genannt. Aus einer Mit⸗
thbeilung des Plutarchos erfehen wir, daß Hier ein Kampfriter fein Amt
zum zweitenmale verwalten Eonnte, und daß ein folder bisweilen feine Mit⸗
bürger fo wie anmefende Fremde glänzend bemirtbete (Blut. Symp. VIII,
4, 1.), woraus man folgern darf, dab man diefe Junction nur Reigen zu
übertragen liebte oder daß ſolche von Seiten des Staates als Liturgen dazu
erforen wurden. Ja in der fpäteren Zeit ſcheint nur Reichthum und Anfehen
fo wie Geſchlechtsadel bie Wahl entſchieden zu Haben, wobei der ethiſche
Gharakter wenig in Anſchlag gebracht wurde, menn wir zweien Briefen des
Apollonios von Iyana an den Korintbier Baffos als Kampfrichter trauen
‚dürfen (Philoftrat. Epist. Apoli. Tyan. p. 394. n. 36 f. Olear.). Daß die
iſthmiſchen Kampfrichter eben fo wie die olympiſchen Hellanodiken ein aus⸗
zeichnendes Gewand trugen, dürfen wir annehmen; daß ihr Haupt mit dem
Kranze geſchmückt war, zeigt und eine Erzählung. des Dion Chryfoſtomos
(Orat. IX, Loy. 7 IoOu. p. 291 f. Vol I. ed. R.). — VI. Die GSieget-
kränze: Das Charakteriſtiſche der vier großen heiligen Spiele beſtand vor-
zugöwelfe darin, daß dem Sieger Fein materieller Gewinn, fondern nur ber
Threnkranz geboten wurde, ein ſymboliſcher Siegespreis, mit melden un»
ſchaͤßbare Vorthelle verwebt waren. Die homeriſche Dichtung läßt in ihren
Kampfipielen blos Werthpreife Statt finden; um fo auffallender iſt der
Anachronismus, wenn von Siegeskränzen der mythiſchen Zeit geredet wird.
So werden au die mythiſchen Iſthmien als aymr oregariıns bezeichnet,
und zwar fol ber Kranz bei der erſten Feier aus Eppich, Tpäter aus Fichten⸗
zweigen gewunben worben fein, was ebenfalls der fpäteren Beit entnommen
iſt (Schol. zu Pind. Isthm. Argum. p. 514.B.). — Gewiß if, daß wahrend
der biftorifchen Zeit der Siegeskranz lange aus Cppich befland, und daß erſt
fpäterhin, unter der Kaiſerherrſchaft, die Iſthmioniken mit Fichtenzweigen
ummunden wurden. Da nun au in den Nemeen der Breis in einem Cppich⸗
kranze befland, fo bat man angenommen, daß biefer aus frifhem, der iſth⸗
mifhe aus trodenem Eppich geflodten worden ſei (Schol. zu Pind. OL
XIII, 45. p. 274.38. und zu Ol. 111, 27. p. 96. B. Niland. Alex. 605 ff. ),
für welche Angabe fi Feine vollgültigen Beweiſe auffinden Iaffen. Des
iſthmiſchen Cppichkranzes gedenkt Pindaros mehrmals (Nem. IV, 88. Ko-
rdionc osliro, Ol. XIU, 31. B. dvo 8 arror äpewer mAonoı OsAcrer
Lstımla 817
ir Ioduıadeonr yarkrra). Daß der Cppichkranz noch zur Zeit des Felbherrn
Timoleon (DI. 110) befand, geht aus einer Erzählung des Diodoros (XVI,
679. T. II. p. 143. Weil. Blut. Timol. 26. Symp. V, 3, 2.) hervor. — Allein
derielbe behauptete ſich noch mehrere Jahrhunderte, und der Fichtenkranz trat
erft lange nad der Wienerberfielung Korinths an die Stelle des Eppichs.
Während ver Katferzeit erfcheinen die Iſthmioniken unabänverlih mit dem
Fichtenkranze (einfach dur n trug bezeichnet, fo wie der olympiſche Oliven»
franz dur 6 xozwos) umwunden (Plut. Symp. V, 3, 1—3. Bauf. V, 21,5.
vi, 13, 2. &uf. Anach. $. 9. 16.). Der Eppichkranz deutete auf ben
ayay anıtapıos, alſo auf Melikertes (Schol. zu Pind. p. 274. B.), der
Fichtenzweig nur .auf den Cult des Poſeidon. Bei Plutarchos werben ver»
ſchiedene Meinungen über den Grund der Einführung des Eppichs und der
Fichte vorgetragen, wobei der Fichtenkranz ald der herkömmliche und vater
löndifche, der nur aus Nivalität mit den Nemeen von dem Eppih verbrängt
worden ſei, bezeichnet wird. Späterhin babe die Fichte ihre urfprüngliche
Geltung wieder erlangt (Blut. Symp. V, 3, 1—3. Hier werden Berfe bes
Eupborion und des Kallimachos angeführt), Mit Sicherheit können wir '
annehmen, daß bereit unter Berus der Fichtenkranz wieder in fein Met
eingefeßt worden war. Denn eine unter dieſem Kaifer geprägte Münze vor
Korinth zeigt diefen Kranz (Vaillant Num. aer. imp. p. 137. u. p. 294.).
Bon dieſer Zeit ab behauptete er ſich His zur Binftellung der Spiele. —
Natürlich war e8 während ber Zeler der Spiele weder bier noch auf den
übrigen großen Schaupläßgen der Feſtſpiele außer den Siegern und Kampfe
richtern irgend Jemand verflattet,. fein Haupt mit dem Kranze der Sieger zu
Ihmüden. Als dies einft ber Hier oft anweſende Diogenes von Sinope ge-
wagt batte, ließen die Kampfrichter ihn fagen, er möge den Kranz ablegen
und nichts Geſetzwidriges thun (Dion Ehrofoflom. Asoy. 7 Iodu. IX, p. 291.
Vol. I.R.). Außer dem Kranze mwurbe jedem Sieger bier wie in ben übrigen
heiligen Agonen au die Palme gereiht (Plut. Symp. VIII, 4, 1. Bauf.
VIII. 48, 2.). Deffentlide Bekränzungen und Belobungen einzelner vers
dienter Männer fo wie ganzer Staaten fanden bier wie zu Olympia und in
den übrigen großen Feſtſpielen Statt (Dem. pro coron. p. 267. R. Bödh
Corp. Inser. n. 1572.), fo wie gegenfeitige Verträge und Bündnifle helleni⸗
fer Staaten auf Stelen eingegraßen bier aufgeftelt wurden, bamit fie deſto
leichter und ſchneller zur allgemeinen Kenntniß gelangen könnten (Thuk. V, 18.).
Während der Keler ver Iſthmien erklärte einſt der röm. Feldherr T. Quinctius
Slamininus dur den Herold die Griechen für frei und autonom (Blut. T.
Quinct. Flam. ce. 12. Liv. XXXIII, 32.). Später wieberholte dies Nero
(Suet. Ner. c. 22. 24. Dio LXIII, 21. uf. Ner. c. 3.), beides ohne
Dauer und Nachhalt. — VII. Necitationen, Agoniften, Zufgauer: Vorträge
verfchiebener Art wurben namentlich während ber fpäteren Zeit auf den Schau⸗
pläßen faͤmmtlicher großer Feftipiele aufgeführt. Beſonders befanden diefelben in
rhetorifhen und poetiſchen Producten. Nachweiſungen bierüber beziehen ſich
faft nur auf die fpätere Zeit. ine belehrende Stelle des Dion Chryſoſtomos
erftredit fih auf die Zeit ded Diogenes von Sinope, während deſſen Anwe⸗
fenhelt Hier viele Sophiften um ben Tempel des Poſeidon verfammelt waren,
welche ſich durch mächtige Stimmen bemerkbar machten, aud einander Schelt»
norte zuriefen fammt ihren Schülern, welde Barteien bildeten und theil®
dieſem theild jenem beitraten. Auch Hatten fich Hier Hiſtoriker eingefunden,
welde Proben ihrer geſchmackloſen Schriften vortrugen: viele Dichter, welche
ihre Brobucte recktirten, und Andere, melche diefelben lobten: viele Wunder
fünfller, und Zeichendeuter, viele Rhetoren, welche controverfe Nechtöfälle
entwickelten (Sinac orpeporres, Dion Ehryf. Aroy. 7) nepi apernc p. 277.
278. Vol. 1. R.). — Die Agonifien der gymniſchen Wettfämpfe zerfielen in
818 TIeonæis
brei Claſſen, in die der Männer, der ayansıcı (erwadhfener Jünglinge) urud
der Knaben (maides). Die Kampfarten für die beiden lakteren traten erſt
im Berlauf dev Zeit hinzu, wie in den Diympien und Pyihien. Im Roß-
wettrennen, welched bier auch durch ven Gult des Poſeidon, der ja als
Inmioe verehrt wurde, zur Blüthe gedeihen mußte, zeichneten fi aan
altadeliche Geſchlechter aus Korinth, wie die DOligätbiven, und aus Athen,
. wie bie Altmäoniven aus (Pind. Pyth. VIE 13.8. OL XI, 93 ff.). —
In Betreff der Hier zufammenflrömenden Infchauer ſetzt fon die Lage Des
Iſthmos voraus, daß die Zahl derſelben bei jeder Feier groß war, auch
geben uns die Alten hierüber ausbrüdliche Nachricht (Strabo VIH, 6, 378.
Gaf. Liv. XXXIII, 32. Ariſtides Orat. IH. aic IIocuio. R: 37. Dind.).
Dion Chryſoſtomos erwähnt Zuſchauer aus Italien, Sicilien, Libyen, Iheffa-
lin, aus tonifgen Staaten und vom Voryſthenes (Loy. 7 Tobu. orat. IX,
p. 289. Vol. I. R.). Unter ven Zuſchauern befand fich einft auch Sokrates,
fo mie die Dichter Aeſchylos und Jon (Plat. Crit. c. 14. p. 52. b. c.
Blut. de prof. in virt. c. 8.). — VIH. Kleinere Ifihmien in verſchiedenen
Staaten: Wie der Name der großen Olympien, Pythien und Nemeen, fo
wurde auch der ber Iſthmien auf Fleinere Feſtſpiele verfchiebener Staaten
übertragen. Indeß ift die Zahl verfelben Hei weitem nit fo groß als bie
der Dlympien und Pythien. Die Iſthmien zu Ankyra in Balatien werben
auf Münzen und Steinfriften erwähnt. Jedoch feinen es viefelben Feſt⸗
fpiele zu fein, welche Hier auch METAAA AZKAHIHA und IITOIA ge
naunt werben (Mionnet T. IV. p. 385. n. 62—66. Bol. Kraufe, Pyth.
Nem. u. Ihm. ©. 57 f. u. 207 f.). Die Iſthmien zu Nike in Bitkynien
werben auf einer umter Valerianus geprägten Münze dieſer Gtabt erwähnt
und auf Ähnliche Weife wie bie vorigen durch ICOM. IITOIA bezeichnet
(Eckhel D. N. I, 4. p. 444. Mionnet Suppl. T. V. p. 139. n. 923.).
Die Iſthmien zu Syrafufä lernen wir nur aus einer ifolirten Angabe des
Schollaften zum PVindarod Eennen (Ol. AH, 158. p. 288. B.), welde jedoch
fon darum glaubwürdig: if, weil Syrafus eine Gründung der Korinthier
war, und kein anderer Name ihnen theurer fein Tonnte als der der Iſthmien. —
GSehließlich erwähnen wir die Literatur ber Alten über die Ifihmien. Es
werben und mehrere genannt, welde theils in proſaiſchen theild in epiſchen
Schriften über diefe Feſtſpiele gehandelt Hatten. Plutarch und Atbendos er-
wähnen tin von dem epifcden Dichter Cuphorion verfaßted Werk über bie
Iſthmien (29 zo nepi Taduior xeA.), aus welchem mehrere Berfe aufgeführt
werben (Blut. Symp. V, 3, 2. 3, en. IV, 182.). uphorion biüßte
um DI. 137. Dann wird Patrofles, elr Akademiker und Zeltgenofie des
Xenokrates, als Verfaſſer einer Schriſt über die Iſthmien bezeichnet (Blut.
Symp. V, 3, 3.). Ebenſo Dlufäos, welchen der Scholiaſt zu Apollonive
Rhod. (Arg. Hl, 1240. Movorios d& 87 ro nepl Ioduior xri.) aufführt.
Wahrfspeinlich if: der Gphefler gemeint, deſſen Blürhe in die Zeit von DL
455-160 fallen mochte. Bei Guivad wird ein Autor Namens Theſeus ale
Berfafler einer Schrift weni Tor Ic. erwähnt, welche Ichtere Notiz id
nur als mündliche Mittheilung des Prof. Bernhardy, des ſtattlichen Heraus-
geberd des Suidas, verbürgen fann. In Betreff neuerer Darftelungen kann
man aus früherer Zeit nur eine fehr bürftige, über dad Chronologiſche nicht
weit hinausgehende Abhandlung in den Diss. agonist. von Gerfini (1747.
Florenz) ermäßmen. Unterzeidineter hat hierüber in einer Schrift, die Pa
thien, Nemeen und Ifihmien ©. 165— 223. gehandelt, wozu auch zwei Tafeln
mit Abbildungen gehören (T. II. III.) Leipzig 1841. [Kre.]
Tosuıae, Iſthmiade, bezeläänet den Zeitraum von ber einen eier ber
großen ISAhmien bis zur anderen, welcher durchſchnittlich zwei Jahre, das
sine mal eiwas mehr, das folgende mal etwas weniger, umfaßte. Diefen
Istiknleniene — Euiri 819
Zeitraum bezeidänste man ala Trieteris, und zwei: bevfelben fülkten eine —*
piabe aus, alfo eine Bentaeteris (Mrifie. doOu. sis Ilooadir« MI. p.
Dimd. ©. ven Art. Isthmia II.). [’Kse.]
Estkmiiomione , Sieger in den großen ififmifchen Spielen, deren Zahl
von der erfien Begehung biefer Spiele His zu ihrer Einftelung jehr groß
fein mußte. Wir kennen verhältnißmäßig nur eine Eleine Zahl verfelben,
melche größtentheild ver fpätenen Zeit angehören. Auch hierdurch GuRätigt
fh vie Angabe des Pauſanias (VI, 13, 4.), daß die Korintbier eben do
wenig al& die Argeier in der älteren Zeit vollſtändige ——— derſelben
geführt haben. Die Namen ſänmtlicher und noch bekannter Gier habe
ich in den Pyıh., Rem. u. Iſthmien ©. 209—223. angegeben. [ Kse.]
Esthenins, Beiname bed auf dem Eorinıkifhen Ihthmus verchrten Po⸗
feipon. PBauf. II, 9, 6. ‚[Mer.]
Esthmas (6 auch 7 'Io8uos) ; fo Heißt borzugsweife die Torinthifche
Landenge zwiſchen dem Forinthifchen und farenifchen Bufen, welche die pelo⸗
ponneftfche Halbinjel mit dem Feſtland oder dem eigentlichen Hellas verbindet.
Der Iſthmus beftcht aus einem fehr niebrigen Laudrücken, zu welchem A
von Rorbof bie Öneij@en und geraneiſchen, von Suͤdweſt bie korinthiſchen
Verge abfenten. Un seiner ſchmalften Stelle betrug feine Breite 4O Stadien
— 5 röm. Milien — 1 beutihe Meile, Agathem. I, 5. Blin. IV, &. (5.),
während Mela I, 3. und Solin. 7. nur A Millien angeben. Sie befand
ih vas Bofeibion und ver Platz der iſthmiſchen Spiele (meräber ſ. oben
Isthmia) und der Diolkos, oder die Straße, über welde die Schiffe⸗
labungen und bie Eleineren Bahrzeuge von bem weſtlichon —— hin⸗
über nach dem Dafen Schönus geſchafft wurden, Plin. a. O.
BioAnos:. Der Verſuch, einen Ganal durch bie Zandenge hindurhzuführen,
wodurch die Iangwirsige und gefährlicde Fahrt um ben Peloponnes umgangen
worden wäre, wurbe im Alterthum viermal, aber immer vergeblich angeflellt,
infausto, ut omnium patuit exitu, incoplo. wie Blin. a. D. jagt; zu
von Demetrius Poliorcetes, Str. 54., der ſich von Mathematikern bar bie
Vorſtellung abſchrecken ließ, baß bad weftlige Bewäfler höher ſtehe als ver
ſaroniſche Meerbufen,, jo daß eine Ueberfluthung ver öſtlichen Kühe und ſelbſt
der Juſel Aegina zu befürchten wäre; ſodann von CKC. Jullus Gäfar kurz vor
feinem Tod, Blut. Caes. 58. Sueton. 44., von Kaiſer Caligula, Suet. 21. 1
und enbli von Nero, ber wirklich bie Sade ernfilich betreiben ließ, als
fein Tod ber Ausführung zuvorlam, ſ. den dem Lucian zugefchriebenen Dialog
Nero und baf. bie Aust. Olear. zu Philoſtr. V. Apoll. IV, 86. p. 162.7.
God. Rhobigin. XXI, 19. Auch der eitle Herodes Auicus verftieg ſich zu
diefem Wunſch, wobei ed übrigens blieb, Bhilofir. V. Her. p. 273. Die
Alten ſahen in biefen Berſuchen, natärlidge Berhältniffe gewaltfam zu ändern,
gettlofe Vermeſſenheit, oözw yulınıyr rdpann za Heix Bralsodas fagt
biesan Baufan. 11, 1, 3. — Er den berühmteren Landengen gchörten ſonſt
noch der Ithmus bes thraciſchen Cherſones, der cimmerifche oder der Ifihmud
* irn Ghrrfoned, der Iſthmus von Pallene, der leucadiſche Iſthmus
u. a
I CIoxoi, &trabo XIV, p. 639., richtiger wohl Histi), ein Stadichen
auf der Weſtſeite der Inſel Icarus ober Jcaria vor der lydiſchen Küfte, das
eine gute Mhebe und in feiner Rähe einen Tempel der Diana (TavponoAor
genannt) hatte. Es iſt das Heut. Eubelos, und das Tauropolion bad Heut.
Baläokaftron des Heil. Georg. Bol. Roß Reifen II. ©. 163. I[F.
Estonium, nat von Ptol. genannte, nit näher zu beſtimmende Stabt
bei Den Geltiberisen im Hiſp. Tarrac.
Hetet, Hilntzei, die Bewohner ber von ihnen genannten Halbinſel
lsizia om Norbende deB adriatiſchen Meerbuſens, deren weſtliche Seite 6ie
218 eœonxxig
drei Caſſen, in die dor Mamer, der aydssscı (eriuadifener Jünglinge) und
der Knaben (maides). Die Rampfarten für die beiben Iakteren traten erſt
im Berlauf dev Zeit Hinzu, wie in den Olympien und Pythien. Im Roß-
wettrennen, welches bier auch durch ven Gult bed Pofsidon, der ja als
Anmioe verehrt wurbe, zur Blüthe geveihen mußte, zeichneten fi vorzüglich
altadeliche Geſchlechter aus Korinth, wie die Dligäthiven, unb aus Athen,
. wie die Aftmäoniden aus (Pind. Pyth. VIE 13.3. Ol. II, 93 ff.). —
In Betreff der bier zufammenflrömenden Zuſchauer faht ſchon vie Lage des
IAthmos voraus, daß die Zahl verfelben bei jeber Feier groß war, aud
en und bie Alten hierüber ausbrüdliche Nachricht (Strabo VIE, 6, 378.
af. Liv. XXXIH, 32. Ariflite® Orat. III. eis Iloous. p. 37. Dind.).
Dion Chryſoſtomos erwähnt Zuſchauer aus Italien, Sicilien, Libyen, Theffa⸗
lien, aus ioniſchen Staaten und vom Voryſthenes (MAioy. 7 Tobu. orat. IX,
p. 289. Vol. I. R.). Unter ven Zuſchauern befand ſich einft auch Sokrates,
fo wie bie Dichter Aeſchylos und Ion (Blat. Crit. c. 14. p. 92. b. c.
Blut. de prof. in virt. c. 8.). — VIE. Kleinere Iſthmien in verſchiedenen
Staaten: Wie der Name ber großen Dlympien, Pythien und Nemeen, fo
wurde auch der ber Iſthmien auf Fleinere Feſtſpiele verfchlevener Staaten:
übertragen. Indeß ift die Zahl verfelben bei weitem nicht fo groß als die
der Olympien und Pythien. Die Iſthmien zu Ankyra in Galatien merben
auf Münzen und Steinfchriften erwähnt. Jedoch feinen ed viefelben Feſt⸗
fpiele zu fein, welde bier auch METAAA AZKAHIA und IITOIA ge
naunt werben (Mionnet T. IV. p. 385. n. 62—86. Bol. Kraufe, Byib.,
Rem. u. Ihm. ©. 57 f. u. 207 f.). Die Iſthmien zu Nikaͤa in Buhynien
werben auf einer unter Valerianus geprägten Mänze viefer Stadt ermähnt
and auf äfnlihe Weife wie die vorigen durch ICOM. IITOIA bezeichnet
(Eckhel D. N. I, 4. p. 444. Mionnet Suppl. T. V. p. 199. n. 923.).
Die Iſthmien zu Syrafufä lernen wir nur aus einer iſolirten Angabe des
Scholiaften zum Bindaros Fennen (Ol. XIII, 158. p. 288. B.), welde jedoch
fon darum glaubwürbig: if, weil Syrakus eine Gründung der Kurinthier
war, und Bein anderer Name ihnen theurer fein konnte als der ber Ifihmien. —
Schließlich erwähnen wir die Literatur ber Alten über vie Ifihmien. Es
werben umd: mehrere genannt, welche theils in profaifigen theils in epiſchen
Schriften über dieſe Feſtſpiele gebanbelt Hatten. Plutarch und Athenäos er-
wähnen tin: von dem epiſchen Dichter Euphorion verfaßte® Werk über bie
Iſthmien (37 zo reps IoQuior xra.), aus welchem mehrere Verſe aufgeführt
werden (Plut. Symp. V, 3, 2. 3. Athen. IV, 182.) Guphorion biühte
um Of. 137. Dann wird Patrofles, ein Akademiker und Zeitgenofie des
Rmofrates, als Verfaſſer einer Särift über Die Iſthmien bezeichnet (Blut.
Symp. V, 3, 3.). Ebenſo Dufäos, melden der Scholiaft zu Ayollonive
Rhod. (Arg. III, 1240. Movonios ds er ro nepl 'Ioduimr ri.) aufführt.
Wahrfipeinlich iſt der Gphefler gemeint, deſſen Blürhe in die Zeit von DI.
4155-160 fallen mochte. Bei Guidas wird ein Autor Namens Theſens ale
Verfaſſer einer Schrift weni rar 'IoQu. erwähnt, welche letztere Notiz ich
nur ald mündliche Mittheilung des Prof.. Bernhardy, des ſtattlichen Heraud-
gebers des Suidas, verbürgen kann. In Betreff neuerer Darftellungen kann
man aus früherer Zeit nur eine fehr bürftige, über das Chronologiſche nicht
weit hinausgehende Abhandlung in ben Diss. agonist. von Gorfint (1747.
Florenz) ermäßnen. Unterzeichneter hat hierüber in einer Schrift, die Pr»
bien, Nemren und Iſthmien S. 165223. gehandelt, wozu auch zmei Tafeln
mit Abbildungen gehören (T. II. 111.) Leipzig 1841. [Kre.]
Io®usas, Mibmiade, bezeichnet den Zeitraum von ber einen Feier der
großen Ifihmien bis zur anderen, welcher durchſchnittlich zmei Jahre, das
sine mal etwas mehr, das folgende mal etwas weniger, umfaßte. Diefen
EIsikmieniene — str 019
Zeitraum bezeichnete man ala Trieteris, und zwei derſelben füllten eine Dlyın
piabe aus, alſo eine Bentaeteris (Aviſtio Todu. eis Ilooadür« HI. p. 37.
Dind. ©. den Art. Isthmia H.). [XKse.]
Estkudioniene, Sieger in den großen ifihmifchen Spielen, Deren Zahl
von der erfien Begehung biefer Spiele bis zu ihrer Ginftelung ſehr groß
fein mußte. Wir Tonnen verhaltnißmäßig nur eine Kleine Zahl verfelben,
welche größtentbeild ver fpäteren Zeit angehören. Auch hlervurch Gefſtätigt
ih die Angabe des Paufanias (VI, 13, 4.), Daß Die Korinthier eben do
wenig al& bie Argeier in der Älteren Zeit wollflänpige Verzeichnifſe derſelben
geführt haben. Die Namen jämmilidher und noch bekannter Sieger habe
ich in den Pyıb., Rem. u. Iſthmien ©. 209—223. angegeben. [ Kse.]
Esthmins, Beiname des auf bem korinthäſchen Ihhmus verehrten Po⸗
feivon. Bauf. II, 9, 6. [Mzr.]
Esthmms (6 au) 7 'Ioducc) ; fo heißt vorzugswmelie Die korinthiſche
2 andenge zwiſchen dem korinthiſchen und ſaroniſchen Bufen, welche bie pelo⸗
ponneſiſche Halbinjel mit dem Feſtland oder dem eigentlichen Hellas verbindet.
Der Iſthmus beſteht aus einem fehr niebrigen Landrücken, zu welchem fi
von Rorbof die oͤneiſchen und geraneiſchen, von Suͤdweſt die korinthifchen
Berge abfenten. An feiner ſchmalſten Stelle betrug feine Breite 40 Stadien
— 5 söm. Millien — 1 deutihe Meile, Agathem. I, 5. Blin. IV, 4. (5.),
während Mela II, 3. und Solin. 7. nur 4 Milien umgeben. Hier befand
ſich das Pofeidion und ver Pla der iſthmiſchen Spiele (woruͤber ſ. oben
Isthmia) und der Diolkos, oder die Straße, über welche die Schiffe“
ladungen und vie Fleineren Fahrzeuge von dem weſtlichen Landungorbah hin⸗
über nach dem Hafen Schönus geſchafft wurden, Bin. a. O. Hefſych. v.
SioAnos. Der Verſuch, einen Canal durch bie Landenge hindurchzuführen,
wodurch die langwierige und gefährliche Fahrt um ben Peloponnes umgangen
worden wäre, wurde im Alterthum viermal, aber immer vergeblich angeflellt,
infausto, ut omnium patuit exitu, incepto, wie Plin. a. O. fagt; zuerſi
von Demetrius Poliorcetes, Str. 54., der ſich von Mathematifern vurch bie
Vorſtellung abſchrecken lieh, daß das weftliche Bewäfler Höher ſtehe als ber
ſaroniſche Meerbuſen, fo daß eine Ueberfluthung der öſtlichen Küſte und ſelbſt
der Juſel Aegina zu befürchten wäre; ſodann von C. Julius Gäſar kurz vor
feinem Tod, Plut. Caes. 58. Sueton. 44., von Kaiſer Caligula, Suet. 21.,
und endlich von Nero, der wirklich die Sache ernſilich betreiben ließ, als
fein Tod ber Ausführung zuvorlam, |. den dem Lucien zugefchriebenen Dialog
Nero und da. die Ausll. Dlear. zu Bhilofir. V. Apoll. IV, 86. p. 162.7.
God. Rhodigin. XXI, 19. Auch der eitle Herodes Auicus verflieg ſich zu
dieſem Wunſch, wobei e8 übrigens blieb, Philoſtr. V. Her. p. 278. Die
Alten faben in biefen Verſuchen, natärliche Berhältniffe gewaltfam zu ändern,
gettlofe Bermeffenheit, odzw yalsrır ardennn za Hsia Bıaleodıu fagt
hievon Baufan. 11, 1, 3. — Fi den berühmteren Landengen gchörten ſonſt
ned) der Iſthmus bes thraciſchen Cherſones, ber cimmmerifche aber ber Iſthmud
des taurigen GEherſones, der Iſthizus von Pallene, ber leucadiſche Iſthmus
n.a. [P.
Hstä ('loroi, ©trabo XIV, p. 639., richtiger wohl Histi), ein Stäntigen
auf der Weſtſeite ber Infel Icarus oder Icaria vor der Inbifchen Küfle, das
eine gute Rhede und in feiner Nähe einen Tempel ver Diana (TavgonoAor
genannt) hatte. Es iſt das heut. Cudelos, und das Tauropolion dad heut.
Paläokaſtron des heil. Georg. Vgl. Rob Meilen II. ©. 163. [F.]
Estoniam, nur von Ptol. genannte, nit näher zu beſtimmende Stabt
bei Den Geltiberieen im Hiſp. Tarrac. [P.)
Hetei, Hilstei, die Bewohner ber von ihnen genannten Halbinſel
Istria am Norbende de apriatifhen Meerbuſens, deren weſtliche Seite bie
820 Istrianea — Etalia
Bola nad Strabo zu Italien, bie öſtliche zu Illhrien gerechnet wird, 209.
215 f. 314. Scyl. p. 6. Ihr Name gab zu der falſchen Vorftellung Anlaß,
daß der Ifler mit einem Arm in den Adria münbe, vgl. 57., ein Irrthum,
der fi merkwürbiger Weife noch bei Nepos (Plin. II, 18.) und Mela II, 3.
findet. Ohne Zweifel war dad Volk illyriſcher Abkunft. Mela II, 3. Plin.
111, 19. (23.). 2iv. XXXIX, 55. XLI, 11. @utrop. III, 7. [P.]
Estriane ('loroware, Btol. VI, 7.), eine Stadt an der Küfle von
Arabia Felix unfern des Magorum Sinus, zwiſchen ihm und dem Vorgebirg
Chersonesus, im @ebiete ber Themi. [F.]
Estrlanus (lozoıavos, Ptol. I, 6.), ein Flũßchen auf der Cher-
sonesus Taurica ; vielleicht der Bergbach, welcher dad in einer Ausdehnung
von 2 g. M. von Edfikrimm 518 zur Küfte reichende, fehr fruchtbare Thal
Kuuk⸗Tepe bildet. Vgl. Mannert IV. ©. 302. [F.
Estropölis, auch Istros, Stadt in Niedermöflen, unweit ber Donau-
mändung , fpäter Constantiana genannt, daher noch Koftandfchi, nach Heron.
14, 33. (’loroın) Anflevlung der Milefler, Str. 318 f. Lycophr. Cass. 74.
Scyl. Mela I, 2. Blin. IV, 11. (18.) 12. (24) Gutsop. VI, 8. Anm.
Marc. XXI, 19. Steph. Byz. Tab. Peut. It. Ant. Hierocl. [P.]
YIstaxgi, wahrſcheinlich identifh mit dem Ipasturgi Triumphale des
Blin. II, 1. (3.), nad einer Inſchrift bei Florez Esp. S. VII. p. 137. eine
Stadt unweit Illiturgis in Hifp. Bätica, j. Andujar la viefa. [P.]
Isurkam (Isubrigantum, It. Ant.), Stadt der Briganten in römiſch
Britannien, j. Oldborough, Tab. Peut. St. Ant. [P.]
Itabyrius mons, |. Atabyrium.
Italia, oder Vitelliam nad) odfifher Benennung, hieß urfprünglich
nur die ſüdlichſte Spite der Halbinfel, melde eine ſchmale Meerenge von
Sietlien trennt, oder derjenige Ihell des Weinlandes Oenotria, melder ſich
durch feine Walbungen vorzüglih zur Rindviehzucht eignete. Na der Sage
des älteften Geſchichtſchreibers dieſes Ländchens, des Antiochos von Syrafußd,
. eines Zeitgenoſſen des Hellanikos, Herodotos und Thukydides, gründete hier
ein Eingeborner von Denotrien, Italos, im dreizehnten Jahrhundert v. Chr.
ein kleines Fürſtenthum, welches er nach feinem eigenen Namen benannte, und
durch allmählicde Broberungen immer weiter auöbehnte, fo daß «8, urſprüng⸗
ih nur ein Borland von der Breite einer halben Tagereife zwiſchen dem
Iametifden und ſtylletiſchen Buſen umfaſſend, zu des Thukydides Zeit die
"ganze Südküſte vom Laodfluffe am tyrrbeniichen Meere bis Metapontion
>
(Thuc. VII, 33.) am ficulifhen in ſich begriff, Taras oder Tarentum aber
(Thuc. VI, 44.) no zu Japygien gehörte, wie Hyele oder Belia bei Hero»
dotos I, 167. zu Denotrien, und Kyme (Thuc. VI, &.) zu Opifien. le
nun die griechiſchen Pflanzflädte diefer Gegend jo mädtig zur See wurben,
daß man fle Großgriehenland nannte, aber auch, zu gleiher Zeit zu Lande
von ben vorbringenden Lucaniern und Bruttien, und zur See vom fyra-
kuſiſchen Tyrannen Dionyflus bevrängt, fi zu gegenfeitigem Beiſtande mit
einander verbünbeten, dehnten fie den Namen von Italien "über ganz Oeno⸗
trien von Pofeidonia oder Päſtum im Weſten bis Taras ober Tarentum im
Dften aus. Sophofles ließ zwar no in feinem Triptolemos (Dion. Hal.
1, 12.) Demotrien bis an Iyrrbenien fi erfireden, theilte aber Italien,
weiched er in der Antigone 1119. als einen Lieblingsaufenthalt des Bacchus
pries, durch die flcilifye Meerenge in ein öſtliches und weſtliches, wovon
jened bis zum japygiſchen Vorgebirge reihte. Spätere Dichter nannten dieſes
ganze Land von feiner wefllihen Lage vorzugsweiſe Hejperien, welches
Lykophron lieber nah dem ausgezeihnetfien Volke deſſelben als ein aufos
niſches Land bezeichnete; bie daſelbſt herrſchend gewordenen Roömer trugen
Dagegen, als fie im 3. 272 v. Ehr. die Eroberung von ganz Italien mit
der Cinnahme feines Hauptortes Tarent befgloßen, ven Namen Stallen auf
alle Länder der Halbinfel über, melde fie fi zu gleicher Zeit unterworfen
hatten, fo daß diefer Name vom Rubicon und Arnus bis an bie ficiliſche
Meerenge vier quäftoriiche Provinzen, die Oftienflide, Caleniſche, Galliſche
und Galabrifhe, umfaßte Ob nun gleih die Römer ihre Groberungen
allmählich bis zum Pabus, und zuletzt bis an bie Alpen ausbehnten; fo blieb
doch alles Land, was nörblih vom Rubicon und dem Apenninus lag, von
ber Benennung Italiend, unter welcher Bolybiuß II, 14. zuerft das ganze
Sübdalpenland begriff, ſtaatsrechtlich wenigſtens bis zur Kaiſerherrſchaft aus⸗
geſchloſſen, und wurde vielmehr nach demjenigen Volke, welches nad Ueber⸗
ſteigung der Alpen die fruchtbaren Gegenden zu beiden Seiten des Padus
zwiſchen den Liguriern einerſeits und den Venetern andererſeits in Beſitz ge⸗
nommen hatte, Gallia Cisalpina genannt. Dagegen verſtanden die itali-⸗
ſchen Bundesgenoſſen in der kurzen Zeit, in welcher ſie fich der römiſchen
Herrſchaft entzogen, unter Italien oder Vitelium auf ihren ſchoͤnen Silber⸗
münzen das ihnen ſelbſt unterworfene Gebiet, deſſen Hauptort Corſinium fie
Italicum nannten. Als aber Octavianus unter dem Namen Auguſtus
das ganze römifche Reich beherrſchte, ſchlug er alles Südalpenland von den
Seealpen bis nah Pola in Iftrien zu Italien, welches er in eilf Megionen
theilte: und feit diefer Zeit begann man auch nicht nur bie Eleinern Infeln an
Staliens Küften, ſondern au die größern, Sicilien, Sarbinien,- Gorflca,
als zu Italien gehörig zu betrachten. — So früh auch dieſes von ber Natur
jo reichlich gefegnete Südalpenland, deſſen Vorzüge vor andern Ländern Dio⸗
nyflos von Halif. I, 36., Varro R. R. I, 2., Virgil. G. II, 136 ff. und
Plinius am Shluffe feiner Naturgeſchichte nicht genug zu preiſen willen,
von deh Völkern, melde vie Ulpen überftiegen, ober auch das abriatifhe
Meer überfuhren, befeßt fein mag, und fo früh auch bie phönikiſchen See⸗
fahrer an feinen Küften umhergeſchifft fein mögen; fo fpät gelangte doch eine
genauere Kunde davon zu den Griechen, welchen wir die älteften Nachrichten
über Italien verdanken. Diefe ließen zwar in der fpätern Zeit nit nur den
Odyffeus, fondern au die Urgonauten und gar viele andere Seroen um
Stalien herumſchiffen; aber welche Unkunde allen dergleichen Dichtungen zum
Grunde lag, erhellt aus der Art, wie noch Apollonios von Rhodos die
Argonauten aus dem Pontos durch den Iſtros in das adriatiſche und tyrrhe⸗
niſche Meer zugleich einfahren ließ, und der Geſchichtſchreiber Theopompos
nach Strabo VII, p. 317. überdies den Pontos vom Adria nur wenig ent⸗
fernt glaubte. Läßt gleich Homeros den Odyſſeus ſchon in eben dieſen Ge⸗
genden umherirren, ſo darf man ihm doch keine größere Kunde von Italien
zutrauen, als dem Hefiodos, in deſſen Theogonie 1014. Italien noch als
ein Gompler heiliger Inſeln erſcheint, in welchem des Odyſſeus Söhne von
der Kirke, Agrios und Latinos, über die hochberühmten Tyrrhenen
herrſchen. Sowie hiernach Heſtodos die Aboriginer und Latiner in der Nach⸗
barſchaft der Tusken kaum dem Namen nach kannte, ſo Homeros Od. XX,
383. die Sikeler mit dem kupferreichen Orte Temeſe Od. 1, 188. Auf
der thrinakiſchen Inſel, welche nur in einer ſpäter hinzugefügten Rha⸗
pſodie Od. XXIV, 307. Sicania heißt, und mit einem unbekannten Orte
Alybas in Verbindung gebracht wird, weiden noch Sonnenrinder, der⸗
gleichen nad ſpäterer Dichtung Herakles vom Rotheilande Erytheia am
weſtlichen Erdrande holte. Wie wenig ſelbſt die Stiftung griechiſcher Pflanz⸗
ſtädte in Italien und Sicilien Thuc. I, 12. VI, 3 ff. eine genauere Kunde
im Mutterlande verbreitete, erhellt au8 ber Unkunde der Aihener beim Be⸗
ginne ihres Zuges gegen Syrafus. Auch die Kenntniß des Herodotos, welcher
doch feine Geſchichte in Italien ſchrieb, iſt noch äußerſt mangelhaft: Ihm
Vauly, Aeal⸗Eueyclop. IV. J Br > GE
—— rei beren Mangel vdurch allerlei Eagenbiätungen erfegt warb.
eine unıflänblidiere Bechrung wünſcht, findet fie in bes Unter-
eh den Beträgen zur Geographie und Gefſchichte von Alt⸗Ita⸗
en, „weide in ben Jahren 184042 zu Hannover in fünf Heften erſchienen
erſted wie Altefle Kunde von Italien bis zur Koͤmerherrſchaft wit
nd .. von — nad Sfylar von Karyanda, das zweite der Griechen
Alteſte Sagengeſchichte won Italien mit einer Karte von Italien nach Lyko⸗
phrens Alexandra, das dritte ber Rõomer älteſte Sagengeſchichte von Italien
mit einer Karte von Mittel-Italten oder Aufonien nad) Birgils Aeneide, dad
vierte Raliens Bevölkerungsgeiägiägte bis zur Romerherrſchaft mit einer Karte
geiechiſcher Prlanzfläbte in Unter-Italien und Sicilien, daB fürfte endlich bie
Romenckatar der Völker AltsItaliens mit einer Steintafel italiſcher Schrift⸗
proben enthält. Was wir daraus bier aufzunehmen haben, befteht im Fol⸗
—*8 — BZeigt gleich eine unbefangene Sichtung unbegründeter Sagen
or glaubhafter Geſchichte, daß bei Weitem nicht fo vielerlei Völlker in vie
—* Salbinfel einwanderten, als ältere und neuere Schriftſteller geglaubt
Haben; fo Bat do fein Land ——— & fo verſchiedenartige Völler und An⸗
finier von fo mannigfaltiger Sitte und Bildung in einem fo kleinen Raume
in ſich aufgenommen, als in dem unbebeutenden Erbenwinfel, welden ber
groͤßte tialiſche Küſtenfluß, die Tiber, durchſtrömt, fi verfhiedentlich de»
säßrten und brängten, bis daſelbſt durch bie Verbindung weniger Tapfern
yon dreietlei Stamme und Sprache ein Boll erwuchs, welches alles um ſich
Ger allm wei ride ‚ und zulegt faft die ganze bekannte Erdenwelt bed
ud Waffengewalt feinem Taiferlicden Scepter unterwarf,
als deſſen —** Rom im Mittelalter die Chriſtenheit durch Glaubens⸗
macht mit feinem biſchdflihhen Hirtenſtabe beherrſchte. Schon die alte Sage
des Heſiovos von den Beherrſchern ver hochberühmten Tyrrhenen Agrios und
Latinus deutet auf ein feindliches Bufammentreffen der Aboriginer und Tusten
in Latium, and weiden bem Antiochos von Syrakus zufolge die Sikeler
verdrangt werben, wie bed Stalos Sohn Morges in fein Gchiet aufnahm,
wo fle ſchon ber Berfaffer ber Odyſſee kannte, aber auch Thukydides VI, 2.
zum Theil noch vorfand ungeadier fi fie ſchon fechshundert Jahre vor feiner
Belt, von DOpilern gebrängt, den Morgeten in ſolcher Maſſe nach ver
genmüherliegenben Inſel —E daß dieſe ihre frühere Benennung Gis
zanlen mit Sikelien vertaufäte. Bra Thakydibes dieſe Sikeler
u det fen früher ven Elymern, anf welche ſich des Homeros Aly⸗
*. zu 353 ſcheint, nachgezogenen Sikanen unterfdeidet, fo hatte
dieſen Unerfchird doch wohl nur eine längere Trennung und verſchiedenartige
Berdinbang mit andern Völkern erzeugt, ba ſich Sicanus und Siculus
zu tinanber verhalten, wie Romanus und Romulus, und deshalb Bir
* vie Sikaler Latinums ſtets Sikanen nennt. Betrachten wir beiderlei
Volber nur als Rebenzweige eines und deſſelben Volkoſtammes, von welchem
vie klagen ſchon zu deb kretiſchen Minds Zeit unter Kokalos Kamikos
Betsohnten, ale die Gikeler ihre Zuſtucht zu ven Morgeten in Italien nahmen;
fo darch galiſche Bölter ſchon in unbefliaumbarer Brühe bie ganze ita⸗
Uſche el ver Länge nach. Denn Thubkydides leitet bie Sikanen von
einem Fluſſe Sikanos in Iherien ab, worunter bei einem Scehriftſteller, dem
Iherien noch BIS an ven Nhodanus reichte, um fs meh bie galliſche Se⸗
quans ober Geine zu verſtehen iſt, da fle hier von ben Ligyern verdraͤngt
wurden, welde na erobotoß V, 9. VII, 165. oberhalb Naſſilia an den
Quellen des Ligeris wohnten. An eigentliche Weren, dergleichen us Se⸗
neca (de consol. ad Halv. 8.) einſt nach Gorflen uͤberſchifften, und neh
Baufanias X, 17, 5. unter ber Bührung eines Norar die Stadt Nora in
Sardinien gränbeten , iſt Dei den Sikanen um fo — zu denken, ba man
ſikaniſche und flleliihe Namen und Wörter leichter in ber keluſchen, als
iberiſchen Sprache wieberfinbet. Auch erkannten nach einer des
Plutarchos im Reben des Marius die Ligurier den Schlachtruf der keltiſchen
Ambronen als dem ihrigen an. Dagegen unterfiheibet Walybins H, 17. vie
Beneter am Abria von den fpäter eingemenberten Belle Gallıen in Ob *
lien, weshalb fie Mannert für Slaven ober Wenden erklärte, ungendtet nie
meber ſprechende Denkmäler, noch zuuerläfige Nachrichten Seflgen, warnadh
A Hekimmen ließe, melden Volkeſtamme bie Beneter, Shrier u R ie
burnen angehörten. Nur für Paphlagonen wird man bie Benster bene
wenig erflären pärfen, ald Die Iſtrier für Kolchier, aber nie Elymer in
Gicilien für Troer und vie Japygen im tiefflen Güben von Italien fir
Kreter. Bielmehr feinen die Eigener den dnotriſchen Morgeien, Chonen
und Peuketiern, beten epirotiſchen Nefprung hie Meflnenzflebt oͤnotriſcher
Fürſten Banboftia am Acheron verräth, wo Alexander feinen Tod fand,
ebenfo aus Cpirus vorangezogen zu fein, als ihnen bie Japygen nit Ast
retiapiern. Seullentinen und Dauniern in Apulien nachfelgten.
c eine belangiidr Einwanderung von Dobsna in Gpirnus aus 3 *
eüeinge mit vielem Andern der kyklopiſche Mauernbau; aber fo wenig
te Italiens, in welchen man nach seinem alphabelifihen Beiden
derſelben in ben Memorie dell’ instit. di corrisp. arch6ol. f. md
Spuren kyklopiſcher Mauern gefunden hat, von Peladgern ge en
fo wenig Iäßt fi die Gage von einer tyrtheniſchen Bimanberung aus Lydien
ermeifen. Zwar hausten tyrrheniſche Pelaſsger im aägkiſchen Meere, berm
Ramen men auf bie Außfen in Etrurien —— FR aber mögen auch bie
Tudken durch Verbindung mit den Pelasgern, AS in Gortena, Ta⸗
lerii, Agylla und anbern Gtäbten auf bem rechten Mer ber Tiber angeflebelt
haben follen, ihre wiffenfchaftlidde Bildung und —— Verfaſſung eshalten
haben, to verräth doch ihre Sprache ſelliſt in der Verſtümmelung, welche
ſie als eine Miſchſprache verſchiedener Völker —* mehr suropdis
ſchen, als aflatiihen lirfprung. Aus ber Art und Weiſe, wie fh die Tudken
zwiſchen ben Benstern und Liguriern in Ober⸗Italien ben Umbriern entgegen
drängten, welche mit eimer enge Eleinerer Böller deſſelben Sprachſtaemmad
von Myricum and Italiens Mitte befekten, und die Siculer und Liburnen
om abrintifgen Meere (Plie. H. N. IE, 19.) aus einander ſpreugend norbe
weſtlich ſich verbreiteten, wirb es fehr wahrfdeinfig, daß Ne einft aus eben
dem rätifchen Laube, in wolches bei fpärerem Borbriugen der Gallier ein
Theil von ihnen ih zurũckzog, na Ober⸗Italien erobernd oorbrangen, unb bie
vor ihnen angefommenen Umbrier nit nur aus dem Pothale, fondern au
von Beiden Beiten des Umbrofluſſes in Etrurien zurücktrieben. — Ans
gelangt, bildeten ſich die Austen fpäterhin erſt vermwiäli darch bie mit
tönen verblnbeten Pelatger, zu einem fsefahrenben Volke aus, welches allen
fremden Anfledelungen zur Ger ſo binbernb son ** ie die Seren
lange Zeit MG ſcheuten, vie feiliige M *
wurde ber auſoniſche Sprachſtamm, we uf Un pr
durch feinen kriegeriſchhen Sinn zu Lande fo mächtig, daß ſich
ſelbſt bie zum ſierliſchen Meere im Süden verbreitete. Eben Mr ee
in der Benöllerung Italiens herbei, welche etwas umflänblidder beſorochen
zum werben verbienen. Die meiſten biefer Beränberungen veranlaßte bie ben
Sabinern eigenthümliche. Sitte der Frühlingsweihe, Ver sacrum ge
nannt, ber zufolge fie in Zeiten des Mißwachſes und der Roth den Göttern
alles in einem Frũhlinge Geborene zu weiben pflegten, um fi ihre Bunft
zu gewinnen. Das neugeborene Bich wurde alsdann ven Göttern fofert
geopfert, bie neugeborenen Kinder aber erzog man als Geweihte des Mars,
Sacrani genannt, zu Kriegen, welde man, wenn fle erwachſen waren,
nach angeflellten Aufpicien über die Gränze Ind Ausland entſandie, um ſich
ein befonderes Befigihum zu erobern. Diefer Sitte verbanften nit nur die
Bicenter und Hirpiner in Samnium mit den übrigen Sabellern
sser Sammiten, fondern vermutblih auch viele andere Eleinere Völker
Mitte Italiens, wie die Hernifer, Marien, Marruciner, Beltg-
ner und Beftiner, ihre Entſtehung, und in Folge eben biefer Gitte mochte
es geihehen, daß die. Sabiner .von Teflrina bei Amiternum aus yplögli in
den Mittelpunkt Italiens bei Neate einfielen, wo ein Bolt von umbrifchem
Urfprunge, Aboriginer genannt, feinen Sig batte. Diefe Aboriginer
warfen fi auf die von ben Umbriern früher fon verbrängten Sieuler in
Latium, welde endlich, der Uebermacht weichend, biß auf einen Kleinen Theil,
ver ih den Siegern ımterwarf, in die ſüdlichern Gegenden Italiens aus⸗
wanderten, in welche ihnen jeboch noch mehre andere Bölter des aufonifchen
Epradflammes, Opiker oder Obsken und Osken genannt, immer weiter
vordringend nachzogen, bis fie Hei den Morgeten in Dmotrien eine freund
liche Aufnahme fanden. Go wie man bie Dsfen in den campaniiden Ge⸗
filvden von Cales bis Beneventum, früher Maleventum oder MaAoass genannt,
yorzugöweife Aufonen nannte, fo legte man den Bewohnern von Sueſſa und
Aufona an Campaniens Norbgränze den Namen Aurunker bei: und fo
wie fi hieraus ergiebt, daß auch vie Aufonen urfprünglid Anrenen ober
Avronen bießen, fo erkennt man leicht die Aurininen ser Abori⸗
giner in der tusfifhen Stadt Satumia bei Plin. H. N. IIE, S. als deren
Stammwverwanbte, melde Heflobo8 mit einem noch kürzern Namen Agrier
bezeichnete. Denn deren Brüder find ihm die Latiner ober bie Aboriginer
in Latium, die fi wieder in viele Kleinere Völker ſchieden, unter welden
die Höhenbewohnenden Aequer oder Aequicoler in der Romendatur mehr
mit den Sabinern, deren Sauptfig Gured wurde, die Volsken aber in den
pontiniſchen Sümpfen mehr mit den Osken zufammenflimmten. Wenn He⸗
ſtodos die Agrier und Latiner als Beherrfher der hochberühmten Tyrrhenen
yried, jo deutete er dadurch eben ſowohl auf beren Uebermacht zu ande, als
auf Die Herrſchaft der Tyrrhenen zur See, melde ihm waährſcheinlich durch
Der Kymäer, denen fein Bater entflammte, uralte Pflanzſtadt im oekiſchen
Gebiete Gefannt geworden war. Gumtä erhielt fi zwar ald ältefle griechiſche
Pflanzſtadt in Italien gegen die damals beginnenden feeräuberifchen Einfälle
der Tyrrhenen burd feine Verbindung mit den Osken; aber feine Bewohner
blieben etlide Jahrhunderte hindurch ganz abgefäänitten von ben übrigen
Griechen, welche es nicht wagten, das tyrrheniſche Meer zu befahren, und
ungeachtet fie fhon in ber Mitte des achten Jahrhundert? v. Chr. Italiens
Südküſte und Siciliens Oſtküſte, no die mit den Sifelern handelnden Phö⸗
nifen in die Nachbarſchaft der Elymer an der Weſtküſte zurückwichen, mit
allerlei Rflanzflänten bejegten, doch jede fernere Umſchiffung der italiſchen
Halbinfel mieden, bis vie Bhofäer 600 Jahre v. Chr. an gallifher Küfle
Maifllien gründeten. Nola, welches Juflinus XX, 1. eine chalfiviiche
Planung, wie Abella, nennt, gründeten nah Vellejus I, 7. die Tußfen
mit Gapua um 800 v. Gr. ; allein mährenn fi der tuskifhe Staatenbund,
ven ein Tarquinier Tarchon fliftere, in Gampanien fowohl als am Bapus
Kıalıa 825
in Ober-Italien zur höchſten Blüthe erhob, erwuchs in deſſen größter Nähe
zu Rom dur die Berbinbung einer Tatinifhen Golonie aus Alba longa
mit den Gabinern aus Cures und einzelnen Tusken ein Bolt, welches fich
dur großen Heldenmuth und Herrfchergeift nit nur gegen alle Anfälle feiner
mädtigen Nachbarn erhielt, fondern zulegt auch als Befleger aller italiſchen
Bölfer die Weltherrſchaft errang. Seinen erflen Urfprung verdankte Nom
der Sage nah albaniſchen Hirten, feinen Neligionscultus einem Sabiner,
aber feine Stantöverfafiung und erſte Blüthe tuskiſchen Königen, deren erfler
ein Tarquinier von griechiſcher Abkunft aus Korinth geweſen fein fol, und
deren letzter ſein Leben in Gumä befhloß, von mo er dur die fibyllinifchen
Bücher vermuthlich auch die Schrift empfing. Cumä war damals durch den
Tyrannen Ariflodemos zur höchſten Blüthe gelangt, während die Macht ver
Tusfen immer mehr zu finken begann. Zwar verbrängten biefe noch 936
v. Chr. mit Hülfe der aufblübenden Karthager die Phofäer aus Gorftca ;
aber bald darauf wurden fie ſelbſt durch gallifche Voͤlker, welche die Alpen
überftiegen, aus Ober⸗Italien verbrängt. Ihr Verſuch einer Broberung von
Gumä wurde vereitelt, und ihre Macht in Iinter-Italien fhon um 476 v. Chr.
vom ſyrakuſiſchen Tyrannen Hieron bei Cumä gebrochen, ehe noch die aufs
blühenden Samniten fid zueft Capua's, dann aber au Gumä’s. bes
mächtigten. Je mehr der Tusken Macht im Süden durch die Samniten, wie
im Norden durch das immer flärfere Vorbringen der Gallier und Ligurier,
geſchwächt wurbe, befto mehr flieg die Seemacht ber griechifchen Pflanzftäbte
in Italien und Sicilien, und. der Karthager Herrſchaft im mittelländi⸗
{den Meere. Aber auch das flolee Großgriechenland wurde durch bie
in Folge einer Frühlingsweihe von den Samniten audgefandtn Luca⸗
nier und beren abtrünnige Brettier oder Bruttier vielfältig bebrängt,
Bid es mit allen übrigen Völkern der italifhen Halbinfel den Römern
unterlag, welche nad der Einäfherung ihrer Stabt dur die Gallier und
der bald darauf verheerenden Peft durch der Plebeier Siege über die Pa⸗
tricter nur noch mehr erflarkten, und nach allmählicher Unterwerfung aller
italiſchen Völker auch der herrſchend geworvenen Griechen und Karıhager
Macht vernichteten. — Durch die Siege der Römer wurde nun bie latei⸗
nifche Sprade fo vorherrſchend in Italien, dag alle andern allmählich aus⸗
farben, aber eben deshalb auch ber sermo urbanus ober die ven Edeln
der Stadt eigenthümliche Mundart zulegt nur no in den Schriften ber Ge⸗
bildeten als Gelehrtenſprache fortlebte, und bei dem Volke der sermo rusticus
oder die gemeine Landesſprache durch dad Zuflrömen fremder Bürger ber ver-
ſchiedenſten Art eine fo veränderte Beftalt gewann, daß man bie daraus her⸗
vorgegangene italiäniſche Sprache nicht ohne Grund zu den romaniſchen
Spraden zählt, welde der sermo provincialis ober. die Mundart der Pro⸗
vinzen überall erzeugte, mo dieſe die eigenthümliche Landesoſprache durch
roͤmiſche Herrſchaft verbrängte. So verfchieden diefe neuen romaniſchen
Spraden von der alten römiſchen find, fo fehr unterfcheinen ſich auch die
heutigen Italiäner von ven alten Italern, von welchen die Morgeten
des urfprünglien Italiens bei Antiochos Jtalieten genannt wurben, wo⸗
gegen man die in Italien angeflevelten Griechen ebenfo Italtoten nannte,
wie bie in Sicilien feßhaften Sikelioten hießen. Die Italer’galten den
Griechen, fo nie die Sikeler als Barbaren; aber die Sprache der aufo-
nifhen Bölker fanden die Griechen der ihrigen fo verwandt, daß fle das
dur die mannigfaltigien Dichtungen griedgifcher Anflebler aus der Heroenzeit
beftärigt glaubten. Zwar verſuchten einige Griechen die Denotrier und
Beufetier, welche doch Paufan. X, 13, 10. zu den Barbaren zählt, von
Belasgern aus Arkadien abzuleiten; . aber. vie Pelasger galten auch ben
ältern Griechen nicht minder für Barbaren, als die Kreter, Lydier, Troer,
828 | Etalisa
ſchauen wünſcht, erreicht feinen Zwed durch die Karte am Schluß bes vor⸗
erwähnten Werkes: Inscriptiones Umbricae et Oscae, ed. C. R. Lepsius
(Lips. 1841.). @ine ähnliche Ueberſicht griechiſcher Münzörter in Sicilien
gibt ein Kärtchen in Schlichtegrolls Annalen der gefammten Numismatif
Bd. II. Den beften Grund zur geographifchen Kunde von Italien legte Clu⸗
veriuß in dem äußerſt ſchätzbaren Werke: Italia, Sicilia, Sardinia et Corsica
antiqua (Lugd. B. 1619—24.). Die gefhihtlihe Kunde ſuchte Giuſ. Mi-
eali zuerfl in feiner Italia avanti il dominio dei Romani (Firenz. 1810.) zu
fördern; eine bedeutende Umarbeitung’ dieſes Werkes erihien aber 1832 unter
dem Titel: Storia degli antichi,popoli Italiani, nebft einer Karte Italiens
nad d’Anville und einem Atlas aus 120 Kupfertafeln: Monumenti per ser-
vire alla storia degli antichi popoli Italiani. Bei deutſchen Geſchichtsforſchern
verdienen jedoch Niebuhrs röm. Geſchichte und bie Ältere Gefchichte ded röm.
Staates von Wachsmuth nebft Böttlingd Geſchichte der röm. Staatöverfaffung
mehr Beachtung. — Ueber die mannigfaltigen Denkmale, welde fih in
Stalien no erhalten haben, und durch mandherlei Ausgrabungen immer mehr
zu Tage gefördert werben, belehren und die im I. 1829 zu Nom geftifteten
und alljährlih von einem Bulletino begleiteten Annali dell’ instituto di
corrispondenza archeologica auf die erwũnſchteſte Weife.* Hier, wo wir
nur noch kurz erwähnen wollen, wodurch fi theild Italien überhaupt vor
andern Ländern, theild die einzelnen Gegenden und Völker veffelben unter
einander auszeichnen, mag die Bemerkung genügen, baf nicht nur das merk⸗
würbige ES chaufpiel unterirdiſcher Stäbte in Herculanum und Bompeli, melde
ein plöglicder Ausbruch des Veſuvs verfchüttete, fondern auch bad alterthüm⸗
liche Intereffe, weldes vie neueflen Ausgrabungen uralter Grabmäler in
Etrurien gewähren, die Bewunderung fteigert, weldde man früher den über»
irbifhen Ruinen von Pofidonia oder Päſtum in Rucanien und in Selinus
auf Siciliens Weſtküſte zollte. Die Denkmale Roms erhalten ein befonberes
Gewicht durch die merkwürdige Erſcheinung, daß bie Römer, anfangs fo
ſchwach und unbefannt mit Kunft und Wiſſenſchaft, zuletzt als weltherrſchendes
Volk alles Schäpendwerthe des Alterthums in ihrer Mitte vereinigten. Fragen
wir, wodurch eine auf ihr kleines Gebiet beſchränkte Stadt Italiens eine
ſolche Höhe zu erfleigen vermochte, fo iſt der Grund Davon nit ſowohl mit
Strabo VI, A: p. 286. oder 438. in den natürliden Berbältniffen Italiens,
.al8 in der eigenthümlichen Lage des römifhen Volkes zu ſuchen. So fehr
auch Rom dur feine Lage an einem ſchiffbaren Fluſſe unfern ver Meered-
küſte begünftigt und durch die Befefligung feiner fieben Hügel vor feindlichen
Anfällen geſchützt war; fo konnte es fi Doch gegen bie vielen Feinde, welde
ed rings umgaben, nur dur perfönlie Iapferfeit und weiſe Verfaffung
erhalten. Dadurch zu eben jo tüchtigen Kriegern gebildet, als fittli ge»
winnend, überflanden die Römer nicht nur alle Gefahren einer gänzlichen
Bernidtung, fondern erfohten, nur deſto mehr erflarfend, immer neue Stege,
bis fie Herren von ganz Italien wurden. Dann freilich Half ihnen Italiens
Fülle an allem, was bie Beflegung anderer Völker zu erleichtern vermodte,
die Weltherrſchaft erringen, aber das Meifte verdankten fie doch ihrer eigenen
Rührigkeit in der Benugung aller ſich darbietenden Bortbeile.. Dagegen ver⸗
loren fie durch das Sittenverderben, welches der Zufammenfluß aller Reich⸗
thümer des Grofreifes in Nom berbeiführte, zuerſt ihre perſönliche Freiheit,
und zulegt unterlagen fie, durch bie in ihrer Mitte aufgenommenen Fremden
immer mehr entartend, den Träftigen Armen der noch unverborbenen Ger⸗
manen. Dafjelbe Schickſal des Emporfleigens aud geringem Anfange zu
* Sieggu nun neuerih: Dr. Wild. Abeken Mittel⸗Italien vor ben Zcitem .
zömifcher Herrſchaft nad, feinen Deutmalen dargefiellt, Stuttz. u, Tab. 1883. 8. [ P.]
Kialin 929
ungewoͤhnlicher Größe, aber noch ſchnellern Verſinkens und Gturzes dur
Uenpigkeit und Wolluſt theilten in Italien no vor den Römern, ohne ſedoch
zur Weltherrſchaft zu gelangen, die Griechen in Sybaris und die Tusken in
@apua. Aber fowie fich Rom bis auf den heutigen Tag durch feine günftige
Lage immer von Neuem wieder erbob, menn es gefunfen war; fo erbolte
ſich auch Capua nah mehrmaliger Unterdrüdung immer von Neuem durch
jeine8 Bodens Fruchtbarkeit, wiewohl dieſe jeden noch fo Eräftigen Eroberer
bald verweichlichte: nur Sybaris ging ganz zu Grunde, wie das in feine
Stelle getretene Thurium, und ward angeachtet feiner gefunden Lage in einem
milden Klima und der Segendfülle feines Bodens bei reichlicher Bewäflerung
durch Fleine Küftenflüffe, weshalb vie Mömer ihre dortige Colonie Copiae
nannten, nit wieder angebaut. So zerflörend dagegen oft die feuerfpelenven
Berge, durch welche Italien und Sicilien vor andern Rändern der alten Welt
fich auszeichneten, und die dadurch veranlaßten Erderſchütterungen für bie
ſüdlichen Gegenden Italiens wurden; fo lud doch die üppige Fruchtbar⸗
feit der zerflörten Gegenden bald zu neuem Anbaue derfelben ein, und
mie Teicht in Italien und Sicilien ein Ort zu großer Blüthe und Macht ge=
langte, bemeifen, um von andern Beifpielen zu ſchweigen, Tarent mit andern
Städten Großgriechenlands, und Syrakus mit allen griedifchen Pflanzftädten
in Sicillen, welche es feiner Herrſchaft unterwarf. Das fehnelle Aufblühen
ſiciliſcher Pflanzſtädte kann nicht befremden, weil die großen und fidern Häfen
an vielbefahrenen Meeren den Seehandel noch mehr beförberten, als pie ges
jegnete Büle des Landes an allerlei Erzeugniffen: deſtomehr Verwunderung
erregt bei Italiend Mangel an brauchbaren Häfen, welcher der Natur durch
Kunft zu Hülfe zu kommen zwang, und den Auguflus zur Verteilung feiner
Kriegäflotten nah Ravenna, Mifenum und Forum Yulti nöthigte, die bedeu⸗
tende Seemacht Großgriechenlands, dem gleichwohl die Liburnen, durch deren
Dadten nahmald Anguſtus die unbehülfliche Flotte des Antonius beflegte,
das abriatifhe Meer faft eben fo verichloffen, wie die Tusken lange geit
dur ihre Seeräubereien alle Völker vom tyrrheniſchen Meere zurückgeſchreckt
hatten. — Ungeachtet die Sage vom Bernfteine am pappelreihen Padus darauf
bindeutet,, daß die Griechen dad Erzeugniß der Oftfee, welches fle früher
durch die Phokäer in Maffllien vom Grivanus oder Rhodanus erhielten,
fpäterhin Aber das adriatiſche Meer bezogen; fo konnte doch bei der großen
Unfunde der Gegenden, in welcher man von allerlei Wundern dichten durfte,
chne von Beflerunterridteten eine Widerlegung zu fürdten, der Seehandel
der Griechen mit andern italiſchen Völkern nicht von Bedeutung fein. Aber
auch der innere Handelsverkehr, melden nur die Anmohner des Padus und
Tiberiß unter fi betrieben, war durch die ganz Italien durchziehenden Berge
gehemmt, fo reichliches Material auch deren Waldungen, Steinbrüde und
Erzgruüben zu Fuhrwerken, Straßen» und Häuferbau lieferten. Da auch bie
Alpen, deren Höhe alle bekannten Berge der alten Welt überragte, nur einen
ſehr beſchwerlichen Vebergang zu Maultbier oder Buße geflatteten, und übers
haupt mehr von feindlihen Kriegern, als friedlichen Kaufleuten überfliegen
wurden; fo waren Staltens Völker großentheils auf ihre eigene Hafbinfel
beſchränkt, melde in der Mitte zweier anderer Halbinjeln des ſüdlichen Eu-
ropa’d auf dreien Seiten vom mittellänbifchen Meere umfloffen, und im
Norden dur hohe Vergketten von andern Ländern abgefchnitten, bie Natur
ſelbſt als ein in fih abgeſchloſſenes Land bezeichnete. Weil aber pie Mannig⸗
faltigleit der Erzeugniffe eben fo groß war, ald die Verſchiedenheit der von
allen Seiten ber eingewanverten Völker; fo fehlte dieſen, bevor der römifche
Luxus die audgebehnteften Sruchtgefllde in Luftparthieen und DVergnügungs-
pläge umſchuf, und die Anzahl der Verzehrer in Nom fo ſeh wie ‚daß
I.
330 Italie
ſelbſt Gicifiens und Sardiniens Kornvorräihe ihrem Beduͤrfniß kaum genügs
ten, nichts von bem, was der Menih zu feiner Erhaltung und Crquickung
bedarf. Vielmehr Tieferte das Pothal die nothwendigſten Lebensbedürfniſſe
durch die Ergiebigkeit ſeiner Ebenen zu den niedrigſten Preiſen. Aus dem
mittlern Italien bezog man das wohlſchmeckendſte Obſt; die edle Frucht der
Reben, Feigen und Oliven gedieh am beſten in den ſüdlichen Gefilden Cam⸗
paniens und Großgriechenlands. Hirſe ſcheint die Hauptfrucht des Pothales
geweſen zu ſein, Dinkel oder Spelt (ſar oder ador) des mittlern Italiens,
während ber feuchte Boden Campaniens feinen Waizen (siligo) von beſon⸗
derer Güte erzeugte: In Sicilien wuchd der Waizen wild. Die Korfen lebten,
gleih ‘den Sarben, in ihrem Berglande mehr von Viehheerden, erreichten
aber ein hohes Alter, während Sardinien für ungefund galt: ihr Honig
fund megen feines berben Geſchmacks Hinter dem hybläiſchen in Sicilien zu-
rück, aber ihr Harz zum Auspichen der Weinfäfler Fam dem vom Silawalve
in Bruttium gleih. Um Tarent blühte der Gartenbau, aber Hipponium oder
Vibo in ucanien bot der Proferpina eben fo Tieblihe Blumen bar, wie Enna
in Siciliens Mitte, und in Pofidonia oder Paͤſtum ſah man die Roſen jährlich
zweimal blühen, wogegen von da nörblih mephitiſche Ausdünſtungen der
Scähwefelquellen, flinfende Sümpfe und Maremmen bie Luft verpefteten. In
den fetten Wiefengründen Umbriens weidete das Opfervieh; während aber
die Bidenforfle Mittel-Italiend zur Eber- und Schweinezudt einluden, bes
ſchäftigte man ſich in der von vielen Eleinen Bergmwaflern durchſchnittenen
Ebene Ober-Jtaliend vorzüglig mit der Schaf» und Ziegenzudt. Zur Rinder-
wit und Jagd benügte man vorzüglih die Waldungen in Lucanien und
Druttium, wiewohl man daſelbſt auch in der heißen Jahreszeit das feine
Wollenvich weidete, weldes man im dürren Galabrien für die Webereien
und PBurpurfärbereien in Tarent zu ziehen bemüht war. Die Vierbezuät
gedieh am beflen in Sieilien, obgleih auch Venetien einen dauerhaften und
flüchtigen Schlag von Pferben, wie Ligurien gute Maulthiere, lieferte. Ob
die Erflärung Argyrippa's durch Argos Hippion bei Plin. H. N. III, 16.
und ber Saturejergaul bei Horatius S. I, 6, 59. auch den oskiſchen Nanıen
Apulia mit dem galliiden Eporedia bei Plin. H. N. HI, 21. zu vergleichen
berechtige, mag hier eben fo unentfhieben bleiben, als ob Umbriend Bes
nennung mit aper, imber, umber, verwandt fei; aber an Staliens Ableitung
von vitulus ift um fo weniger zu zweifeln, da die Nömer anfangs auch des
Pyrrhus Elephanten Iucanifhe Ochſen nannten. Auf den Münzen ber itali»
fhen Bunbesgenofjen bezeidänete der Stier die Samniten, wie der Wolf die
Römer. Wie man Stalien von giftigen Ihieren frei pries, fo Sardinien
von reißenven; wie fi aber dad tyrrheniiche und ſiculiſche Meer dur eine
Schalthiere außzeichnete, fo bad adriatiiche durch große Fiſche und Geevögel.
Den Po empfahlen feine Schwäne. Etrurien war dur mineraliihe Quellen
und Bäder audgezeichnet, Tieferte aber auch Seefalz, wie Sardinien. Außerdem
beſaß Btrurien, wie Umbrien, reiche Kupferbergwerfe, und vortreffliches Eiſen
holte. e8 von der Infel Ilva, mie Blei von der Bleiinfel bei Sardinien.
Silber fand ſich In Sarbinien ſelbſt, und Gold in Ober⸗Italien, wo ſich
die Sallier ebenfo dur ihre golvenen Halsketten und Armgeſchmeide aus-
zeichneten, wie bie Umbrier durch ihr ſchweres Kupfergeld, und die Tudfen
durch ihre Broncen. Ligurien lieferte Marmor und feine Holzarten, welde
bie Tusfen eben fo geſchickt verarbeiteten, wie file dur ihre Töpfermaaren
berühmt waren. Reine Leinwand» und Wollenmanufafturen waren bei den
Bofentragenden Gallien zu Haufe, bei welden ein ssgum tie Stelle ber
tusfifhen tebenna oder römiſchen toga und des griediihen pallium vertrat.
le die Tudken mit ihrer eigenthuͤmlichen Schrift eine beionvere Zahlen⸗
und Gewichtabezeichnung verbreiteten, find fie auch als Erfinder in der Baufunft
Italich — Yihäea 994
und Schanſpielkunſt, im Spiel ver Flöten und Trompeten, in ber Opferſchau
und Blitzlehre befannt; die Erfindung der Augurwiſſenſchaft gebührt aber ben
Umbriern, wie die Schlangenbefhmwörung den Marfen, dad Wandeln auf
glübenden Kohlen den Hirpiern bei Falerit, das Fetialenrecht den Aequern,
das Bundedopfer mit andern Religionsgebräuchen den Sabinern, bie Kriegs⸗
funft und NRedtöwiffenfchaft den Römern. [G. F. Grotefend.]
Ktaltea, Municipium in Hifp. Bätica am Bätis zwiſchen Hiipalis und
Corduba, eine Anflevelung der Veteranen des Scipio; Meberbleibfel bei
Santiponce. Eäf. B. C. II, 20. Hirt. B. Alex. 53. Gell. N. A. XV, 13.
Appian. B. Hisp. 38. Orof. V, 23. Str, 141. Steph. Byz. It. Ant. [P.]
Heätas (IraAos), König der Denotrer, nad Thucyd. VI, 2. der Si⸗
kuler, nad welchem Italien benannt fein ſollte. Dion. Halik. I, 35. Bei
Hng. fab. 127. Heißt er ein Sohn des Telegonud und ber Penelope. Ueber
jeinen Namen ſ. Heyne Exc. 21. zu Aen. I, 2. Rach Dion. Halik. I, 72.
a. @. fol er mit der Bleftra, der Tochter des Latinus, den Erbauer Noms,
NRemus, geseugt haben. Plut. Rom. 2. aber nennt feine Tochter Rome als
Erbauerin ron Rom. M. vgl. auch Serv. zu Birg. Aen. I, 6. VII, 328.
Auch Ariflot. de rep. VII, 30. rühmt feine Verdienſte um Civiliſirung ber
no madiſchen Denotrer. [Mzr.]
Kämus (Irernos Auızr, Btol. VI, 7.), ein Hafenort in Arabia Felix
anı Simus Leanites an der Weſtküſte des perflichen Meerbufend oberhalb des
Sinns Magorum; wahrfceinlich die heut. Stadt Kadehma an dem nad ihr
benannten Golf. [F.]
Kıänus (Ireros, Herod. IV, 151. Ptol. IH, 17. Steph. Vyz.), eine
Stadt an der Dflfüfte der Infel Greta, etwas ſüdweſtlich vom Samonifchen
Borgeb. (Btol.), in der Nähe des Promont. Itanum (bei Scyl. p. 19. Huds.
Plin. IV, 12. u. Steph. Byz.), die den von ihr noch vorhandenen Münzen
(vgl. Höcks Kreta I. S. 18. Note 1.) nad nicht ganz unbedeutend geweſen
jeiss Fann, und nah Herod. am a. O. Purpurfärbereien hatte, was bie An⸗
gabe bed ESterb. Byz., daß fie einen Phönicier zum Erbauer gehabt Habe,
nicht unwahrſcheinlich macht. Mannert VIII. S. 708. vermuthet ohne allen
Grund, daß fie identisch fei mit Hierapytna ober Hierapydna, und nimmt
das Prom. Itanum für das hent. Cap di Trachila oder Schini; nah Krufe
jedoch iſt die Stadt Itanus das Heut. Sitano und dad Borgebirge das heut.
(Sap Xacro (welches Mannert für dad Prom. Erythraeum ded Ptol. Häft).
Folgen wir aber der Karte Bandiad von Boronelli, fo findet fi in der von
Ptol. bezeichneten Tage noch immer ein Zleden Itagnia und dabei ein Paleo⸗
cuſtro, weldes ſonach für dad alte Itanus anzufehen fein dürfte. [F.]
Rtenedium Menuthesias (Eizerndiwuusrovdenies, Peripl. mar.
Eryihr. p. 9. Huds.), eine ungefähr 130 Stad. vom Feſtlande entfernte Infel
vor dem fühlihern Theile der Oflfüfte Afrika's, zwei Tagerelfen vom Bor»
gebirge Rhapta. Allein die Stelle ift offenbar verdorben, und ed verbirgt
fich im der falſchen Lesart unftreitig der Name der Infel Menuthias (f. dieſ.
Art.). Vgl. Dodwell bei Hudſon I. p. 68f.
Hterdüca. Nah Auguft. de civ. D. VII, 7. Beiname der romiſchen
Juno juga, jugalis, abzuleiten davon, weil fle ben Kindern den Weg zeigte,
nach Andern, weil jie als Ehegöttin bie Braut in das Haus des Bräutigams
geleitete (cf. Domiduca) ; vgl. Hartung Rel. d. Röm. II, 70. [Mzr.]
Ktosus ober Atesui, ein galliihes Volk, dad man für identiſch mit
ten Essubii (f. dv.) hält; doch feinen ſie nad der Stelle, melde ihnen
Plin. IV, 32. giebt, fübliger gewohnt zu haben. [P.]
Eıhkca (/durn). 1. Lage der Infel. Sie erftredt fi öflli von
ver Inßel Kephalenia (Same) von NW. nah SO. und Tiegt fo zwiſchen
Same und dem Feſtland. Es fragt fih, ob Homer fie fl ebenfo liegend
330 | Italie
ſelbſt Siciliens und Sardiniens Kornvorräthe ihrem Beduͤrfniß kaunt genüg⸗
ten, nichts von dem, was der Menſch zu ſeiner Erhaltung und Erquickung
bedarf. Vielmehr lieferte dad Pothal vie nothwendigſten Lebensbedürfnifſe
durch die Ergiebigkeit ſeiner Ebenen zu den niedrigſten Preiſen. Aus dem
mittlern Italien bezog man das wohlſchmeckendſte Obſt; die edle Frucht der
Reben, Feigen und Oliven gedieh am beſten in den ſüdlichen Gefilden Cam⸗
paniens und Großgriechenlands. Hirſe ſcheint die Hauptfrucht des Pothales
geweſen zu fein, Dinkel oder Spelt (far oder ador) des mittlern Italiens,
während der feuchte Boden Campaniens feinen Waizen (siligo) von beſon⸗
derer Güte erzeugte: in Sicilien wuchs der Waizen wild. Die Gorfen Iebten,
gleih ‘den Sarden, in ihrem Berglande mehr von Viehheerden, erreichten
aber ein hohes Alter, während Sardinien für ungefund galt: ihr Honig
flund megen feine herben Geſchmacks hinter dem hybläiſchen in Sicilien zu»
rück, aber ihr Harz zum Auspihen der Weinfäfler Fam dem vom Silawalde
in Bruttium gleid. Um Tarent blühte der Gartenbau, aber Hipponium oder
Dido in Rucanien bot der Proſerpina eben fo Tieblihe Blumen dar, wie Enna
in Siciliens Mitte, und in Bofldonia oder Päftum ſah man die Rofen jährlich
zweimal blühen, wogegen von da nörblih mephitiihe Ausbünflungen der
Scähwefelquellen, flinfende Sümpfe und Maremmen die Luft verpefleten. In
den fetten Wiejengründen Umbriend weidete das Opfervieh; mährend aber
die Cichenforſte Mittel-Italiend zur Eber- und Schweinezucht einluden, bes
ſchäftigte man ſich in der von vielen Heinen Bergwaflern durchſchnittenen
Ebene Ober-Italiend vorzüglich mit der Schaf- und Ziegenzudt. Zur Ninder-
wit und Jagd benügte man vorzüglih die Waldungen in Lucanten und
ruttium, wiewohl man daſelbſt au in der heißen Jahreszeit das feine
Wollenvich weidete, welches man im dürren Galabrien für die Webereien
und Purpurfärbereien in Iarent zu ziehen bemüht war. Die Pferdezucht
gedieh am beſten in Sicilien, obgleih auch Venetien einen dauerhaften und
flütigen Schlag von Pferben, wie Ligurien gute Maulthiere, lieferte. Ob
die Erflärung Argyrippa's durch Argos Hippion bei Plin. H. N. III, 16.
und der Saturejergaul bei Horatius S. I, 6, 59. auch den oskiſchen Namen
Apulia mit dem galliſchen Eporedia bei Plin. H. N. IH, 21. zu vergleichen
berechtige, mag bier eben fo unentſchieden bleiben, ald ob Umbriens Bes
nennung mit aper, imber, umber, verwandt fei; aber an Italiens Ableitung
von vitulus iſt um fo weniger zu zweifeln, da die Römer anfangs aud des
Pyrrhus Elephanten lucaniſche Deohjen nannten. Auf den Münzen ber italis
fhen Bundesgenoſſen bezeichnete der Stier die Samniten, wie der Wolf die
Römer. Wie man Italien von giftigen Thieren frei pries, fo Sardinien
von reißenden; wie ſich aber dad tyrrheniſche und ſiculiſche Meer dur feine
Schalthiere außzeichnete, fo das adriatiiche durch große Fiſche und Seevögel.
Den Bo empfahlen feine Schwäne. Etrurien war durch mineralifhe Quellen
und Bäder audgezeichnet, Tieferte aber auch Seefalz, wie Sardinien. Außerdem
beſaß Etrurien, wie Umbrien, reihe Kupferbergwerfe, und vortreffliches Eifen
holte. es von der Infel Ilva, wie Blei von der Bleiinſel bei Sarbdinien.
Silber fand ſich in Sardinien ſelbſt, und Gold in Ober⸗Italien, wo fi
die Gallier ebenfo durch ihre goldenen Halsketten und Armgeſchmeide aus⸗
zeichneten, iwie die Umbrier durch ihr ſchweres Kupfergeld, und die Tusken
durch ihre Broncen. Ligurien lieferte Marmor un» feine Holzarten, welche
die Tusken eben fo geſchickt verarbeiteten, wie fle dur ihre Xöpfermaaren
berühmt waren. Beine Leinwand > und Wollenmanufafturen waren bei den
Bofentragenden Gallien zu Haufe, bei welden ein sagum tie Gtelle der
tusfifchen tebenna ober römiſchen toga und des griechifchen pallium vertrat.
Wie die Tudken mit ihrer eigenthümlicgen Schrift eine beionvere Zahlen»
und Bewidtäbrzelänung verbreiteten, find fie auch ald Erfinder in der Baukunſt
Etalich — Eihäea 394
und Schauſpielkunſt, im Spiel ver Flöten und Trompeten, in der Opferſchau
und Blitzlehre bekannt; die Erfindung der Augurwiſſenſchaft gebührt aber ven
Umbriern, wie die Schlangenbeſchwoͤrung den Marien, das Wanbeln auf
glühenden Kohlen den Hirpiern bei Falerii, das Fetialenrecht ven Aequern,
das Bundesopfer mit andern Neligionsgebräuden ven Sabinern, bie Kriegs-
Funft und Rechtswiffenſchaft den Nömern. [G. F. Grotefend. ]
Ytalica, Municipium in Hifp. Bätica am Bätis zmifchen Hifpalis und
Corduba, eine Anſiedelung ber Veteranen des Scipio; MUeberbleibfel bei
Santiponce. Cäſ. B. C. II, 20. Hirt. B. Alex. 53. Gell. N. A. XV, 13.
Appian. B. Hisp. 88. Orof. V, 23. Str, 141. Steph. Byz. It. Ant. I[P.]
Kilian (IraRos), König der Denotrer, nah Thucyd. VI, 2. der Si⸗
fuler, nad meldem Italien benannt fein follte. Dion. Halik. I, 35. Bei
Ang. fab. 127. Heißt er ein Sohn des Telegonus und der Penelope. Tieber
feinen Namen ſ. Senne Exc. 21. zu Aen. I, 2. Nah Dion. Halik. I, 72:
a. @. fol er mit der Eleftra, der Tochter des Latinus, den Erbauer Noms,
Remus, geseugt haben. Plut. Rom. 2. aber nennt feine Tochter Rome als
Erbanerin von Rom. M. vgl. auch Serv. zu Virg. Aen. I, 6. VIII, 928.
Au Ariſtot. de rep. VII, 10. rühmt feine Verdienſte um Civiliſirung ver
nomadiſchen Denotrer. [ Mzr.] |
FtMAmus (Ireuos Aurr, Btol. VI, 7.), ein Safenort in Arabia Felix
am Sinus Leanites an der Weftfüjte des perſiſchen Meerbufend oberhalb des
Sinas Magorum; wahrfcheinfid die heut. Stadt Kadehma an dem nach ihr
benannten Golf. [F.] |
Etänus (Ircro;, Serod. IV, 151. Ptol. IH, 17. Steph. Byz.), eine
Stadt an der Offüfte der Infel Ereta, etwas fünmwehlih vom Samonifchen
Borgeb. (Ptol.), in der Nähe des Promont. Itanum (bei Scyl. p. 19. Huds.
lin. IV, 12. u. Steph. Byz.), bie den von ihr noch vorhandenen Münzen
(vgl. Höckzs Kreta I. ©. 18. Note 1.) nad nicht ganz unbedeutend geweſen
fein kann, und nah SGerod. am a. O. Burpurfärbereien hatte, was bie An⸗
gabe bed Sterb. Byz., daß fle einen Phönicier zum Erbauer gehabt habe,
nicht unwahrſcheinlich macht. Mannert VIII. ©. 708. vermuthet ohne allen
Grund, daß fie identiſch ſei mit Hierapytna oder Hierapydna, und nimmt
das Prom. Itanum für dad heut. Gap di Trachila oder Schini; na Krufe
jedoch ift die Stadt Itanus das Heut. Sitano und das Vorgebirge das Heut.
Gap Xacro (welches Mannert für dad Prom. Erythraeum des Vtol. hält).
Folgen wir aber der Karte Candias von Goronelli, fo findet ſich in der von
Pol. bezeihneten Rage noch immer ein Flecken Itagnia und dabei ein Paleo⸗
caftro, welches ſonach für das alte Itanus anzufehen fein dürfte. [F.]
Atenediam Mennthesias (Eizsrnöwuusrovdsoias, Peripl. mar.
Erythr. p. 9. Huds.), eine ungefähr 130 Stab. vom Feſtlande entfernte Infel
vor dem füblichern Theile der Oflküfte Afrika's, zwei Tagereiſen vom Bor»
gebirge Rhapta. Allein die Stelle ift offenbar verborben, und es verbirgt
Ah in der falſchen Lesart unftreitig der Name der Inſel Menuthias (f. dieſ.
Art.). Dal. Dodwell bei Hudſon I. p. 68f. [F.]
Hterdüca. Nah Auguft. de civ. D. VII, 7. Beiname der römifchen
Juno juga. jugalis, abzuleiten davon, weil fle den Kindern den Weg zeigte,
nah Andern, weil jie als Ehegöttin bie Braut in das Haus des Bräutigams
geleitete (cf. Domiduca) ; vgl. Hartung Rel. d. Röm. II, 70. [Mzr.]
Htesui oder Atesui, ein galijches Volf, das man für identifch mit
ten Essubii (f. d.) Hält, doch fcheinen file nah der Stelle, welde ihnen
Plin. IV, 32. giebt, füblicker gewohnt zu haben. [P.]
Ahäena (Idunn). 1. Lage der Infel. Sie erfiredt fi öſtlich von
der Intel Kephalenta (Same) von NW. nah SO. und Tiegt fo zwiſchen
Same und dem Feſtland. Es fragt fih, ob Homer fie ſich ebenfo liegend
832 Ethien
gebdacht Hat. Voͤlcker (Homer. Geogr. ©. 53—57. 74.) hat es durch eine
ſehr ſcharfſinnige Entwidlung (namentli$ aus Od. IX, 22. 26.: augs de
700: moAlai yasıaovm aA 042809 allzägawr, Aovliyor u. f. w.; avı
d2 gdauaan narmeprarn air GAl xeitaı ngog Loyor, ai ds T avavde
2005 70 T n8Aıor re) fehr wahrſcheinlich gemacht, daß nah Homers
Borflelung Ith. die weſtlichſte der Infeln in ver Nähe war, alfo namentliä
weftlider lag ald Same. R. v. 2. hat zugegeben, daß fi die homeriſchen
Stellen mit dieſer Annahme vertragen, Od. XV, 33—38. auögenommen. *
R. v. 2. faßt Lopos ald Norbweflen, und dieß bat Klaufen S. 141—144.
jo ausgeführt, Homer habe nicht gewußt, daß fl Same ber ganzen Länge
son Ith. parallel erfirede; er habe, von SD. fommend, nur die ganze breite
füböftliche Erſtreckung von Same gefehen und erſt nordweſtlich meiter fahrend
Ith. gefunden, woburd in ihm die Vorſtellung entſtanden fei, Ith. fei bie
nordweſtlichſte der Infeln, Same aber und Zakynthos Liegen (ſüd) öſtlich. Die
Möglichkeit des Mißverſtaͤndniſſes (etwa von Schiffernachrichten) au in Bezug
auf bie rein weſtliche Anfegung von Ith. wird zugegeben; nur läugnet Völcker
überhaupt, daß Homer das wirkliche Ithaka gekannt Habe; vgl. dagegen
Klaufen S. 137—139. ** I. Topographie Auch in biefer Beziehung
beflreitet Völder bie Ipentität des homeriſchen und des wirklichen Ithafa,
MR. v. 2, Klaufen, Thierſch u. U. vertbeivigen fie. Linbeftritten find fols
gende Punkte. Die Infel if felflgt, ein Bergrücken durchzieht ganz Ithaka,
es fehlt an Ebenen (Od. IV, 605 ff. XII, 195 f. 242 f. vgl. Hor. Ep. 1,7, 41.
Birg. Aen. II, 271 f.). Die Berge finb bei Homer theilmeife mit Wäldern
bebedt (TI. II, 632. Od. I, 186. IX, 22. XIII, 246 f. 351.), was jeßt nicht
(mehr) der Fall if, momit in Zufammenhang fliehen mag, daß au fo
wafjerreih das Land nicht (mehr) iſt wie bei Hom. Od. XIII, 245. (Ueber
die Duelle Arethuſa ſ. Bd. I. ©. 711. Nr. 7.) Als Produkte gibt Homer
an: fehr viel Getreide, Od. XIII, 244. (jet nur ſpärlich, aber gutes),
Mein (ib.), Zeigen, Dliven und Aehnliches, Od. XXIV, 245—247. (Del
und Wein noch 'jetzt Ausfuhrartifel, erfleres in etwa 2500 Fäſſern jährlich,
letzterer if von vorzüglicher Beſchaffenheit; Korintbentrauben merben nad
Thierſch S. 965. jährlich 400,000 Pfund ausgeführt). Bon der Viehzucht,
von welcher Homer redet (Ziegen Od. IV, 606. XII, 246., und Ochſen
XII, 246., Schweine Od. XIII, 404—410. XIV, 107f., ein Schafhirt Od.
XIII, 222.), ift jet feine Spur, das Vieh ift eingeführt, nur von Geflügel
weiß Müller ©. 212. Lieber alled liebrige if große Meinungsverſchieden⸗
® Aber warum Iauerten bie Sreier dem Tel. gerade in ber Bucht zwifchen Same
und Ithaka auf? Nur wenn Same dem natürlichen und vorausfeglichen Landungs⸗
plan des Tel., der Stabt Ithaka, gegenüberliegt, ift jenes begreiflih, Alſo liegt ent:
weber ©. weſtlich von ber Infel Ity. und daun muß die Stadt Ith. auf der Weſtküſte
Der Infel liegen, oder ©. Liegt öftlih von Ith., dann liegt auch die Stadt Ith. auf
der Oſtküſte. Nun aber hat Bilder S. 56. fefigeftellt, daß bie Stadt Ith. bei Homer
auf ber Dfteffte ber Infel Liege, alfo ik nur bie Annahıne möglih, daß Same öſtlich
von der Infel Ith. Liegt. Hiefür frricht auch Od. X, 29 ff., vgl. Wölder ©. 57.
Denn bap unter zarpis por pa Od. X, 29.49, bie ganze kephalleniſche Inſelgruppe
gemeint fei (wie Klanfen ©. 144.), wirb durch den fouftigen homerifchen Sprachge⸗
brauch (vgl. bef. Od. I, 57.0. 59,, wo ’Idaxns und 75 yairc abmechfelt, und XUI,
2351. 294.) widerlegt.
** Nach ber Tradition nahm Mentes, ein feefahrender Kornhändler, Homer
auf feinen Seereiſen mit ſich und brachte ihn auch nah Ithaka. Hier lich er den
an Augentrankheit Ieidenben Dichter bei dem ihm befrenudeten Sthakefier Mentor
zurüd. Diefer erzählte dem Homer bie Sagen Ithaka's. Nach ber ithakeſiſchen
Gage wurbe Homer fchon anf Ith. blind, nad, Andern erfi fpäter in Kolophon, f.
vit. Hom. 6—8. „Habrian erhielt von dem Orakel ber Pythia bie Antwort, Homers
Materland fe Ithaka, f. Hom. et Hes. cert.. vgl, Bb. II, ©, 142%,
" Iihiken 038
heit. Schon den Umfang gibt Strabo X, 455. auf 80 Stad. an (Dickardh.
araye. EAA. v. 52. nennt 80 Stab. die Länge der Infel), richtiger Plin.
H. N. IV, 12. auf 25 Milliarien (nad neueren Meffungen iſt die Länge 15,
die Breite 'j, bis 4 Miglien, der Umfang aljo ungefähr 40 Migfien).
Bedeutender iſt über anbere Punkte die Differenz der Neueren. Gel hat in
Vezug auf das Wiederfinden der homeriſchen Kocalitäten fih abfichtliche Täu⸗
fdungen erlaubt (vgl. Goodiſſon S. 125. Thierſch S. 970. Klaufen ©.
138.), Krufe hat ihm Glauben geſchenkt, Völder dagegen jämmtliche Punkte
zein aus Homer, durch Gombination feiner Angaben, beflimmt und angefeßt.
Völcker beftreitet (S. 64 f.) die Ipentität des Korarfelfen (Od. XIII, 408.)
mit dem jetzigen Korala Petra (im Südoſten) und feßt jenen (norbwefllich)
parallel mit der Stadt Ith. auf dem entgegengefegten Ufer, die Stabt öſtlich,
den Bellen welih, fo daß der Weg von bem einen zum andern über bie
ganze Breite der Infel führte. Zmel Bergnamen erwähnt Homer: das wal-
dige Neriton, I. 11, 632. Od. IX,22. XIII, 351. (mogegen bei Birg. Aen.
III, 271. die ganze Infel N. Heißt; ein Heros Neritod Od. XVII, 207.),
und Neion, an defien Abhang die Stadt Ich. Iag (Od. IH, 81.), und das
gleihfals mit Wald bedeckt war (Od. I, 186.)* Nah gewöhnlicher An-
nahme iſt Ner. die nördliche, Neion die ſüdliche Hälfte des Gebirgs, nad
Euftath. (ad Od. I, 186.), Völder (S. 69 f.) und Sickler (II. ©. 234.)
letzteres nur ein Theil, Abhang des erfleren ; nach Voß und Klaufen (S. 147.)
iſt Neriton das Gebirg der fünlihen Hälfte, Neion der nörbliden. Die
Grotte der Nymphen mit den zwei Eingängen für die Götter und die Menſchen
(Od. Xi, 103—112.) fand Bel unten am Waſſer (wogegen ſ. Völder
©. 69. Thierſch S. 970.), Thierſch in einer Stalaktifengrotte, die er aus⸗
führlich beſchreibt (S. 966.), ohne aber ihre Lage Klar zu machen (Strabo
I, p. 103. bezweifelt ihre Exiſtenz). Die Gärten des Laertes (Od. XXIV,
211.) fegt Sell in den Norden ver Injel, in die Gegend des heut. Leuca,
Thierſch S. 971. an das Ende des weſtlichen Fußes des Neriton, an bie
Küfte, beim Hagios Johannes; auch Völder ©. 73. fegt fie an die Meftküfte,
weil Odyſſeus behauptet, von Sikanien ber dahin verſchlagen zu feyn, Od.
XXIV, 307. Häfen batte (Od. XII, 195.) und bat Ich. viele und treff-
liche, wovon der größte der jebt PB. Molo benannte im Oſten der Infel if.
Homer nennt drei: Rheithron (Od. I, 186.), nah Krufe S. 397. der⸗
jenige, der ji von Molo Hei Vathy in das Land hineinzieht, nad Voölcker
S. 70. vielmehr nörblih über der Stadt Ith. und auf derfelben (öflichen)
Küfte mit ihr, und nad Klaufen ©. 148. der Meerbufen Frichier oder Afri⸗
fs, nah R. v. L. die große Bucht (von Molo), dann die Bucht des Phor-
kys, Od. XIII, 96—101., an deren Haupt ein Dlivenbaum, ib. 102., in
deſſen Nähe die Grotte ber Nymphen, ib. 103., nah Krufe und Thierſch
(S. 970.) derjenige Theil des Port Molo, der (nah einer Ortſchaft) jetzt
Dai von Deria beißt, nad Klaufen S. 148. die Bai von Vathy; nad
Bölders Beweisführung (S. 67 f.) dachte fih Homer die Phorkysbucht im
Nordweſten der Infel; envli ein ungenannter An» noAvßerdrg (Od. XVI,
324. 352.) nahe bei ber Stadt Ith. (Od. II, 391.), der Bort Molo nad
Krufe, nah Klaufen S. 154 f. auf der Weſtküſte, weil man wegen ber
® Gtrabo, ber Ith. nur aus Homer kennt, findet es (X,454.) in Od. III, 81.
«dndov, sitz zo auro ru Nagirw Alyıs ro Nnior, elre Ö’ Erepo» 7 Opus 7 zuglor.
Charakteriſtiſch if übrigens, daß die Alten bei aller ihrer DBegeifterung für Homer
für die Trage Über das Verhältniß des homeriſchen Ith. zu dem wirklichen daraus
fein Jutereſſe hatten, nie linterfuchungen anflellten. Sie hatten wähere Anliegen.
Im Mothfau berupigtem fie fi damit: ovx zuxgwüs anmadiduow 6 om, ware
uud 06 Üinyovaıroo diagbgorros nas 05 iotopousres (Strabo 1. 1.),
986 Ithäeus — Ytoana
s1—54. Holland, Neife durch die ion. Infeln (Iena 1816.). Gay. 3. Gr.
Müller, Reiſe dur Griechenland und die ion. Infeln (Auguft 1821.) Xeipz.
1822. ©. 204— 213. Br. Thierſch, Briefe ans Griechenland, im Morgen-
blatt 1832. Nr. 242 ff. (S. 965 ff.). Südöſtlicher Bilderfaak II. 516— 545.
(mit Karte). Kıufe, Hellas II, 2. S. 369—418. Völcker, homer. Geogr.
S. 46-74. VBgl. auch Nitzſch, Erklär. Anm. 3. Od. I. ©. XIX— XXI.
Böckh, Corp. Inser. Gr. 1925. 1927. [W. Teuffel.]
Ithäcus (Idaxös), Sohn bed PBterelaus, ein Heros, der Ithaka ben
Namen gab. —J XVII, 207. Euſtath. p. 307, 8. 1815, 48. Heſych.
s.v. [ Mir.
Ithar (/dcp, vulgo Bao, Ptol. VI, 7.), ein fonft unbekannter Ort
in Arabia Felix an ber Weſtküſte des Perflihen Meerbufens zwiſchen dem
Sinus Magorum und ber Stadt Gerrha. [F.]
Ithomätas (I’dwouarac), Beiname des auf Ithome verehrten Zeus,
dem dort die Ithomäen gefeiert wurben. Pauſ. IV, 33, 2. 3. [Mzr.]
Ithöme (’Idoun), Nympbe des befannten meſſeniſchen Berge, die auf
demfelben nebſt der Neda den Zeus gebabet und auferzogen Haben fol. Pauſ.
IV, 93, 2. [Mzr.]
Ithöme (’/Ooun), 1) Berg mit einer Kefle, dem alten Hauptort ber
Meffenter und nachmals Acropole der Stadt Meflene, j. in Trümmern, Bol:
Tane genannt. Auf dem ®ipfel des hohen, pyramidenfürmigen Berges fand
ein alter Tempel des Jupiter, der davon den Namen 'IIwunrac hatte, Thuc.
I, 103. Pauſ. III, 26, 6. IV, 5, 9. 33,2. Die Feſte war zu allen Zeiten
wichtig, und nicht minder als Ucrocorintb entſcheidend für den Befig des
Beloponned, Str. 358. 361., beſonders aber berühmt durch die helden⸗
müthige Bertbeidigung unter Ariſtodemus gegen die Spartaner, Pauſ. IV,
10 f., welde 722 v. Ghr. Ithome einnahmen und zerflörten; doch lag «8
nit lange in Trümmern, Bauf. IV, 14, 2. Bal. Blin. IV, 5. (7.).
Ptol. Vgl. Messene. — 2) Bergfladt im Pelasgiſchen TIHeffalien, und zwar
im Gebiet von Metropolis, früher Ihome, j. unbeflimmt, vielleigt Grebegia
am Berge Kallait, Som. 11. II, 729. Str. 437. Daſelbſt ein Zeustempel,
Str. 438. [P.]
Ethöne, Gebirge auf Gorcyra, f. d. Bo. II. S. 640. [P.]
Ethorie (door), Veſte in Aetollen nahe am Achelous, j. Dorika
nad Krufe, Bolyb. II, 64, 9. [P.]
Ytneraria, zunächſt für den militäriigen Gebrauch beflimmt, der zu ihrer
Anlage In der roöm. Kaiferzeit die nächfte Beranlaflung gab, und nach ber Haupt⸗
ftelle deö Beget. (De re milit. III, 6.) zwiefachet Art, It. picta (Reiſecharten)
und It. adnotata (Reiſeguide's) mit Angabe der Hauptorte und Stationen
fo wie deren Entfernung; |. ®b. UI. S. 735 f. und dafelbft das Itiner.
Antonini, Itiner. Hierosolymitanum und Itin. Alexandri. Das
Nähere f. in meiner Geſch. d. Röm. Lit. 6. 365. d. dritt. Ausg. [B.]
Itiam promentorium, an ber Norbfüfle Galliend, nur von Prof.
erwähnt, j. 6. Grisnez. [P.)
Etias (Iccius) portas, Safenflabt ber Moriner an ver galliſchen Nord»
küſte, wo Gäfar feine Truppen vor der Ueberfahrt nad Britannien verfams
melte, B. 6. V, 2. 5. 8. vgl. IV, 21. Str. 199. vgl. Flor. ME, 10. 16.
Nicht Leicht iſt über eine Dertlicgkeit mehr geftritten worden; die Früheren
waren für Boulogne fur Mer; vie jegigen Stimmen feinen ſich über ben
Hafen Biffant unweit Ealaid zu vereinigen. Vgl. Gessoriacum. [P.]
Itmaeus (Iruaios), ein Pythagoräer aus Kroton, nur aus dem Ver⸗
zeichniß der Anhänger des Pythagoras bei Jamblich. Vit. Pythagor. c. 36.
befannt. TB.)
Etoanae (Iswara, vulgo Birwava, Ptol. V, 2.), ein fonfl nirgends
Jten »— Eturaos V
vorkommender Ort Cariens zunächſt unterhalb Antiochia am Mander, auf
dem jenſeitigen (rechten) Ufer des Stromes. [F.]
ton UTror, bei Str. ’/rwros), Stadt im phtihiotiſchen Theſſalien, in
unbe. Lage, mit einem berühmten Minerventempel, Som. 11. 11,696. Str.
433. Steph. By. Dal. Apollod. I, 7, 7. Der Gult der Itoniſchen
Minerva blühte au in Goronea, f. Minerva. — Bon einer Stadt in Untere
alien, welche Steph. Byz. anführt (vgl. Thuchd. V, 8. Zewraug), wiſſen
die übrigen Schrifiſteller nichts. [P.
Ito (Irorn), Gemahlin des Minos und Mutter ded Lykaftus, Died.
Iv, 60. [Mzr.]
Etonia (Irwrie, aia, ers, 45), Beiname der Athene nad ber Stadt
ton, wo die Göttin ein berühmtes Heiligihum hatte, und von wo ihre
Verehrung nad Böotien (Pambdotien) wanderte. Bauf. 1,13, 2. III, 9. a. €.
IX, 34, 1. Plut. Pyrrh. 26. Narr. Am. 4. GStrabo IX, A434 f. Callim.
H. Cer. 74. [ Mzr.]
Kiöuus (Ir0706), 1) Sohn des Amphiktyon, Gemahl der Nymphe
Melanippe, Bater ded Böotus und der Chromia, nad welchem die Athene
ltonia benannt fein fol. Bauf. V, 1, 4. IX, 1, 1. 34,1. Müller Orchom.
S. 391. 392. Anm. 4. — 2) Sohn des Böotus, Vater des Hippalkimus.
Diov. IV, 67. | Mzr.] |
Ermcei, Stadt in Hifp. Bätica, zum Gerichtsbezirk von Hispalis ge=
hörig, als Golonie mit dım Namen Virtus Julia bei Plin. III, 1. (3.) aufe
seführt, Tavian. B. H. 66. 68. Trvxn, Münzen Ituci. Beim jetz. Bene»
uela. (P]
| Kane, Fluß und Ginbuht an der Weſtküſte Britanniens, j. Solway⸗
Firth zwiſchen England und Schottland, am weſtlichen Ende des Hadrian⸗
Wales, Biol. [P.] S
Etursen, Landſchaft im ND. von Paläſtina, deren Gränzen bei bee
Mangelbafıigkeit oder Berworrenheit alter Nachrichten (Reland Palaest. p.
112.) etma fo zu beflimmen feyn möchten: nördlich eine Kette niebriger Hügel,
Diebel Kefiue, im Süpden der Ebene von Damascus, zum Alfadamıs ves
Prolemäus V, 15. gehörig (DO. F. v. Richters Wallfahrten im Morgenlande
©. 162. Burckhardte Reifen in Syrien u. f. f. I. ©. 447.), weſilich bie
lang fortlaufende Meihe der Höhen des Di. Heiſch (v. Schuberts Reife In das
Morgenland III. S. 266 f.), ſüdweſtlich und ſüdlich Gaulanitis (j Diaulan)
und der in jüd. Zeit von Halbmanaffe beſetzte Theil Bafans (j. el Butein),
oͤſtlich mochte wie große Damascusſtraße Ituräa's Bränze gegen Trachonitis
md Aurankıts bilden. Zur großen Hochebene gehörig (v. Raumers Palaſt.
©. 68 f.), in die der Hermon in ſüboöſtlicher Richtung abfällt, und von
mehreren Klüßchen, 3. B. dem In ben Hieromiar von Norden ber münden»
den Rukad (Seeten in v. Zachs mon. Correſp. u. f. f. 3. 1808. &. 353. 420.)
bemäffert, mar es wenigſtens vorzugsweiſe ein Weideland — baber frugum
pauperes Ityrei (Apul. Flor. 1, 6.) — beifen Bewohner nad Araber Weife
in mauerlofen Flecken ober beweglichen Zeltbörfern (Tud zur Genefis XKV,
15.) oder mie ihre trachonitiſchen Nachbarn (Iof. A. J. XV, 10,1.) Inden
vielen geräumigen Höhlen lebend, von denen das Ländchen, mie el Buteln
(Seegen am a. D. ©. 355.) durdflüftet ſeyn muß (Strabo XVI, 2, p.756.
v. Richter am a. D. ©. 685 f. Winer bibl. R.W. B. S. 733. Anm. 2.),
keine Städte gehabt zu haben feinen (Münter de rebus Ituraeorum p. 6.),
man woßte denn das fonit zu Diaulan geredönete, jet borfartige Nowa mit
den Trümmern ber alten, an der Damascusftraße zmifhen Gere und Capi⸗
tolia® gelegenen Stadt Neve (Burdbardt am a. D. ©. 443 f. 500. 540.),
wo in der oftröm. Zeit die ala prima Alemannorum flationirt war (Weſſe⸗
ling zu Anton. Itin. p. 196.), nah Abulfeda (Syr. p. 97.) noch zu Itura
Bauly, Real-Encxlop. IV. 22
ser Ziumen
reisen. ur Dörfer, werunter Rawa? mit beträchtlichen Aininen, ans
Zweifel — dem obigen Neve, enthalte, fagt Burdharbt am a. D. ©. 447.,
au das heut. el-Dieidur, innerbalb veflen der größere Theil von Auräa
gelegen zu haben ſcheine; vielleicht richtig, wenn es hieße: „nom Stamm»
Ion» Itnräa“, da dieſer Name alter Geographie im Laufe der Geſchichte
des gleichnamigen Volkes vie oben gefledten Gränzen, beſonders aber in nörd⸗
ler und norbwefllicher Richtung, namhaft Aberfäritten bat. Unter den ver»
ſchiedenen Ableitungen des Namens felbft entweber von ber theilweife felgen
Natur des Landes oder der bier nomadiſchen, dort troglodytiſchen LBebend-
weife feiner Bewohner (Geſenius im Thes. L. hebr. p. 548. Münster p. 2f.),
oder von Setur, dem Sohne Jomaels (1 Mof. 25, 15. 1 Ehren. 1, 3i.
5, 19.), bat die Ichtere eine bebeutende Stüge in der Zufammenflellung
(Sirabo am a. D. p. 753. 755. 756.) ober gar Identificirung der Ituräer
(Sof. Dio LIX, 12.) wit den Arabern, und mir dürften fle baber unter
Hinzunahme einer Notiz bei Bibius Sequefter p. 159. ed. Hessel. „Ithyraei
Syri usu sagittae periti‘‘ mit Forbiger (Handb. d. alt. Geogr. IL ©. 665.
691.) am füglichſten für einen mit Arabern vermifdhten for. Volksſtamm er-
Hären, wofür aud ihr Geſtirn⸗ und Bätylien-Gultus (Münter p. 11 f.)
und Spuren in Namen und Infäriften (Muͤnter p. Sf. 31. AO f.) zeugen
möchten. Urfprünglih alſo im SO. des Antilibanon zu Haufe, und menig-
ſtens vorübergehend im Nachtheile gegen bie dort vorbringenden ofljerbani-
ſchen Ifraeliten (1 Ghron. 5, 18 f.), fpäter ald Bunbögenoflen des Königs
von Damascus im Niſibeniſchen. Kriege Gegner Davids (Münter p. 18. nad
Gupolemus bei @ufeb. Praep. ev. IX, 30), bewahrten fie doch, wenn mit
den Geſchuraͤern zufammenfallend (Dünter p. 13.), unter ihren, dem Davidi-
fhen Haufe verfäwägerten Königen ihre Unabhängigkeit, wehl jet ſchon,
wie ihre trachonitiſchen Nachbarn, flreitfertige Wegelagerer gegen bie reihen
Waarenzũge aus Arabien nad Damascus, theilten dagegen ſpäter gewiß
Das wechſelnde Abhängigkeitelens benachbarter Volksſtämme, bis He — und
bier zum erfien Male mieber in der Gedichte auftauchend — 105 v. Chr.
von dem Dasmonder Arikobulus und befien Bruber Antigenus belegt, und
dem yolitifhen und religiöfen Berbande des Judentums, aber gewiß nur
theilweiſe und wohl nur auf kurze Zeit, einverleibt wurben (of. A. J. XIII,
11, 3.). Die junebrumbe Schwäche der hadmeanäifchen wie auch der ſeleu⸗
cidiſchen Dynaffie rief au fie wieder zur Unabhängigkeit, wie andere Bolfd-
Räume und Dynaften in Paläſtina und Syrien. Eben in dieſer Periobe
nun feinen bie Ituräer ihre bisherigen Gränzen überſchritten zu baben, und
geirieben von ihrer alten Raubluſt über den Antilibanon, an dein Oſtab⸗
bang ihnen Ablla zufällt (Winer am a. D. unt. Abilene), nad Gölefgrien,
wo fe Heliopolis, und nach dem Libanon ſelbſt vorgenrungen zu feon, mo
fle Chalcis, dieſe Bergſtadt der Marfpas-Ehene, Botry6 und andere fehle
Punkte auf den Bergen, Borgebirgen und der höhlenreichen Küſte ober» und
unterhalb von Tripolis befegten, und wie im Südoſten gegen ben bamad-
ceniſchen, fo Hier gegen den phoͤniciſchen Handel Plünverungszüge bis nad
Byblos und Berytod hinab, vielleicht auch ſeewärts im Bunde mit den cilieiſchen
Piraten, felbft durchaus ſchlimmes Geflndel (Strabo p. 755.), unternahmen.
Ihr Widerſtand gegen bed Armeniers Tigranes Herrfchaft über Syrien glädiig
(Cafſ. Die ZIXVII, 7.), wurde durch Pompejus, dieſen Ordner genannter
Provinz, ohne große Mühe gebrochen (Appian. Mithrid. c. 106. Gutrep.
VL 11.); ihre Burgen wurben gefäleift; die von ihnen und won Xigranes
mißhaudelten Städte, wie Byblos, durch Tödtung eines Häupuings, befreit,
dagegen ein anderer folder, ver Prieſterfürſt (Münter p. 87 f.) Btolemäus,
de —2 SGohn, dieſer ſchlimme Nachbar von Damadeud, gegen eine
Loſtaufungtſumme in feinen, vom Libanon bis nach Auranitis herunter,
Ktumen 0)
wohl mehrere kleine Herrſchaften unter ſich begreifenben Broßfärflenthum be⸗
laffen (Strabo p 753. Iof. A. 3. xII. 15, 2. 16, 8. XW, 8,2. 7, 4.
Blin. V, 23.) So mit Rom in Berührung gekommen, dienten fie fortan
unter feinen Heeren und von feinen Dichtern befungen (Birg. Georg. Il, 448,
Lucan. Phars. VII, 230. 514.), als Bogenfhühen — fo in Eäfard afrikan.
Kriege, B. Afr. 20. — wurden aber au, bem Gicero (Philipp. H, 8. 44.
XIII, 8.) die allerverworfenſten Barbaren, zur Einfhücdterung des Senats
und zu andern Sbwaltmaßregeln von Antonius, ihrem alten Bekannten aus
Syrien ber, mißbraucht, welcher aber vefienungeadhtet, wie er fpäter Syrien
ale Triumvir und Verderber der unter Caſſius wieber aufgetauchten ober von
ben Baribers begünftigten Tyrannen durchzog, Iturän und bie Übrigen ſyri⸗
Ihen Landſchaften wegen folder polltiſchen Neigungen durch ſtarke Auflagen
firafte (Appian. B. C. V, 7. 10. Joſ. A. 3. XIV, 12, 1.), und fofort jenes
Brofemäus Sohn, Lyſanias I., den er kaum zum König eingefegt, als wirb⸗
lien, ober von der nad feinem Länderbeflg gierigen Tleopatra nur anges
ſchwärzten Bartherfreund töbtete (Joſ. A. 3. XV, 4,1. B. 3.1, 18,1. Ga,
Dio XLIX, 32.). Durd ihren Tod wieder frei, wurde nun bisd anfehwäidhe
Gebiet, Lyſanias Haus * geheißen, wenigſtens großentheil® von Auguſtus au
einen gewiſſen Zenodorus vermistbet, ſedoch biefem Räuberchef wiederum
meiſt abgenommen, und Herodes dem Br. zur Beſchwichtigung (!) Über
geben (Strabo p. 756. Yof. A. 3. XV, 10, 1—8. XV, 9, 2, Gaſſ. Die
LIV, 9.). Daher erbliden wir denn Ituräa bei Lucas 3, 1. Im der Sub
des Herodiabden PHilippus**, während Lyſanias II. in Abilene, ben Reſte
der Herrſchaft feines Anverwandten (?) Lyſanias I. malte. Nach Bhlippus
Tode (37 n. Chr.) wurde Ituräa der römifhen Provinz Syriem eitwerleibt
(Mänter p. 24 f.), hierauf mieder von berfelben getrennt, und theilusife —
der Landfirih im SO. des Antilifanon — dem Herodes Agrippa I. (Caſſ.
Die LIX, 12.), theilweife — der im Libanongebirge — dem emecfeniſchen
Fürflen Soämus untergeben (Nolb. hist. Idum. p. 285.), na) des Begteren
Tode aber (Zac. Ann. AH, 23.) unter. Claudius (YO n. Ehr.) mit jenet
Brosinz für Immer verbunden. Yortan wird Teines itur. Staated, fundem
nur in Inſchriften röm. Behörben in jenen Gegenden gedacht; daß nun ie
ver Folge viele von den fhreitfertigen Bewohnern derſelben an ven Fübtjchen
Kämpfen gegen Beivalian und Titus, Irajan und Hadrian, fin und wiber
Theil genommen, iſt zwar beim Mangel entſchiedener Nachrichten nur Deus
muthung, jevoch nit unmahrjgeinlih. (Dem von Münter p. 28 f. Bei
gebraten ließe ſich Joſ. A. J. XX, 8, 10. B. 3. I, 17, A. 6. beifägen.)
Dagegen iſt es aus Steinſchriſten bei Kaflel am Rhein, Ders Guanblager ber
zweiundzwanzigſten, bei Ierufalemd Belagerung verwendeten Legiow, und bei
Carnuntum an der Donau (f. d. Art.), dem ber vierzehnten, gleichfalls au
dem Orient herbeigezogenen, zur Gewißheit erhoben, daß Ituräer bes Ges
* D, i Laud, Münter am a, O. p. 23 fe Rofenmüllers bibl. Geogr, Ih 2,
Anm. 9. Geſenius Thes. p. 193, 13.)
*® Die mehr oder weniger gezwungenen Verſuche (f. darubor Winer u. „Ttus
räa’’), mit biefer Angabe die unter fich felbft nicht gang gleichlantenden bet Joſephus
(A. 5. XVII, 11, 4. XVII, 4,6. B. J. 11, 6,3. vgl, wit A. J. XV, 10,1. 3, XV,
2.1.2 Av, 81.B% LE, 20, 4) au vereinigen, wären wobhs unterblieden, wer
man bebadht Yätte, daß au bie alten Hiſtoriber Beine Anforderungen flatififher Belle
tänbigeeit, wie am die Neueren, gemacht werben birfen, und daß Lucas, auch in dep
Angabe von Sg Antipas Gebiete neben Joſephus unvolpändig, und zudem vom
einer blos chronofogifhen Notiz zu MWichtigerem forteilenb, außer Trachonitis nur
$turda, dad hinwiederum Joſephus nicht autträdttch nennt, vielleicht als einen in
Italien (f. oben) wohl befaumten Namen wegen bed dortigen Empfängerö feiner
sang. Berichte angebe. "
840 YUmisa Zuba-
birgs unter dem leichten Fußvolk, fo wie Sturäer der Ebenen auf ihren
arabiſchen Noffen unter der Reiterei ver Römer gedient haben (Münter p. 1:
82 f. 40 f.), fo daß, wie dort im ituräifchen Neve germaniſche Krieger, fo
Hier itur. an german. Strömen ihre legte Station gefunden haben. Daß
endlich die Neligion des Geiſtes und der Milde aud unter biefem milden,
von einem üppigen, noch nicht ganz dort audgeflorbenen (Münter p. 34.)
Geflirncultus beherrſchten Bolfe wiewohl langſam und fpät (im Aten u. Sten
Jahrh.) fi ausgebreitet habe, dafür bürgen ſchon die nahen Biieftfige an
der phönic. Küfte, fo wie in Abila, Paneas, Damadcus m. f. f., und es
iR wohl denkbar, daß die früher in weltlichem Streit verfuchte Widerſtands⸗
kraft der Iturder fpäter im 5. Kampfe der Marbaiten (= Maroniten) für
das monotheletiihe Dogma gegen andersgläubige Ehriften (Theophanes ad enn.
669.), oder für das Ghriftenihum überhaupt gegen Saracenen (Münter p. 35 )
mitgewirkt habe, und jept no, wie bier in den Maronttifchen Klofterburgen
des Kedramın im NO. von Berytus (Mob. Baläfl. IN. S. 745.), fo dort
in Häretifern des Jolam, den Mutäwileh des Diſtrikts Besharah, öſtlich von
Theuprofopon und Botrys, nah Strabo (a.a.D.) einem Haupıfige der alten
urder, ober wie andere, 3. B. Mannert VI, 1. &. 419. und Georgii 1.
©. 202. in ihren Werfen über alte Geographie mit Bezug auf Namend»
aͤhnlichkeit wollen, in den Drufen auf vemfelben Gebirge und im Hauran
(Nob. am a. D. ©. 752 f.) gegen bie herrſchende Stantereligion Oppofliion
bilden. [ Cless.]
Kturisa, |. Turisse.
Ztyea, |. Uticra.
Zıylus, |. Addon, ®b. I. ©. 85.
Ktys (’Irvs, vos), Sohn des Tereus unb ber Prokne, f. Tereus. [Mær.]
ALtys, Fluß an der Werküfte Nordbritanniens, Ptol., nah Mannert
4. der Loch⸗Carron in Schottland. [P.]
Jube L. (loßac), König von Numidien und Bätulien (Gaff. Die
XLIII, 8.), war ber Sohn von Hiempſal II. (Caſſ. Dio XLI, 41.), wahrs
f&einlih einem Sohne bes von Juguriha gemordeten Hiempſal I. (Geſenius
Script. linguaeque Phoen. mon. p. 202 f.).* Sein Geburtsjahr ift unbes
Rimmbar. Kraft der fhon von Mafiniffa feinem Haufe und Volke gegebenen,
von Micipfa, deſſen Sohne weiter geführten, und von Rom felbft begün-
Rigten (Plin. H. N. XVII, 3.) Richtung auf griechiſch-römiſche Bildung
war Juba's Vater felbft ein wiſſenſchaſtliebender Mann (Salluſt. Jug. 17.),
weshalb wohl anzunehmen if, daß derfelbe au feinem Sohne, Juba I.,
eine dem gemäße Erziehung gegeben habe, deren Keime fofort auch An defien
in ber Gelehrtengeſchichte 10 gefeierten Sprößling Juba II. ſchon in zarter
Jugend fih gezeigt Haben follen (Suidas u. '/oßas). Juba's eigene Jugend
war nicht ohne Leiden. Sein Vater Hiempfal nehmlich, obgleih von Mas
zius, Jugurtha's Ueberwinder, wiederum in einen Shell des numidiſchen
Erbreichs eingefeßt (ic. p. red. ad Quir.8. Plut. Pomp. 12. Liv. Ep. 89.,
wohl ven Öfltihen, wie aus Blut. Mar. 40. zu fließen), war doch In dem
Bald darauf ausgebrochenen Bürgerfriege nah einigem Schwanken auf die
Seite Sulla’8 getreten, daher die in Nordafrica shärigen Darianer einem
Better von ibm, Hiarbas, wahrfcheinlih einen Sohn von Juguriha's Halb
bruder, Gauda, ber ein Stüd von Weſtnumidien beherrichte, bei Verdrängung
ves Htempfal unterflügten. Bon dem jungen Suflanifgen Heerführer, En.
Pompejus M., wurde Hiempfal wieder eingefegt (Plut. Pomp. am a. D.
Appian. b. civ. I, 80.), zudem mit dem Gebietärheife des Mingerichteten
® Und einer Schweſter Hannibals (?) nad einem Scholion zu Lucans Phars.
viu, 283 f.
Juba ‚su |
Siarbad und bamals wohl auch mit einem Strich won Bätulien (Hirt. b.
Afric. 56.) entfhädigt. Go ward Hiempfal dur feine Schickſale, Juba
f&on durch feine Geburt ein Gegner der in Gäfar neu erſtehenden Mariani⸗
fen Partei. Zwar gieng I. 63 v. Ghr. das GServilifhe Uckergeſetz des
Rullus, unter deſſen Urhebern Eäfar oben anftand, an Juba's Vater, der
durch daffelbe mit dem Berlufte von Ländereien an der nordafrikaniſchen Küfte
bedroht war, ohne Schaben vorüber, weil man feinen Gönner Pompelus
ſchonen wollte, und zugleich, mohlbefannt mit numidiſchem Golde aus Ju⸗
gurtha's Zeiten ber, auf des reihen Königs Erkenntlichkeit zählte, melde
nun eben fein Sohn, Juba, deshalb nah Mom gekommen, deffen geld» und
herrſchſüchtigen Geſetzgebern in Ausficht ſtellen follte Gic. de lege agr. I, 44.
Hl, 22. ‚‚ein Jüngling eben fo reich mit Geld als mit Haarloden ausge»
ſtattet““ (vgl. Mionnet Med. Ant. Suppl. IX. Pl. IX, 2.). Aber um fo
empfinblidder ſtieß Juba im folgenden Jahre (62 v. Ehr.) wieder als Agent
feined Barerd in Mom mit Cäſar, jetzt Brätor, zufammen, indem er einen
vornehmen, jungen Numidier, Maſintha, vor Gericht als feinem Vater tribut⸗
pflichtig anſprach und daſſelbe im Dienft ber dem Hiempfal geneigten Optbs
maten für biefen König, Gäjar gegen ihn entſchied, den Bedrohten dem Juba
mit Gewalt entrig und fpäter in feine fpanifche Stattbalterichaft munahm
(Suet. J. Caes. 71.). Vielleicht bewirkte er von dort aud feine Reſtaura⸗
tion im nachbarlichen Nordafrika. Denn follte nit, was ſchon Drumann
(Geſch. Roms in f. Vebergange u. f. f. IH. S. 605. Anm. 57.) annimmt,
Mafintha (ſprachlich — Maſiniſſa, nur dem puniſch⸗numiviſchen Etymon
näher ſtehend, als dieſes, wenn Geſenius am a. O. ©. 200. das Rechte
geſehen), eine Perſon mit jenem Maſiniſſa ſeyn, welchem wir fpäter als
weſtnumidiſchem Vaſallen Juba's begegnen (Appian. am a. O. IV,54. Gafl.
Dio XLVIII, 22.)2 ober, um noch einen Schritt weiter zu geben, Sohn
fened oben erwähnten Siarbas, dem die Marianifhe Bartei durch Cäſar unter
der Auskunftöbeningung der Bafallenichaft wieder zum Befige des väterlichen
Thrones verholfen hätte? — Daß nun Cäſar in der Hitze jenes Rechtsſtreites
an dem juvenis bene capillatus ſich perſönlich vergriff, meist auf eine ſchon
länger gebegte Erbitterung zurüd, und zugleich vorwärts auf noch hefiigere,
folgenreichere Kämpfe, die zwiſchen Beinen ausgefochten werben follten. Ob
Jaba In diefer Zeit bereits Mitregent feines Vaters geweſen, iſt möglich,
und wird dur ein gleihes Verhältniß feines Enkels, Ptolemäus zu deſſen
Bater Juba II. (Eckhel Doctr. numm. vett. IV. p. 160. Mionnet Descr.
VI. p. 609. Ar. 93. u. 94.) annehmbar, und burd die von Eckhel p. 155.
damivder geltend gemadte Bezeichnung Juba's bei Cicero und Sueton an ven
a. D. „regis filius‘‘ zwar nicht widerlegt, jedoch auch nicht, wie Hist. de
l’Acad. des Inscer. etc. T. 38. p. 101 f. bemieien merden wollte, chrono»
logiſch nothwendig, da der Calcul Folge falfher Deutung von numivifchen,
auf Münzen Juba's befindlihen Buchſtaben als Zahlen if (Ebel a. a. O.;
auch Geſeniud &. 314.). Jedenfalls lebte Hiempfal noch bis zu diefem Zeite
punkt (gegen Geſenius ebdſ.), mag aber bald darnach geftorben feyn, und
hatte feinen Sohn Juba ohne Einſprache von Rom — denn biefer war dur
Geburt und perfönlide Bekanntſchaft Günſtling der damals dort herrſchenden
Bartei — zum Nachfolger in der Megierung eined noch immer ſchoͤnen Meichek,
deffen frühere Wehlgränze vor Iuguriha’s Sturz der Muluhafluß (j. Mas
luia) gebildet hatte (Sal. Jug. 19. 92. 110.), nun aber ver Ampfaga (}. Wad⸗
el-Kibbir) bildete, Plin. H. N. V, 3. Pomp. Mela I, 5. 6. Dal. mit
Sal. Jug. 111. 97. 102.), mährend die Oſtgränze gegen das römiiche Zeus '
gitana der Tuecafluß (j Zaine, noch Heut zu Tage die Gränze zwiſchen Tunmis
und Wlgier, Ritters Afrifa &. 911) machte; daher Hiempfal II. in einer
numtpdifchen Infchrift bei Geſenius S. 207 f. paffend König der Maſſylier,
u Ä abe |
d. b. Öflihen Numibier, Heißt, Gtrabo 829 f.; wogegen die Gübgränze, in
bie Rande der aätuliigen Nomaden serlaufend, faum einigermaßen beflimmbar
feyn möchte. Strabo 831. Lieber Juba's Megierung im Frieden nun läßt
fſich beim Mangel biftorifher Angaben kaum eine Bermuthung wagen; fo
etwa auf eine Münze bin (Gefenius ©. 314 f.), daß er die durch ben roͤmiſch⸗
numidiſchen Bürgerkrieg zu Zeiten feines Vaters Hiempfal und feines Vetters
Hiarbas im Lande angerichteten Verwüſtungen durch Neubauten zu verwifchen
geſucht, daß er die fhon in Jugurtha's Tagen (Sal. Jug. 60 f.) große, fee
Start Zama, dem Sige ber röm. Provinzal⸗Regierung, Utika (Sal. Jug.
104.), näher, und deshalb günfliger gelegen, als der alte, ferne Königäflg
Cuirta, wit einer geboppelten Mauer umgeben, und vortbin fein Harem
und jeinen ganzen königlichen Schatz verlegt babe (b. Afr. 91. Bitrun.
VI, 4.). So mödte ſich auch aus der ohnedieß mehr deklamatoriſch ges
haltenen Stelle bei Geneca (Ep. 71.) von der hartnädigen Tapferfeit, womit
ie Numidier für ihren König gegen Gäfar gefochten, um fo meniger über
feine Negenten-VBorzüge und = Berbienfte erſchließen laſſen, da Juba'd ie»
gentenleben aus feiner jeßt zu überblickenden Ertegerifchen Laufbahn nichts weniger
ale glänzend uns entgegentritt. Juba hatte in den zwei Alten ded römiſch⸗
aftifaniiden Bürgerkriegs perfönli verhaßte Widerſacher ſich gegenüber, und
zwar im erfien den G. Scrib. Gurio, im zweiten ven Gälar ſelbſt. Jener
geiftreih Tünerlide Sohn einer verborbenen Zeit (Bucan. Phars. IV, 809 f.
Bellei. UI, 48.), früher Gegner, dann Verfechter Güſars, zum Dank für
deſſen großmütbige Tilgung feiner beträchtlichen Schulden, war in feinem
Aribunat, vielleicht von Gäfar vorgefhoben (3. 50 v. Ehr.), mit bem Bor»
ſchlag aufgetreten, Juba's Reich, ven Marianern ein Dorn im Auge, mit
dem römiiden zu vereinigen. Daher bot denn Juba aller Li und Gewalt
auf, um den mit nur zwei Regionen und O0 Meitern von Sicilin ber Ges
landeten (3. 49 v. Ehr.) zu ververben. Und Curio, bereitö ben Untergang
des von ihm bei Utika geichlagenen Bompejaners, Attiud Barus, und bie Erobes
sung dieſer Stade in ziemlich ficherer Ausficht, läßt fi, vor libyſchen Süden
umfonft gewarnt, durch angebliche lieberläufer des Juba täufchen, «als fei
dieſer wegen eines feindlichen Ginfalls in fein Mei umgekehrt und nur eine
feine Schaar Küönigliger unter Sabura ride vom Babradasfluß gegen Luika
heran, und hiedurch mit feinen erfchöpften Truppen in eine dortige Ebene
bihabloden, wo er von den Schaaren Sabutas und der voraudgeſchickten
Seeräntibeilung des zur Catſcheidung felb nach herangekommenen Königs
(Gl. b. eiv. 11,40. Gafl. DioXLE, 42.) umzingelt, die angebotene Rettung
darch Flucht verfhmäpt, und mit ven Opfern feiner Tollkühnheit nad ver»
zweifehter Gegenwehr niedergehauen wird. Sein Kopf an Juba überbracht
vermochte den Haß gegen die Gälarianer fo wenig zu flilen, daß er vom
Neſte der Krieger Curios, trotz der Einſprache von Barus, an den fie ſich
ergeben hatten, einen großen Theil töbtete, umb nur Wenige als Geißeln
nad Numidien ſchickte. Im Utika, der roͤmiſchen Regierungsftadt, mit einigen
Gematoren eingezogen, befahl und oramete er nach Befallen, und kehrte nad
wiefen Veweiſen von Treulofigkeit, Blutburft und Uebermuth mit feiner ganzen
acht — mie veridieden vom feiner zulegt verfudgten Selmfehr! —
in fein Mei zurüd. Dafür wurde er von Pompejus und den in Macedo⸗
nie befindlichen Senatoren, für mie ruhmlos er ihnen fonft auch galt (App.
ik, 88.), untes Anderem ala König begrüßt, von Gäfar aber und den Sena⸗
tewen in Nom für einen Feind erflärt, während Vocchus unb Bogud von
Mauritanten , weil Feinde der &egenyartei, Könige benannt wurden. In
wem fo eimgeleiteten zweiten Alte dieſes Krieges follte Gäfar felb ala Haupt⸗
perſon entfcheinen. Im den Vordergrund hatte ſich Anfangs bei den Bompe-
jan, Juba gevrängt. Stolz auf feine angeblich hohen Verdienſte um ihre
ö———V
Jeha ME |
Sacht, verlangte er für fi den Dberbefchl, den Ehrenfik vor den romiſchen
Heerführern, und Zerſtörung von Utika, als eäſarianiſch geflunt, weil biefe
Stadt feinem Reiche den einträgliäfien Handel entzog, unb für vie Land⸗
und Seemacht der dem einheimiſchen Fürſten überall verbaßten römiſchen Bin»
dringlinge ald Stützpunkt diente (App. II, 46. Caſſ. Dio XLII, 57. Blut.
Cato Min. 57 ff.). Und der font fo hochfahrende Scipio, nur auf A. Varuß,
feinen zöm. Mitbewerber ums Gommando, eiferfüchtig, nicht auf den fremden.
König, bei defien Elephanten er Hülfe ſuchte (Gic. Ep. ad Fam. IX, 6.),
würde ihm Alles preisgegeben haben, hätte fi Cato nicht Allem wiberfeht,
und den ihm felbR von Führern und Soldaten angebotenen Feldherrnſtab in \
Scipios Hände gelegt. Scipios Name galt feit Jahrhunderten als, verhänge
nißvoll für Afrika, und an einem angebliden Orakelſpruch (Blut. J. Caes.
59.) frifgten bie Gegner eben jetzt dieſen alten Blauben in fi auf, melden
Gäjar durch Berufung des Scipio Salutio in fein Heer, eines Figuranten,
bei dem Das „nomen et omen‘“ eintraf (Plin. VII, 12. XXXV, 2.), vor den
Superfitiöfen zu beflätigen - vor den Aufgeflärten zu böhnen ſchien. Und
in ber That, wenn wir bedenken, über wie große Mittel Scipio zu Wafler
und zu Land zu verfügen Hatte, und welchen Schwierigkeiten dagegen Cäfar,
am 31. December 47 v. Chr. bei Hadrumetum gelandet, in den vier erften
Monaten bed folgenden Jahres im wechfelnden Bange ver Greigniffe fein
Süd abzuringen ſuchen mußte, fo werben wir nit umhin fönnen, Scipios
Berfon wit feiner die Gemüther ebenfojehr entfremdenden als die Angelegen«
beiten mißleitenden Unführung für Afrika verhängnißvoll zu nennen. 2
nun den numidiſchen König betrifft, auf deſſen Mitwirkung wir natärlich
bier den Blick beſchränken, fo feheint ihn die Zurkdweifung vom Oberbefchl
auf eine Welle von den röm. Führern feiner Partei entfrembet zu haben;
erſt auf bie Nachricht von Caſars Bedrängniß in Ruſpina (fürlig von Ha⸗
brumetums) rüdte er in der erflen Hälfte des Sanuar na Bemeifterung feines
gefränften Stolzes und wohl auch feiner Indolenz (b. Afr. 57.) heran, um.
dur Theilnahme an ber Entſcheidung auch feinen Antheil am Lohne zu
bekommen. Seine Bereinigung mit dem söm. Hauptheere hätte num vollends
unfeblbar den Gäfar erbrüdt; da mußte aber B. Sittius, früher megen
Verdachts als Eatilinarier aus Italien flüchtig und fofort ein berufener Bartei-
gänger in den einheimifchen Kriegen mauritanifher Fürſten, den anders ge
meinten Plan der Borjehung (Gafl. Dio XLIII, 3.) zur Ausführung bringen,
indem er mit Bochud, König von Oflmauritanien (Plin. V, 2.) dem Juba
in Gätulien zwei Städte, in Numivien die reichſte, Girta wegnahm und
hiedurch biefen zum Rückzug veranlaßte (b. Alr. 25.). Cine Rettung Cä⸗
ſars, ähnlich der aus feiner alexandriniſchen Bedrängniß durch Mithrivateb -
von Bergamum (b. Alex. 26 f.) nur diefmal ganz ohne fein Zuthun. Und
mertwärbig gerade von der Seite ber, von wo nad feiner Gegner Verech⸗
nung der Hauptſchlag gegen ven Gefürchteten geführt werben follte, von den
barbariſchen Bunbögenofien ber Pompejaner, gieng ihm noch wiederholt Heil
auf. Denn nidt nur verließen bei Ruſpina ben troß feiner Uebermacht
unihätigen Scipio Schaaren numidiſcher und gätuliiher Hülfsvölker, nit
mohl aus Vorliebe für Cäſar oder gar für defien Oheim Marius, den Lieber-
minder ihrer Bäter, wie b. Afr. 82. behauptet wird, vielmehr aus Ueber⸗
druß an dem für ſolche Freibeuter zu fehr in die Länge gefpielten Kampfe,
fondern es traten auch gätuliihe Edle, deren Bäter fi unter Marius Län»
dereien verdient hatten, zu Gäfar über, der inzwiſchen auch in ihrer Heimath
ſelbſt durch ähnliche Ueberläufer einen Aufſtand wider Juba angefliftet hatte.
Dieß Alles And ebenſoviele Beweiſe von Caͤſars Glück, ald mittelbare Zeug»
niſſe gegen Juba's auch in andern Theilen feines Gebiets verhaßtes Regiment
(b. Afr. 77.), dus unmittelbare Anklagen feines Graufamleit noch zu were
34 Jabs
mehren, mit welcher er z. B. alle Numidier, die fi aus einem ungünfkiger
Treffen unter Zabienus bei Uzita (ſüdweſtlich von Ruſpina) ins Lager zuräd:
geflüchtet hatten (b. Afr. 68.), aus Kreuz beften ließ. Denn ber König war
inzwiiden mit Zurüdlaffung Sabura's gegen Sittius, jedoch mit meit ge-
ringeren Streitkräften, denn das erſte Mal (b. Afr. 48. Appian. II, 96.
Cãſars abfichtliche Liebertreibung ihrer Stärke, Suet. J. Caes. 66.), mieber
aus feinem Reiche zu feinen röm. Verbündeten herangezogen. Wiederholte
Botſchaften Seipios, und als bloße Bitten Nichts fruchteten, die Zufage ver
ganzen röm. Provinz in Nordafrika (Caſſ. Dio XLIN, 3. u. 9.) hatten ihn.
biezu bewogen. Mit dem gemeinflen Uebermuthe lieh er jetzt die Römer auf
mehrfache Weile ihre hülfsbedürftige Noth auch Äußerlih empfinden, und
nötbigte ſelbſt Scipio zur Vertauſchung des Burpurgewandes als einer könig⸗
lihen Auszeichnung mit dem fchlichten weißen Gewande (b. Alfr. 57%). Er
nahm nun alſo an den dur feinen Zuzug wieder belebteren Operationen
von Neuem etwelchen Antheil, fo an einem unglücklichen Reitergefeht bei den
Linien von Uzita (Strabo 831.), wo er fammt Labienus fat in Gefangenſchaft
geratben wäre (c.52.), und zulegt an ber Entſcheidungsſchlacht bei Thapſus,
füblih von Ruſpina (j. Demaß mit Ruinen), welche Gäfar, durch ben feine
geringeren Kräfte allmählig aufzehrenden Heinen Krieg und ben peinliden
Mangel am Nothwendigſten bebrängt, mittelft Bedrohung jener wichtigen
Feſte dem Feinde am 6. Ayril abzunöthigen wußte. Ihre Erbitterumg, noch
größer, als felbft bei Pharſalus (Klor. IV, 2, 66.), ſchütteten. die Caͤſarianer
unächſt in Steinen und Pfeilen auf die numidiſchen Elephanten aus, daher
ei diefen Echreden und Berwirrung, bie fih von ihnen zur Reiterei, von
biefer zum Fußvolke fortwälzten. Und fo fieng die Niederlage bei Juba an,
und bei ihm, ber kurz zuvor fremde Flucht mit dem Kreuzedtode beftraft
hatte, aud die Flucht (Cafſſ. Dio XLIII, 8. Flor. am a. D. 67. Blut.
Caes. 53.), von welder aus er, mit Wenigen im Gebirge verfro&gen, weil
feine Bolfeliebe ihm Sicherheit bot, zugleich mit Scipio bei Cato um Aufs
nahme in Utika bitten ließ, in einem Athemzuge aber, im Bad der Belu-
gerung biefer Stadt, prahferiih ein Entjagheer in Ausficht flellte (Blut.
Cato Min. 60.). Bon Cato wegen des Unmuths der Liicenfer abgemiefen,
begebrte.er, ver Hülflofe, weil nicht mehr Gefürdtete, für ſich und feinen
Unglüdögefährten, den VBompejanifchen Legaten Petrejus, in feiner von ihm
früher geſchmückten Königeflabt, Zama, lange und dringend, mit Drohungen
und dann mit Bitten Einlaß zur Vertheidigung Hinter ven von ihm ſelbſt
angelegten Werken, oder menigflens Auslieferung feiner Weiber und Kinder,
die er dort fammt feinen Schäßen untergebradt hatte. Aber die Zamenier,
fon von der ermünfdten Kunde über Cäſars Sieg erreicht, vermeigerten
ihm Beides, eingebenf deflen, was biefer zweite Sarbanapal ihnen und fi
und all den Seinigen beim Beginne des Krieges mit einem auf dem Markt⸗
plage errichteten Scheiterhaufen zugedacht hatte, und unterbandelten bafür,
wie andere numidiſche Städte, mit Cäſar, dem angeblichen Netter, ber wenig
fiens ein neues Joch brachte, auf Mebergabe und Schuß wider ihren anges
ſtammten König. So im Oflen mehrfach zurüdgemiefen, und, ba inzwiſchen
fein Feldherr Sabura von Sittius aufgerieben worden war (b. Afr. 93 f.),
auch im Weften ohne Hoffnung, begab fih Juba mit feinem röm Begleiter
auf eines feiner Landgüter. Hier bereiteten fie fi durch ein Eöniglidhes
Mahl auf ihren verzweifelten Ausgang aus dem Leben vor, und endeten nad.
diefem Leichenſchmauße durch freimiligen Tod. In diefen allgemeinen Aus⸗
druck laſſen fih die mehrfah abweichenden Angaben der Schrififieler zu⸗
fammenfaffen, bei denen im felbfigemäblten Zweikampf entweder Petrejns
dur Juba fällt und ſodann dieſem ein Sklave den feiner eigenen Band nicht
gelungenen Dienſt erweist (b. Afr. 94.), oder Petrefus für den König und
Juhg — yada 35
fofort für hinreicht (&lor. IV, 2, 69. Xiv. Epit. J14.; follte piellelät
dem R nA Briorität vindicirt werden? Droflus VI, 16. ſcheint zwiſchen
biefen zmei Angaben zu mitteln), indeß eine dritte Claſſe von Referenten big
Unglüdlichen im Zweikampfe mit einander fallen Täßt (Seneca de prov. &
Gaff. Dio XLIII. 8. App. II, 100.), Eutropius dagegen (VI, 18.) zufammens
faffend meldet: Bato, Scipio, Petrejus, Juba brachten fi felbft um, und
Rufus (c. 4.) nur ben Selbſtmord von Juba anführt. Das Siegerrecht
machte Gäfar nur gegen die Güter des Königs und der unter ihm geflandenen
Römer geltend; gegen bie numidiſchen Krieger und Übrigen Untertanen
bewies ex fl für feine Perfon ſchonend, ja gnäbig, namentlich gegen bie
von Zama dur Erlaß der koͤniglichen Abgaben. Rachdem er Numioten
groͤßtentheils in eine roͤmiſche Provinz verwandelt Hatte, bie auf einige Abs
tretungen an Gittins und Bochus (App. IV, 54.), übergab er das Pant,
fortan Reulibgen geheißen (App. 53.), an ben Hiftoriker Saluftius dem
Scheine na zur Berwaltung, in ber That zur Ausplünderung (Caff. Dio
XLIII, 9.), den wohl in Zama gefangenen Erben dieſes ſchönen Reiches aber
(Juba 15.) führte er noch fehr jung In feinem Triumphe auf, bem hiemit,
jebo nach vorangegangenen Mißhandlungen durch die Nömer (? Suidas ır.
IoBas), vas glüdlichfle Gefangenenloos zufallen follte, ſtatt wie bisher ben
Barbaren und Rumidiern nun den kenntnißreichflen Schriftfleflern ber Hellenen
beigezählt zu werden (Plut. Caes. 55.). — Literatur: Drumannd Ges
ſchichie Roms in feinen Webergang u. f. f. Bd. II. S. 152. 156. 185,
449. 570 f. Schloffers univerfalhift. Ueberſicht ver aften Welt und ihret
Literatur 111, 1.8.50 f.61 f. Wißconti Iconogr. gr. Vol. IM. P 268 f. Hist,
de Sand c er Vol. XXXVIII. p. 100 f. Mionnet Med. Ant. Vol. VI.
p. 997 f. less. "
Juba, Sohn Juba I. von Numidien, nad deffen Beftegung durqh
Gäfar als Knabe mit nah Nom gebracht (Blut. Caes. 55. pian. b. civ.
II, 101.) und daſelbſt erzogen, fpäter von Octavian, zu welchem er hielt,
wieber mit einem Theile Feines väterlichen Reiches belthnt und mit Cleopatra
Sefene, der Tochter des M. Antonius und der Eleopatra, vermählt (Dig
Gafj. LI, 15. u. LI, 26. Blut. Anton. 87. Strabo XV, p. 828. Guiv.),
Er Hatte AH in Mom, unter welchem Einfluffe iſt unbefannt, eine grümdlicht
Bildung erworben (moAvundzorarog heißt er bei Athen. IH, p. 83. B.,
6 zarıar iorogıxozarog bei Blut. Sertor. 9.), und zeichnete ſich als Schrift⸗
ſteller in verſchledenen Fächern aus. Bon feinen Schriften werden genannt .
zegs Acovgior in zwei Büchern (Iatlan. ad Gr. p. 127.), zeol Aßung
(Athen. III, p. 83. 8.) oder Aßvna (Herod. de monos. p. 13.), Pouaixt
ioropia (Steph. Byz. 3. v. "ABapiyıves und Öft.), wpran® zahlreiche Notizen
dei Plutarh (Rom. 44. 15. 17. Ndm. 7. 13. Sull. 16. v. ſ. m.) und
anderwärts genommen find, Gecroum iorogi« (Athen. IV, p. 175. P. Phot.
bibl. end. CLXI.), rap} eequxñc (Sarpoer. s. v. IloAvyrotog) über zeol
oypagppr (Derf. s. v. Hlapdanos), Ouorrres (Athen. IV, B- 170. E);
REpL Pond; Alben; (Suidas s. v. oroußoicas). Giner botanifigen Strif
gedenkt au Pliniud H. N. IXY, 7, 88. Im Adg. f. ©. 5. Voß. d. hist:
pres. II. * evin Notice sur Juba, in den M&m. de PAcad. d. Inser.
V. p. 457 f. nton fast. Hellen. III. p. 209. u. 551. [ West.
gisän (Jofun S1, 21.20,7.21,11. 266.27, 4. Ev. Luc. 1,89.),
in Gebirge Paldftina’3 auf ber Weflfeite des Jordans, zu welchem au bie
Berge in den Umgebungen Jeruſalems gehörten. Es war sine fübkiche Forte
gaune des Geb. Eyhraim unp fein ſigerg Theil fhhrte guch den Ramen
ed. der Ampriter (Deut. 4, 7. 19. 20.). Bol. Grome Beitr. zur Erklaͤr.
— u Mofinfons Mal il. 6: OF, [FT
> u) . .r —
846 Judaea |
" Judaen, dieß Wort mit griechifääerömifcher Endung flammt von bem
Hebräifgen an, deffen drei vorerilifge Bedeutungen Gefenius (Thes. L.
hebr. p. 569.) richtig angegeben Bat, nit fo die vierte nachexiliſche (Hagg.
I, 14. II, 2. u. Geſ. am a. O. u. re); denn biefe iſt nit, mie er wid,
auf das ganze iſraelitiſche Land auszudehnen, fondern vielmehr auf den Land-
Arig, welchen die aus dem Exil Heimgefehrten der Stämme Benjamin, Juda,
Levi (Eſra 2. Nebem. 7. Iof. A. 3. XI, 1, 3. 5, 2.) beſetzten, d. h. auf
den nördlichen Theil des alten Stammgebieted von Juda fammt dem von
Benjamin und Dan (wenigſtens theilwelfe) zu befchränfen, welches neue Juda
nördlih von ben Samaritern, ſüdlich von den Dort vorgebrungenen Ipumäern
(if. d. Art. Idumaea), weſtlich von der Philifterebene, öfllih vom Chor und
tobten Meere umfchlofien wurde. Mit dieſer Begränzung des neubefetten
Randes fällt wohl feine Benennung Judäa zufammen, ie fie unter ben
Griechen zuerft bei Ariftoteles, alfo um bie Zeit des Uebergangs von ber
perfifhen Herrfchaft zur macedoniſchen, vorzufommen ſcheint (3of. c. Apion.
1, 22. Iheol. Stud. u. Krit. v. Ulm. u. Umbr. 3. 1843. $. 4. ©. 901.).
Unter den fünf erften Makkabäern und zulegt unter Herodes 1. erweiterte fid
nun biefes Gebiet gegen Samarla, bie Seefüfle und Idumäa bin durch Erobes
zungen, fo wie buch Schenkungen von Seleuciven und Römern (1 Matt.
5. 9—13. Joſ. A. J. XII, S—XIU, 15. und d. Art. Idumaeische Dyn.
©. 66.) zu dem Umfang, in welchem wir e8 zur Zeit des N. I. bei Sof.
XB. 3. II, 3, 5.) und Plin., der V, 14. zwifchen diefer und der folgenden
Umfangsbeflimmung ſchwankt, erbliden und aud bier beiprechen wollen,
während ver Landesnamen, Judäa“ in der geogr.diplomatiihen Sprache ver
söm. Katferzeit öfters in noch größerer Ausdehnung bald ſelbſt ganz Samaria
und Galiläa, ja Peräa unter fich begreift (Strabo 749. 760. 763. Zac.
Ann. XII, 54. Hist. II, 79. V, 2. 6. Plin. V, 14.), bald geradezu mit
Paläſtina zufammenfält (Butrop. VII, 13. Caſſ. Dio XXXVII, 16. Ptol.
V, 16. Münzaufſchriften aus ver flaviihen Zeit bei Reland Palaest. p. 40.
Ewald Geſch. des Volkes Iſrael I. S. 335f.). Judäa alfo nah den eben
genannten Stellen bei Jof. und Plin. bezeichnet ganz Südpaläſtina weſtlich vom
Dhor, im Süden durch bie Wüſte des peträifhen Arabiens, wohl, wenige
flens groͤßtentheils, Tängd der altifraelitiigen 4 Mof. 34, 4 ff. Iofua 15, 3f.
gezogenen Linie, an bie dann auch dad Brängvorf Jardan (of. am a. D.)
u verlegen wäre, im Wellen durch das Mittelmeer, woran der weſtlichſte
—8 Joppe gelegen, und hinwiederum ſtrichweiſe durch die Philiſter⸗
Ebene, im Norden durch die ſamaritaniſche Gebirgelandſchaft, an deren Süd»
faume das nördliche jüd. Gränzdorf Anuath (— Borkos, Joſ. am a. D. u.
?= Koreä, Rob. Palaͤſt. II. 301. Anm. 2.), nur 2—3 geogr. Meilen von
Samaria's Mittelpunkt, Neapolis entfernt, an der Straße nach Ierufalem
lag (Rel. p. 481. 571.), im Often dur ben untern Jordanslauf und das
tobte Meer begränzt, mit einem Flächeninhalt von höchſtens 100 D.Meit.
(nach W. Hoffmann zu Gfrörers Ueberf. von Joſ. jũd. Krieg ©. 268. **),
oder von 144 D.Meil. (nad Forbiger, Handb. d. a. Beogr. II. S. 680 f.).
Ueber Judäa's Klima, Produkte u. f. f. auf die allgemeine Zufammenftellung
u. d. Art. Paläfina verweifend, wollen wir bier nur gelegentlih Einiges
hei Schilderung der einzelnen Landestheile berühren, und geben daber fogleich
auf dieſe feloR über. Treffend bemerkt ber Rec. von Mob. Valäſt. (Theol.
Etub. u. f. f. am a. O. ©. 1080 f.): „vollkommen geredtiertigt If dur
die Refultate dieſer Reife die bibliſche Eintheilung vieler Gegenden (3. DB.
Rei 13, 30. Joſua 15. Jer. 17, 26. 32, 44.) in. vier durch ihren
erraincharakter wohl geſchiedene Partien u. ſ. f.“ Legen wir benn gleich
der fhänbaven bibl. Geogr. d. Calwer Vereins 9. A. ©. 56 ff. diefe auch
Judnes —X
hei ben Nabhinen (Re. p. 307.) durchblickende Scheidung hier zu Erunde,
und beginnen 1) mit dem Süden ober Mittagsland (233 Gel. Thes. -
p.845.). Dieſes erhebt fi jünöflih von dem tobten Meere und der Arabah
aus fteiler in einem von mehreren Päſſen neben und über einander durch⸗
fegten Kalffleingebirge (? dem der Amoriter; der wichtigſte ver Päfle ift der
ed⸗Sufah, ober Zephath des U. T., Schuberts Reife in d. Morgenland I:
6. 441 ff. Rob. I. 144 ff.), minder ſteil fünlih vom Wüftenplateau et Tih
in der Richtung der über die Trümmer altchriſtlicher Stäbte des peir. Ara»
biens, Eboda und Eluſa, dahinziehenden Nömerflraße, und zwar in mehreren
Abflufungen, Hier vielfah von tiefen Gräben, dem Gebilde der winter«
lichen Regengüſſe burdriffen, dort als eine in Thälern und Thalbecken aus
einander tretenbe, gegen Welten offene Landſchaft, oder wieberum durchzogen
von fanft anfteigenden, gradbefleiveten Hügeln, die aber Höher und felfiger
werden, je näher dem Bebirge Juda, das wie ein höheres Stockwerk nörblid
und norböflich diefen Süden begränzt, welcher ihm in der Erſtreckung von
Güdoſt nah Nordweſt, oder von Kades (j. Hinsel-Weibeh, nad Mob. a. a. O.
&. 139 f. 171 f., oder nörblier Ain Haob nah v. Naumer, Beitr. zus
bibl. Geogr. S. 9 f. und auf feiner neueften Karte von Paläflina) ‚gegen
Gaza und den Bach Hin am großen Meere“ (Iofua 10, 41. Geh. 47,
13.48, 28.) ald Borbau angelagert iſt (Rob. 1. 336 ff. III. 170 ff. v. Raumer
S. 15.). Au jetzt noch vorherrſchend Weideland hegte dieſer Strich einft
auf feinen ſchwellenden Hügeln und an feinen gradumfäumten Waſſerbetten
die zahlreichen Heerden der ifraelit. Patriarchen, welche auf biefen Borplägen
des Landes der Verheißung, namentlih um Berfaba (f. d. Art.) Her, in
den Morgenflunden der 5. Geſchichte (Mob. I. 339 f. 344.) oft vermweilten.
Berfaba, diefer oft im A. T. als Palaͤſtinas ſüdlichſter Gränzpunft, fo
wie fpäter als römiſche Militärſtation und chriflliger Biichofejig genannte
Ort, mit feinen zwei tiefen Brunnen voll des köſtlichſten Waſſers nad viel»
feiht fünfhundertjähriger DVergeflenheit von Robinſon unter dem alten Namen
Bir e8-Scha neu entdeckt (I. S. 337 ff.), it von den bei Joſua 15, 21 ff.
aufgezäblten 29 oder gar 36 (ſ. dagegen Maurer zu v. 32.) Stäbten des
Südens eine der wenigen, neben manchen jegt hier unkenntlichen Trümmer»
ſtätten alter Anflevlung und Gultur, noch nachweisbaren, wohin wir öſtlich
und fünöflid von Berfaba noch zählen dad in den Grundmauerreſten von
Ararah (Mob. III. 180 f.) am Gazawege noch erkennbare Aroer ber davidi⸗
Shen Zeit, in den audgemauerten Brunnen mit ben branfloßenden Trümmern
einer umfangreichen Stabt im Wady el⸗Milh das im äußerſten Süden Judas
Edom zu gelegene, fpäter zu Simeons Gebiet und zulegt zum nachexiliſchen
Idumäa gerechnete Malatha an ber großen Straße von Hebron durch bis
Arabah nah dem rothen Meere, einft durch eine röm. Gohorte wohl als
Schutzwache des Handels gebedt (Mob. S. 182 f.), endlich das an derſelben
Straße, eine Tagereije tiefer nad Süden auf einer Stelle Namens Kurnub
gelegene, feiner Zeit gleihfalls mit röm. Befagung verfehbene Thamar des
Ezediel (f. oben) oder Thamara des Onomaflifon, des Ptolemäus und
der Beutingerfgen Tafel (Rob. S. 178 ff. 186 f.), in der Nahbarfchaft eines
trefflihden Weidelandes und eines wahren, mit Tulpen, Unemonen, Hyazin⸗
ıhen rei geſchmückten Blumengartensd, durch den man vom „kahlen Berge”
und feinen Päflen (f. oben) her in ven Vorhof des Südens eintritt (Schu⸗
bert am a. D. ©. 448 f.), lauter Punkte dieſes Landſtrichs, pie im Zum
rammenhange mit den in Boom gelegenen (ſ. d. Art. Petra) eine lange Kette
‚on militaͤriſch gefhügten Handelspoſten zwiſchen Alle und einerfeitd Gaza,
anbdererfeitd Hebron und fofort Serufalem bildeten, und einft die nun fo vers
5deten Gegenden mit Lebensthätigkeit und Wohlhabenheit erfüllen mochten,
Ueber dieſen Landſtrich alfo erhebt ſich 2) Im Norden und Nordoſten ein
_ Werte, Bas Eakkgehtege Juba (Yofua 11, 21. 20,7. Fldran. 27, 4,
y0 „dus Gebirge⸗ ohne Beiſatz genannt, Joſna 18, 48.; v. Kart Paläſt
. WER); WER vad Dilträdeland terraffenntiig von Skben na Norden dns
ſteigennd, Her Eſt em da im Süden von Hebron (f. Sehtun) 2223” (Schu⸗
dert I. ©. 498.), Bet Hebron ſelbſt gegen 2700‘, nach Rußegger 2842
hoch ( Schab. S. 469.), während die anliegenben Bügel noch 2—300’ höher
And (Mob. II. ©. 13. Anm. 1.), und man von Beni Raim aud, moßl
den höchften Punkte in der an ſolchen großartigen Ausſtchten reifen Berg⸗
gehn von Juda, die um jenes gelegenen Berge überblickt, wie von biefem
aphar⸗ Barucha bet Hieronymus aus anch beffen chriflfiche Freundin Paula
that (Rob. S. 418 ff. Weitere Höhenangaben bei ebd. S. 419. 580. und
v. Raumer Paläft. Vorr. IX). In feinem Rücken zu einett 78 bentiche
Meilen Langen und etliche Meilen breiten Hochkanve ſich aubdehnend, bildet
68 gegen Süden eine von einer einzigen Pforte, dem tief eingeriffenen, tm
Khale von Berſaba vem Mittelmeere zugehenden Wady el Khnlil durch⸗
brochene Baflion (bibl. Geogr. S. 95. 59 f.), und dieſer Wady fl 5
die Theilungslinie zwiſchen den Gewäfſern des todten und des mittelländi⸗
ſchen Meeres (Nob. II. ©. 412.). Im Oſten ſchroff abfallend nach dem
Ghor, in welches eine Reihe von Wadys hinabführt (Mob. ©. 319. 321.
878. 438.), Hifvet es auch im Weiten, 3.8. in der Nachbarſchaft des Gibea
Ver Bibel (j. Jebah) eine Bergwand von Beinahe 2300’ Höhe, welche nach
ber um 2, niebrigeren, zwiſchen ihr und ber weſtlichen Ebene ausgebrelteten
Gegend von ſchwellenden Bügeln und offenen Thälern ſteil herabſinkt (Rob. 578 F.
IM. &. 213 f.237f.). Minder fleil endlich ſcheint (Mob. II. ©. 13.) fein Abfall
(1 2. d. Kön. 22, 2.) gegen Norden, wo es in das Bebirge Ephraim
übergeht. Uebereinftimmend mit älteren Reiſenden (F. BabriEvag. I. p. 231 f.
Mammbrelf in Paulus Sammlung der merkw. Netien im Ortmt I. S. 84 f.)
fchildern auch Neuere (v. Richter, Walfahrten im Morgenl. S. 14 f. 34.
%, Prokeſch, Seife ind Heil. Land ©. A1f. Bl. Mob. II. ©. 922. III,
&. 189. 427. Nrbegger I, 1. ©. 415.) daß @ehlrge Juba befonders auf
ber Oſtſeite als ein Geſchiebe fleinigter, nadter Hügel, und fleiler, rund⸗
Ucher Berge, traurig Öden Unfehens, ein Chaos von. Kuppen, bie Oberfläche
trämmert ımb häufig wäſtes Steinfeld, der Kreide und kreideartigen Kalk⸗
einbildung angehörig, aber an ben Abhängen diefer Tahlen Höhen unzählige
Leberrefte zum Feld⸗ und Bartenbau aufgermorfener Terraffen, von benen
viele noch im Gebrauche Mind (Babri am a. D. p. 232. Rob. 11. ©. 413.
248. 700.), ımb zwiſchen ven Höhen ſelbſt hier beilenartige Ebenen, zum
CKheil vyt noch von ber lachendſten Fruchtbarkeit, fo bei el-Jt6, dem &t-
beon Kir Bibel, im weſtlichen, bei Siph (fi. ZI) im oͤſtlichen Theil des
Gebkeged (Rob. S. Bl f. 418 f.), dort Einfenfungen am Fuß ver Berge,
dald ald enge Wadys dahinziehend, bald ſich allmählig zu Ebenen erwei⸗
ternd, wie Wady Surar im Weſten von Jerufalem (Rob. H. ©. 14. IM.
®. 224.), oder wentgftens in breitere Thäler auslaufend, wie das yon älteren
bri am a. DO. II. p. 399 f.) und neneren (Schubert II. ©. 463. Rob.
. ©. 856. 956. II. ©. 20%.) Reiſenden geprirfene Thal bes von der bibſi⸗
fen Gagenzeft an durch bie Perioden der jũd. Könige und Mefabäers
elven, des römfün. Kriegs und endlich röm.chriftfiher Kaiſer und Biichöfe
—— 56 auf die Kreuzzüge ober vielmehr bis anf dad jüngſte Decenntium
gelehrter Paläftina- Wanderer herab vielgenannten, allen Meligiondparteien
B. Kebron, dieſer von den üppigften Wieſen, Fruchtfeldern und Gärten
wit den koſtlichſten SAdfrüdten in ewig jungen Heizen umblühten walten
Stadt (Zeugniſſe der Talmubfften f. inMe&m. de l’Acad. d. Iinser. I. p. 186.).
Bar b vor UNE der tm Ganzen fo verrufene Boden von Serufalem
Ef. v. At. ©. 735 91.), biifer Tonft ie heilig (Straße 781 f.) und alt
XCI 7)
jeints unermeßlich reißen Terhpels (Tac. Bist. V, 8.) Gel Wellem ber
rũhurteſten Stadt Bed Orlients (Plin. V, 14.), obwohl ſchon bei Strabo
(am d. D.) xymeior ope nipoßovor, weil nerocooes, do (ebb.) evvdooN,
und daher nad Joſ. (B. 3. VI, 1, 1.) einft in ber Stadt nädhflen Yimges
bungen mit Baumpflanzungen and Gärten geſchmückt, ja wird er von bemfelben
(A. 3. V, 2, 21.) mn — vielleicht zu. — günftiger Barallele neben dem Ges
klde von Jericho (f. d. Art.) genannt, wiewohl auch der füngfle Gewährds
mann, Mobinfon (am a. DO. IE. ©. 16 f. 20. 124 f. 138. 143. 903. III.
6. 293 f.), ver freili® fonft traurig oͤden Gegend bei ihrem Lieberfluß von
Delbäumen und Bei Getraidebau in Thälern und auf Flächen, und nament⸗
i6 den von Siloams Gemäffern befeuchteten Gartenanlagen, ‚mit weitern
Eyruren vormaliger, thalabwärts im SO. des Zion gar nit alle Frucht⸗
barkeit abſpricht. (Bünftiger noch urtheilt Schubert am a. O. II. S. 577 f.
m. S. 108 f. 114f. Bol. v. Richter am a. O. S. 53.) Hier in ver
Rihe dieſes To recht Ind Gebirge hinein geſtellten Mittelpunkts vom Lande
Foſ. B. 3. III, 3, 5.), mo auch die Waſſerſcheide zwiſchen dem Ghor und
Nittelmeer (Rob. H. ©. 13.), trafen in weſtlicher Richtung die Gränzen
me Stämme Juda und Benjamin zufammen, welch Teßteren Stammes Gebiet
(Sofun 18, 11 ff.) fammt dem bei Bethſchemeſch mit Juda's zuſammen⸗
koßenden von Dan (Iofua 19, 41 ff), und dem füpöftlichen Theile von
ohraim (Iofıra 16, 3 ff.), deffen Sühgränze zugleih Dans und Benjamins
Rorbgränge war (Rob. H. S.588 f. 392. IN. ©. 226. 328. 340 f. 566.),
auch noch zu Jubän gerechnet wurde (bibl. Beogr. S. 61. 107.). In Ierufas
fem& weſtlicher Nachbarſchaft fett fi endlich das Gebirge Jnda fenfelts der
Theilungslinie ves Wady Belt Hanina durch Vermittlung eines Zwiſchen⸗
rũckens (Rob. IE. ©. 586 f.) fort im Gebirge Ephraim Goſua 20, 7.).
Dieß Gebirge, einſt Norbgränze des Meiches Juda gegen Iſrael (2 Chron.
19, &.) und ſelbſt au Gebirge Iſrael (Joſua 11, 21. u. daf. Maurer) over
au die Berge Samariad (Ierem. 31, 9. 6. Amos 3, 9. 4,1. 6, 1.) ge
nannt, zeigt zwifchen Ierufalem und dem nörblih davon gelegenen Sinjit im
Berglande Benjamin eine Reihe von rauhen, nad Oſten ſtreichenden Thälern
mit abſchüßigen Wänden, die raſcher und ſteiler, ſcheint es, als im Gebirge
Zuda, abflürzen, untermengt mit breiten Rücken unebenen Tafellandes, dab
vielfäftig zerriffen, jedoch mit kräftigem, fruchtbarem Boden zwiſchen ben Felſen,
zuweilen zu hohen Spiten aufſteigt, welche nach Oſten zu in hohe, über bie
wüſte Jordansebene herüberhängende Klippen auslaufen (Mob. II. S. 321f.
327. 330. 332.). Dagegen find die Berge noͤrdlich von Sinjil im Allges
meinen niit fo Hoch und fleil, auch nicht fo nadt, wie füplicher, 3. B. bei
Serufalem, vielmehr in wald» und buſchreichen Rücken fi hinziehend (Schub.
m. ©. 217. Shaw Travels p. 333. of. B. 3. IT, 3, 4. Rob. IM.
S. 295.; f. d. Art. Samarfa), während die Thäfer fich in fruchtbaren, becken⸗
ertigen ober offenen Ebenen ausbreiten, lachender als in ben ſüdlichen Gb»
birgafandfägaften (Rob. IN. S. 300. 303. 310 f. 315. 321. 336. 378 f.
383.), und meift mit Erſtreckung von Oft nah Wer, wohin eine Anzahl
aus dem Ephraimgebirge kommender Wadys nach dem zwei Stunden nördlich
von Joppe ausmundenden W. Aufeh zieht (Mob. III. S. 270. 299.),, den
wir mit dem W. Surar des an folgen Verbindungswegen nad der Küfte
snder reichen Judagebirges vergleichen können. So beſchaffen war aß
Doppelgebirge, aus deſſen Blateans, Bergpyramiden und Jochen, Hügel⸗
gruppen, fr und Keſſelthälern, Kalkſteinhöhlen und Paßſchluchten das
Bochland von Judäa zufammengefetzt war — das Bild eines gewaltigen
Heerlagers zwiſchen ven noͤrdlichen Seen und Gebirgen, dem Ghor, der arab.
WüRe und der Vbene des Mittelmeers, mit Baflionen 58 an den Himmel
vermauert (5 Mof. 1, 28.) und Schanzen Über Schanzen, langen Feſtungt⸗
. Whtrer, Bas Kakkgetziege Juda (Hofua 14, 21. 26,7. 2 Ehren. 27, &.,
— „dus Gebirge⸗ ohne Beiſutgz genannt, Joſua 18, 18.; v. Raumet Palaſt
BL), BE vad Mittageland terraffenartig von Skven nad Rorden an⸗
ſteigend, ber Eſt hem da im Süben von Hebron (j. Sehrun) 2225 (Schu⸗
Bert HM. ©. 498.), Het Hebron ſelbſt gegen 2700‘, nach Rußegger 2842
Koh ( Schub. S. 469.), während die anliegenden Sügel no 2—300 höher
And (Mob. IE. S. 15. Anm. 1.), und man von Beni Raim aub, wohl
dem hödften Bunffe in ber an foldden großartigen Ausſtchten reifen Berg-
gest von Juda, die um jenes gelegenen Berge überdlich, wie von biefem
aphar⸗ Barucha dvd Hlervnymus and anch deffen ehrliche Freundin Paula
that (Mob. &. 418 ff. Weitere Höhmangaben Bit ebd. &. 419. 380. und
d. Raumer Baba. Vorr. IX). In feinem Rücken zu einem 78 deutſcht
Metlen Langen und erliche Meilen breiten Hochlande ſich auddehnend, bildet
68 gegen Süden eine von einer einzigen Pforte, dem tief eingerffienen, im
Thale von Berfhbe vem Mittelmeere zugehenden Wady el Khnlil vurch⸗
brochene Baftion (bibl. Geogr. S. 95. 59 f.), und dieſer Wady iſt —
die Theilungelinie zwiſchen den Gewäſſern des todten und des mittellaͤndi⸗
ſchen Meeres (NRob. IE. S. 412.). Im ODſten ſchroff abfallend nach dem
Ghor, in welches eine Reihe von Wadys hinabführt (Mob. S. 319. 321.
978. 488), bildet es auch im Weſten, z. B. in der Nachbarſchaft des Gibea
ber Bibel (j. Jebah) eine Bergwand von Beinahe 2300° Höhe, welche nad
der um 2, niedrigeren, zwiſchen ihr und der weſtlichen Ebene ausgebreiteten
Gegend von ſchwellenden Hügeln und offenen Thälern ſteil herabſinkt (ob. 578 F.
IM. ©. 218 f. 237 f.). Minver fleil eudlich ſcheint (Mob. II. ©. 13.) fein Abfall
(1 2. d. Kön. 22, 2.) gegen Norden, wo es in das Gebirge Ephraim
Abergeht. Uebereinftimmend mit Älteren Reifenden (F. Fabri Evag. I. p. 231 f.
Maundrell in Paulus Sammlung der merkw. Reiſen im Orient I. S. 84 f.)
fchildern auch Neuere (v. Nichter, Wallfahrten im Morgenl. S. 18 f. 54.
9, Prokeſch, Keife Ins Heil. Land S. Alf. Bl. Mob. II. &. 322. II,
@. 189. 487. NAnßegger J. 1. S. 415.) das Gebirge Juda befonders auf
ber Oſtſeite als ein Geſchiebe fteinigter, nadter Hügel, und fleiler, rund⸗
Her Berge, traurig Öven Unfehens, ein Chaos von Kuppen, die Oberfläche
ent und Häufig wuſtes Steinfeld, der Kreide und kreideartigen Kalk⸗
einbildung angehörig, aber an ven Abhängen diefer Fahlen Höhen unzählige
Lieberrefte zum Feld⸗ und Gartenbau aufgerworfener Terraflen, von denen
biefe noch im Gebrauche ind (Zabri am a. D. p. 232. Rob. II. ©. 413.
248. 700.), und zwiſchen ven Höhn felbft hier beckenartige Ebenen, zum
Tel kp nord von ber lachendſten Fruchtbarkeit, fo bei el-6, dem Et»
Beon her Bibel, im weſtlichen, Bet Siph (fi. Zif) im oͤſtlichen Thefl des
Grbkegeb (Mob. S. HL f. 418 f.), dort Einfenkungen am Fuß ver Berge,
Bald ald enge Wadys dahinziehend, bald fiih allmählig zu Ebenen erwei⸗
fernd, nie Baby Surar im Weften von Ierufalem (Mob. H. ©. 14. IH.
S. 224.), oder wenigſtens in breitere Thäler auslaufend, tele das yon Älteren
bri am a. D. II. p. 399-f.) und neueren (Schubert II. S. 463. Mob.
. ©. 354. 356. III. S. 202.) Reiſenden gepriefene Thal des von der bibli⸗
Ken Sagenzeit an durch die Perioden der jüd. Könige und Makkabäer⸗
en, des römfÄb. Kriegs und endlich röm.chrifffiger Kaiſer und Biſchöfe
—— bis auf die Kreuzzüge oder vielmehr bis auf das jüngſte Decennium
get VPalaͤſtina⸗Wanderer herab vielgenannten, allen Meligionsparteien
h. Debron, dieſer von den üppigſten Wieſen, Fruchtfeldern und Gaärten
weit den koſtlichſten Sudfrüchten in ewig jungen Reizen umblühten wralten
Stadt (Zeugniſſe der Talmudiſten ſ. inMe&m. de l’Acad. d. Imer. I.p. 180.).
Bar ja vor HIER ber tm Ganzen fo verrufene Boden von Jeruſalem
fd. Mt. 6 75 91), diefer Tonft. als heilig (Strabb 761 f.): und als
XC si
BIN eints anermeßlich vefihen Terhbels (Tac. Mist. V, 8.) Gel Wellem Bes
rihurteſten Städt Bed Orlents (Pin. V, 14.), obmohl fon bei Strabo
(am d. DO.) yupior ovn dnipdoror, weil nerondes, bo (ebb.) euvöooh,
und daher nad uf. (B. 3. VI, 1, 1.) einft in der Stadt nächflen Yimges
Bungen mit Baumpflanzungen und Gärten geſchmückt, fa wirb er von bemfelben
(A. 3. V, t, 21.) in — vielleicht zu — günftiger Parallele neben dem Ges
ilde von Jericho (f. d. Art.) genannt, wiewohl auch der jüngſte Gewährs⸗
mann, NRobinfon (am a. DO. II. ©. 16 f. 40. 124 f. 138. 143. 903. IH.
S. 293 f.), der freilich ſonſt traurig dden Gegend bei ihrem Lieberfluß won
Delbäumen und bei Betraivebau in Thälern und auf Flächen, und nament⸗
fi den von Siloamd Gemäflern befeuchteten Bart nanlagen, mit weitern
Spuren vormaliger, thalabwärts im SD. des Zion gar nidt alle Frucht⸗
barkeit abſpricht. (Günſtiger noch urtheilt Schubert am a. O. 1.8.3577.
Mm. S. 105. 1118. Bol. v. Richter am a. O. ©. 53.) Hier in der
Mähe dieſes fo recht ins Bebirge hinein geftellten Mittelpunkts vom Lande
(Sof. B. 3. 1IE, 3, 5.), mo aud bie Wafterfeeibe zwifchen dem Ghor und
Mittelmeer (Rob. II. ©. 13.), trafen in weſtlicher Richtung die Gränzen
der Stämme Suba und Benjamin zufammen, wel Ießteren Stammes Gebiet
(Sofua 18, 11 ff.) fammt dem bei Bethſchemeſch mit IJuba’d zufammen“
Roßenden von Dan (Joſua 19, 41 ff.), und dem ſüdöſtlichen Theile von
Ephraim (Joſua 16, I ff.), deſſen Sübgränze zugleih Dans und Benjamin
Nordgränze mar (Rob. HI. 8.588 f. 592. IN. ©. 226. 328. 340 f. 566.),
au noch zu Iubän gerechnet wurde (bibl. Geogr. S. 61. 107.). In Ierufa«
lems weſtlicher Nahbarfchaft fett fi endlich das Gebirge Iuda jenſeits der
Tnerlungslinie ves Wady Belt Hanina durch Vermittlung eines Zwiſchen⸗
rũckens (Rob. II. S. 586 f.) fort im Gebirge Ephraim (Joſua 20, 7.).
Dieß Gebirge, einſt Nordgränze des Reiches Juda gegen Iſrael (2 Chron.
19, 4.) und ſelbſt auch Gebirge Iſrael (Joſua 11, 21. u. daſ. Maurer) oder
auch die Berge Samarias (Jerem. 31, 8. 6. Amos 3, 9. 4,1. 6, 1.) ge⸗
nannt, zeigt zwifchen Ierufalem unb dem nörblih davon gelegenen Sinjil im
Berglande Benjamin eine Reihe von rauben, nad Often ftreichenven Ihälern
mit abſchüßigen Wänden, die raſcher und fleller, fcheint es, ala im Gebirge
Juda, abflürzgen, untermengt mit breiten Ruücken unebenen Tafellandes, das
vielfähttg zerriffen, jedoch mit Träftigem, fruchtbarem Boden zwifchen ven Felſen,
zumeilen zu hohen Spigen auffleigt, welche nad Often zu in hohe, über bie
möfte Iorbansebene herüberhängenne Klippen auslaufen (Mob. II. &. 321f.
327. 330. 332.). Dagegen find die Berge nörplih von Sinjil im Allges
meinen nicht fo Hoch und ſteil, auch nicht fo nackt, wie füdlicher, 3. B. bei
Serufalem, vielmehr in wald⸗ und buſchreichen Nüden fi hinziehend (Schub.
Mm. ©. 217. Shaw Travels p. 333. Xof. B. 3. II, 3, 4. Mob. IM.
&.295.; f. d. Art. Samaria), mährend die Thäler fich in fruchtbaren, becken⸗
artigen ober offenen Ebenen ausbreiten, lachender als in den ſüdlichen Ge⸗
birgölandfpaften (Rob. IN. S. 300. 303. 310 f. 315. 321. 336. 378 f.
383.), und meift mit Erſtreckung von Of nah Weit, wohin eine Anza
aus dem Ephraimgebirge kommender Wadys nach dem zwei Stunden nörbliä
von Joppe ausinündenden W. Aufeh zieht (Mob. II. S. 270. 299.), den
wir mit dem W. Surar des an folgen Verbindungswegen nad der Küfte
ander reichen Iubagebirges vergleihen können. So befihaffen war das
Dopprlgebirge, aus deſſen Plateaus, Bergpyramiden und Jochen, Hügels
gruppen, ler und Keffelthäfern, Kalffleinhöhlen und Paßſchluchten das
Hochland von Judäa zufammengefegt war — das Bild eines gewaltigen
Seerlagers zwiſchen ven noͤrdlichen Sen und Bebirgen, dem Ghor, ber arab.
Wühe und Dur bene des Mittefinders, mit Baſtionen bis an ben Simmel
vermauert (5 Mof. 1, 28.) und Schanzen Über Schanzen, Tangen Feſtungt⸗
20 Iudnen
thoren und wohl gedeckten Ausfällen, und inmitten bie Akropole von’ Jeru⸗
falem (bibl. Beogr. S. 55. 60. 62. 64.); Alles vol bergender Sicherheit
und reih an Wohnftätten und Vorrathshäuſern für bie zahlreich darin ge=
fharten, wenn nur vom rechten Geiſte befeelten Streiter Jehovas; denn bes
kannt und beglaubigt find ja die Nachrichten von der großen, Hier fi drän⸗
genden Bevölkerung (v. Raumer am a. O. S. 88 ff.) und ihren zahlreichen
Ortſchaften — 38 Städte allein in den ſechs Kreiien des Gebirges Juda zur
Königszeit, Joſua 15, AS ff. — fo wie von den noch ſprechendes Zeugniß
biefür ablegenden Trümmern berfelben (Rob. II. S. 594. III. ©. 219. 270 f.),
deren Robinfon bei Einer Umſchau 9 aufzählen Eonnte im Süden und 10
im Weften des Gebirged (II. S. 421 ff. 598 f.). Diefe Landſchaft des Süd⸗
gebiraet, weniger ald ver paläftin. Norden dem handelsthätigen, üppigen
ben der philiſtäiſch⸗phöniciſchen Küfte zugänglih, war daher im Bunde mit
dem an die Heimath feffelnden Ackerbau und einer geifledfräftigen Neligion
die natürlide Burg alıhebräifcher Volkseigenthümlichkeit in Sitte und Denk⸗
weife (Bertheau zur Geſchichte der Ifraeliten ©. 293 f. 303. 342 ff. 410.
419 ff.); Hier im Gebirge waren die Priefterfläbte (Joſua 21,4.) und jeder
zeit die Hoheprieſterswohnung; aus bem Gebirge flammten die zwei erfleg
Könige, flammten Samuel, Iohanned der Täufer und andere . bedeutende
Perfönlichkeiten der ifraelit. Geſchichte: das Gebirge war oft der Schauplap
von Kriegsthaten und Heldenleiden der zwei glänzenpften Perioden Iiraels,
der davidiſchen und maffabälfhen; hier war (in Bethzur 1 Mal. 4, 61.)
Judäas Gränzfefle wider die feindlich und heidniſch geſinnten Idumäer; bier
(in Thekoa 1 Makk. 9, 33.) Tagerten Jonathan und Simon in den Zeiten
ber ſchwerſten Volks- und Glaubensnoth, um fich für beffere Tage zu ex»
halten, und von ihrem Gott, einem Gott der Berge nah dem Glauben
ber Heiden (1. B. d. Kön. 20, 23 ff.) von hier aus zu Sieg und Eroberung
geführt zu werben. — Einige der biäher angedeuteten Sicherheltöpunfte veB
Gebirges Tagen 3) gegen die Wüſte Juda zu, dem britten, natürlich ges
fonderten Beſtandtheile Judäas. Wir verſtehen darunter, um mit ber treif
lien Sroß’ihen Nec. ver v. Raumerſchen Beitr. z. bibl. Geogr. in d. theol.
Etud. u. f. f. 3. 1845. 1. 9. ©. 239.) zu reden, den ganzen Abhang *
bed Gebirges Juda von der Höhe deflelben bis zum Iorbansthale und todten
Meere, einen Landſtrich, der fi von der Südgränze des Landes nördlich
bis ind Gebirge Ephraim Hineinzieht. Die Belege zu dieſer Schilderung
bietet uns vor Allen Rob. II. ©. 431—561. an vielen Stellen, IH. ©. 25 F.
185. Anm. 5., vgl. mit Schub. II. ©. 27. 89. 93 f. 96. 99. 102 f.
F. Fabri Evag. II. 149 f. 162. Plin. V,17. Mit dieſem befländigen Abfall
des Berglanded von Wellen nah Oſten nimmt au dad Anſehen der Wüfe
zu; mit ihrem Kalkſteinboden wechſeln Kreide und Kiefel den Bellen zuges
mifcht; mit mehrere Hundert Fuß hoben, meift nad dem todten Meere bins
laufenden Nüden fegelförmige Berge, Anfangs noch mit Sträudern, weiter
unten nur mit fümmerlidem Gras befleivet; mit rauhen, zum Theil erſchreck⸗
lich wüften Flachland längs dem Meere ohne die mindefle Spur einfliger
Beaderung zublreihe Wadys, manchmal in engen, tiefen Schlünden mit fenfe
reisten, zu hunderten von Yußen an jeder Seite auffleigenven Felſenwänden,
der mit Zeuerfleinen, bitumindfen Kalffleinen und Aophaltſtücken befireuten
Merlfüfte des todten Meeres zuziehend; fo dad Kidrond» oder (wegen ber
Nahbarfhaft von Mar- Saba) Mönchsthal (Rob. ©. 488 f.). Nur in
den höheren Theilen des Abfalls nah dem Meere (Rob. ©. 413. 418.) oder
in den tieferu oberhalb der Küſte, mo Quellen (warıne oder falzige, Mob.
® Daber binapfteigen In bie Wäfle 1 Sam. 23, 25. 26, 2. — Rob. I.
&. 447. Kam, 6,
!
4
,
F
j
uw — um ou ..
— — — — —
Judaea bsi
&. 439 f. 483. 491. — Seite 492. find alle Quellen und Gewäffer an ber
MWerküfte aufgezählt) oder Ströme frifden Waſſers fließen (Mob. ©. 452.),
trifft man fruchtbaren Boden, reichlihe DBegetation und in Bergterrafien
Mauern und Eifternen Spuren früherer Dienfchenthätigkeit, fo zumal bei
Ain Jidy, dem von Rob. wieder aufgefundenen einen* bibliſchen Engedi,
in deſſen Nachbarſchaft eine vom Quellbach getränkte, mit Gärten bedeckte
Ebene allmählig nad dem Ufer abfallend, die noch durch tropiſche Hitze ges
feigerte Begetationdfraft diefer einft wegen ihrer Balfamflauben, Neben und
Palmenwälder bei einheimifgen und fremden Schriftftellern (Plin. a. a. DO,
Solin. XXXV, 12.) ivylliſch berühmten (H.Lied 1, 14.) Landſchaft beur⸗
fundet (Rob. ©. 441 f. 445 f. Winer bibl. R. W. B. u. d. W.). Dieß if
die nahmhafteſte unter ven 6** im B. Joſua 15, 6. 61 f. aufgezählten
Städten der Wüfte Juda, auch allein wohl no in ihrer Lage erkennbar,
bie nahe dem Sübufer des tobten Meeres unfern des Usdumberges zu fuchende
„Salzftadt‘ (Mob. IH. ©. 25. 185 f. Anm. 5.) etwa ausgenommen,
Beifügen können wir jenem Stänteverzeihnig das zwiſchen beiden Städten
gelegene, umter dem heutigen Namen Sebbeh als Ruine (Rob. 11. ©. 477 ff.
Broß in der ob. cit. Rec. S. 241.) vorfommende Maſada, biefe Stiftung
des Makkab. Ionaıhan, von Herodes dem Gr. unüberwindlich gemacht, und
ale Schlupfwinkel der Sicarier der lebte, furchtbar tragiſche Schauplag des
röm jüd. Krieges; — hacterus — fügt Plinius am a. DO. — Judaea est.
Zeugniffe genug für bie frühere, wohl nicht unbedeutende Frequenz dieſes
Landſtriches, deren intereffantefter Beftanviheil, vie @ffener, dieſe jüd. Pytha⸗
goräer, oberhalb Engevi (Plin. am a. DO.) am Tiebflen vörfermeife lebend,
ihre zum Ernſt der dortigen Wüfteneinfamfeir ſtimmende Aëceſe übten (de
Wette's Citaten im Lehrb. d. hebr. jũd. Archäol. 2. U. 6. 275. füge bei Sof.
A. J. XI, 5, 9. XV, 10, 5. XVIII, 1,5.). Auch Flũchtlinge und Geäch⸗
tete theilten, beſonders in ven zahlreihen Höhlen im Weften und Norden von
Engedi vor und nah David, von deſſen Flucht hierher uns einzelne Wüften⸗
ftride umter beiondern Namen bekannt find (Mojenmüller bibl. @eogr. II, 1.
©. 171.), den dortigen Aufenthalt mit Gazellen, Schafald, Bergziegen und
wilden Tauben, welde legtere fanımt andern zablreihen Bögelarıen Lebens⸗
geflalt und Ton wenigſtens der Luft über dieien Einöden verleihen, während
dieie ſelbſt jegt nur von eilenden Wanderern oder Näubern (Mob. ©. 446.
436 f.), und (gegen ehemals, Hieronymus Prolegg. in Amos.) wenig zahl⸗
reihen, bem Feinde audmeichenden arab. Wanderhirten vorübergehend, blei⸗
Send aber, wenn fo zu fagen, nur von fünfzig Mönden bes Subafloflers
(Schub. II. S. 99.) belebt werben, biefen Nachfolgern der zabllofen Anacho⸗
teten in den Iaufenden von Felſenhöhlen dieſer Thebais des h. Landes, deren
n öfllige, mit einer Salpeterkruſte bedeckte, noch vegetationdärmere Erſtreckung
(Rob. S. 494. Fabri am a. D. p. 162) an. das unterfle Jordansufer
bin, den einfligen Schäuplag der Wirkſamkeit des großherzigflen @infichiers,
Sohannes des Täufers, ehedem mit vielen, beſonders auch zu feinem Bes
dãchtniß geftifteten Klöftern befegt mar (Mob. II. ©. 512 f. Babrip. 149 f.).
4) Einen ſchneidenden Gontraft in natürlicher Beichaffenheit und hiedurch bee
Dingier Lebenkentwicklung mit dieſem öſtlichen Abfall des Gebirges Juda bildet
fein wefllider. Hier. tft nehmlich der Lebergang von der Höhe zur Nies
derung nicht fo ſchroff, fondern vermittelt dur die dazwiſchen liegende
Sügelregion (ema die nme bei Joſua 10, 40. 12, 8. vgl. mit 4
Mof. 21, 15.7), größtentbeils ein ſchönes, offenes Land, aus ſchwellenden
*6, bie Bermerfungen von Groß in ber aus ben Stud. u. f. f. oben eitirten
Dec. am a. O.
"00 7 nach ben auch in ben Namen mehrſach abn ochenden LXX.
288 | Aniare
Hügeln, nie von weicherem Zelten, als bie des öſtlichen Abfaſls, vielfa
mit Bufcgwerk aber Getraide bevedt find, beſtehend, und von zahlreichen
Mabyö, die fi theilweiſe, wie Sumt und noch mehr Surar, zu beträcht⸗
Jihen Ebenen ausbreiten, durchſchnitten, und voll von Dörfern zmifchen
Dlivenhainen, fo wie von unzähligen früheren,. jet veröbeten Ortslagen und
Nuinen (Mob. H. ©. 352. 580. 596 ff. 612. II. ©. 219. 227.), als
Zeugen einer ehedem zahlreichen Bevölkerung. Denn dieſer Landſtrich war
der Sig bedeutender Stäpte, unter denen Eleutheropolis (f. d. Art.
Mob. I. ©. 613 f. 672 f. und Groß’ Ne. ©. 247 f.) mit gewaltigen
Trümmern einer Nömerfehlung unter vem Namen Beit Sibrin, Dur röm. Kaifer⸗
ünzen Hadriand und der Bamilie von Septimius Severud verewigt (Mionnet
—* de Med. Ant. V. p. 534 f. Suppl. VIII. p. 370.), von Ammianus
Mare. (XIV, 8.) unter den erflen Städten Palaſtinas und in kirchlichen Werfen
als Biſchofsſitz und Metropole jener ganzen Gegend bis ins ſechste Jahrh.
enannt, und dad nörblich gelegene, dur eine Siraße gen Ierufalem und
äfaren mit ihm verbundene @mmaus (f. d. Art.), unter den Römern
Nicopplis, in Trajans⸗ und Hadrians⸗-Münzen noch fortbauernd, mit Heil,
quellen, und Sig einer Topardie (Plin. V, 14.), fpäter eines Bisthums.
Diefer Landſtrich mar zudem der Schauplag von Kämpfen ber Sfraeliten gegen
Rananiter, Philiſter (Davids Zweikampf mit Goliath im W. Sunt, Mob.
MH. S. 607.), und Syrer unter den Maffabäern, endlich ver Paß, über
ben Handelskarawanen und Kriegäheere, 3. B. auf der alten, nod immer
Sultana geheißenen Straße (Rob. S. 596. 606. 673. IN. S. 276f.) na
der Küftenebene ober Niederung, In welche hie Hügelregion übergeht (Mob.
U. S. 612 f), und nad deren reihen Emporien hinabzogen (B. ver
Richter 14, 1. 19. 1 Sam. 13, 20. 1 Makk. 3, 26.). Diefe Niederung
num in ihrer weiteſten @rfiredung von Rhinocolura am Bad Aegyptens big
zum Dorgebirge Karmel 60 Stunden lang, bier aber mir Nüdfiht auf Ju⸗
Dans Ausdehnung unter Herodes dem G. zwifchen die Endpunkte Gaza und
Caſarea beſchränkt, zerfällt in zwei Theile, die Ebene, Sephela im engern
inne genannt bis Joppe (Iofua 11, 2. 16. 12, 8. Ser. 32, 44. 33, 18,
4 Matt. 12, 38. 13, 13.), und von da an bie Ebene Saron. Jene nun,
an einigen Stellen z. DB. in ber Nähe von Gfron mellenförmiger und
fogar hügliger als ſüdlich nah Gaza hin, wo fie fat wagereht wird, bes
fieht theils aus Lehm, theild auß Sandboden, ber zum Kruftbarwerben
Hoss Wafler und größere Bevölkerung bedarf, als die heutige, namentlich
argen bad frühere Menſchengewühl unbebeutende If (AT. Keith, die Erfüllung
d. bibl. Weiffagungen u. f. f., deutide Ueberf. ©. 236 f. — fo finden BE
in per Michtung von Ramleh wenig Dörfer gegen bie Maſſe derſelben in ver
Hügellandſchaft und an der Bergieite); denn wo fie bewohnt und bebaut iſt,
gewährt fie in Weideplägen mit großen Schaf- und Slegenbrerben, in reichlich
tragenden und früßer als im Gebirge reifenden (Mob. II. ©. 308. 597.)
Weisen», Gerfles und Durabfelvdern, Baummollenpflanzungen, den mannig»
faltigden Gartengewächſen und Früchten, fo bei Efron, auögebehnten Oliven⸗
“Bainen, zahlreihen Maulbeer- und Palmbäumen, fo bei Gaza (Davins
Ddr und Sykomorpflanzungen in dieſer Ebene, 1 Gbron. 27, 28.), einen
onmutbigen, jo wie in ihrer weiten Ausbehnung der Mheiniihen oder Lom⸗
bPardiſchen Ebene vergleihbar, z. B. vom Ihurm von Ramleh aus einen
toßartigen Anblick (Mob. II. S. 628. 631 f. 638 f. II. ©. 223 5. 233.
35. 237 f.). Bon ber Meerestüfte iſt dieſe Ebene durch eine Meihe von
Sanphügeln getrennt (Rob. II. ©. 633. 638. II. ©. 229 f.), zwiſchen
denen die unbebeutenden Gemwäffer, meift Winterbäge, im Sommer bi8 auf
den Nahr Rubin bei Iamnia vertrocknend, dem Meere zufliehen (v. Raumer
Palaͤſt. S. d3f. Woluey Belle nah Syrien u. f. f. I.S. 291). — Don
-. — — — — -. .
Judane . 958
ben Städten diefer Philifker- Ebene, welche unter Herodes dem Br. außer ”
Askalon und Jamnta alle zu Jubäa gehörten, find einige wohl wegen ihrer
Bauart von ungebrannten Biegeln, fpurlos verſchwunden, wie Bath (Mob.
II. S. 6390 ff ); andere, wie das noch zu Strabo’8 Zeit, ſcheint es, nicht
unbedeutende Asdod (Strabo 749. 759.) und bie’ befonderd von Juden
berölferten Ortfgaften @Eron (Eufeb. Onom ) und Jamnia (Strabo 759.)
haben Feine (Mob. III. S. 230 ff.) oder, wie das als Feflung und Empo⸗
rium einft fo gewaltige Gaza, nur wenige Spuren (Mob. II. S. 638.)
ihres antiken Daſeyns aufzuwelfen; au Askalon, dieſe römifhe Freiſtadt,
Plin. V, 13., den Juden ſteis verhaßt (Sof. B. J. IH, 2, 1.), und einſt
groß durch ihren auch auf Stadtmünzen (Mionnet am a. DO. V. p. 525.)
verbundenen uralten Aſtarte Cultus und Seehanbel, wirb von befonnenen
Reifenden als eine der traurigfien Stätten gänzliger Verwüſtung geſchildert
(Rob. II. S. 629 5; anders Forbin bei Roſenm. am a. O. ©. 384.). —
Gine Fortſezung dieſer Ebene des Gebirges Juda nun unter anderem Namen,
wohl au, weil vorzugsweiſe Weines oder Waldboden (Strabo 758 f.), von
etwas anderem Charakter, if Saron, die Ebene des Gebirges Ifrael oder
Ephraim (Maurer AN Sofua 11, 2. 16.). Schon im A. T. nah Mitthei⸗
lungen aus ber Wirklikeit (1 Chron. 27, 29. ef. 65, 10.) und nad
Meſſtas⸗Idealen daſelbſt, wo der Wüſte Sarond Blumenpracht verbeißen wird
(Jeſ. 35, 2. H.Lied 2, 1.), iſt fie auch nah ſpätern Berichten eines Hie⸗
ronymus, fo wie nad neueren eines Monro und Ghateaubriand (bei v. Raumer
Paläſt. S.52 f) ein mit den faftigften, ſchoͤnſten und blühendſten Gewächſen
befleibeter Wiejengrund. In ben legten Zeiten vor Chriſtus und in den erflen
Sahrhunderten nah ihm waren ihr ald die bedeutendſten Städte zugezäplt
Zydba, Ioppe, Gäfarea, deren erfle theils ſchon in der Jugendzeit des
Chriſten hums (Apoflelg. 9, 32 ff.) und dann fpäter als Biſchofsfitz genannt,
jegt no mit den Trümmern feiner St. Georgskirche prangt, theils al& zöm.
Bezirkdort bei Joſ. und Plin. (f. unten) und unter feinem neuen Namen
Diospolis auf Münzen und bei chriftliden Schriftflellern vorkommt (Mob.
Mm. ©. 261 ff.); Ioppe (f. d. Art.) auf der einzigen von ihm erhaltenen
Bronzemünze (Miennet am a. DO. V. p. 499. Suppl. VIII. p. 344.) ben
Rertun auf einem Felſen zeigend, ſchon in den Tagen bed erflen und zweiten
Tempelbauß in mehrfacher Handelsverbindung mit Ierufalem (2 Ghron. 2,
10. Eſra 3, 7. Nehem. 10, 32. 13, 16.), und no mehr, ſeitdem es
von den erſten Makkabäern an bis auf den Herodiaden Archelaus meift in
jüvd. Befitz, SDafenplag der jüd. Haupiſtadt (Strabo p. 759 f.), aber au
Sälupfminfel jüp., von Ariſtobul II. gehegter Seeräuber war (Strabo p. 761.
$of. A. 3. XIV, 3, 2.); endlich Gäfaren (f. d. Art. Nr. 13.), durch He⸗
rodes des Gr. reihe Ausflattung zu Waſſer und zu Land und ald Sig dei
röm. Statthalter in den Tagen des N. T. und fpäter würdig, Judaeae
caput*® bei Zac. (Hist. II, 79.) und bei Plin. (V, 13.) finis Palaestinae
® Aus diefer Beisählung EAfarend zu Judaa erklären fih Plinius' (V, 18.)
Worte: supra — Samariam Judaea longe Jateque funditur. Vgl. die Zeichnung auf
Sr. Windelmanns Kärtchen von Palaſtina. — Das von Tier ans verwaltete judäiſche
Sand wurde, vor Jeruſalems Serfißrung,, eingetheilt nad Sof. B. J. IH, 3, 5. in
11 Kieruchien (d15) oder Toparchien (up), nah Pin. V, 11. in 10 Top, nad
Jeruſalems Serfiörung. Unter Boranfiellung ber Hauptſtadt ſammt Umkrels als
Mittelpunktes, zaͤhlt Joſ. bie Übrigen vom Morden (zer’ adıya "Anpaßarca, hinter
ihr Wer.) ans Aber Wellen und Süden nach Norbofien gehend auf, und reiht danu
einige Nebenbiftrikte au der Geefüfte und Im Ofjordanlande an, Plinius hat feine
Angaben nicht in folder topographiſcher ‚Wufeinanderforge, ader doch nad Fopogr.
Racfihten geordnet, nehmlich 1) Hierioug im Bhor; 2) drei In.ten agrartrealon
Dzulg, Real⸗Euchelop. IV.
354 *" —_ Judael — Sedaeorum Vicus ,
"zu heißen (NRofenmäller II, 1. ©. 326 ff.). Sept find bie wenigen Ruinen
einer Waflerleitung und mehrerer großen Gebäude meift mit Sand über
ſchüttet (Graf v. Medem bei Berghaus, Aflen, 3te Lief. Denkſchrift Syrien
©. 42.). Die Ebene Saron durdzog „der Weg am Meere‘ (Ev. Matth.
4, 15.), jene von Einheimiſchen und Fremden vielbetretene Bölferftraße, von
welcher aus erobernde Verwüſter das Land zertraten (Jeſ. 33, 9. und daſ.
Higig), aber au Kaufherrn der verfchienenften nahen und fernen Nationen,
auf diefer Verbindungslinie — einer der vier großen zwiſchen Vorder⸗ und
Hinteraflen und Europa (Bertheau am a. D. ©. 119 f. 432 f. Nitter Erd⸗
kunde 1. A. 11. S. 379 f.) die Waaren des Oſtens und Weſtens in einen
durch die großen, bier zufammenlaufenden Land» und Waflerflraßen vermits
telten Austaufh brachten, und die Stämme und Städte, welde an biefer To
günftig und befonderd den großen Weltemporium Alerandrien fo nahe ges
legenen Küfte angeflenelt waren, zu einem hohen Grade von Macht und Blüche,
aber zugleih von Ueppigkeit und fittlich religiöfem Verderbniß führten, moran
auch das nachbarliche Judäa mit feiner Hauptfladt (Bertbeau am a. O. ©.
112. 323. 383.), relativ am Mindeſten noch in den abgeſchiedenen Höhen
und Schluchten feines Gebirges (|. oben), durch Schmädung oder Aufgebung
nationeller Sitten⸗ und Glaubendeigenthümlichkeit Antheil hatte. [ Cless.]
Judaei, ſ. Palaestina. x
Judaeorum Vicus, ein im tin. Ant. p. 169. erwähnterr Ort
Unterägyptend auf ver Oſtſeite des Nils, 26 Din. ſüdöſtlich von Heliopolis,
an der Straße nah Clysma am Arab. Meerb., der gemiß nicht verſchieden
iR von den in der Not. Imp. erfcheinenden Castra Judaeorum in ber Prov.
Augustamnica, und unter welchen wir bhoͤchſt mahrfcheinli jene von Joſeph.
Ant. XIII, 3. u. B. Jud. VII, 10. erwähnte Anlage des Onlas zu verflehen
haben, der mit Erlaubniß des Königs Ptolem. Philometor im Nomos Helios
polites, 180 Stad. von Memphis, einen jübifhen Tempel in Form eines
Kaſtells (ein mit fleinernem Wal umgebener Thurm von 60 Cubitus Höhe)
erbaute, um melden ber leiht auch ein von Juden bemphnter Flecken ent-
ſtehen konnte. Niebuhr (Meifebefhr. nah Arabien Thl. I. ©. 213.) fah
von Seriagus, 2 g. M. öſtlich von Heliupolis, aus in einer Entfernung
von etwa 2 Stunden gegen NR. bin Ruinen, welche man ihm Tel el IHud
(Hügel der Juden) und Turbed el Ihud (Gräber der Juden) nannte, und
die wahrſcheinlich dieſen Ort bezeichnen. [F.]
und au der Küfte, Emmaus, I,ydda, Joppica ; 3) drei im Gebirge Ephraim, Acra-
batena, Gophnitica, Thamnitica; 4) drei in dem Gebirge und ber Wüfle Juda und
tm Mittagland, Bethleptephene (nad Hardnins Verbeſſerung), Orine, Herodium.
In der Ungabe von 7 Diftrikten flimmen beide im Grunde wörtlich überein. Orine
bes Plin. mag Joſ. erfier Kleruchie entfprechen; Dagegen erfcheint Joppica bei Plin,
als ein Haupt⸗, bei Joſ. nur als Nebenbiftrikt, und umgekehrt Idumaea bei Sof.
als Hauptdiſtrikt, bei Plin. c. 12. u. 14. als ein von Judaͤa gefonderter Gtrich
Syriens; Engadae iſt bei Joſ. noch Diſtriktsort, bei Plin. nicht mehr, weil (co. 17.)
bereits bustum (Solinus XXXV, 12.) wie Hieros.; Pella endlich, was nach feiner
anzen Umgebung bei Joſ. nicht dad transjorbanifche, etwa im dortigen, angeblichen
uda a. 3. (v. Raumer ©. 434 ff. und auf feiner neneflen Karte von Patäft., f. das
gegen Maurer zu Joſua 19,34.), noch zu fuchende feyn Fann, ift, nach der ganzen
Unfeinanderfolge der Dertlichkeiten in ber Ichrreihen Stelle B. J. IV, 8, 1. höaf
wahrſcheinlich — Bethleptepha, Hauptort bes oben genannten Difiriktö bei Plin.
= niny> Joſua 19, 6. (Meland am a. O. p. 637 f. 642. 638.), bei der als
gemeinen Namendvertaufhung in Paldfiina (Rob, III. S. 263.) wohl für dieſes
barbarifhe Wort gewählt. Bal. noch Üder diefe ganze Cintheilung Joſ. A. J. XIV,
11,2. B. J. I, 1, 4, II, 20, 4. 1, 2, 1. IV, 9,9. V, 3, 1. VI, 3, 2f. Rob,
am a, D. ©. 253 f.: 263. 294, 296 f. 323 f.
Sadex | 955
Imdex bei den Römern.* A. In der Bedeutung als Magiſtratus.
In ber früheren republikaniſchen Periode wurden bie Coss. auch iudices ge⸗
nannt, |. Bo. II. ©. 622. Später bezeichnete iudex nur richtende Privat
perfonen, und erſt in der Kalferzeit, ald die Verwaltung und Juſtiz vereinigt '
worben war, murde iudex eine gemöhnlide Bezeihnung für alle Arten von
Magiftraten, während der Name magistratus vorzüglih von Municipalobrig-
feiten gebraudt wurde. Man unterſchied 1) iudices civiles, Eivilmagifirate,
und iudices militares, Militärbeamie, f. Cod. 1, 45. 46. 49, C. Th. 4,
17. 18. 19. und ®otbofred. Comment.; 2) iudices maiores,. medii und
minores, den brei Rangclaflen entſprechend, illustres, spectabiles, clarissimi,
jo vaß iud. maiores die Präfekten von Rom und Ronflantinopel, iud. medii
aber bie Procoss. bedeuten, Nov. 23, 3. Nov. 7. epik 1. 5. pr. C. Th. de
is quae adm. (8, 15.). 1. un. C. de mand. pr. (1, 15.); 3) iudices or-
dinarii und sacri. Der erfle Ausbrud bezeichnet die Lofalmagiftrate, welche
die erſte richterliche Inſtanz bilden, iudices sacri find. die höheren Beamten,
weile vice sacra (Orelli inser. n. 1082. 1101. 1129. 3160.), d. 5. an
des Kaiſers Stelle richten und ein Eaiferliches Gericht bilden, auditorium
sacrum gen., Genfor. de d. n. 15. Symmad. ep. VIII, 77. Sie 5. au
iudices sacrarum cognitionum, Orelli inscr. n. 59. 1046. 1077., und waren
zuerſt nur der praefectus urbi und praef. praetorio. Seit Gonftantin er»
hielten aber auch andere Beamte die Eaiferlihe Gerichtsbarkeit durch Delega-
tion übertragen, namentlid Vicarii u. a. iudices spectabiles. Borzüglid
entidieden file über Appellationen (f. Bo. I. ©. 640. und Princeps), do
übten fle auch andere kaiſerliche Rechte. Bethmann-Hollweg, Civilprozeß I,
1. ©. 42. B. Iudex als Privatperfon, welche mit der Unterfuchung und
Entſcheidung eines Civil⸗ oner Criminalprozeſſes beauftragt iſt. Varro 1. 1.
v1, 61. Darnach bebeutet iudex im e. ©. 1) Eriminalriäter, im Begenfag
des Civilrichters, 2) Givilrichter im Gegenfag des Criminalrichters und alle
Arten der Civilrichter in fi umfaflend (die centumviri, Bd II. S. 260 ff.,
arbitri, Bd. I. ©. 670 f., recuperatores, f. d. Art. und iudices im engften
Einn), 3) Civilrichter im engflen Sinn und im Gegenfag von den andern
fo eben genannten Arten der Civilrichter, als arbitri, centumviri, recuperatores.
I. Iudices als Criminalrichter. So lange ed noch Feine ſtehenden
Griminalgeridhte (quaestiones) gab, und entweder das Volk felbft oder Com⸗
miſſare des Volls Bericht Hielten, gab ed Feine eigentlichen iudices, wenn
man nicht etwa die Perfonen fo nennen will, welde ber richtende Magi⸗
firatus auswählte, um durch dieſelben bei Ausübung feines Amtes untere
Rügt zu werden. Diefe bildeten das consilium bed Magiſtratus und waren
aud den Senatoren ausgewählt, Bolyb. VE, 17. Liv. XXIX, 21. (Bo. I.
S. 872 f. Br. II. ©. 594 f.); f. Senatus. Nad Einführung ber quaestio-
nes perpetuae wurde allmälig Regel, daß der Praetor urbanus jährlich eine
Lie der für bie einzelnen Duäftionen wahlfähigen Richter (selecti iudices
genannt) anfertigte, Cic. p. Clu. 43. (diefed Verzeichniß 5. album iudicum,
f. BP. I. S. 206.), welde aller Wahrſcheinlichkeit nad bis auf Auguflus
mit den Givilgerihten nichts zu hun hatten. So Yerrat. epist. p. 2.
Berhmann = Hollweg, Civilprozeß 1,1. S. 13. Mein, Nöm. Vrivatrecht
©. 413. Puchta, Infitutionen II. S. 38., während Andere glauben, daß
die Brivatriter fhon vor Auguflus aus dem album iudicum genommen
feien, wie Klenze lex Servil. p. XIV f. Zimmern, R.G. ©. 27f. Wittig,
Sulla p. 158. Mommſen in Zeitſchr. f. A.Wiſſ. 1843. Nr. 104. ſchlägt
® leder die Michter bei deu Griechen f. den erfien Abſonitt des folgenden Arti⸗
keis Tudicin, auch vgl, die Artt. Folra-, Amasıai nara Önpovs und dexagzınos
„cha. LP.)
a 5 Yadex
den vermittelnden Weg ein, daß vie Richter dann aus dem Album genommen
wurden, menn man erloodt habe; die von der Parthei zu wählennen Richter
Habe man nicht aus dem Album zu nehmen gebraudt und lezgteres fel das
häufigere gemefen. Bewieſen ift dieſes jedoch noch nicht. — Während dieſe
Richter bis auf die Grachen nur Senatoren geweſen waren, Plut. T.
Gracch. 16. Bio Cafſ. fr. 88., beginnt nun ein langer, lebhafter Kampf
der Stände um die Richterwürde, und bie jedesmal flegende Parthei nimmt
‘au von diefem immer wichtiger werdenden Amt Beil. Nachdem ib.
Sempron. Gracchus einen vergeblichen Berfuch gemacht hatte, den Senatoren
die Gerihte zu enireißen, Plut. T. Gracch. 16, Dio Caſſ. fr. 88. (der
längere Scipio Africanus fprach Tebhaft dagegen, Meyer fragm. orat. Rom.
p. 191.), feßte &. Gracchus 632 d. St. das Geſetz durch, daß die Berichte
den Senatoren genommen und denen übergeben werben follten, welche 400,000
Seft. befäßen (d. i. den bißherigen ritterlidhen Genfus), weshalb biefe zur
8&oyy» iudices genannt wurden, bis der Name equites und ordo equester
dafür auflam (Bd. IH. S. 214 f.). App. b. c. I, 22. Bell. II, 6. 13. 32.
Tac. Ann. XI, 60. Flor. IM, 13. 17. Barro 6. Non. v. bicipitem ed.
Goth. p. 739. Pi.Ascon. zu Cic. div. 3. p. 103. — ‚Dagegen berichten
Plut. C. Gracch. 5., daß C. Grach. zu den 300 Senatoren 300 Ritter
Ainzugefügt und die Gerichte beiden zufammen übertragen habe, und Livius
X., daß 600 Nitter zu Senatoren erhoben worden mären, deren Zahl ſich
alfo von nun auf 900 belaufen Habe. Diefen Widerſpruch erffärt Göttling
Nöm. Staatsverf. S. 437. dadurch, daß Gracchus die Gerichte den Sena⸗
toren nit ganz genommen, ſondern fo viel Mitter Hinzugefügt hätte, daß
diefe die Oberhand behauptet und die Senatoren faktiſch ausgeſchloſſen hätten;
allein es {ft hiſtoriſch, daß Mitter und Senatoren erſt nad) lex Plautia au
fammen richteten. &8 bat naher Mommſen in Zeitſchr. f. Alt. Wiſſ. Nr. 103.
fharffinnig die Stelle des Liv. und Plut. auf eine im erflen Tribunat des
Gracchus (631) gegebene lex bezogen, nad welcher der Senat durch 300
Richter (diefe Zahl iſt wahrfchelnliher, als die noch einmal fo große des
Liv.) ergänzt worden wäre, indem er dabei vorzüglid die Berichte im Auge
gehabt, im zweiten Sabre feines Tribunats dagegen (632) habe er das von
den andern Schrififtellern ermähnte Geſez gegeben, wodurch die Senatoren
von den Gerichten ganz ausgefäloffen worden wären, f. lex Sempronia und
Senatus. Die Gracchiſchen Mitter waren als Richter fireng, z. B. in ben
durch lex Mamilia angeorbneten Gerichten, f. lex Mamilia. Nach 16 Jahren
gab Du. Servilius Cäpio die lex Servilia 648, durch melde die Senatoren
ihr altes Recht zurüderbielten. Zac. Ann. XII, 60. Zwar berichten Jul.
Obſeq. 101. und Gaffiod. chron. h. a., daß lex Servilia die Gerichte zwifchen
ben Senatoren und Michtern getheilt Habe, und ihnen folgten Sigon, Ma-
nutius, Heinecc, Bad, Ernefli, Krebs de iud. decur. p. 80 f., Walter
Nöm. R.Geſch. S. 244., Wittich, Sulla p. 161., Ahrens, die drei Volks⸗
tribunen ©. 76 f., allein es h. an mehreren Stellen Gic., baß lex Servil.
für den Senat und gegen die Ritter gerichtet geweſen fel, de inv. I, 49.
Brut. 44. p. Clu. 51., au wird von ic. p. Corn. 5. Asc. p. 79. aus-
drücklich gefagt, daß Senatoren und Hitter vor lex Plautia im 3. 665 nicht
gemeinſchaftlich gerichtet Hätten. Darum haben Klenze, praef. zur lex Serr.
.XV., Drumann, Gef. Roms II. S. 490. IV. ©. 64., Marquardt hist. eq.
om. p. 31. der lex Serv. mit Recht die völlige Wiebereinfegung der Senatoren
noefärieben. Mommfen in Seitſchr. f. Alt.Wif. 1843. Ar. 102 f. vereinigt
eide Anfichten dur die Muthmaßung, Gervilius babe zwar die Serihte
dem Genat übertragen, aber eine große Anzahl Mitter in den Senat aufge:
nommen, was Livlus Drufus fpäter wiederholt habe. Dieſes fel von den
Verſchiedenen verſchieden bargeflellt worben. Daß das Serviliſche Befeg nicht,
Zudex 957
wie man biäher allgemein glaubte, durch eine fpätere lex Servilia repet.
(des C. Servilius Glaucia), welche die Gerichte wieder den Mittern über»
geben hätte, 649 abgeſchafft worden ſei, hat Mommſen ſcharſſinnig und
überzeugend dargethan. Dieſe lex Servil. betraf nur die quaestio repet,
ohne für die andern quaest. Beſtimmungen zu enthalten, iſt alſo keine lex
iudiciaria geweſen, f. lex Servilia. So viel iſt freilich gewiß, daß als lex
Servil. repet. gegeben wurde, die Gerichte bei den Rittern waren; allein
daraus folgt nicht, daß biefelbe dieſes beflimmt habe; auch iſt ganz ungewiß,
wann lex Servil. rep. gegeben worden if, fie kann ebenfogut aus dem Jahr
647 vor lex Serv. Caep. berrühren. Es muß alfo ein andereö und unbe-
fanntes Befeh die Abfchaffung ber lex Serv. beflimmt und die Gerichte wiederum
den Rittern übergeben haben, was wahrfcheinlid circa 654 geſchah, Cie.
p- Rob. perd. 7., und aud in ben folgenden Jahren erfheinen die Ritter
regelmäßig als Richter (f. Mommfen Nr. 104.), 3. B. über B. Rutilius
Rufus u. a. Erft D. Lioius Drufus trat gegen fie auf, 663 in feiner lex
Livia, nad welcher 300 Ritter in den Senat aufgenommen und dann bie
Richter auß dem Senat gemählt werden follten. App. b. c. I, 35. Dieſes
iſt (nad Mommfen) von den Schrififtellern auf eine doppelte Weiſe kürzlich
dargeſtellt, entweder fo, daß der Senat dur Livius Drufud bie Gerichte
erhalten Hätte, Vell. II, 13. Ascon. zu Cic. p. Scaur. 21. Or. U. Bick.
de v. ill. 66., oder, wie es das faktiſche Berbältniß war, daß Senatoren
und Riiter zufammen gerichtet Hätten, fo Liv. LXXI. Dieſes Geſetz fol nad
Ahrens gar nicht durchgegangen feyn (die drei Bolfätribunen S. 98.), allein
richtiger if die Anfiht, daß es zwar durchging, aber megen fehlerhafter
Aujpicien in demfelben Jahr wieder aufgehoben wurde. Liv. 1. I. Atc. p.
Corn. p. 68. @ic. de leg. II, 6. 12. Klenze praef. p. XV. M. Plautius
Silvanus machte in lex Plautia die Beflimmung, daß die Richter von dem
Bolf gewählt werden follten aus allen drei Ständen, und zwar 15 aus jeder
Tribus. Asc. Corn. p. 79. Or. Dieſes gefhah 665 auf Betreiben der Sena-
toriſchen Parthei, welche dur die firengen Gerichte nad lex Varia gelitten
batte; f. Mommfen am a. D., welcher zugleich wahrſcheinlich macht, daß
dieſes Geſetz nur für dieſes Jahr gegolten Habe und daß die Ritter wieder
ala Richter eingetreten felen; wenigftens waren zu Sulla’3 Zeit die Ritter
mieder im Befls, und ſowohl Vell. I1,32.-al8 Gic. Verr. act. I, 13. fagen,
daß von Grachus bis Sulla die Nitter faſt ununterbrochen Nichter gemefen
(Gie. fpridt von 50 Jahren). 673 erfolgte Sulla’8 ariftofratifhe Reform
(für dieſes Jahr iſt Mommſen Nr. 102. und Baratoni zu Eic. Verr. 1, 13.,
mogegen Mubino, de trib. pot. p. 7., Drumann, Geh. R. II. S. 490.,
Marquardt, hist. equit. Rom. das Jahr 674 annehmen, Manutius ſogar
672), durch welche feinem Princip gemäß die Gerichte wieder an ben Senat
gelangten (nachdem er benfelben vorher durch 800 patriciſche Mitter ergänzt
batte [niht durch Gracchiſche Titulars oder Geldritter, Bo. III. ©. 21511,
App. b. e: 1,100., und es ift nicht nöthig, die lex iudiciarıa mit der lectio
Senatus zu combiniren, was Mommfen thut), Ve. If, 32. Tac. Ann.
XI, 22. Cic. p. Rosc. Am. 3. Verr. Act. 1, 13. u. Pf.Asc. p. 145. 149.
Bi.Asc. div. arg. p. 99. 103. Sol. Bron. div. p. 384. u. Cic. an vielen
andern Stellen der Verrinen, wo er über bie Beſtechlichkeit der fenatorifchen
Richter klagt, Rein, Privatr. S. 412. Diefe Unzufriedenheit mit den fenator.
Berichten veranlaßte den 2. Aurel. Eotta 683, in lex Aurelia dad Richteramt
zwiſchen ven Senatoren, Rittern und Werartribunen (einen befondern Stand
bildend, f. tribuni aerarii) zu theilen und aud jedem Stand eine befondere
Dekurie zu machen. Pi.Asc. in div. 3. p. 103. Qsc. in Corn. p. 67.78f.
in Pis. 39. p. 16. in Scaur. fin. p. 30. Mil. 85. p. 53 f. Schol. Bob. ad
Ciod. 7, 2. p. 339. Schol. Bob. p. Flacc. p. 229. Schol. &ron. p. 386.
<
358 j Judex
vgl. Eic. ad Att. I, 16. ad Qu. fr. II, 6. Phil. I, 8. Mehre Schriftfleller
erwähnen nur Senatoren und Ritter, die Nerartribunen übergehend, indem
fie diefelben als GBegenfag der Senatoren mit zu den Rittern zu rechnen
feinen. Lie. CXVII. Bel. II, 32. Blut. Pomp. 22. Madvig, de trib.
aerar. p. 13 ff. Geib, Geſch. d. Roͤm. Criminalproz. ©. 201. . En. Pom⸗
pejus beftätigte zmar das Aurel. Geſetz 699, jedoch mit der ariftofrat. Be⸗
ſtimmung, daß aus den genannten drei Ständen nur bie reichſten zu Richtern
ernannt werden follten. Auch wurde die Wahlprocedur verändert (ex cen-
turiis aliter quam antea), Asc. in Pis. 39. p. 16. Sal. de rep. ord. 11,
3. 7. 12. C. Jul. Cäfar ſchloß fogar die Aerartrib ganz aus und gab die
Gerichte wieder an die Senatoren und Ritter, Suet. Caes. 41. Dio Cafſ.
XLIN, 25., 7089». ©t.; doch E. Antonius erfegte die Trib. bald durd eine dritte
Nichterdefurte, melde aus Genturionen und Soldaten gebildet wurde, ohne
Rückficht auf Geburt und Vermögen, fo daß er diefe Dekurie, deren Veraächt⸗
lichkeit Cic. oft fehildert, ganz In feiner Gewalt hatte, 711. ic. Phil. 1,8. 10.
V, 5f. VIII, 9. XIII, 2. Diefe Neuerung wurde kurz darauf mit den andern
Befegen des Antonius wieder abgefchaflt. @ic. Phil. XIII, 3. ad div. XII, 14. Dio
Cafſ. XLVI, 36. Es iſt jedoch nicht mir Beflimmiheit zu fagen, ob man bie
Anordnung des Cäfar oder die des Aurelius reftituirte. Für das Letztere ſpricht,
daß Auguftus zu drei Dekurien eine vierte hinzufügte; doch wäre auch ebenfogut
anzunehmen, daß er vorher bie britte Dekurie reflituirt Habe, ehe er feine neue
fhuf, zumal da wir von den Aerartribunen, welche die dritte Aureliihe Defurie
gebildet hatten, feit Auguftus’ Binrichtung nichts wieder vernehmen. Auguflus
brachte die Zahl der Richter 6i8 auf 4000, fügte eine vierte Dekurie hinzu ex
infimo censu, welche nad ihrem Vermögen ducenarii genannt murben und
über die minderwichtigen Sachen zu entfheiden hatten. So waren bie iudices
selecti oder die im album aufgezeichneten iudices nun auch geſetzlich Privat»
richter geworben. Suet. Oct. 29. 32. Plin. H. N. XXXIII, 7. cf. Gell.
XIV, 2. Galigula fegte no eine fünfte Defurie hinzu, Suet. Cal. 16. Plin.
XXX, 8., und Galba verweigerte es, als die Gründung einer fechsten
Dekurie gewünfht wurde, Suet. Galb. 14. Plin. XXXIII, 7. — Dieier
Name decuria bezog ſich, feitvem lex Aurelia verſchiedene Stände zum Richter⸗
amt berufen hatte, auf die verfchiedenen, nah Ständen gemadten Abthei-
lungen der Richter, 3. B. Cic. Phil. 1,8. V, 16. XIII, 2. Suet. Oct. 29. 32.
Cal. 16. Claud. 15. Plin. XXXIII, 1. 30—33. Orell. inscr n. 73. 95.
2180. 3155 ff. 3877. 3899. Jeder Stand hatte ſonach feine befondere de-
curia. — Allein wenn der Ausdrud decuria vor der lex Aurelia vorfommt,
als nur ein Stand das Nichteramr führte (Eic. Verr. 1,61. 11,32. p. Clu.
37.), fo bezeichnet decuria eine Abtbeilung ded Senats (denn nur bei den
fenator. Gerichten wurde damals biefer Ausdruck gebraudt), deren mehre
waren (f. Senatus) und welde nah einander in gewiſſer Reihenfolge zu
richten hatten; ſ. Schol. Gronov. p. 392. Pi.Ascon. p. 131. Or. Diele
Senatdeintheilung war aljo auf die Gerichte angewandt und decuria senat.
if f. v. a. decuria iud. Fälſchlich verficht Geib S. 214 f. unter decuria
senat. in diejer Zeit die Abtheilungen der ſenatoriſchen Richter, melde jähr⸗
Ii für jede einzelne Quäſtio ausgewählt werden mußten, fo daß fo viel
decuriae gewefen wären, ald quaestiones. — Indem Auguflus au die Givil-
ſachen den iud. selecti übertragen hatte, war bad Richteramt feine ehren⸗
oder einflußreihe Stelle mehr, ſondern galı als Laſt und Beſchwerde, Suet.
Oct. 32. 1. 13. 6. 2. 3. D. de vacat. (50, 4.) 1. 18. 6. 14. D. de mun.
(50, 4.). Do gab ed Ercenfationsgründe, ſich dem Richteramt zu entziehen,
4. B. eine Anzahl von Kindern, Suet. Claud. 15., das Amt eines Nhetor,
&rammaticus u. f. mw. (nicht erſt feit Anton. Pius), Plin. ep. X, 66. 1.6.
$. 8. D. de excus. (27, 1.), Hohes Alter, f. Bd. 111.©. 326. Au war
. ⸗
Iulex 8861
hatten, wo recaperatores gegeben wurben, j. d. Art. Auch gab es viel
zu wenig rihterlihe Magiftratus, als daß fle fih mit der Entſcheidung der
iinzelnen Prozeſſe hätten. abgeben Fönnen. Die geſetzliche Anordnung ver
indicis datio finder ſich ſchon In dem Legisaktionenprozeß, nämlich lex Pinarla
geftattete, bei legis actio sacramenti um Beſtellung eines Richters zu bitten.
Dai. IV, 195. Die legis actio per iudicis postulationem empfing fogar von
tiefer Gigenthümlichfeit ihren - Namen und bie XII Tafeln. ſprachen wiederholt _
ton der Ernennung der Spezialrihter. Feſt. v. vindiciae p. 376. Müll. Cic.
de leg. I, 21. Seit diefer Zeit wurde das Inflitut der iudieis datio immer
sügemeiner, und mit Abſchaffung des Legisaktionenprozeſſes wurde es durch
ler Albutia zum regelmäßigen Verfahren (ausgenommen bei dem Gentum«
viralprozeß) erhoben. Dieſelbe Einrihtung befland in den Muntcipien (tab.
Beracl. 44 f. lex Gall. 19 ff) und Provinzen, Cic. Verr. IT, 13. 29. IH,
11.58 ff. Keineswegs fland den Magiftratus die Wahl frei, ſelbſt zu ent»
(Keiden oder iudices zu ernennen, fondern er war bazu gezwungen, fo lang
ver ordo iudiciorum privatorum beftand ; deshalb fehlt es nicht an Erwäh⸗
nungen ber iudicis datio auch noch aus den erften Jahrhunderten der Kaiſer⸗
wit, 3. B. 1. 15 D. de re iud. (42, 1.), Hefiter, Syſtem d. Eivilprozeß-
rechts Bonn 1843. S. 43. Allein gleichzeitig entwidelte ih flatt deſſen
ein neues Berfahren, bei welchem der Magiftrat ſelbſt unterſuchte und ent⸗
ſchied (extra ordinem gen.), und dieſes wurde feit dem dritten Jahrhundert
n. Ghr. das regelmäßige und einzige, f. Bd. 1. S. 489. u. iudicia. Die
Richter der Äfteften Zeit waren ausschließlich Senatoren, wie e8 bei dem ſena⸗
toriſchen Stand der Magiſtrate und dem herrfchenden ariftofratifchen Princip
nad gar nit anders feyn konnte. Dion. II, 9. VI, 43. Polyb. VI, 17.
f. Senatus. Zuerſt wurde dieſes Princip durch die in gewiſſen Fällen eins
tretenbe Rothmendigkelt, fach» und kunſtverſtändige Richter zu haben, er⸗
ſchüttert, ſodann mögen allmälig auch die von den Partheien ſelbſt vorge»
ſchlagenen Richter aus einem beliebigen Stand genommen worden ſeyn. Au
führte Die geringe Zahl der Senatoren, melde ohnehin fehr in Anſpruch
genommen waren und die Griminafgerichte zu beforgen hatten, nothwendiger⸗
weife auf Die Wahl von Nichtern aus den andern Ständen. Als ein’album .
indieam für die Griminalgerichte eingeführt worden war, mögen wohl au
die Civilrichter zuweilen aus demfelben genommen morden ſeyn, allein eine
Regel war es gewiß nicht, und erft Auguflus verorbnete, alle Richter, alfo
auch die Civilrichter, aus dem album zu nehmen, f. oben; was feit vieler
Zeit auch geblichen iſt bis zur Aufhebung des ordo iudic. privat. Daher
eilt alles das oben bei den Griminalricgtern von dem album @efagte au
son den Givilrichtern. — Die Beſtellung bes Richters (constituere, collo-
care iudicium, Gic. part. orat. 28.) durch den Magiftratus für jeben eins
relnen Fall konnte nit erfolgen, ohne daß fi die Partheien Über bie Berfon
des Richters vereinigt Hatten. Gic. p. Clu. 43. Entweder flug der Kläger
einen Richter vor (ferre, @ic. de or. II, 65.70. p. Rosc. C. 14 f.), welchen
der Delagte annehmen ober verwerfen konnte (Cic. de or. II, 70. Verr.
I, 60. ad Her. I, 12.), und er flug fo lange vor, bis ſich Beide verei⸗
-" ı feumere iudicem) und den Magiftratus um biefen Richter baten,
m befkätigt wurde (addicit praetor iudicem); ober, wenn
ige übereinkommen Tonnten, fo baten fle ven Magiftratus, Ihnen
en (durchs Loos oder gerabezu). Sie durften bie Vorge⸗
verwerfen, bis fie fi zufrienen erflärten. Plin. pan. 36.
1. 13. 41. 59. 60. Selten fam vor, baß der Kläger
HI Des Richters überließ. Quinct. V, 6. In der
nliger, daß der Magiſtratus bie Mia vorfälus,
]
02 Juden palaneus
als daß die Partheien beſtimmte Richter erbaten, 1. 47. 80. D. de iud.
(3, 1.). — Dem beſtellten Nichter fland es frei, andere Männer bei der Ents
ſcheidung zu Mathe zu ziehen (amici, assessores, consiliarii). ic. p. Quinct.
2. 10. p. Rosc. C. 8. p. Clu. 27. 30. Verr. oftmals. Gel. XII, 13.
XIV, 2. Suet. Tib. 33. Claud. 12. Dom. 8. fin. ep. I, 20. IV, 22.
V, 1. Die Thätigkeit des Richters befland in ber cognitio und sententia
(Unterfuhung und Entſcheidung), wobei er ſich ſtreng an die ihm gegebene
Suftruftion des Magiftratus halten mußte. Breier war die Thätigkeit des
arbiter (Bd. 1. ©. 670.), f. iudicia priv. Uebrigens wurbe der Richter
vereidet, gewiflenhaft handeln zu wollen, Sic. p. Quinct. 8. de off. IH, 10.
1. 14. pr. C. de iudio. (3, 1.). Handelte der Richter gewiffenlos und bes
günfligte die eine Parthei (litem suam facere) ungeredhter Weiſe, fo erlitt
er nach ven XII Tafeln Gapitalfirafe, Gell. XX, 1., was das prätorifche
Edikt bald dahin abgeändert zu haben ſcheint, daß er der durch fein Urtheil
benachtheiligten Parthei verantwortlig wurbe (mie durch eine obligatio quasi
ex malehicio). Der Beſchädigte hatte eine in factum actio unb der Richter
zahlte, quantum de ea re aequum religioni iudicantis visum fuerit, 1. 6.
D. de extr. cogn. (50, 13). Inst. IV, 5. pr. Dagegen muß verfelbe
nad 1. 15. $. 1. D. de iud. (5, 1.) die ganze aestimatio litis zahlen, was
nur von der gröbflen Verlegung ber Nichterpflicht zu verſtehen ift (mit dolus),
während das erfle auch den umfaßt, welcher imprudentia handelte. Literat.
der Eivilrihter: I. Hop, de iudicibus a praetore et provinc. rectoribus
ad causas privatas diiudicand. dari sol. 1729. und in Delrichs, thes nov.
I, 2. p. 507-560. Simmern, Röm. Civilprozeß S. 2335. 8. G. v.
<igerfiröm, de iudicibus apud Rom. Berol. 1826., Walter, Nöm. Rechts⸗
geſch. S. 715. 722. Hein, Nöm. Privatr. S. 410 ff. — Iudex fommt
mehrmals vor in dem Sinn ald Kampfrichter und Dirigent der Spiele (den
Jeq ie „Agonotheten u. f. w. analog), f. Suet. Claud. 11. Ner.
‚12. 23,
Judex pedaneus ——s Als nach Aufhören des ordo
iudiciorum privatorum die Magiſtrate und Statthalter das Recht der eigenen
Entſcheidung erhielten (während ſie früher Privatjudices mit Entſcheidung
und Unterſuchung der Civilſachen hatten beauftragen müſſen), ſtand es ihnen
wegen Ueberhäufung wit Geſchäften oder wenn bie Sachen unbedeutend waren,
immer noch frei, Einzelnes an Hülfsrichter zu delegiren, und ſolche belegirte
Miäter, welde an die Stelle der iudices dati getreten waren, 5. num in
der Gonftantinifgen Gmb Iuftinianifhen Gerichtsverfaſſung iudices pedanei.
Sie unterſchieden fih wefentlih von den alten iud. dati, indem fie ohne In⸗
ſtruktion des Magiſtratus zu unterſuchen und zu entſcheiden hatten (nachdem
Gonftantin die formulae abgeſchafft Hatte, 1. 1. C. de form. 2,58.). Außer⸗
bem waren fle wahre Gchülfen des Magiftratus und werben deshalb den
Afiefforen verglichen,. Nov. 60. c. 2. pr. ©. darüber Dioclet. und Iulian.
1.2.5. C. de pedan. iud. (3, 3.). — Beflrittener iR die Bedeutung bes Wortes
ind. pedan. in der Zelt ber großen Juriflen, als ber ordo iud. privatorum
noch nicht abgeſchafft worden war. Paul. nennt biefen Namen rec. sent.
V, 28, 1. u. Ulp. 1. 4. D. tutor. (26, 5.). 1. 1. $. 6. D. postul. (3, 1.).
1. 3. $. 1. D. ne quis eam (2,7.). Frũuher war bie richtige Anſicht allge»
mein verbreitet, iud. pedan. bezeihne in jener Zeit nichts als iud. datus
ober iudex privatus. Dagegen ſprach zuerfi Rövarb. coniect. III, 10. unb
behauptete, daß auch gewifle magistratus minores, namentli in Municipien,
von ihren niedern Sigen (ba fie Fein tribunal gehabt hätten) ind. ped. ge-
nannt worden wären; doch wäre es au ber Name für Privairichter geweſen.
Diefe Anſicht ſprach Zimmern, Roͤm. Civilprez. ©. 30-54. no fchärfer
babin aus, baß iad. pad. nur Municipalbeamte von geringer Gompetenz,
[4
Jutheni: gungstkanke: 508
nicht aber bie Brieatrichter bezeichnet habe. Eublich verſchaffte Beihmann⸗
Hollweg in ſ. gründlichen und ſcharffinnigen Darſtellung (Handb. d. Civil⸗
prozeſſes 1, 1. ©. 185—152.) der alten Meinung wieder den Sieg, daß
ind. ped. mit iud. datus identiſch geweſen fet, namentlich auß 1. 4. D. tutor.,
und bewieß zugleih, daß die Dunicipalmagiftzate niemals fo genmnt, im
Gegentheil immer von den iud. ped. geſchieden worden fein, 3. B. 1. 8,
C. Th. de repar. appar. (11, 31.). — Der Name pedaneus fam in ber
Zeit auf, ald man die Statthalter iadices zu nennen angefangen hatte, um .
die Privatridter dadurch zu unterfcheiden und zugleich ihre niebere, nicht⸗
curulifche Wuͤrde zu bezeichnen (denn der Name pedaneus war wahrſcheinlich
ron den Senatoren entnommen, welche pedarii oder pedanei h., wenn fie
nur dad Recht Hatten, ver Meinung eined andern flumm beizutreten. Goll.
I, 18. Niebuhr, R. G. II. ©. 130.). Außer den cit. Schriften iſt noch
zu bemerten 5. G. v. Zigerfiröm, de iud. apud Rom. p. 162—182. [R.]
Judex quaestionts. Der Voiſteher jedes über ein Bergeben gegen
den Staat angeorbneten Gerichts (fowohl der commiſſariſch übertragenen als
ver ſtehenden Quäſtionen) 5. von biefem feinem Amt quassitor, Batrel.LV,
81., f. quaestor und quassitor. So fonnte in ber Altern Zeit der Diktator,
Conſul, PBrätor und jeder Andere quaesitor genannt werben, wenn er eine
Unterſuchung zu leiten hatte. Als aber die flehenben Quäſtionen als regels
mäßige Griminalgerichte einen großen Theil der fräbern. commiſſariſchen Ge⸗
richte erfeßt hatten, fo gab es drei Arten von Duäfltosen, nämlich 1) Präs
toren, welche zuerſt allein mit Zeitung ber quaest. beauftragt waren, 2) andere
Perſonen, welche, ohne Magiſttate zu ſeyn, den genannter Gerichten präfls
dirten und indices quaestionum b., 3) die Borficher außerorbentlier Ger
richte, welche eine vorübergehende Wirkſamkeit hatten. Diefe fcheinen nicht
anders al6 quaesitores im engern Sinn genannt worden zu ſeyn (nit ind.
quaest.), ſ. quaesitor. Die quaesit. ber zweiten Claſſe, ind. qu. genamnt, gehören
jegt zu den ſchwierigſten und befrittenfien Barthien des Roͤm. Griminalpro«
zeſſes. GE erifliren drei Hauptanſichten über dieſes Amt: 1) behaupten Mehre,
ind. quaest. fel gewiffermaßen eine Magiſtratsperſon, keineswegs aber dem
präflvirenden Prätor glei, fondern ein untergeorpneter Gehülfe deſſelben,
welcher von jenem mit Beſorgung gewifler Geſchäfte (z. B. mit subsortitio
iudieum) beauftragt werben, uud in beiten Abweſenhelt deſſen Stellvertreter
ii. So fpregen im Samen übereinfimnend (im Ginzelnen mehrfach ab⸗
weichend) Sigen. de iud. I, 5. p. 546 ff. Grucchius de com. I, 2. Sie '
cama de iud. cenfamvir. ed. Zepernick p. 87. Noodt, de iurisdict. 1,5.
Xretell, ad Brisson. select. antig. II, 1. p 32f. in Briss. opp. min. Pe⸗
titeus in lex h. v. Heinecc. synt. p. 753. ed. Haub. Grnefli, clav. Cic.
b. v. Jnvernizzi, de publ. et crim. iud. Rom: 1787. p. 99 fi. v. d. Hoop,
de iis qui antig. apud Rom. iudic. p. 630 ff. ®arateni ad Cic. p. Clu. 38 f.
p. 492 f. Schweppe, Roͤm. Rechtsgeſch ©. 1062. Moßhirt im N. U. d.
6. XI. 6.380 ff. Goͤuling, Nöm. Stastsnerfafl. 6.490. Dfenbrüggen,
Ginleit. zu Cic. p. Rosc. Am. p. 81 f. (vorher in Zeitſchr. f. Alt. Wiſ.
1836. Nr. 125.). Brigfehe in Sohn Jahrbb. f. Phil. We. 38. ©. 265.
2) Anbere nehmen dagegen an, daß iud. quaest. nit ein abhängiger Ge»
hülfe des Brätors, fondern ein felbfländiger Vorſteher des Gesichts, alſo ein
Aushülfsmagifttat gemefen fei, indem «8 mehr Duäflionen gegeben babe,
ıls Bräteren, fo daß die iud. quaest. gleichwie die Prätoren von dem Volke
rmählt feien und mit biefen dann um bie quaestiones geloodt hätten, deren
janze Leitang ihnen, obgelegen habe. Mit der durch Täſar und Auguſtus
sermehrten Bräterenzabl wäre die Wahl der iud. qu. nicht mehr nöthig ge»
refen und daher abgelommen. Diefe ſcharfſinnige Änſicht ſtellte zuerſt Madvig
uf, de- Ascon. Pod. p. 121 ff., welchem Diele: felgien: Zumpt nd: Gie,
88% Bude e
Verr. I, 61. p. 384 f. Zachariä, Sulla II. ©. 157. Motz zu Gic. eben
II, ©. 738 f. (früher abweichend I, S. 629 f.). Walter, Röm. R.Geſch.
©. 861 f. Geib, Beh. dv. Röm. Eriminalproz. S. 186—194. Endlich
3) giebt es eine bie beiden Anſichten vermittelnde Erklärung, nach welcher
der iud. quaest. ſowohl untergeorbneter Gehälfe des Prätor, als ſelbſtän⸗
diger Dirigent eimes @erichtehofs ſeyn konnte. Berrat. ep. I, 4. p. 16 ff.
meinte, e8 gebe zmelerlei iud. quaest., die einen vom Bolt erwählten feien
gang an-bie Stelle des Oberrichterd getreten, bie andern, von den Prätoren
gewählt, feten nur zur Unterſtützung bed Prätor dageweſen. Beaufort fagte
d. röm. Republik IV. ©. 201 ff.), der iud. quaest. babe zumwellen einem
erichte vorgeflanden, zuweilen ſei er dem Prätor untergeorbnet geweien und
“babe bie minder wichtigen Geſchäfte beforgt, doch babe nicht jeder Brätor
einen iud. quaest. unter ſich gehabt. Wie aber der iud. quaest. bald Die
eine, bald die andere Rolle fpielen konnte, jagt weder er, noch Ruperti,
Handb. d. Roͤm Alterth. -H. ©. 262. 654., welcher zweimal von bem iud.
quasst. jpriht und ihm jedesmal ein anderes Reſſort zutheilt, ohne eine
innere Verbindung und die Möglichkeit überhaupt nachzuweiſen. An der
zweiten Stelle beruft er fih auf einen Sat Quinctilians, welcher gar nit
exiſtirt, fondern von Sigonius erfunden worben iſt. Heineccius, Schmeppe
und Ruperti haben denſelben nachgefchrieben, ohne im Quinct. aufzuſuchen.
©. Geib S. 191. Aehnlich ſpricht fi jezt Mommfen in N. Ien. Lit.Zelt.
1843. Nr. 65. aus, wo er zwar auf ber einen Seite bie von Mabvig zuerft
behanptete felbfiftännige Steflung des iud. quaest. anerkennt, aber auf der
andern Seite ben Kern der alten Meinung für richtig Hält und beide com⸗
binirt. Er meint, iud. quaest. als princeps ober Vormann ber iudices
habe in dem Fall, daß der Magiftrat nicht eintreten Eonnte, durch Delegirung
defien Imperium erhalten, ſonſt babe er eine abhängige Stellung eingenommen.
Später fei man dahin gefommen, fährlih aus dem Senat mehre aedilicii
N iud. quaest. zu beflgniren, von denen In jedem Gonfllium, dem fein
rätor vorſtand, einer babe ſeyn müflen. Leider iſt diefe Anſicht nur kurz
und vorläuflg angebentet worden, fo daß man fle leicht mißverfiehen und
dem Urheber Unrecht thun kann. Betrachten wir bie Meinung als hiſtoriſche
Entwicklung, wie aus dem Erſten der Richter zuerſt Stellvertreter des Prätor
und fpäter Aushülfspräfident (ſtatt eines mangelnden Prätor) werben konnte,
fo if die Möglichkeit, daß es fo Mich entwickeln Eonnte, nicht in Abrede zu
fielen, aber freilich fehlt e8 ganz an Beweiſen für das frühere Vorhanden⸗
ſeyn eines iud. quaest. als princeps iudicum und für deſſen untergeorbnete
Stelung. Nur zwei Stellen giebt e8, welde dafür zu ſprechen ſcheinen,
nämlih 1) Gic. Verr. I, 61. u. Bf.Asc. p. 201., wo außer tem den Prozeß
gegen Verres leitenden Prätor Glabrio ein iud. quaest. genannt wird, Du.
Curtius, melden Pf. Asc. für den untergeoroneten Behülfen bes genannten
Prätor Hält, und wenn dieſes zu erweifen wäre, Tönnten wir an einer ber»
artigen Stellung des iud. qu. nicht zweifeln... Allein fon die Ledart bes
Vatic. palimps.: quaestionis suae, ebenfo die Worte suum consilium be⸗
weiſen, daß DO. Curtius in einem ganz andern Gericht iud. quaest. war
und zu dem Verriniſchen Prozeß nicht gehörte. Der Scholiaſt aber war im
Jerthum, ja er giebt feine Erklärung nit einmal ſelbſt für richtig an®.
(Mommfen Eann diefe Stelle au aus einem andern Grund nit als für
ſich ſprechend anerkennen, da er fagt, bei quaestio repetund. fomme fein
iud. quaest. vor.) Go bleibt nur noch die Stelle Schol. Bob. p. 323. Or.
zu Cic. in Vat. 14. übrig. Hier fleht, Batinius Hätte bei dem Prozeß de
vi, als ver Prätor C. Memmius die Qudäfitoren bätte erloofen wollen,
beren Rejektlon in Anfpruch genommen. Wären bie genannten Quäfltoren
wirklich iud. quaest. und hätten bie Bariheien wirklich das Recht gehabt,
Jadex qansstionis 308
dieſelben zu verwerfen, fo wäre es .ein ſchlagender Beweis für Mommſens
Behauptung. Allein Mommien zeigt ſelbſt (de colleg. et sodal. p. 71.),
daß die Ungabe des Scholiaften wenigſtens in einer Beziehung ganz irrthüm⸗
lich ſei und daß Eic. von einer Anklage des Vatinius nad lex Licinia und
Jania, nicht aber de vi fprede. So mie der Schollaflt in dieſem PBunfıe
übel berichtet war, ebenfogut Tonnte er auch in feinem ganzen Saße irren
und das Loofen und Berwerfen der Ouäfltoren mit bem Loofen und Ders
werfen ber Richter verwechieln. Aber auch angenommen, daß Memmius
wirklich Quäfitoren ausloodte, fo waren dieſe keineswegs mit eigentlichen
iad. quaest. identiſch, denn nach lex Licinia Junia gab es feine ordentliche
quaestio und die ganze Anklage überhaupt mar eine ungewöhnliche und
außerordentlihe. Memmius war daher nicht etwa Oberpräflpent piejer quaestio,
welcher iudices quaest. als feine Stellvertreter geloost und inſtruirt Hätte,
iondern Demmius mußte ald Prätor dieſes außerordentliche Gericht nur confli-
tulren(ebenſo wie das Volk tie Dudfltoren Hätte ernennen Tönnen, oder ber
Senat — je nachdem es das Geſetz befahl), und hatte er dieſes getban, Io
war feine Ihätigkeit vollendet und der von ihm beftellte quaesitor fland in
feinem weiteren Berbältniß zu dem Anordner. Somit ift fein Beifpiel vor«
banden, aus welchem unzweifelhaft hervorginge, daß bei einer quaeslio
Prätor und iud. quaest. neben einander exikiıten (denn der in dem Prozeß
des Gluentius als ind. qu. vorkommende DO. Voconius und der als Prätor
genannte D. Nafo bilden nur eine Perfon: O. Voconius Nafo, Eic. p. Clu.
33 f.), fondern fie erfäheinen, mo auch nur iud. quaest. erwähnt werben,
als unbebingte Präfidenten des Gerichts, ohne vorfigenden und beaufſichti⸗
genden Präter. Diefes ift der Ball bei M. Fannius, welcher ala Praetor
de sicar. richtet, nachdem er ſchon frühe als iud. quaest. biefelbe Brande
birigirt hatte (cum huic idem quaestioni iudex praeesses, Cic. p. Rosc.
Am. 4.). Auch O. Voconius Naſo erfheint ald Dirigent, ic. p. Clu.53 f.,
ebenio C. Junius de venef. in dem Prozeß des Oppianicus, Cic. p. Clu.
20. 27. 33. 29. (qui illi quaestioni praefuerat), beögleihen &. Iul. Caͤſar
de sic, Suet. Caes. i1., C. Viſellius Varro, Eic. Brut. 76. coll. 1,3,1.,
in lex Cornelia werden die iud. quaest. den Prätoren gleichgeftelt, fo daß
fie mit diefen zufammen um die Quäſtionen loofen, mas nicht geichehen
fonnte, wenn fie nicht Präflventen waren. Außeidem werben iud. quaest.
no& genannt @ic. in Vat. 14. und auf mehren Infchriften, z. B. Orelli
969. 592. 3826 f., woraus ſich jedoch nichts ergiebt. — Daß aber vie
in Milo's VBrozefien richtenden Quäfitoren iud. quaest. genannt worden
wären, wie Mommſen ſagt, ift nicht zu erhärten, ebenfomenig als, daß in
biefen Prozeſſen mebre iud. quaest. in einer quaestio Yorfänten — denn
io oft Milo angeklagt wurde, mar ed immer eine andere quaestio. Darin
bat aber Mommfen Net, daß in den Griminalgejegen ver einzelnen Ver⸗
bredden gewiß angegeben war, ob nur ein Prätor (mie es bei crim. repet.
der Gall geweien zu feyn ſcheint) oder ebenfogut ein iud. quaest. (wie in
lex Corn. de sic ) richten dürfe. — Wenn fi ſonach aus den vorhandenen
Quellen nur die Präfiviafbefugniß der iud. quaest. ergiebt, fo darf man fie
beahalb doch keineswegs den Prätoren gleich ftellen oder ganz für Magiſtrate
balsen (mie Sigon, Schulting iurisprud. anteiust. p. 728., Gafaub. ad
Suet. Caes. 11., Petiteus, Heinece., Schweppe u. A. gethan haben). Denn
dagegen ſpricht, daß der iud. qu. bei jedem Prozeß befonderd beeidigt murde,
Gic. p. Clu. 33 ., und daß er mährend feines Amtsjahrs angeklagt werden
fonnte, Gie. p. Clu. 33.; beides fand bei dem Prätor nicht ſtatt, Geib S. 187 fi.
liebrigens wurden die iud. quaest. nicht vom Volke ermählt, fondern wahr»
iheinlih aus dem album iudicum genommen (worüber in den einzelnen Ge⸗
N
968 Judielea
auf dem Markte vornahmen (außnahmöwelfe vie Logiſten, wenn über Be-
hörden gerichtet werben follte, welche nad Ablauf ihres Amtes zur Rechen⸗
haft gezogen wurden, Phot. s. v. sudvra. Belfer Anecd. p. 245, 5),
ging allem Anſchein nad auf folgende Welfe vor fih. In dem gemöhnlichen
Falle, wo ein oder mehrere Gerichtähöfe mit einer ganzen Abtheilung von
500 Beichmorenen zu befegen war, wurden zwei Gefäße aufgeftellt, eins mit
fo viel Looſen, ald an dem Tage Gerichtshöfe in Ihätigkeit kommen follten,
mit den Buchflaben derſelben bezeichnet, das andere mit den zehn Looſen ber
Richterabtheilungen. Aus beiden ward gleichzeitig ein Loos gezogen, und
die Nichterabtheilung , deren Roos berausfam, jaß in dem Gerichtéhofe, deffen
2008 gleichzeitig herausgefommen mar. War jebo ein Gerichtohof mit
mehreren Abiheilungen zu befegen, was in gewifſen Kälen vorkam (die größte
Zahl volle 6000 in einem Proceß wegen Gefegwibrigfeit bei Anbot. d. myst.
6. 17., 2000 bei Hochverrath Lyſ. g. Agorat. F. 35., 1500 bei Beſtechung
Din. 9. Demoſth. F. 106., vgl. Schömann im Nit. Proc ©. 139.), fo
wurde dad Roos eined Gerihtähofes in fo vielen- @remplaren,, als erforver-
ih war, in das eine Gefäß gelegt, fo daß diefer mit mehreren Nichterab-
theilungen berausfommen mußte. Im umgelehrten Kalle, wenn ein Gerichtéhof
mit einer unvollzähligen Abtheilung (mie bei der Phafis mit 200 — dad
Minimum, wie e8 nach Dem. g. Mid. p. 589. 6. 223. ſcheint — oder 400,
Bol. VII, 48.) ober mit einer Anzahl Geſchworener befegt werben follte,
welde nit in der Summe zweier oder mehrerer Abtheilungen aufging
(3. B. 700 bei Iſokr. g Kallim. 6. 54.), muß die Modalltät eine andere
geweſen fein; es ift viefelbe jedoch eben fo menig befannt, wie bie bei ven
Proceſſen wegen militärifcher Bergebungen und in Myfterienfachen, non denen
bei jenen nur folche, welche bei dem Heere, dem ber Beklagte ungehörte,
gedient hatten, bei diefen nur @ingemeihte als Richter fungiren konnten.
Nah vollzogener Looſung erhielten vie Nichter als Zeichen ihrer Amtsthätig«
keit Stäbe mit der Nummer und der Barbe des Gerichtéehofes, dem fle zu⸗
geheilt waren, und dann beim Bintritt in den @erichtähof eine Marke,
ovußoAor, gegen deren Nüdgabe ihnen nach Beendigung der Sigung ihr
Sold von den Kolakfreten ausgezahlt wurde. S. d. Art. öunaornog dos. “
Ob endlih, mie Einige mit Schömann d. sort. p. 4. u. At. Pror. &. 135.
annehmen, die Richter vor dem Bintritt in den Gerichtähof jebeamal aufs
Neue einen Eid zu leiften Hatten, ift ungewiß; mindeſtens war berjelbe nad
dem erflen, zumal wenn man bvenfriben nicht vor, fondern nach ber Erloe⸗
fung anfegt, übearflüjflg. — Was aber die Zahl der Gerichtehöfe betrifft,
welche der Schol. zu Arift. Plut. 277. der Zahl der Nichterabtheilungen -
entiprechend auf zehn angibt (ihm folgt Fritzſche d. sort. iud. p. 74 ff ), io
unterliegt diefelbe mehrfachen Zweifeln‘ und muß vielmehr unbeſtimmt gelaffen
werden. Gleich das ift ungemiß, in welchem Verhältniſſe die Heliaftiihen
Nichter zu dem Areopag und den Ephetenhöfen ſtanden; menigftens willen
wir nur, daß im Ballapion zu Iſokrates Zeit (g. Kallim. 6.54.) Hella:
ſtiſche Richter zu Gericht faßen, und vom Delphinion wird daflelbe nad
den der Rede des Lyſias über die Ermordung des Bratofihenes zu Brunde
liegenden Berbäftniffen blos vermurhet. Der bedeutendſte ver hellaftifchen
Gerichtehöfe war die Hiıaia (Harpocr. 5. v. muoa 70 Er avın akaleo-
Im, tour soriv adpoileoder, Bell. Anecd. p 310, 32., vgl. Tittmann
griech. Staatöverf. ©. 215 f.); Hier murben die widhtigften öffentliden Sachen
entfhieden (Sarpoer. Etym. M. p. 427, 37. Beff. Anecd. p. 262, 10.),
baher vermuthlih inebefondere die Thesmotheten Hier ihren Sig batten. Im
2ıösior warb bie Sinn airov unter dem Borfige des Archon entſchieden,
Dem. g. Neär. p. 1362. $. 52.; nah Ariſt. Vesp. 1109. mußten jedoch
auch andere Behörden daſelbſt den Vorfig geführt haben. To ent Avnm,
+‘
Judicia 869
blos von Pol. VII, 121. genannt, von Schömann d. sort. p. 41 f. mit
dem Lykeion in Verbindung gebracht, mo nah Heſych. s. v. ’Enıunor,
Suid. s. v. apyar u Bekt. Anecd. p. 449, 21. der Polemarch feine Sigungen
bit. IIapaßvoror, Sig der Bilfmänner, in einem abgelegenen Theile
ver Stadt, Pauf. I, 28, 8. Harv. Suid. s. v. Bekk. Anecd. p. 292,24.
Toiywvorv, nad feiner Geſtalt benannt, Vauf. u. Pol. a. D. Harp. s. v.
Bft. Anecd‘ p. 307, 12. u. 309,25. To Myriyov oder Mnrıoyov
xaAAs07 (xadıor na Bergk rell. com. Att. p. 18., Kaileıor mit Phot.
lex. p. 126. Schömann Ant. iur. publ. gr. p. 269., welder ed von dem
Hofe ro Mpriyov trennt), die Kapelle des Metiochus, angeblich eines Archi⸗
trften oder Demagogen aus ber Zeit des Perikles, BoQ. VIE, 121. Heſych.
Myziyov raueros. Bel. Anecd. p. 309,17. To Kaıro», Ariſt Vesp. 120.
Bol. a.O. To M&Eoor und zo Meilo» nur von Bollur a.D. genannt
und eben fo wenig näher zu beſtimmen als die nach ihrer Farhe benannten
döfe zo Barpayıovy und ro Doırınıoüy bei Pauſ. I, 28,8. Auf
einem Irrthum aber beruhen der Aoönzzog. ald Gerichtshof bei Pollux und
bad Onotior im Etym. M. p. 451, 40. Die dixaornpın mpög Toig Teıyloıg
bei Ariſt. Vesp. 1109. und die auf der Straße ver Hermoglyphen bei Vlut.
de gen. Socr. 10. mögen unter den angeführten mit inbegriffen fein; bie
Mehrzahl aber lag am Markte, Ruf. d. bon. Arist. $. 59. — Von der
inneren Einridtung der Gerichtähdfe ift wenig bekannt. Die Richter faßen -
auf hölzernen Bänfen, Arift. Vesp. 90. Bol. IV, 121. Für die Parteien
waren Bühnen, Bnuere, errichtet, auf melden fie faßen und flehend reveten,
Dem g. Olymp. p. 1176. $. 31. Aeſch. g. Kieſ. $. 207. Ulpian. zu Dem.
d. fals. leg. p. 225 Die Gerihhtöftätte war mit Schranfen, öpvpanzoı,
umgeben und durch eine Gitterthür, xıynäis, gefchloffen, Ariſt. Vesp. 830.
775. nebſt d. Schol. Dem. g. Ariftog. I. p. 776. $. 23. und bie Leriko⸗
grarben. Bei Verhandlungen über Myfterien wurde noch außerdem in einer
Entfernung von 50 Fuß ein Seil als Schranke. um den Gerichtähof gezogen,
Bol. vi, 123. Sonft waren die Sigungen öffentlich und in der Megel
‚von Zuhörern fleißig befuddt, Dem. d. cor. p. 293. 6. 196. Aeſch. g. Ktef.
$. 56. u. 207. d. fals. leg. $. 5. Blut. Demosth. 5. — Gericht gehalten
wurde meder an Zefltagen, noch an folgen, an denen das Volk fih ver«
ſammelte. Gerichisſtillſtände traten blos in Kriegszeiten ein, in der Negel
nur für Brivarproceffe (Dem. g. Steph. I. p. 1102. $.4.). Die von Hudt«
walder Diätet. S. 30. im Monat Skirophorion angenommenen Gerichts⸗
ferien aber find durch nichts erwiefen. Die Iheömotheren machten übrigen
den Tag bed Gerichts (7 xvoim) jedesmal einige Tage vorher mittelft Ans
ſchlags befannt (mpoyoayova, Boll. VII, 87.). Für mande Proceffe war
dieſer Tag geſetzlich beſtimmt (Dem. g. Phän. p. 1042. $. 13.), ſpaäteſtens
der ZOſte Tag von dem Einreihen der Klage am gerechnet, indbeſondere für
die dixas Sunopixai, Epırıxui, nerallınai und bie din moomog, welde
davon den Namen zuumsos Sinaı führen (Dem. d. Halon. p. 79. $. 12.
g. Apatur. p. 900. 6.23. Poll. VII, 63. 101. Harp. Suld. 8. v. &uunror.
Bekk. Anecd. p. 238, 1. vgl. Platner Proc. I. S. 289 ff.); bei andern,
3. ®. bei der yoapn VBoew; (Dem. g. Mid. p. 529. $. 47.), warb wohl,
befonders in vermwidelten und ſchwierigen $ällen, ver Termin nicht immer
eingehalten. Ueberhaupt aber Eonnte bei jedem Proceß der bereits angefehte
Berigtötag nöthigenfals durch das Rechtömittel des Friſtgeſuchs, Umwo-
oda, weiter hinausgeſchoben werben. Sole Gefuche wurden von ber bes
binderten Partei entweder ſchrifilich vor dem Gerichtötage, oder an biefem
ſelbſt durch Bevollmächtigte unter Angabe der Gründe und Ablegung eines
Eides angebracht, wogegen es dem Gegner freiſtand, eine Eröumaunaie eine
Pauly, Resi-Encclop. IV.
970 | Judicia
zulegen ‚ worin er die Gültigkeit der vorgebrachten Entſchuldigungsgründe
eſtritt; beide Parteien ſuchten dann bie Richtigkeit ihrer Behauptungen zu
beweifen, worauf die Michter zu Gunſten der einen ober ber anderen ent»
ſchieden. ©. d. Lexikogr. s. v. Unmuooie, vgl. Hudtwalcker Diätet. S. 90 ff.,
Schoͤmann im At. Proc. S. 693 ff. Ward das Geſuch abgemorfen, fo
erfolgte, wenn ber Kläger ausblieb, Losſprechung des Beklagten, wenn ber
Beklagte, deſſen Verurtheilung in contumaciam (sonun dixn, apnunmv OpAsir
Antiph. d. caed. Herod. $. 13. Dem. g. Zenoth. p. 889, 26., Außeir
Lyſ. g. Polyſtr. F. 18. Dem. g. Mid. p. 540. $. 81. vgl. Bell. Anecd.
p. 245, 14. und im Allg. Heffter Gerichtsverf. S. 356 ff.). Ward Hin-
gegen dad Geſuch angenommen, fo blieb ber Proceß bis auf Weiteres liegen,
und es war Sache des Klägers, auf AUnberaumung eines neuen Termins bei
der Behörbe anzutragen, Dem. g. Iheofr. p. 1336. $. 43. Indeß Eonnten
bei Privatprocefien au jetzt no, ja felbft am Gerichtstag, wenn ſchon bie
Richter fich verfammelten (Iſäus Dicacog. 6. 31. Dem. g. Phorm. p. 912.
$. 18.), oder gar wenn ſchon die Stimmen abgegeben, und nur noch nicht
gezählt waren (Iſäus a. O. $.18.), vie Parteien durch einen gütlichen Ver⸗
glei ihre Streitigkeiten beilegen. Bei öffentlichen Proceſſen hingegen war
Died nicht geftattet, das Zallenlafien ver Klage (un eneburaı any dinv),
obwohl oft verſucht und flilfegweigend geduldet, zog eine Strafe von 1000
Drachmen nah ſich (Dem. g. Mid. p. 529. 6. 47. g. Theokr. p. 1323.
.6. ef. d. fals. leg. $. 93. g. Kteſ. $. 52. vgl. Hudtwalcker Diäter.
. 159 ff. Schömann im Att. Proc. ©. 700 ff.). — Die gerichtlichen Ver⸗
—* ſelbſt begannen, nachdem die vorfigende Behörde und bie Ge⸗
chworenen fi verfammelt (und zwar bed Morgens, Arift. Vesp. 689.),
mit einer Citation ver Parteien (Ars, xuwAeiv eis To Öınaoznoıor, f. die
Stellen bei Shömann At. Proc. S. 706.). Nah hierauf erfolgter Ver⸗
Iefung der Klage und Gegenſchrift durch den Schreiber (vgl. Ariſt. Vesp.
894 ff.) wurden die Parteien zum Sprechen aufgefordert (Aoyor dıdoren,
Dem. g. Timokr. p. 721. $. 69.). Perfönlide Gegenwart war für biefe
unerläßlich; es gab zu Athen nah Quinct. IT, 15,30. ein Geſet, quo non
licebat pro altero agere, und davon ward wohl nur ausnahmömelje in
Kranfheitsfällen (Blut. vit. dec. orr. p. 838. A. Gornel. Nep. Milt. 7.)
oder aus andern nahe liegenden Rückſichten (Dem. g. Leoch. p. 1081. 6.4.)
abgegangen. Sehr natürlih aber war es, daß die Proceffirenden, melde
oft genug nicht im Stande geweſen fein werben, einen dem Zwecke ent-
ſprechenden Vortrag abzufaflen oder aus dem Stegreif zu Kalten, fi an
ſachkundige Leute wandten und von biefen fi eine Rede auffegen ließen,
welde fie dann auswendig lernten und vor Bericht herfagten. Bei der großen
Prozeßſucht der Athener bildete ſich daraus ein eigenes ziemlich einträgliches
Gewerbe hervor, das der Aoyoypayoı (Aoyoypayıa, Demades fragm. $. 8.),
weldes, fo gehäßig es auch Aeſch. g. Tim. F. 94. u. g. Kteſ. 6.173. dar⸗
zuftellen ſucht, doch ſeit Antiphon von den geachtetſten Rednern betrichen
wurde. Doch wählte man fich eben jo oft, wenn man feiner Sache nicht
gewiß war, aus der Mitte feiner Freunde Veiflände (ovrnyopoı, avrönoı),
welde man, nachdem man felbft einige Worte zu den Nichtern geiprocden,
mit deren Bewilligung zur Yinterflügung aufrief. Der Vortrag, welchen
biefe hielten, war zuweilen nur ein kurzer amidoyog (Beifpiele bei Luflas or.
27.28.29.), öfter aber wohl die Hauptiede, wie 3. B. die des Demoſthenes
vom Kranze. Vgl. Shömann Utt. Proc. S.707 ff. Waren mehrere Kläger
vorhanden, fo ſprach ber ältefte zuerſt (Aeſch. d. fals. leg. $. 25. Arg. zu
Dem. g. Lept. 8 454., ß Androt. p. 592., g. Ariſtog. I. p. 769.), jebed»
mal aber alle Sprecher einer Partei hinter einander, erſt vie der Elagenten,
bann bie ber angegriffenen, und zwar nicht bloß in öffentlichen Proceſſen,
Judieta _ A
wie der Sol. Aug. zu Dem. g. Anbrot. p. 131. fagt, nach welchem
in Brivatproceffen zuerft der eine Kläger, der andere aber erſt nad der
Gegenrede des Beklagten geſprochen Hätte. Die Rede des zweiten Sprechers
hieß SevrspoAoyia (Ürg. zu Dem. g. Lept. p. 454.). Verſchieden davon
nd Die voraooı Aoyoı (im Gegenfaß zu mooreoo:, Dem. g. Aphob. II.
p. 836. $. 1., g. Makart. p. 1052. 6. 9., g. Olymp. p. 1181. $. 51.),
worunter diejenigen Reden zu verftehen find, die, in welden FAllen iſt un⸗
beſtimmt, nachdem Kläger und Bellagter geredet, von beiden Parteien noch⸗
mals zur Widerlegung und Vertheidigung geſprochen wurden. Vgl. Schömann
At. Proc. S. 711. Die Zelt zum Reden warb den Parteien durch die
Mepfyora zugemeffen (ſ. dieſen Art.). Im Uebrigen war ber Redner unver⸗
letlich, fo lange er ſprach; nur aufgefordert durfte der Gegner dazwiſchen
seven (Andoc. d. myst. 6. 55. Dem. d. cor. p. 274. $. 139., g. Eubul.
p. 1318. 6. 61. Aeſch. d. fals. leg. $. 59.), wogegen der Spreder got
an diefen Fragen richten burfte (Kyſ. or. 22. 6.5. Säus Hagn. $.4. Dem.
g. Steph. IM. p. 1131. $. 10.). Doch Eonnten die Richter ihm in's Wort
falen, wenn er unziemlihe und nit zur Sache gehörige Dinge vorbrachte
(io zov npayneros Asyaır, Ruf. g. Sim. $. 46. Lyfurg. g. Leofr. . 11f.
Dem. d. cor. p. 236. $. 34. Aeſch. g. Ktef. 6. 205f.). Sehr gemöhnlig
endli$ war es, wenn auch nach Xenoph. Mem. IV, 4, 4. ungefehlih, daß
der Beklagte ſich aufs Bitten legte, und, um das Mitleid der Richter rege
zu maden, jammernde Weiber und Kinder und andere Fürbitter (naganirzor,
Dem. d. fals. leg. p. 341. 6. 1.) Herbeirief; f. die Stellen bei Meier de
bon. damn. p. 226. — Nachdem die Parteien gefproden, erfolgte bie Ab⸗
flimmmmg ver Richter, welche bei einem ayor ariuntos (f. unter dixn) eine
einfache, hingegen bei einem zıumzos im Ball der Berurtheilung eine doppelte
iwar, von benen die erfte blos die Straffälligkelt im Allgemeinen conftatirte,
die andere aber das Strafmaß felbft beſtimmte. Die Richter bedienten fi
zum Abſtimmen theild der Mufeln, zoipıraı, theils weißer und ſchwarzer
Bohnen, zuvor, theils metalfener Kugeln, orordvioı, theils endlich weißer
und ſchwarzer Steinen, wigpor. Hierüber fo wie über die Modalität der
Abſtimmung f. unter xudıonog und wrgpos. Die Strafe ſelbſt war fletd nur
eine einfache, nadeiv 7 anorioe, doch konnte In befonderen Fällen noch eine
Schärfung derfelben beantragt werden. S. unter Supplicia und roooTiunog.
Das Weitere über die Verurtheilung und die Strafen unter Condemnatio
und den dort genannten Artikeln. Für die Vollziehung bed Urtheils endlich
forgte in Sachen, welche den Staat betrafen, die vorfigende Behörbe, melde
fh deshalb, falls der Tpruch auf Tod oder Befängniß Tautete, mit den Cilf⸗
männern in Bernehmen ſetzte (f. oı Erdena), oder fonfl das Nöthige verfügte.
In Privatſachen Hatte der obflegende Theil felbft für Vollziehung des Urtheils
zu forgen. Ueber das rechtliche Verfahren, welches im Kal der Widerſetz⸗
lichkeit von Seiten des Veruriheilten entfland, f. unter &fovAng diem, über
vie Nechtömittel gegen das Urtheil unter Appellatio. [West]
1. Bei den Römern. Judicia arbitraria, bonae fidei unb
strieti iuris find Givifprogefle, fo genannt nah Anwendung ber ver⸗
ſchiedenen Bormelflagen, |. Bd. I. S. 55 f. — Judicia domestica,
d. 5. die unter dem Präflvium des Hausvaterd gehaltenen Haus⸗ und Fa⸗
miliengerichte, ſ. bel patria potestas. — Judicia extraordinaria fin
theils Civil» theils Criminalprozeffe, welche davon den Namen haben, daß
fie von dem eigentlichen ordo iudiciorum publ. (früher Volksgerichte, dann
Duäftionenprogeß) und privat. (Bormularprozeß) abweichen, alfo nit eher
fo genannt werben Eonnten, als bis ein ordo iud. eingeführt worden war.
In der Kaiferzeit kam es fo weit, daß alle iudicia extraord. wurden, f. iudi-
cia priv. und publica, fo wie cognitio extraord., DB. II. ©, 489. und
378 ‚JIuadicle
.quaestio exfraordinarie. —— Judicia legitima und imporio conti-
nentia find zwei Arten von Givilprozeffen, deren Unterſchied aus alter Zeit
herſtammt. Die iud. legit. können nur unter Römiſchen Bürgern, vor
einem iudex und innerhalb der Nömifchen Bannmeile geführt werben, find
alio die älteſten und urſprünglich einzigen; f. die Erwähnung bei Gie. part.
orat. 12. p. Rosc. C. 5. Ulp. XI, 27. 24. Vat. fragm. $. 47. vgl. Bic.
p. Flacc. 21. Die iud. imp. cont. beruhen nicht auf den alten Roͤmiſchen
Geſetzen, fondern find ein Ausfluß des imperium des rihtenden Magiftratus
und wurden für folde eingeführt, welche der iudic. legit. unfähig waren,
alfo für Fremde (3. B. die recuperator. Gerichte), und dann für Nömer,
welche ſich außerhalb Noms aufhielten, wo bie firengen civilrechtlichen Formen
nicht angewendet werben Eonnten. Mit dem Herrichenden Kormularverfahren
machten bie Römer von den iud. imp. cont. au in Rom Gebrauch, und
das prätorifhe Edikt vermehrte deren Zahl fehr. Ein wichtiger Unterſchied
diefer Prozeffe befland darin, daß die iud. imp. cont. beendigt ſeyn mußten,
wenn das imperium des Magiftratus zu Ende war, welcher das iudicium
beftelt Hatte, während die Dauer der iud. legitima urſprünglich unbeihränft
war, bis fie Auguſtus auf eine Zeit von 18 Monaten befchränfte, Gai. IV,
103—109. Juſtinian beflimmte für alle Prozeffe in erſter Inftanz eine
Dreijägrige Frift, 1. 13. C. de iudic. (3, 1.). ©. Zimmern, söm. Cioil⸗
prozeß, Heidelberg 1829. ©. 89 ff. Mein, Nöm. Privatredt S. 406. und
die daſelbſt citirten Schrifin. — Judicia populi. In den rom. Volko⸗
gerihten find drei Perioden zu ſcheiden: 1) die Gerichte der Curiatcomi⸗
tien, beihränft auf Provokationsfälle von dem Urfprung ber Stadt bis auf
Servius Tulius; 2) die Gerichte der Centuriatcomitien, über alle Ga-
pitalvergeben richtend, von Servius Tulius bis zum Geſetz bes 2. Junius
Brutus und Sp. Jeilius; 3) die Zeit der zwiſchen den Genturiat- und
den Tributcomitien getheilten Gerichtsbarkeit, von der genannten lex
Junia Icilia bis zum Untergang bed Freiſtaats. Erſte Beriode Das
Oberrichteramt hatte der König, f. rex, allein von jeher befchränft durch bie
Provofationsbefugniß bed populus (melder damals nur aus den Geſchlechtern
der Patricier befland, denn bie nad Nom gezogenen Neubürger hatten vor
Serv. Tulius feinen Anıheil am Staat, f. Bd. II. ©. 530. 392.), wie
@ic. de rep. II, 31. fagt: provocationem autem etiam a regibus fuisse.
Zwar behaupten Mehre (Heyne, de iud. publ. in opusc. IV. p. 54. v. d.
Hoop, de iis, qui antiquitus de crim. ap. Rom. cognov. in Meermann
thes. VIII. p. 612. v. Walree, de antiqua iur. puniendi condit. apud
Rom. p. 27f. Rubino, Unterfud. I. ©. 431. 472.), die Provokation fei
erſt von Tulius Hoftilius eingeführt worden, allein von dieſem Friegerifchen
König iſt eine fo wichtige Raatsrehtlihe Neuerung nicht zu erwarten. Dazu
fommt au, daß Tull. Hoſtilius bei dem befannten Prozeß des Horatius, bei
weldem zum erftenmal Brovofation vorfam, als clemens legis interpres, nit
aber als lator legis bezeichnet wird. Liv. 1,26. Das Nähere f. bei provocatio.
Zweite Periode. ine neue Aera beginnt mit Servius Tullius, dem
großen Schöpfer der in den Genturiatcomitien vereinigten, aus Patric. und
Plebejern oder Neubürgern beſtehenden römifchen Volksgemeinde (ſ. Bo. I.
©. 262 f. 535.). Indem er den Centuriatcomitien ald wahrer und nunmehr
einziger Nationalverfammlung die Ausübung der höchſten, biöher ven Gu-
riateomitien zuſtehenden Nechte verlich, mußte er ihnen confequenter Weife
auch dad Oberrichteramt übertragen, und zwar a) fowohl die höchſte Ent-
ſcheidung in Provofationsfällen, als b) die Gerichtöbarkeit über alle Kapital»
verbrechen (namentlich perduellio); f. Bd. II. S. 536. Das GErfte ift nicht
unders möglih, denn die Fleine Zahl der Geſchlechter konnte nicht über Pro-
dokatlonen bed weit zahlreicheren Plebejerſtandes entſcheiden; dad Zweite
Judieln 878
dagegen iſt nicht fo beſtimmt, benn ebenfo gut konnte auch bie fogleidh nad
ber Könige Vertreibung gegebene lex Valeria die Genturiatcomitien. zu Capi-
talrichtern maden. In Grmanglung der Hiftorifhen Zeugniffe iſt alſo nicht
genau zu beflimmen, ob bie obere Gerichtsbarkeit (in Nichtpronofationdfällen)
den Genturien von Serv. Tull. gegeben und dann durch lex Valeria erneuert
oder erft durch lex Valeria verliehen worden if. Daß aber dieſe Uebertra-
gung ber Gerichte auf die Genturien nicht erſt fpäter erfolgte, ift ſchon Dh. II.
S. 536. bemerkt worden und ergibt ſich unbezmweifelt aus Cic. p. Sest. 30.:
et sacralis legibus et XII tabulis saneitum, ut — neve de capite nisi
com. cent. rogari celt. Auch iſt Sp. Caſſius vor den XII Tafeln von
den Genturien (nit von den Gurien, wie von Niebuhr R. ©. 1. ©. 187.
bis 198., Göttling, R. Staatsverf. S. 276., Walter, R. Geſch. S. 82.,
Beter, Zeittaf. d. Röm. Geh. ©. 39., Burckhardt, d. Criminalgerichts⸗
barkeit in Nom, ©. 8. und in diefer Encyclop., Bo. II. ©. 190 f. ange
nommen wirb) verurtbeilt worden, denn ber als Richterbehörde genannte
populus bei 2iv. II, 41. und önuog bei Dion. VII, 77. Tann nur die Gen«
turien bezeichnen, indem ſeit Serv. Tull. populus fowohl die Patricier als
Piebejer umfaßt, ſ. populus. Vol. endlich noch Dion. VII, 59. VII, 6.
IX, 46. — Was die Gurten betrifft, fo Hatten diefe nah Servius Tullius
niemald weber vor noh nad den XH Tafeln die Gapitalgerichtöbarkeit,
auch nit einmal über Ihre Standeögenofien. Bin folches PBairgericht der
Gurien hatten Niebuhr, Böttling, Hermes XXVI. ©. 102 ff. u. Röm. Verf.
©. 217., Walter, Nöm. R.Geſch. mehrm. u. A. angenommen (au Bp. II.
©. 532 f. iſt dieſe Anſicht nicht entfchieden genug in Abrede geſtellt); allein
das verträgt ſich weder mit dem ganzen Berhältniß ber Gurien nah Gerv.
Tullius (denn wie wäre es möglich, daß die Gurien, welde durch Servius
Tull. ganz geſchwächt und ihrer Macht entkleidet worden waren, fpäter bie
Capitalgerichts befugniß erhalten haben follten, die fle nicht einmal vorher in
den Zeiten ihres Blanzes gehabt hatten, da fle bier nur in Provofationd«
fällen richteten; wie wäre e8 möglich, daß ein heil des Volks über alle
Bürger den Gerihtäbann ausgeübt Haben follte? u. f. w.), noch läßt es fi
aus den Quellen nachweifen, denn Sp. Caſſius ift, mie fon erwähnt, von
ben Genturien veruribeilt worden, 3. Manlius Gapitolinus aber von den
Tributcomitien (die Nichterbehörde wird, concilium populi von Liv. VI, 19 f.
genannt und als plebs bezeichnet, auch war die Verſammlung in dem Pötes
liniſchen Hain gehalten, und kann deshalb nichts als die Tributcomitien be⸗
deuten)... Wenn aber das Exil des Königs Tarquinius und feiner Familie
von ben Gurien ausgeſprochen worben if, fo war das Fein eigentlicder Prozeß,
fondern eine dur die Mevolution der Ariftofratie bedingte, ſchnell zu er⸗
greifende Maßregel und wird dadurch die Griminalcompetenz der Gurien nicht
erbärtet. Die nähere Begründung dieſer Anſichten findet fi bei Rein quaest.
Tull. cum excursu de comit. Rom. iudiciis, Isenac. 1841. und Nein de
indic. pop. Rom. provocatione non interposita habitis, ebenvaf. 1841. Im
Weſentlichen Amen damit überein Gelb, Geh. d. Röm. Griminalproz.
©. 34. und Hädermann, de legislatione decemvirali, Gryphiae 1843. Als
Beispiel eines Capitalprozefied vor den Genturien aus jener Zeit wird erwähnt
die Berurtheilung der zur Zurüdführung des Königs Tarquinius Verſchworenen
500 v. Chr. Dion. V, 53—57. — Dritte Beriode. Bine neue Periode
beginnt mit dem Plebischt des 2. Junius Brutus und Sp. Icilius 494 ©.
Ehr., Dion. VIE, 17., durch welche die kurz vorher gegebene lex sacrata
(Dion. VI, 89.) welter audgedehnt wurde, nämlich dahin, daß biejenigen,
welche die Volkstribunen verlegen oder beeinträchtigen würden, nicht blos
als sacri ungeflraft getöbtet werben (fo in lex sacrata), fondern von ben
Trihutcomitien zu jeder Strafe, fogar zur Todesſtrafe, verurteilt werben
X Falleia
Bonnten. Dieſes Befe war der Urfprung ber Gerichtsbarkeit der Tribut-
Gomitien, welche alfo nur das Interefie der Plebejergemeinde begriff, während
die Genturiatcomitien vermöge ihres Charakters eine weit allgemeinere Ge⸗
richtsbarkeit behielten, ſ. Bd. Il. S. 550. Zwar waren die Tribunen mit
der den Tributcomitien bemilligten richterlichen Thätigkeit nicht zufrieden und
dehnten das Richteramt diefer Gomitien auf Alle aus, melde ip irgendwie
an der Hoheit ver Gemeinde mittelbar ober unmittelbar vergingen, ja fie
mögen folde Auspehnungen au mehrmals geſetzlich Haben beftätigen Iaffen,
3. B. Dion. IX, 44. 46. X, 32. 35. 42. ic. p. Sest. 30. 2yb. de mag.
1, 44. p. 155. ed. Bekk., allein capital konnten fie doch niemals richten,
außer in dem oben angegebenen Fall der Verlegung der lex sacrata; und
wenn: außerdem einigemal Gapitalftrafen vorkommen, fo geſchah dieſes theils,
wenn fi Angeklagte ver Gondemnation dur Flucht entzogen Hatten, fo
daß die demzufolge auferlegte aquae et ignis interd. weniger ald Strafe,
denn als eine Maßregel anzufeben ift, dem ausgewanderten Verbrecher bie
Müdkehr unmöglih zu machen, theild, wenn fle unter außerorbentlichen Um⸗
fländen vom Senat beauftragt worden waren, ein Gapitalgeridgt zu halten.
Wir unterfcheiden demnach vier Arten von Tributgerichten: 1) Capitalgerichte
gegen Berleger ber lex sacrata, mit Leben!» und Erilftrafe, 3. B. gegen
App. Claudius Sabinus 468 v. Ehr., welcher fih aus Kurt vor der Ent»
ſcheidung entleibte, Xiv. IT, 61. Dion. X, 54. Son. II, p. 26 ff. Niebuhr
Nöm. Geſch. II. S. 257 ff., gegen Cäſo Quinctius, welder ſich heimlich
entfernte, Liv. II, 14—13. 31. Dion. X, 5—8.13. Niebuhr Ti. ©. 325 ff.,
C. Bulturius hingerichtet, Blut. C. Gracch. 3. 2) Gerichte mit Capital⸗
firafe gegen Abweſende (weil fle ſich entfernt Hatten), 3. B. über En. Mar⸗
cius Coriolanus 491 v. Ehr., welcher überhaupt der Erſte war, welcher
vor den Tribus angeklagt wurde, Xiv. II, 3Af. Nah Dion. VII, 21—69.
wäre er anmwefend mit dem Eril beflraft worden, was auch nicht unmöglich
war, da er, als Verräther der Plebs und ihrer Magiftrate auch anmefend
mit Sapitalftrafe belegt werben Fonnte. Metelus Numtvicus, Liv. LXIX. u. U.
3) Außerordentliche Capttafgerichte im Auftrag des Senats, z. B. über M.
Manlius Eapitolinus, indem der Senat fürchten mußte, daß berfelbe von
den Gentnrien freigefprodden merben würde, f. oben. 4) Bei weiten zahl⸗
reiher aber find die Beifyiele von Tributprozeſſen bei verſchiedenen Ver⸗
breden, ſowohl Teihten als ſchweren, wo die Angeklagten mit Geldſtrafe
Helegt wurden. Zuerſt war, mie oben bemerkt, die Gompetenz der Tribut⸗
gerichte auf Verletzung der lex sacrata beſchränkt geweſen, allein vie Tribunen
hatten dieſe Gerichtobarkeit nah und nach auf jede Verletzung der Gemeinde
audgedehnt, ja fle hatten Perbuellionshandlungen vor ihr Forum gezogen,
narärlih nicht unter dem Namen ver perduellio, fondern ala politiſche Ver⸗
gehen, in denen indirekt eine Verlegung der Gemeinde Tag, wenn fle au
‚ eigentli gegen den Staat in feiner Geſammtheit gerichtet waren. An Veran⸗
laffungen bei folgen Vergehen, die Jurisdiktion der Genturiatcomitien zu
umgehen und die Tributcomitien vorzuziehen, fehlte es nicht. Theils Eonnten
bie anflagenden Tribunen überzeugt feyn, eine von ihnen gewünſchte Eon»
demnation leichter durch die Tribus (ſowohl der Zufammenfegung wegen als
der geringeren Umftände halber, mit denen Triburcomitien angeftellt werben
Tonnten) zu bemirfen, als dur die Benturien, theils waren aber aud bie
Vergehen von der Urt, daß eine Gapitalftrafe — und die Eenturlatcomitien
konnten feine andere auflegen — zu hart gemefen wäre. Deshalb zogen die
Tribunen immer mehr Verbrechen vor das Forum ber Tribus und zwar:
1). foldye, welche eigentlih unter die Kategorie ver Perduellion gehörten,
aber aus den eben erwähnten Gründen nicht als perduellio bezeichnet wurden.
Sole Anklagen waren vie des T. Menenius Agrippa 476 v. Ehr., Liv. IE,
N
Andirie 875
32. 54. 61. Dion. IX, 27., der Cofſſ. T. Nomilius und C. Veturius, Liv.
III. 31. Dion. X, 47—49. 52., der Milltärtribunen M. Poftumius und
T. Quinctius, iv. IV, 40. 41., des Conſ. C. Semproniug Atratinus, iv.
IV, 40. 42. Dal. Mar. IU, 2, 8. VE, 5, 2., der Milttärtrib. M. Sergius
und 2. Birginius, Liv. V, 8. 9. 11. 12., und vieler Andern, zulegt des
M. Junius Silanus 109 v.Chr., Asc. in Cic. Corn. p. 68. 80. Or. Gic.
div. 20. Verr. II, 47. 2) peculatuüs, 3. B. M. Furius Camillus 394
v. Ghr., ſ. Bo. IU. ©. 5595, M. Livius Salinator 219 v. Chr., Aurel.
Bict. wir. IN. 50., P. und 8. Gornelius Scipio, f. Bd. II. S. 669 f. und
Fein, Röm. Eriminalreht S. 680—688. 3) crimen repetundarum,
j. B. Pleminius, Liv. XXIX, 16—22., C. Lucretius, Liv. XLIII, 7. 8.
4) Bernadläßigung der sacra, 3. BV. M. Aemil. Scaurus 104 v. Ehr.,
Asc. p. Scaur. p.21.Or. 5) Zauberei, Plin. H. N. XVII, 6. 6) Ins
seftud, Plut. qu. Rom. 6. cf. 105., Unzucht, 2iv. VIII, 22. X, 31.
XXV, 2. 7) Sandelawucher (dardanariatus), Liv. XXXVIII, 35. Plaut.
Capt. IM, 1, 32 ff. und Binswuder, Liv. VII, 28. X, 23. XXXV, 7.41.
Plin. H. N. XXXIII, 6. App. b. c. I, 54. u. a. — Die Eenturiat
Gomitien wurden durch biefes Umfihgreifen der Tribus auf bie reinen
Gapitalfälle beſchraͤnkt und kommen nur felten in den Schriftftellern als Richter»
behörde vor, 3. B. über P. Glaub. Pulcher 249 v. Ehr., welder, weil das
Centuriatgericht durch ein Ungemitter aufgelöst worben war, dann doch vor
die Tribus Fam, Schol. Ambrof. Cic. Clod. p. 337. Orell. Baler. Mar.
vi, 1, &., über En. Zulvius, Liv. XXVI, 8., über die Genforen C. Klaus
dius und T. Sempronius Gracchus 169 v. Chr., Liv. XLIII, 16. Baler.
Mar. VI, 5, 3., &. Popilius Länas 107 v. Chr., Eic. de leg. III, 16.
de rep. I, 3. ad Her. I, 15. IV, 24., ©. Rabirius 63 v. Chr., f. ic.
Rede. — Obmohl die Volkögerichte in den erften Jahrhunderten des Frei»
ſtaats fehr zweckmäßig waren, indem dad Volk vermöge feiner richterlichen
und legislativen Befugnig auch über ſolche Verbrechen entſcheiden konnte,
melde in keiner lex verpönt waren, fo wurden doch allmälig immer mehr
bie von den Volkägerichten nicht zu trennenden Nachtheile bemerkbar, nämlich
1) die Umfländlichfeit und Schwerfäligfeit des Prozeßgangs erlaubte nicht,
baß Bergeben, welde nit von hoher Wichtigkeit waren, vor dem Bolf zur
Anklage kamen; 2) der Einfluß von Männern, deren Wort bei dem Volle
viel galt, und die fleten Parthei- und Ständeftreitigfeiten führte nicht ſelten
partheiiſche Entſcheidungen herbei, f. Köftlin, vom Mord und Todiſchlag 1.
©. 62 ff. Diefe Mängel gaben Beranlaffung, daß bisweilen flatt des Volks
- fpeziele Commiſſare mit dem Michteramt beauftragt wurben, und dieſe Weiſe
wurde immer häufiger, bis fle endlich burd die Bildung flehender Gommif-
fonen zum regelmäßigen Verfahren erhoben wurde, f. quaeslio. — Dab
Berfahren in den Gomitialgerihten. Den Anfang machte der An»
Häger (welcher allemal ein Magiftratus feyn mußte, nämlich Cofſ. oder VPrä⸗
toren bei den Genturiatanflagen, Tribunen, Aedilen und Quäſtoren (f. alle
biefe Artt.) bei den Tributcomitien, und wenn biefe in Cent. Com. anflagen
wollten, fo mußten fle vie magistratus maiores bitten, @omitien zu biefem
Behuf zu halten, Bd. II. S. 5339.) mit diei dietio (von diem dicere), d. 6.
bie Erklaͤrung des Anklägers, als folder gegen eine beflimmte Perſon an
einem gewifien Tag (davon der Name) auftreten zu wollen, Liv. II, 35. 61.
1, 11. 24. 31. 56. 58. IV, 21. 44. V, 11. 32. VI, 1. 9. 20. VII, 4.
X, 23. XXVI, 2. XXXVIII, 50. 52. 56. XLIII, 8. 16. Cic. p. Mil. 14.
Bal. Mar. VI, 1,7. Plin. H. N. XVIN, 6. — €ic. p. dom. 17. tam
moderata iudicia populi sunt a maioribus constituta, ut — ne nisi pro-
dicta die quis aceusetur (d. h. nicht f. v. a. dieta die, fondern daß Nies
mand an dem erflen Tag eigentlich angeklagt werbe, ſondern nad mehrmaliger
876 | Jadicia
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diei dictio, denn diem prodicere h. Friſt geben, 3. ®. Liv. IH, 57. 58.
VI, 20., was in den folgenden Worten näher erklärt wirb: ut ter ante
magistratus accuset intermissa die, quam multam irroget aut iudicet (db. 5.
richten Taffe, wie Liv. XXVI, 3.), quarta sit accusatio trinumdinum pro-
dicta die, qua die iudicium sit futurum. Es h. alſo: der Magiftrat muß
feine Anklage an drei Nundinen wiederholen, bis bei der vierten Labung Die
eigentlide Unterfuhung und Entſcheidung des Volke erfolgte. Zwar hat ein
f&arffinniger Kenner des Röm. Criminalrechts (N. Ien. Lit.Zeit. 1844.
Nr. 63.) behauptet, die Worte ter accuset bezögen ſich nit auf eine an
drei Nundinen vorzubringende Furze diei dictio, fondern auf eine geſetzlich
nothmwendige breimalige Bertagung des bereits begonnenen Prozefled, bis
nach dem dritten Termin eine längere Friſt von drei Nundinen eintrat, und
fodann das Urtheil im vierten Termin erfolgt fei. Nah dieſer Annahme
müßte jeder Prozeß viermal geführt werben und Fein Angeklagter Fönnte zum
erfienmal condemnirt werden, welches Geſetz ebenfomenig politiſch geweſen
wäre (3. B. bei Hochverräthern), als bequem und audführbar, denn mie oft
mochte die offenfundige Schuld fogleich in dem erſten Verhör fi ergeben.
Wozu hätten denn noch drei weitere Termine dienen follen? Gin foldyes
Verfahren hätte die Prozeſſe zu fehr hinausgedehnt und ihnen eine unnüge,
oft fogar ſchädliche Dauer gegeben. Auch hätten vie Angeklagten, wenn bie
mebrmalige prodictio geſetzlich nothwendig geweſen wäre, nicht noͤrhig ge»
Habt, durch künſtliche Mittel eine Unterbredung des Gerichts und Zrifter-
ſtreckung zu bewirken, 3. B. Liv. XXXVIII, 51 f. Die Analogie ber Com⸗
perendination iſt aber nicht anzuführen, denn die Gomperendination bei den
quaest. perp. wurde gefeglich erſt fpät eingeführt und zwar immer nur ein
zweiter Termin. Haͤtten bei den Volksgerichten von jeher vier Termine ſtatt⸗
gefunden, fo würde die comp. auch ſogleich bei den quaest. perp. einge»
führt und nit auf einen zmeiten Termin beichränft worben feyn. Dazu
fommt, daß in der Gefchichte der Volksprozeſſe Vertagungen felten und immer
ald Ausnahme erwähnt werden und zwar theils in ſolchen wichtigen und bes
frlttenen Sachen, wo biefelben ganz an ihrer Stelle waren, theild nur,
nachdem die wirkliche Anklage, welde zum Urtheil führt, begonnen hatte,
3.2. io. III, 57. 58. vgl. noch iv. II, 61. XXXVIII, 51. 5%. Weiter
tft Hier nicht auf diefe Brage einzugehen, fondern nur noch zu bemerfen, daß
auf die an drei Nundinen zu wiederholende Anklage Dion. VII, 58 f. Plut.
Cor. 18. u. App. b. c. I, 74. gut paßt. Zu der dreimaligen öffentlichen
diei dictio gehört die anquisitio (Bo. I. S. H11.), bei welcher der ohnehin
chrirte Angeklagte au wohl um das Wort bitten und fih vorläufig ver-
theidigen durfte, um das Volk für fi zu flimmen oder um den Ankläger
zur Zurüdnahme der Anklage zu veranlafien. Der Angeklagte mußte auf
Verlangen des Anklägers Sicherheit geben, ſich vor dem Gericht flellen zu
wollen (f. praes und vades), fa er mußte ſich fogar Verhaftung gefallen
laffen, f. Bd. II. ©. 805. Der begonnene Prozeß konnte aber unterbroden
und nad Befinden aufgehoben werden a) durch freimilige Entfernung bes
Angeflagten (f. Bd. I. S. 653. IH. S. 364 ), b) durch Intercefflon eines
Volkstribunen (f. tribunus plebis), c) dur Rücktritt des Anklägers (ſ. ter-
giversatio). Wurde der Prozeß aber nicht gehemmt, fo pflegen ber Änge⸗
klagte und beffen Angehörige durch Anlegung von Trauer auf das Mirleiden
des Volks zu wirken (f. luctus). An dem eigentligen Geriietag wurde
das Volk zufammengerufen und der Angeklagte vorgeladen. Stellte er fid
nit, fo wurde, wem er ind Eril gegangen war, ohne Weiteres aquae et
ignis interdictio über ihn ausgeiproden; mußte man nit, ob er ins Erü
gegangen war, fo wurde über den Antrag des Anklägers abgeflimmt oder
ein neuer Termin beflimmt, 3. B. Liv. XXV, 4; ließ er feine Abweſenheit
Juadiela private 377
durch Gründe entfulbigen (3. ®. dur Kranfheit, Staatsamt oder Abwe⸗
ſenheit in Staatsangelegenheiten), fo wurde, wenn bie Entſchuldigung ala
gegründet gelten konnte, ein neuer Termin anberaumt, Liv. XXXVII, 32.
Gridien der Ungellagte, fo begann der präflpicende Magiftratus, welcher
ven Anflageantrag (rogatio) flellte, damit zuerſt, worauf der Angeflagte fi
vertbeibigte und zwar meiflen® ſelbſt, felten durch patroni, Dion. X, 8. Liv.
il, 88. VIII, 33 XXXVIII, 58 f., f. patronus; zuweilen Tieß er Freunde
al3 laudatores auftreten, welde ihn der Bunft des Volks empfablen und
ine Berdienfle aufzähften, Liv. II, 35. III. 12. VI, 20. Darauf ging es zum
Bemweißverfahren über, wo man von denfelben Beweisakten Gebrauch machte
wie bei den andern Griminalprozeffen, f. iud. publica, quaestio, testis und
tormenta. Nach vollendeten Reden und Bemeifen wurde das Boll über Ans
nahme oder Verwerfung des Klagantrags zur Abflimmung gerufen, wie e8
sei den andern Bomitiatverhandlungen zu geſchehen pflegte, nämlich urfprüngs
ih muͤndlich, nad den neuen Geſetzen mit Täfelden, Bd. HU. ©. 342 f.,
ſ. leges tabellariae. Darauf wurde daß Reſultat befannt gemacht und wenn
Gondemmation erfolgte, jo wurde die Exelution zur gehörigen Zeit und durch
die beflimmten Perfonen vorgenommen, f. res iudicata und poena. Die
Strafe, fo weit diefelbe dazu geeignet war, fonnte vom Volk durch eine in
integrum restitutio wieder aufgehoben werden, was in einer befonderen lex
geſchah, ſ. restitutio. — Literatur f. bei iudicia publica und die beiden
oben cit. Programme von Mein, de iud. pop. Rom. — Judicia pri-
vata. Der Staat hat die Eivilgerichte eingeführt, um einen Ieden in feinem
Recht zu ſchützen und dad Unrecht aufzuheben. Da aber die Rechte der Ein
zelnen von Andern auch beftritten werben können, fo muß im Givilprozeß
eine Unterfugung der Rechte (b. i. der Streit der Partheien vor dem Michter)
ber Anerkennung und Feſtſetzung derfelben (Urtheil, sententia) vorausgehen,
worauf enbli die Vollfiredung ober Erekution folgt, um das Unrecht auch
wirfiih aufzuheben. Alles dieſes geichieht wermittelft der vom Staat ans
georbneten Magifirate oder Michter im m. S. Darum bat das Römifche
Aktionenreht oder Prozeßrecht zu Handeln I. von der Richterbehörde (Ges
rigtöverfaffung), womit wir ſogleich ber Teichteren Ueberfiht wegen das Über
die Berfonen der Bartheien zu Bemerkende verbinden, II. von dem Verfahren
ſelbſt. Beides iſt jevoch nach den verſchiedenen Zeiten des Roͤm. Staats fehr
veriieben, und zwar muß man brei Sauptperioden unterfchelden: 1) ver Le⸗
gleacılonennrogeß, charakteriftrt durch firenge Formen, deren Beobachtung
ngftlid gewahrt mwurbe, fo daß das geringfte Abweichen von der vorges
fhriebenen Formel den Verluſt ver Sade zur Folge hatte. Schon in vieler
Zeit bildete fh die Trennung der Magiſtrato⸗ und richterlichen Thätigkeit
aus, melde die Brundform des rom. Gerichteweſens ausmacht. Der Mas
giftratuß leitete das Verfahren nur ein, der von ihm beflellte iudex hatie
bie Unterfuchung und Entfheldung der Sache. Diefer Grundfag bildet die
Regel in der zweiten Periode, dem Sormularprozeß, fo genannt
von der dem Michter durch ven Magiftratus ertbeilten Infiruftion oder formula,
welche die Verhandlung vor dem Magiftratus (in iure) und vor dem Richter
(in iadicio) vermittelte und verband, f. Bd. III. ©. 508 f. Diefes Ver⸗
fahren ber iudicis datio h. ordo iudiciorum privatorum, welcher fi bis
in das dritte Jahrhundert n. Chr. erhielt, mo die dritte Periode, die
bes außerorbentligen Berfahrens, beginnt. Won nun an unter»
'uchte und entſchied der Magiſtratus ſelbſt, mas bisher nur ausnahmsweiſe
zeſchehen und deshalb cognitio extra ordinem genannt worben war. — Wir
betrachten nun I. die bei den Prozeffen vorkommenden Perfonen (ohne bie
drei Perioden zu unterfeiden), II. das Prozebverfahren, “. feinen drei
I.
378 Sudicie
Berioden. — I. Berfonen des Prozeffes. A. Richterperſonal.
Urfpränglig wurde die Jurisdiktion von dem König gehandhabt, den von
den Kofi. und Prätoren, in ven Provinzen von den Procofj. und Proprä⸗
toren (die Iurispiktion der nievern Magiftrate |. unter iurisdictio). Sie
bereiteten aber, wie ſchon bemerkt, gewöhnlich die Sache nur vor (wenn fie
nicht etwa vor ein ſtehendes Gericht gehörte, nämli der decemviri und
centumviri, f. d. XArtt.), indem fie die flreitigen Punkte feftftellten und ven
Richter inftruirten (mit formula). Die Nichter waren entweber der Einzel⸗
richter (iudex im e. ©., f. d. Art.) ober arbitri oder recuperatores, f. d.
Art. it dan Ende der Nepublif wurde der Kalfer oberfler Nichter, welcher
die Cofſ. und Prätoren zwar fortbeflehen ließ, aber mit untergeorbneter Wirk
ſamkeit, und dagegen die praefecti praetorio und praef. urbi fo wie deren
Stellvertreter (vicarii) zur legten Richterinſtanz machte, die mittlere Inſtanz
bildeten die Statthalter (rectores provinciae, procoss., consulares, iuridici,
correctores, praesides, f. provincia) und die unterfle bie fläptifchen Unter»
. gerite. Die flökalifhen Prozeffe entichied der rationalis, f. d. Art. B. Die
Partheien flelen Anträge an bie Richter (orare, perorare und postulare),
nämlih ſowohl der Kläger (actor oder petitor, f. d. Art.), als der Bes
Elagte (reus, f. d. Art.). Urſprünglich mußten Beide den Prozeß perfönlig
führen; aber im Formularprozeß mar Stellvertretung geflattet, |. actor, reus
und cognitor. Auch gab es in diefer zweiten Periode Perfonen, welde dic
Bartheien vor Gericht unterflügten, nämlih 1) advocati (Bd. J. S. 75 f.),
durch Rath und Unfehen helfend, 2) oratores ober patroni, bie als
Fürſprecher auftraten, Anträge ſtellten und vertheibigten. In der Kalferzeit
wurde der Name der advocati dem der patroni identiſch und das Gefchäft
des advocatus nah alter Weiſe kam ganz ab, f. patronus. — I. Das
Verfahren. A, Die Arten der Klage. Die fünf legis actiones
(uralte Formeln und ſymboliſche Handlungen) sacramento, per iudicis postu-
Jationem, per condictionem, per manus inieclionem und per pignoris ca-
pionem ſ. bei legis actio. Un dieſe flrengen Formen Ichnten ſich die neueren
formulae an, welde durch das prätorifhe Edikt ausgebildet und vermehrt
- wurden, f. Bd. I. ©. 508 f. Die Formeln waren verſchieden nad den
verfehiedenen Arten der Klagen oder Aktionen, über deren Eintheilung Bo. 1.
©. 64 ff. das Hauptſächlichſte bemerkt if. Ein Hauptgegenfag iſt zwiſchen
der in rem unb ber in personam actio; die erfle b. auch vindicatio, ſ. d.
Art., die perfönliden Klagen h. condictio im w. ©., f. Bd. 1. ©. 556 f.
B. Die einzelnen Alte des Verfahrens. I) Ueber Ort und Seit.
Der Det, wo der Prätor Bericht Hält h. ius, 1.11. D.de iust. et i. (1,1.),
ſowohl wenn er die eigentliche Jurisdiktion übte, als wenn er unbebeutenve
zur iurisdictio voluntaria (f. d. Art.) gehörende Verhandlungen Ieitete. Das
Erfle geſchah ſtets pro tribunali (mit der sella curulis des Prätor) auf dem
comitium (Theil des forum,.Bb. H. ©. 529.), ad Her. 11,13. Gell. XX, 1.
Dion. II, 29. 50. Tac. A. I, 75., indem bie Beifiger und Richter zugegen
waren, f. tribunal, sella curulis und subsellia; das Zmeite Eonnte auch de
plano (aufebener Erbe) oder in transitu vorgenommen werben, Suet. Tib. 33.
Sen. clem. 1, 5. Cic. ad div. III, 8. Vat. fragm. 161. 163. 165. ai.
1, 20. Das Verfahren war Öffentlid (und münbli), dod wurde der Zutritt
des Volks beihränkter, als die Gerichtsverhandlungen In Bafllifen und endlich
in verſchloſſene Säle (auditoria, tabularia) verlegt wurden. Plin. ep. II, 14.
v, 21. VI, 33. Tac. dial. 39. — Das Anbringen und Berhandeln der
Prozeffe Eonnte nur an diebus fastis geffehen oder an diebus comitialibus
(wenn nit etwa Gomitien gehalten wurben) und intercisis (bie nur halb
nefasti waren), Varro I. I. VI, 29. 30. 31. Macrob. Sat. I,16.; bie Ber»
Bandlungen in indicio Tonnten aber auf) fogar an diebus nefastis, nidt
3udicla privaia 879
aber an den Tagen ber Audi und Teriae gehalten werben. Cic. Verr. act.
1, 10. u. Pſ. Asc. p. 142. Or. Da diefe zweimal im Jahr gefeiert wurden
(im Frühjahr und im Herbft), fo war nur zweimal ®erichtözeit (actus rerum
gen.), nämlid im Sommer und Winter, Suet. Claud. 23. Auguſtus z0g
30 Tage der Spiele zu den Geriäten, gab aber dafür den November und
December frei, Suet. Oct. 32. Claudius legte die Gerichtszeit im Sommer
zuſammen, fo baß die Richter dad Ende und ben Anfang des Jahres frei
hatten, Suet. Claud. 23., Galba bob diefe Bakanz auf, Suet. Galb. 14.
M. Aurelius machte 230 dies iudiciarias (durch Addition der dies fasti und
comitiales) und nannte die andern d. feriati oder feriae, Gap. M. Aur. 10.
Die chriſtlichen Kaiſer machten die kirchlichen Feſte, die kaiſerlichen Geburts⸗
und Regierungsantrittstage u. a. zu Gerichtsferien, 1. 19. C. Th. de ferüs
(2,8.). Gerichtsſporteln kommen erft in ver fpäteften Zeit vor, f. sportulae.
In den Brovinzen waren bie Gerichte (conventus) zur Winterdzeit, ohne an
beffimmte Tage gebunden zu feyn, f. Bd. II. ©. 635. Die Tageszeit
der gerichtlihen Verhandlungen war von früh Kj8 Sonnenuntergang, ad Her.
11, 13. Gell. XVII, 2. Varro 1. I. VIE, 51. Was endlih die Zeitbe⸗
Rimmungen für die einzelnen Prozefie betrifft, fo Bingen bie Friſten und
Termine urfprüngli von der Uebereinfunft der Partheien ab; doch war bie
Zeit von 3 und von 30 Tagen ſehr gemöhnlig, Gel. XII, 13. Gic. p.
Flacc. 9. de bar. resp. 4. Gai. IV, 15. 18. II, 79. Die Dauer des
Prozefles hing davon ab, ob es ein iudicium legitimum war ober ein iud,,
quod imperio continetur, f. db. Urt. 2) Die einzelnen Alte bes
Legisactionsprozeffed. Der Kläger erlangt die Gegenwart des Bes
Hagten vor Gericht, indem er ihn vorher perſönlich ladet (in ius vocatio
gen., f. vocatio). Der Beklagte Ieiftet Folge, wenn er ſich nicht foglei
mit dem Kläger abfand oder einen vindex flellte, f. vindex. Sind nun beine
Partheien vor dem Prätor erfchienen, fo ſchreiten fle alsbald zur legis actio,
db. 5. fowohl die Partheien ala der Magiftratus ſprechen follenne Worte auß,
die mit ſymboliſchen Handlungen verfnüpft find, f. legis actio. Die gemöhn-
life mar bie legis actio sacramento, welde bei perfünlichen und dinglichen
Klagen verſchiedenes Verfahren zur Folge hatte. Bel ver erften rief ber
Kläger den Beflagten zur Eingehung des sacram., worauf der Magiftrat
ſelbſt entſchied oder einen Nichter gab, mas nad) lex Pinaria allemal 30 Tage
nad der legis actio geſchah. (Der Nichter unterfuchte nun die Sache gem
wöhnlich am dritten Tage [comperendino die, wovon ber Ausdruck compe-
rendinatio], f. Br. I. ©. 580.) Die Formalitäten der dinglichen Klage
}. bei vindicatio. Am Ende des Verfahrens in iure ſtand die litis contesta-
tio, db. i. ein Vertrag zwiſchen Kläger und Beflagten, um jedem Urtbeil
Wirfung zu verfhaffen, ſ. litis contestatio. Darauf folgte pie Berhanplung
vor dem index (in iudicio) am feflgefeßten Tag, nachdem ſich bie Partheien
durch vades und subvades zum Kommen verpflichtet hatten, f. beide Artt.
Dem ausführlichen Vortrag der Partheien (peroratio), die mit Zeugen (f.
testis und obvagulatio) u. a. Beweifen verfeben fegn mußten, ging wahr⸗
ſcheinlich eine Turze Auselinanderfegung der Sade voraus (causae collectio
oder coniectio, f. Bb. II. ©. 228.), und zulegt erfolgte das Urtheil bes
Richters (f. sententia). Jedoch Tonnte das Schlußverfahren au aufgehoben
oder vertagt werben (diffindere), nämli in Kranfheitsfällen (morbus son-
ticus, Feſt. h. v. p. 290.M. Gell. XX, 1.), oder wenn eine der Partheien
mit einem Peregrinen einen Termin fetgefeht hatte, denn biefer ging allemal
vor, ic. de ofl. I, 12. Gell. XX, 1. Feſt. v. reus p. 273. Müll. Dirk«
ſens Ueberf. d. XII Taf. S. 191—208. 3) Die einzelnen Akte des
Sormularprozeffed. Die Privatlabung dauerte zwar fort, aber Ede
mehre Milderungen (f. vocatio in ius), und baneben entflanden obrigkeitlich⸗
880 Iadieia
Sabungen (prensio und vocatio). Statt ber Labung gingen die Partheien
häufig ein vadimonium ein, an bem ausgemachten Tag fih vor Gericht
ftellen zu wollen (f. vadimonium und satisdatio). Waren die Bartheien vor
dem Prätor erfchtenen, fo erfolgte zuerfi die Angabe der Klage (editio ac-
tionis, f. 1. 1. pr. D. de edendo 2, 13.) — doch war ber Beklagte oft ſchon
privatim von der Klage benachrichtigt (|. denuntiatio, Bb. II. S. 978f.) —
und Bitte um eine gewiffe Formel (postulare, ſ. d. Art. u. Bo. II. S. 508 f.),
denn die Wahl fland ihm frei (Gic. p. Caec. 3.), bis zur Litisconteſtation,
L 3. C. de edendo (2, 1.), und große Vorficht war dabei nothwendig, f.
Bd. III. ©. 508. Hatte der Kläger die Formel beflimmt, fo erklärte ſich
der Beklagte hierauf und brachte Exceptionen vor, welde der Prätor in die
Bormel aufnahm (f. exceptio, Bd. III. ©. 325. und praescriptio). Konnten
bie Bartheien an biefem Tage nit fertig werben, fo mußte ber Beklagte
durch ein vadimonium verfpredden, an eimem andern Tag fich ftellen zu wollen,
f. vadimonium. Endlich faßte der Prätor die Formel vollſtändig auf (dat
actionem oder iudiecium, @ic. p. Caec. 3. Verr. II, 27.), beftellte ven iudex
(oder arbiter, ober recuperätores, f. iudex) und nahm bie litis contestatio
vor, jebt f. v. a. "Beftfegung der Partheien über den Streitgegenflanp und
die Erklärung, fich der Entſcheidung des Prozeffed unterwerfen zu wollen,
f. litis contestatio. “ie litis contestatio wurde zuwellen durch interrogatio
in iure (f. ©. 214.), confessio (Bd. II. &. 589.) und iusiurandum (f. d.
Art.) erfegt, fo daß weder litis contestatio noch iudicium überhaupt noth⸗
wendig war. Nach der litis contestatio begann das Verfahren in iudicio
damit, daß die Partheien ich zu dem Michter begaben und ihm die Formel,
in welcher der Nichter die beflimmte Anmelfung fand, worauf er bei ver
Unterfuhung achten und wornach er das Urtheil fällen folle (si paret —
condemna, si non paret — absolve), mittheilten (editis formulis, Gai.
IV, 141.). Der kurzen causae collectio (Bb. II. ©. 228.) folgte die Tängere
eroratio (f. d. Art.), in melde die Beweisführung, Zeugenvernehmung ıc.
Hineinverfloten war (f. probatio, testis, instrumenta, tahula). Der Nichter
konnte au die Nichtigkeit der Beweiſe beſchwören laſſen (f. iusiurandum).
Endlich mirb die altercatio vorgenommen, d. 5. eine kurze Recapitulirung
der Hauptſachen von Seiten der Partheien, Quinct. Inst. VI, 4., und dann
folgt das Urteil, welches allemal auf eine beflimmte Geldſumme Tautet (T.
sententia, ius iurandum in litem und litis aestimatio). Die Summe, auf
welche der Richter condemnirte, erlitt zumeilen einen Abzug durch compen-
satio, f. Bd. II. S. 579 f. Ehe der Richter das Urtheil fälte, konnte er
das Gericht mehrmals vertagen (dilatio im Allgem. genannt, Bd. II. S. 1022.,
im Befonderen entweder comperendinatio, Bo. II. S. 580. ober ampliatio,
Br. I. ©. 444.). Das Sontumacialverfahren im Fall des Außbleibend ber
Partheien ſ. Bd. I. S. 633. Das Urtheif IR unabänderlid und muß zur
Ausführung gebracht werben, f. sententia und res iudicata. Erfüllt die
eondemnirte Parıhei das Urtheil nicht, fo erfolgt von Gelten des Magiftra⸗
tus, melcher das Bericht beſtellt Hatte, die obrigkeitliche Vollſtreckung (res
eution), welche entweder das Vermögen ober die Perſon des Comdemnirten
betrifft. Leber die Mealerecution f. bonorum emtio, Br. I. ©. 1152 f. u.
missio, über die Perfonalerecution f. manus iniectio. In der Kalferzeit kam
noch ein vom Magiftrat unmittelbar eribeiltes Grecutionsverfahren auf,
daß der Berichtöpiener einzelne Vermögensſtücke des Gondemnirten wegnahm
und viefelben im iatzablungefal nah zwei Monaten entweder verkaufte
ober dem Gläubiger überlich, 1. 19. 31. D. de re iud. (42, 1.). 1. 18.
C. si in causa iud. (8, 23.) 4) Die Rechtsmittel und bie von
dem Sormularprogeß abweigenden Berfahrungsmeifen. In
der republikaniſchen Zeit gab +6 Feine Unterordnung ber Snfangen, alfo au
Iudiein private 351
keine Reviflon des Urtheils. Die einzige Gülfe, welde gegen Mißbrauch
ber richterlichen Gewalt exiflirte, beſtand in der Anrufung der Magiftrate
(appellatio), damit diefe mit ihrem Veto interceſfiren follten, ſ. Bb. I. ©.
639 f. Daneben gab ed zwet aufßerorventlihe Mittel, nämlich die in inte-
grum restitutio für befondere Fälle, f. restitufio und die fpäter f. g. que-
rela nullitatis, f. d. Art. In der Kaiſerzeit entwickelte ſich ein geregelter
Inflanzenzug, ſ. Bd. I. S. 640 f., und daneben befland die in integrum
restitutio und Nullitätöffage fort. Diefe Rechtsmittel der in int. restit. und
der Nullität bildeten ein außerorventlihes, dv. H. von dem FZormularprozeß
abweichendes Berfahren, ebenſo auch der Interbictenprozeß, f. S.211., und
das Grecutionsverfahren, d. 5. in allen diefen Fällen wurde von der Negel
ber iudicis datio abgemwichen ımb der Magiftrat erledigte diefe Sachen un«
mittelbar. 5) Prozeß nah Abfhaffung des ordo iudiciorum
privatorum. In der republifanifhen Periode urtheilte der Magiftratus
nicht ſelbſt, denn wenn er auch einige fo eben genannte Jurisbiftionshand-
lungen vornahm, fo war dieſes doch Feine eigentliche prozeſſualiſche Urtheils⸗
fälung. In der Katferzeit aber wurde die Zahl der Fälle, in welchen ver
Magiftratus unmittelbar eingriff, ſehr vermehrt, und fo bilbete fich neben
dem ordentliden Verfahren (ordo iud. priv.) ein außerordentliches (cognitio
extra ordinem), durch welde das erflere endlich ganz verbrängt wurde, f.
Br. II. ©. 489. Diofletianus ſprach dieſe Veränderung geſetzlich aus, 1.2.
C. de iad. pedan. (3, 3.), fo daß von nun an alle Prozeſſe extra ord.
entſchieden wurden. Ausnahmömelfe durften zwar Michter gegeben werben
(iudices pedanei, ſ. d. Art.), allein darin lag nicht eine wenigſtend theil⸗
meile beflimmie Fortdauer des ordo iud. priv., denn dieſe iud. entſchieden
ohne Infiruftion und traten ganz an die Stelle des Magiftratus (als deles
girte Nihter). — Der Prozeß wurde jeht gewöhnlich eingeleitet mit de-
nuntiatio (f. 3b. II. ©. 979. Nr.3.), welche im Juflinianeifhen Recht nicht
mehr erfheint, fondern dafür libellus, d. b. Klagſchrift (f. libellus). Dann
wird der Beklagte fHriftlih vom Gericht geladen und flellte cautio iudicio
sisti, midrigenfals er in Gewahrſam gehalten wird. Yür diefe Alte brauchte
man noch zumellen die alten Ausdrücke in ius vocatid und actionis editio,
nasürlih aber in ganz anderem Sinn, als früher. Zur beflimmten Zeit
werden die Verhandlungen vor Gericht (cognitiones gen.) vorgenommen, von
denen tie erfte bie litis contestatio iſt, d. 5. im jebigen Sinn: münblide
Klage und Antwort des Beklagten. In den nädften Terminen kommt e8
zur Bewelsführung der Partheien (wie früher, f. d. ob. cit. Artt.), welche
münblih geführt und von ven Dffizialen protofoflirt wird. Die einzelnen
Gognitionen können den Prozeß fehr in die Länge ziehen, jedoch nicht über
drei Jahre, 1. 9. 13. C. de iud. (3, 1.). Weber dad Urtheil f. sententia.,
Die alten Rechtsmittel dauern. in mobifizirter Weife fort und ein neues kam
Hinzu, supplicatio, d. h. Supplik an den Kaifer, für folde Fälle, wo
Appellation ausgeſchloſſen war. Der Kaiſer pflegte auf die Supplif Reviſion
des Prozeſſes zu verfügen, wedhalb man dieſes Berfahren auch retractatio
nannte, Nov. 119,5. In Beziehung auf die Erefution mar ebenfalls Manches
geändert worden, f. d. cit. Artt. Die frühere unbedeutende Literatur (Sigo⸗
nius, de iudiciis lib. 1. u. U.) f. bei Rein, Privatrecht ©. 403. u. Heffter,
Civilprozeßrecht S. 351. In neuerer Zeit find erfchienen Zimmern, röm.
Givilprozeß, Heidelberg 1829. (dur äußerſt vollſtaͤndige Quellenſammlung
ausgezeiäänet). A. (v.) Bethmann⸗Hollweg, Handb. d. Clivilproz. I. (auf:
Gerigtöverfaffung und Prozeß des finfenden Röm. Reichs), Bonn 1834.
(ganz vortrefflig). Mein, Röm. Privatredt‘&. 403—522. 8. Walter,
Geſch. d. Röm. Rechts, Bonn 1840. &. 714-800. ©. F. Puchta, Curſus
der Inſtitutionen, Leipz. 1842. II. S. 1—260. (auch Philologen ſehr zu
354 Judiela
nicht genau zu beflimmen; zur Beit der großen Juriſten waren fie bereits
vernichtet, wie Paull. 1.8. D. de publ. iud. (48, 1.) fagt: ordo exercendo-
sum publicorum capitalium in usu esse desiit. Es ifl jebod nit daraus
zu ſchließen, daß der ordo iud. publ. bis auf Paull, Ulp. u. f. w. gedauert
babe (fo ift die gemöhnlide Annahme, z. B. von Schulting, Malblanc,
Walter Rechtsgeſch. S. 865., vgl. Geib S. 394 ), denn dann würde man
doch aus der Zeit vor den großen Juriſten einige Erwähnung der quaest.
finden, was aber nit der Kal iſt. Ebenſo wenig können die quaest ſchon
unter Auguftus abgeichafft worden feyn (fo Klenze zur lex Servil. prol. XVI.),
denn es Tommen die quaest. nicht felten im erflen Jahrhundert der Kaiſerzeit
vor. Daher iſt Geibe Annahme die wahrſcheinlichſte, daß die quaest. im
Anfang des zweiten Jahrhunderts der Kaiſerzeit ihr Ende erreiht Haben, f.
Geib S. 396 f., indem diefelben fhon unter Trajan nicht mehr ermähnt werben,
obgleich mehre Brozefle aus jener Zeit vorfommen. ine kurze Ueberſicht dieſer
Periode fol nun, nah Geibs Darflelung (S. 412—692.), gegeben werben:
A. Gerihtöverfaffung. 1) Gerichte für dad ganze Neid: Die
Senatsgerichte, im Anfang der Kalferzeit äußerſt wichtig, wurden nad und nad
geſchwächt und gingen ganz unter, die kaiſerlichen Gerichte (mit Zuhülfenahme
des consistorium, Bd. H. ©. 595.) wurden immer häufiger, namentlih zu
Sever. Alexanders Beit. Später wurden fle auf die Appellationen und auf Die
Jurisdiktion über die höchſten Staatöbeamten beſchränkt, f. Princeps. Ueber den
praefectus praetorio f.d. Art. 2) Gerichte für Nom und Conſtanti—⸗
nopel, welde Städte zwei befondere Bräfekturen bildeten. Hier iſt praefectus
urbi am widtigflen (f. d. Art.), der vicarius urbis Romae gilt für Rom allein
(f. d. Art.), und der praefectus annonae übt eine befchränfte Gerichtsbar⸗
feit, ebenfo der praefectus vigilum (f. beide Artt.). 3) Gerihte für
Stalien. Die Municipalgerichte der Dekurionen und Magiflrate wurden
nah und nad von ben Gerichten der Ealferlidden Beamten verdrängt und
behielten nur die leichteren Fälle, f. bei praefecti, quaestores und bei den
Namen der Statthalter, consulares, iuridici, und im Ganzen bei provincia.
©. aud defensor, Bd. IH. S. 889. 4) In den Provinzen richteten bie
Statihalter, f. provincia, und die Dunicipalgerichte hatten nur unbedeutende
Sachen. Ueber pie Gerichtsſtände f. das Nöthigfte bei forum, Bo. IH.
©. 514. Außer den Soldaten, Senatoren und höchſten Beamten hatten au
bie Hofbeamten (Palatini) und die Geiſtlichen privilegirte Gerichtsſtände. Die
kirchlichen Vergeben der Beiftlihen wurben in ber heidniſchen Zeit (f. pon-
tifex) und in der chrifllicden Zeit vor befondere Berichte gezogen. Sowohl
die Bifhöfe als die Provinzialſynoden richteten varüber, 1. 23. C. Th. de
episc. (16, 2.). 1. 1. C. Th. relig. (16, 11.). 1 29. C. de episc. aud.
(1, 4.). Nov. 83, 1. Leber die gemeinen Verbrechen ber Geiſtlichen ent⸗
fhieden aber immer die competenten weltlichen Gerichte. Gothofred. ad 1.
12. 23. C. Th. de episc. (16, 2). Nov. 83. Geib ©. 498f. B. Ge⸗
richtliches Verfahren 1) Allgemeines Die Deffentlihfeit
bes Verfahrens wurde zwar nicht geſetzlich beſchränkt, wohl aber faktiſch,
indem bie Geridhte von dem Forum (f. quaestio) in geſchloſſene Räume
(auditoria, tabularia, secretaria) verlegt wurben, dial. de or. 39. Zwar
führte Gonftantinus die Griminalprogefle zurüd auf das Forum vor bad Iris
Bunal des Magiftrats, 1. 1. C. Th. de off. procons. (1, 12.). cf. Amm.
Parc. XVII, 1., allein bald zog man die secretaria wieder vor, 1.8. 8.1.
C. Th. de iurisd. (2, 1.). 1. 14. C. testib. (4, 21.). &yb. de mag. II,
11. 27. 65. Die Mündlichkeit dauerte fort (f. quaestio), infofern bie
‚Vorträge ver Bartheien, die Zeugenausfagen mündlich gemacht werben mußten,
allein daneben erweiterte ſich die Schriftlichkeit fehr. Nicht nur das Urtheil
wurde ſchriftlich aufgeſetzt und bann vorgelefen (f. sontentia), fondern bie
ganzen Berhanblungen wurden protokollariſch aufgensmmmen und vollilänbige
Gerichtsſsakten angelegt, |. Br. I. ©. 52. Was die Zeit ber Gerichte be⸗
trifft, fo Hatten die Givifprogeßferien der Erndte und Weinleſe (ſ. S. 379.)
auf bie Griminaljuftiz feinen Einfluß, 1. 8. pr. D. de fer. (2, 12.). Unter
den chriftlihen Kaifern erfolgten bedeutende Umgeſtaltungen, indem bie chrifbs
lichen Feſte, die Sonntage, widtige Tage in ber kaiſerlichen Familie, ven
gerichtlichen Berhandlungen entzogen wurden, 1. 19. C. Th. de fer. (2,8.).
1. 8. C. eod. (3, 12); die Serien der Erndte und Weinleſe galten criminal⸗
rechtlich nicht, 1. 5. pr. C. de fer. (3, 12.). Mit dem Eintritt der Nacht
mwurben die Berhanblungen allemal geſchloſſen, Plin. IE, 11., nur ausnahms⸗
weite bauerten fie bei Recht fort, Auguftin. ad Donat. p. coll. c. 12. ed,
Bened. IX, p. 590. Die Dauer der Brozeffe wurde höchſtens auf ein Jahr,
L 2. $. 2. C. Th. ad 1. Corn. de fals. (9, 36.), und von Juſtinianus auf
zwei Jahre beſtimmt, 1. 13. pr. C. de iud. (3, 1.). 1. 3. C. ut intra cert,
t. (9, 44.). ©. die erfhöpfenden Unterſuchungen Geibs ©. 507 fi. 988 ff.
Endli if zu bemerken, daB ſich in der Katferzeit neben dem bisher herr⸗
ſchenden Anklageprozeß der Snqutfttionsprogeß entwidelte und ſich viel
fah mit jenem verband. Gine Haupturſache ſucht Gelb S. 259 f. 323 f.
mit Recht darin, daß es ſchon gegen das Ende ber republifan. Zeit nicht
mehr als ehrenvoll, fondern umgekehrt als gebäßig und unwürdig galt, als
Ankläger aufzutreten (nur jüngere Leute thaten e8 noch, ic. div. 7. 21.),
Gic. de of. U, 14. p. Bosc. A. 10. 20. Brut. 74. Quinct. XII, 7, 3.
Daber wurde ben höheren Magiftraten und Statthaltern zu Pflicht gemacht,
ex oflicio gegen gewiſſe Verbrechen rinzufigreiten, deren Zahl nad) und nad
vermehrt wurde. Sole Verbrechen find: Diebſtahl, Raub, sacrilegium,
plagium, Berfertigung von Schmaͤhſchriften, Entführung, Blasphemie, Stör
rung bes Gotteöbienfted, sepulcri violatio, calumnia, praevaricatio, stellio-
natus, u. a., ſ. Conſtant. Geſetz 1. ij. C. Th. de cust. nov. (9,%3.) und
das noch allgemeinere Jufliniand Nov. 128, c. 21. Der Praef. annonae wachte
über Dardanariat, ber praef. vigilum über Branpfliftung, f. d. beid. Artt.
Ein minderer Grab des neuen Berfahrene war, daß die Gerichte auf bie
Anzeige von Beamten (Municipalmagiftraten, Defenforen, Irenarchen, ata-
tionarii, curiosi, nuntiatores, frumentarii) ober von Privatperfonen (dela-
tores gen., d. 5. nicht ſolche, welche eigentlih anflagten, fondern nur denun⸗
cirten, unb bei mehren Verbrechen war Jeder verpflichtet, die Schuldigen
anzuzeigen, 3. ®. bei Falſchmünzen, Keberei, Straßenraub. sc.) Unter⸗
ſuchungen anftellen Eonnten und mußten. S. 5. U. Biener, Baltr. 3. Geſch.
d. Inquiſfitionsprozeſſes, Leipz. 1827. A. G. Scheel, de ‚pabl. act. et
inquisit. Hafn. 1836. Walter, R.Geſch. ©. 888., und vorzügl. die gründe
liche Darſtellung bei Gelb, Criminalproz. ©. 515-536. 2) Vorver⸗
fahren. Der Imfirnirende war jegt auch zugleich Richter, und der Unter»
ſchied zwiſchen dem Prätor und dem Nichtercollegium war weggefallen; auch
waren bie einzelnen Akte des Borverfahrens abgekürzt und zufammengebrängt.
Die alte postulatio war abgeſchafft (ſ. d. Art.), und nominis delatio bildete
den erſten Alt (f. d. Art.), auf welde nicht mehr bie interrogatio als eigner
At folgte, fondern die inscriptio und subscriptio wurbe unmittelbar am
nominis delatio angereiit. ©. dieſe Artt. und quaestio. Den Schluß bil⸗
bete Die nominis receptio (f. b. Art.), und nun erſt mar ber Angeklagte im
wirfligen Anklageftund. Zugleich wurde der Tag für das Hauptverfahren
beſtimmt. Der Angeklagte ſtellte bis dahin Bürgfchaft (f. vadimonium) oder
wurde, was jeht häufiger geſchah ald im Quaſtionenprozeß, in Unterſuchungs⸗
haft gehalten, meiſtens in custodia publica, doch auch in cust. libera und
militaris, f. Bd. II. S. 805. Wieberauffebung des angefangenen Prozeſſes
Zaaiy, Realäncydep. IV. 20
886 Badiein
konnte jegt nicht mehr durch Cril des Angellagten ober durch Interceffion
ber Tribunen u. a. Magiftrate bewirkt werben, fondern nur durch bie vom
Katfer bewilligte Unterſchlagung der Sache (gen. indulgentia, venia, inter-
cessio, |. S. 148.), vurch abolitio (Br. I. ©. 6.) und durch Yurüdtreten
des Anklägers. Mittel gegen ven böfen Willen des Anklägers beftanden
theils im Interefle des Angellagten, theils waren zum Bellen des Staats
Unterfußungen und Strafen gegen ven ſchlechten Anfläger verhängt, f. ca-
lumnia, praevaricatio, tergiversatio, vgl. delator. 8) Das Hauptver-
fahren begann mit der citatio, d. b. dem Öffentlichen breimaligen Aufruf
dur den praeco, Suet. Tib. 11. Mart. IV, 5, 4. 1.7. pr. D. in int.
zest. (4, 1.), 1. 10. D. publ. iud. (48, 1.), welder nur ausnahmsmeiie
eine ſchriftliche Cdiktalcitation vorausging, Nov. 112, 3. Im Nichterſchei⸗
nungsfall einer der beiden Partbeien trat das Gontumacialverfahren ein, f.
contumacia und abolitio. Waren beide Bartheien anweſend, fo begannen
alsbald die Reden und Gegenreden — denn Wahl und Beelbigung der Richter
Tonnte nun natürlich ebenfo wenig mehr vorkommen, als Mejection berfelben,
denn der Magiſtratus richtete felbft, umgeben von feinen Aflefforen — und
die die Sache führenden Apvofaten (melde jet ein foͤrmliches Collegium
bilden, f. advocatus und patronus) waren in ihren Neben an eine beflimmte
Beit gebunden, nad der clepsydra, oft bei Blin. ep., 3. B. II, 11. Lyp.
I, 16. on. XH, 2. Dio Gafj. LXXI, 6. LXXVI, 17. Erſt nach dieſen
Reden folgte das Beweisverfahren, und der Beweis beſtand entweder in bem
Geſtaͤndniß des Angeklagten (f. confessio) ober beruhte auf Zeugen, welche
jegt oft gefoltert wurben (f. testis und quaestio per tormenta), auf Urkunden
(f. tabulae) oder Indicien. Endlich wird das Urtheil gefällt (f. sententia)
‚und die Erekution zur beflimmten Zeit vorgenommen (f. poena unb sen-
tentia). Begnadigung oder Reſtitution Eonnte nad ber Strafientenz vom
„Kaiſer ertheilt werben (f. indulgentia und restitutio), auch war in den meiften
Fällen Appellation geftattet (bei einigen ſchweren Verbrechen war fie ausge⸗
ſchloſſen, fo wie bei einigen Behörden, gegen deren Urtheil nit appellirt
werden durfte). Weber die Appellation entſchied der Kaifer, f. princeps,
oder die von ihm belegirten Richter (indices sacri gen.). Zuerſt waren
praefectus urbi und praetorio bamit beauftragt worden, und ihre Befugniß
war in den verſchiedenen Zeiten eine verſchiedene. ©. dieſe Artt., appellatio,
und provocatio. Literatur: C. Sigonius, de iudicüs lib. 2. et3. P. Ay»
rault, l’ordre, formalit6 et instruction iudiciaire — dans les accusations
publiques, Lyon 1640. 8. ®ollet., hist. foriRom., Francof. 1676. A. v.
d. Hoop, de iis qui antiquitus apud Rom. de crim. iudic., Lugd. Bat.
4723. und in Suppl. thes. Meerm. p. 609-635. 2. G. Madihn, vicissit.
cognit. crim. ap. Rom., Hal. 1772. 2. ©. Walrsven (pr. Tollio) de
aest. rer. crim., Harderov. 1777. Benufort, d. röm. Republik, Bud 5.
v. 3. 8. Sar., de ordine iud. publ. ap. Rom., Trai. ad Rhen. 1784.
P. Invernizzi, de publ. et crim. ind. lib. III. Rom. 1787. @. G. Heyne,
de iud. publ. ratione et ord. apud Rom. etGr., Gott. 1789. und in opp.
IV. p. 49-90. I. P. v. Walree, de antiqua iur. pun. conditione apud
Rom., Lugd. B. 1820. & B. Schmiebide, de hist. process. crim. Rom.,
Vratislav. 1827. U. Burdbarbt, d. Griminalgerihtsbarkeit in Nom. Baſel
(o. J.). 8. Walter, Beh. d. Höm. Rechts S. 85I3—889. Lebaſtard⸗
Deliſle, precis de l’administration de la justico crim. chez les Remains,
Paris 1841. Am vorzäglicäfien it G. Geib, Geſch. d. roͤm. Criminalproz.
Lelpz. 1842. (damit beginnt eine neue Cpoche in der Geſch. d. R. C. Proz.)
und die Recenſ. von Fritzſche in Jahns Jahrb. 1843. XXVIII. ©. 243—
293. und von Mommſen, in MR. Im. Literat.Zeit. 1844. Nr. 62. 63.
65—67. [R.]
Judiclum conteariain — Jugerum 987
Judielum contrariam war eine zum Beſten des Beklagten einges
führte Klage, damit ſich derſelbe vor falſchen Klagen ſichern könne Der
abgemiefene Kläger (auch wenn er Leinen böfen Willen gehabt hatte) wurbe
nämli auf Antrag des Beflagten zu einer Geldſtrafe von ‘/, ober 1/,, con⸗
demnirt. Dieſes ind. war nur bei Injurien- und Beſitzklagen geflattet und
fonnte nur dann angewenbet werben, wenn nicht ein iudieium calumniae
(8. U. ©. 105.) angeflellt worden war. ®at. IV, 177—179. [R.]
Judiciam de moribus emtiwidelte fih aus der bei Cheſcheidungen
zuweilen flattfindenben. linterfudung des Prätor, ob ber Mann bie dos ber
Brau behalten dürfe ober verfelben zurücdgeben müſſe. In dem daraus ent⸗
ſtandenen förmlichen iadicium de mor. (zuerft erwähnt in Cato's Rede bet
Gel. X, 23.) wurde ausgemacht, ob ber Mann ober bie Frau die Scheibung
verſchuldet hätte (utrius culpa divortium factum, Quintt. VII, 4,11. 38.),
und wie es demzufolge mit der dos gehalten werben ſolle. Schied fih ber
Mann wegen bed Ehebruchs ver Frau, fo fcheint er die ganze dos behalten
u haben, bis lex Papia Poppaea mildere Beflimmungen über bie im iud.
de mor. zu entziehende dos traf. Ulp. VI, 11 f. Suflinian hob diefes In⸗
kitut ganz auf, |. Bd. II. ©. 1255 f. Gitzler, de lege Jul. et Pap. Popp.
Hal. 1835. p. 5475. und Mein, Rõm. Griminalreht S. 837 f. [R.]
Judicium tutelae, |. tutor und tutela.
Juenma, Drt in Nericum Mebiterr., Tab. Peut., nah Deich. jeht
Saunfein in Kärnthen. Damit bringt Reichard die viel beſprochene Nachricht
des Tacitus Annal. XIII, 57. von der civitas Juhonum (oder Vibonum,
wie jet gelefen wird) in Verbindung, einer römifdhen Golonie, welche 60
n. Chr. mit ihrer Feldmark fehr durch einen Exrbhrand litt. Der Zufanmene
bang macht es wahrſcheinlich, daß biefe Juhones ober wie fie geheißen haben
mögen, benn bie Handſchriften varliren, in Germanten zu fuchen find, wenn
gleich Deannert meint, daB Tacitus als Annaliſt, nachdem er unmittelbar
zuvor won ben Hermunduren und Gatten geſprochen, dadurch nicht gehinbert
gemweien fen, gleich darauf eine räumlich ganz entfernte Begebenheit verfelben
Zeit zu erwähnen, und daher den Schauplak jenes Erhbrandes nah Africa
verlegen will. Allen auch in Deutſchland fehlt e8 nigt an Gegenden, na«
mentlid in den Mheinlanden, wo Steinkohlenlager, ober auch. Lager bitu⸗
minöfer Schiefer (wie in der Sormation des ſchwarzen Jura), ober Torf⸗
ſtrecken ſich entzündeten und ver Brand eine gefährliche Verbreitung erreichte.
Das neuefle Beifpiel ift aus Thüringen bekannt. Man ſucht fonach bie frage
liche roͤmiſche Golonie am fiherften im roͤmiſchen Germanien, d. 5. in ven
Rheingegenden oder im Zehentlande. Vgl. Nees v. Eſenbeck und Nöggerath:
Giebt zn pinen hiſt. Beweis von. vulkaniſchen Eruptionen ıc. Bonn
1824. 8. IP.
Juerni, Hauptvolk in Hibernia oder Irland, Ptol., f. Hibernia. [P.]
Jugeram;, welches manchmal auch die Formen ber dritten Declination
jugere und jugeribus bat, war unter den Flächenmaaßen ber Mömer
vie Orund-@inheit, von welcher aus abwärts und aufwärts gerechnet wurde,
deutſch Jauchert, ahd. jüchart. Nimmt man an, daß jugerum ur
ſprünglich ein Stüd Feld bezeichnete, deſſen Pflügung während eine® Tages
bie Kräfte eines Ochſen⸗Geſpannes in Anſpruch nahm (vgl. Liv. IE, 10. u.
Plin. XVIU, 3.), fo bat man das Wort von jugum (f. d. Art.) abzu=
leiten, währen Gelumella V, 1, d. die wunderliche Ableitung giebt, quod
erat junctum (auß ziel Hälften), jugeri nomen accepit. Als ganz
genaues Maaß if aber jugerum ein Biere von 240 Buß Länge und
120 Buß Breite — 28800 DQuadratſchuh, Golumella V, 1, 6. Quintil.
Instt. Oratt. I, 18. Als Normal⸗Einheit ber Flächen⸗Magaße hatte
das jugerum, gerabe wie das altrömiihe as im Geldweſen, 283 scrwy
888 Bugamıı
pula (Barro R. R. IE, 12.), indem ein sarupulum 100 Oknbratfchuh
umfaßte. Berner bezeichnet in der nämlichen Welle uncia jugeri den 12tem
Theil eines jugerum — 2400 Quadratſchuh; quadrans jugeri = '/, ju-
gerum — 7200 Q. Schuh; triens jugeri — !/, jugerum = 900 O. Schuh;
bessis jugeri — ?j, jugerum = 19200 O.&uß; dodrans jugeri — °),
jugerum — 21600 O. Fuß. Der siciliquus jugeri — '/, uncia jugeri
— 6 serupula jugeri, betrug alſo 600 O.&uß, die sextula jugeri —
4/, uncia jugeri — 4 sorupula jugeri — 400 O. Fuß. Ja, au der Aus-
- ru modius jugeri fommt vor, und bezeichnet ‘/, jugerum, weil ber
modius ein Drütheil ber amphora war, f. rei agrariae auctt. ed. Goes
p. 264. u. 318. Außer biefen, befonders bei regelmäßigen genauen Ver⸗
meflungen üblichen Abtheilungen des jugerum hatte der Landmann zwei andere,
allgemeinere, nämlich actus und clima. Ber actus, in quo boves age-
zentur cum aratro impetu justo (Plin. H. N. XVIH, 3.), in Spanien acna
oder acnua genannt, war bie Hälfte eines jugerum, nämlich ebenfo breit als
Das jugerum, aber nur halb fo lang, alfo 120 Fuß in die Länge und in die
Breite (= 14400 O. Schuh), weshalb ihn Colum. V,1,d. auch actus quadra-
tus nennt, zum Unterfhied vom actus minimus ober simplex, welder
war ebenfalls 120 Fuß lang, aber nur 4 Fuß breit war, alſo 480 O. Schuh
* Varro L. L. IV, a. Colum. V,1. Die Hälfte des actus quadratus, ober
der vierte Theil des jugerum wurde clima genannt, hatte alſo 3600 Q. Fuß,
Golumella V, 1, 5. — Das Doppelte eined jugerum wurde heredium
genannt; hundert heredia oder zweibunbert jugera umfaßte man mit bem
Namen centuria, und vier folder centuriae machten einen saltus d. h.
800 Jauchert Feldes, Barro R. R. I, 10., welcher die Benennung here-
dium daher leitet, daß 2 jugera, wie viel ſchon Romulus jebem Einzelnen
zutbeilte, bei Bererbung zufammen genommen wurden (quod heredem
sequerentur), d. h. heredium war das in ben älteften Seiten einer jeden
Biebeter- Familie zukommende Ackerloos von 2 Jauchert, welches, als un«
veräußerlih,, ſtets in der nämlichen Familie forterbte; und weil hundert
pleb. Bamilien auf diefe Art Hundert heredia beſaßen, fo hieß, entweber
von den Aderflüden, ober von den 100 patres familiae, die zu einer unb
derfelben curia gehörten, ein Landſtück von 200 Jauch. Iatein. Centuria;
f. Huſchke, die Berfaflung ded Königs Servius Tullius, S. 28. 200., wo
©. 164. vom Berhältniß der jugera zum Genfus, fo wie ©. 644. von ihrem
Normalwerthe, und ©. 644. 697. von bes Affignation der jugera gehandelt
wird. — Weil übrigens bei Vermeffungen immer com jugerum audge-
gangen wurde, fo nannte man bie Bertheilung und Anweifung ber
Aecker jugeratio (Front. colon. p. 146. Goes), und bezeichnete mit Diefem
nämlichen Worte auch die einzelnen Theile ſelbſt (Cod. Theod. XI, 1, 33.).
— Die griechiſchen Schrififteller überſetzten das Intein. jugerum durch mAz-
8007, und umgekehrt maden ed ebenfo die Lateiner, welche das griechiſche
al89007 dur jugerum geben. Dies if, da ein nAsduor nur 10,000
O. Fuß hatte, offenbar, mas das genaue Maaß betrifft, unrichtig, muß
aber dadurch entihulsigt und erflärt werben, baß, wie bei den Romern
jagerum die Örundeinheit ber Flächenmaaße war, fo bei den Griechen
vom nAd9007 audgegangen wurde; vgl. Perizon. ad Aelian. V. H. IH, 1.
Brifſſon. de formm. VI, p. 502. [A. Baumstark.]
| Jugum;, grieh. ö Luyos und 6 Luyor, meldhes Plato Cratyl. 418.D.
ale Svoyor erklaͤrt, bezeichnet im Allgemeinen das Werkzeug oder Mütel der
Verknüpfung und Verbindung Zweier. Insbeſondere aber iſt es das an ber
Deichſel des Wagens querüber Saufende Inftrument, welches ben Naden ber
Zugthiere feſt zu halten beflimmt war umb zu diefem Zwecke zwei (von den
Griechen LevyAus genannte) Binbeugungen oder kreisförmige Orfinungen hatte;
Jugustbha 888
f. Vollux Onom. I, 146. Scheffer de re vehic. I, 11. Heyne ad Hom.
Il. XVII, 440. vgl. XXIV, 269. Der Stoff biefes Joches war Holz, und
nur bei Dichtern werden juga aus Erz (Apollon. Rhod. III, 1283.) und
Gifen erwähnt (Glaudian. Consul. Prob. et Olybr. 82.). Außer biefer
erften und Sauptbebeutung des Wortes kommen ebenfalls im Sprachgebrauch
ver Landwirthſchaft noch zwei andere vor, in melden jugum 1) ein
quer über bie Schultern gelegter Stod ift, an deflen Enden ver Träger Laften
anbeftete (Barro R. R. II, 2. med.), und 2) das Querholz, meldes über
zwei Bfähle gelegt wurde, bie den Weinftod flügten, Varro R. R. I, 8.
Golum. IV, 12., eine Verbindung, die man deshalb jugatio nannte.
— An dieſe lebte Bedeutung fließt fih alsdann unmittelbar das im
Kriegsweſen berüdtigte jugum ignominiosum an, befien Weife und
BeRimmung die Schlußworte Hei Liv. II, 28. kurz und gut bezeichnen:
Tribus hastis jugum fit, humi fixis duabus, superque eas transversa una
deligata: sub hoc jugo dietator Aequos misit; vgl. Gic. Of. II, 30, .
Dionyf. Halic. Anuqq. Romm. III, p. 159. Feſtus s. v. So ziemlid die
nämlide Geſtalt, wie dad jugum ignominiosum, bildete auch der alterthüm⸗
liche Webeſtuhl, der aus zwei fenfrechten Hölzern befland, über welche quer
ein drittes gelegt wurde, an dem man ben Zettel anfnüpfte, und welches
man ebenfalls jugum nannte, Ovid Met. VI, 55. Mit jugum, als quer
über Die Schultern gelegter Stod, flimmt die Bedeutung des Wortes überein,
in welcher es ven Querbalken der Wage (scapus staterae) bezeichnet
(Sic. Div. II, 47.). Und hierin barmonirt die griehifhe Sprache mit der
Inteinifchen ebenfo, als wie darin, daß Zuyor und jugum auch die Ruder.
bank (transtrum) auf den Schiffen bezeichnet, Serv. ad Virg. Aen. VI, 411.
— Mit der erſten und vorzüglichſten Bedeutung dieſes Wortes, als eigent-
liches Joch am Wagen, hängt ferner der Gebrauch zufammen, daß au ein
Gefpann Raftthiere (griech. Lsöyoc, f. Aft lex. Plat. II, 1.) jugum
genannt wurbe (Blin. H. N. XXXII, 10, 47.), und daß jugum fogar ein
Gtüd Feldes bezeichnete, das von einem ſolchen Geſpanne etwa in einem
Tage bearbeitet werden Eonnte, obgleich allerdings bei Plinius H. N. XVIIT,
3, 3. flatt jugum au jugerum gelefen wird; vgl. Varro R. R. I, 10.
Und hiemit erklärt ſich Folgendes aus ver fpäteren Kaljerzeit: Bei der Um⸗
legung der Grundſteuer wurde von einem gewiflen als Cinheit angenom-
menen Geldwerthe eine gemiffe Steuer erhoben. Diele als fleuernd ange⸗
nommmene Ginhelt Hieß caput oder jugum, und davon wurde die Grund⸗
Reuer ſelbſt capitatio und Jjugatio genannt; f. Walter, Geſch. des röm.
Rechts ©. 407 f. [A. Baumstark.]
Jagartha (lIoyopdas, Diod. Sic. fragm. libri XXXIV. p. 214. ed.
Tauchn. T. VI.; über ded Namens angeblihe Bedeutung f. Geſen. Mon.
Script. linguaeq. Phoen. p. rt war der Sohn von Maflanabal, dem
jüngflen der drei rechtmäßigen Söhne des kinderreichen numidiſchen Könige
Maftiniffa. Als einer Beiihläferin Kind vom Hofe, mo fonft die königlichen
Entfel bis ins dritte Jahr die unmittelbare Erziehung ihres berühmten Großvaters
genoßen (Athen. XII, p. 518. £.), und fomit auh vom Throne audgefdlofien
(Salluſt. B. Jug. 5.), verlor er frühe ſchon (Sal. 10.) feinen Bater, ber
einige Iahre mit feinen zwei Brüdern Micipfa und Guluffa gemeinſchaftlich
regiert hatte (Appian. VIII, 105 f. 111.), erbielt aber durch die Gunſt feines
milden, griehiiger Bildung befreundeten Oheims, Dricipfa (Diod. Sic. a,
a. O. p. 217. Gtrabo 832.), zuletzt alleinigen Megenten, dieſelbe fuͤrſtliche
Erziehung, wie deſſen eigene Kinder. Hiedurch fo mie auch durch eigene An⸗
ſtrengung erflarlt wurde der reich begabte Jüngling bald die Freude des
Bolks, aber auch bei feiner frühe fon wahrnehmbaren Herrſchbegierde der
Schrecken des Könige, der durch feine Sendung vor Numantia au der Spige
890 Jaguriba
ber dorthin von Scipio begehrten numid. Hälfstruppen (Sal. 8. Avpian.
VI, 89.) des gefährlichen Neffen fich zu entlebigen ſuchte. Daſelbſt in einer
Lagerſchule mit feinem nachherigen Gegner Marius, um bier mit einander
u lernen, was fie nachher wider einander übten (Plut. V. Mar. 3. Bellef.
Bat. II, 9.), und nad Berdienft in hoher Gunſt beim röm. Oberfeloberen,
wurde er vom Scharfbliclenden umfonft wider die Beihörungen bed Ehrgeizes
gewarnt, melden hier vielmehr die Verborbenheit röm. Vornehmen Durch die
Borfpieglung: „zu Nom fei Alles, auch Numidiens Alleinherrſchaft, feil“,
in einem Grabe bei ihm fleigerte, daß er ungerührt von feiner nachherigen
Annahme an Kindesflatt und zum Miterben des vreigetbeilten (|. ob.) Throned
durch Micipfa, zwei Iahre nah defien Tode feinen jüngern Adoptivbruder,
den geburtöflolzen Hiempfal I. (Iauwauos bei Diod. am a. D., f. d. N.
in feiner von Furcht und Zorn geflachelten Ehrfucht zu Thirmida * aus dem
Wege räumen ließ (638 d. St., 116 v. Chr.), und den Altern, unkriegeri⸗
fhen (Sal. 20.) Adherbal (Adroßar, Strabo 831.; Araoßas, Diod. Sie.
am a. D.) in offenem Kampfe bejlegt nach der röm. Provinz und von ba
nah Rom zu fliehen nöthigte (Sad 9—13. Blor. III, 1. —* V, 15.).
Dort begann nun Jug. wider Adherbals Recht und Flehen (Sal. 14.) feine
Angriffe auf das in Waffen unbeflegbare röm. Volk mit Geld und andern
Mänfen, und obgleih wider feine alten und neuen Freunde im Senat die
Beflern oder wenigſtens Schlauern, unter biefen befonderd Aem. Scaurus
(f. d. Art, Bd. I. ©. 156 f.), mit dem noch fehr glimpfligen Borflage,
dad numid. Reich dur zehn Gefandte, den berüdtigten Volksfeind 2. Opi⸗
mius (De Brofied am a. O. p. 32. Note) an der Spike, zwiſchen ben
feindlichen Brüdern theilen zu lafien, durchdrang, fo erhielt er doch durch
Bold von denfelben dad an Ausdehnung und Streitfertigkeit feiner Bewohner
(letzteres noch jetzt, M. Wagner Reiſen in d. Meg. Algier I. ©. 243. 363.
11. ©. 123.) beſſere maſſaͤſyliſche Stammgebiet (vielleicht mit Giga, der alten
Neflvenz von Syphax, Strabo 829. Plin. V,2. als Königsflg), von Mauri⸗
tanien dur den Fluß Mulucha, durch den Ampfaga (f. den Art. Juba I.
und Geſen. am a. O. p. 420.) oder dur das öſtlicher gelegene Vorgebirge
Treton (j. Siebenfap) von der maſſyliſchen Ofhälfte gefhieden, Die dem
Adherbal zugetheilt, obgleich hafen⸗ und gebäubereicher und auch angebauter,
ihn doch ohne gehörige Mittel der Vertheivigung gegen feinen unnatürlidden
Bruder ließ (Sal. 15. 16. Liv. XXVIN, 17. Strabe 827. 829. 830 ff.).
Hier von diefem wiederholt angegriffen, und nah ſchmählicher Zurückweiſung
feiner Gefanbten zulegt bei Cirta (j. Conſtantine) überfallen, geihlagen und in
diefer feiner Hauptfladt belagert, ward Adh. troß zweier Aboronungen nah Nom
und von Rom, bei deren legter au) Scaurus war (Flor. am a D. Sall. 40.),
und trog der auf dad Drängen der italiſchen (Krige zu Sal. 21.) Stadi⸗
vertheidiger zulegt gemachten Uebergabe ** mit biefen und vielen feiner Untere
thanen umgebradt (Sal. 20—26. Diod. Sic. am a. D. p. 21A., 642
d. St., 112 v. Ehr.). Doch der Frevel der Geſandtenbeſtechung, fammt der
jüngften blutigen Ihat zu Rom ruchbar geworben und vom feurigen Adels⸗
feinde, dem Volketribunen C. Memmius wider die oligarchiſche „conjuratio
»Nach De Broſſes Histoire de la Rep. Rom. p. Salluste I. p. 233. Not. =
Thusmuda auf der Gränze von Numidien und ber. röm. Provinz. Bir haben biefen
Stadtnamen nirgends finden können. Einige Namen ähnlichen Klangs bietet Pto⸗
lemäus 1V, 3, — Strabo 831. ouyngaviodngav ruis nyea0cı alas rolsss. vgl. 829,
*° Die Erfiirmung ber Stabt, die auf einem nad brei Seiten fleil abſtürzenden
und nur gegen Oſten burch einen fchmalen Erddamm mit dem Nachbarberge in Ber:
bindung fiehbenden Felfenplateau gelegen, war mißlungen, Forbiger Handb. d. alten
Geogr. II. ©. 860f. Allg. 2tg. 1836. Beil. 301. 1837. A. B. 1. WBaguera.a, D.
I. 6, 3239 ff. 374, €, v. Deder, Algerien und bie dortige Kriegfährung ©, 205 f.
Jagurtka 891
Jugurthina‘' (Git. N. D. III, 30. Brut. 33. Zachariä, 8. Corn. Sulle,
gen. d. Glückliche, u. |. f. I. ©. 67.) benügt, führte troß der Gegenbe-
mübungen von Jugurthad Sohn (?Orynta, App. B. C. I, 42.), Freunden
und Gelb, 643 d. St., 111 v. Chr., zum erften Krieg gegen den Bruder⸗
mörber, ber vom beffern Conſul des Jahres — daſſelbe Berhängniß trifft
Rom auch im folgenden Jahre — P. Corn. Scipio Naflca (f. d. A. Bd. I.
6. 668.) angekündigt (?Bal. Mar. VII, 5,2.), von dem in feiner fonfligen
Tüuchtigfeit dur Habſucht gelähmten Galv. Beftia (f. d. Art., Bd. II. ©.
100.) geführt wurbe. Daher folgte auf einen hitzigen @infal in Numivdien *
bald zwiſchen dem König, der in Gold eine flärfere Waffe wider Nom fand
als in Eifen (Flor. am a. D.), dem Gonful und feinem mit Vorbevacht
gemählten Legaten, Scaurus, fofort Theilnehmer am Beſtechungslohne, ges
heime Unterhandlung, und darauf ein für Jugurtha glimpflider, für Nom
ſchimpflicher Friede (Sal. 27—29. Dal. dagegen c. 62.). Abermals trat‘
Memmiud auf, und feine ebenfo unerfhroden freimüthige, als conftitutionell
gemäßigte Rede bewirkte die Sendung bed allgemein geachteten Prätors 2.
Gafflus (ſ. d. Art., Bb. II S. 192.) nah Numidien, wo inzwifchen die
von Beſtia binterlafienen Befehlshaber es in deſſen Weife trieben (Tac. Hist.
11, 68.), um den Bafallenfürflen zur Nennung feiner röm. Mitſchuldigen nad
Rom zu führen. Dod von deren Partei ermuthigt beſticht Jug. den Volks⸗
tribunen Bäbius (Dell. Pat. II, 33.), und troß der eben fo feften als bes
fonnenen Haltung de8 Memmius (Virg. Aen. I, 148 ff.) und dem zulegt
brohenden Andrang des Volks fliegt dad dem König von jenem auferlegte
Schweigen über das Volksgericht, und Jug. befräftigt feinen Triumph durch
Meudelmord an feinem Better, Maſſiva (Liv. Epit. 64.), den Sp. Albinuß,
der Friegöluflige Bonful des Jahres 644 d. St. (110 v. Chr.) zur Bewer⸗
bung um Jugurthad manfenden Thron angefliftet hatte. Nachdem der König
feinen Kalifa, Bomiltar, dur den jener Banditenſtreich eingeleitet ward, -
vor dem dur ben wiedererwachten Volkdunwillen geleiteten Arm ber Ges
rechtigkeit geflüchtet, entweicht er felbft aus Mom, wobei er das Anfangs
ſchweigſame Zurüdbliden auf die Stadt mit den berühmten Abfchiedsmorten
unterbrochen haben fol: o! der feilen Stadt; verloren iſt fie, ſobald fie
einen Käufer findet! (ic. Offic. II, 21.). Er war nicht der glüdliche
Käufer (Freinsheim zu Flor. III, 1, 18.); deshalb wurde er von demfelben
Senate, in welchem er zahlreihe Söloner hatte, nit nur aus Italien über-
baupt verwielen**, fondern fofort auch bis zu feiner enpliden Vernichtung
befriegt (Sal. 30—35.). Die nun folgende Nahe wurde dem oben ge⸗
nannten Albinus übertragen; aber fo hitzig diefer ihre Vollſtreckung begann,
fo wurbe er doch durch Diplomatifhe und militäriihe Künfte des Königs,
welcher die dur Bergſchluchten und Ginöden ſchwierige Kocalität und feine
eigentlihe Stärke an Weiterei gefhidt benützte (Jachariä am a. D. ©. 69 f.
68.), genedt und bingehalten (wie röm. Feldherrn des erften und vierten
Sp welcher Richtung und wie weit er vorgebrungen ?_ Das wird von bem
auch fonfl um conſequente geogr. Erörterung feiner hiftorifch trefflichen Berichte
nicht ſonderlich befümmerten Sal. nicht angegeben. (Fine fhöne Ausnahme f.'o. 48.)
Mannert, Geogr. d. Sriehen und Römer X. 2. ©. 372. Wahrſcheinlich 509 Beſtia
von Utita aus, das rois "Puuaioss Öpunengsos rpos tas dv Aßun regal, in
ſſidweſtlicher Nichtung, worauf außer der Lage Numidiens und ber Ihrovinz gegen
einander überhaupt auch die am Ende bed Feldzuas erwähnte, fübwertiich von U:ika
gelegene Stadt Barca (Mannert am a, D. ©. 372 f. Sall. 47.) hinzuweiſen fcheint,
moraus audy auf Bein weites Borbringen zu fchließen iſt.
> Go Taffen fich die Angaben von Gall. 35. und dem Epit, des Livius LXVI.
mit einander vereinigen (Sachariätam a. O. ©. 68.) Nah einem Fragment Appians
in der Nova Collectio von Ang. Mai, U. p. 367. flieht Ing. mit Bomilkar.
:892 Jugusikın
Sahıb. n. Chr. vom numidiſchen Mebellen Tacfarinas, Tac. Ann. II, 32.
IH, 20f. 73f. IV, 23—26., und vom maurifdhen Prinzen Firmus, Anm.
Marc. XXIX, 5. Papencorbt, Geſch. der vandal. Herrfchaft In Afrika, ©. 38,
— Plin. V, 1. — und in unfern Tagen die Franzoſen von Abd⸗el⸗Kader),
wo nicht beflodden, bis die Amtsmwahlen ihn nah Rom und feinen Bruder
Aulus zum Dicecommando führten, ver verblendet von Ehr- und Habfudt
zu der für einen afrifan. Feldzug fo ungünftigen Winterszeit (Ausland 1837.
Mr. 25.51.) das 40,000 Mann flarfe Heer (Orof..am a. D.) gegen bie fefl
Schatzkammerſtadt Suthul (ihr numid. Name, Geſen. am a. DO. p. 427,,
Calama ift ihr röm., Oroſ. am a. D., j. Shelma, Wagner am a. D. 1.
©. 294 fj. 801.) führte, von wo aus er, wie die Franzoſen 1837 Con»
ftantine, zugleih Girta bedrohen Eonnte; aber Jug. weiß ihn und fein Heer
zu berüden, zu überraſchen, zu fehlagen, und zum Abzug unter bem Io
aus Numidien zu zwingen, ein Vergleich, deſſen Schmad ebenfomwenig bie
Nichtratifikation von Seiten des Senats (!@ic. Office. 1,13.) ala pas Wieder,
auftreten des Conſuls bei einem demoralifirten Heere tilgen konnte (Salluſt.
36-39. 44. Liv., Flor. an d.a. OD.) Noms Schmach war aufs Hoͤchſte
geftiegen; jet trat, freilich nicht ganz ohne Gewaltmittel, ein Umſchwung
zur Wiedergeminnung ber Ehre ein, indem einerfeltö die in ben biäherigen
jugurtbinifhen Handel Verwickelten beflraft (Sal. 40. ic. Brut. 34.
De Broſſes am a. D. p. 78 ff.), andererfeits ein ebenfo umfldtiger und
energifcher als unbeſtechlicher Conſul (dießmal der Glücklichere) zum Rächer
der römifchen Ehre in Numidien (Flor. am a. D.) erwählt wurde (645 db.
©&t., 109 v. Chr.), D. Cäcilius Metelus (f. d. Art., Bb. II. ©. 30.).
Aus einer mit Aemter- und Siegertiteln, wie nicht leicht eine andere, ges
ſchmückten Zamilie, (f. d. Art. ©. 23. Bell. II, 11. Gic Tusc. I, 25.),
mit friihen Streitkräften mohl verfchen, und von den beften Hoffnungen
feiner Mitbürger begleitet (Liv. XLII, 49.), wußte diefer vor der nicht unge
duldig gefuchten Entſcheidung, fonft ein Freund alter Zucht bis zu graufamer
Strenge, mit meifer Mäßigung das alte Heer wieder zu Eräftigen (Sal.
43—45. Bal. Mar. II, 7., befonders 6. 2. App. fragm. libri VI, 1. 2,
Liv. XLIV, 33 f.), griff aber auch zugleih den fchlauen König ver treulofen
Numidier (Sal. 46. 56. 66. Polyb. XIV, 1,4.) mit feinen eigenen Künften
an (Blor. am a. D.), indem er die vom @ingeihüchterten an ihn Geſandten
nad neurömifcher Politik (Liv. XLII, 47. ler. I, 12, 4—6.) zur Aus⸗
lieferung ihres eigenen Fürſten beflah und inzwiſchen mit feinem Unterfelb-
Herrn Marius fchlagfertig in Numidien einrücdte, Numidiens beſuchteſte, aud
von vielen Italern bewohnte Handelsſtadt Bacca (j. das no handelsthätige
Beggia im Tuneflfhen, Forbiger am a. O. &. 857. Shaw, Reiſen in die
Barbarei u. f. f. ©. 84 f. Geſen. am a. DO. p. 319 ff. 469 ) defekte, und
indeſſen nah Beflehung einer zmeiten numid. Geſandtſchaft den König mit
Friedensausfichten binhaltend auf die Erfüllung des Verſprechens der Erfauften
wartete. Dieß trieb den Jug. zu einem mit Benützung der Oerilichkeit klug
und mutbig geleiteten Angriff auf den vom rauhen Thambesgebirge (Korb.
©. 855.) in die Ebene des Fluſſes Muthul (fein numid. Name, Gefen. am
a. D. p. 425, fein röm. ift Rubricatus, j. Seybuß, Forb. S. 856. Wagner
I. S. 261.) berabziehenden Metelus (Mannert am a. D. ©. 370 ff. Sall.
46 f.), ein Angriff, der zu beißen Kämpfen zwiſchen den zmei Hauptarmeen
unter den fih ebenbürtigen Oberfeldherrn führte, ſich mittlerweile zu zwei
Seitenforp8 unter dem vortrefiliden Legaten Rutilius (De Broffes am a. DO.
p. 101 ff. Note. Schloffer univ. gift. Ueberſ. u. f. f. I. 2. S. 483 f.) und unter
Bomillar am Muthulfluffe fortipann, und am Ende auf beiden Buntten mit
bem zu Rom freudig gefeierten Siege (Sal. 55.) der überlegenen Tapfer-
keit beſonders des roͤm. Fußvolkes über die nur zu Pferd tüchtigen Numidier
Zugurtih 808
(io. XXIV, 48. AbbselsKaber, von Dinefen, ©. 24. der beuifähen Leber.
aus dem Dänifen) endigte (Sal. 48—53.). Zwar ſchuf Iug., unterügt
von der Kıiensfitte feiner abgehärteten Numidier, ſich von der Flucht ſchnell
wieder zum Angriff zu fammeln und zu menden (Liv. XXIX, 33. Appian.
vI, 25. VIII. ii. 71. Georgii, alte Geographie I. ©. 534 f.), bald em
der Zahl nach flärkeres Heer in den natürlien Bergfeften feines Reiches;
da aber beide Heerführer vor der Hand wenigſtens einen zweiten Zuſammen⸗
ſtoß zu vermeiden Hatten (Sal. 34.), fo verwandelte Metelus den Schlachten⸗
Trieg in einen Plünderungs⸗ und Verheerungskrieg, wechſelnd mit Beobach⸗
tungömärfden, dem dur mehrfahen Abfall von Untertbanen nad ber
Muthulſchlacht ohnedieß bedrängten Jug. peinli, und wiederum mit plößs
lichem Anfall und Wiederverſchwinden von dieſem, felbft ven Romern öfters
verluftvol. Do bald drängte Zeit und Noth beide Theile, in größern
Schlägen Entſcheidung zu fuhen (Sall.. 54. 56. 61.). Unter den zu bem
Nömern abgefallenen Ortſchaften befand fiH au (?Eirta, Sal. 81. und)
Sicca im Süden des Bagradas⸗Fluſſes (Forb. ©. 858. Geſen. p. 426,,
1. Keff; über feine Lage und Ruinen f. Semilaffo in Afrika V. ©. 144 f.
153 f.). Dem Iug. war Wiedereroberung biefes nicht unbedeutenden Buntes
im Kampfe mit Marius nicht gelungen; um fo mehr bot er Allem auf, das
fofort von Metellus mit großer Kraft, aber au mit großem Verluſt bes
fürmte Zama, die flärffle Burg in den öſtlichen Gegenden feines Reiches
(j. Zowarin, Borb. S. 858., auch zur Zeit des Iekten Iriumvirats dur
bebarrliden Widerſtand, Dio XLVIII, 23., feinen Namen „die Starke”,
Seien. am a. D. p. 429. ,Treditfertigend), durch Diverfionen gegen die Römer
zu retten, was ihm auch gelang (Sal. 55—61. Dundrigarius bei A. Gel,
Noct. Att. X, 1. %lor. am a. D.). Bon Zama weg z0g fib nun Det.
nad ben Binterquartieren in dem meftlichen Theile der Brovinz (Blin. V, 4.)
mit Hinterleffung von Befagungen in den günftigften der zu ihm abgefallenen
Gıäpte, und benüßte die jegt folgende Ruhe, um, was ihm durch Gewalt
nit gelungen, vurch abermalige Beftehung von Jugurtha's Freunden, nas
mentli$ von Bomilfar, durchzuſetzen, der denn au feinen Fürften zur vore
übergebenden Annahme harter Friedensbedingungen vermodte (Sal. 61 f.
Drof. am a. D. Dig fragm. 167.), während aud der röm. Senat dem
Metellus auf das Jahr d. St. 646 (108 v. Ghr.) die Bortiegung des
von Jugurtha aus böfem Gewiſſen neubegonnenen Krieges übertrug. Doch
feine Beendigung war dem größern militärifhen Talente, war dem Manne
des Volkes, dem treffli erprobten (Blut. Mar. 7. Diod. Sk. am a. O.
p. 218 f.) Legaten C. Marius beflimmt, ber benn jest in Rumidien balb
durch dringende Urlaubsgefuche bei feinem ſtandesſtolzen (Gall. 64. Bell.
nn, 11.) Proconful, bald. durch Ginfläflerungen bei Jugurthas blodfinnigem
Halbbruder, Saada, in Nom befonder8 durch Anklagen wider den Met., der
auf Numidiens Verwüſtung (totam Numidiam vastavit, 2iv. Epit. LXV.)
und bie Belagerung feiner Städte ſich beſchräͤnkend, and Ehrgeiz den Krieg
in bie Länge ziehe, ſich auf eine felbf von Cicero (Off. III, 20.) mißbilligte
Beife ums Gonfulat und den numid. Oberbefehl zu bewerben anfleng (Gall.
63—65.). Indeffen folgen fi$ in dem durch Jugurtha's Thätigkeit wieber⸗
belebten Kriege raſch ber blutige Verrath der Vaccenfer an ihrer röm. Be⸗
fagung ımb die blutige Beſtrafung verfelben durch Metellus (Sal. 66—69.
Put. am a. D. 8. Appian. fragm. libri VIE, 2.); die Gonfpiration Bo⸗
milkars und Nabvalfas gegen Ihren König, veren Cnideckung und Beflrafung
an jenem — eine Suͤhne für Maffiva — und an vielen Andern; ber hiedurch
aufs Aeußerfte gefleigerte Tyrannenargmohn des Iug. (Gall. 72. 74.76. ic.
Amic. 15. Xac. Ann. VI, 6.); ber dem Marius endlich wu Tage vor
IV.
\
894 Jagariıa
Her Conſulnwahl verftattete Abgang nah Mom und feine Ernemung zum
Gonful und Oberfeldherrn gegen Numidien aufs Jahr 647 dv. St. (107
9. Chr., Sal. 73. Plut. am a. D.9.), ein von ihm gehörig audgebeuteter
Triumph (Sal. SAf. Plut. am a. D. 8 f.) der Volföpartei über die des
Adelo. In Numidien war e8 indeſſen zwiſchen dem auf die Nahridi vom Miß⸗
Iingen feiner Intrigue neugeräfteten Met. und Jug., ver von feiner Gaupts
ſtadt (Sal. 81.) abgefähnitten, von feinen zuverläßigften Dfficieren ver
lafſſen, mißtrauifch gegen Zapferfeit und Treue feiner Unterihanen, ſich in
Märchen und Gegenmarſchen erfchöpfte, zu einem für die Römer günfligen, aber
an Dauer und Menſchenverluſt mit der Muthulſchlacht nicht zu vergleichenden
weiten Ireffen* gekommen, in Folge deſſen der Proconful dem flüchtigen
Sun. nachſetzend mit ebenjoviel Umfigt als Kühnbeit feinen March gegen
Thala rigtete, den Jug. zum Abzug von da mit feinen Kinvern und einem
roßen Theil feiner Schäte nöthigte, die Stabt, nachdem bie röm. Ueber⸗
äufer fich und die Beute in den Flammen zerftört, erflürmte, und von bort
auf Hülferuf ein röm. Corps nah Großleptis (j. Lebiva, Forb. S. 837.
Sommers geogr. Taſchenbuch 1829. ©. 251 f.) entfandte, um daſelbſt die
beſtehende, ven Römern günflige Ordnung der Dinge zu erhalten, ein weit
gegen Oſten vorgefchobener Wachpoſten ihrer Herrſchaft über Nordafrika (Sal.
5—79. Flor. am a. D.). In dieſen Sflliden Gegenden rathlos fuchte
Jug. weſtlich flüchten bei ven im Süben von Numidien und Mauritanien
lebenden Gaätulen (f. d. Art. u. Mannert S. 200. 552 ff. Horb. S. 885 f.),
bie er, wie früher die Roͤmer fein numid. Volt (Liv. XXIV, 48.), zu disci-
pliniren bemüht war, und bei feinem Schwiegervater Bochud von Mauri⸗
tanien (— Abd⸗el⸗Kaders Flucht nah Marocco —), zuerfi dur Beſtechung
von deſſen Umgebungen, fodann in einer durch fie vermittelten Zufammen>
kunft durch Vorftelungen, ähnlich denen des Mithrivates an den Partber
Arſaces (Sal. fragm. Hist. IV.) Hülfe. Bereint zogen nun beide Könige
gegen den Feldherrn des gemeinſchaftlichen Feindes aller Monarchien, ver fie
bei Girta in verfhanztem Lager erwartete, ald die Nachricht von Marius’
Wahl bei ihm eintraf, und er, nicht groß genug, den befondern Schmerz
gegen das allgemeine Wohl Hintanzufegen, fpielte jegt unter refultatfofen
Unterbandlungen mit Bocchus wirklih, wie ihn Marius früher beichulpigte,
ben Krieg in die Länge (Sal. 80-83. Flor. am a. O.), Tieß feinem mit
bedeutender Verſtärkung gelanbeten Nachfolger das Heer durch den Legaten
Rutilius übergeben, erhielt aber in Rom wider Erwarten freundlichen Empfang,
von Neuem die alte, durch feinen Standesſtolz geſchwächte Gunſt ded Volkes,
den Triumph und den Titel ‚„Numidicus‘‘ (Sal. 88. Drumann Geſchichte
Noms u. f. f. II. S. 38.). Nachdem Marius eben fo flug in Ginübung
feiner jungen Soldaten durch leichten Belagerungsfrieg und viele Scharmüzel,
© 0 «8 vorfiel, fagt uns Keiner der Berichterftatter, von Gall, 76. an bis auf
Drof. am a. D., welcher Iegiere, wie Bell, am a. DO. u. Liv. Epit. LXV. vom zwei
Siegen des Met. über Ing. rebet, Auch daß der gefchlagene Jug. mit ben Leber;
laͤuſern unb einem Theile feiner Neiterei über Sindden Hin nach Thala flüchtet,
für ihn das, was fpäter für Tuba I. Zama (b. Afr. 91.), Aufbewahruitgdort feiner
meiſten Schäge unb feiner Kinder, gibt und, wenn wir auch mit Shaw ©. 111 f.
und nach ihm mit Mannert ©. 343 f. und Forb. S. 859. darin das Telepte des
Itin. Ant. p. 76f, ed. Wesseling. unb das heutige, zw Salluſts Schilderung gut
- Alımmenbe Kerresauah erkennen, in diefem uns noch ſo unbekannten Güden von Tunis
Einen gehörigen Aufſchläüß über dad Schlachtfeld, da wir auch unter bes Aumen
prosimum eo. 75. nit mit Beſtimmtheit den obern Lauf bed Bagradas oder einen
ner bortigen Zuftüffe aunehmen bürfen; kurz, wir koͤnnen Höchftens fo viel fagen,
ß Jug. in fübönticher Richtung vom Schlachtfeibe entfioh, und daß biefes nicht fern
von Numidiens Dfigränge zu fuchen ſei.
Jegurtha 5
im Verſchmelzen derſelben mit den alten Kriegern und in Gewinnung
Aller durch reiche Beute, als umſichtig in Vermeidung ver Nakfiriiungen
feiner zwei königliden Gegner den Krieg eröffnet, und Ing. mit feinen Güs
tulen wiederholt, am Empfindlichſten in der Nähe von Cirta gefchlagen Yutte,
brachte er ihm auch durch die ebenjo Fühne und beſchwerdevolle ala glückliche
Groberung zweier Shaghäufer am Oſt⸗ und Weftende feines Reiches, nämlich
der noch unzugänglider ala Thala im Nordweſten gelegenen Stabt Eapfa ®;
gleich eines Waflenplages (ij. Gafſa, Shaw ©. 112f. FSorb. ©. 848,
Etrabo 831. zo yalopvaaaıor zoo Tovyovoda, Flor. Orof. Sal. 89-41.),
und ſodann nad einem weiten, mit Morb und Brand bezeichneten Marie
eined Kaſtells (einer Bergſtadt Mulucha, Blor. am a. o, nicht weit vom
Mulucha⸗Fluß?es, empfindliche Schläge bei (Sal. 92—94.). Um diefelbe
Zeit traf der Duäflor Sulla, von Marius wegen feiner biäherigen unkrie⸗
geriichen Ueppigleit mit Wivermillen aufgenommen, bald aber wegen femer
dur die Macht der Umflände bewirkten gänzlihen Ummanblung dem Feld⸗
bern und den Soldaten fehr theuer (Sal. 95 f. Val. Mar. VI, 9, 6. Za⸗
charia am a. D. ©. 72.), im Lager bed Conful mit zahlreider Reiterei ein,
bie um fo erwünſchter war, als num endlich Bochus gegen die nothgedruu⸗
gene Zufage des dritten Theil von Numidien zu Jug. mit großen Streit
maflen beſonders an Meiterei gefloßen war, weldde dur Häufige Anlänfe
das röm. Heer ermübeten. So als dieſes bereitö nad ben Winterquartieren
an der Nordküſte zog, durch einen flürmifchen Ueberfall, deſſen Verderben
drohende Gefahr nur Marius’ Geifledgegenwart und Muth enplih in Gieg
- über den Teind zu verwandeln mußte (Sal. 97—9.). Schon nach vier
Tagen aber griffen die Könige mit miedergefammelter Macht (Fußvolk und
60.000 M. Reiterei, nach dem mehrfach, aber nicht eben überall glaubhaft
[Gerlach in f. Ed. Salluſts Vol. II. P. I. p. 339.] von Sal. abweichenden
Drof.) auf dem Welterzuge bei Cirta*** an, wo hanptſächlich Sulla ber
beinahe ſchon verlorenen Sache der Römer zu einem für die Gegner höthſt
blutigen Triumphe verhalf (Sal. 100 f. Flor. Drof. Diod. Sic. fragm.
libri XXXVI, p. 220.). Nun das Schwert die Entſcheidung fo nahe gem
bracht, follte dieſe felbft, mas den kriegeriſchen Talenten eines Met. und Marius
nicht hatte gelingen wollen, durch Unterhänpkersfünfte vollends herbeigeführt
werden. Bochus nämlich, ſchon früher in freilich erfolglofem diplomatiſchem
Berfehr mit Hom und Met. (Sell. 80 f.), früher auh mit Ing. troß Der
Verwandiſchaft in Spannung, ja offenem Kampfe (Plut. Mar. 10. Sull. 3.
Sad. 102.), knüpfte jeht, „aus Furcht, eine Zugabe fremden Falles zu
werden‘ (Hlor.), mit Marius und mit Rom felbft von Neuem an; Geſandte
gingen bin und her; die Hauptperfon dabei war Sufla, welder in zweimaliger
Sendung ebenfoviel- diplomatifhe Gewandtheit als ſoldatiſche Todesverach⸗
tung gegenüber von Suguriba’s mehrfachen Nachſtellungen und Bockhus’ Ziels
deutigkeit zeigte, der von verſchiedenen Motiven bin und ber getriebe eine
Zeitlang zwiſchen dem Verrathe von Jug. und von Sulla ſchwankte, bis er
° Darauf fheint auch ber phönicifche Name biefer phöulc. Stiftaug hiuzudenten,
Sefen. am a. D. p. 421. on
s° Enifland viefeiht auf einem diefer „wei Büge die Gage vom todbringenden
Ungetbäm Borgo (Athen. V, p. 221.), in einem Lande fo natfirlich, wo jetzt mo
manche Fabeln fiber die Thierwelt im Umlauſe find, M. Wagner am a. ©. HI.
6. #2 ff.2? tor. II, 2, 20. u. daſ. Freinsheim. I
Nach Gall, 81. zu Metellus' Zeiten in röm. Händen; mann es in dieſe ges
fsllen, wird jedoch nirgends "angegeben ; nad Oroſ. wird es vor der Schlacht mit
einer Belagerung bebroht, nach Dio fragm. 168. wahrſchetnlich in Folge der Schlacht
Durch Lebereinfunft befeht; follte es I ber Zwiſchenzeit wieder au Jug. gekommen,
oder Salluſts Notiz unrichtig ſeyn? . ...
6 Serurtha
endlich nach mehrtägigem Innern Kampfe den Erſtern als Preis der röm.
Freundſchaft/ und der Erweiterung des mauritan. Gebiets bis zum Ampfaga
dem Legteren gefeſſelt auslieferte (648 d. St., 106 v. Ehr., Gall. 102 ff.
Diodor. fragm. libri XXXIV, p. 220. Dio fragm. 169. Applan. VI.
fragm. 4. *). Die Reglung ber Angelegenheiten Numidiens, von dem ein
weitlides Stüd als Berrächerlohn dem Bocchus, ein anderes Hiempfal II. **
und Hiarbas (f. d. Art.) als Bafallen Roms zugeſprochen, ber Reſt zum
Gebiet der röm. Republik gefhlagen wurde, hielt den Proc. Marius no
ins folgende Jahr in Nordafrika zurüd, und er fcheint erfl gegen das Ende
deffelben mit feinen Befangenen zu feinem Triumphe gekommen zu feyn, ber
am 1. Ianuar 650 d. ©t.-(104 v. Ghr.), dem Antrlttörage feines zweiten
Gonfulats, Statt fand (Sal. 114. Vell. II, 12. Plut. Mar. 12.). Ge⸗
He wurde Ing. mit feinen zwei Söhnen *** por dem Triumphwagen bed
arius bergeführt (Liv. Epit. LXVII. Gutrop. IV, 11. Orof. am a. DO.
Dal. Mar. VI, 9, 14.). Diefer Demüthigung, welche ihn mit Wahnfinn
flug, folgte feine @inferferung in das Tullianum (Sal. Cat. 55. Beil. 3.
Allg. gtg. 1843. Nr. 258.) unter perfönlicder Mißhandlung dur raubgierige
Schergen, die ihn emtblößt unter feinem wie Wahnfinn Elingenden Ausruf:
„Serkules, wie Ealt ift euer Bad!’ in die Grube binabfließen, wo nod
ſechs Sage lang feine unaustilgbare Lebensluſt mit dem Hungertode rang,
bis er (fo laſſen fig die amei Angaben bei Plut. und bei Liv., Eutrop. u.
Drof. and. a. OO. vereinigen) in einem Alter von etlih und 50 Sahren durch
einen Gnadenakt erbroffelt wurde. T — Der jo beendigte Krieg gewährt dem
Geſchichts freunde ein mehrfaches Interefie, 1) weil er ihn in die Verſunkenheit
röm. Brundfäge und Sitten tiefe Vlicke thun läßt, 2) Schauplap für die kriege⸗
riſche Thaͤtigkeit einiger der edelſten Roͤmer ihrer Zeit, des Dietel. und Rut.,
8) Ichrreihe Schule für das militärische Gente eines Marius und Sulla ifl, bie
bier zu gemeinfamem Wirken zufanmengeführt von bier an immer feindlicher
amd verberblicher für ihr gemeinfames Baterland auseinandertreten, 4) weil
er eng zufammenhängt mit den überhaupt tragiſchen Geſchicken der berühmten
numid. Königsfamilie, 5) der Herrſchaft der Romer, in veren Hände Kar⸗
thago's Fall nur einen Theil des Küftenfaumes gebradt hatte, auch das
Innere Nordafrika’ für das Syſtem ihrer Golonilationen und damit vers
bundenen Aderbau» und Handeldunternehmungen TT aufſchloß, vie dortigen
Rationalitäten dem, wie im europätfhen Welten, überwältigenden Ginfluffe
des lateiniſchen Elements (mit Ausnahme der in den Schluchten und im Süden
des Atlas fo wie in den Wüften fih Haltenden Wiperfianpsfräfte, Papen⸗
cordt am a. D. ©. 30 ff.) zugänglich machte, und zudem bie ereignißreiche
Wechſelwirkung zwiſchen Italien und dem gefammten röm. Neiche und Afrika,
ber Seele vieles Reichs in Salvians Tagen (VI. p. 138.), einleitete,
6) enbli ein vielfach lehrreiches Seitenflü zu den nordafrifan. Greigniffen
and Zufländen unferer Tage varbietet. [ Cless.]
® Beide brüfleten sich in der Folge mit ihrem Handel; Bocchns durch eine
darauf bezügliche Stiftung anfs Kapitoi (Piut. Mar. 32. Sull. 6, Nur. Wict. de
V. 1. 75.), Sulla durch feinen berühmten Giegelring (Drumann am a. D. ©. 430.
Uum. A.), wenn auch wicht augenblicklich, fo doch fpäter eine Duelle ber Eiferſucht
und des Haſſes von Marius, was Piut. ausbrädiid, bezetigt, und Galluftd Schweigen
wicht ausſchließt. (Besen Zadyariä am a. O. ©. 721.)
ee inter ihm erfcheinen Marins und fein Sohn ald Flüchtlinge In Norbs
Ufeite, Put, Mar. 40.
99° Ueber das ſpatere Schick ſal Orpnta’s, des einem von ihnen, f. App. B. C. I, 42.
t Periculose a paucis eml, quod multorum esset, Ecipio bei Sall. 8.
tr Norbafrite Noms Kornkammer, Ael. Lamprid. V. Commodi 17, Elaudiaun.
&s bello Gildon. 82 ff.
JSahönes — Iullenus 897
Juhönes, f. Juenna. .
Julia, Beiname mehrerer durch bie Mömer- colonifirter Städte, z. B.
Atubi, Babba, Corinthus, Dertosa, Myrtilis, Narbo, Pax, Hispalis, Tra-
ducta, Tingis, Tarraco u. a., welche man nachſ. Eine Julia Libyca ere
Han Dad Bei ben Gerretanern in Hifp. Zarrac. beim j. Puigcerda, Plin.
Julisngordus (IovAsayopdos, Ptol. V, 2. und auf Münzen im Thes.
Britann. T. li. p. 116., blos Toodog bei Sierocl. p. 671. Socr. H. Ecel.
VII, 36. und im Conc. Nicaen. p. 353., Topos in ver Not. Episc.), eine
Kleine Stabt Lydiens zwiſchen dem Hermus und Sipylus, im chrifllicden Zeit⸗
alter Sig eines Biſchofs. [E.] |
Jullanopölis (lovlsarovnois), ein von Hierocl. p. 670. neben
Maeonia in Lydien genannter, unftreitig erſt in fpäterer Zeit entflandener
Drt, der, wenn wir den Angaben des Plintus V, 29. über die Wohnfitze
der Maeoni folgen, in den füolihern Strichen des Tmolus zwiſchen Phila⸗
beiphia und Tralles zu fuchen ifl. [F.] |
b> Julianus, in der röm. Kaiferzeit ein fehr häufiger Name. Erwäh⸗
nenswerth find folgende Männer:
1) M. Agvilius Julianus, &of. 38 n. Chr. (= 791), Div Gaff.
LIX, 9., im zweiten Jahr der Negterung bes Galigula, vgl. Srontin. de
aqvaeduct. c. 13.
2) Salvius Julianus, der Rechtsgelehrte, f. den lit.hiſt. Art.
"= 8) Des Borigen Sohn M. Salvius Julianus, qvi exercitibus
praeerat (2ampr. Comm. 3.), beliebt bei feinem Heere und fo einflußreid,
daß er nad dem Tode des M. Antoninus Pius den Thron hätte befleigen
tönnen, wenn ihn nicht feine Anſpruchslofigkeit und feine Pietät gegen ven
Vater ded Commodus bavon abgehalten hätte’ (Dio Gafj. LXXII, 3.). Com»
modus fuchte ihn vergebens zur Unzucht zu verloden (Kamprid. I. c.); daher
er von diefem, angeblich wegen Strebend nah dem Thron (Lampr. &.), mit
Paternus getöbtet wurde (Dio Cafſ. LXXII, 5.). — Sein Sohn war mit
einer Tochter des Paternus verfprocdhen (Xampr. Comm, 4.). Es iſt dieß
ber Gnfel (Butr. VIII, 9, 1.; Spart. Jul. 1. ſchwankt zwiſchen avus und
proavus) von Nr. 2.
4) M. Didius Salvius Julianus (fpäter legte ex fich nad feinem
väterliden Großvater den Namen Severus bei, Spart. 7., und befam von
ben Prätorianern ben weiteren Commodus nah dem Kaifer, Dio Cafl.
LXXIII, 12. Herodian. II, 6, 10.), von väterlider Seite zur gens Didia,
von möütterlier zur Salvia gehörig, in erflerer Hinfiht aus Mediolanum
fanımend (Aur. Vict. Epit. XIX, 1.), durchlief die gewoͤhnliche Stufenleiter
der Ehrenflellen: XXoirat, Quäſtur, Aedilität, PBrätur, dann befam er
den Befehl über eine in Bermanien flehende Legion, wurbe Präfect von
Belgica, als welcher er mit Erfolg gegen die Rauchen kämpfte (Spart. 1.),
wofür ee von M. Antoninus mit dem Gonfulat belohnt wurde, das er im
3. 179 = 932 gemeinfgafilih mit Bertinar bekleidete. Nachher befam er
Dalmatien, fpäter Germania inferior zur Provinz und wurde dann mit der
cura alimentorum (vgl. Bd. I. S. 371 f.) beauftragt (Spart. 1.). Unter
Eommodus wurde er ald Verſchwörer angeklagt, do von Comm. verfhont
(Spart. 2.) und nah Mediolanum verwieſen (Dio Caff. 11.), hierauf aber
nah Afrika und fpäter nah Bithynien als Präfect gefandt, welche legtere
Provinz er ſchon nicht mehr fo rühmlich verwaltete, wie die früheren (Spart. 2.).
Wahrſcheinlich Hatte er damals ſchon angefangen, fih dem ſchwelgeriſchen,
unmäßigen Leben zu ergeben, das feine fpäteren Jahre charakterifirte (Spart. 9.
Allgemeiner Dio 11. Herod. II, 6, 6. 7, 1.). Die Ermordung bed Pere
398 Zullanus (Didi)
tinar (I. 193 — 946) traf ihn in Rom, nad Ger. II, 6, 7. fogar bes
trunfen. Als jet die Prätorianer den Thron demjenigen anboten, der ihnen
am meiften bafür zahlen mürbe, eilte I. tn ihr Lager. Als Motiv gibt
Dio 11. die Herrihfuht (sewrsomr romyuaror Enıdvuia) deflelben an,
Herod. II, 6, 7. die Aufflahlungen feiner Frau (Manlia Scantila) und
Tochter (Didia Clara, an Gornelius Nepentinus vermählt, welchen 3. fpäter
zum praefectus urbi an die Stelle des Sulpician ernannte, Sypart. 3.) und
der bei dem Mahle gerade anmefenden Paraflten; Spart. 3. dagegen jpricht
hie erſtern frei und ſchiebt (c. 2.) die Beranlaffung zu dem Schritte auf
Bertinar, der immer auf ihn als feinen Nachfolger hingewiefen habe, erzählt
- aber auch von zwei Bolfötribunen (den Paraflten des Spartian? vgl. Jus
venal. Sat. I, 101.), welche ihn erhigt und bis zum Lager begleitet haben.
Hier hatten die Prätorlaner die Thore verfhlofien und I. fand feinen Einlaß.
Sulpician aber war innen, der Schrbiegervater von Bertinar und praefectus
urbi, fon vorher von feinem Schwiegerfohne -abgefandt, um die Soldaten
zu beſchwichtigen, der nun aber auf die Nachricht von der Ermorbung beffelben
ſchnell feine Rolle wechſelte und felbft als Thronprätendent auftrat (Dio 11.
Spart. 2.) Sulp. bot innen, I. außen, und immer ging ed von dem
Einen zum Andern, um ihm des Gegners neuefled Anbot mitzutheilen und
ihn zu fragen, wie viel jegt er darauf ſchlage? (Diod. 11.). Endlich flegte
3., theils indem er mit einem Male um fo Vieles mehr bot, daß Sulp.
abfland (Dio 11.), theild weil die Soldaten von Sulp. Nahe für den Mord
feines Schwiegerſohnes erwarteten (Ser. II, 6, 8. Spart. 2. Div 11. extr.)
und 3. ein neuer Commodus zu werden’ gelobte (Her. II, 6, 9. Gpart. 2.
Div 12.), doch unter der Bebingung, daß er feinem geweſenen Gompetenten
Nichts zu Leide thue (Spart. 2. extr.). Daß I. die Herrſchaft durch Kauf
an fi brachte, iſt ficher (die Byzantiner leiten daher fogar feinen Namen
Didius im Ernfte von Sidwu: ab) und fein Apologet, Spartianus, der dieſes
verfchmeigt, muß es felbft auch indirect zugeben, indem er c. 3. fagt: qvum
vicena qvina millia militibus promisisset, tricena dedit (welches Letz⸗
tere Übrigens nit wohl richtig feyn Fann, da Herodians Angabe, 1, 7,2.
11, 7., daß weder fein Privatvermögen, noch die durch Commodus geleerte
Staatöfaffe zur Bezahlung des Kaufpreifes hingereicht habe, weit wahrſchein⸗
licher if). Als Kaufihilling geben Dio 11. (6250 Dramen) und Spart. 3.
(25,000 Seft.) einftimmig die Summe von nicht ganz 2500 Gulden für ven Mann
an, alfo, wenn man 15,000 Brätorianer rechnet, im Ganzen 36 Mil. Gulden.
So hatte Rom an demfelben Tage (abweichend Herod. II, 6, 4.), da es Pertinar
verlor, in 3. feinen zwanzigften Imperator, flatt eines 67jährigen einen
6Ojährigen (Div) erhalten. Umgeben von den Schaaren der Prätorianer ang
3 in Rom ein (Spart. 3. Div 12. Her. II, 6, 12.) und hielt noch am
nämlichen Abend eine Sigung ded Senated, den die Furcht zufammentrieh
(Div 12.). Hier hielt er eine einfältige Rede, worin ex ſich ald den einzig
pafienden Candidaten der freien Wahl des Senates empfahl (Dio 12. Spart. 3.
totum se Senatui permisit). Da die Curie von Bewaffneten umzingelt war
und im Sißungsfaale ſelbſt fich ſolche befanden, fo willigte ber Senat in
Alles (Dio 12.): es wurde ihm nad vorgängiger Aufnahme in bie patrici=
fen Familien das proconfularifche Recht und die tribuniciſche @emalt übers
tragen und er zum imperator ernannt; feine Frau umd Toter erhielten ben
Titel Augustae (Spart. 3.). Er bezog hun mit feiner Familie das Pala⸗
tium und hielt einen Schmaus noch während ver Leichnam des Bertinar im
Haufe‘ lag (Dio 13., anders Spart. 3.). Am folgenden Morgen machte
ihm der Senat (worunter fih auch Dio Gafflus felbft befand) feine Auf⸗
wartung und bezeugte beuchlerif feine Freude und Anbänglickeit (Die 13.
Juliaeus (Bidiwe) 2
Spart. 4.); J. zahlt die Kriecher mit gleicher Münze (Spart. 4. Div 14.),
bevanft fich auch im Senat für die ertheilten Ehren und patris patriae qvo-
qve nomen accepit, argenteam statuam respuit (Spart. 4., was Dio kluͤglich
verſchweigt). Das Volk aber äußerte unverholen fein Mißvergnügen durch
Schmähungen und Verwünſchungen (Div 13. Her. II, 6, 12.), auch Stein
wärfe, um ihn zur Abdanfung zu veranlaffen (Spart. 4.). Anfangs machte
3. zum böfen Spiel gute Diiene und ſuchte dad Volk durch Geldverſprechungen
zu gewinnen, welche dieſes aber mit Unmillen zurückwies (Dio 13., nad
Spart. A. aber war dieſes Mittel nicht ganz wirkungslos), worauf 3. endlich
Bewalt brauchte (Dio 13. Spart. 4:), ohne fi aber auch hiedurch volls
Rändig Ruhe zu fchaffen. Vielmehr wurde eine Art improviſirter Volks⸗
verfammlung gehalten, worin man Pescennius Niger um Hilfe angieng
(Dio 13. Her. II, 7, I ff. Spart. 4.). Zwar ſuchte 3. auf alle Weife fi
Popularität zu verſchaffen (Die 14. Spart. 4.), aber ſchon dad Uebertriebene
feine Bemühens mußte Mißtrauen erregen (Dio 14.). Inzwiſchen waren
Albinus (f. Bo. II. ©. 463 f.) in Britannien, Pescennius Niger (f. d.)
in Syrien, Septimius Severuß (f. d.), in Pannonien jeder an der Spike
eines fampfgeübten und ergebenen Heeres. Don biefen fürdtete I. den Pesc.
am meiften und fuchte ihn durch Meuchelmord ans dem Wege zu fchaffen
(Spart. 3.); um fo größer war feine Beflürzung, ald der Hauptſchlag von
einer Seite kam, wo er am fiherften feyn zu dürfen geglaubt hatte (Spart. 5.),
von Gept. Severuß. Diefer verficderte fi der Treue feined Heeres, gewann
den weniger gefährlichen feiner beiden Nivalen, ven Albinus, dur die zu-
vorfommende Ernennung zum Gäfar für fih (Die 15.), verſchaffte fich die
Anerkennung aller Provinzen in Europa außer Byzant (Dio 15. Herod. II,
9, 12.), und rüdte nun, obne fich und feinem Heere irgend einmal Ruhe
zu gönnen (Dio 15. Ser. H, 11, 1.) oder Widerſtand zu finden (Her. IE,
11,3.6. Dio 17. in.; Die unter dem praefectus praetorio Tullius Erifpinug
ihm entgegengefchicdte Abtheilung jagte er mit leichter Mühe audeinander,
Spart. 6.) auf Rom los. I. Tief ihn (und eventuell feine Solpaten, Spart.5 )
dur den Senat für einen hostis erklären (Dio 16.) und Ihm einen Nach⸗
folger feßen und fuchte fein Heer von ihm abmendig zu machen (Spart.5 ),
mobei er aber ſchon in der Wahl des Abgefandten fehlgriff (Div 16. extr.
Spart. 5.); au fehidte I. Meuchelmörver gegen ihn aus (Div 16. Spart.
5.), die aber entweder durch feine Borfiht (Dio 15.) zu Schanden wurden,
oder, wie andere Abgefandte, zu ihm übergiengen (Dio 17. Spart. 6.).
Außerdem traf 3. in Rom felbft kriegeriſche Anftalten: er verfchanzte eine
Vorſtadt, verriegelte dad PBalatium (Dio 16.) und übte mit großem Lärmen
Muflfanten, Soldaten, Pferde und Elephanten ein (Die 16. Ber. II, 11, 9.).
Aber Richts gelang Ihm: die Eleyhanten warfen die Thürmchen anf ihrem
Rücken nebfl ter Mannſchaft darin ab, die von Miſenum herbeigerufenen
Seefolsaten machten fih durch ihre Ungeſchicklichkeit lächerlich, und die Prär
torianer, dur die Lange Ruhe erfhlafft (Dio 16.) over über Zahlungs⸗
rückſtände unzufrieden (Her. II, 7, 2. 6 ), zeigten fi als ganz unbrauchbar
und unzuverläßig (Dio 17. Spart. 5. 6.). Nun lenkt 3. ein: während er
kaum zuvor die Mörder des Commodus (Div 16.) und einen Anhänger bes
Severus (Spart. 6.) Harte hinrichten laffen, beantragt er jetzt, dem Heere
bes Leßtern die Beflalinnen entgegenzufenden (Spart. 6.), fucht ihn dur Er⸗
nennung befreunbeter Männer zu befänftigen (Dio 17. Spart. 7.) und et»
bietet IH, ihn zum Mitregenten anzunehmen (Dio 17. Spart. 6.f. Her.
II, 12, 3.). Uber Tullius Grifpinus, ber dieſen Vorſchlag an Severus
überbringen fol, macht ſich meuchelmörberifcher Abflchten verdächtig und wird
getödtet (Spart. 7 f.), und Sev. erklärt, er wolle Lieber der Feind als der
Eollege von I. feyn (Spart. 7.). Während nun 3. die Gladiatoren zu
400 Jallanus (Bidias)
Capua bewaffnet (Spart. 8.), knüpft Sev. Verbindungen in Nom an, ver⸗
fpriht den Prätorianern Amneſtie unter der Bedingung der Auslieferung ver
Mörder ded Pertinar und ruhigen Verhaltens (Dio 17. Spart. 8.), was
jene mit Freuden annehmen und bem Cos. suffect. Siliug Meffala die ges
ſchehene Verhaftung der Mörder anzeigen (Dio 17.). Diefer beruft ben
Senat ins Athenäum, mo dem Pertinar die Verehrung als Heros zuerfannt
(Dio 17.), Iultanus zum Tod verurtbeilt und Severus zum Imperator ers
nannt wird (Dio 17. Spart..8. Her. II, 12, 4 ff.). Iul. wird im Pala⸗
tium, von Allen verlaffen (Her. II, 12. extr.), außer einem feiner Bräfecten,
Genialis, und feinem Schwiegerfohne, durch einen gemeinen Soldaten (Spart.
8.) getödtet und flirht aioyoms 6Aopvpouerog (Ser. II, 12. extr.), nad
Spart. 8. fidem Severi implorans, und nad Dio 17. mit dem Außrufe:
xaı ri deror Enomoa; Tiva anexıewa; er wurbe 60 3. 4 Mon. 4 Tage
alt (Dio 17.; Spart. 9. gibt 56 I. 4 Mon. an) und hatte 66 Tage (Dio 17.
Spart.9.: 2 Mon. 5 Tage) regiert. Sein Leichnam wurde feiner Frau und
Tochter übergeben, welchen ber Titel Augustae wieder genommen wurde
(Epatt. 8.). Vgl. Gibbon F, 213—228. — Quellen: Außer Aurelius
Bictor, Cutropius, Zoflmus, befonders der Zeitgenoffe Div Gafflus, Des
rodian, Spartianus (vit. Jul.). In objectiver Beziehung konnte der Erfle
die volle Wahrheit fagen, weniger In fubjectiver; denn er geſteht ſelbſt
(LXXII, 13.), daß er ven 3. haßte, und hatte gegen Pertinax und Severus
Verpflichtungen zur Dankbarkeit, mar au bei manden Parlien der Ges
ſchichte auf unrühmlide Weile felbft betheiligt. Bei Spartian dagegen tritt,
wenn er auch im Binzelnen fih über 3. manche tavelnde Bemerkung erlaubt
(c. 8. 6.7.), do im Ganzen die Bemäntelungs- und Rechtfertigungsſucht,
überhaupt die hoͤfiſch⸗apologetiſche Abſicht zu deutlich hervor, als daß wir
feinen Behauptungen, es ſei etwas gemelen oder nicht, dem Zeugniffe eines
Beitgenoffen gegenüber unbebingten Glauben ſchenken könnten; Herodian endlich
zeigt zwar für Pesocennius eine entſchiedene Vorliebe, ohne daß aber daraus
etwas für die Partellichfeit feiner Schilderung des I. folgen Eönnte. Und
dieſe flimmt mit der des Dio im Weſentlichen überein. Hiernach war J. wirklich
gonuanorng anAnorog und arelmrng aoeıyıg (Dio 11.), menn auf von
diefen Fehlern ver zweite erft in feinen fpätern Jahren hervorgetreten feyn
mag (Spart.9.), während er früher ebenfo habgierig als fparfam (Spart. 3.)
war, wodurd er zu feinem großen Reichthum gelangte. Doch muß I. im
Ganzen gutmäüthig geweſen ſeyn (auch feine Iekten Worte bei Die beweiien
dieß), nur war er dabei ſchwach, abergläubifh, ohne Energie und GEinficht,
alfo ohne Befähigung zum Herrſcher.
Aus derfelben Zeit werben noch ermähnt Julianus, der unter Domi⸗
tian als Befehlshaber im dakiſchen Kriege (gegen Dekebalus) im I. 844 fi
außzeichnete, Dio LXVII, 10.; J. unter Gommobud, von biefem Anfangs
hochgeehrt und zum praef. praetorio ernannt, bann auf die fhmählichfle
Weile behandet (Rampr. Comm. 11.) und ermorbet (Dio LXXII. 14. Lampr.
Comm. 7.); Salvius Jul., im 3. 175 n. &hr. = 928 (unter M. Anton.)
Gof;; J. von Severus als Anfläger der angeblihen Anhänger bed Pescen⸗
nius vermenbet (Dio Cafſ. LXXIV, 9. extr.); die Senatoren I. Pescennius
und 3. Gerelius, von Severus ermordet (Spart. Ser. 13.); Ulpius Jul.
zors (unter Garacalla) rag ruunass äynerapıoudros (Dio LXXVIII, 4.),
alfo censitor oder magister census, ald folcher übel berũchtigt, nichts deſto⸗
weniger von Macrinus zum praef. praetorio ernannt (Die LXXVIIE, 15.)
und gegen die Empörer (zu Gunſten des Hellogabalus, ſ. Br. III. S. 1103.
und Macrinus) gelandt; aber feine Soldaten fielen ab, ermorbeten ihn, der
fd Anfangs verftedt Hatte (Dio LXXVII, 32. Gapitol. Macr. 10.), und
fandten fein Haupt dem Macrinus (Herod. V, 4, &.).
Jalianus („Apostata“) 401
Ein anderer Julianus, Sohn bes Sabarus, ein Mäuber, war An⸗
führer der Samaritaner in ihrem Aufflande gegen Juſtinians gewaltiame Bes
fehrung (3.530), wurde aber nad) tapferem Widerſtand von Theodorus und
Johannes beflegt und fiel in der Schlacht; f. Brocov. Anecd. 11. p. 79.
Bonn, und Cyrill von Skythopolis. In Folge defien Iegte fich Juflinian ben
Beinamen Julianus zu.
Anicius Julianus, durch feine Toter Bafllina Großvater bes
Kaiſers Julian (vulgo genannt Apostata), einer ber erſten Senatoren, bie
öffentlig zum Chriſtenthum übertraten, Anhänger des Marentius, aber von
Gonftantin feiner Vorzüge wegen geigägt und im I. 322 zum Gof., fyäter
zum Präferten ernannt; befien Sohn Julianus (mütterlicder Oheim, Heiog,
bed genannten Kaiſers, Jul. Ep. 10. Misop. p. 365. C.), Comes orientis
und als folder zu Antiochia refldirend (Jul Mis.; Ep. 10. erwähnt er feiner
Statthalterſchaft von Aegypten), wo er am Ende des Jahrs 362 flarb (Amm.
XXIII, 1,4.), und zwar nad der chrifllichen Legende (So. V,8. Theodoret.
im, 12f. Philoſt. VII, 10.) eines qualvollen Todes, weil er die heiligen
Gefäße der Chriſten auf ſehr verächtliche Weife benützt habe. Der Kaifer ſelbſt,
Flavius Claudius Julianus, wie er auf Münzen genannt wird,
wurbe in der zweiten Hälfte* des I. 331 n. Chr. (Tillemont Not. 1. Bd.
IV. &. 693 f.) zu Gonftantinoyel (Jul. Ep. 58. p. 110. Heyl. Ammian.
Marc. XXI, 9, 2. XXV, 3, 23. Sof. II, 11, 4.) geboren. Sein Bater
Julius Gonftantius (f. Bo. II. S. 621.), ein Bruder des „großen“ Con⸗
Rantinus (Jul. ad Ath. p. 270.C. Amm. Dlarc. XXV, 3, 23.), mar zuerft
mit alla vermäßlt und erzeugte mit ihr (außer einer Tochter, ver Gemahlin des
Kaifers Conſtantius, und einem frähgemordeten Sohne) den nachherigen Eäfar
Gallus; in zweiter She war er mit der Tochter des Anicius Julianus uud
Schweſter des Comes Julianus (f. oben), Baflling, verheiratbet, welche wenige
Monate nad der Geburt ihres erflen Kindes, des nachmaligen Kaiſers Ju⸗
lianus, farb (Jul. Ep. 58. Misop. p. 352.). Als Eonflantinus im I. 337
arftorben war, hätten auch Gallus und Julianus durch die Maßregel orien-
talifder Volitik mit ihrem Vater, Oheim (Dalmatius) und ihrem älteren
Bruder (Jul. ad Ath. p. 270. D.) ihren Untergang gefunden, wäre nicht
jener zu frank und biefer zu jung gemeien, um Ciferſucht zu erregen (Liban.
orat. I, 525. Neisle. Sofr. II, 1. p. 135. C. So. V, 2.). Nach feinem
fiedenten Jahre (Jul. Misop. p. 352. C.) erhielt 3. den Cunuchen Mardo⸗
nius zum PVäpagogen, deſſen verfittlihenden Einfluß er ib. p. 351. ausführs
lich beſchreibt. Nachdem er feine frühere Knabenzeit auf den Beflgungen,
die er von feiner Mutter ererbt (fein väterliches Erbe Hatte Conſtantius ein»
gerogen, Jul. ad Ath. p. 273. B., vgl. frgm. p. 290. D. u. or. III, p. 121.A ),
zugebracht hatte (vgl. Jul. Ep. 46.). machte er feine eigentlihen Stubien in
Conſtantinopel, in der Grammatik von Nilofles, in der Rhetorik von Ele⸗
boliuß unterrichtet, weldde beine Chriſten waren, unb machte folde ort»
ſchritte, daß dadurch die Aufmerkfamkfeit des Volkes auf ihn als ven künf⸗
tigen Regenten gelenkt wurde. In Folge beffen entfernte ihn der ängſtliche
Gonflantius aus der Stadt (Liban. or. fun. I, 525. R. Sokr. III, i. vgl.
Sozom. V, 2.) und hielt ihn nebft Gallus ſechs Jahre lang (345—351) in
Makellum in Kappadokien gefangen, wo er zwar gründlichen Unterricht, aber
feinen Umgang genoß (Jul. ad Ath. p. 271. Sozom. V, 2 vgl. Amm.
XV, 2, 7.). Im diefer Zeit war er ein eifriger Chriſt und brachte es nad
ven chriflligen Schriftſtellern (Gregor. Naz. or. II,p.38.D. Sofr. II, 1.
® Uuf einer Verwechſlang mit dem Datum feiner Uebernahme ber Cäſarwürde
berabt Die Angabe des 6. November.
Bauly, Real-Euchdey. IV. 26
202 . Zaltanıs („Apostata“)
Soz. V, 2. Theodoret. III, 2.) bis zu bem Range eines Vorleſers der heil.
Säriften. Als den Gonfltantius das Bebürfniß eines linterregenten veran«
Ioßte, den Gallus zum Gäfar zu erheben — 351), wurde gleichzeitig
auch Julian ſeiner Haft entlaſſen mit der Erlaubniß zu gehen wohin er wolle
(Sul. ad Ath. 270 f. Greg. Naz. II, p. 61. D. Liban. or. I, p. 5326f. R. ).
Er wandte fich zuerſt zurüd (Soz. V, 2. enareidar) nad Gonſtantinopel
und von ba liberalium desiderio doctrinarum (Amm. XV, 2, 7.) nad Ni-
komedia. Hier durfte er, gebunden durch ein Verſprechen, dad er feinem
Lehrer in Gonflantinopel hatte geben müflen, den Libanius zwar nicht ſelbſt
hören, verſchaffte ſich aber ein nachgefchriebenes Heft feiner Vorlefungen und
flubirte diefes und Libanius' Schriften fo eifrig, daß er fich deffen Art ganz
zu eigen machte (Lib. I, 327.). Gleich zu Anfang feines Aufenthaltes in
diefer Stabt hatte er mit Gallus bei deſſen Durchreiſe nad Antiochia eine
Zufammenkunft (Lib. orr. I, 527. Sokr. III, 1., etwad abweichend Amm.
XV, 2, 7.), welde ihm fpäter von der Gamarilla zum Vorwurf gemacht
wurde (Amm. Marc. 1. 1.). Der Aufenthalt in Nikomedia wurde für Ju⸗
lians Richtung entſcheidend. Hier Ternte er nämlich (Neu-) Platoniker Tennen,
und dieſes Neue ergriff feinen von den chriflliden Dogmen keineswegs ge⸗
fättigten Geiſt mit folder Macht, daß er nur aus äußern Rückfichten nicht
offen mit dem @hriftenthume brach (Lib. orr. I, 528.R. Greg. Na. or.
III, p. 61. Soft. IN, 1. Soz. V, 2. p. 166. D. Vales.. Anm. Marc.
XXII, 5, 1f. Jul. Ep. 42.). Befonderd war es der um feinetwillen nach
Nikomedia gefommene (enkomiaſtiſch Eunap. Max. I, 48. Boiſſ.) Marimus,
der auf ihn influirte und ihm namentlich auch die Richtung auf dad Magiſche
am Neuplatonismus gab (Soft. u. Soz. J. I.). Diefe Belehrung zum Helle:
nismusd geſchah im zwanzigften Lebendfahre des I. (Epist. 51.). Bald traf
ihn die Nachricht von der Ermordung des Gallus (Dec. 354). Die fhuld-
bewußte Hofpartei fürdtete in ihm einen Nächer; unter dem Vorwande ges
heimen Ginverftändnifies mit Gallus mwurbe 3. in Nikomedia gefangen gefegt
(Sul. ad Ath. p. 272.D. Liban. or. I, 530.R. Soft. II, 1. p. 144.D.
Vales. Sozom. V, 2. p. 167. A. Val.) und an ben Hof nah Mebiolanum
trandportirt (Amm. Marc. XV, 2,7.). Hier gelang ed ihm zwar durch die
Fürſprache der Kaiferin, fich zu rechtfertigen (Jul. ad Athen. 273. A. 274. A.),
doch mußte er vor den Nachſtellungen ber Camarilla aus Mebiolanım, we
er fi faft ein halbes Jahr aufgehalten, in das benachbarte Comum gebradt
werben (Amm. XV, 2, 8.). Bald aber erhielt er Erlaubnig nah Bithynien
zurüdzufehren (Sul. or. III, p. 118. B.). Kaum war er jedoch abgereist,
fo Tief am Hofe die Nachricht von ausgebrochenen Auffländen ein (ad Aıh.
273. A.); Eufebla wußte das Interefie der Furcht des Kalferd und das bes
Wiſſensdurſtes von Jul. dahin zu vereinigen, daß dieſer Befehl bekam, ſtait
nad Bichynien vielmehr na Hellas zu geben (ad Ath. 273.D. or. II,
p. 118. £. vgl. Liban. I, 531. Amm. XV, 2,8). Im Sommer 355 fam
er in Athen an, mo er fi durch feine Kenntniffe (Liban. I, 532. Zof. IH,
2, 1.) und feine Anſpruchsloſigkeit (Liban. 1. 1.) audzeichnete. Schon An»
fangs Dctober erhielt er aber Befehl, nah Mediolanum zurüdzufehren (ad
Ath. 273. A. or. III, p. 121. B.), wo er bei feiner Ankunft wohlwollend
aufgenommen (p. 274. B.), an den Hof gezogen (ib. C.D.) und am 6.
Nov. 355 zum Bäfar ernannt wurbe (ad Ath. 277. A. 2ib. I, 532. Amm.
XV, 8, 17.). (Die Begründung und nähere Ausführung diefer ganzen Dars
ftellung von Julians Jugendgeſchichte ſ. in meinem Auflage: Zur Geſch. ves
Kaiſers Zul. in- Schmidts Zeitſchr. für Geſchichtswiſſenſch. 1845. Bb. III.)
Am 1. December gieng er an feinen Befimmungdort, nah Ballin, ab
(p. 277.D. Amm. XV, 8, 18.), wobei Gonft. ibn fo dürftig ausſtattete
dur, ad Ath. 277.D. Amm. XV, 8, 18. 26. I, 535. Bof. IIL 3, 3.),
Zulianus („Apeontata“) 403
daß man meinte, es fei bei der ganzenffftnennung auf feln Verderben ab⸗
geſehen (Liban. I, 534 f. Amm. XVI, 11, 13. @unap. Max. I, 53. Boiff.
©ofr. IH, 1. p. 145. C. Vales.). Julians Aufgabe war, die Germanen,
welche feit längerer Zeit das römifhe Gallien beunrubigten, zu züchtigen,
bie tief geſunkene Achtung vor den römifcgen Waffen wieberherzuftellen.
den vier Jahren feines Aufenthaltes hat I. diefe Aufgabe vollfommen gelöst
(Amm. Marc. XXV, 4, 25. Jul. ad Ath. p. 280. C.D.). Anfangs eine
mtergeorbnete, von feinem Kriegsſrathe abhängige Stellung einnehmend, wie
ed feine Jugend und fein Mangel an Erfahrung im Kriege mit ſich brachte
iban. or. I, p. 586. Sokr. IH, 1. p. 145. A. of. III, 2, 4.). zeigte
er ſich bald in demſelben Verhältniß des Oberbefehls würbig, als Mitgliever
des Kriegsrathes fich deſſen unwürdig machten (Amm. XVI, 4, 3. 7, 1. Jul.
ad Ath. 278. B. Sokr. III. 1. p. 145.B.). Daher übertrug ihm Conſt. mit
Beginn des Fruhjahrs 857 die wirkliche Anführung (ad Ath. 278. D. gef.
III. 2, 6.), eine Stellung, von welcher I. den vorſichtigſten Gebrauch machte,
indem er nur in Fallen dringender Noth ohne Inflruction handelte (ad Ath.
278. C.). Dur die große Binfachheit ſeines Lebens (Amm. XVI, 5, 1.8.
Jul. Misop. p. 339.), feine Theilnahme an allen Arbeiten und Gefahren
(Amm. XVII, 1, 2. XX, 8, 6. vol. XXI, 5, 24. XXIV, 6, 15. Liban.
1, 598.), fo wie dur Handlungen der Milde (Amm. XVI, 5, 12. So}
V, 1.) und theilneßmenden Fürſorge (Amm. XVI, 4, 4. XVII, 3. vgl. Sul,
Ep. 17.) machte er fi bald bei feinem Heere (Amm. XVII, 2, 5 f. of.
III. 5, 5.), wie bei den Landedeingeboremen (Amm. XVI, 5, 14. Jul. Misop.
360. C.) ebenfo belicht, als durch feinen fittliden Ernſt (Amm. XVII, 3, d.),
feine Gerechtigkeit, feine firenge Disciplin (Amm. XVII, 2, 7. 14.) geachtet
(Amm. XXV, 4, 12. XVII, 1.) und bei ben Zeinben durch feinen außer»
orbentliden perfönliden Muth (Amm. XVI, 12, 3. XVII, 1, 14. vgl, XXIV,
2, 14—17. 4, 3. 5, 6. 11.), die Schnelligkeit feiner Bewegungen (Amm.
XVII, 8, Af. XVII, 2, 2 ff.) und feine Ausdauer bei Unternehmungen ges
fürdtet. Zu den glänzendften feiner Kriegäthaten gehören feine wiederholten
Rheinäbergänge (3. B. Amm. XVIH, 2, 11 f. XX, 10.) und bie Schlacht
bei Straßburg (3. 357), worin er nad hartem Kampfe bie Alemannen bes
flegte (Amm. XVI, 12. Jul. ad Ath. 279. B. gueyesauım ovr andaoıg).
Und dieß Alles that er troß dem, daß Conſtantius ihm auf ale Weiſe ent»
gegenarbeitete, feinem Heere die verdienten Belohnungen vorenthielt, um es
gegen feinen Anführer zu erbittern, was ihm .aud) vorübergehend gelang
(Amm. XVIE, 9, 3. 6.), ihn mit Spionen umgab (Amm. XVIE, 9, 7.),
ihn nöthigte, tanqram apparitor über die Fleinften Unternehmungen zuvor
zu berichten (Amm. XVII, 14, 1.), und allen Berläumbungen über i
mwillige® Ohr lich (Amm. XVII, 3, 6.). Nichtedeſtoweniger ließ ih 3.
nit zum Undank gegen den, ber ihn, wenn auch nit aus Liebe, in feine
Stellimg gehoben, noch weniger zum Ungehorfam verleiten (Jul. ad Ath.
250. D.— 281. A. vgl. Soz. V, 19.), und auch der letzte Ausbruh war
nicht durch ihn herbeigeführt oder gewünſcht. Während nämlich Iul. in Baris
übermwinterte (I. 360), fandte der Kaifer, in Folge von Anfhmärzungen und
aus eigener Giferfucht (Zul. ad Ath. 282. C. D.) einen Befehl, wonad jener
feine beſten Truppen abgeben und in den Orient führen laſſen ſollte (Amm.
xx, 4, 1ff.). Bereit war die ausbrüdlichen Verträgen zuwiderlaufende
Maßregel Halb vollzogen (LKib. I, 558.0. Soſ. IH, 8, 6 fj.), ald bie noch
nicht abgeführten Truppen ſich empörten und Zul. jum Auguſtus ausriefen
(Amm. XX, 4, 13 f. of. III, 9, 2f.). Jul. weigert ſich beſtimmt, ver
foriht aber feine Verwendung beim Kalfer (Amm. XX, 4, 15 f., mit deſſen
ganzer Erzählung die ausführlihe von Sul. ad Ath. p. 283 f. vollfommen
übereinfiimmt). Aber Has Heer befland auf feinem Verlangen und 3. mußte
Lou
404 Jaltanus („Apostata”)
endlich nachgeben und fi Trönen laſſen (Amm. XX, 4, 17f. 86. I, 554.
Jul. ad Ath. 284. Ep. 38.). Er blieb den Winter über in Paris und
benachrichtigte den Kaiſer von dem Vorgefallenen, ohne fih felbft den Tirel
Auguftus beizulegen (ad Ath. 285.D. Amm. XX, 8, 3. 2ib. I. 557. of.
II, 9, 5., falſch Soft. IH, 1. P- 145.E. Soz. V, 1.). Hocherzürnt bes
fiehlt ihm Conſt. fih mit der Gäfarmürbe zu begnügen (Amm. XX, 9,2 ff.
Aur. Vict. Epit. 42, 16.), obne ihm aber diefe für die Zukunft zu garans
tiren, fondern blos perfönlidde Sicherheit verſprechend (ad Ath. 286.C. of.
II, 9,6.), und trifft Anflalten zu einem Zuge gegen 3. (ad Ath. 286. A.B.).
Schon die Rüdfiht auf feine Freunde und fein Heer (2ib. I, 557.) trieb
ben 3. vorwärts. Er ließ die kaiſerliche Antwort vor feinem Heere vorlefen,
das von Neuem ihn als Auguſtus auerief (Amm. XX,9,6 f.). Aus Furdt
vor dem Loofe bed Gallus entihloß fih I. In Vienna, wohin er ſich im
Winter begeben, zu offenem Kriege (Umm. XXI, 1, 1—4.). Nachdem er
raſch den von Gonft. aufgehegten Badomar zur Ruhe gebracht (Amm. XXI,
4, 1—6.) und eine Schlappe feines Legaten gerät hatte (Amm. XXI, 3, 3.
4, 7.), brach er gegen Gonfl. auf. Er theilte fein Meines Heer in mehrere
Abtheilungen (Amm. XXI, 8, 3 f.) und rüdıe fo ſchnell vorwärts dur
Dberitalien und Syrien, daß er an manchen Orten noch vor der Nachricht
von feiner Erhebung zum Kalfer ankam (of. III, 10, 3 f.) und nirgends
Widerſtand fand (Amm. XXI, 9, 3—8. 10, 1f.). Erf in feinem Rücken
erhoben fi zwei Legionen gegen Ihn und feßten ſich in Aquileja feſt (Amm.
XXI. 11.); die lange Belagerung wurde erſt fpäter dur die Nachricht von
Gonftantius’ Tod beendigt (XXI, 12, 1—19). Inzwiſchen zog I. vielfache
Verſtärkungen an fih (Amm. XXI, 12, 21 ff. of. II, 10, 3 f. 11, 2.),
hatte ſich aber auch ver Nachſtellungen des Gonft. zu erwehren (Epist. 38,
p. 69. Heyl. ad Ath. p. 281.A.). Diefer ſtand bei Edeſſa ohne feiten Plan
“den Beriern gegenüber (Amm. XXI, 13,1 ff.); als fle ihm aber Ruhe ließen
und die Nachricht einltef, 3. bedrohe Thrakien, kehrte Conſt. nach Hierapolid
um (ib. 13, 6—8.), ſchickte zuverläßige Unterfeloherren dem J entgegen
(ib. 13, 16.) und zog felbft nah Antiochia, wo er fih zu bigigem Angriffe
rüftete (ib. 15, 1.). Schon neigte fih der Herbſt zu Ende, ald er nad
Tarfus aufbrach; aufgeregt mie er war (Aur. Bict. ep 42, 17.), murde er
bier vom Fieber ergriffen; er glaubte es durch die Bemegung des Mariches
los werden zu können und erreichte Mopſukrene, die Gränsftabt von Kilikien
(ib. 15, 2.). Hier flarb er III Non. Octbr. 361 (ib. 15. 3. Sokr. IE,
4, 1.) 40 Jahre alt, nachdem er angeblih (fogar ſchriftlich Amm. XXI,
15, 5.) mit hellem Bewußtſeyn Jul. zu feinem Nachfolger ernannt hatte
(ib. 15, 2.). Ghe aber Julian. hievon Kenntniß hatte, durchforſchte er
rathlos die GBingeweide von Opferthieren und blieb unſchlüfſig in Dafien
ſtehen (Amm. XXH, 1.). Hier erbielt er die offizielle Nachricht vom Tode
des Gonft. (ib. 2, 1); er eilte daher dur Thrakien nad Gonflantinopel
(ib. 2, 2f.). Hier lief ihm Alles entgegen und III Id. Dechr. 361 zog er
in feiner Vaterſtadt ein (ib. 2, 4.), In welcher er ben ganzen Winter über
blieb (12, 16.). Seine erften Regierungehandlungen waren auf die Made
der Ermordung des Gallus gerichtet (ib. 3, 2—9.) und er verfuhr theils
welfe dabei Hart und undankbar (ib. 7.). Auch entließ er den ganzen zwar
ſehr Eoftfpieligen, drückenden und unbraudbaren, aber für bie orientalifchen
Begriffe von Ealferliger Würde und Mepräfentation nit fo gang zu ent⸗
behrenden Hofflaat aus abflracter Liebe zur Einfachheit (Rib. or. fun. 1,569.
Amm. XXI, 4, 1. vgl. 4, 9f. Gofr. III, 1. p. 147. A. B. Vales. Ber»
Säumberif$ Greg. Naz. or. III, p. 73. A.). Bon weitgreifender Bedeutung
war, was er in Bezug auf die Meligion verorbnete. Sobald er ſich frei
fah, warf er die läſtige Maske ab und erklärte öffentlih, daß er fi für
Jallanus („Apostata“) 403
ben Selleniömu® entſchieden. Demgemäß befahl er die Eröffnung aller helleniſt.
Tempel und die Wiederaufnahme ver Opfer (Umm. XXI, 5, 2. Gregor.
Ra. or. II, p. 70.A. Sokr. III, 1. p. 146.A. Soz. V, 2. in.); den
chriſtlichen Parteien aber verſprach er allen gleihmäßigen Schuß und ertheilte
den unter Gonftantius verbannten Katholikern Erlaubniß zur Rückkehr (Amm.
XXII, 5, 3f. Jul. Ep. 26. 52. Sozom. V, 5. Philoſt. VII, 4.), eine
Daßregel, welde bei ver Jul. wohlbekannten Zankſucht der Chriſten allerbings
für diefe von nachıheiligen Folgen ſeyn Eonnte, melde aber rein zu ihrem
Vortheil zu wenden, in der Gewalt der Chriſten felbft fland. Den ganzen
Binter über betrieb I. umfaffende Vorbereitungen zu einem Zuge gegen bie
Barıher (PBerfer). 88 war dieß ein Vermächtniß der Vergangenbeit, dem
ein ıbatendurfliger Fürft am weniaften fi entziehen modte. Ein Fehler
war nur bie Haft, womit er fih, ohne dem matten Reiche einige Ruhe zu
gönnen, auf einen Krieg flürzte, mit dem es gar keine @ile hatte, und bie
ruhmfühtige Verblendung, womit er die Friedensanträge von ſich wies,
welche die Beinde, von dem Ruhm feines Namens erfchredt (Tügenhaft Theo⸗
doret. 11, 21. in.), no vor dem Beginn ded Kriege ihm machten (Riban.
or. fun. I, 577. Soft. IH, 19. extr.). Materiel nutzlos war diefer Krieg
zwar, aber ideell, in Nüdfit auf den römiihen Ruhm, eine Pflicht, und
ſublectiv, für Juliane Unruhe und Nuhmgier (Amm. XXI, 12, 1f. Aur.
Vict. Ep. 43, 1.), eine Norbmwendigkeit. Fortgeſetzt murden die Nüflungen
in Antiodia, mo er gegen das Ende des Juni 362 (vgl. Tillemont hist.
des emp. IV, 697. not. 6.) anfam. Das Bolt nahm ihn in Jubel auf
(Amm. XXI, 9, 14. of. III, 11, 8.); aber bald flellte fi die Differenz
der beivderfeitigen Anflhten und Neigungen heraus. Die Reihen und Vor⸗
nehmen machte ih I. zu Zeinden, indem er nachfichtslos allen denjenigen,
melde ihr Bermögen dazu befähigte, die läſtige Senatorenmürbe übertrug
(Misop. 367. D 3of. III, 11 10.) und aus PBopularitätöfucht vergebliche
Taren tür die Lebensmittel feftiegte (Misop. 368— 3:0 ) und mit @igenfinn
durchführte (Amm. XXI, 14, 1 f Xiban. 1, 587. Sofr. II, 17.). Das
Volk aber, dem er zu Gefallen handeln mollte (Misop. 370. B ), danfıe ihm
nicht dafür, indem es an feinem unkaiſerlicen Aufzuge, feiner Abneigung
gegen das, was es felöft liebte (Misop 357. EB ), feinem für fle ungewohnten
feßfen Auftreten (Misop 355. 365 D 368 B. vgl. Amm XXII, 10, 1.)
Anftoß nahm. Bor Allem aber führte die Religion manchfache Eonflicte
herbei (vgl. 3. B Sofr. III, 19. Theodoret II, 9 f 19). Zum Aus—⸗
bruch Lam die Mißſtimmung, als (XI Kal. Nov. [22. Octob.] 362) ver
Apollotempel vermublih durch fanatiſche Chriſten angezündet wurde (Misop.
361.B.C. Amm. XXI, 13, 1), morauf J. die chriſtliche Kathedrale
fließen Tief. Das Volk machte ſich durch manchfache Nedereien Luft, deren
Begenfland vornemlih feine Berfon und feine Opfertbärigfeit mar (Amm.
XXI, 14,3. Son. XIII. Misop. passim). Es war leiht, der Sade eine
politiſche Wendung zu geben und vemgemäß einzufchreiten (Jul. Ep. 39.
p. 120. Heyl.). Aber I. mußte den Kaiſer und den Menfchen auseinander
zu halten, unterbrüdte bie auffleigende üble Laune (Amm. ib. 2.) und ant»
mortete mit gleiher Waffe, mit Worten und mit Spott, durch feine Schrift
Misopogon, d. h. der Barthaffer (Liban. I, 589. of. III, 11, 9. Soft.
II, 17. Soz. V, 19. Nikeph. Call. X, 27.). Doch verließ er bald darauf
(Ill Non. Mart. "363, Ammian. XXIII, 2, 6.) in unverbohlenem Un⸗
mutbe die Stadt (Amm. XXIII, 2, 4.), nachdem er der Wrovinz abſichtlich
einen leidenſchaftlichen Mann zum Präfecten gegeben hatte (ib. 3.). Da er
gedroht, den nächſten Winter in Tarfus feine Reflvenz zu nehmen, fo wollten
Die Antiochier dur eine Deputation (Liban. Aoy. nrossßevr. follte dabei vor⸗
getragen werden) ihn bitten laſſen, zu ihnen zuruͤckzukehren; aber ver Ausgang
406 - Jullanus („Apostata”)
des Feldzuges machte dieß überflüffig. Ammian (f. z. B. XIII. 5,7. XXIV,
2, 1. 2. 4, 31. 5, 1.) und Eutrop (X, 8.) machten den Zug mit; jener
bat davon eine betaillirte Beſchreibung gegeben (XXI. XXIV.), womit zu
vergleichen if die von Liban. or. fun. I, 594 ff. R. u. Zof. III, 12—28.
Im Preifen feiner Umfidt (f. 3. B. Amm. XXIV, 1.) und feiner außer-
ordentlichen Tapferkeit, welche auch fein Heer mitfortriß (AUmm. XXIV, 6, 14.),
flimmen Alle überein; aber daß er wiederholte Friedensvorſchläge zurückwies
(Sofr. III, 21.) und feine Flotte in Brand fledte, damit fie nicht in bie
Hände der Beinde falle, beurtheifen die Schriftfieller nad ber Verſchiedenheit
‚ihrer Anfichten und ihrer Zus oder Abneigung verſchieden; vgl. Amm. XXIV,
7,3—6. und vollends Theodoret. III, 25. mit Liban. or. fun. I, 610. Schon
hatte Jul. viele Städte erobert und Eleinere und größere Siege über feine
Feinde Davongetragen, aber au ſchon Vieles von ber Hige und dem Hunger
gelitten, als er eined Tages auf die Nachricht von dem Nachtheile, ven eine
Abtheilung Nömer erlitten, in größter Haft ohne Banzer in den Kampf fliegt
(Amm. XXV, 3, 3.). Wirklich bringt er die Feinde zum Weichen und ver»
folgt fle mit Ungeflüm (ib. 3, —6.); plötzlich aber freift die Lanze eines
Reiters feinen Arm und dringt in feinen Leib ein (costis perfossis haesit in
ima iecoris fibra, ib. 3, 6. &iban. or. I, 618. II, 33.). Indem er fie
beraußziehen will, ſchneidet er fi die Zinger ab und finkt vom Pferde (ib.
3, 7.). Als ihn fein Heer ind Lager tragen fah, flürzte e8 mit Wurh und
Todesverachtung auf die Feinde (ib. 3, 10.), welche ihrerfeitö neuen Muth
fhöpften,, fo daß die Schlacht erſt pur den Anbruch ber Nacht unterbrochen
wurbe (ib. 3, 11.). Zwar Eonnten fih die Hömer als Sieger betrachten,
ba fünfzig edle Perſer gefallen waren (ib. 3, 13. of. III, 29, 2.), aber
der Sieg war mit dem Berlufte ihres Feldherrn und Kaiſers viel zu tbeuer
erkauft. Sobald er verbunden war, hatte I. wieder in die Schlacht eilen
wollen, aber die Kräfte verließen ihn und er erfannte, daß er flerben müſſe
(ib. 3, 8f. 15 ff), nahm von feinen Getreuen Abſchied, vertheilte feine
Habe unter feine Vertrauten und unterrebete fih mit Maximus über die Er⸗
babenheit der Seele, bis er nicht mehr fpredhen Eonnte. Er verlangt Falte®
Waſſer und flirbt um Mitternadt (vom 26.—27. Juni 863, Anm. AXV,
5, 1. Sofr. Il, 21. exir.) fanft (Amm. 3, 23. of. II, 29, 1. Aur.
Bict. ep. 43,4., falſch Philoſtorg. VII, 15.), ohne einen Nachfolger ernannt
zu haben (Umm. 3, 20. Xiban. 1, 614.). Myıbiih if was bie chrifklidden
Sährififteller (3. B. Theodoret. III, 25. extr., abweichend Philoſt. VII, 15.)
in leicht zu erfennender Abſicht von einem Ausdrufe des Sterbenden: serınınac
Taiduie zu erzählen wiflen. I. flarb im 82ften Lebensjahre (Umm. XKV,
8, 23. Gofr. II, 21. extr. nennt dad 31ſte), im dritten feitden er zum
Auguftus ernannt war (Sofr.1.1.), areAevıro smi &oyo (Bonar. XIII, 13.),
nach einem kurzen aber reihen Leben. Banatiömus und niedrige Geflunung
jubelte bei feinem Tod (Theodoret. III, 28. und Gregors beide Reden g. J.),
aber ehrenhafte Feinde gaben ihm die laute Anerkennung feiner Tüchtigkeit
ind Grab mit (Amm. XXV, 6, 6. 2iban. I, 613.) und feine Freunde über»
ließen ih ungemeffenem Schmerze (Liban. I, 625. of. II, 34, 3.). Seinem
Wunſche gemäß wurde er in Tarfus beſtattet (Amm. XXV, 9, 12. of. IH,
34,6 f.) und fein Nachfolger freute Kränze an feinem Grabe (Amm. 10,5.).
Wer der Urheber feines Todes gemefen, darüber waren auch bie Zeitgenoffen
ungeniß. Won den Perſern wollte e8 feiner feyn, obwohl ihr König Sapor
dem Thäter eine große Belohnung verſprach (Liban. 1, 614. 11,.34.); baber
Sapor den Nömern geradezu die Ermordung ihres Feldherrn zum Vorwurf
machte (Amm. XXV, 6, 6. Liban. II, 46 f.), was Libanius bald mit mehr
bald mit weniger Befimmtheit nachſpricht (1, 614. II, 32.). Sozomenus
(VI, 1. p. 201 f. Vales.) hat die Frechheit, es für fehr glaubli zu erklären,
Jallanus (‚„Apostata") 407
dag ein Chriſt der Mörber war, und diefe Handlung in Schuß -zu nehmen.
Anbere Angaben f. bei Greg. Naz. or. IV, p. 116. D. Sofr. IH, 21. Theo⸗
doret. IH, 25. Philoſt. VII, 15. Das Wahrfeinlicäfte if, daß er wirklich
hostili manu fiel, wie der Augenzeuge Eutrop beflimmt fagt (X, 8.), unb
auch Ammian dadurch beflätigt, daß er (XXV, 3, 19.) den flerbenden Kaiſer
der Gottheit vafür danken läßt, daß er non clandestinig insidiis ſterbe. Jul.
ſelbſt, der doch die Richtung bed Geſchoßes kennen Re. begte jedenfalls
entfernt feinen Verdacht diefer Art. Der Berfer, welcher ihn getödtet, konnte
ſelbſt au erfihlagen feyn oder nach der Landesfitte im Fliehen feine Waffe
abgefendet Haben (vgl. Amm. XXV, 1,18.), fa daß er ſelbſt ihre Wirkung
nicht mehr fah, und der limfland, daß fi Niemand als Thäter meldete,
beweist daher Nichts. — I. beſchreibt fein Aeußeres ſelbſt mit einem gewiſſen
fofetten Cynismus Misop. p. 338 f. Damit flimmt durchaus überein, was
Ammian berichtet und die Münzen beflätigen. Er mar von unterfebter Statur
(Amm. XXI, 2, 5. XXV, 4, 22.), mehr gewandt und auddauernd als ſtark
(Aur. Bict. ep. 43, 5.), wohlproportionirt, doch breitſchultrig (Amm. XXV,
4, 22.), feine Augen waren feurig und verriethben Geil (Amm. XV, 8, 16.
XXV, 4, 22.), fein Mund war etwa® groß und die Unterlippe ein wenig
berabhängenb (ib. 4, 22.); fein Haar Hatte eine auffallende Weichhelt (ib.);
befonder8 charakteriſtiſch war aber fein langer firuppiger Bart (ib. XVII, 11,1.
xXxu, 14, 3. XXV, 4, 22. Zon. XIII, p. 26. Reg.). Seinen Bewegungen
fehlte das alıhelleniihe Ihöne Maß: bald waren fle übertrieben leidenſchaft⸗
lich, zavpelnd (Breg. Naz. or. IV, p. 122. A.B.), bulb fleif und gravi⸗
tätiſch (Amm. XXI, 14, 13.). Wieverholt erwähnt er Erfranfungen: Ep.
30. in. 44. 60, p. 122., ad Themist. p. 259. D., Bei Gyrill. p. 235. C.
Spanh. Zur Frau gab ihm Gonftantius zugleih mit der Cäſarwürde (J.
355) feine Schwefter Helena (Amm. XV, 8, 18.), die minbeflens ebenfo
alt gemefen ſeyn muß als Iul., da ihr Vater Konftantinus ſchon 18 Jahre
vorher im Alter von 64 Jahren geflorben war. Sie farb im Winter 360
bis 361 zu Vienna (Amm. XXI, 1, 5.); J., damald Ion Auguftus (vgl.
ad Ath. 284. B.), Tieß ihre Leiche zu Rom neben ihrer Schwefter und Schwäs
gerin Gonftantina beifegen (Amm. 1. 1.). Sie hatte in Gallien einen Sohn
geboren, der aber durch bie von der lange unfruchtbaren Eufebla beſtochene
Hebamme getödtet wurde (Amm. XVI, 10, 19.); au gab die Kailerin 856
ihr einen Trank ein, damit fle immer Fehlgeburten thue (ib. 10,18). Und
wirklich if Hei Iuliand Tod nirgends von Nachkommen deſſelben die Rede
(vgl. Lib. I, 582.). Wenn daher wiederholt (Ep. 40, p. 72. 68, p. 137.
Heyl.) 3. von einem zooyevg Tor Survrov naidor ſpricht, fo iſt, da bei
3. an illegitime Kinder nicht zu denken, auch eine metaphoriihe Auffaffung
nicht zuläßig if, der Ausdruck von einem Hofbepienten zu verflehen, ber ent⸗
weder ſelbſt ober durch feine Frau zu den früheren Kindern bes I. Beziehung
hatte und feine Stellung fortbehielt fo Tange Sulians Ehe befland. — Julians
Sinnedart war in ihrem Grunde der feined Bruders Gallus nit ganz un⸗
ähnlich: heftig, gewaltthätig, eckig und 36 (Misop. 348 f. 850. 353. 359.) ;
eine thrakiſche Natur, welche erft im Verlaufe hellenifirt wurbe (Mis. 967. C.).
Erziehung (namentli$ durch Mardonius) und Schickſale, fpäter unterflügt
durch Srundfäge und Berechnung, braden die urfprünglice Härte feiner
Natur, ohne fle aber ganz zu vertilgen. Die fehlerhaften Leberrefle davon
waren ein gewiſſer Gigenfinn, ein Vertrauen auf ſich und feine Kräfte, weldes
ihm vielfach zum Verderben ausſchlug, eine durch wirkliche Anftrengungen
und vielfeitiged Lob genährte Bitelleit. Da er aber die überfprudelnde Wild⸗
beit feiner Natur ſelbſt am beſten kannte, fo machte er feiner Umgebung zur
Blit, noͤthigenfalls ihn auf fich ſelbſt aufmerkſam zu machen (Amm. XXI,
10, 3. XXV, 4, 16. Bgl. Jul. Ep. 12.), und ba er zugleih von Natur
408 Jalälanus („Apostata”)
- burdaud Et war (Umm. XVI, 5, 18. 12, 8. XXI, 14, 5. XXI,
5, 8. XXIV, 1, 19. XXV, 4, 9. Gunap. Max. I, 47. Boiff. vgl. vſ Jui.
Ep. 77. ), fo kamen feine verſchiedenen cigenſchafien in eine Miſchung, deren
Grundcharakter ein guter war. Namentlich war eine eiſerne Willenskraft
die Frucht der urſprünglichen Tüchtigkeit ſeines Weſend. Allein durch feinen
Vorſatz konnte er # zu jeber beliebigen Stunde ber Naht wach machen
(Amm. XVI, 5, JM er schlief immer nur halb fo lang als Andere (ib.)
auf feinem harten Lager (ib., Misop. 340. Xiban. I, 613.). Nachdem er
aufgeftanden war und zu Merkur gebetet hatte, gieng er an Staatsgeſchäfte
(vgl. ib. XXIV, 4, 21. Jul. Ep. 12.) ober vifltirte im Kriege die Wach⸗
poften (ib. XXV, 4, 5.); damit zu Ende, fieng er dad Stubiren an (Um.
XVI, 9, 6. XXV, 2, 3. 4, 5.). Seine Keuſchheit war unerfhütterli, trog
feines Temperamenteb (Lian. I, 617. Mamert. paneg. 11. p. 230.); nad
dem Tode feiner Frau berüßrte er nie wieder ein Weib (Amm. XXV, 4, 2f.)
und bielt fih alle Verſuchung ferne (ib. XXIV, 4,27. 2ib. I, 582.). Diefe
Meinheit (ib. 1,564. Dagegen lügt Greg. May. or. IV, 121. C. — Misop.
p. 345. C. beweist Nichts) murbe ihm möglih durch feine große Maͤßigkeit
(Amm. XVI, 5, 1. XXV, 2, 2. 4, 4. Misop. 340. Ep. 46. 8216. 1,579.).
Dur eine ſolch⸗ Rebensweife wird bie außerorbentliche gätigeit erffärlicher,
welche 3. in dem Zeitraum weniger Jahre entwidehte. Sein Fleiß war
unermuͤdlich (Lib. I, 580.), gene Zernbegierbe (Ep. 3. 36. ad Themist. p.
254.B. Amm. XVI, 5,6. I, 1, 7.) und im Zufammenbange damit au
feine Bücherſucht (Ep. 9. — * Or. III, p. 123 f. 126. A vgl. Misop. 347.)
unerfättlich. Sevurh und durch fein ehr gluͤckliches Gedächtniß (Butr. X, 8.
Amm. XVI, 5, 8.) erwarb er ſich einen reihen Schatz des Willens (Liban.
L, er Gute. x, 8. Aur. Vict. ep. 43, 5. Amm. XVI, 5, 6 f.), auf
welden,, ala etwas Selbflermorbenes, er fih nicht wenig zu Gute that
(Sofr. III, 21.) ımdb wovon er, im @efchmade feiner Zeit, in feinen Schriften
alfenthalben Proben niederlegte. In ihrem vortbeilbafiehten Lichte zeigte ſich
feine Willensfeftigkeit in feinem Lowenmuthe (f. 3. B. Amm. XXI, 3, 6.),
feinee Ausdauer (Amm. XXI, 12, 4. XXIV, 3, 1 eio. I, 577.), feiner
Treue in allen Verbältniffen,, imie in feinem Tode. Treu mar er feinen
Sreunden, fogar Unmürbige ſcheute er fi zu verftoßen. Es iſt freilich ſchwer
zu unterfcheiden, welcher Antheil- einer gewiſſen Oftentation und zeitmäßigen.
Ueberigmänglichfeit gebührt an ben ungemefjen zärtliden und lobpreifenden
Ausdrüden, die und in feinen Briefen an Freunde überall begegnen; den
Meiften gegenüber ſcheint Schmeihelei eine Münze geweien zu feyn, melde
man ebenfo verſchwenderiſch ausgab, mie einnahm; bei Andern aber ſcheint
es Emft zu feyn, und wie er gegen Solche geflnnt fei, mit welchen er nicht
blos dur dad Band der gemeinfamen Studien, ſondern durd tiefere menſch⸗
liche verfnäpft war, bewies er in feinem Tode (Amm. XXV, 8, 21.). Ueber⸗
haupt if} die Art feines Sterbens ein Beweis, wie Ernſt e8 ihm mit feinen
Ueberzeugungen und Sandlungen in feinem Leben war. Neben biefer Ge⸗
biegenheit war er aber auch für weichere Gefühle nit unzugänglich. Er war
leicht zu Ihränen zu rühren (Ep. 33. in.37. in. 40, p. 72. Heyl. Amm. XXIE,
9, 4.) und fein Bedürftiger gieng unerfreut von ihm (frgm. Ep. p. 2%. C. ),
und auch dem Beinde verfagte er, den Menſchen von dem Feinde trennend,
die Babe nit (ib. 290. D.). Ueberhaupt zeigte er fi gegen perfönlihe
Feinde immer edel und verföhnlid (Amm. XX1,5, 11 f. 12,20. XXV, 4, 9.
2ib. I, 573. 589.), fogar gegen Gonftantius ließ er fi faſt nie zu einer
uneblen Aeußerung hinreißen. Wunderlich flimmt zu dem Gefunden, Kräfe
tigen, Heldenhaften ſeines Weſens das ſophiſtiſche Clement, pas ihm feine
Zeit mitgab: eine tüchtige Natur, über und über behangen mit den Lächerlich⸗
keiten, Eitelkeiten, Abſurditäten und Unmännlichkeiten feiner Zeit, aber
Jallanus („Apestata‘)' 09
durch die Unvermüftlichkeit feiner urfprünglich guten Begabung weit über ben
gewoͤhnlichen Schlag feiner Zeitgenofien erhoben. Die fophiftifcden Elemente
treten am auffallenpflen hervor in feiner literariſchen Thätigkeit; aber au
in feiner Gitelfeit, feiner Nebfeligkeit (Eutr. X, 8. Amm. XVI, 5,9. XXV,
4, 17.; obmohl er au zu ſchweigen wußte, Lib. I, 531.). Durch biefes
Element, wie überhaupt durch feine Gultur und feine Weichheit unterfchieb
ſich J. von Gallus wie Titus von Domitian (Amm. XIV, 11,28. XV, 1,4.)
Den Xotaleindrud, den diefer Ritter ohne Furcht und Tadel auf Ammian
gemacht, faßt dieſer (XXIV, 4, 1.) mit den Worten zufammen: vir pro-
focto heroicis connumerandus ingeniis, worauf er, ganz im Stile biefer
Zeit, Julians Vorzüge nad der Bintheilung in vier Garbinaltugenden ab⸗
handelt und urtheilt: intento studio coluit omnes ut singulas. Au in
feiner Ihätigkeit ald Regent trat vielfach der Philofoph und Sophiſt her⸗
vor (vgl. Eutr. X, 8. in qvibusdam philosopho propior). @inmal darin,
daß er fi über das Geremoniel ganz hinwegſetzte (2i6. 1,585 f.) und die Bes
ariffe von der Kaijermürbe mit einer gewiffen Abſichtlichkeit verlegte (Kib. 1,574.
Amm. XXII, 7, 1. 3. 9, 13. 14, 3. Greg. Na. or. IV, 121. C.), theils
um das, zu deſſen Gunften er die Würde opferte, zu heben, theils weil ex
feinen Werth und feine Geltung nicht erſt durch die Krone zu haben glaubte.
Sodann darin, daß er, um ein Feld für feine Berebtiamkelt zu haben, einen
Schein der alten Freiheit zurüdrief purh Hebung des Senats (Lib. I, 378.
Soft. IT, 1. p. 147.B.); auf darin, daß er. feinen mündlichen und ſchrift⸗
lichen Repliken und Verordnungen gern eine witzige Wendung ober gelehrte
Motiviruag gab (vgl. Ep. 20—22.35. Amm. XXI, 7, 2. 9, 11. 10,5.),
wovon er theilmeife au ſehr unzeitigen Gebrauch machte (Ep. 43. Greg.
Naʒ. or. IM, p.94.C.D Sokr. III, 14.); überhaupt Hat er in der Stellung,
die er ald Megent dem Ghriftenthum gegenüber einnahm, feinen perfönlichen
phifofophifgen Ueberzeugungen mehr Einfluß geftattet, als mit der Regenten⸗
weisheit verträglid war. Sonſt wird Gerechtigkeit als eine Haupttugend
an ihm gerühmt (Suib. s. v. Amm. XVIII. 1, 2. XXI, 9, 9. 10, 1.
XXV. 4, 7. 19., vgl. Sul. Ep. 27. Misop. 354 f.), wiewohl er dabei ven
Schein der Poyularitätsſucht niht immer forgfältig genug vermieb (Amm.
XXI, 9, 12.). Seinen Scharfblid als Richter rühmt Lib. I, 583. Selten
ließ er ſich babei von Leidenſchaft hinreißen (Amm. XXI, 10, 6 f.), geftel
fich vielmehr darin, Verfuhungen zur Parteilichkeit in fi rege zu machen
und bann do zu überwinden (ib. 10, 1.). Auf die Sorge für die Armen
riötete er fein Augenmerk vorzugsmeife (Amm. XVI, 5, 15. Jul. Ep. 35.
47. 49.) und machte bie Lafl der Steuern fo leicht als moͤglich (Eutr.X, 8.
Amm. XXV, 4, 15. Greg. Naz. III, 80. C.), zumeiſt wohl aus Billig⸗
feitöflnn und Mitgefühl, aber au um fi populär zu maden; benn danach
fireßte er angelegentlih (Umm. XXV, 4, 7.18.). Daher griff er nicht gern
zu Maßregeln der Strenge (Ep. 6. Amm. XXV, 4, 8.), und ſuchte über»
haupt dur Milde die Zahl feiner Freunde zu vergrößern (Amm. XXI, 9,
16. 10, 5. 14, 5. XXV, 3, 18. vgl. Jul. Ep. 30. 38.47. adAth. 281. A.
Misop. 356. D. frgm. ep. 303.D.) und fein Volk buch Wahrnehmung ihrer
Interefien zu beglüden. Bon der Anerkennung, bie er fand, ift ein beſon⸗
ders ſchlagender Beweis der Umſtand, daß trog feiner langen Abweſenbeit
im fernen Dften fo lange er lebte nirgends ein Auffland in feinem Rüden
fih erhob (2ib. I, 623. Amm. XXV, 4,14.). Seine Thittgrei als Regent
grenzt ans Unglaubliche (Lib. I, 580. vgl. Jul. Ep. 2. 8. 8.) und, lange
in vieſem fieberhaften Grabe fortgefeht, Hätte fle ihn aufreiben müflen. Eine
lange KReihe von Geſetzen (zum Theil erhalten im Cod. Theod.) zeugt von
jeiner legislativen und adminiſtrativen Ruͤhrigkeit; beſondere aaa er auf
IV.
410 Jallanus („Apesiaia“)
Vereinfachung ded Rechts bedacht (Amm. XXII, 10, 7.). Ammian tabelt
(XXV, 4, 20. vgl. XXI, 9, 12.) als beſonderd ungerecht zwei Berfügungen,
die gegen die chriftlicden Mhetoren (morüber unten), unb daß er zu ben Laſten
des Decurionats au Erimirte beizog, eine Maßregel, melde von Andern
als für das Gemeinweſen heilfam gelobt wird, ſ. Lib. I, 511. of. III,
41, 10. Seiner Berorbnung zu Gunften ber Aerzte Tag eine vielleicht durch
perfönliche Erfahrungen bervorgerufene Hochſchätzung dieſer Wiſſenſchaft (f. 6.
Cyrill p. 200. A. B. Spanh.) zu Grunde. Mit mehr Net ald jene Maß⸗
regel wird wohl bieß getabelt, daß er anflatt ver verjagten Bunuden nun
Philoſophen an feinem Hofe fütterte, und wenn er ihnen auch mehr die Rolle
son Hofnarren zutheilte, doch au Ihrer Habgier nit fleuerte, wodurch fi
beſonders Marimus verhaßt machte (vgl. Sofr. III, 1. p. 147.B. Gunap.
Max. I, 56.); fobann daß er für den helleniſtiſchen Gultus, überhaupt für
feine philoſophiſch⸗ religiͤſen Gapricen große Summen verſchwendete, was ben
Zweck, diefen Eingang zu verfchaffen, gerabe vereiteln mußte, vgl. Liban.
1, 379. Amm. XXI, 12, 7f. So. V, 18. Jul. Ep. 27, p. 47. Heyl.
88. extr. Dahin gehört auf das Project, ven Tempel zu Ierufalem wieder
aufzubauen, welches er mit der ihm eigenthümlichen, wie aus Ahnung feines
frühen Endes bervorgegangenen Haft betreiben ließ (Umm. XXIII, 1, 2.).
Dieb hängt bereits zufammen mit Juliane Stellung zu den Religionen
feiner Zeit. Sobald I. zu geifliger Selbſtſtändigkeit gelangt war, verließ
er das Shriftentbum, das ihm nur äußerlich aufgeprängt mar und an welchem
er, fo weit er es Eannte, nicht fo viel eigenthümliche neue Vorzüge entdecken
Tonnte, daß er um feinetwillen die alte glänzende Religion, mit welder das
Rei fo lange groß geweien war, aufgegeben hätte. Was er am Chriſten⸗
thum als gut erfannte, die Gaſtfreundlichkeit, die Wohlthätigkeit gegen bie
Armen, das, meinte er (Ep. 49.), babe daffelbe von den alten Hellenen
berübergenommen. Das Chriſtenthum war für ihn etwas hiſtoriſch Unbe⸗
rechtigtes, weil AUhnenlofes; es fei nichts als ein wunderliches Amalgama
von Judenthum und Helleniömus; von jenem babe es ven Haß gegen den
Polytheismus, von biefem bie Gleichgiltigkeit gegen Faſten, Speifeverbote
u. dgl. (B- Eyril c. Jul. p. 238. B.). Aber die Abweichung von dem jüpi-
ſchen Nitual ſei eine unmotivirte und inconfequente (ib. p. 351.), und fomtt
das Chriſtenthum an ſich eine Verſchlechterung des Judenthums, welches ſelbſt
wieder ſchlechter ſei ald der Hellenismus, indem «8 vor dieſem Feine Vorzüge
(ib. p. 152.C.D.) und feinen Mangel an Zeblern (ib. p. 44. A. B.) voraus
babe, und dagegen bie glänzenden Seiten des Hellenismus (p. 218.B.) ihm
fehlen. Ueberdieß aber fei zu dem urfpränglicden Chriſtenthum im Laufe ver
Beit vieles Unächte und Trübende Hinzugefommen wie bie Ghriftofatrie (ib.
p. 327. A. B.), der Märtyrercultus (ib. p. 335. C. D.) und die Ketzerver⸗
folgungen (ib. p. 206. A. B.). Daher ſah er das Chriſtenihum im Ganzen
für eine geiftige Verirrung und Krankheit an (Ep. 27. 42 51. 5. Cyrill.
R 327. B. Ep. 7. 31. 52. 63. Orat. VII,p. 224. B.), aber für eine gefähr-
ihe wegen ihrer ſchädlichen Cinwirkungen auf dad Staatswohl (Ep. 7.).
Bür den Hellenismus Dagegen war er ſchon deßwegen eingenommen, weil er
das Alte, Uriprünglide war (Ep. 63. vgl. Liban. I, 529. R.); fobann
fefjelte ihn deſſen Naturmyſticismus ſchon früh (Orat. IV, p. 130.D.), daher
er auch fpäter alsbald dem Neuplatonismus zufiel und mittel befien für den
mit ihm verwachlenen Hellenismus auf Immer gewonnen wurde. Helios (Orat.
IV, p. 130 f. VII, p. 227 ff. Misop. extr. Ep. 13. 38. 51.) und Selene
(Br 51. Amm. XXI, 3, 2.) waren gemäß Julians Sinn für die Natur
vgl. Ep. 46. Liban. I, 617.) vorzugsweife die Gegenſtände feiner Ber»
ehrung ; fle nannte er, vermöge der vom Neuplatonismus beliebten Ipentifi-
cation feiner Gottheiten mit den althelleniſchen, olympiſche Bötter (Ep. 51.),
Jallanus („Apostata") 114
während er fie anderwärts (z. B. Ep. 13. 38.) wieder von dieſen unter⸗
fheldet. Die Geſtirne nehmen überhaupt eine wichtige Stelle in feinem theo=
fophifchen Syftem ein; fie find ale Abbilder der höchſten unfihtbaren Gott⸗
heiten (frgm. p. 295. A.) Untergdtter (ib. 293. B.). Mit feiner Theorie
von einer flufenweifen Offenbarung Gottes in der Natur hing wohl au
fein audgebehnter Divinationdglaube zuſammen (3. B. Amm. XXI, 1, 1.
XXV, 4,17.), wiewohl er den hiemit getriebenen Mißbrauch fehr wohl Fannte
(ib. XxII, 1, 2.) und daher niemals feft ſich auf Zeichen verlieh (ib. 8.),
noch ſich dadurch von einem einmal gefaßten Vorſatze abbringen ließ (ib.
XXI, 5, 10. XXV, 2, 8.). Dagegen an feinen eigentlien philoſophiſch⸗
theologiſchen Anſichten hielt er fo fe, daß er noch flerbend bie eberzeugung -
ausſprach, in den Himmel, zu den Geſtirnen, zu den Göttern (was Alles
identiſch if) zu gehen (Amm. XXV, 3, 22. vgl. Zul. or. IV, p. 198. B.
v, 180. C. Caess. 336. C.). Je tiefer aber feine Liebe zum neuplatonifchen
Hellenismus war und je fefter feine Anhänglickeit an ihn, um fo mehr mußte
fie von Einfluß feyn auf feine Regierungshandlungen. Dieß zeigte ſich zuerſt
in entſchiedener Begünftigung des helleniſtiſchen Eultus und der Arıhänger
beffelben. Da die religiöfe Anficht des Regenten im deſpotiſchen Staate
maßgebend ift, fo war jet der Hellenismus Staatsreligion. Daher wurben
die höheren Staatäftellen vorzugsweife Helleniften übertragen (Riban. I, 579.
reg. or. IV, p. 120. C. Sofr. III, 13. Theodoret. IH, 6.) und die Ger»
wendung der Staatömittel für bie Zwecke des helleniftifchen Cultus iſt infofer®
juridiſch gerechtfertigt. Die natürliche Conſequenz dieſer Stellung war bie
Zurückſezung des Chriſtenthums und feiner Anhänger. Der chriſtl. Klerus
verlor die Privilegien wieder, melde ihm geworden waren als das Chriſten⸗
thum Gtaatsreligion war (Jul. Ep. 52. Soz. V, 5. Theoboret. III, 6. extr.
Philoſt. VII, 4.); au wurde e8 nicht geduldet, daß bie Ehriften Profelyten
madten, und aus diefem Grunde Athanaflus, Taum zurüdgefommen, wieder
verbannt (Jul. Ep. 26. 6: 51. Sokr. III, 14. Si: V, 15. Theodoret.
III, 9.). Dagegen war Jul. eifrig bemüht, durch Wort und Beiſpiel die
Zahl der Helleniſten zu vergrößern und namentlich bei feinem Heere Cinheit
in der Meligion herbeizuführen (Lib. I, 578. Greg. IE, 75. A. 84. D.
Soft. III, 13. Soz. V, 17. Theedoret. II, 8. 16.). Offenfiv wollte J.
nicht gegen das Chriſtenthum verfahren, theils weil er gegen geiflige Verir⸗
rungen nur dag geiflige Mittel der Belehrung als homogen erkannte (Ep.
42. estr. 52.), no mehr aber, weil er wußte, daß Verfolgung nur zur
Beförderung ausfchlage (frgm. p. 288. A. Liban. I, 562. Greg. or. III,
72.C. Sokr. IN, 12. So. V, 4. Philoſt. VII, 4.). Indeſſen konnte er
es doch ſchwer über fi gewinnen, mit Strenge einzuſchreiten, wenn, waß
häufig geſchah (Umm. XXI, 11, 3—10. Greg. or. III, 74. 87. IV, 126.
Soz. V, 9 ff. Iheodoret. 111,7 ff. Philoſt. VII, 1. 4.), der helleniſtiſche Pöbel
der Städte über bie Chriſten herſtel und einzelne Grauſamkeiten verübte
(Hiſtoriſches wiſſen wir nur aus Alexandria durch Amm. 1. J., die Erzäße
lungen ber chriſtl. Schriftfieller find mindeſtens übertrieben), ober augen
dienerifche Beamte ihre Vollmacht überſchrititen (Sokr. II, 14.); zu feiner
natürliden Milde kam hiebei noch fein Iebhaftes Intereffe für alles Helleniftiiche
(vgl. Ziban. I, 564.), und fo wenig er ein foldhes Verfahren billigte, bes
gnügte er ſich doch mit Ertheilung eines Verweiſes (Amm. XXII, 11, 11.
Jul. Ep. 10.). Als mittelbare Bekämpfung des Chriſtenthums iſt auf Ju⸗
lians Begünfligung des Judenthums zu betrachten (Ep. 25. 91. frgm. p.
295.C. Greg. or. IV, p. 111.). Der fhon begonnene Wieberaufbau bed
Tempels, welcher ven Iuben das Opfern wieder möglih machen follte (Sokr.
Il, 20. vgl. Jul. Hei Cyrill p. 306. A. 351. D.), fegeiterte indeſſen an ber
Größe der Schwierigkeiten, weiche durch die Chriſten noch vermehrt worden
412 Jallanus („Apesinta")
zu ſeyn feinen anne Angaben f. 5. Greg. or. IV, 112f. Sofr. III, %.
Soz. V, tet. III, 20. Philoſt. VIE, 9.). Indeſſen verfubr 3.
ve. au ee eher gehört, daß er den dhrifien verbot, Rhetorik un
zu lehren (Jul. Ep. 42. Oroſ. VII, 30.; mit ferviler Lieber:
Keen 5 beurteilt von Amm. XXII, 10, 7. xxv. 4, 20.). Der baryı
zwed der Maßregel war, dem Ghriftenthum den geiftigen Gewinn zu ent
zieben, welchen es aus ber bhellentichen Literatur Höne, und e8 auf fein
eigenen geifligen Kräfte anzumweifen, von welden 3. überzeugt war, Daß fir
nicht zureihten, Jemand zu fefleln, noch weniger es mit bem Hellenismut
aufzunehmen (vgl. Greg. or. III, 51. C. 97. B. Sokr. III, 12. Theodoret.
II, 8.). Uber fie war ungeredt bee gegen vie alten Säriftfteller, meld
dadurch zu Parteimännern geflempelt wurden, theild gegen bie bellenii
Kebenben‘ denen fie ein Recht entziehen wollte, auf das fie durch ihre Gebun
einen Aufprud hatten (Greg. or. III, 51. A. 97. D.); auch mußte fie ihren
Zweck verfehln, da, im Zufammenhang mit der geifligen Indolenz und Im⸗
potenz jener ganzen Seit, das Ghriftentbum gerabe damals die Richtung auf
möndifge Stumpfbeit hatte und daher bie alte Literatur leicht entbehren zu
Sinnen meinte (vgl. 3. B. Breg. or. III, p. 51. B.), over gar allenfalls
eine befiere fie efehen, was bie beiden Apollinaris auch wirklich unter⸗
nahmen (Sokr. III, 16. Soz. V, 18.). Mit Julians Tod hob fi das Verbot
— ſehr bald von ſelbſi auf (Sokr. III, 16.). Noch unmittelbarer ergriff
J. die Offenſive gegen das Chriſtenthum als Schriftſteller. Nach dem
Mufer eines Gäfar, Markus Aureliue (der überhaupt fein Ibeal war, Amm.
XV. 1, 1. @utr.X,8. Jul. ad Themist. p. 253.) war nämlich I. au) mit ver
Sever ihätig. ©. unten S. 413 ff. — Literatur über Julian: 1) Quellen.
Die glaubwürbigften Schrififteller über 3. find er felbft und jeine Zeitgenofien
Ammian und Eutrop, wiewohl beide unter chriſtlichen Kaiſern fchrieben und
der Letztere nur eine gebrängte Ueberficht über die Gejhichte gibt. Ammian
bemüht fh, Lob und Zabel moͤglichſt unbefangen abzumägen. Ihm am
nachſten tommt Libanius, von deſſen Reden fich folgende auf 3. beqieben:
eis Iovlıaror Avtoxoaropa Kaioapa, Lobrede gehalten am 1. Jan. 363,
bei Meiste I, 366—A0A.; FOOSPOTTTINOg Tovkars, zur Beglüdwünfgung
in Antiodia, ib. 1, 405—423.; ; ‚vnEQ Apıntogerovs , zur Fürſprache bei
Sul., ib —— — ngeoßevrinos _xoos_TovA., niemals schalten, ib. I,
451—183.; .; aote 2 nepi r̃g TOV —— 6 oeyis, I, 484---506.;
4 Tovuœvoũ —R 1, 907—521., unmittelbar nad "Sulians Tod
8 ; emırayıog anı Tovlsaro, 1, 521—626., bei weitem bie wichtigfe
und wahrfle; zwar ſucht der Mebner die Handlungen bed Todten moͤglichſt
gůnſtig barzuftellen, aber er thut e8 ohne Uebertreibung; endlich zes ra;
zuumgiag ’Ioviscrov, II, 27—62., viele Jahre nach Juliand Tod geſchriebes
und ausführend, daß bie unterfaffene Beſtrafung ber Mörder Juliane bie
de alles ſeitdem eingetretenen Unglüds fei. Mit unverholener Borliche
für 3. ſtellt Zoſimus deſſen Geſchichte dar; Gunapius benupt diefelbe mehr
u Berberrlihung feiner Helden, ber Sopbiften, als daß er 3. ſelbſt zu ver⸗
fuchte; übrigens verdient feine Darftelung wenig Glauben. Bit
großer Borfiht ſind auch die chriſtlichen Kirbenfüriftfeier und bie beiden
Sähmähreben Gregors von ng va f Iuliau zu benügen, da Religion⸗
Fanatiömus ihre Feder geführt hat. 2) Neueres. Johnſon, Jul. the Apostate,
Lond. 1682., Grwieberg. Lond. 1683. illemont, hist. des emp. ®p. 4.
. 483-876. (od. 1723.). I. S. Müller, Abhandl. v. Kaifer Sul. —8
tr. Hamb. 1752. 4. Vie de Temp. Jul par M. PAhhé de la Bleterie,
Paris 1775. 8. * Jenbot, hist, de l’emp. Jul. tir6e des auteurs idolätres
* Sub Engl, aberſ. von A. B. Dedvreur, Dasiin 1146, 8., ind Deutſche von
Jallanus („Aposiata‘) 413
et confirmée par ses propres Ecrits, Paris 1817.8. 2Bbe. Eine fanatiſche
Schmähſchrift ohne allen hiſtoriſchen Werth. Unparteitfher IHR. Tourlet, im
erften Bande ft. franzöf. Ueberfeß. der Werke Julians (Paris 1821.). Neander,
über den Kayfer Jul., Hamb. 1812., vgl. Schloſſers Rec., sen, Lit. Zeit.
San. 1813. ©. 121— 133, Gibbon, Verfall ıc. Br. 3. ©. 193—268.;
4, 1—252. (der Wiener Ueberſ.). Schloſſer, univerfalgift. VWeberficht 1m,
2, S. 316-354. 408-413. 3, S. 55—76. (über Julians Schriften). Auch
dieſe Darſtellungen find meiſt von der perſoönlichen Richtung der Verfafſer
abhängig; vgl. meinen Aufſatz: Kaiſer Jul. und ſeine Beurtheiler, im vierten
—— von Prutz's literarhiſtor. Taſchenbuch. Leber Julians Partherzug
ſ. K. Ritter, Erdkunde Bo. 10. S. 137—160. Sonſtige Einzelihriften;
. ð. Ginert, commentationum ad Jul. Imp. Constitutiones Spec. I. Lips.
1771. 4. A. Scheler, de J. A. ea vitae parte qvae imperium antecessit,
Augdb. 1839. 8. Schloffer, über dad Treiben der Sophiſtenſchulen zur Zeit
Zulians, in feinem (und Berchts) Archiv I. Ueber fein Verhältniß zum
EHriftentgum: AU. Rechenberg, de Jul. apostasia, Leipz. 1684. Henke, de
theologia Jul., Selmf. 1777. 4. (opera p. 353 5.) ©. 7. Müde, de Jul.
imp. Scholis Christianorum infesto , Schleufingen 1811. 4. €. H. v. Her⸗
werden, de Jul. religionis chr. hoste eodemgve vindice, Lugd.B. 1827. 8.
®. F. Wiggers, Jul. der Abtr. in Illgens Zeitſchr. f. biftor. Theol., 1837.
DBd. VII. 1. S. 115—158. (Umarbeitung der Abh. deſſelben: de J. apostata
religionis christ. persecutore, Roſtock 1810. 4.). 9. Schulze, de J. Ap.
philosophia et moribus, Stralf. 1840. Meine Differtation: de Jul. imp.
religionis christ. contemtore et osore, Züb. 1844. 8. Unteres f. bei Fa⸗
bricius bibl. gr. VI. p. 722 ff. Meufel, bibl. hist. V, 1. p.
Bemerkenswerth, obwohl nicht mehr innerhalb ver chronologifäen Grenzen
dieſes Werkes fallend, ift auch der Graf Julianus, welder unter Roderich
Feldherr der Gothen war und als folder im J. 710 n. Ghr. mit dem Feld⸗
bern der Araber, Mufa, Unterbandlungen antnüpfte, nach der Mythe weil
Noderich feine Tochter Cava entehrt Hatte, wahrfcheinlicder aber hatte er no
fonflige Gründe zum Mißvergnügen. In Bolge deſſen ſchickte Mufa mit
Erlaubniß des Kalifen Valid feinen Unterfeldherrn Tarif, nah weldem
Gibraltar (eig. Gebel al Tarik, Berg des T.) benannt iſt, der im Sult 711
in der blutigen Schlacht bei Kered das an Zahl weit überlegene Heer Node»
richs ſchlug. Die von Rod. verbrängten Söhne, feines Vorgängers Vitiza
nahmen Theil an dem Verrathe, welher auf Jahrhunderte Spanien unter
die Herrſchaft der Araber brachte. Vgl. Gibbon Bo. 14. ©. 412 -442.
[W. Teuffel.]
Julianus, ein in ver Geſchichte der Literatur, indbefondere auch ber
fpäteren kirchlichen, fehr häufig vorfommender Name, wie ſchon die an ſechzig
Männer dieſes Namens zählende Zufammenftellung hei Fabricius Bibl. Gr.
VI. p. 740 ff. ed. Harl. vgl. II. p. 127. zeigen Tann; wir nennen bier nur
diejenigen, welche ber Älteren claſſiſchen Literatur zunääft angehören ober in
irgend einer näheren Weife darauf fich beziehen:
1) Der Kaiſer Julianus. Seine Schriften find bei einem verhälte
nigmäßig noch ziemlish reinen attiſchen Ausdrud vol von Beziehungen und
Anfpielungn auf die ältere Literatur Griechenlands, in welcher er durch
unermübeted Stublum ungemein bemandert war, von Nachbildungen —5
in Ausdrud und Darſtellung, mas ihre Lectüre und ihr Verſtändniß, ein fo
J. G. Pfeil, Frankf. u. Leipz. 1752. 8. — Bruder, hist. cerit. phil. II, 1. p. 293 ff.
VI, p. 270 f, Bonamy in den Mem. de l’Acad. des Inser. VII, p. 108 f. Schrockh
Kirchengeſch. VI, S. 285 ff. u, Allg. Biogr. IV, S. 191 ff, Neander Kirchengeſch.
0,1, 6,738. Sapric, Bibl, Gr. VI, p. 719 ff. TB
. 414 Julilanus („Apostata”)
gewandter Schrififteller Sultan auch fonft if, bisweilen erfääwert: und mit
dieſer Beleſenheit und Kenntniß der Älteren clafflfchen Literatur verbindet fich
ein gewiſſes redneriſches Talent, eine Lebendigkeit und Wärme bed Bortragß,
ſelbſt Wid und Satire, vor Allem aber eine ungemeine Liebe für Alles,
was in den Kreis der Wiſſenſchaft, wie er fle im Sinn und Geiſt ber älteren
beibnifchen Zeit, und fomit im Gegenſatz zu der neu aufblühenven chriftlidden
Richtung aufgefaßt hatte, gehört; wiewohl er auch eben dadurch, ſelbſt ab⸗
gefehen von der antichriftliden Tendenz, die ihm fo viele Gegner in der Mit-
‚und Nachwelt hervorgerufen bat, mit in den falfhen Geſchmack feiner Zeit
gezogen unb von Webertreibung und Weitfgmeifigfeit, von Künftelei und
unnarürlihem Allegorifiren u. dgl. nicht frei geblieben il. Bon feinen
Schriften kennen wir die kurz vor feinem Tode audgearbeitete Widerlegungs⸗
ſchrift der Chriſten (xarz Xorwuaror) in fieben Büchern, von melden ein
Theil insbeſondere wider die Evangelien und deren Lehre (eine araroonn rar
evayelior folte ſie ſeyn) gerichtet war, nur no dur dad, maß in die
zunächſt wider dieſen Theil gerichtete Wiperlegungsfchrift des chriſtlichen Bi⸗
ſchofs Eyrilus daraus übergegangen iſt (Trio ıns 709 Xpotaroy EVvayovg
Bononeiag, npos ta zov 8» adsoıs IovAarov in den Opp. Cyrilli von
2. Aubert, Paris 1638. fol. Vol. VII. und in der Spanheim'ſchen Ausgabe
der Werke Julian abgedruckt), wornach eine Wiederherſtellung des Ganzen,
verbunden mit andern darauf bezüglichen Erörterungen von d'Argens verſucht
warb (Defense du paganisme par l’Empereur Julien en Grec et en Fran-
cois avec des dissertations etc., Berlin 1764. 1767. 1769. in 2 Voll. 8.,
und dagegen ©. F. Meier: Beurtbeilung ber Betraddtungen des Marquis
b’Argens über Julian, Halle 1764.8. und W. Crichton, Betrachtungen über
den Abfall Iuliand u. f. w., Halle 1765.8.). — Unter Julians Reden, in
welchen fein angeborened, durch tüchtige Studien weiter gebildetes, und durch
eine warme Begeifterung für die neuplatoniſche Philoſophie getragenes Talent
ſich beſonders Eund giebt, kommen zuerfl drei noch in jüngern Jahren gefehriebene
Zobreden auf den Kalfer Gonftantin, veflen Regierung (megi rar avronpe-
20p05 noa&eo» 7) nepi Bamieias, in Gallien geſchrieben und feine Anhäng-
lichkeit an die alten Götter und vie heidniſche ſneuplatoniſche] Philoſophie ſchon
‚ beurfundend), und auf @ufebia, des Kaiſers Gemahlin, dann die zwei ganz im
Sinn und Geiſt der heidniſchen Naturreligion und beren Auffaffung durch die
neuplatonifhe Philofophie, nad des Libanius Verfiherung in Ciner Nacht
gefchriebenen Reden: eis ror.Banisx 107, und eis my umzeoe Tor Hewr
(d. i. Cybele, deren Eult er zu Peifinus wiederbergeftelt hatte), dann bie
beiden wider falfche Cyniker und für die wahre cynijche Lehre des Diogenes
abgefaßten Reden oder vielmehr in dieſe Form abgefaßten rhetoriſch⸗philo⸗
ſophiſchen Aufjäge: eis Tovs anaıdevrovs ausag und roog ‘Hoanisıor xun-
x09 nepl TOV NÖg nvn0T6or nal ei nosne TO xvri uvdovg nÄatter;
endlich: Ent zij 860d@ Tod ayadwrarov ZaAlovoriov Rapauvüntınog, eine
Troſtſchrift über die Trennung von feinem Freunde Saluflius, Präfect von
Gallien, ven Conſtantin aus Politik von feiner Seite abberufen hatte. An
biefe Reden reiht ſich noch ein anderer, von ben Briefen Julians, zu benen
er eigentlidh gehört, wegen feines größeren Umfangs getrennter Aufſatz, ein
Antwortfchreiben an den Philoſophen Themiſtius, worin Julian über die
von: Themiſtius gehegten Erwartungen von feiner Regierung ſich mit vieler
Beſcheidenheit erklärt und die Schwierigkeiten des Regierens beſpricht, des⸗
gleihen eine in die Form eines Schreibens an die Bürger von Athen ein«
gekleidete Apologie feines DBerfahrens wider den Kaifer Conſtantius, Eurz vor
befien Tod abgefaßt; und ein noch erhaltenes größeres Bruhflüd eined an
einen heidniſchen Oberpriefler gerichteten, kurz vor feinem Ende abgefaßten
Ecqhreibens Über das Verhalten eines heidniſchen Prieſters u. dgl. nicht ohne
Jallanus (‚Apostata“) 415
Ausfälle wider das Chriſtentihum. Als eine nicht ohne Geiſt durchgeführte
Satire erſcheint die Schrift: Kaiozpss 7 ovunooor, in welder bei einem
von Quirinus oder Romulus an den Saturnalien veranftalteten Gaſtmahle
bie Götter, wie auch alle Kaiſer erfcheinen, deren Tugenden wie Kafler nun
ben Gegenſtand einer febr anziehenden und wißigen, an Unfpielungen jeder
Art reihen Darftellung bilden (vgl. Gibbon Bei. d. Verf. c. 24. zu Anf.
T. V. p. 433 ff. der Wiener Ueberfeg. nebft Spanheims Grörterungen zu
ven Gäfares in f. Ausgabe); in dieſelbe Claſſe fatirifher Schriften gehört
auch der Barthaffer (Mioonayor), geriätet wider die Bewohner von An⸗
tiochia, melde über feine Philoſophentracht (wozu ja auch ber Bart gehörte),
geipottet hatten. Bon Briefen des Iulianus befigen wir eine Sammlung
von 83 Briefen, wozu noch einige Bruchſtücke von verlorenen Briefen, fo
wie ein germöhnlih angereihter Brief ſeines Bruders Gallus hinzulommt vom
Jaht 353 m. Chr., welcher den Julianus ermahnt, nicht von der chriſtlichen
Religion abzufallen ; wie diefer werben auch einige in biefer Sammlung ent»
baltene Briefe von Seiten ihrer Aechtheit beanftandet: in ihrem Inhalt find
fe äußerſt verſchieden und mannichfach und eine wichtige Duelle für die Ges
ſchichte Julians. Endlich befigen wir auch noch drei in die Griechiſche Ans
tbologie aufgenommene Epigramme, zu denen durch Boiſſonade (ad Gregor.
Cor. p. 407.) noch ein vierted Eleines Gedicht hinzugekommen ift, f. Analect,
I, 403. und T. III. p. 33. (III. 111. ed. Lips.), fo wie in Heylers Aus⸗
gabe der Briefe p. 158 f.; bedeutend find dieſe Gedichte übrigens nit. Es
finden ſich vie noch erhaltenen Werke Sultans gedruckt zuerft in ver (nicht
volRändigen) Barifer Ausgabe von 1583. 8. von PB. Martinius und €.
Cantoclarus, dann vermehrt mit Einigem in der Ausgabe von D. Petavius
ibid. 1630. 4., am beflen und volfländigften, mit verbefiertem Text, Com⸗
mentar, latein. Lieberfeg. und mit Cyrills Begenfhrift von Ez. Spanheim
zu Leipzig 1696. fol.; früher ſchon war ver Mifopogon (mit einigen Briefen)
von P. Martinius zu Paris 1566. 8., die Cäſares von Cantoclarus ibid.
1577.8. erſchienen, letztere dann auch in. Sylburg Rom. hist. scriptt. minn,
(Francof. 1590. fol. T. III. p. 832 ff.), übergegangen und dann von P.
Gunäuß (Leiden 1612. 1632. 8.) und beffer* von I. Mich. Heufinger zu
Gotha 1736. 1741. 4., darnach fpäter au von Th. Ch. Harleh zu Erlangen
1785. 8. (franzöflih auch Hei de Ta Bleterie's Schr.) herausgegeben worden;
die Lobrede auf Conſtantius (mit Wyttenbachs Epist. critic. in Jul, Gotting.
1769. 8. und deſſen Bemerkk. in d. Biblioth. critic. III, P. IX. p. 33. u.
P.X. p. 1fj.) von G. H. Schäfer zu Leipzig 1802. 8. Die Briefe Jus
lians, von benen zuerft nur acht und vierzig In der Sammlung von
Adus (Benebig 1499. 4.) erſchienen, die In Spanheims Ausgabe aber ſchon
zu drei und ſechzig angemadfen waren, und dann durch weitere Bunde
vermehrt worden find (f. das Nähere bei Fabric. Bibl. Gr. VI. p. 731 fi.
ed. Hari. und bie Praefat. von Heyler) fiehen am vollſtändigſten jegt mit
latein. Ueberfegung und Gommentar, herausgegeben von 2. H. Heyler zu
Rain; 1828. 8. ** .
Mit einer Abbandlung fiber bie fatirifchen Schriften ber Alten, von Ep.
Eranheim, Heidelb. 1660. 8. Paris 1683. 4., Aberfegt Elbing 1786. und (von Bars
Ni) Halle 1788. 8.; ſodann KHeufingers Ausg. mit Anm. und latein, u. franzbſ.
Ueberſ. von Liebe, nebft Spons dis». de Putilite des medailles pour l’etade de 1a
physionomie, nicht, wie gewöhnlich angegeben wird, de Julien. [ W. T.]
7 Bel. au J. Horkel, emendationes Julianene, Berl. 1841. 8. Der Beit
neh find feine Schriften im folgender Ordnung gefchrieben: Die Lobreden auf Gone
ſtantius (1. IL.) und Enfebia (bie auf bie Legtere keinesfalls vor 356 verfaßt, vgl. p. 121. B.
132, A. 124. A.); das Schreiben au Satufiind (or. VIII. J. 360); Rechtfertigungs⸗
416 Jallanss
2) Bon andern in der Literatur bemerkenswerthen Männern, welche
ben Namen Julianus tragen, nennen wir hier no: Julianus Aegyp-
tius, welder eine Zeitlang Gouverneur in Aegypten gewefen war, Berfafler
von 71 in die Griechiſche Anthologie (Anal. II. 493. oder III, 195. ed. Jac.)
aufgenommenen Fleinen Gedichten, zu welchen noch eines binzufommi (Nr. 527.
int Cod. Palatin.); fie zeigen "viele Nachahmung Älterer Poeflen der Art,
find auch meiſtens befchreibender Art, auf Kunftwerfe u. dgl. bezüglich; nad
Jacob8 (Comment. in Anthol. Graec. XII. p. 906.) fällt der Berfafler
unter Juſtinian ins feste Jahrhundert n. Chr. wegen zwei (Nr. 70. 71.)
Gedichten auf den auf des Juſtinian Befehl 532 getöbteten Hypatius, den
Schweſterſohn des Kaiſers Anaflaflus, und eine® andern (Nr. 69.) auf
Soannes, den Enkel diefes Hypatius.
3) Julianus Antecessor, Verfaſſer von drei Epigrammen in ber
Griechiſchen Anthologie (Anal. III. 9. ober III. 230. ed. Jacobs), vielleicht
auch derſelbe, der in der Pfälzifhen Hanbichrift ald Scholasticus be—
zeichnet wird. Als einer der angefehenften Suriften aus der Zeit Juſtinians
ift er Verfaſſer des ſchon oben (Bo. II. S. 719.) erwähnten, auch gebrudten
Auszugs der Novellen Juſtinians, womit au noch in den Ausgaben ein
Dictatum pro Consiliariis und Collectio de tutelis verbunden iſt; f. das
Nähere bei Bach Hist. jurispr. Roman. IV, 1. sect. 3. $. 18. 19. 633 fi.
Sacob8 am a. O. Babric. Bibl. Gr. IV. p. 478. ed. Harl. Ob er verfelbe
ſchreiben an bie Athener (Lib. I, 560.), und andere Stibte (Z0f. III, 10, 6., davon
ift aber Nichts erhalten), ald er die Auguſtuswürde angenommen hatte (für bie
Kenntnig von Julians Leben fehr wichtig); nach feinem Regierungsantriit (nach
Eonftantins’ Tod) ift das Sendſchreiben an Themiſtius verfaßt (vgl. p. 260. B. 262. D.);
dann bie Lobrede auf den Helios, yefchrieben aus Beranlaffung von beffen Jahres⸗
fefte in Conſtantinopel (p. 131. D.), an Salluftins gerichtet (p. 157. B.), und vom
Weſen, Urfprung und ben Wirkungen bes Helios handelnd (p. 132. B.). In dem⸗
felben Winter (361—62) verfaßte er wohl auch die halb in ber Weile der Sympo⸗
fien , halb in ber der Iukianifhen Todtengeſpräche gehaltene Schrift Kasisapıs, 100:
fern diefe nicht ein Jahr fpäter zu Antiochia gefchrieben ift (mad weniger wahr:
ſcheinlich). In diefelbe Zeit fallen die meiſten Stücke ber auf uns gelommenen
Brieffammiung, welche jebdoch nicht vollftänbig ift, da Snibad, Ammian (XX, 8,
5. XXI, 10, 7.), Libanins, Zoſimus und Julian ſelbſt (Ep. 10.) Briefe erwähnen,
welche wir nicht haben, Anderes erfi ans Sozomenus u. A. berübergenommen wurde;
dagegen enthält die gewöhnliche Sammlung auch Unächtes (Ep. 77.), f. ben zweiten
Theil meiner angef. Abh. zur Geſch. bes Kaifers Julian. Aus dem J. 362 if die
eine feiner beiden Schriften gegen ben falfhen Kynismus und feine Lobrebe auf bie
große Göttermutter, verfaßt zu Peſſinus (Lib. I, 574.); ebenſo das große Brieffrag⸗
ment, weldyes fih mit ber Hebung bed Hellenismus befchäftigt, worin der Plan,
den Tempel zu Serufalem aufzubauen, als der Vergangenheit angehörig, erwähnt
wird (p. 295. C.), vieleicht in ben langen Winternädhten (362—62%) verfaßt, mo
Sur. zollous xas xalovs Adyous fchrieb (Kid. I, 584.) 3u Anfang bes 3. 363
fhrieb I. in Antiochia feinen Misopogon. Endlich beendigte er während feines
Parther⸗Feldzugs (Hieron, ep. 84.) eine ſchon im Winter zu Antiochia begonnene
(2is. I, 581. Sokr. III, 23.) Streitfchrift gegen das Ehrifienthum. Nach Hieros
nymus waren ed fieben Bücher; dagegen fpricht ber fpätere Eyril (p. 3. E.) nur
von breien (auch Sokr. III, 23. citirt das dritte Buch), eutweber eine verſchiedene
Ginthellung deffelden Werkes, oder hat Eyrill nur bie drei erſten, ein Ganzes bil⸗
denden und beſonders betitelten Bücher widerlegt, wicht aber bie vier legten, amf
andere Theile der chriftlichen Religionsbücher ſich beziehenden (Fapricius). Sul. vers
weist einmal (b. Eyr. p. 261. E.) auf fein deurepos ovyypauna. Cyrill gist bavon
einen fehr unvolfiänbigen Auszug, inbem er austräctih bener£t (p. 38. D.), bie Hör:
fien Stellen gegen Chriſtus getraue er ſich nicht abzufchreiben, Aber auch fo ſtud
Cyrills Mittheilungen dantenswerth, weil fie bie einzigen find; denn Jullans Schrift
felsnt wurde in Folge einer Verorduung bed jüngern Theobofius vernichtet, Wor
Eyril hatte fi ſchon Apollinaris (Soz. V, 18.) mit MWiderlegung derſelben befaßt;
Jalanıs ' “7
Rlianus iſt, dem Priscian fein Werk bebicirte, iR zweifelhaft; «8 warb von
Einigen angenommen, von Andern, wie 3. B. von Bach verworfen. Vgl.
meine Geſch. d. röm. Lit. 6. 397. Not. 5. der britt. Ausg. — Ueber einen
andern epigrammatifcden Dichter Julius, mofür Ginige Julianus, Dio-
cles, f. oben ®b. II. ©. 1033.
4) Julianus, aus Gäfaren in Cappadocien, Zeitgenoſſe bed Anbeflus
(f. oben Bd. I. ©. 82,), Schüler des Maximus zu Epheſud, ein griechifcher
Rhetor und Sophift, der zu Athen die Rhetorik Iehrte, in großem Anſehen
Rand und die Jugend von allen Orten ber zu fl$ anzog, wie Eunapius am
Anfang ber Schilderung, die er und von dieſem Sophiften binterlaffen bat
(p. 120 ff. oder p. 68 ff. ed. Boiss.; vgl. Suidas s. v.), beridtet. Don
Gäriften deſſelben iR Nichts befannt. Vgl. Fabric. Bibl. Gr. X. p. 718.
und Byttenbachs Annotat. in Eunap. p. 250 f. ed. Boissonad,.
5) Julianus aus Chaldäa, aud der Theurg zubenannt, aus bex
Zeit des Kaiſers Mare Aurel, deſſen Heer der durch feine magiſche Cinwirkung
beroorgerufene Regen vom Untergang rettete, wie Suidas s. v. erzählt)
welder von ihm mehrere Schriften, die wir jedoch nicht weiter mehr kennen,
anführt: Beovpyına, Teisorıxa, und eine Sammlung von Orafeliprüden in
Berfen: Adyıa 8 enar. Mäheres mochte wohl die jet verlorene, aus vier
Büchern beftehende, Schrift des Porphyrius Aber biefen in feiner Zeit fo
berühmten Reuplatoniihen Philofophen enthalten haben, dem jet A. Mas
s
von deſſen Aoyos urig alndeias zara "Iovlsavov (6oy 1.1. u, Theopban, Chronogr.
p. 74. Bonn.) if aber Nichts auf und gefommen, fo wenig ald von Photius' Wider⸗
legungefhrift (Phot, ep. 187.) und der des Philippus von Sida In Pamphyplien
(Sotr. VI, 27.). Far eigentliche Poefie hatte Jul. Leinen Sinn, f. Misop. in;
Amm. XV], 5, 7. poeticam mediocriter amavit. Von untergegangenen Schriften
deſſelden kennen wir: eine Rede auf bie Verbindung einer Meerenge (Jul. Ep. 41.
p. 77. Heyl.), eine Schrift wepi Tür Tor oynudres (Buib, e. v. ’Iovi.), eine
Feb cou N0der Ta naxa xara rous anadsvrevus (Suid. ib.), und «a zalovnzra
Keona (ib.), db. h. Saturnalia; endlih Memoiren Über feinen germanifchen Krieg
(E18. zeo:ewr. II, p. 178. Morell.), auf weiche fi vielleiht bie Anbeutung bei
Zbeephylaft Ep. 71. bezieht (fiber Verbindung von Kriegskunſt unb Geometrie),
Auch während feines partbifchen Feldzuges führte Jul. ein Tagebuch (Jul. Ep.
717. extr.). Was wir von Jul. befiten, reicht hin, um deſſen fchriftfiellerifchen Cha⸗
rafter beurtbeilen zu laffen. Beine fophififche Bildung verlängnet fi nicht, nub
£idenind ſelbſt (or. fun. I, 537.) erkennt die Achnlichkeit von Julians Darſtellungs⸗
weife mit feiner eigenen au; nur hat Lib, ben Vorzug größerer Gefeiltheit, 3. den
der Lebendigkeit und eined weiteren Geſichtskreiſes voraus. Julians Stil ift rein
attiſch und elegant, die MWortfielung aber in ber Weiſe feiner Zeit verrenPt und ges
fünfteft, und feine Darfiellung ermüdet durch eine unerträgliche Jaad nach Eitaten
aud Parallelen, befonderd aus Homer. and Plato (vgl. Or. II, p. 69. B. C. Caess. in.
4 Thewist p. 257f.). Dieß ift im Hefonderem Maße der Fall in feinen Briefen
(set. 3. B. Ep. 18. 19, 24.), welche er (wie bie exceptionelle Wemertung Ep. 46,
eıtr. beweist), ſelbſt ald Nhetorenftüde betrachtet wiffen will, Diefe Untugend (vgl.
Egri co. Jul. p. 298. C.) theilt er mit feiner ganzen Zeit, welche bie Bißfen der
genen Unproductivität durch Fetzen aus ber Mergangenheit zu verbedien fuchte;
auch führte ihm fein reiches Gebächtniß immer eine folhe Menge von Reminifcenzen
ja, daß er darüber zu eigenen Gedanken fat nicht kommen Tonnte, Wo es ibm
ader Eruſt If, wo er eine beſtimmte Abſicht erreichen will und wo er einen fefler
dgegremgten Stoff bat, da tritt biefer Fehler zurück (bef. ad Athen. u. Misopog.),
Darch dieſes ewige Epifobiren, durch bie gefchwägige Ausführung untergeorbneter
Yantte, auf welde gelegentlich die Rede kommt (vgl. Misop. 358.), werben feine
Esriften breit und ermübend. Viele Fehler erklären fi aus der Haft, mit der Die
Briften größtentbeils gefchrieben find und melde J. felbft als einen Bewels von
Bentarität zu betrachten fcheint (vgl. Or. IV, p. 157, B. V, p. 178 D. Libem,
L 574. LW. Teuffel.] \
Bauly, Veal⸗Vchelop. IV. y 27 —
18 Jallanes
drei von ihm in Vaticaniſchen Handfchriften entdeckte und in ber Nov. soriptt.
elassicc. colleet. II. p. 675 ff. herausgegebene Fragmente aſtrologiſchen In»
halts beilegen möchte, welche die Aufihrift führen: "TovAsarou Aaodınaac
(alfo dann von Laodicea) wepi roAsuov, und (dad britte Fragment) roẽ
avzov nepi Aradvorug nolduov. Vgl. Babrie. Bibl Gr. IV. p. 141. 158.
und f. insbeſondere I. p. 313 f.
6) Bänzlih unbekannt iſt der griechiſche Grammatiker Julianus, welder
wa Angabe des Photius (Bibl. Cod. CL.) ein alphabetiſches Wörterbud
zu den zehn Attiſchen Mebnern verfaßte (Asdınor ar apa Tois dena Or-
so00 Adäsor xası Groıyeion), das wir aber auch eben fo wenig näher kennen,
als die ähnlichen Werke des Philoſtratus Tyrius und des Diodor, welche
PHotius a. a.D. nennt: Fabricius (Bibl. Gr. VI. p. 245.) Hält ihn für den»
Kom ; ullanss, an den Phrynichus das vierte Buch feines Werkes ge»
tet bat.
7) Julianus aus Alerandria, ein Schüler des Apollonius (f. Br. I.
©. 625.), Zeitgenoſſe des Galenus (f. Bo. II. ©. 580 ff.), der dieſen, mie
es ſcheint, gelehrten und angeſehenen Arzt von der Schule ber Methodiker
u Alexandria hörte und deſſen ſehr umfaſſende Schrift wider die Aphorismen
es Hippocrates zu widerlegen bemüht war, daher in feinen Schriften auch
dfters dieſes Methodikers gebenkt, von welchem noch eine Schrift neoi ue-
Bodov, eine andere rzapl wur nad voueznor nadair, und Eisayayai
angeführt werben; vgl. ven Index Scriptt. in den Ausgaben des Balenus;
Babric. Bibl. Gr. XIII. p. 305. d. ält. Ausg., vgl. VI. p. 743. ed. Harl.
©. au Sprengel Gef. d. Mebie. II. S. 33 f. Verſchleden davon if ber
son Aetius (III, 3, 12.) und zwar als fein Zeitgenoffe bezeichnete Arzt
Julianus Diaconus, ber aber fonft nit weiter befannt if; vgl. Fabric.
L L XII. p. 305. Alt. Ausg. u. VI. p. 742. ed. Harl.
- 8) Salvius Julianus, einer der angefebenften römifchen Iuriften aus
dem Beitalter Habrians und feiner Nachfolger, ein geborner Africaner , Der
in Rom zweimal pas Gonfulat bekleidete (Spart. Did. Jul. 1.), und mütter-
Her GSelts der Großvater des nachherigen Kaiſers Divius Julianus war;
durch Ihn ließ Hadrian das Edictum perpetuum (f. Bb. IH. ©. 23.) aus»
führen im 3. 132 n. Ghr.; quch andere, in den Pandecten öfters angeführte
und excerpirte Werke dieſes gelehrten Juriſten, welder im Ganzen zur Schule
Ser Sabinianer hielt, zeigen feine Bebeutung und fein Anſehen bei ver Mit⸗
und Nadwelt; dahin gehören: Libri XC Digestorum, woraus allein 376
Stellen in die Pandecten aufgenommen murben, Libri VI ad Minicium Na-
talem, Libri IV ad Ursejum Ferocem, De Ambiguitatibus liber singularis.
©. über ihn das Programm von Heineccius De Salvio Juliano, Galle
1738. 4. 8. 4. Bimer: De Salvii Juliani meritis de edicto praetorio
site aestimandis, Lips. 1809.4. Bad Histor. jurispr. Rom. III, 2. seet. 4.
$. 4. 4 472 f. und Anderes in meiner Geſch. d. söm. Lit. 6. 411. der
dritt. Ausg.
9) Antonius Julianus, ein Zeitgenoffe und Breund des Gellius
(f. Bd. I. ©. 665 f.), von biefem als ein Öffentlicher Lehrer ver Bereb-
famtelt bezeichnet und ebenfo wegen feiner blühenden Beredſamkeit ald wegen
feiner Kenntniſſe in ber alten Literatur gerühmt (1. beſonders N. Att. IV, 1.
u. ZIX, 9.); was @ellius von ihm mitteilt (f. Noett. At. XV, 1. IX, 13.
XVIII. 5. XIX, 9. XX, 9.), zeigt daß er auch mit gelehrten grammatiſchen
Unterfugungen fi beſchäftigte; bie Commentarii, in welchen biefelben auf»
genommen waren (f. Gellius N. Att. XVII, 3.), find aber verloren.
10) Unter den zwölf fogenannten Poetae scholastici, deren lateiniſch⸗
Gedichte auf berühmte Männer der älteren clafflihen Zeit, namentli Cicero,
Birgilius, in die Lateiniſche Anthologie (II. 158 ff. ed. Burmanq. Ep. 397 ff.
Jallamiks «= Zalli «69
od. Meyer) übergegangen find, finbet ſich au ein Julianus, deſſen Ware
mehreren dieſer Eleineren Gedichte als Verfaſſer vorgefegt if. Allein nah
neueren Forſchungen gehören biefe Dichter, pie man früher gegen bas jechäte
Sahrhundert n. Chr. Hin fegte, in eine weit fpätere Seit des Mittelalters,
unb waren Lehrer ber Univerfität zu Paris um 1200 n. Ehr., welde unter
diefen Namen fi in derartigen Poeflen verſuchten; ſ. Meyer ad Antholog.
Lat. T. 1. Praefat. p. ZXEVL. u. Annotat. T. I. p. 144. {B.]
Jultanus, römiſcher Töpfer auf einer Lampe des Leidner Mufeumd
und auf einer Scherbe des Münchner Antiquariums. Gin Julliacus (ober
Jullinus) kommt bei Lerſch vor, Gentraimuf. Rhein. Infchr. III, 126.5; die
nr r keidner Mufeum bei Janſſen Mus. Lugduno-Batavi Inser. p.
140. .
Jullanus Argentarlas, Moſaikarbeiter aus Iuftiniand Zeit, welcher
die Kirche ©. Vitale in Ravenna mufloif auszierte. D. Müller Kunſt⸗
Arhäcl. ©. 212. [W.]
Jultas ('lovAsac, Sofeph. Ant. XVII, 2. B. Jud. II, 9. II, 10. IV, v.
Btol. V, 16. Plin. V, 15, 15.), der fpätere Name der ſüdiſchen Gtabt
Bethsaida (BrOvuid«, Marc. 6, 45. 8, 22. Luc. 9, 10.), welchen ihr der
Tetrarch des Dfjorbanlandes, Herodes Philippus, der Bruber des Herodes
Antipas, zu Ehren der Julia, ber Tochter des Kaiſers Auguſtus, beilegte.
Gie Tag jenfelt des Iordan in dem Diftrift Gaulonitis, nit weit oberhalb
des Ginftrömend biefed Fluſſes in bie nörblide Spitze des Baliläifhen Meeres,
und iſt nicht mit einer andern Stadt Namend Bethſaida am weſtlichen fer
ded genannten Meeres zu verwechfeln (vgl. Forbigers Handb. d. alt. Beogr.
II. ©. 724. Rote g.). Ihre umfangreichen Ruinen finden ſich auf einem
Hügel des Difirifts Jaulan am Gintritte des Jordan in den Ger (vgl. Her
binfons BaläR. IH. S. 565 ff.), unftreitig demfelben, den Pococke IE. &. 106.
Telouy (Iulienberg?) nennt. [F.]
Zulli. Betrachten wir zuerf die gens Julia, deren Name in ſpäterer
Zeit noch weniger als bei andern Geſchlechtern bie Träger ale Gentilen bes
zeichnete, fo iſt der Urſprung berfelben aus Alba Longa nit zu bezwei⸗
fen. Nah Livius I, 30. und Dionyflus IV, 29. (vgl. Tee. Ann, XI, 24.)
wurben bie Julier glei den übrigen Häuptern ber Albaner (den Gervilieen,
Geganiern, Retiliern, Guriatiern, Quintiliern und Glöliern) nad ber Zer⸗
Rörung Alba Longas dur Tullus Hoſtilius unter die römifchen Väter aufe
genommen. Ihren Namen trugen fie von dem albaniſchen Indiges Julus,
in dem fle ihren Heros und Ahnherrn verehrten, und bei deſſen Cult vielleicht
biejmigen Glieder des Geſchlechtes, welche den Familiennamen Julus
trugen, bie priefterliden Vertreter des Geſchlechtes waren (vgl. Rlaufen,
Aeneas und bie Benaten, 2ter Band 7tes Buch. Julus [erfler Abſchnitt: Die
3ulier] ©. 1059 f.). Außer Alba finden fi Julier aber au in Bovillds
venn in dem Theater diefer Stadt, das nad ber Bauart zu fliehen, aus
der Zeit von Bovilläs alter Blüthe herſtammt, wurde jener juliſche Alter
des Bejovis mit der Inſchrift: Vediovei Patrei Genteiles Juliei, Leege Al-
bana dicata gefunden (vgl. Klaufen am a. O. ©. 1082. ff. Niebuhr R. ©.
Do. I. Anm. 1240. Bd. II. Anm. 421.); und dur das von Tiberius
Gäfer bei Bovillä geftiftete Heiligthum des juliſchen Geſchlechtes mit dem
Bilde des Augufius, mit Auguſtalprieſtern und circenſtſchen Spielen (Zar.
Ann. II, 41. XV, 28. Hist. II, 95. vgl. Sueton. Aug. 100.) wurbe ohne
Zweifel ein altes gentiliciſches Heiligthum erneuert und verherrlicht (Klaufen
6. 1083. 1108.). Ob die Julier von jeher in Bovtl& zu Haufe waren,
oder ob AG ein Theil von ihnen nad der Zerflörung von Alba vorthin
sogen hat, läßt fi nit ermitteln (Derf. ©. 1108.). Wenn aber Boni
«ls Nachbarſtadt von Aricia unzweifelhaft an jenem Verkehre Theil chen,
“0 rn Zail- - °
;
welcher in früher Zelt von der griechiſchen Stabt Cumä ans über Aticia
nad Tusculum und Gabii Statt fand und griechiſche Bildung in biefe lati⸗
niſchen Städte verbreitete (RI. ©. 1111—1114.; vgl. in Beziehung auf Aricia
und Gumä ben Art. Herdonü, ®Bb. III. ©. 11$5.): fo dürfen wir „ohne
ſonderliches Bedenken fliegen, daß dieſer cumaniſche Verkehr den Juliern
zu Bopillaͤ und Rom Anlaß gab, fi auf den auch in die tarquiniſchen Ge⸗
nealogieen hereingezogenen Aeneas zurückzuführen, wie den Mamiliern zu
Tusculum, ihre einheimiſchen Vorfahren von Telegonos und Odyſſeus herzu⸗
leiten“ (Klauf. S. 1126.). Der albaniſche Indiges Julus wurde nun mit dem
phrygifhen Ascanius, des Aeneas Sohn, identificirt* (Derf. ©. 1081. vgl.
4078.), und auf dieſe Weife eine göttliche Abkunft des juliſchen Geſchlechtes
gewonnen, welche in der fpäteren Zeit feines Blanzed zumal von dem Dics
tator Gäfar felbf und feinen Schmeichlern und Bewunderern angefprochen
und behauptet warb (vgl. Drumann Geh. Noms ı. Br. IH. ©. 115.
Note 28—35.). — Mit der Angabe des Livius und Dionyflus, daß die
Salter durch Tullus Hoftilius aus Alba nah Rom verpflanzt worden ſeien,
iſt allerdinge die Erzählung von Julius Proculus zu vergleihen, der
nach dem Verſchwinden des Königs Romulus dem traurenden Volke bezeugt
Baben fol, dag ihm Romulus in übermenſchlicher Geſtalt erfchienen fei und
als Quirinus fi zu erkennen gegeben habe. Bol. Liv. 1,16. Dionyf. 1,63.
VPlut. Rom. 28. (Sonar. VII,4.) Parallel. min. 32. [aud Ariftobuf. Ital. I11.]
Flor. I, 1. Aurel. Bict. de vir. ill. 2. Ovid Fast. II, 499 ff. Gic. de
Rep. !I, 10, 20. de legg. I, 1,3. 2actant. I, 16. @ufeb. Chron. MCCCH.
Dionyfius nennt ihn einen Landmann aus Ascanius Stamm, und fdeint
biebei keineswegs die Borausfehung zu theilen, melde aus den Worten Ovids
(Fast. II, 499.) entnommen werben könnte, baß derfelbe ein Albaner geweſen
fi. Plutarch (Rom. 28.) bezeichnet Ihn als Patricier von hoher Abkunft,
als treuen und vertrauten Freund bed Romulus, und aus der Zahl verer,
melde mit Ihm von Alba nah Mom gezogen fein. Nun Eönnte freilich ein
Bweig ber albaniſchen Julier fon bei der Gründung Noms in die Bflanz-
ſtadt fich übergefledelt haben, während der Stamm des Geſchlechtes in der
Mutterſtadt zurückblieb. Da jedoch das, mad von Yulius Prorulus berichtet
wird, rein dem Gebiete der Sage angehört **, fo dürfen wir eine geſchicht⸗
liche Thatſache um fo meniger daraus entnehmen, da das juliſche Geſchlecht
e8 in fpäterer Zeit feinem Intereffe angemeflen finden Eonnte, ſchon an die
frühefte Gefhichte Noms feinen Namen in ehrenvoller Weiſe anzufnüpfen. *** —
® Da der Name bes Ascanius zuvor fon dem Iavinienfifchen Indiges angeeignet
war: fo erPlären fich hieraus die Sagen, welche den Ascanlus von Julus trennen
ober von einem zweifachen Julus erzählen. Klaufen S. 1081. — Eigenthümlich und,
sie es und fcheint, gefucht find die Anfichten Klauſens über die zu Bovilä gefan-
Done ilifche Tafel (vgl. Bb. II. ©. 814.), in welcher ben römifchen Camillen, bie
au dem Epheben Julus ihr Vorbild hatten, ans ben Alteften griechifchen Zeugniſſen
Die bei den Jullern Üiberlieferte Lehre von ihrem Ginfiuffe auf bie Gotter nachge⸗
wieſen fein follte (©. 1115 — 1126.)
»* Der Verſuch Eiceros (de Rep. II, 10.), den Glauben an bie durch Proeulus
bezeugte Verfepung des Romulus unter bie Bdtter, welche allerdings tem ädyten
Römer eine Art von Dogma fein mochte, burch bie Behauptung zu flüägen, daß bie
In Jahrhunbdert ded Romulus bereits verbreitete Aufklärung das Uuftommen einer
leeren Gage oder Erbichtung nicht gefiattet bätte, erſcheint freilich noch tmeit umgiAds
cher, ald Ahnliche apologetifhe Berſuche moberner Theologen. Yu ber Gtele de
legg. I, 1. verbätt fi Indeifen auch Eicero fBeptiih zu jenem Glauben.
*.® Aus der römifchen Kaiferzeit findet fid, der Name Julia Procla ald Name
einer Grieche auf einer Brabrchrift zu Smyrna (Spon Miscell. sect. X. n. 90.);
fo wie die Mitylender auf einer Münze eine Julia Procla als Keroide feiern Cogl,
Biscenti Iconotr. grecque I, p. 313. Pl. XXXVII. n. 3.). D6 bei dem Bortommen
‚ Sail #21
Geben wir min zu der Geſchichte des juliſchen Geſchlechtes in ber Zeit ber
Hepublik über: fo finden wir Julter während ber ganzen Mepublil in dem
höchſten Aemtern, am meiften in den erften und letzten Jahrhunderten. Als
charakteriſtiſche Cigenſchaften derſelben hebt Klaufen (vie Iulier, S. 1059.
bis 1070.) vornehme Milde und Stolz auf ihren Rang, mit Wohlmollen
für Plebejer und Italiker verbunden, und Neigung für griechiſche Bildung
hervor. Ob er Abwendung vom Kriegaruhm und Hinneigung zu priefters
lien Würben (in Uebereinflimmung mit dem Charakter und der Stellung
des Julus, vgl. Dionyf. I, 70.) mit gleihem Rechte als Gigenichaften bes
Geſchlechtes betrachte, mag die Prüfung befien, was über die Julier im
Ginzelnen berichtet if, ergeben. Wir verfolgen zunähft das Geſchlecht bis
zum Auflommen der Familie ber Caesares, und bemerken in Betreff ber
Genealogie, daB wir unfere Abmeldungen von Klaufen (am a. O.) und
Drumann (Br, IH. ©. 117 f.) aus Gründen ber Naumerfpamiß zu recht⸗
fertigen unterlafien, und dieß um fo eher thun zu können glauben, als bie
Urfacden der Abweichungen bei näherer Prüfung ſich von ſelbſt ergeben.
1) C. Julius Julus, Coſ. 265 d. St., 489 v. Ehr. mit P. Pina
rind Rufus, Dionyf. VII, 1. (vgl. Fasti Siculi: TovAAov, welde Namens
form Tulius au in älteren Ausgaben ber Schrififteller fi findet, und 3.2.
von Glanborp. onomast. Rom. p. 418 f. durchgängig angenommen if).
Nach der Duelle, der Dionyflus folgte, wären dieſe Gonfuln Feine großen
Krieger geweſen, und eben deßhalb, wie er wohl felbft erklärend hinzuſetzt,
vom Bolfe vorgezogen worden. Xivius dagegen übergeht biefe Sonfuln, wie
die des vorhergehenden Jahres, Du. Sulpicius Gamerinus und Sp. Larcius
Flavus, gänzlih. Letzterer war ſchon bei feinem erflen Gonfulate, das et
im 3. 248 d. ©t. mit 3. Herminius führte (vgl. Bd. IH. ©. 1217.) über»
gangen; und was fich bei dem larciſchen und andern Geſchlechtern fo ziemlich
deutlich berausftellt, daß nemlich zu Anfang der Republik In gewiffen Quellen
gewiſſe Geihledhter entweder aus ben Faſten verbrängt oder wenigflens in
Schatten geftellt waren (vgl. Herminii, Bd. III. ©. 1217 f.), das ſcheint
mit Berüdficgtigung deſſen, mad bei ven folgenden Juliern bemerkt werben
wird, auch auf dieſes Beichleht feine Anwendung zu finden.
2) C. Julius (in ben Fastis Anonym. Noris. Pelos., daher ihn
Klauen ©. 1060. Pilosus nennt), Eof. 272 dv. St., 482 v. Ehr. mit Du.
Fabius, na Dionyſtus (VIEL, 90.) in Folge einer Uebereinkunft ale Gans
bidat der Bolköpartbei gewählt, und zwar unter dem Vorfitze des Sp. Larciuß
ald zweiten Interrer. Livius (II, 43.) erwähnt weder den einen noch ben
andern Yimfland, und berichtet kurz, Daß bie innere Zwietracht in biefem
Jahre nicht minder higig, und der auswärtige Krieg — gegen Aequer unb
Beienter — wüthender gemefen fei. Nah Dionyfius (VII, Yy1.) wurben bie
beiden Gonfuln zufolge eines Senatöbefchluffes, der vom Volke mit Wider⸗
fireben aufgenommen und erft in Folge ver Verwendung bed Sp. Larcius
HeRätigt wurde, gegen bie Bejenter ausgefandt, fanden jedoch den Beind nicht
im Zelde, und führten daher, nachdem fie das feindliche Gebiet verwüſtet,
ihre Heere zurüd (vgl. Qu. Fabius, Br; II. ©. 368., wo aud die Ver⸗
wechtlung der beiden Gonfuln bei Lydus de mag. I, 38. bemerkt if). Der
Gonful des 3. 272 iſt ohne Zweifel iventifh mit dem Gonfularen C. Julius,
der im 3. 305 d. St. mit zmei andern Gonfularen vom Senate an die Krieger
geſandt wurde, welche auf die Nachricht von der Gewaltthat des Decemvirs
Appius Claudius aus ihrem Lager auf den Aventinus gezogen waren (Ziv.
I, 50. vgl. Ascon. in Cornel. p. 77. ed. Baiter.).
Diefed Namens in fpäterer Seit an irgend eine Beziehung zu dem Julius Proculas
des zömifchen Gage zu deuten fei, laſſen wir dahingeſtellt.
8) Vopiscus Julius Julaus, Gof. 281 d. &t., 478 v. Chr. mit
2. Aemilius, Dionyf. IX, 37. Diod. XI, 65. Livius (II, 54.) nennt Opiter
Birginius als Amtögenofien des Aemiltus und bemerkt dabei, daß er in
einigen Jahrbüchern Vopiscus Julius als Conſul flatt des Virginius finde,
Die Eonfuln hatten dur innere Unruhen zu leiden; denn zu Anfang bes
Jahres regte der Volkstribun En. Genucius (Bd. II. ©. 708. Nr. 2.) die
Leidenſchaften auf, und nad deſſen plöglihem Tode führten bie Gonfuln
ſelbſt durch ihre Härte bei der Aushebung und dur das an Publilius Vo⸗
lero, welchen fie trog feiner Anſprüche auf eine Genturionenflelle unter die
gemeinen Soldaten einreihten, verübte Unrecht eine folge Erbitterung unter
dem Volke herbei, daß ihr eigenes Leben in Gefahr kam und nur die Flucht
von dem Forum in die Gurie fie rettete. Dionyf. IX, 37—41. vgl. Liv.
II, 54. ($lor. I, 22.). -
4) C. Julius C. f. L. n. Julus (Fasti cap. ad a. 303. Varr.),
wahrjheinlid Sohn von Nr. 1., Decemvir (legibus scribundis) 303 d. St.,
451 v. Chr., Liv. III, 33. Dionyf. X, 56. Diodor. XI, 23. Fasti cap.
Gerühmt wird von ihm, daß er, ungeachtet von den Decemoirn feine Berus
fung galt, den 8. Sertiuß, einen Batricier, in deſſen Haufe ein verfgarrter
Zeihnam gefunden worden war, beim Volke anflagte und das, waß er feiner
Amtsgewalt entzog, der Breiheit des Volkes zulegte. Liv. 1. 1. vgl. Cic. de
Rep. II, 36, 61., wo er fälſchlich dem zweiten Collegium der Decemvirn
(304 d. St.) zugezählt wird.
5) C. Julius, mwahrfheinlid Sohn von Nr. 2., Coſ. 307 d. St.,
447 v. Ehr. mit M. Geganius Macerinus, Liv. III, 69. Diobor. XII, 29.
Die Eonfuln wußten dad Auftreten der vereinigten Tribunen gegen ben jungen
Adel zu verhindern, ohne jenem Amte zu nahe zu treten ober dem Anſehen
ber Väter Etwas zu vergeben: den Bürgerfland hielten fie von Unruhen ab,
indem fie die Aushebung verfhoben, unter der Berfiherung: wenn Ruhe in
der Stadt herrſche, fo ſei au ‚auswärts Alles flille. Liv. 1.1. Zum zweiten
Male befleivete G. Julius das Gonfulat 319 d. St., 435 v. Chr. mit Luc.
(bei Diodor Proculus) Birginius, Liv. IV, 21. Diodor. XII, 49. Da die
Stadt dur eine fhwere Seuche heimgeſucht war, fo fielen die Vejenter und
&idenaten ein und pflanzten am collinifgen Thore ihre Feldzeichen auf.
Der Conſul Julius befegte Wal und Mauern mit Truppen ; fein Amtsége⸗
noffe aber berieth mit dem Senate, und ernannte, nachdem Julius feine Ein⸗
willigung gegeben, einen Dictator. Liv. 1. 1. Auch im folgenden Jahre fol
Yulius nah der Angabe des Licinius Macer (zum dritten Male) und Vir⸗
ginius (zum zweiten Male) das Gonfulat bekleidet haben. Andere dagegen
nannten andere Gonfuln und wiederum Andere flatt der Conſuln Kriegätri«
Sunen: in jedem Falle aber wurde, in Folge eines von ſämmtlichen etruri⸗
ſchen Voͤlkerſchaften drohenden Krieges, auch in dieſem Jahre ein Dictator
ernannt. vgl. Liv. IV, 28.
6) L. Julius (Julius), vielleicht der Bater von Nr. 12. und dann ber
Sohn von Nr. 3., vielleiht aber au der Bater von Nr. 11., confularifger
Kriegätribun 316 d. ©t., 438 v. Chr. mit Mam. Aemilius und 2. Quine⸗
. Hu8 Gincinnatus, Liv. IV, 16. Diodor. XII, 38. Wahrſcheinlich' indentif
mit L. Julius, dem Meiterobriften des Dictatord A. Poſtumius Tubertus
823 d. ©t., den diefer bei bem Auszug gegen die Aequer und Voldker für
unerwartete Kriegsgeſchaͤfte zuglei mit dem Gonful &. Julius (Mr. 7.) in
der Stadt zurückließ, Liv. IV, 26. 27. vgl. Diebor XII, 64. (der die Die
tatur des Poflumius ein Jahr zu früh fegt). Im folgenden Jahre, 324 ».
©t., 430 v. Chr., gelangte er zum Gonfulate mit 2. Papirius Grafius, iv.
IV, 30. Diodor XII, 72. vgl. Gic. de Rep. II, 85, 60., wo er falſchlich
C. Jul. Heißt. Als die Conſuln durch die Berrätherei eines Tribunen erfuhren,
Sal “2
baß viefe Behörde ein dem Wolke ſehr ermünfchtes Geſetz über Anfehung
ver Grafen in Geld (das nah Gic. a. D. dadurch veranlaßt war, daß bie
Genforen 2. Bapirius und C. Binarius durch Gtrafanfäge eine Menge Pflug«
vieh aus dem Beflge der Privatperfonen in den Beflg des Staates gebracht
hasten) entmwerfe, fo kamen fie ſelbſt mit einem ſolchen Geſetze zuvor, durch
welches ein leiter Geldanſatz für das Vieh beflimmt wurde. Liv., Gic. 11.1.
vgl. Dionyf. X, 50. Gel. N. A. XI, 1. Gef. v. peculatus-p. 237. Mäll.
unb Baiter im Index legum, Onomast. Tullian. III. p. 139.
7) C. Julius Mento, Coſ. 323 d. St., 431 v. Chr. mit T. Duine«
tins Gincinnatus Pennus, Liv. IV, 26. Diodor XII, 65. Da bie Aequer
und Beleker aufs Neue fi erhoben und ihre Heere vereinigt Hatten, fo be=
ſchloß der Senat, einen Dictator zu ernennen, nad Cinigen aus Anlaß eined
von den Gonfuln auf dem Algivus verlorenen Treffens. Während aber vie
Genfuln in allen Stüden unelnig waren, fo Tamen fle in der Weigerung,
einen Dictator zu ernennen, überein. Dur Du. Servilius Priscus wurben
endlich die Tribunen aufgefordert, die Gonfuln zur Ernennung eines ſolchen
zu zwingen; und als jene drohten, die Gonfuln in das Gefängniß führen
zu lafien, fo gaben biefelben eher den Zribunen ald dem Senate nah. Dem
Loos zufolge ernannte T. Quinetius den Diktator in ber Perfon ſeuled
Schwiegervater U. Poſtumius Tubertud. Liv. IV, 26. Diefer ließ ben
Conſul Julius zur Bertheivigung ber Stadt zurüd, z0g mit dem andern
Gonful in das Feld und trug einen glänzenden Sieg über die Feinde davon.
Liv. IV, 27—29. Während der Abweſenheit ſeines Amtögenofien weihte
Julius, ohne Durch das Loos berechtigt zu fein, den vor zwei Jahren aus
Anlaß einer Seuche (vgl. Liv. IV, 25.) gelobten Upollotempel ein: morüber
ſich Quinctius, als er nad Entlafjung feines Heeres in die Stadt zurückkam,
vergebene im Senate beſchwerte. Liv. IV, 29. (vgl. Klaufen &. 1098. 1102 ff.,
der bie Vermuthung ausſpricht, daß Mento zur Einweihung bes erften Apollo»
tempeld in Rom ſich vorgebrängt babe, weil Apollo in dem Gottesdienſt bed
jnliſchen Geſchlechtes an die Stelle des Vejovis getreten fet.)
8) Sex. Julius Julus, confularifäger Kriegätribun 330 d. St., 424
v. Chr. mit App. Claudius, Sp. Nautilus, 2. Sergius, Liv. IV, 35. Diodor
11,82. Die Kriegstribunen gaben die im Kriege gelobten Spiele mit großer
Pracht, und veranlaßten dadurch die Volkstribunen zu aufrühriihen Redes
au bie Menge, die vor anflaunenber Bewunderung derjenigen, welche ſie haſſe,
ſich ſelbſt in ewiger Knechtſchaft fefthalte und bei der Wahl der Kriegtri⸗
bunen weber an fih noch die Ihrigen denfe. Lin. IV,35. Gleichwohl veran⸗
laßten die Kriegätribunen In Abweſenheit der Volkstribunen den Senaté⸗
beſchluß, daß die Konfulmahlen gehalten werben follen, und entzogen fi
ben Angriffen jener, indem fie auf das Gerücht von einem Einfalle der Boläker
im Gebiete der Herniker zur Unterſuchung der Sache abgiengen. Liv. IV, 36.
9) C. Julius, nad Livius IV, 40., wenn anders. die Lesart in dieſer
Stelle richtig if, Bolkötribun im I. 331 d. ©t., 423 v. Ghr., und als
folder, wie es ſcheint, ein elfriger DBertreter der Volksſache. Daß er, ent
ſproſſen aus einer gemifchten Ehe, mit Entſchiedenheit fi auf die plebeſiſche
Seite geflellt Hätte, wäre allerdings denkbar und nicht ohne Beifpiele (vgl.
Genucia gens, ®b. Ill. ©. 708.).
10) C. Julius Sp. f. Vop. n. Julus (Fasti cap. ad a. 346. 361.
Varr.), Enkel von Nr. 3., confularifer Kriegätribun 846 d. St., 408 v.
Ghr., wozu er wider Erwarten mit zwei anderen Adeligen, PB. Cornelius
Coſſus und C. GServilius Ahala gewählt wurde, Liv. IV, 86. Diodor. XIII,
104. Fasti cap. In dem Berichte, daß der Senat aus Anlaß eined dro⸗
henden Krieges mit ben Bolsfern und Hequern die Ernennung eines Dictator&,
beſchloſſen, die Kriegstribunen Julius und Cornelius aber Dagegen ſich gefträubt
#«
!
und ben vornehmften Vätern dadurch Veranlaffung gegeben Haben, ben Bei⸗
fand der Volkstribunen anzurufen (Liv. IV,56.), wiederholt fi eine frühere
Erzählung (vgl. Nr. 7.); und obgleich dießmal berichtet wird, daß die Tri⸗
bunen, erfreut über bie Unetnigfelt der Väter, ihre Hilfe verweigert hätten,
fo if trog dieſes Unterſchiedes die Wiederholung verbädtig, und mag ſich
aus dem Umflande erklären, daß nicht nur die feindlichen Völker in beiden
Jahren diefelben find, fondern au die Namen Julius und Serviliuß, Ich»
terer ald Name des dritten Kriegstribunen, der endlich den Dietator ernannt
baben fol (Liv. IV,57.), in diefem, wie in dem früheren Sabre vorkommen.
Aus Aerger über die Ernennung eines Dictators follen übrigens bie Krlegs=
tribunen am Schluß ded Jahres einen Wahltag für Kriegstribunen flatt für
Conſuln angekündigt haben. Liv. IV,57. Zum zweiten Dale war &. Julius
Kriegätribun 349 d. St., 405 v. Chr. mit fünf Amtögenofien, Liv. V, 61.
Diodor XIV, 17. Fasti cap., und nahm als folder an der erfien Einſchließung
Defis Theil, vgl. Liv. 1.1. Im Jahr 361 d. St., 393 v. Chr. wird er
als Genfor erwähnt, und flarb als ſolcher in dem durch Hunger und Seuche
unheilvollen Jahre. Liv. V, 31. IX, 34. Plut. Camill. 14. Fasti cap.
11) L. Julius Julus, confularifcher Kriegstribun 351 d. St., 403
v.Chr., und zwar nad) den Fasti cap. mit fünf Amtögenofien. Bon Diovor
XIV, 39. werden nur fünf, von Livius V, 1. aber acht Kriegätribuinen ges
nannt. Die Bermehrung der Zahl wird von dem Lebteren aus dem fort-
dauernden Kampfe mit Bell erflärt; allein die Zahl acht iſt nur durch Hinzu⸗
zäblung der Genforen entflanden, und die richtige Angabe iſt diejenige der
Fasti cap. (vgl Fiſcher und Sötbeer Röm. Zeittafeln S. 38.). Nach Livius
V. 2. follen übrigens dieſe Kriegätribunen das erſte Winterlager bei Beil
errihter und dadurch Anlaß zu LUmtrieben der Volkstribunen gegeben haben.
12) L. Julius L. f. Vop. n. Julus (Fasti cap. ad a. 353. Varr.),
Gntel von Nr. 3. und vieleiht Sohn von Nr. 6., einer der ſechs Kriegs⸗
tribunen des Jahre 353 d. St., 401 v. Chr. (Liv. V, 10. Diodor XIV, 44.
Fasti cap.), welche in Folge einer bei Bei erlittenen Niederlage ihr Amt
fon am 1. Det. flatt 13. December antraten, vgl. Liv. V. 9. Das Jahr
war durch vielfältigen Krieg nah Außen und Aufruhr nad) Innen bezeichnet,
Liv. V, 10. Zum zweiten Male Kriegstribun im I. 357 d. St., 397 v.
@hr. (Fasti cap. Liv. V, 16. Diodor XIV, 85.), bradte er, als die Tar⸗
quinienfer, dad Beſchäftigtſein der Nömer durch mehrere Kriege benühend,
im römiſchen ®ebiete plünderten, mit feinem Amtögenofien A. Voftumius
einen Heerhaufen aud Freimilligen zufammen, mit welchem bie beiden Kriegk⸗
tribunen die vom Beutezug heimkehrenden Tarquinienfer überflelen und ihnen
die Deute wieder abnahmen. Liv. V, 16.
13) L. Julius Julus, Conſulartribun 366 d. ©t., 388 v. Chr., Liv.
VI, 4. Diod. XV, 23. Die Tribunen führten ein Heer In das Aequijche
zur Verwüſtung der Darf, und ein andered in das @ebiet von Tarquinli, in
welchem die Etruskerſtädie Gortuofa und Gontenebra mit Sturm genommen
und zerflört murben, vgl. Liv. VI, 4. Zum zweiten Dale Eonfulartribun
975 d. St., 379 v. Ehr. (Liv. VI, 30. Diodor XV, 51.), und zwar als
dritter Adeliger neben drei plebelifhen Amtögenofien, mußte er ven beiden
andern Adeligen, B. und &. Manlius, melde ihm durch Ginfluß, wie den
Bürgerlichen durch Geburt überlegen waren, den Dberbefehl gegen die Voleker
überlaffen, dur deſſen Führung jedoch die Manlier keineswegs ihrem Namen
Ehre machten. vgl. Liv. VI, 30.
14) C. Julius, im I. 402 d. St., 352 v. Ghr. zum. Dictater ers
nannt, angeblib aus Furcht vor einem Gtrudferfriege, in Wirklichkeit, um
“eine patrichihe Conſularwahl durchzuſetzen. vgl. Liv. VIE, 21 f.
15) Sex. Julius, einer der drei Senatoren, welche das auf bie Tiburten
Julli (Cassares) Bu 425
Bezügliche, der Mitte des fünften Jahrhunderts d. St. angehörende Senatus⸗
Conſult (Drelli Inser. n. 3114. vgl. Niebuhr Röom. Gel. IH. ©. 309 ff.)
unterzeichneten.
16) L. Julius L. f. L. n. Libo (Fasti triumph.), of. 487 d. St.,
267 v. Chr., triumpbirte als folder mit feinem Amtögenofien M. Attilius
Regulus über die Sallentiner. Gutrop. II, 17. Fasti triumph. vgl. Flor.
1, 20. S3onar. VIII, 7. [Hkh.
Die Familie der Caesares: *
ij) Sex. Julius Caosar, ber erfle Julier, ver von einem Gchriftfleller
mit jenem Zunamen genannt wird, gieng im J. 208 v. Chr. als Prätor nach
Sicilien und wurde in bemfelben Jahre zu einer Sendung nad Gapua an
den Gonful T. Quinctius Grifpinus verwendet. Liv. XXVII, 21. 22. 29,
2) L. Julius Caesar, ®rätor 183. Liv. XXXIX, 45.
3) Sex. Julius Caesar, im J. 181 Kriegätribun unter dem Pros
conful &. Aemiltus Paulus, Liv. XL, 27., im 3. 170 bei einer Geſandt⸗
ſchaft zu Bunften der von dem Prätor 8, Hortenflus mißhandelten Abderiten.
Liv. XLIII, 4.
4) L. Julius Caesar, Prätor 166. on XLV, 44.
5) Sex. Julius Caesar, Sex. (Nr. 3.) f. L. n., curuliſcher Aedil
im I. 165 mit En. Dolabela (f. Bd. II. S. 688, 3.), Cr. 157. Polyb.
XXX, 20. Plin. XXXIII, 17. Fast. cap. a. 596.
6) Sex. Julius Caesar, Sex. (Nr. 5.) f. Sex. n., Prätor 123.
@ic. p. dom. 53. ad Herenn, II, 13, 19.
7) L. Julius Caesar, Sohn eines 2. und der Bopillia, welche früher
ee D. Lutatind Gatulus (f. d.) verbeirathet war, Sex. n., Fast. cap. 663.
‚ focht im 3. 90 als Conſul im marfiſchen Kriege gegen die Sammniten,
—* gegen Vettius Cato, glücklicher bei Acerrä in Campanien gegen
Papius Motulus, wagte jedoch nicht, das Lager deſſelben angreifen; eine
neue Niederlage erlitt er dur Marius Egnatius und konnte au, nachdem
er ben geretteten Theil feines Heeres wieder gefammelt und Verſtärkungen
erhalten Hatte, das von Papius belagerte Ucerrä nicht entfeßen. App. I, 40.
41. 42. 45. (Appian nennt ihn Sextus und verwechſelt ihn mit Nr. 17.,
dem Gonful des vor. Jahres.) Liv. ep. 73. Oroſ. V, 18. Belle. II, 15,
Obſeq. 145. Um den Abfall der no treuen Bunbeögenoffen zu verhindern
und bie Mat der Feinde zu trennen, beantragte er ein Geſeh, durch welches
benjenigen , welche bie Waffen noch nicht ergriffen: hatten ober fie nieder»
festen und fi für die Annahme des Geſetzes erklaͤrten, das Bürgerrecht ver⸗
lichen wurde (Lex Julia de civitate sociorum. Orell. Onom. III. p. 186.).
Cic. p. Balbo 8fj. Gell. IV, 4, 3. Vellej. II, 16. Appian. I, 49. —
® lieber beu Urfpruug bed Beinamend Caesar hat Spartianus v. Ael. Ver. 1,
bie verfhiebenen Meinungen zufammengefiellt. Während nemlich die Gelehrteſten
annahmen, der Erfie, ber jenen Beinamen erhalten, habe einen Elephanten, Caesar
ie der Sprache der Mauren, erlegt (Spart., vgl. Serv. zu Virg. Aen. I, 285,, wo
katt der maurifchen Sprache die punifche genannt ift, und jedenfalls Die irrige Vor⸗
auöfegung Gtatt findet, als wäre ber Broßvater bes Dictatord ber exfte Caesar ges
wein), fo wurde ber Beiname durd, Andere von einem Cinfchnitt in den Leib ber
Mutter bei ber Geburt (Spart., vgl. Val. Mar. de nom. rat. p. 631. ed. Kapp.
Pin. H. N. VII, 7.[9.]. Solin. 1. 5.62. Non. Marcel. [c. XVIII. de propingu.]
».383,. ed. Gerl. ’ et Roth. Serv. 1.1.0. X, 316. Zonar. X, 11.) und wieberum durch
Andere vom ſtarkem Haupthaare des Neugeborenen (caesaries, Spart. vgl. Feſt. v.
Caesar p. 57. Mäll.) ober von Lebhaften Blauen Augen (oouli onesli, Spart.) abs
geleitet. Der wahre Urfprung wird fo wenig als bei ben meiften andern Beinamen
mit Dinerbeis w ermitteln fein. — Ueber Caesar ald Titel in ber Kaiſerzeit ſiehe
®. U. 6,46, [Hkh.]
m. J 27%
17 Zalı
Während feines Conſulates ſtellte er auch aud Auftrag bes Senates ben
Tempel der Juno Sofpita wieder her. Gic. de div. I, 2, 4. — Im I. 89
war er mit P. Licinius Crafſus Cenſor und mit Eintheilung der durch feine
Lex und bie Lex Plautia et Papiria (f. d.) gefhaffenen Menge von Neus
bärgerm in neue Tribus beſchäftigt. Eic. p. Arch. d. Nöcon. in Scaur.
p. 24. Or. Appian., Belle. a. a. O. Feſt. v. referrip.289M. Auch trafen
die Genforen Verfügungen zur Beſchränkung des Tafel-Lurus. Plin. XI, 5.
XIV, 16. — Im J. 87 wurde er mit feinem Bruder (Mr. 8.) ald Gegner
des Marius und Cinna nad Flor. II, 21, 14. (vgl. Ascon. am a. OD.)
son Fimbria (f. Bd. II. S. 485, 9.) ermordet, ihre Köpfe wurben auf ber
Rednerbühne audgeflellt. Liv. ep. 80. Gic. de orat. IH, 3, 10. Tuscul. V,
19, 55. Val. Mar. IX, 2,2. Appian. I, 72. cf.48. Er war mit Fulvia,
einer Toter des M. Fulvius Flaccus nerbeirathet. |. Bd. HI. S. 532. unt.
8) C. Julius Caesar Strabo (der Schielende), des Bor. Bruber,
im I. 90 während des Gonfulats feines Bruders curul. Aedil (Gic. Brut. 89.
Ascon. in Scaur. p. 24. Orell.). Seiner Bewerbung um das Confulat, Die
ungefeglih war, weil er die Prätur noch nicht befleivet hatte, widerſetzten
5 auf Marius Betrieb (Diod. Exc. Phot. XXXVII. p. 540. u. dazu Weflel.)
ie Volkstribunen B. Sulpielus und P. Antifttus, und als die Partei der
Optimaten ihren Genoſſen Cäſar in Shug nahm, kam ed zu flürmiihen
Auftritten auf dem Forum. Ascon. am a. O. Gic. de harusp. resp. 20.
Brut. 69. — Im 3. 87 ſuchte er vor den Verfolgungen des Marius und
Cinna Schutz bei einem etrusciſchen Gaſtfreunde Sertilius, den er vor Gericht
beriheibigt Hatte, murbe aber von ihm verrathen und mie fein Bruder ges
tÖbtet (f. Nr. 7. u. Cic. Brut. 89. Baler. Mar. V, 3, 3.). Als Redner
Hatte er zwar Feine binreißende Kraft, aber in hohem Grabe Urbanität, Lieb⸗
lichkeit, Wis, Laune und Scherz. Brut. 48. 49. 57. 60. 89. de or. II,
23, 98. 5&, 216. III, 8, 30. Tusc. V, 19. de off. I, 30. 37. Belle. I1, 9.
Als Aedilicius, alfo nah dem 3. 90, hielt er eine oratio apud censores
(Barro de re rust. I, 7, 10. Plin. XVII, 3.) und eine oratio, qua Sul-
pieio respondit. Priscian. V, 8. VI, 14. — Die oratio pro Sardis hielt er
fon 103, als er den T. Albucind, welcher Sardinien verwaltet hatte, wegen
Erpreffungen belangte. Suet. Caes. 55. ic. de off. II, 14. in Caeecil. di-
vin. 19. Das Weitere über diefen Cäſar flehe unten in ben literar-hifloris
ſchen Artikeln o, 1.
9) L. Julius Caesar, Sobn von Nr. 7., wurde, als er AH um bie
Aebilitãät bewarb, nicht gemählt (Sic. p. Planc. 21.), im I. 64 aber war
er Gof. mit Marcius Figulus (Cic. p. Muren. 34. p. Sull. 20. ad Au.L
4, 2. 2, 1. Ascon. in Pison. p. 7. or. in toga cand. p. 82. Or. Sal.
b. c. 17. Dio XXXVII, 6. 10.), im 3. 63 im Proceffe des C. Rabirius
mit C. Eifer, dem nadmaligen Dictator, duumvir perduellionis, Dio
XXXVII, 27. — Obgleich P. Lentulus Sura mit feiner Schwefter Julia,
der Wittwe des M. Antonius Greticus und Mutter des Irlumvird Antoniuf,
verheirathet war, flimmte er doch für den Tod befjelben wegen feiner Theil⸗
nahme an ber Catilinariſchen Verfhämwdrung. Gic. in Catil. IV, 6,13. Phil.
nl, 6, 14. VIII, 4, 1. ad Att. XII, 21,1. Später war er in @allien einer
bet Legaten feines Verwandten Cäſar (Cäſ. b. g. VII, 65. b. c. I, 8.).
Während des Krieges mit Pompelus Hlieb er in Mom. Im J. 47 wurde
er, als fein Neffe Antonius, ber Mag. eq. des abweſenden Dictators, fi
zu den meuterifden Segionen in Sampanien begab, zum Stabtpräfeeten er⸗
nannt, bewies fi aber ganz untüchtig. Dio XLII, 30. Nach dem Tode
des Dietators entfernte er ih von Antonius (Gic. ad Fam. IX, 14, 3. ad
Att. XIV, 17, 2. XV, 4, 5.) und erhielt deshalb Ciceros Lobſprũche (Cic.
ad Fam. XII, 2, 3. 5, 2.), bo trat er offen gegen ben Neffen erſt auf,
Julli (C. Jülfüs Caesar) vr
als verfelbe nad Mutina abgegangen war (f. Bd. I. ©. 562.). Auf feine
Antrag wurde bie Adervertheilung nad bem Geſetze des 2. Antonins wieder
aufgehoben (f. Bb. I. S. 570.), er flimmte aber aus Ruͤckficht auf feine
Schweſter Julia (App. III, 51.) gegen die von Gicero beantragte Kriegsé⸗
erflärung gegen M. Antonius (Cic. Phil. VIII, 1, 1 ff. 7, 22. ad Fam. 2,
28,3.) ; fpäter erklärte er ſich für die Aechtung beffelben, wiewohl er immer
noch ala Oheim zu denen, welche zu Unterhandlungen geneigt waren, ges
zählt wurde (Gic. Phil. XI1,7,18.). Na der Errichtung des Triumvirats
wurde er von Antonius in die Acht erklärt, durch bie Fürſprache feiner
Schmefter Julia aber gerettet. App. IV, 12. 37. Dio XLVII, 6.8. Plut.
Anton. 19. Cic. 46. Liv. 120. Belle. II, 67. Flor. IV, 6,4. Oroſ. VI, 18.
10) Julia, Tochter von Nr.7., f. Nr. 9. u. Bd. I. &©.560. Bd. Il,
©. 683, 5. u. Appian. V, 52. 63. Dio XLVII, 16. Plut. Anton. 32,
11) L. Julius Caesar, Sohn von Ar. 9. — Im. 49 ſchickte Pom⸗
pejus ihn und den Prätor 2. Noscius mit friedlich lautenden Anträgen an
Gijar nah Xriminum. Gäf. b. c. I, 8. 10. Bio XLI, 5. ic. ad Att.
VII, 13. b. 6. 14, 1. 16, 2.3 f. Nr. 14. Noch in demfelben Jahre kreuzte
er mit zehn Schiffen von der Bloste des Attius Darus beim Borgebirge
Mercurs, zog fih aber, ald Eurio nad feinen glüdlihen Erfolgen in Sici⸗
lien ſich Africa näherte, eilends nah Adrumetum zurüd. Cäſ. b. c. II, 23,
Dio XLI, 41. Drei Jahre ſpäter mar er Proquäftor bei Kato in Utica.
Nah der Schlacht von Ihapfus empfahl ihm Eato, ehe er fich töbtete, feinen
Sohn und tie Freunde. Als Cäſar gegen Utica anrüdte, forderte Lucius,
um fi einiges Verdienſt zu. erwerben, die Bewohner auf, Gäfarn die Thore
zu öffnen; er felbft gieng ihm entgegen, warf fih auf dem Wege zu feinen
Füßen und bat blos um fein Leben; Cäſar begnadigte ihn (b. afr. 88. 89,
Vlut. Cato 66 ), bald nachher aber, noch in Africa, wurde er ermorbet.
(Die XL, 12. u. Gic. ad Fam. IX, 7, 1. laſſen es, wohl mit Unrecht,
auf Cäſars Befehl gefhehen, nad Sueton. 75. wurde er ohne Gäjars Wiſſen
von den Soldaten gerödtet, weil er fl, wie andere Pompejaner, dur
Braufamteit verhaßt gemacht hatte.)
12) C. Julius Caesar, nah Drumanns Vermuthung Sohn bei
Senatord C. Jul., welcher um 143 eine römifhe Geſchichte im griechiſcher
Spracde ſchrieb (Liv. ep. 53.), verheirathet mit Marcia, der Schweſter bes
D. Marcius Mer, der 118 v. Ehr. Conful war. Cäaſar flarb als Brätor
(da8 Jahr wird nicht angegeben) eines plöglicden Todes, währen des An
kleidens am Morgen. Auf gleiche Weile flarb fein Gohn |
13) C. Julius Caesar im I. 84 zu Piſä, nachdem ex die Prätur
verwaltet hatte. Plin. H. N. VII, 54. Dur Aurelia (ſ. Bd. I. S. 1015.),
wahrſcheinlich eine Schweſter des C. (60f.75.), M. (Coſ. 74.) und 2. (Cof.
65.) Aurelius Gotta, alſo Tochter von M. Aurelius Gotta und Wutilie
(Sic. ad Att. XII, 20. extr.) wurbe er Vater des Dictatord Gäfar und zweier
Jöchter, wovon bie ältere zweimal verheirathet war, an 2. Pinarius und
D. Pedius (f. d.), die jüngere Gemahlin des M. Attius Balbus (f. Br.
6.993.) und duch ihre Tochter Attia Großmutter des Octavianus Auguſtus
wurbe.
14) C. Julius Caesar, der Dictator (C. £. C. n.). Dur) Umfang
und Vielſeitigkeit des Geiſtes, durch Schärfe und Sicherheit des Berflanbes,
durch Energie im Wollen und Handeln feinen Seitgenofien weit überlegen,
fand dieſer gewaltige Mann, im Bewußtfein feiner Lieberlegenheit, den eine
zigen Reiz und die Bedeutung feines Lebens in Grhebung feines Willens
zum allein gältigen. Schon frühe erkannte er in fi ven Beruf zur Herr⸗
Haft über die Welt, mit unerfchütterlicger Feſtigkeit verfolgte er fein Biel,
aber auch mis fo viel Mäßigung und Selsflbeherrfchung, daß er keinen
428 Zulit
übereilten, leidenſchaftlichen Anlauf nahm und fo lange ſcheinbar für Andere
wirkte, bis er unvermerft eine Stellung gewonnen hatte, in ber er ſchon
über jene hinausragte. Auf vollſtaͤndige Befrienigung feines Ehrgeizes Eonnte
er allerbings nur hoffen, weil der Staat durch die verfchiedenften egoiſtiſchen
Beſtrebungen zerriffen war, aber unter den gegebenen Umfländen das Höchfle
zu erfireben, dazu war er vor Allen befähigt durch den unerreichten Reichthum
‚feiner Natur, die es ihm erlaubte, auf gleihmäßige Weiſe Alles zu fein,
was er zu feinem einzigen letzten großen Endzwecke fein wollte und fein mußte,
fo daß er mit dem Geiſte und den Einfihten des Feldherrn, des Staats⸗
mannes, bed Geſetzgebers zugleich alle Gaben und Fertigkeiten zur Ausführung
in ſich vereinigte. (Ueber feine geiftige Kraft im Allgemeinen: Tacit. de
orat. 21. Plin. VII, 25. Belle. II, 41. Gell. I, 10. XIX, 8. Cic. Phil.
I, 45, 116. V, 18, 49. Dio XLIV, 38. — Ueber Gäfar als Feldherr:
©uet. Caes. 55. 58. 60. 65. 66. 67. Plut. Caes. 15. 16. 17. 38. 43.
Dio XL, 56. Gic. ad Att. VII, 7, 6. VIII, 9. extr. 14, 1. IX, 18, 2.
ad Fam. VIII, 15, 1. p. Marcell. 2. Plin. VII, 25. Lucan. I, 143 ff.
Volyän. Strat. VIII, 23, 17 ff. Brontin. Strat. IV, 7, 1. Val. Mar. II,
2, 23. u. a. — Ueber feine Berebtfamfelt: Cic. Brut. 72. 75. Duintil. I,
7, 34. X, 1, 114. X, 2, 25. XII, 10, 11. Xac. de orat. 21.25. Annal,
XII, 3. Suet. 55. Belle. II, 36. Blut. 3.) — Den 12. Jult 100 v.
Ghr., 654 d. St. geboren (Macrob. Sat. I, 12. Eydus de mens. p. 110.;
Porphyr. ad Horat. Ep. I, 5. nennt abweichend ven 15. Quintil. — App.
b. c. II, 106. Dio XLIV, 5.) war er 16 Jahre alt, als fein Vater (f. d.
Vor.) farb, feine Mutter Aurella lebte noch zur Zeit feiner gelligen Kriege.
Suet. 26. Sie war eine trefflige Srau, die ſich eine forgfältige Erziehung
ihres Sohnes angelegen fein ließ (Tacit. de orat. 28.). Bel ungemeiner
Leichtigkeit der Auffaffung und großem Cifer machte er raſche Fortſchritte in
Aneignung der Kenntniffe, bie zu einflußreiher Theilnahme an ben öffent»
lichen Geſchäften des Friedens und beſonders des Krieges berechtigten. Blut.
Caos. 3. Giner feiner Lehrer war der gelehrie Rhetor M. Antonius Gnipho
(Suet. de ill. m. 7.); Im angehenden Mannedalter hörte er ben von
Cicero ſehr gerähmten Molo, der in Rhodus Rhetorik Ichrte. Plut. a. a. O.
— Nach dem Siege Sullas über die Marianer drohte dem jungen Cäſar
ſchon wegen feiner Verwandtſchaft mit Marius, der eine Schweſter von Caſars
Vater, Julla, zur Zrau gehabt Hatte, Gefahr; den Zorn bes Dictators
aber reiste er & 82) vollends durch die ſtandhafte Verweigerung einer
Trennung von Gornelia, Cinnas Tochter, mit ber er feit dem I. 83 ver-
heirathet war, nachdem er ſich von Goffutin, der reihen Erbin eines Ritters,
m ſchon als Knaben verlobt, gefchieden Hatte. Sulla erklärte ihn der
ürbe eines Flamen Dialis, die ihm kurz vor Marius Tod beflimmt worben
war (Vellej. II, 43. Suet. 1.), der Mitgift feiner Frau und des ererbten
Bermögens verlufiig; er fah ſich gendthigt, aus Nom zu entfliehen, und ob⸗
gleich fieberkrant, faſt jene Nacht feinen verborgenen Aufenthalt zu ändern;
von Sullas Spähern entdeckt kaufte er fi mit vielem Gelbe los. Endlich
aber erlangte er von Sulla, der in ihm mehr ala Einen Marius ahnte,
durch Fürbitte der vefalifhen Iungfrauen und zweier Verwandten Begnabis
gung. Plut. Caes. 1. Suet. Caes. 1. 74. Belle. Pat. I, 41. Macrob.
t, II, 3. Dio XLII,43. Dem Aufenthalte in Rom zog er jedoch Kriegb-
dienfte in Aften, im Gefolge des Prätors M. Minucius Thermus vor; ex
erwarb fi bei der Einnahme von Mitylene (80 v. Chr.) eine Bürgerkrone,
feinem Rufe aber ſchadete der Verdacht, daß er dem bithyniſchen Könige
Nicomedes feine Keuſchheit preiögegeben babe, und fpäter noch wurde ihm
dieſe Verirrung oft vorgeworfen. Suet. Caes. 2. 22.49. Gic. fragm.p. 468.
Or. Aus. Bict. de vir. ill, 78. Dio XLIII, 20. Auch diente er im I. 78
Julii (C. Jules Caesar) 429
unter P. Servilius gegen die Iſaurer und gegen bie Seeräuber in Kleinafien,
aber nur kurze Zeit, denn auf die Nachricht von Sullas Tod kehrt er eiligft
nah Rum juräl, ſchloß ſich jedoch nit an M. Lepidus (f. Bd. I. ©. 149.)
an, obwohl dazu durch große Verfprehungen eingeladen, weil er zu befien
Sähigkelten wenig Vertrauen hatte und die Rage der Dinge feinen Erwar⸗
tungen nicht entfprechend fand. Suet. 3. Nach Beendigung des Krieged gegen
Lepidus trat er als gerichtlider Redner auf, gemäß der Sitte junger Nömer,
duch Anklage bedeutender Männer fi bemerklih zu machen. Zuerſt griff
er ben Gn. Gorn. Dolabella wegen Gelverprefiungen an. Dolabella war ein
Sullaner, und der Senat, dem dur Sulla die Gerichte zurüdigegeben worden
waren, ſprach den Partei⸗ und Standeögenofien frei (f. Bd. II. ©. 688, 4.);
aber Caſars Niederlage war nicht blos eine ehrenvolle, da er gleich beim
erſten Auftreten gezeigt hatte, daß er auch in der Kunft der Rede Keinem
nachſtehen werde (Suet. 55., wo auf @ic. Brut. c. 75. hingewieſen wirb;
Zacit. dial. de orat. c. 34., wo bie Angabe uno et vigesimo anno unrichtig
it), fondern auch infofern ein Sieg, als Dolabellas Freiſprechung bazu bei-
trug, gegen die herrſchende Partei zu erbittern, worauf Caſars Streben zu»
nächſt gerichtet war. Eine zweite Klage machte er im. 76 gegen den Sullaner
C. Antonius ebenfalls wegen Erprefjungen anhängig, Antonius wußte fi
dem Nichterfpruch zu entziehen, |. ®b. I. ©. 571, 10. Theils zu weiterer
Ausbildung, theils um dem Kaffe auszuweichen, ber ihm aus jeinen An⸗
Hagen erwachſen war, unternahm Cäſar die oben erwähnte Reife nah Rhodus
zu Molo. Unterwegs wurde er bei der Inſel Pharmacufa in der Nähe von
Mile von Seeräubern gefangen; wie er aber in allen Verhältniſſen feine
Umgebung an fih zu fefleln und zu beherrſchen wußte, fo gewann er auf
bier eine folde Ueberlegenbeit, daß er nicht Gefangener, ſondern @ebieter zu
fein ſchien. Nah 38 Tagen hatten die von ihm abgefandten Diener zu feiner
2osfaufung aus mehreren Städten (Vellej. II, 42.) 50 Talente zuſammen⸗
gebracht; kaum war er frei, fo bemannte er im Hafen xon Milet fehnell
einige Schiffe, überfiel die Seeräuber und brachte fie gefangen nad) Per»
gamum. Obgleich er ohne obrigfeitlide Würde und von dem damaligen
VProconſul Iunius nicht ermädtigt war, ließ er die Gefangenen erbroffeln
und and Kreuz nageln, wie er im Scherze ihnen gebroht hatte. Suet. 4. 74.
Vellej. am a. O. Baler. Mar. VI, 9, 15. (Blut. 1 f. feßt das Greigniß
einige Jahre früher; ganz abweichend Polyän. VIII, 23, 1.). Cäſars Aufent»
halt auf Rhodus dauerte ungefähr ein Jahr. Als im Anfange des I. 74
Mithrivates die Zeindfeligkeiten gegen die Römer wieber begann und einer
feiner Feldherrn in bie Provinz Afla eindrang, zog Gäfar ohne Auftrag als
Brivatmann Truppen zuſammen, vertrieb die Zeinde und hielt dadurch bie
wankelmüthigen und unentfloffenen Städte im Gehorfam. Suet. 4. —
Während feiner Abweienheit war er in das Gollegium der Pontifices aufges
nommen worben (Bellej. II, 43.), und nach feiner Nüdkehr, vie er nicht
ohne Furcht vor den Seeräubern bewerffielligt hatte (Bellef. a. a. O.), wurde
er zum Kriegötribunen erwählt; ed wird jedoch nicht erwähnt, daß er an
einem der Kriege jener Zeit: gegen Mithridates, Spartacus und GSertoriuß,
Theil genommen babe. — Bei der Wahl zum Kriegätribunen Hatte es fi
gezeigt, daß Gäfar bei dem Bolfe in Sunf fand (PBlut.3. Suet. 5.); und
biefe Gunſt zu erhalten und zu erweitern, hatte er nicht blos demagogiſche
Zeutfeligkeit und eine freigebige Hand (Plut. 4.), ſondern begünfligte auch
jebe Rogation, welche Ermelterung ber durch Sulla gefchmälerten Volksrechte
bezwedte. In der Bekämpfung der ſullaniſchen Einrichtungen wirkte er mit
Bompefus zufammen, der einft für Begründung berielben gearbeitet hatte,
während feined Gonfulats aber (70 v. Chr.) ald Mann des Volkes auftrat
und die Macht der Tribunen ganz in ihrem früheren Umfange wiederherſtellte
430 Jalıl
(f. Pompejus). @benfo war mohl Cäfar der lex Aurelia judiciaria nit
fremd, durch melde an dem Nichteramte alle drei Stände Theil haben follten;
f. ®b. I. ©. 1015. Auch unterflügte er durch eine Rede den Plotiſchen
Antrag, dur melden den Anhängern bed Lepidus, die nach feinem Tode
zu Sertorius ſich geflüchtet Hatten, Erlaubniß zur Nüdfehr nah Rom er»
theilt wurde. Suet. 5. Aul. Gel. XIII, 3. — Im I. 68 befleibete er das
Amt, dad die curuliihe Laufbahn eröffnete, die Quäſtur. Er verlor in
diefem Jahre feine Cornelia dur den Tod. Als etwas Neues wird erzählt,
daß er der jungen Frau auf der Rednerbühne eine Leichenteve hielt, eine
Auszeichnung, welche fonft nur bei älteren Brauen Sitte war. Plut.5. Allein
wie er bier Gelegenheit hatte, des Binna, eines der Volkshäupter, lobend
zu gebenfen, fo Tonnte er in der Mebe, die er nicht lange vorber zü Ehren
feiner Muhme Julia, der Wittwe ded Marius, bielt, an Marius erinnern,
und nicht blos durch Worte erneuerte er fein Gedächtniß, fondern er ließ auch
das Bild des Marius vortragen und feit Sullas Sieg zum erflenmal wieder
Öffentlih dem Bolfe vor Augen bringen. Zwar rühmte fi Gäfar zugleich
der Abflammung feines Geſchlechtes von Göttern und Königen, aber gerade
dur diefe Erinnerung an dad Alter und den Glanz feines Geſchlechtes ver:
fhaffte er feiner Oppofition gegen die Ariflocratie bei dem Volke um fo
größere Anerkennung. Suet. Caes. 6. Blut. 5. Er erhielt ald Duäflor
das jenfeltige Spanien durch das Loos. Don Antiſtius Vetus, dem Prätor
biefer Provinz, wurde ihm die Leitung der gerihtlihen Verhandlungen an
ben in den einzelnen Stäpten audgefihriebenen Gerichtötagen übertragen, ein
Geſchäft, bei dem er große Tüchtigkeit und Thätigkeit bewies. Blut. 5.
Suet. 7. Vellej. II, 43. B. Hisp. 42. — Die Erzählung, Cäfar habe beim
Anblid einer Statue Aleranderd des Gr. im Tempel des Hercules zu Gades
über feine eigene Ihatenlofigkeit gefeufzt, und fogleih feine Entlaffung ge⸗
fordert, um in Rom die erfle Gelegenheit zu großen Unternehmungen zu
benügen, in welchem Entſchluſſe er durch einen Traum in der folgenden Nacht
beftärft worden fei (Suet.7. Dio XXXVII, 52. XLI, 24. cf. Blut. 11 32.),
barf als ein Mährchen angefehen werben: fein ſchlau berechnender Verſtand
geftattete Feine unzeitigen Gefühldäußerungen (daher wohl auch die Aeußerung
Put. Caes. 11. nicht von ihm vernommen wurde), und um an der Spige
einer Partei offen für fih Gewinn zu fuchen, dazu waren bie Umflände noch
nicht geeignet; er gieng den fiderern Weg, indem er zwar unermübdet bie
Ariftocratie anfeindete, fie läherlih und verädtli machte, aber nur als
Schügling des Pompefus auftrat und zunähft für deſſen Erhebung arbeitete,
ihn von der Ariftocratie mehr und mehr lodtrennte und dadurch in eine Rage
verfegte, in ber er fih ohne Cäſar nicht halten Eonnte, fo daß Lebterem bie
Hauptrolle von ſelbſt zufiel. — Auf der Rückreiſe aus Spanien befuchte er die
Colonien im transpabanifhen Gallien, welche damald nah dem römischen
Bürgerrecht trachteten. Er mag durch Berfprehungen fi ihnen empfohlen
haben, fchmerlih aber war er fo unvorfihtig, fle zu einem entſcheidenden
Shritte bewegen zu wollen. Suet. 8. Bald nad) feiner Ankunft trat er dem
Pompejuß näher durch die Heirath mit einer Verwandten deflelben, Bompeja,
ber Tochter de D. Bompejus Rufus (of. 88), und unterflügte im I. 67
bie im Intereffe des Pompejus beantragte und von ben Optimaten befämpfte
lex Gabinia de uno imperatore contra praedones constituendo (f. ®b. III.
&. 565. 5.), fo mie im 3. 66 die lex Manilia, wornad die dem Pompejus
gegen die Seeräuber übertragene auögebehnte Feldherrngewalt verlängert und
er zum Befebläbaber gegen Mitbrivated und Tigranes ernannt werben follte
(Dio XXXVI, 26. und unter Pompejus). — Die Optimaten batten früher
gehofft, Cäſars Einfluß werde mit feinem DBermögen aufhören (Blut. 4.),
allein er fegte mit geborgtem Gelde feine Spenden fort, fo daß er ſchon jet
Julli (C. Jallus Caesar) 231
äber 1300 Talente Schulden Hatte, die durch die Summen, melde er als
Aufteber der appiſchen Straße auf diefen Weg verwandte (Put. 5.), um
Vieles vermehrt wurden. Dei fo zerrütteten Bermögensverhältniffen glaubte
man von Cäſar, er werde Ummälzungen im Staate nit abgeneigt fein, und
Biele theilten deshalb um die Zeit, da er dad Aedilenamt antrat (65), den
Berbadt, daß er an der mißlungenen fogenannten erften catilinarifhen Ver⸗
ſchwörung Theil genommen babe (Suet. Caes. 9. cf. Sall. Cat. 18. Dio
XXXVI, 27., von weldem Cäſar nicht genannt wird). — Die Anſprüche des
Volkes an die Aediles curules, durch größtmöglichen Aufwand ſich für bie
Wahl zu höheren Ehrenſtellen zu empfehlen, befrienigte Gäfar durch maßlofe
Treigebigkeit zu Verſchönerung der Stadt und eine ausfchmelfende Pracht ver
Spiele ;- in noch helleres Licht trat diefe Freigebigkeit durch eine Verordnung
des Senated, durch welche die Anzahl der Gladiatoren beflimmt wurbe, bie
Jemand in Rom halten durfte. Der Befchluß gieng aus Mißtrauen hervor,
da Cäſar darauf audgieng, eine ungemöhnlid große Zahl von Fechterpaaren
aufzuſtellen. Trog ver Beihränfung hatte er 320 Paare zufanmengebracht,
die er Eofldar audrüftete (Plin. XXXIII, 16.). Dabei verfland er die Kunſt,
auch für den Aufwand, ben fein Amtsgenofie M. Bibulus gemeinſchaftlich
mit ihm machte, allein den Dank zu’ ernten, weshalb dieſer äußerte, er
babe das gleiche Schickſal mit Pollux; diefer Habe mit feinem Bruber Caſtor
einen gemeinihaftliden Tempel, der aber nach Iegterem allein benannt werbe.
Suet. 10. Plut. $. 6. Dio XXXVII, 8. App. b. c. I, 1. Salt. Cat. 49.
Mehr noch als durch die ungeheuern Geldopfer flieg Cäſar in der Gunſt des
Volkes durch die Schonungßloflgfeit, mit der er jebe Gelegenheit benüßte,
dad Siegedgefühl der ſullaniſchen Ariftocratie zu verlegen. An einem Morgen
waren bie von Sulla zerflörten Siegeszeihen des Marius über Jugurtha und
die Gimbern und Teutonen und feine Statue auf dem Capitol wiederherge⸗
ſtellt; fogleih erkannte man in Cäſar den Uirbeber; von dem Molke wurde
er darüber hoch gepriefen, der Senat aber war über die offene Verhöhnung
beſtehender Berorbnungen fo entrüflet, daß Cäſar für gut fand, eine Ver⸗
tbeidigungärebe zu halten; aus Furcht vor dem Volke ließ man Statue und
Siegeszeichen ſtehen. Blut. 6. Suet. 11. Vellej. II, 43. — O. Lutatius
Gatulus Hatte bei diefer Gelegenheit geäußert, daß Cäſar den Staat nidt
mehr blos heimlich untergrabe, fonbern ſchon Sturm wider ihn laufe, und die
Optimaten gluubten, ihm Alles vorenthalten zu müffen, was ihn in feinen
revolutionären Beftrebungen fürbern könnte. Daher vereitelten fie feinen
Wunſch, nad Aegypten geiendet zu werden, um das Reich, auf welches bie
Römer “auf den Grund eines Vermächtniſſes des Königs Ptolemäus Ale
zander I. Anfprücde zu haben glaubten, ald Provinz einzurichten (ic. de
leg. agr: I, 1. I, 16. Blut. Crass. 13.; unrichtig führt Suet. 11. den
®rund an, aus weldem die Reife nach Aegypten unternommen werben follte,
gl. Bo. II. ©. 684, 7. IH. S. 568.) ; fie wollten nicht, daß er Belegen»
beit erhalte, Geld zu gewinnen, wie es für feine. Entwürfe nöthig war.
Ferner wurde er durch bie lex Papia de peregrinis, welde den Nihtbürgern
den Aufenthalt in Rom verbot, der Unterflügung ber Transpabaner beraubt.
Dio XXXVII, 9. vgl. Eic. de off. IN, 11. pro Arch. 9. Schol. Bob. in
or. pro Arch. p. 354, 5. Or. Allein ſolche Vorfihtömaßregeln waren ein
unzureichender Schuß gegen Cäſars raſch auf einander folgende Angriffe,
durch welche ein ſullaniſches Geſetz nah dem andern befeitigt wurde. Nach
ber Aedilität erhielt Cäſar als judex quaestionis den Vorſitz bei den Unter⸗
fuhungen über Mord; er bereirkte, daß L. Luscius und 2. Belienus als Voll⸗
firedler ver ſullaniſchen PBroferiptionen ihrer Mordthaten wegen bei ihm an«
gellagt und beſtraft wurden, obgleich fie durch die lex Cornelia de sicariis
geſichert ſchienen. (Catilina, der in gleiher. Schuld war, wurde freigefprochen.)
482 Jalii
Dio XXVII, 10. Uscon. zu Gic. in tog. cand. p. 91. 92. Orell. Suet.
Caes. 11. Noch beunruhigender war die Anklage des Senators 6. Rabi⸗
sinus, der im I. 63 auf Cäfars Anftiften von dem Volkstribunen T. Las
bienus des Hochverraths beſchuldigt wurde, weil er 36 Jahre früher den
Tribunen Saturninus getöbtet babe. Gäjar und fein Better 2. Gäſar wurben
verfaffungswinrig von dem Prätor zu Unterſuchungsrichtern ernannt; mit
allzu raſchem Verfahren verurtheilten fie den Rabirius; er appellirte an das
Bolt, alein obgleich Hortenflus und der Conful Cicero für ihn auftraten
und nachwieſen, daß nicht Rabirius der Mörder des Saturninus ſei, und
daß er, wenn er e8 auch wäre, Lob verdiente, indem er einen allgemein
verfolgten Stoͤrer des öffentlichen Friedens getöbtet Hätte, fo wäre er doch
nad Dio XXXVII, 27. unterlegen, wenn nicht der Prätor Metellus die Li
angewendet hätte, durch Wegnahme der Kriegsfahne vom Janiculum die
Bolksverfammlung zu unterbrechen, worauf Labienus von der Klage abſtand.
Dio am a. O. Suet. 12. Aus der Rede Eiceros, auch aus Dio erhellt,
dag Cäfar nit aus Feindſchaft die Verfolgung des hochbejahrten Nabirius
veranlaßte, fonbern weil er dur Verurtheilung deſſelben das Anſehen des
Tribunates heben, den Senat aber abjchreden mollte, bei öffentliden Unruhen
bad Vaterland in Gefahr zu erflären und den Gonfuln eine außgebehnte Voll
macht zum Binfhreiten gegen Aufrührer zu ertbeilen. Durch denfelben Labienus
(f.38b.1.©. 991.) betrieb er Die Aufhebung der lex Cornelia de sacerdotiis und
Wieberneuerung der lex Domitia (f. Bo. II. S. 1208.), da er nad dem Tode des
D. Metelus Pius Oberpriefler zu werben wünfchte, wozu er nur Ausſicht Hatte,
wenn bie Wahl dem Volke zurüdigegeben wurde. Da legteres geſchah, fo flegte
er auf, wiewohl nit ohne fehr bedeutenden Geldaufwand, über DO. Lutatius
Gatulus und P. Servilius Ifauricus, zwei an Alter und Würde ihn welt über»
ragende Mitbewerber; für Gatulus mar bie Niederlage um fo ſchimpflicher, da
er fi die Blöße gegeben Hatte, große Geldſummen feinem Nebenbubler an⸗
zubieten, damit er von der Bewerbung abflehe. Div XXXVII, 37. Blut. 7.
Suet. 13. Vellej. II, 43. Ovid Fast. II, 415. Diefer Wahl folgte bald
Caſars Wahl zum Praetor urbanus für dad I. 692 d. St.,. 62 v. Chr. Die
XXXVII, 39. 44. Blut. Caes. 8. Cic. 23. Cato 27. Sueton. Caes. 14.
@ic. ad Att. XII, 21. Verderblich aber drohte ihm fein Verhalten bei der
eatilinarifchen Verfämdrung zu werden. Nachdem Cicero durch die Allobroger
bie Beweife gegen die Verſchwornen erhalten hatte, drangen DO. Gatulus und
C. Pifo in ihn, daß er dur die Alobroger ober durch einen andern Ans
geber au den Gäfar anklagen laſſe. Beide hegten ben bitterfien Haß gegen
ihn, Gatulus, weil bei feiner Bewerbung um das Pontiflcat Cäſar ihn vor»
gezogen morben, Piſo (Eof. 67), weil er in biefem Jahre von Käfer wegen
Erprefiungen und wegen ungerechter Hinrichtung eined Transpadaners mit
gerichtlicher Klage verfolgt worden mar; fle vermutbeten wohl auch in Gicero
einen perſönlichen Beind, da zu denen, melde im I. 64 Eiceros Wahl zum
Conſul zu verhindern ſuchten, auch Cäſar gehörte (Ascon. arg. or. in tog.
cand. p. 83. Or.). Allein Cicero, der ber eigenen Sicherheit wegen ben
Bünftling des Pompejus und angebeteten Liebling des Volkes nicht gerabezu
offen In den gefährlichen Handel zu ziehen wagte (App. b. c. TI, 6. Blut.
Cic. 20.), ließ ſich weder dur Artigkeiten noch durch Bitten oder um an⸗
dern Preis zu Erfülung ihres Verlangens bewegen; er hatte dem Cäſar
fogar dad ehrende Vertrauen bewielen, daß er ihm einen der Verſchwornen
in Haft übergab. Catulus und Pifo verbreiteten nun ſelbſt gegen Gäfar
nachtheilige Gerüchte ala Ausfagen des Volturcius oder der Ulobroger. Sall.
Cat. 49. Als aber bei der Berathung über die Beflrafung der Verſchwornen
Gäfar, wie fhon vor ihm Tiberius Nero (Sal.50. App. ama.D. cl.Eic. |
ad Att. XII, 21, Plut. Cato 22. Caes. 7. Cic. 20. Dio XXXVII, 96.)
Jalil (C. Julius Caosar) 438
nit für Tobesftrafe ſtimmte, fondern auf Einziehung der Güter und lebens⸗
längliche® Sefängniß der Schuldigen in den dazu geeignetften Municipalſtädten
antrug, beftärkte Cato dur feine Rede nicht nur die manfenden Senatoren
in dem Antrage auf Tobeöflrafe, fondern äußerte auch offen gegen Gäfar
den Verdacht, er babe Theil an dem frevelhaften Plane gegen bad Vaterland.
Blut. Cato 23. Caes. 8. Cic. 21. App. am a. O. Vellej. II, 35. GEs
entftand ein heftiger Wortmechfel zwiſchen Gäfar und Cato (Plut. Cato 24.),
und Gäfar fuhr Fort, zu gelinderer Beflrafung aufzufordern (Suet. Caes. 14.
vgl. Blut. Cie. 21.), die Mehrzahl der Stimmen aber entſchied für bie
Todesſtrafe. Als er die Berfammlung verließ, follen einige Nitter, die zu
Ciceros Anhang gebörten, Willens geweſen fein, ihn zu ermorden, Curie
iHügte ihn und bradte ihn in Siherkit, Gicero felbft fol aus Furcht vor
der Menge dur Winken ihnen abgewehrt haben. Sal. 49. Plut. Caes. 8.
vgl. Suet. 14. In den übrigen Tagen des Jahres erſchien Cäſar nicht mehr
im Senat (Suet. am a. D cf. Plut. Caes. 8.). Die Optimaten Ärgerten
AH, daß es ihnen nicht gelungen war, ben ihrer Ruhe gefährlichften Feind
u verderben, fie beſchuldigten Gicero, er babe benfelben geſchont. Plut.
Caes. 7. Allein e8 if ganz unglaubli, daß Gäfar durch eine firafbare
Verbindung mit einer Schaar unzuverläßiger, in Laſter und Frevel tief ge-
funfener Menſchen auf eine Teichtfinnige Weife feine ganze Zukunft aufs Spiel
geſetzt oder fih Früchte verfprocdhen hätte von einem ploͤtzlichen gewaltfamen
Umſturz bed Staates durch jene Motte (vgl. Eic. Cat. II, 9.). Daß er den
ſtrengen Maßregeln der Optimaten entgegentrat, flimmte mit feiner biöherigen
Handlungeweiſe Aberein: fein Antrag war megen feiner Milde populär (Gic.
in Cat. IV, 5.) und arbeitete auch einem gefährlichen Uebergewichte bed Se⸗
nated entgegen, welches aus ber Verurtbeilung der Bürger ohne Zuflimmung
des Volles erwachſen konnte. Gr hatte von Willkühr gefproden und einem
gefährlichen Beifpiele, das mit der Hinrichtung gegeben werbe; dad Volk
fühlte die Wahrheit feiner Worte, und Cäſar ſcheint dad Mißvergnügen ges
nährt zu haben; den Dptimaten wurde bange und auf Catos Antrag wurde,
um die Menge zu beſchwichtigen, eine monatliche Getraideſpende vermilligt,
woburd dem Staate eine nene Laſt von 1250 Talenten jährli auferlegt
wurbe. Blut. Cato 26. cf. Caes.8. — Am erften Tage feiner Brätur veran«
laßte Edfar unter den Optimaten große Aufregung durch einen Antrag, ber
den Catulus, ven Erſten unter den Senatoren (Gic. in Pison. 3.), beſchimpft,
dem Bompefus eine Ehre zugewieſen hätte, die, wie bie im vorigen Jahre
auf Caſars Veranlafſung vom Volke demſelben eribeilten Audzeichnungen
(VBellej. 11, 40. Dio XXXVII, 21.), feiner Eitelkelt ſchmeicheln, zugleich
aber die Mißgunſt der Ariſtocratie gegen Ihn vergrößern und bie Trennun
erweitern follte. Während feine Standeögenofien bie Gonfuln auf das Gapito
begleiteten, trug er bei dem Volke darauf an, daß nit Q. Gatulus, ben
er des Unterſchleifs beſchuldigte, ſondern Pompejus den Wiederaufbau des
Jupitertempels auf dem Gapitol vollenden und er flatt des Batulus in ber
Inſchrift am Gebäude genannt werben folle. Sobald die Optimaten davon
hörten, verließen fie die Gonfuln und elften auf den Markt, zum Widerſtande
feſt entfchloffen. Suet. 15. Dio XXXVII, 44. Cäfar vermehrte zwar dem
Gatulus, als er fi vertbeibigen wollte, den Zutritt zu ber Mebnerbühne
(Eic. ad Au. II, 24, 3.), Eonnte aber doch nicht verhindern, daß der Name
des Gatuluß eingegraben wurde. Tac. H. II, 72. Bal. Mar. VI, 9,5. —
Bompejus war während dieſer Vorfälle noch in Afien. Die Zeit feiner Gewalt
ging zu Ende, und in Mom herrſchte unter ven Optimaten gewaltige Furcht,
er werde feine Heere nicht entlafien, fondern als Alleinherrfcher zurückkehren.
6 mar allerdings nit fein Wunfh, in ven Privatfland zuhzutehren,
Vanty, Real·Cucyelep. IV.
a Jul
doch Ing es in feinem Charakter, die Fortdauer feiner Macht nur auf einem
ſcheinbar gefeglichen Wege zu bewirken. Um bazu irgenb einen Umſtand zu
benügen, mußte DO. Merelus Nepos nah Nom zurüdfehren und Volkstribun
werben (f. Bd. II. S. 27, 16.). Allein die Anſchläge des Tribunen, dis
im mittelbaren und unmittelbaren Interefle bed Pompeijus unternommen wurden,
mißlangen (vgl. Bo. II. ©. 28.); und Eäfar, ver benfelden aufs Eifrigfle
unterflügt und für die beabſichtigte Gründung eines Militärdeſpotismus mit⸗
gewirkt Hatte, weil er ſich als nächften Erben veffelben betrachtete, wurde
Durch einen Beſchluß des Senats von der Theilnahme an Staatögefchäften
ausgeſchloſſen, allein er fuhr in feinen Amtsverrichtungen fo lange fort, bis
man Unftalten traf, dur Waflengewalt es ihm unmöglich zu maden. Das
Volt wollte ihn in feinen Nechten ſchützen, er beſchwichtigte aber den unge»
fümen Haufen, worauf Die Angeſehenſten fih zu ihm begaben, Ihm zu banfen
und ihn in bie @urie einzuladen ; mit Robeserhebungen wurde er daſelbſt empfangen
und wieder In fein Umt eingelegt. Suet. Caes. 16. Diefe Demütbhigung mar
für die Dptimaten zu ſchmerzlich; ſobald fie fih vom erflen Schreden erholt
hatten, folte Cäſar dafür büßen. Man erneuerte das Gerede von feiner
Theilnahme an der Gatilinarifgen Verſchwörung, zwei erfaufte Anfläger
traten gegen ihn auf, O. Curius im Senate mit ber Behauptung, er babe
von Gatilina feloft erfahren, daß Cäſar zu den Verſchwornen gehöre, und
LZucius Vettius mit der Anzeige bei dem Unterſuchungérichter Novius Niger,
ar ſei im Befitz eines eigenhändigen Briefes von Gäfar an Catilina. Cäjar,
hoͤchlich darũber entrüftet, berief fih auf Ciceros Zeugniß und bewies, Daß
zr diefem freiwillig Nachrichten über vie Verſchwörung mitgetheilt Habe; feine
gereisten Begner aber gaben ihm viel zu hören und bie Senatéſitzung war
won ungewöhnlich langer Dauer, fo daB das Volk vor der Curie ein dro⸗
hendes Geſchrei erhob, maß zur Zolge hatte, daß dem D. Curius die aus
der Staatskaſſe zuerkannte Belohnung wegen Entbedung der Anſchläge der
Verſchwornen nit ausbezahlt, und 2. Vettius, als er ſich nicht ver Gericht
Reßte, um fi wegen falſcher Anzeigen zu redptfertigen, vom Volle Hart
mißhanbelt und ins Sefängniß geführt wurbe, auch Novius wurde verhaftet,
weil er die Klage gegen einen böhern Magiftrat angenommen batte (Suet. 17.
Dio XXXVIE, 41. — Das von Plut. Caes. 8. Erzählte paßt zum T heil
beſſer hieher). — Eine Störung feiner Bamilienverbäftniffe erlitt Cäſar zu
Ende des I. 62 durch P. Clodius, der die Beier der Bona Dea in Gäſaré
Haus entweihte (f. Br. II. S. 415, 43. 416.) Da Pompeja dadurch in
Derdacht eines ehebrecheriſchen Umganges kam, ſchied er ſich von ihr, indem
ar erklärte, obgleich er’vem Gerüchte nicht glaube, könne er doch nicht mehr
mit ihr zufammenleben, denn eine Feufche Frau dürfe nicht einmal Grund zu
ſchlinmen Berbachte geben (Piut. Caes. 10. Dio XXXVII, 45. Gueton.
Sees. 6. Gic. ad Aut. I, 13, 3.); übrigens trat er meber ald Ankläger
noch als Beuge gegen Clodius auf. — Nach niedergelegter Brätur erhielt er
durch das Loos das jenfeitige Spanien; ein Theil feiner Gläubiger aber
wollte isn nicht abreifen laſſen, und die läſtigſten Wabner wurden nur ba:
durch zufrieden geftellt, daß ber reihe Craſſus für 830 Talente Bürgſchaft
leiftete, uny doch war biefe Summe etwa nur ber vierte Theil von ber, Bir
Kaſor bedurfte, „um Nichts zu haben.“ Plut. Caes. 11. Crass. 7. Suet. 18.
App. 11, 8. Traſſus erreichte durch feine Willfährigkeit niht nur das, bat
der einflußreichſte Tärfpreher des von ihm gehaßten Pompeius aus ou
entfernt wurde, fondern au bie große Zahl derjenigen, welche er fich durd
fein Buln verpflichtet Hatte, den werthvollſten Zuwachs erhielt. — Aus Kur
vor einer Anklage werlich Cäſar Italien (no in der erſten Hälfte des 3. 69:
d. &t., 01 v. Ehr.), bevor noch die für bie Vrovinzen nötbigen Unordnungen
getroffen warden waren. Suet. 18. — Außer der Bertilgung von Mäuber
Julil (©. Juftus Cacsar) i3)
banden in Lufltanien hätte er zu Erfegerlfchen Unternehmungen keine Veran⸗
laſſung gehabt; es war aber dad erſte Mal, daß er als felbfländiger Heer⸗
führer fi hervorthun Eonnte, daher wollte er erobern, vermehrte, ohne bazu
ermäßtigt zu fein, feine 20 Kohorten um 10, und reizte zuerſt Voͤlkerſchaften
zwifchen dem Tagus und Durius zum Kampfe; nachdem er bier nit ohne
Berluft gelegt, drang er von ber Seefeite aus au in Balldcia ein, wo er.
Brigantium einnahm; Übrigens ordnete er auch durch wirklich wohlthätige
Einritungen, befonderd in Beziehung auf dad Schuldenweſen, die Verhält⸗
niffe der Bewohner der Provinz. Nachdem er, zum Theil durch große Ges
waltthätigkeiten, fi und feine Soldaten bereichert, au große Summen für
ven öffentlichen Schuß zuſammengebracht Hatte, Tehrte ‘er, ohne feinen Rach⸗
folger zu erwarten, mit dem Imperatortitel geehrt, ungefähr im Juni 694
dv. ©t., 60 v. Chr. (Gic. ad Att. II, 1, 9.) nad Italien zurück. Plut. 12.
Dio XXXVII, 52. 53. Appian. b. o. II, 8. cf. Iber. c. 102. Zonar.X, 6.
tiv. ep. 103. Gueton. 54. Gic. pro Balbo 19, 43. — Er hätte gern
tiumphirt; aber der Tag ber Conſulwahl war fon beflimmt, und fein
Geſuch, durch feine Breunde fi bewerben zu dürfen, um außerhalb ber
Stadt bleiben zu Fönnen, wie ed für die, welche triumpbiren wollten, Geſ
war, wurde nicht bewilligt; daher entfagte er bem Triumpbe, ob er gie
ihon glänzende Vorbereitungen getroffen hatte. Plut. Caes. 13. App. I, 8.
Suet. 18. Dio XXXVII, 54. — Seine Mitbewerber waren 8. Luccejus und
M. Bibulas, der mit Eäfar ſchon Aedil und Prätor gemwefen war; jenen
wänfdte, Cäfar als Amtögenofien und unterflüßte ihn bei dem Volke unter
ber Bedingung, daß er in ihrer beider Namen den Eenturien Geld verſprechen
ſollte; die Optimaten Tießen fi die Wahl des Bibulus ungeheure Summen
forten. Suet, 19. @ic. ad Att. I, 17, 11. Seine eigene Wahl bewirkte
Gäjar auf glänzende Weiſe, Luccefus unterlag dem Bibulus. Suet. 19. Plut.
Caes. 14. Cato 31. Pomp. 47. Crass. 14. App. 11, 9. Dio XXXVIE, 54.
XLIV, 41. Sonar. X, 6. @utrop. VI, 17. Oroſ. VI, 7. GAfar Hatte
beſonders au den Pompeſus und Crafſus für ſich gemonnen, obgleich Diele
ſich damals noch Hefeindeten und mit ihren Parteien einander in Allem ent⸗
gegenarbeiteten (Dio 54.); dem Pompejus, der gerabe damals wegen Nidht-
beftätigung feiner Anordnungen In Aflen und Berweigerung einer Aderhers
tbeilung an feine Veteranen auf den Senat erbittert war (f. Pompejus),
verfprah er, feine Wünfche durchzuſetzen, Graffus hoffte von Cäſar Unter«
flügung in dem Streben nad einer ausgebehnteren @ewalt, als er fon feßt
über feine zahlreihen Schuldner ausübte. Um aber mit dem @inen ven
Andern nicht zum Feinde zu befommen, fand Cäfar nad feiner Wahl feine
nächſte Aufgabe darin, bie beiden Gegner zu verfühnen (Dio 33. Gie. ad
Att 11,3,3.). Dies erreichte er, indem er ihnen vorſtellte (Plut. Crass. 14.),
wie bei ihrer gegenfeitigen Befehdung nur ein Cicero, Catulus, Cato fi
erheben, Leute, die Beine Bedeutung hätten, wenn fle Friede und Freunb⸗
ſchaft mit einander fließen und mit Einer Kraft und Einem Sinne den
Staat leiten wollten. So bildete Cäfar eine unüberwindliche Mat, wodurch
er aber nicht jene durch einander größer, ſondern fid zum Groͤßten machte,
indem fle, mährend fie für fh zu gewinnen glaubten, Werkzeuge felner
Abſichten wurden. Lio. 103. Vellej. II, 44. Suet. 19. Dio XXXVU, 56.57.
Piut. Caes. 13. Pomp. 47. Crass. 14. Lucull. 42. App. II, 9. &lor.
IV, 2, 9. Zonar. X, 6. Nichts Sollte fortan Im Staate geihehen, was
Sinem von den Dreien mißfällig wäre. Der Bund, vorerfi noch geheim de
bafıen (Dio XXXVII. 58. XXXVIII, 5.), wurde von den Triumvirn eidlich
bekräftigt. Dio XXXVII, 597. Varro nannte ihr (App. IT, 9.) mit Unfpies
kung anf den dreiköpfigen verderbenprohenden Gerberus Tricaranon. (Die,
Blur. und App. haben vie Angabe, daß die Ausjühnung zwiſchen Pompeſus
438 — Zutıt
und Graffus ſchon vor Caſars Wahl zum Ganful zu Stande gelommen fei;
wäre dies richtig, fo wäre Bibulus wohl nit Eonful geworden). — Cine
der erſten DVerorbnungen, die Cäſar nah dem Antritt feines Gonfulates (59)
gab, war, daß alle Verhandlungen im Senate und vor dem Bolfe regel»
mäßig abgefaßt und befannt gemacht werben folten, während früher nur bie
Beihlüffe nievergefchrieben wurden. Suet. 20. Cäſars Anordnung war eine
rein‘ democratifhe, infofern dadurch der Senat einer Art Controlg des Volkes
unterworfen wurde, was befonberd jegt nicht unwichtig war, ba Gäjar mit
: einem ber Adergefeße bervortreten wollte, gegen welde die Ariftocratie von
jeber ihre ganze Macht aufgeboten Hatte. Schon im I. 63 Hatte der Tribun
P. Servilius Rufus (f. dv.) unter Cäſars Mitwirkung eine Adervertbeilung
in Vorſchlag gebracht, feine Forderungen waren aber fo übertrieben und
verfaffungsmwibrig, daß Ciceros Beredſamkeit Eeinen zu ſchweren Kampf da⸗
gegen hatte und bie Rogation zurüdgenommen wurde. 8 Läpt ſich nicht
verfennen, daß Cäſar dadurch nur auf fein Adergefeg vorbereiten, und weil
diefed billiger war und einem wahren Bebürfniffe abhalf, den Widerſtand
der DOptimaten zum Voraus entkräften und gebäßig machen mollte. Der
Inhalt des julifhen Geſetzes war: der campanliche (daher bei Cic. ad Att.
11, 18, 2. Campana lex) und ſtellatiſche Acer wird unter die dürftigſten
Bürger vertbeilt und vorzugsweiſe unter ſolche, welche drei oder mehr Kinder
gaben. @ic. ad Att. II, 16, 1. 17, 1. Phil. II, 39. Gäf. b. c. I, 14.
ellet. II, 44, 45. Guet. Caes. 20. Octav. 4. (Nah Dio XXXVII, 1.7.
wäre das Geſetz während ver Verhandlungen modiflcirt worden, auch nad
Plut. Cato 33.) Wenn die Staatöländereien nicht ausreichen, fo wird theils
aus der pompejaniſchen Beute, theild mit andern öffentlichen Gelvern anderes
Land Hinzugefauft; die Beflger der Grundſtücke follen nicht gezwungen werden,
biefelben abzugeben, der Kaufpreis iſt der in den Steuerliften angegebene
Werth (Dio XXXVII, 1.); zu Zandeövertheilern werben zwanzig dazu geeig-
nete unbeſcholtene Männer ernannt (Div am a. O. Gic. ad Att. II, 6, 2.
7, 3. IX, 2, 1. Vellej. IE, 45. Suet. Octav. 4. Quint. XII, 1, 16.);
der Urheber des Geſetzes iſt, um nicht den Verdacht zu erregen, als hätte
er eigennügige Abflhten (Div am a. D.), von biefer Gommijflon audge-
ſchlofſen; der Senat Hat das Befe zu beſchwören (Dio XXXVII, 7. Blut.
Cato 32. App. II, 12.), und jener Bewerber um Staatdämter muß fi vor
der Volksverſammlung eidlich verpflichten, Eeinen Antrag zu flellen, der mit
dem Geſetze ftreitet. Eic. ad Att. 11,18,2. — Gäfer hatte gleich beim Antritt
feines Conſulats erklärt, er werde nie Etwas vorfhlagen, das nit auch
den Optimaten zuträglich fei (Dio XXXVIU, 1.), und den Bibulus zur in»
tracht aufgefordert (App. IL, 10.); er wollte feine Anträge auf geſetzlichem
Wege durchſetzen und die Gültigkeit feiner Geſetze nicht gefährden. Nachdem
er das Udergefeg im Senate vorgelefen batte, rief er Jeden namentlih auf,
ob er Etwas daran auszuſetzen habe, und erflärte fl} zu jeder Aenderung,
fogar zur Zurüdnahme bereit. Die Optimaten erhoben feinen Widerſpruch,
Ärgerten fi aber, daß der Vorſchlag fo abgefaßt war, daß man ihn nicht
angreifen Eonnte; man verſprach, denjelben in Borberathung zu nehmen, fuchte
aber die Sache dur Aufihub und Zögerung hinzubalten. Dio XXXVIIL, 2.
Als Gäfar die Sache wieber vorbrachte, wurde zwar Nichts gegen bie Cinzel⸗
heiten des Geſetzes eingewendet, aber im Allgemeinen verlangt, man folle es
beim Alten Taffen und feine Neuerung anfangen (Dio 3:), und um bie &e-
fahr, die eine mit Beftimmtheit ausgeſprochene Berwerfung bed Befeges Bringen
konnte, zu vermeiden, fuchte Gato durch fortwährenndes Reden einen Beipluß
zu verhindern (Gel. IV, 10. cf. Valer. Mar. II, 10, 7.). Gäjar befahl
einem Lictor, ihn zu verbaften; er erwartete, daß Cato an die Volkätribunen.
appelliren werde, allein er fügte ſich und nicht Wenige wollten ihn ins
Jalll (©. Iullus Caosar) 437
Gefängniß begleiten. Damit nun nicht pie Gegner durch Klagen über Mißbrauch
der Gewalt und Ungerechtigkeit bie oͤffentliche Meinung für fi gewinnen
möchten, veranlaßte Gäfar insgeheim einen Tribunen zum Einfpruh, wodurch
Cato befreit wurde (Dio am-a. O. Suet. 20., abweichend Plut. Cato 33.
und wieder verſchieden Plut. Caes. 14.). — Seiner Erklärung gemäß, daß
er feinen Entwurf unmittelbar and Volk bringen werde, da der Senat den⸗
felben nit in Borberathung genommen habe, beſchied Cäſar das Volk auf
den Markt. Er mußte es fo einzurichten, dag Bibulus, ber mit andern
Dptimaten zugegen war, auf eine Weije, die erbittern mußte, ſich offen gegen
das Geſetz erklärte, worauf Cäſar mit Uebergehung aller übrigen Magiftrate
den Bompefus um feine Meinung fragte. Diefer war bei dem @efehedent-
wurf bejonderd betbeiligt, weil ihm dadurch die feinen Veteranen zugefagte
Berforgung möglih gemadt wurde, was er im vorigen Jahre durch den
Tribunen 2. Flavius (f. Bo. II. S. 487, 14.) nicht erreichen Eonnte. Er
begnügte ſich daher nicht damit, ben Vorſchlag im GBinzelnen durchzugehen
und feine Zweckmäßigkeit anzupreifen, fondern auf feine Veteranen fi ſtützend
verfprah er au, mit Schild und Schwert zu Hülfe zu kommen, wenn bie
Gegner Gewalt brauden. Des Pompejus Rede bekräftigte Craſſus, und
Andere wagten damals feinen Widerſpruch. Div XXXVII,5. Blut. Caes. 14.
Pomp. 47. App. II, 10. Cic. ad Att. VII, 3, 3. Bibulus aber, um die
Beftätigung bed Geſetzes zu verhindern, zeigte an, daß er an allen Comitial⸗
tagen ben Simmel beobadten werde (vgl. Bd. II. ©. 101. 1178.). Als
Caͤſar ſich nicht daran Eehrte und einen Tag beflimmte, an welchem er feinen
Vorſchlag zum Geſetz erheben wollte, drängte fih Bibulus mit drei Iris
bunen, mit den Gonfularen 2. Luculus, DO. Metelus Celer (Bd. II. ©. 27.)
und 2. Gellius (Bd. IH. S. 663.), ferner M. Cato, Favonius (Bo. II.
©. 437.), dem jüngern Curio und Andern feiner Partel und zahlreichen
Glienten bis zu dem Diodcurentempel durch, von befien Stufen Cäſar zum
Bolfe redete. Sein Widerfprud führte fogleih ein Handgemenge herbei, in
welchem er und feine Begleiter mißhandelt und vertrieben wurden. Cäſars
Antrag wurde nun zum Geſetze erhoben, und in der Folge erhielten 20,000
Bürger nad einer willkührlichen Beſtimmung, ohne Berlofung, Ländereien.
Am Tage nah jener Vollöverfammlung verlangte Bibulus, daß das Geſetz
vom Senate für ungültig erklärt werde, allein durch den Ungeſtüm des Volkes
geichredt wagte Niemand, ihm beizuftimmen, und ſelbſt Gato und andere
der heftigſten Gegner gaben, nach und beſchwuren das Geſetz. Bibulus aber
erſchien bis zu Ende des Jahres nicht mehr öffentlich, fondern widerſprach
von feiner Wohnung aud durch Eoicte, die voll von Schmähungen waren
(Suet. Caes. 49. Plut. Pomp. 48. Cic. ad Att. II, 20, 6.). Cäjfar lenkte
jegt Alles allein, unbekümmert um ben Zorn, den die Optimaten mit ihren
Glienten und Söldnern bei jener Belegenheit Eundgaben (Gic. ad Att, II,
18, 1. 19, 2. 3.); Wiglinge ſprachen von einem Confulate des Julius und
Gäfar. Dio XXXVIII, 6.7. Blut. Pomp. 48. Caes. 14. Cato 32. Lucull. 42,
App. II, 11. Suet. 20. iv. 103. Vellej. II, 44. Gic. ad Att. II, 19.
16. 18. 20. in Vatin. 9. — Wie Gäfar fih durd fein Ackergeſetz die Ärmere
Volksclaſſe verpflidtete, fo gewann er (April 59, Eic. ad Aut. II, 16, 2.)
ben Ritterſtand dur Grlaffung eined Drittheild der Zollpacht. So oft fie
bisher den Senat um Herabfegung ihrer Pachtgelder angegangen hatten,
waren fie, obwohl Eicero flet3 darauf Bingearbeitet hatte, fle mit dem Senate
eng iu verbinden, weil er in ihnen eine Stütze gegen Neuerer ſah, Haupt«
ſächlich auf Catos Betrieb abgewieſen worden. Schol. Bob. in orat. pro
Plancio p. 259. 261. ie. pro Plancio c. 14. ad Att. II, 1, 7.8. Suet.
Caes. 20. Dio XXXVII, 7. App. b. c. II, 13. — Jetzt wurden au bie
Einrihtungen beftätigt, die Pompejus in Aflen getroffen hatte (Dio u. App.
438 / ° N Zul
und Graffus ſchon vor Caſars Wahl zum Ganful zu Stande gelommen fei;
wäre bied richtig, fo wäre Bibulus wohl nicht Conſul geworden). — ine
der erften Verorbnungen, die Gäfar na dem Antritt feines Gonfulates (59)
gab, war, daß alle Verhandlungen im Senate und vor dem Volke regel»
mäßig abgefaßt und befannt gemacht werben follten, währenn früher nur bie
Beſchlüfſſe niedergefchrieben wurben. Suet. 20. Cäſars Anordnung war eine
rein‘ bemocratifche, infofern dadurch der Senat einer Art Bontrolg ded Volkes
unterworfen wurde, was befonders jetzt nit unwichtig war, ba Gäjar mit
- einem ber Ackergeſetze hervortreten wollte, gegen welde bie Ariflocratie von
jeher ihre ganze Macht aufgeboten hatte. Schon im I. 63 hatte ber Tribun
P. Servilius Rufus (f. d.) unter Cäſars Mitwirkung eine Adervertbeilung
in Vorſchlag gebracht, feine Borderungen waren aber fo übertrieben und
verfaffungsmwibrig, daß Ciceros Beredſamkeit Feinen zu ſchweren Kampf ba»
gegen hatte und die Nogatian zurüdgenommen wurde. Es läßt ſich nicht
verfennen, daß Cäſar dadurch nur auf fein Adergefeß vorbereiten, und weil
dieſes billiger war und einem wahren Bebürfniffe abhalf, den Widerſtand
der Optimaten zum Voraus entkräften und gebäßig machen wollte. Der
Inhalt des julifhen Geſetzes war: der campanifche (daher bei Cic. ad Att.
11, 18, 2. Campana lex) und ſtellatiſche Acer wird unter die bürftigften
Bürger vertbeilt und vorzugäweife unter ſolche, welche drei oder mehr Kinver
gabe. Cic. ad Att. II, 16, 1. 17, 1. Phil. II, 39. Gäf. b. c. I, 14.
ellej. II, 44, 45. Suet. Caes. 20. Octav. 4. (Nah Dio XXXVIII, 1.7.
wäre dad Gefeg während ver Berhanblungen modificirt worden, auch nad
Plut. Cato 33.) Wenn die Staatsländereien nit ausreichen, fo wird theils
aus ber pompejaniſchen Beute, theild mit andern öffentlichen Geldern anderes
Land binzugefauft; die Beflger der Grundſtücke follen nicht gezwungen werben,
biefelben abzugeben, der Kaufpreis iſt ber in den Steuerliften angegebene
Werth (Div XXXVIII, 1.); zu 2anbeövertheilern werden zwanzig bazu geeig⸗
nete unbefcholtene Männer ernannt (Dio am a. DO. Gic. ad Att. II, 6, 2.
‚3. IX, 2, 1. Vellej. 11, 45. Suet. Octav. 4. Quint. XI, 1, 16.);
der Urheber des Geſetzes iſt, um nicht den Verdacht zu erregen, als hätte
er eigennügige Abflhten (Div am a. D.), von biefer Commiſſion ausge⸗
flofien; der Senat bat dad Befeh zu beſchwören (Div XXXVIN, 7. Blut.
Cato 32. App. II, 12.), und jeder Bewerber um Staatdämter muß fi vor
der Bolkäverfammlung eidlich verpflichten, Teinen Antrag zu flellen, ber mit
dem Geſetze flreitet. ic. ad Att. II, 18,2. — Gäfar hatte gleich beim Antritt
feines Gonfulats erflärt, er werde nie Etwas vorſchlagen, dad nit aud
den Optimaten zuträgli ſei (Dio XXXVIII, 1.), und den Bibulus zur Bin»
tracht aufgefordert (App. IT, 10.); er wollte feine Anträge auf gejeglichem
Wege durchſetzen und die Gültigkeit feiner Geſetze nicht gefährden. Nachdem
er das Ackergeſetz im Senate vorgelefen hatte, rief er Jeden namentli auf,
ob er Etwas daran audzufegen habe, und erklärte ſich zu jeder Aenderung,
fogar zur Zurüdnahme bereit. Die DOptimaten erhoben feinen Widerſpruch,
Ärgerten ſich aber, daß der Vorſchlag fo abgefaßt war, daß man ihn nit
angreifen Eonnte; man verſprach, denfelben in Vorberathung zu nehmen, fuchte
aber die Sache dur Aufihub und Zögerung binzubalten. Div XXXVIII, 2.
Als Käfer die Sache wieder vorbrachte, wurde zwar Nichts gegen bie @inzel-
beiten des Geſetzes eingewenbet, aber im Allgemeinen verlangt, man folle es
beim Alten Iaffen und feine Neuerung anfangen (Die 3.), und um die Ge⸗
fahr, die eine mit Beflimmtheit ausgeſprochene Verwerfung bed Geſetzes bringen
fonnte, zu vermeiden, fuchte Cato durch fortwährende® Reden einen Beſchluß
zu verhindern (Gel. IV, 10. cf. Valer. Mar. II, 10, 7.). Gäjar befahl
einem Lictor, ihn zu verbhaften; er erwartete, daß Gato an die Bolkätribunen
appelliren werde, alein er fügte Id und niht Wenige wollten ihn ins
Jallj (©. Zulins Caesar) 437
Getöngniß begleiten. Damit nun nicht die Gegner durch Klagen über Mißbrauch
der Bewalt und Ungerechtigkeit die Öffentlihe Meinung für fi gewinnen
möchten, veranlaßte Cäſar insgeheim einen Tribunen zum Einſpruch, wodurch
Cato befreit wurde (Div am-a. DO. Suet. 20., abweichend Plut. Cato 33.
und wieder verſchieden Plut. Caes. 14.). — Seiner Eırflärung gemäß, daß
er feinen Entwurf unmittelbar and Volk bringen werde, ba der Senat den⸗
ſelben nit in Vorberathung genommen babe, beſchied Cäſar das Volk auf
den Markt. Er wußte es fo einrichten, bag Bihulus, der mit andern
Dptimaten zugegen war, auf eine Weile, die erbittern mußte, ſich offen gegen
das Beleg erklärte, worauf Cäſar mit Uebergehung aller übrigen Magiftrate
den Bompejus um feine Meinung fragte. Diefer war bei dem Gefegedent-
wurf beſonders betheiligt, weil ihm dadurch die feinen Veteranen zugefagte
Berforgung möglih gemacht wurde, mad er im vorigen Jahre durch den
Tribunen 8. Flavius (f. Bd. IN. ©. 487, 14.) nicht erreichen konnte. Er
begnügte fi daher nit damit, ven Vorſchlag im Ginzelnen durchzugehen
und jeine Zweckmäßigkeit anzupreifen, fonbern auf feine Veteranen fi flügend
verfprah er au, mit Schild und Schwert zu Hülfe zu Eommen, wenn bie
Gegner Gewalt brauden. Des Pompejus Mebe bekräftigte Craffus, und
Andere wagten damals feinen Widerſpruch. Dio XXXVIIL,5. Blut. Caes. 14.
Pomp. 47. App. II, 10. Cic. ad Att. VII, 3, 3. Bibulus aber, um bie
Beftätigung des Gefeßed zu verhinvern, zeigte an, daß er an allen Eomitlal«
tagen den Himmel beobadten werde (vgl. Bd. II. ©. 101. 1178.). Als
Caſar ſich nicht daran kehrte und einen Tag beflimmte, an welchem er feinen
Vorſchlag zum Beleg erheben wollte, drängte fih Bibulus mit drei Iris
bunen, mit ven Eonfularen 2. Lucullus, DO. Metelus Eeler (Bd. II. ©. 27.)
und 2. Gellius (Bd. II. ©. 663.), ferner M. Cato, Favonius (Bo. IH.
©. 437.), dem jüngern Curio und Andern feiner Partei und zahlreichen
Glienten bis zu dem Diodcurentempel dur, von deſſen Stufen Cäfar zum
Bolfe redete. Sein Widerſpruch führte fogleih ein Handgemenge herbei, in
welchem er und feine Begleiter mißhandelt und vertrieben wurden. Cäſars
Antrag wurde nun zum @efege erhoben, und in der Folge erhielien 20,000
Bürger nad einer willkührlichen Beflimmung, ohne Berlofung, Ländereien.
Am Tage nah jener Volksverſammlung verlangte Bibulus, daß das Geſetz
vom Senate für ungültig erklärt werde, allein durch den Ungeflüm des Volkes
gejhredt wagte Niemand, ihm beizuflimmen, und felbfl Cato und andere
der beftigflen Gegner gaben, nah und beſchwuren das Geſetz. Bibulus aber
erſchien bis zu Ende ded Jahres nicht mehr Öffentlich, fondern widerſprach
von feiner Wohnung aus durch Eoicte, die vol von Schmähungen waren
(Suet. Caes. 49. Plut. Pomp. 48. Cic. ad Att. II, 20, 6.). Cäfar lenkte
jegt Alles allein, unbefümmert um den Zorn, ben die Optimaten mit ihren
Glienten und Söldnern bei jeder Gelegenheit Fundgaben (Cic. ad Att. II,
18, 1. 19, 2. 3.); Wiglinge ſprachen von einem Gonfulate des Julius und
Gäjar. Dio XXXVIII, 6.7. Blut. Pomp. 48. Caes. 14. Cato 32. Lucull. 42.
App. I, 11. Suet. 20. Riv. 103. Vellej. II, 44. Gic. ad Att. II, 19.
16. 18. 20. in Vatin. 9. — Bie Gäfar fih durch fein Adergefeh die ärmere
Volksclaſſe verpflichtete, fo gewann er (April 99, Eic. ad Att. II, 16, 2.)
den NRitterfland dur Erlaffung eined Drittheild der Zollpacht. So oft fie
Bisher den Senat um Herabſetzung ihrer Pachtgelder angegangen hatten,
waren fle, obmohl Gicero flet3 darauf bingearbeitet hatte, fle mit dem Senate
eng Pr verbinden, weil er in ihnen eine Stüge gegen Neuerer fah, Haupte
ſächllch auf Catos Betrieb abgewieſen worden. Schol. Bob. in orat. pro
Plancio p. 259. 261. &ic. pro Plancio c. 14. ad Aut. II, 1, 7.8. Suet,
Caes. 20. Dio XXXVII, 7. App. b. c. II, 13. — Jetzt wurden auch die
CEinrichtungen beflätigt, die Pompejus In Aflen getroffen Hatte (Dio u. App.
438 Jalil
am a. O. Blut. Pomp. 48); ven Lucuflus, der, von Pompejus heletsigt
(f. Licinia gens), wie das Jahr vorher fi widerſehzte, demürhigte Caͤfar
Durch die Drohung, ihn megen der Verwaltung Afiens anzuflagen, fo fehr,
daß er ihm zu Füßen fiel. Suet.20. cf. Dio a. a. O. — Eine Gefälligkeit
gegen Pompejus war auch das, daß er fi erfaufen ließ, dem Schüglinge
deſſelben, dem König Ptolemäus Auletes, den Titel eines Freundes und
Bundedgenoflen des römiſchen Volkes zu verfhaffen, ob er gleih im J. 65
auf Bereinigung Aegyptend mit dem römiſchen Reiche angetragen hatte und
im 3. 63 in dem Ackergeſetze des Rullus vaffelbe verlangt worden war. Cäp.
b. c. II, 107. Sueton. 54. Dio XXXIX, 12. Gic. ad Att. H, 16, 2.
p. Rabir. Post. 3. — Was Gäjar fonft neh wollte und entweder ſelbſt oder
Durch die ihm ergebenen Tribunen vorbradte, wurde angenommen; felten
aber wendete er fi zuvor an den Senat, und wenn er ihn berief, fo er-
fbienen nur Wenige; ala Cäſar eines Tages fi darüber aufhielt, erhielt
er von O. Confidius Gallus die Erflärung, daß vie Uebrigen wegbleiben,
weil fle nicht mit Sicherheit fommen können, er ſelbſt erfcheine, weil er zu
alt fei, um den Tod zu fürdten. Blut. Caes. 14. Zomar. X, 6. Gic. ad
Att. I, 24, 4. — Zu den juliſchen Geſetzen, von welden jth mit Gewiß⸗
heit angeben läßt, daß fie im I. 59 gegeben wurden (Sic. p. Sext. 64. in
Vatin. 12.), gehört au die fehr ausführlihe (Bic. ad Fam. VIII, 8, 2.)
lex de pecuniis repetundis, welche die Beftimmungen früherer Gefehe gegen
Behörden, die ihre Gewalt zu gefepwidrigen Forderungen und unreblicher
Verwaltung mißbraudten, fehärfte (Cic. p. Rabir. Post. 4. in Vatin. 12.
vgl. Böttling Geſch. d. röm. Stof. S. 488 f.), daher daß Beleg von Gicero
ein ganz gerechtes und trefilides genannt wird, in Pison. 16. p. Sext. 64.
Mittelbar wurde Cäſar Lirheber der lex Vatinia de alternis consiliis reji-
ciendis, wodurch dem Beklagten und nad ihm dem Kläger dad Hecht ge-
geben wurbe, nicht blos wie biäher einzelne (Pſeudo-Ascon. in act. 1. in
C. Verr. p. 131. $. 17. Or.) der vom Prätor gemähltım Richter, fondern
das ganze Confilium derfelben einmal zu verwerfen, ic. in Vatin. 11, 26.
Schol. Bob. p. 321. 323. 325. Cic. pro Plancio c. 15.; f. Orelli Onom.
IN, p. 293. (vgl. Goͤttling Geſch. d. röm. Stvf. ©. 489., welcher ver-
muthet, dieſe lex fel fo zu verſtehen, daß Kläger und Beklagter ſowohl von
dem dur den Prätor beflimmten erften Confllium der Nichter, als auch von
den an die Stelle der Verworfenen tretenden Richtern, dem zweiten Gonft«
lium, eine beflimmte gleiche Anzahl hätten verwerfen Fönnen). — Befonders
wichtig aber war für Cäſar felbft die lex Vatinia de imperio C. Caesaris.
Die Optimaten hatten ihm eine unbedeutende Verwaltung zugedacht (Suet.
19.), er ſelbſt fteflte fih, als wäre er mit Allem zufrieden, ließ aber durch
Batinius vorfhlagen, mas er wünſchte, und die Tributcomitien beftimmten
für ihn ohne Rückficht auf das fempronifhe Geſetz, nah welchem jährlich
die Konfular- Provinzen vertheilt werden follten (Sal. b. j. 27. ic. de
pr. cons. 2. p. dom. 9. ÖDrell. Onom. III, p. 267.), Gallia cisalpina nebſt
Iliyricum mit drei Regionen auf fünf Sabre. Allein damit war den Zwecken
Caſars nicht volflänvdig gedient: er wollte auch Gelegenheit erhalten, dur
Sieg und Eroberung ein treu ergebened, dem Vaterlande entfrendetes Heer
zu bilden und zugleib Schäge fi zu famneln, mas um fo nöthiger war,
ba er während des Conſulats durch unmäßigen Aufmand zur Belufligung
der Dienge in neue Schulden, au bei Pompejus und Atticus (Eic. ad Att.
VI, 1, 25.), gerathen war (App. 11, 13.), und feine Geldſpenden mährend
feiner Abmefenheit, flatt aufzuhören, vermehrt merben mußten. Deshalb
ſprachen feine Unhänger von einer dritten Provinz, und der Senat fügte,
um einer neuen Anmaßung bed Volkes zuvorzufommen, dad transalpinifche
Vallien, in welchem Krieg und Beute zu finden war, und eine vierte Legion
Jalii (C. Julius Caesar) 439
auf fünf Jahre Hinzu. Dio XXXVII,8. Plut. Caes. 14. Pompej. 48. App.
b. c. H, 13. Cic. in Vat. c. 15. Schol. Bob. in Vat. p. 317. Suet. 22,
Vellej. II, 44. u. a — Bon bier, gleihfam von einer Acropolis aus, wie
Gate (Plut. Cato 33. Crass. 14.) jene Provinzen nannte, Eonnte Cäfar,
nicht aflzufern von Rom, fortwährend auf den Bang der Ereigniſſe in ber
Stadt einwirken. Zu Bonfuln des folgenden Jahres (58) wurden Männer
gewählt, welche für Crhaltung der juliihen Gefege, an ber dem Pompejus
nit weniger ala dem Güfar Tiegen mußte, Vürgſchaft boten: ver eine war
2, Piſo, Vater von Cäſars neuer Gemahlin Ealpurnia (f. Bo. II. ©. 101.),
der andere, U. Gabinius, war von Pompefus abhängig. Dem Verhältnifie
Eäfars zu Pompejus felbft folte ebenfalls eine Heirath, die ſchon in den
erften Monaten des Jahres geihloffen worden war, Zefligfeit geben: Cäſar
hatte feine Tochter Julia mit Pompejus vermählt, ihr früherer Derlobter
Serviliud Gäpio erhielt zum Erfah eine Toter de3 Pompejus. Suet. Caes. 21,
Vellej. am a. D. Blut. Pomp. 47. Caes. 14. Cato 31. Appian. II, 14.
Allein Pompejus war bei aller Zuvorkommenheit und Dienftbefliffenheit Cä⸗
ſars nicht frei von Megungen der Eiferſucht; er fühlte ſich nicht meht auf
ber Höhe feiner Bergätterung und merkte, daß jener in feinem Rücken höhere
Stufen erfliegen Hatte. Wenn er diefe peinlihen Gefühle auch nicht fo offen
zur Schau trug, mie Gic. ad Alt. II, 21. ſchreibt, ſo konnten fie am wenig⸗
fien dem Cäſar verborgen bleiben; er beforgte Annäherung des Pompejus
an die DOptimaten, wenn er nicht mehr perfönlih auf ihn einwirken Eönne.
Daher bezmedte ohne Zweifel die erpichtete Verſchwörung gegen das Leben
bed Pompejus, welde von dem von Cäſar erfauften L. Vettius zur Anzeige
gebracht wurde, nichts Anderes als den Pompelus aufs Neue gegen die _
Optimaten zu erbittern und eine Vereinigung mit ihnen möglichſt zu er»
ſchweren. Bettius benahm fich jedoch fo ungeihidt, Daß er ind Gefängniß
geworfen wurbe und hier eines fchnellen Todes farb, welcher, wie man al»
gemein glaubte, durch Cäſar oder Vatinius, mie aber Cäſar ſelbſt behaups
tete, durch die Angeklagten aus Furcht herbeigeführt wurde. ic. ad Att.
II, 24. in Vatin. 10. 11. Schol. Bob. pro Sext. p. 308. in Vat. p. 320,
Guet. Caes. 20. Plut. Lucull. 42. Appian. II, 12. ck. Dio XXXVIIL, 9.
Die Angaben des Berius hatten mehrere Optimaten bebroht, die Cäſar zus
gleich gern außer Thätigkeit gelegt Hätte; mas gegen bie größere Zahl miß«-
lang, wurde auf andere Welfe glücklicher gegen Cicero allein durchgeführt.
Geit dem Entſtehen des Triumvirats Hatte Cäſar wiederholt verfucht, ben
felben durch Anerbieten und Einfhüchterung auf feine Seite zu ziehen; aleln
Cicero wid aus und ſchien nur auf die Abreife Bäjars zu warten, um ind»
geheim und offen durch die Gewalt feiner Rede die Auflöfung des Bundes
der Dynaften, wie er die Triumvirn nannte (Gic. ad Aut. II, 9, 1.), zu bes
treiben. Gäjar war nicht gleihgültig dagegen, er glaubte, ihn unſchädlich
machen zu müflen, und gab ihn dem Clodius Preis (f. Tullia gens und
Br. II. S. 416), doch benahm er fih fo, daß der Riß zwiſchen Ihnen nicht
unbeilbar wurbe. Dio XXXVII, 15. 17. Auch Cato wurde durch Clodiug,
wiewohl auf eine glimpflidere Weile, aus Nom. enifernt (f. Porcius und
Dr. 1. ©. 417.). — Gäjar wartete die Entwicklung der Nänfe des Clodius
gegen Gicero außerhalb der Mauern Noms ab; denn kaum hatte er jein
Gonfulat niedergelegt, fo beaniragten bie Prätoren L. Domitius (Bd. IE
&. 1210.) und C. Memmiuß eine Unterfuhung ber Verwaltung des vorigen
Jahres; Cäſar drang felbft darauf, aber der Senat fürchtete Die Rechtfertigung
und gieng nicht darauf ein; drei Tage lang befümpfien fich Cäſar und bie
Prätoren in erfolglofen Neben, in denen jener auf die beſonders heftigen
Angriffe des Memmius mit nicht geringerer Bitterfeit antwortete (Suet. Caes,
49. 73. Schol. Bob. in Cio. pro Sext. p. 297. in Valin. p. 317.): dans
40 Jain
Yagerte er ſich mit feinem Heere vor ber Stabt und entzog fl daburd der
Anklage des Bolfstribunen 8. Antiſtius. Suet. Caes. 23. Dio XXXVIII, 17.
Nachdem er drei Monate vor der Stabt vermeilt hatte, befchleunigte er gegen
das Ende des März 58 (— Mitte Aprils nad dem berictigten Kalender,
f. Orell. Onom. I, p. 153.) feine Abreiſe, da bie Helvetier, ſeit Tängerer
Beit entfcloffen ihre Wohnflge zu verlaffen und in Gallien ſich Niederlaſſungen
zu erfämpfen, die Auswanderung begannen und das römiſche Gebiet be-
brohten. Nah einer Neife von acht Tagen (Put. Caes. 17.) kam er bei
Geneva an. Mit Hülfe der Legion, die in Gallien lag, und anderer Mann⸗
fhaft, die er aufgeboten hatte, Iegte er von Genf an auf ber linken Seite
ber Rhone ungefähr acht Stunden lang einen feftlen Erdwall an, und nötbigte
dadurch die Helvetier, den nörblicheren Weg durch die Väſſe des Jura zu
wählen und durch das Gebiet der Sequaner zu ziehen. Cäſar übergab den
Oberbefehl über die von ihm angelegte Verfhanzungslinie feinem Legaten
T. Labienus, bob in Eile in Oberitaltenzwei neue Legionen aus, ließ bie
drei Legionen, welche bei Aquilefa überwinterten, aus ihrem WBinterlager
aufbreden, und griff mit einem Heere, da8 jetzt and ſechs Legtonen beftand,
unterlügt von den Aebuern und andern bebrobten gallifhen Völkerſchaften,
die Helvetier an; zuerft fällt er am Ararfluß über ihren nod mit dem Ueber»
gang über den Strom befhäftigten Nachtrab ber; entſcheidend war bie Schlacht
in der Nähe von Bibracte (bei Autun). . Nah fehr hartnäckigem Kampfe
flegte hier Gäfar mit. vier Regionen. Im Ganzen hatten 368,000 Helvetier
dad Vaterland verlaffen, unter biefen maren 92,000 waffenfähige Männer;
nad der Schlacht waren noch gegen 130,000 übrig, die jegt in dad Gebiet
der Lingonen (in der Gegend von Langres in Ehampagne) flohen und von
hier aus um Frieden baten. Gäfar verlangte von ihnen Geißeln, Waffen
und Meberläufer, und gebot ihnen, ihre Heimath wieder aufzuſuchen, um bie
Germanen an Beflgnahme derſelben zu verhindern. Die Urbigener, welde
während ber Unterbandlungen zu entfliehen verfuchten, machte er zu Sflaven,
außerdem erlaubte er den Bojern bei den Aeduern zu bleiben, welche die⸗
felben ihrer Tapferkeit wegen zu behalten wünfchten, und ihnen gleiche Rechte
und Breiheiten einräumten, fo daß die Anzahl derer, melde nach Helvetien
zurüdfebrten, 110,000 betrug. Cäſ. b. g. I, 7—29. Liv. ep. 103. Dio
XXXVIII, 31—33,. Plut. Caes. 17. 18. Appian. Celt. 2. Flor. III, 10.
Oroſ. VI, 7. Bonar. X, 6. — Einen zmweitm Kampf in bemfelben Jahre
befand Cäſar mit dem germaniſchen Fürſten Artovift, der von den Arver-
nern und Sequanern gegen bie Aeduer zu Hülfe gerufen, diefe beſiegt hatte,
aber nicht wieder in feine Helmath zurüdgegangen war und ganz Gallien mit
feiner Herrfchaft bedrohte. Während Cäſars Bonfulat mar er ald Freund
und Bundeögenoß des römifchen Volkes anerkannt worben ; bie narbonenfliche
Provinz wurde dadurch vorerſt vor einem Angriffe gefichert und Gäfars
Groberungsplan gegen Gallien nicht geflört; allein die Korberungen, vie Gäfar
jegt zum Schutze der Ballier an ihn flellte, wies Arioviſt trogig zurück und
forderte Gäfar zum Kampfe heraus; faft das ganze römiſche Heer zitterte vor
den Germanen, und nur Cäſars Entfchloffenheit und Vertrauen auf ben
Muth und die Ergebenheit der zehnten Legion flimmte bie Zaghaften um;
Artovift wurde, öſtlich von Veſontio (Befancon) auf dem Wege nad dem
Mheine, geſchlagen und bis zu dem Fluſſe verfolgt; f. Bd. I. S. 748. Im
zweiten Sabre (57 v. Chr.) führte Cäſar Krieg mit den Belgiern. Sie
hatten fi zur Vertheidigung ihrer Unabhängigkeit vereinigt, Gäfar erblickte
darin eine Verſchwörung gegen das römische Voll, hob zwei neue Regionen
in Oberitalien aus, rüdte an die Grenzen ver Belgier, wo bie Remer ſich
freimillig unterwarfen, befeftigte eine Brüde über die Arona (Alsne) und
flug jenfeits ein feſtes Lager auf (bei Pont A Bere). Die Feinde, gegen
Jalli (C. Yalklıs Caesar) 441
300,000 Bann ſtark, beftürmten die romiſche Feſtung Bibrax, Gäfer aber
entfeßte nicht blos dieſe Feſtung, fondern flug auch bie Belgier zurüd, als
fie in feinem Rüden bie Beſazung der Brüde angreifen wollten. Die Feinde
trennten ſich nun und zogen fi in ihre Länder zurüd; Gäfar fiel über ihren
Nachtrab ber und vernitete eine große Menge, die Uebrigen flohen in
größter Unorbnung. Nach einander unterwarfen fi die Sueffionen, Bello⸗
vaken und Amblanen; die Nervier unterlagen nad einem ungemein tapfern,
für Cäfar hoͤchſt gefährliden Widerſtande; ein großer Theil des Stammes
war umgelommen, bie Abuatufer wurden theils vernichtet, theils in Sklaverei
verfauft. Zu gleicher Zeit unterwarfen ſich einem Legaten Gäfars, P. Eraffus,
die Mölkerfegaften im norbweftliden Gallien, zwiſchen ben Münbungen ber
Loire und Seine. In Folge der Siegesberihte wurde zu Rom ein fünfzehn-
taͤgiges Dankfeft angeorbnet, eine Auszeichnung, die Keinem zuvor zu Theil
wurde, ba felbft nah dem mithridatiſchen Krieg zu Ehren des Pompejus
nur zwölf Tage gefeiert wurden. GAf. II. Dio AXXIX, 1—5. Liv. ep. 104.
Plut. Caes. 20. 21. pp. Celt. 8. Flor. II, 10, 4. Oroſ. VI, 7. Eic.
de prov. cons. 10. 11. pro Balbo 27. Während Gäfar,. wie im vorigen
Jahre und fpäter, den Winter im cisalpinifägen Gallien zubrachte, um an»
geblich in biefem Theile feiner Provinz die Gerihtöflgungen zu leiten, in der
That aber den Zuftand der Dinge in Rom in der Nähe zu beobachten, drohte
einer feiner Legionen, die unter der Auführung des Servius Galba das
Gebiet celtifger Alpenvölker, der Rantuaten, Beragrer und Sebunen befeßt
halten follte, der Untergang durch jene Stämme. Gäf. b. g. IT, 1-6. Um
diefelbe Zeit nahmen mehrere Kuüſtenvolker im weſtlichen Ballien nach dem
Vorgang der Bester römifche Kriegstribunen, die Getraide von ihnen for⸗
derten, gefangen und verbanden fi unter einander und mit der ganzen übrigen
Seekũſte zu Wievererfämpfung ihrer Freiheit. Sobald es die Jahreszeit er⸗
laubte, ſuchte Gäfar auf verſchiedenen Seiten die empdrten Völker zu befchäfe
tigen: während er ſelbſt gegen die Veneter zog, wurde T. Labienus audges
ſchickt, die Belgier in Ruhe zu erhalten; P. Erafjus follte die Voͤlkerſchaften
in Aquitanien abhalten, Unterflügung in das Geltenlanb zu ſchicken; ber
Legat D. Titurius Sabinus bekam den Auftrag, die Kriegsmacht der Uneller,
Guriofoliten und Lerovier (in der Normandie) aus einander zu halten. Gäfar
nahme mit großer Anftrengung mehrere von den meift an ben Spiken von
Erdzungen und DBorgebirgen gelegenen feſten Plätzen ber Veneter weg, allein
ohne Nutzen, da bie Feinde fi und ihre ganze Habe zur See in bie nächſt
gelegenen Feſtungen retten Tonnten. Gäfar erreichte feinen Zwed erft, als
die während bes vorigen Winters neu geſchaffene Flotte und eine Anzahl
galliſcher Schiffe unter D. Brutus die Loire herab in die wegen ber klippen⸗
reihen Küfte und ber befonderd mächtigen Gewalt der Fluthen gefährliche
See ſich wagte und in dem alsbald entflandenen Seetreffen, wahrſcheinlich
vor dem Hafen Morbihan, über bie zweckmäßiger gebauten galliſchen Schlife
dadurch den Sieg davon trug, daß mit fehr ſcharfen, an langen Stangen
befeſtigten Sicheln ihr Tauwerk zerftört und fle alsdann geentert wurben.
Die Beflegtn traf Tod oder Sklaverei, b. g. II, 1—16. Dio XXXIX,
40-43. LEiv. ep. 104. cf. Oroſ. VI, 8. Flor. IH, 10, 5. Gleichzeitig
erhielt Caͤſar die Nachricht, daß Sabinus die Uneller und Ihre Verbündeten
mterworfen babe (b. g. III, 17—19. Dio XXXIX, 45. Oroſ. am a. D.);
Graffus eroberte in Aquitanien zuerſt den Hauptort der Sotiaten; als darauf
bie Feinde hiſpaniſche Hülfätruppen und Anführer aus Gertorius’ Säule
erhielten, errang er durch Erſtürmung ihres Lagers einen glänzenden Sieg,
fo daß er aus dem größten Theile Aquitaniens Geißeln erhielt. b. g. HIT,
20—27. Dig XXXIX, 46. Drof. am a. O. Flor. III, 10, er = Obgleich
IV.
443 Jul
her Sommer ſchon vorüber war, zog Gäfar noch gegen bie Menapier und
Moriner, belgiſche Völkerſchaften, dieſe aber ‚hatten fi in ihre weiten Wälper
und Moräfle begeben, von wo aus fie die Römer dur unvermuibete An»
griffe beimruhigten; Gäfar fing an, ihre Wälder nieverhauen und bad ge⸗
fälte Holz als einen Wal aufthürmen zu laſſen, allein plötzlich trat fo
ſchlimme Witterung ein, daß er fich zur Umkehr genöthigt fah und mit Ver⸗
wuſtung der Felder und Zerflörung der Ortfchaften der Feinde fi begnügen
mußte. b. g. III, 28. 29. Dio XXXIX, 44. Slor. II, 10, 6. — Im
vierten Jahr (55 v. Chr.) Hatte Eäfar in Gallien wenig Beſchäftigung ge-
funden ; e8 war ihm aber gerade jetzt, da es fih in Nom um Berlängerung
feiner Statibalterfhaft in Gallien handelte, darum zu thun, auszuführen,
was noch kein römiſcher Belohere vor ihm gewagt (Dio XXXIX, 48.), und
durch Tühne Unternehmungen fo auf die Öffentlide Meinung zu wirken, daß
die Anträge feiner Gegner, ihm Provinzen und Heer zu entziehen, keinen
Beifall fänden. Nachdem er dem Verſuche der in Gallien einfallenden Ufl-
peter und Tenchterer (Bo. II. S. 808.), Ihn zu täuſchen, durch eine Hinterlift
begegnet, wofür er, wie M. Eato meinte (Blut. Caes. 22. Cato 51. App.
Ceit. 18.), den Beinden auögeliefert zu werben verbiente, nachdem er fie
geſchlagen und faft gänzlich aufgerieben hatte, fehte er zwiſchen Bonn und
Coblenz, nicht auf den angebotenen Fahrzeugen der befreundeten Ubier, ſon⸗
bern auf eine feiner ‚und bes zömifhen Volkes Würde und Veberlegenbeit
entfprechende Weife mittelfk einer Pfahlbrüde über ven Rhein. In zehn Tagen
war das Werk, das jedenfalls für die Feinde ein Wunder war, vollendet;
allein Die bebrohten Sigambern hatten fi inzwiihen in ihre Wälber zurüd-
gezogen. Gäfar Hlieb wenige Tage in ihrem Gebiete, Tieß die Ortſchaften
und Gebäude einäfchern, die Feldfrüchte abmähen und begab fi zu den
Ublern. Gr war nit gefonnen, in das Innere des Landes gegen die fid
vereinigenden Sueven zu ziehen, fondern glaubte, nachdem er die Germanen
geſchreckt, die Sigambern gezüdtigt und den Ubiern Hülfe gebradt, für ven
Ruhm und den Bortheil der Römer genug getban zu haben, und kehrte nad
einem Aufenthalt von 18 Tagen jenfeitd des Rheins nad Gallien zurüd.
b. g. IV, 1—19. iv. ep. 105. Div XXXIX, 47. 48. Plut. Caes. 22. 23,
App. Celt. 3. Blor. UL, 10, 14. 15. Oroſ. VI, 9. Sonar. X, 6. —
An den Cinfall in Germanien reihte ſich, wenn gleich ber Winter nit mehr
fern war, die Fahrt nach Britannien, von der fih Cäſar bei der völligen
Unbefanntfaft mit der Infel, fogar unter ben mit Britannien in einigem
Berkehr ſtehenden Galliern, wenigſtens den Nutzen einer Entdeckungsereiſe
verſprach (b. g. IV, 20.). Auf 80 Laſtſchiffen ließ er vom Lande der
Moriner aus, wahrſcheinlich in der Gegend von Voulogne, zwei Legionen
überſeten, die Reiterei füllte 18 Schiffe. Zwei Legaten follten theils bie
Unterwerfung ber Moriner und Menapier vollenden, theils die Küfte in feinem
Müden decken. Auf die erfle Nachricht von feinem Zuge hatten zwar mehrere
Volkoſtaͤmme der Inſel Geſandte nah Ballien geſchickt, mit ver Erklärung,
Geißeln fielen und ſich dem römifchen Volke unterwerfen zu wollen, vie
Landung aber mußte mit Gewalt erzwungen werben. Die Infulaner baten
darauf um Frieden, begannen aber die Keinpfeligkeiten wieder, als ein Sturm
die Schiffe der Nömer fo befchädigte, daß die Nüdfahrt unmöglich ſchien,
und die Meiter, die wegen ungünſtiger Winde fpäter von Ballien ausgelaufen
waren, zurücktrieb. Während Cäſar den Plan ver Feinde, die Zufuhr ab⸗
zuſchneiden, zu vereiteln ſuchte, wurde eine Legion von ber Gefahr, durch
einen ihr gelegten Hinterhalt umzukommen, Taum gerettet, in offener Feld⸗
lacht aber gewann Bäjar durch feine Kriegskunſt einen leichten Sieg. Weil
er feine gebrechlichen Schiffe ven bevorſtehenden Aequinoctialftürmen nicht aus⸗
fegen wollte, bewilligte er Frieden. In Rom wurden feine Berichte mit
Zallt (©. Yalfas Caesar) a8
imgemeiner Bewunderung aufgenommen, obglei er Teinen flag Gewinn
nachweiſen Eonnte; bie Eröffnung unbekannter Länder Hot Hoffnungen, bie
man beinahe ſchon für verwirklicht betrachtete. Der Senat verorbnete ein
zwanzigtägiges Dankfeſt. b. g. IV, 20-36. 88. Dio XXXIX, 50 ff. Plut.
Caes. 23. Vellej. II, 46. Iac. Agr. 13. Suet. 25. 47. Cutrop. VI, 17:
Flor. IH, 10, 16. Drof. am a. DO. Diod. Ste. V, 21. 22. Strabo IV, 8.
Zucan. II, 571. — Gäfar verließ erſt mit dem Beginn des folgenden Jahres
(54) das Winterlager, hielt die gewöhnlichen Gerichtsfitzungen In Oberitalien
unb begab ſich dann nad Illyrieum, wohin die an der macebonifchen Grenze
wohnenden Piruften verheerende Einfälle gemacht Hatten. Auf die Nachricht
von feinen Rüſtungen ftellten die Piruften Geißeln und leiſteten ScHabenerfaß.
Nah feiner Rückkehr nad Ballten unterbrüdte er eine feindliche Bewegung
unter den Trevirern und feßte hierauf zum zweiten Male nah Britannien
über. Fünf Legionen und 2000 Reiter nahm er mit fi; die Zahl der
Sahrzeuge betrug mehr ald 800. In Ballien blieb Labienus mit drei Le⸗
gionen und 2000 Reitern zurüd, um vie Häfen zu beden, für Lebensmittel
zu forgen und zugleid auf alle Borgänge in Gallien ein wachfames Auge
zu haben. Zu größerer Sicherheit vor Unruhen nahm Cäfar au) bie Häupt»
linge der meiften Voͤlkerſchaften mit; einer der wiberfpänftigften, der Aeduer
Dumnorir, bat Anfangs unter diefem und jenem Vorwand, ihn zurückzu⸗
lafien; da Eäfar nicht darauf eingieng, floh er, während Alles mit ber Abs
fahrt beſchäftigt war, wurde aber eingeholt, und da er fih zur Wehr Pr
niebergehauen. Als fi die Flotte der Küfte Britanniens näherte, ließ ſich
kein Feind blicken; Gäfar ſäumte nicht, Ihn aufzuſuchen, und nöthigte ihn,
fi tiefer ind Land zurüdzuziehen; von weiterer Verfolgung bielt ihn bie
Nachricht ab, daß wieder durch einen Sturm bie Flotte großen Schaden ge=
Titten Habe. In den nächſten zehn Tagen murben die Schiffe and Land ge=
zogen, audgebefiert und Lager und Flotte in einer einzigen Berfhanzung
eingeſchloſſen. Inzwiſchen aber hatte fi das Heer der Feinde verftärkt und
an Einem Orte verfammelt, ven Oberbefehl führte Gaffivelaunus. Im Elsinen
Kriege war diefer im Bortheil, in offener Feldſchlacht aber flegten die Römer;
daher beſchränkte fich Gaffivellaunus darauf, die Roͤmer wieder mit feinen
Streitwagenfämnpfern von unzugänglien und waldigen Punkten aus Mt über-
fallen; als aber mehrere Ihm feindlich gefinnte Völkerfchaften fich mit Edfas
verbanden und die Roͤmer in fein DVerfle führten, au ein Angriff auf das
römiſche Schifflager miplang, Tieß er mit Edfar unterbandeln. Diefer ver⸗
langte Geißeln und einen jährliden Tribut von Britannien; da er aber Seine
Beſatzung zurädlaffen konnte, durfte er weder auf Entrihtung der Abgaben
rechnen noch Eonnte er in Wahrheit behaupten, Britannien erobert zu haben.
f. 88. I. ©. 1172. Bd. II. S. 206. — Weil die Getraibeernte in Gallien
ſchlecht außgefallen war, wies Gäfar feinen Legionen in verfählenenen Lande
ſchaften Winterquartiere an, um fo dem Mangel der Lebensmittel am leich⸗
' teflen vorzubeugen; eben dieſes aber verlodte mehrere Voͤlkerſchaften zu einem
Auffande. Bei den Garnuten (ſ. d.), die den von Caſar ihnen gegebenen König
Tasgetius ermorbeten, war bie Ruhe bald wievderhergeſtellt. Den Eburonen
(f. d.) aber, welche unter Ambiorir und Eativoleus im Einverflänpnig mit dem
Irevirer Induciomarus ſich erhoben, gelang die Vernichtung der Befagung in
em Lande (f. Bd. J. S. 398., wo ftatt 55 v. Chr. 54 zu Tefen if), eine zweite
kegion unter Q. Cicero im Gebiet der Rervier hielt fi in dem Lager gegen die
anftürmenden Feinde mit ausgezeichnetem Muthe fo lange, bis Caͤjar, der ſchon
auf der Reife nad Italien begriffen auf die Nachricht von der Empörung in
Tile zurüdgefehrt war, fie befreite. b. g. V, 24 ff. Div XL, Lff. ut.
Caes. 24. iv. 106. Euet. 25. Gutrop. VI, 17. Oroſ. VI, 10. Die
ſchnell verbreitete Nachricht von dieſem Siege Caſars verhinderte, daß Has
44 a
Lager des Lablenus von ben Trevirern unter Induciomarus angegriffen wurde
(b. g. V, 53.); allein vie unruhigen Demegungen unter den Galliern, bes
ſonders unter den Trevirern, dauerten fort, Gäfar blieb daher, ſtatt wieder
nad Italien ſich zu begeben, bei dem Heere in Gallien. b. g. V, 93. 55 ff.
Dio XL, 11. Plut. Caes. 24. Er forgte zunähft für Verſtärkung beffel-
ben, ließ zwei Legionen im cisalpiniſchen Gallien ausheben und erhielt, ohne
Genehmigung des Senats, von Pompeius eine Legion, fo daß fein Heer jet
aus zehn Legionen befland. b. g. VI,1.32. VII, 54. Dio XL, 69. cf. Blut.
Caes. 25. 29. Pomp. 52. Cato 45. Ghe no die Jahreszeit zu einem Feld⸗
zuge geeignet war, griff er (53 v. Chr.) unvermuthet die Nervier an, nahm
viele Menſchen und Vieh weg und unterwarf fie von Neuem; die Senonen
und Garnuten mußten durch Geißeln ihr Nichterfheinen auf einem von Cäſar
außgefähriebenen allgemeinen Zandtage büßen: das Land der Menapier, bie
mit Ambiorix Gaſtfreundſchaft geſchloſſen hatten, traf Berbeerung und Plün-
derung ; die Trevirer Hatte inzwiſchen Labienuß beflegt. b. g. VI, 1-8. Dio
XL, 31. Cäſar entſchloß fi zu einem zweiten Ginfall in Germanien, um
ſich, wie er VI, 9. angibt, für die Unterflügung, bie den Trevirern gegen
bie Nömer geleiftet wurbe, zu räden, und um dem Ambiorir die Zufludt
dahin abzufchneiden. „Nach den Erfahrungen aber, melde er vor zwei Jahren
gemacht hatte, konnte er fi folgen eitelen Hoffnungen nit hingeben; ver
Feldzug follte vielmehr die Gerüchte winerlegen, welche ſich nad fo vielen
Yufkänben in Gallien in Rom verbreiteten; nidts war mehr geeignet, zu
beweifen, daß feine Macht nicht erfgüttert fe, daß er feine Provinz be-
herrſche, als wenn er fie verließ, und neuen furdtbaren Feinden die Stirn
bot.’ Drumann II, 329. — Wieder erwarteten die bedrohten Germanen im
Innern des Landes den Angriff; Gäfar wollte fie dort nit aufſuchen und
gien zurüd, ließ aber die größere Hälfte feiner Brücke (Coblenz näher, als
m 3. 99, in ber Gegend von Andernach) ſtehen und eine Schutzwache dabei
zurüd, um die Feinde nit von den Beforgniffen feiner Rückkehr zu befreien.
b. g. VI, 9. 10. 29. Dio XL, 32. Liv. 107. Slor. III, 10, 15. IV,
12,22. — Er zog durch die Arbennen wieber gegen Ambiorix; biefer entkam
der Verfolgung, der hochbejahrte Gativolcus, welcher neben ihm regierte,
tödtete fich mit Gift, und von den Ehuronen flüchtete fih, wer konnte, in
entlegene Ihäler, in Wälder und unmwegfame Sümpfe; aus ihrem Lande
wurde eine Wüfte gemacht, zur Bertilgung ver Bewohner felbft aber wurden,
da fie nicht ohne Gefahr in ihren Schlupfminkeln aufgefudht werden konnten,
benachbarte Völker dur die Ausfiht auf Beute angelodt; auch 2000 Si⸗
gambern kamen über den Rhein, machten viele Eburonen zu Gefangenen
und erbeuteten vieles Vieh; als fie aber von Gefangenen hoͤrten, daß in
Aduatuca, einem früheren Gaflelle der Eburonen, die Schätze bed ganıen
roͤmiſchen Heeres aufbewahrt und von geringer Mannſchaft befchügt werben,
wandten fie fi dorthin und Überrafääten den Befehlshaber des Lagers, D.
Gicero,, zu einer Zeit, da er, gegen die Anorbnungen Eäfars, fünf Gohorten
von feiner Legion nach Getraide ausgeſchickt Hatte; die Zurbdgebliebenen
widerſtanden in ihrer Berwirrung kaum den Angriffen; von den zurüdfchrenben
Gohorten wurben zwei niedergemacht, die übrigen ſchlugen ſich durch; wegen
der Befligkelt der Schanzen unterließen die Sigambern einen zweiten Sturm
und zogen fi über den Mhein zurüd. Nach Verheerung bes eburoniſchen
Gebietes beſchied Eäfar die galliſchen Häuptlinge zu einer Berfammlung nad
Durocortorum (Rheims) im Lande der Remer und ſtellte Unterfugungen
wegen der Empörung der Senonen und Garnuten an; Ucco, Häuptling ber
Senonen, wurbe Hingeritet, Andere, welche fi nicht flellten, wurben ver-
kannt. b. g. VI, 29 ff. Dio XL, 32. Die Gallier ſchienen fo eingeſchuͤch⸗
tert, daß Gäfer ohne Beforgniß vor neuen Unruhen das Land verlaffen und
Jalii (O. Jalins Caesar) 45
ven Winter wieder in Oberitalien zubringen zu können glaubte. Allein die
Naqhri ht von Unruhen in Rom und die doffnung, Cäſar werde ſich dadurch
in Italien zurüdhalten laſſen, ermuthigte die Gallier zu kühneren Verſuchen,
ihre Freiheit wieder zu erringen. Das Zeichen gaben bie Garnuten mit
Grmordung der Nömer, melde fih zu Genabum (Orleans) in Handels⸗
gejhäften aufhielten; die meiften celtiſchen Völkerſchaften ſtellien ihren Theil
zu dem gemeinſchaftlichen Bundesheere, deſſen Kührung ber Arverner Ver⸗
tingetorir übernahm, ein Mann von ungemein Fräftigem Geiſte. Cäſar eilte
aus Italien in die Provinz, war aber in großer Berlegenbeit, zu feinen bei
den Trevirern, den Ringonen und Senonen in ben Winterquariieren liegenden
tsioien zu gelangen, da es darauf abgefehen war, ihn von benfelben abzu⸗
ifneiden; er trieb mit ben Truppen, bie in ber Provinz lagen und der kleinen
Saar Reugemorbener aus Italien einen Unterfeloherrn des Dercingetorix
zuräd, aieng zu großer Ueberrafgung ber Feinde unter vielen Beſchwerden
über die Sevennen in einer Jahreszeit, da fie noch mit tiefem Schnee bedeckt
waren, und vereinigte in Fürzefter Zeit feine Legionen bei Ugendicum (Sen).
Auf dem Marie gegen Vercingetorix, der Gergovia im Sande bet Bofer
(. ®b. II. ©. 771.) belagerte, nahm Cäfar ſchnell nach einander drei feſte
Pläge und zog bierauf gegen Avaricum (Bourged), dem größten und fefteften
Dre im Lande der Bituriger, mit deſſen Beflgnahme er dad ganze Land in
seine Gewalt zu bekommen hoffte. Dieß veranlapte den DBercingetorir, von
der Belagerung Gergovind abzuflehen und den Seinigen vorzuftellen, nit
mit Gewalt der Waffen, fondern durch Abſchneidung des Unterbalts müfle
man den Krieg führen, deshalb auch alle Ortſchaften und Wohnungen, wohin
die Römer ver Lebensmittel wegen fich wenden könnten, anzünden. An einem
age wurden mehr ald zwanzig Städte der Bituriger nievergebrannt; die
Bewohner von Abaricum baten für ihre Stabt und glaubten, ihrer Tage
wegen fie leicht vertheibigen zu können; ungern flimmte Percingetorix für ihre
Grhaltung. Dur die Maßregeln des Vercingetorix, der während ber Bes
Lagerung von Avaricum in der Nähe fein Lager Hatte und feine Verbindung
mit der Stadt offen zu halten wußte, und durch das Ausbleiben der von den
Meduern und Bojern verlangten Zufuhr entfland im römifden Heere großer
Mangel, gleigmohl fuhren die Legionen unverbroflen in ihren Belagerungd»
Krbeiten fort. Gäfar verfuchte vergeblih einen Ueberfall des Lagers ded
Bereingetorir, und ber ununterbrochenen Anftrengung feiner Legionen fegten
bie Belagerten alle möglichen Kunftgriffe entgegen; eadiich aber, nachdem bie
verſuchte Zerflörung der roͤmiſchen Belagerungäwerke und ein wilber Ausfall
mißlumgen waren, faßten fie den Entſchluß, aud ber Stadt zu Vereingetorix
zu entweichen; ehe noch diefer Plan ausgeführt werben Tonnte, hatte Caͤſar
die Mauern erflürmt, ſchonungslos wurde Die ganze Bevölkerung nieberge-
macht, von 40,000 entkamen kaum 800 zu Vereingetorie. Gäfar ſchickte vier
von feinen zehn Legionen unter Labienus gegen die Senonen und Parifier,
it den fechs übrigen wandte er fi länge dem Elaver (Allier) gegen bie
Arverner und bedrohte ihre Feſte Gergovia (in ber Gegend von Clermont,
f. 8p. IH. ©. 771.). Dereingetorix, ber, durch den Untergang von Ava⸗
rieum nicht entmuthigt, auch fein Heer beruhigt und inzwiſchen neue Mann«
ſchaft erhalten Hatte, ließ alle Brüden über ben Glaver abbrechen und rüdte
auf ber andern Geite des Fluſſes vor. Durch eine Liſt gelangte Gäfar auf
das jenfeitige Ufer und fand in wenigen Tagen vor Bergovia. Bevor er
nod einen ernſtlichen Angriff auf die Stabt machte, hörte er von einem Ab⸗
falle ver bisher den Nömern ganz ergebenen Aeduer, und daß ihre Mann»
ſchaft fi mit den Arvernern vereinigen werde; er 308 mit vier Regionen
und der ganzen Neiterei entgegen, fieng fie auf und verhinderte ihren Ueber⸗
tehte zum Feinde; inzwifchen aber griff Vereingetorix, ‚ver ſich nahe bei
- — Hr — — — · —
446 Aulil
Gergovia gelagert hatte, das nur von zwei Legionen —5 romiſche Lager
an; Cäſars unerwartet ſchnelle Ruückkehr wandte die Erflürmung veſſelben
ab, und bald zeigte ſich eine Gelegenheit, das galliſche Lager zu uͤberrum⸗
peln, aber der Ungeſtüm eines Theils feiner Soldaten, melde unmittelbar
darauf in Gergovia eindringen wollten, führte einen nicht unbebeutenden
Verluſt für die Römer herbei. Gäfar verzichtete auf die Eroberung der Stadt,
um jedoch den Schein der Flut zu vermeiden, bot er zweimal ben Galliern
eine Schlacht; da Vercingetorir nicht ausrückte, zog er über den Elaver nad
bem Gebiete der Aeduer. Diefe waren inzwiſchen aufs Neue abtrünnig ges
worben und hatten dad Gepäd bes römiſchen Heeres und die Vorräthe, die
Eäfar in Noviodunum (Nevers), einer Feſte der Aeduer, aufberahren Tieß,
vertheilt, die den Römern geftellten gallifhen Geißeln hinweggeführt und
römifhe Handelsleute, ſowie die römifhe Befagung niebergemaßt. bierauf
Noviodunum felbft nievergebrannt, weil fie es nicht behaupten zu Fönnen
fürchteten. Cäfars Lage war überaus mißlih, und die Gallier glaubten, er
werbe jeht nach der narbonenſtſchen Provinz ſich zurückziehen; allein aud
biefer Rüdzug wäre mit den größten Schwierigkeiten verbunden geweſen.
Bon der Sorge für die von ihm getrennten Legionen unter Labienus wurde
Caſar durch ein glückliches Strategem des letztern befreit; ihre Vereinigung
erfolgte im Gebiete der Senonen, wohin ſich GAfar begeben hatte, ohne bie
Aeduer zuvor anzugreifen. Dur die Nachricht vom Abfalle der Aebuer Hatte
ber Krieg noch größere Auspehnung gewonnen, jedoch beabfichtigte Vercin⸗
getorix auch jetzt Feine Schlacht, ſondern mollte durch feine zahlreiche Reiterei
das Herbeiſchaffen von Getraide und Futter den Römern unmoͤglich machen
und fie durch Noth aufreiben, zubem follten die Wölkerfchaften des füplichen
Galliens zur Empörung gebracht werden. Cäfar befhloß daher zunächſt nad
dem Lande der Sequaner zu ziehen und den Grenzen der Provinz näher zu
rüden. Um ihn nicht entfommen zu laſſen, wurde Bercingetorir feinem Plane
untreu und ließ ihn auf dem ſüdlichen Gebiete der Lingonen durch die Reiterei
angreifen; lange ſchwankte der Kampf, und Gäfar verlor wahrſcheinlich hier
im Handgemenge fein Schwerbt, welches die Arverner fpäter als Tropäe zeigten
(Plut. Caes. 26. cf. Serv. zu Birg. Aen. XI, 743.); endlich flegten bie
Nömer dur die Tapferkeit der germaniſchen Reiterei, pie Cäſar durch die
Ausfiht auf Beute für feinen Dienft gewonnen hatte. Bercingetorir wandte
ſich nad Ulefla im Lande der Mandubier (Alife in Burgund) und verſchanzte
fich dicht an der öſtlichen Dauer der auf einer fteilen Anhöhe gelegenen Statt.
Caͤſar folgte und begann die Einſchließung des Feindes in einem Umfange
von 11,000 Fuß. Da ein Reltertreffen, dad während ber Schanzarbeit ſtatt⸗
fand, mwieber dur die Germanen zum Nachtheil der Gallier ausfiel, Hielt
ed Dercingetorix für rathfam, feine fämmtlide Reiterei hinwegzuſchicken, bevor
er von Gäfar völlig eingefhloffen würbe, und durch fle in allen verbündeten
Staaten zur Bildung eines Entſatzheeres aufzuforbern. Zur Abwehr des
galliſchen Aufgebotes errichtete Cäfar nun auch nach Außen eine Reihe kunfl-
voller Werke. Schon litten die belagerten 80,000 Mann Fußvolk Hungers⸗
noth, als 240,000 Mann Fußvolk und 8000 Weiter zur Hülfe erfchienen ;
Cäſar Hatte dagegen 60,000 Mann, behielt aber in dem doppelten, ver»
Hängnißvollen Kampfe durch die Stärke feiner Werke, durch die Kriegszucht
und Ausdauer feiner Soldaten die Oberhand über die mit wildem Muthe
von innen und außen zugleich angreifenden Gallier; bei einem dritten Angriff
wurben die Gallier gänzli& geſchlagen, ver Reſt des Entſatzheeres zerfireute
ſich, Vercingetorix lieferte fi felh aus in der Hoffnung auf mildere Bes
Handlung feines Volkes; Gäfar ließ ihn in Feſſeln legen, und nadbem er
ihn fpäter (im I. 46) im Triumphe aufgeführt, mit dem Tode beflrafen,
bie Übrigen Kriegögefangenen wurden, mit Ausnahme von umgefähr 20,000
Juli (C. Jnlius Caesar) 47
Yeouern und Arvernern, durch welde Gäfar ihre Staaten mieber gewinnen
wollte, als Sklaven unter bie Eolvaten vertheilt (52 v. Chr.). Rom
wurde ein Dankfeſt von 20 Tagen beichlofien. b. g. VII. Liv. 107. 108. Dio
XL, 33—41. XLIO, 19. Blut. Caes. 25—27. Belle. II, 47. Flor. III, 10, 26.
Drof. VI, 11. Strabo IV, 2.extr. Diod. IV, 19. PBolyän. VII, 23, 11.—
Gäfar brachte den Winter in Gallien zu, da verlautete, daß einige Völker
zur Fortſetzung des Widerſtandes fih rüflen. Die große Niederlage von
Nlefla, die Berheerungen der Gebiete und die immer härteren Strafen, welche
bie Beflegten trafen, hatten ven Muth der Gallier nicht fo gebeugt, daß fie
von allen Verſuchen, der Knechtſchaft zu entgehen, hoffnungslos abflanden.
&3 war ihnen bekannt, daß Gäfard Statthalterſchaft fich Ihrem Ende nähere,
und weiterhin glaubten fie feine Gefahr mehr befürdten zu müſſen, wenn
fie ſich ſo lange halten Fönnten (b. g. VII, 39.); aber die Erfahrung hatte
file belehrt, daß aud mit dem größten, vereinigten Heere fie den Römern
die Spige nit bieten können, daher follten mehrere Staaten an verſchiedenen
Punkten fi erheben und dadurch die Kraft des römiſchen Heered zerfplittern
(VIIE, 1.), zudem beſchloßen fie, ihre Greiſe, Weiber und Kinder und ihre
Habe in entferntere Waldungen zu bringen, in unzugänglihen Gegenden ſich
zu fagern und nur dann fi in ein entſcheidendes Treffen einzulafien, wenn
fie die gegen fie anrüdenden Nömer dur Uebermacht erbrüden Eönnten, im
andern Falle aber fi in Hinterhalt zu legen und den Römern die Zufuhr
ver Lebensmittel abzuſchneiden und das Futterholen unmöglih zu maden
(VII, 7). Um diefe Plane nicht zur Reife gebeiben zu laflen, brach Gäjar
mitten im Winter von Bibracte auf und überrafte die Biturigen, die ſogleich
um Schonung baten; nad den beſchwerlichſten Märfchen, bei faſt unerträg-
licher Kälte, war er am viersigften Tage wieder in Bibracte, 18 Tage fpäter
308 er gegen die Garnuten; dieſe flohen bei dem Gerüchte von dem Seran-
rüden zweier Legionen nad allen Seiten und kamen bei dem heftigſten
Unwetter theils in ihren Wäldern um, theils zerfireuten fie fi zu den Nach⸗
barn. Darauf befand er einen nit immer günftigen Kampf mit den Bello»
vafen, die an Kriegsruhm alle Gelten und Belgier übertrafen (f. Bd. IL.
©. 1093.). Nah ihrer und ihrer Verbündeten linterwerfung mußten bie
Gburonen no einmal durch Verwüſtung ihres Landes und möglichſt voll
Händige BVertilgung ihres Stammes dafür büßen, daß Ambiorir fi der
Rache Cäſars zu entziehen wußte; andere Völkerſchaften wurden von Regaten
gedemüthigt. Da die von den Legaten Caninius und Fabius belagerte Feſtung
Urellovdunum (in ber Gegend von Cahors in Buyenne) im Lande der Ca⸗
burfen bartnädigen Wiperftand Teiftete, Fam Gäfar felbft herbei und bezwang
fie dadurch, daß er fie alles Waſſers beraubte. Um durch ein Beifpiel firenger
Strafe alle Empdrungslufligen abzufhreden, ließ er auf barbariihe Weiſe
Allen, welche die Waffen getragen hatten, die Hände abhaden; „das Leben
ließ er ihnen, damit fie die Strafe Ihres Verbrechens zur Schau trugen“
(VII, 44.). Noch beſuchte Cäſar im Sommer 51 Aquitanien, von welchem
früher (96 v. Chr.) der größere Theil dem Legaten P. Grafius fi unter»
werfen hatte. Als ex mit zwei Regionen dahin kam, ſchickten alle Stämme
Gefandte an Ihn und ſtellten Geißeln; Hierauf begab er fi, während bie
Legaten das Heer in die Winterquartiere führten, mit einer Abtheilung Reiter
nad Narbo, um Gericht zu halten und die Provincalen für ihre Treue zu
belohnen. Den Winter brachte er in Nemetocenna, ber Haupiflabt der Atre⸗
baten (Arras in Artois) zu. b. g. VII, 1—46. Liv. 108. Oroſ. VI, 11.
Dio XL, 42. 43. Gallien war jegt fo zerihlagen, daß ein allgemeiner
Fräftiger Widerſtand unmöglich, vereinzelte Berfuhe ohne Zufammenhang nur
Quellen neuer Leiden geworden wären. Das Bolt firäubte fi jetzt nicht
weiter gegen das roͤmiſche Ioch, nachdem hunderte von Städten (nach Sullan.
16 Julii
Gergovia gelagert Hatte, das nur von zwei Legionen beſchützte roͤmiſche Lager
an; Gäfard unerwartet fehnelle Rückkehr wandte die Erftlürmung beffelben
ab, und bald zeigte ih eine Gelegenheit, das galliſche Lager zu überrum-
peln, aber der Ungeſtüm eines Iheils feiner Soldaten, welde unmittelbar
darauf in Gergopia einbringen wollten, führte einen nicht unbebeutenden
Verluſt für die Römer herbei. Gäfar verzichtete auf die Eroberung der Stabt,
um jedoch den Schein der Flucht zu vermeiden, bot er zweimal ben Galliern
eine Schlacht; da Vercingetorir nicht ausrückte, zog er Über den Elaver nad
dem Gebiete der Aeduer. Diefe waren inzwiſchen aufs Neue abtrünnig ges
worben und hatten das Gepäck des römifhen Heered und bie Vorräthe, die
Gäfar in Noviodunum (Nevers), einer Feſte der Uebuer, aufbemahren Tieß,
vertbeilt, die den Mömern geftellten galliſchen Geißeln Hinmeggeführt und
roͤmiſche Handelsleute, ſowie die römifhe Befagung niebergemaßt, bierauf
Noviodunum felbft nievergebrannt, weil fie es nicht behaupten zu können
fürchteten. Cäfars Lage war überaus mißlich, und die Ballier glaubten, er
werbe jeht nad ber narbonenſtſchen Provinz ſich zurüdziehen; allein auch
biefer Rũckzug wäre mit den größten Schwierigkeiten verbunden geweſen.
Bon der Sorge für die von ihm getrennten Legionen unter Labienus wurde
Caſar dur ein glückliches Strategem des letztern befreit; ihre Vereinigung
erfolgte im Gebiete der Senonen, wohin fi Gäfar begeben Hatte, ohne die
Aebuer zuvor anzugreifen. Durch die Nachricht vom Abfalle der Aeduer Hatte
der Krieg noch größere Auspehnung gewonnen, jedoch beabfichtigte Vercin⸗
getorix auch jetzt Feine Schlacht, fondern wollte durch feine zahlreiche Reiterei
das Herbeiſchaffen von Getraide und Futter den Römern unmöglih machen
und fie durch Noth aufreiben, zudem ſollten pie Völkerſchaften des ſüdlichen
Galliens zur Empörung gebracht werben. Cäſar beſchloß daher zunächſt nach
dem Lande der Sequaner zu ziehen und den Grenzen ber Provinz näher zu
rüden. Um ihn nit enttommen zu laſſen, wurde Bercingetorir feinem Plane
untreu und ließ ihn auf dem fünlichen Gebiete der Lingonen durd die Neiterel
angreifen; lange ſchwankte der Kampf, und Eäfar verlor wahrſcheinlich Hier
im Handgemenge fein Schwerbt, welches die Arverner fpäter ald Tropde zeigten
(Blut. Caes. 26. cf. Serv. zu Virg. Aen. XI, 743.); endlich flegten bie
Nömer durch die Tapferkeit der germaniſchen Reiterei, die Cäfar dur bie
Ausfiht auf Beute für feinen Dienft gewonnen hatte. Bercingetorir mandte
ſich nah Alefla im Lande der Mandubier (Aliſe in Burgund) und verſchanzte
fih dicht an der oͤſtlichen Mauer der auf einer ftellen Anhöhe gelegenen Stadt.
Eäfar folgte und begann die Einfhließung des Feindes in einem Umfange
von 11,000 Fuß. Da ein Rettertreffen, das während der Schanzarbeit flatt-
fand, wieder durch die Germanen zum Nachtheil der Ballier ausfiel, hielt
ed Vercingetorix für ratbfam, feine fämmtliche Reiterei hinwegzuſchicken, bevor
er von Gäfar völlig eingefchloffen würde, und durch fie in allen verbündeten
Staaten zur Bildung eines Entſatzheeres aufzufordern. Zur Abwehr des
galliſchen Aufgebotes errichtete Cäfar nun au nah Außen eine Reihe kunſt⸗
voller Werke. Schon litten die belagerten 80,000 Mann Fußvolk Hungers⸗
noth, als 240,000 Mann Fußvolk und 8000 Weiter zur Hülfe erſchienen;
Cäfar hatte dagegen 60,000 Mann, behielt aber in dem boppelten, ver-
hängnißvollen Kampfe durch die Stärke feiner Werke, durch die Kriegszucht
und Ausdauer feiner Soldaten die Oberhand über die mit milden Muthe
von innen und außen zugleich angreifenden Gallier; bei einem britten Angriff
wurden die Gallier gaͤnzlich geſchlagen, der Reſt des Entſatzheeres zerſtreute
ſich, Vercingetorix Tieferte fi felbſt aus in der Hoffnung auf milbere Be⸗
Handlung feines Volkes; Gäfar ließ ihn in Feſſeln legen, und nachdem er
ihn fpäter (im I. 46) im Triumphe aufgeführt, mit bem Tode beſtrafen,
bie übrigen Kriegögefangenen wurben, mit Ausnahme von ungefähr 20,000
Juli (C. Julius Cacsar) | 7
Arbuern und Arvernern, durch welde Gäfar ihre Staaten mwieber gewinnen
wollte, als Sklaven unter die Eolbaten vertheilt (52 v. Chr.). In Rom
wurde ein Dankfeſt von 20 Tagen beichlofien. b. g. VII. Liv. 107. 108. Dio
XL, 31—41. XLIU, 19. Plut. Caes. 25—27. Belle. II, 47. Flor. III, 10, 26.
Drof. VI, 11. Strabo IV, 2.extr. Diod. IV, 19. Polyän. VIII, 23, 11.—
Gäjar brachte den Winter in Gallien zu, da verlautete, daß einige Völker
zur Bortfegung bes Widerflandes fih rüflen. Die große Niederlage von
Alefia, die Berheerungen der Gebiete und die immer härteren Strafen, melde
bie Beflegten trafen, hatten den Muth der Gallier nicht jo gebeugt, daß fie
von allen Berfuhen, der Knechtſchaft zu entgehen, hoffnungslos abflanden.
&3 war ihnen bekannt, daß Gäfars Statthalterſchaft fih ihrem Ende nähere,
und weiterhin glaubien fle Feine Gefahr mehr befürchten zu müflen, wenn
fie ſich ſo lange Halten könnten (b. g. VIII, 39.); aber die Erfahrung hatte
fie belehrt, daß auch mit dem größten, vereinigten Heere fie den Römern
bie Spige nicht bieten Eönnen, daher follten mehrere Staaten an verfchiedenen
Punkten fi erheben und dadurch die Kraft des römiichen Heered zerfplittern
(VIII, 1.), zudem beſchloßen fie, ihre Breife, Weiber und Kinder und ihre
Habe in entferntere Waldungen zu bringen, in unzugängliden Gegenden ſich
zu lagern und nur dann fid in ein entſcheidendes Treffen einzulafien, wenn
fie die gegen fle anrückenden Nömer durch Uebermacht erprüden Eönnten, im
andern Kalle aber fih in Hinterhalt zu legen und den Römern die Zufuhr
der Lebensmittel abzuſchneiden und das Zutterholen unmöglih zu machen
(VII, 7.)._ Um diefe Plane nicht zur Reife gebeihen zu laflen, brach Gälar
mitten im Winter von Bihracte auf und überraſchte die Biturigen, die fogleich
um Schonung baten; nah den befäwerliäften Maͤrſchen, bei fafl unerträg-
Tiger Kälte, war er am vieriigflen Tage wieder in Bibracte, 18 Tage fpäter
309 er gegen die Carnuten; dieſe flohen bei dem ‚Gerüchte von dem Heran⸗
süden zweier Legionen nad allen Seiten und Tamen bei dem heftigften
Unwetter theils in ihren Wäldern um, theils zerfireuten fie fih zu den Nach⸗
barn. Darauf befand er einen nicht Immer günftigen Kampf mit den Bello⸗
vafen, die an Kriegsruhm alle Gelten und Belgier übertrafen (ſ. Bd. I.
©. 1093.). Nah ihrer und ihrer Verbündeten Unterwerfung mußten bie
Eburonen no einmal durch Verwüſtung ihres Landes und möglihft voll.
Händige Vertilgung ihres Stammes dafür büßen, daß Ambiorir ſich ver
Nahe Cäſars zu entziehen wußte; andere Völkerſchaften wurden von Legaten
gedemüthigt. Da die von den Legaten Caninius und Fabius belagerte Feſtung
Urellodunum (in der Gegend von Cahors in Buyenne) im Lande der Ca⸗
durfen bartnädigen Widerſtand Ieiftete, kam Gäfar ſelbſt herbei und bezwang
fie dadurch, daß er fie alles Waſſers beraubte. Um durch ein Beiſpiel firenger
Strafe alle Empörungslufigen abzufhreden, ließ er auf barbariihe Weife
Allen, welche die Waffen getragen hatten, die Hände abhaden;, „das Leben
ließ er ihnen, damit fie die Strafe ihres Verbrechens zur Schau trugen”
(VIII, 44.). Noch beſuchte Cäſar im Sommer 51 Aquitanien, von weldem
früher (56 v. Ghr.) der größere Theil dem Legaten P. Craſſus fi unter»
werfen hatte. Als ex mit zwei Regionen dahin kam, ſchickten ale Stämme
Geſandte an ihn und ſtellten Geißeln; Hierauf begab er fi, während bie
Legaten das Heer In die Winterquartiere führten, mit einer Abtheilung Reiter
nad Narbo, um Gericht zu halten und die Provincialen für ihre Treue zu
belohnen. Den Winter brachte er in Nemetocenna, der Haupiflabt ber Atre⸗
baten (Arras in Artois) zu. b. g. VII, 146. Liv. 108. Oroſ. VI, 11.
Dio XL, 42. 43. Gallien war jetzt fo zerihlagen, daß ein allgemeiner
Fräftiger Widerſtand unmöglich, vereinzelte Berfucde ohne Zufammenhang nur
Duellen neuer Leiden geworden wären. Das Volk firäubte fih jetzt nicht
weiter gegen das roͤmiſche Joch, nachdem hunderte von Städten (nad) Julian.
448 Jelui
Caesares p. 321 ff. Spanh. über 300, nach Blut. Caes. 15. Appian. Celt. 2.
über 800, nah Blut. Pomp. 67. 1000) mit Sturm genommen, Tauſende
ber Seinigen getöbtet (Vellej. II, 47. über 400,000, PBlut., App. a. a. D.
Plin. VII, 25. Julian. a. a. DO. über eine Million) ober gefangen worden
waren (nah Put. u. App. a. a. D. auch eine Million; die Zahl der bes
flegten Völker ift bei Plut. 300, bei App. 400), und bie Winterquartiere,
maßlofe Erpreffungen, Blünderungen und Berheerungen den Wohlftand völlig
zu Grunde gerichtet hatten. (Cäfar hatte nicht nur feine Schulden in Rom
bezahlt, zur Verſchönerung Roms ungeheure Summen audgegeben — Cic.
ad Att. IV, 16, 14. Sueton. 26. Plin. XXXVI, 24, 2. — fondern auf
mande der Ginflugreihen in Mom theuer erfauft, feine Anhänger in ber
Stadt und feine Günftlinge rei beſchenkt — Cic. p. Rabir. Post. 15. 16.
ad Att. VII, 7,6. Plut. Caes. 20. 21.29. Pomp. 51. Dig XL, 60. App.
I, 26. Gatull. 29. 57. Plin. H. N. XXXVI, 7. — feine Soldaten mit
Beute belohnt, Plut. Caes. 17. b. gall. VI, 35. VII, 11. VII, 4. Suet. 26.,
und gebuldet, daß feine Legaten fi große Schäte fammelten — Gic. ad Aut.
VII, 7, 6. €äf. b. c. I, 15. SIT Yıal. X, 34.) Während des Winters
5150 machte es fih Cäſar zur Hauptaufgabe (VIII, 49.), die Gallier nit
durch neue Laſten zu reizen, um die Knechtſchaft fo leidlich ale möglich zu
maden; auch bebiente er fi, um bie Eroberung zu ſichern, deſſelben Mittels,
das lange ein gemeinfames Handeln der Ballier verhindert und bie Unter»
jochung eines Volkes nad dem andern erleichtert Hatte: er ehrte bie Häupt⸗
linge dur Gunftbezeugungen und nährte ihre gegenfeltige Eiferſucht, fo daß
fie wetteifend dem bulvigten, von beflen Gnabe ihre Bebeutung nunmehr ab⸗
hieng. Zür Cäſar war die Ruhe der Gallter vom höchſten Werth, da feine
Beziehungen zu Nom fich fo geflaltet Hatten, daß er ſeines Heeres bald auf
einem andern Schauplage bedurfte. — Bald nah Cäſars Abreife im I. 58
erwecten die Angriffe des Clodius auf Pompeius (f. Bd. IH. ©. 418.) in
dem beleivigten Triumvir den Wunſch nad Giceros Rückkehr aus der Ver⸗
bannung; Cäſar darüber um Math gefragt (Gic. ad Att. III, 18.) war
nit dafür, weil er Giceros Selbſtgefühl noch mehr berabgeflimmt wiſſen
wollte; als aber Clodius gegen das Ende feines Tribunatd auch gegen die
Biltigkeit der juliſchen Geſetze fih erhob (f. Bd. II. ©. 418.), und Pom⸗
pejus ſich immer beflimmter für Gicero erklärte (f. VBo. I. S. 488.), war
Gäfar der Wiederherſtellung befielben nicht mehr entgegen (ic. ad Fam. I,
9, 9.). Im September 57 kehrte er nah Rom zurüd; eine feiner erflen
Öffentlihen Handlungen war der Vorſchlag, nah welchem Pompejus mit ber
Sorge für das Getraideweſen auf fünf Jahre beauftragt wurde (f. Pompejus).
Während diefer fich auf einer hiedurch veranlaßten Reiſe befand, hielt der
Tribun P. Nutilius Lupus (im December 57) einen Vortrag, welder Auf⸗
hebung des bis jet nur theilmelfe vollzogenen Udergefehes vom I. 59 be⸗
zwedte; man hörte ihm mit tiefer Stille zu, der Tribun ſchloß daraus, daß
die Verfammlung aus Furcht vor den Folgen ſchweige, und lieh dedhalb
nit flimmen, der erwählte Conſul Lentulus Marcellinus erklärte aber, den
Brund des Stillſchweigens finde er darin, daß man es für ſchicklich Halte,
in Bompefus Abweſenheit Nichts zu befchließen. Cic. ad Qu. fr. II, 1, 1.
Am 5. April 56 wurde im Senate wieder wegen des juliſchen Adergefeges
verhandelt und zwar auf Giceros Beranlaffung, der feine in den Augen ber
Dptimaten hoͤchſt anftößige Annäherung an die Triumvirn nicht befler im
Vergefienheit bringen zu können glaubte, als durch einen herzhaften Angriff
„auf dad Bollmerk jener Partei”, und deshalb auf den 15. Mai eine Be⸗
rathung über das Geſetz beantragte. Cic. ad Fam. I, 9,8. Dadurch entfland
bei beiden Parteien eine gewaltige Aufregung. PBompelus reiste nad Luca
zu einer Bufammenkunft mit Gäfar, um fi mit Ihm über bie Maßregeln zu
Jalli (C. Zaltıs Caesar) AR
beſprechen, durch welche viefenigen ihrer Wünfche, die fle einander mittheilen
mochten, verwirklicht werben follten. Dur die Aufficht über das Getraide⸗
weſen war Pompejus nicht befriedigt; er wollte zwar nicht Herrſcher, aber
ber Erſte in der Republik fein, und dies war ohne Kriegemacht nit mehr
möglich. Gr Hatte fi deshalb um den Auftrag bemüht, den vertriebenen
und nah Rom geflohenen ägyptifhen König Ptolemäus Auletes mit Waffen«
gewalt zurüdzuführen; allein diefer Plan wurde durch die Eiferfucht ver
Optimaten vereitelt, die von ihm viel mehr Gefahr als von Gäfar befürch⸗
teten, und flatt durch Begünftigung beffelben den Bund aufzulöfen und Ihr
an fi zus Enüpfen, ihn immer wieder von fi fließen (f. Pompejus). Auch
oͤſentliche Beſchimpfungen auf dem Markte Tießen ihn feine unmürbige Stellung
im Staate erfennen. Seine Hoffnung berubte jept ganz auf Gäfars Hülfe.
Grafus war ſchon vor Pompejus mit Gäfar" zuſammengetroffen (Eic. ad
Fam. I, 9, 9.). Nachdem das zwiſchen Pompejus und Eraffuß in der letz⸗
tern Zeit ſehr geflörte Verhältniß ausgeglichen war, wurde bie vorerſt geheim
gehaltene Abrede getroffen, bie beiden Triumvirn follten für dad nächſte Sahr
Conſuln werben und dadurch zu Provinzen und Heeren gelangen ; Cäſar ver«
iprah, ihre Wahl feinen Anhängern zu empfehlen und viele feiner Soldaten
nah Rom zu ſchicken, melde in ben Comitien für fie flimmen würden. Durch
ihte Wahl befreite er fih nit nur von ber Beſorgniß, welde ihm bie
Drodungen des 2. Domitius Ahenobarbus, eines der Bewerber um das
Conſulat, einflößten (f. Bd. II. S. 1210. unt.), fonvern er erbielt aud die
Zufigerung , daß ihm feine Statthalterfchaft auf fünf Jahre verlängert und
für die wilführlih ausgehobenen Truppen Sold bezahlt werden folle. Suet.
Caes. 24. Blut. Pomp. 51. Crass, 14. Caes. 21. Cato 41. App. II, 17.
Außer Craſſus und Pompejus Hatten ſich noch viele andere Vornehme in
Zuca eingefunden, die Cäfar theils durch Verfprehungen und Empfehlungen,
theils durch Geld für feine Zwecke verpflichtete. Plutarch erzählt (Pomp. 81.),
ed ſeien ſo viele Magiſtrate da geweſen, daß man 120 Fadces vor Cäſars
Wohnung zählte; Senatoren waren 200 erſchienen, auch viele Frauen. Unter
ſol Hen Umſtänden war es für Cicero, der von des Pompejus Unzufriedenheit
mit ſeinem Benehmen durch ſeinen Bruder Quintus hörte, erwünſcht, daß
wegen des juliſchen Ackergeſehes am 15. Mat im Senate nit verhandelt
wurde. ad Fam. I, 9. 10. ad Qu. fr. II, 8. Weber feinen Antrag vom 9.
April Hatte er, mie aus einem Briefe an Atticus (IV, 5.) hervorgeht, wenige
Tage, nachdem er ihn geflellt hatte, Meue empfunden ; er theilt feinem Sreunde
den Entſchluß mit, fih von den Optimaten zu trennen und bei denen In
Bunft zu fegen, die Etwas vermögen. Bei Cäſar fuchte er dies dadurch Mu
erreichen, daß er eifrig auf Bemilligung des Soldes für vier ohne Erlaub-
niß ded Senates audgehobene Legionen und auf Genehmigung von zehn
Legaten drang. Er flinmte dafür unerachtet des Mangeld in der Staats⸗
kaſſe, weil er wollte, daß Cäſar um feiner Kriegsthaten willen perfönlid
auögezeichnet werde. Cic. de prov. cons. 11. pro Balbo 27. ad Fam. I,
7, 10. cf. Dio XXXIX, 25. Opbgleih Caſar Geldunterflügung nit noͤthig
gehabt hätte, fo Hatte file für ihn doch den Werth, daß er um fo viel mehr
jeine Partei in Rom beſchenken Eonnte und die ungefeplihe Verſtärkung feines
Heeres gebilligt wurde. Als kurz darauf no vor der Wahl der Confuln
für das I. 55 die Frage verhandelt wurde, welde Provinzen den Tünftigen
Gonfuln angewiefen werden follen, und Gäfars Gegner vorfhlugen, die beiden
Gallien dazu zu beflimmen, bemirkte Eicero durch feine Neben de provinclis
consularibus, daß Cäjar zur DBefefligung feiner Eroberungen in Gallien
bleiben, dagegen, wie Servilius Ifauricus beantragte, Pifo aus Macebonien
und Gabinius aus Syrien abberufen werben follten (f. Tal), Au den
Pauly, Real-Encxlop. IV.
⸗
5% Jun
Vertrauten und @ünflling der Triumvirn, den 8. Gornel. Balbus, verthei⸗
digte Eicero um dieſe Zeit; f. Bd. II. S. 692. — Pompejus und Crafſus
traten das Gonfulat an, nachdem fie dur Einſpruch des Tribunen E. Gate
und Nonius Sufenas Eonfularcomitien unter dem Borfige des Eonfuld Mars
cellinus verhindert und während der dadurch herbeigeführten Zwifchenregierung
im Anfang des Jahres (55 v. Chr.) mit Gewalt ihre Wahl durchgeſett
Hatten; buch Ränke und offene Gewaltthätigkeit gelang ihnen, daß auch die
übrigen Aemter mit ergebenen Leuten beſetzt wurden: fo erhielt Vatinius bie
Prätur, welde die Optimaten für M. Cato erringen mollten (f. Licin. u.
Pompej. u. ®v. II. ©. 1211.). Was die Triumvirn für fich begehrten,
Tießen fie durch ben Tribunen C. Trebonius bei den Volke beantragen; biefer
machte zwei Nogationen befannt, von benen die eine für den einen Gonful
Syrien, für ven andern beive Spanien auf fünf Jahre als Provinzen bes
fimmte, auch Beide ermädtigte, nad Belieben Truppen auszubeben und
Krieg zu führen oder Frieden zu fchließen (f. Licin. u. Pompej.), die zweite
die beiden Gallien und IAyricum, melde Gäfar vom 1. Januar 58 bis zum
Iehten December 54 nach dem vatinifhen Geſetze verwaltete, ihm wieber auf
nf Jahre (vom 3. 53 bis Teßten December 49) anwies. Nah flürmifchen
erbandlungen murben die Anträge vom Volke zum Gefeße erhoben. Plut.
Cato 43. Pomp. 52. Crass. 15. App. II, 18. Liv. 105. Vellej. II, 46.
Suet. 24. ic. ad Att. VIII, 3, 3. Ehe noch fein Amtejahr zu Ende war,
begab fich Craſſus in feine Provinz Syrien; Pompelus leitete die Conſular⸗
Gomitien für das I. 54 v. Ehr., 700 d. St. allein; e8 wurbe zwar 2. Do-
mittus Ahenobarbus erwählt (f. Bd. II. S. 1211.), allein der andere Conſul
App. Claudius Pulder war den Iriumvirn befreundet und gehörte zu benen,
welche im 3. 56 in Luca erfhienen waren (f. Bd. II. ©. 412. unt.). —
Pompejus überließ die Verwaltung von Spanien feinen Legaten und blieb
vor Nom, unter dem Borwand, daß die Auffiht über vie Zufuhr feine
Gegenwart nothwendig made. Sein Verhältniß zu Cäſar war dem Anfchein
nad) unverändert, er ſchickte ihm fogar eine Legion zu, die er als Conſul
Im cisalpiniſchen Ballten für fih ausgehoben Hatte; allein die Umſtände be⸗
nügte er, fo gut er Tonnte, um in der Dictatur die höchſte Gewalt zu er»
langen, ohne die Berfaffung geradezu umzufloßen. Da vie Optimaten vor«
ausfihtli die gemünfdte Machtfülle nur in der äußerſten Noch ihm zu Thell
werben ließen, gab er fih alle Mühe, den Staat in Verwirrung zu Eingen.
In diefem Beſtreben fürberte ihn befonders die von Cäſar natürlich mißfällig
vernommene (Eic. ad Aut. IV, 16, 6.) Beröffentlihung eines Vertrags ber
Conſularcandidaten mit den Eonfuln des Jahres (ſ. Bb. II. S. 413. 1204.
1211.); die Gonfulwahl wurde verhindert und die durch zahllofe Zwiſchen⸗
regierungen berbeigeführte Unordnung fehlen die öffentligde Meinung für bie
Dictatur gewonnen zu haben. In Abnefenheit des Pompejus, der nicht ben
Anſchein Haben wollte, als betreibe er die Sache felbft, beantragte der Tribun
Lucceius Hirrus die Ernennung ded Pompejus zum Dictator; allein mit
Abſcheu wurbe die feit Sulla verhaßte Regierungsform zurüdgewiefen, und
Pompejus ſah ſich genöthigt, nach feiner Rückkehr die von feinen Anhängern
* gegebene Verfiherung, daB er an dem Vorfhlage des Hirrus keinen Theil
unbe. zu beflätigen. Seine Mäßigung beſtimmte ven heftigſten Gegner der
Dietatur, M. Gato, zu dem Antrage, der Senat möge Pompejus auffor-
dern, für Ruhe und Ordnung zu forgen. Im flebten Monate des I. 701
3» en.) endlich wurden Gn. Domitius Galvinus und M. Balerius
ala zu Gonfuln erwäßlt;, f. Bo. II. S. 1204. Pompejus war jeht den
Optimaten wieder näher gekommen; das Band zwifchen ihm und Gäfar war
durch den Tod ber Julia im September 54 ſchon vorher Toderer geworben
und In sine neue von Gäfar gewuͤuſchte Familienverbindung gieng jener nicht
Julli (©. Aulias Caesar) 454
tin; aud verloren fle in Craſſus, welcher im 3. 53 mit dem größten Theile
feineß Heeres von den Parthern erfhlagen wurde, ben, ber fie in Verfolgung
ihrer @inzelinterefien noch beihräntt und ihnen manche Nüdfichten auferlegt
hatte, meil ber bebeutend an Stärke gewonnen hätte, deſſen Berbünbeter
gegen ven Andern er geworben wäre. — Neue Audfiäten auf die Dictatur
gewährten dem Pompeius die Wirren, die durch Milo und Clodius entflanden
unb von ihm vergrößert wurden; der Senat erflärte das Vaterland in Gefahr
und beauftragte außer dem Zmifchenkönig und den Bollstribunen auch den
Bompeljuß, über die Sicherheit der Stadt zu wachen und in Italien Truppen
auszubeben; allein bie blutigen Auftritte dauerten fort, und Pompejus, der
don eine anjehnlihe Heeresmacht vor, Rom verfammelt hatte, wurbe enbli
(debruar 52) zwar nicht zum Diktator, aber zum alleinigen Gonful erwählt
(f. Br. I. S. 490.). Auch für ein Gonfulat Cäſars Hatten ih Stimmen
erhoben (Die XL, 50.), allein feine Anhänger hätten ihm keinen Dienf er⸗
wiejen, wenn fle ernfllicder auf feine Wahl gebrungen hätten, während er
erade damals in Ballien den gefährlichſten Kampf zu beflehen hatte; ed
onnte ihm vielmehr nur erwünſcht fein, daß Pompejus eine Gewalt erlangt
hatte, im deren Beflg ex weder Mäßigung noch Gerechtigkeit bewies und fi
zu Mißgriffen verleiten ließ, welde für CAfar Gründe zu Klagen über Kraͤn⸗
fungen und Undank murben und ihm ben offenen Bru mit den Machthabern
erleichterten. Auh ein Ihell der Optimaten wurde buch des Pompeus
parteiiſche Rechtspflege und Willkühr verlegt, doch wirkte befänftigend, daß
er am 1. Auguft für die fünf letzten Monate des Jahres feinen Schwieger⸗
vater Metellus Scipio zu feinem Eollegen im Gonfulat ernannte und damit
die verfafjungemäßige Megierungsforn fcheinbar wieberherflellte (ſ. Bd. IL
©. 33.). Grfreulih waren ihnen die Angriffe auf Gäfar durch einige Verord⸗
nungen; einer von benen, bie er gleich in den erften Tagen feines Conſulats
befannt machte, wurbe, mie Gäjard Anhänger argmöhnten, aud gegen Eäfar
rũckwirkende Kraft gegeben (Upp. II, 23.); beutlicher aber war ed auf Eäfar
abgeiehen bei Erneuerung des Geſezes, daß Niemand fi abmeiend um ein
Amt bewerben ſollte (Dio XL, 56.), und eines im vorigen Jahre gefaßten
Beſchluſſes, daß Niemand in den nächſten fünf Jahren, nachdem er ein Staatsamt
befleidet, die Berwaltung einer Provinz erhalten ſollte; fi ſelbſt jebo hatte
VPompejus zuvor dad Proconſulat über Spanten auf fünf Jahre verlängern
und die Vollmacht erineilen Iaffen, fein Heer daſelbſt um zwei Legionen zu
verflärfen und dem Schatze jährlich 1000 Talente zum Solde abzufordern.
Dio XL, 44. 56. Plut. Pomp. 55. Caes. 28. _ Gäjars Breunde mußten
Beſchwerde führen über den Beſchluß, daß Niemand abweiend zum Gonful
ermählt werben könne, was doch ſchon Mebreren, dem Pompejus felbfl, ge»
flattet worden war. Pompejus zeigte fi ſchwach; er behauptete, aus Ver⸗
geflenheit habe man Gäfar nicht ausgenommen, und bewirkte, daß feinem
Nebenbuhler das begehrte Vorrecht zugeflanden wurde. Plut. Pomp. 56. Die
XL, 56. App. II, 25. Suet. 26. 28. Liv. 107. Zlor. IV, 2, 16. Gäf.
b. c. I, 9. 32. Cic. ad Att. VIL, 3, 4. 4, 3. 7,6. VIE, 3, 9. 11,7. —
Bon den Bewerbern um dad Conſulat des I. 703 (51 v. Chr.) wurde M.
Claudius Marielus von Pompeius begünfigt, den gemäßigten Ger. Sulpi⸗
cind, dem es ernflih um Grhaltung des Friedensd zu Ihun war, unterflüßte
Gäjar, in ber Hoffnung, daß berfelbe ven Bruch verzögern und ihm bie Friſt,
Deren er bei ven fortvauernden Unruhen in Gallien noch beburfte, verichaffen
werde; ber dritte Bewerber, M. Cato, ver mehr als einmal den Gäfar mit
Gntwafinung und einer Anklage äffentlih bedroht Hatte (Pius. Cato 49.
Caes. 30.) und au gegen Pompejus die Republik fhügen wollte, war nicht
nur den beiden Häuptern unerwänict, fondern verſchmaͤhte es auch, um die
Gunſt der Wähler ih zu bewerben. Dio XL, 58. So fiel vie Wahl anf
ist 0 Zul .
Marcellus und Sulpielus: Liv. 108. Plut. Cato 49. Div a. a. O. Mar
celus beflinmte ſchon den erflen März (Cic. ad Att. VII, 3, 3.) zur Ver⸗
Handlung über den Antrag, daß Cäſar von Gallien abzurufen ſei; Sufpicius
erinnerte den Senat an die Gräuel eined Bürgerfriegd und warnte vor einem
Gewaltſtreich (ic. ad Fam. IV, 3, 1.); einige Volkstribunen thaten Einfprud,
und Pompejus ſelbſt hatte fich auf fein But bei Tarent begeben, um nidt
den Verhandlungen, durch melde das von ihm befürberte treboniſche Geſetz
verlegt wurbe, beimohnen zu müffen. Dio XL, 59. iv. 108. Eic. ad Att.
V, 2. fin. 6. Marcellus verfhob, fo oft bie Sache zur Sprade yeprası
werben follte, feinen Antrag von einem Termin auf ben andern (Bic. ad
Fam. VII, 1, 2. 4, 4. 5, 3. 9, 2.), weil die zu einem Beſchlufſe erfor-
berlihe Anzahl Senatoren nicht zufammen kam. Diele ſcheuten ſich, ſich
offen gegen Eäfar zu erklären, da auch Bompejus nicht unmittelbaren Antheil
"an einer für Cäfar nachtheiligen Entfelbung Haben wollte und auf einige
verfänglihde ragen des Marcellus ausweichend antwortete (@ic. ad Fam.
VII, 4, 4.).- Um fo rückfichtsloſer zeigte Marcelus feinen Haß gegen Eäfar.
Im Juni trug er darauf an, den Bewohnern von Novum Gomum das im
3. 59 durch das vatinifhe Geſetz verliehene Bürgerrecht, wodurch Gäfar In
allen andern Transpadanern gleihe Hoffnungen erregen und fie für ſich ge-
winnen wollte, wieder zu entreißen. Als der Antrag genehmigt war, ließ
er einen Novocomenfer wegen eined Vergehens geißeln und forderte ihn auf,
feine Striemen dem Gäfar zu zeigen. Plut. Caes. 29. Suet. 28. Appian.
H, 26. Cic. ad Att. V, 11, 2. Die Srage über Cäſars Provinz; wurbe
auf das folgende Jahr (50) verfhoben, für welches C. Marcelus und 2.
Aemilius Paulus (f. Bd. I. S. 150.) zu Eonfuln erwählt waren. Beide
galten für entſchiedene Feinde Cäſars, und für einen nicht minder eifrigen
Gegner deſſelben und rüfligen Kampfgenofien der Eonfuln hielt man den
Volkstribun C. Seribonius Curio. Man beflimmte am 30. September 51
den 1. März 50 zu der Verhandlung, und fuchte zugleih durch andere Bes
ſchlüſſe den Sieg der Ariftocratie vorzubereiten und den Anhängern Eäfars
die Berbinderung eines Senatsbefchluffes an jenem Tage unmöglich zu machen;
auf) hoffte man aus Bäjard Heer die Veteranen zu entfernen durch Zufſiche⸗
zung ihrer @ntlafjung. Gegen bie Beſtimmungen, welde die Biltigkeit eines
künftigen Befchluffes über die Provinzen zum Voraus ſichern fullten, thaten
mehrere Volkstribunen Einſprache; die Verzögerung felbft ließen fle fi gern
gefallen, da dieſe für Cäſar ein großer Gewinn war. Pompefus hatte in
der Senatöflgung ben Zurüchaltenden gefpielt, und als man ihn drängte,
meinte er, vor bem 1. März ſich nicht erflären zu Eönnen, dann aber werde
er unverbohlen fi ausfpreden, und menn ed nötbig wäre, von Gäfar Ge⸗
horſam erzwingen. @ic. ad Fam. VII, 8, 9. Uebrigens Hatte er vorher
fon In Privatgefprädgen geäußert, ex werde nicht zugeben, daß Gäfar feine
Provinz und fein Heer behalte und zugleich Conſul fei (ad Fam. VIII, 9, 5.).
Klagen, die Cäſar zum Schein dur Cornelius Balbus (ad Fam. VII,
9. extr.) Taut werben Tieß, beftärkten die Optimaten in dem Glauben, ihren
Begner eingefhüägtert zu haben, und Manche waren ber Anſicht, ex werde
gern mit ſich unterbandeln Iaffen und entweder der Provinz ober dem Gon-
fulat entfagen (ad Fam. VIII, 8, 9.). Mit Zuverfiht und in Unthätigfeit
faben fle dem 1. März entgegen. Cäſar beraubte Inzwifchen die Optimaten
einiger Stügen — den Gonful 2. Panllus verpflichtete er dur ein Geſchenk
von 1500 Talenten zur Ruhe, den Tribunen Eurto (f. Scribon.) hatte er
durch Befreiung von einer ungeheuren Schulvenlaft (nad Valer. Mar. IX,
1, 6. betrug die Summe 60 Millionen Seflertien, ck. Vellej. II, 48.) {don
gewonnen, als derfelbe noch für einen warmen Anhänger der Ariflocratie
galt, Indem er Längere Zeit feine bisherigen Breunde zu täuſchen und zum
Julil (©. Ballas Caesar) 458
Bortheile Eäfars feinen Abfall geheim zu Halten wußte. Dio XL, 61. App.
1, 27. Rod mander Andere erhielt Geld oder ein Verſprechen, fogar Frei»
gelaffene und Sclaven wurden beſchenkt, wenn fle bei’ ihren Herren Etwas
vermochten. Suet. 27. Dio XL, 60. —. Gegen das Ende des Jahres 51
hieß es von Eurio, er beabſichtige baldige Vertheilung des noch übrigen
campanifden Felded, damit Cäſar nah der Rückkehr aus Ballen nicht zu
Gunſten feiner Veteranen darüber verfügen Tönne (ad Fam. VII, 10, u).
Er ſprach Die und da gegen Gäfar vor dem Wolfe; doch machte er, wie
wenn er ſich über die Parteien fielen wollte, aud mehrere Vorſchläge, die
den Optimaten mißfielen, nit weil er wünſchte und boffte, Etwas davon
durchzuſetzen, fondern um nad ihrer Verwerfung grollen zu Fönnen, unb
wenn an Gäfar eine Forderung geftellt würde, die als offenbares Unrecht
bargeftelt werben konnte, volles Recht zum Brude zu haben. Liv. 109.
Vellej. TI, 48. App. II, 27. Dio XL, 60 f. Als nah dem Befchluffe vom
30. Sept. 51 über die Eonfularproninzen entſchieden werben follte und ber
Gonful C. Claudius Marcelus darüber abflimmen Tief, ob Gäfar am 13.
Novbr. 0 von Provinz und Heer abzuberufen fei (ad Fam. VIII, 11, 3.),
ſchwieg der Gonful Paulus, Curio Tobte dagegen den Antrag des Marcellus,
machte aber den Beifaß, es fei nöthig, daß auch Pompejus auf Spanien
und fein Heer verzichte, nur unter dieſer Bedingung fei die Öffentlihe Nude
gefichert. Die Arifkocratie widerſetzte fih heftig, aber Curio beharrte darauf,
daß entweder beide, Cäſar und Pompefus, in den Privatfland zurüdfehren
oder müfle man jedem von ihnen Heere und Provinzen auch ferner zugeftchen.
Apy. 11, 27. Dio XL, 62. Plut. Caes. 30. @ic. ad Fam. VIII, 11, 3.
ad Att. VI, 2, 6. 3, 4. Gäf. b. g. VIII, 32. Es kam zu feinem Beichluß,
und ber in einer ber folgenden Senatsfigungen gemachte Vorſchlag, mit Curio
zu unterbandeln,, fand feinen Anklang (ad Fam. VIII, 13, 2. ad Att. VII,
7,3.), fo daß Cäſars Befugniß, abmefend fi um das Eonfulat zu bewerben,
noch giltig war. Dur Euriod Vermittlung wurde um biefe Zeit au M.
Antonius, Cäſars Duaftor und für deffen Zwecke äußerfi brauchbar, zum
Augur erwählt, fpäter mußte ihm Curio noch das Volfstribunat für das
folgende Jahr zu verfhaffen; f. Bd. I. 6. 561. Cäfar ſelbſt Harte ſich nach
Italien begeben, angeblih um in ven Wunicipien und Eolonien fi für An»
tonius’ Wahl zum Augur zu verwenden; er erfuhr zwar auf dem Wege
fon, daß derſelbe gewählt jet, allein er hielt es für Pflicht, die Reiſe dennoch
fortzufeßen, um’ jenen Stäbten zu danken, zugleich aber aud fi und feine
Demwerbung um das Eonfulat für das I. 48 zu empfehlen; bis dahin wollte
‚er in Gallien bleiben, wenn glei die Wahl der Gonfuln für das I. 49,
des 2. Lentulus (f. Bd. II. ©, 686.) und C. Marcelus (f. d.), von feinen
Gegnern als ein Ereigniß bezeichnet wurde, an das fein Fall geknüpft wäre.
Ueberall murde er in Oberitalien aufs Zeftlihfle empfangen, die ganze Be⸗
völferung zog ihm entgegen und bereitete ihm einen Triumphzug. b. g. VIII,
50 f. Dann fehrte er nad Nemetocnna zuräd, wo er den Winter vom
3. 51—50 zugebracht Hatte (f. oben), und verfammelte darauf alle feine
Zegionen zu einer Muflerung in dem Lande der Trevirer. b. g. VII, 52.
Bet dieſer Heerſchau Tieß der Feldherr, der alle Eigenſchaften beſaß, feine
Soldaten für fi zu begeiflern und zu den größten Wagniffen zu entflammen,
wohl Nichts unverfuht, was das Band zwiſchen ihm und feinem tapfern
Deere noch mehr befefligen und anf die kommenden Ereigniffe Ih feinen Qunften
vorbereiten konnte. Ohne Wirkung blieb dies bei dem bisher tüchtigften
feiner Legaten, 3. Labienus. Dieſer ließ fih zum Abfall verleiten, nachdem
ihn Gäfar zum Befehlshaber im cisalpinifchen Gallien ernannt hatte; Gäfar
war fo großmüthig, ihm Geld und Gepäcke nachzuſchicken (ſ. Bd. I. ©. 991.).
Pompejus Hatte mittlerweile feinen Garten vor Mom verlafien und ſich na
.
v
458 | Juli
einzugeben, und von Cicero, her feit dem Mai 51 von Rom abweienb und
feit dem 29. Novbr. 50 aus feiner Provinz Eilicien nad Italien zurückge⸗
kehrt war, wird gerühmt, er fei als Bermittler thätig geweſen. Vellej. II,
48. extr. Plut. Pomp. 59. Caes. 31. Cic. 37. Allein die Faction des von
Schulden gedrückten Conſuls Lentulus (f. Bd. II. ©. 686.) war von einer
feltfamen Kriegswuth ergrifien, und umfonft ſchrie Cicero, das unfeligfte fei
ein Bürgerfrieg. ad Fam. XVI, 12,2. — Cäſars Schreiben wurde von Curio
den Gonfuln am 1. Januar im Senat übergeben, bamit fle deſſen Empfang
nicht verheimlichen Eönnten. Dio XLI, 1. App. II, 32. Gic. Phil. II, 21.
Mir Mühe erreichten die Tribunen M. Antonius und Bafflus Longinus, daß es
vorgelefen wurde; daß aber über daffelbe Bericht an den Senat erflattet mürbe,
konnten fle nicht durchſetzen. Cäſ. b. c. I, 1. Diva. a.D. Plut. Anton. 5.
Cato 51. cf. Caes. 30. Pomp. 59. Der Schluß wurde als offene Kriegs-
Erklärung aufgenommen (App. a. a. D.) und von den Conſuln eine Bes
rathung über den Zuſtand des Reichs veranlaßt. Lentulus und des Pom⸗
pejus Schwiegervater Scipio verlangten, man folle mit Entfchiedenbeit gegen
Gäfar auftreten, und als M. Marcellus vor Ueberellung warnte, M. Gali-
dius und Andere für einen vermittelnden Antrag fi erklärten, erwiederte
Zentulus mit Schmähungen. Eingeſchüchtert durch feine Heftigfeit, durch bie
Furcht vor dem Heere in Noms Nähe und dur Drohungen der Kriegspartei
traten die Meiftlen dem Vorſchlage Scipios bei, Cäſar folle auf einen bes
flimmten Tag fein Heer entlaffen, wmeigere er fi, fo werbe er als Feind
des Staates angefeben. Gäf. b. c. 1,2. Liv. 109. Vellej. II, 49. Suet. 30.
Flor. IV, 2, 15. Eutrop. VI, 19. Dig, App. am a. D. Plut. Caes. 30.
Der Einfpru der Tribunen Antonius und DO. Cafflus wurde mit Rückficht
auf den Beſchluß vom 30. Septbr. 51 für ungefeplih erflärt. Umgeben von
Bewaffneten, die Pompejus in vie Stadt gefchicdt hatte, Fam ber Senat, zwei
Eomitialtage ausgenommen, bis zum 6. Januar täglich zufammen. Dur
den bebarrliden Widerfpruch bed Antonius und O. Eaffius wurden bie Ver⸗
Bandlungen immer ftürmiſcher, am 6. Januar (— 18. Novbr. 50, f. Orell.
Onom. p. 183.) envli verwies Lentulus bie Tribunen aus dem Senat, und
e8 wurde der äußerfte, für die höchſte Gefahr beſtimmte Senatsbeſchluß ge>
faßt, daß alle Magiftrate für die Sicherheit des Staates Sorge tragen follten.
Antonius und Gaffius, für Ihr Leben beforgt, reisten mit Curio und Göltus
in der Naht vom 6. auf den 7. Januar in Sklavenkleidern und auf einem
Miethwagen ab, um zu Cäfar zu fliehen (f. Bo. I. S. 561. Bd. II. ©.
199. 479.). Der Senat berieth fih in den nächſten Tagen mit dem zum
Oberbefehlshaber ernannten Pompejus über die Mittel zur Vertheidigung
der Republik. Bon den zehn ſchlagfertigen Regionen, vie ihm, wie er bes
bauptete, zu Gebote fländen, waren ſechs in Spanien (Gic. ad Fam. XVI,
12, 4.), von dem übrigen Heere bildeten bie zwei Regionen, vie Cäſar ab»
gegeben Hatte, den Kern. Man befhloß, in Eile dur ganz Italien, das
zu diefem Zwecke in Kreife eingetheilt wurde (Cie ad Fam. XVI, 11, 3.),
Truppen audzubeben, Geld einzutreiben und wieder gut zu maden, mas
Pompejus in flolzer Sicherheit verfäumt hatte. Sie glaubten, zu ihren
Rüſtungen no Zeit genug zu haben, da auch Cäſar feine Regionen aus
Gallien abwarten und mohl Aushebungen veränftalten werde. Allein Gäjar,
ber e8 von jeher Tiebte, ſtatt Zeit auf gewaltige Zurüfungen zu verwenden,
duch raſches Handeln und Kühnhelt feine Gegner zu überraſchen, beſchloß
auf die Nachricht von den letzten Vorgängen in Nom, ohne Verzug mit der
Legion, die er bei fih Hatte, die Wegnahme der Hauptpläge Italiens zu
beginnen. @äf. 1,7. App. II, 34. Wut. Caes. 32: Pomp. 60. — Mit
bem Uebergang Über ven Rubico, den Bränzfluß feiner Provinz, that er den
erften Wurf des unfichern Spiels, zu deſſen Jängft befhloffenem Wagniß aber
Julti (©. Jalies Caesar) 257
er nicht erſt durch eine Mundererſcheinung ermuihigt zu werben noͤthig hatte.
Suet. 31. 32. Plut. Caes. 32. Pomp. 60. App. I, 35. Zonar. X, 7.
Lucan. I, 183 f. In Ariminum, das er durch Veberfall nahm, trafen bie
flüchtigen Tribunen mit ihren “Begleitern zu ihm (b. c. I, 8.). Schon in
Ravenna hatte er feine Truppen für den Aufbruch gegen Italien bereitwillig
geſtimmt durch Schilderung der Kränfungen, die ihm miderfahren, und bes
Breveld, der gegen die unverleglichen Tribunen ausgeübt worben war. Von
Neuem reiste er fie jeht auf, indem er die Tribunen in ihrem Fläglichen
Aufzuge vorführte und damit eine wohlberechnete Anrede verband. Suet. 33,
Lucan. 1, 299 f. Bei den Unterhandlungen, die Pompejus anfnüpfte, um
Zeit zu gewinnen, erklärte Cäſar, auch er wünſche Erhaltung bes Friedens
und fei bereit, auf Alles einzugehen, wenn auch Pompejus thue, was billig
jet, durch eine perſönliche Beſprechung Tönne vielleicht der ganze Streit beis
gelegt werben. b. c. I, 9. cf. Cic. ad Att. VII, 13, 6. Wie wenig aber
Cäfar im Ernſt an eine friedliche Uebereinkunft dachte, zeigte er Dur bie
Beſetzung eined Platzes um den andern und bie Fortdauer feiner Truppen»
werbungen (Cic. ad Att. VII, 14, i. 17, 2. 18, 2. ad Fam. XVI, 12, 2.
ek. &äf. b. c. I, 1if.). Auch erklärte er das Zugeflänpniß deſſen, was
er felöR verlange Hatte (ad Att. VIE, iA, 17. 19. ad Fam. XVI, 12.), für
- eine Ungeretigkeit, weil feine Gegner verlangten, daß er mit Erfüllung ber
Bedingungen beginne, und führte die Nichtbeachtung feines Vorſchlags einer
Zufammenfunft als Beweis an, wie wenig feinen Gegnern am Frieden ge»
legen ei. b. ec. I, 10f: Rom, wo die Nachricht von Gäfars Cinfall bie
furchtbarſte Befürzung, Verwirrung und WMuthloflgkeit verbreitete, mar
inzwiſchen von Pompejus, der, mit Vorwürfen wegen feiner Saumſeligkeit
überhäuft, alle Befonnenheit verlor (Cie. ad Att. VIE, 10. 11, 3. 12, 8.
13, 1. 2. 21, 1. VIII, 1, 3. 2,2. 3,3. 8,4. 16, 1.), dem größten Theile
der Senatoren und Allen, die Gäfar fürchten zu müſſen glaubten, verlafien
worden; ein Senatsbeſchluß hatte Capua zum Sig der Regierung beflimmt,
da Bompejus in Mom fi nicht Halten zu Eönnen glaubte und feinen Blick
ſchon auf die Öfllihen Provinzen des Reichs gerichtet hatte. Einer flürmi⸗
ſchen und unorbentlien Flucht alih der Auszug, die Zurückbleibenden ber
jammerten ihre nächſte Zukunft, in der fie Erneuerung der Schreckenszeit des
Marius und Sulla fürdteten. Blut. Caes. 33 f. Pomp. 60 f. Dio XLI, 6 ff.
App. 11,37. Cãſar war ſchnell in den Befig ber wichtigſten Orte von Umbrien
und Bicenum gefommen und von den Bewohnern bereitwillig aufgenommen
werben, fein Heer hatte fi durch neugeworbene Mannichaft, durch zahlreiche
Veberläufer und bie Ankunft einer Legion aus Ballien verflärkt. b. ce. I, 11.
12. 13. 15. 16. Er eilte, den Krieg zu beendigen, che Pompejus über das
Meer entweide; vor Corfinium aber, das der zum Statthalter im jenfeltigen
Gallien ernannte 2. Domitius Abenobarbus beieht hielt, fand er ernfllicden
Widerſtand. Während er den Ort belagerte, traf wieder eine Legion auß
Gallien nebfl 22 neugemorbenen Kohorten und ungefähr 300 Reitern bei ihm
din, und Domitius wurde nad fieben Tagen (21. Februar — 1. Januar 49,
i. Orell. Onom. I. p. 143.) von feinen eigenen Soldaten dan Gäfar über»
liefert; bie Behandlung, die er, flet8 einer feiner heftigſten Begner, wit
iinen Geusſſen bei ihm fand, mar milder, als er gehofft hatte. |. Dp. IA.
6. 1212 f. — Bompejus begab ſich an demſelben Tage, an welchem Gäiar
Eorfinim verließ, von Ganuflum aus nad) Brunduflum (Gic. ad Att. VIE,
14, 1. IX, 1, 1. Eäf. I, 24. Bellej. I, 50. Blut. Pomp. 62. Caes. 39.
dio XLE, 11. App. IL, 38.), und Hatte ſchon den größern Theil feines
Heeres, 30 Cohorten (Bint. Pomp. 62.) unter den Conſuln 2. Lentulus und
C. Marcellus nah Dyrıhadium vorangeſchickt (Cäj. I, 25. Bin Pomp. 62.
IV.
®-
238 . Da
Gaes. 35. Div XLI, 12. App. II, 38. 40.), als Gäfer, der durch täglide
Soldzulagen ven Eilmarſch feiner Soldaten beichleunigte (Cic. ad Att. VEIT,
11. extr. 14, 1. G&äf. I, 23.), am 9. März (Cic. ad Att. IX, 13. a. IX,
8, 2. — 17. Januar 49, f. Orell. Onom. I. p. 143.) mit ſechs Legtonen,
unter weldden drei aus Beteranen, die übrigen aus Neugeworbenen beflanven,
vor Brunduflum anlangte. Cäſ. I, 25. Auf dem Marie hatte er mehrere
gompejanifche Cohorten in feine Gewalt bekommen, mit ihnen auch den Felb⸗
zeugmeifter En. Magius; er entließ diefen mit dem Auftrage, den Pompejus
zu einer Unterrebung aufzuforbern (Cäſ. I, 24. Gic. ad Aut IV, 7. c. 2.
Die XLIV, 44.); fle kam aber fo wenig zu Stande (Gic. ad Att. IX, 13,8.
ibid. a. 1. cf. Gäf. I, 26.), als die, welche nachher Seribonius Libo ver»
mitteln ſollte. Gäf. I, 26. Dio XLI, 12. Gäjar begann ven Bau eined
Damues, nm den Hafen von Brunduflum zu fehließen; aber nachdem er
ungefähre mit der Hälfte der Werke fertig geworden, kehrten bie Schiffe,
welde den erfien Theil des pompejaniſchen Heeres nad Dyrrhachium gebracht
Hatten, nah Brunduflum zurüd. Dem Pompejus gelang es, ſich mit feinen
20 Cohorten und vielen Optimaten in ber Nacht des 17. März (ic. ad Aut.
IX; 15. a.) einzufchiffen; zwei Schiffe mit Soldaten blieben an dem Damm
hängen und wurden weggenommen. Gäf. I, 29 ff. Plut. Pomp. 62. Caes. 35.
Cato 53. Dio XLI, 12. 13. App. II, 40. Xiv. 109. Flor. IV, 2, 20.
Drof. VI, 15. Zonar. X, 8. Rucan. 11, 650 ff. Cäſar war jeht im unbe
‚Arittenen Defige Italiend. Zwar wäre e8 für ihn von Wichtigkeit geweſen,
Don Pompejus nachzufegen, ehe derfelbe ſich mit überjeeifhen Hülfsvölkern
verband, er fürdtete aber den Zeitverluft, den das Aufbringen der Mittel
zue Meberfahrt eines Heeres verurſacht hätte; auch bedrohten ihn im Rücken
die ſpaniſchen Regionen, welde durch eine Menge Hülfsvölfer verflärft waren.
Gr beſchloß daher, zunächſt die Unterwerfung des Weften zu vollenden. Gäf.
3, 29. Plut. Pomp. 63. Caes. 35. 36. Anton. 6. Die XLI, 15. App.
II, 40. In die wichtigſten Seeplätze Calabriens und Apuliens Tegte er Ber
fagungen (Eäf. I, 32. ic. ad Att. IX, 15, 1. Dio, App. a. a. O.) und
erließ Befehle, eine Flotte Herzuftellen und fie nah Brunbuflum zu führen.
Nach kurzem Aufenthalt in Brunduflum begab er ſich nah Mom. Auf der
Meife dahin traf er mit dem feit dem Ausbruche des Krieged von großer
Unentſchloſſenheit gequälten Eicero in Formiä zufammen und wimſchte von
ihm, daß er fih in Nom einfinde, Eonnte ihn aber nicht Überreven, auf
dieſe Welfe die neue Ordnung der Dinge anzuerkennen. Cit. ad Att. IX, 18.
Um die Form der VBerfaffung zu fhonen, wurde am 1. April ver Senat
nit von Gäfar, ber die Befugniß dazu nicht hatte, fonbern von ben Volfd-
tribunen M. Antonius und DO. Gaffius verfammelt, und zwar außerhalb
der Stabt; ziemlich viele Mitglieder, die vom Lande zurückgekehrt waren,
erfßienen. Blut. Caes. 35. cf. Dio XLI, 9. Gäfer ſprach Worte ber Milde
und Mäßigung, und trug fogar darauf an, bed Friedens wegen Gefanbte
an Pompejus abzugronen. Die Anweſenden (Bie. ad Att. X, 1, 2. con-
sessus senatorum — senatum enim non puto; ad Fam. IV, 1, 1. con
ventus senatorum; 2ucan. III, 104. turba patrum) waren dafür; allein
nad vreitägigem erfolglofem Hin⸗ und Herreden wurde bie Sade aufgegeben,
weil Jeder, eingedenk der Aeußerung des Bompefus, daß bie in Rom Zurüd-
bleibenden als Feinde betrachtet werben, die Befandtichaft ablehnte. Gäj. 1,
32 f. Blut. Caes. 85. Dio XLI, 15. Gicero bezeichnet Gäfars Friedens
plane als offenbare Verſtellung (ad Att. X,1, 3. 1), und Gäfar ſelbſt nahm
es feinem Schmiegervater Piſo übel, als viefer die Geſandtiſchaft wieder in
Grimmerung bradte. Dio XLI, 16. Blei beruhigend, wie Im Senate, fprad
er auch in einer Volksverſammlung (Die a. a. O. App. II, 41. Belle.
II, 50.) vor den Ihoren; er traf Änordnungen megen Getraibezufuhr und
x
‘
Jalli (©. Julins Caesar) De \
verfprach jedem Bürger 75 Denare; doch wurbe das Geld jei nicht audgen
theilt (er im Jahre 46, und alddann 25 Denare weiter, Dio XLI, 17.
ALU, 21.), vielmehr bemädtigte fih Gäfar, felbft des Geldes bebärftig,
des von den Gonfuln zurückgelaffenen Heiligen Schatzes, auf den Widerſtand
des Tribunen 2. Metelus nicht achtend (ji. Bd. II ©. 36, 29. Pd. 1.
©. 174.). Nah Plin. H. N. XXXIII, 17. fand er 26,000 Barren Bold
(nad einer andern Lesart 25,000 Gold⸗ und 35,000 ESilbersBarren) und
an gemünztem Metall AO Millionen Seftertien. cf. Oroſ. VI, 15. Gegen
bie Mitte des April (Eic. ad Att. X, 4, 8. 8, b. 2.) reiste Gäfar nad
Gallien, um von da nah Spanien aufzubrechen ‚‚gegen das Heer ohne Feld⸗
bern.’ Sue. 34. Gäj. I, 33. Div XLI, 18. App. II,A2. Blut. Caes. 36.
Belle. II, 50. Lutcan. III, 298. Eutrop. VI, 20. Flor. IV, 2, 23. Oroſ.
VI, 19. Zonar. X, 8. Den Prätor M. Aemilius Lepidus Tieß er als Prä⸗
fecten von Rom zurück, den Bolkötribunen M. Antonius mit dem Titel eines
Proprätors (Cic. ad Att. X, 8, a.) als Oberbefehlshaber über die Truppen
in Italien. Blut. Anton. 6. App. II, 41. Dio XLI, 18. Der jübifihe
Fürſt Ariflobulus, Beind des Pompelus, war in Freiheit gefeht worden,
damit er im Dflen gegen Bompefus auftrete. ſ. Bp. I. ©. 765. Gurio Hatte
den Auftrag, den Begnern Sicilien zu entreißen und bann Africa, der Legat
D. Balerius follte Sardinien in Befig nehmen. Beide Infeln wurden ohne
Säwiertgkeit genommen (Cäſ. I, 30 f. Gic. ad Att. X, 16, 3. Dio XLI, 18.
Blut. Cato 93. App. II, 41. Rucan. III, 59. Oroſ. VI, 15.), dagegen
verlor Curio bei dem Verſuche, den Bompejaner Attius Barus, ber von dem
numidiien Könige Juba unterflügt wurbe, ans Africa zu verbrängen, Leben
und Heer (f. Scribon ). Um diefelbe Zeit mußte ſich auch C. Antonius,
nem Gijar die Beſchützung Illyriens anvertraut hatte, dem M. Octavius
ergeben. App. II, 47. Dio XLI, 40. Kiv. 110. ler. IV, 2, 80. Zucan.
IV, 408. — Cäſars Zug gegen Spanien wurbe burd die Belagerung von
Maſfſilia gehemmt, das troß feines Verſprechens, Neutralität zu beobachten,
ven von Gäjar freigegebenen 8. Domitius Ahenobarbus (f. Bb. 11. S. 1214.)
aufnahm und zum Anführer wählte. Nachdem Cäſar über einen Monat vor
ber Stadt zugebracht, Überließ er die Belagerung feinem Legaten C. Trebo⸗
nius mit drei Legionen, dem D. Brutus mit einem in 30 Tagen erbauten
Heinen Geſchwader von 12 Schiffen zugefelt wurbe; er ſelbſt eilte nad
Spanien. Ef. I, 34.—36. Dio XLI, 19. Xiv. 110. Vellej. II, 50. Guet. 34.
Slor. IV, 2, 23. Lucan. II, 298. Oroſ. VI, 15. Der Legat G. Fabins
war mit drei Regionen, melden ungefähr 18,000 Mann Hülfätruppen ımb
eine vierte Legion unter 2. Manutius Plancus folgten, nad Spanien vor⸗
auk geſchickt worden; bei Ilerda erwarteten ihn in vortbeibafter Stellung 2.
Afranius und M. Petrejus mit fünf Leglonen und vielen Hülfstruppen. Bor
Eäjars Ankunft fanden nur unbebeutende Treffen flatt, auch die von Gäfar
ſogleich angebotene Schlacht nahmen die Pompejaner nicht an; erft ald jener
einen wichtigen Hügel zwiſchen dem feindlichen Lager und Ilerda zu nehmen
verfuchte, entſpann ſich ein lebhafter Kampf, welcher für die Pompejaner
vortheilhaft endigte. Zwei Tage nachher traten der Sicoris und Cinga,
zwiſchen welchen Cäſar ſein Lager hatte, and ihren Ufern und rießen zwei
von Fabius errichtete Brücken weg, wodurch die Verbindung mit dem übrigen
Spanien und Gallien aufhörte und Cäfar in fo bittere Noth verſetzt wurde,
daß man ihn in Rom den Briefen des Afranius zufolge für verloren hielt
und Biele aus Italien zu Pompejus reidten, theils um die Rachricht zuerft,
zu überbringen, theils um den Anſchein zu vermeiden, als hätten fie ben
Ausgang bed Kriegs abgewartet. Cäſar verlor den’ Muth nicht, er brachte
endlich eine Schiffbrücke zu Stande, zog bedeutende Züge von Truppen, na⸗
mentlich galliſchen Meitern, und Lebensmittel, die inzwiſchen angelangt waren,
462 Er . '
und 300 Reiter. Um den Reſt feines Heeres zu holen, ſchickte er ſogleich
die Schiffe zurück; Bibulus aber, höchſt unangenehm aus feiner Ruhe auf⸗
geſchreckt, nahm ungefähr dreißig davon auf der Fahrt nah Brunduſium weg
und ließ an ihnen den Uerger über feine Nachläßigkeit in der Art aus, daß
ex fie alle in Brand fledte und zugleih Matroſen und Herren der Schiffe
mit verbrannte; auch bewachte er fegt Die ganze Küfte von Salona bis Oricum
und ſchnitt jede Verbindung zwiſchen Cäfar und Antonius, dem Befehlshaber
ber in Brunduflum zurüdgelaffenen Truppen ab (Cäſ. IH, 2. 6. 7.8. Dio
XLI, 44. Appian. II, 52 ff. Plut. Caes. 37. Pomp. 65. Bellej. IE, 51.
Suet. 58. Blor. IV, 2, 37. Rucan. V,403. Oricum und Apollonia nahmen
Cãſar, den römifchen Bonful, freiwillig auf; aus allen Nachbarſtaͤdten, ſelbſt
aus Epirus, trafen Geſandte bei ihm ein; fein nächſtes Ziel war Dyrrha⸗
chium, die Hauptniederlage der feinpliden Kriegsrüflung. Aber Bompeluß,
ber die Nachricht von Cäſars Landung auf dem Wege nah der Küſte erhalten
Hatte, ließ fih von den Friedensanträgen, die ihm 2. Vibullius Rufus im
Namen Cäſarz überbrachte, nicht aufhalten, fondern Fam feinem Feinde dur
die angeflrengteften Märfche zunor; Gäfar bezog nun ein feſtes Lager am
Apfud; bier wollte er unter Zelten von Bellen die Ankunft der übrigen Le
gionen erwarten und zugleih den Pompelus beobachten, welder auf der
andern Seite des Fluſſes ebenfalls ein Lager ſchlug und alle feine Truppen
und Hülfsvölker dorthin vereinigte. @äf. III, 10 ff. App. 11, 54—56. Die
XLI, 48 - 47. Nur einzelne unbedeutende Reitergefechte fielen vor, das ganze
Heer ausrüden zu laſſen, vermied Jeder: Pompelus, weil er wenig Ber»
trauen zu feinen ungeübten Soldaten hatte, Gäjar, weil er auf die no
fehlenden Regionen warten wollte; ihre lieberfahrt aber. war bei der firengen
Seeſperre des Bibulus unmöglih; doch waren damit für dieſen felbft, weil
ihm Cäſar das Land verfehloß und einen Waffenſtillſtand abſchlug, fo viele
Beſchwerden verbunden, daß er wie viele andere feiner Mannſchaft einer
Krankheit unterlag. Mit feinem Tode hörte die Cinheit in den Operationen
ber Flotte auf, und Cäſar erwartete jetzt um fo zuverlüßiger feine Legionen,
aber eine Woche nach der andern verſtrich; die dringendſten Aufforberungen,
ſich einzufchifien, blieben ohne Erfolg, und doch Eonnte er, bevor bie Truppen
aus Stalien eintrafen, ſich nicht von der Küfle entfernen, während die Bor»
räıhe im füolichen Illyrien und Cpirus nah und nah erihöpft wurden.
Mir jedem Tage flieg feine Ungeduld; er beſchloß endlich, ohne feinen Leuten
etwas mitzutheilen, mitten durch bie feinplihen Kreuzer ſelbſt nah Brundu⸗
fium zu fahren, überzeugt, daß es ihm gelingen werde, die Truppen über⸗
zufegen; wegen eines Sturmes fonnte er bad im Vertrauen auf fein Glück
unternommene Wageflüd niht ausführen. Dio XLI, 46. Plut. Caes. 38.
Apophth, Caes. 9. App. II, 57, Blor. IV, 2, 37. Lucan. V, 900. Zonar.
x, 8. — Die Ubfahrt des Antonius war durch Scribonius Libo, der mit
0 Schiffen eine dem Hafen von Brunduflum gegenüber Tiegende Injel beiegt
ER verhindert worden. Sobald Antonius den Rückzug der Beinde durch
usſchließung vom feftlen Lande, wodurch fie in Waflermangel gerieihen, er-
zwungen hatte, lidhtete er die Anker. Bon einem Süpwinde wurbe er über
den ihm beflimmten Landungdplag, Apollonta, hinausgetrieben; als man
ibn von Dyrrhachium aus erblidte, wurbe er von einer Abtheilung der feind-
lihen Flotte verfolgt; er entfam nah Liffus, während die 16 feindlichen
Schiffe ſcheiterten. Auch feine Vereinigung mit Cäſar gelang, obgleih Pom⸗
pejuß gegen Ihn, zu gleiger Zeit mit Gäfar, dad Lager am Apfus verlaflen
hatte. Eaj. III, 24. 26 ff. Plut. Caes. 39. Anton. 7. Xpp. IH, 58. 99.
Dio XLI, 48. Pompejuß Tagerte ſich jetzt bei Asparagium, ſüdlich von
Oyrrhachium, am Fluſſe Genufus; Cäſar wandte fi) ebendahin und Bot ibm
ein Treſſen; da Pompejus ſich ganz ruhig verhielt, brach er wieder auf und
Julli (C. Zulfas Caosar) 408
zog raſch gegen Oyrrhachium, Pompefus aber wußte die Einnahme ber Stadt
zu verhindern, ohne eine Schlacht zu liefern, die ex forgfältig vermieb, Da,
er bei den geringen Mitteln, welche bie Umgegend bot, Hoffen durfte, daß
Mangel und Krankheiten das Heer feined Gegners aufreiben würden. Gäfar
begann num, um der zahlreiden Meiterei des Pompelus das Futter abzu-
ſchneiden und ihn in den Augen feiner Verbündeten herabzufegen, in einem .
Umfange von 17,000 Schritten das feindliche Lager mit Verſchanzungen ein
zufchließen. Bompejus errichtete Dagegen eine Ähnliche Verſchanzung zur Ab -
mehr, und mehrere Monate hindurch wurde eine Art Feſtungskrieg geführt,
in weldem beide Heere Mangel Titten, Gäfar an Getraide, weshalb zulegt
Brod aus einer Wurzel (Plin. XIX, 41.) bereitet wurde, Mompefſus an
Butter und gutem Trinkwaſſer. In ven zahlreihen Gefechten bei den ver-
fSiedenen Caſtellen war mehrere Male Eäfar ſehr im Nachtheil, und von .
völliger Vernichtung rettete ihn einft nur ber Umſtand, daß Pompefuß feinen
Sieg nit beſſer benügte. Cäſ. IN, 30. Al ff. Plut. Caes. 39. Pomp. 65.
Appian. II, 60 ff. Dio XLI, 49. 50. Flor. IV, 2, 88 ff. Vellej. 11, 51.
Suet. 68. Rucan. VI. Zonar. X,8. Gäfars Soldaten forverten nad vieſer
Niederlage felbit, daß bie üblichen Strafen wegen Feigheit und Ungehorfam
an jedem Zehnten vollzogen merben; der Feldherr firafte nur einige Fahnen⸗
träger durch @ntfernung von ihren Stellen (Gäf. IH, 74. Appian. II, 63.
Bolyän. VIE, 23, 26. Sueton. 68.); dieſe Nachficht und feine Anrede er»
wedte ſolchen Gifer, daß fie fogleich wieder gegen den Feind geführt zu werben
verlangten ; Gäfar aber änderte feinen Kriegsplan, er entzog fi mit großer
Gewandiheit feinem Gegner dur schnelle Märfche und vereinigte ſich bei
Arginium im noͤrdlichen Iheffallen mit feinem Legaten En. Domitins Cal⸗
vinuß, ber bisher den Schwiegervater des Pompeſus, Metelus Sciyio, der
mit zwei Legionen aus Syrien zurüdfehrte, am Haliacmon bejchäftigt Hatte
(ſ. Bd. IE ©. 1205.). In Folge übertriebener Gerüchte von der Nieder»
lage bei Dyrrhachium wurde Gäfar in Gomphi, das fi früher für ihn er»
Härt hatte, nicht aufgenommen; er nahm aber die Stabt an demſelben Tage
mit Sturm, und überließ fle, um ein abſchreckendes Beifpiel zu geben, ven
Soldaten zur Plünderung. Weder Metropolis noch eine andere Stadt vers
meigerte mehr den Gehorſam, Rarifja ausgenommen, das von Scipio gedeckt
mwurbe. Pompejus hatte, nachdem Gäfar fih Theffalien zugewendet, ven
Rah, fein Heer nad dem verlaffenen Italien zu führen, ven Wellen zu
gewinnen und dann ben Feind, ber inzwifchen von der Flotte bewacht werden
fönne, auf Neue anzugreifen, verworfen; er hoffte, den Krieg jetzt ſchon
beendigen zu können, und wollte Scipto nicht Preis geben, daher rüdıe er,
wie es Gäjar wünſchte, nach Theffalten nah. In der Ebene von Bharfalus
trafen enbli bie beiden Feldherrn auf einander. Die Pompejaner erwar⸗
teten, beſonders da fie no durch Scipio Zuwachs erhalten hatten, mit ſolchet
Gewißheit den Sieg, daß fle fi ſchon über die Güter ihrer Gegner firitten
und über ihre Beflzafung berietben, auf Fahre hinaus das Gonfulat yergaben
und die Beſetzung anderer Ehrenflellen beflimmten; und als Pompejus, ber
es für ratbfamer hielt, die Feinde dur Mangel aufzureiben, Caͤſars taglich
mwieberholtes Anerbieten einer Schladt nit annahm, beflürmten ſie ihn mit
Borflelungen, Borwürfen und Spöttereien fo lange, bis er gegen feine
Veberzeugung fi zur Schlacht rüftete. Cäſar hatte in feiner Schlachtord⸗
nung 80 Gohorten oder 22,000 Mann und ungefähr 1000 galliſche und
germanifche Meiter; zwei Cohorten ließ er als Bedeckung im Lager; Pont
vejus Hatte mehr als das Doppelte und gegen 7000 Weiter. Dieſe wurden
beinahe ſaͤmmtlich auf dem Iinfen Zlügel aufgeflellt und hatten die Veſtim⸗
mung, ben rechten feindlichen Flügel zu umgehen; Gäfar, der die Abficpt des
Pompelus zum Voraus erkannte, flellte, ohne daß es der Begner bemerkte,
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3 — .. .
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ſechs Cohorten auf dem rechten Flügel in Reſerve, um bie feindliche Reiterei
zu empfangen; fie warfen ſich nun auch der anſtürmenden Reiterei mit ſolchem
Ungeflüm entgegen, den Stutzern nah dem Gefichte zielend, daß dieſe umge⸗
wendet nicht blos von der Stelle wichen, fondern in befleunigter Flucht den
höchſten Bergen zueilten. Bon da an war für Cäſar die Schlacht gewonnen.
Pompejus floh in unbegreiflicder Verzagtheit ald einer ber erſten nad dem
Lager, und als Cäſar mit feinen ermatteten Soldaten um Mittag, nicht ohne
heftige Begenwehr zu finden, auch das Lager erflürmte, warf er fi auf ein
Pferd und eilte, von Wenigen begleitet, ohne Unterbrechung nad Larifla
und von da dur das Thal Tempe nad der Mündung des Peneus. Cäſar
geftattete feinen Leuten nit, bie in dem pompejanifchen Lager getroffenen
Anftalten zu feflichen Gelagen zu benügen, fondern um den Sieg zu vollenden,
begann er noch die Höhe, auf melde fih der größte Theil des aufgelösten
feindlichen Heeres geflüchtet hatte, mit Schanzen zu umziehen; Mangel an
Waſſer nöthigte die Pompejaner, fi zu. ergeben. — Cäſar verlor in ber
Schlacht nach feiner eigenen Angabe nit mehr ald 200 Soldaten, Dagegen
‚etwa 30 Genturionen, nad Andern verlor er 1200 Dann; auf feindlicher
Seite fielen gegen 15,000 Staler; mehr ald 24,000 ergaben fih. Wie Gäfar
fon auf dem Schlachtfelde den Seinigen Ehonung der Bürger empfohlen,
übte er auch gegen die Gefangenen bie größte Milde; die Soldaten reihte er
in fein Heer ein; die Senatoren und Ritter entließ er, nur Wenige, die er
fon früher gefangen und begnabigt hatte, büßten die Wortbrücgigfeit mit
‚dem Leben; des Pompejus Briefichaften (ebenjo nah Beendigung bed afri⸗
canifchen Krieges vie Papiere des Metellus Scipio, Dio XLIII, 13. XLIV, 47.
Blin. VII, 26.) verbrannte er ungeleien, um nicht etwa gemötbigt zu fein,
gegen Jemand firenge zu verfahren. Cäſ. II, 73 ff. App. II. 64 fi. Die
XLI, 51 ff. Plut. Caes. 40 ff. Pomp. 66 fi. Liv. 111. Vellej. II, 52.
Flor. IV, 2, 42 ff. Lucan. VI, 314 fi. VII. Polyän. VIII, 23, 14. 25. 29.
Frontin. IE, 3, 22. IV, 7, 32. Oroſ. VI, 15. Bonar. X, 9. Suet. 30.
35. 75. Gic. p. Ligar. 6. p. Dejot. 12. Blin. VII, 26. Seneca de ira
I, 23. (Ideler Chronol. I, 467, 2.: da8 Datum des Sieges bei Phar⸗
falus iſt nah dem damaligen verfhobenen römifchen Kalender der V. Idus
Sextilis oder 9. Auguſt. S. das Calendarium Amiterninum und Antialinum
unter diefem Datum in Foggini's Werk über die Ensti des Verrius Flaccus
[153.]. Nah Noris Gombinationen gehört es dem Junius des anticipirten
julianifhen Kalenders an, Vgl. Edheld Doctr. numor. Vol. IV. p. 400.
Nach den Tab. Kal. Rom. vet. compar. in Orelli Onom. I. p. 163. .ift
V. Id. Sext. ded J. 706 — 6. Juni des berichtigten Kalenders.) — Gälar
traf nach dem Siege die nothwendigſten Anordnungen für Nom und Italien,
wo durch M. Cölius Rufus die Ruhe nur auf Eurze Zeit geflört worden
war (f. Bd. H. ©. 479.), und verfolgte fofort den Bompejus mit raftloier
Eile. Am Tage nah der Schlacht war er in Larifia (b. c. III, 98.), und
täglich rüdte er fo meit vor, ald es feiner Meiterei nur mögli war; eine
Legion folgte in Heineren Märſchen. Aus Mangel an Dreiruderern febte er
auf Kleinen Fahrzeugen über ven Hellefpont. Mitten auf ber hoben See
begegnete ihm der Pompejaner C. Caſfius Longinus mit zehn Kriegichiffen;
in ber erſten Beflürzung glaubte diefer, Gäfar fegle mit Abficht gegen ihn
und ergab ih (f. Bo. II. ©. 195.). In ver Previnz Afla, in der fi
Gäfar dur das Zugeſtändniß einiger nach den Erpreſſungen der Pomvejaner
woblthätigen Brleihterungen (Plut. Caes. 48. Cic. ad Fam. XV, 15, 2.)
die Gunſt der Bewohner in hohem Grade verſchafft Hatie, erfuhr er, daß
» Bompejud auf Gypern geſehen worben fei. Da er vermuthete, daß berielbe
ſich nach Aegypten begeben babe, nahm aud er mit 3700 Mann Zußvolf
und 800 Reiten feine Nichtung nah ber ägyptiſchen Küfte; feine Flotte
'Zalil (C. Aulius Caesar) - 465
beſtand aus 95 Schiffen, worunter 10 rhodiſche unter dem muthigen See⸗
mann Gupbranor. b. c. III, 106. b. Alex. 13. 15. App. II, 89. Als
er vor Alexandria anfam, hörte er, daß Pompelus in Aegypten flatt Auf⸗
nahme und Schuß durch die Räthe des jungen Königs Prolemäus Dionyſus
feinen Tod gefunden babe (f. Pompej.); man brachte ihn feinen Kopf und
Siegelting; mit einem Auge vol Thränen entzog er fi dem Anblid (Blut.
Caes. 48 ®Dio XLII, 8. Liv. 112. Val. Mar. V, 1,10. Eutrop. VI, 21.
Zucan. IX, 1035. 1040. 1064. Oroſ. VI, 15. Sonar. X, 10.). @r fieß
den Kopf mit koſtbarem Weihrauch verbrennen und die Aſche in einem Heilige
tbum der Nemefld vor den Thoren von Alerandria aufbewahren (App. II, 90.
Aurel. Vict. de vir. ill. 77. 78), den Siegelring ſchickte er nach Rom, um
ver Nachricht Glauben zu verfhaffen. Dio XL, 18. — „Durd die That
der Aegyptier fah er fih eines Verbrechens überhoben; er bemeinte Pompe⸗
jus, wie DMarcelus das Schickſal des von ihm eroberten Syrageus, und er
ebrte ihn, wie Antonius feinen Feind M. Brutus, melden er bis an das
Grab verfolgt Hatte; mie es Pflichten gibt, welche man nur mit Selbſtüber⸗
mwindung erfüllt, fo iſt auch ein innerer Abicheu gegen das Unrecht, zu
welchem eine ungezügelte Leivenihaft ihn fortreißt, in einem übrigens eblen
Menſchen denkbar, und Cäſar hatte den Gefallenen nicht gehaßt, nie Rach⸗
gier gegen ihn empfunden; die Rechnung zwiſchen ihnen war gefchloflen, er
weinte feine Freudenthränen (Lucan. IX, 1038. Dio XLU, 8). Die Höf⸗
linge fonnten freilih nur Verſtellung darin finden; es erſchien Ihnen ald eine
unbeagreiflide Großmuth, daß er den Anhängern feines Nebenbublers, welche
fie ihm gefangen überlieferten, eine befondere Fürſorge widmete (Plut. Caos. 48.
Sonar. X, 10). BDrumann ©. 526. — Die Mörder erwarteten, Gäjar
werde, nachdem fie durch ihre That von der vompejaniſchen Partei Ih ganz
Iosgeiagt, bie Küfte ohne Verzug wieder verlaffen, um fo mehr, ba: feine
Gegenwart an andern Bunkten von größter Wichtigkeit war; allein er kam
an das Land, nicht blos um den Streit zwiſchen Ptolemäus und feiner
Scämelter Sleovatra (ſ. Bo. II. ©. 451.) zu ſchlichten, fondern er verlangte
auch die Berahlung einer Summe, die er an den verflorbenen König Ptole⸗
mänd Auletes für das von ihm im J. 59 ausgewirkte Schutzbündniß zu
fordern hatte; die Summe betrug nah Plut. Caes. 48. 17,500,000 Dramen,
Gäiar erklärte mir 10 Millionen fih begnügen zu mollen. vgl. Suet. Caes. 34.
Auf dad Volk von Alerandıla machte es einen ſehr üblen Eindruck, daß er
wie in eine römiihe Stadt mit Lictoren vor fl einzog, und in ben erflen
Tagen entftanden mehrmal Zufanmenrottungen, wobei eine Anzahl feiner
Solvaten das Leben verlor. b. c. III, 106. Dio XLI, 7. Liv. 112. Lucan.
x, 11. Cäſar nahm hievon fcheinbar Feine Kenntniß, gieng in der Stadt
herum, bemwunderte ihre Schönheit und hörte den Philoſophen zu; feine Leute
jeligfeit geflel. App. II, 89. Frontin. strat. I, 1, 5. Lucan. X, 14. Au
znischen Ptolemäus und feiner Schwefter, die von der Agyptiid-arabifden
Bränze ber im königlichen Balafte zu Alexandria bei Cäſar heimlich ſich ein»
gefunden und diefen ſchnell durch ihre Reize gefeffelt Hatte, ſchien der Friede
bergeflellt, indem fie fi geneigt erklärte, den Willen ihres Vaters (f. Bv. II.
6. 451.) zu vollziehen. Aber Pothinus, der Vormund ded Königs, ber
als ficbere Kolge dieied Friedens feinen Untergang vorausfah, reiste die Menge
in@gebeim wieder auf und wollte bei dem VBerfühnungsfefte Gäfar durch Gift
tövıen; die Warnung eines Sklaven vereitelte feinen Plan und nicht lange
nachher wurde er hingerichtet. Plut. Caes. 49. Vellej. II, 54. Suet. 35.
Zu gleicher Zeit rückte das Heer, welches zur Abwehr des Angriffes, mit
dem Gleopatra dad Neid bedroht hatte, am caflihen Vorgebirge aufgeftellt
worden war (b. c. III, 108. Dio XLII, 36.), unter Achilles deran ; zwei
Biulg, Real-Eackeloy. IV.
466 Jul
Beamte, bie Im Namen des von Caſar als Geißel bewachten Ptolemäus
aufforberten, nicht meiter vorzubringen, murben getöbtet. b. c. III, 109. Daß -
Heer des Achilles befland aus 20,000 Mann zu Fuß und 2000 Heitern,
außerdem nahmen, als der Kampf begann, die Alerandriner und ihre Sklaven
Antheil daran, und überall in Aegypten wurde neue Mannſchaft audgehoben,
der Kriegäbebarf war im Ueberfluß vorhanden. b. c. IH, 110. b. Alex. 2. 3.
Gäfar erwartete zwar von Domitius Galvinus, dem er bie Verwaltung ber
Provinz Afla übertragen Hatte, Legionen (b. c. III, 107. Dio XLII, 37.),
Rhodus, Syrien und Gilicien follten Schiffe, Creta Bogenfgühen, und
Malchus, Fürſt der Nabatäer im peträiſchen Arabten, Reiter ſenden, von
allen Seiten ber verlangte er Getraide und Kriegsbedarf (b. Alex. 1.); allein
zur See Eonnten wegen ber fpäten Jahreszeit die Verſtärkungen nicht fider
anlangen (b. Alex. 8.), und alle Zugänge zu Lande beherrfchte Achilles.
Eifar Hatte HH im Bruchium (f. Bd. J. S. 361.) verfanzt; er flug einen
Angriff ab und verbrannte zu gleicher Zeit 72 ägyptiſche Schiffe, die im
Hafen, und noch andere, bie auf ver Rhede lagen, der Brand ergriff aber
auch die nahe flehenden Gebäude, unter ihnen bie Bibliothef. b. c. III, 111.
b. Alex. 12. Blut. Caes. 49. Dio XLII, 38. Flor. IV, 12, 59. Lucan.
x, 491. Sonar. X, 10. (lieber die Bibliothek vgl. Bo. I. ©. 1110.)
Unmittelbar darauf fehte er fi in Beſitz des Leuchtthurmes auf ber oͤſtlichen
Spipe der Infel Pharus, wodurch er Herr der Meeresküſte wurde; barauf
verflärkte er feine Schanzen und bemühte fl den dem See Mareotid näher
elegenen Theil der Stadt von dem übrigen Theile Alexandrias abzuſchneiden,
—* um des Trinkwaſſers nicht beraubt zu werden, was er debhalb
befürchten mußte, weil die Waſſerleitung, durch welche die Stadt mit Waſſer
aus dem Nil verſorgt wurde, in der Gewalt der Feinde war. Bevor ihm
dieſer Plan gelang, ließ Ganymedes, der inzwiſchen die jüngere Schweſter
des Piolemäus, Arſinoẽ, aus der Burg entführt, und nachdem er ven
Achilles aud dem Wege geräumt, ben Dberbefehl übernommen hatte, bie
Kanäle verflopfen, welche dem von den Roͤmern befehten Stabttheile Waffer
zuführten; der in ben Gifternen noch vorhandene Vorrath wurde dadurch
ungenießbar, daß durch Maſchinen Meerwafler Hineingepumpt wurde. Die
Nömer dachten an Flucht, Gäfar aber ermuthigte fie: durch die Ausſicht,
Waſſer an der Küfte zu finden; nachdem man eine Naht binburch gegraben
hatte, fließ man auf trinfbares Wafler. Die von Dom. Ealvinus zur See
hergeſchickte Legion, welde vom Oſtwind über Alexandria Binaudgetrieben
worden war, führte Cäſar glücklich in die Stadt, die feindliche Flotte, bie
ihn daran hindern wollte, wurde geſchlagen. b. Alex. 11. Ganymedes fuchte
mit größtem Eifer ven Schaden zu erſetzen und vie Flotte zu vermehren;
gegen alle Erwartung ſchnell waren 22 vierruberige und 5 fünfruberige Schiffe
im Hafen Bunoflus zum Kampfe bereit. Cäſar rüdte dagegen aus dem
großen Hafen mit 34 Schiffen an, er verlor Feines verfelben, vie Aegyptier
fünf, ihre übrige Flotte floh nad der nahen Infel Pharus, wo fle unter
dem die Injel mit der Stadt verbindenden Damme (Heptaſtadium, f. Bd. I.
©. 360,) und ben daran floßenden Gebäuden Schu fanden, ba man bie
Nömer von dort aus verhinderte, näher zu kommen. b. Alex. 14—16. Darauf
ſuchte Cäſar, der bis fegt nur im DBeflge des Leuchtihurmes war, die ganze
Infel und den Damm in feine Gewalt zu bringen; er erflürmte bie Inſel,
viele ihrer Bewohner wurden gefangen oder geiöbtet, ber Ort geplündert;
auch das Caſtell an der nördlichen der beiden Brüden, momit bie zur Ver⸗
Bindung des öͤſtlichen und weſtlichen Hafens im Heptaſtadium gegrabenen
Ganäle bedeckt waren, wurbe von Gäfar befeht, dagegen vertheidigten bie
Alerandtiner no ben flärkeren Brückenkopf in der Nähe der Stadt. Gäfar
nahm am andern Tage auch diefen Poſten und wollte nun durch Drei Gohorten
Jallı (©. Jalus Caesar) AR
vom Brüdenkopf aus gegen Alexandria bin Verſchanzungen aufwerfen und
zuglei die Brüdenbogen mit Steinen ausfüllen laffen, um bie Verbindung
aufzuheben zwifchen dem großen Hafen und dem Eunoflus, aus welchem
Häufig in jenen Brander gegen die römiſchen Laſtſchiffe geſchickt wurden.
Während er mit den beranflürmenden Alexandrinern im Geſechte war, warf
fi eine große Anzahl von feinen Ruderknechten und Schiffſoldaten von den
Kriegeiäiffen im großen Hafen zum Theil aus Schauluf, zum Theil um IS
in ben Kampf zu miſchen, auf den Damm. Diefen fielen Feinde in Rüden
und verjagten fie in orbnungslofer Flucht auf ihre Schiffe. Als die drei
Cohorten die Gefahr, im Ruͤcken angegriffen zu werben, bemerften und bie
Möglichkeit der eigenen Rückkehr durch die Flucht der fi fchnel vom Damme
entfernenden Schiffe verloren, entfland auch unter ihnen Verwirrung; Viele
juchten die noch übrigen Fahrzeuge zu erreichen, verſanken aber mit benfelben,
weil fie mit Menſchen überfüllt wurden; Ginzelne ſchwammen bis zu ben
nächſten Schiffen, Cäſar felbft, welcher fo lang als möglih die Seinigen
bei der Brüde und den Schanzen zu Halten fuchte, mußte fi endlich ſelbſt
auf ein Schiff flüchten, verlieh ed aber, weil ihm eine ganze Maſſe feiner
Zeute dabin folgte und ſchwamm 200 Schritte weit zu einem andern, worauf
jenes ſank. Etwa 400 Legionfoldaten und noch mehr an Ruderern und See⸗
foldaten waren umgefommen, die Alerandriner aber waren wieber im Beflke
des Dammes und flellten die freie Durchfahrk aus dem Hafen Gunoflus In
den großen Hafen nieder ber. b. Alex. 17—21. Appian. II, 90. 150. Die
XL, 40. Plut. Caes. 49. Suet. 57. Flor. IV, 2, 59. 60. 64. Lucan.
X. fin. Drof. VI, 15. Zonar. X, 10. Die Römer wurden durch diefen
Berluft nit beſtürzt, ſondern fo erbittert, daß fie nicht nur alle Angriffe
der Beinde auf die römifchen Werke abfchlugen, ſondern auch mehr, als Bälar
geflasten Eonnte, wagen wollten. Da die Alerandriner fi überzeugten, daß
fie mit Gewalt ihren König nicht befreien Eonnten, ſiellten fie fi, ald wären
fie zum Frieden geneigt, vorher aber müſſe ihr König freigegeben werben.
Gijar wußte, daß fie ihn täufdgen wollten, entließ aber doch ven Ptolemäuß,
weil feine Haft ihm vorausſichtlich auch ferner feinen Vortheil bradte, feine
Beirelung aber ein Zerwürfnig zwiſchen ihm und Ganymedes, dem Beſchützer
ber Arfinoö, Herbeiführen Eonnte. Ptolemäus heuchelte beim Abſchiede von
Gäfer die größte Anhänglichkeit an feine Perfon, die Zeinpfeligkeiten aber
bauerten fort. Um die Zufuhr, die Cäſar von Aflen zur See erhielt, abzu⸗
ſchneiden, wurben in der Gegend von Canopus Kahrzeuge aufgeſtellt; ſogleich
ididte Cäſar den Tiberius Claudius Nero mit einer Flotte dahin; es kam
zu einem Trefien, in weldem ber tapfere Euphranor feinen Untergang fand.
Inzwiſchen Hatıe ſich Mirhrivates aus Pergamus mit einer bedeutenden Streit⸗
macht für Cäſar von Syrien aus bes ägyptiſchen Bränze genähert; er eroberte
Peluflum und rüdte in das Eleine Delta ein. Ptolemäus z0g ihm mit Heer
und Flotte entgegen, zu gleicher Zeit brach aber auch Cäſar auf und vereinigte
ſich mit Mithridates. Die Römer erflürmten das feindliche Lager und «in
großer Theil des ägyptifchen Heeres wurde getöätet, der König ertrank auf
der Flucht im Nil. Nah diefem glücklichen Erfolge kehrte Gäfar nach Ale⸗
zandria zurück, deſſen Cinwohner den Sieger um Gnade anflebten; er bes
gegnete ihnen freundlih und übte Feine Made. Die Megierung erhielt Cleo⸗
patra (f. d.) und ihr Bruder Ptolemäus der Jüngere, mit dem fie fi ver»
mählen follte. Arfinoe wurde nah Nom geihidt, um ven Ausbruch neuer
Unruhen zu verhindern. Das ganze römische Heer mit Ausnahme einer Legion
wurde in Aegypten zurüdgelafien. b. Alex. 22 ff. Dio XLII, 41ff. Blut.
Caes. 49. Liv. 112. Gutrop. VI, 22. Blor. IV, 2, 60. Deo. VI, 16.
Zonar. X, 10. Gäjar ſelbſt ſchwelgte noch einige Zeit mit Cleopatra, vie
ihm die glänzenpflen Feſte bereitete und machte in ihrer Begleitung eine Melle
608 Jutit
den NIT hinauf, um die Wunder bes Landes Eennen zu lernen. App. TI, 90.
Suet. 52. Dio XLII, 44. 45. Nachdem er im Ganzen neun Monate in
Aegypten zugebracht hatte, rom Anfange des October 48 bis zum Juli 47
nad dem unberitigten Calender, Mat nad der wahren Zeit, begab er fich
nah Syrien. Hier erhielt er Nachrichten von ſtürmiſchen Aufnitten in Nom
und der Unzufrievenheit der Legionen in Italien; auch mit den Ereigniffen
in andern Theilen im Wehen, wie in Iüyrien (f. Bd. IH. ©. 570. Bp. N.
&. 710, 3. und P. Vatinius) und Spanien (f. Bd. H. S. 199, 14.) Tonnte
Caſar nicht zufrieden fein. So dringend daher feine Rückkehr nah Rom war,
Tonnte er doch Aſien nicht verlaflen, bevor er Pharnaced, den Sohn des
pontifchen Königs Mithrivates, gebemürhigt hatte. Nicht zufrieden mit bem
tleinen bosporaniſchen Reiche am cimmerifhhen Bosporus, das er nad bem
Tode feines Vaters erhielt, hatte verfelbe in der legten Zeit weit um ſich
gegriffen und Cäſars Legaten En. Domitius Balvinus bei Ntcopolis gefehlagen
(ſ. Bo. II. ©. 892. 1205.). Gäfar vermeilte wenige Tage in Syrien unb
belohnte Ginzelne und die Städte, die ſich um ihn verbient gemacht, unter
Anderen den Idumaͤer Antipater, von dem Gäfar in Aegypten Träftig unter
flügt worden war (Iofeph. A. J. XIV, 8. [14.] 6. 1. B. 3.1, 9. [7.) $. 3.);
beſonders ausgezeichnet wurde Antiohia, das fi gleih nad der Schlacht
von Pharfalus gegen Pompejus erklärt hatte (b. c. IH, 102.), durch Bes
flätigung feiner Freiheit und Anorbnung von Bauten; aus Dankbarkeit führte
bie Stabt eine neue Aera ein, die ſich auf den Sieg bei Pharfalus bezog
(f. Speler Handb. d. Chronol. I, 467.). Eäfar fuhr mit derſelben Slotte,
mit welder er angefommen war, nad Gilicien; von da z0g er über ben
Taurus und durch Cappadocien gegen Pharnaces, ohne fih dur feine Ver⸗
forehungen aufhalten zu laſſen. Bei Bela, einer Stadt in Pontus, erfocht
Gäjar Über dad ungleich zahlreicdere Heer des Pharnaces nad einem harten
Kampfe in vier Stunden einen volfländigen Sieg (nah dem Calend. Ami-
tern. IV. Non. Sextil. = 20 Mat, f. Orelli Onom. I, p. 159.). In der
Freude über die fchnelle Beendigung bed Kriegs ſchrieb Cäſar das: Veni,
vidi, vicit nah Nom. Pharnaces, der, von wenigen Meitern begleitet,
entflob, Fam nachher durch Afander, feinen Statthalter am Bosporus, um. —
Nachdem Cäſar über die eroberten Länder zweckmäßige Verfügungen getroffen
hatte, ſchiffte er fih in Bithynien ein, mit großen Summen Geldes verfehen,
bie er auf feiner Reiſe nach Italien vermehrte, nicht aud Habſucht, fondern
weil er für feine Legionen viel nöthig Hatte und noch größere Ausgaben
bevorflanvden. b. Alex. 65 ff. Plut. Caes. 50. Dio XLII, 45 ff. Appian.
I, 91. b. Mithr. 120. Liv. 113. Vellej. II, 55. Suet. 35. Gutrop.
VI, 22. Flor. IV, 2, 61. Frontin. strat. IE, 2, 3. Aurel. Vict de vir.
il. 78. Oroſ. VI, 16. Sonar. X, 10. — Nah der Schluht von Phar⸗
falus Hatte Caͤſar dem M. Antonius die Verwaltung Roms und Staliens
während feiner Abweſenheit übertragen. Nachdem man von dem Tode des
Pompejus durch den Anblick feines Stegelringes Gewißheit erhalten, enıfland
unter den erften Männern Roms ein Wetteifer, Schmeicheleien für den Sieger zu
beantragen. Die gewöhnlichen Ehrenbezeigungen, wie Ehrenfäulen, Kronen
und Anderes hielt man nicht für genügend; Dio Eaiflus (XLII, 19.) übers
geht alle, welche nicht etwas Bigenthümliches und Lingemöhnliches hatten.
Gäfar wurde Dictator (II), nit auf ſechs Monate, fondern auf ein ganzes
Jahr, erhielt die Gewalt der Tribunen auf Lebendzeit, das Recht über Krieg
und Frieden, und bie Befugniß, den Prätoren die Provinzen ohne Loos
zuzuweiſen, auch geflatteten fie ihm, ba er einen Triumph über Dlirbürger
veriämähte und deshalb von dem Siege bei Pharſalus dem Senate nicht
einmal einen Bericht zugeſchickt Harte (Dio XLI, 18. Plut. Caes. 56.),
einen Triumph über den numidiſchen König Iuba, mit dem er den Kıieg
Jalll (C. Jallus Caosar) 469
noch gar nit begonnen hatte. Antonius trat, wie Gäfar voraudbeftlimmt
hatte, als fein Magister equitum auf. Dio XL, 20 f. Put. Caes. 51.
Anton. 8. 2iv. 112. Cic. Phil. IE, 25. Allein flatt Ruhe und Orbnung
zu erhalten, feierte er feine Orgien und ließ es geſchehen, daß durch Neues
rungen des Bolfötribunen P. Dolabella (f. Bo. HI. S. 689.) Hlutige Kämpfe
in den Strafen Noms entflanden; auch dem Aufſtande der Legionen, die mit
trogigem Ungeflüm bie verheißenen Belohnungen forderten, arbeitete ex zu
fpät entgegen. Gäfar zug jedoch nach feiner Ankunft in Nom (im Sept. 47
nach dem unberichtigten Kalender) weder ihn noch den Dolabella zur Verant⸗
wortung, feine frühere Verfügung über das Schuldenweſen erhielt er aber
aufrecht (Suet. 42.; was Dio XLI, 51. erzählt, gehört in das Jahr 46).
Die Regionen, melde unter Verübung großer Gemaltthätigkeiten gegen Rom
anrüdıen, brachte er, indem er auf dem Marsfelde herzhaft unter bie gährenbe
Menge trat und bie verlangte Entlaffung fogleich bemilligte, zur Reue und
neuem Gehorſam; die fehuldigften der Meuterer gab er fpäter auf gefahrvollen
Poſten dem Feinde Preis. Dio XL, 30. 52 ff. cf. XLII, 13. Plut.
Caes. 51. App. IL 92. iv. 113. b. Alex. 65. Suet. 70. Polyän.
VIII. 23, 15. Frontin. strat. I, 9, 4. Um die Beit, da er nah Nom
zurüdgefehrt war, endigte fich feine erſte jährige Dictatur; er ließ fi von
Neuem zum Dictator ernennen (wurde alfo, die kurze Dictatur vom I. 49
mitgerechnet, Dictator III.) und zugleich zum Conful HI. für das 3. 46.
Fasti cap. 707. Plut. Caes. 51. Anton. 10. Dio XLIII, 1. 33. Suet. 76.
Eutrop. VI, 23. Oroſ. VI, 16. Zonar. X, 10. — M. Lepidus murde fein
Amtegenofie (f. Bo. I. &. 151.). Auch die übrigen Aemter wurben von
Gäjar an feine Anhänger willkührlich vertheilt, ohne daß er dabel die geſetz⸗
Uchen Befimmungen wegen bed Alters ober vorher vermulteter Nemter berüd«
fich igte. Um deſto mehrere belohnen zu können, erhöhte er die Zahl ver
Vraͤtoren von acht auf zehn, den Vontiflces, Augurn und Quindecemvirn
gab er je ein weiteres Mitglied bei, in den Senat, ber einer Ergänzung
bedurfte, wählte er Ritter, die unter ihm gedient hatten, Genturionen und
andere Männer von niebrigem Range, wodurch er ihm vollends alle Selb»
fländigkert raubte. Die von Manchen gebofften Pröferiptionen unterblichen;
nur das Bermögen berjenigen Optimaten zog er ein, vie noch jeht gegen Ihn
unter den Waffen flanden; zu ihnen gehörten die Söhne des Pompeluß.
Außerdem verfchaffte er ſich Geld, indem er Geſchenke annahm und von Eine
selnen und ganzen Städten Summen als Darlehen verlangte. Dio XLII, 80.
Cic. Phil. II, 25. 27. 29. Blut. Anton. 10. Vom Sanuar 46 an bes
fSäftigte ihn gegen ſechs Monate der Krieg gegen die Optimaten, vie nad
ber Schlacht von Pharſalus mit den Trümmern des Heeres fih nah Africa
geflüchtet und dort in Vereinigung mit dem Propräror P. Attlus Varus
(f. Bo. I. S. 993.) und den numidiſchen Könige Juba, fon felt dem I. 62
Caͤſars perfönlidem Feinde (Suet. 71.), ein an Truppenzahl bedeutendes
Heer (b. afr. 1. 19.) gebilder Hatten, über welches D. Metelus Scipio
(i. Bo. 11. ©. 33 f) den Oberbefehl führte; zudem beherrſchten fie mit
ihrer Flotte das Meer. Am 19. December 47 (— 30. September des be⸗
richtigten Kal., f. Orelli Onom. I, 175.) traf Gäjar in Lilybäum, an der
weſtlichen Küfle von Sicilien, ein, um von hier aus, wieder in einer Jahreds
jeit, in der die Feinde ihn nicht mehr erwarteten, ungeflört überlegen zu
tönnen. Am 27. December brach er auf und fam am vierten Tage nad
Adrumetum; von den ſechs Legionen und 2000 Reitern aber, bie er einges
fhifft hatte, waren ihm nur 3000 Dann Fußvolk und 450 Reiter gefolgt,
die Schiffe mit der übrigen Mannſchaft hatten Winde zeritreut. Als er an
das Land flieg, fiel er zu Boden, aber der böſen Vorbedeutung gab er eine
gute Wendung mit den Worten: Ih halte did, Africal In Adrumetum
40 Jalll
lagen zwei feindliche Regionen; Gäfar bielt fein Fußvolk, das aus neuges
worbenen Leuten befland, für eine Beflürmung der feſten Stadt nidt hin⸗
reihen und zog beöhalb, zumal da er auch die weit überlegene feindliche
Meiterei zu fürchten hatte, fürlich gegen Ruspina, dad er am 1. Januar
erreichte. b. afr. I—6. Dio XLIL, 56—58. Blut. Caes. 52. App. IE, 95.
Cic. de divin. H, 24. Liv. 113. Belle. II, 55. Suet. 35. 59. @utrop.
VI, 23. Flor. IV, 2, 64. Droſ. VI, 16. Sonar. X, 10. Frontin. strat.
L, 12, 2. Ohne Aufenthalt rüdte er nach Kleinleptis vor und lagerte fidh,
von der feindlihen Beſatzung in Ihapfus glüdlicher Welfe nicht beunruhigt,
an der Küfte. Leptis hatte durch Befandte Alles zu feiner Verfügung ge-
ſtellt; er ehrte dieſes Vertrauen durch ſtrenge Mannszucht, während feine
Gegner, mo fie fi feſtgeſetzt, durch Raubſucht und Härte erbitterten. Dur
Zufall gelangten einige feiner Schiffe zu ihm, andere irrten umber, in bes
Ränpiger Gefahr, von den zahlreichen feinpliden Schiffen genommen zu werben.
Er Hatte zehn Schiſfſe nach ihnen audgefandt; ald ſich aber nah zmei Tagen
Feines derſelben zeigte, wollte er felbfi von Ruspina aus mit fleben Cohorten
fie aufiuhen; ſchon war er zur Abfahrt bereit, als eben die Schiffe, um
welche er bejorgt war, zu ihm fließen. Er lagerte ſich mit den angefommenen
Truppen hei Ruspina. Um Lebensmittel zu finden, zog er mit dreißig Go»
borten aus, bald traf er mit Labienus zufammen, der 1600 galliide und
germanifhe Reiter, 8000 Numidier und mehr ala 30,000 Maun Fußoolk
beranführte. Caͤſar wurde umzingelt und fein Heer mar nahe daran, in
einen oronungdlofen Haufen zufammengebrüdt zu werben; allein durch eine
überrafchende Veränderung feiner Stellung gelang es ihm, das Centrum bes
Labienus zu durchbrechen und fein Lager wieder zu erreichen. b. alt. 7 ff.
App. II, 95. Dio XLIII, 2. Er ließ dieſes jept forgfältiger befefligen und
errichtete Verſchanzungen und Thürme, die er. bis an die Küſte führte, um
fi die Verbindung mit dem Meere offen zu halten. Bei diefen Arbeiten
wurde er aber durch Labienus, der ihm gefolgt war, fehr beunruhigt, und
ald nad wenigen Tagen auch Scipio mit acht Legionen und 8000 Reitern
anfam, ſah ſich Cäſar auf einen fo engen Raum beſchränkt, daß großer
Futiermangel entfland und die Ihiere mit Seegrad, melches in ſüßem Waſſer
reingewaſchen wurde, gefüttert werden mußten. Ein Glück für ihn war, daß
Juba in Ausführung feines Planes, zur Einſchließung Gäjars fih mit Sciyio
zu vereinigen, dur den Einfall, den der mauritaniſche König Bocchus und
der Abenteurer B. Sittius in fein Reich machten, gehindert und zur Rück⸗
fehr gezwungen wurde, aud von Scipio die früher geſchickten Hülistrunven
zwüdforderie. Scivio bot täglich eine Schlacht an und rüdıe immer fühner
den Lager Cäſars näher; Cäjur verhielt ſich ganz ruhig, weil ex die Ankunft
einiger Legionen Veteranen abwarten wollte. Obgleich Scipio in einer bei
Weirem vorıheilbafteren Xage war, verließen ihn doch täglich Numidier und
Bäruler, um entweder in ihr Vaterland zurüdzufehren oder zu Gäjar über-
zugeben. Die Stadt Achilla erbat fih von Eäler eine Befagung und ver-
ſprach Lieferung von Getraide und anderen Vorräthen; trog ber Cinſchließung
fonnte Caͤſar ihren Wunſch erfülen. . Seinem Mangel wurde durch Getraide⸗
fendung von Gercina abgeholfen, wohin er gleih nach feiner Ankunft in
Yirica den Prätor C. Saluflius Criſpus geſchickt Hatte; auch trafen endlich
zwei Xegionen, 800 galliihe Reiter und 1000 Leihibemaffnete aus Sicilien
bei Ruipina ein. — Dreiundgmanzig Tage nad dem Gefechte mit Kabienug,
in der Nacht des 27. Januar, brach Cäſar plötzlich auf und gemann eine
Hochebene, von melder aud er mit feinem vorigen Lager in Verbindung
blieb, gegen Uzita aber, weldes den Scipio ſowohl mit Waſſer ald andern
Bedürfniffen verjorgie, hinter Schanzen vorrüden wollte. Labienus, der ihn
glei im Anfang daran zu hindern fuchte, erlitt eine Niederlage und mußte
Julil (C. Jallus Caesar) 471
auch meiden, als Gäfar, Uzita ganz nahe gefommen, einen bie Stabt bes
herrſchenden Hügel befeßte. Er erhielt um dieſe Zeit wieder Verſtärkung
durch zwei Legionen, von denen eine, die zehnte, früher megen ihrer Treue
und Tapferkeit von Cäſar am meiften audgezeichnet, an ber Meuterei in Cams
yanien Theil genommen hatte. Gäfar hatte Grund, mit einem ihrer Krieg»
tribunen auch jeßt unzufrieden zu fein, und befahl daher ihm und einigen
Anderen dad Heer in Africa zu verlaffen. Die Regionen waren zu gelegener
Zeit angelommen, ba Scipio vor Uzita eine Schlacht Tiefern wollte. Das
feindliche Heer hatte dur Juba Zuwachs erhalten, der auch noch beträchtlich
war, nachdem Juba wegen eined von Gäfer angezettelten Aufftandes in Gä⸗
tulien wieder einen Theil feiner Truppen zurüdgefchidt Hatte und gegen 1000
Bätuler aus feiner Reiterei zu Cäſar übergegangen maren. Cäſar ſtellte fein
Heer in Schlachtordnung: allein e8 kam nicht zum Angriff, da Feiner von
beiden Ihellen feine örtlichen Vortbeile aufgeben wollte. Den ganzen Tag
beobachteten fie einander, und erſt am fpäten Abend entfland noch ein Reiter»
gefecht, in welchem die Feinde einen Sieg gewannen, der jo menig bedeutend
war, als der, den am folgenden Tage eine Abthellung von Cäſars Reiterei
erfocht. Nachdem Cäſar kurz darauf wieder zwel Legionen aud Sicilien an
ſich gezogen und den durch Attius Varus erlittenen Verluſt mehrerer Fracht⸗
ſchiffe gerächt hatte, ſuchte er eine entſcheidende Schlacht, da eine längere
Belagerung des von Scipio geſchützten Uzita für ihn Hungersnoth herbeizu⸗
führen drohte; allein die Feinde zogen jetzt ven kleinen Krieg einer Feldſchlacht
vor. Erf dur den Angriff auf Ihapfus, deſſen Befagung unter C. Vir⸗
gilius Scipio nit Preis geben wollte, erreichte er feinen Wunſch. Scipio
rüdte nach und lagerte ſich nahe bei Cäſar; ſchon am folgenden Tage (6. April
— 6. Februar, f. Orelli Onom. I, p. 147.) flanden die Heere einander
gegenüber; Caſars rechter Flügel begann mit wilden Muthe früher vie
Schlacht, als das Zeihen gegeben wurde. Die Elephanten, welche Scipio
auf den Flügeln aufgeftellt hatte, wendeten fich ſcheu gemacht um und bradten
das eigene Heer in Verwirrung; nad wenigen Stunden waren Scipio und
Juba völlig geſchlagen, ihr Lager erobert. Die durch die Grauſamkeit und
Hinterlift der feindlichen Führer (b. civ. II, 42. 44. b. afr. 4. 46. 73),
durch die Entbehrungen und Mühfeligkeiten biefed Krieged erbitterten Cäſa⸗
rianer mordeten fhonungdlos, trog Bitten und Befehlen des Feldherrn, alle
Gefangenen. Behntaufend Feinde wurden erfhlagen, Caͤſar verlor nur 50
Mann. b. afr. 20 ff. Blut. Caes. 53. Cato 58. Dio XLIII, 3 ff. App.
II, 96 f. Liv. 114. Vellej. 11, 55. Suet. 35. Eutrop. VI, 23. %lor.
IV, 2, 66. Aurel. Bict. de vir. ill. 78. Oroſ. VI, 16. Sonar. X, 10.
Da Birgiltus die Uebergabe von Thapſus verweigerte, ließ Cäfar drei Le⸗
gionen vor dieſer Stadt, zwei ſchickte er gegen Thysdras, das von Conſidius
vertheidigt wurde, er ſelbſt brach nach Utica auf, damit der Feind ſich dort
nicht wieder fammle. Gato, ber feit bem Beginne bed Kriegs die Stadt bejegt
und noch mehr befefligt hatte, wollte auf bie Nadhriht von dem Audgange
der Schlacht bei Thapfus einem Angriffe Cäfars Eräftigen Widerfland ent»
gegenfeßen, allein der größere Theil der angeichenften Bewohner flimmte dafür,
Caſar um Gnade zu bitten. Unter biefen Umfländen forgte er für die Ein»
fchiffung derjenigen Parteigenoffen , welche entfliehen wollten ; er ſelbſt flürzte
fih in fein Schwert (f. Porc.). Gäfar bevauerte, daß er ihm nidt den
Ruhm gegönnt habe, ihm zu verzeihen, was den übrigen Optimaten, bie
er noch in Utica traf, zu Iheil wurde; den römifhen Bürgern, melde des
Handels wegen daſelbſt anfäßig waren, feßte er al8 Strafe für die Unter»
flügung des Attius Barus und Sciplo eine bedeutende Geldfumme an; auf
gleiche Weile wurden andere Städte, die ſich nach einander ergaben, wenn
fie feinen Feinden Vorſchub geleitet Hatten, beſtraft. Won Utica aus begad
472 Jalii
fi6 Gäfar nah Zama, das von Yuba abflel und ihm bie Aufnabme ver⸗
weigerte, weshalb verfelbe, auch fonft überall abgewieſen, mit feinem Bes
gleiter M. Petrejus gegenfeitige Ermordung beſchloß. Jubas Güter und die
der Nömer in feinem Heere wurden verfauft, fein Neid wurde roͤmiſche
Provinz und dem C. Salluflius Erifpus (i. d.) zur Verwaltung übergeben,
mit dem weſtlichen Numivien aber, welches Maſiniſſa, Jubas Freund und
Vundeégenoſſe, unter deſſen Oberbefehl zum Theil beſeſſen Hatte, wurben
Bocchus (f. Bd. I. ©. 1155.) und Sittius belohnt. Scipio entgieng der
Gefangenſchaft durch Selbfimorb (f. Br. I. S. 340.), T. Xabienus, Attius
Varus und Andere dagegen gelangten dagegen nab Spanien. Bor der Ueber»
fahrt nah Italien entließ Cäſar noch einen Theil der alten Soldaten; er
glaubte ihrer nicht mehr zu bebürfen und wollte neuen Empörungen vor»
beugen. Am 13. Juni (= 14. April, ſ. Oreli Onom. I, p. 155.) fegelte
er ab und fam am dritten Tage nad Garalis auf Sarbinien, feine Anfunft
in Nom verzögerte flh wegen wibriger Winde bis zum Ende des Jult 46
(= Mat) b. afr. 86 ff. App. II, 100. IV, 54. Dio XLIII. 8. 9. 14. —
Der Senat hatte fon ein vierzigrägiges Dankfeſt zur Beier feines Sieges
über Jaba angeordnet und einen vierfadhen Triumph, über Gallien, Aegypten,
über Tharnaces und Iuba, mit beiondern Auszeihnungen ihm zuerkannt;
zum Dictator wurde er auf zehn Jahre ernannt, die Cenſur und ebendamit
die Defugniß, nad Belieben aus dem Senate und dem Mitterflande auézu⸗
ſtoßen und fie zu ergänzen, erhielt er ohne Gollegen auf drei Jabre unter
dem Titel eines Praefectus morum; außerdem wurden ihm ausdrücklich Vor⸗
rechte eriheilt, welche ihm in feiner jegigen Stellung nit verweigert werden
Tonnten. Cäaſar erfannte in dem Beihluffe der überihmänglihen Ehren»
bezeigungen, in dem Bıfer, mit welchem man ſich zu feiner Bearlißung herbei»
drängte (Cic. ad Fam. IX, 6.), die fortvauernde Furcht, er könnte bei fefter
begründeter Macht verfahren wie feine Gegner, melde im Bulle des Sieges
über ganze Maffen die Proferipiion verhängt hätten (Cic. ad Att. XI, 6, 2.
IX,7,4. 10, 2.3. ad Fam. IV, 9,3. V,21,3. IX, 6,3 ); er fuchte daher die
Angſtvollen im Senate und unter dem Volfe zu ermuthigen und fie von dem
Mißtrauen zu befreien, als wäre bieher feine Milde nur Verflellung geweſen.
Bol. Dio XLIII. 15 ff. Gleichwohl Eonnte er fle nicht ganz beruhigen (Dio
XLIII, 18.), auch Gicero mar nit fähig, bie Hocdherzigfelt des Siegers
gehörig zu mürdigen, obgleih Gäjar ihn weder entgelten ließ. dag er feinem
Wunſche, ſich ihm anzufcließen oder menigftens ſich nit aus Italien zu enıfernen,
entgegen gehandelt und fih nah Dyrrhachium in dad Lager des Vompejus
begeben hatte (Gic. ad Fam. XIV, 23. Blut. Cic. 39. u. Tull ), noch wegen
feiner aufregenden Lobſchrift auf den Nepublifaner Cato fih Falt gegen ihn
bewies (ic. ad Att. XIII, 20. in 22. extr.), ihm vielmehr nur durd Wegen»
fhriften entgegnete, deren eine Hirtiuß verfaßte (ſ. Bd. III ©. 1381.), eine
zweite (unter dem Titel: Anticato bekannt, aus zwei Büchern beflebenp,
Suet. 56.) Gäfer ſelbſt (ic. ad Att. XII, 40. XIII, 27. ad Fam. VII, 25.
Tac. Ann. IV, 34. Pur. Caes. 3. 54. Cic. 39. Dio XLIII, 13. Avp.
II, 99., im 3 45 von Spanien aud, ad Att. XIII, 50. ad Fam VII,25 ),
wobei er noch feiner Eitelkeit ſchmeichelte (ad Att. XIH, 46, 2.). icero
tröftete zwar ehemalige Varteigenoffen, weil ihnen ald den bartnädiaften
Segnern die Rückkehr noch erſchwert wurde, mit Cürard Milde und Ver⸗
föhnligfeit (ad Fam. VI, 6, 8. 13, 2. 3), und ließ fid, als Gälar den
M. Marcelus begnadigte, au einer Dankrede hinreißen (ad Fam. IV,
4, 4.), dennod verließ ihn die Kurt vor Gräueln, von welder er vor
Cãſars Rũckkehr aus Africa gequält murbe (ad Fam. IX, 2, 3. 4. 17. 18 in.),
nie völlig (ad Fam. VI, 3. 4. 21. ad Aut. XIII, 10, 1. 28, 3. 37,2... —
Dis vier Ariumphe wurden (im Auguſt — Juni) an verfchiedenen Tagen
Julli (O. Jalius Caesar) 478
gefeiert, jeder mit verſchiedener glänzender Zubereitung und Ausſchmückung.
Eine auffallende Erfheinung waren Gäfars 72 Lictoren, eine Menge, die
no feinen Dictator umgeben Hatte; den Soldaten aber geflatiete er das alte
Recht, Spottliever über den Feldherrn zu fingen, und fle ſcheuten fi nidt
aus feinem Privatleben Dinge zu erwähnen, die er nit gern hörte. Aber
auf den bebeutungsuollen Zuruf vernahm man von ihnen: Sei geret und
du wirft büßen, ſei ungerecht und du wirft König fein! Dio 20. An Bold
follen bei diefen Triumphen 90,000 Talente vorgetragen worben fein, nebfl
2822 goldenen Kronen, welde gegen 20,414 Pfund im Gewicht Hatten.
App. I, 102. cf. Belle. IL, 56. Bei dem Triumphalihmaufe nad ber
Beier des vierten Tages wurde das Volk an 22,000 Trielinien (Blut. 55 )
und zwar foger mit Muränen (Plin. IX, 85. Barro de re rust. II, 17.
Macrob. Sat. AI, 11.), mit Kalerner und Chierwein (Blin. XIV, 17.) bes
wirıhet. Außerdem wurben an Jeden von dem Volke zehn Scheffel Betraide
und ebenfo viele Pfund Del vertbeilt, auch erhielten die mit Getraive Bes
ſchenkten über die im Unfange ded Bürgerkriegs verſprochenen 75 Denare
wegen bed Verzugs no 25, und für die, welde in Nom nicht über 2000
und außerhalb der Stadt nicht über 500 Seflerzien für die Wohnung gaben,
wurbe der Miethzins eines Jahres bezahlt. Sueton. 38. Div XLIN, 21.
ct. XL, 51. App. II, 102. Jeder gemeine Soldat befam 5000 Denare,
der Genturio dad Doppelte, der Kriegstribun und Meiteranführer das Dier-
fache. Appian, Div, Suet. am a. D. Auch wurden ben Beteranen Län⸗
dereien angewiefen, aber reiht entfernt von einander, daß fle weder den Nach⸗
barn gefährlih noch dur ihr Zufammenmohnen zu neuen Auffländen veranlaßt
werben fönnten. Sue. am a. DO. (Dio XLIL, 54. läßt diefe Bertbeilung
ſchon im 3. 47 geſchehen.) Die Soldaten murrten ohnedem, daß nicht ihnen
die ungehenern Summen zugeflofien waren, die auf bie Triumphe und auf
bie nachher zur Beier der Cinweihung des Forum Caesaris und des Tempels
ber Venus Genetrix veranflalteten mannigfaltigen und großartigen Spiele
(Liv. 115. Die XLIII. 22 f. Arvian. I, 102. Plut. Caes. 55. Plin.
VIII, 7. 20. 27. 70. XIX, 6. XXXVI, 24. Suet. 39. Belel. II, 56.) ver-
wendet wurben; auch hörte der Lärm nit eber auf, als bis Gäiar ſchnell
unter fle trat, einen mit eigener Hand ergriff und ihn nebft zwei andern mit
dem Tode beſtrafen lieh. Dio XLIII. 24 In vieler an Feftlichkeiten fo reihen
Zeit erließ aber Gäjar auch manche Berorbnungen zur Grhalıung ber Ruhe
und Gerflellung der Orbnung im öffentlichen Leben, wobei er den Eenat
zum Scheine zu Rathe zug (Die XLIII, 27.) oder zu den Beihlüffen will⸗
kührlich die Namen von Senatoren hinzufügte, die gar Nichts von der Sache
wußten (Gic. ad Fam. IX, 15, 4.). Dur eine der Berorbnungen wollte
er bewirken, daß die Zahl derjenigen, melde wegen der monatliden unents
geldlichen Betraideveriheilungen aus ganz Italien nah Rom gezogen und bei
ihrem Mangel an Beflg fteis zu Unruhen geneigt waren, ſich vermindere.
Er ließ daher ſtraßenweiſe die Hautbeflger ein Verzeihniß der an ben Spenden
Theilnehmenden entwerfen und ſchloß 170,000 von 320,000 aus, die Siellen
ver Geflorbenen follten jährlich aus der Zahl ber nicht Eingefhriebenen bes
jegt werben. Guet. 41. eſ Liv. 115. Blut. Caes. 55. Dio XLIII, 21.25.
App. I, 102. Senar. X, 10. Gine andere Verordnung bob vie durch V.
Clodius im I. 58 erneuerten und vermehrten, der Ruhe gefährligen Gollegia
auf (| Br. II. S. 498 ); ferner übertrug er Die Rechterflege blos dea
Eenateren und den Histern, die von Aurelius Gotta als dritte Decurie auf⸗
genommenen Tribuni aerarii follien nit mehr Beifiger fein (Dio XLIN, 25.
Ene. 41. Gic. Phil. I, 8, 19. 20. Drelli Onom. III, p. 194.).
Gewaluhätigkeiten und Rajeflãts verbrechen widgienen, wie nad Dir, Phi. 1,9.
73 | Jaltı
angenommen werben barf, Gelege de vi et de majestate, wiewohl weder
gewiß if, ob ſchon in biefem Sabre, no ihr Inhalt genauer beftimmt
werben farm. (Vgl. Drumann IH. ©. 622. u. Orelli Onom. IH, p. 194 ff.
wo aus dem Neuen Archive des Criminalrechts Bd. XIII. I. ©. 31 fi.
C. ©. Wächters Bemerkungen über bie lex Julia de vi mitgetheilt find.)
Um zu verhindern, daß gleih ihm Statthalter durch vieljährigen Aufenthalt
in einer Provinz Mittel zu einer Staatsumwälzung gewinnen (Dio 25.),
verfügte er, daß die geweſenen Prätoren nur ein, bie Confularen nur zmei
Sabre nad einander Statthalter fein dürfen, überhaupt Feiner längere Zeit
einen Obexbefehl führen folle. Dio am a. DO. Eic. Phil. 1, 8, 19. Außerdem
ſuchte er durch eine lex sumptuaria übermäßigen Aufwand zu beicgränfen
(Dio XLIH, 25. Suet. 43. Eic. ad Att. XIII, 7, 1. ad Fam. VII, 26,2.
IX, 15,5. Vgl. Drumann MI. ©. 621. Orelli Onom. III, p. 193.). Von
längerer Dauer als dieſe Geſetze, welche zum Theil fon im I. 44 von
Antonius wieder aufgehoben wurden (mie das über die Gerichte, Cic. Phil.
‚8. V, 5. 6.; de vi et de majestate, @ic. Phil. I, 9.; über die Provinzen,
Phil. I, 8, 19. V, 3, 7. VII, 9, 28.) war feine Berbefferung des burd Die
Willkühr der Bontificed in große Verwirrung gebraten Kalenders, worin
er, felbfk in Mathematik und Aftronomie wohl bemandert (Plin. XVII, 57.
64. 65. Macrob. Sat. I, 16.), von dem alerandrinifhen Mathematiker
Sofigenes und dem Schreiber M. Flavius unterflügt wurde; f. Bd. J. S. 510.
So zmedmäßig diefe Neuerung war, fo fand fie doch bei Manchen Eeinen
Beifall, denn die Moͤglichkeit, aus Privatrückfichten mehr ober weniger Tage
einzuſchalten (Gic. de leg. I, 12. Dio XL, 62. Macrob. Sat. 1, 14.
Eueton. 40.), war dadurch den Pontiſices benommen. Cicero fleht auch dieſe
enberung als Zwang an. Plut. Caes. 59. — Nah Die XLIII, 27. erhielt
Gäfar während des Sommers 46 (vgl. übrigens Bo. II. ©. 452.) einen
Beſuch von Bleopatra; fie kam mit ihrem Bruder und Gemahl, dem jüngeren
Btolemäus und wahrſcheinlich auch (Cic. ad Att. XIV, 20, 2.) dem Knaben
Gäfarion, der von ihr bald nah Eäfars Abreife von Aleranpria im I. 47
geboren wurbe und nad ihrer Behauptung ein Sohn Cäſars war, mas Gäfar
dur) die Erlaubniß, ihn nad feinem Namen zu nennen, anzuerkennen f&ien.
Suet. Caes. 52.; ſ. Bb. II. S. 48. Allgemeines Mipfallen erregte, daß
Gäfar fie in feinen Garten jenfeit8 der Tiber aufnahm (Eic. ad Att. XV,
15, 2. Dio am a. D.) und durch Auszeichnungen, wie vie Aufftelung
einer goldenen Statue im Tempel ber Venus Genetrix, der Stammmutter
feines Geſchlechts (Dio LI, 22. App. II, 102.), dem beleidigenden Leber»
mutbe, den fie zur Schau trug, als wäre fie Königin von Rom (ic. ad
Att. XV, 15, 2.), Nahrung gab. Sein Zufammenleben mit ihr flörten
Nachrichten aus Spanien, welche ihn noch einmal auf das Schlachtfeld riefen,
nachdem er den Bürgerkrieg ſchon für beenbigt gehalten hatte. — O. Eafflus,
der im I. 49 als Mroprätor in Spanien zurückgelaſſen murbe, hatte durch
feine Erpreſſungen und Grauſamkeiten Gäfars Herrſchaft verhaßt gemacht; «8
entflanden Unruhen im Ginverftänpnig mit zwei Legionen, welche früher unter
M. Barro, dem Legaten des Pompejus, gedient hatten (f. Bo. II. S. 199.).
Der Nachfolger des Eafflus, C. Trebonius, ſtellte auf einige Zeit die Ord⸗
nung wieder ber; allein nachdem Gäfar in Africa gefiegt und auf der Rückehr
nad Rom eine Slotte unter dem Legaten E. Didius (ſ. Bo. II. S. 1011, 4.)
von Sarbinien aus nah Spanien entfanbt hatte, erhoben fi die Regionen,
welde Strafe für ihre Meuterei fürdteten, von Neuem, verjagten ben Tre⸗
bonius und braten das ganze batiſche Land in Auffland. Der ältere Sohn
des Pompejus, Cnejus (f. d.), der fon im I. 47 die baleariſchen Infeln
und Ghufus, eine der Pityufen, beſeht hatte, übernahm ben Oberbefehl.
Sein Heer vermehrte ſich ſchnell durch Tingeborne, auch vereinigten ſich mit
Julli (©. Jallus Caosar) 475
ihm Die Flüchtlinge aus Africa, unter welden fein Bruber Gertus, Attius
Varus und T. Labienus fich befanden. Dio XLIH, 29. 30. b. hisp. 1. App.
I, 103. Delle. II, 55. Cic. ad Fam. VI, i8, 2. Bon den Legaten D.
Sabius Marimus und O. Pedius kamen die dringendſten Bitten, daß Gäfar
ſelbſt nah Spanien Fommen möge. Gr übertrug die Leitung der Innern
Angelegenheiten dem M. Lepidus, ſeinem Mag. eq. und ſechs oder acht Stadt⸗
präfecten, welche die höchſten Magiſtrate vertraten. Corn. Balbus und Oppius
Eonnie ſie ſtets über feinen Willen belehren (ſ. Bb. II. ©. 693.). In 27
Tagen (App. II, 103. cf. Suet. 56. Oroſ. VI, 16.) gelangte Käfer nad
Spanien, früher no, als die Seinigen ihn erwartet batıen, im Herbſt 46.
(Am 23. September war er no in Rom, ic. ad Fam. VI, 14, 2, a. d.
V. Cal. intercalares priores; vgl. Ideler Handb. d. Ehron. 11,122. Orelli
Onom. I, p. 175.) Die Sende Hatten, weil fie ganz Spanien zu behaupten
nit Hoffen durften, fi auf die Provinz Bätica beſchränkt, und Hatten fie
ganz in ihre Gewalt gebracht, außer der Stadt Sulia, melde ſich nicht er-
geben wollte und deshalb fchon mehrere Monate von En. Pompejus belagert
wurbe. Gäjar befreite die Stadt, die fi kaum mehr zu halten vermochte,
indem er durch Bedrohung von Corduba den En. Pompejus veranlaßte,
feinem Bruder Sertuß, ber daſelbſt befehligte, zu Hülfe zu Tommen. b. hisp.
3. 4. cf. Dio XL, 32. Da Gäfar den Pompejus weber durch Verſchan⸗
zungen von ber Stabt abſchneiden, noch eine entiheidende Schlacht erzwingen
fonnte, wandte er fi gegen Ategua, etwa 2000 Schritte vom Fluſſe Salfus,
wo ſich große Vorränhe befanden. Pompejus folgte und war gegen einzelne
Abıheilungen Caͤſars glücklich, machte aber zur Mettung der Stabt nit bie
Anfrengungen, auf welche die tapfere Beſatzung hoffte; fie glaubte ſich Preis
gegeben und dffnete-am 19. Februar 45 die Thore. b. hisp. 6 ff. Dio
XLIN, 33 f. Ihr Kal und die Härte des Verfahrens gegen Alle, vie Ber-
dacht erregten, fih auf Gäfars Seite zu neigen, ſchwächte das Vertrauen,
bad die Spanier auf des Pompejus Namen gefeßt hatten (Dio XLIII, 30.
Vellej. 11, 54. 55.), und vermehrte die Zahl der eberläufer zu Gäfar. Bis
zum 9. Mär; wiederholten fi in der Gegend von Ucubis unbebeutenbe Ge⸗
fechte, alddann brach Pompejus auf, z0g zuerft in die Nähe von Hifpalis
(Sevilla) und dam in die Ebene von Munda (cf. App. II, 104.). Gäfar
lagerte fi ihm gegenüber; ſchon am folgenden Tage (17. März) gaben ihm
feine Späher die erwünſchte Nachricht, Pompejus habe ſich in Schlachtord⸗
nung aufgeflelt. Das Heer deſſelben befland aus 13 Legionen; feine Hoff⸗
nung beruhte hauptfählih auf jenen zwei, die von Trebonius abgefallen
waren, auf einer, die man aus römiſchen Colonien in Spanien ausgehoben
Hatte, und auf einer vierten, melde aus den Trümmern des africanifhen
Heeres gebildet worden war,’ die übrigen beflanden aus ſpaniſchen Hülfs-
truppen und entlaufenen Sclaven. Gäfar Hatte 80 Gohorten Fußvolk, feine
Heiterei war der feindliden an Zahl und Braubbarkeit überlegen; feine
Stellung aber war ungünfliger als die des Pompejus, der feine Linie länge
einer fleilen Anhöhe aufgeftelt und ſichern Rüdzug nad dem flarf befeftigten
Munde hatte. Cäſars Vorficht beim Anrüden machte die Yeinde Fühner;
fie verlieen die Höhen und flürzten fi dem wildeſten Handgemenge entgegen.
Mit furchtbarer Erbitterung wurde gefämpft, Fein Theil hoffte, Teiner gab
Gnade. Als Tange mit gleihem Kriegäglüd die Heere nichts ald gemordet
hatten, fah Gäfar, wie feine Veteranen zu wanfen begannen; er fhidte fein
Pferd zurüd, rannte, um erkannt zu werben, mit entblößtem Kopfe in bie
vorderftien Reihen, faßte die Weichenden, ſprach ihnen Muth ein und Fämpfte
ſelbſt als einer der Tapferſten im dichteſten Gewühl mit. Uber die Feinde
hielten Stand und bis in die Nacht fehlen der Kampf fortbauern zu wollen;
da führte aus eigenem Entſchluſſe der mauritanifhe König Bogud (ſ. Bb.1.
476 Julli
S. 1140 f.) Neiterei vom rechten Flügel in den. Nüden des Pompejus nach
deſſen Lager; als Xabienus dies bemerkte, zog er fünf Cohorten aus ber
Schlacht, jenen zu vertreiben; ſogleich rief Gäfar, die Feinde flieben; die
Seinigen drangen mit erneuter Anflrengung ein, während den Vompejanern
der Muth ſank und ihre Neihen fi Tößten; bald marf fih Alles in vie
Flucht, Miele aber erreichte vorher das Schwert der Gäfarianer; 33,000
Pompejaner beten die Wahlftatt, von Cäſars Heer follen nur gegen 1000
gefallen, gegen 500 verwundet worden fein. Unter ben gefallenen Feinden
waren auch Labienus und Attius Barus, welche Cäſar ehrenvoll beftatten
ließ; En. Pompejus wurde wenige Wochen nachher auf der Flucht getöbter;
fein Bruder Sertus, der während ber Schlacht in Eorbuba war, entkam ber
Verfolgung (f. Pompej.). b. hisp. 20 ff. Dio XLIII, 35 ff. Plut. Caes. 56.
App. I, 108. Blor. IV, 2, 74. Belle. II, 55. Liv. 115. Sueton. 36.
Eutrop. VI, 24. Aur. Vict. de vir. il. 78. Oroſ. VI, 16. Zonar. X, 10.
Mit diefem Tage, an welchem Cäſar, wie er fih nah der Schlacht gegen
feine Freunde äußerte, nicht wie fonft um den Sieg, fondern zum erftenmal
um das Leben gefochten (Plut! Caes. 56. App. am a. D.), war ber Krieg
in Spanien noch nicht ganz beendigt. Nah Munda, Gorbuba und andern
Drten hatten ſich die Reſte des geſchlagenen Heeres geflüchtet und leifteten,
befonders in Munda, verzweifelten Widerſtand. Die Räumung der Städte
Toftete noch vieles Blutvergießen. b. hisp. 32 ff. Dio XLIII, 39. Giäfer
vermweilte bis in den Auguft in Spanien, feßte ben Städten, bie ſich feindlich
gegen ihn gezeigt, Strafgelder an, anderen, die es mit ihm gehalten hatten,
‚ertbeilte er größeres Gebiet, bewilligte Steuerfreiheit, einigen das römifche
Bürgerrecht oder das Recht römifcher Eolonien, doch auch dafür mußten fie
zahlen, in Babes beraubte er fogar ben Tempel bes Hercules. Dio a. a. O.
— Nom war während feiner Abmefenheit ganz ruhig geblieben. Nach Tanger
Ungewißheit über den Verlauf ded Krieges traf am 20. April, am Borabend
der Parilien, die Nachricht von dem Siege ein; daher wurbe dieſes Feſt,
das Stiftungsfet Noms, zur Feier der Erinnerung an jenes wichtige Greigniß
beflimmt. Dio XLIII, 42. Gäfar kam im September nad Italien zurüd,
bieft fi aber während ber Vorbereitungen für feinen Triumph außerhalb
der Stadt auf. Am 13. September war er auf feinem Gute bei Lavicum
und machte fein Teflament (Suet. 83.); im Anfange des October triumphirte
er, ob er glei Leinen auswärtigen Feind befiegt Hatte; er geftattete fogar
gegen alle Gewohnheit feinen Legaten DO. Fabius Marimus und Q. Perius
einen Triumph über Spanien. Nah dem Glanze, durch welden der Dictator
bei feinem neueften Triumphe mie bei den früheren die fhauluflige Menge
geblendet hatte (Vellej. II, 56. Suet. 37.), fand man den Aufzug der Les
gaten lächerlich. Dio XLIII, 42. Aber es mar CAfars Planen gemäß, daß
bie Auszeihnungen und Ehren der Republik mehr und mehr ihre Bedeutung
verloren. Er erlaubte auch, was er im vorigen Jahre noch verhinderte (Dio
XLIII, 23.), daß bei den Spielen, bie diesmal ebenfomenig als die Schmauſe⸗
reien (Dio am a. D. Suet. 38. Plin. XIV, 17. Vellej. am a. O.) fehlten,
Senatoren und Ritter dur thätige Theilnahme die Würbe ihres Standes
verlegten. Suet. 39. ic. ad Fam. XII, 18, 2. Das Streben, dem Sieger
zu huldigen und Ihm zu gefallen, war unmäßig, nicht bloß bei denen, melde
den auferorbentlihen Mann wahrhaft bewunderten, fondern auch bei ſolchen,
die feindfelig ober eigennügig gefinnt won Furcht oder Hoffnung auf Gewinn
geleitet wurden; nur von dem Volkstribunen Pontius Aquile wird erzählt,
dag er eine Ausnahme machte (Suet. 78.). Der Senat überbot fich His
zum Ekelhaften in feinen niederträchtig ſchmeichelnden Beſchlüſſen. Auf vie
Nachricht vom Siege bei Munda mar eine Gupplication von 50 Tagen be»
ſchloſſen worden, und Cäſar wurde nicht mehr blos für einen Halbgott erklärt
Julll (C. Jallas Caesar) 477
wie im vorigen Jahre (Dio XLIII, 14. 21.), fonbern feine Statue von
Efenbein folte Hei den circenfifhen Spielen mit ben Bildern ver Götter auf
einem Prachtwagen aufgeführt werben, eine andere Bildfäule von ihm mit
der Infärift: dem unuüberwindlichen Botie — murbe für den Tempel des
Duirinus beſtimmt. Dio XLIII, 45. Suet. 76. Cic. ad Att. XII, 45, 3.
47, 3. XIH, 28, 3. Nach feiner Ruͤckkehr vollends wurben faft an jebem
Zage neue ausſchweifende Ghrenbezeigungen erfunden. Neben fortgefehter
Bergötterung (Die XLIV, 6. App. II, 106. Plut. Caes. 57. Cic. Phil.
u, 43. ®lor. IV, 2, 91. Suet. 76.) wurbe ber Jupiter Julius au mit
einer Fülle irdiſcher Rechte und Auszeichnungen überſchüttet. Das Conſulat
beſtimmte man ihm, wie früher bie Dictatur, auf zehn Jahre (Dio XLIII, 45.
App. IL, 106. cf. Suet. 76.), bald aber die Dictatur auf Lebenszeit (Die
ALIV, 8. XLVI, 17. App. am a. D. Blut. 57. Liv. 116. Guet. 76.
&lor. IV, 2, 91. Aurel. Vict. de vir. ill. 78. Sonar. X, 11., no vor
dem Ende Februars 44, Cic. Phil. II, 34, 87.), au durfte er fi des
Zitels Imperator in anderem Sinne als biöher, ale Inhaber der hoͤchſten
Gewalt bedienen und in vieſer Cigenſchaft venfelben feinem Namen vorfegen,
er hatte fogar das Recht, die Bezeichnung auf feine Nachkommen zu vererben .
(Dio XLHE, 44. Guet. 76.). Damit hieng zufammen, baß er allein als
Kriegäherr über bie bewaffnete Macht gebot und über bie Öffentlihen Gelber
verfügte (Dio XLIII, 45.). Das Siitenriteramt (praefectura morum),
das ihm im I. 46 auf brei Jahre übertragen worben war, erhielt er eben⸗
falls auf Lebenszeit (Dio XLIV,5. Suet. 76. Zonar. X, 12.), feiner Perion
wurde gleide Unverleglicgkeit wie den Tribunen zuerkannt (Dio XLIV, 5. 50.
App. I, 106. 134. 138.), ale feine Berorbnungen follten rechtskräftig fein
(Dio XLIV, 6.) und die Magiftrate bei dem Antritt ihres Amtes ſchwoͤren,
feinem von Cäſars Befhlüffen entgegenzuarbeiten. App. II, 106. Zum Zeichen
feiner Hoheit war ihm unter Underem geflattet, ein Triumphkleid (f. toga
picta, Dio XLIIE, 43. XLIV,4. App. II, 106.), oder was ihm noch weiter
zugellanden wurde, ein Purpurgewand wie einft die Könige (f. trabea, Dio
ALIV, 6. 11. 49. extr. Zonar. X, 12. Cic. de div. I, 52. Phil. II, 34, 85.
Baler. Dar. I, 6, 13. Plin. XI, 71.) als GStaatsfleiv zu tragen, überall
nit einem Lorbeerkranze zu erſcheinen und fich eines goldenen Seſſels, der
böber land, als die curuliſchen Stühle ver Magiftrate, zu bedienen. Dio
XLIV, 6. 11. 17. XLV, 6. App. anı a. O. Blut. Caes. 61. Gic., Bal.
Rar., Bin. am a. O. Guet. 76. Blor. IV, 2, 91. Gbenfo war es eine
koͤnigliche Auszeichnung, daß man fein Bild auf die Münzen prägte (Div
ALIV, 4. Zonar. X, 12. Echkhel doctr. n. v. VI, 7. 36.), die jährliche
Beier feines Geburtstages und Öffentliche Gebete für feine Erhaltung anord⸗
nete (Dio XLIV, 4. 6. 50. XLVII, 18. App. am a. D.), ja den Monat
Quinuilis, weil in ihn diefer Tag flel, Julius nannte (App. am a. O. Die
XLIV, 5. XLV, 7. Plut. Numa 19. Deacrob. Sat. I, 12. Genforin. de
d. n. 22. Suet. 76. Zlor. IV, 2, 91. Zonar. am a. D.), daß eine Leib⸗
wache der Senatoren und Mitter ihn umgeben follte (Dio XLIV, 6. 7.) und
die Senatoren fi eidlich verpflicgteten, Cäſars Perfon beihügen, und wenn
Ihm ein Leid widerfahren würde, feine Räder fein zu wollen. Suet. 84. 86.
App. I1, 124.145. — Durch dieſe Beſchlüfſe zufammen wurde Eäfar offenbar
zum Alleinherrſcher erflärt (Die XLHI, 45.), und er ſelbſt verheblte es
nit, daß die Republik ein Nichts, ein blofer Name ohne Körper und Geflalt
fl. Suet. 77. Wenn er gleih zum Theil die alten Bormen für Beſetzung
der Aemter fortbauern ließ, fo wurden doch immer auch für diejenigen Stellen,
welche er nicht ſelbſt befeßte, nur die von ihm Empfohlenen gewählt (Dio
XLIN, 47. Suet. 41. 76. Cutrop. VI, 25.); aus Staatöbeamten wurden
Sofviener (vgl. Eic. ad Att, XIV, 5,2. 6,2.), flatt des Amtes ſelbſt wurbe
478 Jalll
Bielen nur Xitel und Rang verliehen. Go legte Gäfar dad GBonfulat, das
er er im 3. 45 (Gof. IV.) allein beffeivete (Dio XLIII, 33. Plut. Cases. 56.
App. II, 103. Sonar. X, 10. Fast. cap. Sic. Cassiod. a. 708.) im Dc»
tober 45 für die noch übrige Zeit des Jahres nieder und übertrug es dem
D. Fabius Marimus und C. Trebonius. War fhon died gegen alles Her⸗
fommen und Gefeh, daß Einer bei voller Gefunbheit. wilführlih das Eon»
fulat niederlegte und ein Anderer für ihn eintrat, fo war noch viel auffallender
und gab zu Spöttereien Veranlaflung, daß, als Fabius am 31. December
farb, ©. Eaninius Rebulus um die flebente römifhe Stunde für Die Zeit
bis zur erſten des nächſten Jahres zum Gonful gewählt wurde; ſ. ®p. II.
©. 120. Zehn vormaligen Prätoren erteilte er Titel und Rang von Con⸗
fularen (Suet. 76. Dio XLIII, 47.), vermehrte die Zahl der Präroren,
Duäftoren, Aedilen, auch die der geringeren Stellen (Dio XLII, 47.49. 51.
Suet. 41.). Viele wurden PBatricier und die Zahl der Senatoren flieg all»
mählig bis zu 900, worunter nicht Wenige waren, die nah Abſtammung
und perſönlichen Verhältniffen Die Aufnahme nit erwarten durften (Dio
XLIII, 47. Sueton. 41. 72. 76. 80. Tac. Ann. Xl, 25. @ic. ad Fam.
XI, 5, 2. de divin. II, 9, 23. Seneca controv. VII, 3. WMacrob. Sat.
11, 3. VII, 3.). — Cäſar ſuchte aber auf diefe Weife nit blos die Ver⸗
dienfte feiner Anhänger zu belohnen, fondern durch Ertheilung von Ghren-
ftellen an ehemalige Gegner (Dio XLIII, 50. Blut. Caes. 57. App. II, 107.
Zonar. X, 11. Suet. 75. Vellej. II, 56.) zu beweilen, baß er Beleidi⸗
gungen vergefjen könne und daß es ihm darum zu thun fei, ald „Water des
Vaterlandes“ (Dio XLIV, 4. App. II, 106. Liv. 116. @ic. Phil. 11, 13.
Suet. 76. 85. Flor. IV, 2, 91. Zonar. X, 12.) die Parteien zu ver-
ſchmelzen und durch beiipiellofe Milde mit feiner Herrſchaft zu verjühnen.
Daher gab er auch den Wittmen feiner Beinde, deren Vermögen eingezogen
war, meil fie au nah Pompejus' Tode im Kampfe beharrten, ihr zuges
brachtes Vermögen zurüd, den Kindern fchenfte er einen Theil des värer-
ligen Erbes (Dio XL, 50.) und nöthigte Schmähſüchtige durch Wieder⸗
herſtellung der vom Volke nah der Schlacht bei Pharſalus umgeworfenen
Statuen ded Sulla und Pompejus (Dio XLII, 13.) zu Anerkennung feiner
hochherzigen Gefinnung (Dio XLIH, 49. Plut. Caes. 57. Cic. 40. Moral.
T. 1. p. 90. Tauchn. Suet. 75. Bolyän. VII, 23, 31. Sonar. X, 11.). —
Für Veteranen und beflglofes Volk forgte er dur Anweiſung von Ländereien
(Dio XLUI, 47. Euet. 81.) und durd Anlage von Golonien, bie zugleich
für den Handel von Bedeutung waren (Plin. V, 34. GSuet. Tiber. 4.); fo
befchloß er den Wiederaufbau von Carthago und Gorinth, defien Iflhmus
durch einen Ganal geöffnet werden follte; f. Bd. I. ©. 160. 171.647. Ueber»
haupt beichäftigten ihn Pläne der verſchiedenſten Art, bei melden er fi als
ben unumſchränkten Gebieter über die Kräfte eines ungeheuern Reiches betrach⸗
tete, aber nit um auf Roften feines Volkes blos ſich felbft zu verherrlichen,
fondern fein monarhiihes Wirken als ein wahrhaft mohlihätiges fühlbar zu
maden und den Glanz des römiſchen Namens da, wo er gelitten, wieder
herzuſtellen. Er traf Anflalten zu ungeheuren Bauten (Dio XLII, 49. 50.
XLIV, 5. Suet. 44. Plut Caes. 58. Cic. ad Att. XIII, 33, 4. 20. in.
35. 86. Phil. V, 3, 7.), deren Ausführung der Menge Arbeit und Brob ver-
ſprachen, die Stadt verfchönert, viele Menſchen mit Aderland verforgt und
ungejunde Gegenden dur Austrocknung ber pomptinifhen Sümpfe verbeffert,
dur Verbindung ded adriatiihen Meeres mit der Tiber vermitteli einer
Straße über die Upenninen, au Reinigung des Tiberbetted an der Mündung
und Anlage eines tiefen und geräumigen Hafens mit einer fidern Rhede bei
Dflia den Handel und den Verkehr im Innern Italiens erleichtert hätten; er
befahl die für das bürgerliche Recht praktiih geltenden Beflimmungen zu
Jallt (C. Sultas Caesar) 479
fammeln unb aus ber unermeßlidhen und ungeorbneten Menge von Geſetzen
das Beſte und Nöthige zufammenzuftellen, auch eine mögliäft vollſtändige
griechiſche und lateiniſche Bücherſammlung unter der Leitung des gelehrten
M. Terentius Barro zum Gebrauche des Publitumd anzulegen; damit Ges
lehrte um fo lieber in der Stadt wohnen und andere dahin ziehen möchten,
beſchenkte er Aerzte und Lehrer der freien Künfte mit dem römiſchen Bürger-
rechte. Suet. 44. 42. — Neben diefen frieblihen Planen rüſtete er fi zu
einem nur durch die Verlängerung des Bürgerkriegs verzögerten (Gic. ad
Aut. XIII, 27, 1. 31,3.) Unternehmen gegen die Barther, das ala Rachezug
für Crafſus erfheinen und zugleich dazu dienen follte, die gährenden Kräfte
des Militärs abzuleiten, gegen den Reichsfeind die Ueberbleibiel aller Par⸗
teien zu verſchmelzen und wiederum Nationalheere zu ſchaffen. Auf bem
Wege nad Allen an dem Ufer ver Donau wollte er die Dacier und Geten
unterwerfen (Suet. 44. App. II, 110.), und nad Bellegung der Parther
burch die Länder am cafpifder und ſchwarzen Meere gegen Welten vorbringen
und Dur ‚Bermanien und Gallien nah Rom zurüdfehren. Plut. Caes. 58.
Zonar. X, 11. ine anfehnlihe Truppenmacht wurde vorausgefhidt (Die
XLV, 3.); nad Appian II, 110. fand im Anfange des I. 44 jenfeltd des
ioniſchen Meeres ſchon ein Heer von 16 Legionen und 10,000 Reitern. —
Zur Sierung der eingeführten Ordnung während feiner längeren Abweſen⸗
heit ernannte Cäſar zum Voraus nah einem Antrage bed Volkstribunen
2. Antonius (f. Bd. I. ©. 569.) die Magiftrate für die nächſten Jahre und
vertheilte Die Provinzen (Cic. ad Att. XIV, 6, 2. Suet. 76. Dio XLIII, 51.
cf. App. II. 128. 138.). Zu Confuln für das I. 43 beſtimmte er den
®. Panſa und A. Hirtius, für das I. 42. ven D. Brutus und 2. Muna⸗
tius Plancus; nad feiner Abreife follte für den übrigen Theil des I. 44
Dolabella zugleih mit M. Antonius, den Cäſar (als Eof. V.) ſich ald Amtes
genoflen für dieſes Jahr gewählt Hatte, das Confulat befleiden (ſ. Bd. U.
&.690.); zu feinem Magister eq. beflinnmte er für das I. A3 den En. Dos
mitius Calvinus (f. Bd. II. S. 1205.) ala Nachfolger des Lepidus (ſ. Bo. I.
S. 151.).. Schon war die Zeit feiner Abreiſe feftgefeßt, als er vier Tage
zuvor (App. II, 111.) ermordet wurde. — Unter den früheren Freunden
und Seinden Cäſars gab es viele Unzufriedene. So fehr es fi der Dictator
angelegen fein ließ, feiner Verpflichtungen fich möglihft vollſtäändig zu entledi⸗
gm, fo war es doch in dem Grade, wie e8 Manche erwarteten, um ſo
weniger möglid, als er die beflegte Partei nicht nur nicht Preis gegeben,
jondern fle fogar zur Ihellnahme an Aemtern und Würden beigezogen hatte.
Unter der Iegtern aber waren nit Wenige, die es läflig fanden, dem es.
baßten zum Danke verpflichtet zu fein, und, nachdem fie Proferiptionen und
Vernitung gefürchtet hatten, es doch nicht verſchmerzen Fonnten, daß ihnen fo
wenig von bem gewährt werde, was fie im alle des Sieges zu Befriedigung
ihres Ehrgeizes und ihrer Habſucht fi verſprochen Hatten. Indem die Miß-
vergnügten zum Sturze bed Dictatord fi einander näherten, verhehlten fie
bie wahren Gründe ihres Haſſes, heuchelten Schmerz über den Untergang
der Mepublif und das patriotifhe Verlangen, das Vaterland von feinem
Unterprüder zu befreien und die Freiheit herzuſtellen. Wenige — mit einiger
Sicherheit Täßt es fih nur von M. Brutus (f. Junii) behaupten — wurden
aus Begeiſterung für die Freiheit Tyrannenmörder; aber auch Brutus hatte
Caͤſar gehuldigt (ad Att. XI, 23, 1. 39, 2.) und keine der vielen Gunſt⸗
bereigungen deſſelben abgelehnt; feine Beflimmung mußte ihm erfi durch G.
Gaffius, den Stifter ded Bundes, zum Bemußtfein gebracht werben (ſ. Junii
md Bb. II. ©. 195.), und er fragte fo wenig als bie Andern nad ben
Folgen des Mordes oder fuchte Mar zu denken, was denn nah Vollendung
ber That werben folle und werden koͤnne. Gäjars Hohes Selbſtgefühl una
480 —_ Jealı
Fönigliches Benehmen im Öffentlichen Leben (Div XLIV, 8. Plut. Caes. 60.
App. 11, 107. Liv. 116. Suet. 78. Eutrop. VI, 25. SBonar. X, 11.;
über die Schwierigkeit des Zutritts zu ihm Gic. ad Aut. XIV, 1, 2. 2, 2
und ſchon im J. 46 ad ‘Fam. VI, 13, 3. 14, 2. IV, 7, 6.), fein fichtliches
Gefallen an dem Königsnamen (Dio XLIV, 9. 10. App. II, 108. Plut.
Caes. 61. Anton. 12. Liv. 116. Suet. 79. Belle. II, 68. Zonar.X,11.),
wenn er au bad von Antonius dargebotene Diadem zurüdwie (f. Bd. I.
©. 561.), mußte ihrem Beginnen den Schein der Nechtmäßigkeit, ihnen das
Anſehen unelgennügiger Rächer des verlegten Vaterlandes verleihen. Diefem
Strafgericht wäre Gäfar wohl entgangen, hätte er raſch und keck ven letzten
Schritt zu feinem hoͤchſten Ziele gethan und das Königthum durch Legionen
geſchützt; allein er wollte nicht. als Ufurpator erſcheinen, fondern das erblidde
Diadem dem Volke abgeminnen, wurde aber dadurch zu einem Halbhandeln
verleitet, welches auch bei der Menge eine von ihm nicht erwartete republi-
kaniſche Empfinplicgkeit reiste. Daher nahm er feine Zufluht zu götlicher
Hülfe. Die neu zufammengetragenen (f. Bd. II. S. 1156.) ſibylliniſchen
Bücher mußten ausſagen, daß die Parther nur durd einen König beamungen
werben Fönnen, und während Gäfar fon über höhere Warnungen fi} leiht
binwegfehte (Gic. de div. II, 24. Sueton. 59. App. IL, 116. 152. 193.
Blut. Caes. 63.), wurde jeßt behauptet, das Gelingen des großen Kriegs⸗
zuges ſei von Erfüllung des heiligen Spruches abhängig. Ciner der Quin⸗
becemvirn, von welchen die fibyllinifden Bücher aufbemahrt murben, 2. Gotta
(f. Bo. I. ©. 1015.), folte in einer Senatsfigung den Vorſchlag machen,
daß man dem Dictator geflatte, außerhalb Italiens fi überall König zu
nennen (Suet.79. Plut. Caes. 64. Brut. 10. App. II, 110. Dio XLIV, 19.
Zonar. X,11.). So hoffte Cäſar durch den Senat feinen Zweck zu erreihen,
dad Heer, die Provinzen und Bundesgenofien an die Koͤnigeinſignien zu ges
wöhnen und nad flegreiher Nüdkehr auch in Rom als König anerkannt zu
werben. — An Gafflus und M. Brutus Hatten fi nad und nah mehr
als ſechzig (Suet. 80. Cutrop VI, 25.) angefchloffen, ohne Ein und Opfer
(Blut. Brut. 12. App. II, 144.). Genannt werden folgende. 1) Cäſarianer:
D. Brutus, die Brüder P. und C. Servilius Basca, C. Trebontus, 2. Tillius
Gimber, &. Minucius Bafllus, Servius Sulpicius Balba. 2) Pompejaner
außer G. Caſfſius und M. Brutus: Gäcilius Bucilianus und fein Bruder;
O Ligarius, Rubrius Ruga, Spurius (feinen Geſchlechtenamen gibt Appian
nit an), Sextius Naſo, Pontius Aquila (App. II, 113. Blut. Caes. 66.
Brut. 17. ic. Phil. IT, 11, Suet. 80.82.). 3) Verſchworene, deren frühere
‚Berbältnifie zu den Barteien unbekannt find: Caſſius Parmenfls (f. Bv. Il. ©.
200. 202.), DO. Antiftius Labeo (|. Bo. I. &. 557, 8.), Perrontus (App. V, 4.),
BP. Turulius (Die LI, 8.). Mit Unrecht werden unter den Verſchworenen ges
nannt: 2. Eafflus Longius (1. Bd. II. ©. 198.), 2. Cornelius Cinna (Bo MI.
©. 691, 2.), En. Domitius Ahenobarbus (Br. 11. S. 1215, 8.), Popilius Linas
(Blut. Brut. 15.16. App. II, 115. 116.). Cicero war dur den Ausbrud einer
Verſchwörung nicht überraſcht, in das Geheimniß aber war er nicht einge
weiht (f. Tuil.). — Lang maren bie Verſchworenen über Art und Zeit der
Ausführung ihres Planed ungewiß und berathichlagten, ob fle den Dictator
auf dem Maröfelde ober auf der heiligen Otraße, wo er felt dem 3. 63 als
Oberpriefter in einem öffentlihden Gebäude wohnte (Guet. 46. Plin. XIX, 6.
cl. Dio XLIII, 44. extr.), oder beim Gingang ins Iheater überfallen follten.
Suet. 80. Als aber auf den 15. März der Senat in die Gurie des Pom⸗
pejuß berufen wurbe, um über den Antrag wegen des Königthums außer»
halb Italien zu entſcheiden, waren fie fogleich für viefen Tag und Ort ent«
ſchloſſen. Sie mußten jetzt eilen, da Cätar kurz barauf zum Heere abreifen
wollte (App. I, 114.), der Ort aber war günftig, ba die meiften Verſchworenen
Zulli (©. Sultas Caesar) 481
Senatoren waren, um fo verbadhtlofer alfo zufammen erfäeinen konnten;
Cäfar aber war bier am Teichteflen zu bemältigen, ba er von ber Berfamm-
fung, deren Mitglieder zum größeren Theil ihm den Si daſelbſt verdankten
und geſchworen hatten, mit ihrem Leben für feine Sicherheit einzufleben, am
wenigfien Etwas erwartete. Dio XLIV, 16. Zudem war zur Hülfe für bie
Verſchworenen eine Fechterbande bereit, welche D. Brutus wegen ber Spiele
an diefem Tage, dem Feſte der Anna Peremna (ſ. Bd. I S. 484.), in bem
Theater des Pompejus, in welchem fi aud die Curie befand. verfamntelt
hatte. — Die That, im Senate vollbracht, follte das Anfehen eines gemein»
famen Werkes und das Gepräge des Feierlichen und Geſetzmäßigen gewinnen.
App. am a. D. Dem Plane, and Antonius und M. Lepidus zu töbten,
war M. Brutus entgegen, weil fle durch die Ermorbung Mehrerer ben Ver⸗
dacht auf ſich ziehen würben, als handelten fie and Ehrgeiz und Privathaß
und nicht als Tyrannenmörber. App. am a. O. Bio XLIV, 19. Plut.
Brut. 18. 20. Anton. 13. ®Bellej. II, 58. — Cdſar hatte ein fo großes
Vertrauen auf die Anhänglichkeit feiner Parteigenofien nnd die Dankbarkeit
feiner begnadigten Beinde und war davon, daß feine Erhaltung für den Staat
wichtiger fei ala für ihn ſelbſt, fo feft überzeugt, daß er jede Sorge für
feine perfönliche Sicherheit vernachläßigte. Die ihm angetragene Leibwache
aus Senatoren und Rittern (j. oben) hatte er abgelehnt (Dio XLIV, 7.),
und bie Leibwache von Spaniern, welde ihn nad dem Kriege umgab, ent»
ließ er (App. II, 107.109. Suet. 86. Dio XLIV, 45.). Freunden, denen
das Xreiben ver Mißvergnügten, wenn fle ihr Geheimniß auch fireng be»
wahrten, mit ganz entgieng, ımb die ihm daher riethen, den Platz, ben
er mit den Waffen errungen, au mit den Waffen zu behaupten, entgegnete
er, er wolle Tieber fterben, ald gefürchtet fein (f. Bo. III. S. 1381.); Ans
geber und Zuträger pflegte er mit Harten Worten zurüdgumelfen. Dio
XLIV, 15. — Am Abend ded 14. März fpeiste er bei M. Lepidus; einer
der Säfte warf die Frage auf, welches ver Hefte Tod ſei; ſchnell antwortete
Gäfar, mit der Unterzeichnung einiger Papiere beſchaͤftigt: der unerwartete
(Suet. 87. Blut. Caes. 63. App. 11, 115.), wie er auch ſchon früher beim
Lefen der Eyropäpte den Wunf geäußert hätte, yplöglih zu flecben. Suet.
a.a.D. Auf das Trinfgelage beftel ihn in der Nacht Eörperliche Abſpannung
(App. a. a. D.); feine Frau Galpurnia Hatte Beunruhigende Träume; mehr
durch Ihre dringenden Bitten bewogen, als auf die ſchlimmen Borbebeutungen
achtend, deren die Sage wunderbar viele berichtet, wollte Caſar durch M.
Antonius die Senatäfigung am 15. abfagen Taffen. Aber D. Brutus, ven
die ängfili Harrenben Verſchworenen, durch mehrere Zufälle erfhredt, zu
Caſar gefhidt Hatten, mußte ihn in die Curie zu locken. Noch unterwegs
ſoll Gäfar Warnungen erhalten haben, bie er aber im Gebränge nicht beachten
fonnte. Vor der Curie hielt Trebonius den M. Antonius dur ein Geſpräch
zurück, weil man die Körperflärfe nnd Geiſtesgegenwart deſſelben fürchtete.
Nachdem Cäſar den goldenen Seflel eingenommen hatte, drängten fich die Ver⸗
ſchworenen um ihn her, ald wollten fie des Tillius Cimber Bitte für feinen
verbannten Bruber unterflüßen, küßten und umarmten den Gäjar, um fi
zu überzeugen, daß er Feine Waffen und Panzer unter bem Kleide trug; als
er die Bitte abſchlug oder auf eine andere Zeit verfchob, ‘ergriff Cimber, mie
verabredet war, feine Toga und rieß fie ibm von der Schulter. Daß iſt
Bewaltibätigkeit! rief Cäſar; aber ſchon zudte P. Casca feinen Dolch und
brachte ihm eine leichte Wunde im Naden bei. Mit den Worten: Berräther,
was Beginnfl du? verſuchte Cäſar aufzufpringen, mit feinem Schreibgriffel
fich wehrend, doch Stoß auf Stoß folgte, und fo Hikig, daß die Mörber
ſtch unter einander ſelbſt verwundeien. Nach einem Purzen Wiperftande hüllte
Bauly, Real-Enchtlop. IV. 31
482 Juli
fih Cäſar in feine Toga und ſank, ohne mehr etwas zu reden, vor ben
Augen des betäubten Senated an ber Statue des Pompejud nieder. Bon
den 23 Wunden, bie ihm beigebracht wurden, war nad ver Audfage des
Arztes Antiftius nur eine in der Bruft tödtlich. Suet. 82. (Die Grjäßfung,
daß Käfer, als feine Blide auf Brutus trafen, als feine legten Worte aud-
gerufen habe: Auch du mein Sohn! Kalten Sueton. 82. und Dio XLIV, 19.
nicht für wahrhaft; Plut. Caes. 66. berichtet als Angabe Einiger [cf. Brut.
17.], er Habe ſich — ohne Etwas zu ſprechen — beim Anblid des Brutus
verbült.) App. II, 115 ff. Plut. Caes. 63 fj. Brut. 14 ff. Anton. 13. Die
XLIV, 17 ff. Liv. 116. Suet. S1f. Vellej. 11, 57. Zlor. IV, 2, 95. Cic.
de divin. II, 9, 23. Baler. Mar. I, 7, 2. IV, 8, 6. u. A. — Die Ber:
ſchwornen Hatten beſchloſſen, den Ermordeten in bie Tiber zu fchleifen, fein
Dermögen einzuziehen und feine Gefege und Einrichtungen aufzuheben; allein
die Flucht des Senates, deſſen Beifall fie erwartet hatten, die Beflürgung
in ber ganzen Stadt bewog fie, auf dem Capitol Sicherheit zu ſuchen. Drei
Sklaven blieben bei ihrem ermorbeten Herrn und trugen den Leichnam in einer
Gänfte nad Haufe. App. II, 118. Suet. 82. Später wurde von Antonius ein
feierliches Leicdenbegängniß veranflaltet. — Lieber die auf ken Mord folgenden
Begebenheiten f. Bo. I. S. 562. Vd. II. S. 196. und M. Brutus in Junii,
Cicero in Tull. und Octavianus, — Gäfars Heußere galt als ſchoͤn (Gic.
Brut. 75. Vellej. II, 41. Appian. II, 151. Dio XLII, 43. XLIV, 38.
Julian. Caes. p. 308. ed. Spanh ); er war von hohem, ſchlankem Wuchſe,
hatte eine Aplerönafe und ſchwarze Iebhafte Augen mit einem Ausbrud von
Wohlwollen und Heiterkeit (Plut. Caes. 4.), das Geſicht war etwas zu voll
Suet. 45.), mit der Zeit wurde er mager und bleich (Plut. Caes. 17.) und
befam eine Blage, weshalb ihm die nach dem ſpaniſchen Kriege ertheilte
Erlaubniß, den Lorbeerkranz immer zu tragen, fehr erwünfcht geweien fein
fol (Die XLIII, 43. Sueton. 45. 31.). Ob er gleid an Kopfſchmerz und
Epilepfie Titt (Suet. 45. Plut. 17. 53. 60. App. II, 110.), fo erlaubte
ihm doch feine Geſundheit, alle Beſchwerden und Unftrengungen im Felde zu
ertragen, und feine förperliche Kraft unterflügte ihn in allen für einen Krieger
nötbigen Sertigkeiten. Suet. 57. 64. Plut. 17.49. Dio XLIV, 38. XLU, 40.
App. II, 90. 150. b. Alex. 21. In Kleivung und Manier ähnelte er einem
Stutzer (Suet. 45. Dio XLIII. 43. Plut. 4. Macrob. Sat. II, 3.); in
ſeinen häuslichen Cinrichtungen liebte er Zierlichkeit und Pracht; er war ein
großer Liebhaber von Kunſtſchäzen, auch kaufte er Sklaven, bie ſich durch
ihre Geftalt oder durch Kenntniffe und Geſchicklichkeit auszeichneten, um hohe
Preife (Suet. 46. 47.), übrigens herrſchte, wenn er gleih für Förderung
feiner Zwede ungeheure Summen verfämwenbete, in feinem Haushalie eine
renge Ordnung. Suet. 48. Den Freuden der Tafel entzog er fi nicht
und war In Geſellſchaft heiter und witzig (Gic. ad Att. XII, 52. Suet. 52.),
doch war er kein Ledermaul (Suet. 53. Blut. 17.) und im Genuſſe des
Weine höchſt mäßig (Suet. am a. O. Quintil. VII, 2, 9.), um fo aus:
ihweifender aber in Befriedigung geſchlechtlicher Begierden, was aud auf
unnatürlide Weife gefcheben fein fol (Gatull. 29. 57. Suet. 74. extr.),
wie er ſelbſt bezüchtigt wurde, dem Bithynier Nicomedes ſich Preis gegeben
zu haben (f. o6.). Gemeine Dirnen (Dio XLII, 34.), die in der Straße
Subura, wo er bis zum I. 63 wohnte (f. 06.), in Denge fi aufbielten,
unb vornehme Frauen murben von ihm benügt. Bon letzteren werben ge⸗
nannt die Poſtumia, Gemahlin des Servius Sulpicius Rufus, die Lollia
(f. ®p. II. ©. 571.), Gemahlin des Aulus Gabinius, die Tertulla, Bes
mahlin des M. Craſſus, und bie Mucia, von Pompejus wegen dieſes Che⸗
bruchs nah dem mithridatiſchen Kriege verfloßen; vor allen andern Frauen
aber huldigte er ber Servilia, der Gemahlin des M. Brutus, durch welche
Julii (C. Jullas Caesar) 483
er nach einer Sage Bater feines Mörders M. Brutus wurde (f. Junii); fle
erhielt von Ihm die reichſten Geſchenke. Suet. 50. Nicht einmal in ben Pro⸗
vinzen,, fährt Suet. 31. fort, enthielt er fi der Ehefrauen. Im africani-
ſchen Kriege buhlte er mit Bunoe, der Gemahlin des mauretaniſchen Könige
Bogud. Suet. 52. Leber fein Verhältniß zur Gleopatra ſ. ob. — Um ihm,
„dem Danne aller rauen‘ den Umgang mit dem weiblichen Geſchlechte zu
erleichtern, war fein Geſetz nöthig (Div XLIV, 7.); der Vorſchlag, der von
dem Volkotribunen Helvius Cinna, wie er nah dem Tode Gäfars gefland,
entworfen, aber nicht bekannt gemacht worden war, und für benfelben bie
Erlaubniß einer Verbindung nılt mehreren Frauen und aud mit Niht-Md-
merinnen verlangte (Suet. 52.), bezwedte — vielleicht mit —— auf
Cãſarion (ſ. d.) — nur das, daß Cäfar auch einen außerehelichen Sohn
als geſetzlichen Leibeſerben und Nachfolger auf dem Koͤnigsthron ſollte hinter⸗
laffen Fönnen. *
Als Anhang zu der Geſchichte bed Dictators geben wir eine Zuſammenſtellung
der und befannten Schriften Über CAfar (mit Ausſchluß der Titerargefchichklichen
Seite), — Als ein Wert des AUlteribums, angeblich von Inlins Celſus (vgl. Sb. II.
S. 239.) verfaßt, wurde früher eine Biographie des CAfar angefehen, welche nun⸗
mehr als ein Bert bed Dichterd Petrarca (1301-1374) anerkannt if; vgl, Fr. Pe-
trarcae hist. Jul. Caesarie, auct. vindic., correx. etc. ©. K.Ch. Schneider, Lips.
1827. 8. (Fise ältere Abhandlung von H. Dobwell, de Jul. Caes. vita per Jul.
Cels., biuter deſſen Annal. Vellej. Quintil. Statian., Oxon. 1698.) Dem 16tem
Jahrhundert gehören an: Sr. Floridus (Fleuri), Caesaris praestantia et res gestae,
Basil 1540, fol. Am, Bicus, Vita Jul. Caesaris ex numismatt., Venet. 1560, 8.
Hub. Goltzins, vita et rer gestne Uner. cum figg. numism., Brug. Flandr. 1563,
fol. (Astv. 1576. f. eum commentar. L. Nomnii. Ibid. 1620. f. 1644. f.) Petr
Ramus, de Cnen, militin, Francof. 1574. 8 Aus dem 17tem Jahrhundert ers
wähnen wir: J. Geb. Fabricius, Jul. Caesar numismatious, Lond. 1678. 8.
G. Schubart, C. Jul, Caes. dictator perpet., sub exemplo mutatae reip. deserip-
tus, Jenae 1681. 4. Christine, reine de Suede (} 1689.), Reflexions sur In
vie et les actions de Cesar, in [Mr@enholz] Memoires concermant Chr. R. de Su.,
4 voll. Amstd. 1751-60. 4. Vol. IV. n. VI. p. 4 ff. (vgl. Reflexions sur la vie
et sur ler acıt. da grand Alex., Vol. II. n. VI. p. 57 ff.) Uns dem 18ten Jahrs
hundert: Larrey, Histoire des Triumvirats (augm. de l’hist. d’Auguste), Amst.
1730. 4 T. 8, Trevoux 1741. 4 T. 8. Andr. Dacier, Ergänzung ber verlornen
Plutarch'ſchen comparatio Alexdri cum Caes., in feinen Vier de Plut,, Par. 1721.
9 Voll. 4. (und eine gleiche Ältere, von Tallemant, in feinen Vies des hommes
illustres, Bruxell. 1681. 9 Voll. 12.) J. B. Brafhi, de vero Rubicone quem
Caesar — trajecit et in eodem fluvio Caesenas firmissime propugn. eto. c. f.
et ind. Romane 1733, 4. (Braſchi aus Eefena gebürtig), Ehrpfander, W. Eh. 3,
de Jul. Caes. tyranno non sceleato, Helmst. 1742. 4. De Bury, Hist. de la
vie de Jule Ces., Par. 1758. 2 T. 8. Wagner, I. Tr, de C. Jul. Caesare
Britaun. iterum petente, Osnabr. 1770, 4. Jul. Gäfar, ober der Sturz ber rim.
Rep., Magbbg. 1797—1800. 4 Thle, 8. Meißner, Leben des Jul. Edfar; fortges
fegt von 3. €. 8. Hafen, Berlin 1799—1812. 4 Thle. 8. (Der letztere WB. des
Art. Caesar in Erſch und Grubers Eneyel.) Gchueider, Aber Edfars Eharakter, im
Wachlers Philomathie, I. ©. 181 ff. Br. v. Schlegel, Eäfar u. Wierander, Gine
weithiftor. Bergleichung. (1796.) Sämmil, Werke Wb. IV. 6.263 ff. Ghıtl, E. Jul.
Eifer amd den Quellen. Berl. 1826, 8. Drumann, Geſch. Roms in feinem Ueber⸗
gange :c. Sb. III. 1837. 8. P. van Limbourg⸗Brouwer, Eeſar en ziine tybgemonten.
1. Deei. Sroning. 1844. 8. Militär. Schriſten (feit der Mitte des vorig. Jahr⸗
bundertö): Guichard, Mem. milit. sur les Grecs et sur les Rom., La Haye
1756. Berl. 1773. 80 2oog, recherches d’antiqu. mil. und Defense du Mr. Follard
contre etc. Bouillon 1776. De Peeis, observations sur la campagne de J. €.
dans la Gaule, 1777. Observ. sur Ia camp. de J. C. en Espngne, Par. 1782.
Barnery, melanges de remarques sur Cesar eto., Varsov. 1782. (Dresb, 1785.),
uud als Beantwortung: Roſch, Ab. bie Commentar. des Eäfar nebſt Beitr. 3. vom.
Zattit. Gade 1783. Napoleon Emp., precis des guerres de César, Ecrit par M.
Marchand sous In dictee de l’emp. (Stuttg. 1836. 8.) Bol, auch das Urtheil
45% Jalit
15) Julia, Gäfard Toter von Gornelia (Sueton. Caes. 1. Plut.
Caes. 5.), geb. im 3. 83 oder 82 (Suet. 1.). Leber ihre Verheirathung
an Pompejus und ihren Tod im Sept. 34 |. Nr. 14. und unter Pompe;j.
16) Julia, Gäfars Ältere Schweiter, mit 2. Pinarius und mit Du.
Pedins (unbekannt, in welcher Folge) vermählt. ©. Pinarii und Pedii.
17) Julia, Gäfard jüngere Schwefler, an M. Attius Balbus (Bo. 1.
S. 993.) vermählt, und durch ihre Tochter Attia Großmutter des Octavianus.
18) Julia, Schweſter von Nr. 13., verbeiratbet an C. Marius (f. d.
und unter Nr. 14.).
19) Sex. Jul. Caesar, C. f. (nad Drumann ©. 767. Bruber von
13. 18., die Ergänzung der Fasti cap. a. 662. dur Sex. n. beruhe auf
einem Denare, den die zuverläßigen Numidmatifer nicht Fennen), Gof. mit
2. Marcius Philippus im I. 91 v. Ehr., dem Jahre, in welchem M. Livius
Druſus (f. d.) dur feine Geſetze innere Linruben veranlaßte. F. c. a. 662.
Cic. Cornel. I, 11 p. 449.Or. Diod. Exc. Phot. p. 538. Flor. III, 18,8.
Eutrop. V, 3. Droſ. V, 18. Obſeq. c. 114. Blin. II, 85. XXIII, 17.
° 20) Sex. Jul, Caesar, Sohn des Vor., Flamen Quirinalis. Gie.
de har. r. 6, 12. ”
21) Sex. Jul. Caesar, Sohn des Bor, inı 3. 49 mit dem Dictator
in Spanien (Gäf. b. c. II, 20.), im I. 47 zum Statthalter in Syrien er»
nannt, im J. 46 aber von dem Pompejaner Cäcilius Baſſus verbrängt und
“auf deffen Anftiften ermordet; |. Bo. TI. ©. 36. Nr. 33. — ©. Drumann
Geſch. Roms III. [K.
In der Familie des von Cäſar adoptirtm Octavianus Auguflus führte
zunächſt den Namen Julia deſſen berüchtigte, an Marcellus, an Agrippa und
zulegt an Tiberius vermählte Toter (vgl. Octavianus), und nad der Tochter
die eine feiner Enkelinnen dur Agrippa (ob Alter oder jünger al8 die an-
dere, Agrippina, iſt unentſchieden), welde, an 2. Aemilius Baulns, Sohn
des Baullus Aemilius Lepidus, Conſuld 720 d. St. und Genfors 732 d. St.
(vgl. Br. I. S. 151.) vermählt (Sueton. Aug. 64. vgl. 19. Claud. 26.),
das ausfchweifende Leben, das fie gleich ihrer Mutter führte, durch die von
Auguſt verhängte und bis zu ihrem Tode, der erfl nach zwanzig Jahren er»
folgte, dauernde Verbannung büßte (Yac. Ann. III, 24. IV, 71. Sueton.
Aug. 65. 72.* vgl. Bd. 1.6. 276.). Nah dem Tode des Auguflus führte
feine Gemahlin Livia, tie durch das Teflament deſſelben in bie juliſche Fa⸗
milte adoptirt worden war (Tac. Ann. I, 8. vgl. Vellej. II, 75., wo fie
transgressi ad Deos sacerdos ac filia genannt wird, nebſt Orelli Inser.
615.), gleihfals den Namen Julia (Tac 1, 14. Suet. Aug. 101. Cal. 16.
Dig LVI, 46. Plin. H. N. X, 55. Ovid Fast. I, 536. vgl. Eckhel Doctr.
Numm. Vett. Vol. VI.p. 147 ff. 168 f. Orelli 615. 1320. 1328.). Außer:
dem trugen biefen Namen die Tochter des Drufus Cäfar und Enkelin des
Tiber von der Livia, Tochter des älteren Drufus, und eine ber Toͤchter des
Germanicus. Die erfiere Julia, im I. 773 d. ©t., 20 n. Ghr. an ihren
Napoleons Aber, Caͤſar in einer Unterrebung mit Wieland (in Wielands Leben von
Gruber, 8b. II.). — Vielfach beſprochen ift EAfar in den Mem. de l’Acad. des
Inscr. et B. L.; vgl. die Regifterbände T. XI. XXI. XXXIII. XLIV. alte Serie
und T. XI. neue Serie, Einzelne Abhandlungen: von Bonamy, Explication te-
gr. de In guerre, que Ces. soutint dans Alexdrie, Vol. IX. (U, ©.) p. 432 ij.
Nabe be Sontenu, sur les lieux connus en Francc sous le nom de camps de
Cesar, Vol. X. (9. ©.) p. 403 ff. lieber bie Belagerung Gergovias durch Cäfar
fr die „Briefe aus der Auvergne“, Oter Brief. Morgenblatt 1844. Nr. 2900-293. [Hkh.)
® Nach der letzteren Stelle ließ Augufins ein von Julia mit verſchwenderiſcher
Pracht erbautes Landhaus bis auf den Grund wieder niederreißen. Grwähnt ift biefe
Entelln Auguſts noch von Plinius H. N. VII, 16,
Zalıı 485
Better Nero, ned Germanicus Sohn vermählt (Tac. II, 29. vgl. VI, 27.
Die LX, 18.), verrieth ihren Gemahl an ihre Mutter Livia und deren Buhlen
Sejan (Tac. IV, 60. vgl. 3. 7f.); und nachdem Nero mit feiner Mutter
Agrippina in das Eril getrieben war (753 dv. St., 30 n. Ehr., vgl. Bo. 1.
S. 277. Nr. 2. u. Br. I. ©. 1274. Nr. 3.), fo wurde fie, wahrſcheinlich
auf Betreiben der Livia, welde ihre eigene Bermählung mit Sejanus an
dem Willen des Tiberius feheitern ſah (Tac. IV, 39 f. vgl. Bo. I. ©. 146.),
dem Buhlen ihrer Mutter verlobt (Zonar. XI,2. Reimar zu Dio LVIII, 11.).
Da jedoch bald Darauf (784, 31) der Sturz Sejans erfolgte, fo unterblich
die Bermählung ; und Julia wurde zwei Jahre fpäter dem Rubellius Blandus,
dem Enkel eined römiiben Ritters aus Tibur, zur Ehe gegeben (Tac. VI,
27. 45. vgl. Dio LVA, 21.). Unter Claudius aber wurde fle (796, 43)
ein Opfer der Eiferfuht der Meffalina, und verlor auf Befehl des erfleren,
entweder dur Hunger oder durch dad Schwerdt (vgl. Sen. Apocolocynt.
10.) dad Leben (Dio LX, 18. Zac. XIII, 32. 43. XIV, 63. Suet. Claud. 29.
Sen.a.D. [Sen.] Octavia v. 941.). Daffelbe Ende hatte die andere Julia
mit dem Beinamen Livilla (Dio LIX, 22.), die jüngfle Tochter deö Ger⸗
manicus, im 3. 771 d. St., 18 n. Chr. auf Leebos geboren (Tac. II, 54.). *
Im 3. 786 (33) von ihren Adoptiv-Broßvater Tiberius dem M. Vinucius
von ritterlider Herkunft zur Ehe gegeben (Tac. VI, 15. 45. vgl. Die LVIII,
21.), lebte fie in der Folgezeit glei ihren Schweſtern Drufilla und Agrip⸗
yina in ſchändlichem Ehebruch mit ihrem Bruber Caligula (Dio LIX, 3. 22.
Suet. Calig. 24. 36.), wurde aber von bemfelben aus Anlaß der Verſchwö⸗
rung ded M. Lepidus, Gemahls der Druflla**, der gleichfalls mit den
Schweſtern feiner rau gebuhlt Hatte (Dio LIX, 22. vgl. Tac. XIV,2.), im
3. 792 (39) ald Shebrederin und Mitwifferin der Verſchwörung zugleich
mis ihrer Schweſter Agrippina auf die Infel Bontia (Pontiä, gegenüber dem
Gircäitgen Vorgebirge, vgl. Cluver. Ital. ant. p. 1014 f.) verbannt (Dio
LIX, 3. 22. LX, 4. Suet. Cal. 24. 29.), und obgleih nad dem Tode des
Galigula (794, 41) von Claudius zurüdgerufen und wieder in ben Beſitz
ihrer Güter geſetzt (Dio LX, 4. vgl. Suet. Cal. 59.), nit lange darauf
durch Die eiferfücdhtige Meffalina, welde fie unter Anderem bed Chebruchs
mit dem Philofophen Seneca anklagte, zum zweiten Male vertrieben (Dio
IX, 8. val. LXI, 10.), und endlich (796, 43) in Folge eines Befehls bed
Glaudius um dad Leben gebracht (Div LX, 18. Suet. Claud. 29. Seneca
Apocoloc. 10.). Bon den Kindern des Bermanicud, ber ald Adoptivſohn
des Tiberius in dad juliſche Beihleht aufgenommen war, wird allerdings
auch Andern als der Julia Livilla auf Münzen, Infchriften und von Schrift-
fiellern der juliſche Name beigelegt (vgl. Eckhel VI. p. 214 f. ***); aber nur
die jüngfle feiner Töchter führte ihn neben dem Beinamen Livilla als ihren
* Wahrfipeinlich gleih nah ihrer Geburt und zur Geier berfelben wurbe vos
ben Mptilendern die Münze mit der Sufchrift IOYAIAN NEAN TEPMANIKON
MYT. (bei 3. Baillanut numisnm. gr. Impp. p. 12. vgl. Reimar. zu Dio LIX, 22.)
geprägt. Auf einer andern, von ben Mytilendern zu Ehren der Mutter Agrippina
geprägten Münze molite Pellerin (Recueil des med. ant. 11. p. 229.) an die Stelle
des Wortes AIOAIN ven Namen IOYAIAN ale Bornamen der Agrippina ſetzen.
Ylein bie Vorausfegung Pellerind, daß der Gemahlin bed Germanicus von Schrift:
fiellern der Name Julia beigelegt werde, wird von Edihel (Doctr. Numm. Vett. VI.
p. 214.) mit Recht bezweifelt, und dem Worte Asolır, das jener Gelehrte aus einem
Berfehen des Monetarius ableitele, die einleuchtende und überdieß durch Sufchriften
befiätigte Deutung gegeben, daß Agrippina baburch als (Ehren:) Bürgerin ber Aolis
ben Stadt Lesbos bezeichnet werben follte,
»WMahrſchein lich Sohn des oben genannten 2, Aemilius und ber Julia, Enkelin
des Anguf. vgl. Tillemont Hist. des Emp. T. I. (Par. 1720.) p. 163,
9° Anders verhält es ſich mit ber Mutter Agrippina; vgl. bie obige Anmerkung.
486 | Juttt
gemöhnlien Namen. Daß-Caligula feiner Tochter von Gäfonia den Namen
Julia Drusilla gab, erfehen wir aus Suet. Cal. 25. (vgl. Dio LIX, 28.,
wo fie nur Drufllla Heißt; Suet. Cal. 59. Die LIX, 29. Joſeph. Antiq.
IX, 1. Caesonia, Bd. II. ©. 49.).
Bon der Familie der Caesares menden wir uns wiederum zu anderen
Juliern, und betrachten zunächſt biefenigen, melde noch in der Zeit ver
Republik, theils ohne einen Beinamen, theils mit anderen, ald Caesar, ge⸗
nannt werden.
Die Prätoren L. Julius 571 d. &t., 183 v. Chr. (Liv. XXXIX, 45.)
und L. Julius 588 d. &t., 166 v. Chr. (iv. XLV, 44.), fo mie der Se:
nator C. Julius, der zu Anfang des flebenten Jahrhunderts der Stabt dit
Geſchichte Noms in griechiſcher Sprade fihrieb (Liv. Ep. LIII.), find oben
(S. 425. Nr. 2. 4. und ©. 427. Nr. 12.) nah Drumannd Vorgang unter
die Caesares aufgenommen. Da jedoch die Beinamen fonft von Livius pünktlich
beigefügt, jene drei Sulier aber ohne Beinamen genannt werben, fo iſt die
Annahme, fie feien Caesares gewefen, mindeſtens zu bezweifeln. Ebenfalls
ohne Beinamen wird ferner ein C. Julius als Mitverſchworener Gatifinad
genannt, den diefer zum Behufe von Werbungen nad Apulien fandte (691
dv. St., 63 v. Chr.), Salufl. Cat 27. Ein L. Julius aus der Provinz
Afrika wird von Girero (ad Fam. XIII, 6, 2.) als Zreund des P. Cuſpiué
(Br. II. S. 804.) dem Du. Balerius Orca, Proconful der genannten Pro⸗
vinz (698, 56) empfohlen; und mit biefem mag ber Dichter L. Julius
Calidus (vgl. Bd. I. S. 75., wo fälfhlih der Name T. fleht), der nach
Cornelius Nepos Aut. 12. zur Zeit der Broferiptionen des I. 711,43 (vgl.
Br. I. S. 563.) nah der Aechtung der Ritter um feiner großen Beflgungen
in Afrika willen von PB. Volumniud, praefectus fabrum des Antonius, ab»
weiend in die Zahl der Geächteten gelebt, in Folge der Bemühungen des
Atticus jedoch wieder frei gemacht wurde, verwandt oder ſelbſt identiſch fein. *
In diefelbe Zeit gehört L. Julius Mocilla, der ald geweſener Prätor
auf der Seite des Eafflus und Brutus Fämpfte, und als er fih nad dem
unglüdligen Ausgange der Schlacht bei Philippi (712, 42) mit feinem Sohne
und Andern feiner Parihei nah Samothrace flüchtete, durch Pomponius
Atticus von Epirus aus befhügt und unterflügt wurde, Nep. Att. 11. —
Wahrſcheinlich einer früheren Periode, jedenfalls aber der Zeit der Republik
gehört L. Julius Bursio an, deſſen Name auf einer Menge von Münzen,
mit einem jugendlichen geflügelten Kopfe (nad Havercamp zu Morelli Thes.
p. 219. der Gott Triumphus; vgl. jedoch Eckhel Doctr. Namm. V. p. 228.)
und einem Dreizad Hinter dem Haupte, fo mie mit vielen, auf den verfchie:
denen Münzen mechfelnden Eleineren Typen (3. B. eine Maske, ein Delphin,
eine Eidechſe, ein Donnerkeil, der Stab des Merkur ıc.) auf dem Avers,
und einer Victoria in quadrigis auf dem Revers erfceint. Da faft alle
Typen diefer Denare Häufig auf fyrafufaniigen Münzen vorkommen, und
viele Denare zur Zeit der römiſchen Republik in Sicilien geprägt wurden.
fo iſt eben dieß von ben fragliden Münzen vorauszufegen (vgl. Havercamy
p. 220.). Ob aber Burſio ald Quäſtor ded Scipio Afrikanus nad der Zer:
Nörung Carthagos den Uebergang der Meeresherrihaft an Rom auf feinen
Münzen gefeiert babe (Havercamp am a. D.), laſſen wir mit @dhel (p. 228 )
billig dahingeſtellt. Einer noch früheren Zeit der Republik würde, wenn er
anders bHiftorifg wäre, der Wahrfager C. Julius angehören, der nad) ber
Erzählung des Pythokles im dritten Buche feiner italiſchen Geſchichte (Hei
” Aus den Worten bed Nepos post proscriplionem equitum (vgl. App. b. c.
IV, 5., wornac gegen 2000 Ritter und gegen 300 Senatoren geächtet wurden) gebt
hervor, daß er felbft Fin Ritter war,
Jualti 487
Plutarch Parall. min. 14.) dem römiichen Feldherrn Meiellus (Coſ. 503
d. &t.? vgl. Bo. II. S. 22 f.), der bei feiner Abfahrt gegen die Carthager
allen Böttern geopfert und nur die Veſta vergeffen hatte, welche deshalb der
Flotte widrigen Wind ſchickte, geoffenbart haben fol, daß der Wind ſich
nicht eher legen werde, ale bis er feine eigene Tochter geopfert hätte: worauf
biefe wirflid vom Vater zum Altare geführt, durch Veſta jedoch, die aus
Mitleiden eine Kuh an ihre Stelle ſetzte, nach Lanuflum (?nah Xylanders
Vermuthung Yanuvium) verfeßt und -zur Priefterin der daſelbſt verehrten
Schlange gemacht morben fei. ine andere, von griechiſchen Mythographen
als Parallele zur Geſchichte der Iphigenia erdichtete Erzählung, Bei welcher
wir ebenfalls dem juliiden Namen begegnen, wird durch Tzetzes zu Lykophr.
Cass. 183. (T. J. p. 465. ed. Müll.) ohne Bezeichnung feiner Duelle mit⸗
gerhellt: daß nemlich eine zum Opfer beflimmte Nömerin, Julia Luperca,
dur einen Adler gerettet worden fei, welder dem Priefler das Schwerbt
entriffen und auf ein in ber Nähe des Tempels weidendes Kalb geworfen babe.
Wenn {don unter den Jullern der Republik fi mehrere finden mögen,
die nit durch Abflammung dem Geſchlechte angehörten, fo können wir in
der Kalferzeit, abgejehen von der Bamilie der Caesares, dad Geſchlecht ale
ſolches nicht weiter verfolgen; und ohne Zweifel trugen faft ſämmiliche Julier
vieler Zeit ihren Namen entmeder als Zreigelaffene und Nachkommen von
jolden, oder waren es Provincialen, die bei ber Aufnahme in das römiſche
Bürgerrecht und zum Theil auch ohne biefe fih mit dem gefeierien römiſchen
Namen ſchmückten und denfelben ihren Nachkommen binterliegen. Wir laffen
fofort die Iulier der Kaiferzeit in chronologifher Ordnung folgen, und bes
merfen dabei, daß wir diejenigen, die allein in Titerarhiftorifcher Hinficht zu
erwähnen find, bei Seite laſſen, .und auf Vollftänpigfeit, zumal für Die
fräteren Zeiten, überhaupt Teinen Anſpruch machen.
1) M. Julius Cottius, Zürft der cottifden Alpen, der dem Auguſt
zu Ehren den julifhen Namen annahm. vgl. Bd. II. S. 731. (Sein Sohn
des gleihen Namens unter Claudius, f. ebendaf.)
2) Julius Clemens, Genturio bei den nah dem Tode des Auguflus
(14 n. Ehr.) aufgeflandenen pannoniſchen Legionen, der von biefen auderkoren
mwurbe, bei bem von feinem Vater gefandten Druſus, Sohn bed Tiberius,
die Beichwerben der Krieger vorzubringen. vgl. Tac. Annal. I, 23. 26. 28.
3. 4) Julius Florus und Julius Sacrovir, zwei Gallier, jener
ein Trevirer und diefer ein Aebuer, beide von Adel und wegen geleifteter
Dienfte ihrer Borfahren mit dem Bürgerrechte beſchenkt, flifteten unter Tibes
rius (im I. 21 n. Chr.) die von großer Schuldenlaſt gedrückten galliſchen
Zandfchaften zur Empörung auf, Tac. Ann. IH, 40. Slorus, der die Auf-
gabe übernommen, die Belgier aufzumiegeln (Tac. a. O.), zog fi mit einem
Haufen von Verſchuldeten oder Glienten aus den Rande ber Trevirer in ben
Wald Arbuenna, ward aber in biefem von den römiſchen Legionen einge:
ihloffen, und fiel, als ex jeden Ausweg verfperrt fah, durch eigene Sand,
Zac. II, 42. Sacrovis feßte den Krieg fort, und brachte im Lande ber
Aebuer ein Heer von mehr ald 40,000 Mann zufammen, warb aber von
C. Silius, dem Legaten ded obern Germaniens (vgl. Zac. I, 31. 1, 6. 7.
25. IV, 18:) in der Nähe von Auguſtodunum gefhlagen und flürzte ſich
gleichfalls in fein Schwerdt. Tac. III, A3—46. vgl. IV, 18. Hist. IV, 57.
Julius Indus, Landsmann des Julius Florud (Nr. 3.), der aber
ala Gegner deſſelben auf Seite der Römer kämpfte, vgl. Tac. II, 42.
6) Julius Postumus, von Tacitus IV, 12. ald Buhle der Mutas
cilia Prisca genannt, der durch die bei Livia Augufta vielgeltende Prisca ein
Vertrauter der erfleren war, ließ fih von Sejan dazu gebrauchen, um
488 j Sanı
Agrippins, die Wittwe des Germanicus, bei Livia anzufgwärzen (23 n. Ghr.).
(Bielleiht ein Sohn von Ihm Nr. 12.
7) Julius Africanus, ein Gallter von der Völferfchaft der San:
toner, im $. 32% n. Chr. von Du. Serväus und Minuchus Thermus, welche
ſelbſt ala Freunde des Sejan nad deflen Sturze veruribeilt waren, ange»
Flagt und in das gleiche Unglück gezogen. Tac. VI,7. (Bin Sohn von ihm
der Redner Afrikanus, f. den Tkt.biflor. Art.)
8) Julius Marinus, neben Bescularius Atticus einer der Alteflen
Bertrauten des Tiberius, Begleiter deſſelben nach Rhodus, und auf Capreä
von ihm unzertrennlih, wurde nah dem Sturze Sejand, der ihn gebraucht
batte, um den Curtius Atticus zu ftürzen, durch Spruch des Tiherius ſelbſt
zum Tode gebradt, 32 n. Chr, Tac. VI, 10.
9) Julius Celsus, (Kriegd=) Tribun, Hatte gleich den beiden Vorigen
die Freundſchaft des Sejan zu büßen, und gab fih, zu Ende des I 32
n. Chr. zugleich mit zwei andern roömiſchen Rittern der Verſchwörung ange-
fagt, im ©efängniffe feldft ven Tod, indem er fi mit feiner Kette er⸗
drofjelte, Tac. VI, 14.
10) Julius Graecinus, aus Forum Julli in Gallien, Bater des
Agricola, unter Galigula hingerichtet, 38 n. Chr.; f. BP. I. ©. 269.
(Wahrſcheinlich identiſch mit dem Schriftfteller Julius Graecinus über ben
Weinbau, vgl. den Tit.Hift. Art. unt. b. am Säluffe.)
11) Julia Procilla, Gemahlin des Borigen, vgl. Bdo. I. S. 269.
12) C. Julius Sex. f. Postumus (vieleigt Sohn von Nr. 6.),
unter, Claudius Praͤfekt von Aegypten, und als folder befannt aus einer von
ihm zu Ehren des Claudius gefegten Inſchrift (vom I. 47 n. Ehr.). Bruter.
113, 1. Lipf. zu Tac. Ann. IV, 12. Orelli 709. und die daſelbſt citirte
Särift von Labus di un’ epigrafe Latina p. 71.
13) Julius Aquila, romiſcher Ritter, wurde von A. Divius (Baus),
welcher den Mithridates, Bürften des Bosporus, auf Befehl des Claudius
abgefeßt und den Bruder veffelben, Cotys, für ihn eingefeßt hatte (vgl.
Tillemont Hist. des Emper. T. 1. Par. 1720. p. 237.), bet feinem Abgange
aus dem Reiche mit menigen Gohorten zurückgelaſſen, trug über Mitbridates,
als viefer fein Reich mit Waffengewalt wieder zu gewinnen trachtete, in Ber:
bindung mit Cotys und dem Fürften der Adarfer, Eunones, den Sieg davon,
und erhielt jur Belohnung die prätorifhen Ehrenzeihen (49 n. Ehr.). Tac.
XII, 15—21. — Ob und wie er mit Julius Aquila, tem Verfaſſer eines
Buchs über die etruskiſche Disciplin (vgl. den Zufag zum lit hiſt. Nrt., b.,
am Scähluffe) verwandt fei, iſt nicht zu beflimmen. Auch M. Aquila C. f.
Julianus, @of. unter Galigula 38 n. Chr. (vgl. Die index coss. ad 1. LIX.
u. LIX, c. 3., Orelli Inscer. 699.) Eönnte feiner Yamilie angehören. (Bei
Dio im index Heißt der Coſ. Arvlas, in Uebereinflimmung mit der Infhrift,
Aquila, daher bei $rontin. de aquaed. 3. fälſchlich M. Aquillio gelefen wird.)
14) Julius Gallicus, Sachwalter unter Claudius, melden biefer,
über eine Rede veffelben aufgebracht, in die Tiber werfen ließ, Zonar. KI, 10.
15) Julius Pelignus, ein Mann, der durch Geiſtesſchwäche und
Ingeftalt des Körpers gleich verächtlich, bei Claudius aber äußerſt beliebt
war, ba er in Geſellſchaft von Boffenreißern feine träge Muße ergögte, wurde
‚fpäter zum Präfeften von Gappaborien erhoben, und fpielte als foldder (51
n. Chr.) aus Anlaß der Ufurpation des Rhadamiſtus in Armenien eine
Kamähliäe Rolle. Tac. XII, 49. (vgl. Helvid. Priscus, ®v. II. ©. 1122.
r. 1.).
16) Julius Densus, römiſcher Ritter unter Nero, ven feine Zu>
neigung zu Britannicus zum Berbreihen gemadt wurbe, doch sbne daß Nero
(zu Anfang feiner Regierung, dan. Chr.) die Anklage annahm. Zar. XIII, 10.
Julit 489
17) Julius Pollio, Tribun einer prätorifhen Cohorte, unter deſſen
Obhut die Giftmiſcherin Locufla verwahrt wurde, war dem Nero zu ber Ver⸗
giftung des Britannicus (55 n. Ehr.) behilflich. Tac. XII, 15.
18) Julius Montanus, Senator unter Nero, gerieth bei dem nädts
lien Umherſchwärmen des Fürften in den Straßen Noms mit demſelben in
Handgemenge und wies feinen Angriff mit Heftigkeit zurück, war aber, nach⸗
bem er ihn erkannt Hatte, fo unvorfiätig, Abbitte zu thun, und wurbe, da
biefe ald Bormurf genommen wurbe, zur Selbftentleibung gezwungen (56
n. Ghr.). Tac. XII, 25. — Bielleicht ein Sohn des Dichters Julius Mons
aut unter Auguft und Tibertus; vgl. den Tit.Hifl. Art. unter a., mit dem
ufaße.
19) Julius Classicianus, Nachfolger bes Decianus Catus (Bb. IE.
©. 875.) ala Procurator von Britannien (64 n. Chr.), war mit den Les
gaten Suetonius Paulinus uneinig und verleumbete denfelben Hei Nero, vol.
Tac. XIV, 38.
20) Julius Tugurinus, römifher Ritter, Mitverſchworener des Pifo
gegen Nero (69 n. Ehr.). Tac. XV, 50.
21. 22) Julius Agrippa und Julius Altinus, wurden aus Anlaß
der Berfhmörung des Pifo (65 n. Chr.) mit mehreren Anderen von Nero
auf Infeln des Aegäiſchen Meeres verwiefen. Tac. XV, 71.
23) C. Julius Vindex, Proprätor in Gallien, ber im J. 67 n. Chr.
gegen Nero fich empörte. Vgl. Dio LXIII, 22—26. Zonar. XI, 13. Plut.
Galba a6. Guet. Nero 40. 41. 45. Galba 9. 11. Tac. Ann. XV, 74.
Rist. 1, 6. 8. 16. 51. 53. 65. 94. IV, 17.57. Plin. H.N.XX, 14. Plin.
Ep. IX, 19. ur. Vict.] Epit. Caes. 5. Lamprid. Alex. Sev. 1. Lucian.
Nero 9. Philoſtr. v. Apollon. 10. 11. Na feiner Abſtammung ein Aquis
tanter von Töniglihem Geſchlechte, durch den Water aber roͤmiſcher Senator
(Dio 22.), war C. Julius (bei Blut. G. 4. fälflih "Tovnos; der Beiname
Vindexr mag ihm erft nach feiner Unternehmung beigelegt, der Vorname Cajus
aber, Dio, Zonar., Aur. Vict., nicht Lucius, Lamprid. Alex. Sev. 1.,
wofür Julius zu leſen, vom Vater ererbt und von biefem zu Ehren bed Dic⸗
tator8 angenommen feln) unter Nero zur Würde eines Proprätors in Ballia
(Celtice, vgl. Sueton. G. 9., wornach der Legate von Aquitanien Hilfe
gegen ihn verlangte; die heimifche Provinz mochte ihm abſichtlich nicht an«
vertraut worden fein) erhoben worden, Suet. Nero 40. Plut. G. 4. Die
verfönlige Anfhauung von ber Art, wie Nero den römiſchen Namen und
dad römifche Mei entwürbigte, Hatte Ihn mit tiefer Entrüftung erfüllt; und
als er num die ſchweren Bedrückungen fah, unter benen fein Vaterland von
ieber und eben jet unter Nero feufzte, fo kam in ihm, der ſich unfählg
fühlte, unter diefer Gerrfchaft bie Leiden felner Provinz zu heben, ber Ent«
(Huf zur Reife, durch Empörung die Welt von dem Tyrannen zu befreien
(vgl. Dig 22. Philoſtr. a. O. Suet. Nero 40.). Weit entfernt, von pers
fönligem Ehrgeiz geleitet zu werben, beflimmte er ben Sulpichus Galba,
einen römiſchen Patricier und damals Statthalter in Spanien, zum Herrſcher,
und Band feine Randöleute dur einen Eid, daß fie Alles für ben Senat
und das römifche Volk unternehmen, und ihn ſelbſt, wenn er dem zumiber
handelte, mit dem Tode beftrafen wollten (Zonar. vgl. Div 23. Suet. G.9.).
Der größte Theil von Gallien begrüßte mit Freuden das Zeichen der Empoͤ⸗
rung (Xac. Hist. I, 21. 65. 11, 94. IV, 17.); und obgleich die Provinz des
Binder von Truppen entblößt war (Tac. I, 16.), fo Hatte er dennoch in
kurzer Zeit ein Heer von 100,000 Mann auf die Beine gebracht (Plut. G. 4.).
Nachdem Galba zwar nicht als Imperator, aber doch als Legate des römi⸗
ſchen Senats und Volkes (Suet. G. 10.) gegen Nero aufgeteeien war, fo
IV.
480 Jualil
fielen bemfelben die Statthalter der meiften Provinzen zu (Blut. G. 6.).
Verginius Rufus aber, Legate des (obern) Germaniens, ber gleichfalls von
feinen Truppen aufgefordert war, ven Imperatortitel anzunehmen, erklärte
weder ſelbſt die Herrichaft übernehmen zu wollen, noch irgend einen Andern
als Imperator anzuerkennen, der nit vom Senate ernannt wäre (Blut.
a. D.), und zog fogar mit feinem Heere gegen Binder heran (Dio 24. Tac.
1, 53.). Zum Entfage der von Rufus belagerten Stadt Veſontium (Bes
fangen) sücte Binder herbei; und nachdem beide Männer anfänglih Briefe
mit einander gewechſelt, fo kamen fle zu einer perſönlichen Unterredung zu⸗
fammen, und follen dabei gemeinfchaftlihe Sache gegen Nero gemacht haben.
Als aber Binder mit feinem Heere fih in Bewegung fehte, um die Stabt
in Beſitz zu nehmen, fo übderfielen die Solpaten des Mufus in der Meinung,
er rüde gegen fie heran, feine Leute und machten gegen 2000 (Plut. G. 6.)
nieder; worauf Binder, der ohne Zweifel von Rufus ſelbſt fi verratben
glaubte, in allzufrüher Verzweiflung ſich felbft den Tod gab. (Div 24. vgl.
Zonar., Blut. G. 6. Zac. H. I, 51. Suet. G. 11.)
24) Julius Fronto, dur Galba (im I. 69 n. Chr.) vom Tribu⸗
nate bei den vigiliae entfegt (Xac. Hist. I, 20.), gieng ohne Zweifel in Kolge
davon zu Otho über, wurde aber im Kriege zwiſchen Otho und Bitellius
von den Othonianern unter ver Beihuldigung, daß er mit feinem bei den
Vitellianern ſtehenden Bruder Julius Gratus unterhandelt hätte, in Bande
gelegt (Xac. H. II, 26.).
5) Julius Gratus, Bruder des Vorigen, Ragerpräfekt im Heere bes
Vitellius, wurde von Seiten der Bitellianer, jo wie fein Bruber von Seiten
der Othonianer des Verraths beſchuldigt und gefeifelt (Xac. H. II, 26.).
26) Julius Martialis, Kriegätribun unter Balba, der im Lager der
Prätorianer die Wache hatte, als die Empörung zu Gunſten Othos ausbrach,
und dadurch, daß er auf Feine Weile zu widerſtehen verfuchte, den Verdacht
des Mitwifiend erregte (Tac. H. I, 28.). Später ward er bei einem Auf⸗
Bande der Soldaten gegen Dtho, deren Eindringen in den Palaſt er zu ver-
binbern ſuchte, verwundet (Tac. H. I, 82.).
27) Julius Atticus, ein speculator (Leibwädter) des Galba, der
va Bliaus gegen diefen rühmte, daß er Otho ermorbet Hätte (Tac. H.
23) Julius Carus, Legiondfoldat, Mörder des T. Vinius, gewe⸗
fenen Günſtlings des Galba (Tac. H. I, 42.).
29) Julius Burdo, Präfelt der germanischen Flotte, follte nach ber
Erhebung des Vitellius zum Imperaror auf Verlangen des Heeres, von dem
ex beſchuldigt wurde, ven Verrath des Fontejus Gapito und hernach feinen
Untergang angezettelt zu haben (vgl. Bo. II. S. 505., wo unfere Stelle
beizufügen) hingerichtet werben, wurde aber von Vitellius durch Liſt gerettet
(ac. H. I, 58.).
90) Julius Alpinus, ein Häuptling der Helvetier und Anführer ber»
felben gegen Cäcina (Bd. II. ©. 40. Nr. 6.), wurde na dem Uebergange
der Hauptflabt Aventicum von Gäcina mit den Tode beflraft, Zac. H. 1, 68.
(Eine berühmt geworvene, aber ohne Zweifel erbichtete Inſchrift feiner an⸗
geblichen Toter Julia Alpinula bei Orelli 400. vgl. 457.)
81) Julius Cordus, Statthalter von Aquitanien, ließ feine Provinz
dem Otho ſchwören (Zac. H. 1, 76.).
82) Julius Priscus, durch Vitellius auf die Empfehlung des Fabius
Valens vom Genturio zum prätorianifhen Präfekten erhoben (Zac. H. II,
92.), wurde bei der Annäherung des vefpaflanifhen Heeres zugleih mit
Alphenus Varus an der Spike von 14 prätorianifhen Cohorten und allen
Neitergeſchwadern auögefandt, den Apennin zu befegen (Tac. 1I1,55.), verlieh
Jattt 451
aber fpäter mit Alphenus ſchmaͤhlicher Weiſe das Lager (IH, 61.), und gab
ſich, als nach dem Untergange des Vitellius Mucian bie Zügel der Gewalt
in der eroberten Haupiftabt ergriffen hatte, mehr aus Scham als aus Noth⸗
wenbigleit felbft ven Tod (IV, 11.).
Julius Mansuetus, ein Hifpanier, fiel in dem Kriege zwiſchen
den Bitellianern und Flavianern von der Hand ſeines eigenen, im Heere bes
Flavianers Antonius dienenden Sohnes, ver erſt bei der Plünverung des
Halbtodten den Water erkannte (vgl. Tac. H. III, 25., nad Vipſtanius
Metiala).
84) Julius Calenus, ein Aeduer, Kriegätribun im vitellianifchen Heere,
wurde nad der Eroberung Cremonas durch Antonius Primus von biefem
aus Prahlerei nah Gallien gefandt, um ben Sieg ber Flavianer zu ver»
fünbigen (Zac. H. III, 25.).
35) Julius Agrestis, Genturio unter Vitellius, vermochte demſelben
auf Die Nachricht von der Eroberung Eremonad bin, daß er ibn von Mom
aus abfanbte, um die Stärke des Feindes und, was bei Cremona geſchehen
fei, zu beſichtigen, wurde auf Befehl des Antonius, dem er des Imperatore
Auftrag eingefland, überall Herumgeführt, und beflegelte, als er dem Dis
tellius feine ſchlimmen Nachrichten zurückbrachte und von dieſem ein Beflochener
ger@otten une, die Wahrheit feiner Ausfagen durch freimilligen Tod (Tac.
H. IH, 94.).
36) Julius Placidus, Tribun einer Cohorte, der nach der Erobe⸗
rung Roms dur die Flavianer ven BVitellius aus dem Schlupfmintel in
feinem Balafte, in weldden er ſich werfrochen hatte, hervorzog (Tac. H. II, 85.
vgl. Dio LXV, 20. Sueton. Vitell. 16 f.).
37) Julius Frontinus, f. ®b. III. ©. 319 f.
38) Julius Claudius Civilis, von Tacitus Hist. IV, 13. Clau-
dius Civ., von demſelben 1,59. aber, fo mie von Frontinus Strat. IV, 3, 14.
Jalius Civ. genannt, der Anführer der Bataver in dem Aufftanbe gegen bie
Römer, 69 und 70 n. Ehr.; f. Bd. II. S. 389 f. (mo die Stelle des Tas
citus H. 1, 59. nebft der des Frontinus nadzutragen). Da außer einem
Säwefterfohne Julius Brigantieus (Nr. 40.) ein anderer, Claudius Victor ges
nannt wird (ac. H. IV, 38.), jo mag er allerdings beide Namen getragen
haben. *
89) Julius Paullus, Bruder des Cioilis, f. Bo. II. S. 389.
40) Julius Briganticus, Schmwefterfohn des Civilis, der mit feinem
Oheim verfeindet, In dem durch denfelben angefadhten Kriege den Roͤmern,
welchen er zuvor fhon gedient hatte, treu blieb und im Kampfe gegen Civilis
feinen Tod fand (vgl. Tac. H. H, 22. IV, 70. V, 21.).
41. 42) Julius Classicus und Julius Tutor, beide Trevirer,
jener von altem königlichem Geſchlechte und jeht der Anführer einer Treviri⸗
(hen Reiterſchwadrvn im römiſchen Heere, der andere von Vitellius zur
Deckung der Rheingrenze geſetzt (Tac. H. IV, 55.), flifteten während bes
Krieges gegen. Cioilis, in welchem fle unter Dillius Vocula als Unterbefehld«
haber »ienten (vgl. IV, 57.), in Verbindung mit dem Lingonen Julius Sa=
binus Empörung unter den Galliern an, deren Herrſchaft fie an die Gtelle
ber römifchen fegen zu Fönnen träumten (IV, 55. vgl. 54.), erreichten aber
ihre hochfahrenden Plane fo wenig, daß fie fernerhin nur als untergeorimete
Bundesgenoffen des Clvilis erſcheinen. Val. Bo. II. S. 390. (398.).
43) Julius Sabinus, ein Lingone, der In Verbindung mit den Tre⸗
virern Claſſicus und Tutor (41. 42.), fo wie dem Bataver Eivilis her
= Be Put. Erot. 25. Bann daher unter Juliane immerhin Civilis verfiauden
werden (vgl, die Note Bb, II. ©, 389.). .
492 Ja
Zuugen Herrſchaft in Gallien ein Ende zu machen unternahm. Vgl. Tac.
iv, 59. 67. Dio LXVI, 3. 16. Plut. Erot. 25. ‚Außer der angeborenen
Gitelkeit entflammte ihn noch ber Glanz vermeintliher Abkunft; denn nad
feiner Behauptung entfproßte er aus dem Umgange, welden Julius Gäfar
während ber galliſchen Kriege mit feiner Urgroßmutter gehabt habe.’ Tac.
IV, 55. (Dio LXVI, 3.). Nachdem er in feiner Helmath die Denkmäler
des römiihen Bundes (vgl. Tac. H. I, 78.*) niedergeworfen hatte, io ließ
er ſich Eäjar grüßen (Zac. IV, 67. vgl. Div a. O.), flürmte ſodann mit
toßer und ungeregelter Schaar feiner Randäleute gegen bie angrenzenden, den
Römern treugebliebenen Sequaner, warb aber in dem blinblingd eingegan-
genen Treffen geſchlagen, und flürzte ſich mit verfelben Eile, mit welcher er
den Kampf begonnen, in die Flut (Tac. IV, 67., vgl. Dio a. D., or
a nrndeis). Um das Gerücht zu veranlaflen, er fei umgefonmen,
verbrannte er das Landhaus, wohin er ſich geflüchtet Hatte, verbarg fi in
einem unterirdiſchen Gewölbe (bei Dio urmusior, Grabmal; nad Plutarch
Gewölbe zur Aufbewahrung feiner Shäge), und Iebte hier, in Geweinſchaft
mit feiner Battin Epponina (Tac., bei Dio Beponila, bei Plut. Empone,
was dem griedifchen Howis entſprechen fol) neun Jahre lang, bis er zulegt
entdeckt, nad Rom gebracht, und trog der Fürbitte feiner hochherzigen Ge⸗
mahlin zugleich mit diefer von Beipaflan zum Tode verurteilt wurde (Die
LXVI, 16. Plut. a. D.). In feinem unterirdiſchen Gefängniſſe Hatte ihm
feine Battin Zwillingsſöhne geboren, von welchen der eine fpäter in Aegypten
fiel, der andere, Sabinus, in Delphi yerfönli dem Plutarch befannt wurbe.
Bol. Secouffe, Hist. de Sabinus et d’Eppon. sa femme. Mém. de l’Acad.
des Inscr. T. IX. p. 424—445.
44) Julius Maximus, linterbefeblähaber des Civilis und zugleich
mit deſſen Schwiegerfohn Claudius Victor gegen Borula und fein Heer ge⸗
fandt (vgl. Tac. H. IV, 33.).
45) Julius Auspex, ein Häuptling der Remer, der nah ber Em⸗
pörung des Glaffleus, Tutor und Sabinus die römiſche Macht und des
Friedens Wohlihaten dur fein Anfchen wieberberfiellte (Tac. H. IV, 69.).
46) Julia, Tochter des Cäfar Titus, von Marcia Furnilla (Sueton.
Tit. 4. vgl. 5.), wurde von ihrem Vater dem Domittan, ihrem Oheim, zur
Che angeboten, von diefem aber, da er von feiner Gemahlin Domitia **
ſich nit trennen wollte, ausgefhlagen (Suet. Domit. 22.). Raum jedoch
war fle an einen Anbern, ben Flavius Sabinus, Sohn ihres Oheims 3.
Flavius Sabinus, Bruders des Veſpaſian, vermählt, fo verführte fle Do⸗
mitian, noch während der Lebzeiten ihres Baterd; und nad dem Tode des
legteren, fo wie nach der Hinrichtung ihres Gemahles (Sueton. Dom. 10.
Philoſtr. v. Apoll. 7.) lebte ex offen mit ihr zufammen (Suet. Dom. 22.
vgl. Dio LXVII, 3. ***), und warb au aus Leidenfhaft die Urſache Ihres
Todes, indem er bie von ihm ſchwanger Gewordene zwang, ihre Leibesfrucht
abzutreiben (Suet. 22. Plin. ep. IV, 11.). Ueber ihre Verſoönlichkeit if
und nichts Weiteres befannt; und nur von Die (LXVII, 4., Exc. Peiresc.)
wird noch besigtet, Daß Urfus, der früher dem Domitian, als er mit dem
Morde feiner Gemahlin Domitia umging, gerathen hatte, ſich mit der Scheidung
® Nacd diaſer Stelle hatten die Lingonen durch Otho bad römifche Blirgerredht
erbalten, nachdem es den Übrigen Galliern ſchon früher durch Galba eribeilt war;
vgl. Zac. H. I, 8. (Annal. XI, 23.) Piut. Galba 18.
** Domitia Longina, Tochter ded En. Domitius Corbulo (Bd. II. ©, 1218.);
vgl. Über fie Div LXVI, 3. 26. LXVII, 15. G©uet. Domit. 1. 3. Tit. 10.
#°° Nach diefen deiden Stellen, fo wie nach Plinius Ep. IV, 11. (vidua periit)
i bie Angabe des Philoftratus (v. Apoll. 7.) zu berichtigen, wornad er fie nad
Ermordung des Sabinus gedeirathet hätte,
Zalıı 088
zu begnügen (Dio LXVII, 8.), von dem Kaifer, anflatt zur Strafe für bie
ihm verfagte Bewunderung feiner Thaten ermorbet zu werben, auf Julias
Bitten fugar zum Conſul gemacht wurde. (Ueber Urfus vgl. noch Statius
in epist. praekin. lib. IL. Silv.) Nah Münzen (bei Edel Doctr. Numm.
VI. p. 365 f.) und einer Inſchrift (bei Orelli 762.) führte fie den Titel Au-
gusta, nnd wurde (nad Münzen bei Edhel a. D.) von Domitian nad ihrem
ode conferrirt. — Den Namen Sabina, der ihr von neueren Siftorifern
und Antiquaren vielfach beigelegt wird (vgl. 3.8. Tillemont Hist. des Emp.,
T. II. p. 47. 63.), verdankt fie dem Hubertus Goltzius, der in feinem The-
saurus rei antiquar. (vgl. Eckhel Vol, VI. Praef., und Vol. I. Proleg. gen.
p. CXLI.) allein unter allen Numismatikern drei, ohne allen Zweifel unaͤchte
Münzen mit der Inſchrift Julia Sabina bekannt machte. * (Eckhel VI. p. 365.
vgl. Drelli 763.)
47) Julius Calvaster, ein funger Mann, ber, um fi den Weg
zur Senatormmürbe.zu bahnen, unter 2. Antonius, Statthalter des obern
Germaniens während der Megierung Domitiand (Bd. I. S. 574, 14.), Xris
bunendienfle gethban Hatte, wurbe überführt, daß er mit dem Empörer Ans
tonius Öfterd geheime Zufammenkünfte gehabt, und rettete fi von dem Tode,
den fo viele Undere aus Anlaß jener Empörung flarben, nur dadurch, daß
er behauptete, fein Umgang mit Antonius fei ein Umgang fleifchlicher Luſt
geweien (Dio LXVII, 11. vgl. Suet. Domit. 10.).
48-52) In den Gedichten des Martialis erfcheinen mehrere Julii,
meiflend als Freunde oder Gönner des Dichters; und zwar find folgende,
wie es f&eint, zu unterſcheiden: Julius Martialis, vertrauter Freund bed
Dichters, dem diefer feine Erzeugniffe zu überfenven pflegte (VI, 1. VII, 16.),
Befitzer einer von dem Freunde befungenen Billa auf dem Janiculus (VI, 64.)
und in berfelben einer Bibliothek, von welcher ver Dichter fagt (VII, 16.):
quae cantaberis orbe nota toto (vgl. über benjelben noch I, 16. V, 21.
IX, 99. X, 47. XII, 34.); L. Julius, den Martial fih zu feinem Mäcenas
wũnſcht (I, 108. vgl. 111, 5.); C. Julius Proculus, gleichfalls ein Gönner
Martiale (XI, 37. vgl. I, 71.); Julius Cerealis, Freund des Dichters
und ſelbſt Dichter (AL, 53. vgl. den Zuſatz zum Mit.Hifl. Art. unt. a., am
Schluſſe); Julius Rufus, wie es fiheint DVerfafler von Satyren (X, 99.,
f. den lit. hiſt. Art. unt. a.).
53) Julius Bassus, ein Zeitgenoſſe des jüngeren Plinius, von dem
biefer (Ep. IV, 9.) berichtet, wie er zu verfchlevenen Zeiten verſchiedenen
Gefahren und Drangfalen ausgeſetzt gemefen ſei. Linter Beipaflan von zwei
Privatperfonen angeklagt, wurde er an den Senat gemiefen, und nachdem
er lange auf Entſcheidung geharrt, freigefprohen. Als Freund Domitiand
fürdgtete er den Titus, von Domitian wurde er verbannt. Bon Nerva zurüd«
gerufen erhielt er die Statthalterfhaft Bithynien und kehrte als Beklagter
zurück (101 n. Shr.). So Heftig die Anklage war, fo eifrig war bie Ver⸗
theidigung ; und inöhbefondere der Beredtfamfeit des Plivnius, der zuerft für
ihn auftrat, gelang es, daß in Betreff der bedeutendſten Anklage auf Ger
ſchenkannahme die Sade einfach vor dad Cioilgericht gewieſen wurde, Der
Angeklagte aber im Senate blieb (IV, 9. vgl. V, 20. VI, 29.).
54) M. Julius Fronto, Coſ. (II.?) im Jahre, da Domitian er⸗
morbet wurbe (96 n. Ehr.), foll nach dem Negierungsantritt des Neron, als
zuerſt viele wirkliche Angeber beflraft wurden, bald aber Jeder feinen Feind
als Angeber verfolgte (Dio LXVIII, 2. vol. Plin. Ep. IX, 13, 4.), die
® Auf aͤhnliche Weife gab Goltz ber Gemahlin des Kaiferd Hadrian, Sabina
(8b. IT. &, 1039. 1044,), den Namen Julia, der gleichfalls ohne andere Autorität
von manchen Neueren aufgenommen wurde. Eckhel Vol. VI. p. 520 f.
49 Jatıt
freimüthtge Aeußerung gethan haben: „ſchlimm fei ed, einen Kaiſer zu haben,
unter dem man nicht frei Handeln dürfe, noch ſchlimmer, einen, unter bem
Allen Alles erlaubt fei”’ (Div a. D.). Nah ven Faſten des Profper und
derjenigen, bie ihm folgen, war er Cos. ITI. und Gollege des Trajan im
J. 100 (n. Ehr.); wogegen bei dem Anon. Cuspiniani der Name Frontinus
(vgl. Bo. IN. S. 520.) gelefen wird (Tillemont Hist. des Emp. II. p. 494 f.
vgl. Reimar. zu Dio a.D.). Julius Fronto, an welden von Ulptan (lib. 7.
de officio proconsulis, Dig. 48, 19, 5.) ein Reſcript Trajans erwähnt if,
mag mit ihm identiſch fein, und ebenfo ber Fronto, an melden ein Epi-
gramm Martiald (I, 56. vgl. v. 2.: Clarum militiae, Fronto, togaeque
decus) gerichtet iſt. Der in einer Inſchrift (bei Orelli 130.) als Curator
viarum (IIIIvir) genannte M. Julius M. f. Fronto mag, wenn die Inſchrift
in die letzten Jahre Trajand (116 oder 117 n. Chr.) zu ſetzen iſt (vgl. Orelli
a. D.), ein Sohn des Confuls und mit dem Befehlshaber der miſeniſchen
Flotte unter Habrian, den eine Infchrift (bei Bruter. p. 973, 2., von Drelli,
wie es fcheint, nicht aufgenommen) nennt, identiſch fein.
55) Julius Largus, aus der Provinz Pontus, fegte den Plinius als
Statthalter von Bithynien und Pontus (102 n. Chr.) als Erben und Tefla-
mentsvollſtrecker ein, und bat ihn, nah Abzug der Ihm beftimmten 50,000
Seftertien den ganzen Reſt den Städten Heraclea und Tios zuzuftellen, fo
daß es in feiner Wahl flünde, ob er dem Trajan zu Ehren Öffentlide Ge⸗
bäude errichten, oder Kampffpiele fliften wollte, welche alle fünf Jahre ge»
balten und bie Trajanifchen genannt würden (Plin. Ep. X, 79.).
96) Julius Naso, ein jüngerer Freund des Plinius (Ep. VI, 7.),
und von diefem, fo wie von Gornelius Tacitus (vgl. Ep. VI, 9.) bei feiner
Bewerbung um bie Öffentliden Aemter (in welcher Zeit, if ungewiß; jeden»
falls aber nah dem Gonfulate [100 n. Ehr.] und ohne Zweifel nach ber
Statthalterfhaft [102] des Blinius, vgl. VI,7.) fowohl um der Freundſchaft
mit ihm ſelbſt willen, als im Andenken an feinen Bater, der nad Pliniuie
ein Mann von hohem Verdienſte und Freund ber Belehrfamfelt wie ber Ge⸗
lehrten geweſen war, eifrig unterflüßt (VI, 7.).
57) Julius Servianus, nad einer Inſchrift C. Julius Servilius Ursus
Servianus (vgl. Tillemont H. des Emp. 1. p. 190. 510.), der Schwager
Hadrians, über welden Br. IT. S. 1029. 1037. und bie dort angeführten
Stellen, nebſt Plinius Ep. VIE, 6. X, 2. zu vergleichen. (Nach Spartian
Hadr. 3. Coſ. II. im 3.107, dem Zeugniß von Infhriften zufolge aber Gof.
(fuffeetuß) zum erflen Male 107 und zum zweiten Wale 111 n. Ehr., val.
Tillemont am DO. p. 810 f.)
58) Julius Alexander, 2egate Trajans, der zugleih mit Crucius
Clarus (Bd. IM. S. 1565, 1. *) Seleucia eroberte (Dio LXVIII, 30.).
Bol. N. 63.
59) Julius Severus, Legate unter Habrian, der zuerft in Britannien
fümpfte und ſodann nad Paldflina berufen wurde, um im Kriege gegen die
Juden die Stelle bed Oberbefehlshaber zu übernehmen (vgl. Bd. III. ©.
1035.), wurde nad Beendigung dieſes Krieges als Statthalter nach Bithynien
gefandt, und erwarb fi nah dem Zeugniß des Die (LXIX, 14.) die größten
Verdienſte um dieſe Provinz.
60. 61) Julius Lupus, Confulare, Stiefvater des Antoninus Pius,
mit einer Tochter Julia Fadilla (Jul. Capitol. Anton. P. 1.).
62) Julius Solon, ein Mann von der niedrigften Herkunft, erkaufıe
unter Commodus von deilen Bünflling Cleander (Bd. II. ©. 431. 565.)
” Daß der Sohn biefed Orucius, ‚Ef. 193 n. Ehr., in deu Faſten auch den
Namen Julius trägt, wurde Sb. III. ©, 1565, 2. bemerkt.
Jult 495
die Senatorwürbe mit feinem ganzen Vermögen, baber man von ihm fagte,
er fei nah Wegnahme feines Dermögend in ben Senat verwielen (Dio
LXXI, 12. Sonar. XII, 4. Dio, Exc. Ang. Mai., Scr. Vett. Nova Coll.,
T. UI. p. 225 f. Bon Septimius Severus murbe er (im I. 193 n. Chr.)
bingeritet, obgleih er kurz zuvor auf deſſen Befehl eine Verordnung
gegen ben Mord von Senatoren verfaßt hatte (Div LXXIV, 2. Zonar.
AU, 8.). — Gegen die Vermuthung des Valeſius zu Dio Exc. Peiresc.
p. 108., daß derfelbe mit C. Julius Solinus, dem Berfaffer des Polyhifter,
identiſch fei, ſprechen außer der Verſchiedenheit der Beinamen noch andere
Gründe; vgl. Neimar. zu Dio LXXIV, 2.
63) Julius Alexander, von Emefa (Dio LXXII, 14.), vielleicht
der Sohn von Nr. 58., folte auf Befehl des Commodus (nah Lamprid.
Comm. 8., weil er vom Kaiſer abgefallen) ums Leben gebracht werben, be⸗
seitete aber, nachdem er die Ankunft ber gegen ihn ausgeſandten Mörder
erfahren, in ver Nacht darauf ſowohl diefen als allen feinen Feinden in Emefa
das Schickſal, das ihm ſelbſt beſtimmt war. Nah vollbrachter That beſtieg
er ein Pferb, um in das Bebiet der benachbarten Barbaren zu entfliehen,
und bätte ohne Zweifel fein Ziel erreicht, wenn nit ein Luflfnabe, ven er
mit ſich genommen, und der den flarfen Mitt nicht ertragen Eonnte, ihn aufe
gehalten und feinen Berfolgern es möglich gemacht Hätte, ihn einzuholen,
worauf er, um biefen nicht in die Hände zu fallen, zuerſt den Knaben und
fodann ſich ſelbſt ums Leben brachte, 193 n. Chr. (Dio, vgl. Lampriv. a. O.).
Zu vermutben ift, daß er mit Julia Domna und Julia Mäfa verwandt war,
vgl. Nr. 65 ff.
64) Julius Crispus, Tribun bei den Prätorianern unter Septimius
Severus, wurde von letzterem während des Krieged gegen bie Atrener in
Mefopotamien auf dem Rückzuge aus dem Partherlande (198 n. Chr.) Hin«.
gerichtet, weil er feine Unzufriedenheit mit den Leiden des Krieges unter Ans
wenbung einer Stelle des —28 (Aen. XI, 372 f.) geäußert hatte (Dio
LXXV, 10. vgl. Zonar. XII, 9.).
65—69) Julia Domna, glei ihrer Schweſter, (Julia) Maesa aus
Emefa in Syrien gebürtig (Herodlan. V, 3, 2. vgl. Div LXXVIIE, 24. ex
önmounov ysrovs), zweite Gemahlin des Kaiſers Septimius Severus (f. d.)
und Mutter des Garacalla (Bd. II. S. 140 ff.), nah deſſen Sturz burd
Macrinus fie, unfähig, im Privatflande zu leben, einen freiwilligen Qungertod
farb (Dio LXXVII, 23. 24., vgl. jedoch Herodian. IV, 13, 16.: eire enovow
its nelevdeice anenapragnoe). Ihre Schwefter Mäfa war vermählt an Ju-
lius Avitus (Dio LXXVIII, 30. vgl. LXXIX, 16.), und durch ihre Töchter,
(Julia) Soaemias und (Julia) Mammaea Großmutter der nadfol-
genden Kaiſer Heliogabalus und Alerander Severus (f. Heliogab., Bo. III.
S. 1102 ff. und Severus). Ob Mäſa und ihre Töchter den Namen Julia
von der Julia Domna Augusta angenommen (vgl. Spanhem. de usu Numm.
T. I. p. 297 f. Reimar. zu Dio LXXIX, 9.), oder ob Maͤſa ihn mit ihrer
Schwefler gemein gehabt, und ihre Töchter vom Vater ererbt haben, iſt nit
m beflimmen; jedenfalls aber trugen die Gemahlinnen des Heliogabalud,
Cornelia und Aquilia, den Namen Julia (vgl. Edkel Doctr. Numm. VII,
p. 258 ff.) als Ehrennamen. — Eine Verwandtſchaft der Julia Domna und
Mäſa, vielleicht auch des Julius Avitus mit Julius Alexander (63.) iſt
wahrſcheinlich, kann aber nicht näher beflimmt werben.
70. 71) C. Julius Verus Maximinus, ber Thracier, röm, Kalfer
vom I. 285—238 n. Chr., und defien Sohn C. Julius Verus Maximus
(Eckhel D. N. VII. p. 290 ff. 297 ff.), |. Maximinus.
72. 73) M. Julius Philippus (I.), ver Araber, rom. Kalfer vom
3. 244—249 n. Chr., und M. Julius Philippus (Il.), Sohn und Mits
496 Julli
regent des Erſteren (Eckhel Doctr. Numm. Vett. VII. p. 820 ff. 333 ff.),
f. Philippus. ’
7%) Julius Nepos, abenbländifcher Kaifer in den Jahren 474 und
475, |. Nepos. [ Hkh.]
Zus (Kiterärgeſchichtliches). a) Diäter: Julius Calidus,
ſ. ®. I. ©. 75. [und oben ©. 485.]. Julius Diocles, f. Bb. H.
S. 1033. Julius Floridus, f. ®b. III. S. 494 f. JuliusRufus,
ein angeblicher römiſcher Satirendichter, wie man glaubt, ohne daß jedoch
von feinen Gedichten fi etwas erhalten hätte; vgl. Ruperti Prolegg. ad
Juvenal. Sat. p. LXXIH. [und oben ©. 493, 52.]. Julius Titianus, wahrs
fheinlih gegen die Mitte des dritten Jahrhunderts, ſoll Fabeln in römiſcher
Sprache gevichtet, ‘oder vielmehr aus dem Griechiſchen übertragen haben; er
wäre nach Cannegieters Vermuthung (De aetat. et stylo Flavii Aviani bei
f. Ausgabe des Avianus Amstelod. 1731. 8. c. 11. 12.) verfelbe Julius
Titianus, der des Kaifers Maximianus junior Lehrer war und auch eine
Beſchreibung der Provinzen des römifhen Reichs verfaßt hatte (f. Eapitolin.
Maxim. jun. 1.), welche wahrfcgeinli von ber durch Servius (ad Virg. Aen.
IV, 42. vgl. ad X, 18. XI, 651.) erwähnten Chronographia nicht verſchieden
ift, der überdem auch Anderes rhetorifcher Art Hinterlafien haben mag, dad
wir jett eben fo wenig mehr befiken; f. G. I. Boß De historr. Latt. II, 1.
Einer ſchon fpäten, aber nicht näher bekannten Zeit gehört das Ovidiſche
Nachbildung verrathende Gedicht eined Julius Speratus: Elegia de
laude Philomelae, in der Antholog. Latin. V. Ep. 149. bei Burmann und
Ep. 392. bei Meyer, auch bei Wernsdorf Poett. Latt. minn. T. V. p. 255 ff.
403 ff. Aber ver Julius Romanus, ben man biöher als einen Tateini-
fen Epigrammendichter mit Bezug auf das ihm hbeigelegte Epigramm in
der Lateiniſchen Anthologie (TI. 535, ed. Burmann. Ep. 1544. ed. Meyer)
betrachtete, iR Julius Pomponius Laetus (11497), mithin ein Dichter
ber neueren Seit, ber alfo auch fein Gedicht zufällt; f. Meyer ad Anthol.
Lat. Annotat. T. II. p. 122. Leber Julius Caesar ald Dichter f. unten.
Julius Paulus, ein und nicht weiter bekannter roͤmiſcher Dichter aus der
Zeit des Hadrianus und Antoninus Pius, den Gellius einigemal (Noctt.
Att. I, 22. V, A. XIX, 7.) nennt. Julius Montanus, von Ovid als
ein gleichzeitig mit ihm lebender Elegiker bezeichnet, von dem wir jedoch Keine
Gedichte kennen; f. Ovid Ex Ponto IV, 16, 11. *
b) Geſchichtſchreiber, Geographen u. f. w. ** C. Jul. Caesar,
über deflen Leben wir außer dem, was Suetonius und Plutarchus (f. die
betreffenden Artt.) darüber berichtet haben, noch eine Tateinifche Biographie
befigen,, die früher wohl für ein Werk des Alterthums (des Gelfuß, ber
au eine abgekürzte Ausgabe der Commentarien Cäſars De bell. Gall. ver-
anftaltete, f. ®b. I. ©. 239.) galt, jeßt aber als ein Werk des berühmten
® Außer Dvid erwähnen den Inlius Montanus noch DM. Senera Controv. Lib.
III, 16. s. fin. und &, Seneca Ep. 122. und in deu Sragmenten (n. 37., Opera,
ed. Amstelod. 1673. T. I.). Bei dem erfleren heißt er egregius, bei dem leßteren
(Ep. 122.) tolerabilis poöta'‘, ber durch die Freundſchaft ded Tiberind wie durch
beffen Kälte (frigore, wahrſcheinlich Gleichgültigkeit gegen feine Dichtungen) Bekannt
gewefen fei. Zur Charakteriſtik feiner Dichtungsweife dienen zwei von 2. Gemeca
(am a. O.) mitgetheilte Proben. — Aus dem Enbe des erfien Sahrbunderts der
Kaiferzeit wäre noch zu nennen: Julius Cerealie, nach Martial. Ep. XI, 53, Bers
faffer eines Gigantenkriegs und eines den virgilifchen Georgien ähnlichen landwirth⸗
fhaftlichen Gedichte, [ Hkh.]
”. As Geſchichtſchreiber iſt noch vor Jul. Cäfar zu nennen: C. Julius, römifcher
Senator, der zu Anfang bed fiebenten Jabrhunders ber Stadt bie Seſchichte Roms
in griehifher Sprache fchrieb, Liv. LIIE vol, oben S. 827, 12, und 486. [ Hkh.]
Jultt 497
Petrarca anerkannt ift (f. Fr. Petrarchae hist. Julii Caesaris, auct. vindic., c. °
intpr. ital. cont. C. K. Ch. Schneider. Lips. 1827.8.); von Neueren f. Söltl
C. Julius Cäfar aus d. Quellen. Berlin 1826. 8. und Drumanı NMöm.
Geld. II. S. 129-762. und die andern allgemeineren Werfe über die Ge⸗
{Site Roms. So fehr wir au den Eäfar (6955710 d. St. oder 99— 44
v. hr.) als Feldherrn und Staatemann bewundern, als Redner, als Ge⸗
Iehrter, der fich auf den verfätenenen Gebieten menſchlichen Wiſſens ver»
ſuchte, und indbefondere durch fein ungemeined Talent der Darflelung, des
mündliden wie des fchrifiliden Vortrags, eine fo hohe Stelle in der Lite⸗
ratur Roms einnimmt, wird er nicht minder unfere Bewunderung verdienen,
die er au durch eine audgebehnte Bekanntſchaft mit der griechiſchen Literatur
anſprechen Tann, zu welcher er durch eine äußerſt forgfältige und wiffen-
ſchaftliche Jugendbildung geführt warb: wie fie in viefen Ießten Zeiten der
Republik überhaupt unter dem höheren römiſchen Adel, der vorzugämelfe an
der Leitung der Staatögefihäfte oder an der Führung der Heere Antheil nahm,
Gingang gefunden Hatte. Und die fo gewedte und genährte Liebe zur Wiflen-
fhaft verließ den Cäſar auch nie, weder unter den großen politifägen Stürmen
feines thatenreihen Lebens, noch auf den großen Feldzügen und Eriegerlihen
Unternehmungen, die ihm eine der erften Stellen unter allen Feldherrn bed
Alterthbums zugefichert haben. In feiner Jugend ſchon fol er eine Tragoͤdie
Oedipus (f. Sueton. Caes. 96.) gepichtet Haben; ein andere Gedicht Iter
Cibid.), auf Die fehnelle Meife von Nom nah Spanien zum Kampf mit den
Söhnen des Pompejus bezüglich, zeigt, dag er noch fpäter, mitten In feiner
Feldherrnlaufbahn bie oehe nicht aufgegeben hatte; von feinen Gpigrammen
bat ſich noch Eins erhalten (in der Antholog. Lat. II. 221. ed. Burm. oder
Ep. 68. bei Meyer; zwel andere Epigranıme, melde feinen Namen tragen,
find zweifelhaft) ; daß er mit Aftronomie fich beſchäftigt, zeigt bie von Ihm
unternommene Reform des Kalenders chen fo mie dad, was bei Plinius
mehrfach aus Schriften des Bäfar, melde darauf Bezug Hatten, aber leider
verloren gegangen find, angeführt wird (f. in meiner Gef. d. Röm. Lit.
6. 203. Not. 11. dritte Ausg. die Belege); ferner werden Libri Auspi-
ciorum und Auguralia (f. Macrob. Sat. I, 16. Meine Rom. Lit. Geſch.
am a. D. Not. 10.) angeführt; au felbft eine Sammlung von Briefen
beffelben, welche ebenfalls untergegangen if: die Bekanntmachung einer Samm-
lung von wigigen Einfällen, Sinnfprüden u. dgl. (Dicta, Apophthegmata)
unterfagte Auguflus (Suet. Caes. 56.); untergegangen ifl ferner eine wiber
den jüngeren Cato, feinen politiſchen Gegner, deſſen Leben und Tob an Eicero
und Andern glühende Lobredner gefunden hatte, gerichtete Schrift Anti-Cato
oder Anticatones in zwei Büchern (Sueton. 1. 1. Gellius N. A. IV, 16.
Meine Geh. d. Nöm. Lit. 1.1. Not. 12.), verloren find auch bis auf wenige
unbedeutende Fragmente die Reden Cäſars (f. Meyer Fragmm. Oratt. Romm.
p. 408 ff. d. zweiten Audg.), was wir um fo mehr zu beflagen haben, als
die vorzügliche Rednergabe des Mannes, die Kraft und die hinreißende Fülle
feiner Beredtſamkeit von den Alten einftimmig gepriefen, Cäſar ſelbſt daher
zu den ausgezeichnetſten Rednern Roms in jeder Hinfiht gezählt worden if
(i. Gic. Brut. 72. Bellej. II, 86. Quintil. Inst. Or. X, 1, 114. XI,
10,11. Sueton. 1. 1. Tac. Annal. XII, 3. Bgl. Meyer p. 404 fi. Meine
Geſch. d. Röm. Kit. 6. 201. Not. 8. u. 8. 269.). Eben fo fehr zu be>
Hagen ift der Verluft eines in das Gebiet der Sprachforſchung fallenden,
während bed Zugs aus Ballien über die Alpen abgefaßten Werkes De Ana-
logia, in zwei Büchern, in welchen Cäſar für die Bildung und den Gebrauch
der Sprade feſte Normen aufzuſtellen bedacht war (ſ. Sueton. 1. 1 und
Lerſch, Sprachphiloſ. d. Alten I. S. 129 ff.). Erhalten haben A allein
Bauly, Real-Eucklop. IV.
498 Juli
noch die von Ihm ſelbſt aufgezeichneten Memoiren über die von ihm geführten
Kriege in Gallien (Commentarii de bello Gallico) und über den Krieg mit
Pompejus, welcher ver römiſchen Republik ein Ende gemacht hat (De bello
civili). In jenem Werke, das aus fleben Büchern befleht, melden Hirtius
(f. Bd. II. S. 1379 f.), wie man jet allgemein annimmt (f. Suet. 1. 1.
und das Nähere in meiner Gef. d. Roöm Lit. F. 204.), zur Vervollſtän⸗
digung ein achtes Buch beifügte, werben diefe Kriegszüge In chronologiicer
Folge erzählt, in einer ganz einfachen, ſchmuckloſen Weile, die dem Cäſar
den Ruhm eined der audgezeichnetften Styliften verfhaflt bat und in der
ungefünftelten Natürlichkeit, Klarheit und Reinheit der Darflellung uns in
diefen Memoiren (f. dad Urtbeil Cicero's im Brutus 75.) ein wahres Mufter
erkennen läßt, würdig den ähnlichen Darflellungen des Kenophon an bie Seite
geftelt zu werden: und da dieſe Memoiren wahrſcheinlich unmittelbar nad
den Greigniffen felbft niedergeſchrieben wurden, fo empfehlen fle auch von
diefer Seite ſich dur die gefhichtlihe Treue und Wahrheit aller darin ent»
baltenen Aufzeiänungen auf eine Weife, die man vergeblih ſchon im Alter»
thum (f. Bd. 1. S. 863. Asinius Pollio) wie au in neueren Zeiten (Schneider
in Wachlers Philomathie I. S. 181 ff.; die Gegenſchriften f. in meiner Geld.
d. Röm. Bit. 6. 202. Not. 11.) In Zweifel zu ziehen und ala abfichtliche
Entflelung der Thatfachen zu Erreichung politiſcher Zwecke darzuftellen oder
vielmehr zu verbächtigen geiucht Hat. Dafjelbe gilt auch von den drei Büchern
über den Bürgerkrieg; es find gleichfalls Memoiren, in ähnlicher Weife und
in gleidem Sinn und Geiſt nievergefhrieben; angehängt find ihnen noch,
um fo eine vollfländige Darftelung ver Kriegsführung Cäſars in diefem legten
entſcheidenden Kampfe zu liefern, die einzelnen Bücher: De bello Alexandrino
und De bello Africano, melde Cäſars Kriege nah der Schlacht bei Phar⸗
falus in Aegypten und in Africa fehildern und von Vielen auf für ein Werk
des oben genannten Hirtius gehalten werden (f. meine Geſch. d. Roͤm. Lit.
‘6. 204. Not. 3.); ferner De bello Hispaniensi, oder von dem in Spanien
wider die pompejanifche Partei geführten Kriege, deſſen Verfafler, von @inigen
ebenfalls für Hirtius gehalten, immerhin aber ungemwiß bleiben wird (f. dad
Nähere ibid. $. 204. Not. 4 ff.). Ein befondere® Tagebuch (Ephemeris,
vgl. Serv. ad Virg. Aen. XI, 743. mit Plut. Caes. 22.), weldes Gäjar
außer den genannten Memoiren über den Galliſchen Krieg noch geichrieben,
ſcheint hochſt zmeifelhaft (f. in meiner Roͤm. Lit. 6. 203. Not. 6.); dagegen
befigen wir von diefen Memoiren noch eine griechiſche, wahrfdeinli von
dem Minh Marimus Planudes, der um die Mitte des vierzehnten Jahr:
hundert lebte und aud durch andere Ähnlihe Ueberſetzungen bekannt if,
verfaßte Ueberſetzung, melde in mehreren größeren Ausgaben, 3. B. von
Jungermann, Davies, Lemalre, auch befonderd von A. Baumſtark zu Frei»
burg 1834. 8. abgedruckt if. Die erfle gedruckte Ausgabe des Cäſar erſchien
u Nom 1469. und 1472. fol., worauf die Benetianer (in aedibb. Aldı
513. 8. u. f. w.), lorentiner (a Ph. Junta 1514. 8. u. ſ. w.) und
andere, im nädflfolgenden Jahrhundert aber die neue Mecenflon des Iof.
Scaliger (Lugd. Bat. 1606. 8.), und dann die größeren Ausgaben von ©.
Jungermann (zu Branffurt 1606. 1669. 4.), von I. &. Grävius (zu Am⸗
flerdam 1697. 8. Leiden 1713. 8.), von I. Daviflus (London u. Cambridge
1706. 1727. 4.), die Pradtaudgabe von S. Clarke (zu London 1712 fol.)
folgten; eine neue Epoche für die Kritik des Textes und deſſen Erklärung
beginnt mit der größeren Audgabe von Br. Oudendorp (zu Leiden 1737. 4.
und Stuttgart 1822. II Voll. 8.), und darnach die Ausg. von S. F. N.
Morus (zu veipalg 1780. 8. und von 3. 3. Oberlin 1803. 1819. 8.), von
N. Lemaire und N. 2, Achaintre zu Parts 1822. in IV Voll. 8.; mit guten
Intein. Noten von I. Gh. Dähne Lips. 1825.8., mit deutſchen Anmerkungen
Julil 499
von U. Möbius (zu Hannover 1826. u. 1830. II Tom. 8.); die Comm.
de bell. Gall. und civil. für Schulen von A. Baumflark zu Freiburg 1832. 8.
Unter den beſondern Ausgaben der Comm. de bell. Gall. find vorzügli in
Bezug auf die Anmerkungen zu nennen die von I. C. Held (zu Sulzbach
1825. 1832.), von Ch. ©, Herzog (Leipzig 1825. 1831. 8.), von I. Apik
(Berlin 1835. 8.); |. au die von C. E. Ch. Schneider (Halle 1840. 8.);
für die Comm. de bell. civil. die von 3. C. Held (Sulzba 1822. 1827.
1835. 8.) und ven Ch. ©. Herzog (Leipzig 1834. 8.), au von 3. Apik
su Berlin 1837. 8. Bür das Geographiſche in dieſen Bommientarien, be-
ſonders in denen des Galliſchen Kriegs, f. F. U. M. Fiedler: Geographie
bes transalpin. Galliens na Cäſar (Efien 1828. 8.), 3. v. Hefner (Geo⸗
grapbie des trandalpin. Gall. nah Cäſar. Münden 1836. 8.). Ueber das
Militäriſche |. die Memoiren von Guichard, Lo Looz u. A., au von Napoleon
(Precis des guerres de Cesar. Paris 1835. Stuttgart 1835. 8.), näher
verzeichnet in meiner Geſch. d. Nöm. Lit. $. 202. Not. 7. — Ueber Eäfard
Schriften im Allgemeinen f. © 3 Voß De historr. Latt. I, 13. Fabric.
Bibl. Lat. I, 10. Fr. Oudendorv Oratio de J. Caesaris literariis studiis,
Lugd. Bat. 1740.4. Dei. Henne De Caesare rerum a se gestarum scriptore.
Paris und- Bourged 1843. 8. Meine Geh. d. Röm. Lit. 6. 201—20A.
d. dritten Audg. Ueber die Ausgaben |. beſonders Schweiger Handb. ber
claſſiſchen Bibliograph. II, 1. S. 39 ff.
C. Julius Hyginus, f. Hyginus, ®b. II. ©. 1541.,
Julius Marathus, gin ®reigelaffener des Kalfer" Auguftus, welcher
die Thaten und das Leben feines Herrn in einem Werke fchilverte, dad wir
nit mehr bejigen und au nit näher nah einzelnen Fragmenien noch
Tennen h I Suet. Aug 79. 80. 94. Vgl. Havercamps Ausg. des Salluftius
.Pp- .
Julius Exsuperantius, welcher gewöhnlich mit Bezug auf Rutil.
Itiner. I, 213. in en Anfang des fünften Jahrhunderts n. Chr. verlegt
wird, verfaßte eine Urt von Audzug aus ben (je&t) verlorenen Hiflorien des
Salluſtius, welcher unter der Auffchrift: De Marii, Lepidi ac Sertorii bellis
civilibus einer Handſchrift des Salluſtius fi beigefügt findet und daraus In
verſchiedene Audgaben vefielben (3. B. bei Gerlach Vol. II. p. 395 ff., in
der Burnoufsfemaire'ihen Ausg.) übergegangen if. S. meine Gel. der
Röm. Lit. F. 213. Not. 14 f. d. dritt. Ausg.
Julius Obsequens, ein nicht weiter befannter römiſcher Schrift⸗
ſteller, deſſen Name eine Eleine Schrift (Prodigiorum liber) trägt, welde
eine meiſt aus Livius gezogene Zufammenftelung der Wundererfeinungen
in Rom zwiſchen 453— 742 d. St. Tiefert, und nad Styl und Auöbrud, der
noch ziemlih rein gehalten iſt, auf eine frühere Faſſung als die Zeit kurz
sor Honorius, in welde ©. I. Voß (De hist. Latt. III. p. 710.) den Ver⸗
faffer verlegen wollte, fchließen läßt; die Schrift, welche zuerfl mit ven Briefen
bes Plinius zu Venedig (apud Aldum 1508. 8.) gedrudt erſchien, warb
dann beffer von I. Scheffer (Amflerdam 1679. 8.) und F. Oudendorp (Leiden
1720. 8.) und mit deren Noten von I. Kayp (Hoff 1772. 8.) herausge⸗
geben, auch iſt de mehreren Ausgaben des Butropius (von Hearne f. Bd. III.
S. 321.) und Balerius Marimud beigefügt. S. meine Gef. d. Nöm. Lit.
$. 350. d. britt. Ausg.
Julias Capitolinus, einer von ben ſechs Geſchichtſchreibern der
römifchen Kaiferzeit, deren Werke die noch vorhandene Sammlung der Scrip-
tores historias Augustae bilden, lebte unter Diocletian und Conſtantin dem
Großen und ſchrieb das Leben des Antoninus Plus, Mare Aurel, des 2.
Berus, Pertinar, Albinus, Macrinus, der beiden Marimine, der brei Gor⸗
diani, des Marimus und Balbinus, welche noch vorhanden find, nebft einigen
500 Juli
anbern, die wir nicht mehr beflgen, während von Manchen auch bie ſecht
erften der eben genannten Biographien einem andern Verfaſſer, dem Spar-
tianus, zugewieſen werben. bwohl dieſe Biographien immerhin, zumal
bei dem Mangel anderer Quellen, einen biflorifhen Werth haben, fo Teiben
fie doch fehr an denfelben Gebrechen, welche au den übrigen Theilen ber
Sammlung anfleben, und zeigen Mangel an Kritit und Ordnung, wie eine
nachlaͤßige Behandlungsweiſe; fie flehen gebrudt in den Ausgg. der Scriptt.
hist. Aug., am beflen in ber Ausg. c. nott. Casauboni et Salmasii obser-
vatt. zu Paris 1620. und London 1692. fol., fo wie in ber viefelben und
anbere Anmerkungen enthaltenden Ausg. zu Leiden 1671. in 2 Voll. 8. ex
offcin, Hackiani ; f. das Nähere In meiner Gef. d. Röm. Lit. 6. 254. d.
dritt. Ausg.
Julius Honorius, jedenfalls aus der fpäteren römiſchen Katferzeit;
ihm werben einige nicht bebeutende Excerpta quie ad cosmographiam per-
tinent (f. in der Ausgabe des Pomponius Mela von A. Gronovius) beige:
legt, während Manche In ihm den Verfaſſer des Itinerarium Antonini ([.
Bd. IM. ©. 753 f.) erkennen, Ritſchl aber (Rhein. Muf. Neue Folge I.
S. 485 ff. 495. u. II. S. 157.) in ihm keinen andern als den gemöhnlid
al$ Aethicus Ister (ſ. Bd. I. S. 197.) bezeichneten Schriftſteller ſinden mill
und ihm daher auch die deffen Namen tragende Schrift Cosmographia bei⸗
legen möchte; f. meine Geh. d. Roͤm. Lit. F. 365. d. dritt. Ausg.
Julius Valezius, ein Africaner muthmaßlich, immerhin in bie fpätere
römifhe Kalferzeit fallend, wenn anders die feinen Namen tragende, von U.
Mat aus einer Batican. Handſchrift zuerft herausgegebene (bei d. Itinerar.
Alexandri Mediolan. 1817. 4. u. Francofurt. 1818. 8., auf in Classicc.
Auctt. e codd. Vaticc. T. VII. zu Anfang) Schrift: Res gestae Alexandri
Macedonis translatae ex Aesopo Graeco nicht ein Product des Mittelalters
iR und mit der damals fo großen Audbreitung der Sage von Alerander zu-
fammenhängt (vgl. Zetronne Journal d. Savans 1818. p. 619 f.), was mir
inzwiſchen bo, auch bei Der noch ziemlih guten Faſſung der Schrift, ob»
wohl fie von fabelhaften Zufägen nit ganz frei iſt, bezweifeln möchten;
einige weitere Zufäge fol Mat fpäter aus einer Turiner Handſchrift in dem
Spicileg. Romanum T. VIII. p. 513 ff. gegeben haben; f. das Nähere in
meiner Geſch. d. Roͤm. Lit. 6. 365. d. dritt. Ausg.
Julius Paris, früher für ven Berfaffer ver jegt noch vorhandenen, unter
des Valerius Marimus Namen befannten Anechotenfammlung gehalten, welche
man nur für einen durch biefen Paris gemachten Auszug irrthümlich anfah:
denn ber von diefem immerhin noch in ziemlich guter Zeit lebenden Särift-
ſteller gemachte Auszug aus der genannten Sanımlung des Valerius Marimub
IR jezt durch A Mat in ver Scriptt. vett. Nova Collect. T. III. P. 3.
. 1 ff. Herausgegeben worden. Vgl. &. I. Voß De historr. Latt. I, 24.
eine Gel. d. Nöm. Lit. 6. 231. d. pritt. Ausg.
C. Julius Solinus, aus ungewifler Zeit, jevenfalls vor Ammianud
Marcellinus (f. Bd. I. ©. 406.), der Ihn benügt bat, und nod vor bie
Zeit der Verlegung des Eatferliden Sitzes nad Conſtantinopel, aber geraum
Zeit nah Plinius den Aeltern zu verlegen, aus deſſen Historia naturalis
großentheils er eine Sammlung von einzelnen, meift geographiſchen Notizen
veranftaltete, welche unter dem Titel Palyhistor jegt auf und gefommen iR,
in einer früheren Ausgabe aber, wie Salmaflus glaubt, die Aufſchrift Col-
lectanea rerum memorabilium führte. Gedruckt erſchien die Schrift I |
zu Venedig 1473. fol., worauf fpäter die Ausgaben von Gamers (Bien
1520. fol.), Delrio (Antwerp. 1572. 8. Leiden 1646. 12.), A. @öp (Rein
1777. 8.) und andere folgten; die Sauptfchrift bleibt: Cl. Salmasii Exercitl
in Solini Polybist, Paris 1629. unb (befier cur. S. Pitisco) Utrecht 1689.
Juli . 501
in IT Voll. fol. Ueber ven Berfaffer f. indbeſondere die Prolegomena von
Salmaflus in diefem Werke und vgl. meine Geld. d. Röm. Lt. 6. 349.
d. dritt. Ausg. Bmeifelhaft iſt das unter dem Namen des Solinus in ber
Lateiniſchen Anthologie befindliche Fragmentum Ponticöon (V, 113. ed. Bur-
mann. Ep. 234. ed. Meyer); Wernsborf (Poet. Latt. minn. I. p. 153 ff.,
wo au das Bruchſtück abgedruckt ift) will es Tleber dem Varro von Atace
zutbeilen, aus deſſen Chorographia ed ein Stück fei.
Endlich iſt auch Bier noch zu nennen Sextus Julius Aflricanus,
aus Emaus in Palaflina (na Andern aus Libyen), ein Ehrift, welder in
der erfien Hälfte des dritten Jahrhunderts, um 221 (nach Gare Onomast. I.
p. 352 f.) oder 228 n. Ehr. unter Heliogabalus und Alexander Severus
lebte, und ein chronologiſches Werk (merraßıBAoy yporoAoyınov) ſchrieb, das
von Erfhaffung der Welt (pie er 5499 v. Chr. ſetzte) bis auf 221 n. Ehr.
reiäte und einer zum Theil abweichenden Berechnungsmelfe, der fogenannt
alerandriniſchen Hera, folgte, wornach 3. B. die Geburt Chriſti drei Jahre
früher fällt, als gemöhnlih angenommen wird; f. Ipeler: Handb. d. ma»
themat. u techniſch. Chronologie II. ©. 456 ff. 467 ff. Leider iſt dieſes für
die Chronologie fo wichtige Werk verloren gegangen; einzelne nicht ganz
unbedeutende Fragmente (wie 3.8. das Verzeichniß der Olympiſchen Sieger;
vgl. Kraufe Olympia p. XIV f.) Haben fi bei den chriflliden Chronologen
und Geſchichtſchreibern, Eufebius, Syncellus, Malalas, Cedrenus, Theo⸗
phanes, dem Chronicon paschale erhalten; ſ. bei Scaliger nach d. Chronic.
Euseb. p. 58 f. Ein vollſtändiger Auszug daraus ſoll noch handſchriftlich
vorhanden ſeyn (f. Fabric. Bibl. Graec. VIII. p. 9. vgl. A. Mai. Scriptt.
Nov. Collect. II. p. X.). Außerdem iſt Julius Africanus Verfaſſer eines
großen Sammelwerkes, dem er den Namen xeoroi (Würtel) gegeben hatte,
das nad Syncellus (p. 359.) aus neun, nad Photius (Bibi. Cod. 34.) aus
vierzehn, nah Suidas aber (8. v. ’Ayoımaros und Eubocia p. 73.) auß vier
und zwanzig Büchern befland und eine Maſſe ver verfhiebenartigflen Gegen⸗
flände in ſfich (mie mit einem Guͤrtel umfchloffen) befaßte, zufammengetragen
aus naturgefhichrlihen und andern auf Pflanzen« und Arzneikunde, Defo-
nomie, Chemie u. dgl. bezüglihen Schriften der früheren Zeit; iaroıxar zei
proxcy nal YEWpyInar xai Jvuevznoy Övrausız waren nach Syncellus 1.1.
ver Begenfland des Werkes, von dem fi nod in der Sammlung der Griechi⸗
den Mathematiker von Thevendt (Vett. Mathematt. Opp.) p. 275—316.
(ind Franzöſiſche überfeht au In Eh. Guichard Mémoires critiques et histo-
riques sur plusieurs points d’Antiquit&s militaires im dritt. Bde. zu Berlin
1774.) ein Stüd abgebrudt findet, das aber nit von naturwiſſenſchaftlichen
und dergleichen Gegenfländen, fondern von der Kriegsfunft und ähnlichen
Dingen handelt; anderes aus dieſem Werke iſt jedoch in die Sammlung ber
Geoponici (ſ. Bd. III. S.758 ff.) übergegangen und bat ſich auf dieſe Weiſe
erhalten; |. Needham und Niclas Prolegg. ad Geoponic. p. XLVff.; Einiges
daraus f. auch bei Lambeccius Comment. bibl. Caes. Vindob. VII. p. 472 fi.
p. 623 ff. ed. Kollar. Aber die lateiniſch bei Canifius Antiqq. Lectt. II.
p. 979 ff. und beſſer bei Labbé Bibl. nov. Mss. I. p. 298. abgebrudte
Schrift De divisionibus et generationibus gentium ift nicht das Werf diefes
Africanus, fonvdern eines Beitgenofien, des Hippolytus (f. Fabrie. Bibl. Gr.
IV. p. 244.). Eben fo wenig gehören ihm bie unter feinem Namen beraud-
gefommenen Acta martyrii Symphorosae et filiorr. (f. Actt. Sanctt. 18.
Jal. T. IV. p. 358 ff. Gallandi Bibi. Patr. I. p. 329 f.) an; welter wirb
ihm noch ein Brief an Origines über die Geſchichte der Sufanna und ein
anderer an Üriflives, in welchem er die Angaben des Matihäug und Lucas
über das Geſchlechteregiſter Jeſu mit einander zu vereinigen und zu verthei⸗
digen ſucht, beigelegt, obmohl Manche die Aechtheit bezweifeln (ſ. Fabrie.
304 Julii
- Wolfenbüttel 1755. 4. und Leiden 1766.8., jeht auch in Gaiefords Scriptt.
Latt. rei metric. (Oxon. 1837. 8.) übergegangen ifl.
Julius Romanus, ein römiſcher Grammatifer, der nad Oſanns
Anſicht (Beiträge zur Griech. u. Nöm. Lit. Geſch. II. S. 329 f.) in eine
noch ziemlih gute Zeit des dritten oder vielleicht ſelbſt des zweiten Jahr:
hunderts n. Chr. zu verlegen iſt, von deſſen Schriften zwar fih nichts felb-
fländig erhalten Hat, deſto mehr aber in die no vorhandenen Institutiones
grammaticae ded Ehariflus (f. Bo. II. S. 312.) übergegangen if; f. das
Nähere bei Dfann ©. 327 ff.
Julius Modestus, des Hyginus (f. oben) Breigelafiener, und deſſen
Studien verfolgend, ein römifcher Grammatifer, aus beffen zweiten Bud
Quaestionum confusarum, einem Sammelwerk gemijäten Inhalts, wie es
ſcheint, vol von grammaliihen und antiquariihen Forſchungen, Gellius
Noctt. Att. III, 9. Einiges anführt; ſ. au Suet. De illustr. gramm. 20.
Julius Firmicus f. Bd. IH. ©. 319.
Julius 'Pollux (IloAvdeunns), aus Naucratid, ein gried. Sophift und
Grammatifer, gebildet dur den Sophiften Hadrianus (f. Bd. IH. S. 1046 f.),
ohne jedoch dieſem, mie Philoftratus (Vit. Soph. II, 12.) ausdrücklich be⸗
. merkt, au nur von ferne ald Redner glei zu Fommen, erbielt durch bie
Gunſt des Kaiſers Commodus ein öffentliches Lehramt zu Athen, wo er in
einem Alter von 58 Jahren flarb mit Hinterlaffung eines unmündigen Sohnes.
Bon feinen Schriften befigen wir die in dad Gebiet ber Redekunſt einſchlä⸗
gigen, wie fle bei Suidas (s. v.) verzeichnet find, nicht mehr, was auch
wohl faum ſehr zu beklagen iſt; es gehören dahin Aadzdas oder Audi,
Meisıas; ein eıdairıog oder eine Mebe auf die Vermählung des Kaiſers
Commodus; eine Kobrede auf Nom (Poruuinog Aoyos), deögleihen ein IIc
veAArmog, eine Rede wider Socrates u. dgl. In dieſem untergeordneten
Charakter feiner Berebtfamkeit iſt auch der Grund des Spottes zu fudhen,
den mande Zeitgenoffen, insbeſondere Lucian, wider ihn erhoben, deſſen
Schrift Prroowr Siödaanadog (T. VII. p. 220.) zunächſt wider Pollux ge>
richtet il, wie fhon die Alten andeuten, und nah Dufoul und Reiz (in
den Noten zu Lucian. 1. 1.) indbefondere &. F. Ranke (Pollux et Lucianus.
Quedlinburg. 1831. 4.) nachgewieſen hat, nachdem T. Hemſterhuis (in der
Vorrede zu d. Onomast.) vergeblih das Gegentheil zu bemeifen verfucht und
ftatt Vollux Tieber einen gewiffen Dioscorided hier angenommen hatte. Für
den Verluft dieſer redneriſchen Producte entihädigt und reichlich das noch
vorhandene Iericographifhe Werk, dad feinen Namen trögt: "Orouaozıxor
betitelt, an den Kalfer Commodus gerichtet und in zehn Bücher abgetheilt,
die eigentlich eben fo viele beſondere Schriften bilden, infofern in jedem Buch
ein beflimmter Gegenfland durch Zufammenftelung aller darauf bezüglichen
Ausprüde mit Furzen Erklärungen behandelt wird, mithin die Orbnung nad
Materien der alphabetifchen vorgezogen iſt, wie 3. B. im erften Buch Alles,
was auf die Götter, Könige u. f. w. ſich bezieht, zufammengetragen ift, im
zweiten von den Menſchen, ihrem Leben, Körper und deſſen Iheilen, im
britten von verwandiſchaftlichen, Raatöbürgerlichen und andern Verhälmiſſen,
im vierten von den Wiffenfchaften, im fünften von ver Jagd, den Thieren
u. f. w. die Rede iſt, und auf diefe Weiſe alles Mögliche zuſammengeſtellt
fl, wodurch, zumal bei dem Untergang fo vieler andern gloſſographiſchen und
lexicographiſchen Werfe des griechiſchen Alterthums, die allerdings die Quellen
diefed Onomaſtikons bilden, die Schrift für und jetzt eine ungemeine Wichtig:
feit und Bebeutung erhält, da fie eine Maffe der werthvollſten und feltenften
Nachrichten für das geſammte griechiſche und römifche Altertum, auch mande
Fragmente verlorener Schriftfteler u. dgl. m. in ſich fließt, aber freili
immerhin mit Kritif und Vorſicht benugt werben muß. Von der großen Zahl
gan 505
ber darin angeführten Schriftfteller kann ein Blil in das Verzeichniß dieſer
Anführungen bei Fabric. Bibl. Graec. VI. p. 145 ff. Überzeugen. Auf bie
erften noch ziemlich fehlerhaften Abrücke des griechiſchen Texies bei Aldus
(Benedig 1502. fol.), bei B. Junta (Florenz 1520. fol.) und von Simon
Grynäus (zu Bafel 1536. 4.) folgte die Ausgabe von W. Seber zu Frankfurt
1608. A. mit einem berichtigteren und von einer lateiniſchen Ueberfegung be⸗
gleiteten Tert, und dann die werthvolle Audgabe von I. H. Leberlin und
Tib. Hemſterhuis mit Noten von Jungermam und Kühn (Amflerdau 1706.
fol, deren Noten au in die neuefle Ausgabe von Wild. Dinborf zu Leipzig .
1825. in V Voll. 8. aufgenommen worden find. Vgl. au Hemsterhusir
Anecdd. ed. Geel. p. 164 ff. und f. im Allgemeinen Fabric. Bibl. Gr. VI.
p. 141 ff. und bie oben a. Schrift von Nanfe, fo wie die über Leben und
Schriften des Polur gelieferte Erörterung von Hemſterhuis in ber Praelfat.-
jeiner Ausgabe.
Verſchieden von diefem Grammatiker ift der chrifllide Schriftfteller Ju-
lius Pollux, ber Verfaſſer einer Chronik (sorogie Yvaan), welche beſon⸗
ders mit der Erſchaffung der Welt und fpäter mit den kirchlichen Greigniffen
ſich beidäftigt, und in dem, was davon biß jet gedruckt vorliegt (von J.
B. Bianconi: Anonymi script. hist. sacr., Bonon. 1779. fol. und am Uns
rang vollſtändiger von 3. Hardt: Julii Pollucis histor. physic. nunc primum
Gr. et Lat. edit. Münden 1792. 8.), bis auf die Zeiten des DValens reicht,
in einer zu Paris befindliden Handichrift aber 6i8 zum Jahr 963 n. Chr.
tortgeießt ſeyn fol; f. Fabric. p. 144. not. und dafelbft Harles.
d) Juriſten: Julius Aquila, f. Bd. I. ©. 655. ,
Julius Paulus, einer der angejehenflen und berühmteflen zömifchen
Juriſten, aus Padua wahrſcheinlich, und nit aus Phönicien, dann in dem
geheimen Rathe des Kaiſers Septimius Severus und Präfertus Prätorio
unter Alexander Severus (f. Lamprid. Vit. Alexandr. 26.), jedenfalls einer
ver ſcharffinnigſten Kenner des römiſchen Rechts und zugleich der fruchtbarſte
Schriftſteller auf dem Gebiete der Rechtswiſſenſchaft, aus deſſen zahlreichen
Schriften (z. B. LXXX Libri ad Edictum, XXVI Libri Quaestionum, XXIII
Libri Responsorum, XXIII Brevium, XVII ad Plautium, X ad leg. Jul..
et Popp., VII Libri regularum u f. w., f. dad Verzeichniß bei Bach F. 31.
bis 33.) viele Ercerpte, nad einer Zählung in Allem an 2083 — in bie
Pandecten übergegangen find. Wir beflgen no von ihm Libri V senten-
tharum receptarum ad filium, eine über die geltenden Rechtsſätze ſich ver-
breitende Schrift, welche in das Breviarium Alarici aufgenommen (f. Bb. I.
$. 1169.) und fo, in einer freilih mehrfach veränderten Geſtalt ſich erhalten
bat, auch in den Ausgaben des Brev. Alaric. und des Corpus Antejust.
fich abgebrudt findet, am beften jetzt beſonders herausgegeben von L. Arndts
Bonn 1833. 8. Ob Paulus au ber DVerfafler des mit Gajus (ſ. Bo. IN.
S. 578.) herausgefommenen Fragments De Jure fisci if, was Ginige für
ein Stüd aus dem Liber singularis regularum halten wollten (f. Dirkſen
Vermiſchte Särift. I. S. 32 ff. und dagegen A. Schmidt in d. Ien. Lit“
Zeit. 1842. Nr. 231. C. G. Wald: De aetate fragm. de jure fisci. Jen.
1838. 8.), wird fich mit Met bezweifeln laſſen, da der Inhalt auf, eine
ſpätere Abfaſſung führt; f. das Nähere über Julius Paulus bei Bach Hist.
Jurispr. Rom. Ill, 2. sect. V. 6. 30 ff., und dig dort angeführten Abhandll.
von M. Mitterähuflus De vita J. P., Norimberg. 1566. 4. A. U. Pagen-
eher (Diss. Syllog. p. 523 ff. Brem. 1713.). Gonravi (Parergg. IV.
p. 907 ff.). Praefat. von Arndts vor f. Ausg. K. Witte in Erſch und
@ruber Bucyclop. II. Br. 14. ©. 221 ff. Meine Geſch. d. MNöm. Kiterat.
\. 415. der dritt. Ausg. | B.] 22.
iv.
506 Jullenses — Julus
Jallonses, Pflanzbürger, welche Auguflus in Arretium anflebelte,
f. Arretium. [P.]
Julloböne, Stadt bei ven Baleten in Gallia Belgica, j. Lilebonne,
Ptol. It. Ant. Tab. Peut. Die Unfltte früherer Antiquare, einzelne Namen
aus Ptolemäus und den Itinerarien aus ihrem Zuſammenhang zu reißen
und nad) zufälligen Achnlicgkeiten mit neueren Namen aus ganz andern Ge⸗
genden zu deuten, hat dem Städten Botwar in Wirtemberg zu dem alten
Namen Juliobona verholfen (Cruſius). [P.]
Juliobrige, Stadt der Gantabrer in Hifp. Tarrac. an den Quellen
des Ebro, Str. 156., im Gerichtsbezirk von Glunia, Plin. IE, 4. Btol.,
beim j. Reynoſa, wo ihre Ueberreſte auf einer Anhöhe, Retortillo genannt,
und mehrere Infäriften gefunden worden find. Bruter. p. 354. [P.
Juliomägus, 1) SHauptflabt der Andecavi, f. d., baber Civitas An-
decavorum in der Not. Imp., j. Angers. Ptol. Tab. Beut. — 2) Stadt
im römiſchen Bränzland zwiſchen dem Rhein und der Donau, angebeutet auf
dem Gtraßenzug der Peutingerſchen Tafel von Vindoniſſa nad Sumlocenne
(Rottenburg), und verſchiedentlich erklärt, für Tuttlingen (von Cluver), für
Stühlingen (Mannert, v. Stihaner, Buchner, Leichtlen) und ganz neuerlid
von Mone (Urgeſch. des bad. Landes) feiner Weberfegungsibeorie zu Lieb,
da magus Geld heißen fol, für Blumenfeld. [P.)
Jullopolis, 1) eine blos von Plin. VI, 23, 26. erwähnte Stadt
Unter⸗Aegyptens, an dem von Alexandria na Canobus geführten Ranale,
20 Stab. son erfterer, wo man fi gemöhnlih zur Fahrt nad Oberägypten
einſchiffte. Da fle dur ihren Namen an Gäfard Sieg über den Bompefus
erinnert und von feinem andern Schrififteller erwähnt wird, fo if fle viel⸗
leicht nicht verſchieden von dem in berfelben Gegend zu ſuchenden Nicopolis
(f. diefen Art.); Mannert aber X, 1. S. 626. vermuthet, ed fet 6108
ein anderer Name für bie nur bei Strabo XVII, p. 795. vorkommende Vor:
flabt Alerandriens, Eleusis., — 2) ein blos von Ptol. V, 6. genannter Ort
in Cataonien (Gappabocien), im Diftrift Aravene, am Euphrat. — 3) Gpäterer
Name von Gordium in Balatien, und — 4) von Tarsus in Cilicien. [ F.]
Julie (Toviis, Scyl. p. 22. Steph. Byz. Pin. IV, 12.), die Haupi⸗
ſtadt der eycladiſchen Infel Ceos (j. Zia), im innern Lande auf einer An»
höhe, 25 Stab. von der See und ſüdöſtlich von Barthäa, der zweiten Stadt
der Infel. (Nah einem Epigramm des Gallim. bei Athen. VII, 318. hieß
auch ein ganıer Diſtrikt der Infel Julis.) Tournefort IE. p. 15f. aber glaubt
die merfwürbigen Ueberrefte der Stadt unter dem Namen Polls auf einem
Hügel 3 St. von der heut. Stadt Keos gefunden zu haben; allein unftreitig
liegt Teßtere ſelbſt auf den Ruinen der alten Stadt. Bel. au Bröndflebt
Voyage I. p. 27 ff. Roß Reifen auf den griech. Infeln I. S. 129 ff. und
die von Letzterem gefundenen Infriften in der Hal. Allg. Lit.Zeit. 1838.
Int.Bl. 13. [F.)
Jullum Carnicam, Stadt der Garni, noch jetzt Julia, füblig ber
earnifgen Alpen im Venetianiſchen, Ptol. Plin. TIL, 19. (Julienses Car-
norum). It. Ant. (Julia Carn.). Baul. Diac. G. VI, 51. [P.]
Julius vieus, f. Vicus Julius.
Jullus Chimarus, ein Bildhauer aus ber auguſteiſchen Zeit, melder
einer Inſchrift zufolge dem Germanicus Statuen arbeitete. D. Müller Kunft-
Araäol. S. 216. [W.]
Jaltus Milötus, mit dem Beinamen Quintus, erbaute unter Gepti-
mins Geveruß ein Labyrinth als Anlage zum Bergnügen des Volle. Welder
Sylloge p. XVII. D. Müller Kunſt⸗Archäol. S. 206. [W. |
Bulo ('IovAw), Beiname der Demeter. Athen. XIV, p. 619. e. [ Mzr.]
Zulus, a) nad ber Sage der ältefle Sohn bes Askanius, der an
Juncaria — Jumii - 507
feinen füngern Bruder Silvius Habe die Herrſchaft über Latium abtreten
müffen und Stammvaterded Geſchlechts der Julier. Dion.“ Halik. I, 70. —
b) Beiname des Askanius, der na den @inen von Ilus, nad Andern von
covlog, Milchhaar (Zeichen der Kraft, vieleicht von dan ſtark fein) oder
von Jupiter (Diminutivum von Dius, Hartung Rel. d. Röm. I, 85.) her⸗
zuleiten if. Virg. Aen. I, 267. Serv. u. Heyne Exc. 8. Aur. Pict. de
orig. g. r. 13. a. E. [Mzr.]
Juncaria, Stadt ber Indigeten in den Pyrenäen (Sifp. Tarrac.),
Str. 160. It. Ant., dabei das ausgedehnte Binfenfeld "Iovyaapıor medior,
Str. a. DO. und Euflath. ad 1. I, p. 191., j. Junquera, wiewohl die Zahlen
des Jin. mehr für Figueras ſprechen. [P.]
Juancus, ein nit weiter bekannter griechiſcher Philofoph, von welchem
mebrere, dad Alter und deffen Vorzüge betreffende Excerpte einer Schrift
zzepi ynews in die Sammlung des Stobäus übergegangen und dadurch uns
erbalten worben find (Tit. 115. 116. 117. p. 986. 592 f. ed. Gesner.);
die Schrift war in die Form eined Dialogs eingefleivet, fie zeigt eine ganz
platonifhe Darſtellungsweiſe und empfiehlt fih eben fo fehr von Seiten des
Inhalts wie der Form, weshalb U. C. van Heusde (Diatribe in loc. phi-
losoph. moral. de consolatione etc. Traject. ad Rhen. 1840. 8. p. 98.)
in dem Verfaſſer wo nicht einen Schüler des Plato, fo doch einen jedenfalls
vorzügliden und eifrigen Platoniker erfennen möchte. Lieber ven Inhalt f.
ein Näheres ebendaſ. p. 97—101. Ein römiſcher Senator Juncus'Ver-
gilianus fommt bei Taritus Annall. XI, 35. vor, wenn anderd bort
nigt J ri für Juncus zu leſen ift; ſ. Exrnefli und Ruperti zu biefer
tele. .
Jaenii. Bon Atticus erzählt Born. Nep. Alt. XVII, 3.: Bruti rogatu
Juniam familiam a stirpe ad ipsam suam aetatem enumeravit notans qvi,
a qvo orlus, qvos honores qvibusqve temporibus cepisset. Wahrſcheinlich
foßte dadurch der problematifcge Zufammenbang zwiſchen der patricifchen und
der plebejiſchen Linie erwiefen werben; vgl. Wefleling Obserwv. II, 16.
1. Batricier.* 1) Marcus Junius, nad der Sage Nachkomme
eined Trojanerd, welcher mit Aeneas nad Italien gefommen war (vgl. Klaufen,
Aeneas und die Penaten S. 970 f.), und felbfl &v zoig emıyareoraroıs rar
Pouaior agıdpovusrog, Dionyf. IV, 68. Er war vermählt mit Tarquinia,
ber Tochter des Tarq. Priscus (ib.) und Schwefler des Targa. Superbus
(Liv. I, 56.). Sie hatten zwei Söhne, Marcus und Lucius; ben Erſten
ließ Tarq. Superb. fammt dem Vater tödten (Liv. 1. 1.), nad Dion. (I. 1.
vgl. IV, 77.) unmittelbar nad der Brmordimg ded Servius Tullius (vgl.
Lin. 1,49.), jenen d4 0v887 adınnua, tod 6& mÄovrov mooaydeis eig Emidv-
niar, C9 an nakuus Te nal npoyornig NapaAaßor svruring Enexııro, den
altern Sohn aber, um fi vor Blutrache zu fichern. Der jüngere war
2) Lucius Jun. Br, der, um feinem Oheim ficher zu machen, neqve
in animo suo qyvidqvam regi limendum negve in fortuna concupiscendum
relinqvere statuit (2iv.1,56.). Er ſtellte fi naher bloͤdſinnig (vgl. Macreb.
»Niebubr I, 512. 547. will auch bie erfien Bruti nur als Plebejer gelten
laffen, und Wr, if ihm mach feiner allegorifireuden Aublegung der Sage, in dem
Bunde der vier Männer, welche das ganze römifche Volk barfielen, ber Wertreter
ber Plebejer. Aber außer ber berichteten Verwandtſchaft mit dem Königsbauſe uub
dem Gelered:Tribunat bed 8, Br. fpricht gegen biefe Annahme die ausbrückliche Be⸗
merfung bes Dionyſins, daB der Volkstribun 8. Br, das Werwandtfenn mit Dem
Befreier faͤlſchlich beyanptet babe, ebenfo die Unwahrſcheinlichkeit, daß die Patririer
einen Plebejer hätten eine fo hervorfischende Nolle fpielen laſſen, wie Br. offenbar
sefpielt bat, auch daß die Wahl eines Pichejers für das Eonfulag fo lange ganz ohne
Soigen für bie Piebejer geblieben wäre,
508 > Janit
. 3, 16.), und führte diefe Role fo gut durch, daß ihm der König den Namen
Brutus gab (NAidıos, Dion. IV, 67. *). Der König zog (ald Vormund)
alle feine Güter ein und forgte nur für feinen täglichen Unterhalt, indem er
Ihn zu fich nahm zur Beluftigung für feine Söhne. In dieſer Rolle begleitet:
er auch die Prinzen Titus und Aruns nah Delphi und bradte dem Drakel
aureum baculum inclusum corneo cavato ad id baculo, ein Mythus, de
ſich als folder dadurch zeigt, daß Br. als Bevormundeter die Mittel dazu
gar nicht beſttzen konnte, und deſſen Entſtehung der Zuſatz des Liv. J. J. ver
räth: per ambages effigiem ingenii sui. Den Spruch des Orakels, die
Regierung in Rom werde derjenige unter ihnen erhalten, welcher die Mutter
zuerſt küſſe, deutete er fich auf die Mutter Erde, Liv. u. Dion. 1. I. Fünf:
undzwanzig Jahre fang (denn fo Inge regierte Tarq. Superb., Liv. I, 69.
Dion. IV, 85.) fpielte Br. den Bloͤdfinnigen (Dion. IV, 77. extr.) und
erbielt als folder die wichtige Stelle eines Tribunus Celerum (Dion. IV, 71.),
die er, als bei der neuen Verfaſſung von ſelbſt wegfallend, fpäter nieber-
Iegte (Xiv. I, 59. vgl. Dion. IV, 75.). Na Lueretia’8 Entleibung wari
er nämlid die Maske ab (Dion. IV, 70. 77.) Gr Fam gerade mit Colla⸗
tinus von Ardea, als ihnen ber Bote begegnete, melden Lucr. an ihren
Mann abgeſchickt Hatte, Ihn zu ſich nad Collatia zu rufen (Liv. 1,58. Dion.
IV, 67.); er ging mit in dad Haus und hörte die Erzählung von der Ge⸗
waltihat des Sertus Tarq. und Lucretia's Kleben um Rache und war Zeuge
ihre8 Todes (f. Lucrelia). Er war e8, der in Folge deſſen ſchwur, bie
ganze Königsfamilie zu verfagen und die Andern antrieb, daſſelbe zu thun—
der durch feine Rede und das Borzeigen des Leichnams dad Volk aufregte
und die Bemaffneten von Gollatia aus nad Rom führte, au hier dad Volt
aufwiegelte, daß es durch einen Beſchluß den König abſetzte und verbannte
(Liv. I, 59. Dion. IV, 76. 84.). Während dann Targ. nah Rom eilte.
aber die Shore verſchloſſen fand, eilte Br. Ind Lager bei Arven, riß aub
das Heer mit fi fort und bemwirfte, daß die Söhne des Königs aus dem
Rager gefagt wurden (8iv. I, 60. Dion. IV, 85., welcher bie ganze Scene
nah Rom verlegt und aufd Heer ihn nur durch Schreiben wirfen läßt). Er
mwurbe alsdann zum Cof. gewählt mit 2. Tarquinius Collatinus (Liv. I,
60. extr. Dion. IV, 76.) für das I. 245 d. ©t., 509 v. Chr. Mit Be»
mwilligung feines Gollegen prior fasces habuit (Liv. II, 1. vgl. Bd. 11. ©. 625
Bd. TI. ©. 424.). Bald aber entfland, auf Anftiften der Befandten bed
Tarquinius, eine Verſchwoͤrung von vornehmen jungen Römern, die, adsveli
more regio vivere (Liv. II, 3.), bei der jegigen Negierungsform ihre Rech⸗
nung nit fanden; fie wollten die Stadt nädhtlider Weile der königlichen
Familie dfinen (Lio. 3.) und die Coſſ. ermorden (Dion. V, 2.). inter den
Verſchworenen waren auch bie beiden einzigen (vgl. Dion. V, 8. ovr ano
nofas Eauvros rüg nadekovong Tor oinor eonuiag, ib. 10. oi euos maide:
Gugporegos, vgl. 18.) Söhne ded Brut. von feiner Gemahlin Vitellia (Liv
II, 4.), Zitus und Tiberius (Liv. ib. Dion. V, 6.), aptiwg aeyousso
yeraısar (Dion, ib.).** Gin Sklave machte den Coſſ. (Liv. 4., nad Dion. 7.
* Diefe Bebeutung deö Worts wird zwar nicht aus Dion. VI, 70. (ore Berir-
Deiey Emonwrten auroy Booirov Enenalouv) erwiefen, ba ber Hohn bier in bem
Eingehen anf bie Eitelkeits⸗Grille des Mannes befiand, wohl aber durch Eic. ad Att
VI, 1, 22. XIV, 14, 2. ®Bgl. Plut. Caes. 61, extr. Niebuhrs (I, S. 103. 511.
ed. 3.) Eombination ded Namens mit dem altitalifhen Brettii, entlaufene Sklaren
(ogt. 8b, I. 6, 1182.), fheint Drumann IV, &. 2, Not. 5, mit Recht verworfen
zu baten. Zu der Gage vom erheuchelten Blboſinn bed Br, fcheint eben ber Name
Die Beranlaffung gegeben zu haben (Mieb, 541.); oder if fie anf verfiellte Ergeben⸗
heit gegen den König zu beziehen, durch welche diefer ſicher wurde (Mieb, I. 589.2.
vr Leyteren Beifag machte Dionpf. vieleiht im Gefuͤhl des Wiberfpruches, ber
Junii 509
bem nicht durch Verwandiſchaft betheiligten Valeriud) Irzeige die Ver⸗
ſchworenen wurden ergriffen, überwiefen und hingerichtet; kalt ſah Brutus
feine eigenen Söhne flerben (Liv. 5. Dion. 8.). Dionyſ. erzählt (V, 9—12.),
Eollatinus Habe feinen Neffen, den beiden Aquilli, daB Leben retten wollen
und fei dadurch mit feinem Gollegen in heftigen Zwift gekommen, der zur
Bolge Hatte, daß Br. eine Berfammlung berief und das Dilemma flellte:
entweder danft Col. ab, oder Br., bis Spurius Lucretius dahin vermittelte,
bag Coll. die Stadt freiwillig verlaffen, Br. aber ihn in Ehren halten folle.
Dr. Reuerte ihm in Bolge deſſen felbft fünf Talente beim Abſchied bei und
bat ihn, der Stadt nicht zu zürnen. Bei Livius II, 2. wird Coll. ohne be⸗
fondere Urſache, 6108 feined Namens wegen, von Brutus in aller Gemüth-
Iihfeit zur Stabt hinauscomplimentirt. Brutus ex senatusconsulto ad populum
tulit, ut omnes Targviniae gentis exsules esset. Collegam sibi comitiis cen-
turiatis creavit P. Valerium (Liv. II, 2. Dion. V, 12.). Der Senat wurbe
(wohl weil Tarq. viele Patricier hatte tödten und Ihre Stelle nit erfehen
laſſen, auch weil mande mit dem König ausgewandert waren) durch Auf⸗
nahme der audgezeichnetfien Plebejer auf die Zahl 300 ergänzt (Dion. 13.).
Es gelang den Bertriebenen, Veji und Tarquinii zum Kriege gegen Rom
zu bewegen ; die Hömer zogen dem feindlichen Heere entgegen, fobald es das
vöm. Gebiet betreten (Riv. II, 6. Dion. V,14.). In Erzählung des Kampfes
jelbft weichen Liv. und Dionyf. ein wenig von einander ab. Nach Liv. (ib.)
z0g Br. mit der Meiterei voraus, um die Stellung ber Feinde zu erfunden,
ebenfo Arund Tarquiniuß; die beiden Anführer flürzgen mit Wuth gegen
einander, neuter, dum hostem vulneraret, sui protegendi corporis memor,
ut conirario ictu per parmam uterqve transfixus duabus haerentes hastis
moribundi ex eqvis lapsi sint. Nach Dionyf. (15.) trat Aruns Tarquinius,
als bie beiden Heere einander in Schlatorbnung gegenüber flanden, aus den
Reiben hervor und forderte den Br. zum Zweikampf, deſſen Ausgang er
ganz wie Liv. berichtet. Val. Cic. Tusc. IV, 22, 50. vgl. I, 37, 89. Cato
20, 74. Parad. I, 2, 12. Auct. ad Her. IV, 53, 66. Br. wurde zu Nom
mit großen Ehren beftattet (Liv. 7. Dion. 17.) und Balerius hielt ihm eine
Lobrede (Dion. ıb.). Matronae annum ut parentem eum Juxerunt, qvod
tam acer ultor violatae pudicitiae fuisset, Liv. 7. vgl. Dion. V, 48. extr.
Die Bürger flellten auf dem Capitol fein Bild in Erz auf, mit gezogenem
Schwert, In der Mitte ver fleben Könige (Plut. Brut. 1.). Attius machte
ihn zum Helden einer praetextata (Barro L. L. V, 80., vgl. Bd. 1. ©. 994.).
Die declamatoriſchen Stellen Gicero’8 über ihn f. im Onomast. Tull. p. 316.
Mt. Jun. Br. war der patricifhe Stamm ber Junier erlofhen; denn
mweber werben patric. Seitenverwandte deſſelben erwähnt, noch überlebte ihn
Deſcendenz: yereav övr' apbera naralınaor orte Onlaar, oc ol zu Poo-
ucior oapeorara Eintanores ypagpovar, Dion. V,18., wofür als unwider⸗
ſprechlicher Beweis angeführt wird, daß er Patricier mar, alle fpätern Sunier
in dieſer ganzen Erzählung liegt. IV, 68. hatte nämlich Dionyſ. erzählt, bap dem
?, Br, fein Bater eine forgfältige Erziehung habe geben laſſen, er müßte baher bei
dem Tode feines Vaters etwa 12 Sahre alt gewefen feyn; auf diefe Vorausſetzung
führt auch bie fein ausgedachte und fireng durchgeführte Verfielung als Blöbfinniger.
Aubererfeitd war bei einem ſchon fo weit erwachfenen Knaben Merftelung unmög:
lih, da man ja dann mußte, wie er biäher ganz anders gewefen war. Sodann
dauerte feine Berfielung 25 Fahre; innerhalb dieſer Zeit heiratet der vermeintliche
Blödfinnige eine Frau aus guter Familie (ſoll auch jetzt noch die cura dementis
und bie Entziehung feines Vermögens durch den König fortgebauert haben?) und
bat nach Verfluß derſelben zwei mannbare Söhne, adsveti more regio vivere! Man
hebt, daß man fich bier anf dem Gebiete ber Dichtung und Phantafie befindet, wo
Widerfprühe, Inconſequenzen, Verſehen Leicht entfliehen und unbeachtet bleiben,
v
510 Juuti
aber Plebeier und ausſchließlich plebeiiſche Würden befleiveten, bis auch das
Conſulat für die Plebeier zugaͤnglich wurde. (Der erſte Plebeler wird Coſ.
im J 389, der erſte Junier — nad dem Befreier — im I. 429.) Dem
gemäß läugnet Dio Eafi. 44, 12. ausdrücklich den Zufammenhang zwiſchen
8. Br. und M. Br., dem Mörder Gäfard. Dagegen jagt Plut. Brut. 1.,
die Behauptung, M. Br. flamme von einem plebeifihen oinorouos de8t. Br.
ab, haben Jenes Feinde aufgeftellt, während feine Freunde Atticus (Corn. Nep.
Att. 18.), Cicero (Phil. I, 2. 6. 1,11. IV, 3. X,6. Tusc. IV, 1. Brut. 14.
ad Att. XIII, 40.) und ver Philoſoph Pofldonius (Plut. 1. 1.) die patri⸗
ciſche Abſtammung behaupteten, Pof. fogar zu dem Ende einen überlebenden
jüngeren Sohn des 2. Br. und zwiſchen mehreren Bruti und der Statue bed
L. Br. Familienähnlichfeit entdeckte (ib.), Das Hiftorifhe If, daß überhaupt
fein Zufammenhang zwiſchen beiden Zweigen Statt fand; denn es iſt unbenf-
bar, daß ein urſprünglich patricifches Geſchlecht (vollends mit einem fo auß-
gezeichneten Ahn) zur Plebeität berabgefunfen wäre. Wir unterfeheiden daher
1. Plebeier. 1. Bruti. 1) L. Junius, der, den Zufall des
Zufammentreffens feines Namens mit dem des 15 Jahre vorber geflorbenen
Conſuls ausbeutenn, auch das cognomen Brutus annahm (alfo ohne ur-
fprüngli ein Recht darauf zu Haben), das ihm anfängli im Spott eribeilt
wurde (Dion. VI, 70. 72.), fpäter aber ich forterbte. Bel Dionyſ. fpielt
er in der secessio in sacrum montem, welde bie Einfegung bed Tribunats
zur Bolge hatte (3. 494 — 260 d. St.), eine Hauptrolle. Gr wird charaf-
terifirt als marv Tagaywöns nal oramacınz arme, O&Vs Th yrayn ngodeir
zı Tv 800uErW07 8x MoAlov ai eineivr 0 Tı 70700L ög Amkos xal xwrilos
ovn advraros (70), vgl. VII, 36. Serrög are ta T aA xai mopovg &v-
geiv Ev anopoı. Er habe den Sicinius aufgeforbert, den Patriciern nicht
gleich nachzugeben (ib.). Ihm legt Dion. V, 72—80. eine Rede über die
Klagen und Borderungen ber Plebeier in den Mund; c. 87. läßt er ihn aur
die Bedingung der Einfehung des Tribunats dringen, c. 88. wird er von
den Plebeiern als Geſandter an den Senat geſchickt, um den Vertrag und
die Beſchwörung deſſelben entgegen zu nehmen. Er wurde mit C. Sicinius
Bellutus zum erflen Volkotribun ernannt (ib. 89.), außerdem C. und Publ.
Licinius, C. Jeilius Ruga (ib.). Ebenſo nennt Plut. Cornel.7. den Jun.
Br. und Sicin. Bell. als eiſte Tribune, Ascon. ad Cic. Cornel. I. den
L. Sicinius L. F. Bellutus und L. Junius C. F. Paterculus (mofür Pigh
I, 90. willkürlich Bubulcus feßt), auch Suld. s. v. Anuapyoı nennt den
Sicinius und Brutus. Daher iſt Niebuhrs (I, 548.) Vermuthung, dieſer
Br. ſei „wohl nur von einem plebelifhen Annaliften fo weit zurüdgebradt.
um die Begründung der plebelifhen Freiheit von einem Blutöfreund des
Stifterd der Republik herzulelten“ — ungegrünbet; denn daß Liv. II, 33.
vielmehr den C. Licinius und 2. Albinus nennt, dann den Sicinius, und
meiter fagt: de duobus qvi fuerint minus convenit, beweist nur, baß die
Rolle, die ihn Dionyf. fpielen Täßt, weit übertrieben iſt. Diefer läßt auch
erft auf Brutud’ Antrag beſchließen, daß vie Bolkötribunen sacrosancti ſeyn
follen (ib. 89.). Im naͤchſten Jahre iſt er plebelifcher Aedil und wird wieder
zum Aufheben der PBlebeier verwendet, Dion. VII, 14. Im darauf folgenden
Jahre iſt er wieder Uebil (mit Icilius), veranlaßt das Geſetz über die Rede⸗
freiheit der Volkstribunen (ib. 16 f.), und will auf Befehl der Tribunen den
Goriolan ergreifen (ib. 26.). Auch c. 36. erjcheint er als Factotum und
Spiritus familiaris ded Plebeierthums, fo daß er bei Dionyf. eine faſt my⸗
thiſch⸗ ideale Geſtalt IR.
2) Decimus Jun. Brut. Scaeva, erſter plebeiiſcher Junier, welcher
Coſ. wurde (325 — 429 d. St.). Im J. 339 (— 415 d. St.) war er
unter dem Dictator DO. Bublilius Philo Magister equitum geweſen (Liv.
Junii 511
VIII, 12.). Coſ. war er mit 8. Furius Camillus, der bald krank wurde
und einen Dictator ernannte. Br. fiel durchs 2008 der Krieg gegen bie
Veſtiner zu, den ex rühmlichſt führte, ib. 29. Sein gleichnamiger Sohn (3)
. war als Legat bei der Belagerung von Gominium thätig (Liv. X, 43.) und
wurde Gof. 292 — 462 (ib. 47.). Deflen Söhne D. I. Br. Sc. und
Marcus I. Br. Sc. (4 u. 5) gaben mit einander zu Ehren ihres verflor-
benen Baterd Bechterfpiele (Liv. Epit. 16. Val. Mar. II, A, 7.).
6) C. Junius Bubulcus Brutus (Fasti cap.), C. F. C.N., Coſ.
317 (437 dv. St), Liv. IX, 20. Diod. XIX, 17., zum zweiten Male im
3. 313 (441), Liv. 28. Diod. 77. Ob er oder der Dictator Pötelius es
war, der Nola eroberte, iſt ungewiß (Liv. ib.). Qvi captae decus Nolae
ad consulem trahunt adiiciunt Atinam et Calatiam ab eodem captas, fügt
Livius Hinzu. Auf Auszeihnung läßt auch der Umſtand fließen, daß er
im folgenden Jahre von dem Dictator &. Sulpicius Longus zum Magister
equitum gegen die Etrusker ernannt wurde (Fast. cap.; 2iv. IX, 29. nennt
ihn Dictator); doch kam es nicht zum Kampfe (ib.). Gleih im Jahr 311
(= 443) bekleidete er zum dritten Mal das Confulat (Fasti cap. a. 442.
Liv. IX, 30.). Ihm fiel der Samniterfrieg zu, worin er Cluvia und Bo»
vianum eroberie, gegen 20,000 Beinde erfhlug und reiche Beute gemann
(ib. 31.), fo daß ihn der Dictator 2. Papirius im I. 309 (445) zu feinem
Mag. eq. gegen die Samniten ernannte (Xiv. IX, 38.). Er befehligte im Kampf
gegen fie den linken Klügel und brachte noch vor Papirius feine Feinde zum
Weiden (ib. 40.). Als Genfor (306 — 448 d. St.) verfließ er den 2.
Antonius aud dem Senat (Fast. cap. a. 447. Bal. Mar II, 9, 2.), Iegte
in Gemeinſchaft mit feinem Gollegen M. Valerius Maximus vias per agros
publica impensa an (Liv. IX, 4.) und ließ den Tempel der Salus erbauen.
den er ald Coſ. im Samniterkriege gelobt Hatte (Liv. ib); C. Fabius Pictor
malte baran (Plin. H. N. XXXV, 4, 7. Val. Mar. VIII, 14, 6.), und
eingeweiht wurde er als Brut. Dictator war (Liv. X, 1. extr.), im 3. 302
(452 d. ©t.). Gegen die Aequer hatte er zu ziehen, da er primo congressu
subegit ac die octavo triumphans in urbem rediüt, Liv. ib.
7)C. Junius Bubulcus Brutus, C. F. C. N., Sohn des Borigen,
@of. 291 (463 d. St.), zum zmeiten Mal 277 (477 d. ©t.), Fasti sic.,
Gafflovd. a. 462. 476. Liv. XXVII, 6. on. VII, 1.
8) D. Jun. Brutus, triumvir coloniae (nad Sipontum) deducen-
dae im 3. 194 — 560 (Liv. XXXIV, 45.).
9. u. 10) M. Junius Brutus und P. Jun. Br., vielleicht Brüder,
im 3. 195 (559 d. St.) mit einander Bolfätribunen, als welche ſie die lex
Oppia (f. d.) aufrecht zu erhalten fuchten, Liv. XXXIV, 1. Val. Mar. IX,
1,3. Im 3. 191 (563) war Marcus Prätor und weihte den Tempel ber
Mater Magna Idaea (iv. XXXVI, 36.), im $. 189 (5659) mar er einer ber
zehn Geſandten, welche Aflens Angelegenheiten ordnen follten (ib. XXXVII, 55.).
Bublius war curuliider Aedil im I. 192 — 562 (Xiv. XXXV, 41.) und
Prätor 190 (564 d. St.), Liv. XXXVI, 45. Er befam zur Provinz Etrurien
(ib. XXXVII, 2.). Sein nad Bater und Großvater benannter @nfel (11)
B. Iun. Br. Hatte im I. 674 von den Goff. einen Bau am Tempel bed
Caſtor übernommen, flarb aber (Cic. Verr. I, 50, 130. 132.). Gr hinter»
ließ einen unmündigen Sohn, P. (12), deſſen Bormund fein väterliher Oheim
M. Juniue Br. (13) war (Verr. I, 51. 52.53.). Im $. 74 (680) nahm
ber Prätor C. Berres in habgieriger Abſicht den Sohn in Anſpruch, weil
fein Vater den Bau nit dem DVertrage gemäß ausgeführt habe (Verr. 1,
49—57.). Andererſeits Hatte Marcus (Nr. 9.) zum Sohne
14) M. Junius Brutus, M. F. L. N. (Fasti cap. a. 975.), ber 178
= 576 of. war (Liv. XL, 59. vgl. XLV, 9.) und auf Nachrichten von
312 Junli
einem Kriegdunfall bis Aquileia vorrüdte, bier aber die Nachrichten unbe.
gründet fand (ib. XLI,5.), in der Stadt überwinterte und im Frühjahr mit
feinem Gollegen gegen die Ifirer zu Felde zog und fie beflegte (ib. 10.).
Der neue Coſ. C. Claudius kam eiferfüdtig ohne die üblichen Förmlichkeiten
dahergerannt, wurde aber von den beiden Conſularen und dem Heere zurück⸗
gewieſen (ib.), bis er allen Gebräuchen genügt hatte (ib. 11.). — Zeitver⸗
hälmiß und Vornamensgleichheit machen es wahrſcheinlich, daß nicht nur
Nr. 17, ſondern auch (15) der zu Anfang des fiebenten Jahrhunderts der
Stadt blühende Rechtsgelehrte M. Junius Brutus (ſ. den lit.hift. Art.) ein
Sohn von ihm war. Letzterer beſaß mehrere Landgüter (Cic. pro Cluent. 51.
de orat. II, 55.), die aber fein Sohn
16) M. Junius Brutus mit dem Spottnamen Accusator durchbrachte
(Eic. Cluent,, de or. 1. I. libidines totum patrimonium dissipaverunt). @r
erbte zwar einige juridiſche Kenntniſſe von feinem Vater (vgl. de or. 1. I.
an iuri civili [studes] ? Est paternum), machte aber von dieſen und feinen
mäßigen Rebnertalent nur Gebrauch zum Anlagen (qvidqvid est vocis et
lingvae omne in istum turpissimum calumniae qvaestum contulisti, Cic. de
orat. 1. 1.), von welchem er förmlih Profeſſion machte (accusationem fac-
titare, ic. Brut. 34.), zum Nadiheil feiner Ehre (sordidum in famam,
Cic. de off. II, 14, 12.; daher fein Spottiname) und der feines Haufes (in
qvo magnum fuit, Brute, dedecus generi vestro, Brut. 34.). Bei feinen
Anflagereden war er leidenſchaftlich und bilfig (in dicendo vehemens et
callidus, @ic. pro Cl. 51. veh. et molestus, Brut. 34.). Er gab file au
gefcärieben heraus und Cic. ſah noch welche (pro Font.13.). Beſchimpfend
war für ihn in den Augen der Nömer, daß er magistratus non petivit (Brut.
34.) und nunqvam castra vidit (de or. 1. 1.).
17) D. Junius Brutus Gallaecus ober Callaicus (weldes
beides bei richtiger Ausſprache des Diphthongen kaum ſich unterfcheiden lieh),
M. (14) filius (Eic. Brut. 28. in.), Freund des Dichters 8. Attius (ib.
pro Arch. 11.), et dicere non inculte solebat et erat qvum literis latinıs
tum etiam graecis ut temporibus Hlis eruditus (ib., vgl. de Legg- II, 21.
Val. Mar. VIII, 14, 2.). Coſ. im 3. 138 (616 d. ©t.) mit BP. Scipio
Nafica Serapio (Brut. 22, 85. de Legg. III, 9, 20. %rontin. strat. IV,
1, 20. 2iv. ep. 55.). Beide wurden durch den Volkstribun Curiatius ins
Gefängniß geſetzt (Cic. deLegg. 1. 1.), weil fie fih weigerten, den Tribunen
die Exremtion eines Zehntheils der Ausgehobenen zu geflatten (Liv. 55., nad
Dal. Mar. IH, 7, 8. weil fle nicht im Senat auf Getraidekauf antragen
wolten). No in demſelben Jahre übernahm er das jenfeitige Spanien.
Er wies denjenigen, welche unter Viriathus gedient, jebt aber die Waren
niebergelegt hatten, Xändereien und die Stadt Valentia an (Liv. 55.). Luſi⸗
tanien burcäflreiften, von Bir. ermutbigt, Räuberhorden, mit denen Fein
regelmäßiger Kampf möglih war, doch wurde Br. mit einem Schelle der:
felben fertig (App. Hisp. 71.). Gr rüdte (618) bis an den Zluß Lethe
(formidatum militibus, &lor. 11, 17,12. vgl. Liv. 55.) oder Oblivio (Obe⸗
fivion? Strabo III, 153., jebt Lima) vor (App. ib. 72. Xiv. 55. Plin.
H. N. IV, 35.) peragratoqve victor Oceani litore non prius signa converlit
qvam cadentem in maria solem obrutumqve aqvis ignem non sine qyodam
sacrilegii metu et terrore deprebendit (Flor. I. I.). Im J. 619 rieb er
die Gallaifer, welde in großer Anzahl ih ihm entgegengeflellt Hatten, fafl
ganz auf (Bor. I. I. Liv. 56. Oroſ. V, 5.), feierte deshalb fpäter einen
Triumph (Gic. p. Balb. 17, 40.) und erhielt den ehrenden Zunamen Gal-
laicus (Gic. ib. und Schol. Bob. p. Arch. p. 359. Or.). Ebenſo beflegte
er nad bartnädiger Gegenwehr (auch die Weiber fochten mit) die Bracarın
(App. 72.) und die Talabrigen (ib. 73.). Livius Ep. 59. extr. berichtet
_ - unit 412
von ibm, daß dr dem Eof. Semprenius zum Sieg gegen die Japhden vers
bolfen Habe, und Appian. Hisp. 80., daß er dem Aemilius Leptbus in das
dieffeltige Hifpanien zu Hilfe og Seinen Triumph (de Gallaecis at Lusi-
tanis) bielt er in bemfelben Jahre (132 — 622) wie Scipio (de Numanti-
nis), vgl. Cutrop. IV, 8. Plut. Tib. Grasch. 21. Die Beihuldigung ber
Habgier (Dal. Mar. VI, 4. extr.) war wenigflens infofern nicht begründet,
als er dad Erbeutete nit ausſchließlich für fich felbft verwendete. Er erriche
tete davon Tempel und andere Öffentliche Bauwerke und brachte an den Ein»
gängen Infäriften aus Attius’ Gedichten an (Cic. pro Arch. 11, 27. vgl.
Schol. Bob. 1. 1.). Gr war auch Augur (Cic. Lael. 2, 7.). Seine Frau
hieß Clodia (Cie. ad Att. XII, 22., vgl. Drumann IV, ©. 8. n.39.). Sie
hatten außer einer Toter, Junia, welche mit C. Gracchus vermählt war
Blut. Tib. Gr. 21.), einen Sohn (f. Cic. ad Att. XII, 22.):
18) D. Junius Brutus, D. F. M. N (Fasti cap. a. 676.), wohl»
unterriddtet wie fein QBater (homo et graecis doctus literis et latinis, Gic.
Brut. 47.), im 3. 100(654) in der Saturniniſchen Bewegung auf der Seite
der Gonfervativen thätig (Salufl, bist. I, 15. Cic. p. Rabir. 7, 21.). Er
war Bärge für P. Junius (oben 11) bei deſſen Bauunternehmung (Cic.
Verr. I, 55, 144. 57, 150.). %of. war er im I. 77 (677) mit Mamercus
Lepidus (Gic. 1. U.). Die carilinarifche Verſchwörung erlebte er noch, obne
aber darein verwickelt zu ſeyn, abgleid feine Gemahlin Sempronia Mit⸗
wifferin war (Sal. Cat. 24 f. 40.). ine Charakteriſtik derſelben gibt Sal,
Cat. 25., worin es 3.8. beißt: multa saepe virilis audaciae facinora com-
miserat .... . genere atqve forma, praeterea viro alqve liberis (wir kennen
nur Gin Kind von ihr) satis fortunata fuit: literis graecis atqve latinie
doeta: psallere et saltare elegantius qvam neoesse est probae .. .’POss6
versus facere, iocum movere, scrmont uti vel modesto vel molli vel
procaci. prorsus multae faceliae multusqve lepos inerat. sed ei cariora
semper omnia qvam decus alqve pudicitia fuit. pecuniae an famae minus
parceret haud faoile discerneres. Folgt eine Aufzählung ihrer Verbrechen.
In ihrem dem Forum nahe gelegenen Haufe verfammelten fi in Abweſen⸗
beit ihres Mannes die Verſchwornen (ib. 40.) Aus ihrer Ehe mit Brutus
entfprungen war wobl der minder berühmte von ben beiden Bruti, welche
unter Caͤſars Mördern waren, nämli
19) Decimus Junius Brutus, D. F. D. N., von U. Boftumius
Albinus (Eof. 655) adoptirt, daher Albinus genannt (Dio XLIV, 14.
Put. Brut. 12. Caes. 64. 66. Anton. 11.), von @äfar (b. gall. III, 11.
vu, 9. 87.) adolescens genannt (I. 698 ff.), alfo nach 670 geboren, unb
zwar wohl am Anfang des Mai (der am 25. oder 27. April bei Mutina
erfochtene Sieg wurde zu Nom an Brutus’ Gehurtätag gemeldet, ic. ad
Fam. XI, 14., und eine Ähnliche frühere Nachricht hatte ſechs Tage gebraucht
bis Nom, vgl. Cic. Phil. XIV, 5.; falſch nennt tier angebl. Cic. ad Brut.
I, 15. ven Siegestag felbft jeinen Geburistag). Cäſar gab ihm in Gallien
Gelegenheit, fih in der Kriegskunfl zu üben. Im I. 698 übertrug ihm
verfelbe das Commando feiner Slotte im Kampf gegen die Veneter (b. g. HI,
11.), befonders wichtig bei der großen Seemacht verfelben (ih. 12.). 220
Schiffe (ib. %4.), von vorzüglider Feſtigkeit (ib. 13.), ſtellten ſich ihm ent»
gegen: ex ließ durch Sicheln an fangen Stangen ihe Tauwerk zerfchneiben,
enterte fie dann und gehoben durch die Gegenwart nes Landheeres (ib. 14.),
trieben die Hömer die feindliche Flotte in die Flucht, als ploͤtzlich Windſtille
eintrat, fo daß ſich diefe nicht von ber Stelle bewegen konnte und nun im
Einzellamupf unterging. Nur wenige Shiffe vetteten ſich bei Ginbruch der
Nacht (ums 10 Uhr Hatte Der Kampf begonnen) and Ufer (ib. 15.). Diefe
Bazlı, Reıtüscyion. IV. 33
314 Sant
Seeſchlacht (im Meerbufen von Morbihan) entſchied ben Krieg (ib. 16.).
Im 3. 702 befehligt Br. eine Abtheilung Fußvolk und Reiterei, welche die
Aufmerkſamkeit des Bercingetorir vertbellen fol (Cäſ. b. g. VII, 9.) Aug
bei der entfcheipungsreichen Belagerung von Alefla fpielt er eine Rolle, und
befebligt ſechs Gohorten vorübergehend (b. g. VII, 87.). Im I. 704 finnen
wir ihn in Rom und Gölius meldet dem Gicero (ad Fam. VI, 7.) unte
andern incredibilia: Paulla Valeria, soror (P. Valerii) Triarii, divortium
sine causa, qvo die vir e provincia venturus erat, fecit. Nuptura est D.
Bruto.’ Vgl. ib. XI, 8 Schon im folgenben Jahre erſcheint er im Bürger
triege, Eäfars Flotte vor Daffilien befehligend (Cäſ. b. c. I, 36. Die
XLI,19.). Trotz ungünftiger Verhaͤltniſſe (Cäf. b. c. 1.58.) und der nume
riſchen Ueberlegmheit (ib. 56.) ſeines Gegners, des 2. Domitius (ſ. Bo. II.
©. 1214.) und der Tapferkeit der Mannſchaft vefielben flegte Br. durch die
Auserlefenbeit feiner Truppen und ihre Erfahrenheit im Seefampf (ib. 57.)
über feine Gegner (ib. 58. vgl. Liv. 110. Flor. IV, 2, 25. Dio XLI, 21.
Sucan. III, 509—762. Gidon. 23, 16.). Diele Berbienfte belohnte Eäfar
daburd, daß er ihm im 3.706 die Verwaltung des trandalpiniſchen Gallien
übertrug (App. II, 48.) und 708 von Neuem, wo er, als Legat Eäfars,
eine Empörung der Bellovaken unterbrüdte (Xiv. 114.). Bei feiner Rückkehr
aus Spanien (709) zeichnete Gäfar ihn dadurch aus, daß er ihn nebft M.
Antonius und DOctavian in feinen Wagen aufnahm (Put. Ant. 12.). Im
teinem Teflamente vom 13. September ſetzte er ihn mit Andern zum Bor:
münber des Dctavian und zweiten Erben ein (Die XLIV, 85. App. IT, 143.
Suet. Caes. 83. Plut. Caes. 64.), beflimmte ihm aud das cisalpiniſche
Gallien, und für pas I. 712 das Gonfulat (@ic. Phil. III, 1. adFam. XI,
4f. Bel. TI, 60, 5. Guet. Oct. 10. Flor. IV, 4, 3. Blut. Brut. 19.
App. IH, 98. Dio XLIV, 14. XLV, 9.). Nicht dieſe Bunflbezeugungen,
auf die ſich Br. einen Anfprud erworben hatte dur das was er im Dienfle
Caſars getban, aber das rüdhaltslofe Bertrauen (Put. Brut. 12., vgl. Apr.
HM, 115.) und die Liebe, bie ihm Cäfar ichenkte (Dio XLIV, 14. 18. Bel.
IH, 64, 2. heißt er primus omnium amicorum) laffen «8 als unverantwort-
lich erfeinen, daß fich Br. zu Cäſars Meucelmörbefn geſellte. Als Gafftus
und Labeo ihn zur Theilnahme an der Verſchwörung bereden wollten, gab
er ihnen keine Antwort; erſt als er mit M. Br. ſprach und hörte, daß er
an der Spitze ſtehe, ſcheint ihn das ähnliche Verhälmiß von dieſem zu Cäſar
und die Ueberzeugung, da demnach die Sache wirkliche Pflicht ſei, zum
Beitritt beſtimmt zu haben (Put. Brut. 12.). Nun war er ſogar fo treulos,
ale Cäſar an dem verhängnigvollen Tage Anftand nahm, die Gurie zu be⸗
ſuchen, im Auftrag der Verſchwornen feine Einwendungen zu befeitigen und
ihn zum Kommen zu beiwegen (Dio XLIV, 18. App. 11, 115.). Wegen
biefer erſchwerenden Umftände traf ihn in befonberem Maaße ver Yorn der
Gäfarianer, Eic. Phil. X, 7, 15.. Nach Caãſars Ermordung beftätigte ber
Senat ausdrücklich veffen Verfügung Über die Provinzen, und Dec. Br. gieng
daher vor der Mitte Aprile (Cic. ad Aut. XIV, 13.) in feine Provinz ab,
nachdem er vorher durch Antonius’ Drohungen fi fo fehr hatte einſchüchtern
lafien, daß er nur eine legatio libera begehrte, ut aliqva caussa proficis-
cendi honesta qvaereretur (Gic. ad Fam. XI, 1.) Nun fand er mit
drei Legionen (App. IT, 6. vgl. IT, 124.) und vielen Gladiatoren (vgl.
Plut. Brut. 12.) in ber Nähe von Rom, unterflükt von feiner Brovin;
(Gic. Phil. IH, 15. V, 13. XII, 4.), befonders den Transpabantın (Gic. ad
Fam. XII, 5.); aber er war für feine Partei unihätig (daher Cassius De-
cimum graviter accusabet, ic. ad Att. XV, 11.). Nur für felne Berfon
forgte er: progressus sum ad Inalpirios cum exercitu, non tam nomen
imperatorium captans (biefen nahm er nämlid) au), qram copiens militibus
%
satislacore firmosgve eos ad tuendas nostras res ellicere... cum omalulı
bellicosissimis bellum gessi, multa castella cepi, multa vastavi (ad Fam.
XI, 4.). Daher begehrte er vom Senat ein Siegesfeſt und Gicero’s Unter⸗
ftühung dabei (ib., vgl. Phil, VI, 3.). Bald aber ließ fi Anton. zuerft
vom Senat Makedonien, dann anftatt befien vom Volk (App. III, 80.), weil
der Senat es abſchlug (ib. 27.), die Provinz des D. Br. übertragen, unb
dieſem dafür Makedonien mit Ausnahme’ des dort flebenben Heeres, das Ant.
befam (App. IT, 30. extr.). Br.. aber erließ, von Cicero aufgeſtachelt (ad
Fam. XI, 5.), ein @bict, se provinciam Galliam retenturum in
Populigve Romani potestate (Gic. Phil. III, 4. App. III, 45 fj.), welches
am 20. Dec. in Mom veröffentlit wurbe (ad Fam. XI, 6.), und in Bezug
auf welches Cicero an demfelben Tag (ib.) beantragte, senatum existimare,
D. Brutum .... . optime de rep. mereri ... . qvodqve provinciam... . retineat,
id eum.. . recte atqve ordine exqve rep. focisse et facere (Phil. III, 15.
App. II, 51.), was geſchah (qvod ille beilum private consilio susceperat,
id vos auctoritate publica comprobastis, ib. V, 11.).. .Br. fammelte ein
Heer (ib. 13.), woſür Gicero ihm wieder eine Belobung. beantragte (ib.).
Bortmährend fpornte ihn dieſer auch Griefli (ad Fam. XI, 6. 7. 8. 1
15. 18. 21. 24 f.) an, do ja nit auf den Senat zu warten (voluntas
Senatus pro auctoritate haberi debet, qvum auctoritas impeditur metu,
ib. 7.) und Ant. unermüdet zu befämpfen. Anton. batte ihm eine Krift an⸗
beraumt, innerhalb der er die Provinz zu verlaffen Habe und gewann einſt⸗
weilen die Städte für ſich (App. IH, 49.); Br., befürchtend ausgeſchloſſen
zu werben, that ald ob er in Folge Senatsauftrages Rom zuzöge und kam
ſo unaufgehalten bis Mutina (ib., im Dechr., ad Fam. XI, 6.), warf fi
unverfebens in die wohlbefeſtigie und mit allen Bedürfniſſen reichlich verfebene
Stabi und züftete ſich auf eine Iangwierige Belagerung (App. ib.). Wirklich
lam au Unt. noch in demſelben Monat und belagerte bie Stabt (App. ib.
extr. Cic. Phil. V, 9. 10. VII, 5. extr.); eine Genatöbeputation forderte
ihn auf, davon abzufleben (Gic. Phil. XIE, 9., vgl. App. IH, 61 f.*).
Er weigert ſich, unterhandelt, gewinnt Zeit, verkärkt ſich; der Senat erklärt
gegen Antonius nicht Krieg, ſondern nur tumultus (Drumann I. S. 255.),
Ant. feht die Belagerung den ganzen Winter über fort und bringt den Br.
durh Angriffe, Hunger und Geldmangel in große Gefahr (Drumann 1.
289—291.). Octavian (Drumann I. 291 f.) und Hirtius (ib. 292.) fehen
ſich gegen Ant. in Bewegung, bleiben aber wegen ber Iahrözeit und Panſa's
Rüſtungen unthätig; aber da die Noth in Mutina flieg (Die XLVI, 35 f.
App. III. 65.) und Panfa noch immer zögerte, fo rüden Hirt. und Octav.
nad Bononis und Forum Ballorum vor und treten mit den Belagerten in
Gorrefpondenz (Drum. 1. 293.). Anton. beflegt fie in einem kleineren Treffen
(Drum. I. 296.). Endlich gegen Ende des März brach P. mit vier Legionen
son Rom auf, kam am 14. April nad Bononia und glei am 15. entſpann
A eine dreifache Schlacht, worin das Heer des Ant. und bed Panfa zur
— — — ——— — — — * — — — —— — —————————— — —— — —
® Appians tendenziöfe (monarchiſſiſche) Darſtellung verraͤth ſich bier durch die
Fiction, Eic. babe bie Juſtruction der Geſandten feinbfeliger abgefaßt, als es im
Giume des Senaté ing. und bierfiber erbittert habe Anton, eine entſchleden ableh⸗
nende und drohende Untwort gegeben. If aber jene Werfälſchnug am ſich ſchon
nunwahrſcheinlich, fo wird Applaus Ungabe noch anöbrikkiich wiberlegt durch Eicero’6
Darfielung bed Erfolgs der Geſandtſchaft: non audivit, non respondit, neqve
eon solam praesentes (die Befandten), sed multo magis nos a qvibus erant missi
sprevit et pro nihllo putavit (Phil. XII, 9.); ebenfo dutch alle Abrigen
Angaben Über die Antwort des Antonius, ſ. Drumann 1. S. 250, 252f. Tr nahm
Beine A von ihrer Unmefenheit, ſondern ſegte vor ihren Augen bie Belagerung
fort, Ge, Phil. VIII, 7.
Häbkte aufgerieben, Panſa töbtli verwundet iwurbe (Drum. I. 297—881.).
Da außerdem Dct. das Lager glücklich vertheidigt Hatte, fo fah die Senat»
pariei das Ganze als Sieg an und nun erſt wurbe Ant. für hostis erflär
und ihm damit förmlich Krieg angekündigt, ſ. Drum. I. 306. n. 84. Be
der etwa am 25. April gelteferten Schlacht bei Mutina, worin Hirt. flel umb
die dem Ant. zum Abzug nötbigte (Drum. I. 307 f.), war Br. blofer Zu-
fhauer (Dio XLVI, 40., vol. Flor. IV, 4, 4. Gic. ad Fam. XI, 18.
irrthũmlich behanptet der angebliche Cic. ad Brut. I,4., er habe einen Ausfall
gemadit). D. Bruto qvod alieno beneficio viveret decoretus triumphus, Bel.
I, 62, A., vgl. Liv. 119. Dio XLVI, 40. Son. X, 15. (vorläufig eigentlich
nur eine Bupplication, Drum. I. 320.); auch wurbe Ihm der Oberbefehl
über das Heer der Cofſ. Übertragen, Div I. 1. App. IIE, 74. Die Be
gegnung zwiſchen Oct. und Br. nach ver Schlacht Hat App. II, 78. mit
menariftifcher Phantafle ausgemalt, vgl. Drum. I. 309 f. Im Gegentheil
fagt Br. (ad Fam. XI, 13.), fein anfängliges Mißtranen gegen Octav. fei
dur feine Zufammenkunft mit ihm gehoben worden (wiewohl bie Andeutung
ib. 10., qyantam cupiditatem hominibus iniiciat vacuitas, nänlid des Eon-
ſulats, ſich fiher auf Det. bezieht, vgl. ib. 15.). Unangenehm war ihm
nur, daß Det. auf feinen Vorfchlag, über den Apennin zu ziehen, nicht ein»
sing, (ib. 10.. vgl. 20.). Br. Hatte fieben Legionen, deren Unterhalt ihm
ſchwer fiel (ib., vgl. 19. tirones egentissimi), aber Feine Neiterei, daher er
au den Ant. zu verfolgen unterließ (ib. 13.), was ihm Eic. (ib. 12.) zum
Vorwurf madte. Er ließ dem Ant. einen Vorſprung von zwei Tagen (ib.
43.) und Hatte im Sinne, ihn Über die Alpen zu treiben (ib. 9., vgl. App.
IN, 81.). Bom Fuß der Alpen aus ſchreibt er am 25. Mai (ad Fam.
XI, 20.): Ego nisi valde necesse fuerit, ex Italia non excedam. Legiones
armo, paro. Aber am 29, Mat vereinigte fih Anton. mit M. Lepious;
‚8 Plancus, Statthalter von Gallien (außer Rarbon.), ließ zwar Im Juni
m Heer des Br., ging aber bald zu Ant. über, mie fon früher Aſinius
Bottio „Befehlshaber im jenfeitigen Spanien, vgl. Br. I. &. 363. 860.
Drum. I. 347— 357. Andererſeits hatte inzwiſchen Det. in Rom fämmtliche
Mörder Käfars veruriheilen Iaffen (Drum. I. 338—840.), au den D. Br.
Ziv. 120. Dio XLVI, 33.). So von zwel Geiten gebrängt wollte er zu
. Br. nad Makedonien ziehen, aber die Befchwerlichkeit und Ränge (megen
Der Ummege) des Marfches machte, daß ſechs feiner Regionen zu Oct. über-
gingen, die vier andern zu Ant. (App. II, 97.). So gefhwädt mußte er
son den Salafflern die Erlaubniß zum Durchzug erfaufen (Strabo IV, 205.
vgl. App. Niyr. 17.). Mit einer Leibwache von 300 gall. Meitern kam er
an ben Rhein, wo ihm nur zehn blieben, mit denen er, als Gallier ver-
eldet, auf dem türzeflen Wege nach Aquileia zu floh (App. b. c. HI, 97.).
Gr wurde aber in den Alyen ergriffen und vor den Häuptling Camillus,
feinen Baflfreund, ‘gebracht, der dem Ant. feinen Bang anzeigte (App. TIT, 98.
Dio XLVI, 58. Bel. II, 64, 1.). Dieſer fandte Meiter unter Furius, ber
ihm durch den Sequaner Capenus den Kopf abfchlagen ließ, melden er dem
Ant. überſchickte (App. 98. Liv. 120. Vell. 1. 1. u. 87, 2. Aur. Vict.
de vir. ill. 85.). Nah Dio XLVI, 53. legte er fih vorher aufs Bitten;
Bal. Dar. IX, 13, 3. und Seneca Ep. 82. erzählen fogar: cum perituras
qnorlis moras qvaereret, ad exonerandum ventrem secessit ete. Großen
Muth wenigſtens hat er feit Eäjard Ermordung nie gezeigt; Blut. Br. 12.
nennt ihn ardon ovR Orte Derınv ovöR Oappareor, mad durch feinen Brief
bet Gic. ad Fam. XI, 1. befätigt wird, mo er glei$ von Auswanderung
fprit (ogl. ib. 20.); auch feine Unthätigfeit in Mutina gehört bieher, und
Werzagtheit mirft ihm ſelbſt Cic. wor (ib. 18.). Bür fein Berhäfmmiß zu
dieſem if charakteriftifh ib. 27., worin Cic. 3.8. fagt: qrantam memorie
. Santi | s
repetere praeterita possum, nemo est mil te amicus antigvior (9). Dilext
te qvo die cognovr... Tuum erga me animum agnovi multis annis ante
bellum civile qvum Caesar esset in Gallia. #Bolgt eine Aufzählung der
GBefälligkeiten des Br. gegen ihn und bie Schilderung: omnia me tua de-
lectant, sed maxime maxima qvum fides in amicitia, consilium, gravitas,
eonstanlia, tum lepos, humanitas, literae. Auf feinen Antrieb babe
er die Tusculanen geſchrieben. — In Bezug auf fein Vermögen fagt Br.
fel6R (ib. 10.): qvum ad remp. accessi HS mihi fuit qvadringenties am-
plius, er babe es aber Im Kriege Alles aufgebraucht und no Schulden machen
en
) M. Junius Brutus, Prätor im I. 88 (666 d. St.), über
bradte als folder dem Coſ. Sulla nah Nola den Befehl des Senats, nicht
weiter gegen Rom vorzurüden; aber Inhalt und Form des Befehls erbitterte
das Heer des Sulla fo, daß Br. und fein College P. Servilius unter Miß⸗
handlungen AG zurüdziehen mußten (Plut. Sull. 9.). Der PBrofeription
entflod Br.; als aber Sulla aus Aflen zurückkehrte und bie Marlaner unter
fagen, M. Br. a Cn. Papirio Carbone, qvi Cossyram appulerat, missus
nave piscatoria Lilybaeum ut exploraret an ibi Pompeius esset, et circum-
ventus a navibus qvas Pompeius miserat, in se mucrone verso ad transtrum
navis obnizus corporis pondere incubuit. Liv. Epit. 89. in., vgl. Oroſ. V, 24.
21) L. Junius Brutus Damasippus (ber Zuname Br. iſt nur
durch App. b. c. IE, 88. im Zufammenhang mit 92. verbürgt, fonft wird
nur Dam. als fein Zuname genannt; einen andern Damas., diefer gens f.
Wr. 11. ©. 1319.), ließ als Prätor im I. 82 (672 9. St.) auf Befehl des
Gof. Marius, welcher von den Sullanern in Pränefle belagert wurde, bie
angefebenflen Senatoren in ver Gurte felbft (den Pontifer Mar. O. Muclus
Scävola fogar am Vorplatz des Veſtatempels) ermorben, Liv. 86. Gic. ad
Fam. IX, 21. Brut. 90. de orat. III, 3. de nat. D. III, 82. Gall. Cat. 51.
Dell. TI, 26, 2. Bal. Mar. IX, 2,3. Lucan: II, 126 ff. tor. IE, 21, 20.
Drof. V, 20. Aur. Vict. de vir. ill. 68. App. b. c. 1, 88. Diod. Ste.
fr. I, 38 f. Augufl. C. D. III, 28. Bei Sulla's Annäherung begab er ſich
nad Gtrurien zu Garbo, welcher ihm den Auftrag gab, mit zwei Legionen
und den italiſchen Bundesgenofien Präneſte zu entſetzen, mas ihm aber nicht
gelang (App. I, 92.). Garbo entfloh nah Afrika, die Italer aber (und D.
mit ihnen) rädten vor Mom, wohin ihnen Sulla nadeilte. In der (Anfangs
Nov.) bier gelieferten Schlacht fiel D. (Die fr. 135. Sal. Cat. 51.). Sein
Kopf wie der anderer erichlagenen Beloherren wurde als Siegeszeichen um
die Mauern von Pränefte getragen. Vgl. Drumann IV. ©. 49.
22) M. Junius Brutus, Vater des gleihnamigen Mörbers des Gäfar
(Eile. Brut. 62. Blut. Pomp. 16. Brut. 4. App. II, 111. on. X, 2.).
Er Rand im Bürgerkrieg anf ber Seite des Marius und wurde 83: (671)
Bolkdiribun (Cic. p. Qrint. 20, 69.). Als folder machte er den Antrag,
eine ſtarke Eolonie nah Capua zu ſchicken, wodurch eine Menge Volks ver-
forgt worben wäre und Gapua ein Waffenplatz murbe; er wurde genehmigt
und 2. Gonfldius und Sert. Saltius gingen als Führer dahin ab; aber bie
Golonte hatte keinen Beſtand (Gic. de leg. agr. 11, 34, 92.), und Eic, nennt
als Optimat die ganze Unternehmung ein scelus (ib. 36, 98.), einen ver-
rüdten (furor, ib. 34, 92.) Berfuh, Rom nah Gapna zu verießen (ib.
33,89.). Als Sulla aus dem mithridatiſchen Kriege zuräd In Italien anfam
(3. 83 — 671), Hatte Br., C. Colius Caldus und E. Albius Carrinas
den Sullaner Pompejus umflellt; aber diefer warf fi allein auf Br. und
ſchlug ihn in die Flucht, ehe die beiden andern Marianer ihm zu Hilfe kamen
(Plut. Pomp. 7., vgl. Bd. IE ©. 477, 3.). Nah Sulla's Tod fand Br.
mit Truppen fur cidalpiniſchen Gallien, ohne ſich mit Lepidus zu vereinigen
me Bunit
Bon. X, 9. Bell. I, 52, 3 f.). In I. 707 reidie er Eſar GENE (in
Bithynien) entgegen -unb verwandte fi mit großer Lebhaftigkeit, wiernohl
vergeblid , bei ihm für feinen Freund Delotarus (Sic. ad Att. XIV. 4. Brut.
5, 21. Dial. de oratt. 21.). Obwohl Br. noch nit Bräter geweien war,
übertrug ibm Cäſar do im I. 708 Gallia cisalpina, das er annahm um
zur Zufriedenheit veſſelben verwaltete (Blut. 6. extr. App. b. o. I, 111.
@ic. Brut. 46. ad Fam. VI, 6, 10. XII, 10—14.). Nach Rom zurüũck⸗
gekehrt fpricht er dur WUtticus’ Vermittlung den Cicero (ad Att. XIII, 4.
d. 7.) und richtet unter Anderm an ihn ehren Brief, worin er aud eigenem
Antrieb das Gerücht widerlegt, als habe Cäſar die Ermordung bed Mar-
cellus angefiftet (ad Att. XIII, 10, A.). In derfelben Zeit (Sommer 709)
verftieß Br. feine Brau obne einen andern Grund, ald meil er die Borcia
heirathen wollte (Cic. ad Aut. XIII, 9.: divortium non probatur; 10.).
Br. gebt dem Gäfar bis Ballen entgegen, in Bezug worauf Glc. (ad Atı.
XIII. 39.) f&reibt: non inde venit unde mallem, und (40.): verebar ne
etiäm Brutus eum (Caesarem) diligeret. Auch beklagt er ſich (39.), daß
ec nullam literam an ibn geichrieben. Im I. 710 (44) wurde er dur
Cäfar Brätor und zwar urbanus, worauf Caffius ein Recht zu haben glaubte,
der daher dem Dietator grollte (Plut.7. App. II, 112. vgl. Gic. Phil.X, 3.
ad Bam. XI, 2. 3. Vell. II, 58. Die XLIV, 12. 15.). Makedonien mar
ihm von Gäjar ald Provinz zugedacht (App. III, 28. IV, 57.), und für das
3. 713 Hatte er Ausfiht, Coſ. zu werden (Drumann IH. 682.). „Aus dem
- Allem geht hervor, daß er Jahrelang die Dictatur ertrug ohne au nur ein
Mißfallen daran zu äußern, daß er im Gegentbeil jede Gelegenheit benützte,
bem Herrſcher zu buldigen und nit an der Republik au freveln glaubte,
wenn er deſſen Gunſtbezeugungen annahm“ (Drum. IV. 29.). Erſt der
Gedanke an mögliche Eonfequenzen biefer Michtung ſcheint ihn auf eine andere
Bahn gebracht zu haben. Wenigftend war e8 (nad Blut. 10.) vornämlich
das Schredbiln des regnum, wodurch Eafflus den Zögernden für die Vers
ſchworung gewann. Mehrere nämlich, welche Gafflus zum Beitritt auffor⸗
derie, machten zur Bedingung den Anſchluß des M. Brutus, als eines Na⸗
mens von gutem Klange (Blut. 10.), und fo fol auch Dec. Br. erſt auf
die Nachricht, daß au M. Br. dabei fei, beigetreten feyn (Plut. 12.). Eafl.
faßte ihn daher bei feiner Speologie und feiner Bitelfeit, um ihn zu gewinnen.
Die wirklide Verwandtſchaft mit Cato (Div XLIV, 13.) und die angeblide
mit dem Vertreiber der Könige (Blut. 10. App. 11, 113.) wunde benügt,
. und Infäriften und Zetteldden wie: „Ach hätten wir doch wieder einen Brutus!
(Suet. Caes. 80.). Brutus ſchläfſt Du? Du bit nit Brutus (Put. 9.
Caes. 62. Div XEIV, 12.). Brutus, Du biſt beſtochen. Brutus, Du biſt
tobt” (App. II, 112. Bon. X, 11.) verfolgten ihn überall bin. Den Sinn
deutete ihm Caſſius; aber erft ald diefer ihm vorſtellte, als Magiftrat werde
man ihn nöthigen, über den beabfichtigten Königstitel für Cäſar auch feine
Stimme abzugeben, beflimmte ihn die Erwägung, wie ſchwierig es ſeyn
werde, fi dagegen auözufprechen, zum Beitritt zu der Verſchwoͤrung. Das
Ergebniß verfelben, die Ermordung Gäjard, iſt ein poluiſch einfältiger unb
menſchlich nieberträchtiger Banditenſtreich; aber allgemein gibt man zu, daß
die Motive bei M. Brutus die relativ ehrenwertbeften waren.* Bon Heinlid
perfönliden Gründen war bei Ihm feine Spur; er hatte won Caſar nur
Gutes erfahren, fein Haß gegen ihn war ein rein fachlicher (Plut. Br. 8. 29.
Comp. c. Dione 3.). Aber feine Thellnahme an der feigen und rohen Weiſe,
* „Durch die Finmifhung dieſes Brutus erhält das Unternedmen eine eigen:
thümiiche Sarbe, fo eitda wie dad Sehen des Banditen in Itallen durch bie Nurufung
ber Heiligen und ben Rofentraug,” Drumanı Il ©, 723.
Zumal Ri.
wie ber Beſchluß vollzogen wurbe, erſcheint darum in keinem milderen Liihte.
Ein ganzer Haufen Menſchen verfämädrt fih,- um einen einzigen Mann an |
einem Orte und zu einer Zeit, wo er wehrloß fei, todtzuflehen, und fie
thun e8 auf eine fo brutale Weile (Inowöns, App. II, 147.), als hätten
fie einen räudigen Hund abzuſchlachten. (Unter 23 Wunden war nur Gine
tödtlich, Sueton. Caes. 82. So groß war der Eifer der Ginzelnen, ihren
Muth zu zeigen, daß fle mit den Dolchen einander ſelbſt trafen, „App. I,
117. 122., und namentlid M. Br. in die Hand verwundet wurbe, Blut.
Br. 17. Nach App. I, 117. ſtach Br. den Gäfar in die Hüfte.) Hoch⸗
tragif$ war Caſars Benehmen Brutus gegenüber: als ſchon eine Dienge auf
ihn looſtach, blickte er ringe um ſich, um ſich durdzubrängen; wie er aber
den Br. wider fich ziehen fah, verküllte er fein Haupt und gab ſich wider⸗
ſtandelos den Stichen Preis (Blut. Br. 17.). Daß er xal od TEnr0r ges
jagt babe, iſt eine minder beglaubigte Tradition (vgl. Div XLIV, 19. Guet.
Caes. 82.). Uebrigend war Br. am Morgen dieſes Tages nit zu deu
übrigen Verſchwornen in das Haus des Caffius gegangen, fondern ging, ben
Dolch unter dem Gewande, allein von feinem Haufe auf dad Forum, wo er
als Prätor Entfheldungen über civiliſtiſche Streitfragen gab (Blut. 14.),
und zwar mit großer Aufmerkfamfeit und Ruhe (App. II, 115.), ein Bes
weiß theils von dem guien Bewußtfeyn des Br., theils von ber Finbifchen
Gedankenlofigkeit der Verſchwornen in Bezug auf die Folgen der That. Er
war e8 au, der durch ein heiteres zuverfichtliches Gefiht die Andern er⸗
muthigte, obwohl man ihm meldete, feine Frau liege im Sterben (Plut. 15.),
und odgleih es einige Dale fehlen, als ſei die ganze Sache verrathen.
(Blut. 16.). Seiner fentimentalen Naivität verbanfte M. Antonius das
Leben; er mwiderfehte fi dem Plane au Ihn zu ermorden, weil er Hoffte,
der Tob Gäfard werde ihm alle ehrgeizigen Gedanken verleiden (Blut. 18.).
Als die Heldenthat vollbracht war, wollte Br. den Senat anreben, aber
Alles brängte in Todesangſt zur Curie hinaus (Plut. 18. Div XLIV, 20.
App. II, 118.), und die Angſt theilte fh auch dem Volke mit, weil man
nit wußte, wie es weiter geben folle. ber das mußten bie ‚‚Befreter‘’.
ſelbſt nit; in ihrer Unſchuld glaubten fle, fie pürfen nur den Hemmſchuh
der Freiheit entfernen, fo werbe dieſe von felbft die alten Pfabe laufen. Aber:
fie bedachten nit, daß das römiſche Volk nicht mehr was wie zur Zeit bes
erfien Brutus (App. II, 120.). Ginftweilen Tiefen fie dur die Straßen,
gleichſam als Panter und Programm den Namen ded Mannes audrufend,
ben fie nicht hatten einmweihen mögen, weil fle feine Zaghaftigkeit kannten
(Blut. 12.), des Gicero (Phil. II, 12, 28. ad Att. XIV, 1, 2. Dio Gafl.
XLIV,20.). Sie verfiherten das Volk ihrer guten Abſichten, und berubigten
ed dadurch, daß fie Niemandem etwas zu Leid thaten; aber aus Furcht vor
Antonius und Lepidus und ihrer Macht zogen fie mit entblösten Schwertern
und biutigen Händen aufs Capitol (App. II, 119. Dio XLIV, 21. Plut. 18.).
Trotz ihrer Zurufe wollte das Volk gar nicht merken, daß ed ‚‚frei” ges
worden fel; einem richtigen Inflinfte gemäß konnte es ſich eine ſolche That
nur in Verbindung mit Plünderung und Greuel aller Art denken, als eine
ganze Revolution; wie aber nichts Derartige geſchieht, fo werben bie Feigſten
mutbig und nähern ſich dem Gapitole, von wo aus Brutus das Volk haran⸗
guirt. Man revet ihnen zu, herunterzukommen, fie thun es, auf dem Forum
apoftrophirt Br. von Neuem das Boll, es bleibt ruhig, wie aber Cinna
anfängt, auf den Semeuchelten zu fhmähen, wird es wuthend und bie Mörber
müfjen ſich wieber auf das Gapitol flüchten, wo fie die Nacht über Bleiben
(Plut. 18. und im Weſentlichen ebenfo Div und Applın). Am Morgen
verfpzechen bie Mörber den Kriegen des Gäfar, ihnen alle Be regungen
IV. | |
mr Banil
Son. X, 9. Beil. I, 52,3 f.). Im J. 707 reidie er Guſar HIENEAR (in
Bithynien) entgegen -unb verwandte ſich mit großer Lebhaftigkeit, wiewohl
vergeblih, bei ihm für feinen Freund Delotarus (Cic. ad Alt. XIV, 1. Brut.
5, 21. Dial. de oratt. 21.). Obwohl Br. noch nicht Bräter geweſen war,
übertrug ibm Gäjar do im 3. 708 Gallia cisalpina, das er annahm umd
zur Zufriedenheit veſſelben verwaltete (Blut. 6. exir. App. b. c. H, 111.
Cic. Brut. 46. ad Fam. VI, 6, 10. XII, 10—14.). Nah Rom zurüd-
gekehrt ſpricht er dur Atticud’ Vermittlung ben Eicero (ad Att. XII, 4.
d. 7.) und richtet unter Anderm an ihn einen Brief, worin er ans eigenem
Antrieb das Gerücht widerlegt, als babe Cäſar die Ermorbung des Mars
cellus angefliftet (ad Att. XEIL, 10, 4.). Im derfelben Zeit (Sommer 709)
verſtieß Br. feine Brau ohne einen andern Grund, ald weil ex bie Borcia
beiratben wollte (Cic. ad Att. XiIE, 9.: divortium non prebatur; 10.).
Br. geht dem Caͤſar bis Gallien entgegen, in Bezug worauf Sic. (ad Alt
XII, 39.) ſchreibt: non inde venit unde mallem, und (40.): verebar ne
etiäm Brutus eum (Caesarem) diligeret. Auch beklagt er ſich (39.), daß
ec nullam literam an ihn geichrieben. Im 3. 710 (44) wurde er dur
Cãſar Brätor und zwar urbanus, worauf Gafflus ein Recht zu haben glaubte,
der daher dem Dietator grollte (Plut.7. App. II, 112. vgl. Cic. Phil.X, 3.
. ad Fam. XI, 2. 3. Bel. II, 58. Die XLIV, 12. 15.). Makedonien mar
ihm von @äjar ald Provinz zugedacht (App. III, 28. IV, 57.), und für das
3. 713 Hatte er Ausficht, Eof. zu werden (Drumann III. 682.). „Aus dem
: Allem gebt hervor, daB er Jahrelang die Dictatur ertrug ohne au nur ein
Mißfallen daran zu äußern, daß er im Gegentheil jede Gelegenheit benũtzte,
bem Herrſcher zu huldigen und wit an der Republik zu freveln glaubte,
wenn er defien Gunflbezeugungen annahm‘ (Drum. IV. 29.). Erſt der
Gedanke an mögliche Eonfequenzen biefer Michtung ſcheint ihn auf eine andere
Bahn gebracht zu haben. Wenigſtens war es (nad Blut. 10.) vornämlich
das Schreckbild des regnum, wodurch Eafflus den Zögernden für bie Ber»
ſchwoörung gewann. Mehrere nänlih, melde Caſſius zum Beitritt auffor-
derte, machten zur Bedingung den Anſchluß des M. Brutus, als eines Na⸗
mens von gutem Klange (Blut. 10.), und fo ſoll au Dec. Br. erſt auf
die Nachricht, daß auch M. Br. dabei fei, beigeiteten feyn (Plut. 12.). Cafi.
foßte ihn daher bei feiner Ideologie und feiner Bitelkeit, um ihn zu gewinnen.
Die wirklide Verwandtſchaft mit Cato (Dio XLIV, 13.) und die augebliche
mit dem Bertreiber der Könige (Blut. 10. App. HI, 113.) wırrde benügt,
‚ und Infehriften und Zetteldden wie: „Ach hätten wir doch wieder einen Brutus!
(Suet. Caes. 80.). Brutus ſchläfſt Du? Du bit nit Brutus (Blut. 9.
Caes. 62. Dio XLIV, 12.). Brutus, Du bift beſtochen. Brutus, Du biſt
todt“ (App. II, 112. on. X, 11.) verfolgten ihn überall bin. Den Sinn
deutete ihm Caſſius; aber erft als dieſer ihm vorſtellte, als Magiftrat werde
man ihn nöthigen, über ven beabfichtigten Köntgstitel für Cäſar auch feine
Stimme abzugeben, beflimmte ihn die Erwägung, wie ſchwierig es feyn
werde, fich dagegen auszuſprechen, zum Beitritt zu der Verſchwörung. Das
Ergebniß derſelben, die Ermordung Cäſars, iſt ein politiſch einfältiger und
menſchlich niederträchtiger Banditenſtreich; aber allgemein gibt man zu, daß
die Motive bei M. Brutus die relativ ehrenwertheſten waren.* Von kleinlich
perfönliden Gründen war bei ihm feine Spur; er hatte von Cäſar nur
Gutes erfahren, fein Haß gegen ihn war ein rein ſachlicher (Plut. Br. 8. 29.
Comp. c. Dione 3.). Uber feine Theilnahme an der feigen und rohen Weiſe,
* ‚Durch bie Einmiſchung biefed Brutus erhält das Unternebmen eine eigen:
thumliche Farbe, fo eitda wie das Leben des Banditen in Italien durch die Anrufung
ber Heiligen und ben Mofentrang,” Drumann MI. ©, 723.
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Zunti 321
wie der Beſchluß vollzogen wurde, erſcheint darum in keinem milberen Lichte,
Ein ganzer Haufen Menſchen verſchwoͤrt ſich, um einen einzigen Mann an
einem Orte und zu einer Zeit, wo er wehrlos ſei, tobtzuflehen, und fle
tbun es auf eine fo brutale Welle (Inowödo;:, App. II, 147.), als Hätten
fie einen räubigen Hund abzuſchlachten. (linter 23 Wunden war nur @ine
todilich, Sueton. Caes 82. Go groß war der Eifer der Einzelnen, ihren
Muth zu zeigen, daß fie mit den Dolchen einander felb trafen, .Upp. II,
117. 122., und namentlid M. Br. in die Hand verwundet wurde, Blut.
Br. 17. Nach App. II, 117. flag Br. den Cäſar in die Hüfte.) Hoch⸗
tragifh war Cäſars Benehmen Brutus gegenüber: ald fon eine Menge auf:
ihn looſtach, Hlickte er rings um fih, um ſich durchzudrängen; wie er aber
den Br. wider fich ziehen fah, verküfßte er fein Haupt und gab ſich wibers
ſtandelos den Stichen Preis (Put. Br. 17.). Daß er xul ov zEnvor ges
fagt habe, ift eine minder beglaubigte Trabition (vgl. Die XLIV, 19. Guet.
Caes. 82.). Uebrigend war Br. am Morgen dieſes Tages nit zu ben
übrigen Verſchwornen in das Haus des Caffius gegangen, fondern ging, ben
Dolch unter dem Gewande, allein von feinem Haufe auf das Forum, wo er
ale Prätor Entſcheidungen über civiliſtiſche Streitfragen gab (Plut. 14.),
und zwar mit großer Aufmerffamfeit und Ruhe (App. II, 115.), ein Bes
weis theils von dem guten Bewußtſeyn des Br., theils von der kindiſchen
Sedantenlofigkeit der Verſchwornen in Bezug auf die Folgen der That. Er
war es au), der durch ein heiteres zuverfichtlicdes Geſicht die Andern er⸗
muthigte, obwohl man ihm meldete, ſeine Frau liege im Sterben (Plut. 18.),
und obgleich es einige Male ſchien, als ſei die ganze Sache verrathen
(Blut. 16.). Seiner ſentimentalen Naivität verdankte M. Antonius dab
Leben; er widerſetzte ſich dem Plane auch ihn zu ermorden, weil er hoffte,
der Tod GAfars werde ihm alle ehrgeizigen Gedanken verleiden (Plut. 18.).
Als die Heldenthat vollbracht war, wollte Br. den Senat anreden, aber
Alles drängte in Todesangſt zur Curie hinaus (Plut. 18. Dio XLIV, 20.
App. II, 118.), und die Angſt theilte ſich auch dem Volke mit, weil man
nicht wußte, wie es weiter geben ſolle. Aber dad mußten bie „VBefreier“.
ſelbſt nit; in ihrer Unſchuld glaubten fie, fie dürfen nur den Hemmſchuh
ber Freiheit entfernen, fo werbe biefe von’ ſelbſt die alten Pfade laufen. Aber
fie bedachten nicht, daß das roͤmiſche Volk nit mehr war wie zur Zeit des
erſten Brutus (App. II, 120.). Ginftweilen Tiefen fie durch bie Straßen,
gleihfam als Panier und Programm ven Namen des Mannes audrufend,
den fle nit Hatten einmeihen mögen, well le feine Zaghaftigkeit kannten
(Blut. 12.), des Cicero (Phil. II, 12, 28, ad Att. XIV, 1, 2. Dio Gaff.
XLIV, 20.). Sie verfiherten das Bolt ihrer guten Abſichten, und berubigten
es dadurch, daß fie Niemandem etwas zu Leid thaten; aber aus Furcht vor
Antonius und Lepidus und ihrer Macht zogen fle mit entblösten Schwertern
und blutigen Händen aufd Gapitol (App. II, 119. Dio XLIV, 21. Plut. 18.).
Trotz ihrer Zurufe wollte das Bolt gar nit merken, daß es „frei“ ges
worden ſei; einem richtigen Inflinkte gemäß Eonnte es fi eine ſolche That
nur in Berbindimg mit Plünderung und Greuel aller Art denken, als eine
ganze Revolution; wie aber nichts Derartiges geſchieht, fo werben die Feigſten
muthig und nähern fi dem Gapitole, von wo aus Brutuß das Volk haran⸗
guirt. Man redet ihnen zu, herunterzulommen, fie thun es, auf dem Forum
apoflrophirt Br. von Neuem das Bolt, es Bleibt ruhig, wie aber Cinna
anfängt, auf ben Gemeuchelten zu ſchmähen, wirb es wüthend und die Mörber
müflen ſich wieber auf das Gapitol flüchten, wo fie die Nacht über bleiben
(Blut. 18. und im Wefentliden ebenfo Dio und Appian). Am Morgen
verſprechen die Moͤrder den Kriegen bes Gäfar, ihnen alle Berfrogungen
IV. ..
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Doffffben zu erfüllen (Dio ZLIV, 34.), und ber Senat beſchlicht anf Betreiken
yon Antonius, Mancud umb Glcero ben Mördern Amneſtie zu ertheilen;
Antonius und Lepibus fhiden Ihre Söhne als Geiſeln aufs Capitol und nun
wagen ſich die Mörber herunter. Man verſichert fi gegenfeitig ber Freund⸗
ſchaft: Antonius bewirtbet den Caſſius, Lepidus feinen Schwager (Belle.
I, 88. Brut. ad Cic. I, 17.) M. Brutus, Dio XLIV, 23 - 34. App. II,
4240—142. Blut. 19. Dem Vorſchlag des Anton., dad Teſtament Gäfars
Öffentlich vorzuleſen und feinen Leichnam feterli zu beſtatten, widerſetzt ſich
Caſſius, aber Br. verwilligt es (Blut. 20.). Die Folge war die hoͤchſte
Erbitterung des Bolls gegen die Mörver (Blut. 20. App. II, 147.); Ans
auf ihre Käufer fchlagen fle zwar zurüd, verlaſſen aber halb Darauf
Angft bie Stabt (App. II, 148. IV,57. Plut. 21.). In Auttum machen
fe Salt, um die Abkühlung des Volles abzuwarten (App. II, 148. Pit.
21.); Umton. hat die Befälligkelt, ihnen beliebig lange Abweſenheit moͤglich
zu machen (M. Brut. post Caesaris interfeclionem M. Antonio referente
legibus ost solutus, si ab urbe plus qvam X dies abfuisset, Gic. Phil. I,
18, 31.). Das bebenklihe Zufantmenziehen vieler Beteranen in Mom veran-
Laßt ihn und Gafflus zu der Anfrage bei Anton, was dieß für fie zu be
deuten habe (Cic. ad Fam. XI, 2.). Giner groben Antwort des Ant. fegen
fie eime fefle Erwiderung entgegen (ib. 3.), getrauen fi aber nit nach Rom
re gehen. Bielmehr werben bie Iudi Apollinares, welde “Br. zu geben bat,
feiner Abweſenheit in feinem Namen mit Glanz abgehalten (Blut. 21.
App. III, 28. Gic. Phil. II, 13, 31. X, 3, 7. ad Att. XV, 11.12.); boch
bat fi Br. darüber zu ärgern, daß fie ausgeſchrieben wurben: nonis Juliis
(f. Qvintilibus) und wollte Schritte thun, daß wenigſtens der Thierkampf
IH Id. Qvintil. ausgeſchrieben werde (Gic. ad Att. XVI, 4, 1.). Auch ein
Verſuch, bei viefen Spielen eine Bolläbemonflration zu Gunflen ber Mörder
—— mißlang (App. UI, 24.), und nun gab Br. vie Hoffnung
anf Hom auf. Shen im April hatte dem Dolabella das Boll Syrien (App.
HI, 7.) und dann ber Senat dem Antonius Mafedonien übertragen (App.
I, 8.), darauf am 5. Juni (Gic. ad Ati. XV, 9, 1.) zum Erfah dem
Gaffius Kyrene und dem Brutus Kreta als Provinz angewiefen (App. IH, 8.
W, 37. Blut. 19.). Uber da ihre Prätor-Jahr noch nicht zu Eube war,
fo kounten fie neh nit in ihre Provinzen abgeben, unb doch waren fie in
Nom nicht fiber. Der Senat Hatte daher zugleih (9. Juni) bie Auskunft
getroffen, ut Brutus in Asia, Cassius in Sicilia frumentum emendum et
ad urbem miltendam curarent (®ic. ad Att. XV, 9., vgl. App. II, 6.
IV, 37.), welches munus sordidum (Gic. ib. 10.) Gafl. mit Beſtimmiheit
ablehnte, Gic. aber dem Br. anzunehmen rietb (ib. 11.). Geit der Ermor-
dung Gäfars, wodurch ein ihn verdunkelnder Gegner beſeitigt wurbe, hatte
fig Cicero enger an Br. angeſchloſſen (ad Fam. IX, 14,5.; über bas frühere
Verhältuiß beider f. Drumann IH. ©. 652-—-654.), in weldem er den Gin⸗
erblickte, der den status qvo aufrecht erhalten könne (aut nulla erit
„ aut ab isto istisqgve servabitur, ad Att. XIV, 20, 8.). Br. wanbie
oft an ibn mit der Bitte, feiner eigenen Rathlofigkeit zu Silfe zu kommen;
wie fle es hätten machen follen und was Er Alles gethan hätte, wenn
er Mitverſchworner geimefen wäre (ad Fam. XII, 4. ad Att. XV, 4. Phil.
12, 14. u. fonft), fagte er ihnen zwar wieberbolt, wenn fle ihn aber fragten,
was fie jetzt thun fellen, fo machte er ſich entweder über ihre Rathloſigkeit
Infiig (ad At. XV, 29. Bruti ad te epistolam misi: dü boni, qvanta
- ial), ober fagt, er wiſſe fel6f Nichte (ib. 5.), ober weißt eg ben
Leegenben an feine er (Servllia, ib. 10.); jedenfalls aber räth er immer
ug eflin (in Antium, we Br. am 8. Juni eine Berathung mit
und alten Weibern Hielt, mit Tertulle, Porcia, Servilia und Cicero,
s233
ei Sehzterer, von Rom wegzublriben und ben Getraideauftrag anzunnehmen,
ib. 11.) Am 18. Juni 711 ſchreibt Cicero (ad Fam. XI, ds): Brutuns,
qremsdmodum praecipis (D. Brut.), privatis literis ad beilum eommune
vocare non desino. Aus blinden 0 gegen Anton. ſchloß fi Cic. an
DOctavius an, worüber ihm Br. brieflih Worwürfe machte (Plut. 22. vgl.
Br. ad Cic. 1, 4.). Am 15. Juli war Br. noch in Neside, Cassius Naa>
poN (@ic. ad Att. XVI, 3.), Gic. beſchwert ſich aber auch wieberheit über
Brutus' Saumſeligkeit (ib. 4. 5, 3.). Endlih geht Br. ans Mer na
Velia (Blut. 28.), wo Gic. ihn (17. Aug.) no einmal ſpricht (ad Atk
XVI, 7. Phil. I, 4, 9.), und von da geht er (ohne Heer, vgl. Plut. 29.)
nad Athen. Bier wird er von dem Bolt willkommen ge und Bild»
fäulen werden ihm neben Harmodios errichtet (Dio XLVII, 20. Son. X; 1
Auch in Mediolanum war ihm von feiner Verwaltung ber eine errichtet
vgl. Put. Comp. Br. c. D.5.). Er Hörte Hier den Alademiker Theomneſtos
. und ben Beripatetifer Kratippos und ſchien ganz in biefe Studien vertiefh,
Enoarre ÖL ra npocs Tor noAsuor arunontog, Plut. 24. Er zog Wie ie
Athen ſtudirenden jungen Nömer, 3. DB. den jungen Cicero und Yaraz, au
ſich, und fchidte den Heroflrätos nach Makebonien, um das vort .
für den Partherkrieg Caſars gerüftete Heer für ſich au gewinnen, App. HE,
Diut. 4. Roh im Winter trat er offener auf und gewann Selb, ©
und Mannſchaft für ſich (Pfut. 24. App. IV, 75. Bio XLVH, 21.)
verfehmähte bie unbebeutende Provinz Kreta (Dio I. I. App. IV, 37.) unb
bielt die ihm urfprünglicg übertragene, Makedonien, feſt (vgl. Drumanı E
261 f.). deſſen factiſchen Beſitz ihm fpäter der Senat beflätigte (Drumanı K
263— 267.) und Illyrieum dazufügte (App. IV, 58.), auch befahl, daß alle
Präfeeten ſenſeits des ioniſchen Meeres dem Br. und Gaff. gehotchen foller,
App. II, 63. extr. IV, 98. Dio XLVII, 22. Br. 309 durch Boiotien (App.
IV, 75.) nad Thefſalien, wo ihm die noch zurückgebliebenen Pompeianer
zufielen, auch ein veichgefülltes Arfenal und Relterei, bie nad Aflen beflimurt
war (Blut. 25. Diol.i.). Hortenflus übergab ihm Makedonien (Plut. 29.).
Schon rüfte aber C. Antonius, dem neuerdings Makedonien als Rrovim
angemwiefen war, Cic. Phil. III, 10, 26., von Stalien aus heran gegen Cpi⸗
damnus und Apollenia, um feine Anfprüde auf Makedonien zu verfechten.
Aber trog ver ungüunfligen Witterung (Plut. 25) flegte Br. in Epidamnuß
leicht, weil Hier Vatinius, Befehlshaber von Illyricum, von feinem Beat
im Stich gelaffen wird (Dio 1.1). Auch Apollonia ſchlug ſich auf die Seite
des Br. und GE. Ant. zog nad Buthroton (Put. 26.). Bei Bylks' wurde
biefer von dem jungen ic. gefäjlagen, fein Heer gieng zu Br. über unb
Ant. ſelbſt Fam in Gefangenſchaft, Blut. 76. Div XLVII, 21. extr. Anfangs
ehrenvoll behandelt machte er Verſuche, Brutus’ Heer aufzuwtegeln, warb
vaher gefangen geſetzt (Plut. 26. Div XLVII, 23. App. IH, 79. -Brai.
ad Cie. I, 4.), und als er doch nicht ruhiger wurde, auch fein Bruder Bee
freiungsverfuge machte und die Nachricht von ben Proferiptienen ankam,
— (Dio XLVII, 24. App. 1. 1. Blut. 28.). Br. hatte jetzt acht
Legionen und viele Reiter und Bogenſchützen (App. IV, 75.), mit benen. er
eben nad) Aften überfepen wollte, als er die Nachricht von der Beruribellinng
der Mörder Cäfars erhielt (Blut. 27.). In Afien rüftete er eine Fiotie Un
Bithynien und bei Kyzikos), durchzog Aflen, um feinem Heer Unterhalt x
verſchaffen ind Geld einzutreiben Bit. W.). Seine rafde und kurze
kehr nad Makedonien, Beflegung der Befien, Annahme des Imperatortitels,
Aneignung des Reichs von Sabalis und Umkehr nad Aflen 32 Do
Gaff. XLVII, 29. Das Triumvirat machte Geineinſinnkeit der apa
auch der republikaniſchen Seite zur Aufgabe (Div XLVII, 82. App. IV, 66);
Bir. berief vaher den Caffius, der chen gegen Cleopatra ziehen wollte, zu
52 Duni
Eqhichſal feined Vaterlandes. Dann faßte er ven Griff feines Schwertes mit
beiden Händen und Rünııe ſich hinein. So Plur. 52. wohl nad Boluumins,
der Keinem die Ehre gönnen wollte, dem Br. den lehten Dienft erwiefen zu
haben. Plut. erwähnt aber ſelbſt, daß nad Andern Strato dem Br. auf
fein dringendes Bitten mit abgewandtem Geſicht das Schwert gehalten Habe,
in das ſich Br. flürzte (ib. 52. vgl. 53. und Dio XLVIE, 49. iv. Ep. 124.
Bell. H, 70. Blor. IV, 7, 14. Aur. Bict. de vir. ill. 82.). Nach App.
IV, 131. erlebte Br. noch den Diorgen und hatte nit ganz mehr vier Les
gionen; aber als dieſe jegt Frieden wünſchten, fo fagte Br.: fo braucht mid
alfo das Baterland nit mehr, bat Strato um den Tod, und als biefer
fl$ weigerte, einen Sklaven. Da fagte aber Strato: wenn Du entfchloffen
Hi, fo fol es Dir für den legten Dienft nit an einem Fremde fehlen,
und fließ ihm das Schwert dur die Bruſt, ohne daß Br. ſich abwandte
noch fi ihm Hinbot (welcher gehäffige Zuſatz die Darftellung oder Quelle
bes ſtreng monarchiſchen Hiſtorikers verdächtig macht). Br. flarb 48 Jahre
alt (Liv. Ep. 124. ungenau 40, Bell. 1,72. unrichtig 37). Seinen Leichnam
ließ Anton. in einen koſtbaren Purpur büflen, und ſchickte die Aſche an feine
Mutter Servilia (Plut. 53. App. 1385. Baler. Dar. V, 1, 11.). Die
XLVII, 49. fügt Hinzu, Ant. habe feinen Kopf nah Nom geſchickt, er fe
aber in einem Sturme ind Meer geworfen mworben, vgl. Sueton. Aug. 13.
Sein Heer ging unter ber Bedingung von Amneftie zu den Triumvirn über,
App. 135. Seine zweite Frau, Porcia, eine Tochter des Cato Uticenſis,
welche fih durch einen Beweis ihrer männlichen Willendfraft (vgl. Plut.
-Br. 23.) die Mitwiffenfhaft an der Verſchwörung ertrogt hatte (Blut. 13.
Dig XLIV, 13 f.) und am Morgen von Gäfars Ermordung vor Aufregung
in Unmadt gefallen war (Plut. 19.), wollte ihren Mann und die Sache,
wofür auch fle glühte, nicht Überleben, aber ihre Freunde binberten fle an
Schritten, bis fie in einem unbewachten Augenblide glühende Kohlen au
dem Feuer aufraffte, verſchlang, Mund und Augen ſchloß und fo ſich er-
Rice, Plut. Br. 53. Dio XLVIE, 49. Zonar. X, 20. Martial. I, 49.
App. IV, 136. Val. Mar. IV,6,5. Den Brief des Brut. an feine Freunde,
worin er über ihre Vernachläßigung der Porcia Elagte (und womit vielleicht
Pſeudocit. ad Brut. I, 9. zufammenbängt), hielt fhon Plut. 53. extr. für
unãcht. — Der Grundzug in Brutus’ Weſen if eine gewiffe Weichheit; feine
npeorns (Blut. 1. 29. App. IV, 123.), feine svavissimi mores (@ic. ad
Fam. IX, 14.) werben vorzugéweiſe hervorgehoben; Niemand haßte ihn, auf
feine Feinde nit (Blut. 29.); aber au Niemand gehorchte ihm unbedingt,
weil man ihm anfah, daß er mit ſich Handeln laſſe (App. IV, 128.);
charakteriſtiſch ift auch der Einfluß, den er rauen auf fi einräumte (vgl.
Eic. ad Att. XV, 10. 11. 17.), und feine Fürſprache für Antonius und
Lepidus (Put. 18. App. II, 114.), wie feine Geflattung ber Leichenfeier
Gäfard (Div XLIV, 35. Suet. Caes. 82. Plut. 20.); von einem tragijchen
Anblicke laͤßt er fih zu Thränen rühren (Plut. 31.). Mit dieſem fentimen-
talen Zuge, durch den er gerade dad Gegentheil ſeines vermeintlichen Ahns, des
eiſernen unerbittlichen &. Brutus, wird (vgl. Blut. Br. 1.), hängt feine
Ideologie zufammen: er hielt das Ideal der Tugend für etwas Erreichbares
und verzweifelte, als er mit biefem Glauben ſcheiterte (Dio XLVIE, 49.
Flor. IV, 7, 11. Bon. X,20.); er hielt aud bie republikaniſche Verfaſſung
oder wie er fih ſchwäͤrmeriſch auszudrücken pflegte (ſ. 3. B. Plut. 29.), vie
Freiheit für etwas ſchlechthin Möglige und Ewiges; auch feine Feinde
zweifelten nicht an der Uneigennüßigkeit feines Strebens (App. IV, 193. Blut.
Comp. Dion. e. Br. 3. extr., vgl. Br.29.), und auf feine Rechnung wurde
alles Gute feiner Partei gefegt (Plut. Br. 1.). Je mehr ihn das Gefühl
ſeiner Schwäche quälte, um fo empfindlicher war er fir alle Anmahnungen
— — — —
N ger
zur (Blut. 7.) und Gharaltergröße (‚„Br. ISLAM Dut’), un fo
mehr ſuchte er durch leidenſchaftliches Anfaſſen einer Bade (onov Tompser,
alſo ohne Rückſtcht auf ven Inhalt, oxvocie axonqro zais Öpueais, Plut. 6.
ogl. 1.) und eigenfinniges Feſthalten au wenn jenes fladernde Beuer er
loſchen war (Blut. 6.), fi ſelbſt einzurenen, er fei ein Mann von Energie
und Willen. (So befleipigte er ſich auch in feinem Ausdruck Takonifcher
Kürze, Blut. 2.) Sein Streben war, fo weit es in feinem Bewußtfeyn
lag, nur auf das Gute gerichtet; rein war fein Leben (ic. Orat. 10.
Blut. 29.). Gein geifliger Gefichiäfreis war nicht weit, feine Einficht in
Berhältniffe und Berfonen jehr beſchränkt. In den Wiſſenſchaften zwar brachte
er es durch feinen aus Bebürfniß nah Inhalt und Anregung hervorgegan⸗
genen Fleiß (Cic. Brut. 6. 97. Varro L. L. V, 4, 5.), feine gewifienbafte
Benügung jedes freien Augenblicks (Plut. 4. Gic. frem. p. 577. Orell.),
jogar der Nacht (Plut. 36.) zu einer gewiflen Durchbildung (in der Philes
fophie war er Ekleltiker, neigte fi aber vorherrſchend zur alten Akademie,
Put. 2. Cic. Brut. 31, 120.); aber fein Feldzug beweist Teine Gewandt⸗
heit, Sicherheit, keinen Scharfblick und Teine Selöflflänbigkelt (feine Flotte
ließ er unbenützt und in feinen Bewegungen wurbe er mehr beftimmt als
daß er frei gebanbelt Hätte), und fein Tod war mehr ein Werk der Klein-
mürhigkeit und Matbloflgkeit (Plut. Comp. Dion. c. Br. 3.), als des He
roiomus; in ber höchſten Hoffnung getäufcht gab er alle auf. Gin großer
Mann war er nit, aber ein guter und ehrlicher. Vielfach ungerecht bat
ihn Drumann IV. 35—44. beurtheilt. Gin Stieffohn von ihm (eigene Kinder
batte er nit), Bibulus, ſchrieb BußAsdıor unpor aneurnuorevudeor Boovrov
Put. 13., vgl. Bo. I. &.103.), und Empylus (ſ. Bo. II. ©. 133.) ver»
faßte ein 07 u87 00 YavAor Ö8 Ovyypauua, betitelt: Brutus (Plut. 2.).
Ueber die M mit feinem Bildnig, welde er ſchlagen lieb (App. IV,
75. ezte.) vgl. Echhel VI. 1925.
2. Silani. Der Zuname Silanus fommt außer den Junii auch in ber
Licinia und Cassia gens vor. Er hängt wohl zufammen mit dem in ber
Sergia und Terentia gens vorkommenden Silus (uos), ein Menf mit einer
oben eingebrüdten und unten aufgeworfenen Nafe (Feſt. s. v. Dal. Mar.
VI. 1, 8. Cic. de N. D. I, 29.), dergleichen der Erſte dieſes Namens ge»
wefen fegn wird. Auch die Silani waren plebeiiſch, ba mehrere berfelben
Volkstribunen wurden.
1) M. Junius Silanus, beſetzte im zmeiten puniſchen Kriege (216 =
538) Neapolis auf den Wunfch der Einwohner (Lin. XXIII, 15.), befam 542
Gtrurien als prãtoriſche Provinz (ib. XXV, 3.), und Taufte da Getreide ein
(ib. 20.). 543 Gegleitete ex den P. Scipio Africanus nah Spanien als
adiutor ad res gerendas (ib. XXVI, 19. vgl. 49. XXVII, 22. Polyb. X, 6.
XI. 20. 23. 26. 33.). Er überfiel 207 (547) Hanno und Mago in Gelti-
berien (Lin. XXVIII, 1 f.) und erbielt 548.von Scipio den Oberbefehl über
dad Heer bis fein Nachfolger eingetroffen fei (Polyb. XI, 33.). Im 3. 196
(358) ſiel er im Kampf gegen die Boier im vieffeitigen Gallien (Liv. XXXIII, 36.).
2) D. Junius Silanus, erhielt umd Jahr 146 (608) wegen feiner
Kenntniß des Puniſchen vom Senat den Auftrag, die 28 Bücher des Mago
über den Aderbau zu überfegen, Plin. H. N. XVII, 5. (3.).
. 3) D. Junius Silanus Manlianus, ein Sohn bes Rechtsgelehrten
J. Manlius Torquatus, Gof. 165 (589), aber non einem D. Sun. Gilan.
aboptirt, Brätor 142 (612). Er erhielt Makedonien zur Provinz, wo er
folge Gewaltthätigkeiten Beging, daß er nach feiner Rückkehr im I. 140
(614) beim Genat verklagt wurde. Sein leiblicher Vater bat ſich bie Unter»
fuhung aus, fand ihn ſchuldig und verbannte ihn aus feiner Gegenwart.
Aus Schmerz erhenkte fh ber Sohn; ber Vater aber nahm an bem Leiden»
528 Janii |
begängniffe keinen Theil. Cic. de Fin. I, 7, 24. Liv. Ep. 54. Val. Rar.
4) M. Junius Silanus, der erfle Coſ. diefer Familie (I. 109 —
645), Liv. 65. Salufl. Jug. 43. Ascon. zu Eic. Cornel. I, p. 67.f. IE,
p. 80. Or. @ic. Brut. 35. Guter. IV, 11. Fast. Sic., Gafflob. Er focht
in feinem Gonfulatöjahre unglüdlich ‚gegen die Eimbern im transalpinifchen
@allien (&lor. II, 3, 4. Liv., Ascon.) und wurbe 104 (650) von Dem
Tribunen En. Domitius Ahenobarbus aus Rachgier angeklagt, er babe iniussu
populi fi geſchlagen und großen Schaden verſchuldet; er wurbe aber vom
Volke mit großer Mehrheit freigefprodhen (Eic. in Caecil. 20, 67. Verr. II,
47,138. Ascon. 80.): Als Redner erwähnt ihn Eic. Brut. 35.
5) D. Junius Silanus, fönnte der Zeit nad ein jüngerer (wegen
der Bornamendverfiedenheit) Sohn von Nr. 4. feyn. Stiefvater des M.
Brutus (f. Cic. Brut. 68. u. oben 23.) dur feine Heirath mit Servilia
(f. oben 22.). Gab als Aebil (um 684) glänzende Spiele (Eic. Off. II,
16, 57.); aber feine Bemerbung ums Gonfulat war im I. 64 (690) ver-
geblih (weil er inops amicis et existimatione war, ad Att. I, 1,2.). Im
folgenden Jahre war er cos. design., wurbe daher bei der Berathung über -
die Beftrafung der Gatilinarier vom Cof. Cicero zuerft gefragt und flimmte für
die Äußerfle Strafe, was er nad Cäſars milderem Antrag dahin deutete, dieß
fei für einen Semator Gefängniß und er ſtimme daher wie Tib. Nero dafür, daß
man die Verbrecher bis zu Catilina's Beflegung in Saft halte (Gall Cat. 50.
Gic. in Catil. IV, A. 6. ad Att. XII, 21, 7. App. II, 9. Suet. Caes. 14.
Blut. Cic. 20 f. Cato 2i f.). of. mar er alfo 62 (692) mit 2. Licintus
Murena (Cic. pro Flacc. 13. Muren. 38, 81. inPis. 24, 56. ad Aut. XII. 21.
Dio XXXVI, 39. Sal. u. App. I. U. Plut. Cic. 14. 19. Gutr.6 13.).
Gemeinſchaftlich gaben fle die lex Licinia Junia, f. d. Als Brocof. erwähnt
ihn Plin. H. N. II, 35. Als Redner charakterifirt ihn Gic. (Brut. 68, 240.)
fo: studii qvidem habebat non multum, sed acuminis et orationis salis.
Aus feiner Ehe mit Servilia entfprangen
6—8) a.M. Junius Silanus, Gäfars Legat in Ballien (b. g. VI, 1.),
ohne daß von Thaten beflelben die Rebe wäre. Nach Cäſars Ermordung
folgte er feinem Schwager (f. b.) Lepidus über die Alpen. Diefer ſchickte
ihn 711 nah Mutina, ohne deutlihe Verhaltungsbefehle (Dio XLVI, 38.
Zon. X, 15.); Sit. aber trat auf die Seite des Antonius (ib.) und befehligte
bier eine prätoriſche Gohorte (ad Fam. X, 30, 1.). Lepidus war darüber
ſcheinbar verprießlid) (graviter laesi eramus, qvod contra nostram voluntatem
ad Antonium ierant, ſchreibt er ad Fam. X, 34,2.) und ließ ihn bei feiner Rüd-
kehr nicht gleich vor ſich (Dio XLVI, Si. Gic. ad Fam. X, 34.). Bald aber
zerfiel er mit den Triumvirn und entflob zu Sert. Bompelus nad Sicilien,
fam aber nad dem Brieden von Mifenum (39 — 715) wieder nah Nom
(Bel. 11, 77,3.). Detavian machte ihn im I. 25 (729) zu feinem Collegen
im Confulat (Fast. Sie. Dio LI, 25.). — b. Junia, an M. Lepidus,
den nachmaligen Triumvirn, verbeirathet (ad Att. XIV, 8. ad Fam. X,
8—10. Del. II, 88, 1. Die XLIV, 34.). Phil. XIII, 4. nennt Cic. fie
probatissima uxor, in einem vertrauliden Briefe an Atticus (VI, 1, 22.)
erzäblt er aber, daß umer den Sachen des Wüſtlings P. Vedius auch ihr
Bild gefunden worden ſei und macht fi} Über ihren Bruder und Gemahl luſtig
(homo brutus ... illius lepidi ...). Trotz feiner Berwandtidaft mit M. Brut.
-und ©. Gafl. verband ſich Lep. nad der Schlacht bei Mutina mit Anton.
und Dct. gegen jene (ad Att. XIV, 8.). Zur Zeit der Schlacht bei Actium
wurde eine Verſchworung ihres Sohnes M. Lepidus von Mäcenas entdeckt
(Dell. IE, 88, 1. 3.), in die auch die Mutter verwidelt war, welche baber
einen Bärgen für ſich ſtellen follte, aber keinen bekam; auf bie flebende Fuͤrb itte
Janit 829
ihres Gemahls erlich ihr endlich der Coſ. Balbinus die Bürgfaft (App.
b.c . IV, 50.). — c. Junia Tertia (Suet. Caes. 50. Macrob. Sat. II,2.)
oder Tertulla (&ic. ad Att. XIV, 20. XV, 11.) Nah einem Gerüdt
führte Servilia, als fie alterte, dem Gäfar biefe ihre Tochter zu, um ih
u feffeln (Suet. u. Macrob. 11. II.). Nichtsdeſtoweniger heirathete fie ©.
Gafflus, der Cäſarmörder (Eic. ad Att. XIV, 20. Tac. Ann. III, 76. Die
XLIV, 14. Plut. Brut. 7. Macrob. 1. 1). Nah Cäſars Ermordung kam
fle (in Mai 710) zu früh nieder (Bic. 1. 1.), nahm aber Thon im Juni
Theil an den Berathungen In Antium (ib. XV, 11.). Sie farb in hohem
Alter, 22 n. Chr. (775 d. St.) unter Tiberius. Ihr Teſtament wurde viels
ra beſprochen, qvia in magnis opibus cum ferme cunctos proceres cum
honore nominavisset Caesarem omisit. Bei ihrem Beihenbegängniß viginti
vlarissimarum familiarum imagines antelatae sunt ... sed praefulgebant Cas-
sius atqve Brutus eo ipso qvod effigies eorum non visebantur, Tac. 1. 1.
9) M. Junius Silanus, &of. im I. 772 = 19 n. Ehr. (Tac. Ann.
11, 59.), per insignem nobilitatem et elogqventiam praecellebat (ib. III, 24.).
Legte für feinen Bruder D. (Nr. 10.) bei Tiberius mit Erfolg Fürſprache
ein (ib.). Beantragte (775 — 22), in Zukunft nit die Namen ber Cofſ.,
ſondern der Bolkötribunen (d. h. das Jahr der Negierung des jevesmaligen
Kaifers) öffentlich anzuſchreiben (ib. 57.). Elf Iahre nachher murbe feine
tochter Claudia mit Caius Cäſar verlobt (ib. VI,20.). Im. 823 (unter ber
Regierung ded Caligula) ift er Statthalter von Afrika, wird aber von bem
mißtrauiſchen Kaiſer durch Legaten unſchädlich gemacht. Vgl. Tac. Hist. IV, 48.
Plin. Ep. II, 7. Dio LIX, 20. Nah Tac. Agr. A. lieb ihn Galig. ans
lagen und nötbigte ihn ſich durch Adernöffnung zu töbten, weil er nad) dem
Abrone tradte, Suet. Cal. 23. .-
10) D. Junius Silanus, Bruder des Vorigen, von Auguft wegen.
Ehebruchs mit feiner Enkelin Iulia verbannt, erhielt von Tiber. die Erlaubniß
sur Rückkehr, aber Feine Ehrenſtellen, Tac. Ann. III, 24.
13) C. Junius Silanus, Coſ. 737, verwaltete ald Procof. Alten,
wurde aber von den Provinzialen wegen Srprefiungen, von Senatoren wegen
Mojeflätsrerbrechen angeklagt und von Tiberius in einem Anfall von milder
Laune nad Eythnus flatt nad Gyarus verwiefen: darent Juniae familiae..
ià sororem qvoqve Silani Torqvatam, priscae sanctimoniae virginem ox-
petere, %ac. Ann. III, 66—69.
12) Ap. Junius Torgvatus Silanus, Gof. 781, 28 n. Chr.,
im 3. 785 maiestatis postulatur (Tac. Ann. VI, 9.), durch Meffalina und
Narciſſus gemordet (Suet. Claud. 37. Tac. Ann. XI, 29.). Söhne von
ihm find Marcus, Lucius (unten, Nr. 14.) und Decimus (unten Nr. 19.).
13) L. Junius Silanus, iuvenis et alias clarus insigni triumpha-
iium et gladiatorii muneris magnificentia, Tac. Annal, XII, 3. Kaiſer
Claudius verlobte feine Tochter Octavia an ihn, wogegen Ugrippina intris
girte (ib.). Vitellius fließ ihn als Cenſor aus dem Senate unter der
Beſchuldigung des Incefld und nöthigte ihn, feine Prätur nieberzulegen (ib. 4.).
Am Sage der Hochzeit zwiſchen Agrippina und Claudius Silanus mortem
sibi conscivit, sive eo usqve spem vitae produxerat, sive delecto die au-
cendam ad invidiam. Calvina soror eius Italia pulsa est (wegen bed an»
geblichen Inceſts), ib. 8. (3. 801). Leptere kehrte fpäter zurück (XIV, 12.).
14) L. Junius Silanus, eximia nobilitate disciplinaqve Gai Cassli,
apud qvem educatus erat, ad omnem claritudinem sublatus (Tac. Ann.
XV, 52.). Man fürdtete von ihm, er möchte nah Nero’ Tod den Thron
njurpiren (ib.). Nero wollte feinen Tod nullo crimine, nisi qvod claritu-
dine generis et modesta iuventa praecellebat (ib. XVI, 7.). Er beſchul⸗
digte baber ihn, den er als iuvenem genere nobilem, animo ‚Braeruptum
Bauly, Realäuchlop. IV.
80 Juni
ſchildert (ib.), nicht nur des Strebens nach der Herrſchaft, fondern auch bes
Inceſts mit feiner Tante Lepida, der Gemahlin des Rechtogelehrten C. Caffius,
beides ohne allen Grund (ib.8.). Er wurde dur Senatsbefchlug mit Cafflus
verbannt: tanqvam Naxum deveheretur Ostiam amofus, post municipio
Apulise cui nomen Barium ‘est clauditur (ib. 9.). Hier wurde er (818 —
n. Chr.) durch einen abgefandten Mörber nah mannhaften Widerſtand
erſchlagen (ib.). Der Monatönamen Junius wurde jeßt in Germanicus ver:
manbelt, qvia duo iam Torgqvati ob scelera interfecti infaustum nomen Ju-
nium fecissent (ib. 12.).
15) 2.) Junius Torqvatus (Dto LXH, 27.) Silanus, von Nero
ums 3. 817 zum Selbſtmord gezwungen, weil er ſich der Verwandtſchaft
des juniſchen Geſchlechts mit Auguft gerühmt Haben follte, Tac. Ann. XV, 35.
Div 1. 1. Iſt wohl identiſch mit D. J. T. S., der 806 Coſ. war (Kar.
Ann. XII, 58.).
3. Junter mit anderen oder unbelannten Zunamen: 1) D.
Junius Pera, D. F. D. N. (Fasti triumph. a. 487.), Coſ. 266 (488
dv. St.). Triumphirte in biefem Jahr über die Saflinaten (V. Cal. Oct.
Fast. tr. a. 487) und dann über die Sallentiner und Meſſapier (Non. Febr.
ib.). Genfor war er im I. 253 (901), Fast. cap. a. 500. Sein Sohn
2) M. Junius Peta, D. F. D. N. (Fast. cap. a. 523) war Goſ.
230 — 524 (1. 1.), Emfor 225 — 529 (ib. 528), Dietator 216 (538)
nad der Schlacht bei Cannä (Liv. XXII, 57. 59.). Als folder bewaffnete
er nicht blos Sklaven (ib. 57. extr.), fondern auch Verbrecher (ib. XXIII, 14.).
3) L. Junius Pullus, C. F. L. N. (Fast. cap. a. 504), Goſ. 249
(505) im erften puniſchen Kriege; den ſchlimmen Auſpicien troßenb verlor
ex feine Flotte Dur Sturm und töbtete fi felbft. Bolyb. I, 52—55. Diod
©ic. Frgm: I, 24, Eutrop. 11, 15. @enfor. de d. n. 17. Oroſ. IV, 10.
Cic. de div. I, 16. II, 8. 383. de N. D. 1I, 3. Bal. Mar. I, 4, 8.
4) M. Junius Pennus, M.F., plebelifcger Aedil 205 — 549 (Kir.
Eon a Prätor urbanus 201 — 553 (Liv. XXX, 40. XXXI, 4.). Sein
Sohn if
5) M. Junius Pennus, M. F. M. N. (Fast. cap. 586), Prätor 172
— 582 (Riv. XLI, 9.), Statthalter im dieffeitigen Spanien (ib. 10.), er-
hielt endlich auf wieberholtes Bitten Verflärkung feines Heeres, die aber erſt
feinem Nachfolger zu Gut Fam (ib. 18. extr.). Coſ. 167 — 587 (Fast. cap.
Liv. XLV, i6f. ic. Brut. 28, 109.). Deſſen Sohn (Eie. 1. 1.)
6) M. Junius Pennus, Volkstribun 126 — 628, als welcher er
durch bie lex Junia ( d.) die Fremden, melde ven C. Brachus in feinem
Kampf unterflügten (daher fich Br. der lex mwiderfeßte) aus Rom megmies
(Gic. de off. I, 11, 47. Feſt. s. v. Res publ.), flarb, ehe er über bie
Aedilität hinausgekommen war (Cic. Brut. 28, 109.).
7) L. Junius Paciaecus, vielleicht ein mit den Bürgerredhte be
ſchenkter Spanier, leiſtete dem Cäfar durch feine Ortskenntniß im ſpaniſchen
Kriege nüslihe Dienfte, b. hisp. 3. Gic. ad Fam. VI, 18. — Ueber C
Norbanus, beflen Gentilität zweifelhaft ik (f. Drumann IV. 30 f.), f.
Norbanus,
8) Junius Congus, Zeitgenoffe des Satirikers Luciliuß, der ihn ale
Beifpiel den Mittelſchlags von weder gelehrten noch unmiffenden Männern
aufführt, welchen er ſich zu Lefern wünſche, Plin. H.N. praef. Eic. de orat.
D, 6. bat dafür Laelius Decimus, ſcheint aber au ben 3. C. genannt zu
Gaben, f. Harduin ad Plin. 1. 1.
9) Junius Blaesus, Oheim des Seianus (Xac. Ann. IH, 35.), war
heim Meglerungsantritt des Tiberius Legat in Bannonien und befehligte brei
Legiohen (ib, 16.). Aus Freude Über den Regentenwechſel vernadpläßigte
Junii 5a1
er fein Amt, und fein Heer belam Zeit zum Aufruhr (ib. 16,). Er er⸗
flärte ihnen: aut incolumis fidem legionum retinebo, aut iugulatus poeni-
tentiam adcelerabo (ib. 18. extr.). Er brachte fle endlich dahin, daß fie
dureh eine Geſandtſchaft ihr Anliegen vorzutragen beſchloßen; der junge Bläfus,
damals Kriegetribun, wurde dazu erwählt (ib. 19.). Bin neuer ſchwererer
Ausbruch brachte den Legaten in Lebensgefahr (ib. 20—23.). Im. 774 (21
n. Chr.) wurde er Procof. von Afrika (ib. II, 35.) und im folgenden Jahr
wurde ihm die Statthalterſchaft verlängert (ib. 58.). Selans wegen erhielt
er auch die Triumpbalinfignien (ib. 72, extr.). Gr war au ber legte, dem
Tiberius den Titel Imperator eriheilen ließ (ib. 74. extr.). Beim Sturz
Seians (784 — 31) Caesar multa foedaqve incusavit (ib. V, 7. extr.).
Die Prieſterwürde, die ihm und feinem Bruder (duo Blaesi) verſprochen
worden wer, erhielten fie in Folge des Sturzes von Selan nicht, und im 9.
789 (36 n. Chr.) waren beide genöthigt, fi das Leben zu nehmen (ib.
VI, 40.).
10) Der Sohn des Borigen, aelänete fih unter feinem Bater in Afrika
au (Tac. Ann. I, 74.); im 3. 822 (69) war. er Lugdunensis Galliae
recter (Hist. I, 59.). Genere illustri, largus animo et par opibus unier»
fügte er den Vitellius, der ihn aber innerlich haßte (ib. II, 59.). Au
ipäter blieb BI. dem Vitellius treu: Blaeso super claritatem natalium et
elegantiam morum fidei obstinatio fuit. Primoribus partium iam Vitellium
aspernantibus ambitus abnuere perseveravit; sanctus, inturbidus, nullius re-
pentini honoris, adeo non principatus appetens parum eflugerat ne dignus
crederetur (ib. III, 39.). Nichtsdeſtoweniger vergiftete Ihn ver Kaifer und
weidete Die Augen an feinem Sterben, ib. 38 f.
Außerdem werden auß dieſer Zeit genannt Junius Cilo, Procurator
in Pontus (Iac. Ann, XII, 21.), 3. Gallio, Bruder des Seneca (Ann.
vI, 3. XV, 73.), J. Lupus, Senator (ib. XII, 42.), Marullus, @of.
deflgn. (XIV, 48.), Maricus (Hist. IV, 40. Agr.45.), J. Otho, Prätor
(Ann. Il, 66. VI, 47.), ein Volkstribun dieſes Namens (ib. VI, 47.), 3.
Priscus, ald PBrätor von Galigula wegen feines Neihthums gemorbet,
Dio LIX, 18., A. Junius Rufinus, of. 906., Q. Junius Rusticus,
@of. 872 (Suv. Sat. XV, 27.), Junius Paulinus, ein Inge er den
Caracalla beſchenkte, Dio Eaff. LXXVIL, 11., u. A. Bol. ven lit.hiſt. Art.
Q. Junius führt ala Volkstribun 439 — 915 d. St. Klage über vie
Ermordung ded Spur. Mälius (Liv. IV, 16.). — D. Junius, befehligt
im zweiten punifhen Kriege in dem Gaftell an der Mündung bes Bulturnuß,
iv. XXV,22. — T. Junius, L. F., Sulla's Zeitgenoſſe, faſt immer krank;
belangt (654?) den Prätor P. Sertius megen Beftehung bei der Wahl
(Cic. Brut. 48.). — M. Junius, ®tcero’8 Borgänger in der Vertheidigung
des P. Quintius; war als Geſandter abmejend, ald Gicero im I. 81 — 673
auftrat (p. Qvint. 1.). — C. Junius, war iudex qvaestionis unter ber
Prätur des Verres (I. 74 — 680) in Sachen der Vergiftung bed Gluen-
iind, und verurtbeilie den Scamander, Fabricius und Oppianicus; ber Ver⸗
theidiger des Letztern beſchuldigte einen Theil der Richter ber BVeſtechlichkeit,
und mit Andern wurde auch Junius, der ſchon Aedil geweſen war und Aus⸗
ht zur Prätur hatte, für ſchuldig befunden und clamore de foro atqve
adeo de civitate sublatus (Bic. pro Cluent. 29,°79.). Vgl. p. Cluent. bei.
20. 27. 33. Verr. I, 10, 29. 61, 157. Ascon. in Verr. p. 141. Or. Er
hatte einen gleihnamigen Sohn (p. Cluent. 49.). — M. Junius, Bräter,
vor dem ic. den D. Matrinius vertheidigte, p. Cluent. 45, 126., vgl. Plin.
H. N. XXXV, 10. — M. Junius, Stattßalter von Kappadokien unter Traian,
Dio Eafj. LXVIN, 19. [W. Teuffel.]
532 ’ , Janiıi
, Zunit. Aus dieſer gens find in Titerärgefchichtlicher Beziehung au bemerken:
D. Junius Brutus Gallaecus (Andere Callaicus), Conſul 616
d. St. (Eie. Brut. 22.), au als Feldherr mit Glück in Spanien kämpfend
und über die Galläcen (Eic. pro Balb. 17.) triumpbirend, wirb von Cicero
(Brut. 28.) ald ein in der römifhen mie in ber griechiſchen Literatur, zumal
in jener frühen Zeit, wohlgebilneter Mann bezeihnet, der auch ſelbſt gut
ſprach, und mit dem Dichter Attius (Cie. pro Arch. 11.) wohl befreunde
war. Bon Neben befielben Hat ſich Nichts erhalten. Vgl. Onomast. Tull. p. 317.
M. Junius Brutus, nad Cicero's Berfiderung (Brut. 34. 47.) ein
ausgezeichneter römifcher Juriſt, „ver drei Büder De jure civili Hinterlaffen
Hatte, die jedoch untergegangen find (f. ic. de orat. II, 55. vgl. 33. pro
Cluent. 51.). gl. Onomastic. Tullian. p. 318.
. MM. Junius Brutus, Volkstribun 671 d. St., von dem Cicero Brut.
62, 222. fagt: iuris et publici et privati sane peritus, non tamen orator
- proprie dicendus. ©. oben Nr. 21. Sein Sohn iſt der berühmte M. Ju-
nius Brutus, wohl gebilvet in der Jugend zu Mom und Athen durch den
Rhetor Pammenes in der Berebfamkeit und durch Ariflus in der afabemi-
ſchen Philoſophie (Cic. Brut. 97.), und diefen Sinn für Wiſſenſchaft auf
durch fortgefette Studien bewährend (Eic. Brut. 97. Acadd. I, 3. Tuscc.
V, 8.) mitten unter den Stürmen des politifhen Lebens, und eben dadurch
mit Cicero verbunden*, der ihm mehrere feiner philoſophiſchen und redneri⸗
fen Schriften (De Finibus, De natura Deorum, Tuscull. Disp., Orator **,
Brutus s. de oratoribus) dedieirte, der mit ihm in einem ununterbrochenen Brief»
wechſel fland, wie fo manche noch erhaltene Briefe (in der größeren Samm-
lung ad Diversos) beweifen, auf wenn bie eigene Sammlung ber Briefe
beider Männer, melde den Ciceroniſchen Briefen gewöhnlich beigefügt er-
ſcheint, nicht At, fondern das Werf eines nach beiden lebenden Brammati-
kers oder Rhetors ſeyn follte, wie Mehrere in neuerer Zeit angenommen
haben (f. meine Geſch. d. Röm. Lit. 6. 316. der dritten Ausg). ** Bei
biefer, durch die Gleichheit der politifchen Grundſätze herbeigeführten Ver⸗
* Die begeichnendfte und zugleich wärme Stelle über biefe Verbindung ift Cic.
ad Fam. IX, 14, 5.: semper amavi M. Brutum propter eius summam ingenium,
svavissimos mores, singularem probitatem atqve constantiam. Tamen Idib.
Mart. (Caſars Ermordung) tantum Accessit ad amorem, ut mirarer locum fuisse
augendi in eo, qvod mihi iam pridem cumulatum etiam videbatur. [| W. T.]
ee Bgl. Eic, ad Att. XIV, 20, 3.: cam ipsius (Bruti) precibus paene ad-
ductus scripsissem nd eum de optimo genere dicendi, non modo mihi, sed etiafh
tibi scripsit, sibi illud qyod mihi placeret, non probari,. Vgl. XV, 1.B., 2., melde
Stelle die rednerifhe Eigenthümlichkeit ded Brutus erſchließen läßt: Brutus noster
misit nd me orationem suam habitam in concione capitolina petivitgve a me,
ut enm neo ambitiose corrigerem ante qvam ederet. Est autem oratio scripta
elegantissime sententiis, verbis ut nihil possit ultra. Ego tamen, si illam
eaussam habuissem , scripsissem ardentins. “Yroßeoıs vides qvae eit et per-
sona dicentis. Itaqve eam corrigere non potui, (vo enim in genere Br. noster
esse volt et qvod indiciam habet de optimo genere dicendi, id ita consecutus
est in ea oratione, ut elegantius esse nihil possit. Sed ego totus alius sum
Bu diefem Mangel an ardor fliimmt ganz der Vorwurf von lentitudo ac tepor im
Dial, de oratt. 21. T.
900 Neueſtens hat aber K. Tr. Hermann bie Frage wieber aufgenommen und bie
ſchlechte Begründung jener Zweifel vorläufig im ſprachlicher Hinſicht wachgewiefen.
©, fein Bratulationsprogramm zum Köuigäberger Jubiläum: Vindiciao Iatimitatis
epistolarum Ciceronis ad Brutum et Bruti ad Ciceronem, Göttingen 1844. 48
Seiten 4, Bei der Unzuverlaͤßigkeit aller rein fprachlichen Kriterien wirb jeboch vor
Faällung eined Endurtheils noch eine entfprechende Befeitigung ber auf bie Anlage
und den Inhalt ber fraglichen Eorrefpondenz ſich begiehenben Bedenken abzuwarten
fepn. Snzrifhen Hat Hermann auch deu literarhifiorifchen Theil” ber Unterfuchung
"Sun "588
Bindung Tann und das hohe Lob nicht befremaen, was Gicero feinem Freunde
in Bezug auf feine wiſſenſchaftliche Bildung, feine Gelehrfamkeit, feine
philoſophiſchen Studien und felbft feine Beredtſamkeit ertbeilt (3. DB. Orat.
10. 71. Brot. 6., beſonders 97. ad Att. XV, 1.), während Andere von
feiner Berebtfamfeit nit fo günftig dachten ober doch jedenfalls feinen
philoſophiſchen Schriften den Vorzug gaben vor feinen Neben (f. Dialog. de
oratt. 21. Quintil. Inst. Or. X, 1, 123. vgl. XH, 10, 11.), von welchen
wir im &anzen nur wenige, nad ihren Auffhriften oder nach einzelnen
Fragmenten kennen (ſ. die Zufammenftelung bei Meyer Oratt. Bomm.
fragmm. p. 446 ff. der 2ten Ausg.), in feinem Ball aber im Stande find,
daraus ein eigenes Urtheil über die rednerifhe Kunft bes Brutus ung zu
bilden *, von dem ſelbſt ſchriftlich, der eigenen Uebung halber, auögearbeitete
Neden im Umlauf waren, wie das bei Duintil. Inst. Or. X, 1, 23. (. pro
Milone orationem Brutus exercitationis gratia scripsit, etiamsi egisse eum
Cornelius Celsus falso existimat‘‘, vgl. Ascon. in Mil. p. 42. Schol. Bob.
p. 276. Or.) erwähnte Beifpiel zeigt, was zugleih für einen Beweis fort-
gefeßter rhetoriſcher Studien wird gelten können. In die Glaffe folder
Sähriften mit einer politiſchen Tendenz gehört wohl auch vie Lobſchrift auf
Gato, deren Gicero ad Att. XIII, 46. geventt.** Daß Brutus in der Poefle
fih verfucht, Tafien einzelne Aeußerungen (Dialog. de oratt. 21.)*** an-
nehmen; erhalten hat ſich auch davon Nichts, fo wenig als von dem in jeiner
Jugend, wahrfheinlih zu dem Zweck gelehrter Bilvung von ihm gemachten
Auszug aus. den Annalen des Fannius und Antipater (f. Eic. ad Att. XII, 5.
XII, 8.). Aus einer ebenfalls verlorenen Schrift De virtute kommt Einiges
bei Seneca (Consol. ad Helv. 9.) vor, der au an einer andern Stelle
(Ep. 95.) von einer, Vorſchriften für Eltern, Kinder, Geſchwiſter enihal-
tenden Schrift neo xadımorzog fpriht.T S. Bruder Hist. philosoph. orit.
P. I. Lib. II. c. 6. sect. IV. $. 13. Kũhner Cicer. in philosoph. merit. p. 16.
Junius Saturninus, ein Geſchichtſchreiber der augufteifhen Zeit,
nur aus der Anführung bei Suetonius Octav. 27. noch bekannt.
geführt in den Gött. Gel. Anz. 1844. Gt. 195 f. S. 1934—1953,, fo daß nur noch
der biftorifche im Rückſtand it. [W. T.]
® Die fraglichen Stellen des Dial. de or. (Brutum philosophiae suae relin-
gvamus; nam in orationibus minorem esse fama sua etiam admiratores otus
fatentur, nec fere qvingvam — Bruti pro Deiotaro rege ceterosgvo eiusdem len-
titadinis ac teporis libros legit nisi qvi et carmina eorundem [bed Edfar und
Brutus] mirater) und des Duintil, (in feinen pbilofophifchen Schriften fei er egre-
gius multoqgve qvam in oralionibus praestantior und entfprechend ber Bebentung
des Gegenſtandes: scias eum sentire qvae dieit) find zu beſtimmt, als baß fie
. Kaum zum Zweifel ließen, Uebrigens wiffen wir außer von ben Neben für Deios
tarus und Milo and der capitolinifchen (f. Eic. ad Att. XV, 1. B. 2. ob. Aum. **)
nur noch von einer Vertheidigungsrede, bie Br, für den Water feiner erfien Frau,
App. Elaubind Pulcher, gehalten hat (Cic. Brut. 94, 324.) unb einer Lobrebe anf
denfelben (Diomed. p. 364. Putſch.). Dazu kommt die Andentung bei Tac. Ann.
IV, 34.; Antonii epistolae, Bruti conciones (Anreden im Felde?) falsa qvi-
dem in Augustum, sed multa cum acerbitate habent.. [W. T.]
”. Ynguf feute diefer fpäter eine Widerlegungsfchrift entgegen, Guet. Oct. 86.
„Als Pompeind die Dietatur zu erzwingen fuchte, mit dem Grfolge, daß er im
3. 52 wenigftend allein gum Eof. gewählt wurde, fchrieb Brutus: Ueber die Dictatur
des Pompeius, und ohne Zweifel mit großer Erbitterung, da er ihn nicht blos wegen
feines Ehrgeizes haßte (Quintil. IX, 3, 95., vgl, Sueton. Caes. 49,).” Drumann
IV. S. 39, [W. T.]
»Bal. Stat, Silv. IV, 9, 20. Plin. Ep. V, 3, Weichert poett. latt. p.
126. [W.T.
+ ®gt. Eharif. I, p. 88. Prise, VI, 679. Putſch. Eine Schrift von ihm de
patientia erwähnt Diomed. I, p. 378, 9. [W. T.]
384 XR
Junius Maximus, ein Zeitgenoſſe des Statius (ogl. deſſen Sylv.
IV, 4.), ſoll, wie man glaubt, die Geſchichtsbücher des Salluſtius wie Des
Livius In einen Auszug gebracht haben. Erhalten hat fih von dieſen Aus-
zügen durchaus Nichts; vgl. Fabric. Bibl. Lat. I. p. 290. ed. Ernest.
Junius Rusticus, ein römiſcher Senator, nad Tac. Ann. V, 4.
mit der Redaction der Senatöprotocolle (Acta, ſ. Bd. I. ©. 85 f.) beauf-
tragt; er ift wohl verfchlenen von Junius Rusticus.ober wie fein voll»
flöndiger Name (f. Lipflus zu Tacit. Agric. 45.) lautet: L. Junius Aru-
lenus Rusticus, einem angeſehenen römifchen Staatsmann, der auch mit
der Philofophie und zwar ber floifchen, fo wie mit der Geſchichte ſich be⸗
füpäftigte, aber von Domitian bingerichtet warb, weil ex Lobſchriften auf ben
Pätus Thraſea und Helvidius Priscus verfertigt und dieſe als wahrhaft
heilige Männer (sanctissimos viros fagt Suetontus, Dio blos ispor, weil er,
wie auch Tacitus Agric. 2. blos von einer Lobjchrift auf Thraſea ſpricht
gepriefen hatte; ſ. Sueton. Domit. 10. Dio Caff. LXVII, 13. vgl. mit Plin.
Ep. 1,5. Blut. De Curiosit. p.522.D. G. 3. Voß De Hist, Latt. 1, 29.
Verſchieden von ihm, von Einigen für deſſen Sohn oder Enkel gehalten
it Junius Rusticus, ebenfalld ein ſtoiſcher Philofopb, einer von den
Lehrern de8 Marcus Aurelius, von defien Schriften aber eben jo wenig, wie
von denen des vorbergenannten, Etwas auf unfere Beiten gefommen ift; 1.
Antonin. nsoi ewvr. I, $. 7. mit Gatakers Note. Dio Eaff. LXXI, 35. mit
Reimarus Note p. 1199. Jul. Capitol. Vit. Antonin. 3. Bidconti Ico-
nograph. Rom. I. p. 426.
Weber Junius Gallio f. ®b. II. ©. 647. [B.]
M. (&ic. de legg. III, 20, 49.) Junius mit dem Beinamen Graccha-
nus (ber Gracchaner, ab amicitia C. Gracchi appellatus est, Plin. H. N.
XXXIII, 2, 9. vgl. Merdlin I, 17—20.), bei Genforinus de d. n. c. 20. u.
Up. Die. I, 19. Gracchanus Junius, bei Barro de 1. 1. VI, 4. p. 213. Sp.
Junius Gracchus genannt (f. Derdlin I, 7—13.), muß ums I. 600 geboren
(und fomit faft um ein Jahrhundert fpäter ala 8. Cincius Alimentus) ſeyn,
da er (ſ. Plin. 1. 1.) als treuer Anhänger des C. Gracchus (630) erſcheint.
Er überlebte zwar diefen (vgl. Plin. I. 1. idqve duravit ultra C. Gracchum ;
Junius certe.. . scriptum reliquit his verbis); aber er war vermuthlid einer
von denen, welche dur die in Folge der gracchiſchen Bewegungen angeorb-
neten firengen OQuäflionen fuga exstincti sunt (Salluſt. Jug. 42,4. Rubino
1, 321.); nur müßte er dann fen Werk entweder fehr frühzeitig in Rom,
oder ohne Urkunden in der Verbannung verfaßt haben. Hienach iſt e8 jenen»
falls unflder, ob er Würden zu Mon bekleidete, und bei Cic. 1. 1. (seripsit
ad patrem tuum M. Junius sodalis) muß daher erflärt werden: sodalis pa-
tris tui (Alttici), was au ſprachlich einzig richtig iſt (anders Merdlin I, 28.
Sers p. 91.). Bon ibm citirt Ulpian am a. DO. libro seplimo de po-
testatibus (neoı edovnar, 2yd. de mag. I, 24. 2. 25. Sub). Ob I. in
diefer Schrift ausfchließlih die Amtsbefugnifle der Magifirate abgehandelt,
over überhaupt die Magiflrate hiſtoriſch erörtert babe, läßt fi aus dem
Titel nit entſcheiden (Mercklin 1, 33.); von den zwölf erhaltenen Fragmenten
mwenigftend beziehen fi vier auf Etymologiſches (Aprilis, Trossuli, Subura,
Luceres) und drei auf chronologifhe Fragen. Sein Werl wird meift neben
den Faflen des M. Fulvius Nobilior (ſ. Br. III. ©. 533.) angeführt; Here
p. 101. hält diefe für feine Hauptquelle. Lydus de mag. prooem. jagt über
. daffelbe: ovöauov T& yoaparız Yaperaı iaug avık, narros O nai av
roũ 10090v TEnoFTog Aa nal xpvıparros. In Mebereinflimmung damit meint
Mubino I, 319., feine Autorität fei nicht eben Hoch geflanden (was Merdlin
J, 44. nicht gut beftxeitet) und Gicero füge ebendeßmegen zu feinem Urtheil
scripsit perite et diligenter die Worte hinzu: meo quidem judicio. Dagegen
Jummsh 589
nennt ihn Ricbuhr (A. ©. TE. 12.) einen „herrlichen Lchrer des Staata⸗
rechts“, fein Werk ein „unſchätzbares, welches ganz aus den pontificiſchen
Schriften und den ächteſten Quellen geſammelt geweſen feyn muß”, erklärt
au für „das höchſte Biel’ feiner Kritik, „dem Begriff, welchen Fabius und
Gracchanus von ber Verfaffung und ihren Veränderungen hatten, möglichſt
nabe zu kommen; ganz gewiß fahen fie darüber unbedingt richtig” (ogl. auch
DB». IV. ©. 61. d. Ueberf. von Zeyß) — eine Anſchauung, die zum Theil aus
den Nachrichten der Alten über ihn wenigſtens nicht geſchöpft if, zum Theil
ihnen geradezu wiberfpriht. Die Wahrheit Liegt auch hier in der Mitte. (T.
Hert p. 106 fi. homo antiqvitatis sane studiosus, cuius tamen certa vesti-
gia per parca fragmenta seqvi vix possimus, ©. 109.); viel benäßt aber
ſcheint I. Gr. nit worden zu feyn, von Livius, Dio und Dionyflus wenig»
fiens nicht (Herz p. 108 f.), und auch fonft if und nur Eine ſicher von
ihm herrührende bedeutendere Angabe erhalten, daß nämlich ſchon Romulus
und Numa die Duäftoren nicht felbft (sua voce), fondern populi suflragiis
ereirt Haben (Ulp. ama.D.). If Rubino's (S. 320.) Auffaffung richtig *,
ſo ift dieſe mit Tacit. Ann. XI, 22. in entſchiedenem Widerſpruch ſtehende
Notiz ein Beweis von ber politiſchen Befangenheit dieſes Hiſtoriklers, indem
hienach fein Werk aus momentanen, praktiſchen Motiven entflanden und von
Varteigefichtopunkten aus durchgeführt war, womit zugleich erklärt ifl, warum
daſſelbe, zumal nad dem Siege ber entgegengefegten politifchen Bartei, Feine
nachhaltige Bedeutung erlangen konnte. Die Fragmente find gefammelt von
Dirkfen, Bruchſtücke aus den Schriften der römiſchen Juriſten (Königäberg
1814.) &.56—60., von Kraufe, vitt. et frgmm. vett. hist. romm. p. 221 f.,
Her; de Cinciis (Berlin 1842. 8.) p. 93--105., am vollſtändigſten (mit
Erläuterungen) von Merdlin, de Junio Gracchano (2 Particc. Doryat 1840.
1841. 8.) I, 1—50. Im Allgemeinen vgl. Rubino, Unterſ. üb. röm, Verf.
u. Gef. 1, 318— 321. Merlin, Part. I. und Berl. Iahrb. 1843. II, 306f.
Hertz, p. 88-92. [W. Teuflel.]
Beeimums Juniss Juvenalis. I. Sein Leben. Aus Juv. ſelbſt
wiffen wir, obwohl er nit in der Weile des Lucil. und Horaz fein Leben
in feine Bebichte audgegoflen hat, fo viel, daß Aquinum feine Baterftabt
war (118, 319.), daß er von niederem Stande (IV, 97., vgl. II, 101. u.
ſonſt), wiewohl nit ohne Vermögen (Sat. XI.) war, daß er lange Zeit
auf rhetoriſche Webungen verwendete (I, 15 f.), und erſt nah Domitians
Tode Satiren zu fehreiben (oder wenigſtens zu veritiren) anfing (vgl. II, 29.
IV. 37 ff. u. A.). Auch daß er einen großen Theil von Stalien Fannte (ſ.
® Bertätigt wenigftens wird fie durch Eic. 1.1. u. Sell. XIV, 8. nicht, f. Mercklin
I, 33—35.; dagegen genfigt das von biefem II, 13 f. Angeführte ebenfowenig zu
Rubinos Widerlegung. Waren ed gleich unter den Königen jedenfalls bie Euriat:
Gomitien, durch welche bie Andfioren gewählt wurben„ fo waren bie fpäteren Tribats
Comitien ja bie Erben jener, und eine nicht von bem König einfeitig, fondern unter
3usiehung ber Enuriatcomitien gefchebene Ereirung war, auf bie Verhältniſſe der
fpitern Zeit angewandt, eine nicht von dem Senat einfeitig, fondern unter Zuzie⸗
tung ber Tributcomitien zu vollziehende. Die Einwendung, daß I. Er, eine etwaige
Tendenz zu Gunſten der Plebeier directer ansgeſprochen haben wärbe, befeitigt ſich
theils dadurch, daß ſie dem Pragmatiker eine Unklugheit zumuthet, theils durch
Mercklins eigene Bemerkung, daß wir von Junius' Worten nur einen ſehr verkürzten
YAusıug haben. Dagegen wäre Gel, XIV, 8. für Rubino höchſt bedenflih, wenn
es ſich wirklich auf Gracchanus bezöge; denn eine fo hyperorthodoxe Anficht von ber
Bedeutung der fenatorifhen Würde und ein ſolches Ueberſehen der einem Plebeier
zunächft liegenden Inſtitution ber Volkstribunen, mie fie in jener Stelle hervortritt,
Tieße ſich mit ber Aunahme einer plebeifchen Parteltenbenz durchaus nicht vereinigen.
Aber M. berichtet ſelbſt (A, 35. II, 47.), daß bei Sellind erſt feit Carrio Junius
geiofen wird Matt des alten Macius. [W. T.] ‚
IM, 190 ff.) und au in Aegypten (XV, 45.) anwefend mar (in meldger
Abſicht oder aus welcher Veranlaffung, fagt die Stelle nit), fehen wir aus
feinen Gedichten; ebenfo daß er mit dem Dichter Statius befreundet war
(VI, 82 .) und den Rhetor Quintilian wenigſtens kannte (ib. 186 ff.).
Daß Juv. über dad 3. 119 — 872 (unter Habrian) hinaus gelebt Haben
muß, zeigt XV, 27. und (unter Borausfegung des Fontejus vom I. 812)
XI, 17. Aus Martial ſodann, der ihn VII, 91. (vgl. 24.) nur als fa-
cundus Juv. Eennt, befommen wir die Beflätigung ver fpäten Eröffnung feiner
fatirifgen Ihätigkelt und fehen (XII, 18. dum tu forsitan inqvietus erras
Clamosa, Juvenalis, in Subura), daß Juv. in den erflen Jahren Traians
fiy in Rom befand. Aus den Lieberfchriften ber Satiren bekommen wir ben
"Namen des Dichters, der darauf zu führen feheint, daß er felbf ober einer
feiner nächſten Vorfahren durch einen Iunier freigelaffen worben war. Hiezu
tommen noch die dur die Handſchriften überlieferten Vitae des Dichters,
verfaßt von Grammatifern der fpäteren Jahrhunderte. Die befanntefle und
befte dexſelben if} bie von ©. Valla im I. 1486 zuerft herausgegebene, in
dem Cod. Voss. mit Zufägen vermehrte, welche weber dem Sueton (Francke
p. 9 f.) no& dem Balerius Probus (Brande p. 13 f. Schopen bei Heinrich
I. ©. 327 f.) mit Recht zugefchrieben werden kann, aber durch ihre be⸗
fonnene Haltung, wenn auch in Folge deffen durch Unbeſtimmtheit der An⸗
gaben ſich auszeichnet; fobann die ebenfo irrthümlih dem Aelius Donatus
beigemefiene (Brande p. 15—21.); brittens die dem Cod. Kulenkamp. ent»
nommene (biefe drei bei Auperti, die erfle in allen Ausgg.), vgl. Brande
p. 21 f.; 4) die ex Divaei libro von J. Lipflus mitgetbeilte; 5) die von
Schurzfleiſch aus feinem Cod. herausgegebene; 6) bie von Adaintre aus
einem Cod. des Omnibonus (vgl. Srande p. 22 ff.) edirte, vermehrt in
7) einer Mailänder Handſchrift (Brandep. 26 f.); 8) das Excerpt des Suidas
s.v. Tovßeradıos, aus I. Malala (Francke p. 28 ff.); endlich 9) die Scholien
zu Juvenal. Die Glaubwürdigkeit dieſer Quellen wurde im Ganzen ange»
fochten von Francke examen criticum Juvenalis vitae (Altona 4820.), von
Dünger (über die Verbannung des Juv. in Jahns Jahrbb. Suppl. Bo. VI.
374— 379.) und K. Kempf observationes p. 64—73., und ber Nachweis
verſucht, daß alle Angaben viefer Vitae aus Juv. ſelbſt berausinterpretirt
ſeien. Dieß Eonnte aber nicht bei allen gelingen; auch die Wiperfprücdhe der⸗
felben unter fih erſtrecken ſich nicht auf die weientliäften Punkte, und bie
Hauptangabe von Verbannung des Juv. megen eines histrio wird beftätigt
von Sidon. Apoll. IX, 272 ff., der zwar Commentatoren des Juv. bereits
vor fih Hatte, da ſchon Hieronymus (Apol.) folde erwähnt, ohne daß aber
daraus für bie Unrichtigkeit des Factums das Beringfte folgt. Aus biefen
Quellen ergeben ſich folgende weitere Notizen: Juv. mar libertini locupletis
incertum filius an alumnus (Vit. 1.), war von großer Statur (Schol. ad
Juv. I, 1.: Juvenalem aliqvi Gallum propter corporis magnitudinem —
dicunt, wenn nicht aus Verwechſslung von Agvitanum mit Aqvinatem ent»
ftanden, Srande p. 118.), widmete ſich bis ins mittlere Xebensalter rhetori⸗
ſchen Uebungen (Vit. 1. 2.4. 6., vgl. oben), erwarb fi durch fein Verdienſt
bie Ritterwürde (nur von Vit. 6. berichtet und ohne Zweifel ein Mißver⸗
fläneniß) und wurde megen feiner Rüge bes Binfluffes eines histrio (Sat.
v1, 88 ff.) unter einem glimpfliden Vorwande in die Verbannung gefhidt.
Bon welchem Kalfer? K. Fr. Hermann hat ſich (in dem Göttinger Bor-
Tefungsverz. vom Sommer 1843.) bemüht, die Angabe einer Eleinen Majo⸗
rität von Vitae (8. 4. 5. Schol. I. 1. Suid.), Domitian fei ber Urheber
eweſen, feflzußalten. Er nimmt an, bie fragliden Berfe haben eine eigene
feine Satire gebildet (Vit. 1.), und dem Paris (ſ. d. Art.) des Domitian ges
golten, ſeien befannt geworben und Haben bem Derfafler Berbannung zugezogen
' Junil (Berenalis) 587
und zwar nah Schoitland; unter Neroa fei (in Folge der allgemeinen Am⸗
neflie) auch Juv. zurüdgefehrt und habe unter Iraian Satiren zu ſchreiben
angefangen, namentlih au, ums 3. 102 — 855, Sat. VII. Aber für
die Beziehung auf Dom. fpricht zu wenig, gegen ihn unb für einen. fpäteren
Kaifer, befonderd Traian, fpriht zu viel (vgl. meine Ueberficht über die
neuefte Juvenal⸗Literatur, am unt. angef. Ort), als daß man nicht mit Vit.
6. u. 7. die Verbannung unter Iraian fegen müßte Juv. hatte (fo er=
zaͤhlt Vit. 1., nur ohne bie Kater zu nennen) unter Dom. eine Furze Satire
auf deſſen Guͤnſtling Paris gemacht, fle aber nicht gleih publicirt, fonbern
aft fpäter in eine unter Traian verfaßte Sat. (VII.) verardeitet. Da aber
Traian unglüdliermeife gleichfalls einen Xieblingdpantomimen hatte, ben
Pyladed (Dio Gaff. LXVIII, 10.), dem er wenigſtens mehr Kinfluß als fi
gebührte, einräunen mochte, fo venit Juvenalis in suspicionem, qvasi tem-
pora figurate notasset (Vit. 1.), ald hätte er unter der Maske des Paris
eigentlich den Byladed gemeint. Der empfindlide Kaifer fchidte Ihn von Rom
weg, aber, um nit ben Schein einer Härte fi zuzuzichen, unter dem Vor⸗
wanbe der Liebernahme einer Stelle in einer entlegenen Provinz (die Vitae
geben meift ein Kommando bei einem Heere an); von einer Zurückberufung
wiffen wir Nichts und Vit. 3. verneint ſie ausdrücklich; nach den einen farb
er bald (aber in hohem Alter), nad den andern lebte er lange in der Ver⸗
bannung. Wohin aber wurbe er verbannt? Hierüber ſcheint Leine Tradition
auf bie Zeiten der Berfafler der Vitae gefommen zu feyn; wenigſtens läßt
fih die Entſtehung fowohl der Behauptung, nad Aegypten (und zwar bald
nah Wentapolis, bald nach der Dafe, bald in extremam partem, nämlich
Syene, vgl Brande p. A7 ff.), ale, nah Schottland, aus Juv. ſelbſt
(Aegyrten aus XV, 45., Schottland allenfalls aus II, 159 ff. IV, 126 f.)
erflären. Den Tod des Juv. bringen bie meiften Vitae mit feiner Verbannung
in Berbinbung (aud Gram und Lebensüberbruß), auch laſſen fie ihn erfi in
hohem Alter erben, und zwar Vit. 1. im adtzigften, Vit. 2. im zweiund⸗
achtzigſten Jahre, was zwar wohl nur auf Berechnungen beruht, aber bie
Meiften beflimmt bat, Juvenald Geburt ind J. 795 (Francke, die Zahl 82
feſthaltend, ins 3. 792), feinen Tod aber ind I. 874 zu fegen; da aber weder
das letztere Datum, noch die Xebensbauer von 82 Jahren feftfteht,. fo iſt pas
Ganze unflder und nur im Allgemeinen zu fagen, daß Juvenals Leben das
neunte Jahrhundert Noms in feinem erflen größeren Theile ausfüllte. —
Il. Seine Satiren. Es find deren ſechzehn (die Uechtheit von XVI bes
bauptet von W. E. Weber in Jahns Jahrbb. Bo. 32. S 151 ff., beftritten
von Heinrich IIl, 515 ff. 342 ff. und Kempf p. 60. die Unächtheit der Sat. XV
zu beieifen hat Legterer p."81—86. einen ganz verunglüdten Verſuch ges
macht), welde die Grammatiker in vier Bücher eingetheilt haben (Sat. 1—5.
6. 7—9. 10—16.), wie e8 ſcheint, fi ziemlih an die Orbnung des Ent⸗
ſtehens anſchließend; menigftend haben bie beiden letzten Bücher eine welt
mehr moralifirende Haltung (um deren willen Juo. im Mittelalter den Bei⸗
namen Ethicus erhielt) und mattere Farben. Der Einfluß feiner früheren rheto⸗
riſchen Bildung auf Juvenals Eigenthümlichkeit als Dichter iſt unverkennbar;
fie verräth ſich in dem geſpreizten Pathos, der Endlofigkeit der Auseinander⸗
ſezungen, ber Häufung ber Beiſpiele, in der fi breitmachenden Gelehrſam⸗
keit, in dem zu Tode Hetzen der einzelnen Gedanken. Der ſubjective Aus⸗
gangspunkt bei I. als Satiriker iſt die indignatio (Sat. I, 79.); er bat lange
ſchweigend bew Sreuelthaten und Nieverträdtigkeiten unter Domitian zuge>
iehen und fein Gemüth iſt dur den Anblick mit Gift und Galle getränft-
worden; unter glüdlicheren, freieren Verhaͤltniſſen entlädt er fich des Ange-
jammelten, und er thut ed mit einem gewiffen Behagen, nit „graufame
IV. 4
4
538 Juni '
Wolluſt, mit Hiffiger Menſchenverachtung. Man fleht ed feinen Gatiren wohl
an, daß fle erſt in reiferen Jahren verfaßt find (die fpäteren fogar im Alter);
nirgends ift etwas Jünglinghaftes, Fein Vertrauen, feine Sofinungen, nur
Enttäufhung und Haß. Die Menſchen trifft fein Grimm und die Bötter fein
Spott (vgl. IV, 36. VI, 59.394 f.). Sein Stoff iſt eigentlich die Gegen⸗
wart; aber die politifhen Verhältniſſe fchienen ed ihm rathſam zu maden
(vgl. I, 151 ff.), nur mittelfi der Vergangenheit zu reben zu ber Öegenwart
(1, 170 f.). Gr fohreibt daher zwar unter Traian, aber als lebte er unter
Nero und Domitian und nimmt von biefer Zeit alle conrreten Ausmalungen,
ein Berfahren, das die Außerfte Meflectircheit und Künftlichkeit beweist und
für die Gegenwart widerlich geweſen fein muß. Er wählt mit Abficht eine
Zeit, welche vie dunkelſte Zarbengebung verlangt; mit dem Lichteffecte und
der Perfpective weiß er nicht umzugehen. Seine Satire iſt gleihfam eine
allegorifche: er ſpricht von der Vergangenheit und meint bie @egenwart.
Dabei begegnet es aber Häufig, daß er beide Zeiten durcheinandermiſcht, die
Sonderung nit feflzubalten weiß. ine reihe Erfahrung ſpricht aus feinen
Gedichten, aber kein edler Geſchmack, ein flarfes, aber kein reines Gemüth.
Zwar bat er au Anmandlungen von Humanität (VI, 221 ff. 481.) und
halbidylliſcher Sinnigfelt (vgl. III, 175. V, 143 f.), fogar Humor entwidelt
er in Schilderungen aus dem Privatleben feiner Zeit (III, 278 ff.), aber im
Ganzen iſt fein Fehler eine ſchauderhafte plumpe Realität, ohne Berföhnung,
obne Idealitaͤt. Maplofigkeit charakterifirt feine Stoffbehanblung, in quali⸗
tativer wie in quantitativer Hinſicht; Sat. V. 3. B. fängt immer wieber von
vorne an. Was die Form betrifft, fo hat D. Heinflus (de Sat. horat.
p. 105 ff. ed. 1612.) vießfals das laue Waſſer hollandiſcher Kritit über
ihn ergoffen. 3. ift kein Künfller, denn er bat einen nur Außerliden Plan,
feine Idee, Feine Totalanfhauung, nur Anſchauungen, nur Gedanken, Gin⸗
fälle, zufällig entflanden und zufällig aneinandergereiht; vie einzelnen Theile
find wie die Granaten eines Roſenkranzes aneinandergefäpelt, aber ohne, wie
biefe, an den Enden zufammengebunden zu feyn; es iſt oft unmoͤglich, die
Ideenaſſociation aufzufinden, welde von einem Gedanken ober Bilde zu bem
anbern geführt bat; oft aber find Außerliche, leicht einförmig werdende Ueber:
gänge gewählt (vgl. VI, 569. 592.). Auch Unterbrehungen bed geraden
Gedankenganges dur Ginfchiebfel finden ſich fehr häufig. : Die Einkleidung
nimmt Öfter8 einen Anlauf zum Dramatifchen, ift aber nicht immer glücklich
gewählt (vgl. VI, 28. 42.), noch zu individueller Geſtaltung ausgearbeitet
(vgl. V. den Paraflten) und noch feltener (vgl. übrigens III.) confequent
durchgeführt. Der Ausdruck iſt, mo nicht ein plumper @egenfland plump
audgeführt wird, im Ganzen in Rhetormanier gemählt, oft auch gefucht und
überlaben und zur Unzeit gehoben (vgl. VI, 157 f.). — Wit Tacitus theilt
3. die Erfenntniß der Fehler und Laſter feiner Seit, aber deſſen Schmerz
darüber, feine fromme Neflgnation und fein glaubensvoller Aufblick zum
Ipealen fehlt ihm. inter feinen Vorgängern ift J. dem erfahrungslofen
Perfius und feiner hohlen und beſchränkten Ivealität durchaus überlegen durch
Reichthum der Anſchauungen und Erfahrungen, hat aber nicht deſſen inflinctive
Intuition eines Ganzen; dem Horaz fleht er in jeder Beziehung nad, wobei
nur die von I. freili noch abfichtlich gefleigerte Ungunſt der fpäteren Zeit⸗
verhältniffe mitzuerwägen iſt — Lieber die Scholien zu Juv. und die Hand-
ſchriften von feinen Satiren vgl. D. Jahn Zeitſchr. f. d. Alt. Wiſſ. 1835.
©. 1046 f. und Prolegg. zu Perfius p. CXIX ff. Bon jmen fleht var
Commentar des Gornutuß den vorzũglicheren (ib. CXXV f.) des Cod. Pi
thoeanus (post Pithoei curas auzit etred. A. G. Cramer, Kiel 1823. 8.,
ni das ergänzende Progr. von Dreli, Zürich 1833. 4.) und Sangallensis
nad, welde in kritiſcher und exegetifher Hinfit von Belang find. Auf⸗
June 589.
zäblung der Handſchriften bei Ruperti I, p. CLI—CLXIV.; fie find von
ungleigem Alter und Werthe, bemerkenswerth aber iſt in einer Saurentianis
fen Handſchrift die Bemerkung, fle ſei abgeſchrieben nad einem Gremplar,
das a Niceo Romae emendatum fe. Aufzählung ver Ausgaben des Juv.
f. bei Ruperti I, p. CLXIV. bis CCLIU. Die widtigften find: Ed. princ.
Venet. 1470. und Rom. um 1470. (fol.), cum comment. D. Calderini
(Venet. 1475. 4. 1495. fol.), G. Vallae (Venet. 1486. fol.), Cald., Vall.,
Mancinelli (Venet. 1492. fol.), nebſt Merulae (Venet. 1498. fol.), Ald.
(1501. 8.), c. comm. Britanniei (Brix. 1501. fol. u. d.), cum nott. Pul-
manni et Hadr. Junii (Antv. 1565. 8.), Fr. Pithoei (Lutet. .1385. 8.),
Schol., Britann., Pith., Curion. Pulmann. (Lutet. 14602. 4.), cura N. Ri-
galtii (Lutet. 1613. A. 1616. 12.), ed. Grangaeus (Paris 1614. 4.), cum
Scholl. et comm. ed. H. C. Henninius (mit ®erflus, Ultraiect. 1685. 4.
Lugd. Bat. 1695. 4.), c. perp. comm. ed G. A. Ruperti (2 Bpe., Lips.
1801.8., Auszug davon, Gotting. 1803. Ed. 11. 1819.), ed. N. L. Achaintre
(Paris 1810. 2 Bde.), N. E. Lemaire (Paris 1823. 2 Bde.), rec. et ann.
G W. Weber (Weimar 1825. 8), in I. C. Drelli Eclogae Poett. Latt.
(Sat. 4. 8. 10. 15.), W. E. Webers Corpus poett. latt. p. 1138—1173.
Juv. sat. delectus c. nott. ed. C. Schmidt (Bielefel» 1935. 8.), ex emend.
et c. comm. C. F. Heinrichii, acc. scholia vetera (Bonn 1839. 2 Bbe.).
Sat. II. (3. 4. 5.) ed. C. L. Roth (Nürnb. 1841. 8.). Ueberfegungen:
von D. v. Haugwitz, Leipz. 1818., I. I. 6. Donner, Tüb. 1821., bei. W.
E. Weber, Halle 1838 ; von Hausmann (mit Original), Leipz. 1889. Auch
von dem Unterzeiäineten wird vom J. 1845 an eine Cinl. Ueberf. und Er»
flärung in 4 Bon. (Stuttg., Metzler) erfcheinen. Grläuterungsfäriften:
Manfo, Nachtrr. zu Sulzer VI, 294—342. C. F. Heinrich, comm. I. in
Juv. Sat., Kiel 1806. 4. nov. spec. comm., ib. 1810. 4. I. R. Heinede,
animadv. in Juv., Halle 1804. 8. I. V. Francke, examen criticum Juv.
vitse, Alt.1820., de vitaJuv. qvaestio altera, Dorpat 1827. fol. Pinzger,
de versibus spuriis et male suspectis in Juv. Satt., Bresl. 1827. Schrader,
über XI, 100—107. im Stendaler Progr. von 1829. 4. (K. A. Bauer)
Krit. Bemerkungen über einige Nachrr. aus dem Leben des J., Regensb. 1833.
Gibbon, miscell. works III, p. 128 ff. Niſard, études de moeurs et de
critique sur les poetes latins de la decadence (Parts 1834.) II, p. 101.
bis 174. A. Ruge, in den deutſch. Jahrbb. 1841. IH, S. 395., außer den
Schrr. über die röm. Satire überhaupt (f. Bd. IH. ©. 1474., Ruperti's
Prolegomena, ®. &. Weberd und Heinrichs Einleitungen, Bährs Lit. Geſch.
6. 134—136. ed. 3.). I. N. Madvig, de locis aliqvot J. interpretandis,
in feinen Opusc. acad. I, p. 29-63. II, 167—205. K. &r. Hermann,
spicileg. annotalt. ad Juv. Sat. III, 4. Marburg 1839. 4., de Sat. VIE.
temporibus, Gött. 1843. 4. (Progr.). &. Kempf, observationes in Juv.
aliqvot locos interpretandos, Berl. 1843., vgl. K. Fr. Hermann in d. Zeitſchr.
f. d. Alt. Wiſſ. 1844. Nr. 8 ff. Meine Abhandl. über die neueſte Juvenal⸗
Literatur in Jahns Jahrbb. 1845, Bd. 43. &. 97—122. [W. Teuffel.]
Suno, "Hoa, Hon. Indem wir bei Darſtellung des Mythos und
Dienftes der Juno oder Hera der Fährte einer wiſſenſchaftlichen Kritit nach⸗
geben, haben wir zunörberfi nicht oder nur entfernt und unfldder verwanbte
Elemente abzufelden, Fremdes und Cinheimiſches auseinander zu halten.
Das Princip der Theokraſie, der Schluß von der begrifflihen Verwandtſchaft
einzelner Ziguren verfchledener Mythenkreiſe, von ver Achnlichkeit ihrer Attri⸗
bute u. dgl. auf einen hiſtoriſchen Zuſammenhang und urſprüngliche Ipentität
derfelden, wie er dem kritiſchen Urthell auf der erften Stufe der Natürlich⸗
keit angebört, und wie ihn nur die unter dem Ginfluß romantifher und
ĩchelling ſcher Schwaͤrmerei zur Ausbildung gefommene ſymboliſche Behandlung
540 Juno,
der Mythen ſich aneignete, kann das Dunkel ver Verwirrung nur verbidten,
welche über vie alte @ötterwelt verbreitet if. Man muß den Göttern und
Mythen ihre Autochthonie wieder ſichern, um die Bebeutung und Entwidlung
ihres Weſens zu verfiehen, und flatt dad Gemeinfame und Gleichartige ders
felben, vielmehr ihre Eigenthümlies und Individuelles ald Hauptmoment
hervorheben, um die nebulofe Hülle, unter meldder die Symboliker alle @ötter
in ein confufes Gonglomerat zufammen gerinnen laffen, zu zerftören. Hienach
fsheiden wir von der Darftelung des Mythos der griechiſchen Hera aus nit
nur die Gulte der Barbaren, welche mit ihrem Dienft in fpäterer Zeit iden⸗
tifichrt wurden, der Babylonier, Phönikier, Aegypter und Karihager, mit
Berufung auf bie überzeugenden Gründe, melde gegen die Annahme ſolcher
im Sinn der Symbolif fehr umfaffenden Einflüffe auf die urſprüngliche Ge⸗
ftaltung des helleniſchen Lebens Ditfr. Müller (vgl. Orchomenos S. 88 ff.
207 ff. Ausg. von Schneidemin) und Andere geltend gemacht haben (Hal.
meine Urt. Horus und Isis), fondern auch den Dienft der italiſchen, beſon⸗
ders tusciſchen und römifchen Juno, der, wenn aud in feinen erften Wurzeln
vielleicht auf griechiſchen Cult zurüdgehend, doch in der Periode feines eigen-
thuͤmlichen und volksthümlichen Werdens und Beftehens einen von bemfelben
wefentlich verfchiebenen Character Hatte.
Hera der Griechen. Ihrer Autochthonie verſtchert, treten fofort vie
griehifchen Götter in ihr urfprüngliches Wefensverhältnig zu dem volfsthüm-
lichen Leben der Stämme, denen fie angehören. Sie werden die ſicheren Führer
in der Dämmerung der erften hiſtoriſchen Bewegungen ver Stämme, und bie
fragmentar. Nachrichten über diefe werben durch bie genealogifhen Beziehungen,
die Thaten und Leiden der Götter ergänzt. Der Mythos tritt in genaue Wechſel⸗
wirkung zur Geſchichte. Die nationalen @rolutionen der Bölfer und Stämme,
ihre Wanderungen und Mifungen ‚üben nicht minder umbildende Einflüffe
aus auf die ihnen eigentbümlihen Mythen und Culte, und die Epochen in
der nationalen Entwicklung eines Volks find daher au die Knoten in der
Entwicklung feines religiöfen Lebens. Wir Haben daher das Gonvolut der
die Hera betreffenden Sagen in feine einfachen Fäden aufzuziehen, um in der
Individualität Hiftorifher, localer und nationaler Berbältniffe ven Quellpunkt
ihres Werdens und Entflebend aufzuzeigen. Sera iſt eine peladgifhe Bott»
heit; als Hoc IleAroyis bewahrt fie die Erinnerung an ihre Autochthonie
(Serod. II, 50. Wpollon. Rhod. Argon. I, 14. Dionyf. Verieg. 534.).
Während eine Menge griechifcher Localgötter dad Schickſal der Stämme theilten,
denen fte angehörten, und in Folge der nationalen Unterordnung biefer zu
Gottheiten der zweiten Rangflufe, in bie Sphäre des Heroifchen, herabfanfen,
hat fi der Eultus der Hera nicht nur zu behaupten gemußt, fondern bie
. Böttin erhob ſich in der Entmidlung des helleniſchen Bewußtſeins, obgleich
nur mit Widerftreben ſich fügend (ganz gemäß ihrem fpäteren eigenwilligen
Charakter), zur Bebeutung eines allgemeinen helleniſchen Religionsſymbols.
WIN man aus biefer Thatſache rückwärts fehließen, fo mag darin ver Beweis
gefunden werben, daß die Verehrung ver Hera ſchon in ber peladgifchen Urzeit
eine weite und ziemlih allgemeine Berbreitung gehabt haben müfle. Suchen
wir denn die Himmelsfönigin in ihren urſprünglichen Heimathflgen auf, fo
dürfen wir mohl an dem heifigen Ort, den noch die fpätere Tradition als
Mittelpunft des pelasgiſchen Religionsweſens bezeichnet, dem Drafel von
Dobona, nicht vorübergeben. Dione, Genoſſin des pelasgiſchen Zeus,
Tpeilhaberin feines Orakele (vgl. Demoſthen. de falsa legat. p. 437. adv.
Mid. p. 531. Epist. IV, p. 1487, 1.), an den Namen Juno erinnernd (wie
‘der Name auch wohl Überfeßt wird, Buttmann, Mytholog. I. S. 22., wenn
es nicht der alte Itame der Göttin felbft if), obgleich nah Strato (VII, 7.
p. 329.) dem Zeus nicht von Anfang an zugefellt. (bei Homer jedoch, wie es
Jano . 541
feint, die Mutter der Aphrodite von Zeus I. V, 371. vgl. 428. XIV, 193.),
iſt doch wohl das urſprüngliche, noch unbeflimmte und farblofe Bild ver
Sera, mie fle aud dad Scholion zu Kom. Od. IH, 91. ausdrücklich nad
Apollodor interpretirt Cdugiroirn Tlooadorır, os nal 7 "Hoc Aicivn apa
Jodwraios). In dem mehr noch in allgemeinen Vorſtellungen, als feflen
Anſchauungen ſich bemegenden Geifl des pelasgiſchen Religionsweſens ift fie
bie göttliche Weiblichkeit, zwar nit, wie Stuhr diefe Vorftellung
in allzufubtilem geiftigem Maßftabe nimmt, „inwiefern auch in der Offen⸗
barung des geifligen Lebens das Weſen der Geiſtigkeit im Danne fi anders
geftaltet, als in der Frau“ (hellen. Relig.Syfl. S. 31. 34.), — dagegen
fprechen die vielen alten Bäume, Säulen und Steine, die in Hellas ala
Mefte alter Culte zu finden waren (Pauf. I, 24. II, 9. 19.; derartige Hera⸗
bilder Pauſan. II, 17. in Argos; Arnob. adv. gent. VI,11. in Samo$ß;
Klemens Aler. Protrept. $. 46. p. 41. Pott. ebendaſelbſt und in Theſpiai;
PBauf. IX, 3,2. die Eichenbilder der kithaironiſchen Hera; vgl. Thierſch,
über d. Epochen der bild. Kunſt unt. d. GEr., Abth. I. ©. 6. Anm.) —.
vielmehr als das empfängliche meiblihe Naturleben, wenn aud noch nit
in der Beflimmuheit des geſchlechtlichen Verbältniffes, noch nicht ala Liebes»
oder Ehegöttiin, ald Juno pronuba, wie Buttmann will, auch kaum ba
abfiracte Vorbild derfelben (Mytholog. 1. S. 7.22—25. Exc. IV. ad De-
mosth. 1. c. Vgl. Klauen, Aeneas u. die Penat. I. S. 408 ff.). Sondern
wie es dem rauben, wenig gebilveten Sinne ver Bewohner des gebirgigen
Epeiros wohl am gemäßeften ift, war die Göttin von Dodona mehr oder
weniger bemußt in Bezug gefeht zu Erde und Mond, als ven einfachen Mo⸗
menten, mit denen das natürliche Bemußtfein bie Borftellung bed weiblichen
Factors bed Naturlebens vorzugsweiſe verknüpft, fo daß wohl Beides -richtig
ift, wenn Schwenk Hera ald Mond», Welcker als Erpgöttin nehmen will
(etymol.myibolog. Undeut. von Shwenf ©. 62 ff. und Welder dazu S. 268 ff.),
nur aber mit Beiränfung dieſer Deutung auf die pelasgiſche Urzejt. Als
Mond tritt und auch mohl Hera in Arkadien entgegen, bieiem treuen Sig
des peladgiihen Weſens (vgl. Wahamuth, Helen. Alterthumgf. I. S. 93.
Ausg. 2. S. M. Pauf. VIII 1, 2. 4, 1. 2. Strabo V, 221. Herod.
I, 146. 11, 171.), nur daß wir theils in ihrem bereit3 engeren, obgleich
nicht unauflöslihen Verhältniß zu Zeus, theils in der beflimmten und be⸗
mußten Anknüpfung an die Stadien des weiblichen Lebens fpätere Einflüfie
erkennen. Denn wenn Temenos, Sohn de8 Pelasgos, die Hera nad arfa=
diſcher Sage in Stymphalos erzog und ihr drei Tempel meihte, ben erften ber
Jungfrau (mais), den zweiten der Battin des Zeus (TeAeıa), den dritten ver Wittwe
(xnoa), der von Zeus wieder nad Stymphalos entwichenen (Pauf. VII, 22, 2.
Auguft. Civ. D. VI, 10.): fo mag man wohl immerhin mit Hug und Schwenf
(Unterf. dv. Myth. S. 122. Etymol. Andeut. S. 68.) hierin eine Andeutung
der drei Monpgeflalten finden; zugleih aber wirb man in der Legende einen
Zug der Erinnerung daran nicht verfennen dürfen, daß Arfabien ein Urſitz
des Heradienfled mar und die Verbindung befielben mit dem Zeuscukt nie
tiefe Wurzel, daſelbſt greifen Fonnte Wenn aber Greuzer in jener Sage den
Gedanfen findet, daß, ſobaͤld die Stifter des Ehebundes fih trennen, die
Welt entoölfert und menfchenleer werbe und gar an die Juno Populonia
erinnert, fo iſt das die ſymboliſche Art, melde den natürliden Sinn des
Mythos millführliher Combination opfert (Symbol. I. S. 558.). Wenden
wir und nah Argos, fo verfeßt uns ſchon der Name dieſer Stadt ganz in
pelasgiihes Wefen (von apyos, ein flaches, mäfferiges Ihalland, Steph.
Byz. 5. v. Wachsmuth am a. D. I. S. 53. Beladger oder Pelarger, ein
ackerbauendes Volk, O. Müller Orhomenos ©. 118 ff.; Andere von «pyog,
weiß, glänzend, mit Beziehung auf Monddienſt, Schwenk etym.myth. And.
542 June
S. 67.). Argos will ächter Geburtsort und erfle Helmatb der Göttin fein
(Strabon p. 413.); ſchon Homer bezeichnet fle als Hera Argeia und Argos
nebft Sparte und Myfenai als die Hauptorte ihres Kultus (11. IV, 8. 51.).
Mykenai ſcheint dieſen Ruhm auch fpäter no darin bewahrt zu haben,
daß fie als Anhaltspunkt des achaiiſchen Stammelementd gegen die Dorier
erſcheint (Wachsmuth am a. O. I. ©. 92.), die dem Heracult uriprünglid
nicht eben zugeneigt waren (DO. Müller Dorier I. ©. 288. Vgl. unten).
Das zwiſchen Argos und Myfenai liegende Heraion war beiden Städten ge-
meinfam (Strabon VIII, 368. cf. Bauf. II, 17, 1.), und noch ſpät flritt
Mykenai um ihren Antheil daran (Diodor XI, 65.). Deutli erkennen wir
nun in ben Iocalen Sagen noch die peladgiihe Mond» und Erpgöttin, jene
in dem zarten Bilde der Io, der Prometheus bei Aiſchylos den aus ber
dodonaiiſchen Eide in nit dunkeln Worten erſchollenen, finnvoll bedeutenden
Ruf verfündigt, daß fie beflimmt fei, Zeus’ bochgepriefene Gattin einft zu
fein (Aiſchyl. Prometh. vinct. 815 f). Ste ward es als helleniſche Hera,
wie Io nur die pelasgiſche Form dieſer iſt. Als Erdgöttin aber erfcheint
fie und no in Zügen der profymnatifhen Hera. Ihr gehörte ja jenes He-
raion, gelegen in der Ebene Proſymna auf einer Niederung des Berges
Euboia (daher celsae Junonia templa Prosymnae, bei Statius Theb. 1,
383.); unter dem Tempel fließt der Fluß Afterion. An biefe Xocalitäten
fnüpft ſich die Sage, die drei Töchter des Flußgottes Afterion, Euboia,
Profymna und Akraia feien die Erzieherinnen der Hera gemeien (Paufan.
Il, 17, 1. 2.) An dem Fluß Afterion wächst das gleichnamige Kraut,
von deſſen Blättern der Hera Kränze gewunden und gebradht wurden
(Paufan. I. c.), und treffend bringt Ereuzer die Heilfraft dieſes Krauts,
das unter die Phalangien gehört, gegen den Biß der Giftfpinnen (‘Phalangen)
in Erinnerung (Symbol. I. ©. 574.). Nicht minder beurfundet fi die
pelasgiihe Erdgöttin auch In der Zauberfraft der dem Beiyll ähnlichen Steine,
die im Tempel der profgmnaltfhen Hera liegen, und in ber Hand eines
Meineidigen fhmarz werben (Blut. de fluv. XVII, 3. T. XIV. p. 460. Hutt.).
Au gehört hieher ein bei Argos gegen Sikyon Hin gelegener Heratempel
ohne Dad und ohne Bild (Bauf. I, 12, 1.) Noch mehr erfennen wir
den dodonaiiſchen Charakter der Göttin in der an Argos und Thryns ih
fnüpfenden Sage, daß Poſeidon und Hera um die Herrfchaft über Argos
gekämpft, daß Hera geflegt, und nun Peiras oder Pelrafos, des Argos Sohn,
ihren Cult geftiftet habe, indem er aus wilden Birnbäumen (oyyr7 und aye«s)
das erfte Herabild geihnigt, daſſelbe nah Tiryns geweiht und feine Tochter
Kallithyia als Prieſterin beftelt habe (Bauf. II, 17, 5. Plut. ap. Euseb.
Pr. Ev. II, 99. fragmm. IX, 10. T. XIV. p. 292. Hutt. Nach PBaufanias
II, 15, 5. cf. Apollod. II, 1, 4. fpraden Inachos, Kephiſſos und Afterion
der Hera das Land zu, mofür Poſeidon ihr Wafler verfiegen laßt). Ges
war ein kleines figendes Bild. Als die Argeier Tiryns zerflörten, brachten
fie dad Bild in das Heraion nad Argos, mo aud noch ein anderes Kera-
bild Hand, auf einer Säule, wodurch es fi ebenfalls wohl ald pelasgiſch
beurfuntet. Grinnern diefe Bilder an den Vaumcult in Dodona, fo erfennen
wir da8 Gegenbilo des Kichenzeus daſelbſt auch in dem boiotiſchen Feſt
der kithaironiſchen Hera, den Daidalen, wieder. Un den Fleinen Daidalen,
die alle fieben Jahre von den Plataiern gefeiert wurden, brachte man Städe
gekochten Bleiihes in den Hain von Alallomenat, in dem uralte Eichen leben.
Wenn nun ein Rabe kommt, von dem Fleiſch Holt, und dann auf einem
der Bäume auffigt, fo wird diefer umgehauen und ein Bild daraus geſchnitzt.
An den großen, alle fehzig Jahre von allen Boiotern gefelerten Daidalen
frerben fodann vierzehn ſolche Eichenbilder auf den Gipfel des Kiıhairon ge
führt, nachdem fie vorher durch das Loos unter die boiotiſchen Städte vertheilt
» Juno 543
und bräutlich geſchmückt worben; dort wird ein Altar aus viereckigen Holz
Rüden gefertigt, ver Hera eine Kuh, dem Zeus ein Stier geopfert und ber
Altar mit den Bildern verbrannt (Pauſ. IX, 3. 33, 5. Blut. ap. Euseb.
It, 2. fragmm. p. 289 f; die daran fi Enüpfende Sage f. untn). Man
bat in diefer eflfeier die Bedeutung der Hera als Zeit beflimmendver Gottheit
finden wollen (Schwenk etym.myth. Andeutt. S. 70 f.), und der Naivetät bes
Unuftandes der Menſchen entfpricht biefe rohe Zählungsart ganz. Aber fo
viele Mühe fih Ottfr. Müller gegeben hat, die fechzigjährige Periode ber
großen Daidala mit der flebenjährigen der Eleinen in @inklang zu bringen,
indem er diefe nad Mondjahren rechnet, deren 63 (d. 5. 9 Perioden der
Heinen Datvala) 60 Sonnenjahre ausmachen, wogegen Sidler 8 Perioden
biefer, von je 7 Sonnenjahren, zu 60 Monbjahren rechnet (Sidler, bie
Yierogl. im Myth. d. Aesculap ©. 42.): fo if die Zahl ver vierzehn
Bilder immer nit motivirt. Wenn aber nun Welder wohl richtig die Zahl
14 bier, mie bei den 7 Knaben und 7 Mädchen im Heradienſt zu Korinth,
ben 14 Nymphen bei Birgil (Aen. 1,71.) für zufällig und auf irgend einem
politiſchen (4. B. 7 Städte bildeten den Bund, 7 Stammberren ber Plataier
u. dgl.) oder priefterlihen Grund beruhend erflärt, und menn auch die großen
Daidala erſt als ſpäteres Bundesfeſt eingeführt wurden, fo iſt doch gewiß
bag Schnigen ver Bilder ein alter Brauch gemelen, und bie großen Daidalen
waren nur Erneuerung eined alten oder Erweiterung eined localen Cultus,
wie ja alle Gebräuche ver Art nicht auf Berechnung beruben, fondern mythiſch
entfiehen (D. Müller, Orchom. ©. 40. 208. 216 ff. Welder 3. Schwenks
etym. And. S. 282 f.). If aber der Baum in vielen religiöfen Dienten
beliebtes Symbol der befruchtenden Erdgottheit, fo ift auch Hera bier mohl
nur die pelaëgiſche Darſtellung dieſer Idee. Auch in Thespiai mar die Eithai-
roniſche Hera uralt, als audgehauener Stamm (Klemens Aler. Protr. p. 13.
p. 41. Arnob. adv. gent. VI, 11.). Als Erbgöttin aber ſcheint Hera, wie
PR das Chthoniſche und Katachthoniſche fih gerne verband, auf frühe ſchon
mit der interwelt in Bezug gebracht worden zu fein. Dafür kann der Acherom
und Kofytos in Epeiros bei Dodona ſprechen (Bauf. I, 17,5. IX, 30,3. Plin.
H. N. IV, 1.); bei Sermione, mo auf dem Berge Pron Demeter und Hera
(urſprünglich vielleicht nicht verfhieven, vgl. die Hera Profymnaia mit ber
Demeter gleichen Namens, Pauf. II, 37, 1.) je einen Tempel hatte, foll
Perſephone und Herafles in den Hades gegangen fein (Pauſ. II, 35. 36.),
und @phyra und Pylos, beides alte Städte der Hera, hatten Hadesdienſt
(D. Müller Dorier I. ©. 422. 447. Orchomen. ©. 268. vgl. unten). —
Mit dem Uebergang des griechiſchen Lebens von feiner alten pelasgiſchen
Geſtalt in das Hellenenthum oder die heroifche Bildungdform geht im Mythos
bie Erhebung von ber alten farbloien Unbeſtimmtheit des Naturſymbols zu
lebensvollerer, ſinnlicher und fittlicher Geflaltung Hand in Hand, eine Berän»
derung, deren allgemeine Reminiscenz fi in der Notiz bewahrt hat, daß
die Pelasger urfprüngli Keine Namen für die Götter gehabt, und erft auf
die Mahnung des dodonaiiſchen Drafeld ihnen ſolche gegeben haben (Gero.
11, 51. 52. cf. Apollod. III, 14, 1.). Auch die Auffaffung der Hera erfuhr
bieje Einflüffe. Ihre Figur erlangt einen mehr und mehr finnlich und fittlich
beflimmten Charakter, fie betheiligt fih an den Entfaltungen des geifligen,
den Leidenſchaften des ſinnlichen Lebens, welche ben Kreis der Götter in thätige
und Teidentlihe Bezüge bringen, fie zu beflimmten Gharafteren entwideln,
su Prototypen des menſchlichen Lebens geftalten. Die Götter nehmen Fleiſch
und Blut an, wie die Triebe und Thätigfeiten des finnlihen Daſeins durch
biefe Miſchung höher geweiht und begeiftigt werden (vgl. Stuhr, hellen. Rel.⸗
Syſt. S. 43. D. Müller, Geſch. d. grieh. Lit. J. S. 19). Die Sage
bat diefe Umbildung der Hera in ihrem Zufammenhang mit jener politiichen
44 June ®
Entwidlung in dem einfaden Zuge refervirt, daß Phoroneus, ded Inahos
Sohn, der Hera zueft Waffen geliehen habe, und dafür oder auch für
bie Einführung ihres Dienftes überhaupt (denn nun erfl wurde bie pelad-
giſche Göttin zur Hera), fo wie für die vadurch bewirkte Geflttung der noch
geſetz⸗ und heimathlofen Menfhen von Zeus zum erfien König unter den
Sterblicden erhoben worden fei (Hygin. fab. 274. vgl. 143.). Diefes, nicht
daß Phoroneus den Dienft der Fretenflihen Hera eingeführt Habe, wie Böttiger
wil (Ipeen 3. Kunſtmyth. II. ©. 277.), ifl der Sinn diefer Sage. Wenn
nun in diefer Richtung ber religiöfen Entwidlung im Heramythos das Ver⸗
bältniß der Göttin zu Zeus vorzugsweiſe Gegenfland der Bildung und Ge»
fialtung werden mußte, fo haftet Die Erinnerung an dieſen Entwidlungsprozeß
faft allen Mythen und Sagen unverkennbar an. Man erkennt in benfelben
die noch wie ein Schatten aus der alten pelasgiſchen Zeit ſich durchziehende
urfprünglihe Beziehung auf Erfheinungen des Naturlebens, während fid
die Erinnerung an bie eingetretene Umbildung darin unverkennbar anfündigt,
daß die ehliche Verbindung der Hera mit Zeus fich ald eine erſt fpäter ein-
getretene und nicht felten unter Zeichen des Widerſtrebens von Seiten der
erfieren vollzogene darftelt. Wir finden Hierin den Kampf particufarer Cultus⸗
Intereffen gegen den hellenifhen Univerſalismus des olympiſchen Götter:
Syſtems. Derjenige Punkt, in weldem diefe Umbildung ver Hera in den
bedeutendſten Zügen und in voller naiver Urfprünglichkeit zu Tage Tiegt, iſt
ber argeiifhe Mythos. — Als Hera einft einfam auf dem Berge Thornar
auf der Südfpige von Argolis ſaß, da erregte Zeus einen Sturm und flog
als Kufuf verkleidet zu ihr. Mitleivig nahm fie den von Kälte und Näfle
flarren Vogel auf und barg ihn in ihrem Gewand. Da aber nimmt Zeus
feine ächte Geflalt mieder an, und umarmt die Göttin, jedoch nur erſt, nachdem
er ihr, die vor den eltern fich fürdtet, die Ehe verfproden (Theokrit.
XV, 64. Schol, cf. Baldenaer zu diefer Stelle. Pauſ. II, 36, 2. 17, 4.
Wernsdorf Poet. Lat. min. III. p. 589. Welder zu Schwenks Andeut. S. 27 *
Preller, Demeter ©. 244. Greuzer IL S. 585 f. u. A. m.); täufghend bie
Geliebte, erzeugte er mit ihr einen Sohn (Blut. de Auv. 18, 10. T. XIV.
p. 462. Hutt.). Der Berg erhielt daher ven Namen 0005 Konxyyıor, Ku:
kuksberg, und Ariſtophanes fpielt wohl auf diefe Sage an in feiner vage-
Aoxonxvyia (Av. 819 ff. Böttiger am a. ©. 244). Mag man nun au
in diefer Sage immerhin die Vermählung des Himmeld und der Erde im
befruchtenden Negen und Gewitter finden, mie denn des Kufufs Auf bie
Nähe des geveihlihen Saatregens verfünder (OD. Müller, Dorter I. S. 400.
Ereuzer u. Preller am a. O. Birg. Georg. I, 325 f. Plut. ap. Euseb.
Pr. Ev.”p. 84 f.), jo ifl doch darin nit minder ein Kingerzeig auf die Um⸗
bildung der alten peladgifchen Göttin in die Eöniglie Gattin dee helleniſchen
Zeus enthalten, eine Umbildung, melde zugleih als eine Erhebung derfelben
aus ihrer alten phyflfalifhen Beveutung zur Walterin über das flttliche Ver⸗
hältniß der Ehe unter den Menfchen zu betrachten ifl, mie überhaupt bie
Entfaltung des helleniſchen Lebens zugleih die Entwicklung des griechiſchen
Bewußtſeins zu den höheren Interefien geiftiger und fittlicher Weltbetrachtung
iſt. Und dieſe Beziehungen finden wir in allen ähnlichen Sagen mieber. Die
Erinnerung an das urfprünglie Verhältnig beider, da fie wohl neben ein-
ander beflanden, ihre Verbindung aber noch nicht Gegenfland eines klaren
Demußtfeind war, faßt die Sage als vorehliche, illegitime Liebe auf, die
Verbindung jelber ald Ehe. Jene Erinnerung liegt wohl auch hin und mieber
der Bezeihnung der Göttin als Jungfrau zu Grunde Bon einer ſolchen
illegitimen Ehe redet beionders die Sage von Samos. Dreihundert Jahre
lang pflegten Zeus und Hera hier heimlicher Liebe mit einander, ehe er fle
nad Ueberwältigung des Kronos feierlid Im Olymp einführte (Kallimach.
Jans 345
ap. Schol. A ad Hom. Mi. I, 609. Säol. B ad Il. XIV, 296. p. 348.
Villois.), und die Samter beriefen fih auf diefen heimligen Umgang
beider Gottheiten, um ber ehlichen Vertraulichkeit der Brautpaare vor ber
Bermählung eine religiäfe Beventung und Sanction zu geben (I. c. Porphyr.
und Euftath. ad Il. XIV, 296.). Auch Samos, nad Argos Hauptſitz bes
Heradienſtes, rühmte fich, Geburtsort und Heimath der Böttin zu fein
(2actant. de fals. relig. I, 17.). Hier, am Imbrafos, fol fie geboren fein
unter einem Weidenbaum, woher fie Hera Imbrafla Heißt, au Ipnumtls oder
Ipnuſta von einem Ort oder einer Königin der Juſel (Steph. Bay. p. 421.
Bauf. VIE, & 4. VII, 23. Apollon. Argon. I, 187.). Wie die Göttin
bier Parthenia Heißt (Ayollon. 1. c.), wird der Fluß Imbrafos Barihentos,
die Infel felber Parthenia genannt (Schol. Apoll. I, 187. 11,867. Kallim.
in Dei. 50. Böttiger am a. D. ©. 229. BWelder zu Schwenks Andeut.
6. 279.). Nach einer anderen Sage aber brachten die Argonauten das Bil
und ben Cultus ver Hera von Argos dahin (Bauf. am a. O.). Näher
dagegen als fonft irgendwo liegt e8, hier den Einfluß phönikifcher Elemente
anzunehmen, und in Hera bie tyriſche Monbgöttin zu finden. Man erinnert
an die babyloniſche und tyriſche Ada, und an bie Notiz bei Hefych. Ada,
Luſt, Duelle, bebeute bei den Babyloniern die Hera, bei den Tyriern bie
Weide (s. v. T. I. p. 81. Creuzer H. ©. 555.), ferner an den Stamm-
baum der Gamier, an den orientaliffen Gebraud der Schwefterehen (Böt-
tiger am a. D. ©. 222 ff. Gert. Empir. Hypotyp. III, 205. p. 178.), an
bie orientalifcge Ableitung des Namens (vgl. Era, Himmel, Strabon VIH,
p. 532. X, p. 702. o@uos = Ta vyn). Allein ſicher iſt Gera auch Hier
altpelaſsgiſch, und fremde Elemente erft in fpäterer Zeit anzunehmen. Au
fehlt in der heimiſchen Sage ſelbſt die Beziehung auf Argos nit. Admete,
beißtes, Tochter des Curyſtheus, floh von Argos nah Samos. Hier erſchien ihr
bie. Hera und beftellte fle zur Priefterin in dem alten, von ben Lelegern und
Nymphen erbauten Tempel. Da werben die Argeier tyrrheniſche Seeräuber
(Beladger, D. Müller, Orchom. Beil. 1. S. 431 ff. Wachsmuth I. Beil. 3.), um
das Bild der Göttin zu rauben. Aber im Begriff abzufahren, fieht das Schiff
unbeweglich. Erſchreckt tragen fie das Bild ans Ufer zurüd, fühnen es mit Opfer»
kuchen und fliehen. Admete vermißt es am Morgen ; man ſucht und findet es, und
in der Meinung, es babe zu den Karern entfliehen wollen, bindet man es In
Zweige von Agnosweiden ein. Admele fommt und loͤſt es wieder ab, um
e8 an feinen Standort zurüdzubringen (then. XV, p. 672. 444. Schweigh.
Bättiger am a. D. S. 231 f. Greuzer II. ©. 552f.). Alles geht Hier auf
altgriechiſche Zuſtaͤnde — die Leleger, die Tyrrhener, bie Karer, noch mehr
das Weidenbild — eine pelasgiſche Hera, die urfprüngli ein formlofes
Holzſtück, von Smilis in ein menſchenähnliches Bild verwandelt wurde (Klem.
Aler. Protr. p. 41. cf. Senne Opusce. Acad. V. p. 342. 344. Plut.
fragmm. 10. T. XIV. p. 291. Hutt. ap. Eus. Pr. Ev. III. p. 99. Kallim.
ibid. u. fragmm. 4 477. EvAor eißog "Hoas Zauiec). - Ste hält die Hände
fegnend audgeflredt, ruhen auf Stäben (verua), die in dem Boden befefligt
find, glei dem Bilde der epheſiſchen Artemis, den Kalathos auf dem Haupt
(Creuzer I. S. 555. Böttiger S. 231 f.). Auch Samos nun rähmt fi
der Vermählungsort ber Geſchwiſtergötter zu fein (Ractant. de fals. relig.
1,17.). — So finvet fi ferner au in @uboia eine Brautgrotte (EAvuner
vweugixcr, Schol. Ariſtoph. Pac. 1126.) in dem Berg bei Karyſtos, Ode
genannt ano zig Exei Oyeias or ray Hear uikeog Ziög nal“Hoas (Sieph.
By. Kapvorog, cf. die Stelle bei Valckenaer Theocr. Adoniaz. 64. p. 366 f.
Welcker am a. D. ©. 275.). — Diefes führt uns auf die alte boiotiſche
Sage, wornach Zeus die auf Cuboia erzogene Jungfrau Hera entführt und
auf dem Kithairon Ihrer Umarmung theilhaftig wird. Als Ihre Amme
Bauly, KReal⸗Cucyelop. IV. 85
Maris fie ſucht, weist file der kluge Kithairon unter dem Vorgeben zurüd,
Zeus ruhe bier bei der Leto. Seitdem aber, deuten die Späteren weiter,
haben beide Bdttinnen Einen Tempel; Hera ſelbſt iſt nun die nädtige (rvgia),
die verborgene (uvyia) Leto, eine chthoniſche Bottheit, in der wir bie pelas⸗
giſche Erdgöttin wieder erkennen (Blut. ap. Eus. Pr. Ev. UI, 83. fragtn.
8, 4. 5. T. XIV. p. 288. Welder am a. 5 ©. 271.) Auch nad Kreta,
dem Geburtöland des Zeus, wurde feine Vermählung mit Hera verlegt.
Dei Knoſſos in der Nähe des Fluſſes Theris oder Theron iſt der Ort ihrer
hochzeitlichen Verbindung (Diod. Sik. V, 72.). Unausbleiblig mußte Hera
nun durch biefe Erhebung zur Göttin des Himmels, Zeus’ legitimer Ge⸗
mahlin, au in die vielen Gonflicte und Kämpfe bineingezogen merben, aus
denen fi das olympiſche Goͤtterſyſtem hervorarbeitete. Die alten Localgötter
treten ihren Anſprüchen felndfelig in den Weg und meiden nur mit Wider⸗
ſtreben. Meiſt ift diefer Kampf nur ein Streit gegen ihre eigene urfprüng-
Be beſchränkte Eriheinung, die aber nun in der Sage von ihr getrennt
wird und als felbflänniges Weſen auftritt. ine friedliche Ausgleichung
haben wir in der argeiiſchen Sage gefunden, wenn Sera fi in ihre Unter
ordnung unter Zeus nur gegen das Berfpredden ihrer Erhebung zu feiner
Gattin ergibt. Bine andere Sage dagegen flellt fie ald fliebend nor Zeus
bar, ber fie in die Höhle des Achilleus, des Erbgeborenen, verfolgt, wo fie
diefer beredet, fih dem Gott zu ergeben, ver fie nun, auch hier zum erfien
Male nad der Gage, umarmt (Btol. Hephäfl. ap. Phot. p. 252. p. 332.
ed. Gell.). Vielleicht ift Achilleus der Flußgott Achelsos (Greuzer II. ©.
567.9.). Gin foldes Sträuben ver Hera gegen Zeus, einen folden Drang
- na particulariflifcher Unabhängigkeit finden wir aud in der dem Zeus nad
Stomphalos entwichenen Hera in Arkadien, und mit ebenfalls verfühnennem
Ausgang fpricht es der Mythos aus, der ſich ohne Zmeifel als fpätere
Motivirung an das Feſt der Daidala in Boiotien anfhloß. Hauptort dieſer
kithaironiſchen Hera iſt, wenigfiens fpäter, Plataiat (Blut. Aristid. 11.).
Nach dortiger Sage nun weigert Hera dem Zeus ferneren Umgang, und
kehrt wieder zu ihrem Heimathheiligthum in Cuboia zurüd, wo Y7 ders
.borgen hält. Dem rathlofen Zeus gibt der weiſe Kithairon oder Alalko⸗
menes einen liſtigen Anfchlag in den Sinn, nämlich die Abneigung der Göttin
durch Erregung ihrer Giferfucht zu beſiegen. Zeus flellt fih an, ald ob er
Plataia, Tochter des Aſopos, ober Daidale zur Braut gewählt Habe und
fie Heiratben wolle. Schon wirb der Öymenaiod gefungen und geflötet, ſchon
bringen die tritonidiſchen Nymphen das Waller zum Babe der Braut, ſchon
richtet Boiotia das Feſtmahl. Da fühlt Hera fih überwältigt, fle eilt, von
Blatalifhen rauen begleitet, vom Kithairon herab, zerreißt der Braut ben
Schleier, und erflaunt, flatt der Braut ein Holzbilb zu finden, das Zeus
und fein Nathgeber aus einer Eiche geſchnizt Haben. Die Ciferſucht vers
wanbelt fi nun in Scherzen und Laden. DVerföhnt befleigt Gera felber ven
Drautwagen als Brautführerin und fliftet zum Andenken daran bie Daibala.
Do Tann fie dem Gelüſten nicht twiberfieben, ihre Ciferſucht noch durch
Verbrennung des Holzbildes zu Fühlen. (Plut. ap. Rus. Pr. Ev. III, p. 83.
fragmm. T. XIV. p. 290. Hutt. cf. Pauſ. IX, 3, 1.) So iſt nun Hera
in Plataiai Braut (suugyevouern) und Gattin (reAsia) zugleich (Pauf. IX,
2, 3.). Wenn nun Greuzer dieſen Mythos auf die Erinnerung an Phaͤns⸗
mene bezieht, in denen eine Störung und Kerfielung des elenentarifchen
Lebens hervortritt, auf die phyſiſchen Nevolutionen des alten Boiotien , die
Abzugakanäle im See Kopatd (Creuzer Symb. II. ©. 581. vgl. D. Müller
Drom. ©. 56 ff. Mitter Vorhalle ©. 398 ff.), oder nad Plutarch in der
Hera die von Waſſer überfluihete Erde (Plut.: vyo@ nas nrevuanıın gro)
findet, Wei deſſen Ablauf bie Gipfel der Bäume zuerft zum Vorſchein Fommen,
.
⸗
die num Zeus zum Nothbehelf für die Erde, feine Braut, nimmt (Plut. l. ©;
Creuzer am a. O.), wenn er dabei an den Beinamen ber Sera Prcorn (of:
Etym. M. p. 703.), an fle als Tochter der Rhea, vie mit der Hera bei ben
Pythagoräern die gleiche Bezeichnung durch ein Biere bat (Symb. H. ©:
589. A): fo will dagegen Schwenk Hei letzteren Namen nicht an oeir, fließen
gedacht wiſſen, fonbern an Prix, Erbe (etym. And. ©. 83.), und bie gr
fünftftche Deutung ift vielmehr ein fpäteres plutarchiſches Philoſophem. Wenn
aber fofort Welder in dem Mythos nur ein Motiv dafür findet, daß bie
Muttergöttin in Platatat jährlich ihre Hochzeit feiert, was fonft burg
bad Dogma von ihrer ſich durch das jährlihe Bad in dem Fluß Kanathes
(Bauf. 11, 38.) wieder erfeßenden Jungfraufihaft begründet werbe (au Schwenk
6.279 f.): fo mag fi von einer Seite dieſer Anficht die unfere anſchließen,
daß dieſes Dogma, wie jener boiotiſche Mythos eine Meminiscen, bewahre
an die einft felbflännige und partieulariflifche Stellung der Hera, welche fe
ald Erbgdttin, wie fle dad Cichenbild abzeichnet, behauptete, fo wie an ihre
Unabhängigkeit von dem Töniglichen Zeus, vermöge ber es der olympiſchen
Bötteranfgauung nur unter dem Widerſtreben Tocaler Gultuselemente moͤglich
war bier durchzudringen, wofür wir bier nur vorläufig erinnern an bie Notiz,
daß die Phlegyer, ein altboiotifher Stamm, fich wenig um Zeus künmerten
(Hymn. in Apoll. Pyth. 101.), während Hera die Göttin der Minyer heißt
(Welcker am a. D. ©. 289.). — Zahlreich find nun die Legenden von ben
Collifionen der Hera mit andern Böttern. Ihr Sinn iſt nur big Behauptung
ihrer Herrſchaft als einziger. reitmäßiger Gattin bed Zeus, die Ueberwindung
der partienfären mythiſchen Berbäftniffe, bie der Anerkennung berfelben und
des olympiſchen Goͤtterſyſtems überhaupt entgegen fliehen. Eben darum er⸗
ſcheint Hera in dieſen Mythen zugleih als die fittigende Macht, welche ben
Raturfinn der alten Zeit bändigt und der fittlichen und äſthetiſchen Götter⸗
betrachtung ihr Recht verfchafft, wie denn auch Immer eine Ausgleichung
entweder durch freie LUnterorbnung, oder dur Niederlage ihrer Widerſacher
ber Erfolg iſt. Die Sage hat als das bewegende Moment dieſer Verwicklung
ſehr naiv und ſchoͤn die Eiferfucht bezeichnet und Hera hei der poetiſchen Ge⸗
Raltung ihres Bildes darum vielen Charakterzug vorherrſchend in fi aufge
nommen. Wenden wir und nah Argos, fo finden wir Hera bier im Con⸗
fliet mit Io. Der Name Io mar der alte, noch in den Myſterien fortges
führte Name des Mondes in Argos (Euflath. in Dionys. Perieg. 94.
Sublondfi Panth. H. p. A ff.). Wenn eine alte Botshelt ihre Bebeutung für
das Berrußrfein verloren bat, wird ihr Dienft ein geheimer (DO. Müller Geld.
d. gried. Lit. I. S. 25. 153.). So Jo (Epiph. Haer. p. 12.), die Nichts
iR, als jenes alte pelasgiſche Symbol des weiblichen, empfänglichen Natur-
lebens, fei e8 ale Mond oder ald Erbe, was das griechiſche Naturbewußtſein
nit trennte, wie auch ihre Kubgeftalt Beides andeutet (Diod. SIE. I, 11. Plut.
de Is. et Os. 52. vgl. Plut. ibid. c. 89. Makrob. Sat. I, 19.). Daß
aber Sera ſelbſt noch als Kuh in Argos gebildet worden, wie Greuzer be⸗
hauptet (Symbol. II. S. 576. Anm.), oder daß ihr homeriſches Epitheton
Boom, die Dchfenäugige, noch eine Srinnerung an die alte Kubgeftalt fei,
wie Schwenk will (etnum.myth. Andeut. ©. 67.), können wir und nicht ent»
fliegen anzunehmen. Io ift die alte Hera; ihre weiche, durchſichtige Geſtalt
dem Gharafter des von ber See beipälten, in fanften Verbältntfien fi aus⸗
breitenden argelifchen Landes entfpreddend. Indem das religiöfe Bewußtfeln
NH aus der Naivetät der Naturreligion zu finnlicger Form entwidelt, erwacht
das Bedurfniß, die Göttin und ihr Verhälmig,zu Zeus befilinmter zu fafle.
Als dieſe finnlich erfüllte Geſtalt tritt nan Sera auf und der So, jener ur⸗
ſprünglichen Form ihres eigenen Weſens, gegenüber, und in biefer finnigen
Amphibolie erfüht ſich jenes dodonauſche Orakel bei Aifchylos (f. oben). Die
550 Sene
Inden er den Himmel mit Dtos ſtürmt, zugleich als Bewerber um Hera aufs
tritt, wie Otos um Artemis, die vielleicht eine ziemlich aäͤhnliche Saltung Hat
mie Hera (Apollod. I, 7, 4.). Auch hier eine jener Gahrungen, welche vie
Entwicklung des olympiſchen Götterſyftems noch in unbeſtimmtem Schwanken
zeigen, und deren Beſeitigung um ſo ſchwieriger war, wenn ſich daran ſelbſt
Kahn Hbhhere Eultirelemente knüpfen, wie wenn bie Aloeiden als Stäptegränder
und "Stifter des Muſendienſtes am Olymp erſcheinen. Die vhyfiſche Deutung
biöer Sagen auf elementariftge Kämpfe von Erde nnd Meer (Eerenger II.
. 385. die Aloriden ſtammen von Poſeidonl), Taffen mir an Ihrem Ort,
und finden darin ven Rampf zwiſchen ver helleniſchen Goͤtterunſchauung
und dem in freiem Aufſchwung begriffenen famorhrafifäen Raturbienft, ein
Charakter, ver ſich auch darin bezeugt, daß Apollo den Tityos und bie Aloeiden
tödtet; denn der apolliniſche Cult vollendet vie olympiſche Böttermelt (Bauf.
IX, 22, 5. 29,1 f.). — Friedlicher dagegen ſchmiegt fi dem Herapienfl der
alte Naturcult in der jolkiſch⸗rorinthiſchen Ausbildung an. Sera
Pelasgis wird die alte Göttin von Jolkos genammt, ſchon in after Zeit von
den. peltisgiſchen Ureinwohnern, und aud fpäter in feierlichen Handlungen
daſelbſt verehrt (Apollon. I, 14. Apollod. I, 9, 8. 9, 16.). D. Müller
findet in Ihrem Verhältniß zu Jaſon das Nachbild der Beziehung zwiſchen
der großen ſamothrakiſchen Göttin zu Iaflon (Orchom. S. 261. Vgl. dagegen
Klaufen, Aeneas u. d. Ben. I. S. 391.). Die Umbildung Iafons in die
berühmte heroiſche Perfönlichkeit geht mit der Umgeflaltung der alten Göttin
in die helleniſche Hera Hand in Hand. Friedlich entwickeln ſich beide zu ber
Höheren poetiſchen Anfhauung. Jaſon iſt Liebling der Hera (Kom. Od. XII,
72.); im Begriff, durch den Unauros zu mwaten, findet er Hera, als altes
Weib, am Ufer, ihn bittend, fie überzufegen. Indem er ed thut, verliert
der Held eine feiner Sandalen, und kommt fo als der Einfchuhlge, vor
weldem das Drafel den Pelias warnt, zu dieſem. So verleiht fie ihm feine
heroiſche Weihe, wie fle au dem Pelias den Rath eingibt, dem Einſchuhigen bie
eng des goldenen Vließes aufzutragen, aus Haß gegen Pelias (Hyg.
fab. 13. Apollod. I, 9, 8. 16). Daher iſt Hera Schupgöttin der Arge-
nauten, bern Siäiff fie durch die Irrfelfen Tettet (Kom. Od. XII, 69. Pind.
Pyth. IV.) und an ber Skylla und Charybdis vorüberführt (Apollod. 1,
9, 25.), mie diefe wiederum ihren Eult verbreiten (Strabon VI, p. 986.
Plin. H. N. ’IH, 5.), und fo vollbringt Jafon die Gühne des Geſchlechts
der Utoliven und Hilft dem Cult ihrer Göttin zu feiner Vollendung. Aber
mit Jaſon geht nun au fein Zug nah Korintb, einer mit Jolkos ſtamm⸗
verwandten Stadt (Apollod. I, 9, 27. Diod. Sik. IV, 53.). Hier herrſcht
Medeia, nach viner Sage in Ihrem väterlihen Erbe (Schol. Eurip. Med. 273.
Pauf. H, 3, 6.), und auf der Burg maltet Sera Akraia (Bauf. II, 24, 1. 2.
Apollod. I, 9, 28), dern Dienft le anordnete (Zenob. I, 27. D. Müller
Orchom. ©. 264 f.). Als vie menſchliche Mepräfentantin und Prieſterin der
Goͤttin, dur deren Fügung fie nad der Argonautenfage nach Hellas mit»
zieht (Apollod. I, 9, 86. Apollon. Arg. III, 1134. IV, 242.), erfährt fie
auch ihren Schuß in ihrem Unglüd. Bon Korinth vertrieben, feht fie nad
des Parmenlatos Erzählung ihre vierzehn Kinder, fleben Rnaben und fleben
Mädchen, auf den Altar der Hera Afrala; ruchloſe Korinthier fleinigen fie,
worauf ein Sterben unter die Tleinen- Kinder der Stabt -Fommt, das man
auf Befehl des Orakels dadurch hemmt, daß man mit den Hereien in Korinth
ein Irauerfeft verbindet. Vierzehn Kinder ver edelſten Geſchlechter werben
ausgewählt, um ein Jahr lang mit gefhorenem Haupt in ſchwarzer Kleidung
der Goöttin mit Sühnopfern und Klaggefängen zu dienen (BöHohr. Heroic.
xıx, 14. p. 740. Bauf. II, 3, 6. cf. Apollod. I, 9, 28. Gırip. Med.
1340. Matthiae. DO. Müller Orchom. ©. 264.). Die Kinder der Medeia
}
glaubt man im Helligibum her Böttin begraben (Brit Mea.. 1375. Diob.
Sit. IV, 54. 55.). Hera ſelbſt ſchwebt bier faſt geftaltlos Über der Ent⸗
widlung, die ſich ganz zwiſchen ihren Mepräfentanten und myſtiſchen Trägern
Jaſon und Medeia verläuft. Wenn man in dieſer, ber giftmifchenden Zaus
berin, die alte Erb» und Naturmutter wieder erkennt, beren Kinder wi£o-
Bapßagoı find (Sol. Pind. Ol. XIII, 74.), nur halb des Helleniichen Wefens
theilhaftig, die aber ieh noch —3 Ehre genießt, wie ihre Kinder Heroen⸗
cult (Mauſ. I, 3, 6. D. Müller Prolegem. ©. 138.): fo windet fich da⸗
gegen des Mebling der Oöttin, Iafon, aus den Berfchlingungen der bunfeln
Naturmacht 108 und läutert ſich zum griechiſchen Heros. Gr kehrt fih dem
korinthiſchen Sonnengefchleht zu, während jenes finflere Naturweſen ſich in
Ah ſelbſt zerſtört und von ihm befreit bie Göttin ſich zur olympiſchen Göttin
vollendet. — Nicht mehr nur um locale Gonflicte, ſondern um den Streit
zweier Michtungen, melde das helleniſche Meligionähemyßtiein ſelbß auf der
Grenze feiner letzten Entwidlung eingeſchlagen bat, Handelt es fih in dem
Berbältuiß der Hera zum apallinifden Cult. Nicht ver Wiverflanh
particulärer Bötterdienfte gegen dag helleniſche Bötterinften des Olymps,
fondern die Frage über die Herrfrhaft an der Seite des Eöniglichen Zeus, bie
Drbnung der olympiſchen Bevölkerung, die Abgrenzung ber eigenthümlichen
Stellung ihrer oberften Glieder ſelbſt, pas if bad mächtige Motiv biefer
Entwidlung, die in der Wanderung ber Dorier oder Herakleiden, venen ber
Cult des Letoiden vorzugsweiſe eignete, ihr biftorifches Begenbild Hat. Dem
Streit folgt die Berfühnung auch bier, aber mit der doppelten Wirkung, daß
der avolliniſche Gultus eine univerjelle Stellung gewinnt, in der ex in bie volle
Ausübung feiner ethiſchen Einflüffe auf das helleniſche Leben in politifcher
und religiöfes Beziehung tritt, währen Hera durch dieſe Cinflüſſe (vgl. über
den Begenfag des apolliniſchen Cults gegen bie Interefien des Ackerbaus u. dgl.
O. Müller Dorier I. ©. 286 f.) von den Meften jener Naturmacht, bis wir
bis jezt noch immer an ihrem Bilde haften fehen, gereinigt, als ideale
Göttin und Bötterfönigin an bie Spige bed Syſtems neben Zeus ſich erhebt.
Hera iſt die natürliche Beinbin der alten Göttin Leto. Denn biefe nimmt im
borifhen Bewußtſein feld ihre Stelle ein ala legitime, ſoger ältere Gattin
bed Zeus, und wird Mutter noch ehe Zeus mit Hera vermählt If (Theogon.
406. 918. 921.); auch hei Homer noch ericheint hie ehrwürdige Titanide
Furcht einflößend als eine der Frauen bes ſchwarzbewolkten Kronipn (M. XXI,
498 f.), und noch die fpätere Sage erinnert ih an fie als vie Wöttin und
Walterin ber Ehen (Theokr. XVII, 50.), wie eine ebenbärtige Rivalin der
Hera. Ihre Unterordnung iſt das Nefultat ver Collifion, daher Leio ſelbſt
in der fpäteren mythiſchen Darftelung verfelben nur noch ald eine ber Neben»
frauen bed Zeus erſcheint. Auf Anfleben ver Hera vermeigert die Erde nun
ber ſchwangeten Bdttin ihr Reih zur Geburt (Lukian. D. M. 19.) Nun
verfolgt Hera fie entmeber felbft (Apollod. I, 4,1. Strabon p. 640.), oder
Ares und Iris in ihrem Auftrag, um die Geburt zu verhindern (Kallim.
H. in Del. 61 ff.), oder gebiert Hera ven Typhäon ohne männliges Zuthun
aus den Tiefen des Iartaros, ben fie der pythiſchen Delphyne zur Er⸗
ziehung übergibt, im Grimm gegen Zeus und 2eto (Som. Hymn. in Apoll.
Pyth. 2, 127. vgl. Stefihor. ap. Etym. Magn. p. 772.), over verfolgt fie
Tityos, der Blara oder Gaia Sohn (Kom. Od. VII, 324. XI, 580.), ober
ber Drade Python, Delphyne oder Delphis genannt, melde die Letoiden
dann tödten, auf Hera's Beranlafjung (Hymn. in Apoll. 120. Hefiod.
ToSiov Bovros. Paufan. II, 7, 7. Hyg. fab. 55. D. Müller Dorier 1.
©. 312 f. 319.). Als Leto nach einer Irrfahrt von zmölf Tagen und zwölf
Nähten endlih nad Delos kommt (D. Müller am a. O. ©. 223.), fann
fie nicht gebären, meil Sera die Eileithyia fern Hält; erſt als Iris dieſe
52 Juno
herbeiholt (Uymn. in Apoll. 203.) und bie Kureten dur WBaffengeräufs
die verfolgende Hera zurüchalten (Strabon p. 639.), vollbringt fie das Ges
burtswerk. Wenn diefe Ungeheuer das Weſen der Hera no als untergeord⸗
nete, wilde Naturkraft erfcheinen laſſen (obgleih wir auch nicht abgeneigt
wären, darin bereit das Philofophem einer fpäteren Zeit zu finden), fo
wird mit ihrer Tödtung durd die Letoiden das Bild ber Böttin von dieſer
Beimifhung mehr und mehr befreit. Gegen 2eto felber behauptet fie das
Feld, weil ihre Erſcheinung bereitö eine feſt beſtimmte mar, während 2eto
die Dunfle ift, nit ald die phyſiſche Naht, wie man fie wohl ſchon faßte,
ſondern als die no in geifliger Dämmerung verhüllte Gottheit, aus ber erft
die fihtbare mit energifääer Klarheit hervortritt, ähnlich jener peladgifchen
Dione, der Gefährtin des dodonaiiſchen Zeus (vgl. D. Müller Proleg. S. 372.
Dorler I. S. 313.), und mie dieſe, ſelbſt nur Gegenbild der Hera. An
der farblofen Unbeſtimmtheit jener entroidelt fi der beſtimmte Charakter
biefer, was finnvoll in dem Mythos angedeutet iſt, Daß in der Grotte der
Leto Zeus und Hera heimlih ihre Umarmung fetern, daß beide daher opo-
Boos al ovmaoı geworben oder wie Plutarchos mit uns deutet, daß die
nächtige Leto nur Hera felbft ſei, als Leto in der Zeit ihrer heimlichen Ver⸗
Bindung mit Zeus, nah deren Veröffentlichung fie erft ald Hera Teleia und
Gamelios aufgetreten ſei (Plut. fragm. 9,3. T. XIV. p. 288. Hutt.). Und
au darin finden wir ein Symptom friedlicher Einigung der Gegenfäge, daß
Apollon die Argonauten mit Bliten ſchreckt, dieſe ihm aber Altar und Opfer
weihen (Apollod. I, 9, 25.), daß da, wo Hera eben bie Eileithyia gebiert
(PBauf. I, 18, 9. vgl. Som. II. XI,269.), und wo auf ein Ort ihrer Ber
mählung mit Zeus iſt (Diod. V, 72.), in dem Eretifchen Gebiet von Knoſſod,
au der apolliniſche Eult feine befondere Herrſchaft hat (D. Müller Dorier
1. S. 207.). Mit dem Verſchwinden der Leto hört aber der Conflict felber
no niht auf. Zwar hält fih Apollo ſelbſt in feinem ernflen Wefen, feiner
hehren, durchaus in dem Bemwußtfein ber Berechtigung des Sittlichen gegrün»
beten Majeſtät außer der perfönlihen Berührung ded Gegenfaged; aber die
Leiden und Kämpfe des Herakles find Nichts als eine Fortſehung, als die
Bollendung deſſelben. Denn Herafles ift ſelbſt nur Repräſentant des apolli⸗
niſchen @ultes, wie des doriſchen Volkselements, dem biefer eigen iſt. Das
Volk der Dryopen mweiht er dem delphiſchen Bott (Apollod. II, 7,7. Diod.
IV, 37.), nah dem Krieg mit Elis gründet er dem Apollo Tempel in Pheneos
und Thelpuſa (Pauſ. VII, 25, 5. 15, 2.), erſchlägt, wie Apollo, den @us
rytos (Apollod. II, 6,1. Som. Od. VIEL, 226.), firaft bie gegen den pythi-
ſchen Dienft Brevelnden (Schild des Ser. fin., Apollod. II, 7,7.), verpflangt
den Apollocult nah Theben, wo das Ssmenion neben dem Herakleion ftebt,
u. U. m. (Pauf. IX, 12, 1. D. Müller Dorier I. S. 418 ff). So if
es nur ber apollinifche Cult, der mit dem Anfpru auf univerfelle Geltung
auftretend, fich in Herafled den zu gleicher Entwidlung fortfgreitenven übrigen
helleniſchen Göttern gegenüber flellt, und nicht die Unterbrüdung ber einen
odes andern Ordnung ift dad Interefie, um dad der Kampf fh bemegt;
denn beide find in Bollsmaflen repräfentirt, haben ſchon zu tiefe, unaustilg⸗
bare Wurzeln geſchlagen und ver gleihe Zug zu idealer Verklärung bat fir
ergriffen; fondern ihre Ausgleihung und Verſöhnung, die Abrundung bes
olymviſchen Götterkreifes, wie des helleniſchen Bolksbemußtfeins tft das Ziel
der Bewegung. Und zwar da der doriſche Bult der in den Compiler ver
übrigen Culte hereintretende tft, fällt ihm die Nolle zu, fich zu bewähren,
und Herakles übernimmt biefe Aufgabe. Die poetifhe Sage zeiäänet ihn daher
als Gegenſtand der Berfolgungen der Hera, denen er fi millig unterziebt,
um jene Probe zu befteben. Als Zeus den Göttern verfünbet, daß der an
jmem Tag Geborene zur Herrſchaft beflinmt fei, weiß Gera ihm liſtig bie
\ Juno 553
eiblide Bekräftigung feines Wortes zu entloden, und geht nun, um felber
die Geburt des Curyſiheus zu fördern (dom. Il. XIX, 95 ff.). Als aber
Alkmene'd Stunde naht, hält Hera die Eifeithyia fern, welche gerufen zwar
fommt, aber nur, um fi nad Hera's Anmelfung auf den Hausaltar zu
feßen, das rechte Bein über das linke ſchlagend, die Hände verſchränkend und
Zauberformeln murmelnd, welche die Geburt hemmen (Anton. Lib. 29. Ovid
Met. IX, 292 f. vgl. Pauf. IX, 11, 2.) Nur die Liſt der Dienerin der
Alkmene, Galinthias oder Hiſtoris, Kringt fie durch die täuſchende Nachricht,
Altmene babe geboren, aus diefer Stellung‘, und ber Held tritt and Tages»
fit. Aus Furcht vor der Hera wird das Kind audgefeht, bie es aber findet
und auf Bereden der Athene fogar an die Bruft Iegt (Dieb. IV, 9. Bauf.
IX, 25, 2.). Bon Hera werden die zwei Schlangen gefenbet, die ber acht⸗
monatliche Knabe erbrüdt (Pind. Nem. 1,49 ff. Apollod. II, 4, 8. Theokr.
XXIV, 1—98.); fie verhängt den Wahnfinn über ihn, ald er von feinem
Zug gegen die Minyer zurückkehrt, in bem er feine Kinder töbtet (Apollod.
II, 4, 12. Diod. IV, 11.), fie nährt den nemeiiſchen Löwen und bie lernatifche
Schlange (Heflod. Theog. 320 f. 309 f.), und verfeßt diefe mit dem den
Helden im Kampf gegen letztere angreifenden Kreb3 unter die Geftirne (Hyg.
Poet. Astron. HI, 23.); fle Jegt ihm die Arbeit mit der Hirſchkuh auf (Kallim.
Hymn. in Dian. 100 ff.): ihr weiht Euryſtheus die Pferde des Diomebes
(Diod. IV, 15.); fie hetzt die frieplih gefinnten Amazonen gegen Herafles.
auf (Apollod. IE, 5, 9.), und macht die Heerben des Geryones toll, welche
Curyſtheus Ihr zum Opfer bringt (Apollod. II, 5, 10.); ſie ift pie Urheberin
des Sturms, der den Heros nad Kos verfchlägt (Kom. Il. XIV,249 f. 266.
XV, 25—30.), und ſie ift e8, die feinen Tod Herbeiführt (Som. Il. XVII,
119). Nun aber tritt die Apotbeofe des duldenden Helden und feine Ver⸗
föhnung mit ber feindfeligen Oöttin ein. Wenn dieſelbe ald Zweck der ganzen
Entwicklung fon darin voraus angedeutet iſt, Daß Hera dem Herakles ent»
weder felbft oder unfreiwillig im Schlafe auf dem Olymp, wohin ihn Hermes
Bringt, bie Bruft gibt (Bratoflh. Cat. 44. Hyg. Poet. Astron. II. fin.),
daß Herakles den Heradienſt in Lakedaimon mit Ziegenopfer einführt, weil
die Göttin ihm in feinem Zug gegen Hippokoon und feine Söhne in Sparte
nichts Widriges begegnen Lieb (Pauf. I, 15,7.), daß er mit Zeus die Göttin
im Krieg der Giganten errettet, als ſchon Porphyrion Ihr den Schleier zer-
riffen Hatte (Apollod. I,6,2.), ja daß er in ver thebatifhen Sage ſelbſt zum
Sohn der Hera und des Zeus gemadt wird (Ptol. Heph. III, 313.): fo
erhebt er fi nun im euer, das fein flerbliches Theil verzehrt, zum Olymp
empor und verbindet fih mit Hebe, der Tochter der Hera — ein ewig jugend»
lied Baar (Som. Od. XI, 600 f. Hefiod. Theog. 949f.). Buttimann hat den
Mythos aus orientaliiher Duelle abgeleitet, und Hera als Mepräfentantin
des böfen Princips in griechiſcher Auffaſſungsform bezeichnet; fürwahr eine
grundlofe und faft abgeſchmackte Hypotheſe! grundlos gewiß, was das Drien-
talifche betrifft. Denn wohl Haben fi in einzelnen Zügen fpätere, zumal
aſtronomiſche Elemente angeſetzt, aber die Grundlage des Ganzen ifl gerade
rein. und Acht helleniſch. Es iſt der Kampf zweier volksthümlichen Elemente
im helleniſchen Leben, das in demſelben zu feiner geifligen Vollendung heran⸗
reift. Die hiſtoriſchen Anknüpfungspunfte haben fih unter. den Händen ber
poetiſchen Fiction faft verloren. Wir finden ſolche nu in dem Kampf des
Herafleß gegen Pylos, das wohl mit Grund als eine Stadt der Hera bes
trachtet wird. Denn PBelasger find ed, vie fie bewohnen, aus Jolkos von
Neleus dahin geführt (Apollod. I, 8, 9. Pauſ. IV, 36, 1. Diod. IV, 68.),
und Hera felbft lebt dem Herafles im Kampfe gegenüber und wird von ihm
verwundet (Som. H. V, 392—404. Od. VIII, 224. Klemens Mer. Protr.
IV.
554 \ Zune |
p. 23. Sylb.). Berner rechnen wir hieher den Kampf des Heros gegen ben
Minyerkönig Erginos, in welchem jener die Heraſtadt Orchomenod zerflön
(Diod. IV,10.), den Krieg gegen Ephyra, mo Medeia, die priefterliche Ber
‚ treterin der Gera, haust (Euflath. Od. II, 328.), u. A. m., hiſtoriſche Tra⸗
bitionen, in denen ſich die Erinnerung an Eonflicte beider Culte bewahrt ha:
(D. Müller Dorier I. ©. 422.). Die nähfte Wirkung. des Kampfes der
Hera auch mit Herafles war die durchgreifende Ablöfung der letzten Ref
des ihr noch anhaftenden Naturweſens, das wir noch in den Ungebeuern,
obgleih ſchon in bläfſerem Lichte als Im Streit mit der Leto, wieber erkennen,
fo wie in andern fagenhaften Zügen, 7. B. wenn Gera, wie Demodokos in
feiner Herafleia erzählt, zur Rache an Herakles die Hülfe der Selene braudıt,
welche dur) Zauberfprüdhe den nemelifchen Löwen aus einer Kifte voll Schaum
bildet (Plut. de fluv. 18, 4. 5. T. XIV. p. 461. Hutt. cf. Ailian. H. A.
XU, 7. Serv. ad Aen. VIII, 295.); und nit nur durch feine Arbeiten
überwindet Herafled dieſe Naturmacht, ſondern noch mehr dadurch, daß er,
derjelben ſelbſt in Wahnſinn wiederholt verfallen, die ethiſchen Wirkungen
des apollinifhen Cults an fi erprobt (Apollod. IL, 4, 12. O. Mülle
Dorier I. ©. 419. 434. 439 f.). Aber nicht follen die Götter durch biefe
Zäuterung nur abflracte und inhaltöleere Figuren fein, ſondern das ift nun
bie höhere Bedeutung des Conflicts ber Hera und des Herakles, daß die zu
allgemeiner Geltung fi erhebenden Götter den ihnen zunächft noch anhaf-
tenden Gharafter farblofer Cinfoͤrmigkeit abflreifen, und eine Fülle finnlicher
Lebendigkeit in fi aufnehmen. Das Hellenifche Bewußtfein flürmt in Herakles
den Olymp ſelbſt, und bringt den Böttern jene ſchoͤne Menſchlichkeit, durch
welche fie aufhören, ferne und frembe Weſen zu fein, und in fleten, leben⸗
digen Verkehr mit den Sterbliden felber treien. Schön iſt dieſes in dem
Mythod bezeichnet, daß der Kampf gegen Pylos und gegen Ephyra zugleid
ein Kampf gegen die Sera und ben Hades, gegen bie noch fehattenhafte
Erfipeinungsform der Böttin iſt (Hom. I. V, 392. Apollod. II, 7, 3.
Klemens Alex. Protr. 12 23. Pauſ. VI,25,3. O. Müller Dor. I. ©. 422.
447. Greuzer II. ©. 979.). Und nur die Kebrfeite davon ift die Entwids
lung des helleniſchen Nationalbewußtſeins. Der Kampf zwiſchen Hera und
Herafles if ein Kampf der beiden helleniſchen Volksmaſſen, die in der dori⸗
ſchen Wanderung an einander gerieben. Herakles, Dertreter der nah ihm
benannten lebenskräftigen Dorier, follickirt dur fein ſtrebendes und hin⸗
gebenbes Weſen die alten Götter, aus ihrer Abſtraction zu concreter Ent:
faltung in dem Spiele finnlicher Leidenſchaften herauszutreten, wie er den
helleniſchen Sinn andererfeit zu jener idealen Humanität vergeiftigt, bie in
dem Gleihgewiht von Kraft und Mäßigung, Thun und Leiden ihren vollen»
beten Ausdruck findet, und feine Upotheofe, feine Berföhnung mit der zürnenden
Hera bringt ebenfo die olympiſche Bötterwelt zum Abſchluß, ale das natios
nale Bewußtfein der Hellenen varin den Sieg feiner Vollendung feierte.
Schoͤn wird dieſes Moment hervorgehoben, wenn die Sage den Herakles
zum Stifter der olympifchen Spiele, dieſes Gentralpunfts für alle Aeußerungen
des bellenifchen Nationallebens macht (Pind. Ol. X, 47 ff. Polyb. XII,.26, 2.
D. Müller Dorier I. ©. 448.). Und fo iſt in fehr ausdrucksvollem Sinn
Herakles, wie ihn, ben Alkeiven, die Pythia nannte (Apollod. II, 4, 12.),
ber Hera Ruhm, "Hoas xAdos (Diod. IV, 10. cf. I, 24. Xilian. Var. Hist.
II, 32.). Mag diefer Name der Göttin immerbin mit Hinſicht auf ihre alte
Naturbebeutung von spa Erde (Welder zu Schwenk Andeut. S. 294. Greuzer
1. ©. 547. Heſych. I, p. 1145. Servius ad Virg. Aen. VIII, 43. 84.
Georg. II, 325.), oder mit Platon ſcherzhaft von ano, das ſchnell Hinter
einander wiederholt Hoc laute (Cratyl. p. 404.), over als sonen, Gelichte
bes Zeus (Plat. ibid.), oder gar mit Hinweiſung auf bie Juno Populonia
June 355
von apnosvas (Sermann in Greuzers homer. Briefen S. 188.) erlärt werben,
gewiß iſt e8 der ganzen hiſtoriſchen Entwidlung der Göttin gemäßer, in ver
Uebertragung dieſes wohl erft Hellenifhen Namens auf die altelasgiſche
Naturgöttin einen Ausdruck jenes heroiſchen Bewußtſeins der Hellenen zu
finden, beren Typen Hera und Herafles find (Schwent Andent. S. 62. von
joog). Und nun, nachdem Sera zu ihrer vollen olympifcden Bebeutung fi
entwidelt hat, faflen wir fle in biefer ihrer poetifhen Vollendung ind Auge,
wie fle in den homeriſchen Bebichten fi abzeichnet. Nun iſt fie in den Kreis
der SBötterfamilie eingetreten. Sie iſt bie ältefte Tochter des Kronos und
der Rheia (Kom. Il. IV, 58. cf. Ovid Fast. VI, 29.), Schweſter (nad
Euemerod bei Lactant. Inst. I, 14. Zwillingoſchweſter) des Zeus, dem Okeanos
und der Tethys von ber Mutter übergeben, ald Zeus ben Kronos in bie Tiefe
verließ (Tl. XIV, 201 f. 302.); nach anderer Sage warb fle von Temenos,
ober von argeiifhen Nympben (f. oben), ober nah Olen von ben Horen
erzogen (Pauſ. II, 13.). Sie ift auch Bemahlin des hohen Kronion. Ihr
ehliches Verhältniß zu Zeus iſt der Hauptgefichtspunkt, von welchem aus
Domer ihre Erfheinung auffaßt, und die wunderbare Wahrheit, melde ihrer
Zeichnung zu Grunde liegt, macht diefelbe zu einer der glücklichſten Barthien
der homeriſchen Gedichte. Als Königin des Diymps erkennen wir fie, wenn
die Goͤtter ihr gleihe Ehre, wie dem Zeus erweiſen (Il. I, 533 f. IV, 60.
XV, 85 f.), wenn der Olymp erzittert vor ihrem Zorn (VIII, 199. 442.),
wenn fie dem Helios befieblt, den Tag früher * enden (XVIII, 239.), den
Donner gebraucht (II, 459.), über Sturm und Meer gebietet (XV, 26.); auch
die Babe der Weiſſagung bat fle (XIX, 407., bei Apollonios wird ihr des⸗
Halb vie weiſſageriſche Krähe ald Organ gegeben, Arg. III, 929 f.), und
unter den Böttinnen ift fie, mad Zeus unter ven Göttern (XVII, 364 f.).
Als Gemahlin des Zeus erfreut fie fich feines befonderen Vertrauens (Il. I,
547.), erfährt von ihm ben geheimen Rathſchluß In Betreff des Achilleus
mb des ganzen Kriege (XV, 65.); ihre Zufprade beftimmt ihn, fih in
Sarpedons Verhängniß zu fügen (XVI, 440 ff.). Diefer hehren Stellung
entfpriht auch das Bild ihrer Außeren Erſcheinung. Ihr ‚grobe Auge (Boons,
n. 1, 551.7, ihre lilienweißen Arme (Aevxwderog, 1,595.), ihre hehrer Wuchs
find fprigmörtlih geworben (I. I, 568. Od. IV, 513. 11. I, 55. V, 711.),
und ihre erzballende Stimme ertönt wie von fünfzig Männern zufammen
(1. V, 785.). Golden if ihr Gewand (XIV, 153.), von Gold find ihre
Sandalen gefertigt (Od. XI, 604., yovoonsdılog Heflob. Theogon. 447.),
wenn fie fih ſchmückt, badet fie ven reizenden Leib in Ambrofia, falbt bie
biendende Haut mit dem Erde und Himmel durchduftenden ambroſiſchen Del,
windet das Haupthaar in wallende Locken (nunouos, 11. X,5.), legt fly daB
ambrofiſche, von Athene gefertigte Gewand an, das goldene Spangen unter
dem Bufen halten, dann den Gürtel mit Hundert Quaften, das ſtrahlende
Ohrengehaänge, den Schleier, der wie die Sonne leuchtet, und die prächtigen
Sandalen (ll. XIV, 170—188.). Sitzt fle, fo iſt's auf golbenem Throne
(il. XIV, 158. I, 611., x0v00800r05), wandelt fie, fo iſt's ein Schreiten In
gewaltigen Luftſchritten, wobel der Buß den Boden nicht flreift, und bie
Höhen des Waldes erbeben (Il. XIV, 225. 280. Vgl. Voß mythol. Briefe
XXII.; der feierlihe Gang der Gera, das "Hoaıor Badıler, ſprichwörilich,
Horat. Serm. I, 3, 11. Böttiger, Ideen zur Kunflmythol. II. ©. 236.),
fährt fie daher, fo fliegen die göttliden Roſſe, welche fie felber einſchirrt
und Ienft, in mädtigen Sprüngen, deren Maaß die Sehmelte eines fpähenden
Mannes iſt (TI. V, 720 ff. Voß mythol. Briefe XVII. ©. 199 f.; den
Wagen ſchirren auch Gebe oder die Horen an und ab, I. V, 722. VIII, 433.).
Ihr glühenner Zorn und Haß gegen Slios Mn. xx, 313. XVII, 367.), an-
gefacht durch das zurückſehende Uriheil des Alexandros (I. XXIV, 26.), macht
556 June
fle zur Teidenfaftlihen Bundesgenoffin der Achaier. Sie iſt es, welche vie
Heimkehr verhindert (I. I, 555 f.), die von Ares entmuthigten Achaier an⸗
fpornt (V, 785.), den von Hektor Bebrängten mit Athene gegen des Zeus
Verbot zu Hülfe fommt (VIII, 380 f.), durch Iris den Achilleus zum Schut
der Leiche des Patroflos aufruft (XVII, 168 f.), feinem Pferde Sprache und
Weiffagung verleiht (XIX, 407.), ungern in die Rettung des Aineias willigt
(XX, 308.), dem Adilleus gegen die Stromgötter Xanthos und Simois ben
Hephaiſtos zu Hülfe ſchickt (XXI, 328 f.). Im Böttergefecht fleht ihr Artemis
gegenüber (XX, 70.), die fle im Kampf an den Händen jaßt, ihr dad Geſchoß
abreißt, unter Lachen es um bie Ohren fhlägt, und fie alfo vertreibt (XXI, |
487 - 492.). Diefe leidenſchaftliche Parteifucht aber gibt nun ihrem Ver⸗
hältniß zu Zeus eine eigenthümlihe Färbung, weil nad feinem Rathſchluß
bie Achaier zurüdgebrängt werben müflen, weshalb er den Göttern die Theile |
nahme am Kampfe verbietet (Il. VI, 5 ff.). Hier If die Duelle jenes
ebliden Zwiftes zwifchen beiden, der dem Dichter die Veranlafiung gibt, jene
unnachahmliche Schilderung des Weibes zu entwerfen, wie ed, dur dad
natürliche und fittlide Geſetz in gewiſſe Schranken gebunden, fi den Manne
untergeorbnet, durch die Verbindung mit ihm fi gehoben fühlt, aber, der
Haren Einfiht in die wahre Sittlichkeit diefer Stellung entbehrenn, von
momentanen, begrenzten, eiteln Zwecken bewegt, diefe Stellung negiren, von
ihrer Beſchränkung abflrahiren zu können meint, den eigenen Willen dem
orbnenden Willen der Bamilie entgegenftelt, im @elüften bes Widerſtandes
ſelbſt das Höchfte aufs Spiel ſetzt, doch im Gefühl der Mactlofigkeit des
von feiner fittlihen Baſis Losgeriffenen Cigenwillens nur mit der Zunge ſtreitet,
ohne die Energie der That, dabei in den mandfaltigflen, widerſprechendſten
Bormen bed Benehmend gewandt, felbft die Schwäche des Manned zu be⸗
nügen weiß, um ihren beſchraänkten, eiteln Zweck zu erreichen. Die Abfiraction
ift die Sphäre, in der fie ſich bewegt, fie ift Feiner vollen Anſchauung eines
Berhältniffes fähig. So Hera. Sie iſt ihrer Stellung als Battin des Zeus
fi bewußt, und achtet feinen Willen, erkennt feine Obmacht an (IV, 56.).
So fragt fle erft bei ihm um Erlaubniß an, gegen Ares zu ziehen (V, 757.),
und wenn fie den Achilleus zur Theilnahme am Kampfe führt, rechtfertigt
fie ihr Thun damit, daß fie ald feine Gemahlin auch mehr Recht zum
Handeln habe (XVII, 360 ff.). Aber indem unverföhnliger Groll gegen
Priamos' Haus fie ergreift (IV, 20 ff.), bemächtigt ſich ein particuläreß In=
tereffe ihrer Sanblungsmeife, dad, von Zeus nicht getheilt, fie aud jener
ſittlichen Haltung drängt (N. I, 560 f.). Ihre Haltung und ihr Benehmen
gewinnen ben Charakter der Falſchheit. Argwöhnii beobachtet fie die Schritte
des Zeus (1, 536.), und unerträgliih iſt ihr das Geheimniß feiner Unterrebung
mit Thetis (1, 540 f.). Da fie ihn vergebens audzuforfhhen ſucht, rächt fich
ihre eigenwillige Begehrlichkeit wenigflend mit unbändigem @ezänfe (I, 5951 f.
V, 892.), das felbft den Göttern zum Uergerniß wird (I, 570.). Ja felbfl
wenn feine Beſtimmtheit oder fein Zorn ihr imponirt, und Athene nur
murrend ſchweigt, Tann file fi der Gegenrede nicht enthalten (IV,20. VIII,
461.), ja fie weiß auch wohl dur die Sprache eines hohen und dabei ſchmieg⸗
famen Selbſtgefühls den ſchrecklichen Kronion zu berüden (IV, 38 f.: „denn
au Ih Bin Göttin, mit dir aus gleihem Befchlehte, — Alſo wohlan, fo
wollen wir denn nadgeben einander, So ich dir, mie du mir‘). Dabei
aber fehlt ihr Muth und Energie zum thätlihen Widerſtand. Wo er ihr
drobt, lenkt fle alsbald zum Behorfam ein (VIII, 427.). Wohl aber ſucht
fie Andere zum offenen Widerſtand heimlich zu reizen, fo den Bofeldon (VIE,
206.), und einmal Hatte fie mit biefem und Athene den Anſchlag, den Zeus
zu feſſeln, aus melder Gefahr ihn Thetis durch Derbeirufen des hundert«
armigen Btiareus oder Aigaion rettet (I, 400 f.). Zeus felbſt fürchtet ihre
Jane | \ . 997
ungegägmie Zunge (I, 522. V, 892.); bald geſchweigt er fie dur Heftigen
Sorf, vor dem fle erbebt (I, 568.); bald ſpricht er Überbrüffige Beratung
gegen fie aus und heißt fie in ihrem Zorn hingehen, wohin fie wolle (VIII,
476.); ober er ift ja ihr Weſen gewöhnt, und daher meniger ärgerlich über
fie, als über Athene (VIII, 408.); oder aber droht er ihr auch mit Schlägen
(1, 567.), bat au wohl fon gegen fie mit der Geißel exrequirt (XV, 17.
1, 588.), und eingmal, als fie den göttlihen Herakles dur einen Sturm
nah Kos verfhlug, bat er fie in dem Werber und ven Wolken ſchwebend
aufgehängt, die Hände mit goldener Zeflel gebunden, und an ben Füßen
zwei Amboße (XV, 19 ff.), welche man .ipäter ald Reliquien zeigte (Euftath.
Hom. p. 1003, 14.), und nur durd einen ſchweren Meineid weiß fie fi
vor einer gleihen Erfahrung feined Zorns zu ſchützen (XV, 36 f.). Sonft
aber ſucht file durch Liſt und auf heimlichen Wegen ihr Ziel zu erreichen
(XIX, 97. XV, 280 f.; daher doAopporsovoa XIV. 197. aungavos XV, 14.);
heimlich fährt fie mit Athene den Achaiern zu Hülfe (VIII, 380 f.), heimlich
regt fle den Achilleus zur Theilnahme am Kampfe auf (XVII, 168.), tückiſch
weiß fie die Troer zum Bruch des Dertragd dur Athene zu veranlafien
(IV, 21. vgl. 64. 92 ff.). Doch am glänzenpften jeist fle ihre Lift, als fie,
die Schwachheit des Zeus kennend, dur den Zauber der Liebe ihn berüdt,
wie ſchon damals, als fie Herafles verfolgte (XIV, 250. vgl. XV,32.), um
feine Aufmerkjamfeit vom Kampfe abzuziehen, damit Vofeivon den Achaiern
helfen fönne. So fhmüdt fi denn die Böttin, weiß dur fchmeichelnde
Worte, unter erlogenem Vorwand, daß fie Ofeanos und Tethys befuchen
wolle, Apbrobite zu beflimmen, ihr den wunderbaren, Sehnſucht und Liebes⸗
verlangen wedenden Bürtel zu leihen; berebet den Schlafgott durch Ber»
beißung einer ihrer Nymphen, ihr zu folgen, und befleigt nun ben Ida, wo
auf der Bergipige Gargarod Zeus Wade Hält. Entzündet von Luft, wie
da, als heide zuerft geheim vor den Liebenden Aeltern in Liebe ſich geeinigt,
fragt fie der Bott, wohin fle elle? Zu Okeanos und Terhys, If ihre Ant⸗
wort, um bie getrennten Herzen ver Pflegeältern wieder in Liebe zu vereinen.
Aber fein Liebeöverlangen Hält fie auf, züchtig will fie ihm folgen in fein
Gemach, aber ungebuldig ſchafft er dichtes goldnes Gewoͤlk Herbei, umfängt
alsbald mit den Armen die Böttin. Unter der heiligen Erde entiprießen
blühende Kräuter, thauige Lotosblum', au Krokos famt Hiakynthos, dicht
und lockergeſchwellt, fie empor vom Boden zu heben; — und ſo ſchlummerte
ſanft auf Bargaros Höhe der Vater, gänzlich von Schlaf und Liebe beflegt,
in den Armen ver Gattin. (XIV, 152—353.) Das ift die homeriſche Hera.
Man bat au bier, zum heil nah Deutungen der nachhomeriſchen Zeit,
in manden Zügen noch Spuren ber alten Naturbeteutung der Göttin ges
funden, wie in den zwei Amboßen die zwei Elemente Erde und Meer, aus
deren Dünften die untere Ruft, d. H. Sera, entfleht (Hermann Mythol. I.
©. 73.). in der Erziehung der Hera dur Okeanos und Tethys die Ernäh-
rung der Luft durch den Urfloff des Waſſers (Böttiger Ideen z. Kunſtmyih.
1. S. 222. vgl. Sert. Empir. X, 314. Sturz Empedocl. p. 209 ff.), in
der beabfidtigten Zeflelung des Zeus einen Kampf der Elemente der unteren
Luft gegen den Aether u. dgl. (Hermann I. ©. 74.). Gewiß waren dem
Homer felbft diefe Beziehungen ferne, und gehören ber reflectirenden Skepſis
einer fpäteren Zeit an. Seine Hera erfiheint ganz als von finnlihen und
fittlichen Motiven bewegte Perfönlichkelt, mie die übrigen Götter. Sie iſt
der Typus des feine begrenzte Stellung nicht begreifenden Weibs im ehlichen
Berhältnig nah af feinen pofltiven und negativen Seiten, jene Miſchung
von Segenfägen und widerſprechenden Momenten, deren flete Spannung und.
Ausgfeihung das ehliche Leben iſt, gezeichnet mit al der feinen, nur im
Hintergrund fpielenden Barodie der dem Dichter eigenen Charakteriſtik. Homers
558 ‚ Juno
Auffaffung blieb maaßgebend für bie poetiſche Darfelung der Goͤttin. Sie
ft Meyaroodernsg Pindaros Nem. VII. in., Ouo9g0r0: mit Zeus XI. init.,
Tooraia ykophr. 1323. u. A. m., um ihre hehre Stellung zu bezeiänen.
Nur ift das abſtracte Interefie, das fie beberricht, und bei Homer nur bei» .
berfpielt (II. XIX, 98 f.), vorzugöweife bie Ciferſucht, und zwar Ciferſucht
auf ihre Schönbeit, ihre Verehrung, ihre ehlichen Rechte. Side, Gemahlin
des Drion, wird von ihr in den Hades verbannt, weil fie ihr den Vorzug
der Schönheit flreitig macht (Apollod. I, 4, 3.), Gerane deshalb in einen
Kranich verwandelt (Ailian. H. A. XV, 29.); aus bemfelben Grunde ober
weil fie das Bild der Göttin verachten, ober das Bold davon rauben, ver⸗
hängt fie Raſerei über die Töchter des Proitos (Apollod. II, 2, 2, Ser. -
zu Virg. Eclog. VI, 48.), und dem Pelias, ver fie verachtet unb bie Sivero
an ihrem Altar töbtet, Hit fle die Medeia auf den Hals (Apollod. I, 9,8.
Apollon. Arg. I, 14.). Befonders aber wird nun die Feindſchaft, bie fe
gegen bie Nebenfrauen des Zeus hegt, durch Ciferſucht motivirt, z. B. gegen
Kalliſto, die von ihr in eine Bärin verwandelt, auf ihren Betrieb von den Pfeilen
ber Artemis getodtet wird, weil fle ihr Keuſchheitsgelübde gebrochen (Apollod.
II, 8, 2. Doeid Met. II, 474.; daſſelbe Schickſal Hat die mit der Kalliſto
ibentifche Helife, Zeus’ Beliebte, Serv. zu Virg. G. I, 138. 246.), gegen
So, die fie in eine Kuh verwandelt, und burd eine Breimfe verfolgt (Lukian.
D. D. 3. Apollod. II, * 3.), gran Leto (Apollod. I, A, 1.), Alkmene
(Apoflod. II, 4, 3.) u. U. m. Auch auf Ganymedes, ven Liebling des
Zeus, if fe eiferfüchtig (Aukian. D. D. 5.). Aus GEiferfuht verfolgt fie
auch die Kinder jener Frauen, 3. den Herakles, den Palikos, den Sohn
des Zeus und der Thalela, den ie in einen Adler verwandelt (Serv. zu
Virg. Aen. IX,585.) u. A. m. Wenn die Göttin, befonderd die argeiiſche
Hera, bewaffnet erfeint (Ondoouio in Elis, Lykophr. 613. 857.), fo
berechtigt rise, ihr deshalb mit Böttiger Kreta zur Heimath zu geben (am
S. 224. 277.). Ihre Bewaffnung if nur Ausdruck ihrer Auffaffung
im —æS Bewußtfein ber Gellenen, dad alle Götter entſprechend aus»
flattete. Zugleich ericheint fie dadurch als ſchützende Göttin, wie ja ihre
Tempel häufig als Alyle vorfommen (Apollod. I, 9,8. Steph. Byz. Zußapız).
In Sikyon weiht ihr als der Probromia der Heralleive Phalkes einen Tempel
jum Dank, daß fie ihm den Weg dahin gezeigt, fo wie der Flüchtling Adraſtos
br, der Männerfchirmenden, ’AAsEaröoos, opfert, weil er in Sikyon Schuß
und Rönigreih wieder gefunden (Schol. Pind. Nem. IX, 380. Pauſ. II, 11, 2.).
Auch ift ihre Waffe eine Schutzwaffe, ver argelifche Schild und die damit
geräte Gottin ſichtbar Bild bes Schutz bebürftigen Weib (Böttiger am
0.0. S. 225. 279.). Wenn der Gebrauch des argeiiſchen Schildes mit
dem von gone in Argos gefifteten älteften Heradienſt in Verbindung
gefeßt wird (Hyg. fab. 170. 273. 274.), fo muß man aber darin nod eine
weitere Beziehung auf bie Bebeutung der Hera finden, wie dieſe gewiß bem
yainsıog ayaor in Argos zu Grunde liegt (vgl. unten). Die eigentliche Be⸗
Feutung der Hera concentrirt ſich ganz In dem Begriff ver Battin und ar-
göttin, der Walterin über die Heiligkeit der ehlichen Rechte und Geſetze.
Bleibt fle leidenſchaftlicher Liebe fremd, die keuſche, treue Gattin des ges
(Som. Hymn. in Vener. 44.), weidt ven Iron ab, und auch in ihrer Liebe
u Jafon übertritt fie die Schranken ihres Charakters nicht (Som. Od. XII, 72.
ind. Pyth. IV, 328.); nur erft die fpätere, darum iſolirt gebliebene Sage
zieht ben halb hiſtoriſchen halb phyfikaliſchen Mythos von ihrem Verhälmiß
zu Curymedon, von dem fe ben Prometheus gebar, herbei (Euſtath. Hom.
p. 987.), und rebet von ihrer Liebe zu dem ſchoͤnen Knaben Aetos, ber in
einen Adler verwandelt wurde (Serv. zu Aen. I, 398. IX, 584.). Vielmehr
find die Kinder, als deren Mutter fie in ber poenſchen Sage erſcheint, alle
Juno " 559
au Kinder des Zeus. So Ares, die männliche Stärke (bon Il. V, 896.),
Hebe (Od. XI, 604.), die Eileithyien (M. XI, 270f. Heſtod. Theog. 917.),
jene die reife, mannbare Jungfrau, diefe die Göttinnen der Geburt, endlich
Hephaiſtos (Il. XVIII, 396. 1,578. XXI, 332. Od. VIII, 312.), der, ſchwachlich
geboren, der Mutter verbaßt iſt, und von ihr deshalb vom Olymp berab-
geworfen (Som. Hymn. in Apoll. Pyth. 140 f.), von Thetis aber und Bus
rynome aufgefangen und erzogen wird, darüber ber Hera zwar zuweilen zürnt,
aber doch freundlig und geborfam iſt (Som. Il. XVII, 394 ff. 1, 572 f.
XXI, 342,.), und ihr einmal felbft gegen Zeus zu helfen ſuchte (I, 590 f.).
Au diefe Sage hat man ſchon phyſikaliſch gebeutet, auf vulcaniſche Feuer
und Erdbeben (Hermann I. S. 264. . Creuzer III. S. 401 ff.), und in der
That ift die Combination der Hera und des Hephaiſtos in Homer befrembenv.
Gr ſcheint noch ein Reſt der alten Naturgdttin, deſſen ſich denn ber Mythos
zu entäußern ſucht, wenn z. B. Hera ihm gebiert in jener vorhelleniſchen
Zeit, da fle mit Zeus dreihundert Jahre heimlicher Liebe pflegte, ober aber wenn
fie ihn auch ohne männliches Zuthun zur Welt brachte (Schol. zu Hom. IL.
I; 609. XIV, 296. Avpollod. 1, 3, 5. Hyg. fab. praef.), was denn wieder
poetiſch dahin motivirt wird, Daß dieſes aus Eiferſucht über bie Geburt der
Athene aus Zeus’ Haupt ohne weibliche Hülfe gefcheben fei (Heſiod. Theog.
920 f.), wogegen ander8 wo an die Stelle des Hephaiſtos der Typhaon tritt
(Hymn. in Apoll. 306 ff.). Immerhin ift die Klage der Hera gegen Zeus
vor der Bötterverfammlung, daß er die fchöne, blauaugige Athene nicht mit
ihr erzeugt habe, ein in ihrem Achten Charakter gebaltener Zug (Hymn. in
Apoll. 323). So warb Sera zur Ghegöttin; und die Poefle, wie bie
alten Culte entwickeln fi fofort in dem Geiſte dieſer Auffaffung, von ber
phyſikaliſchen Betrachtung abgekehrt, vorzugsweiſe zur Darftelung bed iepog
yanog, der Vermählung mit Zeus. Dieb war ein vielbenrbeiteter Gegen⸗
fand der Poeſie, was ſich noch in vielen Spuren nachweiſen läßt (Böttiger
am a. D. ©. 246 f. Blut. ap. Eus. Pr. Ev. p. 84. fragm. IX. T. XIV.
p. 288. Hutt.). Der. Athener Alkman ſchrieb einen iepos yanos, und die
beroifhen Bötterhochzeiten des Piſandros fingen mit der Bermählung des Zeuß
und der. Hera an (Macrob. Sat. V, 2. Heyne zu Virg. Aen. II. p. 284. Exc. I. zu
Apollod p. 169. Heſych. ieoos yauos. Wernöborf poet. lat. II. p. 462.).
‚Die alte Komödie behandelte den Stoff in lasciver Weile, 3. B. ein "Hoas
yauos von dem jüngeren Alkaios, Epicharmos u. U. (Paufantad nennt die
Sage nom iepog yauos ein anoponros 11,17.). Als die Bermählung feierli
vollzogen wurde, brachten nad Pherekydes alle Bötter Geſchenke, Baia aber
ſchenkte der Sera jenen Baum mit den goldenen Uepfeln, ven fie den Heſpe⸗
riden (@ratoflh. Catast. 3. Voß zu Birg. Ecl. VI, 61. Serv. zu Virg.
Aen. IV, 484. Apollo. II, 5, 11.), und als bie Heſperiden ſelbſt nach den
Aepfeln Tüftern wurden, dem Drachen Ladon, Sohne der Ge oder des Phorkys
und ber Keto (Deflod. Theog. 333. Apollon. Arg. IV, 1396. Pherekydes
beim Schol. ad h. 1.) zur Bewachung übergab (Serv. am a. DO.) Man
erinnert fich, um bdiefen Zug zu verfiehen, an bie erotifche Vedeutung des
Apfeld, an den Erisapfel, den Apfel der Atalante, qua zonam solvit diu
ligatam bei Gatull, II, 5., den Apfel des Acontiuß bei Ovid Heroid. XX.,
an das unAoßadeiv, den Apfelwurf bei den Bukolikern und @rotifern (Böt⸗
tiger am a. ©. N. ©. 250 f.). Die Darreihung eines Apfels war eine
Liebederflärung. Un die Stelle des Apfel tritt der Granatapfel, deſſen
Ipätere Binführung ih fhon in dem mythiſchen Zuge verräth, daß er einem
Blutätropfen des Bachos entfprofien ſei (Klemens Alex. Protr. p. 14. B.),
ber aber in fpäteren Myflerien eine große Mole ſpielt (Spanh. ad Callim.
in Pall. 28. Olear. ad Philostr. vit. Apoll. IV, 28. 168. Lobeck Aglaoph.
1,703 f.). Im Tempel des Jupiter Kaflos bei Peluflon ſtand Zeus als
560 Juno
jugendlicher Gott, in der Rechten einen Granatapfel haltend, und Achilles
Tatioe feht diefer Notiz bei, darin liege ein Aoyos uvazınog (III, c. 6. p. 167.).
Der Granatapfel, zuerfi von Aphrodite in Kypros geflanzt (Athen. IT,
p. 84. T.-I. 330. Säw.), iſt ein Symbol der Fruchtbarkeit (Balden. zu .
Herod. p. 278. IV, 143. p. 342.), der Genuß eines Kerns von ihm macht
der Perſephone die Nüdkehr vom Hades unmöglih (Apollod. I, 5,3. Hymn.
in Cerer. 371.), und Polykletos gab daher feiner Hera einen Granatapfel in
die Sand (Pauf. II, 17. p. 259.), vermuthlich auf die alte Sage fi ſtützend.
(Den in die Eleufinien Ginzumweihenden war fein Genuß verwehrt, Porphyr.
n. ar. IV, 6. Spanh. zu Kallim. in Cerer. 11. p.755. Der Oranatapfel
it „ein natürliches Samenbehäftnig mit befonderen Vorſtellungen von ver
Farbe, Geſtalt und von den Eigenfchaften diefer Frucht““, nad Creuzers Aus⸗
druck ll. S. 989., ein Symbol der Brautnacht, Böttiger S. 249. vgl. Preller,
Demeter S. 115 ff. no jetzt ift bei griechiſchen Hochzeiten die Sitte, Gras
natäpfel zu vertbeilen, mit deutlichen Anfpielungen auf ben Sinn des Ge⸗
brauchs. Dodwell, Reiſe I. 1. S. 76. überf. von Sickler; Welder Raub
der Kore S. 10.) Der Drade Labon aber erinnert an den Fluß Ladon, in
weldem Demeter, ald Poſeidon ihr beigemohnt, ſich babet und ihre Reinheit
wieber erlangt (Pauf. VIII, 24, 5.), und an die Leto, welche die Geheim⸗
niffe der Brautgrotte bewacht. Hera ift Wächterin über die, nicht Allen leicht
zu bewahrenden Geheimniſſe des ehlichen Lebens, ein Gedanke, ver ſchon
darin finnig ausgedrückt iſt, daß Hera, obmohl Gattin, doch fortwährend
Jungfrau bleibt. Diefelbe Zucht und Keufchheit der Seflnnung ſpricht ſich
in der Sage aus, wornad fie den Teireflas des Gefichts beraubt, well er
dem Weibe bei der ehlihen Umarmung größeren finnlien Genuß zuſchrieb,
ald dem Mann (Apollod. III, 6,7.), und den Thebaiern die Sphinx ſchickt,
weil fle den Laios nicht firaften für die Verführung feines Zöglings Chry⸗
fippos (Schol. Eurip. Phoen. 1760: Apollod. IN, 5, 8. Welder Trilog.
S. 354.). Denn die unnatürliche Liebe ift ihr zuwider. — Das bräutliche
Lager hei der Götterhochzeit bereiten Iris, ihre unzertrennlide Begleiterin,
oder die Ghariten (Theokr. XVII, 131 ff.), melde fhon bei Homer im Ge⸗
folge ver Hera erſcheinen (Il. XIV, 267.), auch fpäter ihre Töchter heißen
(Rornut. 15.), und au die Horen find ihr dienſtbar (N. IV, 27. V, 720 fi.
VIII, 382. 433.), die Horen, melde alle erfreuenden Gaben der Natur, auf
die Liebe und, wie Hera ſelbſt (Od. XX, 70.), Schönheit dem Menfchen
gerleihen (Plut. Amator. 751. 27. Som. Hymn. VIII, 901. Bin. 01.
xm, 17.), und bald die Hera erziehen, bald fle zur Amme haben (Bauf.
II, 18, 3. Koluth.-87.), die Ghariten, welde den Genuß des gefelligen
Zufammenlebend bedingen (Bind. Ol. XIV. DO. Müller Orchomen. 172 ff.
Manfo myth. Abh. 4. ©. 428 ff. Welder zu Schwenks Andeut. &. 288 f.
Böttiger am a. D. ©. 257 f.). In Argos fleht die Eharid neben ber Hera
(Pauſ. V, 11, 3.), und die Polyklet'ſche Hera trägt Horen und Ghariten
ſchwebend über ihrem Haupte (Pauſ. II, 17, 4.), in ihrem Tempel in Olympia
figen fie neben ihr auf Thronen (Bauf. V, 17, 1.). Mag man in bieler
Gombination mit Welder die Spuren des alten Erddienſtes erfennen, ber an
die kithaironiſche Hera fich Inüpft, die, mie die Chariten, ihren Sauptflg in
Orchomenos hat, oder in den Horen und Chariten Witterungsgottheiten ſehen,
mie Schwenk (Andeut. 72.); mit der olympifhen Hera verbunden haben fle
die höhere Bedeutung ald Spenderinnen der Freuden und Reize des ehlichen
Lebens. Bei der Hochzeit der Pſyche und des Amor gießen bie Chariten
Balfam aus, während die Horen Blumen freuen (Apulej. Met. VIN, 134.).
Sie find unter den Hsoiz yaunmkioız, deren ganzer Chor von den obern Ehe»
göttern, Zeus und Hera 44 herſchreibt (Dion. Rhet. p. 235.), und Voͤttiger
will unter ven begleitenden Chariten vorzüglich zwei, die Peitho und Charie,
Juno 561
Ueberrebung und Anmuth, verſteben (am a. O. S. 208 f. cf. Bauf. IX, 95.
I, 43.). Auch Nymphen kommen im Gefolge der Hera vor; Nymphen und
Leleger bauen ihren Tempel in Samos (Athen. X, p. 949. Schw.), und
Nympben tragen bei dem kithaironiſchen Brautzug das Wafler zum Braut»
bade. Der iaoos yauos bildet nun auf den Mittelpunkt des Gultuß ber
helleniſchen Hera. Ueber die muthmaßlichen Gebräuche dabei ift Böttiger (am
aD. 1. S. 253 ff), Welder zu Schwenk (S. 275f.) u. A. nadzufehen.
Eine Nachbildung der Proceſſion gibt Artflophanes, wo Peiſthetairos vie
Baflleia Heirathet (Av. 1735 f.); voran ein Fackelzug; dann der Brautwagen;
Flöten mii Belang (70 yapımısor avAnua, Bol. IE, 37.), in Athen Hyme⸗
naios genannt (Heyne Observ. ad Il. VII, p. 528.); dann ein heiliges Bad
der Göttin, von Jungfrauen bereitet, meldhe ‘Hosoides heißen (Heſych. s. v.
Etym. M. p. 396.), denn Sera babet vor und nad der Hochzeit; dann feft-
lies Mahl. Beopfert wurben ihr weiße Klihe (in eine Kub verwandelt fi
Hera bei der Flut der Bötter vor Typhon, Ovid Met. V, 330.), Kälber,
Schweine, Widder, in Samos auch das Schaaf, weil ed ein entwenbeteß
Boldgefäß der Hera wieder herbeigeſchafft haben foll (Atlian. Hist. An. XII,
40.), in Lakonien und Korinth auch Ziegen. Das Feſt des Zeuß und der Hera
in Athen (mo auch eine Hera Osidıria vorlommt, Heſych. s. v., und von
einem Heratempel ohne Thüren und Dach geredet wird, Pauſ. I, 1, 4.) am
21. März gefeiert, bieß ber ispog yauos (Bhot. u. Btym. M. Welder zu
Schwenk ©. 272.), und auch bei den Thesmophorien läßt Ariſtophanes die
Weiber die Hera Teieix anrufen, melde die Schlüffel trägt (Thesm. 976.),
auch wird die Agnosmeide bei demſelben gebraucht (Ereuzer IV. ©. 452.).
Während der Eleufinien übrigens war der Tempel ber Hera geſchloſſen (Serv.
ad Virg. Aen. IV,38.). In Knoſſos auf Kreta wurde die heilige Ehe
feſtlich begangen am Yluffe Theris oder Theron mit felerlihen Opfern ale
Nachbildung der urjprünglichen Hochzeitgebräuche (Diod. Sik. V,72.). Ebenfo
wurde in Samos bad Herafeſt nuptiarum ritu gefeiert (Barro ap. Lact.
fals. rel. I, 17.), ein Brautfeft, bei dem gemäß ber oben angeführten Sage
das Bild der Hera jedes Jahr aus dem Tempel verſchwindet, indem es heim⸗
lich, wie eine Braut, and Dieer entführt, dann geſucht, gefunden, won. ben
Agnosweiden, in die es gebunden, gelößt, gereinigt, dann mit Kuchen geehrt
(nah Weller am a. DO. ©. 277. eine Art von confarreatio) und zurüd-
gebracht wird. Bei ber Procefjlon erſcheinen die Männer bewaffnet, in ſami⸗
ſchem Luxus, mit gelodten, wallenden ober geflodtenen Haaren, Armſpangen
und in faltenreihen Zalaren (Athen. XII, p. 453.% Auch trug man Kränze
von Agnoszweigen (cf. Anafreon fragm. is. p. 343. Fiſch.). Das Bet hieß
zovera, nad Menobotos Erklärung das Feffelungsfelt (Athen. 1. c. p. 459.),
nad Welderd Meinung ein Fackelzug (zdros, die Badeln beim Brautzug,
@Eurip. Helen. 733. Weller am a. O. S. 275.). Creuzer bezieht die Feier
auf Jahresſsepochen und Mondphaſen, und erinnert an die Ifiskuh in Aegypten
(vgl. Art. Isis), an die Artemis Orthia ober Avyoösoua bei ven Rafoniern,
an die G@rifaflaude des Oſiris u. A. m. (IM. ©. 553 ff.): richtiger fucht
Schwenck darin ein Brautfefl, dad Ginfchlingen des Herabildes in Keuſchlamm
auf ſchamhafte Verhüllung deutend (Andeut. S. 69. A.; der Agnod aud
ſonſt als Keuſchheitsmittel gebraudt, z. B. in den Thesmophorien, da die
Weiber ſich dieſes Kraut unter ven Kopf legten, Dioskorid. I, 135. Plin.
H. N. XXIV,9. Creuzer II. 556.). Bei einem ſolchen Feſt bemaͤchtigte ſich
Bolgfrates durch Tifligen Ueberfall der Samier, die ihre Nüftungen abgelegt
batten, der Herrihaft (Bolyain. I, 23,2. Sonftige Zeugniffe von dem hohen
Anſehen der Hera bei den Samiern z. B. Herod. I, 70. IV,88.). — Sicher
gehören ferner die Hooxue, an welchen bie Sierapytnier und Zrianfler
Pauly, Real⸗Enchelop. IV.
562 dann
ein gemeinfames Mahl feiern (Welder zu Schwenk ©. 273. Heſyh. se. v.).
In Lakonien, wo bie Hera Argeia und Syperdeiria (Bauf. II, 13, 6.)
einen Tempel hatte, trägt Hera einen Kranz von Helichryſos und Kyperos,
rvAsor genannt, welde Greuzer (Symbol. II. ©. 570.) nah Windelmann
Monum. ined. zu Nr. 6. vgl. Athen. XV, p. 469. und Welder (fragmm.
Alcman. Lyr. Nr. XXIX. p. 47.) für den Hauptſchmuck der phrygiſchen Kybele
erklärt (vgl. Welder zu Schwenk ©. 275.). Hera ift Hier Hypercheiria,
bie die Hand ſchützend überhaltenve, der dad Orakel einen Tempel zu errichten
befahl, als der Curotos einft das Land überſchwemmt Hatte, und der bie
Mütter bei Verheiratfung ihrer Töchter opfern. Ihr Bild beißt Hera,
Aphrodite, eine Combination, die fih zu leicht darbot, ald daß man
nöthig hätte, mit Creuzer auf die babyloniſche Naturgöttin zu ihrer Erklärung
zurüdzugeben (PBauf. IU, 13, 6. Symbol. II. S. 564.). Ihr murden nad
dem Borgang des Herakles, der gerade ‚Feine anderen Opferthiere zur Hand
batte, Ziegen geopfert, woher fie «iyopayos, Ziegenefierin, Heißt, Bauf. IH,
15, 7. Heſych. Alyopayos ynga &r Zaagın, vgl. Welder zu Schwenk And.
©. 294. Xnoa dad afpirirte Hoc; die Ziege hier wohl Symbol der näh-
renden Fruchtbarkeit, oder kriegeriſchen berriihen Gharafterd, wie er in ber
Algis, dem Sturmſchild des Zeus und ver Athene fih ausfpriht (ck. Aiſch.
Choeph. 592. Theb. 63., arasyıler bei Homer Il. II, 148., mit dem Fell
der Ziege ſchreckt Zeus die Titanen Cratoſth. Catast. 12.) In Argos
hatte die Böttin ein Blumenfeſt, die Antheöphorien, wobei der Hera, die
daher Ardasa hieß (Bauf. II, 22, 1.), Kränze von Sternfraut gewunben
und dargebracht wurden (Bauf. II, 17, 2.). Die weiblichen Antbeöphorien
fangen zur Flote dad Oapamor usAog (Wollur IV, 78., vielleicht von Hapssr,
Melder am a. D. ©. 274. vgl. Ovid Fast. III, 253. Ferte Deae flores;
gaudet florentibus herbis Haec Dea: de tenero cingite flore caput); und
Heſych. redet von einem von den Weibern im Frühling gefeierten Blumenfeft
im Peloponnes überhaupt, Hoooardeaz genannt (Welder am a. D.). Die
Beziehung eines ſolchen Blumenfeſtes auf ben sepos yanog liegt nahe, wenn
man des fchwellenden Blumenbetted gedenkt, das bei der Umarmung bed Zeus
und ber Hera auf dem Ida emporblüht (Som. Il. XIV, 347 f.). Diefe Be-
ziebung liegt wohl beſonders ven fünfjährigen Heraien zu rund, bie in Argos
und in dem bei Myfenai liegenden Tempel begangen wurden. Sie wurden Hocuu,
waAxsıog ayov, Exazoußaa, Exaroußeos ayor genannt (Schol. Pind. Ol.
VIII, 114. Heſych. s. v. Ailian. Tactic. c. 17.) und waren das Hauptfefl der
argelifchen Hera. Der Hauptakt war dabei ein Wettfampf, in welchem ber-
jenige Sieger war, ber einen feflgenagelten Schild abzureißen vermodte. Gin
folder Süngling bieß dann des Schildes würbig (Apofol. Prov. III, 70.).
Der Kampf fand vor dem Theater flatt, auf einem Hügel, der, wie ver Schild
ſelbſt, aonis hieß. Mit dem abgerifienen Schilde und einem Mortenkranz
geſchmückt, zog dann ber Sieger in Procefflon in das große Heraion, bei
Mykenai (Strabon VII, 566.), dabei waren alle Jünglinge bewaffnet. Die
PBrieflerin fuhr auf einem von weißen Ochſen gezogenen Wagen (Palaiphat. 51.).
Hiebei ereignete ſich die befannte Geſchichte von Kleobis und Biton, die, als
die Ochſen zu kommen verzögerten, fih an den Wagen fpaunten unb bie
Priefterin, ihre Mutter, in ben Tempel jogen, melde nun die Böttin bat,
ihnen das für ven Menfchen Beſte zu verleihen, worauf man fie am Schluß
des Feſtes zum Tode fanft entihlafen fand (Gic. Tusc. I, 47. Herob. 1, 31.
u. öft.). Stifter der Spiele war nad der Sage Archinos, König von Argos
(Schol. Pind. Ol. VII), ober Lynkeus, ber, als Abas, fein Sohn, ihm
die Nachricht von dem Tode bed Danaod brachte, demſelben den Schild gab,
ben biefer in feiner Jugend getragen unb ber Hera geweiht hatte (Hygin.
fab. 273.). Bei dem Feſt fand ein Opfer von hundert Ochfen flatt, bie
Juno 563
bem Zug vorangingen, unb dann unter bie Bürger vertheilt wurden (Schol.®
Bind. I. c.). Hieran knüpfte ſtch das Sprichwort: ag zır 87 "Apyaı aorida
xadeAoar geurverois (Zenob. Cent. VI. Prov. 52.). Um bie Bebeutung des
Feſtes zu verfichen, erinnern mir an fonflige Volkägebräude, welche die
Braut als eine durch Maub oder Kampf gewonnene erfeinen Iafien. — In
biefem Seralon befand ſich auch ter befannte, von Menelaod geftiftete Schild
des Euphorbos (Pauf. II, 17, 3.). Na den Prieflerinnen deſſelben richtete
fi nie Zeitrechnung der Argeler (Thukyd. IE, 2. Polyb. T. IT. p. 404.).
Unter der Priefterin Chryſis Olymp. 89, 1 brannte der Tempel ab, wurde
aber von Eupolemos fhöner wieder erbqut (Thukyd. IV, 133. Pauf. II, 17.).
Jar Giebel und in den Briefen mar bie Geburt bed Zeuß, der Bigantenfampf
und der Krieg vor Troja abgebildet. In der Borballe fanden auf einer Seite
alte Bilder der Chariten, auf der andern das Ehebett der Hera; im Innern
thronte Die colofjale Göttin des Polykletos und einige ältere Bilder verfelben.
Auf daB Ehebette der Hera bezieht IH ein Opfer, das man ihr darbrachte,
und das Asyeora, Zmeigbett, genannt wurbe (Heſych. s. v.; e8 erinnert an
bie famifche Beivenhera). Argos war und blieb der Hauptſitz bes Hera⸗
bienfled. Sie beherrſcht Hier die Burg ale Hera Akraia (Pauf. II, 22, 1.
24, 1.), und argeiiſche Hera ift die frequentefle Bezeihnung der Böttin
(Aiſchyi. Suppl. 297. Hom. Il. IV, 8. 51. Cic. Nat. D. I, 29.; in La⸗
fonien eine Hera Argeia PBauf. II, 13, 6.); Argos beißt paher "Hoas dauer
Öeonperes (Bind. Nem. X. init. Schol.), und der Achaier Ariſtaios rühmt
bie Göttin als Schutzherrin von Argos (Liv. XXIV, 24.), fie iſt moAoözos
ber Argeler (Palaiph. 51.). — Ein fünffähriges Heraion fand au in Olym⸗
pia flatt, wo ſechzehn Frauen alle fünf Jahre der Hera einen Peplos moben,
und ſodann ald VBorfigerinnen bei den ver Göttin gefeierten Spielen fungirten.
Jungfrauen von fjüngerem, mittleren und höherem Alter liefen dabei in
Amazonenkleidung mit aufgelöstem Haar, ven Chiton bis an die Kniee ges
ſchürzt, die rechte Schulter entblößt, in die Wette. Die Bahn war die
olympiſche, nur um ein Sechstheil verkürzt; der Preis ein Dlivenfranz und
ein Theil des der Göttin geopferten Rindes. Hippodameia ſoll biefe Spiele
bei der Hochzeit des Pelops geftiftet Haben (Pauſ. V, 16. 19, 7. VI, 3, 1.
IV, 14, 6.). Hera beißt in Olympia Tanix (Pauf. V, 15,4.), OnAoouia
(uf. Cass. 613. 852. in Elis überhaupt), au eine Hera Lakedaimonia
(Bauf. VI, 18, 1.), und Ammonia findet fich dort (Pauf. V, 15, 6.). —
Ob ımb welche Beziehung die Heraien in Korinth zum depos yauos hatten,
läßt fh nicht fagen. Hera war aud Hier Burgherrſcherin, Akraia (Apollod.
I, 9, 88. PBauf. II, 24, 1.); au hieß fie Bunaia von Bunos, dem Sohn
bes Hermes und Nachfolger des Uietes, ver ihr einen Tempel baute (Pauſ.
11,4, 7. vielleicht von Bovroc der Hügel). Auch Hier wurden ihr Ziegen
geopfert (Phot. Lex. p. 50. Zenob. Prov. I, 27. Meurf. Graec. feriat.
p. 137.” DD. Müller Dorier I. &. 390.). Weber das mit den korinthiſchen
Heraien verdundene Trauerfeſt der Medeia haben wir oben gerebet. Berner
findet ſich Herabienft in Hermione, mo auf dem Pron beim Kokkygion
ein: Heratempel war (PBauf. II, 36, 2.), in Epidauros, wo ihr Tempel
auf einem ind Meer fi binausziehenden Borgeöitge lag (Pauſ. II, 29, 1.
Thukyd. V, 75.), auf dem Berge Arachneion bei Lefia, wo dem Zeus
und der Hera im regenlojen Zeiten geopfert wurbe (‘Bauf. II, 25, 9.), in
Nauplia, wo ihr Müfterien gefeiert wurden an der Quelle Kanathos
(Bauf. II, 38, 1.), ferner in Aigion in Adata mit einem Bilb, das nur
bee Prieſterin zu fehen erlaubt war (Pauf. VII, 23, 6.), in Sifyon, wo
einige alte dach⸗ und bildloſe Tempel der Hera waren (Bauf. II, 11, 2.
12, 1.); ferner in Arkapien, in Mantineta mit einer thronenden Hera
von Praxkteles (VIE, 9, 1. 2.), n Stymphalos (VII, 22, 2. Pind.
564 Juno
Sl. VI, 188. 149 f.), in Megalopolis, wo ein alter Tempel der Sera
Teleia (VIIL, 31, 6.), ebenfo in Heraia (VIII, 26, 2.). In Pharygat,
einer lokriſchen Stabt, wurde Sera Pharygaia verehrt (Gtrabon IX, 426.).
Die boiotiſchen Daidala waren urfprünglid wohl auch ein Brautfefl, dem
ſamiſchen vergleihhar, der Hera Teleia und Nympheuomene gefeiert (Bauf.
‚2,5. 3, 1f.), und auch als Kithaironia hatte fle in Plataiai einen
herühmten Tempel (Plut. Aristid. 11. Herod. IX, 61.); in Koroneia
war ein Tempel mit einem Standbild der Böttin, mit den Seirenen auf ber
Sand, von Pythodoros gefertigt, erinnernd an den Kampf, ben die Seirenen
mit den Mufen auf Hera's Betrieb im Gefang eingingen, worin fie aber
befiegt wurden (Pauf. IX, 24, 2.); in Lebadeia Hera Henioche (Bauf.
IX, 39, 4.). @ine Hochzeitfeier war wohl auß auf Euboia, wo die Braut-
grotte bei Karyſtos fi befand, und Hera vom Berge Dirphys den Namen
Dirpbya führte (Steph. Byz. Atopvs).. In Mytilene auf Lesbos war
mit den Heraien ein Wettftreit der Weiber um ven Preis der Schönheit ver»
Müpft (Plehn Lesbiac. 116. Inser.). In Byzant, wo Hera bie Burg
‚bemoßnt, und Io eine Tochter Keroeſſa gebiert, tritt Sufammenbang mit
Argos hervor (D. Müller Dorier I. ©. 121. Steph. By. Bularmor).
Ebenfo auf Kos, wo wie in Argos während der Seraien fein Sklave in
den Tempel geben oder von dem Zubereiteten koſten darf (Athen. VI, p. 261. c.
XIV, p. 639. d.). In Aigina wurden die Heraien wie in Argos Hefa-
tombalen genannt, und feierlih begangen, durch einen bem argetifden aͤhn⸗
lichen Wettfampf, Proceſſionen u. dgl. (Schol. Pind. VIII, 82. Müller
Agginet. 149.); die Stadt wurbe diefer Spiele halber viel beſucht (Müller
Aeginet. 140. y.). Berühmt war dur feine Herabilder der aiginetiſche
Künftler Smilie (Pauf. VII, 4, 5. Athenag. in deprec. 14, 5. Mäller
Aeginet. 97 f.). Auf Rhodos wurde in Kameiros und Jalyſos bie
Hera Telchinia verehrt (Diod. V, 55.). Waren die Telchinen das mythifche
Urvolk in Rhodos, wie Lobeck, oder eine Gruppe ſpuckhafter Dämonen gder
Kobolte, wie Klaufen fie auffaßt, gleihviel, in der Hera Telchinia erfefinen
wir wieder eine Form jener alten Naturgdttin, worauf auch der Ruf vie
Telchinen als Zauberer binwelfen Tann -(Strabon XIV, p. 601.). Sie er
feinen in demſelben feindlichen Verhältniß, wie die alte Hera, zu Apollon,
wenn diefer fie entweder erſchießt oder in Wolfögeflalt zerreißt (Euſtath.
I. IX, p. 771. Ser. zu Birgil. Aen. IV, 377.) Wenn nad einer
andern Sage Jupiter fie propter odium conjugis suae Junonis mari sub-
jecit (2actant. Arg. fab. Ovid. VII. f. 11.), fo heißt dieſes nun entweder
fo viel als weil fle Werkzeuge des Hafled ver Hera maren, oder aber, weil
Hera, ald Gattin des Zeus, bei ven alten Rhodiern Eeinen Bingang fand.
(Lobeck Aglaoph. de Telchin. II. p. 1181—1202. Klauſen, Aeneas u. d.
Penat. I. S. 12—17.) In Kerkyra ſcheint der Heradienſt mit dem der
Medeia verbunden, alſo korinthiſch geweſen zu fein (Apollon. Rhod. III,
1153. 1217. u. Schol. Thukyd. I, 24. 111, 75. 79. O. Mülkr Orchom.
©. 297.). — Als Ehegoͤttin, goͤttliches Weib iſt nun Hera vorctſt die HE;
(Pauf. VIII, 22, 2. IX, 2, 5. Ruhnken Tim. p. 274. cf. Diod. V,
c. ann. Wessel.), fo genannt von dem vollfommenen Alter, das die
erfordert, die reife, mannbare Jungfrau (Spanh. zu Kallim. Hymn. in Jov.
97. p. 52. in Apollin. 14. p. 89. Perizon. zu Ailian. V. H. IV, 3.), ober
weil die Ehe ald TeAsıorng rov Biov, Vollendung bed Lebens, angefehen
wurde (Ruhnken Tim. Lex. v. nporsiur, Schol. Pind. Nem. X, 32.), oder
enbli von zslog, reisen, heilige Weihe, um die Ehe als Sarrament zu
bejslämen (Bolur IT, 38. cf. Diod. V, 72. vgl. Böttiger am a. D. ©.
252. Anm.). Sodam iſt fie die Taundlia, die Hodzeiterin (Euflarh. ad
Hom. p. 1156, 48. Serv. zu Virg. Aen. IV, 45. Blut. fragmm. IX. 5.
Jume 565
T. XIV. p. 289. Hutt.), over Zoyia, bie Bindende, Jochende (Apollon.
Arg. IV, 166. Pollux III, 98. Apulej. Met. VI, p. 42., von Luyos, Jod;
den Zufammenbang von Ehe und Aderbau erläutert Böttiger näher am a. O.
1. S. 263-270. Greuzer II. ©. 516. 559. 1000f. Preller Demet. 554.;
cui vincla jugalia curse, Virg. Aen. IV, 59.; Zuyia ano ou Levyrusaı
© Bülv zo apoen, Pi.Dionyf. Halik. Rhet. V. p. 235. Mufon. ap.
Stob. Ecl. Serm. LXV. p. 41j. @ine in Theſpiai verehrte Cinxia gehört
wohl hieher, Arnob. adv. Gent. VI, 11.). Ihre Bilder find unverfäleiert
oder der Schleier zurüdgefhlagen (Barro ap. Lact. fals. rel. I, 17.), weil
bie helleniſche Ehefrau ſich am dritten Tag nah der Hochzeit ded Braut-
ſchleiers entledigt (Heſych. I, 325, 14. Böttiger am a. O. ©. 231.); nur
in Sparte herrſchte die orientalifhe Sitte, daß fih die Frauen verhüllten,
bie Jungfrauen nicht (1 Mof. 20, 16. 29, 11. 17. Plut. Apophth. La-
conic. VI. p. 865.). Wäre die fpäter ihr beigelegte Scheere, wadis, ſchon
ale altes Attribut anzufeben (Suid. II. p. 67. Greuzer Symb. II. ©. 589.
Anm.), fo müßte man ed barauf beziehen, daß der Braut eine Locke abge⸗
fnitten wurde, die fle der Artemis, der firengen Wächterin der Keuſchheit,
weihte (Heſych. Tau» &8n 799, 4.). Bei der Hera Zuyin ſchwoͤrt Iafon
der Medeia Treue, indem beide ſich die Hände reihen (Apollon. Arg. IV, 96.
ch. Ovid Heroid. XII, 817.), und ‚‚große Götter find die Götter der Ehe,
vor Allen aber Hera, bie deshalb Zuyia heißt’‘ (Muſon. ap. Stob. p. 411, 44.).
Endlich if fie auch Eindvin, wie file in Argos heißt (Hein. s. v.), bie
Obwalterin der Gebärenden. So umfaßt fie die Che in ihrem ganzen Um»
fang als ſittliches Verhältniß, und ehliche Zucht und Sitte Tiegt ihr am -
Herzen. Daher heißt fie, obgleich Chefrau, doch auch immer noch die Jung⸗
fräulige, Ilapderos over IJaoderia (Schol. Pind. Ol. VI, 149. Steph.
By; s. v. Eowmwr. Wind. Pyth. Il, 62.), und erlangt dur ein Bad im
Fluß Kanathos bei Nauplia immer wieder ihre Sungfraufhaft (Baufan. II,
38, 2.), wie die Ehefrau ihre Keufchheit auch in der Ehe durch Treue und
Zucht bewahrt. Die einzelnen Functionen der Ehe ſelbſt aber fallen anderen
Böttern zu, der Artemis Avoiloros die Löfung der Zorn, worunter Böt⸗
tiger nit nur den Gürtel verflanden wiflen will (am a. D. ©. 271.), ben
Cileithyien die Beburtähülfe, die aber ala Töchter ver Hera ihr nahe ſtehen
(f. oben), und dur ihren Namen anLeto erinnern. Der olympifchen Sera,
ber Böttin des Himmeldkönigs, ziemte wohl die Weihe und fittliche Aufficht
über die Ehe im Ganzen, die einzelnen phyfiſchen Thätigfeiten erlaubte das
helleniſche Ziemlichkeitagefühl ihr nicht zugufchreiben. Diefe ſittliche Bebeutung
zeigt ſich im ihrer Sorge für das ehliche Glück und den ehlichen Frieden,
weshalb bei ihren Opfern die Galle der Thiere nicht mitgeopfert werben
darf, fondern neben dem Altar begraben wird, meil das Verhältniß von
Mann und Frau rein bleiben fol von Zorn und jeder Bitterkeit (Blut.
fragmm. IX. 2. T. XIV. p. 288 f. Hutt.). Dieſes ift die olympiſche Sera,
bie als OAvumac Baoileım (Phoroneid. ap. Clem. Alex. Strom. I. p. 418.
Pott.) au in Olympia neben dem Zeus des Pheiviad Tempel und Altar
bat, die Königin der Bötter, die Beherrſcherin der Dienfchen in bem fitt- -
listen aller Berbältnifie. In dieſer Vollendung iſt fle abgebildet in ver
Hera susiumr bed Volykleitos, in welcher wir an ben Horen und den Gha-
titen, dem Granatapfel, dem Kukuk die Ehegöttin erkennen. — Doch ein
anderer Geiſt Fam über Hellas mit der allgemeinen Ausbreitung des dionyſi⸗
ſchen Cults und dem Erwachen der Philoſophie, ein Geiſt, der wie eine
widrige Säure auf die Geſtalten der bomerifchen Olympier angriff, unb bie
ſchoͤne menſchliche Hülle, in der die Götter fir bewegten, zerfraß. Der ge-
meinfame Gharafter jener beiden Momente ift Wiederbelebung ded Natur»
bienftes, und zwar beim dionyſiſchen Gult in einer Stärfe und Fülle, daß
568 June |
au die fittlihen Functionen des Lebens in der Potenz bes Natuͤrlichen ver»
ſchlungen wurden. Die Götter gehen in diefer Richtung zu®runde, die Form
ihrer Erfcheinung löst ſich auf und verfinft in dem aufbrechenden Grunde ihres
Weſens. Auch Dionyfos tritt auf al8.Sohn des Zeus; und Hera, deren
ganzes Intereffe nun auf Neinerbaltung des olympiſchen Stammes gerichtet
ift, ift feine bittere Feindin. Auch ihn fucht fle in der Geburt zu verderben,
indem fie feine Mutter Semele berevet, von Zeus eine Umarmung zu fordern,
wie fle der Hera unter Blig und Donner zu Theil werbe, was ihren Unter-
gang, nicht aber den bes Kindes nah fi z0g (Apollod. IN, 5, 3. Ovid
Met. 111, 272 ff. 2ufian. Dial. Deor. IX. Opp. II. p. 30. Bip.). Aber auch ven
Dionyſos verfolgt ihr Zorn und flürzt ihn in wiederholte Raſerei (Apollod. III,
5,1. Heyne ©. 231.), und Gleiches verfügt fle jegt auch über Athamas, darum,
weil er Erzieher des Gottes war, den ihn Hermes gebradt (Apollod. III,
4,3. Heyne S. 227.), und über Ino, die ihn von den dodoniſchen Nymphen
jur Pflege empfangen hatte (Pherekyd. Schol. Il. XVII, 486. PBauf. II,
4, 3.). Dionyios iſt der orphiſche Herakles, der jener fittlihen Kraft und
Mäßigung, melde die Strebungen des Geiſtes ausgleicht, entbehrend, bie
Welt durchzieht, und eine neue Bötteranfchauung begründet, in ber das
helleniſche Bewußtſein an feinen Göttern irre, von einem dunkeln Drange
des Willens in die Tiefe des Sinnenlebens binabgezogen die Schranken zer-
bricht, melden jene ihr ſchönes Ebenmaß verdanken. Auch Hera fleigt von
ihrer idealen Höhe herab und wird wieder zur Naturpotenz. Beſonders if
die phuyflihe Zeugung des Lebens, deren myſtiſches Weſen Sitte und Schön⸗
heitsſinn als heiliges Geheimniß verhält, das Bebiet, worin nun die orpbiich-
dionyfiſche Phantaſle ſich mit Vorliebe bewegt. Der Schleier des Geheimniß⸗
vollen wird weggeriſſen, und biefed in den Phallophorieen zum Gegenſtand
eined unverhülten Cultus gemadt. Wenn nun zwar dad ganze Wefen der
Hera diefer Richtung ſchlechthin widerſtrebte, fo Fünbigt fi der Einfluß ber-
jelben doch aud auf ihren Cult in manden Spuren an. Nicht zu reben von
dem Namen gakides, welden die Priefterin ver Hera jegt erhalten, und ten
Greuzer mit gaAdog verbindet (Symbol. I. ©. 183. I. S. 582.), gehört
bieher die Sage, welche den Ares und die Hebe von der Hera ohne männ⸗
liches Zuthun, jenen nd Berührung einer Blume, diefe nad dem Genuſſe
des Lattichs gebären läßt, fo wie au wohl die ähnliche Geburtsgeſchichte
ded Typhaon und Ipphoeus, oder au des Hephaiſtos aus Giferfucht
über die Geburt der Athene (Apollod. I, 3. 5. Hygin. praef. Ovid Fast.
V, 255. Som. Hymn. in Apoll. Pyth. Il, 127. Steſichor. Etym. Magn.
p. 772.), und wenn Sera den Hephaiſtos gar aus der Hüfte gebiert, fo haben
wir bier einen unmiderfprehlig dionyfiſchen Zug (Servius ad Virg. Aen.
VII, 454.). Dad Geheimnißvolle der ſchaffenden Naturfraft wirb bei Diefen
Geburten in unmittelbarfler Nadıbeit bingeflelt, indem fle von ber Bermitt-
lung der geſchlechtlichen Ordnung abgelöst, oder das Wöttlihe babel gar
natürlichen Potenzen unterworfen wird. Das geſchlechtliche Verhältniß er-
ſcheint hier zum Gegenſtand einer grübelnden, phantaſtiſchen Reflexion ernie⸗
drigt, deren abenteuerlichſte Aeußerung in dem obſcönen Bilde in Samos
bervortritt (Origin. c. Cels. IV. p. 196. cf. Diog. Laert. VII, 187. Yufian.
Philopatr. c. 11. Theoph. ad Autol. IH. 3. p. 382., c. 8. p.986.). Wü
Dionyſos ausddrücklich In Beziehung gebracht ih der Mythos der Hera noch
in der Sage von der Beflelung der Göttin dur Hephaiſtos (Platon Rep. 11.
p. 378.), der ihre Bande nicht eher löſt, als bis Dionyſos im Rauſch ihn
dazu berevet (Pauſ. 1, 20, 2. Hong. fab. 166. Arifled. in Bacch. p. 29.).
das heißt, wie Greuzer fhön fagt, „im feurigen Naß des Weins iſt Sera (die
Waſſerluft der Atmojphäre) und Hephaiſtos (der Feuergeiſt) verbunden und
vermittelt” (Symbol. III. 404.), oder aber in höherem Styl genommen,
Bao 567
„liegen Erdperioden, tellurifhe Begebenheiten und Trapitisnen in der mährden-
baften Hülle verborgen.’ Die atmofphärifche Auft gebunden und gelößt, dieſes
iR der Sinn jened Mythos, wie auch des von ber Gigantenſchlacht, in ber
nun Dionyfos flatt des Herakles als Metter der Hera auftritt (Symbol. IH.
404 f. Empedokl. fragm. p. 522.598. ed. Sturz). In diefe Richtung ge»
bört wohl auch die Notiz, daß vie Kureten Söhne des Zeus und der Hera
feien (Cuemeros ap. Diod. Sic. fragm. VI. p. 6.); fo wie bie andere, daß
Hera den Epaphos, Sohn der Io, der hier mit Dionyfos zufammenfällt,
durch die Titanen aus dem Wege geräumt habe (Hygin. fab. 150.). Die
Vhiloſophie, die an den menihliden Schwachheiten der Götter fi ftieß (Platon
Rep. 11, 378. gegen bie Feſſelung der Sera durch Hephaiſtos, die Weg»
merfung des leßteren, ib. III, p. 390. gegen die Scene auf dem Ida; cf.
Minut, Felix Octav. XXI, 4. Gregor. Naz. Orat. Stelit. I, p. 104.),
bielt fi demn mit Vorliebe an bie Deutung der Hera auf die atmofphärtfche
Luft (Platon Cratyl. p. 404. c. Mart. Capella II, p. 88. Augufl. Civ. D.
IV, 10.), die den Raum zwifhen Himmel und Erbe erfüllt, und Schweſter
und Gemablin des Zeus heißt, weil fie mit dem Aether verwandt und innig
verbunden if. So die Stoifer bei Gicero (Nat. D. II, 26. Augufl. Civ.
D. IV, 10.). Die Chediſſidien der Hera und bed Zeus merden nun auf das
verberbliche Ueberiwiegen bald des feurigen und Iuftigen Elements (vyow xal
arevuarınm gung — Ho), bald des feuchten und trodenen (Zeus) bezogen
(Blut. fragm. IX. 7. T. XIV. p. 290. Hutt.). Als Luft hat fie den Geier zum
Atiribut (Milan. H. A. XII. 4. X, 22.), reinigt fie von ſchädlichen Dünften,
was durch die ihr beigegebene Scheere angedeutet wird (Suidas II. p. 67.
“Hoa; Kodinoe p. 44. Budofia Viol. in Anecd. Gr. I. p. 204. Villois ; bie
Scheere, mit welcher die Haare abgefchnitten werben, fürdert die Meinlichkelt
des Körpers, Böltiger am a. D. ©. 285.), und ron Kaiſer Irebonianus
und feinem Sohn Bolufianus ums 3.251, ald eine Peſt die Provinzen beim»
fuchte, gibt es Münzen mit bem Bild ver Jung, in der Linken das Scepter,
ia der Rechten die Scheere baltend, und der Umſchrift Juno Martialis (Triflan
Comment. histor. Il. p. 668. @dhel Doctr. Num. Vet. T. VII. p. 358 ff.).
Daher iſt ihr nun der Monat Zebruar heilig (Joh. Lyd. de mens. p. 68.,
j. unten). Auch bie elliptiſche Binde, melde Hera zumellen ald Kopfſchmuck
trägt, operdormn genannt, will Ereuzer als ein auf die Luft Hinmelfendes
Artribut nehmen (Meletem. I. p. 73. Symbol. II. 570. Anm.). In diefer
Debeutung faßt fle auch der orphiſche Hymnos der. Hera vorzüglih auf, ale
die Allherrſcherin Hera, die den Sterblichen belebende Lüfte zufendet, Mutter
der Megengüfle und Winde, die das Dafein aller Weſen bebingt, die felige,
vielnamige Göttin (Orph. H. 15. p. 277. ed. Hermann). So wohnt fie
nun im Mevier der Sterne (Eurip. Helen. 1103. vgl. Spanh. zu Kallim.
in Dian. 164. 204.), und golden thronende beißt fie jeht als die von dem
Licht der Sonne widerſtrahlende Luft (Schol. Benet. ad Il. I, 611.). Ale
der Luft, in ber die Sterne fich fpiegeln, gehört ihr nun ver Pfau, das Bild
des leuchtenden Sternhimmels (Joh. Lyd. mens. p. 66.). Noch Apollodor
ſetzt den aus der Fremde gekommenen (Theophr. ap. Plin. X, 41. Bodart
Hierozoic. I. 20. 136 ff. II. 16. 242 f.) mediſchen Vogel nicht in Verbin»
dung mit Gera. Vogel der Hera warb er in Samos, wo Ihn ber Samier
Menodotos fogar entfliehen läßt (Athen. XIV, p. 685. Voß mytholog. Br.
LII.), und Barro erzählt, daß Schwärme von wilden Pfauen in dem Hain
ver ſamiſchen Böttin genährt werben (de ra rust. III, 6. p. 218. Bip.). Er
iſt Münzbild der Samier (Arhen. XIV, 655.), und Kaifer Hadrian fliftet
einen goldenen Pfau mit Augen von Ebvelfteinen in dad Heraion nah Argos
(Bauf. II, 17.). Die Ditung weiß nun die Verbindung ded Vogels mit
der Gönin ſchön zu motiviren. Sie läßt ihn and dem Blute des hundert⸗
568 Juno
äugigen Argos, des von Hermes getöbteten Wächter ber Io entflehen, zuerſt
bei Moſchos in dem Korb der Europa (v. 55.); nah Ovid fest bie Göttin
dem Vogel nur die Augen des Argos ein (Met. I, 722.); bei Nonnos vers
wandelt fi des Letzteren Leichnam in einen Pfau (Dionys. XII, 72., durch
bie Kraft der Erde nad Dionyf. de aucup. I, 14.). Später erhält Hera
auch Pfauen ala Gefpann (Dvid Met. II, 531.). In diefen Kreis der Ent-
wicklung ihres Begriffe gehören auch diefenigen mythiſchen Züge, in benen
Hera aftronomifche Beziehungen erhält, z. B. wenn die Milchſtraße von ber
Milch entfleht, melde verfhüttet wurde, als fie das an ihre Bruſt gelegte
Kind Herafles davon wegriß (Eratoſth. Cat. 44. Hyg. Poet. Astron. 11. fin ),
wenn fle den nemelif®en Löwen, die lernaliſche Schlange, und den mit ihr
verbundenen Krebs (Hygin. II, 23.), ferner die Bärin Kalliflo oder Helite
unter bie Geſtirne verfeßt (Hygin. II, 1. Ovid Met. II, 506. Fast. IE, 153.
Servo. zu Pirg. Georg. I, 138.). Beſonders aber wird ihr nun unter ben
Sternen der Venusſtern geweiht, wie fie felbft mit Aphrodite identifichtt; er
it der Stern der Hera (Timaios Lokr. de an. mund. in Plat. opp. X. p. 11.
Bip. Hygin. Astron. Poet. II, p. 76. Apulej. de mundo p. 252. Bip.
Plin. H. N. II, 6. (8.). Ariſt. de mund. c. 2. p. 602. Auguſt. Civ.D.
VII, 15.). Iſt aber nun zwiſchen Abend und Morgen ihr Bereich, fo wird
fie mit dem Dunkel auf und unter der Erbe, der Naht, der Vewußtloſigkeit
der Schlafenden in Beziehung gebracht, fofern fle mit der Leto identiſch if
(Blut. fragmm. IX. 4. T. XIV. p. 288. Hutt. Greuzer I. 548.), oder viel»
mehr ift fie die Erde und der Erdſchatten, fofern biefer die Urfache der Nacht
und der Mondfinfternifie bildet (Blut. am a. O.). Und auch der Mond iſt
fie, der ja zur Erde, der zYonie yn, ſich wie bie ovoaria yr verhält (Lobeck
Aglaoph. p.499 f.). Als Erbe führt fieBarro auf gegenüber dem Himmel,
welder Jupiter iſt (Varro ap. Aug. Civ. D. VII, 18.), als Mond beſonders
Plutarh (1. c. Qu. Rom. c. 76. Job. Eyd. mens. p. 36.). Und fofort
nüpft fih Hieran und beſonders an bie Verſchmelzung ber Leto mit der kithai⸗
roniſchen Hera bei Plutarch, obgleich zweifelhaft, auch eine Beziehung der
Hera zu dem Todtenreih (vgl. Creuzer Symbol. II. ©. 577., der die Ent-
führung jener Hera mit der der Perſephone parallelifirt). Profomna fei,
meint Greuzer, nur eine andere Form für Profypna, "die zum Schlaf, auch
zum Todesſchlaf einmiegende Göttin; au werde das Wort fonft nur von
chthonifhen Weſen gebraudt. Ein Proſymnos zeigt dem Dionyfos den Weg
in den Habed, um feine Mutter Semele zurüdzubolen, und auch Demeter in
Argolis iſt Proſymna (Klemens Alex. Protr. p. 8. Pauf. II, 37,2.). Und
fo hätte Die Scheere, bie ihr beigelegt wird, no& eine ausdrucksvollere Ber
deutung, die ihr jedenfalls ziemt, wenn fie den Jünglingen Kleobis und
Biton als das fchönfte Los der Sterblichen einen fanften Tod verleiht (Herod.
1, 31. Dan könnte zur Motivirung dieſes Zuges im Bilde der Ehegöttin
an bie fpeculative Tiefe ver Frage erinnern, bie Ariftoteles in ben Problemen
[Sect. 4. in.] aufwirft, indem er den aypodımalaor mit dem arodrnoxer
in Analogie fegt). Immerhin iſt biefe Beziehung zweifelhaft; eine Infchrift
bei Orelli mit Juno Stygia iſt fufpect (Corp. Inscr. 1310.), pie Juno in-
ferna (Virg. Aen. VI, 138. cf. 142.) iſt Proferpina (vgl. Hartung Mel.
dv. Röm. 11. ©. 87.). Als Erbe und Mond aber wirb Hera nun fpeculativ
ein Symbol der Materie, wenn Gelfus nad) Pherekydes die homeriſchen Verſe,
nad) welchen Zeus die Hera einft mit den Ambofen aufhing (I. XV, 18f.)
und ben ihr zu Hülfe kommenden Hephaiflos vom Olymp berabwarf, dahin
erflärt, daß jene Stelle Worte des oberflen Gottes an bie Materie feien,
die er in ihrer Berworrenheit dadurch georbnet habe, daß er die Daimonen
auf die untere Welt zur Strafe verbannt habe (rigen. c. Cels. VI, c. 42.).
Wie diefe Deutungen der Hera bei Neueren wiederkehren, indem Hug fie
Sums 569
vorzugsweife al8 Mond (Unterf. ©. 121 ff.), Hermann als Luft (Handb.
d. Mythol. I. ©. 72 f. u. dft.; nicht immer ohne Artvlalität, 3. B. Sera
mwirb von ben Horen erzogen, beißt: mit ber Zeit entfleht bie Luft, II.
6. 117.), Forchhammer ala Goͤttin ver Wolken (Hellenika ©. 43. 139.
196. u. dft.) auffaßt, Creuzer aber alle dieſe Deutungen combinirt (Symbol.
II. ©. 556. 572. 590. u. dft.), können wir nur im Vorbeigehen erwähnen. —
Ganz im Zuge dieſer Entwidlung aber Tiegt nun die Verbindung und
Vermiſchung der Hera mit fremden, ausländiſchen Gottheiten. Bon Amafls
berichtet Herodot, daß er Weihgeſchenke in das von Rhoikos erbaute Heraion
in Samos geſchickt Habe (II, 180. 148. IH, 60.); zugleich aber verſichert
derſelbe, daß Hera eine ver griechiſchen Gottheiten fet, die ſich nit In dem
ägyptiſchen Götterſyſtem finden (II, 50.). Dennod reden andere fpätere
Särififteler ausprüdlih von einer ägyptifcgen Gera. Manetho (ap. Por-
phyr. de abstin. II. 55.) gibt die Nachricht, daß in Heliopolis der Sera
täglich drei Menſchen geopfert werben, wonad bie von ihm gemeinte Böttin
feine andere ift, als die Bubaſtis, die ägyptiſche Eileithyia (Jablonski Panth.
II. 69—77. cf. Manetho ap. Plut. Isid. p. 380. @ufeb. Pr. Ev. IV, c. 16.),
bie auf dieſe Weife geehrt wurde. Horapollon dagegen findet in feiner ägyp⸗
tiſchen Hera die untere Hemifphäre, mie in Athene bie obere (Hierogl. I,
c. 11.), weshalb Greuzer und Jablonski fie mit der Arhor zufammennehmen
(Symbol. II. 549. Anm. Panth. I. 5 ff. 27.). Wie aber Athor ſelbſt, fo
ift auch dieſe Combination nichts, als ein fyäteres Philoſophem. Diobor
aber, wenn er Zeus und Hera bald mit DOflris und Ifls zufammen nimmt
als Kinder des Kronos, bald fle als Aeltern der fünf ägyptiſchen Haupt»
götter, darunter des Dflrie und der Ile bezeichnet, macht fihtbar nur ein
ſchwaches Kunftflüd, um die ägyptiſche und helleniſche Bötterfamilie zu ver»
binden (Diod. I, 13.). Ueber die übrigen Berührungspunkte der Hera mit
ber Iſis vgl vielen Art. — Näher Tiegt ed, von einer ſyriſchen ober
aſſyriſchen Hera zu reden. Die in Weiden gebundene Hera kann an bie
babyloniſche Ada erinnern, wenn Heſych. fagt: "Ada" dom‘ an’ nal do
Baßvamio» "Hex napa Topics 8 7 irea (Tom. I. p. 81.). Allein
phönikifhe und ſyriſche Ginflüffe Haben unläugbar erſt In fpäterer Zeit das
Streben beförbert, die Göttin zu verfäämelzen, fo wie, fie auf das Natur⸗
leben zu deuten. Wir erkennen dieſe @inflüffe befonvers in Samos, wo Hera
ganz Mondgöttin wurde, und auf fpäteren Münzen ven Mond als Haupt
ſchmuck und unter den Füßen bat (Spanh. ad Callim. h. in Dian. 204.),
während die aflatifhe Vermeihlihung der Samier iu Benüge die Quelle
diefer Beränderung bemeidt. Ganz ohne Brund identificirt aber der Berfafler
der Schrift über bie ſyriſche Böttin (kLukian. opp. T. IX. p. 86 fi. Bip.)
die Hera mit jener Böttin, die in ber ſyriſchen Hierapolis ale affurifche Hera
verehrt werbe (c. 1.), In einem von Deufallon (c. 13.) ober der Semiramis
(c. 14.) oder son Dionyfos (c. 16.) erbauten Tempel, welcher Ichtere auch
die großen Phallen „der Hera, feiner Stiefmutter‘‘, geweiht haben fol; womit
die Natur der ganzen Gombination fi genügend aufllärt. Gallen find ihre
Priefter, ihr Bild von Löwen getragen, was auf die Kybele hinweist (co. 15.).
Au wird ihr Dienk mit Pfelfen und Klappern begangen (c. 44.). Sie
it wohl die phöniliſche Aftarte, aber bereits zu einem weiblichen Pantheon
erweitert (c. 32.), die auch Plutarch entweber für Hera ober Uphrobite er»
Härt (vit. Crass. c. 17. cf. vit. Artax. c. 23.), fo wie Heſych. in der Notiz
Binone, % Hoa 7) Apoodirn (T. I. 723. cf. Dionyi. Bofflus Idolol.
N. 21. p. 208.). Des erweiterte Geſichtskreis der mythiſchen Dichtung zeigt
NH auch in der Notiz, daß Hera in dem lieblih duftenden Fluſſe Burrhas
oder Chaburas nah der Hochzeit mit Zens fh gewaſchen ae (Alien.
W. '
0 June
H. A. XII, 90. Plin. H. N. XXXI, 22.). — Don größerem Moment if
die Sera von Kartbago, das Birgit als einen Lichlingefig der Göttin
bezeichnet, die es noch Samos vorzieht, Hier ihre Waffen, ihren Wagen hat
(Aen. I, 15 ff. of. Apulej. Met. VII, p. 112. Sorat. Od. II, 1, 25.).
Greuzer und Böttiger finden in ihr den Suiumr Kapyndorior, der in dem Ver⸗
trag zwifchen Hannibal und Bhilipp von Makedonien vorkommt (Bolyb. VII, 9.
Greuzer Symb. II. 270. Böttiger a. a. O. 6. 217.). Sie if die Coelestis ober
Ovparia (vgl. Jerem. 44,17f.23. DrelliInser. 1943, Amm. Marc. XXII, 13.
Infor. Hei Münter Mel. d. Karth. S. 31.41. Anm. Tertull. Apol. 12.25.), die
bei den Phoͤniken Aſtroarche gebeißen haben fol (Herodian. V, 6.), noch im
dritten Jahrhundert dur fanatiſche Wahrfagerinnen berühmt war (Gapitolin.
Pertin. c. 4.), und.al8 Spenberin des Regens (Tertull. Apolog. c. 23.) bezeichnet
wird. Auf Löwen tbronend (Apulej. Met. 212.) erkennen wir in ihre jene
ſyriſche Göttin, und Auguftin nennt fie ausprüdiih Aſtarte (Qu. in Iud.
vi. XV) Mit ihrem Gult war no in fpäten Zeiten ausſchweifende
Wolluſt verbunden (Auguſt. Civ. D. II, 26. IV, 10., wo fie Veosta Venus
beißt, II, 4.), derſelbe übrigens in Africa, Malta, den Infeln des Mittel»
meerd verbreitet, bis Gades, wo einen Tempel der Hera Strabon anführt
(I, 3. p. 455. Pompon. Mela II, 1. II, 6. Greuzer II. 571.). Suno
wurde fie von den Mömern genannt, die ihren Namen nicht näher wußten,
als Fe bei ver Belagerung Karthago's die Schukgöttin der Stadt nach Ihrem
Brauch feierlich evocirten (Macrob. Sat. III, 9.), und auch die von Gajus
Gracchus dahin geführte Colonie erhielt den Namen Junonia, we fie noch
fortwährend ihre Herrſchaft behauptete (Macrob. Sat. I, 15. Solin. c. 30.
Blut. vit. Caj. Gracch. c. 11.). Sie wird In einem Hain verehrt (Juſtin.
XVIII, 6. Serv. zu Birg. Aen. 1,344. IV, 36.); ihr bringen bie Karthager
die Ausbeute ihrer Seefahrten (Plin. H. N. VI, 91. 36. Solin. 96, 12.),
und für fie erfauften fie wohl von Dionyflos den von ihm der Iacinifchen
Inno in Kroten geraubten Schleier um 120 Talente (Greuzer II. ©. 270.).
Ihr Dienfl wurde von der Dido, ihrer Heroine, deren Namen ſchon ihre
phoͤnikiſch⸗ aphroditiſche Bedeutung ausdrückt, nad Kartbago gebracht (Hero⸗
dian. V,6. Serv. zu Virg. Aen. 1,447. Dido von "m lieben, vgl. Geſen.
seript. ling. phoen. p. 406.). Als Schutzherrin der Stadt trägt ſie auf
römifchen sen das Scepter und den Blig und die Mauerkrone (Münier
Mel. dv. Karth. S. 33. Klaufen, Aeneas u. d. Penat. I. ©. 506 ff.).
Suno in Italien. Indem wir nun bie Göttin in Stalien auffuchen,
fehlt e8 zwar nicht an Anknüpfungspunkten für die helleniſche Hera. Tyrrhe⸗
niſche Pelaſger und die griechiſchen Kolonien in Linteritalien treten ale Ver⸗
mittler auf. Dennoch iſt der Charakter der Göttin Hier ein anderer als in
Hellas. Die ivealificende Phantafle und Schöpferkraft des Kunfttriebs, deren
Brobuft wir in der homerifchen und polyfletifehen Hera der olympiſchen
Himmelskönigin ſehen, kam bier nicht zu gleicher Entwicklung, wie vort.
Sie iſt mehr nur das blaffe, in unbeflimmten Zügen noch erkennbare Bild
der Genoffin bes Zeus; oder vielmehr, mas wohl dad Richtigere iſt, das
religiöfe Bewußtfein der Bewohner Italiens, der vielen großen und mand-
faltigen Entwicklungsimpulſe, die auf die Hellenen wirkten, entbehrend, erbob
fich nit oder nur in unvollflommenem Maße über die Form der pelasgiſchen
Naturgöttin, deren Geſtalt eine mehr farblofe blieb, wie fie auch zu geringer
myythiſcher Entwidlung fam. Kalten wir und zunächſt an Unter» Italien,
fo begegnet und in Lucanien, im picentinifhen Gebiet eine Juno Argonia
oder Argiva, deren Dienfl und Tempel von den Argonauten am Fluß Silarus
gefliftet fein fol (Straben VI, p. 252. Plin. III, 9. fin.), während Andere
in dieſem Namen bie argivifhe Hera erkennen (Gori Mus. Etrusc. II. p. 82.).
D. Müller Hält fie für bie etrusciſche Juno Cupra (Etrust. I. ©. 169.);
Juaso 371
vielleicht ift Me eher eine laciniſche Juno. — Juno Lacinia (Gic. Divin.
I, 24. Elv. XXI, 33. Ovid Met. XV, 701. Virg. Aen. IH, 552. u. öft.)
war bie Hauptgättin Unter⸗Italiens; Mittelpuntte ihrer Berehrung die Städte
Kroton und Sybaris. Ihr Name wird von dem Heros Lacinius abges
leitet, entweder fo, daß Ihren Tempel bei Kroton viefer, nachdem er ven mit
den Rindern des Geryones durchziehenden Hercules vertrieben hatte, zu Ehren
der Juno, der Stiefmutter deffelben, erbaute, oder fo, daß Hercules, nad»
dem er den Lacinius, weil er von den Rindern geſtohlen hatte, getötet, ben
Tempel zur Sühne des Mordes gründete (Serv. zu Virg. Aen. IIE, 552.
ef. Diod. IV, 24. Schol. ad Lycophr. 857.). Andere leiten ihn von dem
Borgebirge Lacinium Her, das Thetis der Juno, mit einem Haine bepflanzt,
ſchenkte (Tzetz. ad Lycophr. 857.). Da Herakles als Stifter des Tempels
erſcheint, da ferner die Bevölkerung von Kroton zum Theil aus Lakedaimo⸗
niern beſtand (Pauf. II, 3, 1.): fo Eönnte man an die lakedatmoniſche Hera
erinnern, deren Dienft ebenfalls Herakles einrichtete (Pauf. III, 15, 7. vgl.
III, 13, 1., wo flatt Aanedaorie au Acnıria gelefen wird), wogegen
Klanfen fie mit dem Dienfl der epeirotiſchen Dione in Verbindung bringt
(Aeneas u. d. Penat. 1. ©.450f.). Sie ift bewaffnet und Heißt Orkoouia
(Eykophr. Cassandr. 614. 658.), mohl mit dem argeliihen Schild, fofern
öraor hauptſächlich Schutzwaffen bezeichnet (Schol. Eurip. Hec. 14. cf. Diod.
XIV, 23. c. not. Wessel.). Ihr Saupttempel war 6000 Schritte von Kroton
entfernt (iv. XXIV, 3. Heyne zu Virg. Aen. III, 552.). In dem babei
befindlichen Hain wurden verſchiedene Battungen Vieh gehegt, welche jo großen
Gewinn abmwarfen, daß davon eine mafflve goldene Säule gefertigt, ber _
Tempel überhaupt überaus reich wurde (Strabon VI, 261.). Auch zeigte man
daſelbſt eine eherne Phiake, ein Weihgeſchenk des Aeneas (Dionyf. Ant. Rom.
1, 51.). Auch dur Wunder war das Heiligtfum berühmt. Als Hannibal
jene Säule wegnehmen wollte, und, um ſich zu überzeugen, ob fle mafflo
fet, fie durchbohren ließ, erfähien ihm Juno im Traum und drohte ihm, ihn
noch um fein einzige Auge zu bringen, wenn er fein Borbaben- nit aufs
gebe, worauf er von bem audgebohrten Golde eine Eleine Kub formen und
auf bie Säule ftellen ließ (ic. Divin. I, 24.). Hannibal und Pyrrhus
ſchonten den Tempel (Liv. XLII, 3.); bagegen als der Cenſor DO. Fulvius
Flaccus die Marmorplatten, womit er bevedit war, wegnehmen und auf den
Tempel ber Fortuna Equestris nad Rom bringen ließ, ven er einem Gelübde
zufolge erbaute: frafte ihn Juno durch Geiſteszerrüttung und ven Tod feiner
beiden Söhne im illyriſchen Kriege, der Senat aber ließ die Platten wieder
zurückführen, die jedoch Fein Künftler wieder aufzufegen vermochte (Liv. XLIE, 8.
Baler. Mar. I, 1, 20. Lactant. Inst. II, 7, 15.). Schrieb Iemand feinen
Namen auf biefe Ziegel, fo erlofh die Schrift nur erfl, wenn der Schreiber
farb (Gero. Aen. III, 552.). Auch mar bei dem Heiligthum ein Altar
unter freiem Simmel, von dem der Wind die Opferafche niemals verwehte
(Blin. H. N. II, 111. 8iv. XXIV, 3.). Hannibal fiftete einen Altar in
den Tempel mit einer großen Infchrift feiner Ihaten (Liv. XXVIII. 46.),
entweihte aber nichts deſto meniger das Helligthum durch den Morb der
Italer, welde ihm nicht nach Africa folgen wollten, und fi dahin geflüchtet
batters (iv. XXX, 20.). Zerlört wurde der Tempel zu Pompejus' Zeit
von den Seeräubern (Blut. Pomp. 24.). GStiere waren das Opfer der laci⸗
niſchen Juno (Theokr. Idyli. IV,22.). In der krotoniſchen Colonie VBanbofla
wurbe dieſe Juno bargeflellt mit wallenden Haaren, Halsband und Blumen-
krone geſchmückt (Mus. Brit. N. P. tab. III, 26. Klaufen, Aeneas und die
Benat. I. ©. 451.). Näaͤchſt Kroton, das der gefelerte Mittelpunkt ihres
Dienfleb war (Ariflot. Mir. Ausc. 96. als 77 ovunopevorsas aarteg Iralıaras),
wurde fie beſonders in Sybaris verehrt. Hier war ein Heraion mit einem
576 | June
Da Tief nun Romulus zuerft mit den Fabiern durch die Stabt, unb ala
luperci in Baunengeftalt verkleidet ſchlugen fie mit Riemen, die aus den Bellen
geopferter Ziegen gefchnitten waren, bie begegnenden Frauen, die fi ſelbſt
den Schlägen darboten, weil man benfelben die Kraft zuſchrieb, fruchtbar zu
machen, eine Sitte, die dann aljährli wiederholt wurde. Das Bel bie
man Junonis amiculum, was wieder an die lanuviniſche Ziegengöttin erinnert;
das Schlagen wurde ein inire des Bocks, oder auch ein februare, Reinigen
der Frauen genannt, und Juno hieß baher Februlis, Februata, Februa,
Februalis (Feſtus p. 64. vgl. Plut. Qu. Rom. 68. vit. Romul. 21. Ser.
Aen. VII, 343. S. aud ven Art. Fabia gens, Bd. III. ©. 366. Anm.).
Daher war der Göttin der Bebruar gebeiligt, was Joh. Lydus auf ihre
Bedeutung als reinigende Luft bezieht (de menss. p. 68. Wartian. Capell.
c. 11. p. 38.); fie war die Göttin, die im Februar Heerden und Hirten entfündigt
(Creuzer II. S.560.). Der Name Iupercus, fo wie das Hainorakel erinnern
an die Feronia am Soracte. Go eignet fi die befruchtende Naturgöttin
von felbft dem weiblichen Geſchlecht als beſondere Schußgottheit. Daher
wird fie mit ver Bona Dea, die mit ihr das Scepter gemein bat, und vurch
ihre Abgezogenheit und Schambaftigkeit dad Symbol der meibliden Würde
it (f. dv. Art. Bona Dea, ®b. I. ©. 1148.), zufammengenommen (Macrob.
Sat. I, 12. vgl. Klaufen Aeneas u. d. Penat. II. S.850f.). Sie beherrſcht
das weibliche Leben von der Wiege bis zum Brabe, in allen feinen Zunctionen.
Daher Heißt fie Virginensis und Matrona, aud) Opigena, d. h. Tochter ber
Hülfe und des Wohlftandes (Augufl. IV, 11. Ovid Fast. VI, 33. Feſtus
p. 115. Serv. Aen. VIII, 84.; vgl. die Hera Parthenia und Telela). Am
Geburtétag opfern die römiſchen Frauen der Juno Natalis (Tibull. IV, 6, 1.
II, 6, 48. IV, 13, 5.). Gemeinſam war das Feſt ber Matronalia, am erften
März, ver daher Kalendae feminarum hieß. Die Frauen wurben dabei be⸗
fhenft, und beſchenkten und bemirtbeten ihre Dienerinnen (Tibull. II, 1,3.
Plaut. Mil. IH, 1, 97. Martial. V, 84. Suet. Vesp. 19. Solin. p. 3.d.).
Im Tempel der Juno Lucina warb geopfert (Feſt. s. v. Martias Kalend.),
wodel alle Knoten in den Gewändern, von den Schwangeren fogar die Haare
- aufgelöst wurben (Serv. Aen. IV, 518. Ovid Fast. III, 257.). Das Feſt
galt der Stiftung der Ehen durch Romulus und ber Treue ber geraubten
Sabinerinnen (Servo. Aen. VII, 638. Plut. Romul. 21. Ovid Fast. III,
167 ff. Dionyf. II, 67.). Gemeinfam mit der Mena forgt fle für die Frauen
in ihren Perioden (ug. VII, 2. 3. IV, 11.). Beſonders aber if fie nun
Ehegöttin. Neben Iupiter if fie Vorbild des Ehelebens (Blaut. Cas. II,
3, 14. Serv. Ecl. VIII, 30.). Als Juga, Jugalis bat fle einen Tempel
auf dem Forum unter dem Capitol am Anfang der Straße vicus Jugarius
(ef. p. 78. Auguſt. IV, 8. 11. VI, 9.). Als Curitis wird fie verehrt,
weil der Braut mit der hasta coelibaris die Haare gefcheitelt werben (Plut.
Qu. Rom. 87. üDvid Fast. II, 560. XArnob. II, 67. Zefl. s. v. Coelib.
hasta), was Sartung ald Surrogat für das Abſchneiden ver Haare der Braut
betrachtet (TI. S. 72.). Servius Aen. I, 21. führt eine Bebetformel an fle an:
in sacris Tiburtibus sic precantur: Juno Curitis tuo curru clypeoquo tuere
meos curiae vernulas sane (v. 1. J. curulis). AldDomiduca over Iter-
duca führt fie die Braut mit Moden und Spindel nach dem Haufe de
Bräutigams, dem die Braut heim Ginzug zuruft: ubi tu Gaius, ego Gaia, „wo
du Gaius biſt, bin ih Baia’, als Freie dem Freien ſich gefellend, wie einfl
die Sabinerinnen, nicht mie die Sclavinnen den betrogenen, tüdifchen Latinern.
(Hartung II. ©. 68. vgl. I. ©. 317. Feſt. s. v. Gaia Caecilia.. Plut.
Qu. Rom. 30. Seſych. Taiog der Pflugſtier, das conjugium anbeutend,
Bohlen, d. alte Ind. I. ©. 254.) Die Juno Unzxia ruft vie Braut an,
wenn fie die Pfoften ihres neuen Wohnhaufes mit Wolle umbinbet und mit
Juno 877
Fett und Del falbt, um es zu einem Heiligthum, deſſen Priefterin fie fel, zu
weihen. (Serv. Aen. IV, 459. Daher das Wort uxor, d. 5. unxor, Andere
von jungere oder £vrwo, Ereuzer Meletem. III. p. 134.) ine Frau, bie
no feinen Mann verlor, begleitete die Braut, woher die Goͤttin Pronuba
beißt, zu der die Braut in der Satura bed Martianus Capella betet (Nupt.
Merc. et Philol. II. 8. p. 122.). Cinxia ift fie als @ürtelldferin, well
ber Bräutigam ber Braut den mollenen Bürtel abldst.(Wefl. s. vv. Pronu-
bae, cingulo und Cinzia, Arnob. III, 25. Ovid Heroid. VI, 43.). Das
Ghebette, der lectus genialis, welches im Atrium aus Togen gebreitet wurde,
wurde ben Ghegenien, Jupiter und Juno geweiht (Beil. p. 70. Arnob. II, 67.
Genforin. 3.). Hieran ſchließt fi denn ihre Function als Prema, Pertunda
und Perfica (Auguft. Civ. D. VI, 9. Arnob. IV,7.). Nach der Empfängniß
Ridt fie als Fiuonia den Monatfluß, ald Ossipaga bildet fie (nad Greuzer
11. S. 560.) die Gebeine des Kindes im Leibe der Mutter (Arnob. III, 30.,
oder macht fle vie Beine des Kindes feſt nah Hartung II. ©. 241., d. h.
lehrt es geben), endlich bringt fle ald Opigena den Gebaͤrenden Hülfe (Mart.
Gap. 2. p. 38. Feſt. Opigenam. Greuzer II. ©. 560.), und als Lucina
ſchafft fe die Geburt and Tageslicht (Bet. p. 69. p. 245. Auguftin. VII, 2.
Mart. Bay.l.c. Arnob. 1. c. Orelli Inser. 1294 ff.). Nah dem Wochen⸗
bette opferie bie Mutter der Juno; bei Zwillingsgeburten brachte fie ein
Mutterſchaf, dem rechts und links ein Lamm zur Seite ging, dar (Pulgent.
p. 960.). Der Monat Iunius, urfprängli Junonius, war ihr heilig, ale
bie günftigfte .Zeit zum Heirathen, und an den Kalenden dieſes Monats that
man Ihr auf dem Capitol Gelübde und trank vom frühen Morgen an frifches
Waſſer, womit man Krankheiten, Zwillinge und Mißgeburten abwenden zu
fönnen meinte (Kyd. mag. Rom. p. 106. Macrob. Sat. I, 12. Ovid Fast.
VI, 59.). In einem Geſetz des Numa, dad Bublerinnen verbot, den Altar
der Juno zu berühren, und ihnen, wenn fle es taten, auflegte, ber Juno
mit berabhängenden Haaren ein meiblihes Lamm zu opfern (U. Gell. IV, 8.
Bel. p. 121.), erfcheint fie auch als Wächterin der Heiligkeit der Ehe. Sodann
iſt Jung au Pflegerin der Kinder (Infchr. bei Petiöcus lex. antiq. Rom. s. v.
Juno). Daher wurde ihr nad der Entbindung in den erften Tagen ein Tiſch
im Haufe bereitet (Tertull. de anim. 39.); als Statilina lehrt fie das Kind
fliehen, als Abeona und Adeona bewahrt fie feinen Aus- und Eingang u. f. w.
(Auguft. IV, 21.). Na Hartung geben bie Adeona und Abeona dem Nahen
des Gatten Reiz und Mäßigung (11. S. 70.); auch flebt er fie als beſondere
Genien an. Jene Erklärung gibt Augufin, und ohne Zweifel war Juno
dad perſönliche Subftrat aller biefer weiblichen Bötterformen. Natürlih lag
ihr auch bie Cinigkeit der Batten, vie häusliche Eintracht am Kerzen. Als
Juno Coneiliatrix oder Viriplaca hat fle ein Heiligthum auf dem Balatin,
wohin die Frau, wenn fie Mißhandlung fürdten mußte, ging, um ber Goͤttin
ihr Unrecht zu Flagen, und den Gatten dadurch umzuſtimmen. Beide gingen
gewöhnlich verföhnt nah Haufe (Feſt. s.: v. Conciliatrix. Valer. Mar. II,
1, 6.). Fünfhundert und zwanzig Jahre lang kam in Rom Teine Cheſchei⸗
dung vor, und bie Böttin erhielt von dieſer Dauerhaftigfeit ver Ehen den
Namen Manturna (Auguſt. VI, 9.). Wie unter den Ueltern, fo erhält fie
den Frieden auch unter den Geſchwiſtern, als Juno Sororia (Macrob. Sat.
1, 9.). Ihr gehört die Gühne, durch welche ver Vater des Horatius ben
Mord fühnt, den diefer nach feinem Sieg über bie Gurlatier an feiner Schweſter
beging (Feſt. sororium tigillum. Liv. I, 26. Dionyf. III, 22.). Auch die
Charistia, Bereinigungsmahle, an benen nur Verwandte Thelf nehmen, und
ihte Zwiſtigkeiten in beiterer Geſelligkeit vergeffen, ſind in dieſem Sufammen-
bang zu erwähnen (vgl. d. Art. Charistia, Bd. II. ©. 312.). SHtemit
Vauly, Real-Enchelop. IV, 87
aber ermeitert fi ihre Bedeutung über den Kreis bes Hauſes und umfaßı
auch bie Verwandten. Als Mater Matuta werden ihr die Matralien am
11. Juni begangen, wobei die Frauen un Segen für die verwaidten, der
Tieblofen Dienerſchaft überlaffenen Kinder ihrer Schweflern beteten. Die
Böttin wurde von einer Frau befränzt, vie noch Feinen Mann verloren Hatte.
Mägde durften nit anwohnen, nur Eine wurde für Alle in den Tempel
geführt, und erhielt eine Ohrfeige (Xertull. Monogam. 17. Ovid Fast. VI,
481. 551. Plut. Camill. 5. Qu. Rom. 16.). Daber leitet Hartung den
Namen Matuta von Mater, Matrua ab, für Matruta, Matruita ſtehend (Hart.
11. ©. 75. Mater Matuta eine Berbindung wie Hostus Hostilius etc.). Die
Matronen, fagt Klaufen, halten Hier Bericht über allen Aerger, der ihnen
dur die Mägde, bald in Behandlung der Kinder, bald In Liebſchaften mit
dem Seren bereitet wird (Klaufen II. S. 877.). Sie hatte einen alten Tempel
von Servius Tullius auf dem Mindermarfte (Liv. V, 19. 23. XXV, 7.
AXX, 27. Ovid Fast. VI, 475. Plut. Camill. 5.); 560 d. St. wurde ihr
ein weiterer auf dem forum olitorium geweiht (Liv. XXXIV, 53. B. Vict.
reg. urb. XI.), einen dritten findet man im vicus Jugarius (P. Vict. VIII.).
Auch Matuta, wie Feronia und BonaDea, war wohl urfprünglich feine Suno,
und wurde ed ft in Nom (Klaufen II. S. 877. 879.). Sie wurde au
fonft verehrt, 3. B. in der volſciſchen Stadt Satricum, in Pifaurum, u. f. w.
(Liv. V, 19. XXVII, 11. Gori Inscr. Urb. Etr. IH. p. 166. D. Müller
Ttr. 11.6.55.56.). Wie die Bemeinbeverhältniffe der römlfchen Bevölkerung
igre Wurzeln ganz in dem Boden der Bamilien und Geſchlechter hatten, und
diefe Grundlagen nie verläugneten, fo wird die Bamiliengöttin Juno von
feloft zur Gemeindegöttin, auch bier dem Jupiter ſich an die Seite ftellend.
Die Familie wird zur Curie, in welchem Wort (von cura, curare f. v. a.
xndog, xndsvo, Hartung II. 39.), der Begriff der Verwandiſchaft no er-
kennbar if. Ihre Schügerin iſt Juno, welde daher Curiatia, Kvema
(Dienyf. II, 50.) Heißt, wenn fie nicht identiſch mit ber Juno Curitis in
Salerit ifk, die von Curis, Kõo, Queir, Spieß, Lanze ihren Namen baı
(vgl. Feſt. s. vv. Quirites, Curitim, Curiales mensae. Tertull. Apol. c. 24.
Blut. Qu. Rom. 87.). Dreißig Sabinerinnen waren ed, die die Mömer
einft geraubt hatten, und die unter Anführung der Herfilla den Kampf ber
Nömer und Sabiner beenvigten, und hiernach fliftete Romulus die breißig
Gurien, die au bie Namen der Frauen trugen. Sämmtliche Genoffen einer
Gurie vereinigten ſich num alljährlih in ihrem Heiligen VBerfammlungshaus
zu einem Feſt, bei bem ben Schüßern der Genofienfhaft, Jupiter (Curis?)
und Juno Curiatia, ein Dpfer vom Priefter der Curie, Curio, gebradı
wurde (Feſt. Quirites. Dionyf. H, 23.), worauf Alle ohne Unterſchied des
Standes, der urfprünglichen Bamilieneinbeit eingedenk, unter heiteren Scherzen
ein gemeinfames Mahl an dem der Juno geheiligten, Curialis genannten
Tische hielten (Eic. de orat. I, 7.), das eine Spende. auf den Tifch beſchloß
(Zeft. Curiales mensae. Dionyf. II, 50.). Gin ähnliches Bundesfeft Hatten
alljaͤhrlich im Januar die Baugenoffen auf dem Lande, Paganalia genannt,
das Servius Tullius fliftete, und bei dem ben die Gaue ſchützenden Bott»
heiten, Supiter und Juno, geopfert wurde (Dionyf. IV, 15. Marrob. Sat.
1, 16. Ovid Fast. I, 669 f.). Es wurde zugleih als Saatfeſt betradptet.
In diefe Verbindung gehört auch die Göttin Panda ober Empanda, bie als
Beſchuͤtzerin der Gaugenoſſenſchaften (Wet. Empanda, Pandicularis, Pandana)
mit Juno identiſch iſt. Ihr Tempel bei ver porta Pandana, vie aufs Gapitol
führte, war ein Aſyhl, das ſtets ofien war, und wo bie Schuß Suchenden
aus dem Tempelgut genährt wurben. Ihr Name erklärt fi von pandere,
Öffnen; Andere leiten ihn von panem dare ab (Varro ap. Gell. XIII, 22.
und ap. Non. I. n. 209. p. 44. Arnob. IV, 2.). Endlich umfaßt Juno
Jano 579
in ihrer Sorge au das ganze Volk ald Juno Populonia, in deren Tempel
ebenfalls flatt des Altar ein Tiſch fland, was auf urſprüngliche @emeinmahle
hinweiſt (Macrob. Sat. III, 11.). Mit ver Juno als Ehegöttin wird ber
Name dadurch in Berbindung gebradt, daß die Ehe Völkern dad Daſein
gibt (Macrob. 1. c. Martian. Cap. nupt. phil. II. p. 38. Arnob. adv.
gent. III, 30., wo ſie mit ber Fluonia, Cinxia u. f. w. zufammengeftellt
wird.) Da die Populonia au ald Wittwe, vidua, aufgeführt wird (Seneca
ap. August. VI, 10.), fo erinnert Creuzer an die Sera yno« in Arkadien,
und findet in ihr den Gedanken, daß wenn bie Stifter des Ehebundes fi
trennen, die Welt verbeert und menfchenleer werde (populatur, Greuzer IE.
S. 558.), was wir dahin geftellt fein laffen. In jenen Kreis ihrer Bezüge
auf daB gefammte Gemeinweſen, wohl mehr, al& zu der Bedeutung der Juno
Gaprotina als Genius faturnaler Freiheit und Gleichheit, wie Hartung meint
(1. ©. 69.), gehört au noch ihre Bedeutung als Juno Moneta (Drelli
Inser. 1299.). Wie Jupiter den Beinamen Pecunia führte (Auguſt. VII,
11.), fo war Juno Borfteherin der Münze, die in ihrem Tempel auf bem
Capitol fih befand (Riv. VI, 20.). Cicero leitet den Namen faͤlſchlich von
monere ber, und erzählt die Sage, daß bei einem Erbbeben aus dem Jungs»
Tempel auf dem Gapitol die Mahnung gehört worden fei, der Juno ein
trächtige® Schwein zu opfern (Divin. I, 45. II, 32.), wogegen Suidas bie
Sage mittheilt, im Krieg gegen Pyrrhus Habe die in der Geldnoth ange⸗
rufene Juno die Römer ermahnt, fie follen mit ven Waffen ber Gerechtigkeit
fümpfen, fo werde es ihnen nie an Geld fehlen (Suid. v. Mornte. cf.
Spanf. de usu et praest. numm. I. p.29.). Creuzer hält ſich daran, daß
der alte Dichter Livius (Odyss. init.) die Moneta mit der Mnemofyne, der
Mutter der Mufen, identificirt, und findet in ihr eine Berfonification des,
zuerft nur muͤndlich überlieferten, Briefterfalenvers, eine Deutung, bie wegen
der haltloſen Gombination, worauf fie beruht, alles genügenvden Grundes
entbehrt (Symbol. H. ©. 592 f. Anm.), wenn gleich Livius wiederholt von
aften Annalen, ven fogenannten linteis libris redet, die in Ihrem Tempel
aufbewahrt wurden (IV, 7. 20.). Die Münzflätte eignete fi leicht auf
zum Arhiv. Camillus Hatte ihr den Tempel gelobt, der auf dem Pla des
bemolirten Hauſes des M. Manlius Capitolinus erbaut wurbe (Liv. VI, 20.
VII, 28. Ovid Fast. VI, 183.). Werfen wir einen Ueberblic über biefe
vielen Geſtalten der römiſchen Juno, fo erfiheint das Bild derſelben nod fo
ganz an ben praftifhen Beziehungen, in melden fle auftritt, in unmlttels
barer Weiſe haftend, fo ganz noch von benfelben gefangen, daß wir wohl
nit Unrecht haben, wenn mir fagen, das altrömiſche religiöfe Bewußtſein
babe in dieſer Böttin nicht ſowohl eine freie Perſönlichkeit angeſchaut, ale
in ihrer mandfaltigen Geftaltung die Ahnung der dunkeln Mächte des na⸗
türlichen und ſocialen Lebens, unter denen das Wefen des Individuums wie
ber Gemeinſchaft fteht und feiner Zufälligkeit in den betreffenden Beziehungen
inne wird, zu einem praftifh verfländigen Ausdruck gebracht. Der Fatalis⸗
mus ber römifchen Geflnnung, biefes bewegende Princip der römiſchen Ges
ſchichte, ſpricht fi auch darin aus, daß fle ihre Bötter als praktiſch gege⸗
bene Borausfegungen nimmt, die fi) daher nicht von ihrer unmittelbaren
Wirklichkeit ablöfen, ſondern nur als gefpenflifche Weſen, als die Schatten
ihrer Realität walten und ver Superftition des phantaflelofen Menfchen impo⸗
niren. Erſt griechifcher Einfluß entwicelte die Juno zur freien göttlichen Berfön-
lichkeit, und feßte die fuperftitißfen Gebilde, in welchen vie religiöfe Ahnung
ver Römer das Walten der dunfeln Naturmacht in den Kunctionen des weib⸗
ligen, empfänglien Xebeng aufgefaßts hatte, zu Momenten ihres Begriffs
herab. Virgil, italiſthe und griechiſche Sagen, hiſtoriſche Begenfäge funflvoll
benügend und verwebend (ogl. laufen, Aeneas u. d. Penat.), vollzog dieſe
Geſtaltung ber Juno in feiner Aeneis. Sie erfcheint bier als bie erbitterte
Feindin der Trojaner und die lebhafte Verfechterin der Aboriginer. Sie iR
die einheimifche, patrieifche Göttin, die dem Anbringen des veneralen, plebejis
ſchen Elements fig entgegenflelt. Ihre Zeichnung ſchließt fich dabei an
homeriſche Formen an. (Vgl. die Bötterverfammlung X, 2 ff. u. A. m.)
Juno verſchlägt den Aeneas nad Africa (Aen. I, 300 f.), verträgt ſich mit
Venus über die ehlide Verbindung des Aeneas und der Dido (IV, 90.),
verführt einen Theil der Trojanerinnen, vie ihn begleiten, die Schiffe anzus
zünden, um ihn in Sicilien zurüdzubalten (V, 605 f.), fucht fein Verlöbniß
mit Lavinia zu bintertreiben (VII, 323 f.), zeizt den Turnus durch Alecto
zum Kampf (VII, 435 f.) und eröffnet felber die Pforten des Kriegs (VII,
620.). Sie befichlt dem Turnus, die Schiffe des Aeneas anzugreifen (IX,
2 ff.), rettet jenen in ber Schlaht vom ode (X, 620 ff.). verhindert bie
Ausgleihung durch Zweikampf zwifcgen Turnus und Aeneas (XII, 134. 222.).
Endlich fügt fle ih in das Unvermeiblige, und fleht von der Verfolgung
des Aeneas ab, unter der Bedingung, daß die gehaßten Troer ihren Namen
ablegen u. f. w. (AH, 820 f.). Wie tief die virgil’fhe Juno unter ber
homeriichen Gera fleht, wie jene gerade der anziehendſten Züge in der Zeich⸗
nung biefer entbehrt, wie ſie im Ganzen nur eine erfünftelte, xaffinirte, kaum
weder pſychologiſch, noch hiſtoriſch, noch poetifh genügend motivirte Figur,
ein einförmiges, alles finnlihen Meizes und Lebens entbehrendes, perfonifi
eirtes Abſtractum ift, wobei Feine Spur mehr zu finden von jener ſchönen
Menſchlichkeit, jener finnlihen Lebensfüle, jener charakteriſtiſchen Wahrheit,
jener unerichöpflichen, proteusartigen, unendlicher Wandlung fählgen Schöpfer:
kraft der Phantaſie, jener feinen, ſich ſelbſt parodirenden Satire, wie fie bie
homeriſche Goͤtterbildung befeelt — übrigens unbeſchadet der Vollendung der
Sprache und rhythmiſchen Form: das zu erörtern, gehört in die linterfuchung
über das Verhältniß Virgils zu Homer, des römiſchen Epos zum griedi-
ſchen, der roömiſchen Poeſie zu der der Hellenen. Vermiſcht mit der griedhi-
hen Hera, erfuhr die römische Juno biefelben Deutungen, wie diefe, nur
daß ihre ganze Haltung, ihre nie völlig abgelöste unmittelbare Beziehung
u den Erſcheinungen des Naturlebend biefelben. dort weit näber legte, als
fer. Wir vermeilen daher hierüber auf das oben Geſagte. [L. Georgii.]
Ueberſicht der Kunftvorftellungen der Juno. Kunſthiſto⸗
rifhe Vorbemerkungen. Als ältefle Berfertiger von Schnighildern ver
Juno werben Peiraſos und Smiliß genannt, vgl. Thierſch: Lieber die Epochen
. ber bildenden Kunfl, S. 20., Anm. Ihnen zunächſt fleht Pythodoros von
Theben, wenn er vor Phidias lebte, wie Sillig im Catalog. Artif. p. 405.
meint, mit feinem oayalua apyaior im Heiligthum der I. zu Koronela,
welches die Sirenen auf der Hand trug, Pauf. IX, 34, 2. Das Ideal ſchuf
Polyklet, indem er die Zeudgemahlin als Götterfönigin und Ehegöttin bar-
ſtellte. Haupiſtelle über feine berühmte Statue im Heräon bei Mykenä Baur.
11, 17, 4: To d5 ayalua zig "Hoas Ent Hoorov xadnta ueyedeı ueya,
yovoov ubr nai sAspastrog, LloAunäsizov de &pyor' ineou Ö8 01 Orsparı:
zapııag &yor naı Stoas sneipyaousrag (in Relief), zul zar yapar rı wir
KXOROV Wege Volks, T7 66 OXTATHOF' Xonxvya Ö6 ER TO RNATOD nad
gan; mehr bei Böttiger, Ideen zur Kunflmyih. II. S. 286 f. 311 fi. und
Müller, Hands. d. Arhäol. $.120,2. Der Kopf auf Münzen von Argos, nur
daß an die Stelle der Horen und Chariten an dem Stephanos Blumen- und
Blätterwerk getreten ift, in Gerhareg, Ant. Bilow. CCCIII. 35 f., Müllers
Dentm. I. XXX. 132., Guigniaut's Relig. de l'Antiq. LXXI. 273.b. Aug
bie gleichzeitigen Künſtler Kalimahog (vgl. Meyer, Geſch. d. bild. Künfe 1.
S. 96., Sillig p. 124.) und Alfamenes (a9 Asyoums) arbeiteten, jener
ein Sitzbild der J. als Teresa für ben Tempel zu Platäd, Pauf. IX, 2, 5.,
Jane 581
diefer eine nicht näher beflimmte Statue in Tempel der I. am Wege von Phaleros
nad Athen, Bauf. I, 1,4. Wichtiger noch find die Arbeiten des etwas jüngeren
Brariteled, ein Sipsilo zu Mantinen, dabei ftehend vie Athene und bie Hebe,
die Tochter der J. Pauf. VII, 9, 1., und die Eoloffale aufrecht ſtehende
Sta ue ber 3. al Teieie aus pentelifhem Marmor zu Platää, Pauf. IX,
2, 9. Prariteles mag, in des Polyflet Fußſtapfen tretend, das Ideal der
J noch mehr ausgebildet Haben; die Statue zu Platää trug auch den Ste⸗
phanos, infofern der Kopf auf der Münze bei Müller, Denkm. I. XXX. 134.,
Buigniaut LXXI. 273, c. mit Wahrfcheinlichkeit auf dieſelbe bezogen wird.
Aus fpäterer Zeit werden noch zu Nom befindlide Statuen von Polhyklet
und Dionyfiod angeführt, Plin. H. N. XXXVI, 5,4. Unter den erhaltenen
Merten find ala in Eunftgefchichtlicher Beriehung wichtig beſonders hervorzu⸗
heben: die Darſtellungen auf der Ara Borgheſe, Müller Denkm. I. XII.,
Guigniaut LXIV, b. (wenn auf die Vermuthung, daß biejed Werk eine
Nachbildung des Bauos dmdsne Ben der Viflftrativen, um DI. 64, fei,
viel zu bauen if), und am Fries des Partbenon, Müllers Denkm. I. XXIII.
115. Bon minderem Belang find die auf der Metope von Selinunt, Serra»
difalco Antich. della Sicilia II. 33., wo @inige in der Figur vor dem Ju
pites die Semele erkennen, am Fries des Thefeustempels, Müller Denkm. 1.
XXI., Annali dell’ Inst. di Corrisp. arch. T. XIII., Tav. d’agg. F., wofelbft
die g. zwar allgemein gefucht, aber in verſchiedenen Figuren gefunden wird,
am Tempel ver Nike Apteros, Annalı dell’ Inst. am a. O., vgl. Gerhard
S. 68. — Syſtematiſche Uebersicht. Ueber die älteftlen Cultus—⸗
bilder zu Argos und Samos vgl. Thierſche Epochen S.19 f. Anm. Schnitz⸗
bild der I. zu Argos auf dem Vaſenbild Hei Müller Denkm. II. IH. 37.,
deögleihen auf dem bei Guigniaut CLXIV bis, 604. d., mit Modius, Bogen
und Badel, als Eileithyia; viefelben bei Gerhard, Ant. Bildw. CIX. 5.
u. 9., woſelbſt noch einige andere nit ſichere Schnigbilber der I. Das
Säniphilo bes Smilis zu Samos wird, mit hohem Kopfaufiag, Schleier
und reichlicher Gewandung verfehen, mit Wahricheinlichfeit geſucht auf den
Münzen von Samos, deren mehrere zufammengeftellt find bei Gerhard, Ant.
Dildw. CCCVII., vgl. auß Müller Denkm. I. II.8., Guigniaut LXXIL 273.
pin „simulacrum in babitu nubentis figuratum“, Barro bei Laciant. Inst.
‚17. Mehr bei Boͤttiger am a. O. ©. 229 f. Ein ähnliches Bild auf
ber Münze von Hypäpa bei Müller Dentm. am a. D. Nr. 9. Schnitzbild
der Ehegöttin mit Modius, in Melief nachgebildet auf dem Fried von Phi⸗
galia, Stafelberg „Apollotempel zu Bafja‘‘, Taf. 29. — Bon der Bildung
der 3. in der fortgefhhrittenen Älteren griehifgen Kunſt geben
Meliefd (die Ara Borgheſe, der Fapitolinifche Tempelbrunnen, Müller Denfm.
1. XVIII. 197., der vierfeitige Altar der Villa Albani, Zees⸗ Bassir. II.
101., auch das neuerdings von Welcker, Akad. Kunſtmuſ. S. 113. d. 2ten
Aufl., und Vanofka, Verz. d. GEypodabgüff⸗ im K. Muſ. zu Berlin S. 32.,
verſchieden beurtheilte bei Elarac, Mus6e de Sculpt. pl. 200, 26. und bie f. g.
„Junon choragique“, ebdf. pl. 149., welche gewiß zu einer Gruppe gehörte),
und Bafenbilder befondersd Kunde. Statuen biejer rt exiſtiren gar nicht
mehr. Auch aus guter griechiſcher Zeit haben wir deren nur ſehr
wenige, und überall eben Feine vorzüglichen; wofür ein paar treffliche Relief⸗
barflelungen, wie die aus Chios famnenbe bei Müller Dentm. 11. V. 66.
und die am Barberinifgen Candelaber, ebdſ. Nr. 60. befonberd zu nennen
ind. An die Stelle des Polos, Kalathos, Modius tritt als Kopfihmud
der Stephanod, die Sphendone, ein einfaches Band um Haar oder Stirn,
gauz beſonders aber die Stephaue. Lieber dieſe verfiebenen ‚eorfalerben find
beſonders zu rgleihen Gerhard, Prodromus I. &. 6. u. 20 ff., und Ant.
Bildw. CCCHIF., W. Abeken in ven Annali T. X. p. 23 fi., Creuzer zur
594 Juno
vgl. noch Ann. d. Inst. IH. p. 141.; weniger eng in Eleineren Bew
einen: nebft Minerva, Welders Zeitfhr. Taf. IT. 11., nebſt Neptunus,
auf einem Gandelaberfuß im Lateran. Muf, Kunftbl. 1844. ©. 318., nebfl
Mereur, auf dem Barberin. Candelaber, Beihreibung der St. Rom I. 2.
S. 179., nebft Thetis ober Venus, Clarae Mus. de Sculpt. pl. 200. 26.,
nebfl einer andern Göttin, Nr. 25. (7), nebſt anderen, zu Bompelt haupt»
fachlich verehrten Gottheiten, Schulz Ann. d. Inst. X. p. 169., vgl. auf
die Taffie'ſche Gemmenſamml. Nr. 833 ff. Mehrfach ericheint I. auch unter
den bei der Geburt der Minerva anmelenden Göttern, PBauf. V, 11, 3., in
dem einen Giebel des Bartbenon, nah Gerharb Drei Bdrlef. über Gypsabg.
S. 43. Henzen Ann. d. Inst. XIV. p. 90 ff. — Iuno’8 Ehe mit Ju—⸗
piter und Verhältniß ala Ehegdttin. Jupiter Kaflus der J. eine
Granate varbietend, Achilles Tatius III. ©. 73. Jacobs. Abſcheuliches Ge⸗
mälde von Jupiterd und Juno’8 Liebe zu Argos und Samos, Böttiger S. 248.
Lobeck Aglaoph. p. 606. Brautzug des Jup. und der J., Zoëga Bassiril.
I. 101., vgl. Welder Rhein. Muf. 1842. I. ©. 420 ff. Sup. und J. auf
bem bochzeitlihen Wagen, Roulez Bull. de l’Acad. R. de Brux. T. VIII.
Nr. 6. Bgl. jedoch Gerhard Ant. Vaſenb. II. S. 189. I. als Ehegöttin
(und Brautmutter) bei der Hochzeit ber Gebe, Roulez am a. O. T.X. p.1.
p. 381 ff. Sicher gehört auch ver breifeitige Ganvelaberfuß etruskiſcher Kunfl
zu Blorenz und Münden, Müller Dentm. I. LX. 299. a. b. c., auf welchem
3. Lanuvina mit Schild und Ziegenfel dem Hercules und ber Hebe (bie
gewiß als Brautpaar zu faflen) zugefellt iſt. I. als Ehegöttin (Brautmutter
nah Panofka) neben Jup. bei der Hochzeit der Minerva und des Hercules,
Gerhard Ant. Vaſenb. CXLVI., Panofka Griechen und Griechinnen Taf. I.
13., vgl. S.24. J. die Thetis zur Vermählung mit Peleus überredend (?),
Mus. Chiaram. I. 8. Bei der Hochzeit des Peleus und ver Thetis als Che⸗
göttin zu oberſt thronend, Müller Handb. F. 413,1., Guigniaut GCH. 765.
Zu oberſt tbronend neben Zeus au bei Mars und Rhea⸗Silvia, Gerhard
Ant. Bilow. CXVIII. 1. I. Bronuba bei der Darflellung römifer Hoch⸗
zeiten, Böttiger S. 273 f., Müller $. 429, 4. Lucern. fict. Mus. Passerii
1. 37. — Verhältniß der J. zur Hebe. Zufammenflelung mit diefer
-in mehreren berühmten Kunſtwerken des Altertbums. Jup., 3. und Gebe,
Melief, Kunfibl. 1823. S. 380. 9. und Hebe auf Vaſen, Lenormant und
de Witte EI. cer. T. 1. pl. XXX ff. Sonft vgl. oben. Zu Mars. Ihn
fäugend, in ber Statuengruppe Mus. Pio-Clem. I. 4., Glarac pl. 423. 748,,
Müller Denkm. II. V. 62., Guigniaut XCVI. 359. U mittelmäßig und febr
geflidt, x. Schulter und Arm neu; das Kind zerbrocden, ſcheint aber alt;
der Kopf Hat einen hübſchen Ausdruck, mild und freundlich“, K. O. Müllers
handſchriftl. Bemerk.) und auf einer Münze ber Julia Mammäa. Vgl. weiter
unten. Zu Bulcanus Ihn vom Himmel werfend (neben Jup. in ben
Wolken) auf dem Meltef Gerbarb Ant. Bildw. CLXXXI. 6., jest in Berlin,
vgl. Tiecks Verz, Berlin 1844. ©. 23. Nr. 251. Bon Bulcan gefeffelt,
gegen den Mars für die Mutter kämpft, Müller Denfm. II. XVIII. 195.,
Guigniaut XLII. 275., El. c&ram. T. I. pl. XXXVI. Schon am Apollo»
ihron zu Amyklä. Bulcan die 3. löſend, Bauf. III, 17, 3. Vulcan redet
der I. zu, dem Sup. nachzugeben, Som. I. I, 578., nad) Visconti, Mus.
Pio-Clem. IV. 11., Inghirami Gal. Omer. 40.(?). Bol. Welder Akadem.
Kunftmuf. S. 119f. Zu Hercules. Ihn fäugend, auf einem Vaſenbilde,
Minervint im Bullet. Napol. I. p. 6 ff., Gerhards Archäol. Zig. 1.8.75 f.,
" Gaveboni Bullet. Napol. IX. p. 72.; auf dem etruäf. Spiegel bei Gerhard
„Etrusk. Spiegel’, T. 126. In Darftellungen des Heſperidenmythus, auf
ber Vaſe bei d'Hancarville II. 127., vgl. Geihard Abhandl. d. Berl. Akad.
aus bem 3. 1836. ©. 299., auf der Aſteasvaſe, Guigniaut CLXXXI., Gerhard
Juno 565
S. 304., vgl. au ©. 314 f. I. mit Hercules verfühnt (durch Jupiter),
Gerhard Etrusk. Spiegel, T. 147., Guigniaut CLXXXVII. 680. 9. auf der
Reliefvarftelung von Ereigniffen aus der Jugend des Hercules, Guigniaut
CLXXXVI. 655. Vgl. fonft oben. — I. bei dem Urtbeil des Bari
und dem was damit zufammenbängt. Bol. die zahlreihen Nach⸗
weifungen bei Müller Handb. $. 378, 4. Sinzugufügen: Greuzer zur Gall.
d. alt. Dramat. ©. 22 ff. Gerhard Etrusk. u. Kampan. Bafend. S. 24.
E. Braun, Il giudizio di Paride, Parigi 1839., Ann. d. Inst. XI. p. 214 ff.,
XIII. p. 84 ff., Il Laberinto di Porsenna, zu Tav. V. Roulg am a. O.
T. VII. Nr. 7. (vgl. Bötting. gel. Anz. 1843. St. 112.). Das fönfte
Relief in der Billa Ludovift, Mon. Ined. d. Inst. V. III, 29., das ſchoͤnſte
und figurenreichfte Bafenbild in Carlsruhe, Creuzer Taf. I. Auch bei dem
Kampf mit vn Giganten fommt 9. vor, wiewohl nur fehr felten, vgl.
Gerhard Ant. Bafend. I. S. 21 ff. 204 f. — 2) Italiſche und Orien⸗
talifhe Borflellungen. I. von Lanuvium, Sispita, Sospita,
Caprotina, cum pelle caprina, cum hasta, cum scutulo, cum calceolis
repandis, @ic. de Nat. Deor. I, 29. So die treffliche Coloffalftatue Mus.
Pio-Clem. H. 21., Glarac pl. 418. 731., Müller Denkm. II. V.63. (Ganz
anders bie fo genannte im Mus. Cap. II. 5., Clarac pl. 418. 732., vgl.
Befchreib. der St. Nom IH, 1. ©. 162. und die ähnlihe der Sammlung
Bescovali, Glarac pl. 419. 733.) Wichtiger Kopf aus Terracotta, aus
einem Stirnziegel berausgearbeitet, mit Karben, Vanofka Terrafotten des KR.
Muf. zu Berlin, Taf. X. Rellefdarſtellung an der merkwürdigen runden Ara
in Billa PBanfllirDoria, Beſchreib. der St. Rom IH, 3. ©. 632. Köpfe
und ganze Biguren mit der gemöhnlich begleitenden Schlange (Gulgniaut
LXXH. 275. b.), auch einer Krähe (Müller Denkm. I. LXV. 341.) auf
Münzen aus Lanuvium ſtammender Bamilten und des Antoninus Pius. Vgl.
Böttiger S. 225 ff. und im Allgemeinen Panofka S. 32 ff. J. Moneta,
Kopf auf einer Münze der gens Carisia, Müller Denkm. II. V. 64., Buig-
ntaut LXXI. 275. c. Juno Augustae ober der weibliche Genius einer
anderen angejebenen Stau, nad Müller, in der Serculan. Bronze, Ant. di
Erc. VI. 4., Dentm. II. V. 58. — Jupiter puer lactens cum Junone
Fortunae in gremio sedens, mammam appetens, ®ic. de Divin. I, 41.,
vgl. die Terracotta Gerhard Ant. Bildm. 3. IV. Guigniaut CH. 565. —
Juno Natio (quae, quia partus matronarum tueatur, a nascentibus N.
nominata est, ®ic. de Nat. D. III, 18.), mit Mondſcheibe über dem Haupte,
zur 2. des Jup. Genius auf dem Denar der gens Egnatia nad) Panofka Bon
einer Anzahl ant. Weihgeſchenke S. 58. Taf. II. 7., Gerharb Ant. Bildw.
CCCH. 8. (Brodr. I. ©. 41. A. 141. „Jup. und I. etwa als Neltern des
Genius Jovialis’‘), Guigniaut LXXII. 275. a. (,Jup. Gamelius et J. Zygia
ou Cinxia'). — J. unter den Gaypitolinifhen Gottheiten. Dal.
Böttiger S. 318 f. Zur Rechten des Jup. Vgl. hierüber und über Anderes
bie Stellung zu Jup. Betreffendes Gerhard Probr. I. ©. 43. — Drien-
taliſche J., Böttiger ©. 213 ff. Syriſche I. (oder Venus), thronend,
Löwen zur Seite, Buigniaut LIV. 207., neben dem fyr. Jup., Gerhard A.
Bildw. CCCVII. 30., Suigniaut LV. 207. a.; karihagiſche auf fpringenben
Lömen (mit Blig), Guigniaut LIV. 208. u. 208. a., vgl. auch die Taſſie'ſche
Bemmenfammi. Nr. 802. (HPA OTPANIA). — Wicqtigſte Attribute
ber I. Die gewöhnlichſten: Batere (Bultus), Scepter (Herrfhaft und
Würde), Pfau (Böttiger S. 237 ff., Panofla „Argos Panoptes“ &. 19 f.,
vgl. au S. 6., Samifhe Münzen, in Bezug auf die Argiv. J., Guigniaut
CLXT. 605.*, CLXIV. bis. 605. a., Entflehung aus dem Blute des Argos,
ebend. 604. b. Auf einem Zweige der Granate mit Sean, Luo. fict.
IV.
586 Junior — Juanlores
Mus. Passer. I. 40. III. 83., Panofla T. Il. 4. Pompejaniſche Gemält:
Schulz Ann. d. Inst. am a. DO. p. 176.). — Beziehung auf den geflirnten
Himmel. Der Bolos, Symbol des Himmeldgewölbes, auf den Haupte,
bee Mond neben der Göttin, über ihrem Haupte, auf demfelben, auch zu:
gleih auf bemfelben und unter den Füßen kann der Böttin gehören, deren
urfprünglichfter Bezug auf die Erbe wohl entſchieden fiher ſteht, Böttiger
S. 230., Welder zu Schwends etym.mypthol. Andeut. ©. 287 f. Doch bezieht
ih der Mond, andere Möglichkeiten nit zu erwähnen, ſicher aud
auf die Lucina, auch wohl, wenn aud nicht durchgängig, auf ven Samiſchen
Münzen. Auf die Berleiherin des Naturfegend, die Mutter alles
Lebendigen, beuten Soren und Chariten, Kalathos und Modius,
Blumen und Blätter (Gerhard Prodr. ©. 27. Anm. 52., Ant. Bafenb.
I. ©. 198., Abefen am a. DO. p. 30., Roulez am a. O. T. X. p. 66 ff.),
möglicherweiie auch Granate und Apfel; auf die Gemahlin des Sup.
und Chegöttin: Kufuf, Girenen, Granate und Apfel, vgl.
Gerhard Ann. d. Inst. II. p. 147., mögligerweife au Fackel; vie Ge⸗
burtögdttin, außer Mond, Bogen und Badel (au auf Paris:
Urtheilen fpäterer Kunflübung, Windelmann Mon. Ined. p. 6., Clarac pl.
165., Raoul⸗Rochette Mon. Indd. LXXVI. 1.), auf Sam. M. ſcheint es
auh Hunde, auf Kaifermünzen eine Blume, vgl. Panofla Bon einer
Anzahl ze. S. 58. Symbol der Herrſchaft iſt auf der Vaſe bei Gerhard
Ant. Bildw. XXIII. der Löwe. Die der Argiviſchen I. beſonders heiligen
Kühe finden. ſich auf Bildwerken nur vor dem Wagen ver Xeffinnen der
Böttin, der roͤmiſchen Kaiferinnen, denen auch das Attribut des Praus ge
weißt wurbe, Bisconti Memorie encyclopediche di Roma sulle belle arti
T. UI. p. 61 ff. Der Argoliſche Schild iſt neulich auf einer Gemme geſucht
worden, vgl. Paneffa Arg. Panopt. am a. D., auch „Terracotten“ ©. 42 f.
zu T. XI. 1., das kriegeriſche Attribut der Lanze u. |. w. ſchon
oben berührt; J. Martialis auf röm. Münzen mit Lanze und Scheere (?);
über dies dunkle, au fonft erwähnte Attribut: Eckhel Doctr. Num. VII.
p. 358 ff., Böttiger S. 285 f., Creuzer Symb. IV. ©. 224. 231. b. britt.
Ausg. Die vom Gapitol ber befonvers befannte Sans findet fi bei ver
3. ſehr felten; vgl. Böttiger S. 240. und das Relief bei Clarac und Raoul;
Modette am a. D. Auf dem GBabinifhen Zodiacus (Guigniaut LXVII.
LXVIII. 252.), welchen wir nadträglih Hier auch für dad Gegenüberftellen
von 3. und Sup. (wenigſtens in Betreff der Attribute) unter zmölf Göttern
anführen, vgl. Lerſch Jahrbb. des Vereins von Ulterthumäfreunden im Rhein⸗
lande IV. ©. 150 ff., if der 3. der Januar und Waffermann geweiht,
wobei wir daran erinnern, daß ihr nach Joh. Lydus de menss. p. 172.
Roeth. ver Februar gehörte, und an das Bild dieſes Monated in weiblicher
Geftalt mit feinen Attributen, vgl. Creuzer am a. DO. IV. ©. 626., fo wie
an die Vorflellungen der I. bei Albericus de Deor. Imagg., vgl. Lerſch V.
VI. ©. 309 ff. IF. Wieseler.]
Junior philosephus, wie er in-ber Aufichrift des ihm zugeſchrie⸗
benen Büchleins beißt, Fällt nah Mai’ Bermutbung nah Conſtantin ben
Großen, unter deſſen Sohn: bie ihm beigelegte Schrift: Liber Junioris philo-
suphi in quo continetur totius orbis descriptie enthält neben vielem Trivialen
einzelne beachtenswerthe Angaben; bie andere, ihm gleichfalls beigelegie
Schrift: Demonstratio Provinciarum ift eine bloje Nomenclatur; f. beides
abgedruckt bei Mai Classicc. auctt. e codd. Vaticc. III. p. 385 ff. 410 fi.
und- Bode Mythograph. Vaticc. T. II. zu Anfang. Die erfle Schrift war
aud zu Genf 1628. (Griechiſch und Lateiniſch) von F. Bothofred erfienen. [ B.]
Juniores. Ueber die alte, der Sage nah von Romulus geſchaffene
und von Serv. Tullius in feine großartige Schöpfung aufgenommene und mit
Janlas — Jupiter 587
volitiſchen Folgen verknüpfte Bintheilung der Claſſen in cent. seniorum und
iuniorum iſt das Nöthige Br. II. S. 265. bemerkt. Später wurde dieſe
Eintheilung auch bei der Tribuöverfafiung angewandt, f. tribus und vor»
läufig Mommjen, d. röm. Tribus. Altona 1844. ©. 74 ff. [R.]
Zunims. Name des Monats, der urfprünglich Junonius geheißen haben
fol als der ver Juno Heilige Monat, welcher darum als die günftigfte Zeit
zum Heirathen galt. Macrob. Sat. I, 12.p. med. Ovid Fast. VI, 59. Der Juno
war aber diefer Monat Heilig, weil nad Binigen Juno dem Mond entfpricht,
der Mond aber als Planet im Zeichen des Krebfes (Iunt) regiert. [ Mzr.]
Junonia colonia, Carthago und Falerii, f. oben IV. &. 570. 572.
Junonia Minor, ein, blos von Juba bei Plin. VE, 32, 37. ges
nanntes Eleined, zu der Bruppe der Insulae Fortunatae gehöriges @iland
weſtlich von Mauretania Tingitana, vielleicht nicht verfchienen von Ptolem.
Aprositos, der nörblichften jener Infeln (nach Lelewel Entdeckungen ver Gar;
thager ıc. S. 140 ff. dem Heut. Palma, richtiger aber wohl Xancerota). [F.]
Junonla, Junonis Insula (‘Hoas, "Hiiov rij0os), 1) eine der
ſechs von Btol. IV, 6. namentlich aufgeführten Insulae Fortunatae, und
zmar von N. ber die zweite, nad Lelewel am a. D. das heut. Yuertaventure,
nach Mannert X, 2. S. 628. aber, minder wahrſcheinlich, das heut. Ferro. —
2) eine der Insulae Purpurariae (einer 625 Mil. ndrdli von den Fortunatae
Insulae gelegenen Infelgruppe), die nah Ptol. IV, 6. auch Autolola hieß,
weil fie vor der Küfte der Autololä in Gätulien Tag und wahrſcheinl. auch
von ihnen bevölkert war, nah Statius Sebofus bei Plin. VI, 92, 37.
(der fie aber zu den Fortunatis rechnet) 750 Mil. von Bades entfernt; alfo
höchſt wahrſch. das Heut. Madeira. [F.]
Junonigena, Beiname des Hephäftus als des Sohns der Juno bei
Dvib Met. IX, 400. XIV, 85. [ Mzr.]
Junonis Laciniae prom., }. Lacinium.
Junonis promontoriam, Borgebirge am meftlihen Cingange des
Sundes der Herculed- Säulen, j. Cap Irafalgar in Spanien, Mela II, 6.
Ptol. Marc. Serac. p. 36. [P.]
Xvollum, Stadt in Niederpannonien, j. Balpo zwiſchen der Drau und
Sau, Tab. Peut. Jovallium; It. Ant. Jovalia, Geogr. Nav. Jobalios. [P.]
Jupiter,* der oberfle Gott des antifen Heidenthums, verjenige Bott,
in defien Begriff dad Alterthum am meiften Monotheißmus niedergelegt Hat,
zuglei derjenige, deſſen Weſen und Mythologie das Nationalgefühl in ben
derſchiedenſten Richtungen befhärtigt und durchdringt. Dem Namen nad if
er der Bott ſchlechthin. Bei den Griechen Tommt verfelbe unter vielen Formen
vor: Aic, Zur, Zar, Zr, im ävlifhen Dialerte Aevs und Aar (Herodian.
rr. uorno. Ass. p. 6, 14., Euſtath. zu Odyſſ. p. 1387, 27. Noch andere
Formen bei Lobeck Paralip. p. 71 f. 78. 81 f. 85. 92.), mo wieber das
Tateinifche Deus fich anſchließt und Iupiter (Diovis pater, Divus pater, wört«
lich Gott Vater, mit dem alten italifden Gultuszuſatze), fo wie von ber
andern Seite wohl au das tyrrhenifhe Tina oder Tinia, das goth. Tius,
althochd. Zio, zu bdemfelben Stamme gehört und in andern verwandten
Spraden die Formen des Sanfer. Dewas, Litth. Diewas, Lett. Dews, Preuß.
Deiws. Gewiß meinte man in allen diefen Zungen urfprünglich daſſelbe
Weſen, das erft in der Geſchichte viefer Völker und ihrer Meligionen ein
eigenthümlich befondered geworben iſt; und gemiß iſt dieſes Weſen zugleich
ber allgemeine WBurzelbegriff des heidniſchen VPolytheismus, Indem erſt dur
die natürliche Zerſtreutheit ver Naturreligion und die Mandfaltigkeit localer
*- Juppiter fchreiben Manut. orthogr. p. 442. Wagner orthogr. Verg. p. 444,
Creuzer Mythol. IH. ©. 86, A. 2. LW. T.)
88 Jupiter
Beziehungen, fo wie epiſcher und ritualer Befonderungen die Maffe der Bott»
heiten aus ihm Hervorgegangen iſt. Ein Schritt zu biefer Theilung mar ber
Naturreligionen eigenthümlihe Dualismus männlider und weiblicher Gott⸗
heiten, daher dem Zeug eine Arm, dem Jupiter eine Jova oder Juno zur
Seite trat (Herm. Opusc. VII. p. 276 ), ein anderer bie Dreitheilung der
einen Gottheit nad den drei Hauptbeziehungen der Welt auf Himmel, Wafler
und chthoniſche Unterwelt, daher neben den Zeus jhlehihin ein Zeus Hono;
und ein Ilooada» tritt, welde beiden Gottheiten aber nicht allein im Be
griffe, ſondern auch in verſchiedenen alten Gultusbezügen auf jenen urfprüng-
lihen Zevs fih zurüdführen laſſen, 3.8. in dem Bilde des Z. zguogOrAuos
zu Argos (j. unten IV.), im Pontiſchen Zeusdienſte, wo dieſer Gott noch in
der Inpifferenz zwiſchen Z. vnarog und yIcriog feflgehalten blieb, in ber
orphiſchen Mythe ber geſchlechtlichen Einigung des Zeus in Schlangengeftalt
(d. 5. des chthoniſchen; er galt aber für ben Bater Zeus) und der Perſe⸗
phone; von der andern Seite in der nahen Verwandtſchaft des Z. ovguos
mit bem Poſeidon (f. in IV.), und des rhodiſchen Poſeidondienſtes in ber
Umgebung ber Teldinen mit dem pontiſchen Zeusdienſte in der der Kureten.
Des im engeren Sinne fo genannten Zeus fpecieller Antheil aber war bie
Höhe, der Himmel, ber Aether, biefer dad ihm bei ver Welttheilung zuge
fallene 2908 (ll. XV, 187 ff.) und dem gemäß aud feine Verehrung auf
den Höhen und Bergen und bie Epithete Urazog im Gegenfahe zu xYoruos,
vuyıorog, aidegı vainr, aetherius (Plaut. Trin. IV, 1, 1. Ovid Ibis 476.
Stat. Sylv. IH, 1, 186.), in böotifhen Eulten aapaıog (ano ToU xapı,
Heſych. und Müller Orchom. ©. 217. 487.), in attiſchen emaxgıos (Etym.
M. p. 352, 50.). Denn durch ganz Griehenland und drüber hinaus in
ben Rändern verwandter Bevölkerung waren biefem Gotte bie Spigen ber
Berge gewidmet, mo fie aus der wolfigen Atmofphäre in den reinen Aether
emporragten, wo er im Lichte und in ewiger Heiterfeit thront. Dies ift der
Brundbegriff des Z. OAvumıos, denn OAvunos ift ſpeciell die ätheriſche Berg.
fpige; dem gemäß bat man fi auch das vielbeſprochene Verhältniß von
Olymp und Himmel bei Homer aufzulöfen (Bölder Homer. Beogr. ©. A—34.),
und fo läßt fih des alte urſprüngliche Zeusdienſt, in welchem nur etwa ein
Altar die Begenwart ded im Aether heimiſchen und wirkenden Gottes ver»
fündete, faft auf allen bebeutenden Bergfpigen Griechenlands und feiner ein-
zelnen Landſchaften verfolgen (Tomaros bei Dodona, der Iykälfhe Berg,
Digmp, Belion, Deta, Parnaß, Parned, Hymettos, 3. Hellenios auf Aegina,
der troiſche Ida, 3. Atabyriod auf Rhodos u. |. w.), an beren Stelle in
den Zeiten polisiiher Bildung die Burg ald ber höchſte Theil des ſtädti⸗
ſchen Gebiete trat, mie der lateiniſche Bund feinen Jupiter auf dem Albaner-
berge, Rom aber ben feinigen auf dem Gapitol verehrte, Kekrops dem Z.
vraeos auf der attifhen Burg einen Altar weihete, bei den Trojanern ber
Bipfel des Ida dem Zeus geheiligt war, und zugleich die moAs anporatr,
(11. XXI, 170. Kaufen Aeneas u. d. Penat. ©. 177. 357., wo Auszüge
aus Glarke Travels). Immer find dad Stellen, wo ein weiter Ueberblid
über Land und Meer war (Z. sroyıos) und wo die Wolfen fih fammelten
und das Wetter ſich bildete, wie 3. B. dad opos Dlevellımınv auf Negina,
der jetzige Hagios Elias (Theophrafl. m. onusior I, 24.; say 89 Alyirm iai
zoo Arog Tod ‘ElArviov veyalı nadılmau, ac za noAla vöwp yiyreran,
eine noch heute zu Atben bekannte meteorologifhe Regel, f. v. Klenze*
aphorifl. Bemerkungen &. 182. u. bef. 184.), daB ocog "Araßupor aul
° Zu ben fchfagenben Beweiſen, bag eben ber Hagios Elias ber alte Zeuähers
iſt, kommt noch der Umſtand, daß Elias immer bem heibnifchen Donnergotte ent⸗
ſpricht, fe Grimm D. M. 6, 117.
Japiter 589
Rhodos, auf defien Rüden Vater Zeus thronte, um den Gewöll zu lagern
pflegt und von wo der Blick über die umliegenden Infeln bis nad Kreta
reichte (Bind. Ol. VII, 160. Apollod. III, 2, 1. Schubert Reiſe in ben
Orient L ©. 480.), und ganz beſonders der lykaͤiſche Berg, die Kuppe des
arkadiſchen Gebirgoknotens, von wo man über ganz Morea einen Veberblid
bat (Pauf. VII, 38, 7.: sor 58 ant 7 axpa 7 arWTaTw Tod Opovg yiis
göue , Ag roũ Avnaiov Bouos, nai n LleAonorrmoog ta moAla sorır
ar artov ovsortos, vgl. Stadelberg in der @inleitung zu f. Schrift über
ben T. des Apollon Epifurios zu Baffä). Pelasgos hieß der ältefle König
des Landes. Sein Sohn Lykaon gründete auf dem Inkälfchen Derge Lyko⸗
ſura, die ältefte aller Städte (Paufan.: noAswr ds, Omooug Eni ij nmeige
&dsıde yij nal 8 7M0015, Avnocovpa dor mosOßvzarn nal Tavın® eider Ö
TAlog Apwım" ano Tavıns ds oi Aoınor nowiodeı noAss neuadnrany
ardpwonro:) und fliftet den Dienſt des Z. Avxaio; mit dem Kampfiviele der
Avxava, dem erften Inflitute der Art. Er opfert feinem Gotte ein Kind
und befprengt mit deſſen Blute ven Altar, worüber er zum Wolfe wird,
eine in fpäterer Zeit bei gebildeteren Vorſtellungen manchfach ausgejponnene
Sage (Apollod. III, 8, 1.), deren eigentlider Zuſammenhang dieſer zu fein
ſcheint. Av& ift dad lateinifhe Lux, der Wolf Auxog eine phonetijche Hiero⸗
glyphe des Lichtes, darum das Symbol des Z. Auxcioe, des im Lite
wohnenden Gottes, und auch Apollons, Auxooovpa oder Avnaıor bie uralte
Stätte ſeines Dienfled, dem in alter Zeit Menſchenblut floß. Gerade fo hieß
der Gipfel des Parnaſſos Avxwpeor, wo Deufalton mit feiner Arche landet
und gleihfallß die uralte Stadt Avxwpssa gründet und dem Zeus einen Altar
ftiftet (Ulrichs Reiſen u. Forſchungen in Griechenl. I. S.122.). Anderömo
bieß Zeus in gleiher Beveutung 'EAsevs oder EAmoüg (Weller Pont. Co⸗
lonie ©. 12.), bei den Roͤmern Lucetius (Feſtus: Lucetium Jovem appella-
bant, quod eum lucis esse causam credebant, Macrob. Sat. 1, 15.: unde
et Lucetium Salii in carmine canunt et Cretenses Aa 177 nusper vocant;
ipsi quoque Romani Diespitrem appellant ut diei patrem, Gell. N. A. V,
12, 6. Servo. zu Virg. Aen. IX, 570.), und berfelbe Glaube heiligte dem
Helios neben dem Zeus die Bergeshöhen (Liv. XL, 22... Auch fleht man
es Mar aus dem weltern Zufammenbange der Symbolik jenes arkadiſchen
Zeus dienſtes. Man behauptete nämlich noch zur Zeit des Pauſanias, daß
ed oben auf dem lykäiſchen Berge innerhalb der dem Zeus geheiligten Räume
gar Keinen Schatten gebe, ein kindlicher Ausdruck der Ueberzeugung, daß ber
höchſte Gott im Reinen wohne, deſſen natürlihe Darftelung eben das Licht
ik. Menſchen ober Ihlere, melde in jenen Raum träten, würfen feinen
Schatten (Pauſ. VIII, 38, 6. Polyb. XVI, 12,7.: Osomounos pnoag Tovg
eis 10 100 Los aßaror sußartus xar 'Apnadiar aomiovg yersodıı, vgl.
Put. Quaest. Gr 39.); Pauſanias ſetzt in feiner gläubigen Weile hinzu,
zu Syene in Neihiopien komme diejelbe Erſcheinung einmal im Jahre vor, in
jenem Heiligthume des Infäifchen Zeus aber immer und zu allen Jahreszeiten.
Bor dem Ultare, auf dem oberflen Gipfel des Berges, flanden zwei gegen
Sonnenaufgang gerichtete Säulen, darauf zmei im alten Kunflftile gearbeltete
und vergoldete Mpler, dad Symbol des Gottes (f. IV. und die Dichtungen
von ber Genefis des Adlers Hei Anton. Lib. 6. und Eratofth. Catast. 30.),
anftatt feiner Bilvfäule, denn der Anıhropomorphlämus eines jüngeren Zeit»
alter8 war au damals nicht bis auf dieſe flille Höhe des urſprünglichen
Zeusglaubens vorgenrungen. Auf dem Altare wurde in geheimnißvoller
Welle (dr anogönro) geopfert, wahrfcheinlih mit Gebräuchen, welde an
bie’ alten Menſchenopfer des Lykaon finnbildlich erinnerten. Man nannte
jenen Gipfel auch OAvunog oder Isor Kogvpn und glaubte, daB Zeus hier
feine Jugend verlebt habe. Im Kreife des heiligen Bezirkes befand ſich eine
590 Jupiter
immer fließende Duelle. Wenn vie heiße Jahreszeit kam und im Branbe
des Sommerd Saaten und Bäume zu verborren drohten, dann betete und
opferte der Zeudpriefter an diefem Quell und benegte mit dem Waſſer einen
Eichenzweig, der gewiß von einem heiligen Baume bed Hain genommen
wurde. Alsbald flieg ein nebelartiger Dunft empor, ber ſich zur Wolfe
bildete, zu welcher ih andere Wolfen fammelten, und nun fleng ed an zu
regnen über bie Fluren Arkadiens. Da bat man die zweite Eigenſchaft dieſes
alten Zeud der Bergedgipfel, den epiihen Wolfenfammler (repeAnyepera
Zeus), der auf feinen Höhen die atmofphärifhe Feuchte fammelt und in bie
Thäler unter ihm, wenn fie im Sommer fdmadten, hinunterſendet, den
gleihfalld uralten und in fo vielen andern alten Legenden und Gebräuchen
Griechenlands und Italiens gefeierten Witterungsgott Zeus (Schwenck Mythol.
©. 31. Sartung Re. d. Röm. I. ©. 9.), welcher ald Negengott zugleich
ein Ernährer der Bäume und ver Heerden war (Mogios in Xttifa, Mrio-
nos auf Narod u. dgl., f. Müller Orchom. S. 160.). So fener Z. EM«-
vos auf dem höchſten Berge Aeginas, welcher einft auf das Gebet des Aeakos
und der verfammelten Grieenfürften fein Volk durch Regengüſſe aus ſchreck⸗
licher Noth erlöst hatte (Bauf. II, 28, 7.), die Gebräude der Anwohner
des Berges Pelion, von welchen Difäarch in dem Fragmente eos IIrkov
berichtet, in Athen das Bild der Erbe, yis dyalum inerevovong voni oı
zov Ai (Bauf. IT, 24, 3.), der Z. varıog, Oußoros, Jup. Pluvius und an»
dere Formen, melde meiterhin zur Sprache fommen merden. Nimmt man
zu diefen Zügen noch zwei andere urſprüngliche Symbole des Zeußptenfteß,
in welchem ſich die eigenthümliche Natur ded Gottes gleichfalls auddrückt,
hinzu, den Blitz und die Gidhe, fo bat man die pelasgiſchen Elemente ber
Zeudreligion, ja der Meligion des oberflen Himmeldgottes überhaupt bei
einander. Der Big iſt der ätheriſche Begenfag zu der fegnenden Wolfe, das
Inflrument des zürnenden Gottes und dad Werkzeug feiner meltbeherrfgenven
Kraft, mie jene der Erguß feines Segens, der Bote feiner Milde ifl. Der
Zeus der Litthauer hatte davon feinen Namen Diewas Perkunas (xepavrıos),
bei den riechen ruhte der Blitz gleichfalls von jeher in der Hand ihres Zeuß
und im Blige fuhr er felbft aud der Donnermolfe hinab zur Erbe (Z. xa-
teßarns, Pauſ. V, 14, 10.), doch tritt dieſe Kraft des Gottes in ihrem
Culte weniger hervor, als in dem ttalifhen Glauben mit feinen fuperftitiöfen
Obfervationen der göttliden Beiden ‘(Jup. Elicius, Fulgurator, Tonans,
Fulminator *, Hartung 11. S.9 ff.), flatt deflen der Grieche im Eultus mehr
den fegnenden Megengott feierte, im tbeogonifhen Epos dagegen und in den
bilvfihen Darflelungen au vorzüglid den Donnergott herausftellte, jenes
vorzüglich in dem Gefange von den Kämpfen der Titanen, Giganten und
des Typhoeus, wo immer der Blik die Waffe der Entſcheidung if, um
welchen fih daher noch in den erflen Gefängen der Dionyfiaca ded Nonnus,
wo ber Kampf zwifchen Zeus und Typhoeus erzählt wird, bie ganze Handlung
dreht. Gleich urſprünglich aber iſt diefem Dienfle das Symbol der Eiche,
des ragenden, fernigen und Föniglihen Baumes; am befannteflen in Dobona,
aber keineoͤwegs allein bier, fondern gleichfalls überall in Griechenland. Au
auf dem troifhen Ida wurde Zeus im Cichenhaine verehrt (Klaufen a.a. D.),
und vor Troja war eine hochgegipfelte Eiche, die Häufig in der Ilias er-
mähnt wird, dem Zeuß Heilig (I. VII, 60.: gryo &p TymAz narpog Akos
aiyıoyoıo). Eben dahin gehört die Stadt Drryam in Arkadien und Andres,
was Eckermann Melampus S. 107. zufammenftellt; vgl. Birg. Georg. II,
” ‚Die alten Sprachen unterfcheiden brei Acte der Naturerſcheinung: daB Leuchten,
fulger, aorpann, den Schall, tonitrus, Aporrn, und das Cinichlagen, fulmen, ze-
gavro.“ Grimm D. M. 6. 121. — Z. dorpanaros in Athen, Strabo IX, p. 404-
Z. Boovewy erſcheint fehr häufig auf Fleinaflatıfhen Infchriften,
— — — — — — — —
Impiter | 591
332.: megna Jovis antiquo robore quercus *). Gerade jo aber auf, um
an der Nachweiſung der urſprünglichen Identität biefer Religion im ges
fammten heidniſchen Alterthum feftzubalten, bei den Gelten (Marim. Tyr.
VIII, 8. p.142. Rsk : Keito: 08Bovn ur Aa, eyadua 56 Aros Keitınor
vyrAn Öpüg), und vollends der Dienft der alten Preußen im Haine Romove,
dem Orte fliller Ruhe und tiefen Schmeigens: dort grünte auf einer weiten,
annruthigen Aue in Sommerd- und Winterdzeit ein hober, Fräftiger Eich»
baum, deſſen Aeſte und Blätter rings umher einen großen Raum beſchatteten.
In drei in den dicken Stamm des heiligen Baums eingehauenen Blenden
waren die Bilbniffe der drei oberflen Götter aufgeflelt, in der Mitte das
ded Perkunas (Boigt Gel. Breußend 1. &.580.). Es war das Bild eines
‚ornigen Mannes, fein Geficht feuerfarbig mit Eraufem Barte, das Haupt
mit Beuerflammen gekrönt; ähnlich Donar (vgl. Grimm D. M. ©. 120.).
Seine Verehrung war weit in den norbifden Landen verbreitet; man fand
ihn bei den Slaven in Mähren, Böhmen, bei den Auflen, wahrſcheinlich
in früherer Zeit auch bei den Polen. In den Volksgeſängen Litthauenz beißt
Perkunas noch jeht der Donner und erfcheint immer als handelnded Subject.
Der Donner war ded Gottes Sprade; alles Volk fiel zur Erde, menn fie
tönte, und betete: Diewas Perkunas abgehle nus, d. h. sAenoor. Aber au
als Spender des Sonnenſcheins und Regens und überhaupt als eine Macht,
welde alle atmofphärifhen Erſcheinungen bewegt, wurde er verehrt. Auch
der Thor oner Donar unferer Väter reiht fih diefem Zufammenhange an,
obgleih er im altdeutſchen oder norbifchen Götterſyſteme nicht die oberfte,
ſondern die zweite Stelle einnimmt, daher ihn der klaſſiſche Jupiter an Macht
und Anſehen übertrifft; f. Grimm Deutfhe Myth. S. XII. u. S. 112— 130.
Auch bier find Wolfen und Negen, Wetterfirahl und rollender Donner bed
Gottes Bereich, Berge die Stätten feiner Verehrung, die Eiche fein heiliger
Baum und der Hammer in feiner Sand entfpridht dem mächtigen Donnerfeile,
welden Zeus in alterthümlihen Bildern der Griechen zu führen pflegt. ** —
Soweit von den im Älteften Naturglauben begründeten Glementarbeflimmungen
diefer Religion. Jetzt zum weiteren Inhalt derfelben und ihrer, Entwidlung
in concreto.
I. Geſchichte der Zeusreligion und des Zeudbegriffe.
A. As Hauptgott der Peladger erfheint Zeus fomohl in jenen arfas
bifhen Vieberlieferungen als in dem Gebete Achilles, II. XVI, 233.: Zev ara
JIoöwvaie, IleAcoyırs, mAodı vaior, und Dodona mit feiner Eiche, den
heiligen Tauben, ven Hyadiſchen Nymphen, der Deufaliondfage und alter
Stammedvereinigung, gehört zu den älteflen Stätten feiner Religion, wo auch
bie velasgifhen Grundzüge berfelben noch ziemlich erkennbar find, f. Bb. II.
S. 1190 ff.; ebenfo in Theſſalien, welde Landſchaft eine der älteflen Sike
des Pelasgervolkes war, bejonders in dem Theile, der beſtändig den Namen
ITsAaoyınov "Aoyos behielt. Bon einem erinnerungdreihen Feſte, welches
bier dem Zeus unter denn Namen za IleAwpız gefeiert wurde, berichtet Athen.
XIV, p. 639. D.: die Pelasger opferten ‘gerade ihrem Gotte, als ein Dann
riefigen Anſehens erſchien, mit der Meldung, daß ein Erpbeben die Berge
Hämoniens durchbrochen und dem Strome einen Ausgang ind Meer geöffnet
babe, jo daß nun eine weite fruchtbare Landſchaft dem Bleibe der Pelasger
»Auch der Rhea iſt die Eiche Heilig (Apollod. 5. Schol. Apolon. I, 1124.),
bei Phigalla ward Demeter in einem Gichenhaine verehrt (Pauf. VIII, 42, 12.), und
Hekate im Eichenkranze erfcheint in einem Sragmente bes Sophokles bei Schol.
Apollon. Rhod. II, 1213.
*.Noc, näher flieht dem Thor der römifhe Iupiter mit einem Feuerſteine in
ber Hand, dem man bie Belt -it des Blitzes gegeben hatte, Arnos. VI, 25.
‘
592 Jupiter
reihe Brucht tragen werde. Ohne Zweifel war biefer Rieſige (IIsAmpo;)
der Zeud vom Olympos, Pelion oder fonft einem Berge Iheffaliend *, der
feine geliebten Pelasger beim eigenen Opfer befuchte und ihre Frömmigkeit
mit fo großem Segen belohnte; die fpätere Zeit aber faßte die Sage prag⸗
matifh. In der Freude über die Botſchaft des Peloros babe das Volk dieſem
den reichfibefegten Tiſch vorgefegt und Pelasgos felbft, der König, habe ihm
mit den Fürften des Volkes aufgemartet, und zum Andenken an das damalige
Sreubenfeft habe .man feitbem dem Zeug IlsAmpos einen großen Opferſchmaus
gefeiert, mobei viele prächtige Tiſche gedeckt wurden und viele Fremde, auch
felbft die Gefangenen und Sklaven, Theil nahmen und die Herrn aufwar⸗
teten: e8 war das bedeutendſte Feſt Theſſaliens. Seinem Weſen nad iſt es
identiſch mit den Kronien, wie denn der Kronoédienſt mit dem ded Zeus
weſentlich zufammengehört. So ftiftet Kekrops in Athen den Dienſt des Z.
vrerog und zugleih den des Kronos, nach Philohorus bei Macrob. Sat.
I, 10. B. Der Dlympifhe und Hellentifhe Zeusdienſt. Unter
den Bergen, auf welchen Zeus feit alter Zeit verehrt wurbe, mar auch ber
Olympos Theffaliens. Um ihn wohnte das gefangreihe Bolf der Pierer
mit feinem Mufendienfte und alten Sängern, welche vie Götter ihres heiligen
Berges, des Olympos, feierten und von bort die benachbarten Stämme und
das ganze Griechenland beſuchten und das Volk ihre Heiligen Welfen und
Sagen lehrten. So iſt e8 gekommen, daß alle griechiſchen Sänger fortan
die pierifhen Mufen des Olympos, die Töchter des dortigen Zeuß feierten,
und auf den Olympos ald den eigentlichen Bötterberg blickten, wie ber Berg
Zion feit der Mofaifhen Geleßgebung für immer ver Berg Jehovahs geblieben
ift, und das Volt der Efthen noch immer nad einem Berge bei Dorpat,
we SJumala fein Bolf gelehrt Habe, blickt und nad der Embach, an deſſen
Ufer Wannemunned Heiliger Gefang zuerft erfhollen. Der Olympos murbe
nun ber Berg ber Berge, auf welchem alle Poeſie ver Griechen und nad ihm
aller andern Völker die Götter geſucht Hat, fo groß ift die Macht der Di»
tung. Denn tharfächlih entfernte die Griechen ihre Geſchichte mehr und mehr
von jener Gegend, fo daß fie zuletzt faſt zur barbarifhen wurde. Dahin⸗
gegen ihr eigentliches Nationalleben fih in den füblicheren Gegenden entzün-
dete, weshalb wir einen Dienft des Zevs EiAanıos mit diefem nationalen
Namen aud nur dort finden. So befonders auf Aegina, dbeflen Zeusddienſt
auf dem Banhellenifchen Berge gegenüber der Küfte Attikas mit der Geſchichte
des helleniſchen Staatslebens älteſter Zeit innig verknüpft if. Es muß dort
einmal eine Amphiktyonie beflanden haben, ein Bund der verwandten Stämme,
wobei jener Dienft der Mittelpunkt und Aeakos, das. mythiihe Haupt des
Bundes und der Stammvater der herrſchenden Geſchlechter, zugleich der erfle
Priefter des Zeus war. Sehr wahrſcheinlich flammte diefer Dienfl und jene
Vereinigung aus Theſſalien, wo die Aeakiden heimif waren und die ältefle
Landſchaft Hellas Tag; Nachklänge deſſelben find der Helleniſche Zeusdienſt
in Sparta und Syracus (Müller Aeginet. p. 19. 77. 156.). C. Zeus
in der Theogonie und im beroifhen Epos. Angeregt von jenen
alten Meiſtern des griechiſchen Dlufengefangs bildeten ſich allmälig zwei große
mytbologifhe Syſteme bei den Briehen aus, ein theogonifched, welcheds ſich
mit der Genefis der Bötter und der Welt befchäftigte, und ein epiſches im
engeren Sinne bed Wortes, welches die Thaten und Kämpfe der Heroen
befang. In beiden war Zeus der Mittelpunkt ber poetiihen Bildungen.
Die Iheogonie iſt die mythologiſche Herleitung derjenigen @ötter, welche feit
® Diefer Aug ber Sage iſt um fo viel mehr für alterthümlich zu halten, de
Zeus ſonſt felten oder nie in ummittelbare Berührung wit ben Menſchen tritt, f.
Mägelöbad, Homer. Theol. ©. 16. 135 ff.
Jupiter 598
uranfängliden Zeiten in der Nation verehrt wurden, alfo die Genefis und
Hetiologie der in dem pofltiven Glauben gegebenen Götter des Olymps,
Zeus und feined Geſchlechts, ihrer Perſonen und ihrer Betheiligung an ber
Weltoͤkonomie. Zerſtreute Züge diefer Boefte finden fi bei Homer und ans
bern Ditern, ein ganzes Syſtem derfelben, aber durch fpätere Zuſätze und
Umbildungen manchfach modificirt, bei Heflod. Zeus erfiheint hier ald der
Eulminationspunft einer Tange dauernden, älteren Weltentwidfung, die mit
abftracten, phyſiſchen Anfängen (Okeanos, Chthon, Chaos) beginnt, ſich zu
immer concreteren Entwicklungen und Hypoſtaſen ſteigert, bis zuletzt ber
Kronide Zeus das Weltenſcepter ergreift und mit fiegreicher Sand, in der
Kraft feines Rathes und feines Blitzes, bie feinpliden Mächte nieberwirft,
Alles feinem Weltplan und feiner Weltordnung fügend, fo daß erft unter
ihm die ganze Götterwelt, ältere und jüngere, wie au der Kreis und bie
Kräfte der fichtbaren Erſcheinungen, ihre fefte Regel und Ubgränzung erhalten,
nah mwelder Zeus feltdem regiert. Das heroiſche Epos dagegen fang bie
Thaten des Herakles, die Fahrt der Argonauten, bie Abenteuer der Helden
vor Theben, den troifhen Sagenkreis. Auch in ihm war Zeus ber Alles
denkende, Vorbedenkende, zu Ende Bührende. Der feinem Rathe wider-
ſtrebende, zuletzt überwundene Gegenſatz der andern Götter, namentlich ber
Hera, feiner zänkiſchen Gemahlin, die Olympiſchen Goͤtterverſammlungen,
die Kämpfe der Goͤtter neben den Heroen und wider fle, beſonders Apolls
und Athene's, ber Lieblingstochter des Olympiſchen Vaters, welche ven Helden
überall in Rath und That zur Seite ſteht, der ſich in der epiſchen Handlung
balancirende Gegenfag von Schickſal und bewußtem Plane des Zeus, alle
biefe einzelnen Züge und Beflimmungen, aus welden fich das epiihe Bild
des Zeus, mie es und aus Homer am befannteften Ift und in der nachmaligen
griechiſchen Poeſte fortgefeßt maßgebend nachwirkte, müſſen fih im Verlaufe
jener alten Gefänge allmälig geformt und feftgefeßt haben, da Homer überall
mebr für das Ende und den geſchichtlichen Nepräfentanten jener poetifchen Ent»
wicklung, als für deren Anfang zu baften if. Für den Zeusbegriff iſt be-
ſondert wichtig, daß ſchon in der Homeriſchen Bötterwelt und Theologie ein
sehr beſtimmter monotheiſtiſcher Zug fih ankündigt, der ſich bei den fpäteren
Dihtern und Denkern noch mehr entwidelt. Belonbers gilt diefes von dem
Verhaͤlmiſſe, in welchem Zeus auf der einen Seite zum Schiclkſale ſteht,
morüber f. Bd. III. ©. 431 f. und Nägelsbach, die Homer. Theol. ©. 71. -
bis 124., auch Schömann, des Uefchyl. gef. Brom. S. 108., auf der andern
zu den Übrigen Göttern, worüber gleichfalls auf die 'trefflihe Ausführung
bei Naͤgels bach zu verweiſen genüge, und flatt vieler Stellen auf die eine II.
VIII. z. Anf., befonders v. 18 ff. Wie auch die Entſcheidung Über alles
Menſchliche in der Hand des Zeus ruhe, beweist in einen gleich erhabenen
Bilde die bekannte Pſychoſtaſie des Zeus, wie er vie Todeslooſe des Achill
und Hector wägt. Kurz Zeus iſt bei Homer ausgemacht vnuros nueorıer,
der Bater der Götter und Menſchen, der oberfle, ſtärkſte und in feiner Stärke
maͤchtigſfte Gott, der ‚perfönlihe Mittelyunft ſämmtlicher Weltbewegungen,
auch in den nicht unmittelbar ihm felöft untergebenen Theilen verfelben.
D. Zeus und die politifde Entwidlung der Griechen. Drüdt
dieſes fi in der Olympiſchen Götterwelt fo aus, daß Zeus als ihr Ober-
haupt erfheint, als König eines patriarchaliſch⸗monarchiſchen Goͤtterſtaates,
dem ein Math ver Alten und eine Gemeindeverfammlung fämmtliher Götter
zur Seite ſteht (Nägeldsb. S. 92 Ff.), fo iſt dieſer Olympiſche Staat zugleid
das Ideal des irbifchen, wie derfelbe ſich gleichzeitig mit jenem Ideale und
nach demfelben unter den Hellenen entwidelte. Wie Zeus im Himmel König
iſt, fo iR er auch der Ausfluß aller königlichen Gewalt auf Erden (Zevs
Baulg, Neal⸗Encyelop. IV. _ 38 |
594 Jupiter
Baniev; und Bamdaog, Lobeck Agl. p. 772.), der phyfiſche Stammpvater ber
meiften Fönigliden Geſchlechter (Aealiden, Herakliden u. f. w.); bie älteflen
Könige, Aeakos, Minos u. U. find feine Diener und Priefler: das Scepter,
welches im Haufe der Pelopiden fi forterbte, flammte vom Zeus, und wie
fonft dieſe Weberzeugung fih ausbrüdte (Nägelsb. S. 237.). Aber nicht
allein die Mat der Könige, fondern auch ihr Recht if in Zeus begründet,
das fie berechtigenbe ſowohl als das fie befchränfende, wie das bie herrliche
Warnung ber Könige bei Heflob apy. x. nu. 245 ff. weiter ausführt, und
überhaupt alles menſchliche Recht ift ein Ausflug jener Dike, welde an ber
Seite des Olympiſchen Zeus thront. Ale diefe Ipeen haben fi gleichzeitig
mit jenen epiſchen Gefängen und den entſprechenden Nationalzufländen ent-
widelt und blieben trog aller Veraͤnderungen im bürgerlichen Leben der Griechen
beftänbig diefelben. Immer blieb Zeus ber König der Könige und des auf
den Zielpunkt der Eöniglicden Gewalt georpneten Staates, was freili in
hiſtoriſcher Zeit vornämlig nur in ſolchen Staaten recht hervortreten Eonnte,
wo dad Königthum fi erhalten Hatte, wie zu Sparta, wo bie beiden Könige
aus dem von Zeus begründeten Heraklidenſtamme zugleich Prieſter des Zeus
waren, ber eine bed Z. Odcenos, ber andere bed Z. Aaxsöniumr, d. h.
des Königs Zeus im himmliſchen Goͤtterſtaate und des göttlihen Königs,
von welchem bie Spartaniſche Baflleia flammte (Herod. VI, 56.), in Mace⸗
bonten, wo gleichfalls der Heraklidenſtamm herrſchte und die enge Beziehung
um nationalen Zeus beſtändig fefthielt (Eckhel Doctr. Num. IH. p. 99.
üller Maced. ©. 56.), in Epirus, wo die Könige als Aeaciden nad
Strabo VII, p. 324. ein beſonderes Verhaͤltniß zum Dobondifchen Zeuß Hatten,
das fih auch auf ihren Münzen ausfpridt, und nad einem alten @ebraude,
der die religiöfe Grundlage dieſes Staates ſchön ausſpricht, die Könige beim
Antritte ihrer Negierung zu Paflaron dem Zevg Apssog opferten und dabei
der epirotifhen Landesgemeinde ſchwuren, der Verfaflung gemäß zu herrſchen,
worauf jene ſchwur, der Verfaſſung gemäß das Königthum zu bewahren
(Blut. Pyrrh. c. 5.). Noch Kallimachus dichtet deshalb in feinem Hymnus
auf Zeus v. 70 ff. im Sinne des Altertfums und der PBtolemäer, die au
den Zeuskopf und die Infignien des Zeus auf ihren Münzen zu führen
pflegen, obwohl mit zu flarfer Betonung der abfoluten Gewalt feiner
Könige, Zeud habe von den Menſchen die Borzüglicäften gewählt, den andern
Göttern Seefahrt, Krieg, Gefang u. |. w. überlaffen (vgl. Spanh. zu v.79.82.).
Auf der andern Seite ſpricht ſich diefer Glaube an den Urfprung alles Höchften
und Ebelften in menſchlicher Erſcheinung vom Zeus In den Beimörtern dios,
Ssorpspasc, Broyeraes für alle Eplen aus (Nitzſch zur Odyfſ. I. ©. 189.),
auch in dem Borkommen eines Zeug Ayausuror, Zeug Hoaxiis, Jupiter
Aeneas, melde Heroen dur dieſe Epithete als die höchſten in ihrer Art
bezeihnet werden (f. Bd. II. ©. 1265.), und in ben Sagen von alten
Helden und Königen, welde ſich eingebilvet Zeus zu fein (Apollod. 1, 7,4.
9, 7.), ein Wahnfinn, welcher dem hochfahrenden Sinn der Griechen io
wenig fremb war, daß er fi no im hiſtoriſcher Zeit wieberbolte (Mere-
ngaıng Zeug, Athen. VII, p. 289. B. Keil Onomatol. Gr. p. 20. Meineke
fragm. Com. Med. p. 337.), und daß Pindar einem feiner Sieger zuruft
(Isthm. IV, 14.): un ucteve Zeug yarsodaı' nam äyas, el 08 over
noie epixoıro naAwr; vgl. auch die fhönen Verſe bes Rblanus bei Stob.
Floril. IV, 34. v. 12 ff. (Meinefe Anal. Alex. p. 199.). E. Zeus bei
den Ditern der beften Zeit, befonderd bei Aeſchylus. Daß
fein einziger Hymnus auf Zeus aus den beflen Zeiten griechiſcher Boecfle voll⸗
Ränbig erhalten, if fehr zu beklagen, da in ihnen das Bild des Homerifchen
Bötterlönige ſich gewiß zu noch viel freieren und geiftigeren Zügen verflärt
hat. Es gab melde von Terpander, wovon der ſchoͤne Anfang bei Clem.
Jupiter 595
Aler. Strom. VI. p. 784. bewahrt ifl: Zev marrwr apya, nartar dynrap
u. f. w., von Alkman auf den Lykäiſchen Zeus (Himerius Orat. V, 3.),
mit dem Anfange: yo 8’ aeivouas En Zhös apyoueros, nad der frommen
Sitte, über melde f. Pindar Nem. II. 3. A., und befonders den Anfang
ver Phänomene Arats: Ex io: doywusode, Tor ovdsnor ardoes Suuer
Aupmror‘ neorai ô Atog nacaı 139 ayvıai, IIaocı 8 drdoonwr ayopai,
wor 68 Balacox Kai Aires, narın 58 Atos xeyonuede navres‘ Tov
yap nal yErog sousr. Berner gab es von Simonibed einen Hymnus auf den
Olympiſchen Zeus (Himer. Orat. V, 2.), und ganz beſonders rei an er-
babenen Wendungen der Zeusmythe war der für bie Thebaner gebichtete
Hymnus des Pindar (fragm. 5—10. Hei Böckh und Bergk), der auch auf
den Zeus Ammon einen Hymnus gebichtet Hatte (Pauſ. IX, 16, 1.), fo
mie auf den Dodonäiſchen Zeus (fragm. 29—32.), mit dem Anfange: Ao-
dwraie ueraoderes, apıororsyra natep, ARıovpyE Ölnag Te nmi evrouiag.
Vor allen aber darf Aeſchylus als Mepräfentant des helleniſchen Glaubens
in feiner geſteigertſten, reifften Entwidlung angefehen werben, zu einer Zeit,
wo Glaube und Meflerion no Feine feindlichen Mächte waren, Staaten und
Völker in der Blüthe ihrer Kebenskraft flanden, Kunft und Poefle das Höchſte
leiſteten. Daß der Zeuß des Aeſchylus keineswegs als Defpot zu fafen und
io, wie wir ihn beſonders dur die Ausſprüche des gefeffelten Prometheus
fennen lernen, fondern auch in biefem Gedichte als der höchfte, mädhtigfte
und weiſeſte Gott, von deſſen Gerrlichkeit das große Gemüth dieſes Dichters
überall durchdrungen iſt, wurde bereits Bo. III. S. 433. angedeutet und
iſt jezt nach dem Vorgange Klauſens theolog. Aeschyli p. 140 ff. von Schö⸗
mann, bed Aeſchylos gefeſſelter Prometheus, 1844. vortrefflich ausgeführt. *
Schön faßt Schoͤmann (S. 20.) die Vorſtellungen bes Aeſchylus von feinem
Zeus fo zufammen: Wer Hat inniger ald Er zu feinem Gott gebetet, „dem
Herm ber Herren, der Seligen Seligftem, aller Gewalt Gewaltigftem, Zeus
in den Simmeln broben, daß er des Flehenden fi gnädig erbarme und
heiligen Zornes voll der Frevler Uebermuth breche, — dem Bater, ver da
waltet in des Aethers Höhe und [haut vom Himmelsthrone, was bie Sterb⸗
fiden Unrechte® und Arges thun, und felbfl der Thiere Recht und Unbill
wohl beachtet, Jedem bie Gebühr nah ewger Satzung ſchirmend?“ Und
wo iſt er würdiger geprieſen als in dem Liede des Aeſchylus Suppl. 824 ff.
673. Agam. 160 ff. — Hier find wir auf der höchſten Höhe griechiſcher
Religtofliät, obwohl Aeſchylus keineswegs allein fleht, ſondern fich auch aus
andern Dichtern, fo fragmentariſch fie und überfommen find, viele erhabne
Ausfprüdge über Zeus und feine Macht und Herrlichkeit zufammenftellen Tießen,
die wir aber hier nur andeuten können. So 3.8. die ſchönen Verfe Solons
in den Unoßixaı: Alu Zeig narıor Epop@ relog u. f. w., bei Bergk
Poet. Iyr. Gr. p. 326., des Theognis v. 373 ff.: Zev pie, Havudlo 08
u. f. w., bie des Simontded von Amorgos: © mai, reAoc udr iya Zeus
Bapvxzunog u. f. w. b. Bergk p. 500., die des Pindar Isthm. IV, 52. und
Aehnliches, was auch bei dieſem Dichter nichts Seltenes ift; der des Simo⸗
nides fr. 89. B.: Zevg narrwy avrög Yapıana uovrog Eye, die Verſe des
Bakchylides fr. 29. (mo wahrſcheinlich Caffandra fpridgt); oder wenn Simo-
nides oder Bakchylides mit einem prägnanten Ausdrucke den Jeus agıozapyos
genannt (Athen. III, p. 99. B. Apollonius Syntax. p. 186. Bekker), und
vergl. mehr. FE. Zeus und die Philofopbie. EP in dieſer Sphäre
erſcheint Jupiter als der oberfle Gott, der Weltbildner und Weltlenker, wobel
natürlich Die Philofophie das befondere Intereffe hat, den in der Dichtung
® Die entgegengefegte Anſicht f. beſonders bei Welder Trilogie S. 21. u. ©. 90 ff.
Bei demſelben ©. 99, auch eine Leberficht ber Hauptſtellen bed Aeſchylus fiber Zeus,
596 Japiter
gegebenen monotheiftifgen Zug und bie Ipentität des Zeus In allen Diffe-
renzen der Zeit und der Erſcheinung auf alle Weife zur Hauptſache zu machen.
Indem fie dieſes vornämlih auf dem Gebiete der Naturlehre that, wo bie
Hiftorifhen Götter bald als oberfle Naturfräfte dieſer fihtbaren Welt ven
geifligeren Mächten eined höheren Kreifes untergeorbnet wurben, und babei
zugleih an ber populären Mythologie feftzuhalten fuchte, konnte es nicht
fehlen, daß die philofophirenne Theologie der Griechen mehr unb mehr einem
wüſten und mit willkürlicher Allegorie geflügten Pantheismus und Synre-
tismus anbeim fiel, welcher ſich am flärffien in den Orphiſchen Gedichten
und in der ſtoiſchen Philoſophie ausſpricht. ine philofophirende Richtung
liegt Thon in dem Dodonäiſchen Diſtichon bei Baufan. X, 12, 10.: Zevs
77, Zeig Eotı, Zeug Eoveraı, © usyale Zev‘ Ia naproug ariaı, dio xAr-
bene unzeoe Taiar. Unter den ülteften Denfern aber iſt die Theologie des
Pherekydes von Syros fehr merkwürdig, befonders in der Hinficht, weil bei
ihm Zeus am meiften und in der reinſten Weife monotheiflifh gefaßt war:
biefer Bott war bei ihm der Anfang, die Mitte und das Ziel der Weltent-
widlung, deren aoyn, ihr die Gegenſätze bindenber Eros, und zuleßt perſön⸗
liher Demiurg (f. die Stellen bei Brandis Hanbb. d. Geſch. d. Philoſ. I.
S. 80.). Aus den Orphiſchen Poefleen gehört beſonders dad größere Frag⸗
ment ber Theogonie hieher, welches Pi. Ariftot. de mundo, Proflus u. U.
aufbewahrt Haben, wo der pantheiftiihe Zeusbegriff in den fchärfften Umriffen
gegeben ift, f. bei Lobeck Agl. p.523.: Zeug moWzog yavero, Zive VOreTos
Goyınsgavrog, Zeus xepain, Zevs ueovn, As Ö 8x Rare rarvarau'
Zevg rVHUN® yaing Te nal OVparov aarepoerrog‘ Zevg apony yireo, Zevs;
@ußgoros änAsro vuugn‘ Zevs nor narıor, Zevg dnauarov MvpOg ögun
Zevs norıov bila, Zeug His nd& asAıın, Zeug Pamlevg, Zeig apXos
anarıny apyıyevsdiog, u. ſ. w. Wie auf diefem Wege Zeus zulegt das
pantheifliihe Alles in Allem wird, ſ. bei Lobeck Agl. p. 6id. Die Anfldten
ber Philoſophen aber von Zeus, der bei ihnen, wenn fle zmei Welten an-
nehmen, immer ber oberſte Gott dieſer Welt ift, charakterifiren am beften
ihre etymologiſchen Erklärungen des Namens. So wenn Plato Cratyl. p. 396.
aud den Beiden Formen Zevs und Ir zwei Benennungen macht und das
Weſen des Gottes dann in den Worten zujammenfaßt: avußeaıreı our 095
oroualsodn: ovrog 6 Heog si di 07 Lijr asi mac tois Laos Umapyeı.
Bei Zenofrates, der feineXehre meift auf der Grundlage einer allegorifirenden
Theologie aufbaut, ifl Zeus die Monas, der Geiſt, vie Fülle, ber erfle und
oberfle Bott (j. meine Histor. Philos. Gr. Rom. n. 288.); die Stoifer, melde
die Götter des Volksglaubens ald verſchiedene Phaſen und Seiten ihres A-
Gottes auffaßten, ven fle den Geift ſchlechthin, das Verhängniß, biömeilen
auch Zeus nannten, erklärten bei der gemöhnlicheren Auffaffung meiſt wie
Plato: Aa di 07 1a narıa, Zure nap 0007 tod [ir ainog eouır 9 Öl
tod Liv neyoopnxev (ibid. n. 384.), eine Erklärung, die auch Pf.Ariftot. de
mundo c. 7. wieberholt und bis auf einen geringen Zufag gleichfalla Hera»
klides Allegor. p. 441. ed. Gale.
1. Grundzüge des Zeuskultes. A. In den mwidtigfien
Naturdienften. 1) Der Kretifhe Zeus. Dieſer Cult iſt dem phrv⸗
gifhen der Rhea Kybele und des Bakchus nahe verwandt und ſtammt wohl
auch mit ihnen aus einer Wurzel. Zeus ift der im jährlihen Verlaufe ver
Natur mechfelnde Gott, der geboren wurbe und flarb, daher Kreta die Wiege
bed Zeus und fein Grab zeigte, vgl. Höck Kreta J. S. 155—255. und
Schwenck Mythol. S. 14 ff. Vorzüglih waren die mittleren Theile ver
Infel, die Gegenden um den Ida und Difte mit den Städten Knoſos, Gortvs,
Lyktos, Präſos und Hierapytna das heilige Revier des Zeusdienſtes. Die
kegende iſt die bekannte, von ſpäterem Euhemeriemus ſehr entſtellt. Kronos
Japiier 597
verſchlingt feine Kinder. Als Rhea ven Zeus geboren, verbirgt fie ihn in
eine Höhle des Berges Dikte und übergibt ihn den Kureten, vie dad Kind
in eine Höhle des Berges Ida zu den Nymphen bringen, welche es mit Mil
und Honig nähren. Diefe idäiſche Höhle (zo 'Tdaior «rroor) war dem
Zeusdienfte eben fo heilig als Nyfa dem Dionyſosdienſte, nur daß diefed in
bie verfchledenflen Gegenden verlegt wurde, jene Bergeshöhle aber (167 Walds
gebirge), wo Zeus geboren, immer vorzüglih auf Kreta geſucht wurde.
Nur die Bewohner des phrygiſchen und troiſchen Ida behaupteten niit gleicher
Anerkennung in Aflen, daß ihr Gebirge des Botted Geburisſtätte geweſen;
in Griechenland mußten fie, wie Arkadien, Mefienien, das böotiiche Theben
ber Infel Kreta nachſtehen. Statt der Nymphen nannte die ältefle Legende
gewiß nur Melifia und Umalthea, dv. i. Biene und Ziege, die dem gött-
lichen Kinde Mil und Son (Nektar und Ambroſia) reihen, bie inyllifche
Scenerie des Bildes vom Knäblein, dad im einfamen Waldgebirge empor⸗
wächst. Don der Ziege leitete man die Aegis des Zeus (Z. aiyıoyog) und
das Wunderhorn der Umalthea ab. Andere DBerfionen aber machen jene
Tiere zu Nymphen, neben melden denn aus der aſlatiſch-idäiſchen Sage no
Adraſtea und Ida, aus der arkadiſchen die Neda u. a. genannt werden. Die
Kureten find die Wache des Knaben, bie ihn in heiligen Tänzen umfreijen,
indem fie mit ihren Speeren auf die Schilde ſchlagen, damit Kronod das
Geihrei des Kindes nicht höre. Strabo X, p. A66 ff. gibt über. fie den beflen
Aufſchluß, vgl. Höck S. 197 ff. Weder Trilog. S. 190 ff. Lobeck Agl.
p.11li ff. Sie entſprechen den Satyrn im Dienfte des Dionyfos, ben Kory»
banten des Rheadienſtes, den Telchinen des rhodiſchen Poſeidondienſtes, den
idäiſchen Daktylen in der afiatijch-inaiihen Zeusreligion (Höck ©. 305 ji.
Klaufen Aeneas S. 7—23.) und. find eigentlih Dämonen des Gebirgé (dai-
uoves nooroAoı, ſelbſt Heos genannt, nachher pragmatifh für Prieſter ge=
nommen), wie bie Satyrn bie Dämonen ber Waldeseinſamkeit, in welder
Dionyfos heranwächst, mie die tanzenden Berggeifter der deutſchen Mythos
logie (Grimm S. 264.). Gemäß der Plaſtik griechiſcher Vorſtellungsweiſe
werden fie als bewaffnete Jünglinge, die Idealbilder des Kretiſchen Waffen⸗
tanzes, gedacht, der movAıs oder zvooiyn, die im Zuſammenhange des Zeus⸗
dienſtes die heilige Bedeutung eines orgiaſtiſch-kriegeriſchen Cultuſstanzes Hatte.
Im Uebrigen hatte. fich der Kretiſche Zeusdienſt zu Myſterien geſtaltet, von
denen wir leider wenig wiſſen (Höck III. S. 302 ff. Lobeck Agl. p. 1121.),
nicht einmal die Zeit der Feier, die beſonders wichtig wäre. Höchſt wahr⸗
ſcheinlich feierte man im Frühlinge die Geburt des Gottes, im Herbſte oder
Winter ſeinen Tod, jene in der idäiſchen Grotte und auf den anſtoßenden
Wieſen, dieſe an dem oft erwähnten Grabe des Zeus (Höck III. S. 336.),
welches wohl als Iran in der Krypte des Tempels zu denken. Von jener
Feier erzählt Strabo X, p. 468., daß junge Leute, die Kureten darſtellend,
in bewaffneten Schauſcenen und Tänzen die heilige Sage von der Geburt des
Zeus aufführten, wobei Kronos und Rhea vorkamen, unter wildem Tanz
und Geſang, mit dem Klange der Erzbecken und Handtrommeln, in rauſchenden
Orgien. Auf die Myjſterien des von ber Unterwelt verſchlungenen Zeus ſind.
die aus den Kretern des Euripides erhaltenen Chorverſe (Porphyr. de abstin.
IV, 19. p. 172.) zu beziehen, wo u. A.: Fol zw martar neösoru xo1jP
Ilölarov 15 peow, Zevg eilt Aidns Oroualouerog orspyaıg' und: Lv yap
er za Bsoig Tois Ovgearidaug Lxjnroor 10 Atos erayapılor XYorior
Adn nersyais apyis. Als befondere Eigenthünlichkeit wird geltend gemacht,
daß diefe Myſtetien nicht insggeheim wie anderswo, ſondern ganz öffentlich
begangen wurden (Diob. V, 77.), nämlich im Freien, in ber nächften lim»
gebung der idätfchen Heillgthümer. Daß der Minotauros wahrſcheinlich ein
alted Symbol des Fretifhen Zeuspienfles war, wird von Schwenck Mythol,
598 " Sapiter
-&. 20. ausgeführt. 2) Der Argiviſche Zeus. Auch diefer Dienſt bat
Spuren alter Naturſymbolik bewahrt, indem Zeus Hier in dem Gegenſatze
des jugendlichen, befruchtenden Gemahls der Hera erfheint und des ältlichen
Gottes, dem der Schmud des Banpteg abgeftorben, von welchem letzteren
f. IV. Die Hauptſache aber blieb bei diefem Dienfte die Beziehung zur Hera
im ispog yanog, der zwar auch in Böotien bei Platää gefeiert wurbe (Blur.
bei Eufeb. Praep. Ev. III. z3. A. Pauſ. IX, 3.), am troifggen Ida und in
Kreta (Hd III. ©. 312.), auf Aegina (Müller Aeginet. p. 149.) und
wohl aud auf Eubda und Samos, deſſen urfprüngliches Theater aber nad
allgemeinem Glauben die Berge bei Argos waren (Welder zu Schwend Ans
Deutungen S. 267 ff. Böttiger Kunſtmythol. II. ©. 243 ff.). Diefe Heilige
Hochzeit murbe im Frühlinge gefeiert; ſie war ein Frühlingsfeſt der Natur,
gemäß den Vorflelungen, melde unter den Älteren Dichtern Aeſchylus in
dem PBragmente der Danaiden bei Athen. XII. p. 600. A. in folgenden
Worten der Aphrodite am ſchönſten außfpridt: "Epox ner «yroe oVgaros
zooom ydora, "Eows d& yalar Auußareı yauov ruyeir‘ Oußoos 6 ar
EVIKETTOS OVoRy0U neowy 'Exvor yalar“ n 08 zixrerm Boorois MnAor Tr
Bomag xai Bio Anummpiov‘ Aerdgotıs won 6° en vorilortos yauov Teieio;
go‘ Tor Ö 80 Fapaitog, unter den füngeren Virgil Georg. II, 323 ff.,
wo u. U. Tum pater omnipotens foecundis imbribus Aether Coniugis in
gremium laetae descendit et omnes Magnus alit magno commixtus corpore
foetus.* Die Legende erzählte, Zeus fei mit Sturm und Megenfhauer, in
der Geſtalt eines Kukuks (als des Verkündigers der erflen Hegengüffe des
Fruhlings, Hefiod soy. 486.) zur Hera gefommen, melde Metamorphofe in
der fpäteren Sage zur Maske wirb, um bie Böttin zu Hintergeben, da beide
noch nicht vermählt geweſen (Schol. Theokr. Id. XV, 64.). Man feierte das
göttlihe Paar mit Antheöphorien (f. Bd. I. S. 518.), führte Hera im bräut>
lichen Shmude umher, flocht ihr aus den Zmeigen der zuerft ausſchlagenden
Weiden ein Brautbette (Azyeor«), und beging die ganze Cäremonie wie eine
menſchliche Hochzeit, für deren Vorbild und Stiftung dieſe göttliche galt.
3) Der Attifhe Zeusdienſt. Au diefer blieb weſentlich Naturreli-
gion, nur daß Zeus bier nad dem Gegenſatz bes freundlichen (wecAigos)
und jürnenben (uauarıns) Himmelsgottes erſcheint. Charakteriftiih find
demfelben mildere Opfergebräude, melde den arkadiſchen Menſchenopfern
entgegengefeßt zu werben pflegen, und bie unter dem allgemeinen Ausbrud
anodıonounnosgs zufammengefaßten Sühngebräude, deren nächfte Beziehung
die Feldfrüchte und ber ihnen von dem Wechfel der Atmofphäre, Regen,
Sonnengluth u. |. mw. drohende Schaden war. Als Burggott Abend hieß
diefer Zeus JTorsvg. Die Ältefte Stätte feiner Verehrung war ein Altar,
den Kekrops dem Z. vnaros** geweiht hatte, verfelbe, welcher fpäter vor
dem Erechtheum fland (Paufan. I, 24, 4. 26,5. 28, 10. VIII, 2,2. Schol.
Ariſtoph. Fried. 418.). Folgende Feſte wurben gefeiert: im Frühlinge, nämlich
Welcker erinnert an Logau's Worte vom Monat Mai: Diefer Monat ift ein
Kuß, Den ber Himmel gibt der Erbe, Daß fie jego eine Braut, Künftig eine Mutter werde,
*° Der Gegenfag vou uraros iſt zH0vsos, wie Superus und Inferus, f. Demer.
u. Perſeph. ©. 184. Sonſt ift auch vlaroc der Gegenſatz von uraroc, Nitzſch zur
Odyſſ. Ster Bd. ©. 9., daher auch Zeus uraros und viaros einander entgegengefegt
werben, f. Zenofrated bei Clemens Alex. Strom. V. p. 604 c. Lobeck Agl. p. 1098.
Irrig if ed, wenn Müller Aefchyl. Eumenid. ©. 139. und Eckermann Melamyus
©, 108. bie Identität des Z. nesliysos mit dem 7200200 behaupten, was burdy bie
Identität der Dienfte des zeliysos mit dem Yraros umd nzolsevs wiberlegt wird
unb durch Theokrit Id. XXIV, 97. Zuvi d' imöbkm zabureprigp dpsem
zoigur. Oft ift umaros, Uysoros, Urrieprepos, zarurderaros (Rallimad). Hymu. an
Zeus v. 91.), auch ber Oberſte der Heos Uzaro, Ober der hoͤchſte Bott ſchlechthin.
wie Jup. Exsuperantissimus, f. Spauheim zu Kallim, am a. O.
Jupiter 999
im Monat Antheflerion die Diafien (Bb. II. S. 996.), ein Sühnfeft des
Z. usıliyos, mit großem Opfer (befonvers bolofauftiiden Schweindopfern),
feierliden Schmäufen und düſtern Gebräuden (usr« zivog orvyyormtog).
Die Grammatiker Leiten den Namen ab von damaiver, was nad ihrer
Erklärung dem latein. averruncare entſprochen hätte, in Wahrheit aber tft
Jana nichts Undered als das Dialiihe Fer und jenes Verbum erft von
dieſem Namen gebildet. Am 19ten Munydion, aljo mehr gegen den Sommer,
wurden ritterlihe Diafien, mit einer großen Proceſſion der Ritter ges
feiert. Im Sommer ſelbſt, im Monat Stirophorion (am 14ten, nad Bekk.
Anecd. I. 238. am 16ten), wo bie Hige am hoͤchſten flieg, beging man das
Eh der Buphonien oder Dipolien*, von welden Namen jener fi
auf einen eigenthümlihen Opfergebrauch bezieht, dieſer das Feſt des Z. IIo-
Asvg bezeichnet. Nach der urſprünglichen Stiftung des Kektops opferte man
vem Burg-Zeus nichts Blutiges, fondern Feldfrüchte und Derartiges %*,
wozu noch kam, daß es iure sacro verboten war, Pflugſtiere zu töbten.
Deſſenungeachtet opferte man Stiere und motivirte es durch folgende Legende
und Cäremonie. Das vom Stifter des Dienſtes vorgefchriebene Opfer babe
auf dem Altare bereit gelegen, da fei ein Stier hinzugetreten und babe davon
gefrefien. Den babe der Zeußspriefler (Aouos, Andere nennen Eigennamen)
getöbtet, der aber dafür das Rand habe meiden müflen. Seit jener Zeit num
ver Rebende Gebrauch, auf den ehernen Opfertiſch das Bemiih von Gerfle
und Walzen zulegen, Stiere beranzutreiben und denjenigen, ber davon fraß,
dem Zeus zu ſchlachten, mobei die einzelnen Acte ver Gäremonie unter ver»
ihiedene priefterlihe Gefchlechter vertheilt waren, bie nach ihrer befonvern
Bunction Kerspiadaı, Bovruno: over Bovgporo: und Acızpoi benannt wurden.
Derjenige, welcher den Stier niederſchlug, warf gleih nad der That wie
einer, der einen unfreimilligen Mord begangen, das Beil von fi und floh,
In alter Zeit wirklich aus dem Lande. Hinterher wurde dem Morbinftrus
mente und ben betheiligten Berfonen förmlich der Proceß gemacht; vgl. außer
Pauſan. und Schol. Arifl. 1. cc. Porphyr. d. abstin. II, 8, 10. Aelian
v. HA. V, 14. VIII, 3. Gic. Top. 17. Feſt. v. Subici. Schol. Ariſtoph.
Wolf. 985. Suid. v. Bovpona und OzvAwor. Etym. M. v. Aiouog, und
oben Br. II. S. 1022. — Endlich das Feſt ver Mämakterien im Monat
Mämakterion, der gegen ben Anfang des Winters fiel und nad Photius
u. 9. s. v. ben Namen hatte ano Aog nasuaxzov, uauaxeng fei der wild
aufgeregte und zürnende (6 &rdovawmäng al TapaxUıXag, HaUAKOOO TO
diemm Masoussov öpuar), alſo Jup. vesanus in dem Sinne wie Plautus
Trin. IV, 1,7. vom flürmifhen Meere fagt: Neptunum spurcificum, imma-
nem, intolerandum, vesanum. Photius feßt noch hinzu: rovzo zw um
0 anp raparıeraı nas ueraßoAnv ioya. Aus Corp. Inscr. n. 523. erhellt,
daß am 20ften Mämalterion dem Z. Iawpyos ein Opfer gebracht murbe,
welches eben viefer Jup. Arvalis der Atmofphäre if, den man jetzt fühnte
und um Segen für die den Feldern anvertraute Saat anflehte. *** Diefen
Legenden und Gebräuchen mögen ſich 4) einige verwandte Naturbienfte des
® Ueber die verfchiebenen Formen dieſes Wortes ſ. &, Hermann ad Arist.
Nub. Ve 984,
** zilavon yauoza, sapzor. Vgl. Sannyrio fr. 873, Meineke: rilaror xa-
loõũusy Aueis 08 Beoi, a nalesre oeuras aleıd’ Ups 0: Aporoi. Nah Panfanias
x0:das neusyulvas TTVgOIS.
®.. Zemoph. Oecon. XVII, 2.: dreıday yap 6 uerwrogıyös zgovas MAN, Tartıs
20v 06 ardgunos rpos 109 Heor amoßlinovow, Ömore Pplias zur yyr apa
avroug grreipew. Das einfach fchöne Regengebet der Athener bat M. Antonin zi;
tausor V,7. aufbewahrt: door ücoy m yils Zeu zara 175 Apovpas as Adnralav
“as Tu rıdiov, vgl, Grimm D. M, ©. 119.
‘600 Jupiter
Zend, namentli des Z. axtaios und inuaios anfältegen. Jener ifl
ber auf den axzais, an den Ufern und Vorgebirgen verehrte Zeud, von wo
diefer Gott wie Poſeidon den Segelnden ind Meer hinaus günflige Winde
nachfendete (Z. ovgsös f. in IV. Aos ovoos Od. XV, 475., Nägeldb. S. 91.),
Yandeinmärt3 aber den Anwohnern Fühlenne Winde, namentlih die Eteſien
ſchickt, die einzige Erquidung der Menſchen und Felder während der Gluth⸗
hige des Sirius, der in diefen Fabeln als wüthender Hund erfcheint (Müller
Proleg. S. 195.) Daß die Sage vom Aftäon mit diefem Zeusbienfle zu⸗
fammenhängt, ift von Müller Orchom. ©. 248. 349. u. U. nachgewieſen,
f. Säwend Mythol. S. 29. Von dem Berge Belion erzählt Oikäarch,
oben am Berge fei die Chironifhe Höhle und ein Heiligthum Los axraior,
zu weldem beim Aufgange des Hundsſterns, wenn der Sonnenbrand am
beftigften wurde (ara To anuaoreror navua), eine PBrocefflon aus dem
Thale hinauf zu wallfadrten pflegte, wobei die vornehmſten Sünglinge, von
den Prieflern audgemählt, mit ven Zellen dem Zeus geopferter Widder er>
ſchienen, welches Tier in dieſen Sühnungspienften das folenne Opfer war.
So groß, meint Dikäarch, ſei die Kühlung auf dem Berge; allein gewiß
ging man nit Hinauf um fih abzufühlen, fondern um von dem Gotte
Kühlung zu erflehen, in demfelben Sinne, wie ber Prieſter des Lyfälfchen
Zeus mit dem Giddenzweige aus dem heiligen Quell Kühlung und Näfle
von dem Gipfel des Berges in die Ihäler Hinunter beſchwor. Aehnlich Z.
'Aygsoos, deffen Tempel auf der Spike des Gebirges fland, welches fi über
den jähen Abhang der Skironiſchen Felſen zwifhen Megara und Korinth
Dinzog, von agıra, der Megenentfender, und Z. "Aneoarmos bei Nemea
(Bauf. I, 44, 9. I, 15, 3.). Z. ixuoios aber wurde im Zufammenhange
mit der Sage von Ariftäos vorzüglih auf den griechiſchen Infeln verehrt
(f. Bd. I. S. 750 f. Bröndfleb Reiſen u. Unterfſ. 1. S. 40 ff. Müller
Orchom. S. 348. und Erfh u. Oruberd Encyel. XI. S. 266. Welcker kleine
Schriften I. S. 19 ff.). Ariſtäos war in Arkadien, Theffalien, Böotien,
in Kyrene, befonver® auf der Infel Keos heimiſch. Diefer befte und wohl⸗
thätige Heros (apıoros, apıoraiog) wird bald ein Sohn des Apoll, bald
ded Zeus genannt, daher au AnoAlwr und Zevs auıoraio;, der mit dem
Knteios und apsnog identiſch if. Auf Keos hieß ed, die Infel fei zuerſt
von Nymphen bemohnt geweſen, unter denen Ariſtäos emporgemadfen fei.
Da babe ein Löwe vie Nymphen verſcheucht, was viefelbe Jahreszeit andeutet,
die fonft durch den Aufgang des Sirius bezeichnet wird. * Ariſtäos aber
opfert dem Z. inuaios auf einem Berge der Infel, morauf diefer die Eteflen
fendet. Zugleich fliftet Artftios Sühnopfer des Sirius, der auch auf den
Münzen von Keos erfheint und beffen Namen (Zeivıos — oeıyog, von ber«
felben Wurzel mie Heuw, Ysgos: aeipıos YAıoz, oeipıoz Korn) Antimachus
fogar auf den Zeus felber übertrug (Z. Zeipios, Etym. M. p. 710, 28.),
fo daß Zeus aljo fowohl der Urheber der Sonnenhige als ver kühlenden
Winde und atmofphärifchen Näffe (ixuxs) war. — Auch der italiſche Iu-
piter war Pluvius, Imbricitor, Serenator, je nachdem der Simmel wech⸗
felte, und hieß Almus und Frugiferus, beſonders wegen der Wohlthat des
Negend und Thaues. Bei lang anhaltender Dürre opferte man ihm ein f.
g. aquilicium, dad mit gemiffen magijhen Gäremonien verbunden war, melde
die Römer durch Etrusker verriäten ließen. Ein f. g. lapis manalis, deren
einer beim Dlarötempel vor der P. Capena lag, wurde nad Art eines (Sys
linderd über die Raine geſchleift. Bor der Ausfaat im Frühlinge ober Herbfte
“ Der Raub der Perfephone und ihr Beilager mit Piuton ward In berfeiden
Zeit gefeiert, zu Alexandria in dem Mt. Erıpi, orı dv Aktoyrtı yirvıımı 6
nkros, Drmet, u Perſeph. 6, 119.
Japtter 601
pflegte man zum Jupiter zu beten unb auf an ben Feſten bed Weinbergs
hatte biefer Gott auf dem Lande feinen Antheil (Hartung II. S.9 ff. 35f.).
B. Der Zeuscult in feinen Beziehungen auf das bürgerlide
Leben. Erſcheint Zeus in ven behandelten Gebräuchen als Potenz, als die
Naturmacht des Himmels, fo waltet er in biefer Sphäre ale höchſtes Princip
ver Ordnung, des Rechtes, der geſetzlich geſicherten und befrieveten Menſch⸗
lichkeit. Obgleich vor allem das patriarchiſche Königthum der älteflen Zeit
die Stellung des Olympiſchen Zeus zur Goötterwelt wieberfpiegelt und des⸗
halb beſonders veffen Ordnungen und Sabungen ald Ausflüffe feines Wefens
angeieben wurden, fo hielt man diefe Beziehungen doch auf im ferneren
Berlaufe des bürgerlichen Lebens fe und man kann ſie durch alle jene Eleinen
und größeren Blieberungen und bindenden Formen verfolgen, von dem ein-
fachen Hauswefen bis zur allgemeinen Landes « und Bölkerverbindung, fo wie
auch nah den verfchiedenen Seiten des Rechtsweſens, des gejelligen Verkehrs,
des Fremdenverkehrs u. ſ. w. So im Hausweſen der Zeug spxsiog oder
sysouos, der Schirmuogt des Familienrechtes und Hausregiments, an deſſen
Altare der Hausvater das natürliche Prieſterthum hat, entſprechend der Befla
und den Benaten bet den Latinern, daher au bei den Griechen die Heſtia
des Zeus Schweſter if, Bind. Nem. XI. 3. A.: nai Pag @ re npvrareie
Irloygas 'Eosin, Zmrög vrpisrov xamyraza nei öuoßoorov ’Hoas. Als
Lvyog und yaundıos fleht Zeus neben ver Hera dem ehelichen Bunde vor,
ver die Familie begründet, als zAovaog und xınmos ſchafft er dem Haufe
Bee (T. die Stellen bei Nägeletah ©. 57. Lobeck Agl. p. 1239. 1337.);
das Bild des xznmog pflegte man in der Borrathäfammer aufzurichten
(Harpofr. p. 115. xrnaow Ai 67 Toig Tauısios iöpvorro). In weiteren
Kreifen ber bürgerlihen Ginigung nad Geſchlechtern, Bhratrien u. f. w. iſt
Zeus yersdAro; (Bind. Ol. VII, 16. Pyth. IV, 167.), narewog in Sparta,
anderswo anarovgıog (Gonon narrat. 39.), in Athen geazoos (MBlato
Ruthyd. p. 302. D.: Zeus 8 nuir narpwog ur 0v aaleitaı, äpneiog de nat
perzgios xal 'Adrwein yoaroia, vgl. Bergf Com. Antig. p. 108. Lobeck
Agl. p. 771., und von diefen Gigenfchaften überhaupt Creuzer Symbol. III.
©. 112). Auh an heiterer Gefelligkeit und Befreundung beim Maple
bat Zeus feine Freude und bewirkt fie; er beißt deshalb gil:og und ezai-
0805 (Diodor b. Aihen. VI. p. 239. D. Meinefe Com. Med. p. 543 f.
Com. Nov. p. 384. Schwend Mythol. ©. 36.), auch zaouar (PBauf. VII,
11. extr.); Volyklet hatte dieſen Zeus ganz ähnli dem Dionyfos dargeftellt.
Us Vorſtand der Stadt im Banzen iſt er Z. modısvs in Athen, Agrigent
und ſonſt, Jupiter Custos in Nom. Gr waltet im Mathe des Staates, In
der Volkaverſammlung (Z. Boviaios, ayopaios in Athen, Selinus, Eli,
Sparta, ſ. Taylor ad Lys. p. 191. p. 70 ff. Rsk.), von ihm find, wie Arat
in ben oben angeführten Berfen fingt, alle Gaſſen vol, alle Miarktpläge,
das Meer und die Häfen, überall bevürfen des Zeus mir alle. Den Borftanh
des Rechtsweſens bedeutet feine Berbindung mit ber Themis und Dike. Hefio!
weiß von Tauſenden unfichtbarer Dämonen, die auf der Erbe nah Net uni
Unrecht feben und unfterblihe Wächter des Zeus unter ben Sterblichen find
(eey. 250.), und fingt v. 267.: Ilerza idmr Ag opdrkuos xai marc
voıoas Kai vu za’, ai x sdalno, smöspnerar, oudE & Ande, Oim 87 nei
ımöe Siam oA; erzos Eipya, vgl. v. 256. Ja au bis in die Thierwelt
hinab ficht Zeus auf Recht und Zähmung des Uebermuihe, Archilochus Epod.
fr. 79. Bergk. Ginige nennen vielen göttlichen Rechtsvorſtand auch Z. ör-
u00vr0g, |. Lobeck Proleg. Pathol. p. 234. Weil aber der Schwerpunft
des Rechtes, narzüglic nad ven älteflen Begriffen, der Eid iſt, fo iſt dieſer
vor allem dem Zeus heilig. Er Heißt deshalb oemos, ziotos, Dius Fidius,
und if nicht allein bei Homer der oberſte der Schwurgoͤtter (IL. Saul, 43. vgl.
IV.
602 Jupiter
Nägelsb. S. 204.), fondern blieb es fortgefeht im Rechtsverkehre der Griechen,
namentli zu Athen, wo ber Schwur u& zor Alu z0r 'OAvumıor nal em
A9nvar ein Indgemein uͤblicher gewefen zu fein ſcheint (Menand. fragm. p. 189.
248. Mein.), bei andern Gelegenheiten aber vorfommen: Zeus, Demeter
und Helios im Michtereive, Zeus, Poſeidon und Demeter im Heliaſteneide,
Zeus, Apollon und Themis im Meinigungselde, u. f. w. (Nitzſch 3. Odyſſ.
2ter Bd. S. 80.). Bei Hefiod ſetzt au Zeus ſelbſt den Göttern bie Siyr
um Eide ein, durch den er felbft gebunden iſt (Theog. 400.). Die Sicher
det des Fremdenverkehrs behütet er als Eerıog und insoios, vgl. die Stellen
aus Homer bei Nägelsbach S. 253 ff. und Pindar Olymp. VII, 21. vgl.
Nem. XI, 8. Im Kriege aber ift Zeus der aynrwop wider die Feinde (Müller
Dor. U. S: 99. 240.), der im Kampfe hilft als Stator (ormmog), ben
Sieg und den Triumph ded Sieged fhenft als zoonaiog (Bauf. III, 12, 9.),
Feretrius, unter welchem Namen Romulus den erften Dienft auf dem Gapitol
ftiftete, und Victor, vgl. Bakchylides fr. 9. Er iſt auch der Befreler, "EAav-
Begiog, wie er fl oft feinen Griechen beurfundet (vgl. fhon Som. Il. VI,
526 ff.), vorzügli in der glorreichen Perferzeit, wo man den Dienft ber
Eievdeora zu Platää fliftete (Baus. IX, 2,5 ff. Blut. Aristid. 21.). Ueberall
behütet und bewacht Zeus das Menſchenleben. Er gibt Gutes und Böſes,
wie e8 ihm gefällt, aud) Leiden und Heimſuchung; f. die Stellen bei Nägelsb.
S. 56. u. Bi. und die fhönen Verſe Heflod8 apy. 5 ff. Eigentlih aber if
fein Wefen Güte und Liebe. Er führt Alles hinaus aufs Beſte (Zevc ra-
Asıos, vgl. befonders die ſchon angeführten Verſe Solond bei Stob. Floril.
IX, 25., und Aeſchyl. Suppl. 520. zeidor reAusozaror nparos. Au Z.
ovpsog fommt in biefer Bedeutung vor), er iſt der allgemeine Hort und
Helland, der Zoorzo (vgl. Zeu owoor beim Nieten), dem man den dritten
Beer au trinken und am legten Jahrestage die Difoterien zu feiern pflegte
(Müller Aeſchyl. Eumen. ©. 187 ff.), der Dvßios, welcher in ber Roth Hilft,
welchem Deufalion nah der Fluth, Phriros in Aea opfert (Apollod. I, 7, 2.
9, 1), gerade wie Heraklles dem Z. Zorro (Apollod. I, 5, 1.). Im weis
teren politiſchen Bezügen iſt Zeus au Vorſteher von landſchaftlichen Ber:
fammlungen und Vereinigungen, vgl. den Z. Eilanog ober IlaveAAmmos*
auf Aegina, ven Z. "Apaıog In Epirud. hen dahin gehört der Z. Ouc
yuoros des Achäerbundes (Bauf. VII, 24, 2.) und Z. OuoAwios bei ben
Heolern, wenn anders die Erklärung des Iſter bei Suidas und Phot. ®. v.
dia zo nag AloAevn To Onorontnor ai eipmmnor O0u0A0r Asysadas ber
gründet if. Beſonders aber iſt dieſes politifhe Element an dem Jupiters⸗
dienfle von Latium und Nom audgebildet. Dort Jupiter Latiaris auf
dem Albanerberge.e Br war das unfichtbare Haupt bes latiniſchen Städte⸗
Bundes, hoch oben über allen thronend und alle Vereineſtaaten, die auf ven
Hügeln zu feinen Füßen, an ben Abhängen, in der Fläche gelagert waren,
überfauend und beſchutzend. Das übliche Gemeinfeſt hieß Latiar und wurde
mit Proceffionen, Wettlämpfen und heitern Spielen begangen. Dann ver
fammelten ſich die Abgeorpneten aller Städte und in ganz Latium war währen
der Dauer des Feſtes Botteöfriede und Muße von bürgerlichen Geſchäften
Das Hauptopfer mar ein fehneeweißer Stier, den ber Vorſtand opferte, ur
fprüngli der König, nachher der Brätor oder Dictator von Alba Longa,
nach deſſen Zerflörung der latiniſche Dietator, noch fpäter der römifhe Conful.
Beim Dpfern das folenne Gebet für dad Nomen Latinum; dann die Ber
tbeilung der Stüde unter allen zur Theilung berechtigten Staaten, bern
Magiftrat fie in Empfang nahm; wahrfgeinlih dann auf bad gemeinfam
Mahl in faeraler Einigung der Mitglieder des Zefles, wie in ben epulis
® Spätere Panhellenien in Athen f. Panf. I, 18,9. Corp. Insor. Nr. 2910, 3832 f.
Jupiter 603
saczis der romiſchen Sopalltäten (Niebubr R. ©. II. 38 ff. Klaufen Aeneas
©. 792 ff). In Rom entſpricht dieſem Dienfle der des Jup. Capitoli-
nus, be Oplinus Mazimus des rõmiſchen Staates, gleichfalls auf der hoͤchſten
Höhe des ſtädtiſchen Gebietes ihronend, ein Dienſt, der fon von den Tar⸗
quiniern mit der Abficht, eine veligiöje Binigung des römiſchen Staates, nicht
blos der Stadt, zu ſchaffen, gefliftet und in dieſem Sinne fort und fort ges
pflegt wurbe, in demfelben Grave an innerer Bedeutung und äußerer Bröße
zunehmend, als das römiſche Reich ſelbſt unter ven Aufpicien feines Jupiterd
an Macht und Umfang gewann (Ambroſch, Stubien und Andeutungen im
Gebiet des altröm. Bodens u. Cultus S. 196—230.). Diefer Dienft ber
wirkt, daß dad Gapitol zulegt, wie die attiſche Burg, ganz Heiligthum
wurde. Dort verfammelten fi zulegt alle Gottesdienſte. Alle Geſchenke,
welche ber römiſche Staat ober die näher und entfernter mit ihn Verbün⸗
deten bem Jupiter beſtimmten, wurben bort niebergelegt; alle Handlungen
der Religion, welde fid auf das Wohl des gefammten Staates beziehen,
erjcheinen immer unmittelbar mit dem Capitoliniſchen Cultus verknüpft. Hier
braten die angehenden Gonfuln ihre Gelübde für das Heil des Staates,
von hier zogen fle in die Provinzen, hieher Tehrte der Sieger mit Danf und
Geſchenk zurüd. Denn daß der Triumph Fein blos militärifches, fonbern
ein weſenilich religiöſes Bet und aus dem Welen des Capitoliniſchen Jupiter
zu ertlären if, Hat ſchon Böttiger ausgeführt Kunfimpthol. II. S. 191 - 210.,
neuerdingd Wöniger, das Gacraliyfem der Römer 6.8588. — C. Zeus
und die Agoniſtik. Auch die Agoniflil der Alten Hat eine religiöfe
Unterlage, d. 5. ihre Beranlaffungen waren urfprüngli groͤßtentheils gottes⸗
Dienfllider Art, mimetiſche Darflellungen des Weſens und ber heiligen Ge⸗
ſchichte der Götter und Heroen ber Kraft und rüfligen Jugend, wie des Zeus,
des Poſeidon, des Hermes, der Dioßfuren, des Herakles, Theſeus, Achilleus
u. ſ. w. Daher cepo: ayares, hauptſächlich gymniſche und mufiſche, von
denen Zeus mit alleiniger Ausnahme des Dienſtes zu Ithome (Pauſan. IV,
33,2.) nur bei jenen betheiligt ik. Denn Zeus iſt auch der männlich ſtaͤrkſte
von allen Göttern, Koazog und Bia, feine Schergen, flellen dieſe Seite feines
Weſens dar, die er im Kampfe mit den Titanen und Giganten mythologiſch
bewährt. Argos hatte einen Dienft des Zevs odsrıog, deſſen Gult eine Dar-
legung der Stärke war, denn ed wurden ihm ZYarıa mit Ringkampf gefeiert
(Bauf. II, 32, 7. 34, 5.). Auch der Inkäifhe Zeus wurde von jeher in
den Avnaioıs mit gymniſchen Kämpfen gefeiert, und in Nom waren die ludi
circenses vornemlih im Culte des Capitoliniſchen Jupiter (ludi maximi, Iudi
Romani) und in dem bes Mars begründet (Hartung ll. ©. 17.159. Klaufen
de carm. fr. Arval. p..49.). In Griechenland aber war der größte Theil
der Darflelungen dieſer Seite feines Weſens vom Vater auf ven Sohn über»
gegangen, von Zeus auf den Herakles, der im Grunde nur eine abgefonderte
Berfonification des Zeus als des Urfräftigen if, wie Athene bie befonbere
Darflellung feines Wefens ald des Urweiſen. Daber Herakles entweder allein
den Ringkaͤmpfen vorfleht oder fle dem Zeud fliftet und mit ihm deren Ehre
theilt, mie befonderd die beiden zur gymniſchen zagiodos gebörigen zu Nemen,
welches die erſte That des Herakles berühmt machte (Taunpwror aBAur,
Pind. Isthm. V, 48.), und bie Krone aller Kampfipiele, das zu Olympia.
Denn nah Pindar IR immer Herafles der Gründer bes Olympiſchen Spieles
(Kraufe Olympia ©. 29.), und man hat e8 wohl nur der eliſch⸗piſatiſchen
Zandesjage und fpäterer Künſtelel zuzuichreiben, wenn daneben von allerlei
andern myihiihen Veranlaffungen erzählt wirb, in denen ſich aber die ago⸗
niſtiſche Grundbeziehung dieſes eliſch⸗olympiſchen Zeusdienſtes ebenfalls conſe⸗
quent darſtellt. So wenn ber erſte König von Clis AsOAsos und ein Sohn
des Zeus genannt wird, eine Berfonification von Aos aedia (Bödh expl.
604 Jupiter
Pind. Ol. II. p. 138. Müller Proleg. S. 222.), wenn zu Olympia ſelbſt
die ganze Sage von der Herrſchaft des Kronos und dem Kampfe des Zeus
mit ihm focalifirt war, wo ein allgemeiner Bötterfampf, bei weldem Zeus
Agonothet war, den Sieg gefeiert und das Kampfſpiel zuerft begründet haben
folte (Bauf. V, 7 ff.). Auch das ornamentale Enflem bed Tempels und
das Zeusbild des Phidias Hielt dieſe Beziehung auf die olympiſche Agonifit
und ihre Geſchichte feſt. Jener zeigte im vorbern Giebelfelde die Vorberei⸗
tungen zum Wettfampfe zmifchen Oenomaos und Pelopé, ver nächſt der
Stiftung dur Herafles das gefeiertſte Factum ber olgmpifhen Mythologie war.
Zeus thronte In der Mitte zwifchen Pelopo und Oenomaod, mwelder, wie
Paufan. V, 14, 6. erzählt, vem Z. Apsıos zu opfern pflegte, wenn er ſich
mit einem der Freier Hippodamiens zum Kampfe rüſtete. Bei dem fonft ganz
im Charakter olympifcher Weltberrfhaft und Majeftät gehaltenen Bilde des
Phidias deutete wenigſtens der Siegeöfrang des Hauptes von Oelzweigen
und die Victoria mit der agoniſtiſchen Siegesbinde auf der R. nach dem
Preiſe ded Kampfſpiels. Dem Charakter des Z. Zdenos und "Apeıos aber
ſchließt fich die kriegeriſche Auffaſſung des Zeus mit goldner Streitaxt an,
nie fie beſonders in den Kariſchen Eulten des Z. Aaßoardevs, Xpvoxep,
Zroariog hervortritt, f. Schwenck Mythol. ©. 34. — D. Zeuß und Die
Mantik. Zeus ift als Weltherrſcher au Inhaber der Weltgefehe, Odpeıs,
deren Perfonification,, feine Gemahlin, Heuores feine Unsrbnungen. Daber
fieht er Alles und weiß Alles und es verfteht fi von ſelbſt, daß au die
Zukunft in feiner Hand iſt und die Andeutungen und Berkünbigungen der⸗
felben auf ihn als ihre höchſte Duelle zurückweiſen. Vorzüglich find der
Blitz und der Adler die Boten feines Willens (Kallimad. h. in Jov. 68,
mit der Anm. Spanheims), aber auch andere Zufterfcheinungen, bie deshalb
unter dem allgemeinen Namen der Aroomuei« zufammengefaßt wurden, au
fonflige oruare und repare (Zevs onuaieog, Xobe Proleg. Pathol. p. 102;
Jup. Prodigialis, Plaut. Amph. II, 2, 107.), vorzüglih aud die geifter-
artigen Stimmen und Klänge ber Luft und das dämoniſche, ohne beſtimmten
Anlaß fl verbreitende Gerücht, melde die Alten ooom: (Doou, Atos ayyekos,
11. I, 94. Od. XXIV, 413.), oupai, omina nannten und mit Beziehung auf
welde Zeus den Beinamen des IInrougaiog führte (Range verm. Schriften
&.235. Nitzſch 3. Odyſſee 1.5.51. Mezger oben Bd. II. S. 1145 ff. Nägelsb.
Hom. Theol. S. 146 ff.). Daher iſt auch unter den alten Bropheten Tire⸗
flad wefentlih ein Prophet ded Zeus, der ihm feine Welffagung gefchentt
batte (Pind. Nem. I, 60. vgl. Apollod. III, 6, 7.), und fo zielt überhaupt
die Weiffagekunft dahin, den Rath des Zeus zu erfpähen, der aber, mie
Heflod bei Clemens ler. Strom. V. p. 259. S. fagt, noch immer viel
reicher ift als alle mantiſche Erkenntniß; vgl. auch die ſchönen Verſe Bindars
Nem. XI, 42. Unter ven einzelnen Orafelflätten galt die wichtigſte, das
Delphiſche Orakel, zwar nicht für die unmittelbare Verkündigung des Zeus;
wohl aber ift der pythiſche Apoll ver Mund des Zeus, As woogpners,
ſchon bei. Homer (Nägelsb. S. 105.) und noch entfchiebener bei den attiſchen
Diätern (Schol. Sophofl. O. C. 793.: doxei yap 6 'AnoAlor napa Ako;
Aaußareır ToVg yomouovs, ds aus Er 'Ipınleia (?Welder Br. Trag. 430.)
pnolr 6 Zoponing nai Aioyvkog &r Tepeiaus Zrelleır ONw; zayıcıa" Tavra
yap narıo Zevs Eynadias Aokia Beoniouare, nal 'Apıorogarn; er "Howor,
vgl. Macrob. Sat. V, 22.). Unter den übrigen Orakeln aber gehörten zwei der
nambafteften unmittelbar dem Zeus, Dodona mir dem HRaufchen feiner
> heiligen Ciche, den Stimmen feiner Tauben*, dem Duell am Buße der Gige
In eine Tanbe verwandelt fi Zeus ſelbſi ans Liebe zur Phthia, Euſtath. zu
Hom. p. 71, 9. — Das Orakel des Trorhonios gehört nicht dem Z. ougamıes,
fondern dem xHovsos, welcher mit dem Trophonios identiſch IR, f. Trophonias.
Dupiter 608
(2. II. 6. 1190—1195., wo jet Hinzusufegen: Ameth, das Taubenorafel
von Dodona, Wien 1840. ©. v. Lafaulr, das Pelntg. Orakel des 8. v.
Dodona, Würzburg 1840.4. Greuzer, Myth. u. Symb. IH. ©. 175—191.
Schwenck Mytholog. ©. 12 f.) und das Ammonium, weldes zwar ägyp⸗
siiden Urfprungs mar (Herod. II, 54 ff. vgl. Bo. I. ©. 407 ff.), aber fo
seitig in Verbindung mit Griechenland und von dort aus fo ofi befragt und
gefeiert, daß man es unbebenkli zu den helleniſchen Eultusflätten rechnen
darf. Welche Eolonie hat Griechenland ohne das Pythiſche, das Doponätiche
Drafel und das Ammonium auögefendet? fragt Cicero de Div. 1, 1. u. 48.
Die Spartaner eonfultirten feit alter Zeit häufig den Annnon (Pauſan. III,
18, 3,), EClis war mit dem Ammonium zeitig in Berbindung (Paufan. V,
5, 11.), in heben war ein Tempel des Ammon, und Pindar hatte einen
Somnus auf 3. Ammon gedichtet (Pauf. IX, 16, 1.), und um die Zeit des
Perikles war au zwifchen Arhen und dem Ammontum eine lebhafte Berbindung
(BöRH Staateh. H. S. 258. Bergk Com. Antig. p. 104 f.). Allbekannt
iR dad Verhaͤltniß, in welches fi Alexander zum 3. Ammon fegte, weniger
befannt, daß auch Hannibal, wahrſcheinlich auf die Religiondideen ber liby⸗
iden Völker eingehend, ſich dahin wendete (Bauf. VII, 11, 6.). Die
Beiffagung geſchah durch Zeichen, welche das fetiſchartige Bild des Zeus gab
und die Prieflerin deutete (Curtius de reb. Al. IV, 80.). Uber auch zu
Olympia hatte Zeus ein altes Orakel, dem das weiffageriihe Geſchlecht
der Jamiden vorfland, welches die doppelte Kunfl der Divination übte, in
der alten und weit verbreiteten Borm ber Empyromantie und ber Weiſſagung
nad mantiſchen Stimmen und Klängen. Daß dieſes Orakel in alter Zelt fehr
berühmt war, ja @lis dadurch zuerft Bedeutung gewonnen habe, fagt Sırabo II,
p. 171.: zıv enıyareuay soyer 85 dpyis ubr dia To narseioy rov Okvuziov
Ag. Gpäter war es dur die olympiſchen Inflitute der Agoniſtik verdun⸗
fett, laͤßt ſich aber noch in hiſtoriſcher Zeit nachweiſen, wo namentlich Pindar
wiederholt feiner gedenkt, f. Ol. VIIL. 3.%. u. VI, 69 ff. —E. Zeus und
bie Kathartik. Zeus IR auch xudapmos und zwar in einer doppelten
Eyhäre, in der des Raturlebens und des Menfchenlebens. In der erfleren
Beziehung iſt an jene attifchen und die verwandten Dienfle zu erinnern, wo
bad Gedeihen der Acker, die Sendung von Regen, Thau und Fühlenden
Binden von feiner Huld, die entgegengefehten Uebel von feinem Zorne ab»
bängig gedacht wurden, zu meldhem Zwecke man zu gewifien Zeiten die Aecker
und Gaaten mit dem Symbole des Z. xadapmos luſtrirte. Diefes iR das
dior xador oder oc nodıor, das Fell des dem Zeus geopferten Widders
(Sũndenbocks), vgl. Lobeck Agl. p. 183 ff. Müller Neid. Eumen. ©. 140.
146. Preller fragm. Polem. p. 139 ff. Es wird in alten Sagen und Sühn-
gebräuchen oft erwähnt und kommt außerhalb des Zeuscultus auch bei den
eleufinifgen Mofterien, bei Incubationen und fonft hieratiſchen Gelegenheiten
vor; namentlich aber dient e8 dem Gebrauche des anmodıonoumsiche, wo
biefed Fell oder auch das Opferthier felbf um die Aecker berumgetragen ober
fonfl ein zu reinigender Gegenſtand in Berührung damit gebradt wurde,
befonder& gegen Ende bed Mämakterion (Euftaih. p. 1935, 8.), gerade wie
bei den Nömern bei ähnliden Belegenheiten die Suovetaurilien herumge⸗
tragen mwurben.® Aber wichtiger find die Beziehung ded Zeus auf Reini»
gung der fündigen Menſchen, beſonders die Morbfühne, deren in den alten
religidfen Inflituten und Sagen der Griechen eben jo häufig gedacht wird,
* Wenn Müller von Schweineblut fpridht, welches man In die Zensfelle geſammelt
uud damit audgefchüätset habe, fo liegt dabel eine Berwechelung von zwei verſchie⸗
denen Reinigungkgebraͤuchen zu Grunde. Nat Mätter hat Klaufen Ueneas I.
©, 3238, U, 475 ff. feine Workieäungen Aber dad anelkoronneıchas gebildet,
006 Jupiter
als fie zur Sicherung ihres bürgerlichen Lebens von Wichtigkeit war. Au
hier tritt zwar der Dienfl des Apoll, als des Gottes der Reinheit ſchlechthin
(Boißog) befonders hervor, indeſſen auch Zeus iſt ein Gott des Lichtes und
ber ätheriſchen Heiterkeit (Avnwmos, aidsgıos, ovgarıos), und ſchon deshalb
mußten fih vorzüglih auch in feinen Gulten Eathartiihe Ideen entwideln.
Dazu kommt, daß von ihm als höchſtem Ordner des Menſchenlebens und
menſchlicher Zuflände auch die Störungen derſelben durch finnverwirrende
Zeivenfhaften, bie dem Naturvolke Teiht als göttlihe Plagen erſcheinen,
abgeleitet werben. Bon Zeus kommt die Sinneöverwirtung (arm), bie zu
Sünde führt (Nägelsb. ©. 272 ff.), aber Zeus ift auch Urheber der Sühnung
und fühnender Wiederherſtellung der durch Verbrechen ber Leidenſchaft vers
wirrten Orbnung. Gr iſt Bluträcher (adırygıos, aicorap, Ralauraiog),
Abwenber des Böfen (aAskinanog, anorpöraos, Jüp. Depulsor, Gruter.
Inscrr. p. 20, 3. Wurator. 9, 8. Orellin. 1827.), die Zuflucht des buß⸗
fertigen Verbrechers (zposrgonaog, inamog, Yusiog . Müller Acid. Eumen.
©. 139 f.; doch if bei Heſych. u. Suid. v. Aog xwdıor mit Lobeck p. 183.
insorog für xennog zu feßen). So erfcheint er auch in vielen alten Sagen
und Gebräuden. Irion galt für denjenigen, ber ven erſten Mord begangen
babe unb der erfle indrnc gemeien und durch Zeus von feiner Blutjünde ger
zeinigt worden fei, eine Babel, die Aeſchylus in einer feiner verlornen Tra⸗
gödien bearbeitet hatte und aud in den Cumeniden wiederholt berührt (Welder
Tril. S. 37 ff. Lobeck Proleg. Pathol. p. 387. vgl. Aeſchyl. Eumenid.
417 ff. 687. Pind. Pyth. II, 32. Pherekyd. bei Schol. Apollon. 11, 62.
Nitzſch 3. Odyſſ. Ster Bo. ©. 333.). In denſelben Zufammenbang gehört
ferner der Z. Aagvarıog der minyeiſchen Arhamantidenfage, welche für den Zu-
fammenbang der Argonautenfage fo wichtig und von Müller wiederholt be>
ſprochen ift Orchom. ©. 161—176., 5. Erſch und Grub. Encyclop. s. v.
Boeotia ©. 267., Aeſchyl. Eum. S. 139. 144.). Gin alter Fluch ruhte
auf dem Geſchlechte der Athamantiden, daher immer ein Srrößling deffelben
bem Z. Aagvonos zum Opfer anbeimfiel, womit die Flucht des Bhrixos
in das ferne Land und ber Sündenbock, welder bie Geſchwiſter trägt und
beffen Sell im Haine des Z. Dukios niedergelegt wird, zufammenhängt. Auch
bie -Danaiden werden auf Befehl des Zeus durch Pallas gefühnt (Apollod.
N, 1,5. Gerhard A. V. ©. 67, 7.), und Theſeus wurde am QAltare bes
Z. neikiyios von den Phytaliden auf mittlerem Wege zwifhen Eleufls und
Athen gereinigt (Bauf. I, 37, 4. Lobeck p. «03. Boßler de gent. et fam.
Att. sacerd. p. 1 f. Panofla, von einer Anzahl antiker Weihgefchenfe
©. 22. Schwenck Mythol. S. 33., der den Z. Enadsıos dur uadigos
erflärt). Ja auch Drefes fol na lacedaͤmoniſcher Sage auf einem Sieine
figend,, den man Z. xanzwras nannte (d. h. naranavrac, ſ. Balden. ;.
Theofr. Adoniaz. p. 178. Müller Dorier ii. ©. 525 f.), von feinem Wahnfinn
befreit, d. 5. von feiner Schuld gereinigt worben fein, und in Argos wurde
nah einem Aufftande, bei dem Blut geflofien mar, unter andern Sühnungen
auch ein Bild des Z. neidiyiog errichiet, Bauf. II, 20,1.* Ganz befonders
aber gehört noh Epimenides, der Eretifhe Sühnprieſter hieher, über
welchen außer Heinrich, Cpimenides aus Kreta, Leipz. 1801. beſonders Höd
Kreta III. ©. 246 fi. zu vergleichen, welcher ſowohl in dieſem Abſchnitte als
©.266 ff. u. 278 ff. über das mit dem Zeusculte verbundene Reinigungsmeien
gute Winke gibt. Epimenldes gehört ganz der religiöfen Sphäre des kreti⸗
Shen Zeuscultes an, für deſſen PVriefler und Myſtagog er galt, wie denn
auch fein Wunberfhlaf in die Höhle des Diktäiſchen Zeus verlegt wire.
- ® Reanthes erBlärte ben Z. Kapngeus durch zaudingeus, Beitſchr. [. U. 1837.
6, 495,, was auch auf bortige Sayngebräuche des Zeus deutet,
Jupiter 807
Seine eigentliche Bedentung iſt bie Kunft der Erpiation und Luftration, womit
in bamaliger Zeit auch kathartiſche Heilkunde und Wahrfagerei verbunden
war, welches Alles man in fpäterer Zeit unter dem Ausdrucke yonc, yorreva
(Sturz Empebokl. p. 3d ff. Karften p. 27 f.) zufammenfaßte. Ganze Stäpte
bemäbten fich bei Öffentligen Galamitäten von ihm gereinigt zu werben, be
ionders Delos und Athen, wo er auf Beranlaflung der Kyloniſchen Unruhen
Ol. 45, 1 (aros Kylameaor) bei ven aus Herodot V, 71., Thukyd. I, 26.,
But. Sol. c. 12. bekannten Borfällen nicht allein als Sühner, fondern au
ald Befeggeber in iure saero hervortritt, an welche Beſtimmungen hernach
die Soloniſche Befeßgebung anknüpfte (Heinrich ©. 115 ff). Auch die Haut
des Epimenides, melde nach einer entflellten Ueberlieferung zu Sparta war
und ſich wahrfheinli wie Die des Pherefgbes von Syros unter der Obhut
ver Könige befand, ift gewiß auf alte kathartiſche Satzungen des Epimenides
au beziehen (vgl. Nitzſch de Histor. Homeri p. 161 f.).
II. Mythologie des Zeus im engeren Sinne des Wortes, d. 5.
die digterifche Behandlung der im Zeusculte und in ver Heiligen Gage ges
gebenen Motive und deren Geflaltung zu größeren poellihen Syflemen.
A. Geſchichtliches. Bon dem theogonifhen und epifchen Dichtungen im
Algemeinen, foweit fie den Zeusbegriff betrafen, if ſchon bie Rede geweſen,
auch von den Hymnen auf Zeus. Bon den Iehteren befigen wir außer einem
Heinen Prodmium unter ben Homeriſchen Bedihten und bem Hymmus des
Kallimachus nichts Vollſtändiges, und letzterer behandelt die Zeusmythe
ziemlich willkürlich, mit Einfledtung verlegener Localſagen, wie es ber Geiſt
alexandriniſcher Dichtung mit ſich bringt, und beſonders ſtarker Betonung
ber fpecififchen Beziehung des Zeus zu den Königen. Aus dem theogoniſchen
Kreife iſt die Poeſie der Titanomadie, des Kampfes mit Typhoeus, auch die
gleichſalls zu den Welikämpfen des Zeus gehörige Dichtung von Zeus und
Prometheus durch Heſtod ziemlich vollſtändig, obgleich manchfach entflellt,
auf uns gekommen; ihrer Wurzel nach gehören dieſe Dichtungen, beſonders
die Titanen und Prometheus, ſedenfalls der allerälteſten Epoche helleniſcher
Mythenbildung an. ine beſondere Titanomachie gab ed von Cumelos over
Arktinos (Athen. VII, p. 277. Schol. Apollon. I, 1165.), und auch eine
alte Gigantomachie wird erwähnt (Schol. Apollon. I, 594.), eine Dichtung,
bern Grundzüge merfwürbig zerfireut vorliegen, die aber deshalb keineswegs
für beſonders fung zu halten ift, zumal fie bei Pindar und in den älteren
Gochen der bildenden Kunft ſchon als fertig voraudzufegen. Auch in dem
Kreife der epiſchen Heroenſage find leider diejenigen Syſteme, die für bie
Nythologie des Zend bie intereſſanteſten wären, am lüdenbafteften über-
fommen, namentlich das der Heraklesſage. ine befondere Verbreitung und
VBeachtung ward frühzeitig den Liebeögeichichten des Zeus, welche in Local»
Ueberlieferungen der Landſchaften und edlen Geſchlechter begründet, bald in
erotiſchem Sinne aufgefaßt wurden, in Heftods Eden und bei ben übrigen
genenlogifhen Dichtern in Maſſe vorfamen und au) von den diefe Art von
Mythographie weiter fortipinnenden Logographen, Sellanicus*, Pherekydes
u. 9. mit befonderer Vorliebe bearbeitet wurden. Das tragiſche Theater
wagte fi felten an den eigentlihen Kern der Zeusfage, nämlih die Mythen
bes theogoniſchen Kreiſes; nur der tiefe Geiſt und die theologifche Gemürhs⸗
richtung des Aeſchylus zog ihn zu biefen Sagen, und feine Trilogie der
Bromerheusfage war in ihrer Totalität gewiß vie erhabenfle Theodicee und
Verklärung jener Ideen, welche die Vorzeit in dieſer Dichtung niedergelegt
date. Don andern Tragikern berübrten die Kreter des Curipides den Freti-
® eber den zweifelhaften Zitel bei Hellanieus dv Asos nolvruyia Oder nolv-
atuxia f. Preller de Hellanico p. 11. und Creuzer Symb. III. 138.-IV. 778,
608 Jupiter
ſchen Zeubbienft (Welder Er. Trag. S. 801 F.), die Azanen des Achäos
ven Wiaiſhen Gultus Arkabiene (Welder S. 963. Weinele Anal. AL
p. 159 f.); häufig war bie tragiſche Verarbeitung ber Fabeln ver Io, Alk
mene, Antiope u. ſ. w. Auch die Komödie machte fi nicht felten mit Zeus
zu ſchaffen. Der älteren Komödie diente feine Geftalt zu ſatiriſchen Parallelen
wit den jebeömaligen Häuptern des Demos, mie bei Kratin mit Berifles
(Hparıaı fr. 1.). Ariſtophanes Hatte im Dädalos ben Zeus auf bie Bühne
gebracht, wie er allerlei &eftalten annahm unb die Leute bald bereicherte,
bald ihnen allerlei Streiche fpielte, und von Blato gab es einen Zeus xaxov-
usros (Beraf Ariſtoph. fragm. p. 1015 f. Meinefe Hist. crit. p. 171.),
eine Auffaflung, melde die manchfachen Traveflien der Zeusſigur bei Lucian
fortfeßen. Die mittlere Komödie und au das Satyıfpiel beſchäftigte ſich
gerne mit den Geburtäfcenen der Götter, daher Mog yorai, Adıras yorai,
Aovvoov yorai u. f. w. von verfchiebenen Dichten diefer Gattung genannt
werden, ohne beflimmtere Andeutungen über die vramatiihe Auffaffung
(Meinele Hist. crit. p. 279 ff. Welder Nachtrag ©. 313.). Der Hauptreiz
war wohl bie Traveftie d. h. das Herabziehen des Göttlichen in den Kreis
nieberer, plebejiſcher Menſchlichkeit, wie au bei bem iepos yauoc de6 Alcäus,
wo bie Hochzeit ded Zeus und ber Hera ganz nad gemeinmenſchlicher Weife
aufgeführt wurbe (Meineke p. 247.). Die Liebesgeſchichten des Zeus waren
eine fruchtbare Duelle der Dichtung für die Crotiker und Metamorphofen-
ſchreiber, als deren allgemeiner Repräfentant und Ovid dienen kann. Die
hellanikiſche Mythographie nahm in Buhemerus eine alle Poeſſe und mytho⸗
Iogifhe Wahrheit vernichtende Wendung , wobei bie Exetifche Mytbe von der
Geburt und dem Grabe des Zeus fleißig audgebeutet wurde; Apollodors
Bibliothek, für und eine Hauptquelle auch der Zeusfabel, hält fi glüdlicher-
meife melf an bie älteren Sagenſchrelber. Am populärſten blieben immer
die Liebedgefchihten und Berwandlungen des Zeus, melde noch im Panto⸗
mimud der Kaiferzeit eine Hauptſache der ſceniſchen Darflelung waren, ſ.
Zucian de saltat. 59. Juven. Sat. VI, 68. B. Syftematifhe Ueber
fit. 1) Geburt des Zeus. Heflop Theog. 477. verlegt fie nad Kreta,
voch if die Stelle wahrſcheinlich interpolirt, Cumelos Hatte fie auf den lydi⸗
ſchen Tmolos verlegt, wo man nachmals einen Drt zeigte, der in alter Zeit
yovas Ass ‘Teriov, fpäter aber verborben Asvorov hieß (Io. Aybuß de
menss. c. 3. p. 96. Lobeck Agl. p. 1047.), bei Kallimachus H. in Jav. 6 fl.
wird Zeus in Arkadien auf dem Gebirge Varrhafton geboren, bei welcher
Gelegenheit die Erde den Bach Neda entipringen läßt, worin dad Knäblein
gebadet wird, eine arkapifch-meflenifche Legenve, die auch Baufaniad fennt
(IV, 83, 1. VIII, 31, 4. 38, 3. 47, 3.). Neda bringt das Kind nah
Knofjos in Kreta, mobel unterwegs das Omphaliſche Geſilde Bei Kydonia
vom Nabel des Zeus feinen Namen erhält. Hernach wächst Zeuß ſchnell
empor (v. 10. ff.). Die Eretifge Sage vom Tode ded Zeuß wird mit Un
willen verworfen, wobet bie befannten Worte: Koñteç ae wevozas u. f. w.
2) Weltlämpfe des Zeus. Die allgemeine Bereutung dieſer Theoma⸗
chieen iſt die Aufeinanderfolge der Weltperloden, von der Theogonie unter
der Form von Siegen dargeflellt, welche bie fpäteren Mächte über die früheren
gemonnen haben (Schömann, Aeſch. Pr. ©. 38.). Da die Mythenbilbung
jene Mächte nicht als abſtracte Begriffe, fondern als lebendige Berfonen
bebanbelt, fo wird auch der Kampf unter dem Bilde eines perjönlichen
Begeneinanverfirebene mit WaffenGewalt und andern Mitteln, ganz wie
in menſchlichen Kriegen bargeftellt. Der Kampf mit ven itanen if} der erſte
und feine Eosmogonifche Bebeutung die allgemeinfle; Zeus erringt fi dadurch
aft die Weltherrſchaft. Der mit den Giganten, dem Typhon oder Typhoeus.
das Widerſtreben des Prometheus fält in die Periode der ſchon befefligten
Japiter 609
olympifhen Zeusherrſchaft und der entwidelten olympiſchen Götterfamilie;
es find eben fo viele Reactionen materieller oder geiftiger Weltkräfte gegen
die @inhelt des Weltregimentes in ver Berfon des Zeus. Die Titanomadie
dauerte nad) Heflob Theag. 616-745. (vgl. Apollod. I, 2.) dena mAsiovg
enavrovs, die wohl nach der Analogie der f. g. großen oder ewigen Jahre
u denfen find. Der Schauplatz des Kampfes ift bei bemfelben Dichter Thefſa⸗
lien; die Zitanen lagern auf der Othrys, die Kroniden auf dem Olymp, bie
Ebene in der Mitte iſt dad Schlachtfeld, was an die thefialifche Legende des
Feſtes der Pelorien erinnert. Aber dadurch wirb auf bie Iocale Bildungs»
geſchichte einer Landſchaft beſchränkt, was fider urfprüngli eine allgemeine
kosmogoniſche Bebeutung hatte, in der Boraudfehung lange anhaltender Nas
turrevolutionen, in welchen vie ätherifche Kraft des Zeus in der Donner-
wolke (die feurige Elementarkraft des Himmels, deren concentrirter Ausdruck
der Blitz iſt) fi trog alles Widerſtrebens chthoniſcher und anderer koëmiſcher
Potenzen als die erfle und flegreihe Macht der Weltbildung und Weltord⸗
nung behauptet. Darum entfheidet auch ber Blitz und die Donnermolfe den
Kampf. Denn als Zeus die Hekatondeiren und die Kyklopen gelöst, bie
vom Uranod in der Tiefe gefeffelt waren, bringen biefe ihm Donner und
Blig, und. nun entſcheidet Zeus ſchnell den Sieg, als eAauryo Undorarog
Boorräs axauevronodos (Pind. Ol. IV. 3. A.). Jene Kyklopen find eben
die perfonifleirte Wettermolfe mit dem Zeuerftrahl, die Hefatondeiren aber
ſcheinen das perfonificirte Waſſergewölk zu fein, was aus ber feuchten Tiefe
emporfteigt, ſ. Welder Trilogie S. 147 ff.). Der ältefle Zeuge der
Bigantomadte if Pindar Pyth. VIII, 15. Nem. I, 67. VII, 90.5;
beſonders Häufig erwähnt berfelben Horaz, ohne Zweifel nah älteren
griechiſchen Vorbildern, Od. II, 12, 7. 19, 21. III, 1,5. 4, 42 ff. vgl.
Bd. III. S. 8533 ff. Schömann Aeſch. Brom. S. 57 ff. 140. Dat Local
ift das Phlegräifhe Gefilde, welches in vulkaniſche Gegenden, beſonders
Gampaniend und Thraciens, verlegt zu werden pflegt, was auf vermanbte
Naturrevolutionen deutet. Es find erngeborne Unholde (yivarzes = ynyereis),
aber jedenfalls mehr als Autochthonen; am beften erflären fie fih durch bie
Analogie der nordiſchen Niefen, deren furchtbarfter Zeind auch dort Thor
und fein Hammer ift, f. Grimm D. M. ©. 296 ff. Auch fonft mieverholen
fi$ dieſe frevelnden Rieſen in manden Localſagen Griechenlands und felbft
die beiden Aloiden, die Feinde der olympifchen Götter, Dtos und Ephialtes,
gehören dahin, bei Homer Il. V, 385. Odyss. XI, 304 ff. Gigenthümli
if der Bigantomadhle, daß die beiden jüngften Götter, die Genien der Eivtlis
iatton, die fih dur ihre Ihaten den Olymp errungen, Dionyfos (Eurip.
Cyel. 5. Hor. Od. II, 19, 21.) und SHerafles (Hor. Od. II, 12,7. Apollo.
I, 6. u. 9.) den Sieg entfheiden, was fi wieder mit dem flehenden Zuge
iener nordiſchen Sagen parallelifiren läßt, daß die Riefen vor der menſch⸗
lichen Eultur Reißaus nehmen. — Typhon, Typhos, Typhoeus kommt
in doppelter Geſtalt vor. Bei Homer II. II, 782., Pindar Pyth. I, 16 ff.
VIII, 19 ff. und in einem Fragmente bei Strabo XII, p. 930. A. ift feine
Heimat Cilicien oder das Arimerland. Zeus und Apollon erlegen ven
‚ ungeheuern, glutbfpeienden, Gunvertföpfigen Riefen, ber nun im Tartaros
liegt, unter dem Aetna und der feuerfpeienden Gegend bei Iſchia, Puteoli
und Cumd; au eine Perjonificatton vulfanifcher Kräfte, die aber au von
ver höheren Kraft bes ätheriſchen Bliges und Lichtes gezähmt werben. Hefiod
dagegen, der flatt diefer Figur die Echidna feßt (Theog. v. 304.), beſchreibt
den Kampf mit Typhoeus (Theog. 820-880.) in burdfichtiger Allegorie
® Eine anbere Perfonifleation der Wetterwolke iſt Pegafot, Theog. v. 280 f.
Vauly, Real⸗Encyelop. IV. 39
610 . Jupiter
eines Naturgemälpes, welches zu den ſchönſten, bie irgend vorbanben find,
gehört. Jener Unhoid iſt bei ihm ber perfonificirte Urfturm und Gluthwind
(v. 307.; von ihm ſtammen alle Höfen Winde, v. 869 ff.), der mit taufend>
züngigem @eheule und in wüthenber Gewalt Meer und Land vom Grunde
aufwühlt und auf den nun Beus in ver Wetterwolke mit Donner und Blis
hinabfährt, um mit ihm zu ringen. Er iſt bei ihm eine Audgeburt bed
Tartaros und der Erbe, Stefldorus aber dichtete wie Som. H. in Ap. Pyth.
127 ff. daß ihn Hera im Zorne über die Geburt der Athene ohne Zeus von
den böfen Mächten der Tiefe empfangen babe. — Bon einem Rampfe des
Zeus mit den Diympiern, bie ihm fonft nur in leicht bezähmbarer
Weiſe widerfireben, weiß die Ilias 1,396 fi. Sie hatten ihn gebunden, bes
fonders Hera, Poſeidon und Athene. Da brachte Thetis den bundertarmigen
Aegäon vom Meere hinauf auf ven Olymp, der fih dem Zeus zur Geite
feßte und bie Bötter verfheuchte. DBerfchievene andere Mytbologumene vom
Aegäon find zufammengeflelt bei Schol. Apollon. I, 1165. vgl. Welder
Teil. S. 147—154. Schwenck Mythol. S. 10. Shömann ©. 105. Er
ift das Meer, dad mogende, urfeudte, die @inhelt jener drei Hekatoncheiren,
von welchen die Titanomadie erzählte, und der Sinn ber Allegorie ſcheint
u fein, wie Welder erflärt, daß durch lange trodene Bike Zeuß, ber
m „Gewitter fchaffende, wie gebunden, fein Amt nicht verwalten, vie
Blitze nicht führen koͤnne, bis die Regenwolken aus bem Meere aufgefliegen,
ſich zufammenziehen und neben ihm lagern und er durch fie fl frei macht. —
Die Sage von der Feindſchaft des Prometheus wider Zeus iſt Die
tieffinnigfle und bebeutenbfte von allen. Es fleht hier nicht materielle Bewalt
der Gewalt, fondern Intelligenz, bie titanifhe, der höheren, olympiſchen
gegenüber. Prometheus, der perfoniflcirte Urverfland, Hat fi als folder
ifolirt, als feine Brüber, die Titanen, gegen Zeus Fämpften; er wußte baß
der Sieg ın diefer Welfe nicht zu erringen war. Das Mittel ded Wider-
ſtandes, welches ſich Prometheus wählt, ift die Menfchenwelt, bie dabei ale
noch ganz roh und unbehilflih, ohne alle Bildung, aber auch ohne alles
Uebel vorausgefeht wird. Zeus hätte ihnen das Feuer gegeben, hätte fie in
der Unſchuld und den Segnungen des Saturniſchen Zeitalters gelafien, aber
Prometheus füete Feindſchaft zwiſchen ihn und das Geflecht der Menſchen.
Er Ichrt fle das Opfer dem Zeus nicht ganz zu geben, ſondern das Belle
davon zurüdzubehalten, weshalb Zeus das Feuer zurüdhält (Theog. v. 535 ff.).
Prometheus entwendet diefed (wobei wieder die Vorflellung von dem Blitze
des Zeus als dem Prototype des Feuers zu Grunde liegt), das in feiner
Hand zum mug zayrınov wird, zum Keime mandfaltiger Zunft umb Technik,
welche das Menſchenleben cioilifirt, lehrt fie Wiſſenſchaft und überhaupt
Alles, worin der menſchliche Geiſt feine Verwandtſchaft mit dem göttlidden
beurkundet (Aeſch. Prom. 440 ff.), ſich aber auch fo leicht feiner Abhängigkeit
von dieſem überhebt und zum Widerſpruche gegen ihn ſteigert. Es fehlten
nur wenige Züge, fo märe die volle Macht und der ganze Urfprung bes
Boͤſen gezeichnet; wohl aber Läßt Prometheus fih mit ber Schlange bes
Paradieſes und überhaupt dem Satan der heiligen Schrift vergleidgen. Gr
ift es, der den Zeus nöthigt, die Kraft ber Menſchen zu ſchwächen, „damit
fie nicht werben wie unfer eins’; daher er das Weib in ber verführerifcgen
Maske der Schönheit unter fie fendet, die Kraft des einen Geſchlechtes zwei-
theilend (Heſiod Theog. 570 ff. Werke 59 ff.; der Mythus in Platos Sym⸗
yoflum), und den Samen in bie Tiefe der Erbe verbirgt, fo daß fie im
Schweiße ihres Angefichtes arbeiten müfien (Heflod Werke 47 ff.), au Krank⸗
beiten und allerlei Clend, kurz pasjenige Geſchlecht herbeiführt, deſſen Mitglied
zu fein Heflod fo tief bejammert. Prometheus felbft, der angebliche Menſchen⸗
‚freund, wird gefefielt und verharrt_in feinem Trotze, feines Geheimniſſes
Japtier 611
ficher, daß Zeus der Thetis (Aether und Wafler) fi vermählen und mit
ihre einen Sohn zeugen werde, der ihn vom Throne flürzen wird, wie er
ſelbſt einft den Kronod geflürzt. Er zieht unenblide Qualen der Sarmonte
bes Zeuß (Aeſch. Prom. v. 550.) vor, muß aber nachgeben, wirb von He⸗
rafles befreit, der auch bier die vollftreedende Hand des Zeus if, und wohnt
fortan mit feinen früher gewigigten Brüdern in Elyflum; Zeus aber ver-
meibet die Verbindung mit ber Thetis, die nun vom ſterblichen Gemahle doch
noch den herrlichſten aller Seroen, den Achilleus, gebiert (| Prometheus).
3) Die Bertheilung der Weltberrfhaft. In der älteren Gage er⸗
ſcheint diefelbe in der einfachen Form ded Looſes, wie etwa die Herakliden
um den Peloponnes looſen, daher die drei Theile ſelbſt An&eıs heißen. So
die Hauptſtelle I. XV, 186 ff., wonach Poſeidon das Meer zufiel, Aides die
Unterwelt, Zevs 8’ Eay ovoaror evovr €9 aidegı nal vegeigowv. Taix 6
Er Ev narıoy nal uenoos OAvurog, welcher Auffaffung die Erzählung bei
Apollodor I, 2. am nächſten fleht, wo die Kyklopen dem Zeus feinen Blitz,
dem Pinto feine Tarnfappe, dem Poſeidon feinen Dreizack bringen, und bie
drei Brüder dann gemeinfhaftli den Kampf entfcheiden, worauf bie Ver⸗
loofung folgt. Bei Hefiod Theog. 881. wählen die Götter den Zeus glei
nad dem Titanenfampfe freiwillig zu ihrem Herrſcher, und zwar auf den
Rat der Urmutter Erbe, die immer als Prophetin und weiſe Brau gedacht
wird, und darauf vertheilt Zeus die Weltämter unter ven Göttern, 6 6%
zoinv Ev dusdacoaro Tıuas, eine fchtensriääterlide Stellung, die Zeus au
bei andern Dichtern behauptet, wie im Homer. Hymnus auf Demeter, wo
er den Amheil, den Mutter und Gemahl an der Perſephone Haben folle,
entfcheidet, bei Pindar Ol. VII, 54., wo die Erbe vertheilt wird (ydore
dateorto Zevs re xai adararoı), und in den Streitigkeiten der Götter um
den Beflg einer Stadt ober eines Landes, wie in der Poſeidons und Athenas
um Athen 6. Kratin Archiloch. fr. 4. Meinefe u. ſonſt. Vollendo aber will
Kallimachus nichts von jener Verloofung wiffen, denn wer werde um Himmel
und Hölle Iofen? Nicht das Roos, fondern die Thaten des Zeus haben ihm
das Reich verſchafft. 4) Ehen des Zeus. Hera iſt bei Homer und war
gewiß überhaupt im Älteren Epos vie einzige Gemahlin des Zeus, die ältefte
imd mädtigfle der weiblichen Gottheiten vom Kronivenflamme, An neben
Aevg (vgl. noch C. I. n. 4366. iepevg Arö5 nei Awrns), die Herrin Hoc)
neben dem Herrn. Hernach aber, ala bie Poefie mehr und mehr gewiſſe Haupt⸗
feiten des Zeus unter der Form feiner Verehelichung mit weiblichen Gott⸗
beiten ifolirte, in welchen ſolche Beziehungen hypoſtaſirt wurden, unterfäpieb
man mehrere Ehen des Zeus, unter denen bie mit ber Hera keineswegs
immer die erfle if. Bei Heflov Theog. 886 ff. ift die erfte die mit der
Metis, der perfonificirten Weisheit, dann folgt bie mit ber Themis, der
Eurynome, der Demeter, Mnemofyne, und zulegt bie mit der Hera: Aoıcdo-
zarmv 6 "Horv Badsonv noınoaT anoızır. Pindar dagegen hatte in erha⸗
bener Mythe gebichtet, daB Zeus LTorno d. h. hier der Sieger Über die Ti⸗
tanen und Netter ver Weltordnung, zuerft die Themis gewählt, f. b. Elem.
Alex. Strom. V, p. 261. (fragm. 6. Böckh u. Bgk.). Ueberhaupt yflegte
“die Poeſle mit diefen Verbindungen frei zu verfahren. Was aber die Metis
und die Geburt der Pallas betrifft, fo ift vollends Hei dieſer Dichtung bie
Allegorie fo fehr das Vorherrſchende geblieben, daß file ſich einem feften
Zufammenhange der Mythologie niemals hat anfchließen wollen, vgl. Welder
Tril. ©. 277. Shömann S. 185 ff. Sie iſt die beſonders perfonifichrte
Eigenfihaft des unzer« Zeug ober Z. unmtioss, die Homer noch gar nit
fennt, bei Heflob bie erſte Gemahlin, bei Apollodor dem Zeus ſchon vor
dem Sturze des Kronos und ber Titanen verbunden, und doch hernach wieber
Im Folgenden und hei Som. H. in Ap. Pyth. 127 ff. erfolgt die Geburt der
5
612 Jupiter
Athene, als Hera fhon des Zeus Gemahlin if. Beſonders bemädtigte fich
die Orphiſche Dichtung dieſer Allegorie, welde die Mijzis mit ihrem Phanes
ober Grikapäos inentiflcirte, jo daß berna die naranons Darnrog mit ber
der Metis coincidirt, ſ. Lobeck Aglaoph. p. 478 ff. 5) Zeuß und die
Olympiſche Götterfamilie. Zeus iſt das patriarchaliſche Haupt des
geſammten Olymps. Die älteren Götter find beſeitigt, die beiden Brüder,
Poſeidon und Pluton, erkennen die Oberhoheit des Herrſchers im Himmel
an (Nägelsb. Hom. Theol. S. 98.), die übrigen find meiſt feine Kinder.
Die innere Gliederung aber dieſer Olympiſchen Götterſamilie bei Homer iſt
vortrefflich von Nägelsbach S. 95 ff. dargeſtellt. Ihm zur Seite ſteht Hera
als Gemahlin. Wäre das Baar einig, fo würde ein Widerſpruch der andern
Goͤtter unmöglich fein (IM. XV, 49.), aber die weibliche Hälfte der Dialifchen
Macht will befländig Üübergreifen, eins der weientlihflen Motive aller epiſchen
Handlung. Deshalb if au Ares der Sohn dieſer Ehe (Hephäſtos Dagegen
entfpricht dem Weſen des Zeus als des ätheriſchen Zeuerd), und Hera flifte
noch außerdem beftändig Eonfpirationen. In einem fpeciflihen Verhältmiſſe
zum Zeus befinden fih Athene und Apoll, welche mit dem Vater zufammen
oft als die drei Hauptgottheiten fchlechthin erſcheinen (Nägeleb. S. 106.).
Obgleich Homer die Geburt der Pallas aus dem Haupte des Zeus noch nidt
Tennt, fo wird doch fein väterliches Verhältnig zu ihr immer mit beſonderem
Nachdruck hervorgehoben (ibid. ©. 100.), und Odyss. XVI, 265. wird Athene
in Gemeinſchaft mit Zeus geradezu für die höchſte und mächtigſte Gottheit
erflärt, vgl. Sor. Od. J, 21, 20. proximos illi tamen occupavit Pallas
honores. Nägelsbach erklärt fie mit Recht für eine befondere Hypoſtaſe des
Zeus, die perſönlich fubflanzlirte, von ihm ausgefchievene Metis des Zeus,
eine zweite, aber viel ibealiftifcher gehaltene Hera, wobei aber au die pby-
ſiſche Seite diefer Gottheit nicht außer Acht zu lafien, vgl. Forchhammer,
die Geburt der Athene, Kiel 1841. Apoll iſt gleihfals mit Zeus aufs
innigfle verbunden, eine feierliche, heilige Geflalt, vie Ausſonderung bed
Atherifh Leichten, welches in manden Zeusdienſten fo beſtimmt hervor»
tritt. Tritt er in der epiſchen Handlung nit fo oft wie Athene hervor, fo
lebt er darum in um fo befländigerer Willendeinheit mit bem Bater, ift des
Zeus lieber Sohn, Hear apıcrog, und ſchon bei Homer im pythiſchen Sinne
ber Mund des Zeus, der des Vaters Sapungen den Menſchen verfünpigt.
Diefe beiden Gottheiten find es auch, welche in ben Iheomadieen an des
Baterd Seite als die Eräftigften Beinde jener Unholde bervortreten, Athene mit
der Lanze, Apoll mit feinen Pfeilen. Die übrigen Götter gruppiren ſich um
biefen Kern der Olympiſchen Bötterwelt theild nach beſondern Yamilien-
beziehungen, oder nach dem Gefege des männlichen und meiblihen Dualismus
der Götterindividuen, oder endlich nach der Nothwendigkeit, gewiflen Bereichen
bes Weltweiens befondere Vorſteher und Verwalter zu geben (Nägelstad
©. 106 .). Ares, Hephäſtos, Artemis, Aphrodite, Hermes, lauter Kinder
des Zeus, ein Ausdruck der durch Died ganze Btterfoftem ſich hindurch⸗
zichenden monotheiſtiſchen Tendenz und ber Anſicht, daß ihr Weſen nicht auf
ihnen ſelbſt beruht, ſondern ein Ausfluß der Perfönlichkeit des Zeus if. *
In entfernterer Stellung fließen fi endlich dieſer Olympiſchen Familie
minder individualiſirte Weſen gleihfam als dienende, die Hauptgottheiten
begleitende Genien an, in denen fi irgend eine Seite des Weſens derſelben
infonderheit ausſpricht. Bei Homer if ihre Stellung noch eine entferntere,
die fpätere Mythologie aber verbindet fie in immer engeren genealogiſchen
® Derfelse Glaube an ein einheitliches Walten der Kimmlifchen unter bem Ber:
Stande des Zeus fpricht ſich nach ber Bemerkung von Nidſch Odyfſ. Ster Bd. ©. 32.
in der Ablichen Formel „Zend und bie Übrigen Götter aus,
Iapiter 613
Berbindungen mit Zeus. So ift mit dieſem als dem Horte ber Gerechtigkeit
und des politifden Lebens vie Ihemis bei Homer nur in bienender @igen-
(haft, bei Hefiod und den Liebrigen als feine Mitherrſcherin und Gemahlin
verbunden, und bie Sprößlinge dieſer Verbindung find zunächſt blos bie
Horen, berna aber, als man au das Schidfal dem Zeus unterzuorbnen
gelernt hatte, auch die Mören (Böttiger Kunſtmythol. II. ©. 97 ff. Schö⸗
mann Ach. Prom. S. 108.). So find die Mufen bei Homer die Umges
bung des Apoll, hernach die Töchter ded Zeus und der Mnemofyne (außer
Heſiod Cumelos und Solon bei Glem. Aler. Strom. IV, p. 264.), daher
Mimnermos ältere Mufen, Töchter des Uranos, und jüngere, Töchter deö
Zeus, unterfähied (Pauf. IX, 29.), welche erfleren auch bei Alkman noch
vorfommen (Diod. IV, 7.). Großartig aber if die Dichtung Pindars bei
Ariſtides IL. p. 142. Dof., daß bei der DVermählung des Zeus (ev Ascs
yapa), wahrfeheinlid mit ver Themis, die Götter den Zeus gebeten, Gott⸗
beiten zu ſchaffen, ormmes 7& usyale zavrT £pya nal naoar ya on ıı
ENSIFOU KRTROKEUNI naTaNoOuNjTovn Aöyoıs aa uovamıy. Gbenſo die Cha-
ziten, die bei Homer eine Umgebung der Aphrodite, fpäter Töchter des Zeus
und der Eurynome find (Lobeck Agl. p. 398.). Ja dieſes genealogifirende
Princip wirkt dann dergeflalt weiter fort, daß zulegt die Dichter auch ganz
abftracte Begriffe auf gleiche Weiſe in den Kreis des Zeus ziehen, wie z.B.
Arn die Tochter des Zeus iſt (I. XIX, 91.), oder die Wahrheit (Pind. Ol.
XI, 4.), die Baoıleie (Schol. Arifl. Vögel 1535.), Eoo« die Tochter des
Zeus und der Selene in phyſiſcher Bedeutung (Allman fr. 32.), Kaspos bei
Son der jüngfle Sohn des Zeus (Pauf. V, 14, 9.), oder dad Bold (Aroc
reis ö evoos, Bind. fr. 243.), womit dann wieder zufammenhängt, wenn
Tantaloẽ ein Sohn des Zeus und der /lAovıw heißt (Phot. p. 570, 13.).
Außerhalb des eigentlid Olympiſchen Kreiſes ſtehen bie chthoniichen Bott»
heiten, namentlid Demeter mit ihrer Tochter und Dionyfos, welde im Epos
der Natur der Sade nah menig vorfommen, aber dennoch ſchon bei Homer
in engfler Beziehung zum Zeus flehen. Demeter ift feine Buhlin und Pers
ſephone feine Tochter, Dionyfos aber der Semele Sohn von Zeus. 6) Lieb⸗
fhaften des Zeus. Diefe immer mit bejonberer Vorliebe in der Poeſie
und Kunft verarbeiteten Mythen find Ihrem Urfprunge nah meiſt landſchaft⸗
lie Sagen, wo Zeus als Himmelsgott im Liebeöverhälniß entmeber zu
andern Gottheiten des Himmels, wie Keto, Io, Buropa, oder auch zu Gott⸗
beiten des Erdbodens, mie Demeter, Maja, oder fonft zu Nympben ver
jebesmaligen Landſchaft, mie zur Danne, Kallifto u. |. w. als das zeugerifche,
befruchtende Princip ericheint, oder auch fie ſtammen aus den genealoglichen
Sagen edler Gefhlehter, deren Wurzel nach dem Glauben ältefler Zeit Zeus
Bamkevs, die Duelle aller irdiſchen Macht und Herrlichkeit war, wie dieſes
befonders in den glorreichen Geſchlechtern der Aeakiden und Herakliden her⸗
vortritt, neben melden indeflen auf die Stammbäume vieler andern Ge⸗
ſchlechter auf Zeus hinweiſen. Je nachdem auf der einen Seite bie Che des
Zeus mit der Hera ald die allein giltige und urfprüngliche anerkannt mar,
und auf der andern Seite die Sagendidtung bemüht war, bie Maſſe vieler
erotiſchen Verbindungen in einen epiihen Zufammenhang zu bringen, deſto
mehr mußte auch Zeus ald der vorzugäweife verliebte Gott und die Maſſe
feiner Geliebten ala Kebsmweiber eriheinen. Die Ilias iſt naiv genug, ben
Zeus ſelbſt feiner Hera in einer Schäferflunde ein ganzes Megifter dieſer
außerebelihen Neigungen vorerzählen zu laſſen (XIV, 315—328.); in einem
eingefihobenen Iheile der Odyſſee (XI, 236 ff.) erſcheinen gleichfalls verſchie⸗
dene Buhlinnen des Zeus, aber in ariftofratifcher Haltung als Ahnfrauen
edler Geſchlechter. Diefe gemealogifhe Tendenz verfolgten dann beſonders
Hefiods Böen, unter deren Fragmenten zahlreiche Beifpiele für die fo eben
614 Jupiter
gegebenen Beflimmungen über den Urfprung biefer Sagen zu finden find,
wie auch in den Bruchſtücken ver genealogifirenden Sagenſchreibung. Allmälig
bildet fih auch bier, wie bei den @hen des Zeus, eine beflimmte Folge diefer
heroiſchen Zeugungen, in welder Niobe die erfle Sterblige zu fein pflegt,
welcher Zeus beimohnt, mie au Peladgos als Sprößling diefer Ehe für
den erften Menfchen galt (Apollod. IT, 1, 7. IH, 8, 1.), Altmene aber vie
legte (Diod. IV, 14. Schömann Prom. S. 144.). Einige diefer Babeln
wurben fehr viel behandelt und gingen allmälig durch alle Kreife der Sagen-
dichtung, die Iyrifche, epifche und dramatiſche, andere treten zurüd ober ver⸗
ſchwinden ganz, je nachdem fie reicher ober ärmer an poeliſchen Motiven
waren over ihre geſchlechtlichen Beziehungen erlauchter ober bürftiger. Am
gefeiertfien find die Verbindungen mit der Io (oben ©. 216 ff.), der Curopa
(Europia des’ @umelos, des Steflhorus), der Antiope (Welder Br. Trag.
©. 810.), der Aegina (Heſiod, Pindar Nem. VII, 6.), der Alkmene (Scu-
tum Herculis), Kalifto (Müller Proleg. S. 73.); beſonders rei an Ge⸗
liebten des Zeus ift dad Geſchlecht der Atlantiden, wohin Maja, Taygete
u. a. gebören (Apollod. II, 10.). Die erotifhe Seite iſt an diefen Kabeln
früh hervorgehoben worden. Daß Zeuß nur Schönes liebte, verfiebt ſich
im Sinne der Griechen von felbfl, und In reizender Naivetät fagt es Pindar
Nem. XI, 10., und Aeſchylus nimmt keinen Anftand, der Io verfünden zu
lafien, daß Zeus’ Auge fih nad ihr fehne und daß er fi ber Liebe mit
ihr zu freuen begehrte (Prom. 649 ff. 654.). Die Europa raubte Zeus nad
Heftod und Bakchylides, als fie mit Nymphen auf der Wiefe Blumen las
(Sol. I. XII, 309.), wad der gemöhnlihe Ausdruck für bie zarte Schönheit
der kaum reifen Jungfrau if. Obgleich ſelbſt Vater der Chartten if Zeus
doch durch den Gürtel der Chariten leicht bezwungen, und mie er in jener
Scene auf dem Ida in unverhohlener Sinneögluth zur Sera redet, fo er
zählte man fi, daß die Liebe ber So ihn, den fonft unverföhnlichen Rächer
der Meineive, fogar zum falſchen Schwur verleitet (Heflod 5. Apollodor).
Selbſt den Urfprung der widernatürlichen Knabenliebe pflegte man der Leiden⸗
[haft ded Zeus zugumuthen (Suidas v. Oauvors, Welder Sappho ©. 35.
Böttiger Kunſtmythol. IE. S. 35 ff.), und die wunderliche Kabel, wie Tireflas
den Streit zwiſchen Zeus und Hera entſcheiden mußte, welches Geſchlecht am
meiften Genuß der Liebe habe, kam ſchon bei Heſiod vor (Apollod. III, 6, 7.).
Die fublimften Auffaffungen einer ſolchen Babel find die, wenn Zeus ſich zu
einer ſolchen Xiebe berabläßt, um aus der Külle feines Weſens andere Gott⸗
heiten oder Helden zu zeugen, wie bei Pindar in der angeführten Stelle vie
Mufen und anderöwo den Herakles (Schömann Prom. S. 58. u. 143.),
was auch fpätere Dichter, wie Nonnus, benüßen, um bie Zeugung des Dio⸗
n9fo8 zu motiviren. Schöner indeffen iſt die Veredlung einer folden Sage
bei Simonides (Berg poett. Gr. p. 761.) in dem Gebet, welches die troft-
loſe Danae aus ihrem Elend, in melches fie nıit dem Knaben Perfeus dur
die Liebe des Zeus geftoßen wurde, an biefen richtet; vgl. Klaufen Aeneas,
Vorrede 3. 2ten Bd. ©. XU. 7) Zeus In der Heroenfage und als
Vater der Menfhen Wie Zeus der Gründer der Heroengefchlechter if,
fo ift er auch der Lenker ihrer Schieffale, und der Rath des Zeus die leitende
Urſache aller epiſchen Entwicklung, deren Grundlage die ritterligde That und
das Abenteuer um Leben und Top iſt, vol. II. XIV, 85. Befonders muß
diefes in der Heraklesfage, dem Prototyp ber epiſchen Sage überhaupt, aus⸗
geführt gemefen fein, da Herakles nicht allein ver Heros ſchlechthin, fondern
auch das eigentlide Inflrument des Zeus iſt und unter ben Heroen auf der
Erde Ordnung fliftet und alles Ungethüme hinwegſchafft. wie Zeus im
Himmel. Wie Zeus bei allen Gefahren, in die er den Sohn f&idt, deſſen
Verherrlichung im Sinne hatte, zeigt Heſiod Theog. 530. Das Ziel dieſer
Jupiter 615
Verherrlichung aber ift die Uinfterbliägkeit und der Olymp. Das widerſtre⸗
bende Element war in diefer Sage mehr als in irgend einer andern die Hera,
deren epiſche Gharakteriftit fi befonvers in biefem Zuſammenhange ſirirt
haben muß. Sie iſt eben deshalb die zweite Urſache des Ruhmes bed nad
ihr benannten Helden, |. Probus zu Birg. Ecl. VII, 61.: Pindarus initio
Alciden nominatum postea Herculem dicit, ab Hera, quam Junonem di-
cimus, quod eius imperiis opinionem famamque virtulis sit consecutus.
Nirgends war der Streit der beiden Olympiſchen Hauptmächte heftiger und
aufgeregter, als wenn es fih um Herakles handelte, wie ja aud bie Scene,
an welche Zeud Hera in der Il. XV, 18. erinnert, durch dieſen Helden veran⸗
laßt ‚war, vgl. Phot. p. 71,1. und Sud. v. Hoas_ Öeouovs uno As —
waga Ilröago yae uno Hoaiorov Öeguevszau Ev 10 UT croũ KaTaOHev-
acderu Boorw, O Tires ayvonoarzes ypapovoı vno Los (aber wie ſollte
Vulcan auf ſeine eigne Hand bie Mutter zu binden gewagt haben?) zur
gan dednvaı avın snıßovievaaoer Hoaxiei, vgl. Apollod. I, 3, 6. Daß
Zeus auf in der Urgonautenfage dad Hauptmotiv ber Handlung war, lehrt
die oben angedeutete Beziehung der Athamantidenfage auf den Cult des Zevs
Acgvouos (I, E.), jo wie der weiſſageriſche Splitter der Dodonäifchen
@ide, welder, von Athene in der Argo angebracht, das Schiff auf feinen
Fahrten leitete (Apollon. Rhod. I, 527. IV, 583. Apollod. I, 9, 16.).
Aber auch ſonſt erfcheint in ben vorhandenen Berfionen dieſer Sage (ind.
Pyth. IV., Apollon. Rhod., Upollod., Drpheus) Zeus in allen Hauptmo⸗
menten als bie beftimmenbe Urſache, neben ihm vorzüglid Athene und Hera.
Daß die Ilias nah ihrer urfprüngliden Anlage ganz auf die Exrplication
ber BovAn Acc zur Verherrlichung des Achill berechnet war, fagt dieſes
Gedicht ſelbſt — bei der Odyſſee tritt Zeus ſcheinbar zurüd, in
der That aber iſt er auch in dieſem Gebichte der raAsıos, und zwar ald Vers
mittler des Antagonismus der Heiden Gottheiten, melde in die Handlung
ER hauptfähli eingreifen, der Athene und des Pofeidon (Nitzſch z. Odyff.
II. S. XIV.). Cine fon nipt mehr rein epifhe, fonbern rationalifirende
Auffaffung zeigen bie Cyprien bei Schol. II. I, 4.; die Erde ſei übernölfert
geweſen: Zeug ö& i6m» aAdnoe nal 89 Tvnıreig mganiöeon Zupdero xovpi-
caı ardganor naußarrope ‚yaiay Pıriong noAsuov usyci Am &pıv IAexoio,
Ogon xerwoser Baraıo Bapos’ oi © &mı Tooin 'Howes vreivorro, Aueg
& ereisiero PBovAn, eine Vorfiellung, die ſich auch bei Curipides Orest.
1640. Electra 1283. findet, und welche in I. XIX, 270 ff. gewiffermaßen
anklingt. Dieb führt und auf das Verhältniß des Zeus zur Anthropogonie.
Zwar Ereuzen ſich in den Sagen von der Entflehung ber, Menfchen bei ven
ðGriechen ſehr verſchiedene Vorſtellungen, die der Autochthonie, der Bildung
des Menſchen durch Hephäſtos oder Prometheus und andere: dazwiſchen aber
tritt doch auch das Bild des Zeus als des eigentlichen nano ardgar auf
in genetifcher Hinfiht, wie er Vater ber Götter iſt, deutlih hervor. So
in dem Mythus von den menf@engefölchtern bei Heſtod Op. 109 ff., die Zeus
bald vertilgt, bald von Neuem ſchafft, vgl. v. 138. 143. u. ſ. w., befonders
aber in jenen Sagen von dem Urfprunge ganzer Geſchlechter oder einzelner
Urmenfhen aus dem Stamme des Zeus, wie Peladgos fo ein vom Zeus
entfprungener Adam ifl, obgleih eine andere Weberlieferung ihn wieder zum
Autochthonen machte; und auch in ber Zabel vom Aeakos iſt es darauf ab»
gefehen, daß er ver erfle Dienfch geweien, dem die Einſamkeit traurig fl,
weshalb Zeus ihm aus Ameiſen andere Menſchen zur Geſellſchaft bilvet, vie
Väter bed Stammes ber Myrmidonen (Heflod bei Tzetz. 3. Lycophr. v. 176.
Sol. Pind. Nem. II, 21.). Mit Beziehung auf folde Sagen dichtete
Arat die bekannten Worte zoo yap nal yEros sousr. Wegen jener Stamm⸗
vaterihaft aber fo vieler —*2 beißt Zeus gelegentlih auch pvraAumog
616 Jupiter
(Lobeck Proleg. Pathol. p. 99.), wie der Danaidenchor bei Aeſchyl. Suppl.
587. zu dem Urheber auch feine® Geſchlechtes mit Beziehung auf Die Geburt
des Epaphos betet: marno Yvrovpyos, avroyap arat, und Pindar Nem.
V, 7. fagt: eu 6& Kodrov xel Zivos Tomas aiyuara; Purevdertag nai
ano yovoedr Nnonidov Alanidos Eyepaper. °
IV. Runftarhäologie des Zeus. A. Geſchichtliches. Die
Kunftformen des Jupiter haben fih von rohen Eulturanfängen erft allmälig
zu ſolcher Herrlichkeit herausgebildet, mie fle fi im Zeus des Phidias dar⸗
ſtellten. Man Tann dem Dienfte dieſes Herrſchers der antiken Welt bis in
jene erften Anfänge der Naturreligion nachgehen, wo er ohne Bild auf den
Gipfeln der Berge oder im Rauſchen der Eiche verehrt wurde, ober mo fetifch-
artige Symbole feine Gegenwart bedeuteten, wie der Stein mittler Größe zu
Delphi, welcher täglih gefalbt und bei feſtlichen Gelegenheiten mit roher
Wolle ummunden wurde und ben man für denfelben Stein hielt, den einft
Kronos verfhludt babe (Pauſ. X, 24, 6.).. So erzählt Bauf. au von
einem rohen Steine in ber Nähe von GEythion, den dad Volk Zeus xam-
zoras nannte, weil Oreſtes der Sage nah auf ihm figend feines Wahn
ſinnes genas (III, 22, 1.), und in der Periegefe Sityons von zwei Bildern
des Z. ueiAiyıos und der Artemis zarowa, von denen jenes einer Pyramide,
biefes einer Säule glich. Auch der Jup. Lapis in dem alten Heiligthume
des Jup. Feretrius zu Rom, der Heiligfte der Schwurgötter, mar ohne Zweifel
fol$ ein altes Symbol (Eic. ad fam. VII, 12, 2. Zoega de Obeliscis
p. 208. v. Laſaulx über den Eid bei den Nömern, 1844. ©. 9.), und im
Driente behauptete fi der Zev: Kanos, von dem die ſyriſchen Münzen zeugen,
fortgefeßt in der pyramidalen Form feines Symbol (Pellerin med. II. pl.
80, 70. II. p. LIV. u. pl. 135, 9. Eckhel D. N. III. p. 926. Zoäga
de Obelisc. p. 205, 13.). In der lebenden Natur waren feit uralter Zeit
der Blig und der Adler fein Eigentum, die flärffte Naturfraft im Sinne
jener Zeiten und ber königliche Vogel; jener das Werkzeug, momit Zeus ven
Sieg über Titanen, Giganten und Typhoeus gewonnen und feltdem daß
Wahrzeichen feiner weltherrſchenden Macht, biefer der Bote und Gefelle des
Welikönigs, der ihm zur Seite figt, den Blitz in feinen Klauen trägt oder
fih, ein Bild der fiegreichen Stärke, wie agrigentinifche und andere Dünzen
ihn darftellen, auf das flügtige Wild des Feldes herabftürzt (Böttiger Ideen
z. Kunſtmythol. 2ter Thl. ©. 31 ff. u. S. 89 ff, auch S. 95 ff. von der
Geſtalt des Blitzes, der dreizackig und oft geflügelt gebildet wird). Auch
Dad minroor, der Könige» und Richtersſtab, gehört unter allen Göttern
vornemlih dem Zeus; von dieſem haben ihn die irdiſchen Könige; im Ge⸗
ſchlecht der Pelopiden erbte ih ein Scepter fort, welches man für das des
Zeus felber, das Hephäflos ihm einmal gefchmiedet, hielt (H. II, 101.),
ipäter als eine Neltquie in Chäronen verehrt (Pauſ. IX, 40, 11.). Unter
den Bäumen des Waldes aber war die königlihe Eiche die ſichtbare Ver⸗
fündigung bed Gottes, der nährenbe, ragenve, fernige Baum, bei den Griechen
dem Zeus von Alters ber eben fo Heilig, als dem Donnergotte der Kelten
und anderer Völker des Nordens (Böttiger S. 24 ff.), vorzüglich au Dobona,
wo Zeus feinen Willen in dem Rauſchen ber heiligen Eiche verkündete, in
feinem Stamme wohnte, und wo noch dad Symbol der Tauben binzufam.
Bon folden alten Eymbolen find nicht allein die Attribute abzuleiten, mit
denen Supiter fpäter erfcheint, fondern auch die Metamorphofen, in denen
after Glaube den Bott handeln laßt, wie. er ald "Adler die Aegina und Ga⸗
nymedes raubt, ald Kufuf, der ihm als Megenvogel Heilig war, zur Hera
eilt (Bauf. 11, 17, &. 36, 2.), als golbner Regen in den Schooß der Danae
fällt, oder wenn er ald Stier die Europa entführt, ald Specht oder Falke
den Argos tödten Hilft (Suid. v. Tö, wo das ZiAmor opos nach Antiochien
Jupiten 617.
weist, wonach ©. 220. zu beriätigen) u. ſ. w. Auch ber in Schaaf⸗
Pferde⸗ und Maulefelmift gehüllte Zeud, den Pamphos oder Orpheus anrief
(Vhiloſtr. Heroic. II, 19, 693. Joann. Steel. in Hermog. b. Walz Rhet.
VI. p- 399. Lobeck Aglaoph. p. 745f.), war ohne Zweifel fol ein altes.
Symbol, wahrſcheinlich, wie ſchon Windelmann erklärte, der Scarabäus
(Thierſch Epochen ©. 83. Greuzger Symbol. 1. 1. ©. 22.). Bon biefen
Gleichniſſen und Fetiſchen nun bildet den Uebergang zum vollfländigen Idol
wenigſtens der äußern Form nad bie Germenbildung, in welder Paufanias
eins von Z. zölssos zu Tegen fah (VIII, 48, 6. ayadua zergayar0r). Dann
bie alten Holz» und ſymboliſchen Cultusbilder, wie der Zevg zeiopdrkuog
zu Argos, ein Schnigbild, meldes ein drittes Uuge auf ber Stimm Hatte.
Baufantas erzählt, daß viefed Bild einft Hausgott (nämlich Z. epxeios) des
Briamos geweien und erklärt die drei Augen gewiß richtig von ber dreifachen
Beziehung des einen Gottes auf die drei Gebiete ber Welt, die zwar fonft
gewöhnlich unter drei verbrüberten Herrfchern vertheilt find, in denen aber
immer noch die gemeinſchaftliche Berührung in dem Begriffe des einen Deus,
beffen drei Hauptbeziehungen fie ausprüdten, wohl erkennbar blieb (Pauſ.
II, 24, 4.). Andere Formen altertbümlid naiver Symbolik find ein Zeus»
bild auf Kreta ohne Ohren, ein Ausbrud feiner Gerechtigkeit (Blut. de Is..
et Osir. c. 75.) und ein Lahlfüpfiger Zeus bei den Argivern (Clem. Alex.
Cohort. p. 33.P.). Auch den Z. anouviog (muscarius, Fliegenſcheucher,
wie Hercules in foro boario zu Nom), der zu Olympia einen eigenen Altar
batte (Bauf. V, 14, 1. Nelian. H. A. V, 17.), pflegt man in biefem Zus
fammenhange zu nennen, weil man auf ihn gewiſſe Paſten und Gemmen
bezieht, wo ver Kopf entweder an den Wangen zwei Zliegenflügel bat ober
auch ber ganze Kopf den Körper einer Zliege bildet (Windelm. Mon. ined.
n. 13. Taſſie catal. pl. XIX, 911, 13. 14.), aber Köhler in einer feltenen.
Schrift über die Masten ©. 13. erklärt diefe Bilder anders. Sonſt kommen‘
Holzbilder des Zeus in Griechenland nur ausnahmsweiſe vor (Pauf. II,
24, 3.); die Forderungen einer höheren Kunſt und eines gebilveteren Gottes»
dienſtes Hatten fie meiſtens verdrängt und bie große Menge der Zeusftatuen
war von Erz. Dabingegen erhielt ſich das Cultusbild des Z. Droctiog zu
Labranda in Karien bid auf die römifchen Kalferzeiten, wo man es auf den
Münzen der Stadt flieht, in der alten hieratiſchen Form (Müller D. A. 8.
2ter Bb. Tf. II. Nr. 30.). Zu Nom waren bie alten Symbole des Steing
und der Lanze unter ben Tarquiniern, die überhaupt die Urheber ver römiichen
Soolofatrie find, durch ein Thonbild verbrängt, welches Tarq. Briscus durch
Iuranius, einen etrudfifchen Künftler aus Sregellä hatte anfertigen Yaffen. Der
Gebrauch, dieſes oder ein anderes altes Cultusbild an Feſttagen mit Mennig zu
beftreichen, hielt ſich lange (Barro fr. p. 353. Bip. Müller Etrusk. I. &. 374.).
Für uns vertritt diefe alten Bötterbilver eine Fleine Gruppe aus Thon, auf
Samos gefunden, welche Zeuß und Hera, neben einander thronend, in fleifer,.
alterthümlicher Haltung und einfacher Bekleidung darſtellt (bei Gerhard Antike
Bildw. I. 1.). Die weitere Ausbildung der Zeusgeſtalt bezeichnen dann bie
archaiſtrenden Zeusfiguren auf Marmorreliefs oder Bafenbildern, von melden
° Tehteren die Sammelwerke von Gerhard, Lenormant und de Witte u. A. eine
große Auswahl geben (vgl. auch D. A. K. 2ter Br. If. J. Nr. 10.), während
unter den Marmorbildern bie f. g. ara ronda mit ben zwölf Göttern auf.
dem Gapitol und das Borgheflihe Nelief (D. A. K. Ifter Bo. Tf. XIL)
die witigfien find. Außer den gewöhnlichen Merkmalen archaiſtiſcher Bild»
werke ift Zeus bier faſt immer durch einen mächtigen Blitz in der R. aus⸗
gezeiänet, zu dem dann aud die Attribute des Scepters oder des Adlers
oder beider hinzutreten, durch ein zierlich gefälteltes ober se Gewand,
IV.
618 Jupiter
vurch den Tangen fpigen Bart, über die Schultern herabfallende Haarflechten
u. f. w. Es ift immer biefelbe fleife Figur, die fel6 In ber heftigſten
Action des Gigantenkampfes oder der Geburt der Athene nicht aus ber bie
ratiſchen Faſſung kommt. Sie beburfte der Befreiung und Belebung dur
bie Kunft, um zum Ideal zu werben, und dazu mögen vorzüglich verſchiedene
Künftler ſchon vor Phidiad mitgewirkt haben, von beren Bildern wir meiftens
durch Paufanias erfahren. Go das Zeusbild zu Sparta, in der Nähe des
Tempels der Athene Chalkiökos (III, 17, 6.), daB ältefte Erzbild, was Pau⸗
fanias überhaupt fah, ein Bild des Z. Unarog von getriebener Arbeit,
wo die einzelnen Theile befonders gearbeitet und hernach bie ganze Figur
zufammengenietet war, von Learchos von Rhegion, den Einige einen Schüler
des Diyönos und Skyllis, Andere des Dädalos ſelbſt nannten; neben
welchem Dentmale der Bleihartigkeit wegen glei der von den Kypſeliden
oder von Periander zu Olympia geweihte Coloß des Zeus von getrie⸗
benem Golde, gleiäfalls ein aypvonAaror, genannt werben mag, ben Gtrabo
noch nennt, ber aber zu Paufanias’ Zeit nit mehr exiſtirt zu haben ſcheint
(Blato Phaedr. P 236. B. Strabo VIH, p. 353. Suid. v. Kuwelissor
aradru« Vol. II. p. 479. B.). Berner hatte Anaxagoras von Aegina, ber
fonft nicht genannt wird, die Zeusflatue gearbeitet, melde nad dem Giege
über Zerred von den Griechen in Olympia geweiht wurde und wohl das
Urbin des Z. Eisvdepog war (Herod. IX, 81. Pauſan. V, 23, 2. VI,
10,2.). Bon Agelavas gab es einen Z. Tooouceracç auf der Burg zu Meffene
(Bauf. IV, 33, 2.), den Millingen in der fehenden, nackten Figur mit dem
Blitz in ver R. und dem Adler auf der 8. auf meſſeniſchen Münzen ver-
mutbet (Ancient Coins 4, 20. vgl. Mionnet Suppl. IV. pl. 6, 22. Kopf
des Zeus auf Mefien. Münzen, D. A. 8. I. If. XLI. Nr. 182.) und einen
Zeus in Knabenbildung I Aegion (PBauf. VII, 24, 4.). Vorzüglich lehrreich
zur Geſchichte der Zeusbildung aber war Olympia, deſſen alter Dienft mit
den Rationalfpielen und zahlreichen DBeranlaffungen zur Stiftung von Weih⸗
gedenken in dem Haine von Altis eine bebeutende Anzahl von Jupiterflatuen
verfammelt hatte, welche fämmtlih von Erz waren und worüber f. Pauf.
V, 21—24. Sie waren theils von Privaten geweiht, ober von Staats⸗
emeinden, oder enbli zur Sühne von Bergehungen wider die agoniftifche
— 2 8 welche letzteren Bilder, in einer beſondern Reihe aufgeſtellt,
das Boll Zäve; nannte. Größer und kleiner (von 6, 7, 18, 27 $.), von
verſchiedenem Zeitalter (bie zur Sühne geweihten von DI. 98, DI. 112,
DI. 178), feinen fie in ihrer Saltung und Außflattung wenig verfäieben
geweien zu fein: mit Bart oder ohne Bart, mit verichledener Belränzung,
immer mit den flehenden Attributen entweber des Bliges oder bed Gcepterd
(vgl. V, 23, 6.), oder des Adlers. In dem nad der Unterfohung Pifad
durch Elis neu erbauten Tempel dann das Bilb des Phidias, in welchem
diefer große Künfller den Bott der himmliſchen Majeſtät mit fo maßgebender
md fegreliper Meiſterſchaft zur Anſchauung gebracht Hatte, daß die Kunfl
wenigftens in der Klafie thronender Zeusbilder der Weltherrſchaft an dieſem
Typus ein für allemal feſthielt. Die Statue war chryfelephantin, prächtig
geſchmückt, die Figur ſelbſt und Ihre Attribute, der Thron, die Schranken
glänzend mit Bold und andern ſchimmernden Metallen, Gdelfteinen, Gifen-
ein, Ebenholz und Farbenpracht ausgeftatte. Das figende Bötterbilb war
etwa 40 F. Ho; es beruͤhrte nah Strabo VIII. p. 354. mit dem Scheitel
beinabe bie Dede des Tempels, fo daß ed die Vorftelung erwedite, Zeus
werbe, wenn er fi erhöbe, den ganzen Tempel, feine unzureichende Woh⸗
nung, mit fi nehmen. Als Panänos, der mit kunſtreicher Hand ben Barben-
ſchmuck beſorgte, den Bruber fragte, nad welchem Mufler er das Biloniß
des Gottes darfkellen werde, nannte Phidias jene erhabenen Berfe Homers,
Japiter 619
IL 1,5285. Alſo die Gerrigerwärbe des Zeus — cuncta supereilio mo-
ventis — und zwar des gnädigen, dem lebenden Erhörung zuminfenden,
war der Gedanke dieſes Bildes, die ihrer ſelbſt gewiſſe, in fi ſelbſt ruhende
und darum in friedlicher Milde gefammelte Botteömajeflät (Dio Chryſoſt.
XIT, p. 215. eippminög xai nertayov nonos). 88 war ver erhabenfte Ausprud
bes Grhabenen, für den Beſchauer die Duelle eines Hochgefühls, für welde
das Alterrhum kaum einen Ausdruck zu finden vermag (Liv. XLV, 28.
Quintil. XU, 10. Dio Chryſoſt. Or. XII, p. 209 ff. Hemſterh. zu Lucians
Somn. c. 8.). Der Oberleib war nadt, Sürte und Schooß verhuͤllte ein
Mantel, der In reihen Falten Hinabfloß bid zu den Füßen, die mit golbnen
Sandalen geſchmückt waren. Die nadten Theile des Körperd waren von
Elfenbein, das Gewand von getriebenem Goldblech und mit Blumen* unb
Figuren geſchmückt. In ver Rechten trug er eine gleichfalls aus Bold und
Efenbein gebildete Nife, die eine Binde in der Hand Hielt und am Haupte
befränzt war, denn von Zeus kam ber Olympiſche Sieg, wie er ſelbſt ala
Gieger über die Titanen die Olympien geftiftet.** In ber Linken Hatte er
das in ſchimmernder Metallpracht glänzende axnnrpor, auf welchem der Adler
faB. Das Haupt war mit einem Kranze von Delzweigen, dem Olympiſchen
Siegespreiſe geſchmückt. Im Kopfe concentrirte fig jene Herrliche Verſchmelzung
hoͤchſter Kraft mit allfegnender Milde; das Ideal griechiſcher Männerſchönhelt
war bier zu nem hoͤchſten Ausdruck göttlider Macht und Weisheit gefteigert. Die
Stimm oben klar und hell, nach unten mächtig vorgewölßt, darüber das vorwärts
wallende (eneppwoarıo) ambroſiſche Haupthaar, zu beiden Seiten maͤhnenartig
berabfallend. Die Augen weit geöffnet und rundlich; die gerade herabgejenkte,
koͤnigliche Naſe; die liebliche Wangenfüle; um Oberlippe und Wangen feine,
milde Züge; enblich der volle, in üppigen Locken berabwallende Bart und
barunter bie breit geformte, offene Bruſt, mit Eräftiger, aber nicht über»
mäßig anſchwellender Musculatur des Oberkoͤrpers. Die Augenflerne waren
vermuthlich mit leuchtenden Edelſteinen eingefeht, au) bei den Wangen und
Lippen hatte wohl die Farbe dem Elfenbeine nachgeholfen, Haupt und Bart-
baar waren golden, mie man aus der Srzäblung bei Lucian ſieht, daß ein
Tempeldieb dem Zeus feine Locken beſtohlen (Timon 4. Jup. Trag. 25.).
Die Statue wurde durch den mefleniihen Künftler Damophon reflaurirt.
Nachmals durch Blig und auf andere Welfe beſchädigt (Kucian Icaromenipp. 24.
@ufeb. Praep. Ev. III, 2. p. 135. A.), fol fle fih mit dem Tempel e
bis auf Iheodofluß erhalten haben und zulekt nad) Bonflantinopel gefommen
fein‘ (Gebren. Comp. Hist. p. 254. D. ed. Ven.), gegen welche Ueberlieferung
aber Heyne, priscae artis opp. Cp. exst. p. 9. und Böttiger am a. O.
©. 180. Einfprug erheben. Sur Deranfhaulidung des Kopfes Hilft gine
arkadiſche, um DI. 104 selälngene Münze (D. A. 8. 1. If. XLI. 181.),
der ganzen Statue eleifhe Katjermünzen (D. A. KR. I. X. XX. 103.) und
die beflen ber no erhaltenen thronenden Zeusflatum. ine Reſtauration
Hat beſonders Q. de Quincy, le Jupiter Olympien p. 384. verſucht. Aus⸗
führlich Handeln darüber Völkel über den großen Tempel und die Statue des
Zupiter zu Olympia, Leipz. 1794, Arhäol. Nachlaß, 1831.; Siebenkees
° auf. V, 11, 1. zür drdar za nolva. Ec fragt fich, ob wicht bier, wie V,
22, 5. 2a moıwa zu ſchreiben iſt.
© Jene Binde iſt die Siegesbinde, bie and) auf agoniftifchen Wafenbirdern im
der Hand ber Nike ifi und welche der Aadovueros fi, umlegt. ine allgemeinere
Bereustung —— * —— im Pirdens gehabt vnm weiß
neben einem nd, „1,3. zaized air anpdre Gyrakyoreet,
&yu di 6 niv osgmıpor nal Niugs, 5 dd Adyva digr. ”
Bon einem Brands bed Tempels unter Theobofins dem Kleinen berichten
Vie Schol. zu Luciau p. 221. ed. Jacoblte.
I &
620 Jupiter
über den Tempel und bie Bilbfäufe des Jup. zu Olympia, Nümb. 1795.;
Quatremöre de Quincy, le Jupiter Olympien, befonders über die Technik;
D. Müller Comm. de Phidia IT, 11., vgl. Handb. d. Archäol. 6. 115.;
Matbgeber, Hall. Encyelop. IM. 3. S. 286.; Böttiger, Ipeen zur Kunf-
mythol. 2ter Bo. S. 143—185.* Beusbilver bedeutender Künfller nach und
neben dem Phidias werden noch viele erwähnt; fle mögen das Ideal dieſes
- Gottes vorzägli in andern und untergeorbneten Beziehungen weiter aus⸗
gehitbr: haben, denn über da8 von Phidias aufgeftellte Meifterbiln des
Iympiſchen Weltherrfhers Tonnte nun einmal Niemand hinaus (Plin.
XXXIV, 8, 54. Jovem Olympium nemo aemulatur). So gab ed von Po-
Inflet einen thronenden Zeus von Marmor zu Argos (Pauſ. II, 20, 1.) und
ein ſehr eigenthümliches Bild des Z. Didcos zu Megalopolis, wo Zeus ganz
wie Dionyfos gebildet war, nur daß auf dem Thyrfos der Adler faß (Pauf.
vi, 31, 4.). Myron hatte für den Heratempel zu Samos drei Eoloffal-
Ratuen auf einer Bafls, des Zeus, der Athene und des Herakles gebildet,
welche Antonius weggenonmen hatte, von denen aber Auguft die Aıbene
und den Herakles wieder zurüdgab, während er den Zeus nah dem Capitol
brachte, mo er ihm eine Befondere Capelle errichtete (Strabo XIV, p. 637.).
Berner werben vier verfchiedene Supiterflatuen des kyſippos, alle in @
ermähnt, in denen diefer Meiſter der Kraft und des Herakledideals höchſt
wahrſcheinlich den Bott befonders von Selten feiner Stärke (Z. ZYerıos)
dargeſtellt hafte, ein AO Ellen Hoher Coloß zu Tarent, der gedreht werben
Tonnte und doch unerfhütterlih den Stürmen trogte (Plin. XXXIV, 7, 39.
und Lucil. 6. Nontus v. Cubitus), eine andere Statue auf dem Markte zu
Sikyon (Pauf. II, 9, 6.), ein flehendes Bild des Nemeifchen Zeuß zu Argos
(II, 20, 3.), Zeus und die Mufen zu Megara (I, 43, 6.). Bon Agora-
Tritos nennt Paufaniad einen Zeus im Tempel der Itoniſchen Athene bei
Alallomenä (IX, 34, 1.), von Leochares ein Bild auf der Burg zu Athen
(I, 24, 4.), ein anderes im Piräeus (I, 1,3. Plato Ep. XI, p. 361. A.),
und ein drittes von bemfelben Meiſter war der Jup. Tonans auf dem Gapitol
( Plin. XXXIV, 8, 79.). Bon Pamphilos, einem Schüler des Praxiteles,
nennt Plintus einen Jup. Hospitalis (Z. Zero, XXXVI, 5, 34.). Auch von
bedeutenden Malern, namentlih von Cuphranor und von Zeuxis, werben
Zeusbilder genannt. Guphranor aber hatte, als er vie zwölf Bötter zu Arhen
malte, feine Kunft bei dem Bilde des Poſeidon fo erfchöpft, daß er ſich bei
dem des Zeus wahrſcheinlich mit einer Wiederholung des von Phidias aufs
geftelten Typus begnügte (Baler. Mar. VII, 11, 5. Guftarh. zur Ilias
8 145, 11. Schol. II. I, 528.), und vollends die von Antiochus IV. zu
aphne bei Antiochia aufgeflellte Statue war nur eine Eopie der olympischen
(D. Müller Antigg. Antiochen. p. 62f. D. A. 8. 1. if. XLIX. 220.
b u. x). Andere Gultusbilder bedeutender Stätten des Zeuddienſtes mögen
ſich, wenn nit in der Sauptgebärde und ganzen Saltung, fo doch durch
befondere Attribute und Tocale Cigenthümlichkeiten welter von jenem Muſter⸗
bilde entfernt haben. So -Iaffen die epirotifgen Münzen aus ber Zeit des
Könige Pyrrhus mit dem Zeuskopfe im Cichenkranze (Mionnet Suppl. M.
PI. XIII, 6. D. U. 8. 1. If. LIV. 262.) auf eine Statue im Dodondiſchen
Heiligthum aus den beften Zeiten der Kunft fließen, und einen gleichen
Säluß erlauben die überaus aahtzeigen und weit verbreiteten Münzen des
Philipp von Macedonien (D. A. K. I. If. XLI, 188.) und beſonders bie
veo Z. aerowopos auf ben Alexanderömünzen (D. A. K. I. 3f. XXIX. 161.),
in.denen Eckhel eine Beziehung auf ven Jup. Bottiaeus zu Bella vermuthet
Wgl. an P. W. Forchhammer, Remargques sur les scriptures da temple de
Jupiter A Olympie, Rome 1832. 8. [W. T.]
Saptier 621
(D. N. Vol. TI. p. 99. Juſtin. XXIV, 2. Jovis templum veterrimae Mace-
donum religionis). Noch fiherer führt auf einen andern, ganz eigenthüm⸗
lichen Typus berühmter Zeusbilver folgende Stelle Eicero’s in Verr. IV,
57, 128.: Quid? ex aede Jovis religiosissimum simulacrum Jovis Impe-
ratoris, quem Graeci Ovg:os nominant, pulcherrime factum, nonne abstu‘
listi? 129.: Jovem autem Imperatorem quanto honore in suo templo
fuisse arbitramini? Hinc colligere potestis, si recordari volueritis, quanta
religione fuerit eadem specie atque forma signum illud, quod ex Mace-
donia * captum in Capitolio posuerat Flamininus. Etenim tria ferebantur
in orbe terrarum signa Jovis Imperatoris uno in genere pulcherrime facta:.
unum illud Macedonicum, quod in Capitolio vidimus, alterum in Ponti
ore et angustiis **, tertium quod Syracusis ante Verrem praetorem fuit. ***
Endlich wird au der Typus des Gapitolinifhen Jupiter zu Nom bei der
großen Bebeutung dieſes Dienfled, der unter den Kaljern über das ganze
Reich verbreitet war, In damaliger Zeit oft wiederholt worben fein. Aber
auch diefer Typus war, nachdem die alten Symbole im Tempel des Fere-
trius und der Jup. miniatus religiöfe Antiquitäten geworden waren, hödft
wahrſcheinlich in der Hauptfadde dem von Phidias für ven Olympiſchen Dienft
aufgeflellten nachgebildet. Auch ver Capitoliniſche Jupiter thronte, von ven
beiden Söttinnen umgeben, in mädtiger Haltung, hielt Blig und Scepter
und Hatte den Adler neben fl oder zu feinen Füßen, und mag befonders
In der Draperie, welche dad Pradtgemand der Triumphatoren nadhahmte,
eigenthũmlich gemefen fein (Moifini, gli archi trionfali onorarii e funebri
degli antichi Romani, Roma 1836. tab. XLIX, 4. D. A. 8. 11. &f. I,
11. u. 12. u. 3f. II, 13. Böttiger am a. O. ©. A. u. ©. 191 ff.). —
B. Syſtematiſche Ueberfiht der fih auf Zeus beztehenden
Kunftvarftellungen. 1) Standbilder und Büſten. a) Jupiter
erſcheint in dreierlei Stufen Eörperliher Entwicklung, als Kind, als Jüng-
ling, als Mann, ja, wenn man jenen Lahlköpfigen Zeus in Argos hinzus
nimmt, auch als Breit. Das ift ein Reſt alter Naturreligion, in welcher
die Bötter, wie die ihnen untergebenen Naturerfheinungen im jährlichen Vers
laufe geboren werben, wachen, blühen und flerben (dad Zeusgrab auf Kreta);
obgleih Heim Zeus ſich auch eine Beziehung auf Das Menſchenleben einmiicht,
wie 3. B. die beiden Bilder des Polyklet zu Uegion, Zeus und Herafles,
der oberſte Bott und ber oberfle Heros in Knabenbildimg, von dem fchönften
Knaben des Ortes bedient, fiber für die ſchühenden Urbilder der männlichen -
Jugend gehalten wurden. Als Kind erfcheint Jupiter in der kretiſchen Sage
und in der Symbolik ded Präneftinifchen Fortunadienſtes, f. Cic. de Divin.
II, 41, 85. Jup. puer, lactens cum Junone Fortunae .in gremio sedens,
mammam appetens, Praeneste castissime colitur a matribus. T In Griechen⸗
Ianb war wenigflens die Bilvung des jugendlichen, noch unbärtigen Zeus
nichts Ungewoͤhnliches. Pauſanias nennt verſchiedene Bilder der Art zu
® £iv. VI, 29,8. T. Quinctius — triumphans signum Praenesteo devectum
Jovis Imperstoris in Capitoliam talit. Daß es aber auch in Macebonien einen
alters umb heiligen Tempel des Z. Ovesos gab, fieht man aus Eic. in Pis. 35, 85.
es An der Mündung des Bosporus, anf Chalcedoniſchem Bebiete, Marc. Keracl.
p 60. Huda., Steph. Byz. v. Xalındav, Bentley Epp. p. 236 f., Wolf ad Demosth.
eptin. p. 259., v. Kammer, Conflantinopel und der Bosporus II. ©. 356 ff.
”.. Der Dienft des Z. Ovgsos In Sicillen ift neuerdings durch eine, Zeitſchr.
f. A. 1844. ©. 992.. mitgetheilte Infchrift conſtatirt.
+ Der geſtagelte Knabe auf dem Denar ber Conatier, auf beffen Rev. Jupiter
Genins uehen der Juno erfcheint, b. Gerhard Antike Bildw. CCCII, 8. u. 9,, vgl.
Prodr. ©. 41. U. 113. und Panofla, von einer Unzahl antiter Weisgefchente ©, 58,
Tf. II, 7, ik nicht Supiter, fonbern Amor, Vol. ſibrigens Egnstii, 8b. II.
. 62,
622 Jupiter
Dlympia, V,22, 1. megınaiuerog Opuor, nal nAmıar Hai, V, 24,6. Zevs
ovx 2407 ro yereım und etwad davon entfernt dyadua og ovn äyor yaraım
ovös avzo. 88 iſt dieſes der in der Stille herangewachſene, noch nicht durch
den Titanenkampf erprobte, noch nicht weltherrſchende Bott, oder au ber zu
diefem Kampfe fi rüflende, wie er auf einem geföänittenen Steine mit ber
Inſchrift Nescov erſcheint, die 2. mit der Aegis ummidelnn, in ber R. ven
Blig erhebend (D. U. K. II. Sf. II,24.), und mit derſelben Beziehung auf
Kampf und Sieg der Torbeerbefränzte Kopf des Z. EAarıos auf einer auf
Veranlaſſung von Kämpfen mit barbarifchen Völtern gefchlagenen Münze von
Syracus (D. A. 8. U. If. I, 6.). Au auf einer etruskiſchen Spiegel-
zeichnung flieht man den unbärtigen Zeus, mit Blig und Scepter und dem
Kranze von Eichenlaub, zwiſchen Apoll und Hermes, als drei Gottheiten
der agoniftifchen Jugend (D. A. 8. II. Tf. II, 25.). Anderswo koͤnnte eine
Gultusbeziehung zu Grunde Tiegen, wie zu Argos in dem Gegenſatze des
blühenden Mannes, des fugendlihen Gemahles der Hera, den man im Früh⸗
Tinge mit Blumen feierte (Welder Anhang zu Schwencks Andeut. S. 267.),
und des Tahlköpfigen Alten, ver wohl ein Sinnbild der erflorbenen Natur
des Winterd war. Auf jenen mödten wir die mit Frühlingsblumen ges
fhmüdten Zeusbilder beziehen, 3. B. bei Pauſ. V, 22, 5. (Zeus mit Abler
und Blitz und einem Kranz von Frühlingsblumen). Bei der männlichen
Bildung iſt die Herrſcherwürde und koͤnigliche Majeflät immer das Vor⸗
herrſchende, bisweilen wurde aber aud das Kriegerifhe ausgedrückt, mie
PBaufaniad im Iempel der Hera zu Olympia, wo ältere Werke aufbemaßrt
wurden, ein Zeusbild fah, welches bärtig und behelmt neben der thronenden
Hera ſtand (V, 17, 1. mit dem Zufape doya« de sous anic). Und bier
mag auch gleih des kariſchen Nationalgottes Zeus gedacht werden (Jahn
Annal. d. Inst. T. XIV. B: 209 f.),. der als Apssosg und Zipatog vor⸗-
fommt, ald Agssos in vollſtändiger Hoplitenräflung auf Münzen von Jaſos
(Streber Abh. d. Mündn. Akad. Bd. 1. If. 4. u. 5. D. A. K. 1X.
II, 21.), als Zroauog in der Form des Idols auf denen von Labranda:
doch gab es zu Nicomedien ein berühmtes, wahrſcheinlich freier behandeltes
Bild dieſes Gottes von dem bithyniſchen Künſtler Oädalos (Arrian b. Kuſt.
zu Dionyſ. P. v. 793.), und einen Z. —— kennen auch die Münzen
von Amaſtris (Combe N. M. Brit. 9, 9. 10.). b) Zur Wellherrſchaft bes
Zeus gehört ſowohl die Natur als die ſittliche Welt, allein vie Beziehungen
auf dad Nalurreich treten im Banzen zurüd. Nur bei Polyklets Statue deB
Z. Ditog, welder ähnlide Bilder auch im Oriente vorkommen, ſcheint
die Kunft diefe Seite feftgehalten zu haben (Müller Handh. $. 350, 6. und
Antigq Antiochen. p. 100 ff.). Sie drückte viefelbe durch untergeorbnete
Atiribute oder Zufammenftelung mit den Horen und andern Naturgottheiten
aus, wie denn auch in dem reichen Bilderfreife, mit dem ber Deus des
Phidias umgeben war, die Horen ihren Plag hatten, aber unter der Maffe
anderer Figuren, welche fih auf ſittliche Weliherrſchaſt, heroiſche Großthaten
und Menſchenleben bezogen, faſt verſchwinden (Pauſ. V, 11.). Vom Z.
Qußoros oder Trioc gibt es nur ſeltne und fpätere Darflellungen, wie auf
dem Nev. einer wahrſcheinlich mit Beziehung auf ein beſonderes Greigniß
geflagenen Münze von Ephefus (Mionnet Suppl. VI. pl. 4,1. D. A. K.
I. <f. 11, 14.) und der gleichfalls auf Veranlafiung außerorbentlider Dürre
und der Errettung daraus bargeftellte Jup. Pluvius auf der Antoninsfäule
zu Rom (D. U. K. I. If. LXXI, 395.) Als Herrſcher In jenem allge
meineren Sirmme dagegen erſcheint Jupiter vorzüglihd in zwei Attitüden,
thronend und ſtehend. Bon dem thronenden Zeusbilde, wie es die
Tempel zu Olympia, wahrſcheinlich au ver zu Dodona, ferner der zu Bella
in Macevonien und das Gapitol zeigten, iſt ſchon vie Rede geweſen. Bon
Juplioe 623
noch vorhandenen Statuen Tommen bier befonbers in Betracht bie ehemals
im Pal. Berotpi, jegt im Pio⸗Clementiniſchen Mufeum befinplie, melde
für da8.treuefle Abbild des Olympiſchen Jupiter gehalten wird (Biscontt
Mus. P. C. I, 1. Clarac Musee de Sculpt. T. 11. pl. 397. n. 666.
D. A. K. 11. If. 1, 7.), wobei die fhönen Büſten zu vergleichen, vie zu
Otricoli gefundene und jetzt gleihfalls im Pio-Glement. Mufeum aufgeftellte
(D. A. 8. TI. xf. 1,4.) und die zu Florenz, im Garten Boboli und eine
andere in ber Florentiniſchen Galerie (Windelmann IV. Tf. I.a. u. &. 316.).
Den Zeuskopf in Cichenlaub zeigen außer ven Cpirotiſchen Münzen nod der
ſchoͤne Cameo Zuliani in der Bibliothek S. Marco zu Venedig, und eine
neuerbings für Berlin acquirirte Bühe, wovon Braun A. M. I, 4. eine
Zeichnung unter dem Namen des Dovonälfden Zeus gibt, obgleich es vers
fängli iſt, jeden mit Cichenlaub geſchmückten Zeus auf ven Dodonäiſchen
Dienſt zu beziehen. Andere thronende Jupiterflatun Kat Müller D. A. 8.
2ter Bd. If. I. u. I. zufammengeftellt, darunter wegen feines Alters und
- der unbezweifelt griechiſchen Abkunft beſonders wichtig das Basrelief in ber
Sammlung des H. von Pembroke zu Wiltonhouſe, welches im archaiſtiſchen
Stile den Zeus auf einem Throne mit dem Adler auf der Hand und vor
ihm einen Knaben zeigt, der fi die Hände In einem Keſſel wäſcht, um ein
Dankopfer für einen im Fünfkampfe gewonnenen Sieg darzubringen, babel
die Inſchrift MarOzog Aidou evyapıorei Adi eni ving nerradlov naıdog,
alfo wahrfgeinlih ein Olympiſches Anathem (O. A. K. II. Tf. I, 9.). Andere
dieſer Figuren haben die Weltkugel in der R. oder der thronende Gott bat
als beruhigter Donnerer den Blitz auf dem Schoofe, ober er drückt durch
das Stügten ber rechten Hand gegen den Kopf Ruhe aus, oder er fpielt mit
dem Adler, den er bekränzt, als günftiged Augurium entfendet u. f. mw. *
Stehende Zeusbilder mit freierer Bekleidung waren gleichfalls etwas Häus
figes, wie dergleichen ſchon in dem geſchichtlichen Theile mehrere, darunter
von bedeutenden Meiftern, nachgewieſen find. Beſonders aber gehört jener
Z. Ovgsog ber Griechen hieher, ven die Römer durch Jup. Imperator über«
feßten, über welchen Abeken und D. Jahn ausführliger gehandelt Haben
(Annal. dell’ Inst. T. XIV. p. 203—210.). Den Jup. Imperator, wahr»
fheinli den vom Gapitole, mit diefer Umſchrift, ſtellt eine roͤmiſche Münze
dar, flehend, mit Scepter und Blitz, mit dem Iinfen Beine auf eine erhöhete
Bafls vortretend, vor ihm der Kalfer Commodus opfernd (D. A. K. U.
<f. II, 22.) Es ift nun mehr als wahrſcheinlich, daß in ähnlicher Stellung
au der Z. Ovpios erſchien, und zwar beſonders auf Vorgebirgen, in vie
See hinausſchauend, mohin er den Gegelnden den guten Wind nachfendete,
nad welchem er den Namen führt (auch evareuos, Pauf. II, 13,8.), zumal
da wir auch den Poſeidon als Meereöherrfcher von den Münzen des Deme⸗
trius Poliorketes und verwandten Dentmälern ber (D. A. K. 1. if. L,
221 b.; LXV, 342.; II. 3f. VI, 74. u. 75., 3f. VII, 76. u. 82.) in ders
felben Stellung kennen. Auch die aufjallende Leberfegung des Präpicates
Ovosog dur Imperator erflärt fih am natürliäften durch dieſe Stellung,
in welcher die Nömer an dem Imperatorifgen feſthielten, indem fle die nau⸗
tiſche Beziehung fallen ließen. Uber auch Achäiſche Münzen, melde den
Zeus als Vorſteher des Achäiſchen Bundes (öuayvoros) darftellen, zeigen ihn
ſtehend, mit ver Siegesgöttin auf der R. und dem Scepter In ver 2. (D. A.
8%. 11. If. II, 20.); aud eine attiſche Münze, mit Blig und Opferſchaale
(Nr. 23.), fo wie verfhieuene andere, von Müller auf derfelben Tafel zu⸗
© ine befonbere Auszeichnung verbient nod) der coloſſale Sturz eines Zeus ans
Eumä in der Galerie zu Neapel, gefunden in ber Nifche eines alten Zeuſstempels zu
Eum&, von weichem Hef, augenblicklich keine Abbildung nachzuweiſen vermag.
624 | Iupiten
fanmengeftellte Bildwerke, vgl. auch Böttiger ama.D. 6. 187 ff. Erdlich
gehören zu dieſen ſtehenden und ſitzenden Jupiteridealen auch noch die Bilder
römiſcher Kaifer, welche ſeit Auguft Häuflg in der Attitude des weltherr⸗
ſchenden Gottes mit Scepter und Blig oder andern Inflgnien dargeftellt wurden.
So der Jupiter Augustus aus Serculanum, eine Golofjalftatue von Bronze,
deren Stellung fi ber beſchriebenen des Jup. Imperator annähert (Antichitä
di Ercolano T. VI. tv. 77. D. U. 8. I. If. LXVI, 349.), der thronenve
Auguft und der ihronende Tiber auf dem Wiener und bem Pariſer Gameo,
die thronende Statue des Kaiſers Nerva, das Relief, wo eine Göttin vor
dem tbronenden Habrian fleht, beide im Pio⸗Clement. Muf. (T. II. tw. 7.
T. V. tv. 26.), u. a. m.; vgl. Böttiger S. 189. c) Von befonderem In⸗
tereffe wäre ed, wenn wir von ben zahlreichen Zeusbildern, welde fpecielle
Beziehungen oder Cigenſchaften dieſes Bottes darſtellten, einige nähere Kenntnig
befäßen, allein in den meiften Fällen werben folde Statuen nur kurz er⸗
wähnt und wir können den künſtleriſchen Ausprud ihrer befondern Beſtimmt⸗
heit höchftens ahnen. So bei dem Z. Zerıos des Pamphilos, dem thronenden
Z. Madigios PBolyklets, dem Z. EAsvdspıos zu Platääj, den Bildern des
2. IDovnog und Krynog, die wahriheinlih den Modius auf dem Haupte
hatten, dem Z. Zozyo, Bovicios, 'Ayopaios, Kadapmas, ‘Iremog u. f. w.,
welche ohne Zweifel alle durch befondere Attribute, Stellungen und eigen»
thümlichen phyſiognomiſchen Ausdruck characterifirt waren, obwohl ſolche
beſondere Anwendungen ber einen goͤttlichen Perſon auch durch Gruppen⸗
bildung ausgedrũckt wurden, wovon nachher; ebenſo der Jup. Custos, Stator
und andere Formen zu Rom, deren Urbilder zum Theil von den Etrußfern
entlehnt geweſen fein mögen # 3. B. der Jup. Stator zu Arretium (ic. de
Divin. I, 35, 77.). Als ein Beifpiel der Art mag bier der Z. "Oomos im
Buleuterion zu Olympia angeführt werben, ver als furchtbarer Rächer ver»
letzter Cidſchwuͤre gebadt wurde, Pauf. V, 24,9. Als Begenfag zu dieſem
furdtbaren und dräuenden Gott flieht man die Zeusbilder mit fanftem, freund
lichen Gefltdausprud an, die man gewöhnlich Z. Meudiyos nennt, vgl.
Müller D. A. K. II. If. I, 3., während Nr. 4. den flolgen, zürnenden
Ausdruck des Vekämpferd der Titanen bat. Eben dahin gehört eine von
Braun A. M. I, 3.a.u.b. aus Pal. Spada publicirte, im Original ſtark
beſchädigte Doppelbüfte, in welcher der Begenfag des freundlichen und bes
zürnenden Gottes zufammengefaßt ift, wo aud eine Münze des Kaiſers Beta
mitgetbeilt it, wo derfelbe Jupiter mit dem Doppelfopfe, einem Blige in
ber 8. und einer umgelehrten Lanze in der R. dargeflellt wird. d) Da Zeuß
nicht allein das Haupt des griehifhen Olymps, fondern überhaupt höchfter
Bott ift, jo pflegten auch die höchſten Gottheiten ausländiſcher Nationen mit
demfelben Namen benannt und mit zunehmender Sellenifirung der ausländi⸗
fen Mythologieen und Kunfldarftellungen in den Kreid der Zeusreligion
mehr oder weniger mithineingezogen zu werben, vollends in ben Seiten, wo
bie nationellen Cigenthümlichkeiten einbeimifher Vorſtellungen allmälig ver⸗
foren gingen und ein erweitertes Neligiondbebürfniß fi vor ber Hand mit
neuen, barbarifhen Formen und Eynkretismus zu befriedigen fuchte. Dahin
gehört eine Reihe von Gottheiten, welche größtentbeild nur eine entfernte
Beziehung zum griechiſch⸗italiſchen Jupiter haben und daher zwifchen feiner
und anderer Bötter Beftalt ſchwankten oder au ganz neue Typen in bie
Kunft brachten. So der Jup. Axur oder Anzur von Terracina, unbärtig,
ftrahlenbekrängt und thronend, auf Münzen (Millin Gal: Mythol. pl. 9—11.)
und ber Veiovis ober Vedius, der böfe Jupiter der italifchen Religion, welchen
Bott man in feinem Tempel zwiſchen der Burg und dem Capitol ſah, jugend»
lich, mit Bfeilen bewaffnet und in Apolliniſcher Bildung, auch auf Familien»
münzen (Müller Etrudk. IL. S. 39.), dieſe beiden freilich altitaliſchen Urſprungs.
N. .
%
|
Jupiter 625
Dann aber bie ientalifgen Geſtalten Libyens, Aegyptens ‚und Syriens
Jupiter Ammon, früh dei den Griechen heimiſch, in feiner Heimath ältefler
Seit ein blofer Stein (Dion. XVII, 50. Soöga de Obelisc. p. 208.), auf
bei den Griechen noch, wie zu Degalopolis, bermenatiig gebildet, mit dem
Kopfe mit Widderhörnern (Pauſ. VIII, 32, 1.). Zur Veranſchaulichung
feines Typus find beſonders wichtig die Silbermünzen von Kyrene, mit dem
Kopfe des Ammon auf dem Av., der Silphionſtande auf dem Rev. (Mionnet
Descr. pl. 79,1. D. U. 8. II. f. II, 30., vgl. au I. Tf. LXV, 341.),
und bie ſchoͤnen Antefire aus gebrannter Erbe, zwei Köpfe des Olympiſchen
Jupiter und einer de8 Ammon, bei Gamponari Antiche Op. in Plastica.
Tav. IH. Der jüngere Jup. Serapis, dur feinen glänzenden Dienft zu
Alerandrien und die Vorliebe der Beit des Hadrian in der Kunſt ſehr ver⸗
breitet, aas Bott der Ober» und der Unterwelt mit Strahlen und Modlus
gebildet; ausgezeichnet bef. die Büſte im Vatican (D. A. K. I. Af. LXX,
390.). Der Eyriſche Zeus⸗Belos, ſtehend mit dem Scepter, einem Sterne
auf der Hand und einem Halbmonde auf dem Kopfe, auf ſyriſchen Königg⸗
mänzen (D. A. X I. 3f. LI, 245.), der Z. Kamog, welcher neben dei
alten fetiſchartigen Darflelung bisweilen au in apolliniſcher Geftalt erſchien,
mit einem Granatapfel in der Hand (Achill. Tat. III, 6.), der Jup. Doli-
chenus, eine beſondere Form des Belos, welcher im fpäteren lien Ho
einen angefebenen Dienft Hatte (Marini Atti p. 539. 618. Böttiger Kunſt⸗
mythol. I. S. 314 f. Gerhard Prodr. S. 19. A. 19.), im Cpl eine⸗
Kriegsfeldherrn, auf einem Stiere ſtehend, vor dem ein Adler fik B.
K. U. Tf. U. 31.). Endlich die myſtiſchen, pantheiſtiſchen und planetarif er
Bildungen des Jup. Exsuperantius, welder reich bekleidet, mit Füllhorn und
Patera auf fpäteren Reliefs und einer Gemme bes ardaifirenden Stilg er-
ſcheint, wo auf der Patera ein Schmetterling figt (Millin Pierres gravdes 3.
Windelmann V. S. 229. D. A. K. II. If. II,28.), des verfßleierten Jupltet
als verborgenen Lenkers der Welt, auch mit Cichenkranz und seflügeltent
Big (Gerhard Prodr. S. 5. u. A. 22. D.U, 8, M. Tf. II, 29.), die
Darftellungen des Zeus als des Dittelpunftes de Weltalls, wo bald vet,
Bott in der Mitte thronend in einem Felde erfcheint, in dem man oben
Sonne und Mond, unten Erde und Meer erblidt, und das von den zwölf,
Zeichen des Zodiacus eingefaßt iſt, bald ald Zeus Serapis umgeben von de
Köpfen der fieben Planeten-Bötter und den zwölf Zodiacalzeichen (D. A.
11. &f. II, 26. u. 27.). 2) Mythologifhe Acte auf Reliefs, Va⸗
fenbilderm und Terracottas. a) Die Geburt des Zeus fah man
auf dem Melief eines Altard zu Tegea, Rhea und Denoe mit dem Kinbe
und bienende Nymphen umber (Pauſ. VIII, 47, 3.). Für ung iſt ‚biefe
Darſtellung mit den folgenden Acten erhalten auf einem vierfeitigen Altar,
welcher in der Gegend von Alba Longa gefunden iſt und wahrſcheinlich einfl
dem Jup. Latiar geweiht war, jetzt im Bapitolinifden Mufeum (Mifin Gal.
Mythol. V,17.). Man fleht dort in vier Arten bie kreiſende Rhea, bie Täus
idung des Kronod durch den Stein, ven Kuretentanz, Zeus. von ben Olym
piern umringt. Der britte diefer Acte, die Pyrrhiche der Kureten, woburd
das Zeusfind dem Kronos entzogen blieb, erſcheint außerbem auf dem Bruch⸗
füde eines Frieſes im Pio-Clementin. Muf. (T. IV. tav. 8), fechs Jugend;
n
fide Figuren, paarweiſe zufammengeftellt, fo daß immer ‚einer dam, abet
auf ven Schild ſchlägt. Dazu find. neuerdings zwei befonders wichtige Terra⸗
eottatafeln bei Camponari Antiche Opp. in Plast. Tav., I. u. II. geloimmieh ;,
bie erfle zeigt dad Zeuslind im Schooße ber. Adraſteia unb ben, ; d 3
bier volfländig bewaffneten, Jugendlichen Kuteten ,. die zweite, auf Y
Rammend, zeigt dad Kind auf dem nackten Boden figend, Hilflod a
'd
VSani. Neal-·Cucyciop. IV. 4
626 Jupiter
zu brei tanzenden Kureten emporſtreckend, welde e8 mit Schwert und Schi
deden. Der Blig iſt an einen Felſen gelehnt; dem Kinde flieht man an, daß
es ſchreit. Außerdem kommt dieſe Eompofltion auch auf fpätern mebaillon-
artigen Münzen Kleinaflens vor, wo die Scene nah Phrygien verlegt ifl
(D. U. 8. 11. f. IN, 33.).. b) Zeus im Kampfe mit ven Titanen
und Giganten, welde von der Kunſt nicht unterfchienen werben, wie fie
denn au im Wefentlihen identiſch find (Böttiger Kunſtmythol. II. S. 86 ff.
Gerhard über die zwölf Götter S. 11.). Als höchſter Triumph des höchſten
Gottes war diefe Scene ein würbiger Gegenftand für Tempelverzierung. So
im öftlichen Giebelfelde des mächtigen Tempels zu Agrigent, während man
im weſtlichen den Kampf um Troja fah (Diod. XIII, 82.), eine Parallele
des größten Götter» und des größten Heroenfampfes, melde ſich am Frieſe
des argivifhen Heratempels wiederholte (Bauf. II, 17, 3.). Für und geben
diefe Borftellimg verfchiebene Vaſenbilder im alterthümlichen und ſchöneren
Stile (Gerhard Auserlef. Vaſ. Tf. V. u. VI. u. LXIf. Trinkſchalen Tf.
X. XI. und G@rläuterungstaff. A.B.), in fpäterer Auffafiung mehrere Sarko⸗
phagrelief8 (beſonders Mus. P. C. T. IV. tav. 10.), in beſonders fchöner
Zeichnung der Cameo mit dem Namen des Atbenion (Lippert Dactyl. IM.
n. 10. Mus. Borbon. I, tv. 53. D. 4. 8. II. xf. III, 34.), endlich viele
zömifhe Münzen, ba befonders auf den Bamiliendenaren ver Zeus Giganto⸗
machos In der Duadriga mit dem Blitze in der Hand ein fehr gewöhnlicher
Typus if. Die Handlung iſt in verſchiedenen Momenten aufgefaßt, Jupiter
ſich zum Kampfe rüſtend, im Kampfe die feindlichen mit Schlangenleibern
gebildeten Weſen niederſchmetternd, ober endlich nah dem Kampfe befränzt
und ala Herrfäher der Olympier anerkannt. Der Bott if dabei Immer mit
der Aegis bewaffnet, einem eigentlichen Ziegenfel, das um den linken Arm
geworfen iſt (Visconti osservaz. sopra un anlico cammeo rappresentante
Giove Egioco, nämlid über den Cameo auf der Bibl. S. Marco zu Venedig).
ec) Bermählung mit der Hera, im Gultus und in der Mythologie fo
Häufig, auf Bildwerken feltner; do haben Zoega und Welcker dieſe Scene
auf Neltefs nachgewieſen, f. Rhein. Muf. N. F. J. &.420- 430. d) Lieb⸗
[haften des Zeus. «) Zeud und Io, worüber f. ©. 216 f. u. bef.
Th. Vanofka, Argos Panoptes, Berl. 1838. 4., vol. noch das Vaſenbild
bei Gerhard U. DB. T. CXV. und das beſonders ſchoͤne, von Bargallo ebirte
Gemälde in den Monum. inedd. dell’ Instit. Vol. II. Tav. LIX., in zwei
Acten: oben Hera mit einigen dienenden Nymphen, die dem Argos ben
Auftrag gibt, die Io zu hüten, unten Hermes, der zur Io tritt, die von
Satyrn umgeben if, zur Bezeihnung der Ländlichen Waldeseinſamkeit, in
welcher ſich Io befindet. Zeus fit fo, daß er bei beiden Acten betheiligt
erfheint. Zwei andere, früher bekannte Darftelungen gibt Müller D. A.
K. N. Sf. I, 37. u. 38. Die Jo pflegt in dieſen Bildern entweber als
napderos Bovndpws bargeflellt zu merben, wie fle auch die ſchoöne, bemalte
Terracotte bei Bröndfled Reiſen u. Unterfj. in Griechenl. I. S. 133. zeigt,
oder auch als völlige Kuh, welde von Argos geweidet wird, ber bald als
Hirte erſcheint, bald buchſtäblich als navonıns, d. 5. am ganzen Leibe mit
Mugen verfehen. Paufantas fah ein Werk des Deinomenes auf der Burg von
Athen, So und Kallifto zufammengefellt, die Metamorphofe der Kuh und der
Bärin (1, 25, 1.). 8) Zeus und Quropa, die glei der Io urfprüngli
Mondgoͤttin if. Auf dem Zeusfliere getragen hatte der alte Künfller Pytha⸗
oras die Buropa in Bronze gebildet, ein Bildwerk, das ſich zu Tarent
efand (Barro 1. 1. V, 31.). Schöne Darftellungen‘ der Entführung geben
die kretiſchen Münzen von Gortyna und Phäfos, bald Europa vom Gtiere
den, dann auf der Platane am Lethäos fihenn, welde aus dürren
weigen ſich friſch zu belauben ſcheint, Zeus als Adler neben ihr, ber fi
Japiter ' 627
auf andern Münzen ihrem. Schooße anſchmiegt (Combe Numi Mus. Brit.
tb. 12, 6. Mionnet Suppl. IV. Pl. 10. Streber Abh. d. Münden. Alad.
1. Tf. 2. u. 9. Böttiger Kunſtmythol. I. S. 328 ff. D. A. K. 1. If.
XLI, 186., 11. Zf. III, 40. u. 41.). Auch gemalt wurde dieſes Sujet häufig,
ſowohl auf Bafen (Millingen Div. coll. 25. Millin Vas. II, 6. Ann. dell’
Inst. III. p. 142.), als zur Wanbverzierung (Achill. Tat. I, 1., im Grabmal
der Nafonen, Bartoli 17.). Auch die Bemmenfchneiver blieben nit zurüd.
y) Zeus und-Aegina. Pauſanias fah p Olympia einen groͤßeren Complex
von Figuren, ein Weihgeſchenk der Phliaſier, Zeus und die Toͤchter bes
Aſopos und Afopos felbft, darunter Zeus wie er bie Uegina umfaßte (V,
22, 6.). Auf Vaſenbildern entführt er die Nymphe in Beftalt des Adlers,
ſ. Banofla, Zeus und Aegina, Abh. d. Berl. Akad. v. J. 1835. &. 153—176.
Auf einem roͤmiſchen Marmorrelief if dieſelbe Darflelung neulich) nachge⸗
wielen worden von Braun A. M.I,6. 5) Zeus und Leda, gemöhnlid
Zeus als Schwan die Leda umfangend, Häufig in flatuarifchen Bildern,
welche ein audgezeichneted Kunftwert als Urbild vermutben laſſen, doch in
wechſelnden Stellungen (Fea osserv. sulla Leda 1802. D. U. K. II. 2f.
III, 45.), auf in Terracottas und Reliefs (ib. Nr. 43. 44.), bei. häuſi
in laſciver Auffaffung und verfchlenenen Stellungen, auf Gemmen (Taille
pl. 21. Lippert I, 16 ff. II, 8 ff). Auf einer Vaſe ſchönen Stils und
dolcentiſcher Abkunft fah Ref. die Darftelung in einer käuflichen Sammlung
zu ©. Lorenzo, in zwei Ucten, Leda und Schwan und Leda mit dem GL.
e) Zeus und Antiope, in welcher Gruppe entweder Zeus felbft als
Eatyr erieint, wie auf Gemmen (Lippert I, 11. u. 12.) oder fo, baf ber
Satyr, in deſſen Geftalt er die Antiope beſchlich, daneben fleht, wie eine:
etruskiſche Spiegelzeichnung dieſe Scene gibt (Inghirami II, 17. D. A. 8.
11. 3f.11,46.) ©) Zeud und Danae, in deren Schoß er er ald goldner
Regen fält, auf einem Pompejaniſchen Wanpgemälde bei Zahn 68. und
nach einem gefchnittenen Steine, wo ein Schwan feinen Blitz Herabträgt,
wohl zur Andeutung der Liebe zur Leba, bei Kippert Dactyl. Suppl. I, 35.
(D. A. K. Nr. 48.). ) Zend und Alkmene am Kypfelostaften (Pauf.
V. 18, 3.); in grotest komiſcher Auffaffung nach Art der italiſchen Poflen,
gut zur Veranſchaulichung Plautinifher Scenen aus dem Amphitruo, auf
einem Vaſenbilde bei Winckelmann Mon. Ined. P. I. n. 190. (D. U. 8.
Nr. 49.). 7) Zeus und Ganymedes, ein Kompler, wo die Formen⸗
ſchönheit des Knaben und der liebliche Gegenſatz des zarten Entführten und
des entführenden Adlers ausgezeichnete Werke hervorgerufen hatte. So hatte
Leochares nah Plinius XXXIV, 19,17. den Adler gebilnet sentientem quid
rapiat in Ganymede et cui ferat parcentemque unguibus etiam per vestem,
ein Wert, wovon die Statue im Pio-Glementinifgen Mufeum eine flcdere
Nachbildung ift (II, 49. D. U. K. I. If. XXXVI, 148.). Daß der Adler
den Liebenden felbft beveutet, was auch Schriftfteller zu verſtehen geben, tritt
auf Bildwerken deutlicher hervor, 3. B. auf einem Hautrelief der Halle von
Theffalonid, wo Banymedes und Leda in Tasciver Auffaffung als mascula
und muliebris Venus parallelifirt find, und auf einer Katjermünze von Date
danos in Neolis, zwei Nachbildungen eines und beffelben Originals (D. A.
K. Nr. 80. u. 94.). Die Sarkophagreliefs benupen dieſes Sujet zum Denkmal
eines in unſchuldiger Jugend den Eltern entführten Kindes (Clarac Musée
de Sculpt. T. III. Pi. 407. u. 696. D. U. K. Nr. 52.). Anderswo er⸗
ſcheint Ganymed den Adler tränkend, Gebe am Boden gelagert, Sarkophag⸗
selief im PiosGlement. Muf. (V. tv. 16.) und oft auf Bemmen (Lippert I,
21 ff.). Vgl. Böttiger Kunftmyib. 2ter Br. S. 64f. 9) Zeus und Gen
mele und die Geburt des Dionyfos aus dem Schenkel bed
Zeus f. unter Liber Pater. «) Geburt der Athene aus bem Haupte
628 | Jupiter
bed Beuß, eine häufige Darflelung. Unter den alterthümlichen Reliefs im
3 der Chalkiokos zu Sparta ſah Pauſanias auch za 86 zur 'Adıyaz
yereciy (TI, 17, 3.). Das eine Giebelfeld des Parthenon zeigte biefen Bor»
gang, und außerdem ſah man ihn no in einem andern Werke auf der Burg
Athen (PBauf. I, 24, 2. u. 8.). Vaſenbilder Älteren und jüngeren Stils
In Berbard bekannt gemacht, A. V. If. I—IV. vgl. &.3 ff. 203 ff. vgl.
orhhammer, die Geburt der Athene, Kiel 1841. 4. (D. A. K. IL. If. XXI,
227. u. 2 Ueber die beiden letzten Acte vgl. auch Boͤttiger am a. D.
© 73. 3) Iupiter in Gruppen. Der Sruppenverein von mehreren
ſtatuarifchen Werken ift die hoͤchſte und ſchwierigſte von allen Formen plaftis
ee Darſtellung und 78 diejenige, welche ruͤckſichtlich der Idealität von
ehunee und dramatiſcher Handlung bei den Alten wenigſtens einen nicht
ngeren Reichthum als das Relief zugelafien zu haben ſcheint. Aber leider
—* unſere Kenntniß der alten Kunſt hier groͤßtentheils von alten Beſchrei⸗
ungen folder Gruppen ab, da bis auf wenige Ausnahmen nur kleinere und
untergeorbnete Werke der Art fi erhalten haben. Die einfachfle @ruppirung
Hi die verwandter Gottheiten, mie ded Zeus mit der Sera, wovon Gerhard
rodr. ©. 3 ff. Beiſpiele gibt. Zeus ſtehend neben der thronenden Hera im
Seratempel zu Olympia (Pauf. V, 17, 1.), Zeus, Hera und der gemein»
ſchaftliche Vater Kronos zu Lebadea (IX, 39, 4.). Cine andere fehr häufige
ujammenftelung war bie des Zeus mit der Athene, feiner Lieblingstochter,
le dem Olympiſchen Bater am nächften ſtehende Jungfrau der Weisheit und
Pure feine rechte Hand in allen beroifchen Kämpfen und Borgängn. So
Piräeus Zeus mit Scepter und Nife, Athene mit dem Speer (Bauf. 1,
1, 3.), tin: dem Heiligthum bei Alalfomenä (IX, 34, 1.), Z. außoväsog,
Ad. außoviia und die Diodfuren in gleiher Bedeutung zur Sparta (III,
13,6.). Daraus geht von ſelbſt die Bruppirung von Zeus, Hera und Athene
ervor, welche in Griechenland gerabe nit häufig if (Paul. X, 5,2. VII,
0, 3.), in Etrurien aber eine fefte Cultusbedeutung hatte und von bort in
ben Gapitolinifgen Dienft überging. Wine andere fehr bebeutfame Zufammen-
ſtellung if die von Zeus, Athene und Herafles, Weltregierung, Weisheit
und Heldenkraft in höchſter Potenz und den drei Sphären bed Himmels, der
Beroifchen Welt und ber Vermittlung zwiſchen beiden. So hatte Myron biefe
drei Geſtalten gebildet (Strabo XIV, p. 637.). In anderer Beziehung
interefjant iſt die @ruppe des Zeuß ſchlechthin, des Z. vuıoros und beb Z.
Borg in Korinth (Pauf. II, 2, 8.), die plaſtiſche Explication jenes alten
mbolifhen Bildes des Z. zuogdaduo; zu Argos. Anderswo erſchien
Zeus ald der oberfte Lenker des Schickſals mit den Mören zuſammengeſtellt,
als Mospeysıns. So im Tempel zu Delphi, wo er bie Stelle der einen
chickſalsgöttin vertrat (Pauf. X, 24, 4.), im Relief am Tempel zu Aka⸗
efton (VIE, 37, 1.). Die Horen und die Mören umgeben ihn zu Megara
‚40, 3.). Wieder an andern Stätten waren es die Mufen, an beren
pige er als der Vater erfhien. Cine foldde Gruppe gab es vom Luflppos
u Megara (I, 42, 6.), und im Haufe des Polytion zu Alhen, weldes
Pabe dem Dionyſos des Geſanges geweiht war, ſah man die Athene Tau—
via, den Zeus, die Mnemofyne, die Mufen und den Apollon, f. Eubulides,
ik II. ©. 253. Noch reichhaltiger find ſolche Vorſtellungen, wo bie
ende Kunft einen Ausdruck ganzer epifcher Vorgänge, in denen bie BovAı
Arös verherrfit wurde, verſucht hatte, von welcher Art Olympia ein merk⸗
würdiges Werk aufzumelfen hatte, eine Arbeit des Lykios (f. d.). Auf einer
Mafls in der Form eines Halbkreiſes ſah man in ber Mitte ven Zeus und
vor ihm Thetis und Hemera, wie ſie für ihre Söhne zu ihm flehten, zu
Beiden Stiten im Parallelismus immer ein Griedhe und ein Barbar, einander
gagrmweile gegenübergeſtellt, Adi und Memnon, bie beiden jugendlichen
— — —
Jura — Suridigus | 629
Helden, um bern Schicſal es ſich handelte, Odyſſeus und Helenuß, in
beiden Heeren die weifeften, Menelaod und Alexandros, die geihwornen
Feinde, Diomedes und Aeneas, Aiax und Deiphobus (Bauf. V V, 22, 2.).*
Ebenſo erfheint Zeus in Vorgängen aus der Bötterwelt als oberfler Lenker
und Schlichter, 3. B. auf der großen, auf den Raub ber Proferpina bezůg⸗
lichen Vaſe des Fürſten Poniatowsfy, die Visconti beſonders erläutert bat,
le pitture di un antico vaso Äittile ete, Rom. 1794., vgl. Boͤttiger am
a. D. S. 67 fi. Endlich gehören dahin die von ben Alten bäufig in ſtatua⸗
riſchen Werken aufgefellten oder auch gemalten Götterverfammlungen und
Gruppen der zwoͤlf Bötter, wo Zeus als das Haupt bed Olympiſchen Rathes
erſcheint, wie —8 ihn ſo häufig auftreten läßt. Derartige Gemälde werden
von Pauſanias und Plinius wiederholt erwähnt (I, 3, 3. XXXV, 10, 107.
u. 11, 129.), von dem des Euphranor f. S. 620., von dem bed Zeuris berichtet
Plinius XXXV, 9, 63. Magnificus est et Jupiter eius in ihrono adstanti-
bus diis. $ür und repräfenticen ſolche @ötternerfammlungen theils die Frieſe
vom Theſeustempel und dem Parthenon (D. A. K. J. if. XXI, 109. XXIII.
u. XXIV.), theils einige Vaſenbilder, wo bie elle verftedentlih zufammens
gruppirt und angeorbnet vorfommen, denn au bier pflegte die antife Kunſt
feineömegs ein feſtes, ſteifes Schema, ſondern eine lebendig bewegliche und
veränberlide Welt mit bem gedachten Hintergrunde eined dramatiſchen Vor⸗
ganges darzuftellen, |. Gerhard über die zwoͤlf Bätter Griechenlands, Berlin
842. 4., wo die widtigften Denkmäler der Art zufammengeftelt find. —
Literatur: Döttiger, Kunſtmythologie ded Zeus, Dresden 1809. Amal-
thea 1. ©. XIX ff. u. 1— 74. Ideen zur Kunflmythologie I. S. 3—210.
Emeric-David, Jupiter, Recherchcs sur ce dieu, sur son culte et sur les
monumens qui le reprösentent, Paris 1833. 2 Bde. Creuzer, ESymb. u.
Mythol. II, 1. S. 72—149. 175198. 3te Ausg. Stuhr, Meligions-
Spfteme der Hellenn ©. 29 ff. 152 fi. 268 ff. Schwend, etymolog. Ans
deutungen S. 32 ff. Mythologie Br. I. ©. 7—42.*% Lieber den Italifchen
Jupiter Hartung Religion der Römer II. S. 8—62. Zur Kunftmythologie
außer Böttiger beſonders D. Müller, Handb. der Archäologie S. 491—500.
2te Ausg. mit den Denkmälern der alten Kunft (D. A. K.). [Preller.]
Jura (fo die Roͤmer; bie Griechen ’Jopas und Iovpanog Str., Iov-
vaooos Ptol.), das noch jeßt fo genannte, bei den deutfchen Anwohnern au
Leberberg heißende Bebirge nörblih vom Lemanifhen See bis in die Nähe
bes heine bei Auguſta Rauracorum, ſehr holzreich, Blin. XVI, 76., mie
au der Öfllih mit ihm zufammenhängende Vocetius mons oder Böpberg,
ac. Hist. I, 69. Diefed Gebirg machte die natürliche Gränze zwifchen ven
Gequanern und Helvetiern; ein alter Paß in der Gegend von Bruntrut iſt
von den Römern mittelft Feljenfprengung zugänglicher gemacht worden (mons
pertusus, pierre pertuis), wie eine Infchrift befagt Dreli Nr. 401.
al. Str. 193. 208. Gäf. B. G. I, 2. 6. 8. Plin. I, 5. IV, 31. [P.]
Juridicus. Nachdem Hadrianus bie Surißdiction” in Stalien unter
vier Gonfuleren eriheiit hatte (Spart. Hadr. 22. Gapitol. Ant. Pius 2. 3.
App. b. 38.), ernannte M. Aurel. Phil. vier Juridici (datis iuridicis
Italiae onen, ad id rar quo Hadrianus consulares viros reddere
iura praeceperat, 3. Capitol. M. Antonin. 11. vgl. noch Dio Caſſ. LXXVIIL,
2
eDieſelbe Darſtelung auf einer von Raph. Dont im %. 1841 bekannt ges
machten Agrigentiner Bafe, f. Kunftbl. 1845. Nr. 44. [W.
“© Sarich de theologia imprimis fato et Jove Homeri, Erlang. 1763 f. (dann
is f. Opuscc.), €. ©. von Eckenbrecher (Berl. 1833.) und €. Mäyner (Berl. 1834.)
de Jove Homeri. Waltomösy de Jove qvalis sit apud Homeram, Deutſchkrone
1838. 4, [W. T.]
630 Juarls consulti
22.), nach beflimmten Diſtrikten (Gapitol. Ant. Pius 2.), weshalb auf ben
Inſchriften iurid. Campaniae, Oreli Nr. 3173., regionis Transpadanae,
Drelli Nr. 3143., Apulise, Nr. 2377. 2702. 1178. genannt werben. Die
neueren Juridici waren dem Rang nad) niedriger, als die Confulares, wie
fid aus den Infhriften ergibt, ſ. Dreli Nr. 3164 f. 3171. 3177. 3191.
Was ihre Gompetenz betrifft, fo waren bie italiſchen Diftriktsrichter nicht fo
einflußrei als bie Grovinziafftatthalter, indem fie dur die Communalein⸗
richtungen der Italiſchen Städte eingefgränkt waren; auch war ihnen das
Genjus> und Steuerweſen nicht zuftändig. Nah Dirkfen (f. unten) hätten
die von Hadrian eingefegten Conſulares Eivil= und Eriminalfurispiktion nebft
der Polizeidirektion gehabt, als Inflanz über den Lokalbehörden, M. Aur.
Philoſ. aber hätte dem Praefectus urbi und praetorio das Strafrecht und
die Bolizei über ganz Italien überwieſen (dem erften in, bem anbern außer
Nom), fo daß die Conſulares nur die Civiljurisdiktion behalten hätten, und
deshalb wäre ihnen au nun ber geringere Titel iuridicus gegeben worden.
Ob fhon M. Aur. Philoſ. dad Gompetenzgebiet für den praef. pr. und urbi
feßtfeßte, f. im dieſ. Artt. Später traten an die Stelle ber iuridici eine
größere Anzahl ſ. g. correctores, worauf fon Div Caff. LXXVIII, 22.
hinzudeuten ſcheint (der Ausprud anavoarro etc. iſt fehr vieldeutig); jedoch
werden die correctores mit Sicherheit erſt unter Aurellanus genannt, 3. B.
Treb. Pol. trig. tyr. 24. Vop. Aur. 39. Orelli Inser. n. 60. 1074. 1087.
1099. 1100. 1184. u. a. — Daß in den Vat. fragm. $. 232. cf. 205. 147.
feine beſtimmte Hinweiſung auf die Gompetenzpiftrifte der Juridiei und des
Praetor tutelaris enthalten iſt, hat Dirkfen überzeugend dargethan. — Bon
den verſchiedenen Anfichten über die iurid. find folgende zu ermähnen: Salmaf.
ad Sp. Hadr. 22. u. Marc. Aur. 11. (mit ihm Pitisc. lex. h. v.) meint,
daß die frühern Conſulares und vie neuern Juridici ganz identiſch geweſen
feten und nur dem Titel nad verſchieden. Ganz falſch iſt Eafaubon. ad M.
Aur. 1. I. — Dodwell, lection. Camden. n. IX. p. 351 ff. beſchränkt bie
Einrigtung Hadrians auf Mittel» und Unteritalien; bald nad Hadrian felen
die Gonfulares erloſchen und die Juridici als eine ganz neue Magiftratur ges
bildet worden; Savigny, Geld. dv. Nöm. Rechts im MA. I. ©. 588 f. u.
in f. Zeitſchr. f. geſch. Rechtswiſſ. IX. ©. 334 f. (ähnlich Burchardi, Lehrb.
dv. Roͤm. Rechts I. S. 208 f.) fagt, Hadrian Habe ganz Italien unter bie
vier Gonfularen verteilt, M. Aurel. habe Juridici mit gleiher Macht, aber
mit geringerem Rang an deren Stelle geſetzt und die Lokaljurisdiktion ber
Municipien no mehr und zwar auf einen beflimmten Brad befhräntt. Na
Puchta (in Savigny's Zeitfär. X. S. 204 f. und Inflitutionen I. ©. 397 f.)
Hätte Hadrian Italien in fünf Diſtrikte getheilt, nämlich für den praetor
urbanus und bie vier consulares, wele von dem Senat ernannt worben
wären. Die fpäteren iuridici aber ſeien vom Kaifer felbft erwählt. Walter,
Roͤm. Rechtsgeſch. S. 304. verbindet mit der Einrichtung der vier iuridiei
auch eine neue Ordnung Italiens nad Landſchaften. Bine Kritik der ver-
ſchiedenen Anſichten findet ſich in dem treffliden Auffab von Dirkfen, vie
scriptores historiae Augustae. 2eipzig 1842. S. 78—105. — Verſchieden von
den Stalifien Juridici ift der iuridicus Alexandriae, welder unter dem
praefectus Aegyptens fland und beſchränkte Befugniffe hatte. Strab. XVII,
p. 1147. 1148. 1. 2. D. de offic. iurid. (1, 20.). 1. 1. C. de off. iurid.
Al. (1, 57.). Rudorff, Rhein. Muf. 2ter Jahrg. S. 71 f. 154. [R.]
Juris consulti die Rechtskundigen, auch genannt iure consulti, iuris
eriti, i. prudentes, i. auctores, i. sacerdotes (veteres ober antiqui h. bie
uriften der republikaniſchen Zeit zum Unterfchieb von ven Bandeftenjuriften),
f. Lexica und Dirkfen, peitehge zur Runde des Röm. Rechts, Leipz. 1825.
©. 1598—188. Bimmern, Röm. Brivatr. I, 1. S. 202f. Der Einfluß
. Juris consulti 631
berfelden auf die Fortbildung, nit blos auf die Erkenniniß des Roͤm. Rechts
(iuris peritorum auctoritas gen., Cic. Top. 5. de inv. I, 22.1.7. D.
de i. et i. 1, 1.) war fehr groß, fo daB das durch fle geichaffene Recht
fogar den Namen ius civile im e. S. erhielt, ſ. d. Art. Da die Nechtö-
funde und deren Einflug in den verfchiebenen Zeiten ſehr verſchieden war, fo
ſoll fle na vier Perioden dargeftellt werben.
I. Die Rechtskunde ohne wiffenfhaftlide Form und die
Rechtskundigen ohne befondern Beruf. So lange das Recht bei
einem Bolt no Feine wiſſenſchaftliche Auffaffung erhalten hat, fo lang kann
e8 Teine eigentlichen Juriften geben, fonbern nur Rechtskundige d. h. Männer,
welche ſich neben ihrem eigentlihen Beruf Kenntniß in dem geltenden echt
und Geihäftderfahrung erwerben; und fo war ed in Rom der Fall. Zuerſt
war bie Rechtskunde ein Prärogativ der patrichiägen Kaſte und ſpeziell der
Briefter, denn dad Civil⸗ und Staatsrecht war mit dem ius sacrum auf
das engfle verbunden. Das Het felbft war zwar nit fo gänzlih unbe
fannt, als oft angenommen wird — denn ed waren wenigſtens manche
Geſetze Öffentlich aufgeſtellt, alfo auch allgemein bekannt (Xiv. VI, 1.), allein
Vieles war ganz unbekannt, fowohl mas zum Necht ſelbſt gehört, ala na-
mentlih das die Anwendung des Rechts Betreffende, und befand fi in den
Pontiſikalbũchern verfehloffen (2iv. IV, 3. VI, 1. IX, 46. Eic. de or. I, 41.
de rep. II, 31. Dion. X, 1. Dal. Mar. II, 9, 2. Feſt. v. rituales p.
285. Müll.). Unter dem fl auf bie Anwendung des Rechts Beziehenden waren
vorzüglih wiätig die Beflimmungen der Zeit, in welcher gerichtliche Hand»
lungen vorgenommen werden durften, und die VBorfäriften über die folennen
Formen, an welde die Ausübung des Rechts fireng geknüpft war. Bat. IV,
11.30. Die in beiverlei Hinfigt zur Rechtsanwendung nothwendigen Kennt»
niffe, fo wie Entſcheidungen in zweifelhaften Fällen und Auslegungen ges
hörten fogar nad den XII Tafeln, melde wenigfiens das Recht ſelbſt zu
einem Gemeingut Aller gemacht hatten, ausſchließlich dem bevorzugten Stande
und namentlih den Prieflern an. Eic. p. Mur. 11. de off. II, 19. de leg.
II, 12. Liv. VI, 1. Plin. H. N. XXXIII, 1. Pompon. 1. 2. 6. 6. D. de
orig. iur. (1, 2.), vgl. Cic. de har. resp. 7. ragen wir nad ber Thätig-
feit der rechtskundigen Perfonen, To zeigte fich dieſelbe damals nur no in
ber auf einen engen Kreis von Freunden, Glienten und Berwandten bes
fhräntten Rolle des Rathgebers (patronus gen.), nemlich entweder in Bes
lehrung über die Berigtstage und Abfaſſung der Rechtsgeſchäfte, ober in
Angabe des auf Befegen und Herkommen beruhenden Rechts für fpezielle
Fade. Dieſes Verbältnig erleinet eine große Veränderung durch die Umge⸗
Raltung der Stanbeöverhältniffe, denn indem das Anfehen der Plebejer wuchs,
entlebigte fi das Privatredht immer meer der Feſſeln des ius sacrum (fo
daß Legtered enblih von den Rechtokundigen ganz vernadhläßigt wurde, Gic.
de or. III, 33.), und die NRechtöfenntniß hörte allmälig auf, ein Eigenthum
der Patricter zu feyn. Cinen nicht geringen Einfluß darauf hatte das Unter⸗
nehmen bed Plebejers En. Flavius, welcher als Schreiber des App. Claus»
dius Cäcus oder Gentimanus das f. g. ius Flavianum veröffentliägte, 304
v. Ghr., 449 d. St., f. Bd. III. S. 488. Diefes enthielt einen Gerichts⸗
falender, und zugleich eine Zufammenftellung der Klag⸗ und Sefhäftsformeln,
dur welche die Zuratheziehung eines Rechtsverſtändigen keineswegs unnüg
gemadht werben, fondern bie bisher von ben Patriciern geheim gehaltenen
Kenntniffe auf einen größeren Kreis ausgedehnt werben follten. ©. ius Fla-
vianum. Als bebeutende Rechtskundige diefer Zeit werden Folgende genannt:
App. Elaudius Decemvir (f. Bp. IE. ©. 404.), App. Glaud. GAcus
oder Gentimanus (Br. I. ©. 406.). Mit Flavius beginnt Die
I. Periode, in ber die Rechtbkunde als ein befonderer
632 Juris consult
Beruf und praktiſcher Kenntnißzweig erſcheint, ohne daß jedoch
eine wahre Rechtswifſenſchaft exiſtirte. Die damaligen Juriſten waren ange»
fehbene Männer (theils ihrer Geburt theils ihrer Verdienſte und perſönlichen
Eigenfhaften wegen), deren Beruf nur in praktiſcher Aigle (urbana mi-
litia, @ic. p. Mur. 9.) befland. Die Gauptzweige dieſer Praxis find: res-
pondere, scribere und cavere, wozu man nad) Gic. de or. I, 48.
noch agere zählen könnte. Das Erſte if respondere, db. h. Rath und
Gutachten auf befonbere Anfragen (consulere; davon der Name consulti)
ertheilen, welches fi nun nicht mehr auf einen engeren Kreis beſchränkte,
fondern auf Alle ausdehnte, welche fi Raths erholen wollten, und als Mittel
angewandt wurde, fi die Gunſt des Volkes zu erwerben und zu @hrenflellen
u gelangen, Val. Mar. IX, 3, 2. ic. de off, II, 19. Der Rath bezog
ch fomohl auf reine Nechtöverhältniffe, als auf die Bürgerlichen Familien⸗
u. a. Ungelegenheiten des Befragenden (7. B. Kauf, Ausſtattung u. f. w.).
Betraf der Rath einen wirklichen Rechtsſatz, fo wurde das responsum des
. Suriften als Autorität vor dem Nichter angewandt, welder fih jedoch da⸗
dur nicht beflimmen zu laffen braudte, Cic. p. Caec. 24. p: Mur. 13.
Zumwellen kamen von mehren Juriflen bivergirende responsa über biefelbe
Sache vor, worauf fi die disputatio fori bezieht, melde Pomp. 1.2. 6.5.
D. o. i. (1, 2.) erwähnt und was Cic. top. 14. 19. in respondendo dispu-
taliones nennt, vgl. p. Caec. 24. Uebrigens refpondirten die Juriften ſowohl
auf dem Markt, ala im Haufe zu beftimmten Stunden. Cic. de or. I, 40.
45. 48. 56. III, 33. de leg. I, 3. 4. II, 12. de off. II, 19. p. Caec. 24.
p. Mur. 9. 13. Hor. Sat. I, 1, 9 f. II, 3, 192. Pomp. 1.2. 6.47. D.
de o. i. (1, 2.). Scribere bezeichnet das ſchriſtliche Anfertigen ver Rechto⸗
Urkunden, 3. B. Klagen, Contrakte, Teflamente ꝛc. @ic. p. Mur. 9. de or.
II, 6. ad div. VII, 14. de leg. I, 4. Suet. Ner. 32. Unter cavere if
das Abfafien von Cautiondformularen (zur Sicherung der Bartelen bei Rechtis⸗
geſchäften) zu verflehen. @ic. ad div. III, 1. VII, 18. de off. II, 19. de or.
‚48. p. Mur. 9. Der (fpäter noch größere) Einfluß der Juriflen auf die
Geſtaltung des Rechts ſelbſt beſtand damals fat ausfhließlih in der Inter-
pretation der Belege und zwar vorzüglich der XII Tafeln. Gic. de leg. 1,5.
Pomp. 1.2.6.5. D. o. i. (1, 2.). Sie erklärten aber nit blos ven
Sinn des lex, fondern ermeiterten das gefchriebene Net dur Anknüpfung
analoger neuer Berhältniffe an das alte Hecht, welches fie ſtets fefthielten (ſolche
Erweiterungen erwähnt ic. p. Mur. 12. cf. Gai. IV, 11.). Wegen biejes
Feſthaltens am Alten befam au dad Net, deſſen Organ die Juriſten maren,
den Namen ius civile im e. S.; f. d. Urt. u. Pomp. I. 2. 6. 6. 8. 12.
D. o. i. (1, 2.). Es braudt aber wohl faum bemerkt zu merben, daß ber
von ic. p. Mur. 9—11. über die Juriften auſgeſprochene Tadel und Spott
nit als Ueberzeugung Cicero's zu nehmen if, ſondern daß Cic. nur im
Interefie feines Glienten fo ſprach, wie er fpäter ſelbſt zugab, defin IV, 27.
Die Bildung der Juriſten berubte nicht auf einem wifjenfchaftlichen,
von den Älteren Nechtöfundigen zu ertheilenden Unterriät, fondern theils auf
dem Studium der Geſetze, aljo vorzüglich der XII Tafeln und bed prätoriſchen
Edikts, theils auf der Lektüre ber juriſtiſchen Bücher, theild und zwar haupt»
fählih auf der perfönliden Gegenwart bei der praktiſchen Thätigkeit eines
berühmten Suriften. Der Jüngere h. auditor oder discipulus und war
bei dem Reſpondiren ıc. zugegen, um ſich praftif zu bilden. Gic. Brut. 89.
or. 41. 42. de leg. I, 4. de off. II, 13. Lael. 1. Blut. Cic. 3. Pomp.
1.2. 6. 42. 44. 47. D. o. i. (1, 2.). Außer dem Ausdruck audire (vom
praktiſchen Unterricht) fommt noch vor instrui, wad man von einer nähern
Theilnahme des erfahrnen Meifters an der Bildung des Sngern verſteht,
und institui, von einem kurzen vorbereitenden Clementarunterricht gebraucht,
Jurls consult 638
1. 2.8.43. 47. D.o.i. Puchta, Inflit. I. 6.469 f. Die Rechtskenntniſſe waren
aber im Ganzen fo einfach, daß Cic. deren Erwerbung als fehr leicht bezeichnet,
de or. 1,43. p. Mur. 11 ff. Die nicht ſehr anſehnliche (Eic. de or. I, 43.) juris
ſtiſche Literatur befland I) aud Erklärungen der XH Tafeln, 3. B. im
ius Aellanum, f. d. Art., und von 2. Aciliud, Cic. de IE: II, 23.; 2) aus
Gutachten über fpezielle Rechtafälle, Eic. de or. II, 33. 55.; 3) aus Kor»
mularbüchern nebfl Unterricht über deren Benügung, 3.8. leges oder actiones
Manilianae über Kauftontrafte, ic. de or. I, 58. Barro de r. r. II, 5,
actiones Hostilii über Teftamentöformulare, Cie. de or. I, 57. 58. Die
bedeutendſten Inriſten dieſer Periode find folgende: P. Semproniusg
oo@os, pleb. Conſ. 804 v. Ehr., 1. 2, $. 87. D. o. i. Liv. X, 9., Tib.
Goruncanius, ber erfte pleb. pontifex maximus 254 v. Ghr. (ſ. Bo. M.
6.722), berühmt durd feine responsa, welde er zuerſt publice ertbeilte,
Vomp. 1.2. $.35.D. o. i. Schrader in Hugo's civil. Magaz. V. ©. 187 ff.,
P. Aellus Bärus und fen Bruder S. Ael. B., gm. Catus, 200 v.
Chr. (f. ius Aelianum und BP. I. ©. 144 f.), PB. Atilius; 2. Cincius
Alimentus war fein eigentlier Juriſt, obgleih er über flantöredhiliche
md antiquariſche Berhäftniffe, fo wie ein Bud de officio icti ſchrieb, f.
Bb. II. S. 370. und dazu jeßt M. Her de Luciis Cinciis, Berlin 1842. ;
M. Borcius Cato Genforiud (geftorben 149 v. Ehr.), 1. 2. 6. 38.
D. o. i. Cic. de or. 11,32., und fein Sohn M. Porec. Cato (geft. 153
v. Ghr.), als jurififger Schrififteller noch thätiger, 1. 2. $. 38. D. o. i.
Gel. Kill. 19. VII, 10. Bon ihm rühren wohl au die won Feſt. v.
mundus p. 197. Müll. erwähnten vommentarii iuris civilis fo wie bie regula
Catoniana ber, f. regula; PB. Cornelius Scipio Naſica wird Eic,
de or. II, 33. gerübmt; M'. Manilius (Gonf. 149 v. Ehr.), Berfafler
der oben erwähnten Kaufcontraftöformulare u. a. Bücher, 1. 2. 6. 89. D.
o. i. M. Iunius Brurtus, gerühme Eic. Brut. 34. Bel VIt, 15.
XVII. 7. 1. 2. $. 39,.D. o. i. Bon der Familie der Mucier zeichneten ſich
aus V. Muc. Scävola, 130 v. Ehr., Kenner ded ius pontif und des
Civilrechts, Über welches er au fchrieb, Cic. de or. I, 10 56. I, 33.
Top. 4.8., teilen Bruder 8. Craſſus Mucianus (von Crafſus adoptirt)
und Better DO. Muc. Scäv. Augur, 120 v. Ehr., welcher Gicero’s Xehrer
war, @ic. Brut. 26. de leg. I, 4. p. Balb. 20. Die &ragmente diefer Ju⸗
riſten hat Dirkien gefammelt: Bruchfiücke aus d. Schriften d. Röm. Juriſten,
Königeb. 1814.
In der IH. Periode erieint die Rechtökunde als wahre
Wiſſenſchaft (ars), welche Veränderung Qu. Muc. Scävola (Bontifer),
Sohn des eben genannten B. Muc. Scäv., und fa no mehr Serv. Sul⸗
picius Rufus, vorbereiteten, indem fie einen wiſſenſchaftlichen Geiſt in
die Behandlung des Rechts brachten, welcher immer ſchönere Blüthen trieb
und den Juriſtenſtand zu größerem Anſehen und wichtigerem @influß empor»
heben mußte. Eine tiefere, umfaffendere und wiſſenfchaftlichere Auffaffung
des Rechts mar aber immer nöthiger geworden, denn die Maſſe der röm.
Rechtsſätze war fo herangewachſen, und bie Zahl der Gontroverfen hatte fi
io vermehrt, daß die Bemäligung berfelben unausgeſetztes Studium ver»
langte. Dazu Fam, daß fi neben dem firengen Cioilrecht das Princip der
aequilas und das ius gentium immer mehr geltend machte; die Aufgabe der
Suriften wurde e8 nun, fi über diefe Elemente zu erheben und durch Ders
mittlung berfelben das Recht feiner Vollendung entgegenzuführen. Neben
biefen Inneren Berbäftniffen, melde zu einer Reform der Jurisprudenz unb
zn einer Belebung ver jurift. Studien führten, flanden auch äußere Umſtände,
welche dieſe Foriſchritte unterflügten, nemlich ver wiſſenſchafil⸗o. Geiſt und
IV. '
.634 Juris consulti
ber Sinn für Gelehrſamkeit überhaupt, welcher in Nom immer mehr Eingang
efunden hatte (die Entwicklung ver Rechtswiſſenſchaft war aber fo eigenthüm⸗
ih und fo langſam fortſchreitend, daß die höch ſte Blüthe der röm. Juris
prudenz in eine Zeit fällt, worin Wiffenfhaft und Kunft ſchon in Verfall
geratben waren), dazu die Verfaſſungsveränderung, welde die ebelften Kräfte,
die fi bisher dem Staat und der Beredtſamkeit gewinmet hatten, nun ber
Rechtswiſſenſchaft zuführte, als dem einzigen Zweige, in welchem ſich noch
Theile des alten Öffentlichen Lebens erhielten, und: ald dem einzigen Wege,
nuͤtzliche Tätigkeit zu üben und Einfluß zu gewinnen; ſ. Savigny, Geld.
d. R. R. im MAIL ©. 25. Diefer Einfluß flieg ſehr dur) die neue Be-
deutung, welche Auguflus den Nefponfld verlich, indem er anorbnete, daß
bei firittigen NRechtöfragen die responsa der vornehmen Juriſten, denen von
nun an der Kalfer das Met zu refponbiren verlieh, vor Gericht Geſetzes⸗
kraft haben follten, 1. 2. 6. 47. D. o. i. Gel. IV, 2. XII, 18. Seneca
ep. 9. Quinct. XII, 3, 7. Gai. I, 7.: responsa prudentium sunt sen-
tentiae et opiniones eorum, quibus permissum est iura condere (b. h. welche
das Patent oder Privilegium refpondiren zu dürfen erlangt haben); quorum
omnium si in unum sententiae concurrant, id quod ita sentiunt logis vicem
obtinet; si vero dissentiunt, iudici licet quam velit sententiam sequi, idque
rescripto divi Hadriani significatur (der Richter muß alfo, wenn bie responsa
übereinflimmen, nad dieſer Anficht enticheiden ; find die responsa abweichend,
fo darf er feiner eigenen Meinung folgen). Inst. I, 2,8. — Diefe Umſtände
machen es erflärlih wie es Lam, daß fi fo viele tüchtige Männer dem Recht
zumanbten und zu befien Bollendung Jeder feinen Antbeil beitrug. — Das
Haupiſtreben der Juriften war darauf gerichtet, ſyſtematiſche Binheit des Rechts⸗
ſtoffs Herzuftellen und denſelben auf Principien zurüdzuführen, die alten und
neuen Geſetze zu erklären und das beſtehende Recht durch analoge Ausdehnung
und Anwendung des ius gentium zu ergänzen und zu verbeffern. Ihr Ber-
fahren war ganz ber damaligen Zeit angemeffen, und wenn au bie Defi-
nitionen, Etymologien und antiquarifhen Bemerkungen oft falſch waren, fo
iſt doch im Ganzen ihre Klarheit, ihr Scharffinn, ihr praktiſcher Takt Lehre
und Muſter für Sahrtaufende. Daß der Einfluß der ſtoiſchen Philofophie auf
bie Bildung der Rechtswiſſenſchaft nicht fo bedeutend war, ald man gewöhn-
lich glaubte (Drtloff, über den Einfluß der floifhen PHilof. auf die rom.
Surtöprud., Erlangen 1797.), iſt jetzt allgemein anerkannt, ſ. H. Matien,
hat die floifhe Philos. bedeutenden Einfluß auf die in Juſt. Band. excery.
Säriften gehabt? Kiel 1839. und in Sellse Jahrbb. f. röm. R. II, 1.
©. 66-85. — Die äußere Thätigkeit der Juriſten zeigt fi außer dem
bereits erwähnten Reſpondiren, noch in Unterricht der angehenden Juriften
und in Scähriftftelerei. Was zuerft die Bildung der Suriften betrifft, io
beftand der alte praktiſche Unterriht zwar noch immer fort, aber das Stubium
der Bücher wurde immer wichtiger, und förmliche Rechtöſchulen, zuerſt Privat-,
dann Öffentlide Anftalten wurden nah und nah ind Leben gerufen. Schon
Gel. XIII, 13. fpriht von stationes ius publice docentium.
Allein der Einfluß diefer Schulen und der iuris civilis professores (Ulpian.
1. 1. $. 5. D. extraord. cogn. 50, 13.) war im Berhältniß zu dem prafii-
fen Unterriht Lange Zeit nur gering. Der Ausdruck studiosi bezieht
ſich auch nicht auf die Schüler der Profeſſoren, fondern gilt namentlich von
den Aubitoren, welche länger als gemöhnli unter der Xeitung ber großen
Juriſten blieben und fogar wenn fle felbfländig aufgetreten waren, doch noch
ſich Raths bei ihrem Leiter und Führer erholten. Leber den Ausdruck stu-
diosus f. 1. 52. 6. 20. D. furt. (47, 2.). 1. 4. D. extraord. cogn. (50,
13.). 1. 1. D. de off. ass. (1, 22.). Gell. XII, 13. Sueton. Ner. 32.
3. D. v. Leeuwen, de iuris studiosis, Trai. ad Rh. 1757. u. 1758., in
Juris consulii 635
Delrtichs, thes. diss. iurid. II, 1. p. 339— 408. — Aus den oben erwähnten
Säulen bildeten fih nad und nad ordentliche Fakultäten, und zwar vor⸗
züglich in Rom, Berytus und Eonflantinopel. Ueber die Nömifhe Säule
1. Gothofred. ad 1. 1. C. Th. 14, 9. (V, p. 222.). Gafflov. Var. IX, 21.
x, 7. Lehrer und Stubirende waren von Vormundſchaften befreit, 1. 6.
$. 12. D. excus. (27, 1.). Vat. fr. 6. 204. Die Schule zu Berytus (f.
Br. I. S. 1103.) wurde in einer nicht zu beflimmenden Zeit gegrünnet; ges
nannt wird fie 248 n. Chr. von Gtegor. Thaumat. orat. paneg. p. 186.,
und Diolletian verlieh den Studenten dad Privileglum, 6i8 zum Shen Jahr
von muneribus frei zu feyn, 1. 1. C. qui aet. (10, 49.). Die dauernde
Blüthe diefer Schule erwähnen Liban. or. 26. u. Nonn. Dionys. XLI, 389 f.
Agath. hist. II, 15. Juſt. Const. Tant. $. 9. u. ad Antecess. $. 7. Die
Säule in Conſtantinopel ift die jüngfte (bald nach 400 n. Chr. geftiftet),
ſ. 1. un. C. Tb. de prof. qui in urbe Const. (6, 21.). 1. 3. C. Th. de
stud. lib. (14, 9.) oder I. un. C. eod. (11, 18.) und 1. ult. C. Th. de
op. publ. (15, 2.). Ueber das Honorar der Profefforen f. honorarium,
Br. IH. S. 1453. und salarium, und über den Studienplan f. Bo. II.
S. 20., Justinianistae und Papinianistae, und über alle den Unterridt
Betreffente f. Zimmern, Geſch. d. Roͤm. Privatr., I, 1. S. 249—263. —
Die Bücher der Mechtögelehrten wurden immer zahlreicher, und waren
1) Sommentare zu den alten und neuen Gefeßen, zu dem prätor. und ädil.
Gift, zu juriſtiſchen Schriften oder Exrcerpte daraus, 2) Rechtsſyſteme (libri
iuris civilis oder institutiones), 3) Duellenfammlungen, 4) Responsa über
einzelne Fälle und quaestiones, 5) Regulae, sententiae, opiniones u. a.
Ueber Stil, Kunſtſprache und Worıftelung der jurift. Schriften f. Nein, röm.
Privatregt S. 82. Die Hauptjuriften dieſer Periode find folgende:
Mur. Scävola Pont, Sohn des P. Muc. Scävola, von dem
Pomp. 1. 2. 6. 41. D. o. i. fagt: ius civile primus constituit; er wurde
in vielfager Beziehung gepriefen, ic. de or. I, 39. Schol. ad Hor. ep.
I, 2, 87.; &. Aquillius Gallus, Bd. 1. ©. 656 f.; C. Aelius
Gallus, Bd. I. S. 145.; Serv. Sulpicius Rufus erwarb fi bie
größten Verdienſte um die Rechtswiſſenſchaft und fehrieb 180 Bücher, f. d.
Art.; A. Dfilius, Cic ad div. VII, 21. ad Att. XII, 37.; P. Alfenus
Barus (Bo. I. S. 370.) war nit vorher Schuhmacher gemwefen, |. Wie⸗
land, Ueberfeß. v. Horaz. Sat. I. ©. 118., 3. A. v. Eyk, de P. Alf. V.
Lugd. Bat. 1831.*%; C. Trebatius Teſta, oft in den Panbelten er⸗
wähnt, f. d. Art; _U. Sascellius, f. Bb. II. ©. 182. u. Val. Dar.
VI, 2, 1. Sor. A. P. 371. Ueber dieſe Jcti f. Schraders Gratul. an
Hugo’s Iubiläum. Berlin 1837. (worin ein Commentar zu 1. 2. 6. 41—44.
D. de o. i.). inter Auguflus bildeten fi zwei getrennte Schulen der Ju⸗
riften, tie Broculianer und Sabinianer. Die erften flammen von
D. oder M. Antiſtius Labeo (welcher 400 Bücher ſchrieb und flarrer Repu⸗
blifaner war, Pomp. 1. 2. 8. 47. D. o. i. Gel. XX, 1. X, 20. Die E.
LIV, 15. Scholl. zu Hor. Sat. I, 3, 82. Macrob. Sat. VII, 13.), f. C. Tho⸗
maſtus, compar. Lab. et Ateii Capit., Lips. 1683., C. v. Eck, de vita etc.
M. Ant. Lab. et C. At. Capit., Franeq. 1692. und in Oelrichs thes. nov.
I, 2. p. 825—856., 5. A. Biener, A. Lab. iuris civ. novator, Lips. 1786.
und in deſſen opusc. 1830. I. p. 196— 213. *%; fie erhielten aber ihren Namen
® richert de L. Vario p. 16 f. und bie Älteren Monographien über Alf. vom
Wächtler (act. erud. Lipe. a. 1711.) und E. Otto (Thea. iur. oiv. T. I. praef. u.
T. V. Alf. V. ab iniuriis vindicatus). [W. T.]
“2. MW. A meditait. et observv. iurid. ad Pers. Satt. (Tips. 1797.)
. 31—39, [W. T
von Sempronius Proculus und zählten unter Ihre Mitglieder folgende
berühmte Männer: M. Eocceiud Nerva Vater und Sohn, f. Bo. I.
©. 473., Begafus, PB. Juventius Celſus Bater und Sohn, Nera⸗
tius Priscus, T. Ariſto (Bd. J. S. 764.). DieSabinianer flammten
von C. Ateius Capito (Bd. I. ©. 893, 2.) und Hatten ebenfalls ſehr
Berühmte Mitglieder, 3. B. Maffurius Sabinuß, der der Sekte ihren
Namen gab, Evelius Sabinus, C. Caſſius Longinus (Bdo. I.
©. 201, 22.), Savolenus Priscus (Bd. IV. ©. 35.), Aburnus
Balens (Br. I. ©. 8.), Tuscianus, Salvius Julianus (Bo. IV.
©. 418, 8,), vgl. die einzelnen Artt. fo wie Proculeiani und Sabiniani.
Außer diefen find zu nennen: Sertus Pomponiuß, ©. Bäciliud
Africanus (Bd. II. ©. 39.), Terentius Clemens, 8. Bolufius
Mäcianus, Ulpius Marcellus, DO. Cervidius Scävola (J. O.
Weftenberg, de iurisprad. Q. C. Scaev., Lugd. Bat. 1734. und in triad.
opusc. ed. Püttmann, Lips. 1795. 3. %. Gonrabi, de vita et scriptis Q.
C. S., Lips. 1754. uw. 55. und in deſſen opusc. I. Zimmern, Rechtsgeſch.
1,1.©.359 ff., Xehrer ded Kaiferd Sept. Severus und des Bapinian, Spart.
Carac. 8), DO. Venuleius Saturninud, Aelius Marcianud
(Bd. I. ©. 145.), Aemilius Macer (Bd. I. ©. 158.), Claudius
Tryphonius (Bdod. II. S. 429, 141.). Um bebeutenbflen aber find die fünf:
Gaius (Bd III. S. 5377 f.) Aemilius Bapinianus, Jul. Paullus,
Domttius Ulpianus und Herennius Modeſtinus (Bd. IH. ©.
1206.), der den Erſtgenannten nachſteht, ſ. d. Artt.
IV. Periode. Der Verfall der röm. Jurisprudenz. Nach
Severus Alexander verfiel die rechtswiſſenſchafiliche Thätigkeit der Roͤmer
trotz der neubegründeten und noch zu gründenden Schulen (ſ. vor. Periode)
wieder, woran ſowohl die Kaiſer Schuld waren, indem fie die ganze recht⸗
bildende und gefeßgebende Gewalt an ſich zogen, als die fleten Kriegsunruhen,
welche das Reich heimſuchten, und die Berflahung und Verderbtheit des
zöm. Lebens und Staats im Innern, wodurch das Rechtoſtudium immer mehr
vernichtet wurde; bie Oftrömer aber zeigten wenig Sinn für die höhere Cultur
des dm. Rechts. Die Juriflen wurden nun im Banzen ſeicht und unmiffen>
ſchafilich, nur auf nichtige Ehrenftellen oder Gelderwerb bedacht (Klagen über
die Jcti f. Amm. Marc. XXX, 4., Liban. orat. 4. u. 9. p. 418 f. in Go-
thofreb. op. min., Mamert. grat. act. ad Jul. 20, Theod. II. in der Pro»
mulgation ſeines Cod. const.), und je weniger fle felbflänbige responsa zu
liefern vermodten, um fo größer wurde der Einfluß der claſſiſchen Suriften,
deren Schriften nun an bie Stelle der alten Gutachten traten, wie Geſetze
alten und die Hauptgrundlage bed Rechts bilveten. Bin beſonderes Belek
ber die Anmendung und Geltung derfelben erließ Valent. II., 1. 3. C. Th.
deresp. prud. (1, 4.), nemlih daß Papin., Paull., Gai., Ulp. und Modeſt
Geſetzeskraft haben follten, mit befonderer Bevorzugung des Bapin. Die
andern nit genannten Juriften follten nicht gelten, außer wenn fle von jenen
an einzelnen Stellen citirt würden. Bon vieler gemöhnlihen Eıflärung der
lex weicht ab Vuchta, üb. d. Eitirgefeh im Rhein. Muf. V,2. ©. 114—160.,
mit einem Nachtrag von Blume; dagegen wieder Budta VI. ©. 87—94,
Nah Puchta's Anficht (angenommen von Danz, Lehrb. d. Bel. d. roͤm. R.,
Leipz. 1840, I. ©. 111.) iſt der wahre Inhalt des f. g. Gitirgefeges der,
daß nur autoräfirte Jcli (d. 5. denen das ius respondendi von bem
Kaifer verliehen gemweien fei) vor Gericht gelten follten. Lim aber ein Kenn»
jeden davon zu geben, mer auterifirt und recipirt fei, nenne ber Kaiſer
efeg einige der neueften Juriften, mit denen die Reihe der autorifitten aufs
höre und fege hinzu, eben fo follten vie gelten, deren Anfihten von den
Genannten angeführt würben, indem nur die recipirten als Autorität citirt
Juris dictio 637
mworben ſeyen. Daburd wären die nicht recipirten ausgefchloffen worden. —
Da die jurift. Bücher aber fo zahlreih und fo theuer waren und fidh nicht
jelten in einzelnen Punkten widerſprachen, daß für die Mechtöpflege manche
Unbequemlichfeit entſtand, beſchloß Juſtinian dieſe Uebelftände dadurch zu
beſeitigen, daß er ſämmtliche juriſt. Schriften excerpiren und die Excerpte
nach einem gewiſſen Plan zu einem gereinigten und zeitgemäßen Ganzen
verarbeiten ließ; ſo entſtanden die Pandekten oder Digeſten, ſ. Bd. II,
5. 717f. — Außer Aurel. Arcadius Chariſius (Bd. II. ©. 312.),
Claudius Hermogenianus und Innocentius (Br. IV, ©. 170.),
findet ſich in dieſer Periode Fein bedeutender juriſt. Schriftſteller, bis ſich
kurz vor Juſtinian wieder einige Lehrer in Berytus durch Commentare zu
ven Kaiſ. Geſetzen befannt machten. Mit Juftinian erwachte zwar ein neues
Leben in ver Rechtswiſſenſchaft, aber die Juriſten machten ſich mehr ald
Sammler und Vieberfeßer verdient, denn als ſelbſtändige Forſcher, 3. B.
Dorotbeus (Br. II, S. 1251), Theophilus, Stephanus, Anatoliud
(Bd. I, S. 463.) Phocas, Cyrillus, Athanafius (Bd. I, S. 896.) u. A., welche über
die Grenzen dieſes Werks hinaus reihen. — Literatur: J. N. Funccius, de
orig. et auctoritate prud. apud Rom., Marb. 1754. I. B. Geiger, de orig.
et fat. ictorum Rom., Erlang. 1764. 3.4. Bad, hist. iurispr. Rom. (neuefte
Ausgabe ed. 6. beforgt von U. C. Stockmann, Lips. 1807). 3. 3. v. d. Bran⸗
veler, de orig. fat. et officiis Ictorum, Lugd. B. 1814. Dirkſen, Bruchitüde
aus den Schriften der Rom. Yuriften. Königsb. 1815.' Dirkfen, Beiträge
zur Kunde des Röm. Rechts. Leipz. 1825. Zimmern, Geſchichte des Röm.
Vrivatrechts, J. 1, S. 190 - 401. (ſehr vollſtändig), Mein, R. Privatrecht
©. 72-79. 80-87. 89 ff. 94. Walter, Rechtsgeſch. S. 438 -449.
461 ff. Burchardi, Staats⸗ und Rechtsgeſch. d. Röm. Stuttg. 1841,
©. 162—163. 261—271. 329—338. v. Savigny, Syſt. des heut. Rom.
R. ©. 45 fi. 83 ff. 155—161. und ganz ausgezeichnet Puchta, Inſtitut.
I, ©. 293-313. 417—498. 550 - 564. 610 f. 628—641. 670 ff. — Die
Biographien der einzelnen Iuriften f. b. ©. 2. Neuber, d. jurift. Claſſiker
I, Berlin 1806 und die frühere. Lit. fowohl in dieſer Schrift ald bei Zim⸗
mern ©. 263 ff. [R.]
Juris dietio, im w. ©., auf officium ius dicentis 1. 3. D.
de iurisd. 2, 1. genannt, 5. die Cirilgerichtöbarfeit, welche einen Theil des
imperium ausmachte (zuweilen potestas genannt) und daher nur den höhe⸗
ven Magiftraten zuftand, |. S. 117. Die niederen Magiftratöperfonen übten
eine beichränfte Jurisbiktion aus. Wir finden Jurispiftion in einem dop⸗
yelten Sinn gebraudt, nemlih 1) in night ftrengem Sinn umfaßt fie
die ertraordinären Bunftionen, die dem Magiftratus mehr in Folge feines im-
perium als feiner eigentlichen iuris dictio zuftehen (und daher auch nicht von
allen Magiftraten ausgeübt werden können) nebft der f. g. freiwilligen
(voluntaria) Jurisdiftion. Hierher gehört das Hecht, Brivatrechtöverhältnifie zu
reguliren, bonorum possessio, missio in possessionem und in inlegrum
restitutio zu eriheilen, Gautionen aufzuerlegen, eine legis actio vornehmen
zu laſſen u. |. w. 2) Die eigentliche Jurisdiktion (contentiosa gen. I. 2.
D. de off. procons. 1, 16.), abgeleitet von ius dicere im wahren Sinn, bes
ſteht im Ertheilen einer vichterlihen Sentenz oder in der Ernennung eines
Richters, 1.3. D. iuris d. (2, 1). — Sprüchwörtlich hatte man die ganze Juris⸗
diftion in den drei Worten zuiammengefaßt: dare (nemlich Klagen, Exceptio⸗
nen u. |. w.), dicere (nemlidh das Urtheil) und addicere (nerilich Eigen-
tum), Ovid. Fast. I, 47. Macrob. Sat. I, 16. Varro 1.1. VI, 30. Die
Magiftraten, welche die Richtergewalt bejaßen, maren der König (ij. rex),
darauf die Coss. (f. Bd. II, ©. 623.), dann die Prätoren, f. d.; in den Bros
vinzen richteten bie Procoss. u. Propraetores, ſ. d. u. provincia, in ben
!
640 Jus gentiam und jus naturae
1829, S. 128). Oder man Tönnte annehmen, daß, da fein Buch aus zwei
Thelfen befand, melde urfprünglich getrennt waren (denn die Faſten wur⸗
den öffentlih auf einem album von Flavius aufgeftellt, nicht fo die Actionen),
Flavius ald Schreiber den einen Theil und als Aedil ven andern Theil veröffent⸗
licht babe. Aus Gell. VI,9. und Diod. XX, 36. läßt fi nichts Beſtimmtes
für diefe Frage fließen. Nah Plin. 1. 1. war das Aufzeichnen der Faſten
dur Blavius anf Veranlaffung ded App. Claudius gefhehen, eine Notiz,
die mahrfcheinlih von den auf Flavius Popularität eiferfühtigen Patriciern
berrüährt, ebenfo wie vie Kabel (Pomp. 1. 2. 6.7. D.o. i.), daß das Formel⸗
buch von App. Claudius verfaßt, dann aber durch Flavius entwendet und
als fein Eigenthum veröffentliht worden jey. (Hülmann, ius pontificium,
Bonn 1937, ©. 141 ff. fulgert aus den genannten Stellen, daß Any. Claus
dius die wahre Triebfeder ded Unternehmens geweien fey, und flellt dabei
manches Falſche auf.) Man vergl. außer Niebuhrs Rom. Gef. IN, S. 367 ff.
vorzüglih noch Puchtas Inftirutionen I, ©. 304 ff., welcher dad Unterneh⸗
men ded En. Flavius von einem neuen Geſichtspunkt auffaßt. Er behauptet
nemlih, Flavius Habe durch die Aufftelung der Saflen und Sammlung
der Bormeln nit fowohl dad biäher geheimgehaltene Eigenthum ber rechts-
fundigen Patricier verrathen, oder ein Werk geichaffen, wodurch die Bei:
ziehung eines Rechtskundigen entbehrlih gemacht werden follte, als vielmehr
dem Gemeinwefen und den Rechtskundigen nügliche Dienfte erwieſen und feine
Rolzen Gegner durch die Borularität von Verbefferungen,, auf die fle erſt durch
ihn hätten geführt werben müflen, kränken wollen. So richtig au das
Zegtere iR und jo wenig En. Flavius daran denken konnte, durch fein Wert
die juriftifche Hilfe überfläifig au machen, fo ift doch nicht zu läugnen, daß
Flavius Werk mehr als ein nügliches Linternehmen oder eine einfache Ver⸗
beſſerung war, daß es vielmehr wahrhaft als eine Neuerung von der hödh-
ften Wichtigkeit anzuſehen ift, und erft jetzt Dinge zur allgemeinen Kenntniß
brachte, die früher nur ven Patriciern befannt waren, Cic. de or. I, 41.
Der Kalender, vorher keinem Uneingeweihten zuganglih, war jet Gemein⸗
gut Aller geworden, und die Bormellammlung machte nun auch Plebejern
möglih, fih diefem Stubium zu winmen, was vorher nicht anging. Yür
die Parteien war die Sammlung allervingd nicht beſtimmt. [R. ]
Jus gentium und ins naturae. Bei den vielfachen und verzweigten
Berührungen Roms mit den fremden Mölfern entfland ein großes Bedürf—
niß, Rechtsregeln feflzuftellen, welche dem Verkehr mit den Fremden zu
Grund gelegt werben könnten. Dieſes geihab vor Aliers durch beiondere
foedera, vieie aber reichten bei dem erweiterien Berfebr nit aus, und das
röm. Recht Eonnte theild wegen feiner Starrheit, theil wegen feined aus⸗
ſchließenden Charakters auf Veregrinen nicht audgenehnt werden Deßhalb
mußten andere Nechtöfäge geichaffen werten, und jo bildete fih aus den
Laudeérechten der einzelnen fremden Völfer auf Röm. Boden und unter Röm.
Einfluß ein befonderes pofltives Recht für die Peregrinen, gen. iusgentium
(db. 6. der Völker außer vem Nöm Volk), welches die Grundlage für ven
Bertehr der Peregrinen unter ſich oder mit den Nömern bildete. ES ift alfo
ius gentium praftiih dad Recht für die, melde des ius civile unfähig find
(3.2. für Deportirte 1. 17. 6. 1. D. de poen. 48, 19.) oder für alle Menichen
überhaupt. Diele Völker ftenerten von ihren Inflituten zur Schöpfung dieſes
Peregrinenrechts bei, indem der PVereqrinenprätor, gleihfam der Schußherr
der Fremden, aus den Rechtsgrundſätzen der mit Rom in Berbindung fle-
henden Fremden die Prineipien und Normen ausmählte, welche er bei feinen
Catſcheidungen zwiſchen Peregrinen oder zwiſchen Nömern und Peregrinen
anwenden wollte und diefelben in feinem Edikt niederlegte. Die Römer bes
baupteten fogar, das ius gentium umfafje vie Beflimmungen, welche allen
Jus gentium und jus naturae 641
ihnen Bekannten Völkern gemeinfhaftlich fenen, mas jeboch genau genommen
aur von einem großen Theil des i. g., nicht von dem ganzen i. g. gefagt wer⸗
ven Tann. Es entftand diefe Aeußerung daraus, daß das ius gentium wirklich
ala Net für alle Nationen galt, welches Namens fle auch waren, und -
daraus, daß die innere Bafls deſſelben allerbings eine ganz allgemeine und
allenthalben geltende war, nemli die höchſte Billigkeit und Vernunft. Die
Hauptflelle über i. g. ift Gut. I, 1. quod (ius) naturalis ratio inter. omnes
homines constituit, id apud omnes populos peraeque custoditur vocaturque
ius gentium, quasi quo iure omnes populi utuntur, Gai. III, 93.
Inst. I, 2, 2. Ifivor. Orig. V, 6. Ulp. 1. 1. 6.4. D. de i. et i. (1, 1).
Als Inflitute des i. g. find zu nennen: das natürliche Cigenthum (f. Bo. I,
S. 1149. N, 1199.), die natürliden Obligationen (f. Sat. III, 131 ff. und
obligatio), die Fideicommiſſe im Erbrecht (Bd. HII, ©. 474), die Sclaverei und
Manumifflonen, die Nothwehr (vim vi repellere), f. 1. 2—5.D. i. eti. (1,1)
Sen. deben. I, 9. III, 14. Mfiv. 1.1. u. XVIII, 2,1. Der allgemeine Entfehungd
grund und gleichſam das innere Kriterium ver Säge ded i. g. war hauptſächlich (nicht
durchgängig, denn 3. B. Sclaverei kann nicht von dem Naturredht, fondern
nur von dem faktifden Recht ver Völker herrühren) vie naturalis ratio, d. 5.
das gemeinfame natürliche Rechtsbewußtſeyn der Menſchen, natura oder
naturalis aequitas, zu welcher Abſtraktion die Römer ziemlich bald gelangten.
Da nun das ius gentium und dad Naturrecht (ius naturae) weientli auf
derfelben Bafis beruhen, fo bielt man das ius gentium und naturae für
identiſch, als natürliches oder allgemeines Menfchenrecht, und nannte daß,
was wir ald ius gentium bezeiäänet haben, ius naturae ober naturale. So z. B.
€ic. Tusc. I. 13. consensio omnium gentium lex naturae putanda est,
Inst. H, 1, 11. iure naturali, quod, sicut diximus, appellatur ius gentium,
I, 2, 11. sed naturalia quidem iura, quae apud omnes gentes peraeque
servantur cett. Gai. I, 1. In dieſem Sinn gibt es nur eine dichotomiſche Einthei⸗
fung bei den Nömern, nemlich ius civile und ius gent. ober nat., die überein-
ſtimmenden Gagungen ber Völker, die auf ver Vernunft und Natur beruben
und im Röm. Neih für alle Fremden gelten. Diefe doppelte Gintheilung
findet fi, bei Eic. de off. II, 5. 17. p. Sest. 42. Paull. 1. 11. D. de
i. eti. (1, 1). Modeſt. 1. 4. 6. 2. D. grad. (38, 10). Seltener ift die
trichotomiſche Eintheilung in ius civile, ius gentium und ius naturae. Dann
it ins naturae in einem e. ©. zu nehmen, nemlich als die Rechte und Ver⸗
hältniffe, welche fi auf die in der Natur der Menfchen und Thiere gemein
ram liegenden Triebe gründen, 3. B. Ehe, Kinberergeugung. Diefe Eins
tbeilung bat Ulp. 1. 1. 6. 2—4. 1.4.6. D. i.eti. (1,1.). Tryph. 1. 64,
D. de cond. indeb. (12, 6.) und Sermog. 1. 5. D. i. et i. (1, 1.), und
ins naturae in biefem Sinn wird definirt und erwähnt 1.1.$6.3.4.D.i.
et i. cf. ad Her. II, 13. Quintil. decl. 368. Cic. de off. I, 4. de Fin.
IN, 19. Lact. III, 21. Weber dieſe zwei» und dreifache Eintheilung f. bes
jonder8 A. D. Renemann, de iure gent. a iure naturali non diverso. Trai.
ad Rh. 1818; dagegen &. F. Steinader, apologia Ulpiani s. de notione
‚ig. a i. n. accurate disting. Lips. 1821; Birnbaum, in Anm. zu Creu⸗
zers Röm. Antig. S. 41—44. und Im N. A. des ER. XI, S. 101—118.
295 f. md im Jahrg. 1836. S. 579 ff. (Birnbaum hält ius gent. und ius
nat. philoſophiſch für identiſch, praktiſch für verſchieden, indem ius
nat. auch auf Thiere und Sclaven Anwendung finde); Savigny, Syſtem
des heutigen Röm. Rechts I, S. 413-420. Somit iſt ius naturae aufzu⸗
faſſen 1) als ein mit ius gentium identiſches Naturrecht (doch kommt es
auch mehrmals als Naturrecht in unſrem Sinn vor, ohne Rückficht auf die
praßtifche Aywenbumg j. B. Cic. p. Mil. 4. de Off. Il, 5. de Inv. IE
22. fin. V, 4), 2) im e. ©. als Naturgefeg in Beziehung auf wie Na⸗
Bauly, Real-Backlop. IV. 4
642 Jus honorarium — Aus Htallcum
turverhältnife, welche Menſchen und Thieren gemein find. — Das ius gentium
war von bedeutendem Einfluß auf das Nöm. Recht (ius civile). Je allge:
meiner die Rechtsanficht des Röͤm. Volk wurde, um fo mehr fand das ius
. gentium als allgemeined freiered Rechtselement in das Nom, Net Eingang,
und der Prätor urbanus wurde durch den fortichreitenden Geiſt der Zeit unt
dad wachſende Bedürfniß oft veranlaßt, manche freie Form des i. g. als
fupplementarifde Milderung des firengen Civilrechts in fein Edikt aufzuneh⸗
men, f. aequitas I, ©. 170 f. edictum III, .S. 21. und ius civile.. —
Endlich bezeichnet ius gentium einigemal au Völkerrecht (ius belli et pacis),
zu welchem das Inſtitut der etialen gehört, Cic. p. Rab. Post, 15. 1. 17.
D. legat. (50,7.) Bolyb. II, 8. 58. Literatur: Außer den oben be
eichneten Schriften ſiehe noch Zimmern, Rechtsgeſch. J. 1. ©. 45-51.
eieöleben, Beiträge z. Röm. Mechtögeich. Leipy. 1826. S. 88 ff. Hugo,
Rechtsgeſch. S. 463 f., welcher zuerft auf den pofltiven hiſtoriſchen Eharafıer
des ius gent. hinwies, was Dirkfen in einer gründliden Abh. weiter ers
Örterte, im Rhein. Muf. I, S. 1—50. und in f. Vermiſchten Schriften 1,
&. 200-252. (1841). E. Dfenbrüggen, de iure belli et pacis Rom.
Lips. 1836. p. 8-12. Pudta, Gemwohnheitörcht I, ©. 32—40. und
Inſtitutionen I, S. 344—362. Schilling, Lehrb. für Inflit. und Geſch.
d. R. R. IL, S. 29—35. Savigny, Syft. des heut. N. R. I. S. 109-116. *
Jus honorarium ({. g. von dem Organ, durch welches es fi aus⸗
ſprach) iſt das prätorifhe, in dem Edikt ausgeſprochene Recht, vorzugämeife
aus dem Billigkeitsprincip und aus dem ius gentium hervorgegangen, J. 7.
§. 2. D.dei.eti. (1, 1.). S. Bd. III, ©. 21. und Praetor. Bol. Puchta, In⸗
flitut. I, S. 359 ff. Savigny, Syfl. des heut. R. N. I, 116 ff. [R.]
Jus honorum |. civitas Bd. II, ©. 392.
Jus Etalicum. Früher war ziemlih allgemein angenommen (feit
Sigon. de iure Ital. I, 21. Tom. I, p. 571—579.), daß die freien Be—
wohner des Röm. Reichs feit der vollftändigen Ausbildung vefjelben in vier
Stufenclafien geſchieden geweſen ſeyen: cives, Latini, Italici, peregrini, und
die Berechtigung der dritten Stufe nannte man ius Italicum, welches ſowohl
einzelne Perſonen als ganze Communen hätten erhalten Fünnen. -Einen kla⸗
ren Begriff machte man fi jedoch davon nicht und ftellte allerlei Erflärungen von
dem Zufland diefer Mittelftufe auf. Viele erkannten den Vorzug des ius
Ital. vor dem Peregrinenfland in Steuerfreiheit (nemlich in der Kaiferzeit),
z. B. Sigon. 1. 1. Turmeb. advers. IX, 15. Gutberleth, de censibus
c. 9. Franeqg. 1697 und in Oelrichs thesaur. diss. Il, 3. p. 294 fi.
hoihofred. ad C. Theod. Tom. V. p. 222 f. ·Marcell. Donat, ad Suet.
ct, 40. E. Spanheim, orb. Roman. I, c. 9. 19. p.53 ff. 321—333.
Heinecc. synt. append. I, c. 3. p. 310 ff. Hopfenfad, Staatörecht d. Unter⸗
thanen d. Nömer. Düflelo. 1829. ©. 113 ff. Adams, Röm. Alterth. v.
Meer, I, S. 62. 101 ff. In fehr befchränkter Weife wurde ius Ital. er-
löst von 3. Harduin, Antirhet. p. 135 f. und ad Plin. HI, 3. p. 388 j.
Guiac., obss. X, 35. Petitus, obss. II, 4. u. U. Recht gut ifk dieſe
alte Anfiht von der dritten angeblihen Ginwohnerclafle dargeſtellt von
G. ©. Schwarz, de iure Ital. 1720 und in exerc. acad. ed. Harless.
Norib. 1783. p. i—37. (zu der Steuerfreiheit fügte er noch andere Pri⸗
vilegien, namentlih das quiritariſche Bigenthum des Bodens mit Mancipatio,
Ufucapio u. ſ. w.) und ganz vorzüglih von U. D. Trekell, select. antig.
Lo 4. p. 142- 183., welder das Nichtige zum Theil ahnte, aber fi
*) Weber dad Wölkerrecht ber Briehhen vgl. vie Abhandl. von W. Wachsmuth:
ius getitium qvale obtinuerit apud Graeoos ante bella cum Persis gesta. Kiel
ı8d2. 8 und Hell. Witerthumdtuude, zweites Buch (Gtaatenfpfiem und Wölkers
ven) wo die best angel, Schrr. IW. T.)
Jus Ktalicam °° " 643
von ben alten Banden nicht ganz zu Töfen vermochte, und in der neueften
Zeit von Dureau de la Malle, &conomie politique des Romains. Paris 1840.
Tom. 2. liv. 4. ch. 7. Eine neue Periode für die Kenntnif des ius Italicum
begann mit Savigny, über d. ius Ital. in d. Abhandl. d. Berl. Akad.
1814 u. 1815., erfhienen 1818. ©. 41— 54. und, inf. Zeitfchr. f. geſch. Rechtsw.
V. ©. 242 -267 nebft e. Nachtrag ebendaſ. XI, S. 2—19. Er bewies, daß es
nur drei Klaflen freier Einwohner im Röm. Reich gegeben habe: cives, Latini
(mit halber Civität), peregrini an ver Älteften Zeit gab es nur zwei Klaſſen,
cives u. peregrini), und daß der Ausdruck ius Italicum fi nicht auf ven Stand
einzelner Menjchen, jondern auf den Zuftand von manden Provinzialftänten
bezogen babe, indem diefelben ausnahmöweife diejenigen Rechte erhielten,
welche nur ald Auszeichnungen Italifcher Städte vorfamen. Hätte ius Ita-
licam einen befondern Stand gebildet, fo dürfte daſſelbe nicht mit der Ci⸗
vität verbunden gewefen feyn, was feit Garacalla immer der Hall war (denn
wie fönnten zwei Stände vereinigt feyn?), und wenn ius Ital. vorfommt, fo
erſcheint es ſtets als Präpifat von Städten, nemlich Vlin. H. n. III, 3. 21.
(wo das ius Ital. mehreren Städten Spaniend und Illyriens beigelegt wirb),
l. un. C. Th. de iure Ital. (14, 13.) 1. un. C. eod. (11, 20.) von dem ius
Ital. ver Stadt Gonftantinopel (vgl. 1. 45. C. Th. de episc. 16, 2.) und
1. 1. 6. 7. 8. D. de cens. (50, 15.), wo viele Städte aufgezählt werben,
welche dieſes Recht Haben, 3. B. Carthago, Tyrus, Berytus, Utica, Se⸗
bafte, Heliopolis, Laodicka, Palmyra, Sinope, Selinus, Traianopolis,
Antiochia u. a. Zwar heißt es auf zwei Inſchriften C. R. iur. Italici (Orell.
n. 3041. und Gruter p. 542. n. 7.), fo daß es ſcheinen könnte, das ius
Hal. Habe auch auf ven Stand der Perfonen Einfluß gehabt (fo behauptet
Walter, Röm. Rechtsgeſch. S. 328, ja Auyerti, Handbuch d. Röm. Alterth.
Il, S. 345. 807. fcheint anzunehmen, daß daß ius Ital. nur perſönlich an
Einwohner von Provinzialftäpten verliehen worden ſey), allein c. R. kann
entweder eliptiih genommen werben als: (e colonia) civ. Rom. iur. Ital.
oder civ. Rom. (e colonia) iur. Ital. oder als colonus romanus iur. Ital., u. eine
Verſchiedenheit des Standes der Verfonen wird durch ius Ital. nicht begrün=
det, obgleich die Bürger einer mit dem ius Ital. begabten Stabt manderlei
Borzüge genofien, al8 wenn fie Bewohner Italiens wären, f. Savigny,
im Nachtrag, Puchta, Inftit. I, ©. 409. Dirkjen, die script. hist. Aug.
©. 115—128. — Es fragt fih nun I. worin beftand der Borzug
des ius Ital. und II welche Städte konnten deffelben theil-
haftig werden? Was das Erſte betrifft, fo Hat Savigny drei Haupt»
begünftigungen oder Privilegien ver mit dem ius Ital. begabten Stäpte aufs
geftellt: 1) freie Verfaſſung mit felbftgewählten Obrigfeiten (Duumviri,
Quatuorviri), wie fie in den ftalifhen Municipien und Golonien beftchen,
alſo Exemtion (wenigftens theilwelfe) von ver Jurißbiktion ber Provinzial⸗
ftattbalter. Der Beweis dafür liegt in Ulp. 1. 1.6.2. D. de cens. (50, 15.),
est et Heliopolitana, quae a D. Severo — Italicae coloniae rempublicam
accepit, und wie fünnte man annehmen, daß eine Stadt, wenn fie auch die
Röm. Civität erhalten hat, damit auch Freiheit und eigene Jurisdiktion er=.
baften hätte (denn Dann müßten na Garacallas Zeit alle Städte duumviri
iuri dieundo gehabt haben, was nicht der Ball war)? Oder wie fünnte aud
tem Borfommen des Zitel3 duumviri in Bolonien gefolgert werden, daß
diefe (auch ohne ius Ital.) eigene Jurisdiktion gehabt Härten (theils beweist
der Titel duumv. nichts für die freie Jurisdiktion, theils konnten auch manche
Golonien durch ein Brivilegium eigene Jurisdiktion bekommen haben, ohne
mit ius Ital. beſchenkt worden zu fehn)? S. Savigny, im Nachtrag und
Puchta, Inftit. I, S. 410 ff. gegen Walter, — S. 328., Burchardi,
Staatd- und Rechtsgeſch. d. Nö. I.S. 213., Hoeck, Rom. Geſchichte 1, 2,
464 Jus Htalieum — Jus inrändem
S. 238, welche mit Unrecht behaupteten, das Recht ber Ital. Stäntener-
faffung fließe nicht aus dem ius Ital., fondern aus der Natur der Gemein-
weien, welche das ius Ital. erhalten hätten, indem bie Municipien und Co⸗
Ionien die italifhen Formen der Städteverfafiung Thon vor Ertheilung
des ius Ital. an fich befeffen hätten. Das zweite Vorrecht ber Städte
"mit ius Ital. war Sreiheit von Grund= und Kopffleuer, welche die andern
Provinzialftänte bezahlen mußten, f. 1. 8. pr. 6.5. 7. D. de cens. (50, 15.),
vgl. provincia u. vectigal, u. dad dritte die Fähigkeit des ftäntifchen Grund u.
Bodens, in quiritariſchem Eigenthum zu flehen, denn die anderen Provinzial⸗
grundflüde find res nec mancipi u. |. w., f. Savigny, V, S. 258 fi.
Trekell, p. 146 ff. Diefer Iehte Vorzug Eonnte nur bei folgen Städten
vorkommen, welche volles ius Ital. erhalten Hatten, währenn vie Steuers
freipeit und das Recht eigener Magiftrate für die ſtädtiſche Rechtspflege au
als fpezielle Privilegien, ohne ius Ital. erteilt werben Eonnten, f. 3. 2.
1. 8. 6. 7. D. de cens. (50, 15.). In diefer Erflärung flimmen im Ganzen
mit Savigny überein: Creuzer, Röm. Antig. S. 330-341. Schweppe,
Nöm. NRechtögefh. S. 283 f. Walter a. a. D. Hoeck, Nöm. Geld. I, 2,
: ©. 238—242, Puchta, Inflit. I, ©. 408-416. Dirkſen a. a. O. —
N. Welche Städte waren des ius Ital. fähig? Gewöhnlide Pro⸗
vinzialfkädte, deren Bewohner Peregrinen waren, konnten ius Ital. nicht erhalten,
denn dieſen hätte das quiritariihe Eigenthum nichts geholfen, va fie deſſen ganz
unfähig waren; dazu kommt, daß es feit Garacalla keine italifche Stadt mehr gab,
welche nicht die Givität gehabt hätte. Demnach Eonnten nur ſolche Städte ius Ital.
befommen, welche Einität oder Latinität hatten, alſo enweder municipia
und Bürgercolonien oder Tatinifhe Städte und latin. Colonien. Allein es
findet fich nur ein Beifpiel von einem municipium, welches ius Ital. erhielt,
nemlih Stobi, und auch dieſes Beiſpiel iſt nit ganz ſicher; alle anderen
Verleihungen und Erwähnungen ded ius Ital. beziehen ſich auf Golonien
mit Bürgerret, weßhalb Puchta vermuthet, nur Colonien hätten ius Ital.
“erhalten können und die Eigenſchaft ald Colonie wäre ver erſte Schritt zur
Erlangung des ius Ital. geweſen, fo daß darum mande Municipien um den
Titel Eolonie nachgeſucht Hätten. ©. Savigny, Puchta, Hoeck a. a. D.
Endlich ift noch die Dauer ded ius Jtal. zu erörten. Daß es nidt
ſchon Baracalla dur allgemeine Verleihung ver Givität aufhob, wie ©.
etitu8 comm. ad 1. Atticas, p. 136. annahm, wird durdh die mehrfache
fpätere Erwähnung beffelben erwieſen, ſ. Spanheim, orb. Rom. 1. 1. und noch
gründlicher Trekell, p. 172 fi. 176 ff. Allein der innere Werth des ius
Ital. wurde freilih umgeftaltet, vie freie ſtädtiſche Verfaſſung der ital. Städte
wurde durch bie neueingerichteten Statthalter Italiend untergraben, bie Steuer⸗
freiheit verlor Italien durch Diocletianus, fo daß bie Gtäpte mit dem ius
Ital. von nun an mehr hatten, als Italien, nemlich Steuerfreiheit; und deß
halb wurde das Privilegium des ius Ital. immer noch ertheilt, 3. B. an
Gonftantinopel, |. oben Trekell p. 176—180. Ob Juftinianus dad isn Ital.
aufhob, iſt nicht mit Sicherheit zu ermitteln, wenigſtens fehaffte er das
Thon vorher unpraktiſch gewordene quiritar. Eigenthum ab, und wenn ius Ital.
fortbeftand , fo kann es nur befondere Steuerbegünftigung gemwefen ſeyn?. [R.
Jus iuramdum. Bei allen Völkern findet ſich die Eitte, die Ber»
fiherung ver Wahrheit einer Ausfage, jei ed, daß viefelbe fih auf etwas
Vergangenes bezieht ober etwas Zufünftiges betrifft, zu befraftigen durch
® Mad aber nach deu mehrfachen Klagen fiber Gteuerbehrlilungen in Itallen
unter Ihm (f. Procop. Aneed. 18. p. 108, 26. p. 147. Goth. III, 3. ©. 284.
Bonn, vgl. ib. 21.) mehr als unwahrſcheinlich if. Anh mußte Iufinien ja “Star
lien erſt den Oſtgothen abnehmen. [W.T.]
Jus innandam 645
Berufung auf die Gottheit. Der Cid ift eine affirmatio religiosa, d. h.
deo teste (Gic. Off. II, 29.). Und zwar findet eine ſolche Betheurung
ihre Anwendung in Ermanglung anderer Beweismittel oder wenn über bie
vorhandenen Beweije hinausgegangen werben foll. Vgl, Ariftoteles: og-
xog ori era Ieiag Mapeimpeug Yans aranodexros, Rhet. ad Alex.
18. p. 1432. 33. Gemaß dem antiken Religiondbegriff iſt das Eigenthüm⸗
liche der Vorſtellung des Alterthums vom Eide dad, daß man, ausgehend
von dem Gefühl der Furcht vor ver höheren, überweltlichen, mit Gerechtigkeit
waltenden Mat, die Bottheit fich vorftellte als fort und fort mit aller
Strenge wachen über ihre ewigen Geſetze und als immerbar bereit, wo
fle in ihren Rechten fich verlezt ſieht, pofitiv flrafend aufzutreten. Im Ge:
genfug gegen dieſe antike Anficht, weldde die objektive Seite ver Sache,
die Gerechtigkeit der Gottheit, in den Vordergrund ſtellt, ift es bei dem
chriſtlichen Give das ſubjektive Grundgefühl von ber göttlihen Gnade
und ihren Segnungen für Zeit und Emigfeit, dad der Schmörende gleihfam
zum Pfande ſetzt; gegenüber von jener Vorſtellung des Alterthums aber,
daß der Meineivige einer pofitiven Strafe ver verlegten Gottheit verfalle,
ift es bier das Gefühl der verſcherzten göttlichen Gnade und ewigen Selig⸗
keit, alfo etwas Negatives, wad als Folge des Treubruch3 erwartet
wird. — Innerhalb des Alterthums ſelbſt aber tritt in Gebräuden und An-
fidten eine Verſchiedenheit von Stufen hervor’ Bald ift der Blick fo be-
ſchränkt, die Vorflelung von der Gottheit fo niedrig, die Anfprüde an
ihre ſtrafende Gerechtigkeit fo finnlich, daß die niederſten Formen religidfer
Vorſtellungen auch binfirlih des Eidſchwurs zum Borfchein kommen; bald
aber zeigt fih wieder eine wirklich reine Bafjung des Gotteöbegriffs und da⸗
mit zufammenhängend eine wahrhaft würbige Anficht vom Eide.
A. Der Eid bei den Brieden.* 1) Bei wem ſchwur man? .
Die Götter ſelbſt ſchwören bei Homer und anderen Dichten nicht felten und zwar
bei dem Haupte ded Zeus: Hymn. in Merc. 274., oder bei der Styr:
II. I, 755. XV, 36 f. Od. V, 184 f. X, 299. 343 ff, Hymn. in Ap. 84 f.
Pind. Ol. VII, 65. vgl. Hefiod Theog. 400. 784 ff. Serv zu Virg. Aen.
VI, 134. Zeus ſelbſt Tann nur bei ſich felbft ſchwören, N. I, 524., und erit
römifche Dichter, z. B. Ovid Art. amat. I, 635. Met. III, 290. u. U. ſchrei⸗
ben ihm gegen die antike Vorflellung einen Schwur bei dem fiygifhen Wafler
zu. Selbſt firaffällig werden die Götter, wenn fie meineibig find, Hefiod.
Theog. 794 f. Und fo ſchwören nun auch die homeriſchen Helden ſehr
oft, 3. B. Odyſſeus bei Zeus, Od. XIV, 119., und bei feinem Heerd, XIV, 198.,
ef. XVII, 155 XX, 230., Agamemnon bei Zeus, Gala, Helios und ven
Erinyen, I. XIX, 257—265., und zwar Diefe, um dadurch eine Ausſage
zu befräftigen; ebenjo aber auch, um einen Bund zu befeftigen (I. II,
276—280. cf. VII, 411.), ihwört Agamemnon bei Zeus und Helios, den
Strömen und der Erde fammt ven Göttern der Unterwelt. Auf gleiche
MWeife finden wir in der ganzen griechiſchen Geſchichte, vorzugdweife aber
bei Berichten, CEidſchwüre zu Erhärtung der Wahrheit in Beziehung auf Ver⸗
gangenheit (affertorifcher,) wie auf Zufünftiges (promifforifher Eid), ſehr
baufig angewandt; aber weder bei Homer noch bei den Gpäteren Täßt
fi eine conftante Sitte nachweiſen in Betreff der Bötter, die man babei
anrief. Bald ift dad Gebet an alle Götter gerichtet: Demofth. adv. Con.
$. 41. ufias XII, 95. XIX, 33. 54.5; bald an eine beſondere Gottheit,
Mypthologiſch Fiet Heſtod den Horkos als Gohn ber Eris vor und gibt
ihm die Erinyen als Rächerinnen bei, Gef. Th. 231. Op. 219. 803. ofr. Soph.
Oed. Col. 1767. Herodot VI, 86. Kom, Il. XIX, 259. Hygin (praefat.) nennt
ihn einen Nachkommen des Aethers und der Erbe,
'646 Jas furandam
welche bie Verficherung zunächft anging, Zeus, N. VII, 411. X, 329. Soph.
Ant. 184. Here, Plat. Phaedr. p. 8, 19. Theaet. p. 201, 14. Pofeidon,
ll. XXIII, 584. Apollon, I. I, 86. Helios, Eurip. Herc. F. 838. Artemis,
@urip. Iph. T. 731. Hippol. 708. Enyalios, Plut. Moral. p. 234. B.
Athene, Aleris bei Athen. VI, 7. Demeter, Demoflb., de falsa leg.
6. 262., Aphrodite (die Schmüre der Verliebten bei ihr galten aber als feine
reiten Eide: Plat. Symp. p. 390, 8. cf. Tibull. III, 6, 49. u. A.); bald
an mehrere Götter vereint, Demofth. de falsa leg. $. 16, bei den Lacepä-
moniern befonderd an die Diodfuren, Xenoph. Hellen. IV, 4, 10. Plut.
Mor. p. 189. F. 233. B., beſonders gerne an drei Gottheiten. Drafon fol
verordnet haben, bei Zeus, Poſeidon, Athene zu ſchwören. Schol. I.XV,
36. Nah Solond Anordnung ſchwuren die Nthener bei dem ſchützenden,
reinigenden , fühnenden Zeus: Polur VIII, 142. Vgl. weiter Dem. adv.
Timoer. $. 151. Pollux VII, 122. Ariſtoph. Eq. 941. Dem. adv.
Calipp. $. 9. adv. Mid. $. 198. Leztere Stelle nennt Zeus, Apollo und
Athene als die drei Hauptgötter der Athener, wie auch lat. Euthyd.
p. 453. Die Sieben gegen Thebe beſchwören ihren Bund bei Ares, Envo
und Phobos, Aeſchyl. Sept. 42 ff. Man vgl. weiter Polyb. VII, 9, 2.
Plat. de Legg. XI, p. 276. Endlich find wegen der Dreizahl zu nennen
die drei Eidesgöttinnen Alalkomenia, Thelxinia und Aulis, Praxidikä ge-
nannt, bei denen man zu Haliartus in Böotien ſchwur, Pauſ. IX, 33, 2.
Heſych. und Euid 8. v. noasıdimn. Allerdings zeigen auch viele Stellen
der Alten (f. Valckenaer Opp. Phil. de ritibus in iurando a veteribus, He-
braeis maxime et Graecis, observatis c. VIII. Ed. Lips. 1808. p. 96 ff. ),
daß die Einwohner einer Stadt vorzugäwelfe bei ihrer befondern Schutzgott⸗
heit ſchwuren, die Athener bei der Athene, vie Ephefter bet der Artemis,
ebenſo die befondern Stände bei den Göttern, die ihrer Kunft oder ihrem
Gewerbe vorftanden (Eid des Hippokrates, f. unten); aber es wäre nad
den obigen Angaben irrig, mit Daldenaer dieß als eine Art Negel aufzu⸗
ftellen. — Auch fhwur man nit blos bei den Göttern, fondern bei Allem, _
was einem Tieb und heilig war und deſſen Befls man gleihfam als Pfand
einfeßte: Achill bet feinem Scepter, Tl. I, 233 fj., Odyſſeus bei dem Heer,
f. ob., Helena ihrem Gatten bei feinem Haupt, @urip. Hel. 835, Unter⸗
gebene ihrem Herrn bei feiner Rechten und bei feinen Knieen, Eurip. Hippo!.
600 602., Freunde einanber bei ihrer Sreundfchaft, Xenoph. Cyrop. VI, A, 6.,
Krieger bei ihren Waffen, Aeſchyl. Sept. 511., Demofthenes beſchwört die Athener
bei den @eiftern ihrer Ahnen pro Corona $. 208. cf. Quint. IX, 2, 62.
98. IX, 3, 168. XI, 10, 24. Plut. Mor. p. 350, C. Serod. IV, 172.,
die Schüler bei Ihrem Meifter, Plut. Moral. p. S77. A., die Orphifer
bei den Urmächten des Lebens, Herm. Orphic. p. 459 f. Dennoch aber
läßt fi als der Hauptgott des Eides Zeus bezeichnen, bei deſſen Haupt
man befonders gerne ſchwur, Hymn. in Vener. 26. Sophocl. Trach. 1201.,
und weldher ebenbeöhalb den Beinamen öpnos hatte (Soph. Phil. 1289.
1324. Trach. 1190. @urip. Hippol. 1022. Med. 171. Rhes. 812. Ariſtoph.
Ran. 738. 1433. Ececles. 79. 761. 1045. 1103. Nut. 877.) und in beiden
Händen Blitze trug, um bie Meineidigen gu zerfchmettern, Pauf. V, 24, 2.
Ariſt. Nub. 397. Als Veifigerin dieſes Zeus öpmos wird genannt Themis
Dite, Pind. Ol. VI, 21 f. Soph. Oed. C. 1381. @urip. Med. 212.
Plat. de Legg. IV, p. 354, 20 ff. XH, p. 276, 8. Die Götter waren
es auch zunächft allein, denen bie Beftrafung der Meineidigen überlaffen
war. Es war anerkannte Lehre der Volksreligion, beflätigt durch das Drafel
zu Delphi, daß, wer feinen Eid halte, in Kindern und Kindesfindern ge:
fegnet werde, ber Meineivige aber niemals dem göttlichen Strafgeriht ent=
fliehen könne: Heſiod Op. 285. Polyb. IV, 33, 3. yadenor Audeir Beor
Aus iurandum 647
aröp anıopxov. Zenopb. Anab. IE, 5, 7. Blat. de rep. IE p. 69. Lyt.
adv. Leocr. $. 79. Lucian Tom. U, p. 188. Ser. ad Aen. I, 2.
Als Beweis Hiefür erzählt Herodot VI, 86. vgl. Theogn. 199 ff. (139 ff. W.)
vie Geihihte von Glaukus, der fammt feinem Geſchlechte den Untergang
fand, obgleich er noch keinen Eid gebrochen, fondern in Delphi blos ange:
fragt hatte, ob er einen Meineid ſchwören dürfe; denn Ilvdın Eon zo negr-
Ina Tov Heov xal To nojoaı icor Övracdaı. Ja auch im Eünftigen
Leben, glaubte man, werbe die Eidestreue belohnt, ber Meineid beſtraft,
Pind. OL II, 71. cfr. Ariftopb. Ran. 275. Do traf den Eidbrüchigen
au im bürgerliden Leben Atimie, mas menigftend indirekt in den Gtellen
bei Andocid. de myster. $. 75 ff. und Aeſchines Tim. $. 28 ff. enthalten
ift, und Plato will de legg. XI, p. 277, 9., daß, wenn einer, ber brei-
mal faljhes Zeugniß gegeben, fi erfreche, nochmals als Zeuge aufzutreten,
er fofort dem Gericht übergeben, und wenn er ſchuldig befunden, zum Tode
folle verurtheilt werden. Bei den WUegyptern war gerabezu Tobeöflrafe für
Meineidige beflimmt. Diod. Sic. I, 77.
2) Bon den Orten, wo man fhwur, von den Gebräuden, bie
beim Schwören gebräuchlich waren, und von ben einzelnen Fällen,
in denen vorzugsweiſe Eidſchwüre von feierlider Art vorzus
fommen pflegten. lim die Seele des Schwörenden tiefer zu ergreifen und
fehler an fein Wort zu binden, wurden an vielen Orten große Eide in den
Tempeln ſelbſt ober an einer durch den Volfsglauben befonderd geheis-
ligten Stelle unter manderlei erihütternden Gebräuchen abgelegt. Solche
Orte find die dur fiedendes Schwefelwaſſer audgezeihneten Quellen bei
der Stadt Palife in Sichlien, die fog. Brüder ber Palici Dii, wo der zum
Eid Borgeladene im blofen ‚Unterkleive ven Krater berühren mußte, indem
man den Blauben hegte, wer falſch ſchwöre, Eomme auf der Stele um.
Polemon Fragm. 83. bei Macrob. Sat. V, 19. coll. Ariſtot. de mir. ausc.
57. Diod. XI, 89. Stephan. Byz. v. Iladınn. Philoſtr. v. Apoll. I, 6.
In Syrafus ſchwur man bei dem Tempel der Verfephone und Demeter,
Blut. v. Dion. p. 982. E. Nep. .Dion. 8, 5.; die Bewohner von Phes
neos in Arfadien ſchwuren bei dem jog. Petroma, einem für Aufbewahrung
beiliger Schriften befimmten heiligen Behälter, Bauf. VI, 15, 1.; die
Korinthier bei dem Adyton des Palämon, PBauf. II, 2, 1; die Athener im
Tempel der Ugraulos, f. unten Ephebeneid; zu Haltartus in Böotien ſchwur
man bie heiligften Eide bei dem Tempel ver Praxidikä, der drei Eides⸗
aöttinnen, Pauſ. IX, 33, 2.; in Arkadien bei dem Wafler der arfadifchen
Styr bei Nonafrid, Herodot VI, 74.; in Sparta im Tempel der Athene
Ghalfiöfus, Plut. Mor. p. 218., D.; Ptolemäus Geraunus ſchwur feiner
Halbſchweſter Arfinoe feinen Eid im älteften und heiligften Tempel des Zeus
in Macevonien, die Hände auf den Altar legend un das Bild des Gottes,
Zuftin. XXIV, 2,8. — Dieß, die Berührung des Altard (worüber f. Hanſen
de iure iurando in Graev. Thes. ant. rom. V, 806 fi. Balden. 1. cit.
cap. IV.) und des Heiligen, bei dem man ſchwur, war denn überhaupt in
feterliden Eiden allgemeine Sitte, woran fi fofort in der chriſtlichen Kirche
der Gebrauch anreibte, beim Schwören die Hand auf die Bibel zu legen
oder den beiligen Tiſch zu berühren: Sozomenus H. E. VI, 30. P- 686.
D. 306. Ehrofofl. tom. IX, p. 79. A. u. A. Weiteres f. m. bei Laſaulx,
a.unt.a.D. Not. 98. Daß man das Haupt beffen, dem man ſchwur, berührt
babe, ſucht Baldenger, aber nicht mit genügenden Gründen, zu beweifen; mit
mehreren Belegftellen aber (Sophokles Philoct. 803. Eurip. Iphig. in Aul.
57. 471. u. U.) zeigt er, daß man bei dem Schwören ſich gegenfeitig die
Hände reihte. Wenigftens gilt die vom Bunbeseid. Weitere charakte⸗
riſtiſche Gebräuche bei dem Schwören ber Griechen waren, zumal in der
648 Jus iarandum
Heroenzeit, daß der ſchwoͤrende Fürft aufret ftand (fo auch bei ben Juden,
vgl. Matth. 26, 62. 63.), feinen Scepter emporbebenn, Hände und
Blicke gen Himmel gerichtet; denn ver Eid ift immer zuglei Gebet, und
darum ift das Aufheben der Hände bei allen Völkern ein nothwendiges Er-
forderniß des feierligen Schwurs, beſonders auch bei den Juden, 1. Mof.
14, 22. Pf. 110, 4. Dan. 12, 7. Man mollte dur das Aufheben ber
Hände die Bottheit einladen und Bitten, den Schwur zu hören. Ebenfo
aber ift der Eid auch ein Fluch, herabgefleht auf das Haupt des Treu-
brüchigen. Befonders aber gehörte zu einem felerliden Eid, daß immer
volfländige Opfer vorangingen (daher öpma teurer), welche die Schwö⸗
renden berührten, um anzubeuten, es folle im alle eines Meineids ihnen
ergehen mie dem Opferthier. Leber alle diefe Gebräuche ſ. Hom. II. XIX,
175. 257. VII, 411. X, 321. Guſtath. zu D. II, 273. p. 333, 47 ff.
Ariftot. Pol. II, 9. und 14. Bind. Ol. VIE, 65. Conon Narrat. 38.
Schol. Ariſtoph. Lys. 202. Am ausführliäften erwähnt diefe ſymboliſchen
Gebräuche, und noch einen weiteren, das Abfchneiden der Stirnhaare des
Dpfertbiers, Homer bei dem Schwur des Menelaos und Aleranbros II. III,
245 ff. cf. Soph. Aj. 1173. Das getöbtete Opferthier mußte ind Meer
geworfen werden den Bifchen zum Fraß; denn efien durfte Niemand davon,
weil e8 ein Fluchopfer war, N. XIX, 250 ff. Pauf. V, 24, 2. Aehnliche
Gebräuche finden fih bei vem Schmur des Herakles Pauſ. IV, 15, 4., der
Freier der Helena ibid. II, 20, 9, ded Pyrrhus und Lyfimachus Plut.
Pyrrh. p. 386, D., der Mutter des Demaratus Herod. VI, 68., der Sieben
gegen Thebe Aeſchyl. Sept. 42 ff. coll. Pauf. II, 19, 7:, der zehntaufend
Hellenen bei Xenoph. Anab. II, 2, 9., der Scythen Herod. IV, 70. Man
vgl. auch den Freundſchaftsſchwur bei den Scythen, wobei man fi in bie
Finger ſchnitt, mit dem Blut die Schwerterfpigen beſtrich und gemeiuſchaft⸗
li von dem Blute trank: Zucian Toxaris p. 957. Herodot IV, 10. cfr.
I, 74. ine andere Sitte war die der Moloffer, vie bei Bundekeiden einen
Stier in kleine Stüden zerfehnitten und darüber einen Beyer Weines aud⸗
goffen mit der Verwänfhung, daß es dem Bundesbrüchigen wie dem Stiere
ergehen und fein Blut vergofien werden folle wie der Opferwein, Zenob
II, 83. Suid. v. Bovs ö Mokorzor. Bei Aeſchyl. Sept. c. Th. 42 ff. wird
das Blut des geſchlachteten Dpferflierd berührt. Die Chaldäer theilten das
Opferthier in zwei Theile, verbrannten biefe ſodann und gingen dur bie
Opferflammen hindurch, was auch fonfl gebräuhlih war, f. Lydius diss.
de Juram. p. 321. Gerade fo bei Abraham 1 Moſ. 15, 9. Jenes Durd-
gehen durchs Feuer nennt au Sophofles Antig. 265 ff.; und barauf be⸗
geben fi die Sprüchwörter da mvoog Badilar, .eis nip sußairer u. dgl.
riftoph. Lys. 133. Liban. Epist. 70. 317. 397. . Wir erkennen
hierin und in ähnlihen mit dem Schwur verbundenen Proben (m. f. Balde-
naer 1. 1. c. VI.) den Urfprung der im Mittelalter fo häufigen Bottedurs
theile. Man f. auf unten B. 2. Xranfopfer beim Shmur erwähnt Ari⸗
ſtoph. Acharn. 148. Vesp. 1041. Som. Od. XI, 331. Eine andere ſymboliſche
Sandlung führt Herodot an I, 165. cfr. Horaz Epod. 16, 17 ff. Suid. v.
Doxasoy iepc. AS die Phokäer nemlich fi entfchloffen, nad Kyrnos aus⸗
zumandern und fih durch Eid und ſchwere Flüche gegen die Dabeimbleiten-
den verbanden, verfenkten fie, um den Eid unlösbar zu machen (Sol.
Soph. Ant. 264.) einen Klumpen glühenden Eiſend ind Meer mit der Be⸗
fimmung , nicht cher nad Phokäa zurückzukehren, als bis das Gifen wieder
an's Tagesliht Füme. Ganz ähnlich iſt ver Ein, den Ariflines nach der
Schlacht bei Platää ſchwören ließ, Blut. Arist. p. 384, A. — Feierliche
Cidſchwuͤre kamen vorzüglih vor im Öffentlichen Leben, einmal bei Bünds
niffen und Sriedensverträgen, welche immer beim Abſchluſſe und fo
Nas Iran 649
oft man fie erneuerte, von ben Bertragenben punk genenfeltige Abgeord⸗
nete über Opfern beſchworen werben mußten, gemößnlih mit Beifügung -
eined Fluchs gegen die Cidbrüchigen; die Verträge ſelbſt aber nebft Eid und
Fluch wurden auf Säulen eingegraben und an öffentlichen Plägen in ber
Nähe ber Haupttempel ober in biefen felber aufgeftelt: Thucyd. V, 18:
23 f. 47. 36 Bolyb. XXII, 26. XXI, 1, 9. Aeſchin. adv. Ctesiph. $. 109.
cf. Laſaulx über den FluchS. 11. Boeckh Corp. Inscr. gr. Nro. 3137.
v. 59. ibid. Nr. 2554. v. 175 ff. Nr. 2555. v.11 ff. Bünbnifle zwifchen Völkern
verfhictenen Stammes wurden beſchworen bei ven Sauptgöttern eines jeden,
mit ängfllicher Sorgfalt, Feinen zu übergeben; fo bei dem Vündniß zmiichen
Hannibal und Philipp, Volyb. VER, 9, 2. Au in ven Momenten äußer⸗
fer Verzweiflung, wo man den Tod ber drohenden Knechtſchaft vorzog,
verband man fi durch Eid und Schwur; fo die Bbofier Hei dem Einfall
des Xerxeo, Herod. VIII, 27 f. Polyb. XVE 32. Bauf. X, 1. Plut. Moral.
p. 244., fo die Akarnanen, Polyb. IX, 40, 4. Liv. XXVI, 25, 11 f., die
Abydener, Bolyb. XVI, 31. und bie @inmwohner von Aſtapa in Spanien
516 d. St. Liv. XXVIII, 22. — Der Eid ift au „das jeden einzelnen
Staat zufammenbaltende Banda: Lykurg adv. Leoer. 6. 79. Lyftas de
solut. reip. $. 28. Aeſchines adv. Ctesiph. $. 66. 70, Au in ver
nachhomeriſchen Zeit blieb das Meligiöfe ver letzte Grund und die höchſte
Weihe der Geſetze; die Götter, vornehmlich die Schubgottheiten des Staats,
aalten für Hüter verfelben, an fie ward der Schwur der Bürger gerichtet,
fie in der gegen Verbrecher ausgeſprochenen Staatäverfluhbung zur Rache
aufgerufen (moirum apa) Plut. Alcib. 22. M. vgl. Wachſsmurh Hell.
Alterihumskunde, zmeite Ausgabe, I, 6. 53. S. 445. Jede neue DVerfaf-
fung, jede Beränberung ber beſtehenden, jede Ausfühnung nah innerem
PBarteilampf wurde von Boll und Hark beſchworen; fo der Schwur bei
dem Abſchluß der lykurgiſchen Berfaffung Plut. Lycurg. p. 57. E. Moral.
p. 239. F.; ebenfo ließ Solon feine Geſetze durch die Archonten und den
Rath beſchwören, Plut. Sol. p. 92 B.; daſſelbe geſchah bei der Wieder⸗
berflelung der Demokratie nach der Bertreibung ber Vierhundert Ol. 92, 3.
Andocides de Myst. $. 96 ff., und nah dem Sturz der Dreißig, ibid. $. 90.
94. vgl. Aeſchin. adv. Ctes. 6. 208. Gic. Philipp. I, 1. Umgekehrt wurde
zur Seit des Ariſtoteles in einigen Oligarchien der Eid geſchworen, dem
Volke feindfelig fein und nad Kräften zu deſſen Schaden wirken zu wollen:
Ariſtet. Pol. V, 7, 19. p. 1310, 8. Wenn ferner in Athen ein Vater
feine Kinder unter feine Geſchlechter einführte, mußte er beſchworen, daß
fie in rechtmäßiger Che mit einer Bürgerin erzeugt feien, Iſäus de hered.
Apolied. $ 16. de hered. Cironis $. 19. Jeder freigeborene Bürgeriohn
aber mußte den Cphebeneid leiften und bei ven Göttern Agraulos, Enya⸗
lios, Are, Zeus, Ihallo, Auxo, Hegemone ſchwoͤren: „Niemals vie hei⸗
ligen Baffen zu ſchänden, fondern fie treu und tapfer zu führen zu Ver⸗
theibigung der Heiligthümer und des Vaterlands; willig als Pflanzer fort
zuziehen, wenn ihn das 2008 treffe, zu gehorden Denen, bie reiht richten,
und ben beſtehenden und vom Bolt einmüthig feſtgefezten Geſetzen, abzu⸗
wehren jeden Verſuch zu Aufhebung der Geſetze; Ehrfurcht zu beweiien der
värerl. WMeligion“, Syfurg adv. Leocr, $. 76. Demoſth. de fals. leg. $. 302.
mit den Scholien Ulpiend. Bolur VII, 105. Stoß. Flor. XLIE, 48.
Blut. Alcib. 15. mit den Bemerkungen von Bähr. Auf eine dieſem Iüng-
lingseide äsnliche Weiſe ſchwuren die Männer bei Platää, Wyl: adv. Leocr.
$. 81. Dien. XI, 29., und die kleinafiatiſchen Jonier, Iſocr. Paneg. $. 156;
Ueber den Epbebeneio f. man außer K. Fr. Hermann und Wachsmuth an den
betr. St. au Schömann de com. p. 331 f. und oben Bd. II, ©. 164. —
Ginen fürmlihen Amtsein finyet man bei allen Obrigkeiter die Könige.
IV. 1 |
⸗
680 ns turastdumiı
ſelbſt nicht angenommen , wo fie vechtußig herrfchten; fo mußten bie Könige
in Sparta nit blos beim Antritt ihrer Begiorung ‚ fonbern jeden Monat
ſchwören, nad den beflehenden Gefehen regieren zu wollen, und bie Epheoren
hatten Gegenſchwur zu Heiften, Zenopb. de rep. Lac. 35,7. Nicsl. Damakı.
458. Bolt und Könige von Evpirud verpfliäteten ſich ebenſo genenfeitig,
At. Pyrrh. p. 385. C. Au die Stelle bei Ariſtoteles Pol. HI, 10, 7. *
hieher bezogen werben; Wachſsmuth Hell. Alt KRde. Ate Ausg. ©. 3. findet
aber in biefer Angabe blos eine ——— in Sinfit auf bie Segung des
Gerichts, nicht eine Berpflichtung bes Fuͤrſten gegen das Bell. Der Amtsel
der —— wurde in der 33 oder bei dem Stein auf vem Markte
geſchworen, und fein Inhalt war, daß fie unbeſtechlich bie Geſetze besbachten
wollen, wenn ſie es nicht thun, von fle eine goldene Statue als Buße ua
Delphi zu meihen. Bat. Phaedr. p. 19, 1. Phut. Sol. 2. B. Polar
VIE, En Ebenſo mußten fhwören bie jaͤhrlich gewählten Strategen, Oh.
Pericl. p. 168. E.; die Mitglieder des Raths der Fünfhundert, yflas adv
Phil. $. 1. 2. @irroociheß de m . $. 91. Demoflh. adv. Timocr. $. 144.
447., man f. au Hermann gried. Staatsalterih. 8. 126, 4. (Bte Aufl. ꝛ
die KRampfrihter dei den Dionyſien, Put. Cim. p. 483. K.; We Hellanodiken
in Olympia; die Athleten fammt Ihren Vätern, Brüdern und Kauıpflebrern,
Pauſ. V, 24, 2. Gewiſſermaßen einen Amtselb kann man auch den Gib
nennen, weichen Schũler ihrem Lehrer. zu ſchwoͤren hatten, — uns ein
ſchoͤnes Denkmal helleniſcher Sinnesart in dem Gin, der in den Schriften
des Hippotrates ſteht, aufbewahrt if, mag derfribe nun von dieſem Alt⸗
meiſter ver Heilkunde herrühren ober aus fpäterer Zeit, ober, was pas Wahr⸗
[öetnlihße if, urſprunglich ächt —— aber mit Zufägen vermifät
fein. Man f. außer den Gefammtausgaben von Hip Hippocratis
jusjurandum illustratum a 3. H. Meibomio, L. B. 1643. — lieber —*
richtseid ſ. Bd. IV. ©. 367. Die Formel deſſelben, wie er zur Zeit des
Demofihenes übli war, iſt uns, wenn glei nit ganz volitänbig, in deſſen
NRede gegen Timokrates 5. 149 ff. aufbehalten. Der Inhalt deſſelben
die gewiſſenhafte Handhabung des Rechts von Geiten bes —2* Auf
rechterhaltung der Demokratie und überhaupt des Beflchenven, auch viele ein»
ne Punkte, und ſchließt mit den Worten: „Jenes ſchwöͤre ich bei Zeus,
ei Poſeidon (na Pollur VIH, 122. Apollo), bei Demeter, und daß ber
Fluch des Berberbens treffe mid felbft und mein Haus, wenn ich irgendwie
von dieſem Give abweiche, Heil a unb Gegen, fo ich ihn Halte.” Bgl.
Meer und Shömann Alt. Brose ©. 138. Matthlä, de judic. Athen.
255. Der atheniſche Gerichtshof Sem Pallabium richtete über unvor⸗
Fallen Mord. Wer bier dur Stimmenmehrheit flegte, mußte beim Zer⸗
Iegen ver Ginssopfer ſchwören, daß die Richter, welche für ihn geſtimmt,
nah Wahrheit und Met geflimmt, und daß er Teine Lüge gerebet, Ton
wolle er ſelbſt verflucht fein ſammi feinem Saufe, den Richtern aber alles
Gute erflehen, Aeſchines de fals. leg. 6. 87. Dee Areopagus war ber
ge für vorfägligen Mord. Kläger und Bellagter ſchwuren bier auf
elten Gliedern eines Cbers, eines Wipbers und eines Stiers einen
—A Eld bei den 5* und andern Göttern, Dinar. adv. Dem.
6. 47. vgl. Pauſ. 1, 28, 6., der Kläger, daß er mit dem Geidbteten Sinte-
verwandt fei, Bollur VIII, 17f. ., unb ber Bellagte denſelben getöbter Habe,
dieſer dagegen, daß er ihn nicht getöbtet babe, yſias adv. Theomn. $. 11.;
beide —A ihren Cid d —— daß fe für für den Fall eines Meineibs
ſich und ihr Geſchlecht verfiuchten, Dems v. Aristocr. $. 68. Gollte
eine Sache ſogleich in erfler Inſtanz an einen —— erlangen, | fo wurben
bei der Anatrifls zunörberft beide Barteien des Klägers
hieß gewohnlich wpomuocie, ber —— lien —— — —— —
Be XEIEXC 631
aber ud ii gebraucht wirh, aufammmen demzzoode.
©... 1.6. 18. —— ir ber Gib de — lite, daß nämli6
ber iger habe ſchwoͤren ‚müflen, bie Klage —* buräauführen. God
** war bie dampooie, wodurch man in ber Vollsverſammlong eine
XXEEX anfänbigie, F Meier u. Schoͤmann ©. 604., und als
—* Hefräftigte® Srißgeiub, f. oben ©. 368 f. — Belonters widtig umb
- feierlih wurbe der Zeugeneid behandelt. Auslagen freier Zeugen warn
in der attſchen Rechtspflege das an ſich giltigſte Berveismittel. Verſagen
durfte fein Zeugniß Niemand, außer im Tall einer ddmuooie, wenn man
f@wören konnte, daß man unfähig ſei, in ber vorliegenden Sachr ” zeugen,
Geleiſtet wurde ber Zeugeneid tiriich nur von freien m volljätwigeit
sriruos, theils bei ver Anakrifis, indem die eine Bartei die Zeugen ber
aubern zu einem Altare führte, ver vielleicht einerlei IR mit dem Aldos, von
F Pollux VIII, 86. Plut. Sol. 25. ſpricht (man vgl. auch Plut. Moral.
. 186. C. 581. C. Eycurg. bei ©tob. Flor. XXVII, 10., bie Meußerung
Fon Berifles, dem ein Freund ein unwahres Zeugniß abferberte: eyes Tos
Bopoũ giloc ei), unb fie dort ſchwoͤren ließ, theils auch vor ven Aichtern,
wenn bad Zrugniß von bern Schreiber vorgeleien worben war. Legiereö war
nicht das Gewdhnliche, in ver Regel genügte es, daß die Zeugen vor Gericht
bei — Ih ihres Zeugnifſes auf bie — bes Syrechers fliegen (daher
ovg uapzvon;) uud baffelbe anerfannten. Leber vie Feierlich⸗
fett eine® folgen Zeugeneiad |. Audocides de myst. $. 126. Gelbfi Kinn
wmurben bazu genommn und ber Bater mußte auf I Saupt ven Hu. ar
falls er meineieig werke, Buflas adv. Diogit. $. 13. adv. Bratosth. $. 18.
Dermoff. "adv. Conon. $. 40. adv. Aphob. HI. ra 2 33. 52, 34. Die
Gideöformel fora& der Provocirende vor, ber Provscirie Wort für Wert
nach. Gehr häufig wurde in Athen durch eine zgonänac ein Gib angeboien
ober gefordert, nicht blos von den Varteien — ſondern von Jedem, der
aus irgend einem Grund dabei intereffirt war. Dieſe zoorinns bezweckte
aber nit bios den Beweis eines einzelnen Munktes, ſondern auch mitunter
die Entſcheidung bes ganzen Rechte handels ohne eltern Zrvzeß Näheres
hiesüber ſ. bei Meier u. Schömann 1. c. ©. —8 —
8) Der Gin bei den Griechen in feiner Be gen Sittlichkeit
und Gefellſchaft. Wenn fon die alten Fe Dad Überhaupt eine Häufige
Aunwerbung des Schwoͤrens nicht blos im öfentkligen ‚ ſondern auch im ge⸗
wößnlicgen Leben erklaͤrlich —— fo muß der Mißbrauch des Eins auch
im gewoͤhnlichen Geſpräch bei den Griechen beſonderd hervorgetreten fein.
Dies geht daraus hervor, daß die Geſeßgebet, Philoſophen und Stuaio⸗
männer ſoſcht ſich bemühten, dieſer Sitte entgegenzuwirken Schon ver kro⸗
tiſche Rhadamamhus verordnete, man ſolle im an Geſpraͤch init
bei den Göttern lieber Wei Ihieren ſchwbren, Ariſtoph. Av. 524.
2.3 de abstim. HE, 16., weöwegen auch foäter Ser Seher Lampon bei
der Gans, Sokrates beim Hunde und bei ber Platane, Andere auch beim
Kohl, ihre Ausſagen betheuerten, Ariſtoph. ibid. a Apol. p. 99, 4
Gorg. p. 42, 28. Phaedon p. 88, 17. Phaedr. p — Apoll.
vi. 19. Wem. zu Diegen. Saeıt. VII, 32: Ab geſchah
dieß, um ben Namen ber Götter nicht vergeblich zu führen. Fe Mha⸗
damanthus verlangte ben in in alleweg bei eigenil. Rechnhaändeln, Plat.
de iogg. XI, p. 288 f. So gebot 22% Vythagorad feinen Schaͤlern ſelien
zu — ſondern fo zu leben, daß man ihnen auch ohne Ein glaube;
wesen fie aber geſchworen, ſollen ſie ven Bin treulich halten, Diob. Sic.
vis, 19. X, 9, 1. Daraus erklart ſich, daß einmal zwei Poibagorder
lieber. eine beuentenbe Geldſtrafe bezahlten, als einen Ein ſchwuren, WBafl.
tom. Il. p. 179. D. Ill. p. 549. D, Jambliqh. Pyth. 9. 144.150, „Schwoͤre
v
74 Zus: iuransdisumn
nit,” ſagte ein Spruch ber fieben Wellen, Soſiaded bei Stob. Fior. HI, 80.
ad. ibid.. XXVII, 1. u. 441. Theognis 399. 1195. (77 fi. W.). „Necht⸗
ſchaffenheit ik glaubwärbiger als der Cid,“ fagte Solon, Diog. Laert. I, 60.
Man vgl. Aeſchyl. Fragm. bei Stob. Flor. XXVII, 2. ‚nit der Ein made
den Mann, fondern der Mann. ven Eid glaubwürdig.“ Wie firenge Sokrates
feinen Amtseid hielt mit Rückſicht auf die Alwiffenheit und Allgegenmart
der Goͤtter, erzählt Zenoph. Mem. I, 1, 18. 19. Schön fagt Iſokrates ad
Demonic. $.23.: ‚Ein rechtſchaffener Mann muß ein Leben führen, weiches
mehr Glauben erweckt, als ein Eid. Nur um fih von einer ſchändlichen
Veſchuldigung zu befreien oder um Freunde zu retten, darf er fhwören.
Um des Geldes willen ſollſt du bei keinem Gotte fhmÖören, wenn du auf
wahr ſchwoͤren kannſt, damit Du nicht den Einen meineidig, Anderen habs
ſüchtig erſcheinſt.“ „Keiner foll jeine Waare loben, viel weniger für ihre
Büre ſchwoͤren,“ fagt Plat. de Legg. XI, p. 238,21. In Beziehung auf
Gerichtöelde fpricht fich derſelbe ibid. XI, p. 279. im Allgemeinen für bie
Beobachtung derſelben aus, fagt aber in einer andern Stelle XII, p. 294 f.,
bei dem Unglauben ber fpäteren Zeit, und dba Manche den Aberglauben
haben, ihren Meineid dur ärnliche Opfer ansföhnen zu Fönnen, follte man
bierin die Gerichtsordnung ändern ober wenigſtens nit alle Leute zum Give
zulafien. Der Richter folle ſchwoͤren, die Bürger bei der Wahl ber Obrig-
feiten, die Kampfrichter, kurz Ieber, der vom Meineid Leinen Gewinn habe;
wo aber ofienbar ein falſcher Schwur großen Gewinn bringe, folle ber Richter
den Eid nit geflatten. Ariſtoteles fagt no flärfer Rhet. c. 18., ber Eid
fel nit bemeifend und babe eine willfürlihe Annahme zur Grundlage. Der
GStoifer Cpiktetus fagt: „Vermeide den Ein, womoͤglich ganz; iſt ed nicht
möglih, fo weit ed fi thun läßt.” Enchir. 33, 5. Simplic. ad Rpiet.
p. 114. Schnell fhmören, fagt darum auch Theophraſt Char. 6., ſei immer
ein Zeihen eined Menſchen, der fi ſelbſt aufgebe (anoveronusrer). Daß
die Griechen ſelbſt in gerichtlicden Verhandlungen die anerkannte Rechtſchaffen⸗
beit eines Mannes einem Eide glei jhägten, Ichrt das Beiſpiel des Teno⸗
erated, Diog. Laert. IV, 7. Cie. ad Att. I, 16, 4. pro Balb. V, 12. Bal.
Mur. II, 10. ext. 2. — Dennoch hatten die Briehen im Banzen niemals
ben Ruhm befondberer Bidestreue. Die Klagen über Meineid und Eidesbruch
find faft fo alt als ver Ein ſelbſt, Heſ. Op. 190 ff. Kheogn. 1137 ff.
(37 $. W.) und Gurip. Iphig. T. 1171. mıozer Eiiag older ovdsr. WBefon-
vers ſtark ſpricht ſich Polybius VI, 56, 13. aus, und ebenfo Gicere pro
Flacco IV, 9.: „testimoniorum religionem et fidem nunquam ista nalio
ooluit.“ Jiocrate® de pace $. 96. bezũchtigt vorzüglid die Spartaner ver
oAmWpin ‚207 Opxaoy xai Tor ovydnkor, womit vgl. Gurip. Androm. 447 fi.
Ariſtoph. Pax 623. 1068. Acharn. 308. Lycophr. 1124. Gin ıharfägliger
Beleg hiefür if Die Treulofigkeit des ſpartaniſchen Könige Kleomenes gegen
die Argeier verübt, ber einen auf fieben Tage geichloflenen Wallenfilflann
brach und die Feinde in ter britten Nacht angriff, weil er ja nur Die Tage,
nit auch die Nächte beſchworen habe, Plut. Moral. p. 223sB. C. cf. ibid.
232. A. Polyb. XII, 6. Lyſander fagte, man müfle, wo bie Löwenhaut
nicht zureiche, den Fuchspelz hinzunehmen und Knaben mit Würfeln, Männer
mit Ginfhwüren täufhen, Diod. X,9. aus Mais Exc. Vat. p. 34. Bolyän.
1,45. Blut. Lys. p. 437. A. Mor. p. 190. E. 229. B. Dieſes fredie Bert
wird anderswo ‘Blut. Mor. 330. F. dem Dionyſ. von Ehrafuß zugeſchrieben.
Bleicherweife galten die Kreter (npos Konra zpnrilar, 6 Kons sor Korte,
d. i. gegen einen Schurken mäfle man ſchurkiſch handeln, man vgl. Das
Boerhe'ige: „Auf einen Schurken anderihalben‘‘) und die Theffalier ala treulos
unb worsbrüdig (daher das Sprühwert Hesvalar ovgıoua, Guir.), Bolyb.
IV, 8, 11. Gallim. Hyma, in dev. 8. Paul. ad Tit, I, 12. Hode Kreis
HI, 485. Gurip. Fragm. inc. 194. Demoſth. 01.1. 6.22. adv. Aristocr.
6. 112. Sol. ihue. I, 107. u. a.; f. bei Laſaulx not. 134. 195. Gewiſſen⸗
bafıer in Beobachtung der Cide waren die Athener, daher man ſpruͤchwoͤrt⸗
lich von ’Arsmn zioug rebete, Vellej. Bat. II, 23, 4. Als Guripided den
Hippelytus die Worte jagen ließ: 7 YAuoo oymuoy , 7 dd Yon? Armuoros,
fol das ganze Publikum in Iauten Unwillen ausgebrochen fein, @urip. Hippol.
607. mit den Audl. Ariſtoph. Ran. 102. 1471. .Thesm. 275f. Plat. Theaet.
p. 201, 13. Symp. p. 420, 20. Ariſtot. Rbet. Ill, 13. Gic. de Off. IM,
29, 108. Anders freilich verfuhr man in ber Politik, an der ja immer,
auch nach in der chrifllichen Welt, wenn glei in abnehmendem Maße, der
Ride Geiſt Schiffbruch leidet. Selbſt Ariflines habe einmal im Namen
Athens einen Bunbedeld feierlich beſchworen, fpäter aber, ale bie Umflände
fig verändert, den Arhenern gerathen, zu verfahren wie ihr Vortheil erheiſche
und, di Schuld des Wortbruchs auf fein Haupt zu wählen, Blut. Arist.
. . A. E.
p B. Der Eid bei pen Römern, ius iurandum, auch iurandum allein,
Xerent. Andr. IV, 3, 13. (man f. aud bie @rflärer zu Jovis iurandum,
Gie Off. 111,29.) und sacramentum, jened bürgerliger, dieſes Soldateneid,
f. Liv. XX11,88. XXXV, 19. Döpderl. Syn. VI. ©. 183. 1) Die römifge
Vorſtellung vom Eid im Allgemeinen. Wenn überhaupt ua den
antiten Vorflellungen der Blaube an das unmittelbare Walten und Eingreifen
der über die Gerechtigkeit und Wahrbaftigkeit in ver Welt als Über ihre
eigenen Rechte wachenden Bottbeit es iR, was dem Ginfigwur feine bindende
Kraft gab, und wenn biefer Glaube meiſt mit ſehr finnlicher Färbung uns
überall entgegentritt, fo find es doch vornemlich die Roͤmer, bei denen biefe
Vorſtellungen, was bie Volkoreligion betrifft, noch mehr als bei den Griechen
seht auf die Spite getrieben, in ihrer vollen Schärfe ausgeprägt erfcheinen.
Dei den Römern berubte bie Kraft des ide blos in dem Blauben an den
wunderbaren Einfluß der Götter und in der Furcht vor ihren unmittelbar in
diefem Leben erfolgenten Strafen, 3.3. Krankheiten, Berwunbungen, Blitzen,
Unglüd jever Art. Es iſt nit genug, daß man fagt, man rief bei dem
Schwure Bott zum Zeugen an. Dabdurch laſſen fih zwar mande Erſcher⸗
nungen und Gebräuche erflären, 3. B. daß man bei den meiflen BVölfern an
denjenigen .&tätten ſchwur oder bei denjenigen @egenfländen, die man vor«
zugeweiſe als Gige der göttlichen Schöpferkraft und Nähe betrachtete, der
Judier bei dem h. Feuer oder Waſſer, der Grieche und Roͤmer bei den Altären
und mit Berührung dieſer h. Gegenſtände. Aber bei weitem nicht Alles läßt
ſich aufs Klare bıingen, wenn wir nicht von einer noch Beflimmteren Vor⸗
ſtellung vom Biken ver Gotiheit, insbefondere gegenüber von dem Schwö⸗
renden, ausgeben. Und dieß ift zumal bei dem Mömer ber Glaube an die .
furdibare, mie ein Gottekgericht waltende Macht der Bötter. Von diefem
Sage geht auch mit Recht Malblanc in feiner grüänblihen Schrift: Doctrina
de jurejuraado e genuinis legum et antiquitatis fontibus illustrate. Bd.
altera, Tub. 1820. aus und beweist ihn nicht blos an6 einzelnen Stellen,
z. ®. Bropert. Eleg. Il, 15, 47. Juven. Sat, XII, 90. ®irg. Aen. X,
260 , fendern In&befonvere aus mandherlei bei dem Ein vorkommenden Ge⸗
bräuden, nämlih a) daraus, meil bei den Roͤmern ver Ein den Charakter
von Auſpicien, wodurch bie Bötter bei Öffentlichen Ungefegenheiten verföhnt
werden [etwas unklar], und ben Gharakter eined Borteägerihtd annahm;
b) an6 nen Formeln und Gebräuchen des Eins, wodurch der Schwörende
eben das Uebel, das ex durch ein Symbol ausdrückte, auf fein Haupt ober
auf irgend etwas ihm Siebes und Heiligeß, Leben, Vermögen, Kinver, Eltern
u. f. w. beraßmünfdte; eine fpreddende Strelle hiefür ift Liv. I, 24. über
ven Buubeseid zwiſchen Roͤmern und Albanern, vgl. Gef. s. v. lap.:siien
di Zus. immunblustl
Wir führen Hier gloich die für beſonders Heilig gehaltene und für dieſen Gay
beweiſende Formel und Gitte an, daß der Schworende bie Erbe faßte, Himmel
und Bötter zu Zeugen aufrief und fid, fein Haupt, feine Familie, Hab und
Gut bevovirte, d. 5. erklärte, Alles dieß folle den Wöttern verfallen fein,
wenn er falſch ſchwoͤre. c) Aus ben DVerfühnopfern, weiche Die Uebel, bie
von ber Rache ber Bötter befürdtet wurden, abmwenben follten, Gic. de
harusp. 10. de legg. 11, 9. Bfaut. Rud. V, 3, 21. &v. XXIX, 19.
d) Aus der Natur der Obferration und Mefecration. Blaut. Aul. IV, 7, &
Pers. 1, 1, 49. Feſt. s. v. resecrare. Dieß if beſonderd wichtig. Man
glaubte, die Bötter fein, wenn Einer ben Anbern ohfecrixte, alsbald bereit
und gewiffermaßen gendtbigt, das zu thun, was ber Obſecrirende im Sinne
hatte und ausſprach. Diefer auf dem Obſecrirten haftende Fluch fonute nur
dann aufgehoben werben, wenn ber Obſecrirende jenen refecrirte ober der
Priefler ſich ind Mittel ſchlug. e) Aus der alten Sitte, Leinen vom Blig
Erſchlagenen feierlich zu begraben, weil man glaubte, er ſei durch der Zora
her Goͤner getöbtet. Es Tönnte no beigefügt werben f) aus dem Beariif
ber Devotion, wie foldder beſonders Elar aus der Erzählung von Derius Mus
tiv. VIH, 6—10. hervorgeht. Dan ſchwur aljo unter Vorausſetzung einer
folden Wirkſamkeit der Götter, daß fie allezeit im Stande und bereit felen,
ihre Rechte zu wahren durch augenblidlihe, unmittelbare Strafe, und daß ber
GSterblicht dieſe ihre Strafen für fi oder Andere ober anbererfeitö auch ben
Lohn der Treue berbeirufen könne. Der Mömer, wie überhaupt der Volfo⸗
glaube des Alterıbums (man vgl. namentlich die vielen Stellen über heilige nur
den Meineidigen ſchaͤdliche Quellen, Aler. ab Alex. gen. dies V, 10., au vie
fog Schuldbrunnen bei den Indiern, den Eiferfuchtötrant bei ben Hebräern,
4 Moſ. 5, 11 ff.) dachte ſich ein unmittelbared Gericht der Götter, auf
welches man durch Berträge und Compromiſſe ver Barteien fi zu bem Zwecke
berufen fonnte, damit bie Götter auf das Haupt des Meineidigen die Grafen
ſchicken moͤchten, mit welchen ſich dann ber Andere, der das Recht von feinem
Gegner nit erhalten Tonnte, berubigte. Alſo wollte man burdh ben Gib
nit ſowohl Verträge und Berfprechungen befätigen, als vielmehr Streitig⸗
keiten ſchlichten. Dieb gebt beſonders deutlich aus Juven. Sat. XIII, 174 - 184.
hervor. Und wenn dieß auch zunähft nur vom Cidſchwüren in Privatſachen
gilt, da Im Öffentlichen. Lehen der Cid allerdings auch dazu diente, Werträge
und übernommene Verpflichtungen zu beſtätigen und ihre Heiligkeit tiefer ein»
zuprägen, fo wirft e8 doch ein deutliches Lit auf die Vorftellungen vom Gib
überhaupt, und man fleht, worauf die Kaupifraft jedes Schwurs berubte.
- 2) Bei wem man ſchwur. Bei Öffentliden Angelegenbeiten waren
es nun bie im Öffentlichen Gultus angenommenen Götter überhaupt, insbes
fondere jevesmal diejenigen, unter deren Ginfluß vie betreffende Angelegenheit
ſtand, worüber nähere Nachweiſung zu geben überflüäfflg if, am allermeiſtes
aber Yupiter, Cic. pro Font. 10., fein Geepter, Bel. s. v. Feretrius, bei
dem man ſchwur. Darauf bezieht ſich die gemöhnlide römifge Schwur⸗
formel medius Fidius. Fidius iſt nämlich Beimort des Jupiter, Dius, Deus,
Zeus nionos, me iſt Demonflrativum, und bie ganze Mebendart mag ben
Stan haben: mi möge Jupiter, als Bott ver Treue, ſtrafen. Cigenthum⸗
lich if die Bemerkung bei Gellius XI, 6.: bei den Mömern burften lange
Zeit vie Männer nit bei Gaflor, die Weiber nicht bei Herkules ſchwören,
beite aber bei Pollux. In Privatſachen aber galt gemäß dem eigenthäme
lichen Verhalten ver Römer zu frembem unb Privateulins, das mehr als
oleranz war, eidliche Berufung auf Alles, was @inem beilig war. Hierauf
bezieht ji die merkwürdige Stelle bei Ulpian I. 5. D. de jerejer. (12,2.):
Orane omnino lieitum jusjurandum, per quod voluit quis sibi jurari,
idoneum est, Et si ex co fuerit juratum, Praotor taebitus. Divas Pius
jerjerando, qued propria superstitione juratum est, standum
roscripsit. Insbeſondere gehört hieher bie fehr häufige Sitte, daß man bei
dem eigenen Genius, Weiber bei ver Juns als ihrem Genius, ober bei dem
Genius geachteter oder wertber Berfonen ſchwur, z. B. Sclaven bei dem ihres
Herrn, Unterthanen bei dem ded Monarchen, Eltern bei den Kindern. Kor.
Ep. 1, 7, 94. Suet. Caes. 85. u. Calig. 27. iu. II, 6, 47. IV, 8, 8.
Tertull. Apol. 27. u. 82, Appul. Met. IX, p. 311. Petron. p. 69. Ulp.
de jurej. 18. — In fpäteren Seiten war ber @id bei dem Genius ber Kaiſer
der bebeutenbfie. Tertull. Apol. 28. 32 39.
Bine bürgerliche Gerichtsbarkeit in Betreff ver Beſtrafung per Meine
eidigen Hatte man nit. Die Fetialen mußten unterfuchen, ob ein falfcher
Sid Statt ſinde, ob eine Sühmung eintreten Eönne, und menn das mögli
war, fo hatten fle bie Goͤtter deshalb auszuföhnen. Cine Inſchrift zu Rom
fagt: ex permissu collegii pontificum piaculo facto. Guther. de vet. jure
pontif, 11, 9. Auch Hieraus beftätigt de das über die allgemeine roömifſche
Berfkelung vom Bid Gefagte. Die Katfer abfolvirten zumellen von der
Verbindlichkeit eines Cids (juris jurandi gratiam facere). Aber zur Zeit
der Republik konnten über den Meineid nur bie Briefter erkennen, ber Berur-
theilte Nel dann der Strafe der Genforen anheim (Infamia). Cic. OR. III, 31.
de Legg. H, 9. de Rop. fragm. &, 4. Liv. XXIV, 18. 2.
8) Als Drte, wo geſchworen wurde, find theils im Allgemeinen ‚alle
DBläge für orbentlide Verhandlungen, die Gurie, das Feld der Gomitien,
die Roftra , das Capitolium, theils aber und als beſonders heilig zu nennen:
das Buteal, Liv. I, 86. Gic. de Div. 17. Berf. Sat. IV, 49., an welchem
dem Andenken des berühmten Augurs Attius Navius geweihten Altar Richter,
Zeugen und Antläger ſchwuren. Das Berühren eined Altar war aber über-
haupt, wie bei ven Griechen, fo auch bei den Nömern weientlider Gebrauch
bei den Einfeäwären. Plaut. Rud. V, 2, 49. Birg. Aen. XI, 201. Bal.
Blacc. Arg. I, 787. Juven. XII, 80. KIV, 218. Gic. pro Flacco 36, 90.
Eine Münze, werauf die Beeidigung eines Kriegätribunen von einem Kaifer,
an einem Altar vorgenommen , dargeftellt ift, führt Valckenaer an l. c. p. 40.
Der Sergang bei einem Öffentligen Eidſchwur nun war ber, daß wenn man
einen Andern eidlich verpflichtete, der Bontifer ober eine andere Magiftrattperfon
„eonceptis verbis praeire‘‘, der Schmwörende aber das Vorgefagte dur bie
Formel „ex animi sententia“ auf fi gleihfam beziehen, au wohl bie
Maufel: si sciens fallo beifegen mußte; wenn es aber ein gegenfeitiger Cid
war, mußte die Gine Bartei praejurare, die anbere fagte: idem in me, unb
von biefer hieß e8 dann: accedit. Plaut. Rud. V, 2,91. Zac. Hist. IV, 31.
Duint. Inst. Orat. VII, 5. Cic. Offic. III, 29. Welt. s. v. idem in me.
Aus ber Waffe von Formeln (eine Menge verfelben führt an Alex. ab
Alexandro Genial. Dies V, 10.), vie beſonders bei Biden in Brivatan
legenheiten angemenbet murben, erwähnen wir nur die Cidſchwüre mit Be⸗
räbrung einzelner für heilig gehaltener lieber, 3. B. ver Knice und ber
rechten a, Plin. H. N. II, 45., der Augen, worauf Prop. Eleg. I, 13,
33 ff. anzufpielen ſcheint, der Aſche und Gebeine von Berflorbenen, Tibull.
Eleg. II, 6, 29—33. Prop. El. II, 20, 15. Eine befonders Häufige ſym⸗
boliſche Sitte bei dem Schwoͤren war, daß man einen Stein in die Hand
nahm und dazu fprach: Si sciens falle, me Jupiter, salva urbe arceque,
bonis ejielat uti ego lapidem hunc ejicio. ®avor. ap. Gell. I, 21. ts
lauſig handelt Hieräber: Hanfenius de jurejurando vett. liber.; auch in
®räv. Thes. a. r. T.V. und bei. Th. de Baffen de jurej. vott.- impr. Rom.
lib.,Traj. ad Rh. 1728. p. 122 ff. Ueber die ältere Literatur unfered Gegen⸗
ſtandes überhaupt vgl. man Fabricins Bibliographia antiquaria etc., Hamb.
& Lips, 1718. p. 427-482.
636 Aus iusandam
4) Anwendung des Eits bei den Römern. I. Der Soldateneip,
ber jedoch nicht eine Verpflidtung zu treuer Erfüllung ihrer Pflihten beiraf,
fondern den Sinn hatte, daß die Soldaten dadurch als sacrati unter ben
beiondern Schug der Bötter geflelt wurben. Liv. VIII, 34. Gic. Offic. I, 11.
Daher ſchwuren bie Soldaten einmal fogleich bei der Aushebung, und dieß
bieß sacramentum im engeren Sinn. Und zwar mußte gemößnlidh jeder
Einzelne ſchwören, auch die Schiffsſoldaten, Liv. XXI, 11. Wenn aber die
Zeit es nicht erlaubte, jeden einzeln vorzunehmen, oder überhaupt bei einem
plöglicden Ueberfall holte der Feldherr aus den Capitol zwei Fahnen, rief
diejenigen, weldde „remp. salvam esse vellent‘‘ auf, und die, welde zuſammen⸗
famen. mußten ſchwören. Diefe Art von Kriegspienft hieß conjuratio, Liv.
XAXII, 24. IV, 53. XLV, 2, In fpäterer Zeit fam es fobann auf, bie ſchon
dur dad sacramentum vereideten Soldaten, wenn fie in die Centurien und
Decurien eingefchrieben murben, noch einen befonderen Eid der Treue, ber
früher bie und da freiwillig zmifchen den Soldaten geſchworen worden war,
öffentlih und zwangsweiſe ſchwören zu laflen, welde Gitte Livius beleuchtet
XXI, 38. Bisweilen endlich beſchwuren die Soldaten, nachdem das Lager
abgemeflen war, eine gewiſſenhafte Behandlung der Beute u. dgl., Gellius
N. A. XVI, 4. Bon dem bei dem Soldateneid gebrauchten Ausdruck jurare
in verba imperatoris ift fobann abzuleiten die bildliche Mebemeife: jurare in
verba magistri. Der Anführer im Krieg mußte ſchwören, daß er die Zahl
der erſchlagenen Beinde und den eigenen Berluft gewiſſenhaft angeben wolle,
Bal. Mar. II, 8, ext. 1. Wer eine Befreiung vom Kıiegödienf wegen
Krankheit ober aus anderen Bründen anſprach, wurde gleichfalls vereidet,
Gell. N. A. XVI, 4. Gic. ad Att. I, 1. Liv. XXVI, 22. XLI, 15. [Mar.]
11. Im Völkerrecht bei Abſchließung der foedera durch die Fetialen,
ſ. Bo. IH. ©. 469 f. 498. v. Lafaulr, über den Eid bei ben Mömern,
Würzburg 1844. ©. 10.f. Analog war bie Sanktion ber leges sacratae,
Dion. V1,89. II. Im Staatsrecht. 1) Beim Amtsantritt. Numa leiftet
einen Gin bei Liv. I, 18. Der Gin des Trajan wird bei Blin. Paneg. 64.
ausdrũcklich ald freimilig und ungewöhnlid bezeichnet. Aber unter ber
Mepublil fhwuren ale Magiftraten in den erſten fünf Tagen nad ihrem
Amteantritt, die Geſetze treu beobachten zu wollen, und fonnten, wenn fle
es nicht ihaten, zur DBerantwortung gezogen werben. Am häufigflen wird
diefer Bid bei den Gofl. erwähnt (ſ. Bb. H. ©. 628.), doch auch bei den
andern Maaifiraten, 3: B. Genfosen, Liv. XXIX, 37., Prätoren, Gic. p.
Clu. 43., Quaͤſtoren, App. b. c. I, 31. (doch kann dieſe Gtefle auch fo ver»
fanden werben, daß ber unten erwähnte Eid der Senatoren bei den Quä⸗
ftoren abgelegt wurde, indem diefe ein Protokoll darüber aufzunehmen hatten,
f. tab. Bant.) und im Allgemeinen von dem Eid der Magifiraten Volyb.
VI, 56. Neber den am Ende des Magiſtratsjahrs abzulegenden Gib f. eben⸗
falls Bo. I. ©. 628. und Blut. Cic. 23. Der Drt, we ver Ein abgelegt
au werden pflegte, war für Magifirste und Senatoren gemöhbnli der Tempel
des Caſtor ober des Saturn, wo dad Xerarium war, Liv. XXIX,37. App.
b. c. I, 31. tab. Bant. Wenn ein Magifirat ein ihm beſtimmtes Amt ab»
lehnen wollte, fo mußte er bie Wahrheit des Abhaltungegrundes beſchwören,
Cic. ad At. I, 1. iv. XLI, 15. 2) Segen das Ende des Freiſtaats wurde
es Sitte, daß in die Gelege, namentlih in bie ‘Barteigefege, bie Formel
aufgenommen murbe, alle Senatoren und Magiftrate follten ſich durch Cid⸗
ſchwur zur Annahme und Aufrechthaltung dieſes Geſetzes verpflibten, was
binnen fünf oder nah manden Geſetzen binnen zehn Tagen gefchehen mußte.
Den Eid Berweigernden traf nad) Angabe der lex harte Strafe, fo a. B. Exil,
mad über D. Metelus verhängt wurde. App. b. c. 1, 29—32. U, 12.
Blut. Cat. min. 32, Gic, p. Sest. 16. 47. &lor. Ill, 16. ©. vorzäglig
Jus iarandam | 697
tab. Bant. und Klenze's Bemerk. in deſſ. philol. Abhandl., herausgeg. von
Lachmann, Berlin 1839. ©. 16—24. Bel befonderd wichtigen Angelegen⸗
beiten pflegten die Senatoren vor der Abſtimmung zu ſchwören, zum Beften
des Staatd entscheiden zu wollen, Dion. VII, 39. Liv. XXVI, 33. XXX, AO.
XLII, 21. Zac. Ann. T, 74. IV, 21. 31. vgl. ic. Acad. II, 20. 3) Ueber
die bei Cäſars Tod aufgefommene Sitte bed Senatd, in acla principis iurare
und über den jedes Jahr am 1. Januar zu leiflenden Eid der Senatoren
ſ. Princeps und Senatus. Dort ifl auch über den Eid einzelner Kaiſer nach⸗
zuſehen, Eeinen Senator hinrichten laſſen zu wollen. 4) Der von den Bürgern
bei denn Cenſus abzulegende Ein IR Bd. II. ©. 250. ermähnt worden. IV. Im
Griminal- und Civilprozeß. 1) Eid der Richter, f. iudex ©. 360.
und sententia, mo ber @id erwähnt wird, den der Richter ſchwört (sibi non
liquere), um von der Nothwendigkeit loszukommen, den Sprud zu fällen. *
2) Der Calumnieneid der Parteien, f. Bd. II. S. 106., wo Liv. XXXIII.
fatt XLIII. zu Tifen ift, und Mein, Röm. Criminalrecht S. 808.. 3) Der
Eid der Barteien in iure vor Gonflituirung des iudicium, welder Eid die
litis contestatio und iudicium überflüjfig madt. Die eine Partei Fonnte der
andern den Eid zuſchieben (deferre), fomohl Über die ganze Sade als über
einzelne Theile derſelben; die andere Partei mußte entweder ſchwören ober
den Eid der erflen Partei zurüdihieben (referre) und wurde, wenn fle Feind‘
son beiden that, als gefländig angeſehen und verlor ven Prozeß, ebenfo auch
wenn die erfle Partei den zurücdgefhobenen Eid Teiftete; ſ. Tit. Dig. de
ivreiur. (12,2.), vorzüglih 1. 34. 1. 38. 1. 40.1. 7.1.9. pr. 8.1. 1.11.
pr. 8. 3.5 f. Suet. clar. rhet. 6. Inst. IV, 6, 11. und Schraber p. 644 f.
4) Bid der Parteien in iudicio zur Berveldergänzung, wenn der Michter
durch die Bemeife der einen oder andern Partei nicht binlänglich überzeugt,
die Wahrheit derjelben beſchwören läßt, 1.31. D. de iurei. (12,2.). Quintil.
Inst. V, 6. Sen. contr. III, praef. 9) iusiur. in litem. Wenn ber
Richter Behufs der Bondemnation den Wertb der Sache, welche geleiftet
werden jcllte, aber aus dolus oter contumacia nit geleiftet worden iſt,
ſchätzte (ſ. Iitis acstimatio), fo konnte derfelbe von dem Forderungsberechtigten
einen beſondern Eid ablegen laſſen, wodurch er den Werth der Sade und
die zu fordernde Summe beflinmte, d. b. iurare in litem, ic. p. Rosc.
C. 1. Tit. Dig. de in lit. iureiur. 12, 3. Cod. 5,53. Der Richter konnte
biebei eine taxatio d. b. ein Marimum der Summe vorfähreiben unb war
bei der Abfaffung .des Urtheils nicht an die beſchworene Summe gebunden,
jondern Tonnte fie ermäßigen, 1.4. 6. 2.3. 1.5. 6.1.2. D. h. tit.
6) Der Zeugeneid, f. testis. V. Endlich Eonnte in vielen privatrecht⸗
lichen Fällen (namentlih bei obligatorifhen Verhältnifien) und im ges
meinen Leben die Verflherung, eine Verbindlichkeit erfüllen zu wollen,
oder die Berheurung einer Audfage durch Eidſchwur befräftigt werden, 3.8.
Dion. Sal. I, 40. Suet. Caes. 23. Cal. 12. Eic. de off. II, 31. Plaut.
Most. V, 1, 36. Rud. V, 3, 17. Amph. III, 2, 1 ff. 5of. 11, 3, 17.
Mart. XII, 78,1. Ter. Adelph. II, 1, 8ff. — Den Schwur des zahlungs⸗
unfählgen Schuldners bei bonorum cessio |. Bb. I. &. 1152. — Unnöthiges
Schwören galt für ſchimpflich, Quintil. IX, 2, 98 ; wenn aber der Eid ge⸗
iegli$ verlangt wurde, konnte fih Fein Bürger demfelben entziehen; nur bie
Beflalinnen brauchten nit zu ſchwören, wenn fie niht wollten, und ber
° Yucd) das Bolk, wenn es gleichfam als Richter feine Stimme über eine An:
gelegenheit abzugeben hatte, wurde vereidet, und ebenfo wer In den Eomitien etwas
in verhaudeln hatte, was eine Merficherung enthielt, z. B. bie feierliche Annahme
an Kindesflatt, Liv. XXIX, 37. Gel. V, 19.
Vanly, Real-Enchdlop. IV. 42
658 Jus lurandam
flanien Dialis durfte nie ſchwören, Gel. X, 15. Kir. XXXI, 50. Put.
quaest. Rom. 44. — Der Schwur mußte gehalten werben, wenn nidht, was
in privatrechtlichen Verhältniſſen eintreten Fonnte, der, dem gefhmoren worben
war, die Erfüllung erließ, Plaut. Rud. V, 3, 58., oder wenn der Kaiſer
(früher vielleicht die Priefter) davon entbanden (iurisiurandi gratiam facere),
Suet. Tib. 35. 1. 38. D. ad munic. (50, 1.). — Die Strafe des Meineids
f. bei Periurium. [R.]
5) Bedeutung des @ids bei den Nömern in Beziehung auf Sittlid-
feit und Gefellfhaft. Hiebei Iaffen fih mit Stäublin Geld. d. Vorſt.
u. Lehren vom Eid (Böttingen 1824.) S. 58. drei Perioden unterſcheiden:
die der Republik, der monarchiſchen Verfaſſung und der Ginführung des
Chriftenthums. In der erflen murde der Eid in ver Regel höchſt Heilig ge-
halten und man konnte durch denfelben auf eine wunderbare Art oft den
murrenden und empörten Pöbel und die Deere zügeln und zu Allem bringen,
Montes quieu esprit des loix 8, 13. Meiners Sei. der Rel. II, 299— 302.
cf. Gic. Offic. IN, 31. Liv. I, 21. III, 20. Doch muß au hier zwifchen
den früheren und fpäteren Zeiten der Mepublif unterfchieden werben. Die
Monardie veranlaßte unter Anderem, daß man auf den Kaifer ſchwur, Taf
(f. oben) die Kaifer vom Eide abjolvirten, und daß die einreißende Sitten-
verberbniß und der niebrige, ſclaviſche und weichlicde Geift die Helligkeit bes
Eides ſchwächte. Eigenthbümlien Einfluß übte aber in diefer Beziehung das
Chriſtenthum aus, worüber f. Stäudlin S. 69 ff. Sodann aber fönnte bie
Frage entfliehen, ob denn ber oben auseinandergeſetzte, ziemlich niedrig ſtehende
Begriff vom Eide wirklich der durchaus römiſche, ja fo ziemlich der des
ganzen antiken Volksglaubens gewefen fei, und ob Feine reineren Borflelungen
fih gefunden haben, als die, daß man fi dachte, durch den göttlihen Fluch,
den man auf das Haupt des meineldigen Gegners lade, finde man Vergeltung
und Entſchädigung für etmaigen Verluſt. Diefe Borflelung hat Malblanı
an die Spige feiner Unterſuchung geflellt, aber nicht blos Stäublin, fondern
auch Suriften haben fle Heftritten und gefagt, man habe au bei ven Römern
einen fo flarfen Glauben an die Macht des Eidd auf dad Gemüth bes
Schmörenden gehabt, daß man mit einem hohen Grade von Ueberzeugung
darauf rechnete, dur den Schwörenden nicht getäufcht zu werden. Wir
geben zu, daß dieß allerdings der Ball gemwefen fel, aber wenn man nad
dem lezten Grunde fragt, marım man dem Eid eine Macht auf das Gemüth
des Schwörenden zurmaute, fo ift es fiherli Kein anderer, als ver, weil
in der Bolföreligion jene Anfichten vom Wirfen der zürnenden und firafenden
Gottheit und ihrem unmittelbaren @inwirken, das durch gewifle Kormeln
fogar herbeigenöthigt werden Fönne, die Herriddenden waren Daneben Fann
wohl befleben, daß bei den Denkenden des Volks reinere Begriffe vorhanden
waren. Und daß dem fo fel, gebt aus manden Aeußerungen hervor, nidt
blos bei Gicero, melder de Offic. III, 29. ganz wahr fagt: Jusiurandum
non ad iram Deorum, quae nulla est, sed ad justitiam et ad fidem per-
tinet, und wo dem @id eine Innere verbindende Kraft zugefchrieben und von
den Strafen des Meineids ganz abgefehen wird, coll. orat. pro Rosc. co-
moedo 16.: „nicht wegen der Eidesformel zürnen bie Bötter ben Menſchen,
fondern wegen ber Treulofigfeit und Bosheit“; „es ſei Fein Unterſchied zwiſchen
Lüge und Meineid“, und de Legg. II, 7, 16. 22., fondern auch bei M.
Aurelius eis gave. ME, 5.: „Betrage dich fo, daß bu weder eined eigenen
Eids noch irgend eines Menſchen Zeugniß Hebarffl’‘, woraus aber nit folgt,
daß die von M. Aurelius verfündigten Grundſätze der Stoa allen Cidſchwur
durchaus verworfen hätten. Ban vgl. oben die Aeußerung Gpiktett. Wohl
aber fo viel fehen wir aus ſolchen Ausfpräden, daß in ihnen die richtige
Verbindung eines reinen Botteöbegriffs mit dem fkttlichen Handeln des Menſchen,
Jas Latii — Jus liberorum 659
vie Wahrheit, daß bei einem gerechten und mahrhaftigen durch und durch
reinen Handeln und Meben der Menſch in Uebereinflinmung flehe mit dem
überweltlicden Walten ver Gottheit und ihren ewigen Geſetzen, ohne jene
Annligroden Nebenbegriffe des Volksglaubens erfaßt worden iſt. [ Mzr.]
Jus Latii, f. Latium.
Jus (trium, quatuor, quinque) liberorum. In lex Julia und Papia
Poppaea (f. d. Art. u. coelibatus, Bd. II. ©. 476.) waren auch Beſtim⸗
mungen enthalten, melde an den Beflg mehrerer Kinder (gezeugter, nicht
adoptirter, Iac. Ann. XV, 19. 1. 2. 6. 2. D. vacat. 50,5.) befondere Privi⸗
legien Tnüpften, gen. ius lib., Orell. inscr. n. 2674 ff. 3750., iura parentis,
Juv. IX, 87. u. Schol. ad h. I, privilegia parent., Tac. Ann. III, 25.
Plin. pan. 26 f. Andere Kaifer erweiterten die urfprünglicden Privilegien
und verliehen fle auch ſolchen Berfonen, melde gar Eeine Kinder oder wenig»
ftens nicht die erforderlide Zahl befaßen, z. B. Plin. ep. II, 13. VI, 16.
X, 2. 95. Mart. epigr. II, 91 f. III, 95. VII, 31. IX, 67. 98. Suet.
Claud. 19. Galb. 14. Xact. I, 16. Vat. fragm. 170. Front. ep. 8. p. 15.
ed. Francof. Dio Caſſ. LV, 2. LX, 24. Im öffentlichen Leben verlich das
ius lib. Vorzug bei Amtöbenerbungen, Tac. Ann. 11,51. Plin. ep. VII, 16.,
Nachlaß von fehlenden Jahren bei Bewerbungen, PBlin. 1. 1. 1. 2. D. de
minor. (4, 4.), Vorzug bei Vertheilung der Provin,en, Tac. Ann. XV, 19.,
Dio Caſſ. LIT, 13., Vorrang vor Andern gleichen Ranges oder vor Collegen,
Gell. II, 15. 1. 9. C. de decur. (10, 31.), Befreiung von den läftigen
Nemtern eines Vormunds, Richters u. a., 1. 2. 6. 2 ff. 1. 18. 1. 36. 6.1.
1. 45. 6. 2. D. excus. (27, 1.). 1. 1. pr. 6.3. 1.2.6. 1ff. 1.8. pr.
l. 11. pr. D. vacat. (50, 5.). 1. 3. $. 6. 1. 4. pr. D. mun. (90, 4.). 1.5.
6. 2. D. immun. (50, 6.). Vat. fr. 168. 191 ff. 247. 1. 1. C. qui num.
lib. (9, 66.). I. un. C. Th. de his qui num, (12, 17.) u. C. 10, 51.
Inst. I, 25. pr. Symmad. ep. I, 77. Im Strafreddt bewirkte ius lib. zu⸗
weilen (nicht gefeßlih, fondern auf befonderes Bitten) Strafmilderung, nemlich
in Beziehung auf die Bermögensconfiäfation, Div Gaff. LXIX, 23. 1.7. 6. 3.
D. de bon. damn. (48, 20.). Endlich privatrechtlich gewährte ius lib. na»
mentli im Erbrecht Vortheile, ſowohl bei Erbſchaft der Gatten unter ein-
ander, Uly. XV. XVI, 1., als bei Beerbungen der Zreigelaflenen, Gai. III,
42. 47.50—53, Ulp. XXIX,5—7. Sogar Frauen hatten, wenn fle mehre
Kinder geboren (Breie mußten drei, Breigelaflene vier Kinder geboren haben)
oder daß ius lib. erhalten Hatten, befonvere Vorzüge im Erbrecht und waren
von der Tutel befreit, Plut. Num. 10. Dio Caſſ. LV, 2. LVI, 10. Ulp.
XXVI, 8. XXIX, 3. Gat. I, 145. 194. III, 44. Paul. IV, 9,1—9. Inst.
II, 3, 2. — Wenn an mehren Geſetzesſtellen dad ius liberorum auf drei,
an andern auf vier und fünf Kinder bezogen wird, fo erflärt fich dieſe Ab⸗
weichung theild durch die verfhiedene Zeit der geſetzlichen Beflimmungen,
denn in fpäterer Zeit ſcheint bei gewiffen Anſprüchen (3. B. um von einem
Öffentliden munus befreit zu werben) die Zahl von fünf Kindern gefordert
worden zu feyn, theils durch das Domicklium des Vaters, denn menn in
Nom drei Kinder zur Befreiung von ber Xutel u. a. Laften Hinreichten,
mußte der Vater in einer italiſchen Stadt vier und der In der Provinz Le⸗
bende fünf Kinder haben, f. die oben cit. Stellen und Schrader ad Inst. I,
25. p. 144. In den vier Kindern erkannte Walter, Röm. Rechtsgeſch.
S. 328. einen Theil des ius Ital. und ein Anzeichen der Cinwirkung bed ius
Ital. auf den Stand der Perfonen; allein Savigny, in Zeltfär. f. geſch.
Rechtswifſ. XI. S. 12 f. behauptet, die Zahl A Heziehe fi nicht auf bie
Städte, die des ius Ital. theilhaftig feien, ſondern auf die in Italien gele⸗
genen Orte, weil hier das Leben billiger ala in Mom, aber theurer als das
in den Provinzen fei. — Literatur: M. Bertranius Maurud, de iure lib.
660 Jas naturae — Jus Papirilanum
in tract. tractat. tom, VIII. und in thes. iur. civ. III. p. 965 ff. Bartholin.
de puerperio vet. ed. Wetsten. p.S ff. Hanneken, de cura domest. Rom.
diss. 3. Fichtner, de praem. polypaediae, Altorf. 1708. Seinecc. ad L
Jul. et Pap. Popp. I. c.2. II. c.8ff. Lirfius, excurs. ad Tac. Ann. IH, 25.
Bimardus, ep. ad Joann. de Abat. in biblioth. Italic. tom. XVI. [R.]
Jus natursae, ſ. ius gentium.
Jus oscull. Das Alter und die Helligkeit des Rechts der natürlichen
Verwandtſchaft (f. cognatio, Bd. II. S. 458.) wird au daraus erfannt, daß
fi die Frauen (au@genommen die famosne, Sic. derep. IV, 6. bei Non.) und ihre
und ihres Mannes Gognaten bis zu dem Grade der Conſobrinen küſſen follten,
Polyb. VI, 2. bei Athen. X, 11.p.440.E F. Suet. Claud. 26. Feſt. v. Osculana
p. 197.M. Diefe Sitte wurde von den Alten verichieden erflärt; die Meiften,
wie Plut. quaest. Rom. 6. jagt, bezogen fie auf das alte Berbot des Wein-
trinfen& für Frauen, indem ſich die nächſten Verwandten bei dem Kuß fletd hätten
überzeugen können, ob die Frau Wein getrunfen Habe oder nit; fo Gato
bei Plin. H. N. XIV, 13. Gell. X, 23. Bolyb. 1. 1. Tertull. apol. 6.
Eine andere von Plut. erwähnte Erflärung geht bis in die trojan. Diytben-
zeit zurüd, eine dritte erfennt in dem Kußrecht nur eine der Frau von ihren
“ Angehörigen dargebrachte run, damit die Frau ſelbſt dur den Beſitz wadrer
Gognaten geehrter fei. Die legte und einzig richtige Auffaffung ifl die, daß
der Kuß als ein ſymboliſches Zeihen des enggeicloffenen Familienkreiſes
angefehen wurde (xai ToVzo 10709 aneAeipdn ovußoAor xai xorrwrnue Ti;
ovyyereiag). Wenn es dabei Heißt, daß das Kußrecht ſich fo weit erfiredt
babe, als die Ehe verboten geweien fei, jo hieß das welter nichts, ale:
nur auf die engfle Verwandtſchaft — und dieſe wird Durch das Cheverbot
bezeichnet — iſt das Kußrecht audzubehnen. Zu meit geht daher in dieſer
Beziehung Klenze, In Savigny's Zeitſchr. f. geſch. Rechtswiſſ. VI. ©. 18 ff.
Als Mepräfentant ver alten Anſicht ermähnen wir noch Ludovici u. Windler,
de ritu osculi exsplorandi Rom. mulierum abstinentiam a vino. Lips.
1733. [R.]
Juas Papirianum h. eine Sammlung der Föniglihen Geſetze, fo gen.
von der Perfon ded Sammlerd. Nah Dion. III, 36. fol der Oberpriefler
€. Papirius nad der Vertreibung der Könige nur die religiöjen Vorſchriften
bed Numa erneuert haben. Dagegen berichtet Pompon. 1. 2. 6. 2. D. de
orig. i. (1, 2.), daß der Juriſt S. Papifius, welcher zur Zeit des Tarqui⸗
nius Superbus Iebte, die Föniglichen leges sine ordine latas in unum ge⸗
orbnet babe; $. 36. nennt er ihn aber B. Pap. Diefe Angaben find ebenio
unſicher und fhmanfend In Beziehung auf den Namen des Urhebers, dem
fogar drei verſchiedene Bornamen beigelegt werden, als in Beziehung auf Zeit
und Inhalt des Bude, fo daß man ebenfo gut auf eine rein civilrechtliche
Sammlung, als auf ein religiöfes Formelbuch (für welde Annahme Gero.
ad Virg. Aen. XII, 836. fpridt: lex Papiria sub titulo mos ritusque celt,
und ebenfo dad Fragment bei Macrob. Sat. II, 11. über mensac dedicatae,
und dieſer Anſicht if Bouchaud in der Bo. II. ©. 24. hei edict. cit. Abb.)
oder auf zwei von einander unabhängige Bücher neben einander, von vers
ſchiedenen Verfaſſern Herrührend und entgegengefegte Materien umfaflend,
ſchließen könnte. So viel ift aber gewiß, daß ein ius Papirianum zu Cäſars
Zeit eriftirte und daß damals der Jurift Granius Flaccus ein Bud darüber
ſchrieb, Paul. I. 144. D. de verb. sign. (50, 16.), woraus jedoch nicht
folgt, daß Diefe damald unter dem Namen ius Pap. vorhandene Sammlung
alt und Acht geweien ſei. Diejelben Zweifel, melde fih gegen die Fortdauer
ber ächten leges regiae erheben Iafien (f. d. Art.), gelten auch von dem ius
Pap. Dazu fommt, daß nur Macrob. und Serv. fi auf das Buch berufen;
Dion. drückt ih fehr unbeſtimmt aus, und Pompon. it von aller hiſtori⸗
Zus pentilicium — Jus Gairitiem 661
ſchen Kritif verlaſſen Kein beveutender Hiſtoriker oder anderer Schrinfleller,
1. B. Gicero, erwähnt das Bud, obgleich ſo oft Gelegenheit dazu war.
Deshalb if vie Alternative nit unmahricheinlid: entweder war daß ius
Papir. uralt und ädt, dann muß e8 aber, wie alle alte lirfunden, unter»
gegangen jern, To daß ſich nur einige Fragmente in prieflerligen Büchern
erhielten. ober e3 war neueren Urſprungs und von verdächtiger Treue,
jedenfall aber nur ein Prisatunternefmen ohne öffentliche Sanktion. In
beiden Fällen if es nit zu vermundern, wenn die alten Autoren nidı von
der Sammlung ipraden. — Literatur: 3. G. Heinecc. obss. hist. de iure
Pap. in opusc. min. I. p. 1—14. und opp. il p. 4251. ©. F. Slüd,
de iure civ. Pap., Hal. 1760. und opusc. II. p. 1 ff. €. Ginert (praes.
Rau), de Pap. et iure Pap., Lips. 1798. A. ®. v. Schröter, obss. iur.
civ., Jen. 1826. c. 11. Zimmern, Geid. d. Röm. Privatredıs I, 1. S. 88ff.
Puchta, Infir. 1. ©. 1225. Rein, Röm. Eriminalregt S.47— 52. ©. dazu
Dirfjen u. A. bei leges regiae. [R.]
Jus pontifieium, 1) im w. ©. j. ©. a. Ius sacrum oder divinum;
pontif. genannt, weil deſſen Kenntnig und Handhabung den Vontificed an⸗
gehört, j. darüber ius sacrum; 2) im e. S. ald das die Pontifices ſrecicll
betreffende Medt, in ibrem Berhältnig zum Staat und deſſen Inſtituten. Ina
dieiem Sinn muß es Hüllmann genommen haben, in ſ. Bud ius pontif.,
Bonn 1837.; ſ. ponüfer. [B.]
Jus praediaieriam, |. Praes.
Jus privatem und publicam Dad sıflere umjapt die Rechte und
Verhälnifie der in einem Staat lebenden Individuen unter einander (ad
singulorum utilitatem pertinet), Inst. I, 1, 4. u. Ulp. 1.1. $.2.D.i. et i.
(1, 1.) @ic. Top. 2.. während das letziere die Rechte ded Staats ald Ge⸗
ſammtheit gegen tie Bürger als Iheile diefer Geſammiheit und die Berhält>
niffe ber Bürger zum Staat begreift. Es umfaßt aljo ius publ. die ge>
janımte Staatdrerfajjung (Staatsrecht im e. ©.) und Staatsrerwaltung nebfl
allen ihren Anfalten, ober im Ginzelnen: ius sacrum (ſ. d.), die Kriegs
rerfaffung (militia), die Binanzerdnung (Einnahme und Ausgabe des Staats
mit den dazu eingerihteten Anflalten), den Civilprozeß ald Staatsanſtalt,
um bie Rechte ver Einzelnen zu ſchühen, das Griminalreft (nidt von der
Rechtsverletzung Ginzelner, jontern von der des Staats handelnd) und den
Gıiminalyrozeg (1. iudicia publ. u. priv.). Die Römer drüdien ib auß:
publ. ius ad statum rei Romanae spectat, Ulp. 1. I. Inst. I, 1, 4. Jfidor.
V, 4. Der Gegeniag des ius priv. und publ. findet fid in folgenden Stellen
aufgedrüdı: Pompon. I. 2. $. 46. D. o. i. (1, 2.). Lio. II, 34. Gell.
X, 20. %lin. ep. I, 22. VI, 14. Gic. Brut. 59. parlit. orat. 87. cf. de
or. I, 46. — Uebrigens war die Ginıheilung in ius priv. ınd publ, zu
welchem legieren ius sacrum ala Unterabiheilung gehörte, richt die einzige,
ſondern man findet aud die nichotomiſche in ius priv., publ. und sacrum
neben einander, |. ius sacrum. — ine andere Bedeutung von ius publ. if
das im Etaat anerfannte oder öffentlich ſanktionirte Recht Lin demielben Sinn
rird au ius vulgatum und commune geiagt), 3. B. Eic. part. orat. 37. 1.7.
$. 6. 1. 32. $. 24. D. de donat. int. vir. (24,1.). 1.8. D. de tut. (26, 1.)
u.1.w.; 1. Dirfien, Manuale lat. font., Berol. 1837. v. publicus. Zimmern,
Bei. d. Röm. Privarr. I, 1. ©. 425. Schilling, Inflit. u. Geſch. des
R. M. IL ©. 27 f. [R]
Jas Gulritiam im Gegenſatz zu ĩjus civitatis. Urſprünglich be»
zeichnete ius Quir. dad Bürgerreht, welches im Iunern den ein,elnen Bürgern
unter einander gemährt ifl, alſo vorzügli das privatrechiliche Element der
Girität, 3. B. dominium ex iure Quir., Bd. II. S. 1199. (j. Quirites),
während ius civitalis das Recht des Bürgers im Berhältniß zum Ausland
662 Jus Quiritiam
(die den Nichtrömern verfagte Ehre), alio vornemlich das publiciſtiſche Element
bezeichnete. Beides iſt fomit feinem Wefen nad iventifh und nur daburd
verfhieden, Daß es nach zwei verſchiedenen Seiten aufgefaßt if. Das Ber:
bienft, auf diefen Gegenſatz des Inneren und Aeußeren aufmerffam gemadt
zu baben, erwarb fih der ſcharffinnige P. E. Huſchke, über d. Stelle des
Barro ıc, Keibelb. 1835. S. 80 ff. IS ff. und Hüllmann, Röm. Grundverf.
©. 20 f. deutete diefe Idee mwenigftend an. Aus diefer Urbebeutung iſt leicht
zu erflären, wie in der Kaiferzeit ius Quir. in ein ganz befonderes Ber»
hältnig zu ius civit. treten konnte, nemli daß man von den Peregrinen,
-weldde Bürger wurden, fagte, fie erhielten ius civit. ober civitatem Rom.
(meil dieſe gleihfam von Außen. in ven Röm. Bürgerverband eintraten),
während man von den Latinen, melde Vollbürger wurben, fagte, file be:
fämen ius Quirit. (nemlich weil fie ſchon gleihfam Halbbürger gewejen waren
und nun noch den ihnen fehlenden Reſt der Eivität erbielten, wodurch fle
ganz dem innern Kreiß der Bürgerfhaft angehörten). Civitas iſt demnach
etmas Allgemeines und lingetheiltes, ius Quir. aber iſt nun gleihfam ein
Theil der Eivität geworden, tmwelder dem Latinus (Junianus oder colon.)
fehlt, um Volbürger zu ſeyn. Nah diefer Annahme find alle vom ius
Quir. und ius civ. fpreddenden Stellen wohl zu erklären, 3. B. Plin. ep.
X, 22. 23. 6. 105. 106. 108., indem Plin., wo er den Kaifer Trafan um
Ertheilung der Civität an Peregrinen bittet, fletd den Ausbrud civitas
braucht, während er ius Quir. anwendet, wo er Latinen das volle Bürger-
recht verfhaffen will. Ulp. III, 2. fagt: beneficio principali Latinus civi-
tatem Romanam accipit, si ab imperatore"ius Quir. impetraverit (d. h. ver
Zatine wird Vollbürger, wenn er von dem Kaiſer ius Quir. erlangt Bat).
Suet. Claud. 19. Gai. IH, 72 f. Analog und der alten Bedeutung von
ius Quir. fi anſchließend h. es von C. Balbus aus Cadix bei Plin. H.N.
V, 5, derfelbe habe einen Triumphzug halten bürfen und habe ius Quir.
erhalten, nachdem er fhon früher Civis gemorben fei (d. 5. Röm. Bürger
war er zwar fhon in Gabir, aber erſt in Mom murbe er, der biäherige
Provinzialbürger, dur ius Quir. in den eigentlihen Roͤm. Verband aufge»
nommen). &. noch Plin. XXIX, 57. Diefe Anſicht, daß dad ius Quir.
in der Kaiferzeit da3 Plus enthalte, was dem Latinus an ber vollen Civität
fehle, ſtellten ziemlich gleichzeitig auf Trekell, antiq. sel. p. 130-134. und
Gifenbart (praes. F. C. Gonradi), de i. Q. a iure Rom. non diverso,
Helmst. 1744., nur daß Gonrabi dad Plus blos auf die Latini Juniani be⸗
zieht. Es folgten Gebauer, excurs. ad Instit. I. p. 217 ff., Haubolbt,
epicris. zu Seinecc. syntagma p. 925., Stieber, in praef. zu Haubold opusc.
II. p. LXXXII., Bethmann-Hollweg, de causae probat., Berol. 1820. p. 46f.,
und dem Vernehmen nah auf v. Savigny in f. Vorträgen. Diefer allein
richtigen Theorie treten am nächſten bie Hypotheſen folgender Belehrten: Manut.,
de iure civit. Rom. in thes. ant. Rom. I. p. 17. (pie neuen freigelafignen
Bürger hätten um ben ingenuis gleich zu feyn, ius Quir. befommen müffen,
f. dagegen Trekell p. 114—119.), Onuphrius Panvinins, de imp. Rom. c. 9.
(die alten Bürger Hätten das ius Quir. als höheren und bevorzugteren Grad
des Bürgerrechts beieflen, nie feit Auguft eingeführt worden fei, f. dagegen
Trekell p. 119—123.), Bond, observ. misceil. c. 24. (cives mit ias Quir.
feien cives optimo iure, mit allen Rechten, Privilegien u. f. w., wie fle
nur der in Rom geborne und daſelbſt wohnende Bürger haben fünne), ebenfo
Reitz zu Theoph. Inst. p. 1093 f., Püttmann zu Mascov. opusc. p. 108.,
Ernefti, clavis Cic., Meyer zu Adams Röm. Alterth. I. ©. 62 ff., Buß,
antiqg. Rom. p. 75 f. Yu berfelben Seite gehört noch Cramer, de iur. Quir.
et civ. discrim., Kil. 1803. und in deſſen Eleinen Schriften von Ratjen
p. 24—39., mit Nachträgen von Natjen in Ginleit. p. XI ff. (ius Quir. be»
Jus sa0crum — Jus singulare | 663
zeichne das ius ingenuitalis und ius annulorum aureorum, welches ben Frei-⸗
gelaflenen und Latinen zur vollen Givität gefehlt habe — wogegen Gai.
11, 72. ſpricht). Ihm ſchließt ſich Platzmann an, de milit. honesta dimiss.
in Daubold opusc. II. p.841. Endlich Zimmern, Rechtsgeſch. I, 2. ©. 449 ff.
behauptet, ius Quir. umfaffe die Rechte, welche ein Bürger mehr babe, als
der blos freie Mann, alſo privatrehtlid das ius commercii und connubii. —
In völig abweichender Welfe wurde von Andern erflärt, ius Quir. ald Ins
begriff der einem Bürger zuſtehenden Privatrechte, ius civ. ald die Geſammt⸗
beit der öffentlichen Rechte (ius suffragii, honorum etc.). So behauptete
Sigon. de ant. iure civ. und de i. Ital. an mehren Stellen, 3.8. p. 489 f.
659 f. u. a. St., Spanhelm, orb. Rom. I, 9. p.56 f., Heinecc., syntagma
opp. 23 f., Scäulting, ad Ulp. III, 2. p. 574., Cellar., de Pauli apost.
ceivit. $. 10., Corte ad Plin. ep. 1. 1, Adam, Röm. Alterth. I. ©. 62.;
f. dagegen Trekell p. 123—130. und Mylius, de iure Quir., Lips. 1732.
und in f. opusc. acad., Lugd. Bat. 1738. p. 81 ff. (welcher fih jedoch jelbft
nicht für eine beſtimmte Meinung enticheidet). Noch Andere machten das
ius Quir. zu einem dem Bürgerrecht nachſtehenden Zufland, etwa wie ius
Lati, 3 B. A. ab Alexandro, dies gen. IV, 10., Buchner ad Plin. X, 6.,
Eprifl, noct. acad. II. obs. 6. (welcher das ius Quir. für das Recht ber
älteften Plebejer hält, welches man fein volles Bürgerreiht nennen dürfe).
Endlich behauptete in neuefter Zeit Walter, Nom. Rechtsgeſch. S. 354 f.,
ius Quir. und civ. ſei ganz ohne Unterfhied geweſen (fo früher Bronov.),
während man nur zugeben fann, daß die Röm. Schriftſteller an vielen Stellen,
wo nichts darauf anfam (namentlich Dichter), beide Ausdrücke ohne Unterſchied
für Röm. Bürgerrecht brauchten; an den oben cit. Stellen bei Plin., Ulp.,
Gai. mar der Unterſchied, wie nachgewieſen worden iſt, nicht zu verfennen. [R.]
Jus sacrum oder divinum, aud pontificium im w. ©., daß
Sacralrecht, wurde entweder als Unterabtheilung des ius publicum (f. ius
publ.) oder als ein felbftänviged, neben ius publ. und priv. flehendes Recht
angeſehen. Wo die Römer die letztere Einiheilung anwandten, Fam es darauf
an, das Sacralrecht in feinem Gegenſatz zu den weltliden Satzungen des ius
publ. Hinzuftellen, 3. B. or. p. dom. ad pontif. 12. 13. ©. nod Quintil.
II, 4, 33. Auſon. idyll. XI, 61f. Nah dem Sieg ded Chriſtenthums murbe
da3 ius sacrum fletd als ein befonberer Zweig des Rechts anerkannt, ſ. Rein,
Röm. Criminalrecht S. d. Den Inhalt des ius sacrum (Staatdcultus,
Sacralverfaffung und Augurmeien) f. bei den betreffenden Artt., namentli
religio , saera, divinatio, pontifex. [R.]
Jus scriptam und non scriptum. Dieſer Unterſchied entſprang
aus einer ganz äußerlichen Auffaflungsmeile des Rechts. Jus scriptum ums
faßte nemlich alles Recht, welches in ſchriftlicher Form hervortritt, alfo au
dad Edictum praetoris, obgleich diefem meiftend altes Gewohnheitsrecht zu
Grunde Tag, ebenſo die responsa der Juriften, d. h. feit der Zeit Augufls,
ald die responsa ſchriftlich ertheilt wurden — denn vorber müflen fle zum
ins non scriptum gehört haben (Pomp. 1. 2. $. 5. 12. D. de o. i. 1,2.).
Diefer Unterſchied zwiſchen ius scriptum und non script. begegnet und ſchon
bei ic. part. orat. 37., dann bei Duintil. XII, 3, 6 f., und zulegt Inst.
„2,1. auch 1.6. 8 1. D. i. eti. (1,1.). Zum ius scriplum werben
gezählt: lex, plebiscita, Sconsulta, constitutiones principum (decreta, ®b. II.
©. 883., edicta, Bd. IH. ©. 23., mandata und rescripta, ſ. d. Artt.),
edicta magistratuum, f. ®b. III. ©. 20., responsa iurisprudentium, f. Juris
consulti. — Als non scriptum mwirb nur dad ius erwähnt, quod usus
comprobavit, f. Mores. Zimmern, Geſch. d. Röm. Privatredts I, 1.
S Hi f. Dirkſen, vermiſchte Schriften I. S. 99—105. [R.]
Jus singulare, ſ. ius commune. ,
664 Jus strietum — Justinlänus
Jus strietum. Daß alte flarre Civilrecht, welchem das Billigfeis-
princip (aequitas) entgegenfleht, murbe feit der Zeit der großen Juriſten
(Ulp., Paul. 20.) als ius strictum bezeichnet, welcher Name wenigſtens bei
ten Actionen tehnif wurde, indem man regelmäßig actiones stricli juris
und gegenüber act. bonae fidei und arbitrariae unterfhied, 1. Br. I. S. 55f.
170 f. 1150. Jus strictum in andern Beriehungen, aber flet3 im Gegenjag
zu aequitas und bona fides f. bei Gai. III, 18. Inst. III, 3. pr. u. Echrader
ad Inst. IV, 6, 28. p. 656. [R.]
Jus suffragii, ſ. civitas, ®d. II. S. 392.
Jus tigni immittendi, |. servitus.
Justi (Anton. Itin. p. 27.), ein Ort im Innern von Numidia Massy-
lorum an der Straße von Barthago nah Gäfaren, 18 Mill. von Altaba
und 24 Mill. von Mercimeris, 101 Mil. öftlid von Cirta. [F.]
Justina, ſ. Valentiniani.
Justiniäna, j) prima, Stadt in IAyrien, Geburttort Iuflinians,
urfprünglid Veteriana genannt, nad Andern Tauresium (jenes vielleicht
Name der Gegend, dieſes der Stadt), von Jenem vergrößert, verſchönert und
nah fih benannt, Sig des Erzbiſchoſs von Ilyrien, Procop. Aedif. IV, 1.
Agath. V, 21. Juſt. Novell 11. 131, c.3. Niceph. Call. XVI, 37. XVII, 28.
nennt die Stabt Achrido, Andere Ochrida, movon man Tauresium für die
Ueberfegung Hält, f. Ludewig, vita Just. p. 126 f. — 2) secunda, vorher
Ulpiana, gleihfalls bei den Darbanern, von Juſtinian verſchönert und um⸗
getauft, Procop. Aed. I. 1. — Nah Niceph. 1.1. heißt fo auch eine Stadt
auf der Infel Eyprus zu Ehren der dort geborenen Kaiferin Theodora.
Außerdem wurden von Suftinian Justiniana benannt: Karthago, Proc. Aed.
VI, 5. Adrumetum, ib. 6. Tzumina in GOroßarmenien, ib. III, 5. Petreum
in Zazifa, Novell. 28. Bazanid oder Keontopolis in Armenien, ib. 31. Eykä
oder Galata, ib. 59.c.5. (dgl Justinianopolis), Chalkedon (vorübergehend),
Euroral. off. Cpol. p. 87. [W.T.]
Justiniani novi oder Justinianistae h. feit Suflinlanus die Rechts⸗
ſchüler des erflen Jahres, welde vorher Dupondii (Spottname, ald Sadıe
von geringem Werth, aud für Rekruten üblich, I. Lyd. de mens. IV, 94.)
genannt wurden. Während fle vorher die Inftitutionen des Gaius und vier
Bücher des Edicts (singulares genannt) fludiren und darüber Vorträge hören
mußten, verordnete Jufinian für das erfte Jahr das Anhören von Vorlefungen
über feine Inftitutionen und über den erften Theil der Pandekten, ſ. Juſt.
const. omnem reipubl. Ueber die Benennungen der andern Jahre f. edic-
tales, Bo. 11. S. 20., Papinianistae und Lytae. [R.]
Justinianopölis, 1) das ehemalige Hadrianopolis in Epirus, von
Sufinian fo benannt. Procop. de aedif. IV, 1. 4. — 2) Stadt auf einer
Infel im caftorifhen See in Iheffalien, ib. 3. — 3) ein Caſtell an der
Donau, ib. 11. J. nova hieß eine Stadt auf Kyprod, Syn. Trull. can. 39.
Andere von ihm Justinianop. benannte Städte waren: Mylana in Pamphy⸗
lien, Spaläa in Galatien, Evarla in Phöniflen (Provincial. eccl. orient.),
in Cappadocia secunda, in Armenien, in Bithynien, das frühere Cypſelon,
und J. Camulianorum, von melden allen die Biichöfe der fünften Synode
‚zu Gonftantinopel anwohnten. Eykas, Vorſtadt von Byzanz, erhielt von 3.
Staptgerehtigfeit und ben Namen, Chron. pasch. ad a. 528. Stephan.
de urb. Heſych. [W.T.]
Justiniänus, 1) der Kaiſer. A. Perſönliches. Geboren am 11.
Mai (Theophan. p. 350.) 482 n. Chr. (Ludewig p. 125. n. 2.) zu Taureflum
in JAyrien (f. Justiniana prima); fein Bater Sieh zu Haufe Iſtock (truncus),
auf byzantiniſch Sabatius (Theophil., vgl. Theophan. p. 281.), feine Rutter
Sigleniza (woraus Vigilantia gemadt), die wohl ihrem Bruder Sufin 1.
Justinlänus 665
nad) Byzanz nachzog; fein eigener Name Tautete illyriſch Uprauda (engl. Upright,
Ufrecht, rectus, iustus), Theophil. Es iſt wahrſcheinlich, daß Juſtin. den
damaligen Bildungsgang, welcher vorzugsweife ein juridiſcher war, mitmachte;
von Lehrern deſſelben Tennen wir nur ben Iheophilus. Als junger Mann
mwurbe er unter Anaflaflus von Juflin dem Theoberih als Beifel nah Ra⸗
venna geſchickt (Theophil.). Im I. 520 wurde er Gof. und ſuchte dabei
durch glänzende Spiele das Bolt für fi zu gewinnen (Marcellin. Chron.).
Wurde Patricius (Cyrill. Skyihop.), comes domesticorum (f. Juſtins
Brief an Hormisbas), Nobilissimus (Marcel. Chron. ad a. 527. Sonar.
XIV.), nad der (dur ihn berbeigeführten) Ermordung des Vitalian Ma--
gister militum (Zonar. XIV, Vict. Tunn.) und Hatte den Bellfar und Sittas
zu Doryphoren (Procop. Pers. I, 12. p. 59. Bonn). Bei ver Unfähigkeit
feines Dheimd war Juſt. der factifhe Aegent (Procop. Vand. I, 9. Aedif.
1, 3. Anecd. 6, p. 45. 12, p. 82. Bonn), fo fehr, daß 3. B. Theophan.
p. 263. beide gerabezu verwechſelt. Zwar wies Juflin einmal das Anfinnen
einiger hohen Beamten, feinen Neffen zum Mitregenten anzunehmen, wegen
befien (verbältnigmäßiger, — doch vgl. Anecd. 6. 805 ar ru molıssiay
Ssorxeiro) Jugend zurüd (Zonar. XIV.), ſetzte jedoch, ala fein Fußübel
ſchlimmer wurbe, ihm in Gegenwart bed Patriarchen und der Beamten am
1. April 527 (drei Tage vor Oſtern, alſo in der geſchloſſenen Zeit, Procop.
Anecd. 9, p. 67.) das Diadem auf, was dad Bolt mit Jubel aufnahm
(Zon.1. 1. Evagt. IV, 9. Theophan. p. 266.). Nah Zon. 1. 1. war jetzt
Juſt. 45 Jahre alt, was nur zu ben erwähnten beiden Daten nicht ganz
flimmen wid. No ehe Juſtin am 1. Aug. d. 3. farb und den Juſtinian
als einzigen Herrſcher zurückließ, ließ dieſer feine Gemahlin Theopora als
Auguſta ausrufen (Zonar. 1. 1). Diefe war auf Kyprus geboren (Niceph.
Call. XVI, 37.); aber früh zog fie mit ihren Eltern nah Byzanz, mo Aca-
cius, Ihr Vater, Bärenwärter bei den Braflni wurbe (Procop. Anecd. 9.).
Unter Anaflafius flarh dieſer und Hinterließ drei Töchter: Komito, Theodora
und Anaflofla, wovon die älteſte erſt 7 Jahre war. Die Wittwe wollte das
Geſchäft mit einem neuen Manne fortführen, verlor aber die Stelle pur
Intrigen. Als fie die Hilfe des Volks im Circus anflebte, wieſen vie Praſini
fle zurüd, die Beneti aber gaben ihr die gerade bei ihmen vakante Stelle. Die
Töchter waren alle hübſch und ihre Mutter brachte jede fobald fie mannbar
war aufd Theater; aber Theodora begann noch vor diefer Zeit mit unnatür=
liher Preisgebung; dann trat fie unter bie planipedae ein, d. h. unter den
Theil des Theaterperſonals, deſſen Berrihtungen nit auf der Bühne, fon»
dern im Bordell waren. Im Iehterer Beziehung erzählt Procop. Anecd. 9.
ganz ungeheure Saden von ihr. Sonft trat fle nur in der Komödie manchmal
auf in poffenreißerifgen Stüden, verfiel aber au da in ihr eigentlidhes
Handwerk. . So ſchamlos war fle, Gors mw aldo oux 87 Ti tig Yvoaws.
WEr xara Tavın rois allaıg yuraılir, alla 89 To nEOSORW äyer Edone
(ib.). Oftmals ſchwanger trieb fie es ab, nur einmal gebar fie einen Sohn
(Iobannes), den fein Bater alsbald nad Arabien fortnahm und ihm erft
viele Jahre nachher auf dem Todtenbette feine Abflammung entdeckte; ber
Sohn eilte nah Byzanz, ließ fh ihr vorftellen, wurbe aber auf ihre Weiſe
unfihtbar gemacht, fo daß man au nad ihrem Tode nidtd von feiner
Griftenz hörte (ib. 17, p. 102 f.). Mit dem Tyrier Hekebolus, ber zum
Präfecten von Bentapolis ernannt war, z0g fie als Goncubine nah Afrika,
mußte aber in Folge von Zwiftigkeiten mit ihm wieder fort und verbiente
ſich die Koflen der Rückreiſe zu Land mit Proſtitution. Als fle von dieſer
Kunftreife zurüd wieder in Byzanz ankam, verliebte fi Juſtinian (no unter
Juſtin I.) flerbli in fle, erhob fie zur Patricia, legte ihr, Re bümer zu
IV.
666 Justinlänus
Füßen, ohne ſich jedoch mit ihr förmlich verloben zu können, fo Tange vie
Katferin Euphemia lebte; au als er nach bewirkter Aufhebung bes entgegen»
fiehennen Geſetzes (f. Cod. L. 5, t. 4. de nuptlis I. 23.) fie endlich hei⸗
rathete, farb feine Mutter aus Gram barüber (Theophil.). Sie war von
. mterfeßter Geſtalt, ſah gefund aus, nur etwas bleich, hatte lebhafte Augen,
war überhaupt zvmooowmos nei suyapıs (Proc. Anecd. 10, p. 69. vgl.
de aedif. I, 11.). Dur ihren überlegenen Verſtand, ihr Sichverſchmelzen
mit feinen Intereffen und die frenge Durdführung verfelben feffelte fle ven
veränberlichen Kaiſer fo, daß er ihr yesgondng und vroyeigios wurbe (Anecd.
22, p. 127.), und fle anerfannte Mitregentin war (vgl. Sonar. XIV. Anecd.
2. extr. 9, 41. 17, 103. 25, 140 f. 30, 164 f.), der man neben Juſtinian
den Eid der Treue ſchwoͤren mußte (Novell. 8.). Beide Hatten gleide Ge⸗
finnung und Neigung (Anecd. 13,84. 15, 93.), und handelten daher immer
ufammen; wenn fle (wie bei Proceffen, in ven theologiſchen Streitfragen)
ch auf entgegmgefehte Seiten ſchlugen, fo geſchah dieß abfichtlich, um beide
zu feflen, zu benüßen ober zu berauben (Anecd. 10, 69 f. vgl. Evagr.
IV, 10.). Wer ohne ihr Wiffen eine Stelle befam, der durfte darauf rechnen,
dei erfter Belegenheit mindeſtens abgefeht zu werden (Anecd. 15, 92.), und
ohne Schen verfolgte fie ihres Mannes Freunde (ib. 16, 97.99.). Befon-
ders angelegen war ihr die Demüthigung Bornehmer (ib. 15, 93—95. 17,
101.); ihre Woluft war jetzt, Menſchen zu quälen (ib. 13, 91.); ihr Zorn
und ihre Rache kannte Feine Orenze und war um Fein Mittel verlegen (Anecd.
3, 28. 15, 91. 93 f. 16, 98—100.). Ihr Geſchlecht nahm fie auf alle Weite
und für jeden Zweck in Schutz (Procop. Goth. III, 31, p. 407. Anecd.
ec. 8 f. 17, p. 103. vgl. au c. 17. und Aedif. I, 9.) und erlaubte fi
unerhörte Eingriffe in das Eheweſen (Goth. III, 31. Anecd. 17, 101. 104 f.).
So jehr war fie gefürchtet, daß bie Vornehmflen Tage Tang bei ihr anti»
&hambrirten (Anecd. 15, 93.) und Germanus, ven fie offen haßte, keine
Schwiegertoͤchter bekam, obwohl er Juſtinians naͤchſter Verwandter war (ib.
5, 37 f.); ja Juſtinian ſelbſt fürchtete ſie noch nad ihrem Tode fo, daß er
bei Ihrem Namen ausnahmsweiſe feinen Meineid ſchwor (Baul. Stient.).
Ihre ehliche Treue wird kaum bezweifelt (Anecd. 16, p. 98); Iegitime Rad»
tommen aber hatte fie keine außer einer Tochter, melde einen Sohn Anafla-
flus Hatte, der mit Gewalt an Beliſars Toter Johannina vermählt werden
follte (ib. 5, 40.). Der 90jährige Sabas weigerte fih im 3. 530, um
männlige Nachkommenſchaft für fe zu beten, va un 06 vol avıng or
Zsvroov Hnlaoon doyuarwr nal yeipw Araoraciov tupasom 779 Enniroier
(Eyril. Skythop. vit. Sab.). Sie fand nämlich für gut, fid zum Mono⸗
phyfitismus und andern Häreflen zu befennen und biefe zu profegiren (Anecd.
27, 151. Gvagr. IV, 10.), kam daher auch zweimal (durch Agapetus und
pur Bigilius) in ven Bann (Bict. Tunn. u. Greg. Epist. IX, 36.). Ob⸗
wohl fie ihren Körper auf alle Weife pflegte (Anecd. 15, 92. vgl. Theophan.
p. 286.), flarb fle am 12. Juni 348 (Procop. Goth. IN, 30. Theophan.
p. 350.) canceris ploga toto corpore perfusa (Bict. Zunn.), ohne älter
als 40 Fahre feyn zu Eönnen. Juſtinian überlebte fie um 17 Jahre: er ſtarb
am 11. Robr. (Theophan. p. 372.) 565 ſqhnell und fanft (@vagr. IV, 41.
Goripp. laud, Just. I, 236—247.) in der Naht (vgl. Eoripy. 1.1.1, 72 ff.
302 ff. .), und wurbe in der Apoſtelkirche begraben (ib. IN, 39—61.).
Regiert Hatte er (vom 1. April 527 an gerednet) 38 I. 7 M. 13 .
( Theophan. R, 372.; Gvagr. IV, 41. gibt rund 38 I. 8 M. an, Chron.
Pasch. p. 647. Bonn ungenau 38 3. 11 M.). Lebenögefährlich krank war
et mehremale (vgl. Proc. Anecd. 9, 64.), namentlih in der Peflzelt wurde
er bereits gefagt (Brocop. Pers. II, 23. extr. Anecd. 4. in. vgl. Theo»
pban. p. 383.). Gr war etwas über mittlere Gtatur (Gedsen.), Hatte Fin
Jugtinfänys MR
volles, heiteres Geſicht mit geiunner rother Farbe ( Cedren. u. Procop.
8, 55.), etwas kahlen Kopf (Cedren.) und im Ganzen viele Aehnlichkeit mit
Domitian (Procop. 1.1.). Ein befonberes Kennzeichen war, daß er die Ohren
bervegen Eonnte wie ein Eſel (Procop. J. 1. u. Fast. Sie.). Außer dem baß
er & 70 agpodin« Ömuoriwg sarovdaxus war (Anecd. 12, 82.), führte
er eine auffallend barte Lebensweiſe: niemals aß oder trank ex fi ſatt u
faflete oft mehrere Tage lang (ib. 12, 81. 13, 86.); das Bedürfniß de
Schlafes Hatte er in ungewöhnlich Eleinem Grave; immer gährte und wählte
ed in ihm, ex konnte nit lange ruhig figen und ging ganze Nächte im
Pallaſte auf und ab (ib. 12, S1f. 13, 86 f. 15, 92. Juſt. Novell. 8. 30.).
In feinen Manieren fah der Illyrier durch Cib. 14. in.), lag aber zugleich
etwas Mildes und Leutfeliges (ib. 13, 83. 15, 92.), das mit dem flolzen
und fabrigen Weſen feiner Gemahlin contraflirte (ib. 15, 93.), aber nicht
auf Güte, fondern auf Schwäche des Charakters beruhte. Denn er war
überaus unzuverläbig und veränderli in feinen Anflten und Entſchlüſſen
(ib. 13, 84 f. 22, 127. 27, 150-153. 29, 156 f. Goth. III, 36. 37.),
nur nahm er babei teils in Folge von Theodora's Einwirkung, weit mehr
aber in Folge des entſchieden bösartigen Zuges in feinem Gharakter über⸗
wiegend die Richtung auf dad Schlimmere (uadsora Es udr ra xauna svna-
gayayog, 8: d& za ayadı ovöcme Evußoviz nv, ib. 8, 57. 13, 84.);
er brach Cidſchwüre (ib. 6. extr. 13, 86. 14, 91.) nur wenn er verheißen,
nicht wenn er gedroht Hatte (vgl. 8,57. gilos aßeßaıog, sydpog Karovdoz,
u. 13, 85.). Er war geiflig eher beſchränkt als bebeutenb: er ließ ſich leicht
täufchen (ib. 8, 56. 13, 84. 22, 127.); aber von der niederen Klugheit,
von Pfiffigkeit und Verſtellungskunſt befaß er eine flarfe Dofls, vermöge
beren er Jebermann binterging, während er zu eitel war ald daß er Anbern
ſich gegenüber dieſelbe Fähigkeit zugetraus hätte. Mit biefer aroı« (ib. 8,
96.) war naxorgonie auf eine unheilvolle Weiſe gemiſcht (ibid.), jo daß ihn
Procop als umpoxanondns charakterifist (ibid.) und ſagt: yeago wr nos
igıntodes Övraroy yayorer' jr zomur 6 Aamdeus oVTo; sigwr, BoAepog,
xaranAaoros, osanas ogyyr, Örmloüg, arügwnog Öerög, vrongiracdeı
yrauımr tslswzazog za danpva ovy Up Nboris Tıwos 7 nadovs ERgagm?
all zeysalmr ani nmpoU ara TO Tig Xpeing nagor, wevdöusvos &g al,
oVxr Ein uErtor, alla xal yomumara nal opnovg Ösiroratoug Eni roç
Suynasussog neromuerog — die gemeine Klugheit im Bunde mit abfoluter
Gemürh- und Gef enlofigfeit. Dieß zufammen mit dem ſchleichenden, uns
heimlich minirenden Wefen des Kaifers und feinen verberblihen Wirkungen
mußte einen Eindruck machen, den ſchon Procop. als einen dämoniſchen,
mephiſtopheliſchen bezeichnet und nur in ber abergläubiſchen Meife feiner
Zeit begründet und auögeführt bat (ib. 12,p.79-—82.). Die ihn vorzugs⸗
weife beherrſchenden Leidenſchaften waren eine maßlofe Eitelfeit* und uner⸗
ſättliche Habſucht (ib, 8,57. 11, 71. 13, 84 f. 22, 127. 26, 146. 27,149.
151. 29, 159 f. und bei. Evagr. IV, 30.), und feine Degierungöhanblungen
— dieß Ge; se von Procop (ib, 8, 57. 11, 71. 22, 127.)
amit zufammengeftellte (3. B. Porwr za xai xpnuaıor Öanvpos agaoııng,
ib. 8.) Blutgier war bielmeßr Kühle und Stumpfheit des Gefühle, Gleich⸗
* Sr ſah fi fehr gern (auf Kieidern, Tafelgeſchirr u. f. w. war fein Bild,
Coripp. Just. III, 112 f., auch Bffentlih eine Heiterfiatue, Procop. Aedif. I, 2.
Theophan, p. 347.), hörte fi) ebenfo gern (Procop. Anecod. 14.), mifchte ſich in
Unes, benannte Alles nad, fi (Alemann. gu Ancod. 11.5 vgl. Justinlana u. Justi-
nianopolis), Fonute nicht genug von ſich fprechen und fidy ſelbſt preifen (vgl. alle
—— zu feinen CTonſtitutionen) und freute fi prunkender Titel (vgl. z. B.
atitut. in).
668 astintänus
tigkeit in Berug auf die Wirkungen und Mittel. — B. Regierung.
) Bolitit; a) äußere. Gegen bie von allen Seiten gegen das griechiſch⸗
roͤmiſche Reich andrängenden Feinde brachte er theild die Künfte des Diplo:
maten, theils ben Reiz des Goldes, theils das Schwert des Kriegers in
Anwendung. Er verſuchte moͤglichſt oft die Feinde gegen einander zu hetzen
(Procop. Goth. III, 34. IV, 18 f. Anecd. 11, 72. Agath. V, 24 f.), was
aber manchmal flatt der gewünſchten die Folge hatte, daß beide fich gegen
ihn wandten (Goth.1.1. Anecd.1.1.). Noch häufiger, gegen das Ende feiner
Regierung fogar ausſchließlich (Agath. V, 14.), fand er drohende oder bereits
losgebrochene Feinde mit Geld ab oder erfaufte ſich im der richtigen Erfennt-
niß, daß feine Sriechen eine ſchlechte milttärifge Stüge felen, Bundedgenofien
unter den fog. Barbaren, und zwar immer im Boraus fo wie ſich @elegen-
heit darbot, indem er als Wühler und Brojectenmader für alle Säle gleichſam
ein Arjenal vorräthig haben wollte. Ganz unglaublide Summen find unter
ihm ins Ausland gefloffen: Fein Frieden wurde gefchloffen ohne die Bebingung
der einmaligen ober regelmäßigen Bezahlung einer beveutenden Summe, und
faft jeves Jahr kam ein neues Bolf, feine Freundſchaft für Gold anbietend,
und nie zogen bie Gefandten mit leeren Händen ab (vgl. 3. B. Theophan.
p. 339 f.), und kamen baber nur um fo lieber wieder. Es war als wäre
er froh, des byzantiniſchen Goldes los zu werben (Anecd. 19, 114.), alt
bielte er für feine Aufgabe, daſſelbe auch im Auslande befannt zu machen
und die Schulden vergangener Jahrhunderte zurüdzuzahlen; aber feine Nach⸗
folger Hatten noch Tange die verderblichen Folgen vieler Politik zu tragen.
Er Hat Bold ausbezahlt (theils ein für alle Male, häufiger alljaährlich) an
bie Qunnen (Anecd. 8. 11. Theophan. p. 269 f.), Gepidven (Proc. Goth.
IN, 33.), Zongobarben (ib.), Seruler (ib. Theophan. p. 268.), Uturgurer
und Kuturgurer (Goth. IV, 5. Agath. V, 24.), Barner (Agatb. I, 21.),
Saracenen (Menand. Brot. p. 358 f. 369 f. 377.), Avaren (Menand. p. 2827.
286 f. Goripp. Just. III, 303 ff.), die Anwohner des Kaukaſus (Agath. II,
45. vgl. IV, 20.), Iberer (Theophan. p. 336.), Gothen (Proc. Goth. IV, 5.),
Derfer (Proc. Pers. I, 16. extr. 26. in. II, 10. 28. Goth. IV, 15. Geo
phan. p. 379. Menand. p. 313.) u. A. Das dritte Mittel gegen Feinde
war der Krieg Die Veranlaffung zu biefem gab ebenfo oft er ſelbſt als vie
Beinde; denn Alles that er zur Unzeit: im Frieden, in ber Zeit des Waffen⸗
ſtillſtandes Tauerte er Hinterliftig auf Gelegenheit feinen Nachbarn zu ſchaden
(vgl. Proc. Pers. II, 24. 30.), und wenn es Krieg galt, fo vertiefte er ſich
in Speculationen über die Ratur Ghrifli (Proc. Anecd. 18, 110.). Er war
ehrgeizig und eroberungsfüdgtig nur fo weit ale es auß feiner Eitelkeit folgte
und fofern dadurch eine fleuerbare Provinz dem Neiche einverleibt werden
Tonnte; für felne eigene Perſon riäfirte er Nichts, denn während feine Feld⸗
herren und Heere in der Berne bfuteten, fpazirte er in feinem Ballalte herum;
nachdem der Kriegsplan im Allgemeinen feftgetellt war, Hatte er nur Gelb
und Mannſchaft zu fenben und etwaige Beute und Lorbeeren einzucaffiren.
Aber auch jenes that ex nicht gehörig: er IEnauste mit den Nüftungen (Anecd.
48, 110.), an dem Solde des Heers (3. B. Proc. Pers. U, 7. extr. Vand.
II, 15. 18. 26. Goth. III, 6. 11. 30. 36. Anecd. 22, 124.), und wollte
die Provinzen ausfaugen ehe fle noch recht erobert waren (Anecd. 18, 107 f.
Vand. II, 8. extr. Goth. III, 1, p. 284., vgl. Anecd. 26, 147. Goth.
11,21.). Auch wählte er nichts weniger als immer den tüdhtigften Anführer,
fonbern (Theodora) ſchickt z. B. den Sergius nah Afrika, weil er mit Antor
nina's Enkeltochter verlobt iſt (Anecd. 3, 42. vgl. Vand. II, 22.), ebenſo
den Areobinbus, der noch nie Blut gefehen (Vand. II, 26.), nad Italien
den ganz Triegsunfunbigen und felgen Maximin (Goth. EHI, 6.), den ebenfo
kriegsunerfahrenen und greifen Liberius (ib. 37, p. 440.), nad Kolchis den
>
Zustinlänus 669
watſchelnden, 7Ojährigen, eben geichlagenen Beſſas (ib..IV,8. 12. extr.) u. ſ. f.
Einen Bellfar nahm er aus Mißtrauen nur wo er unvermeidlich war, gab
ihm oft ungurelipenbe Streitkräfte (vgl. Goth. II, 12. Anecd. 4, 35.), lieh
in feiner Abweſenheit VBerläumbungen das Ohr (Vand. II, 8. Anecd. 18,
107.) und hemmte durch Giferfüchteleien feine Schritte (Agath. V, 20.);
ebenfo feßt er feinen anerkannt tüchtigen Brubersfohn Germanus zurüd (Proc.
Goth. III, 37.) und gibt ihm endlich nur Geld, kein Heer (ib. 39.), und
au jenes fo, daB Germ. das Meifte ſelbſt beſtreiten muß (ib. p. 447.).
Den Mangel an audgezeidhneten ſuchte er dann durch Vervielfältigung der
mittelmäßigen Anführer zu erfeben, ſchadete aber dadurch nur doppelt. Daß
er dennoch verhältnigmäßig fo Großes erreihte, das Tag theils am Zufall,
theils an ber ausgezeichneten Tüchtigfeit einzelner Männer wie Belifar und
Narfes und ihrer überlegenen Taktik und Energie: Juſt. ſelbſt war fo ziemlich
unſchuldig daran. Seine bedeutendſten Kriege find: «) ber gegen bie Bans
daler. Gelimer hatte den mit Juflinlan befreundeten Hilderich geflürzt und
da frieplihe Verwendung fruchtlos blieb, fo beſchloß Juſt. gegen die Anficht
feiner Rüthe den Krieg (Proc. Vand. I, 9f.). Beltfar erbielt unbeſchränkte
Vollmacht als Alter Ego und fuhr im Juni 533 ab (ib. 10—12.). In
der Nähe von Karthago landet er und zieht nad einem theuer erfauften
Siege über Gelimer in die Hauptflabt ein (ib. 19 f.). Durd feinen Bruder
verſtärkt rückt Bel. von Neuem gegen Karthago und Bellfar, wird aber
völlig geſchlagen, fein Bruder fält, Bel. ſelbſt flüchtet fi auf einen fleilen
Berg, mo er nach mehrmonatlider Belagerung durch Hunger zur Uebergabe
gendtbigt wird (ib. II, 1—7.). Vom eiferſüchtigen Kaifer zurüdgerufen
(ib. 8. Anecd. 18, 107.) brachte Bel. (Herbſt 534) den Gel. nad Byzanz,
wo dieſer Beflgungen in Galatien angemwiefen erhielt (Vand. IE, 9.). In
Beliſars Rücken empörten fi die biäher neutral gebliebenen Mauren; fie
werben zwar geſchlagen (ib. 11f.), aber nun bricht unter den Griechen ſelbſt
eine Meuterei aus (ib. 14 f.), die Germanus dämpft (ib. 16—18.); aber
ebe er damit fertig iſt, wird er von Juſt. zurüdberufen (ib. 19.). Dur
die Schlechtigkeit der nachfolgenden Befehlshaber wird ber Krieg mit ben
Mauren in die Länge gezogen, und als er zu Ende war (um 550), war
au das Land vollfonimen veröbet (Proc. Goth. IV, 17. extr. Anecd. 18,
106.). Die Zahl der in diefem Kriege Umgekommenen ſchätzt Procop (Anecd.
18, 107.) auf 5 Millionen; nichts deſto weniger lefen wir aus dem I. 563
wieder von Bewegungen der Mauren gegen ben Drud der griechiſchen Herr,
haft (Theophan. p. 369 f.). B) Der Krieg gegen die Oſtgothen in It a⸗
lien (von 535 an). Der Bormand zum Krieg war bie Ermordung ber
mit Juſtinian in Unterhandlung begriffenen Amalafunıha (Proc. Goth. I, 4.);
aber da diefer Mord von Theodora felbft angefliftet mar (Anecd. 16,96 f.),
fo ik der Grund vielmehr zu fuchen in dem unter Italienern wie Briechen
lebendigen Gefühle, daß Italien am wenigften in ben Händen der ‚‚Barbaren‘“
ſeyn follte und daß es Zeit ſei die Einpringlinge auszumelfen, Italien wieder
mit dem Reiche zu vereinigen. Es war ein fehr feiner Kriegaplan entworfen:
von Norden follten die von Yufl. zu Bundesgenoſſen gewonnenen Franken
(Goth. I, 5.) auf die Gothen einflürmen, in Dalmatien Mundus (ib.) und
von Sicilien aus Beltfar (mit 7500 Mann, wozu no die von ihm felbfl
befoldeten Schaaren kamen, ib.), falls er jene Inſel ſich geneigt finde und
baber im Rüden gevedt ſei (ib.). Der ſchwache Gothenkoͤnig Theodat if
bereit, Iuflintans Vaſall zu werben (mit den Angaben von Procop. ib. 6.,
der damals noch In Afrika war, find die des Sekretärs von Theodat, Caſ⸗
flobor, zu vergleichen, f. Schloffer, Univerf. Veberf. III, 4. S. 108.), nimmt
aber auf die Nachricht von einem kleinen Vortheil, ven bie Gothen in Dals
matien davon getragen, Alles zurüd (Goth.1,7.). Der Berrath von Theodats
670 Justinjännes
Säwisgerfohn Evermund (Iornand. de reb. get. c. 60.) und ber Abfall
Unteritaliend (Proc. Goth. I, 8. 16.) fördern den Belifar, der erſt bei Neapel
Widerſtand findet und fiegt (ib. 8—10.). An die Stelle des felgen Theodat
wählen die. Gothen ven Wittiged zum König, und biefer Täßt jenen fogleih ermorden
(ib, 11.). Witt. zieht ie nah Ravenna zurüd um feine Madt zu fammeln
(ib.), und gewinnt bie Franken für ſich (ib. 13. extr.). Beliſar zieht am
9. Decbr. 536 in Nom ein (ib. 14., vgl. Evagr. IV, 19. Niceph. Gall.
XVII. 13.). Im folgenden 3. ſchickt Witt. einen Theil feines Heeres nad
Dalmatien gegen Conſtantianus (Goth. I, 16.), mit den 150,000 (?) Uebrigen
züdt er gegen Bel. und Rom (ib.). Mit ſchwerem Verluft erfaufen fie den
Uebergang über den Tiber (ib. 18.) und belagern von Anfang des März an
(ib. 24.) die Stadt, deren mweitaudgebehnte Mauern Bel. mit nur 5000 Wann
vertheibigt (ib. 22. vgl. 27.), aber durch außerordentliche Vorſicht, Klugheit,
Ausdauer und Tapferkett 1 I. 9 T. Tang (ib. II, 10.) gegen Feinde und
Hunger hält, 618 endlich die Bothen die Belagerung aufgeben und dem von
einem Unterbefehldhaber Beliſars bebrobten Ravenna zu Hilfe ziehen (Goth.
J, 19—I1, 10.). Iegt ſchickt Bel. den Mailändern auf ihr Verlangen Hilfe,
um die goth. Veſatzung zu vertreiben; aber raſch ziehen 10,000 Burgunder
nebſt Alemannen heran, angeblig auf Abenteuer audgezogen, in Wahrheit
vom Branfenfönig vertragamäßig den Gothen gefanbt, und belagern in Ver⸗
Bindung mit einer Abtheilung Gothen die Stadt (ib. II, 12.); Bel. ſchickt
Entſatz, aber die Abtheilung fühlt ſich zu ſchwach und will nur dem (in»
zwiſchen angefommenen und mit Bel. rivalifirenden, ib. 13. extr. 18.) Narfes
geboren (ib. 21.), und inzwiſchen wird Mailand dur die grimmigfte Hun⸗
gerönoth genöthigt fi zu ergeben (3. 538), die Griech. Beſatzung wird zu
Gefangenen gemacht, die ganze männlihe Cinwohnerſchaft aber von ben
über den Abfall erbitterten Bothen niebergehauen, die Weiber den Burgundern
als Sklaven geſchenkt, die Stadt dem Boden gleihgemadht (ib. 21.). Auf
Belifars Beſchwerde wird ber hemmende Narſes zurüdberufen (ib. 22.).
Mährend Bel. eine Feſtung nad der andern erobert, maden die Franken
unter Theudibert mit einem flarfen Heere einen Einfall in Obrritalien, ylüns
dern Alles und menden fich gegen die Bothen ebenfofehr wie gegen vie Griechen
(ib. 25.); aber Klima und Qunger reiben den einen Theil auf und der andere
fehrt nach Haufe zurüd (ibid.). Witt. hat um die Griechen zu zertbeilen,
ben Choeroes zur Schilverbebung aufgefordert; Juſt. wünſcht daher ſchnelle
Beendigung des goth. Kriegs um Bel. gegen die Berfer zu verwenden (ib. 22.).
Bel. zieht gegen Navenna, wo bie Bothen zufammengebrängt find und fließt
es von der Land» und Seeſeite ein (ib. 28), Die Franken bieten den Gothen
Unterflügung an unter der Bedingung, daß fle Italien mit ihnen tbeilen;
Bel. Hintertreibt den Bertrag (ibid.). Juſt. bietet dem Witt. Frieden an,
wenn er ſich auf Italia Transpadana beſchraͤnke; Witt. iſt bereit dazu, Bel.
aber verweigert (ficher nicht ohne geheime Inflruction) feine Unterfögrift, weil
er mehr zu erreichen hofft, und gewinnt (Dechr. 539) enpli die aukgehun⸗
gerte Stadt durch dad trügerliche Verſprechen, felber die weſtrömiſche Krone
annehmen zu wollen; vie Schäge im goth. Pallafl werben erbeutet (vgl.
Anecd. 1, p. 17.), Witt. gefangen gefegt (Goth. II, 29.), und als Juſt.
mißtrauiſch den Bel. eilig zurüdberuft, nimmt diefer (Gebr. 580) den Witt.
mit nah Byzanz, Indem er jetzt erſt den weflröm. Thron entfchleven ablehnt
(ib. 30.). Italien if} jeßt wieder mit dem griechiſch-⸗röm. Reiche vereinigt,
aber die letzten Blüten der Cultur waren dur die Franken, Gothen und die
wilden @lemente im griech. Heer wetteifernd zertreten, und ſchnell ging durch
eine Reihe der eraſſeſten Mißgriffe, Feigheiten und Unglücksfälle unter Beli-
fars Nachfolgern verloren was biejer gewonnen hatte. Die Gothen wählten
NH ſtatt Wittiges den Ildibald zum Könige (ib. 30.), der die Griechen unter
Suastinlänus 671
Pitaltanus ſchlägt (I. 540), aber bald ermorbet wird (MI, 1.); aud fein
Nachfolger, der Mugier Erarid, regiert nur 5 Monate (ib.2.). Jetzt wird
Totilas Gothenfönig; ihm gegenüber flebt ein Heer, eined kundigen und
fäftigen Führers ermangelnd,, aus den verſchiedenartigſten Beſtandtheilen zu»
fammengefegt, auf keine Verſtärkung von Außen hHoffend (benn bie Kräfte
ver Griechen waren zugleih in Afrifa und gegen die Perfer in Anſpruch
genommen), von ben durch Juftinians Pinanzoperationen entfrembeten Italies
nern (vgl. Goth. III, 1.) ſchwach unterflägt und ſelbſt au durch die Filzig⸗
feit und Quengeleien der Logotheten (ibid.) verbrießlih gemacht. So fehlägt
Tot. (3. 542) mit 5000 ein Heer von 12,000 (ib. 4.) und zieht Viele vom
griech. Heer zu ſich herüber (ib.5.). Auch die Italiener gewinnt Tot. dur
weite Mäßigung (ib. 6. 8. 13.), während die griech. Befatzungen in Nom,
Ravenna, Spoletum, Perufla und PBlacentia die größten Ausſchweifungen
begehen (ib. 9.) und bie elenden Anführer, welde Juſt. ſchickt, kaum den
Boden Italiens betreten (ib. 6. 7.). Auch Neapel fällt in die Hände des
TJot. (3. 943), wie ganz Italien außer jenen Städten (ib. 6. 8.). Alles
Berdorbene foll nun der eine Belifar (I. 544) wieder gut maden; aber faum
ft vom Kaifer aufs Aeußerſte gedemüthigt und genöthigt den Krieg aus
feinen eigenen Mitteln zu führen (Anecd. 4, 35., vgl. Goth. III, 10. 12. 13.),
fehlt e8 ihm an allem Muth und Freudigkeit; er betreibt den Krieg flau,
verbroffen, feig und geizig (Anecd. 5, p. 37.), fommt in fünf Jahren nicht
von den Küften und den feflen Plätzen weg (Goth. III, 35. Anecd. 5, 37.),
gewinnt Nichts und verliert Rom (Goth. III, 20. Anecd. 1. 1.), Placentia
(Goth. I, 16.) und Spoletum (ib. 23.), und ift frob als Ihm endlich feine
Frau in Byzanz die Erlaubniß zur Rückkehr (Herbſt 548) auswirkt (Goth.
III, 30. extr. Anecd. 5, 39.). Ungeflört macht Tot. Fortſchritte in Italien
und Stillen und gleichzeitig überfluthen wilde Schaaren von Slaven Thra-
fien und Illyrien (Goth. III, 38. 40.). Der gegen fie und Tot. beflimmte
Germanus flirbt im I.550 (ib. 40.); dafür rückt ISohannes von Dalmatien
gegen Italien und beflimmt dadurch den Tot., Sicilien zu verlaffen (ibid.);
noch in Dalmatien wird Joh. durch den Cunuchen Narfes erfeht (Goth. IV,
21.), beflegt aber zuvor (3. 551) die Bothen in einer Seeſchlacht bei An»
fona (ib. 23.). Der Eunuch flößte feine Eiferfucht ein und fo brachte Narfes
im 3. 552 ein ſtarkes Heer und viel Gelb nad Italten (ib. 26, p. 998 f.).
Bei Gubbio (Iguvium) kam ed zu einer blutigen Schlacht: die Gothen wurben
gefhlagen, Tot. getöbtet (ib. 29—32.); im Auguft kam fein blutiges Ge⸗
wand als Siegestropäe in Byzanz an (Theophan. p. 354.). Der neue
Gothenkönig Teias fammelt ven Reſt feines Volkes (Proc. Goth. IV, 33.),
Narſes aber zieht gegen Rom, erobert es und ſchickt dem Kaifer die Schlüffel
(ibid.). Teias übt blutige Mache (ib. 34.), aber da die Franken ihm Unter»
Rüßung verweigern (ib.), fo ift er ganz auf feine eigenen geſchwaͤchten Sträfte
angewiefen. In Gampanien liefert Narf. eine zweite Schlacht; Teias kämpft
wie ein Löwe, ale Gothen mit dem Muth der Verzweiflung, Teias’ Tod
entflammt fle nur zu verboppelter Wuth, aber nie Völker des griech. Heeres
weidden die zwei Schlachttage Iang feinen Schritt, und endlich bitten vie Gothen
um freien Abzug nad Oberitalien, was ihnen gewährt wirb (ib. 35.). Wie
Narſes ſich darauf der eingebrungenen Franken und Alemannen erwehrte,
Nalien ald Exarch beherrſchte und (angeblich) vie Longobarven ind Land rief,
ſ. Narses. Juſtinian erlebte nicht mehr, daß das mas er mit folddem Eigenfinn
und fo zweckloſer Vergeudung von Menfchenleben gewonnen hatte, in feiner
völligen Geſchwächtheit eine Beute der Longobarden wurde (I. 568—570).
) Der Krieg mit den Perfern. Noch dem Juſtin I. hatte Kabad den
Vorſchlag gemacht, feinen dritten Sohn Ehosroed oder Nuſhirwan zu adop⸗
tiven und war dur die Nichtannahme deſſelben verſtimmt worben (Proc.
672 | Justiniänus
Pers. I, 11.), und fyäter griff Kabad den Laziſchen König Tzath an, den
Juſtinian unterflüßte (Theophan. p. 267 f. Chron. Pasch. p. 618.). Aber
bei der Jahrhunderte alten Mivalität der beiden großen Nachbarreiche bedurſte
es nicht erft eines triftigen Grundes zu Kortfehung ber Beinpfeligkeiten. Der
Schauplatz war zuerfi Mefopotamien, dann Gommagene (ib. 17.); feit 529
war Bellfar Magister Militum per Orientem (ib. 13.), bis er zum beab⸗
fitigten Zuge gegen die Vandaler abgerufen (ib. 21. in.) und durch Sittas
erfegt wurde. Im I. 531 ſchloß Juſtinian mit dem eben auf ben perfiſchen
Thron gekommenen Ghodroed einen unrühmliden Brieden auf ewige Zeit
(ib. 22.), den die Perjer eiferfüdtig auf bie Erfolge ber griech. Waffen in
Afrika (ib. 26.) und Italien (II, 1 f.) bebroßten und endlich brachen. Früh⸗
jahr 540 macht Nushirwan feinen erfien Einfall ins griech. Gebiet (ib. 5.),
wobei befonderd Antiochia Noth leidet (ib. 8 f.). Nachdem Chosroes bie
Städte genugfam gebrandſchatzt bat, läßt er fih von Juflinian durch Be
zahlung von 5000 Pfund Bold und das Verſprechen von Fünftigen jährlichen
500 zur Rückkehr bewegen (ib. 10. 13.). Weil aber Chosr. einen Angriff
auf Dura verfudt Hat, fo erklärt Juf. den Vertrag für gebrodden (ib. 13.
extr.), und im Frühjahr 541 wird Belifar in den Oſten gefhidt (ib. 14,
p. 215.); er will durch einen Einſall ind perfiiche Gebiet den Chosr. von
dem griechiſchen Razien abziehen (ib. 16—19.), mag fih aber aus Familien-
gründen nit zu weit entfernen (Anecd. 2, p. 22.), kehrt envlih um (Pers.
1, 19.) und wird durch Soflabalen (Anecd. 3, 25.) nad Byzanz zurüd-
gerufen (Pers. I, 19. extr.). Frũhjahr 542 macht Chosr. feinen dritten
Einfall, nah Paläſtina (ib. 20.), zieht fih aber vor Bel. zurüd (ib. 21.),
der wieber nach Byzanz gebt, um im folg. I. nach Italien zu ziehen (ib. extr.).
544 Chosroes vierter Einfall (ib. 26.) bei. gegen Edeſſa (ib. 26 f.); Juſt.
erfauft (545) einen fünfjährigen Waffenſtillſtand (ib. 28.), verleht ihn aber
(3. 948 f.) auf die Aufforderung der Lazier, fle von den Berfern zu befreien
Gib. 29 f.). Dafür rüdt im 3. 550 ein flarfes Heer Verfer gegen Lazien
(Goth. IV, 1.), das als Schlüſſel zu Byzanz widtig If (ib. 7.); aber in
der Schlacht fällt der Anführer (ib. 8.). Der Vertrag mit den Berfern
wird im J. 551 mit neuen Geldopfern auf fünf weitere Jahre verlängert
(ib. 15.); Kolchis iſt jedoch davon ausgeſchloſſen (Agath. IL, 18.), und ver
Krieg gebt bier fort (Proc. Goth. IV, 16f. Agath. II, 19—22. II, 2—15.
18—28.), deſſen Endergebniß für die Griechen günflig if; Choer. gibt den
Krieg in Lazika auf und beantragt im I. 56 die Erhaltung des Status qro
bis zu Definitiver Megelung der Berbältniffe (Agath. IV, 30. Menand. Brot.
p. 344.). Ihren ern: für dieſe Regierung erhielten die Beziehungen
zum perſ. Mei durch den Bertrag vom 3. 562, woburd auf 50 Jahre
Frieden geſchloſſen, den Griechen Lazika eingeräumt, aber die Bezahlung jähr-
licher Summen an den Perferfönig auferlegt wurde (die Urlunde theilt mit
Menand. p. 359—364., vgl. ib. 313. 346. 351 f.). Nur wegen Svanten
beflanden no Differenzen, bie bis unter Juſtin IE. fortbauerten; es fragte
fi, ob dieſes Land eine Appertinenzie von Lazifa und fomit gleichfalls den
Griechen gehörig ſei over nit (ib. p. 356 ff. 370. 373.). — 5b) Innere
PBolitit. a) Stellung zur chrifllien Kirche. Juſt. betrachtete ſich factiſch
als summus episcopus, als hödften Befehgeber der Kirche fo gut als veB
Staats. Daß er die kalchedoniſchen Synodalbeſchlüſſe jo eifrig vertheibigte,
geſchah nicht weil er ſich biefer Synode untergeorbnet hätte, fondern weil er
aus exegetiſchen und dogmatiſchen Gründen (vgl. Euflath. vit. Eutych.) von
ihrer Nichtigkeit überzeugt war (mad Agapetus bewirkt hatte, ſ. Anaflai.
Agap., Paul. Diac.). Deßwegen ließ er fi angelegen feyn, männiglig
orthodox zu uniformiren. Gr feßte monophyfitiſche Biſchoͤfe ab (vgl. z. 2.
Eyagr. IV, 9. 4. 11.), ſchloß alle Nichtorthodoxen von allen Aemtern aus
Jurtintänus 678
(Xheophan. p. 276. Novell, 42. u. U.) und maßtirte feine Habgier gern
durch Gifer für die Orthodoxie, indem er dad Dermögen Häretifcher Kirchen
und Individuen confiscirte (Anecd. 11,74. Theophan. p. 276.). Er fehte
eine unerſtreckliche Friſt von drei Monaten, innerhalb welcher alle Häretiker
zur orthodoxen Kirche übergetreten fegn müſſen bei Strafe allerlei zeitlicher
Nachtheile (Anecd. 11, 73 f.). In Samaria erregte dieſer Befehl einen
förmliden Aufruhr, gegen den ein ganzes Heer ausgeſchickt werben mußte,
woburd viele Taufende das Leben verloren (ib. p. 75.). Aber ebenfo ges
waltehätig verfuhr er gelegentlich auch gegen die Orthodoxen. G@in- und Abs
fegungen von Biſchöfen waren ganz alltäglih; das Aſylrecht der Kirchen
wurbe verleht fo oft e8 ihm bequem war, im I. 547 fogar an dem röm.
Biſchof Bigilius (Theophan. p. 349 f.), wie auf Theodora's Befehl der röm.
Biſchof Silverius getoͤdtet wurde. Befonders fhreiend trat dieſes Verhältniß
hervor, als es am Ende ſeines Lebens ihm begegnete, in die Häreſie des
Aphthartodoketismus (Cvagr. IV, 39. Theophan. p. 372., vgl. Suid. s. v.
lovor.) zu verfallen. Da wollte er alle Biſchöfe zwingen, feinem @bict
barüber beizuſtimmen, ließ ben Patriarchen von Byzanz, ber fi weigerte,
beportiren (Euftath. v. Eutych.), ven röm. Biſchof Agapetus mit vem Gleichen
bedrohen (Anaflaf. Agap.), und der zur Verbannung verurtheilte Patriarch
von Antiochia Hatte bereits feine Abfchieböprebigt fertig (Eragr. IV, 40.),
ald Juſt. farb (ib. 41.). Sonſt ift feine Regierung au durch ben fog.
Dreicapitelfireit (Über Verdammung der Kirchenlehrer Theodor von Mopf.,
Theodoret und Ibas), wobei der Kaifer fi ſehr lebhaft betheiligte und Gunſt
und Ungunſt nah dem Maße ber Zuſtimmung zu feiner Anficht vertheilte
(Liberat. brev. 24.), denkwürdig. Auch für die Ausbreitung des Chriſten⸗
thums war er fehr ıbätig. Unter feiner Megierung wurden Chriſten die Ges
ruler (Proc. Goth. II, 14. Theophan. p. 267.), Abasger (Goth. IIE, 3.),
Gamaritaner (Asdif. IV, 7.), Dafenbemohner (ib. VI, 2.), die Juden in
Borium (ib. exte.), die Tzaner (ib. IE, 6.), ein Theil der Mauren (ib.
VI, 3.), pie Gadabitaner (ib. 4.). PB) Berhältniß zum Senat. Da die Mit»
glieder deſſelben zu den reichften Bürgern gehörten, fo war es eine Liebhaberei
von ihm und feiner Gemahlin, biefelben auf ale Welle zu demüthigen und
zu plündern (Anecd. 12, p. 77—79.), vgl. unter 2, b. und über feine
Berorpnungen in Betreff des Senats f. Senatus. Die Aufhebung bes Con⸗
fulats im 3. 541 geſchah wohl, weil er der Largitionen fatt war und doch
Anderen bie daraus erwachſende Bopularität nicht gönnte. 7) Das Volt,
bei dem Nichts zu holen war, Heß er, ſoweit e8 nicht ihm in ben Weg trat,
unbehelligt und ſuchte ih feine Gunſt zu gewinnen durch glänzende Spiele
und 2argitionen (Marcellin., Theophan. und Chron. Pasch. zu feinen Coſ.⸗
Jahren), und babur daß er. ven GBircusparteiungen ungezügelt ihren Kauf
ließ, ja file forderte. Er nahm ganz entfchieven Partei für die Blauen, bie
Veneti (®rocop. Pers. II, 11, p. 203. Anecd. 7. @vagr. IV, 32.), und
Theodora theilte ausnahmsweiſe feine Leidenſchaft (Anecd. 9, 64. 16, 99 f.
17. in.). Die frechſten Bewaltthätigkeiten wurben von den Veneti am hellen
Tage ungeflraft verübt (Anecd. 7. Evagr. 1. 1.), ja fogar unter den Augen
bes Kaiſers (Anecd. 8. in.), der nicht nur das ganze Parteimefen fi viel
toten ließ (Agath. V, 14, p. 307.), fondern au die Unorbnungen durch
Geld erregte und förderte (Anecd. 7. extr. Evagr. IV, 81.) Wenn bann
vie andere Bartei fih zur Wehr fehte und es zu förmlichem Kampfe Fam,
fo fuhr er allerdings darein und ließ die Aufrührer nieberhauen (vgl. Theo»
han. p. 330. 351. 352. 366. 370.); denn er war gewarnt durch ben Nika⸗
Aufftand. Diefer fand Gtatt zu Byzanz im I. 532 und dauerte vom 19.
bis 18. (oder 20.) Januar; feinen Samen hat er von dem Begeißre| der
Baulg, Rınböncyeloy. IV,
674 Iustinlänns
Saufen (vi, vince); vgl. über ihhn Proc. Pers. I, 24. Thesphan. p. 278.
bi6 286. Chron. Pasch. p. 620-628. Die Beranlaffung war baß bie
Praſini im Circus vom Kaiſer Beftrafung verlangten für die kuͤrzliche Crmor⸗
dung eined Mannes ihrer Partei, des Sechöundzwanzigfien dem dieſes zu
Theil wurbe, ber Kaifer fie aber verweigerte, worauf jene zomig den Circus
verließen, drei zur Hinrichtung Abgeführte gemeinfam mit den DBeneti be
freiten, da8 Haus des Praef. Praet. und viele andere Pallaͤſte und Kirchen
(au die Sophienkirche) anzündeten. Zur Beſchwichtigung des Volks entläßt
Auf. feine allgemein verhaßten höchſten Beamten, den Kappadolier Johannes
und ben Suriften Tribonian. Militäriſche Streitkräfte werben zuſammenge⸗
ogen, fie hauen auf das Volk ein. Der Kalfer gelobt öffentlich und eidlich
mneftie, wenn fie fl zur Ruhe begeben: ver größere Theil antwortet: Du
Tügft, fell (driopneis oyavdapı). Gypatius, ein Verwandter bed Kaiſert
Anaftaflus, wird vom Volke zum Kaiſer erhoben, und auf bie falſche Nachricht
hin, daß Juſtinian fi geflüchtet Habe, Täßt er fi Erdnen. Enpli aber wir
burch das energlihe Cinſchreiten von Belifar u. U. die Ruhe wieder herge⸗
Reit; die Zahl der Nienergehauenen wird auf 30— 35,000 angegeben. Hypa⸗
tius (und Pompeius) werben hingerichtet, Juſt. beutet das Ereigniß zu Con⸗
fiscationen aus (Anecd. 12. 19. Theophan. p. 286. Chron. Pasch. p. 628.).—
Die Provinzen (wenn biefer Begriff no auwendbar iſt, nachdem bie
wefentlicde Bevorzugung einer Stabt aufgehört hat) Tonnten bei der Kaͤuflich⸗
keit der Beamtenflellen (Anecd. 21, 120. 22, 124.) nicht gebeiben; dad Aus⸗
faugen wurbe ſyſtematiſch betrieben (Pers. II, 15. Vand. II, 8. Goth. IH,
4. 21. Anecd. 18, 107 f. 21, 121 f. Agatb. V, 2. Evagr. IV,30.), und
je mehr ein Beamter ber Provinz in den Fiscus lieferte, für. deſto beffer
galt er (Anecd. 18, 86.). Juſtinian betrieb das Gentralifiren im Großen:
er riß die Verrichtungen der Magiftrate an ſich (Aneod. 14. 30, 165.) un»
verbot ben Beamten ber Provinz, nebenbei etwas für ſich ſelbſt zu erwerben
(iheophan. p. 272.); deſto mehr follten fle für den Fiscus fammeln, aus vem
er ihnen eine fire Beſoldung reichte (Anecd. 21, 121.), und tbaten fie es
nit, fo galten fie für altmodiſche (apgassreorno), unbrauchbare Gubjecte
(Anecd. 13, 86.). Um das Elend zu vergrößern traf e8 ſich, daß unter
feiner Regierung ganz beſonders viele Heimſuchungen und Unglückafälle ein»
traten: ſehr Häufige und ſtarke Crobeben, Ueberſchwemmungen, ganz beſon⸗
ders aber die Peſt. Im J. 531 brach ſie tm roöm. Reiche zum Mal
aus (Agatb. V, 10.), ohne daß man fi einen Entſtehungogrund denken
konnte, verbreitete ſich mit reißender Schnelligkeit und hielt überall ihre gräß-
lie Ernte. Im J. 942 (Detober, Theophan. p. 345.) mäthete fle vier
Monate lang (Proc. Pers. II, 23. in.) in Byzanz und fehrte im I. 5358
wieder (Agath. V, 10.). Vom I. 542 an war fie im öflligen Reiche epi⸗
demifch und änderte nur ihren Aufenthaltsort (Bvagr. IV, 29. Bict. Zumn.
Chron.). ®Precop (Pers. II, 22 f.) und Agatbiae (V, 10.), welche beide
bie Epidemie in Byzanz ſelbſt zu beobachten Gelegenheit hatten, haben davon
graufig⸗ lebendige Schilverungen gegeben; neben Proceps Beidhreibung if
befonderö die von Evagrius (H. E. IV, 29.), der in feines Jugend felbh
davon ergriffen wurbe und fpäter durch bie Pe Frau, Kinder, nfel uns
Geſinde verlor, au von wiſſenſchaftlichem Werbe. — Dem Handel war
Juſtinian bemüht neue Wege zu bahnen, doch mehr durch Erleichterung der
Ginfuhr (def. der Selbe, vgl. Menand. p. 297 f.), während er ihn anderer
ſeits dur Zölle beläfigte. Der Vertrag vom I. 562 nahm au auf ben
Handel Bedacht (Menant. p. 360.). Unter Juſtinian erfolgte bie Einführung
ded Seidenwurms (Precop. Goth. IV, 17, p. 346f.). — 2) Finanzver⸗
waltung. a) Die Ausgaben. Neben den unermeßlihen Summen, bie
ben Juſt. feine auswärtige Politik, feine Bünpniffe, Sriebensihläfie und gan
Jurttntänus | 075)
beſonderd feine fortwährensen Kriege Eofteten, nahmen die Haupiſtelle unter
ven Ausgaben ein feine ind ganz Ungeheure gehenden Bauten (Evagr. IV,
30.9.@. Anecd. 8, 34. 98. 11, 72. 19, 113. 26, 146. Epbraem. Chron.
OWpOUg ARELEOF YENLATOF YEVGREYUDOV — tadt 177 aperdücs Enxerar banudonı
eis Bapßapor auvrar, alc nrioag Sour). Procops ſechs Bücher de Aedi-
ficiis geben eine betaillirte Aufzählung der unter ihm aus Staatömliteln aus⸗
geführten Neubauten und Reparaturen. Beſonders dad Kirchenbauen betrieb _
er wit wahrer Wuth und mit Giferfucht, indem er es fih ale Monopol
anelgnete (de Aodif. I, 8.), um allein des dadurch zu erzielenden Ruhmes
und Gnadenſchayes theilhaftig zu werben; aber auch für alle anderen Bauten
beſaß er imbirect ein Monopol, indem er Privaten und Gemeinden fo arm
machte, daß fie nichts Derartiges ausführen konnten (Anecd. 26, 143. 148.).
Es gab Keinen Heiligen im Kalender, dem er nit eine Kirche gebaut hätte,
und Greigniffe wie der Nikaaufſtand und Bie häufigen Erdbeben gaben feiner
Leidenſchaft Nahrung und Vorwand (vgl. 3. B. Agath. V, 3—6.). Er
befaß ſelbſt einige Kenntniß vom Bauwefen (vgl. de aedif. I, 1, p. 180. 181.
Theophan. R- 360.), was feine Untertanen büßen mußten. Dazu kam noch
bie pruntoolle Manier des byzantiniſchen Bauftils und bie Foflfpielige Aus⸗
Rattung, wie 3. B. dad Humaorrowr der Sophienkirche allein Geräthe im
Werth von 40,000 Pfund Silber hatte (de aedif. I, 41, 179); vgl. Agatb.
V‚,14.9.@. Theophan. p. 301. Die Hierauf verwendeten Summen find
jo unermeßlich, daß fle unerſchwinglich ſcheinen, und doch wurden fie er»
ſchwungen und zwar «) durch Erſparniſſe an andern Dingen und zwar
meiſt ſolchen, wo das Sparen am übelften angebracht war, am Solde der Heere
(Anecd. 24.133 f. 187. und die oben ©. 668. angef. St.), Befoldumgen ber
Deamten (ib. 22, 125. 24. extr.), an Gratialien (ib. 128.), largitiones (ib.
26, 144. 147.), Öffentlihen Volksbeluſtigungen (ib. 143 f.), Befoldungen
ver Aerzte und Lehrer (ib. 143.), nein n der Steuernachläfſe (ib. 28. in.),
Verſchlechterung der Münze (ib. 22, 128.), deren Curs er im eigenen In⸗
tereſſe herabdruckte (ib. 25, 140.), Einfgränfung des Poſtweſens (ib. 90,
162 f.), Berminderung des fiehenden Heeres ohne Verminderung ber Kriege
(Agath. V,13.). Letziere Maßregel fält beſonders in Juſtinians letzte Jahre,
mo allmaͤlig zu feiner Habſucht ſich auch Geiz gefellt zu haben ſcheint. Das
gegen war paſſend wenn auch theilmelfe ungerecht die Entlafjung ver nutloſen
und theuren Beibgarben und Hofchargen (Anecd. 24,136 f.). 6) Durch Aus⸗
vefnung ber b) Einnahmen. Go drückend unter ihm die birecten Steuern
waren (vgl. Goth. II, 32. Aneed. 23. u. oft), fo reichten dieſe noch bei
weitem nicht aus, fo wenig als die Schaͤtze, melde der ſparſame Anaſtaſſus
aufgehäuft Hatte und welche Juſtinian noch zu feines Oheims Zeiten aufs
brauchte (Anecd. 19, 113.). Er führte das Oktroi ein (ib. 20, 115.) und
eine Luftſteuer (ib. 21, 119.). Weiter bewerkſtelligte er einträgliche Finanz⸗
operationen, trieb Kornwucher (ib. 22, 125 f.), riß den Seidehandel (ib. 25,
140 f.) und die Broblieferung für Byzanz (ib. 26, 144 f. vgl. ib. 148 f.)
ald Monopol an fi, erriähtete bei Byzanz Zolftätten (ib. 25, 139f.), trieb
Stellenhandel (ib. 21, 120.), Tieß ſich bei Beſtechungen eine Tantidme zahlen
(ib. 20, 116.) und nahm felbſt auch Beſtechungen an (Anecd. 13, 85. 14,
88 f. 27, 153. 28, 156 f. 29, 160.). Eine SHaupteinnahmtawelle bildeten
aber die zahlloſen Eonflöcationen aller Art und unter allen Titeln, als Zwangs⸗
anleigen (Coripp. Just. Ik, 367 ff.), Smangserhfgaften und Teflamentöver-
fung (Anecd. 12, 78 f. 29, 157 f. Agath. V, 4. Gage. V, 8.), ale
Incerporation des Bermögens von Stadtgemeinden (Anecd. 26, 143.), wo⸗
gegen ihnen fo viel als möglich Laflen aufgebärdet wurben (ib. 147 f.);
Privatperfonen wurde dad Vermögen conflöcirt unter dem Vorwande bed -
Velyıheiömus ober ver Haͤreſie oder ber Unſittlichkeit ober des Holnertatht
676 Sustiatänus
(vgl. ib. A.), ober als Prafini (ib. 19, 114. vgl. e. 6.), oft nahm er ſich
aber gar nicht die Mühe, einen Borwand zu erfinnen (ib. 8, 54.98.). Als
Theodora einen Bräfeeten, der ganz feiner Pflicht gemäß gehandelt hatte, hin⸗
richten ließ, flellte ex fi 608, zog aber doch ganz ruhig deſſen Bermögen
ein (ib. 17, 100 f. Evagr. IV, 30. V, 3.). ine beſondere Praktik war
e8 au, daß er dem Treiben feiner Beamten fo lange zufah, bis fie reich
geworben waren, und dann erfl, wenn fie ein fetter Biflen waren, verfchlang
(Anecd. 20, 117. 21,119 f. vgl. Agath. III, 2, p. 140.), wobei er manchmal
noch die Bosheit Hatte, foldde Bermögenstheile, welche mit ſchweren Steuern
belaftet waren, ihnen aus befonberer Gnade zu laſſen ober zurüdzugeben
(Anecd. 12, 79.). Zu diefer feiner Wirthſchaft brauchte er natärlih Ge⸗
bilfen von befonderen Eigenfaften; mit ehrlichen Leuten wie Bhefas und
Baffus Hielt er es nicht lange aus (ib. 21, 119. 22, 127 f.), Dagegen fland
ein Johannes von Kappadokien, Petrus Barſumaſs, Tribonian, Junilud,
Conſtantin, Aetherius, Anatolius, Leo aus Kilikien u. U. in hoher Gunſt
bei ihm (Anecd. 12, 123 ff. 14, 90 f. Pers. I, 25. Agath. V, 4. Evagr.
V, 3. u. A.). Die Folge dieſes Haushalte war allgemeine Berarmung (Anecd.
26, 145.), ohne daß Suflinian felbft reich wurbe, denn er hinterließ einen
leeren Schatz (Coripp. laud. Just. II, 269. exhausti vacaavit commoda fisci)
und fogar Schulden (ib. 260—264.). — 3) Reätsverwaltung. a) Ge⸗
feggebung. Da feine Thätigkeit hiefür bei den einzelnen Materien befprochen
wird, fo genügt bier bie allgemeine Bemerkung, daß fein Verdienſt beſtand
theild In Sammlung und Sichtung bed aus ber Vergangenheit überlieferten
Stoffes, theils in rühriger Vermehrung und Umgeflaltung deſſelben nad Auf»
hebung des Beralteten. Im 3. 529 erfchien die erfie (Chron. P. n. 619.) und
im 3. 534 Die zweite (ib. p. 633.) Ausgabe des Codex, welcher eine feite Bafld
gab ver b) Rechtspflege. Das Berfahren erfuhr durch ihn Eeine wefentlichen
Beränberungen. Die Deffentlihkelt war im Laufe der Zeit eine befchränfte
geworden (Anecd. 16, 99., doch vgl. Agath. IV, 1. 2. 11.); Juſtinian wid⸗
mete fi aus Gitelkeit, Polypragmoſyne und Gewinnſucht perſoönlich den Ges
fHäfte des Richtens in großer Ausdehnung (Anecd. 14, 88. 30, 165., vol.
Novell. 73. 88. 91.), was die Folge hatte, daß Feine Appellation möglid
war und daß man beim Beflehen mehr aufmenven mußte. Denn baß Yufli-
nian felbft (mie feine Beamten) bei feinen Syrüden ſich vielfadh habe be»
ſtechen laſſen, berichtet Proc. Anecd. 14, 88. u. fonfl; aud zu Gunſten ver
Geiſtlichkeit beugte er das Met, um fih einen Schatz im Himmel zu er⸗
werben (ib. 13, 83.). Die Richter wurben dadurch eingeſchüchtert, daß im
Gerichtslocal (Baoikeıog oroa) Soldaten aufgeflellt waren (ib. 14,90 ), den
Advokaten mindberte er (mit Net) ihre Honorare (ib 26. in.), und viele Bro»
ceſſe wurben dadurch auf einfache Weile erlenigt und vermieden, daß Juſt.
den "Leuten Alle nahm, worüber fie hätten proceffiren Eönnen (ib. 26, 143.).
Charakteriſtiſch iſt auch die Einführung einer Art von Inquifltion, einer be
befondern Behörde für Päperaften, Nonnenſchänder, Polytheiften und Häre
tiker, wobei weder Ankläger noch Zeugen auftraten, fonbern heimlichſt wurde
der Angellagte hingerichtet und fein Vermögen confldcirt (ib. 20, 116., vgl.
Novell. 80.), was er aber fpäter wieder aufgab und die Aufſuchung folder
Verbrecher der Concurrenz der Behörden freigab (ib. p. 117.). — Iufinians
ſchrifiſtelleriſche Produkte find außer dem Corpus Juris (f. ®b. II. ©. 717.
bis 720.), fo weit dieſes ala fein (und nicht vielmehr feiner Juriſten) Bert
betrachtet werden Bann, theologiſcher Art, f. Lubewig ©. 140f., nämlich cin
Rundſchreiben über Drigened (Evagr. IV, 38. Gebren. Chron.), über bie drei
Gapitel (Liberat. breviar. c.24. Vict. Tunn.), über die Menfhwerbung Chriſti
(Bict. Tunn., Iflvor. de scr. eccl. 18.), in welcher Frage er gern ben
Kenner fpielte (Xiberat. 23. Proc. Anecd. 18, 110. Goth. II, 35.), ein
Instintänus 677
libellus confessionis fidei (Iſidor, Facund. Herm.); er verfaßte auch einen
Hymmus (önoyerıs vos nal Adyos Tod Beov u. f. f.), den er im 3. 536
einführen ließ (Theophan. p. 337). und der noch jetzt im Gebrauch feyn
fol. — Literatur über ihn: Procopius, Agathias, Menander Protector,
die Chroniken und Kirchenhiftorifer. Die neueren Zufammenftellungen find
meift von Juriften gemacht (bef. 3. P. Ludewig Vita Justiniani atqve Theo-
dorae nec non Triboniani, Galle 1731. 4.), denen ed an biftorifchen Ge⸗
fihtspunften und Unbefangenheit fehlt, fie geriren fih ald Panegyriker und
Apologeten quand m&me. Das Beſte iſt Gibbon, Geſch. d. Verf. Br. 9-11.
d. Leipz. Ueberſ. Ueber pie Münzen Juſtinians vgl. außer Eckhel, Ludewig
&. 151f. 636-752 und die Monographie von Binder und Friedländer,
Berlin 1844. 8. (abgedruckt aus Savigny's Zeitſchr. f. hiſtor. Rechtsw.)“
2) Justinianus, der jüngere Sohn des Germanus (des Bruderſohns
von Kaiſer Iuflinian) und der Paflara, im I. 548 no idornc (Procop.
Goth. III, 32, p. 411.) und wohl zu jung, als daß man ihn in die da⸗
malige Verſchwörung Hätte einweiben mögen. Do fon im 3. 550 iſt er
mit feinem Bruder Juftin thätig für feinen Bater ein Heer zu beffen gothi⸗
ſchem Beldzug zu fammeln (ib. 39.), und nad feines Vaters fchnellem Tod
wird er und fein Schwager Bitallanıs mit Abführung des gefammelten Heers
beauftragt (ib. 40, p.451.). Im J. 551 erhält er und fein Bruder von Juſtinian
ein Commando gegen die, Siaven (ib. IV, 25, p. 591 f.), und bald darauf füh-
ren fie mit Andern dad Heer an, welches den Longobarben gegen bie Bepiben hilft
(ib.p.593.). Als fpäter Tiberius für Juſtin IE. die Negentihaft führte, fo bes
auftragte er den Iuflinian mit dem Oberbefebl über dad zahlreihe und wohlge⸗
rüflete Heer, welches er gefammelt hatte (Evagr. V, 14. Theophan. p. 385.
lovornaror ra, Iheophyl. III, 12. p. 138. nara Todzor 709 arıwvror (in-
diet, 9 = 576, es iR aber fon ind Jahr 574 zu fehen) arpazıyos mgo-
yupileros 'Iovoumaros 6 zov Iepuarou viug Toig nogvgpimoraroıs 87 Teisı
awrapıduovusrog). Zwar um den Einfall des Chosroed in Berfarmenien zu
verhindern, kommt Juſtin. zu fpät (Menand. p. 394.), aber er flägt bald
den Chosroes felbft in Armenien (3. 575) und überwintert (575576)
mit feinem ganzen Heere unangefochten in Berfien (Theophyl. p. 139—145.
Eoagr. V, 14. Theophan. p. 387). Reiche Beute, worunter mehr ale
20 Eleppanten, ſendet er nah Byzanz (Johann Bir. ad a. Just. 9. Paul.
Diac. de gest. Long. III, 12. extr., der nur mißverſtaͤndlich den I. ſelbſt fie
bringen läßt). Aber im nähften Sabre wirb er in Armenien von Tamchos⸗
tes entſchieden geihlagen, wodurch bie Berfer veranlaßt werden, bie Friedens⸗
unterbandlungen aufzugeben; Jufl. wird daher von Tiberius zurüdberufen
und dur Mauricius erfegt (Theophyl. III, 15. p. 147. Evagr. V, 19.—
nur kann dieß nicht erft nach Juſtins Ton geſchehen feyn, falls die folgende
Erzählung von J.'s Verſchwörung wahr if). Um die Disciplin machte er
ſich nach Theophyl. III, 12. p. 138. verdient: zur ads 7097 Grgazsunudeon
saoentor inzabır di Emyeising trogdov, — wogegen nach dem Lobrebner
des Mauricius, Menand. p. 440. fein. Nachfolger das Heer in gänzlihem
Zerfall antraf. In Byzanz machte er, mißvergnügt wie er war, Oppofition
gegen Tiberius; es war im Werke, viefen am Tage feiner Krönung auf
dem Wege zum Bircus zu ermorden und den Juſt. als Kalfer vorzuführen;
aber Tib. vereitelte es, und Juſt. flellte fi einige Tage darauf ihm frei=
willig um Verzeihung bittend und 1500 Pfund Bold anbletend; Tiberiuß
verzieb Ihm und sibi in palatio adsistere iussit (Paul. Diac. gest. Long.
IH, 12, nad Gregor v. Tours). Uber als fi im folgenden Jahr (579)
ber Kalfer im Herbfte auf das Land zurückzog, berief die verwittwete Kalferin
(Sophia) heimlich ven Juſt. zu ns und wollte ihn zum Kaifer ausrufen
lafien; aber Tip, erfuhr es, kam ſchnell in die Stabt, nahm ber Sophia
678 Justinopöll) — Juastinus
ihr Gefd, änderte ihre Umgebung und benahm ihr dadurch bie Möglichkeit
‚neuer Intrigen; dem Juſt. aber gab er blos einen Verweis und ſuchte ihn
dur das (nichtausgeführte) Projekt einer gegenjeitigen Verſchwägerung ihrer
Kinder an fi zu feſſeln (Baul. Diac. IH, 12).
3) Justinianus, ein Gohn des Mauricius, f. d. -
4) Justinianus II., byzantiniſcher Kaiſer aus dem Geſchlecht des
Heraclius, Sohn bed Conſtantinus Pogonatus (068—685). Er regierte
vom Sept. 685 an fo habgierig und graufam, daß ed dem Leontius leicht
wurde, im I. 695 ben allgemein Verhaßten zu flürzen, doch beguägte fid
biefer ihm die Nafe abzuſchneiden und ihn in die Stabt Eherfon (ſ. Bo. II,
&. 324, 3.) zu verbannen. Bor Apfar (Tiberius), der im I. 698 den
Leontind flürzte, flüchtete ſich Juſt. zu einem Zartarenhäuptling, deſſen Toch⸗
ter Theodora er Heiratbete. Durch dieſe wurbe er von den neuen Nachſtellungen
Apſars benachrichtigt, floh zu dem Bulgarenfürften Terbellis, verfprach dieſem
die Hälfte der Schäge des Griechiſchen Reichs, zog mit feiner Hilfe vor Byzanz,
und, unterlügt vom Volke, in bie Stadt ſelbſt ein (3. 705). Die un-
menſchlichſte Nahe an allen feinen Feinden war jet fein einziges Geſchaͤft;
um Cherſon zu beftrafen, fehte er zweimal große Flotten in Bewegung,
aber das zweite Mal fiel das Heer von ihm ab, rief den Barbane® unter dem
Namen Philippicus zum Kalfer aus und kehrte nad) Byzanz zurfd, wo das
Bolt ſich jubelnd an fie anſchloß und den Iuftinian.nebft feinem Sohne Ti⸗
berius ermorbete (3. 711). Gibbon Bd. XIII, S. 2736. der Leipz. Lieberf.
Baul. Diar. de gest. Long. VI, 11. 31. Bie Hist. miscell. in Murateri’s
Seript. rer. Ital. I, p. 139—144. Theophan. p. 562583. Bonn. [|W.T.)
Zustinopölis nad Juſtin I. benannt: 1) Edeſſa; 2) Anazarbus,
nnroönois tig Bevrdoag Kıilsiac, beide von Suflin I. 525 nah einem
Erdbeben wieder aufgebaut, Evagr. IV, 8. Theophanes, p. 263. Bonn;
3) in Illyrien, von Juſtinian (no unter Suftin I. %) erbaut und nad fei-
nem Obelm benannt, Procop. Aedif. IV, 1. [W.T.
Justinus, 1) ber römische Geſchichtſchreiber, der mit feinem vollen
Namen bald M. Junianus Justinus, bald Justinus Frontinus
genannt wird. Bon feinen Lebensverhältniſſen wiffen mie nur, daß er,
wenn anders die Debication feines Werkes ächt if, in dem Zeitalter der
Antenine, um 160 n. Chr. gelebt Haben wärbe. Seinen Namen trägt ein
aus dem größern Geſchichtswerke des unter Auguft lebenden Pompejus
Trogus verfertigter Auszug, welcher die Aufiärift führt: Historiarum Phi-
lippicarum et totius mundi originum et terrae situs excerptarum Libri XLIV
a Nino ad Caesarem Augustum, und allein noch vorhanden if, indem Das
größere Werk eben in Bolge dieſes Auszugs faft fpurlos verſchwunden ift
f. die wenigen Sragmente in den Ausgaben des Juftinus von Thyſtus u. A.).
uftin’® Auszug iſt ein Abriß der Unlverſalgeſchichte, in welchem bie Haupt-
begebniſſe kurz und ſchmucklos vorgetragen werben, baber dad Bud, unge
achtet das Chronologiſche und Geographiſche manchmal vernachläßigt if,
auch hie und da Kritik vermißt wird, in dem beginnenden Mittelalter viele
Lefer und eine gewiſſe Autorität erlangt hat. Gedruckt erſchien e8 zuaft zu
Benebig dur Ienfon 1470. und in demſelben Jahr au in Rom, dann
(mit Florus) zu Mailand 1476. Fol., beffer zu Paris 1581. 8. von I Bongar-
ftus, worauf bie Ausgaben von Fr. Modius (zu Srankfurt 1587. 8. u. f. w.),
M. Bernegger (Straßburg 1631. 8.) und die beachtenäwertberen zu Leinen
1640. 8. mit den Noten von Ifaac Voß, von A. Thyfius ebend. 1650. 8,
md (außer der compilatoriiden Ausgabe des G. Schrevelius ebendaf. 1699.
8.), von Grävius (Leiden 1683. 1701. 8., früher auch Utrecht 1668. 12.)
folgten, an welche fi nie größere Ausgabe des Ahr. Gronovius (Beiden
1719 und beſſer 4760. 8., new aufgelegt und mit andern vermehrt von K.
Juastinus 679
$. Frotſcher zu Leipz. 1827 in IT Voll. 8.), fo wie bie in Deutſchland er-
ſchienenen von I. F. Fiſcher (Leipz. 1757. 8.), von Ch. G. Wepel zu Liegnig
. 8, von Fr. Dübner (Leipz. 1831. 8. E. Teubner) und die mit
deutſchen Noten verfehene von W. Fittbogen (Halle 1835. 8.) anreihen;
j. über die Ausgaben Schweiger's Handb. d. claſſ. Bibliograph. II, 1. ©.
483 ff. und über Juſtinus und feinen Auszug: G. 3. Vofl. De hist. Latt.
1,19. Fabric. Bibl. Lat. III, 3. D. G. Moller Diss. de Justino. Altorf 1684. 4.
Die Abh. von Heeren in den Commentatt. societ. reg. Gott. XV. p. 189.
(auch in Frotſcher's Ausg. aufgenommen), über Quellen und hiftorifchen Werth
des Trogus und Juſtinus. Wetzel in ber Einleitung ſ. Ausg. Die zu den ein-
zelnen Büchern gehörenden Prologi find wahrfgeinlih nit das Werk des
Juſtinud, fondern irgend eines lateiniſchen Grammatifers (ſ. Thyſius und
Grävius in ihren Ausgaben nebſt: Trogi Pompeji historr. Philipp. prologi
emend. ed. G. H. Grauert. Monaster. 1827. 8.
2) In dem dem Lexicon des Suidas vorausgehenden Verzeichniß der Gelehr⸗
ten, welche an beffen Ausarbeitung Antheil Haben, findet fich ein Zovarivos lovAsog
genannt, ein Sophift, der and) das große lexicographiſche Werk des Pamphilus
in einen Auszug gebracht, wenn anderd hier nicht mit Valckenaer (zu Theocrit's
Adoninz. p. 292., dem jet auch Bernhardy in feiner Audg. des Suidas folgt)
Ovnorivos zu leſen ift, mit Bezug auf eine andere Stelle ded Suidas II,
p. 733. (p. 1287. T. IH. ed. Bernh.), wo biefem Julius Beftinus außer
biefem aus vier Buͤchern beftebenden Auszug aus den Blofien des Panıphi«
lud no eine Auswahl von Wörtern (exdoyr ovouaroy) aus den Schriften
des Demofihened , Thucydides, Iſäus, Iſocrates, Thraſymachus und anderer
Redner beigelegt wird. Vgl. Fabric. Bibl. Gr. VI, p. 420. Harl. .]
3) Der Kaiſer Juſtin J. Geboren in Beberiana auf der Grenze von
Illyrien und Thrakien (daher bald Bardapieng 6 You, Chron. Pasch. p. 611.
Bonn. Evagr. IV, 1. Cedren. u. Bonar., bald Illyrier, Procop. Anecd. 6.
Agath. X, 21. Theophan. p. 253. Bonn), wo er ein armer Landmann
war (BovroAog xc oupopßog, Zonar.), wanderte er mit zwei Landsleuten nach
Byzanz, um fih anwerben zu laſſen. Ginen Sad mit Brod auf dem Rücken
zogen fie unter Leo bier ein unb wurben als hübſche Burfche unter bie Garde aufs
genommen (Proc. Anecd. 6.). Unter Kaifer Anaflaflus diente 3. unter Johannes
gegen die Ifaurer und follte wegen eines Vergehens getöbtet werben, aber
dreimal murbe Joh. im Traume aufgeforbert ihn freizulafien, bis er es end⸗
ih that (Proc. 1. 1.; onar., Cedren. u. Ephraem. Chron. erzählen das
Nämliche von Anaflaflus). I. machte im Heere eine ſchnelle Garriere. Wir
finden ihn beim Entfahe von Amida (Proc. Pers. II, 8. vgl. II, 15), ſehen ihn
sum PBatricier (Iheophan. p. 253. Theodor. Lect) und Befehlshaber der
Garde ernannt (Proc. Anecd. 6. apyaor Tor 87 nakatig pvlaner, Evagr.
IV, 1. menoy Tor 87 5 aviz taken — magister officiorum;, nad) Chron.
Pasch. p. 611. und Jornand. de success. p. 240. C. bei Muratori I: comes
excubitorum). Als folder wurde er nad dem Tode des Anaftafius von ber
Garde (Evagr. 1. ]., unrichtig Jorn. 1. I. a Senatu electus) zum Kaifer aus⸗
gerufen (9. Juli 518., Chron. Pasch., @vagr. 1. 1.), obwohl angefchene
Verwandte des Anaftaflus da waren (mie Hypatius, Pompeius, Probus,
vgl. Evagr. 1.1. Proc. Pers. I, 8. 11. 12.) und 3. felbft bereits 68 3. alt war
(zvußoyeoor, Prot. Anecd. 6. vgl. Theophan. p. 253. Theod. Lect.).
Eine feiner erften Handlungen war, ben Eunuchen Amantius, der ihm Gelb
gegeben Hatte um das Heer für Iheofritus zu gewinnen, was er zwar aus⸗
zahlte, aber für feine eigenen Zwede (Theophan. p. 255.), nebſt Theofritus
hinrichten zu lafien, Andere zu verbannen (Evagr. IV, 2f. Chron. Pasch.
p. 611 f. Jornand. 1. 1.), im I. 520, fobann auf Hinterliftige Weiſe den
gleichfalls zivalifisemden Vitalianus (ib., abweichend Theophan. p. 256.).
680 Jastinus
Die unter Anaflaflus Verbannten rief er zurück (Theoph. p. 255.) und er»
ließ (na Theoph. p. 256. auf Betreiben des Vitalianus) den Befehl, daß
alle Biſchöfe bei Strafe ver Abſetzung die Beſchlüſſe der Synode zu Kalchedon
annehmen follen (daber Theoph. p 253. im Gegenf. zu Anaftaflus dem Sugoeßns
Bandsvg ihn evonßıs ß. u. p. 254. Zuimeng op9odosov Risrewg äunvpos,
ja fogar Tovorivog 6 ueyas! nennt), melde jet erft in ven Urkunden als
vierte oͤkumeniſche Synode aufgeführt wurde (Xheoph. p. 255., vgl. 258.).
In Folge defien wurde ver Biſch. Severus von Antiochia abgefeht (Evagr. IV,
4. Liberat. 19), der fh mit dem DB. von Halifarnaß Julian nach Aegypten
flüchtet, wo fle, 207 nei POaprö nal apdeipıu Aoyor nurmoarres, Unruhen
erregen (Theoph. 254.); auch die manichäiſch gefinnten B. von Hierapolis
und Apamen wurben fammt ihren Anhängern vertrieben (ib. 255). Im
3. 520 begannen, von Antiochia ber ſich verbreitend, die Gewaltthätigkeiten
der Veneti gegen die Prafini und währten, ohne daß Jemand einzuſchreiten
wagte, fünf Jahre lang (ib. 256 f.); erſt fpäter wurde ein erfolglofes Cdikt
Dagegen gegeben (ib. 263. Chron. Pasch. p. 647.) Dit ven Berfern ent-
ftanden Differenzen (3. 523) wegen des laziſchen Königs Tzath, deſſen
Krönung dem Perferkönig zuſtand, aber auf den Wunfch des zum Chriflen⸗
thum übergetretenen Tzath von Juflin vorgenommen worden war; doch
kam es nicht zum Kriege (Theoph. 259f. Chron. P. p. 613—616); fo»
dann wegen des Anfinnens von Kabad, Juſtin folle feinen Lieblingefohn
Chosroes aboptiren, was 3. auf Procdus’ Rath ablehnte (Proc. Pers. I,
41. Theoph. p. 238 f.); endlich megen des Abfalls der von Kabab ge»
drückten, von I. beſchütten Ghriften Iberiens, mas wirflig zum Kriege
(3. 526) führte, der für das röm. Reich günftig verlief (Proc. Pers. I, 12.).
Suftin felb war vollfommen eine Null; er war fo unwiffend, daß er —
der erfle Kaiſer dieſer Art — weder Iefen noch fehreiben konnte; da aber
Doch feine Unterſchrift nöthig war, fo fertigte man für ihn tie Buchſtaben
Just. aus Holz, durchbrochen, fo daß er mit der Weber nur der Form nad
fahren durfte, wobei man ihm aber doch noch die Hand führen mußte (Proc.
Anecd. 6.). Juſtin ovrs 7. 7079007 Tovg Unmmoovg Soyalscdaı ours ayador
ioyver. Evndsie yap MolAi eiyero Kylmrrog Te narrananm air nal arpommLo-
uerog nalıore (ib. vgl. c. 9, p. 66. TAudralar za nal nomdi soyaroyspmr
YEYOLEIOG ROOG Tor KEXOUEIWr yelaıa opler, Ölsyapie Ta RolAd ag ayıor
eyouevoı Anarıes Are 107 NEROOONEIWwr 0V Euniärzo; Ürspaopwr). Für
ihn regierte fein Factotum Proclus und fein Schwefterfohn Juſtinlan, ben er
aboptirte (Zonar. XIV.) und endlich (Badvrara 7ön ynenonor allg va nai
000 Tıyi Tod Owuatog Bapvrousvos nal 0Uy Inavog ar Er MOOS 19 Tor nor-
vor Sbapneiı npooramar, Simeon Metaphr. vit. Sab., vgl. Theoph. p. 266.)
am 1. April 527 (@vagr. IV, 9. Chron. Pasch. 9. p. 616.; Gevren. gibt den
14. an, vgl. Theoph. 1. 1.) zum Mitregenten annahm (Broc. Anecd. 9. g.
E.), nachdem er 8 J. IM. 3 T. (Evagr. 1. 1., nad Chr. P.1.1.5%) allein
Kaifer gewefen war. Mit diefem regiert er no 4 M. (Theoph. p. 266,
Jornand. 1. 1. D) und flirbt am 1. Aug. 527 (Evagr.) in Folge einer
‚ Wunde (Chron. Pasch. p. 617.) 77 3. alt (ib.), na einer Regierung von
9 J. (Broc. Anecd. 9. extr. Gyrill. Scyth.) 1 M. 3 T. (Evagr. L 1.
fh nur um einen Monat verrechnend: 9 I. 3%., Zonar. XIV: 93.20 X,
Marcel. Chron. ungenau: 9 3. 2 M.):; es finden fi$ Münzen mit ber
Bezeichnung: im 10ten 3. des Juflin, vgl. Alemann. zu Proc. 1. 1. Auch
die Namen Anicius und Flavius gibt er ih auf Dünen. Begraben wurde
ex in der Kirche der h. Procopia (Chron. Pasch. p. 617.). Bermählt war
er mit einer getauften Sklavin Lupicina, zuaft in wilder, dann in Tegaler
Ehe (Broc. Anecd. 6.). Als ihr Kalfer geworbener Gemahl fle Trönte,
gab ihr das byzantiniſche Bolt den ſchoͤneren Ramen Cuphemia (Proc. Anecd.
. Justines 68
9, p. 66. Theophan. p. 254. Vict. Tunn. Chron., Theod. Lect., Niceph.)
Einfluß auf die Regierung übte ſie ſchon aus Mangel an Fähigkeit Eeine:
(Procop. Anecd. 9.), nur widerſetzte fie fich der Vermählung Juſtinians
mit Theodora (ib.). Sie ſtarb vor ihrem Gemahl und ihr Bild ſtand in
der von ihr errichteten Kirche der b. Euphemia (Suid.).
4) SJuflin, der ältere von den beiden Söhnen des Germanud und
ver Pafſara (Proc. Goth. III, 32.), von feinem Verwandten, dem Kaifer
Juftinlan no fehr jung zum of. (3. 540.) ernannt (ıb.). Arſaces
ſucht den ehrgelzigen und leidenſchaftlichen Jüngling nebft feinem Vater und
Bruder für feine Verſchwörung gegen Juftinian zu gewinnen (I. 948).
was ihm aber mißlingt (ib.). In der unglüdlihen Schlacht von Adrianopel
(3. 551) if er einer der fünf Anführer gegen die Slaven (ib. 111, 40.).
Im J. 554 verwendet ihn Juſtinian im laziſchen Kriege als dritten Befchle-
baber (Agath. II, 18. extr. 20.); nad Beſſas' Abſetzung rückt er zum zweiten
Befeblähaber vor (ib. II, 2. 17. 20. 24.), als welder er die Schlacht bei
Phafis zu Bunften der Kaiferlihen entfcheiret (ib. III, 25 f. IV, 13. 15.).
Nah Abſetzung ded Martin wird er (Orouaozczurog &r To Tore eivaı doxur)
im 3. 556. auronperwp rov moAsuov in Kolchis (ib. IV, 21.), mo er bie
Erpreffungen des Johannes gewiſſenlos duldet (ib. 21f.) und die Avaren,
welde dem Kaiſer ihre Bundesgenoſſenſchaft verkaufen wollen, an biefen
empfiehlt (Menand. Prot. p. 282. Bonn). Die vertraulige Mittheilung
eines Avaren über ihre wahren Abſichten benügt er, nimmt den Gefandten
derfelben auf ihrem Rückweg die in Byzanz eingefauften Waffen auf Juſti⸗
nians Befehl ab und erregt dadurch unter den Avaren große Erbitterung
(ib. 285 f.). Später zeichnete er fih am Iſter aus dur Abwehr avarifcher
Einfälle (Agath. IV, 22.) Wegen feiner Sriegserfahrenheit ſtand er in
großem Anſehen und hatte mit dem gleichnamigen Schwefterfohn Juſtinians einen
Vergleich geſchloſſen, daß fle den erften und zweiten Plag im Reiche unter ſich
teilen wollen ( Evagr. V, 1.). Demgemäß wurde er nach Juſtinian's Tod von
Juftin II. von der Donau nad Byzanz berufen, um die Stelle unmittelbar
nad ihm einzunehmen (ib.), mit heuchleriſcher Freundlichkeit aufgenommen,
allmälig aber feiner Trabanten beranbt und ihm der Hof verboten (Evagr.
V, 2.); dann wurde er nad Alexandria geſchickt mit dem Titel eined Dux
und Augustalis, in Wahrheit aber ald Gefangener (Theophan. p. 376.,
vgl. Gedren. und Evagr.) und bier Nachts im Bette ermorbet (Theoph.,
Evagr.), angebli wegen Verſchwörung (Theoph.), wovon aber weder Evagr.
etwad weiß, noch Agathias, der vielmehr feinen Tod nur ald Strafe für’
feine älteren Vergehungen in Razifa betrachtet (IV, 22, p. 255.). Evagr.
fügt Hinzu: oð nporeoo» areinar zod Hunov (der Kalfer und die Kaiſerin),
usyoıg OU 179 nepaanv anorumdeioav avrog Te nal 1 TOVToV OVvolXos
Zogia 89eaoasıo nal rois nooıw ebehantıcar (V, 2.). Theoph. ſetzt dieß
in das fechste Negierungsjahr von Juſtin II., richtiger Johannes Biclar.
Chron. in Vebereinftimmung mit der Erzählung bed Zeitgenofien Evagrius
ind zweite. |
5) Der Kaifer Juſtin II, Sohn der ihren Bruder Überlebenden (vgl.
Coripp. laud. Just. Praef. 21. I, 8. 55. IV, 182.) Schwefter Juſtinians
Bigleniza oder Bigilantia (Procop. Vand. II, 24. Theophyl. II, 9.) und
des Dulcdifimus; vermählt mit Sophia, einer Schweftertochter der Theodora
(neptis, Vict. Tunn.), von det er einen früh geftorbenen Sohn Juſtus Hatte
(Theophan. p. 375.) und eine Tochter Arabia (Anonym. de antiqq. Cpol.
I. TIL, vgl. Coripp. 1. 1. 11,72 ff 284), fpäter an ben Curapalati Vaduar ver-
mählt (Goripp. Just. II, 285.), welcher wohl identiſch iſt mit dem adeAmos
Fufin’d Vadur bei Theophan. p. 379f. und im Jahr 576 im Kampf
gegen die Longobarben fiel (Joh. Bicl. Chron. ad a. 10 Tut), So doppelt
IV. |
682 Justinus
verwandt mit Suftinian wurde Juſtin, der unter feinem Oheim Curapalati
gewefen (Eoripp. Just. I, 137. 11, 285.) und im 3. 559 zu einer biplomati»
[hen Sendung an die Hunnen (Theoph. p. 362.), dann im Jahr 563 zu
Dämpfung von Circusunruhen verwendet worden war (ib. p. 370.), — weil
er bei ſeines Oheims Tode auf dem Platze war, deſſen Nadtolger, obwohl
Juſtin (4) als von einem Bruder Juſtinians abflammend nähere Mechte Hatte.
Angeblich ernannte ihn der fterbende Juſtinian ſelbſt zu feinem Nad:
folger (Eoripp. I, 180.), mad bei der Abweſenheit des andern Juſtin nidt
unglaubli if. Unmittelbar nach Juſtinians Tod wurde Juflin tief in ber
Naht von feinem Anhang gemedt (Boripp. Just. I, 72 ff ) und zog in den
Palaft, um fi fogleih anerkennen und krönen zu laſſen (14. Novbr. 565.,
Theophan. p. 373.). Seine Ernennung fand am Morgen im Circus feinen
Widerſpruch (Evagr. V,1.). Es galt nun fi Popularität zu verſchaffen und da-
dur zu befefligen. Er erreichte dieß dadurch, daß er die bekannten und
verbaßten Fehler feines Oheims theils ſogleich verbefferte, theils in Zukunft
zu vermeiden verſprach. Er ertheilte eine Amneflie (Goripp. II, 407 ff.),
opferte aber die Gehilfen von Juftinians Erpreffungen, Addäus und Aeihe⸗
rius unter dem Vorwande der Verſchwoͤrung (Theophan. p. 373., Evagr.
V, 3.) dem Volkshaſſe; bezahlte ſogleich Alle, denen Juſtinian unter der Mate
eines Anleihens Geld abgenommen hatte (Goripp. II, 367 ff.; imI. 367 Töäte
die Kaiferin alle Pfänder und Schuldfgeine ber Armen in Byzanz ein,
Theopban. p. 374. Zonar., Conftant. Manaff., PBarıl. Diac., Mid. GIyc.),
verfpra das Conſulat wieder einzuführen und fpendete auch wirklich bein
Antritt defielben im I. 366 reihlid Geld (Theophan. p. 373. Coripy. IV,
142—263 ), fo das von Juftinian Zuſammengeſcharrte gleihfam zum Fenſter
hinauswerfend. Die Geiftlicgfeit gewann er dadurch für fih, baß er glei
" bei feinem Negierungdantritt den durch feines Oheims Aphthartodoketismus
geftörten kirchlichen Trieben miederherftellte, indem er fich zum ortbodoren
Dogma bekannte (vgl. Theophan. p. 373. 77 009080&05 zarv) und als feinen
Willen ausſprach, den Status qvo zu erhalten (Evagr. V, 1. 4.); den Ber:
nünftigen that er genug, indem er Feine ber beiden Circusparteien begünftigte
(Theophan. p. 375.) und von Jufliniand ſchnoder äußerer Politik abging.
Im Gegenfag zu Juſtinian, ber zei no05 rovs Bapßepovg Krmiotaros war.
wollte er npos narzag aivaı poßepwraros, Menand. p. 378. Daher wie
er die Geſandiſchaft des Moarenfürten. welche bald nach feinem Regierungs:
antritt Fam, um die von Juſtinian regelmäßig verwilligten fog. Geſchenke
abzuholen (Boripp. Just. III, 231 ff. 303 ff.), feft ab (ib. 311 ff., Menand.
Brot. p. 286—289., wiederholt im 3. 569, ib. 310f. 311.), verwei-
gerte ebenfo dem Sararenenfürften das bisher far aljährlih Bezogen:
(Menand. p. 292—295. 375. 378.), nahm aber die türkifchen Gefandten,
welche zu Anfang feines vierten Regierungsjahrs mit ihm Derbindungen
anzufnüpfen ſuchten, um für ihre Seidenprobuftion einen Markt zu befommen,
beflend auf und erwiederte fie im Auguft 369 durd eine Gegengeſandtſchaft
(Menand. p. 295. 298—300. 380—385.). Aber das waren nur Anlaͤufe
zum Richtigen, nur ehrenhafte Regungen, melde durchzuführen e8 ihm gan:
an Kraft mangelt. Denn in Nichts fland er in Wahrheit über einem
Oheim, wohl aber an Thätigkeit weit unter ihm. Evagt. V, 1. charakteri⸗
firt ibn fo: nr zor Bior Endedınrnudrog xai Tovpeis ategyüs nal TÖorai;
ERTOTTOIG ernalırdouuerog (vgl. V, 7. extr. 9.), aAdoreimy 13 ypnaator
dsanvpog œorne (vgl. Paul Warnefr. Longob. III, 11.), os zura
nsodovs adeouov aneunmoleiry, unde Eni Teig ispworraus 10 Heioy avlaßor-
N8Vog, ds TOlg NPOGTUIOVN? Enimpaoner amiovs nal zavrag arapardor
zedeusrog. Er war ebenfo ſchnell zum Zorne, wie zur Reue (eine rüh⸗
ende Bamilienfcene findet ih bei Theophan. p. 379f., wo ex den zuver
°
Justinus 683
fäwergefräntten Vadur im Stalle aufjuht und von Krippe zu Krippe
verfolgt um ihm Abbitte zu thun). Auch in der Baumuth gli er feinem
Oheim (Theophan. p. 373. 375. 376. beſ. Kirchen, vgl. au Coripp.
Just. IV, 316). nur trieb er Alles in weit kleinerem Maßſtab als biefer.
Den Hunnen zahlte er doch auch einen jährlichen Tribut (Menand. p. 310.),
den er zwar den Avaren abichlug, als fie, als Befleger der Kutriguren und
Uriguren, die dieſen bezahlten Summen für fih in Anſpruch nahmen (ib.
385 f.), und die Uebergabe von Sirmiunt verlangten (ib. 386—388.); er hieß
feine Befehlohaber fich gegen die Av. rüften (ib. 389.); aber ven Krieg (I. 570)
betrieb er mit Ungeduld, verdrießlich über jede Zögerung (Men. p. 312),
bis er nad Tiberius’ Niederlage fÜH doch zu einem Vertrage verflehen mußte
(ib. p. 312 f). Den Perferfönig Chosroes fegte I. herkömmlicher Weife
von feiner Thronbefteigung in Kenntniß durch Johannes Comentiolus, welcher
zugleih die im VBertrage vom I. 562 unerledigt gebliebene Brage wegen
Spanien, dad als Schlüffel zu Kolhis für das Röm. Reich Wichtigkeit
hatte, wieder In Anregung bringen und nöthigenfalls fi zu einem Kauf
deffelben verſtehen ſollte ( Menand. p. 373 f.). Chosr. wies ihn an den Fürften
der Spanier felbft, und entließ ven Geſandten mit dem Verſprechen, dem:
nächſt ſelbſt eine Geſandtſchaft nad Byzanz abzufhiden (Den. p. 378 f.).
Johannes vergaß fih fo weit, wirklich den Svanierfürften nad feiner Mei—
nung zu fragen, wofür er bei Juft. in Ungnade fiel (Men. p. 379 f.). Als
darauf Die verheißene perſiſche Geſandtſchaft (Mebodes) wirkli ankam, ſchei⸗
terten ale ihre Vorſchläge an Juſtins Feſtigkeit (Menand. p. 291— 295), und
unverriäteter- Dinge z0g fle wieder ab (I. 566). Ungefähr im J. 570 fielen
die feit dem Kaifer Philippus an die Perfer abgetretenen Großarmenier von
den Perfern wegen religiöfer Bedrückungen ab im Vertrauen auf den Schuß
Juſtins (Evagr, V, 7. Menand. p. 314 f.). Chosroes ſchickt im J. 571 den
Seſochthes nah Byzanz, um beim Ablauf des erflen Decenniums des Ver-
trags vom 9. 562 die ftipulirte Vorausbezahlung des Tributs der fieben
nächſten Iahre zu forbern (Menand. p. 313.). Uber dem Seſochthes fält
in der Antrittsaudienz beim Bücken der Hut vom Kopfe, was al8 ein er»
mutbigended Omen betrachtet und daher die Vorderung abgefchlagen wurde
(ib. 314). Don Verfarmenien fing 3. felbft an und erklärte, er werde das Volt
jedenfalls unterſtützen und hoffe im Ball eines Krieges den Chosroes zu beflegen
und ten Perfern einen König einzufegen (ib. 315f.). So war der Krieg er-
Elärt, unter deſſen Urſachen Theophyl. III, 9, p. 132. von Seiten der Römer
die Beſchwerde aufführt, daß die Homeriten (vgl. Theoph. p. 379.) und Alanen
von den Perfern gegen die Römer und Ihre Bundesgenofien aufgewiegelt worven
fegen. Im Allgemeinen erflärt diefer &reund des Friedens um jeden Preis: &Bdo-
uw snavro ıng Bunksias ’lovorisov Tod 80V Hap«onorönoarer Pouaias ıj
roũ Banken; novpormu Ta Tig eipmveiag evVdmuoriag Ömonarar te as
negiprysvzas, und hält die Auflöfung des Vertrags vom J. 562 für eine
usyaAn aroıa (ib.). Aber anftatt fih nun zum Kriege zu rüflen, gebt
Juſtinus feinen Lüften nah (Evagr. V, 7.). Endlich ſchickt er den Mar-
Tianus (Ecagr. V, 8. Theophyl. III, 10. in. ; Martinus bei Theophan. p. 379.)
nad Meſopotamien, aber mit einem qualitativ und quantitativ unbebeuten»
ben Deere (Evagr. 1. 1.), das indeſſen die Perfer noch ungerüftet trifft und
daher Arzanene verwüftet (Theopbyl. II, 10. in.) und im folgenden
Jahre bei Sargathon in einem Scharmügel flegt (Coagr. V, 8. Theophyl. III,
10, p. 134; dagegen Theophan. p. 380. ſpricht von einem moAsuog ueyag).
Juſtin glaubt einem falſchen Gerücht von Chosroed’ Tod (Theophan. p. 380.
laßt ihn gleichfalls jegt, im I. 574, flerben) und ſchickt Leute, um den
Mark. zur Haft zu treiben und die Schlüſſel von Niſibis zu bringen (Evagr.
V. 9.). Aber Chosr. zog ſelbſt gegen Niſibis (Evagr. 1. 1. Theophyl. p. 134);
+‘
. Nur von Antiochla wird eine A
684 Justinus
Juſtin erfuhr es, aber glaubt es nicht, um nicht aus feiner Neppigkeit aufs
gefheucht zu werden (Evagr. 1.1). Nun fegt er den Marf. ab und ſchickt
den Acacius dafür, was die Folge bat, Daß die Unteranführer auseinander Iaufen
und der Perfer Apaarmanes ungehindert dad römiſche Gebiet plündert (Evagr.
1.1. während Theophyl. p. 134. erſt nad Adaarmanes Streifgügen die Ab»
feßung des Mark. erfolgen läßt; ebenfo Theophan. p. 381., der den Nad-
folger Archelaus nennt und dem perl. Befcehlahaber den geläufigeren Namen
Artabanes gibt) und Apamea gerfönt (Evagr. V, 10. Theophyl. p. 135.).
theilung feiner Truppen abgeſchlagen (Evagr.
1. 1., welches Wunder aber eine Auffchneiverel der Zurüdgebliebenen zu feyn
ſcheint, da Theophyl. p. 135. das Gegentheil berichtet). Chosr. erobert
Daras nah faft fehsmonatliher Belagerung mitten im Winter durch Ber-
rath oder Nachläſfigkeit (Evagr. V, 10. Theophyl. III, 5.11, p. 135 f. Menand.
p. 324 f. Cedren. I, p. 684.). Diefe Nachricht erfehüttert den Kaifer fo, daß
er frank wird und in Stumpffinn verfällt (Evagr. V, 11. Theophyl. p. 136.
und Theophan. p. 381. vouw maepagopüs nevıdaalsıeı). Dur den Eins
fluß der Kaiferin Sophia (Theophan. p. 384. Evagr. V, 13.) wird Tiberius
(f. d.) mit Uebergehung feiner Verwandten von ihm adoptirt und zum Cäfar
ernannt (8. Sept. 575, Chron. Pasch., nad Theophyl. p. 137. im Dechr.
d. J.). Bel diefer Gelegenheit (Theophan. p. 381 f.: bei der fpäteren Krös
nung) war ed wohl (Evagr. V, 13. Theophyl. III, 11. p. 137), daß Juſtin
fämmtlide meltlihen und Eirlichen Beamten zufammenberief, ihnen den
Tib. vorftellte und die mwohlgemeinte aber zufammenhangdlofe Rede BHielt,
worin er feine Fehler ebriih bekannte und dem Tib. neben allgemeinen
guten Rathſchlägen beſonders Gehorfam gegen Sophia empfahl (Evagr. V,
3. Theophyl. III. 11,p.137 ). Die Lage war jeßt um fo ſchwieriger, weil
gleichzeitig die Türken, anflatt den Römern zu helfen, vielmehr die Offenſtve
gegen biefe ergreifen (Menand. p. 398—404.). Chosr. bietet in einem über-
müthigen Schreiben Frieden an ; ber Befandte Qatob) wird eingeführt, ov yrr
os lovorivor &te 900wÖ7 Tuyyarorea, ala yao a5 zw Banlide, anei axın
&vr Tißepiv anarız Enparrer (Menanv. p. 317.). Sophia verfpricht Ant»
wort durch einen eigenen Geſandten (ib.). Borläufig bewilligt Ehodr. auf die
Bitten der Kaiferin einjährigen Waffenſtillſtand (Theophan. p. 381.) gegen Be:
zahlung von 45,000 Dufaten (Dtenand. p. 389.). der dann (um 30,000 Dukat.
jährlich, Menand. p. 390 f.) auf drei weitere Jahre ausgedehnt wird (Evagr. V.
12. Menand. p. 325. 329. 389. Theophyl. IT, 12, p 139.); nur Berfarme-
nien iſt davon aungefhloflen (ib.); bier geht der Krieg fort. Tiberius hatte,
während er um Waffenſtillſtand unterbandelte, ein Hrer zufammengebradt
(Theophyl. IT, 12, p. 138.) aus lauter germaniſchen und fiythifgen Völkern,
150,000 Mann flarf, u. dem Juftinian (f. oben ©. 677.) ven Öberbefehl über:
tragen (Evagr. V, 14.). Durch diefe Anflrengung war der Stuat fo angegriffen,
daß ed dem T. nicht möglich war, dem von den Longobarden beprängten Italien
ein Heer zu Hilfe zu ſchicken, fondern er ſich auf Geldſendung zu Beſtechungen bes
(hränfen mußte (Menand. p. 328. 331 f). Ebenfowenig konnte Tiberlus ben
Verwüſtungen ver SIaven in Hellas Einhalt ıhun; doch veranlaßte er (I. 376)
bie Avaren, mit 60,000 Reitern in das Gebiet der Staven einen Einfall zu
maden (Menand. p. 404-—407.). Denn feine eigenen Truppen brauchte
Ziber. alle felbft in Armenien und Mefopotamien (ib. 337.). Chosr. mar
nemlih im Sommer nad Darad’ Fall nah Armenien gerüdt; ale er aber
ein ſolches Heer fl gegenüberftehen fah und ein Flügel von ihm durch den
Skythen Kurs geflagen wurde, fo z0g er fih aus Urmenten zurüd (Evagr.
V‚14f. Theophan. p. 387. Iheophyl. III, 14 f.). Während diefer Kämpfe
werden an der perfiihen Orenze Sriedendunterhandlungen gepflogen (Menand
p. 318 ff. Theophyl. p. 146f.). Die Perfer verlangen einen regelmäßigen
Justitia 685
Tribut von 30,000 Dukaten jährlih, flehen aber auf die fefle Weigerung
der röm. &efandten davon ab (ib. 321.) und verlangen nur Abtretung von
Perſarmenien und Iberien, zu welcher Tiberius bereit ift unter der Bedingung
freier Auswanderung für Jeden ber es wünſche, was Ghosr. bewilligt (ib.
323.). Au Daras, den legten Streitpunft, ift Chosr. ſchon Halb geneigt,
den Nömern zurüdzugeben, als ihn ein Sieg in PBerfarmenten davon ab»
brachte (Menand. p. 324 f. Theophyl. p. 147.); fogar mit Aufldfung des
dreijährigen Waffenſtillſtandes droht er (p. 325.). Wirklich macht Tachosbro
noch vor Ablauf der 3 Jahre einen Einfall ind röm. Gebiet (Menand.
p. 329. 407.), und Chosroes fhidt den Mebodes mit 20,000 Reitern AO
Tage vor Ablauf des Waffenfliliflanns nah Mefopotamien (ib. 408 f.).
Inzwiſchen Hatte aber Juſtin auf Betreiben ver Sophia, welde den Tiber.
noch unverehlicht glaubte und in ihm neben der Beibehaltung des Throns
einen ſchönen Bemahl zu bekommen hoffte (Theophan. p. 384. ; aber Tib. baute
ihr nachher einen Vallaſt u. verſprach, fle ald Mutter zu ehren, ib.), fi ent»
ſchloſſen, zu Bunften des Tiberius abzudanfen. An einem Bußübel darniederlie⸗
gend, nahm er bei eintretender Linderung die Krönung bed Tiberius vor, nad
dem Chron. Pasch. am 26. Sept. 578, da8 dann als Juſtins Todestag den
5. Dct. 978 augibt. neglert bat er allein: nah Evagr. (V, 23.) 12 3.
10%, M., nah Job. Bicl. Chron. 11 3., Cedren. 13 $ und einige Mon.,
nad Chron. Pasch. 12 3. 8 M.; mit Tiberlus: nah Evagr. ib. 3 9.
11 M. (uf. 16 3. 91%, M.), Theophyl. 3 I. 10 M., Chron. Pasch. 4 9.
28 T. — Conflitutionen find von ihm im Corpus Juris unter Juftinian’s
Novell. 140. 144. 148. 149. (gegen die Geſchenke ver Magiftrate an den
Kaifer, ohne Zweifel von feinem Mitregenten); außerdem in den Anhängen
zu den Novellen eine vom J. 566 de iis qvi in Osroena u. f. w. und eine
vom $. 570 de filiis liberarum. Vgl. Gibbon XI, 305—313. 336—342.
und den Artikel Tiberius Constantinus
6) Ein Sohn des Kaiſers Mauricius, f. dv. [W.T.]
Justitim hatte bei den Romern einen Cult; ein Bild derfelben wird von.
Bell. XIV, 4. beſchrieben und findet ſich auf Münzen; ein sacerdos Justitiae fommt
vor auf einer römifchen Infchrift bei Oreli Nr. 2164. Ngl. Themis. [W.T.]
. Justitiam (eig. iuris quasi interstitio quaedam et cessatio, Gell. XX,
1.; aud) iusti dies gen., Gel. XV, 13. Macrob. Sat. I, 16.) bezeichnet einen
Stillftand der Berichte und ein Stoden fämmtlicher öffentlichen Geſchäfte,
darum iustitium iners gen., Solin. c. 1. (iuris dictionem intermitti,
claudi aerarium, iudicia tolli, @ic. de har. resp. 26.; feine Auftion wird ge-
halten, @ic. p. Planc. 14., keine Gefandten im Senat angenommen, ib.
mit Schol. Ambrof. und Wunderd Anm.) BDiefer Stilftand wurde vom
Senat und von den Magiftraten (Liv. X, 21. Yac. Ann. II, 82.) in Zeiten
der Noth, der Gefahr und der allgemeinen Beflürzung angeorpnet (tumul-
tum decerni, iustitium edici, @ic. Phil. V, 12. VI, 1., aud) indicere; quod
per magnos tumultus fieri solitum erat, Liv. VII, 28.) und nad) Befeitigung
der Befahr wieder aufgehoben (iust. remittere, exuere). Wenn ein plöß»
licher Angriff ver Feinde Nom bevrohte, wenn die Nömifchen Heere große
Niederlagen erlitten hatten und dadurch die Stadt in Noth und Beftürzung
verfeßten, wurde iust. angeorbnet, z. B. Liv. VI, 7. VII, 6. 9. 28. IX,
7. X, 4. 21. Plut. Sull. 8. Lucan. II, 18., und da dieſe Imflände oft mit
allgemeiner Trauer verbunden maren, wurde iustitium endlich ald Zeichen
der Staatdtrauer angefehen und obrigkeitlih beflimmt; ja es kommen in ver
Kaiferzeit (in Rom ſowohl ald in ven Provinzen) Feine andere Urfachen
von just, vor, als Stantötrauer und zwar vorzüglich Todesfälle der Kaiſer
oder in ber Faiferliden Familie, Tac. Ann. I, 16. 390. II, 82. II, 7.
7m SG ee VE Ep — — — — — — u — r — — —
686 Juntasn — Juvävam
Suet. Tib. 52. Cal. 24. Galb. 10. Gay. M. Ant. Phil. 7. — Sidon. Apoll.
ep. II, 8. fleht iustit. fogar für Irauer im Familienleben. [R.]
Justus, 1) aus Tiberias in Galiläa, ein Jude, Zeitgenoffe des Jo—
ſephus, aber deſſen verſönlicher Feind, ſchrieb eine Geſchichte der gefrönten
Könige der Juden (mepi Tovdaror Bumleor Tor Er Tois Oreumaoır) von
Mofes an bis auf Agrippa II, der im brüten Jahr der Negierung Trajan's
farb; Photius gibt und von diefem Werke einige Nachricht (Bibl. Cod.
XXXIII.), tadelt aber daran die große Kürze, meshalb manches. Nothmendige
übergangen fey; ferner manche Erdichtungen, fo wie das gänzliche Schweigen
über Jeſus. Ob er außerdem eine Gefchichte des letzten Kriegs der Juden
mit den Römern, gleih Joſephus, gejchrieben, wie nad Stephanus von
Byzanz s. v. Tißeoas vermuthet wird, läßt fich nicht entſcheiden. Vgl.
®. 3. Voſſ. De historicc. Graecc. II, 8. p. 241f, Weft., Zubr. Bibl. Gr.
V, p. 61. X, p. 691. Harl.
2) Justus Fabius, ftand mit dem jüngern Plinius, wie vorbar-
dene Briefe zeigen (Ep. I, 5. 11. VII, 2.), in näherer Verbindung; auch
Tacitus, wenn er anderd wirklich der Verfaffer if, bat an ihn den Dialo-
gus de oratoribus s. de causis corruptae eloquentiae geridtet (f. c. 1.
und dazu Eckſtein's Prolegg. p 4f.), was auf einen angefebenen Redner
oder Rhetor ſchließen ließe. [B.]
3) Justus, römiſcher Töpfer, deſſen Name auf einer in Voorburg
gefundenen Schaale aus terra sigillata ſteht: JVSTVS F(ecit). Janſſen,
Musei Lugduno-Batavi Inscr. Gr. et Lat. p. 141. Derſelbe Name finder fich
auf einer aus Beja im nördlichen Africa und auf einer aus Italien ge»
braten Lampe des Leidner Mufeumd und auf einer andern des Berliner
Antiquariumd.
4) Opponius Justus, ein roömiſcher Architect, auf einer zu Bonn
befindlichen —88 Dorows Denkm. I, ©. 50. Taf. XIX, 1. Kunſtblatt
1832. ©. 295. R. Rochette Lettre a M. Schorn p. 339. 2te Audg. |W.]
5) Justus Catonius, unter Kalfer Claudius Praefectus und bins
gerichtet, Senee. Apocol. c. 13, p. 390. Bip. [W.T.]
Juthungi, f. Alemanni Bb. I, ©. 328. und Gothi Bv. IN. ©. 922. IP.
Juturna, Duelle, Fluß und See in Latium am albanifhen Berge, in
den Numtcius fih ergießend. Ihr Waller hatte Heilkraft (daher Servius
den Namen von iuvo ableitet, ebenfo Varro L. L. V, 71. Lympha Juturna,
qvae iuvaret; ilaqve multi aegroti propter id nomen hanc aqvam pe-
tere solent, während Döpderlein Syn. I, 6. ihn mit diuturna identificirt)
und "wurde zu allen Opfern nad Mom gebradt (Seirv. zu Virg. Aen.
XII, 139). Perſonificirt (als Nymphe) ift fle bei Arnok. II, 29 Ge—
mahlin de3 Janus und Mutter des Fontus. Nah Eerv. 1. 1. opferte
man ihr in Zeiten des Waffermangeld und errichtete Nutatius Catulus zus
erft ihr einen Tempel auf dem Marsfelde; Diejenigen, welke in ihrem Ge:
werbe mit Waffer zu thun Haben, feierten ihr Berien (Juturnalia). Die
Römer benannten nah ihr einen See in Rom, in vefien Nähe fi ein
Divdkurentempel befand (Dsfd. Fast. I, 708.), und die röm. Dichter führten
und ſchmückten die einheimifhe Sage über I. aut. Bel Ovid. Fast. II, 583 fi.
604. verfolgt fie Jupiter mit feiner Xiebe; bei Virg. Aen. XI. bat er ikt
bereitö zur Entſchädigung erepta pro virginitate Unſterblichkeit (B: 876 —830.)
“ und bieß verliehen, daß fle stagnis fluminibusqve praesidet (V. 139).
Das Virg. fle zur Schweſter des Turnus macht (DB. 138. 870.) und als
folde in deſſen Geſchichte verfliht, beruht auf einem ſchlechten Wortwit
(Juturna- Turnus). [W.T.]
Juvävum, GStabt in Noricum, dad jehige Salzburg. Nach einer
Inſchrift Hei Brut. p. 265, 4. heißt fie COL. HABR. Diefer Beifag fehl:
Juvenalia — Juvenens 687
aber anf der Inſchrift bei Apian p. 408. und Aventin (bei Reineſ. p. 310,
29.), welche fonft mit ver bei Grut. identiſch ſcheint, weßwegen die Hadrian'ſche
Pflanzung angezweifelt wird von Mannert und Orelli (Mr. 496.). Es liefen
hier mehrere Straßen zufammen und gaben den Ort in der fpätern Nömer-
zeit eine namhafte Bebeutung; auch nach feiner Zerflörung im fünften
Jahrhundert Hob er ſich bald wieder und erfcheint unter dem Namen Salz-
burg in Wilibalos Leben des h. Bonifachus. Unter allen Römer - Orten
biefleitö der Alpen kat mohl Salzburg vie reifen und fchönften Lieber
bleibfel aus dem Alterthum an Kunftgegenftänden, Mofaifen *, Geräthen ıc.
aufzumelfen, die noch immer dur Nachgrabungen und zufällige Entdeckungen
vermehrt werden. Vgl Kunfibl. zum Morgenbl. 1824, ©. 344. **, Sehr ver⸗
ſchieden ift die Schreibung ded Namens. Juvavum ift wohl die richtigſte Form
(Tab. Peut. Juvavo), daher die Bewohner Juvavenses, Grut. p. 375, 2. |. Kunſt⸗
blatta. D., Jovavis It. Unt., Juvense (castrum) Not. Imp., Juvavia im Xeben
des 5. Mupert und bei @ugipp. im 2. des 5. Severin, Notit. Eccleſ., und
(wahrſcheinlich verfchrieben) bei Reinef. a. O., Juvanum in Eginhards 2.
Carls des Gr. — Der Fluß Salzach heißt in der Tab. Peut. verfchrieben
Jvaro, im Leben des h Mupert Jovavus. ]
Juvenalia, ’ovßerwiın asnep Tıra Feanıonevuare, Dio LXI, 19.
vgl. LXVII, 14. fcenifhes Spiel von Nero im I. 812 eingerichtet aus
Beranlaffung feines Uebertritts ins männliche Alter (barbam ponere), Div
LXI, 19. Tac. Ann. XIV, 15 woher au ber Name (auch iuvenales ludi,
ac. Ann. XV, 33.). Es war eine Art Dilettantentbeater, nicht im öffent»
lichen Circus, fondern per domum aut hortos (TSac. Ann. XV, 33,), in einem
verhältnißmäßig befchränften Raum und vor fleinem Publikum (ib.), daher fie
Nero’ Eitelkeit Halo richt mehr genügten. Er trat nämlich ſelbſt darin auf
(cecinerat, ib.) und neben ihm metteifernn die Vornehmften von jedem Alter
und Geſchlecht (von einer achızigiährigen Matrone f. Dio 1. 1.), unmasfirt
(Div), in griech. u. römiſchen Stüden (Tac. Ann. XIV, 15.), als Mimen,
Solo» oder Ehorfänger (ib. u. Div), und dem Pätus Thraſea verübelte Nero
beſonders dieß, qvod Juvenalium ludicro parum exspectabilem operam prae-
buerat, Zac. Ann. XVI, 21. Unter den fpäteren Kaifern wurde der Name
gebraudt für die zu Iahredanfang von denfelben in Palatio gegebenen Spiele,
beftehend in Wagenrennen (Sivon. Appollin. carm. 23, 307. 428.) ober
Thierkämpfen (Dio LXVII, 14, aus der Zeit Domitiand und in deſſen
Albanum gegeben). gl. Jul. Cap. Gord. 4. illum per qvatriduum ludos
scenicos et Juvenalia edidisse. Vielleiht Bängt bier der Name zufammen
mit den Juvenes (j. d.) und iſt f. v. a. ludus Juvenum, aud) lusus Ju-
venalis genannt (Orelli 4098. 4109 extr.). ine tessera theatralis mit der
Inſchrift Juvenalia Veliterna erwähnt Orelli Inser. zu Nr. 1740. — Suet. Ner.
12. verwechſelt die Juv. mit den Qvingvennalia. [W.T.]
Juvenalis, 1) j Junii S. 535—539. 2) Saturualia.
Zuvencus over mit feinem volftändigen Namen: Cajus Vettius
Aquilinus Juv., ein Spanier von Geburt, welcher unter Gonftantin dem Gr.
und feinen Söhnen Tebte, lieferte um 332 n. Chr. eine poetifhe DBearbei-
tung der heiligen Gefichte in vier Büchern in Herameteın (Historia Evan-
gelica), melde in der Sprache und im Ausdruck fih ganz an die Altern
* Man denke au bie berühmte, nach Wien verfeute Moſalk mit der Gefchichte
bed Thefeus und der Ariabnne , abgebildet bei Erenger Abbild. zur Symbol. Taf. 55. [W.]
*° Wal. befonders ‚„Tabellarifche Ueberſicht der Alterthlümer , welche in bem Roſeneg⸗
ger'ſchen Barten und in beffen Feldern zu Birglſtein v. J. 1815 — 1822 aus der Erbe gegra⸗
ben wurben. Mit zwei Kupferflihen: 2te Aufl. Salzburg 1822. Dazu kommen bie
neusften bei der Srundfleinlegung des Mozart⸗Denkmals gemachten Entdeckungen. [W.]
688 Juvönes
claſſiſchen Muſter, nomentlih Virgilius halt, und bald Darauf eine Ähnliche
Bearbeitung der Genefl3 in Hexametern (Liber in Genesin), welde in ber
Sprache eben jo rein gehalten iſt; gebrudt zu Deventer um 1490. 4. und
Paris 1499. %ol., ſpäter von I. Badius Ascenſius zu Rouen 1509. 4.,
Baſel 1541., von E. Reuſch zu Branff. u. Leipz 1710. 8., in der Collect.
poett. vett. eccles. von Ch. Fabricius (Bafel 1564. Fol.), in der Bibl.
Patr. Max. (Lugd. 1677. Fol.) T. IV. p. 55 ff., am beften nad PBatican.
Codd. von Fauſt. Arevali zu Nom 1792. ©. Fabric. Bibl. med. inf. et Lat.
IV. p. 212. A. R. Gebfer, Diss. de C. Vettii Aquit. Juvenci vila et
scriptt., Jenae 1827. 8. Mein Supplement I. d. Röm. Lit. Geld. ©. 10 fi.
Verſchieden davon iſt ein Juvencus, welchen Sidonius Apollinarid (Ep. IX, 14.)
unter andern Befchichtfchreibern nennt. [B.]
Juv&nes ſcheint 1) Knaben zu bedeuten, melde den Tempeldienſt
beforgen (in der hriftlihen Zeit wurden Chorfnaben, anoAovdos fo genannt,
f. C. Th. de Episc. et Cler. 1. 10.). So feinen bei Orelli Inscr. 3949 (iden-
tif$ mit 410U) in Ameria die Juvenes Augustales bei der Dedication einer
Statue thätig und find dafür bewirthet worden; ibid. heißen fie Juvenes
S., d. 5. mohl sacri. Orelli 879 find Juvenes Nepesini Dianenses, 4097
Juvenes a fano Jovis, 1383 heißt e8 bei einem Weihgeſchenk an Vulkan: spor-
tulas dedicatione et in tutelam dedit collegio Juvenum, mofern nit bier
collegium hinweist auf die zweite Bebeutung: Wagenlenfer (Jokeys).
Wenigſtens ſteht feſt, daß file mit den Spielen zu thun haben (deren ur⸗
fprüngliche religiöfe Beziehung dieſe Bedeutung mit der erften vermittelt),
vgl. Orelli 4069 (Vicimag. Juvenum forensium item studiorum Apollina-
rium) ; 4099 (magistro Juvenum iterum Juvenes Lucoferenses patrono ob
merita qvod amphitheatrum Lucoferense sua pecunia fecit) und die Bezeid-
nung sodalis (ib. 4098 bis) und Curator lusus Juvenum 3949 und 4100.
(wo zu unterfheiden von den dortigen Juv. Aug.), 1740. 4109. (Cur. lus.
iuvenalis); und daß mit Wagen, ſcheint zu beweifen ib. 4109 patronus Ju-
venum Cisianorum (— cisiariorum,, von cisium Wagen, f. Bb..II, S. 386)
et Veteranorum Aug. und die Zufammenflellung mit den Dendrophoni
(Wagner) ib. 911. patronus— collegii Juvenum et collegiiDendroforum. Sie
bildeten ein eigenes Collegium (ib. 911. 3948 Juvenes collegiati; 4098 sodalis
lusus Juvenalis), hatten ihren eigenen patronus (ib. 911. 4099. 4109.), ihre
Vorgeſetzten, genannt curator, duumvir (4109. in.), vicimagister (4069.),
magister (4099 magistro Juvenum iterum, alfo we&felnd), haben ihre eigenen
sacra und ihren sacerdos, ſ. ib. 2168 (aus Verona). 2169 (aus Medvio—
lanım). 4094. (sacerdos collegii Juvenum Brixianorum primum institui)
In fpäterer Zeit waren fie häufig Veranlaffung und Urheber von Unruhen
im Theater: Dig. de poen. 1. 28, $. 3. aus Galliftratus: solent qvidam gi
volgo se Juvenes appellant in qvibusdam civitatibus turbulentis se adclama-
tionibus popularium accommodare, worauf ſchwere Strafanprohungen folgen.
Vol. A. W. Cramer de.iuvenibus apud Callistratum (Kiel, 1814. 8), wo vie
Literatur (def. Livſius Quaest. epist. I, 1. der fie mit den Auguftani Iventificirt
und den Nero als lirheber bezeichnet, ſ. Suet. Ner. 20. vgl. Aug. 43 ) auf-
geführt ift, während die eigene Anſicht verworren ift (lirones, qvi in Judo
ad pugnam se exercent vel ut disco certarent, alfo eine Art Turner). Die
Bafllifen geben dad Wort durch rewzegıxos (03 Aeyöueroı v. nai or Bopr-
Bovs 87 To Önum noovrzts, Harmenop. nooyaep. VI, 7.), vewtegusrai, v:o-
zepo:, f. ibid. p. Af. — Zweifelhaft ift ob fo bezeichnet werben 3) auf
die decuriones der Municipien, welche angebli in Juniores ober Juvenes
und Seniores eingetheilt wurden. Nachweiſungen fehlen, menigftens tft nidt
bemweifend Drelli 834, wo ein Pantomime ornamentis decurionatus decreio
ordinis (zu Lanuvium) exornatus et allectus inter Juvenes wird; denn die
Juvönis — Juaventiil 689,
Anführung neben und außer den Decurionen fpriht bier eher gegen bie
Identität als für fie. [W.T.]
Zuvönis, römifder Töpfer auf einer Schale des Münchner, und auf
einer Lampe ded Berliner Antiquariums. [W.) |
Juventa, Juventas, Juventus, f. Hebe, 2b. III, ©. 1082. und
@ie. N. D. 1, 40. Ovid. Pont. I, 10, 14. Auf frühe Verehrung in Rom
weist neben Liv. V, 54. bei. Dionyf. IV, p. 220., wonach Servius Tullius
die Cinrichtung getroffen haben fol, daß alle welche bie toga virilis anlegten, .
in ihrem Tempel einen nummus beponirten. Am Tage feines Siegs über
Hasdrubal (I. 547) gelobte ihr der Coſ. M. Livius Salinator einen Tempel,
der im Circus Marimus erridtet und 16 Jahre nachher eingeweiht wurbe,
Liv. XXXVI, 36. Cic. 1. 1. Auguſt fagt im Mon. Anc. tab. IV, v. 8.:
aedem Juventatis in Palatio feci, und B. Victor führt in der achten Region
einen Eleinen Xempel derielben auf. Val. Blin. XXIX, 14, 57. M. Livius
richtete Spiele der Juventas ein, Gic. Brut. 18., und ein flamen Juventatis
finvet ſich auf einer Grenobler Inſchrift bei Orelli Nr. 2213. Dal. Feſt. p. 77.
Lind. Juventutis sacra pro iuvenibus sunt institula. Zwei Münzen mit der.
Umſchrift Juventus f. bei Eckhel D. N. VII, p. 45. Gine Inſchrift Juventuti
Artanorum (Artanum Stadt) posuit collegium bei Orelli 4096. [W.T.]
Javentis*, ein Geſchlecht aus Tusculum, dad in der zweiten Hälfte
des vierten Jahrhunderts der Stadt nah Rom fich überfievelte, im Kaufe ver
republifanifhen Zeit zur conſulariſchen Würde, und in der Kaiferzeit dur
die zwei berühmten, ihm angehörenden Nechtögelehrten zu neuem Unfehen
gelangte. — Nah der Behauptung des 8. Gaiftud, welcher in Gemeinſchaft
mit M. Juventius Laterenfis im I. 700 d. St. (54 v. Chr.) als Ankläger
des En. Plancius auftrat (vgl. unt.), wurbe ein Juventius als ber erfle
curuliſche Aebile aus dem Bürgerflande erwählt (ic. pro Planc. 24, 58.).
Die curuliſche Aebilität warb aber im J. 387 d. St. (367 v. Chr.), und
zwar nad Livius (VI, 42.) uriprünglih für die Patricier eingefeht und erft
im folgenden Jahre (388 d. St.) mit den Plebejern getheilt; wogegen nad
Niebuhrs Ausführung (III, 39 ff.) die Theilung ohne Zmeifel von Anfang
an Statt fand. Cicero, der Vertheidiger des Plancius, bezweifelt nun zwar
(am a. D.) die Behauptung des Bafflus, welche er jelbf von ihm zum erfien
Male höre; allein der Zweifel des Gegners an der von Gafflus wahrſchein⸗
lich aus Bamiliencommentarien der Juventier entnommenen Angabe (vgl.
Heinerc. de Juv. Celso p. 520. not.) kann diefe um fo weniger umfloßen,
als fie an fi betrachtet durchaus nichts Unmahrfcheinliches enthält. Jener
erfie aus dem Plebejerſtande gewählte curuliſche Aedile iſt jedenfalls ver
Erſte feines Geſchlechtes, der in der römiſchen Geſchichte erfcheint; und hier⸗
nad mögen die Juventier nicht lange vorher, nachdem ihre Vaterſtadt Tus⸗
culum (Gic. pro Pi. 8,19.) im 3. 373 (381) von dem Verdachte, feindliche
Sefinnungen gegen Rom zu hegen, ſich gereinigt, und deßhalb nit blog
Frieden für den Augenblid, fondern bald darauf (um das I. 377 d. ©t.,:
vgl. iv. VI, 33.) auch das Recht eines Municipiums erhalten hatte (Liv.
VI, 26. 33. 36. Dionyf. Exc. p. 2311. Reisk. Pfut. Camill. 38.), aus
ihrer Helmath nah Nom ſich übergeflevelt haben und wenige Sabre fpäter-
durch Erhebung eines Glieds ihrer Familie zu der Würde eines curulifchen
Aedilen für die freundliche Geflnnung, die fie mwahrfcheinlih früher gegen
Mom an den Tag gelegt hatten, belohnt worden fein. Der Gang ber Ueber⸗
” u manden Handſchriften (vgl. 3 B. Plin. Ep. VI, 5.) Jubentii, nach ber.
von Usfchreibern des Mittelalters (unb früherer Zeiten), fo wie von Steinmetzen
der röm. Kaiferzeit fo häufig befolgten griechifchen Weiſe, das b au bie Stelle bes
v zu fenen, vgl. Heinecc. de P. Juv. Celso, p. 519. unb bie vortigen Fitale, Der.
Bauly, Real-Enchelop. IV.
6% Juventi
Heblung und Erhebung des Geſchlechtes wäre alfo berfelbe, den wir bei dem
gleigfalls tusculaniſchen, ſchon im dritten Jahrhundert der Stadt übergefles
delten Geſchlechte der Furier nachgewieſen (vgl. ®b. IH. ©. 551 f. Anm.)
und außerdem bei verſchiedenen anderen, theils aus Zusculum, theils aus
andern italiſchen Städten und Bölkerfaften ſlammenden Geſchlechtern aufge-
gi oder wahrfeinlih gemacht Haben (vgl. Fabricii, Br. III. ©. 404 f. *).
ie aber bei mehreren folden Municipalgeſchlechtern die Wahrnehmung fid
machen läßt, daß bie nachfolgenden Generationen fi nit auf der Gtufe
ver Bäter in Rom zu erhalten vermochten (vgl. Fabricii, ©. 404., am
Schluſſe des Eingangs): fo verſchwindet auch der Name der Iuventigr ** in
von beiden nächſten Jahrhunderten aus ben Faſten und aus ber Geſchichte,
uns erſt im I. 337 d. St. (197 v. Chr.) begegnen und wieberum zwei
Juventier, T. Juventius (Thalna***) und defien Bruber C. (Juven-
tius) Labeo, welde beide als Kriegötribunen umter dem Gof. Du. Mi-
nucius in einer unglädliden Schlacht gegen die (cisalpiniſchen) Gallier ihr
Leben verloren (Liv. XIX, 22.). Gin Sohn des erfteren (vgl. Fasti cap.
ad a. 591. Varr.) war T. Juventius Thalna, Prätor im $. 560 d. ©t.,
198 v. Gr. (Liv. XXXIV, 42. 43.7), und als folder Amtsgenoſſe bes
Ger. Digitius (Bd. II. ©. 1021 f.), mit welchem er in fpäterer Zeit (582,
172) als Abgeorbneter nad Apulien und Galabrien, um Getreide für die
Flotte und das Heer (gegen Berfeus) aufsufaufen, genannt wirb (Eiv. XLII,
); ein zweiter Sohn (wie aus dem gleichen Beinamen zu fliehen if)
L. Juventius Thalna, Unterfeloberr des Proprätors 6. Calpurnius Piſo
569 d. St. 155 v. Chr. (Br. II. ©. 99., Lie. XXXIX, 31. 38.). Sohn
des Brätoers 360 d. St. und Enfel des Kriegätribunen war M. Juventius
T. LT. n. Thalna (Fasti cap.), der Erfle (und in ber Seit der Republil
der Einzige) des Geſchlechtes, der zur Würde des Conſulates gelangte. In
Bellstribunate, 384 d. St. (170 v. Ehr.), trat er mit feinem Amts-
genofien Ga. Auflvins als Keftiger Ankläger des Prätord C. Lucretins wegen
g ber Bumbeögenofien in Griechenland auf (Liv. XLIH, 8. [10.]).
Als Bräter aber (587, 167, Liv. XLV, 14 16.) elle er der gefegmäßigen
uwiber bei dem Belle den Antrag, ven Rbodiern Krieg zu erklären,
in ver Hoffnung, er werde zur Führung deſſelben mit einer Flone abgeſchickt.
Alein vie Tribunen M. Antonius und M. Bomronius winerfehten ſich heftig,
Juventias mag allertingd von juvenis und juventas herräbren (Gigom. de
im 'hes. IL p. 977... und Geinescins am a. D.): allein die
dem angeblichen Koyfe der Javenta (Heinere,, vgl. jebdoch
rell. p. 580, ber den Kerf der June darin erfennt) id
zunächht Seferoctenen Gel ven Tutereffe if, bietet
. KIXI, 1. Ca. Flavias aecdilis carulis
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und jener riß den Prätor von der MNebnerbühne herab, damit die rhodiſchen
Befandten (die fpäter im Senat hauptſächlich durch M. Porcius Cato in einer
berühmt gewordenen Rede unterflügt wurden, Gel. N. A. VII, 3. Meyer
Oratt. rom. fragmenta, ed. 2. p. 102 ff.) zum Bolfe ſprechen koͤnnten (Liv.
XLV, 21.). 3m3.591 (163) zum Gonfulate gelangt (Fasti cap. Obfequ. 73.
Titulus Terent. Heautontim.) fämpfte er auf der Infel Korfifa und unterwarf
diefelbe, warb aber, als er eben im Opfern begriffen vom Senate ein Schreiben
erhielt, worin ihm derſelbe ein Dankfeft zuerfannte, vor übergroßer Freude
vom Schlage gerührt und flürzte entfeelt zu Boden (Val. Mar. IX, 12, 3.
vgl. Plin. H. N. VII, 53.). Aus dem Anfang des fiebenten Jahrhunderts
d. St. If P. Juventius zu erwähnen, der als Prätor 605 (149) gegen
den Uſurpator Andriskus (Pfeubophilippus) in Macedonien Schlacht und
Leben verlor (vgl. Zonar. XI, 28. Liv. L. @utrop. IV, 13. Oroſ. IV, 22.
Flor. II, 14.). Im diefelbe Zeit etwa (wenn nicht in frühere) fällt der Co⸗
mödienditer Juventius*, während aus der zweiten Hälfte des fiebenten
Jahrhunderts ein Redner T. Juventius (vieleigt Enkel des Eof, WM.)
von Gicero (Brut. 48, 178.), und ein Rechtsgelehrter C. Juventius,
Schüler des Pontifer Mar. Du. Mucius Seävola, von Pomponius (de
orig. jur. $. 43.) genannt werden. @in M. Juventius Pedo, Richter
im Proce des Oppianicus (680, 74, vgl. C. Junius, ©. 931. unt.) wird
von Cicero ald Einer aud der alten Schule der Richter gerühmt (pro Cluent.
38, 107.), ein (Juventius) Thalna aber unter den Richtern genannt, bie
in dem Proceß des Clodius (693, 63, vgl. Clod., Bob. II. ©. 416. ob.)
von biefem ſich beſtechen ließen (ad Att. I, 16, 6.). Bon dem leßteren ver-
ſchieden und ohne Zweifel jünger ift jener Thalna, von weldem Atticus,
wie es fiheint, den Wunfch hegte, daß er eine feiner Verwandten zur Frau
nebmen möchte (709 d. ©t., ad Aut. XII, 29, 1. vgl. 21, 7.), von. dem
aber Cicero durch Niclas (Bd. I. ©. 798, 11.) erfuhr, daß er fl um bie
Hand der Cornificia, einer nicht mehr jungen Wittwe, beworben Habe, biefer
aber nicht reich genug geweien ſei (XII, 29, 1.). Wenn Gicero ad Att.
IH, 21,7. von demſelben Thalna ſpricht, jo kann gr auch nit Sohn jenes
Richters im Procefie des Clodius gemefen fein; denn Gicero bezeichnet ven
Pater als einen alten und von ihm beſonders merthgehaltenen Freund. (In
einer andern Stelle, ad Att. XVI, 6,1. iſt wohl für Thalna ber Name Testa
zu fefen, vgl. ad Div. VII, 20, 1. u. Wieland zu d. St.) Am meiften
Intereffe unter den Iuventiern der Republik nimmt M. Juv. Laterensis,
der Ankläger des :Blancius,. theild durch fein Verhältniß zu Gicero, theils
durch feine republifanifche, zulegt mit dem Tode beflegelte @efinnung in An⸗
ſpruch. Nachdem verfelbe als junger Mann, mie es ſcheint, im mithridati⸗
Ihen Kriege gedient hatte (vgl. pro Planc, 34, 84.: fui — bis Nicaeae in
Bithynia, wo nad dem Zufammenhange von einem Aufenthalte ald Soldat
die Rede if), fo gelangte er nicht lange naher zur Quäſtur (vgl. pro
Planc. 26, 63., wornach er ald Quäſtor Spiele in Praͤneſte gab **, und
fpäter, wahrſcheinlich als Proquäſtor, In Eyrene war ***), und hätte im J.
” Bon diefem find einige Werfe durch Gellius N. A. XVIII, 12. Barro de
L. L. VI, 50. p. 91. M. u. VIE, 65. p. 145f. (vgl. Bothe Poët. Soen. L. V, II.
p. 95.) erhalten. [B.
es Daß ſolche häufig bafelbfi gesehen wurden, bemerkt Cicero am a, D., vgl.
ad Att. XII, 2, 2. (Hirtia gens, 8b. III. ©. 1380.).
”** Yus der Stelle pro Planc. 5, 13., wo das redend eingeführte Volk mit
Beziehung auf denſelben Aufenthalt in Cyrene die Worte gebraucht: quo plus
intererat, eo plus aberas a me, zieht Pighius (Annal. Rom. III. p. 326. c.) ben
Schluß, daß Laterenfiö im J. 691 d. St. (im welches bie catiliner. Berfchwörung
fäut) in Cyrene gewefen ſei. Die Weranlaffung und Zeit eines Aufenthalts in Ereta
(pro Plano. 34, 85.) ift nicht zu beſtimmen.
6% 'Inventii
695 (59), dem Gonfulatsiahre bed Cäſar und Bibulus, wahrſcheinlich das
Bolkstribungt für das folgende Jah erhalten, wenn er nit, um bad Adler
gefeß Eäfars nicht beſchwoͤren zu müffen (vgl. oben ©. 436 f.), freimillig
von der Bewerbung zurüdgetreten wäre (pro Planc. 5,13. 22,52. ad At.
II, 18,2. vgl. die Worte Eicero’3 bei Aruflanus Mefflus p. 225. ed. Lindem.,
angeblich ex Philippica XVI., und dazu Drelli, Onomast. Tullian. p. 328.).
Aus diefem Trotze gegen ben allgewaltigen Conſul und Triumvir erflärt fi,
daß von bem durch Cäſar erfauften 8. Vettius (oben &. 439.) unter ben
angeblichen Verſchwoͤrern gegen das Leben des Pompeius auf fein Name
enannt wurde (ad Att. II, 24, 3. in Vatin. II, 26.). Im $. 699 (55)
"bewarb er fih zugleih mit En. Plancius, A. Plotius und Du. Pedius
(pro Planc. 7, 17.) um die curuliſche Aebilität. Allein die Wahl wurde
In diefem Jahre unterbroden und verſchoben (pro Pi. 20, 49 f. 22, 54.);
und als fle im Sommer bes folgenden Jahres (vgl. Drumann Bei. Roms ır.
VI. ©. 46. u. Wunder proleg. ad Planc.) wieder aufgenommen wurde, fo
unterlag er, nad Eicero, weil er auf den Glanz feined Namens, ver von
"Beiden Samtlien her confularif$ war (7, 18.*), zu viel vertraute (5, 12f.
20, 50.), und zugleich, weil er durch fein früheres Benehmen bei Eäfar und
den beiden andern Triumvirn angeflogen hatte (22,52 f.), feinem Mitbenerber
Plancius, der mit Plotius für die noch übrigen Donate des Jahres gemäßlt
wurde. Ehe fie jedoch ihr Amt antraten, wurde Plancius von Laterenflö
in Verbindung mit 2. Cafflus (Bdo. II. S. 198, 12.) nad dem Liciniſchen
Gelege (vom vorigen Jahre) wegen Bildung von Wahlgenoffenfhaften (So⸗
dalitien) angeffagt (15, 36. vgl. Schol. Bob. p. 259. Or.). Als Vertheis
diger des Angeklagten trat Cicero auf, der troß bem freundſchaftlichen Vers
Hältniffe, in welchem er mit Laterenflö ſtund (2, 5. 32, 78.), und troß der
Theilnahme, die ihm derſelbe im I. 696 (58) bei feiner Verbannung bes
wiefen hatte (1, 2. 30, 73. 33, 79. 35, 86.), dem Plancius, welcher als
Duäfter in Macebonien den Berbannten aufgenommen und anf alle Weiſe
unterfläßt und gefhügt Hatte (1, 1. 10, 26. 28, 69. 29, 71. 40, 95. Al,
98 ff.), feine Dienfte nicht verfagen konnte. Auch bei der Bewerbung hatte
Ecero für Planelus die Eräftigften Fürbitten eingelegt (10, 24 f.), und hie
durch wohl hauptfachlich die bitteren Angriffe des Laterenfis, melde er in ver
Mebe für Plancius (c. 30—40.) nit Immer gihatz beantwortet, fih zu⸗
gezogen. Daß aber die Vorwürfe der Schwäche (35, 86.), ver Feigheit
(36, 89.) und des Mangels an unabhängigem Sinne (37, 91.), die Late⸗
renfis aus der freiwilligen Verbannung Gicero’8 und aus dem Benehmen bes
Zurücgerufenen ableitete, aus ernſter Beflnnung und ächter republifanifcher
Denkweife Hervorgingen, dürfen wir im Hinblick auf das Leben des Laterenfis
vorausſetzen. Der Angeklagte wurde in Folge der Vertheidigung Gicero’s
wahrſcheinlich freigefproden. Daß aber der Kläger dur die Wahl zum
Aedilen für das folgende Jahr (701, 53) entihädigt wurde (mie Pighius
Annal. Rom. III. p. 405. a. annimmt), iſt wenigſtens aus der zmei Jahre
-fpäter von ihm verwalteten Prätur (ad Fam. VIII, 8, 2.3.) nicht zu ſchließen
(vgl. pro Planc. 21,51.). Aus der Zeit der VBürgerlriege, die Gäfar gegen
Bompeius und die Bompejaner zu führen hatte, find uns feine Nachrichten
über ihn erhalten; und nur in einem Briefe Ciceros vom I. 709 (45) wird
er als Augur genannt, der jenem zuglei mit vier andern Kollegen freiwillig
das eidliche Zeugniß leiftete (dad nach dem Gefetze von drei Kollegen geleiftet
werben mußte), daß derfelbe Hei dem Antrittsmahle des neuen Augurs Apulejus
in Rom zu erſcheinen durch Krankheit verhindert fei (ad Att. XI, 17. vgl.
* Ein patrieifches Geſchlecht, wie Die Schol. Bob. es nennen (p. 253, Orell.),
war jedoch das. ber Juventier nicht, -
_ Zuvemtii "693
13, 2. 14, 1.): woraus wir den Schluß ziehen, daß das beiberfeitige Ver⸗
haältniß wieder einigermaßen hergefteflt war. Im J. 711 (48) finden wir
ihn als Regaten des M. Aemilius Lepidus, Statthalters im bieffeitigen Spanien
und fühliden Gallien (Dio XLVI, 51. vgl. Bd. I. S. 152.). Als Anto-
nius nah der Schlacht bei Mutina über die Alpen zog, und ſich dem in
feiner gallifhen Provinz fehenden Lepidus näherte, fo fuchte er in Verbin⸗
dung mit 2. Munatius Plancus, dem Statthalter des nördlichen Galliens,
den Lepidus aufs Gifrigfle gegen Antonius und für den Senat zu gewinnen
(ad Fam. X, 11, 8. 15, 2.) und dur eine Reiſe, die er zu Plancus machte,
bie Bereinigung beider Statthalter gegen den gemeinſchaftlichen Feind herbei⸗
zuführen (ad Fam. X, 21, 1. vgl. 18,2.). Allein feine Bemühungen waren
vergeblich; Denn bald nachdem Antonius mit feinem Heere erſchienen war, fo
wurden demfelben von ven Soldaten des Lepidus (denen nach App. b. c. IH, 84.
Zaterenſis felbft durch eine unkluge Maßregel ven Abfall erleichtert Hätte,
vgl. jedoch Drumann I. S. 354.), die Thore des Lagerd geöffnet, und ber
Heerführer, der ben Redlichen getäufht und ohne Zweifel indgeheim den
Abfall vorbereitet hatte, beflegelte dieſen durch feinen Beitritt (Bell. II, 63.
vgl. ad Fam. X, 21, 8. 23, 4.). MAIS Laterenfis den Verrath an der Re⸗
publit entſchieden fah, To fließ er fi beim Eintritt des Antonius in das
Lager den Degen durch den Leib und „ſtarb, wie er gelebt hatte“ (Belle.
am D. Dio XLVI, 51. vgl. ad Fam. X, 23, 4., wornach Plancus zuerft
die irrige Nachricht erhielt, daß bie Wunde nicht tödtlich ſei). Der Senat
belohnte feine Treue durch einen Chrenbeſchluß, worin er belobt und ihm
eine Säule und ein Öffentliches Begräbniß zuerkannt wurde (Div am D.). —
Ein Bruder des Marcus war wohl L. (Juventius) Laterensis, ber
im I. 705 (49) unter dem von Gäfar zum Statthalter des jenfeitigen Spa⸗
niens beſtellten Qu. Cafſius Longinus (Bd. IL. ©. 199.) diente, und als
Theilnehmer an einer gegen denſelben angeftifteten Verſchwoͤrung von dem
Heere an die Stelle des Todtgeglaubten zum Prätor ausgerufen, von Gafflus
aber, nachdem die Verſchwörung unterbrüdt war, bingerichtet wurde (Bell.
Alex. 53—55.). Sünger, als die bis jetzt Genannten, war ohne Zmeifel
der Knabe Juventius, als deſſen verfgmähten und mißhanbelten Liebhaber
Catullus in mehreren Gedichten fich bekennt, vgl. 22. [24.] 46. [48.] 97. [99.].
Da auf zwei Infchriften, die in der Umgegend von Berona (zu Eologniola)
gefunden wurden, der juvencifhe Name fih findet (Gruter p. XLI, 3.
DCCCLXXVI, 8.), fo tönnte jener Iuventius derfelben Heimath, wie ber
Dichter, angehört haben. Eine Anzahl von Inſchriften (gefammelt von Heinece.
1. 1. p. 521 f.) beweist, daß der Name der Juventier (denn irrig wäre es,
überall an Nachkommen des alten Geſchlechtes zu denken) in der Kaiſer⸗
zeit ſowohl in Italien als in den Provinzen verbreitet war. Aus Spänien
werben zwei folder Infäriften genannt, deren eine zu Zora, die andere unweit
Emerita gefunden wurde (Bruter p. CCCCXXVII, 5. DCCCCLXXXI, 13.);
und Aberdieß findet fh auf einer Münze der Name eined L. Juventius Lu-
percus als Duumvir von Gäfaraugufte (Morelli Thes. p. 254 f. *). Daß
diefer und andere fpanifche Iuventier von dem obengenannten 2. Katerenfiö ab⸗
flanımten, If denkbar, obwohl der Beweis dafür fehlt. Nachkommen des
°* Wenn der Bella Praef. German., der fich bei dem Namen feines Amtöge-
noffen findet, wach Eckhel (Dootr. Numm. I. p. 38 f.) zu Tefen if: Praefeotus
Germaniei, d. h. Stellvertreter des Germaniens im Amte des Duumvirats, beffen
Titel zu Chren ber Eolonie von dem EAfar Germanicus angenommen worden, [0
ift hiedurch bie Zeit ber Münge beſtimmt. Und allerdings ift jene Auslegung burd)
Sufchriften beſtäͤtigt (Orelli Nr. 3874—77,.) und beBhalb der gewöhnlichen vorzus
sieben, wornach Praefectus Germanorum zu lefen und hierunter ein milttärtfcher
Titel zu verfiehen wäre (vgl. Havercamp zu Morelli p. 235.). .
694 Saventii _
alten Geſchlechtes waren aber ohne Zweifel die beiden Juriften Juventi Celsi,
die gegen Ende des erflen und zu Anfang bed zweiten Jahrhunderts n. Chr.
ihrem Namen ein neues Anſehen gaben. Der erflere, der wahrſcheinlich den
gleihen Bornamen wie fein Sohn trug, P. Juventius Celsus (baber
er in den Digeften als Celsus pater bezeinet wird, vgl. Heinecc. 1.1. p. 521.
Simmern Gelb. des Rom. Privatr. I. ©. 322.), war Nachfolger des Pe
gafus in der Sekte der Proculianer (Bompon. 1. 2. $. 47. D. de or. i.
1, 2.), und gelangte zu biefer Stellung ohne Zweifel zu Ende ver Megierung
bes Beipaflan (Heinecc. p. 522 f.). Bedeutender ifl der Sohn, P. Juven-
tius Celsus, defien Geburt nad der von Heineccius angeflellten und auf
das Jahr der Prätur des Celſus gegründeten Berednung (vgl. 1.1. p. 523. u.
Hist. jur. civ. p. 350. ed. Argent. 1751.) ungefähr in das 3. 820 d. St.
(zu Ende der Megierung des Nero) fallen würde. Gegen Ende ver Negierung
ded Domitian (nah Tillemont Hist. des Emp. T. II. p. 108. ed. Par.
1720. 4. im 3. 95 n. Chr., dem vorlegten Jahre Domitians) ließ fi der⸗
felbe in eine Verſchwörung wider ben Kaifer ein und warb deßhalb ange-
klagt, rettete ji aber das Leben durch verftellte Schmeichelei, die den Kaifer
feiner Zufage, eine Menge von Berfonen angeben zu wollen, vertrauen ließ,
während er in ber Folge feinen Ginzigen angab und unter allerhand lifligen
Borwänden die Sade bis zum Tode Domitiand hinauszuſchieben wußte (Die
LXVII, 13.). Möglid, daß Orfitus, Rufus (Salvivienus, vgl. Sueton.
Domit. 10.) und Nerva, die nah Philoſtratus (vita Apollon. VII, 8.) von
Domitian heimlicher Nahftelungen beſchuldigt und verbannt wurden, die Mit-
verfehworenen des Celſus waren, und baß der Dienſt, melden dieſer dem
Nerva durch feine Verſchwiegenheit geleiftet, feiner ſpäteren Laufbahn unter
Nerva und deſſen Aboptivfohn Trajan zum Bortheil gereihte (vgl. Heinece.
1. 1. p. 526 f.). Er war Prätor unter Trajan 101 n. Chr. (854 d. St.,
Plin. Ep. V, 20. vgl. Heinecc. p. 523. not. a. 527.), und befleitete zireimal
das Gonfulat, das erftemal in unbelannter Zeit, das zweitemal unter Ha»
drian 129 n. Ghr. (1. 20. $. 6. D. de her. pet. 5, 8. 1. ult. C. de serv.
reip. manumilt. 7, 9 1.47. D.deor. i. 1,2. Gruter. Inscr. p. DLXXIII, 2.
und Arneth, zwölf röm. Militärbiplome, Wien 1843. ©. 55.). Bon dem
genannten Raifer warb er mit den beiden anderen berühmten Juriften Salvius
Julianus und Neratiud Priscus (von welden ver legtere zugleich mit ihm
als Nachfolger feines Vaters in der Schule ber Proculianer genannt wird,
1. 47. D. de or. i.) zum kaiſerlichen consiliarius ernannt (Spart. Hadr. 18.,
wo fälfhlih Julius Celsus fleht, vgl. Caſaub. zu d. ©t. u. über dad con-
eilium Hadrians Bd. III. S. 1039.), und farb, wie e8 fcheint, noch unter
der Megierung des Hadrian (vgl. Heinecc. p. 529. not. d.). Ueber feine
juriſtiſchen Schriften, fo wie über die von ihm berrührende quaestio Domi-
tiana vgl. Bd. IL. S. 239., und im Allgemeinen über ihn Heinecc. de P.
Juv. Celso, Opp. T. U. p. 518 ff. ed. Genev. 1746. 4. (mo im Gingang
die Juventia gens überhaupt berüdfichtigt if), und Deffelben Hist. Juris Civ.
6. 255—257.; ferner die übrigen, Bd. Il. ©. 239. angeführfn Schriften
und außerdem C. 2. Neuber, die jurift. Claffifer (Berl. 1806.) &. 133— 146.
mit der S. 144. angeführten Literatur, und Zimmern Geld. des Röm.
Privatredts, I, 1. ©. 323 ff. Wohl zu unterfcheiden ifl ver Juventius
Celsus, der auf einer Inſchrift (bei Gruter. p. DCVII.) als Promagister
genannt if. Die Infchrift gehört ber Zeit des Antoninus Pius an (vgl.
Seinece. p. 529 f. not. e.), und ber Genannte wird bemnad der Sohn und
der Enfel der beiden Vorigen geweſen fein. Irrig aber iſt die Annahme
eined Conſuls C. Vibius Juventius Verus zur Zeit des Habrian, 134 n. Chr.,
worüber dad Nähere bei Norif. Epist. consular. (in Gräv. Thes. T. XI.
p. 444.). [Hkh.]
Juvernia — Yxion 695
Juverhla, Juvernus, Juvernis, f. Hibernia, 3». III. ©. 1292 f.
Juvia (nad der wahrſcheinlichſten Lesart bei Mela III, 1. u. dat.
Tzſchucke, Boff. Ivia), Fluß bei den Artabrern, der in den Meerbuſen von
Eorunna mündet (Hifp. Tarrac.), j. no Juvia, bei Ptol. Naßıos. [P.]
Yxia (die, Strabo XIV, p. 655., bei Steph. Byz. p. 329. Täler),
ein Kaflell an der Oſtküſte der Infel Rhodus mit einem Tempel des Apollo
(T£ios 'AnoAror), dad nah Stepb. feinen Namen von einem naben Hafen
Namens Ixos hatte. [F.]
Exion (IEiwr). Toy ISiova oi ur ’Artiovog yevaaloyovar, ws "Ar
oyvAog (vgl. Diod. IV, 69. Axrioy wyeig Ilsoıunia 17 ‘Auvdaovog Eyarım-
oer IEiova), Degenvöng 68 ITeıiwrog, Emo 58 "Apsos, or db Disyva (Leßs
teres Gurip. Ixion. fragm. 4. BAeyvov vis dsonor Ein, Schol. zu Apollon.
Arg. Ill, 62., wogegen Strab. p. 442. den Phlegyas einen Bruder des J.
nennt), Schol. zu Pind. Pyth. II, 39. p. 316. Bödh; na Hygin fab. 62.
Sohn des Leonted. König der Lapithen (vgl. Diod. Schol. Eurip. Phoen.
1192.) oder Phlegyer, Vater des Pirithous, Apollod. I, 8, 2. Er warb
um Dia, Tochter des Deioneus (Schol. Pind.) oder Hefloneus (Diod.) oder
Gioneus (Schol. Apollon., Eurip. 1. 1., Tzetz. Chil. IX, 273.) und verſprach
biefem nach alter Sitte viele Brautgefchenke, bielt aber niht Wort. Zum
Pfand nahm ihm jener die Roſſe weg, morauf I. ihn zu fi einlub; er ſei
bereit zu Allem. Deion. kam, ftel aber in Irions Haufe in die ihm von
diefem bereitete, mit euer angefüllte und Leicht überdeckte Grube, und ver»
brannte (Diod., Schol. Pind. u. zu Eurip. Phoen. 1192.). 3. ſtürzte dar⸗
über in Wahnfinn (Pherekydes bei Schol. Pind.). Kein Menſch noch Gott
fühnte ben ungeheuern Frevel, das Vergießen von aupvAsor aiua (Bind. 1.1.
Aeſchyl. Eum. 430.); endlich fühnte den Flehenden (Aeſchyl. Eum. 718.) Zeus
aus Mitleiven ald Z. Tnenos?, nimmt ihn fogar an feinen Herb auf und
bewirthet ihn an feinem Tifh mit Ambrofla (Pherekyd. in Hist. gr. frgm.
ed. Müller, Parid 1841. p. 96.). Uber der Undankbare entbrannte in Bes
gierde nad des Zeus Gemahlin. (Migtbifche Zinkleivung für einen ent-
fpredenden Vorgang in einem Tempel oder, wie Welder S.548. annimmt,
in einem Bürftenhaufe. **). Diefe Avoox (Schol. zu Odyss. XXI, 303. vgl.
uarie zu @urip. Phoen. 1192.) des I. entdeckt Here dem Zeus, der Bovio-
ueros donuaoeı siye KAndEs sau, Schol. Eur., ein Wolkenbild macht und
ed an Here'd Statt dem Brünfligen in die Arme gibt (Schol. zu Pind.,
Diod.; bei Sol. zu Eur. Phoen. 1192. und zu Odyss. 1. 1. macht Here das
Bild), woraus aypıos tig nal Teparwöns arme 6» Kövzavoor Brouaony,
entſtand, Schol. Pind. p. 317. (vgl. Pinv. Pyth. II, 42. «rev ——
ayapıs, wogegen Blut. Amator. 5. falſch es mit gwgis svrjg erklärt) und
Diodor: 09 IEiosa Ti vepeAn mysrıa yaryjocı tovs Ovoumloussous Ker-
ztavpovs ardpwnnopveis. Wunderlich Schol. Benet. ad Il. I, 266.: 7086
68 dovAidı IEiora uyivar, &ua 8: al Ihiyaoov 199 nıepwsor xarı zı7
avımr vwınıa’ 86 or yeraodaı Körzavoor, ap ov RoAv nAjdog yiveras.
J. aber rühmte ſich fogar feines Glücks, Schol. Eur. Zur Strafe ließ ihn
* Damit bringt Welcker Aeſch. Teil. ©, 549. den Namen des Sr, in Zuſammen⸗
bang: ſ. v. a. ixsens, von inu (vgl. Aeſchyl. Eum. 440. veuvos zgosixtup dv TEOMOLS
Itiovos), Schutzilehen, worauf aud, ber Name feines Vaters, Antion (von arrsasw
. bitten) ober Peifion (von reiten, bittend bewegen) hinweiſe. Pindar leitet vermöge feiner
einfeitigen Auffaffung ber Mythe ben Namen von ixw (Nahen zum Bette der Here) ab.
“> Eine andere Beziehung, nämlich auf cosmifche Verhaltniſſe gibt der Sage Nork
in feinem Wörterbuch I, 345f., welcher mit vieler Gelchrfamkeit zu beweiſen fucht,
daß die Ixionsſage das nad, dem Sommerfolftifium eintretende Abnehmen ber Tage,
des Jahresgottes descensus ad inferos, das Rad, insbeſondere das Zeitrab bebeute
nf. fe Bol. oben ©, 549, [Mzr.]
-
J
696 Ixtanides — Eyan',
Zeus durch Hermes in bie Unterwelt ringen und an Händen und Füßen
mit ebernen Banden auf das ſiets ſich drehende feurige Rad befefligen. Diod.
Hyg. 62 f. Apollon. II, 62. Soph. Phil. 602. Tibull. I, 8, 73.
Sen. zu ®irg. Aen. VI, 601. Georg. Ill, 38. IV, 484. Ovid Met. iv, 460.
(bei Hom. Od. XI, 568 fi. noch nidt). Dazu Säol. Pind. 1. 1. p. 316.:
ni 17 oml Tov ⁊coxoũ x0lamy av RRPEYREYURNKER? Uno yap din:
xx — avıoy Fupnaobiree gydapivai paar. Bol. Seneca Apocol.
p. 391. Bip.: aliqvando Ixionis miseri rotam sußlaminandam. — Bearbeitet
war die Mythe von Aeſchylus ilan Aeſchyl. Tril. S. 547.), Sophokles
und @uripided (ib. ©. 550.) [W.T.]
Exfionides, Beiname des Pirithous ale Sohn des Irion bei Dvid
Met. VII, 566. Propert. IE, 1,38. Im Plural Bezeichnung der Bentauren,
Lucan VL, 386. ; f. Bv. I. ©. 257. und Ixion. [Mzr.]
Exius, Belname bed Apollo, von Iria auf Rhodus. Steph. Brz. s. v.
Zöies; f. Ixia. [Mzr.]
Ixomatae, |. Jaxamatae.
—— Ivyying, der Jauchzende, Beiname des Dionyſos, f. Heſych.
8. v.
BL nk, lat. illex oder inlex, urfprüngli lautnachahmende “Bes
nennung für einen Vogel (Suid. s. v.), melden Schol. zu Pind. Pyth. IV,
380. p. 366. ſo beſchreibt: —R nenomAusvor m. TOISOR, nangorgayı-
Aor, yAdovar &xor ETIIROÄV ERTETRUEINT, TIUNYOG NEPIOTEEPOUEIOT aa ME-
oöwodr Toy zonyndor. Vgl. Ariſtot. H. A. II, 12. Dieje eigenthümliche
Unruhe und Aufgeregtheit, um deren willen ver -Bogel I x torqvilla (Linn.),
aud verticilla, motacilla* (Wendehals) und oprıs as (Pind. Pyth. IV,
216. 8.) genannt wird, deutete man als Berliehibelt aus. Der Vogel wurde
Bild für einen leidenſchaftlich Liebenden, und der Aberglaube ſchrieb ihm
magiſche aphrodifiſche Wirkung zu (vis in amatoriis, Plin. XI, 48, 107.).
Mytbologifh wurde dieß fo ausgedrückt: 3. fei (Suib.) Tochlet der Peitho
oder der Ccho (und des Pan, Schol. Lycophr. 310.), und ‚YapuaaovoR
zov Aio eig 10» tie Iovc (ihrer Gebieterin) 20909 nara y0Aor "Hoas &i;
opreor uereßAndn, Schol. zu Bind. Nem. IV, 56. p. 453.8. vgl. Guib. s. v.
Schol. zu Theokr. II, 17. Niceph. in Synes. de insomn. B 360. Schol. LKyc.
310. Hemſterh. zu Bucian. I, p. 172., während Anton. Xib. 9., blos den Begriff
Singvogel mythologiſch unifäreibenb, ne die T. des Pieros nennt, bie, weil fle
nebft ihren Schweſtern NH in Wettgefang mit den Muſen eingelafien habe,
in einen Vogel verwandelt wurde (vgl. Niceph. 1. 1. aA mÜagar Eupe-
Asozazıy paaı mv fuyya). Als mythiſcher Urheber der magiſchen Berwen-
bung bed öorsos spazınoy (Schol. zu Pind. Nem. 1. 1.) wird Jaſon ange»
führt, welchen Aphrodite lehrte, die J. auf einen vierfpeichigen Kreifel (TEoyos
zerpanımuos) zu fpannen und unter Zauberſprüchen berumzubreben, um fo
Medea's Liebe zu erregen, Rind. Pyth. IV, 380 ff. (214. 3.) mit Schol.,
Tzetz. Lyc. 310. Dieß war —B die gewöhnliche Form der Unwenbung
ber J., vgl. Azetz. ib. und Chil. XI, 380.: 0407 oAoxAngas R005 ögwrag
zo [007 Exzstauevor Toig MTEOOL ni vos Tooyionov Kai GVuREQIOToS-
Youerov eis Oroua sparros, Tovro xuping yiroons ap Tuyye VRapyuT.
Pfell. Schol. ad orac, Chald. nennt es auch Exatınos roopeAos und er⸗
Ent: E. ore. opaiga E0t1 Ygvon, 48007 Zunpeipov negıxleiovon, —2 ræv-
psiov orgEPouErm inavTos, di one arg Eyovon 1agarxıngas’ 19 ErıoTos-
gortzg sNo0Urro Tas EminÄngas nal za somüre nalsir eindanır "Ivyyas,
. Motaoille dient aber auch zur Bezeichnung ber Bachſtelze, aessorzvyic (dei orior
en7 ovgar, dgl. Niceph. in Synes. insomn. p. 360.) ober xsyxloc (vgl. Schneider
zu Ariſtot. H. A. IX, 13, 1.), weiche nit mit TuyE zu verwechfeln if, f. Burmann
ad Anthol. Lat. V, 64. (T. UI. p- 354, b.).
N
EIyrcae — HK 2 | 697
eure Opaspınöry aiyor wirs Toiyavor eite nal Or oynua. & dn doroürteg Ta;
aonnovs 7) nervmdsıs efegywrovy Nyovg, yaAlrrss xal Tor asp mactilorreg:
Andere Bormen erwähnt Schol. zu Pind. Pyth. 1. 1. u. Tzetz. Lyc. 310.
Der Name wurde ausgedehnt auf magiſchen Liebesreiz überhaupt (mar yAvxv
xaı noderor, Niceph.), blieb aber befonderd dem mit Fäden von Burpur-
wolle unmundenen Zauberfreifel, |. Suid. s.v. Theokr. IT., mo ber Refrain
it Zuy&, Mus Tv 7909 Euor nor done Tor aröpa, nachgeahmt von Virg.
Ecl. VII, 68. (wozu f. Serv. u. Voß); Anthol. Pal. p. 140. n. 113. Jac.
Ariſtoph. Lys. 1110. Xen. Mem. IH, 11, 17. mit Schneiders Anm. Diog.
2aert. VI, 76. Lävius bei Appulej. Apol. Tom. II. p. 462. Oud. und
Weichert Poett. latt. p. 52. Suid. s. v. In fpäterer Zeit wurde das Wort
in weiterem Sinne genommen und mit myſtiſcher Naturpbilofopbie aufgefaßt.
So erzählt Marin. von Proclus, daß er Regen gemacht babe ivyya rıra
200590005 mrmoug. Nicephor. zu Syneſ. de insomn. p. 360. ſpticht von
voces magicae, incantationes, bie man Iyngen nenne. Synef. de insomn.
p. 134. faßt file als ovunadeeı, ſympathetifche Fäden, welche der Zauberer
benüßt und Eine aAdo di aAMov, und noch idealiftiſcher orac. Chald v. 115.
als Geiſter voovuesus narooder nal 70000 adrai. — Abbildungen auf
Bafen f. Millin Gal. Myth. If. CXIV, 444., vgl. Böttiger Kunſtmyth. 1.
S. 70. Philoſtr. v. Apollon. Vi, 11. p. 247. Ol. erzählt, vaß im delphi⸗
ſchen Tempel xai yovons Ivyyas (Brauengeftalten) avayyıı (AroAdor) As-
yaraı Zeup7ro0r TIra —— n&80, und ib, I, 25. p. 34. vom verſiſchen
Pallaſte: yovoni "Iuyyss Anoxpeuareaı od opoyov (ded Saaled) zerragsg
ıyv 'Adocoreıar avıo (dem König) rapeyyvaocı al To umdtr Unto Tovg
ardpanov; aipendaı. So fonft die KrAndores, ſ. Böckh Pind. I, 2.
p. 568 f.* [W.T.]
Ayrene (Tüoxc:), ein blos bei Herod. IV, 22. 123 f. erfcheinenves,
mit den Thyssagetae verbundenes Volk in Scythia Asiatica. Allein da Mela
1, 19, 19. u. Plin. VI,7,7. neben den Thyſſageten die Turcae nennen, fo if
unftreitig auch bei Herodot Tyoxas zu Iefen. Bol. daher den Art. Turcae. [F.]
Izsala, ein Gebirg im norböflligen Mefopotamien, zwiſchen Dara und
Amida, auf welden nah Ammian. XIX, 9. u. XVII, 6. die drei Kaflelle
Maride, Lorne und Amudis lagen, von welchen dad erfle die heut. Berg⸗
fefung Marvin, 5 g. M. nordweſtlich von Nifibis zu fein ſcheint. [F.]
Usaunmesopolia (ILarmooroAs, Iſid. Char. p. 5.), eine Stadt im
ſüdlichen Mefopotamien, am Euphrat, 12 Schönt oder 48 Mill. von dem
mitten im Strome liegenden Felſenſchlofſe Olabus, und 16 Schöni von den
Asphaltquellen bei Aeipolis. [F.)
Ezgi, ein blos von Pin. VI, 17, 21. ermähntes Bolt in India intra
Gangem auf dem Emodiſchen Gebirge. [F.] '
K.
K findet ſich auf grie chiſchen Juſchriften als Abkürzung für nei,
Kaisap, Kalaröor, Karaydono:, Koirros, auf römifden für Kaesius
| Als Vogel findet fih die Iynx Häufig in bildlichen Darftelungen in ber Hand
bdes Liehhabers ober auch in Begleitung der Venns. ©. aud) die Monam. ined. von
Winkelmann Nr. 115., wo ein für die Laube ber Venus gehaltener Vogel wahrs
fheinlich eben bie Iynx if nach der Erklärung von Mazoechi, Tifchbeins Eingravings
I, 32. 33, und Gelben de Diis Syr. I, 2. beleuchten Die Gage, Vgl. Bbttiger über
die Kelebonen (Kl. Schriften I. S. 183 ff.) und Kunſtmyth. S. 103 f., auch Tiede⸗
maus de miagic. art. orig. p. 69. [ Mzr.]
IV. 44*
686 L — Lappen
ober Kalendarii ober Kalendis; KA griechiſch Kalerder, ıdm. Capitalis
(Triumvir); KAI Kaioap oder Kaumuilıos; KAL Kalendarium; K4A oder
KAAA son KAAAN für Kalaröor; KAST PER Castra Peregrina; KAT
Karaydönoı; K 8 Karaydorıo. Osoi; KK Castra; KA Kiavöos; KO Kog
vilos; KP Koatwios; K2 Kaas, Koganvs; K.S. Carus suis; KT
Keira; KT Kudadıyasv;; KTO Kvdreos:. Bgl. Stanz Elem. Epigr.
gr. p. 365 f. Dreli L L. D. p. 463f. [W.T.]
Die Artikel des K flehen unter C.
I.
L bedeutet auf Infchriften bald Latum, bald Leuga, Libens oder Libertus
ober Longum oder Luciusu. A. L. A. Libens (ober libenti) animo, LACR.P.
Lacrimis posuit, LAT. entweber Latinae (feriae) oder Latam, L. B. S. Li-
bentes solverunt, L.D.D.D. Loco dato decurionum decreto, L.D.D.PA.
Loco dato decreto Paganorum, L.D.P. Loco dato publice u. dgl. LEG.
Legavit, legatus, lege, legio; LIB. Liberalitas oder Librarum oder Liburna
ober Libyae ober Libertus ober Libens, L. L. Lucii duo oder Luci lbertus
(liberta); L. L. B. L. LBERT. P. E. over L. L. L. P. O. M. S. Liberlis
libertabusqve posterisqve (eorum) omnibus monumentum statuit; L. M.
Libens merito ober locus Monumenti; L. Mil. Laribus militaribus; L. X.
Librarius notarius; Loc. H. S. C. P. S. Lecum hunc sepulturae compa-
ravit pecunia sua; L.P. Loco publico; L.S.P.D. D. Locus sepulturae per-
missus decreto decurionum; LVG Lugdunensis; LVM Lumins; L. V.S. Libens
votam solvit; LVSTR. MON. SAC. Lustrandis monumentis sacris. | W.T.)
AA — kaungoramg, AAMIIP = Aaungorazov, AE(AET. AETK.)
— Asvra, AET(AETES?) — Asyeoros, AISO — Adoykugor. Vgl. Franz
Elem. epigr. gr. p. 358. 367. | West.]
Lääs, f. Las.
Lasththa (Aaad9da, Biol. VI, 7.), Ort mitten in Arabia Felis,
norböfllih von der Haupifladt Maraba. [F.
Laba (Acßa, Ptol.VI,7.), Ort im nordweſtlichſten Theile von Arabia
Felix, niht weit vom Sinus Aelanilicus. [F.
Labsäca (Acßara, Ptol. VII, 1.), Stadt in India intra Gangem in
ber Nähe von Jomuſa, wahrſcheinlich zwiigen dem Indus und Hydaspes,
im Gebiete des Pandous.
Labänse Aqnne (ta Aaßara, Gtrabe V, p. 238.), Talte, mine
ralifde Quellen im Gebiete von Nomentum in Latium, unweit Eretum, die
zum Trinken, wie zum Baben benußt wurden. Sie find unter dem Namen
Bagni di Grotta Marozza an der Nomentanifchen Straße, 3 Mil. noͤrdlich
on | und 2 Mil. von la Fiora (dem alten Eretum) noch jekt vor-
anden.
Lähärum (Prudent. c. Symm. I, 487.;, dagegen Alihelm. de laud.
Virg. labärum), von ungewiffer Ableitung (3. B. von Augvpor, Andere aus
dem Aegyptiſchen und allen mögliden Spraden), als Name von Feldzeichen
ſchon zur Zeit der Republik und ber früheren Kaifer auf Münen vorfonmend
und zwar nach Ducange bei. auf folden, vie ſich auf Siege über Germanen,
Sarmaten und Armenier beziehen, berühmt aber erſt feit Conſtantin, ber
in feinem Kampfe gegen Licinius eine gimflige Wirkung davon erfahren haben
wollte (@ufeb. v. Const. II, 7. 8. 9.). Es war in der chrifll. Zeit eine
fange Lanze, von einem Duerballen durchſchnitten, an welchem ein feldener
Schleier nieverhing, worauf entweder bie Bilpniffe des Kaiſers und feiner
“
Labstanfts — Labeo 69 |
Familie in Gold eingewoben waren, wo dann bie Krone und daB Monos -
gramm, welches zugleih das Kreuz und bie Anfangsbuchſtaben vom Ramen
Chriſti darfleflte. auf dem Gipfel der Pike angebracht war (Eufeb. 1. 1. T,
30 f.), oder mar das Bild Ehrifti auf dem ſeidenen Theile ſelbſt (vygl. Prudent.
in Symm. I, 486 f. Christus purpureum gemmanti textus in auro signabat
labarum). Die Fahne war or Alm Tuumrepor, 308 vor den übrigen
voraus, wurde von dem chrifll. Heer adorirt und feine Bewachung fünfzig
beſonders tapfern Kriegern anvertraut (Eufeb. II, 8,). Der Praef. labaro-
rum (denn fo erflärt man felt Bothofredus das praef. laborum im Cod.
Theod. VI, 18. u. Inst. XII, 18., wozu man Sozom. I, 4. Aaßopor ver»
gleicht; aber woher die Mehrzahl?) Hatte Erconfularenrang und Imnumität:
immunitate digni sunt qvos nostri lateris comitatus illustrat (Cod. 1. 1.).
S. Ducange Glossar. med. et inf. lat. s. v. Gothofredus ad Cod. Th.
T. II. p. 143. Gibbon Geſch. des Bf. S 592. Sporſch. [W. T]
Labatanis, Infel des indiſchen Meeres vor der Küfte des glücklichen
Arabiens, Plin. VI, 28, 32. [F
Labkäna (Saßßare, vulgo Acußera, Ptol. V, 18.), Stadt im füh-
lien Mefopotamien am Tigris, 8 g. M. vun Birtha. D’Anville l’Euphrate
etc. p. 87. hält es fälfhlih für das viel zu weit gegen ©. liegende Moful
(fo wie Birtha für das wenigſtens 30 9. M. von Deoful entlegene Tekrit). [F.]
Labda, Tochter des Bachiaden Umphion, Mutter des Eypfelus (f.
Bd. II. S. 821.). Nah dem Etymolog. magn. p. 199. p. 181. Lips.
fommt ihre Rame von der Form ihrer auswärts gekehrten einem A Ähnlichen
Büße ber. 4 Greuzer Commentt. Herodd. p. 62 ff. u. zu Herod. V, 92,
2.5. ed. Baͤhr. [K.]
Labdacides, Labdncius; ſo nennt Stat. Theb. VI, 451. den Poly⸗
nice8 und Eteokles, weil der Großvater ihres Vaters Oedipus der glei-
genannte Labdacus mar. [Mzr.] |
Labaäceus, Außdanos, Sohn des thebaniſchen Königs Polydorus,
eines Sohns son Cadmus, und der Nykteis, welche ſpartaniſchen Geſchlechtes
war. Da fein Bater frühe ſtarb, wurde er unter Vormundſchaft des Nykteus
und naher des Eyeus, eines Bruders von Nyfteus, geftellt. Als 2. er-
wadien war, übergab ihm Lycus die Megierung, und als berfelbe bald
darauf Rarb, übernahm er wieder über deſſen hinterlafienen Sohn Lajus,
den Bater des Oedipus, die Vormundſchaft. So Bauf. IX, 5, 2. Eurip.
Herc. f. 27. Anders Apollod. IH, 5, 5.; f. Nycteus. [Mzr.]
Labdalum;, |. Syracusae.
Labeätes, eine Bölkerfhaft noͤrblich von Makedonien, oͤſtlich von Illy⸗
ricum, &v. XLIM, 19. XLIV, 31., mit der Hauptflabt Scobra (ib. XLIV,
31.); in ihrem ande iſt die Labeatis palus (ib.; Plin. H. N. IH, 23.
Acaßearis, Ptol. II, 13. Strabo VIE, 817 ff.) ober Iacus Labeatum (iv.).
Im Kriege mit Perfeus vereinigte &_ Anicius das Land mit IMyricum (ib.
XLV, 26. extr.). [|W.T.] |
Labeo, 1) ). Fabius Labeo, Q. F. Q. N., Qvaestor urbanus
im 3. 558 — 196, als welcher er mit den Prieſtern wegen Nachzahlung ver
Kriegöfleuer Streit befam, Liv. XXXIII, 42. Prätor im I. 369 — 189, ib.
AXXVII, 47. Durchs Loos fiel ihm der Oberbefehl der röm. Flotte zu
(ib. 50.). Er fuhr ne otiosam provinciam habuisse videri posset, von
Ephefus aus nad Kreta und befreite dort gegen 4000 gefangene —* Bürger,
wofür ihm troß bed Widerflands der Tribunen (XXXVIII, 47.) ein triumphus
navalis bewilligt wurbe, fuhr dann nad Epheins zurück: inde tribus navibus
in Thraciae oram missis ab Aeno et Maronia praesidia Antiochi deduci
iussit ut in libertate eae civitates essent (ib. 60.). In Folge des Bertrags
mit Antiochus verniätete er 30 Schiffe deſſelben in Patara; darauf unter»
702 Labörus — Labienus
824 d. St. (7I n Chr.), der von diefem ven Auftrag erhielt, alle Lände⸗
reien ber Provinz (die in Folge des Todes oder der Gefangenihaft der
Eigenthümer dem Kaifer zugehören follten, Tillemont Hist. des Emp. T. II,
p. 574.) zu verfaufen (vgl. Jofeph b. j. VII, 27., wo ABeoıos ohne Zweifel
falſche Lesart ift).
5) Laberius Maximus, mahrfheinlid Sohn des Vorigen, unter
Trajan anf eine Inſel verbannt, weil er des Strebens nad ver Herrſchaft
verdächtig war (vgl. Hadrianus Bo. III, S. 1031). [Hkh.]
Labörus,: Aaßnoos, Stadt im Innern von Hibernia, bei der | Stadt
Afteribee in Louth, Btol. II, 2. [W.T.]
Labetäni, f. Lacetani.
Labicum (Acßınor: Strab. V. p. 230. 237. Sil. Ital. XII, 534.,
auch Lavicum und Laviei: Liv. IV, 47. XXVI, 9. uw. Labici: @ic. Agr. II,
35. Virg. Aen. VII, 796. Sil. Ital. VIII, 367.), eine altlatinifhe Stadt
auf einer Anhöhe am Auslauf des Albanergebirges gegen die nörpliche Ebene
bin, 15 Mit. fünöftlih von Rom, weftl. von Pränefte und norböflf. von
Tusculum (an der Stelle des heutigen Colonna.) Sie wurde als Bunde?»
genoffin ver Aequer von den Römern mit Sturm erobert und mit römifchen
Koloniften bevölkert (Liv. IV, 45. 47.), fpäter aber vernachläjfigt, und mar
daher ſchon zu Strabo’8 (a. a. O. p. 237.) Zeiten verfallen. Ihr Gebiet
erſcheint als ager Labicanus bei Liv. XXVI, 9. u. Plin. IN, 5, 9., und
von ihr hatte auch die von Nom nad Beneventum führende Via Lavicana
(It. Anton. p. 504.) ihren Namen. [F.]
Labienus. Außer den Labieni, welche Bd. I, S. 991. ale Auii
Labieni aufgeführt find, wird von Appian, B. Civ. "WV, 28. ein La-
bienus unter ven Geächteten bes 3, 711 d. St. (43 v. Er.) genannt, der
zu Sullas Zeiten Biele der damals Geächteten aufgegriffen und getöbtet
hatte, und jetzt es feiner unwürbig hielt, wenn er nicht ein ähnliches Schick⸗
ſal mit enlem Muthe ertrüge, daher er fi vor feinem Haufe auf einen
Seffel feßte und fo die Mörder erwartete. (Vgl. biezu Macrob. Saturn.
I, 11.) So wenig aber der Gentilname des Leßteren befannt tft, fo wenig
ift die Aufnahme: ver übrigen Labieni unter ven Namen der gens Attia
(Atia) auf ein Zeugniß der Alten gegründet, ſondern auf blofer Bonjec-
tnr de8 Patinud (su Fulv. Urſin. Famil. Rom., quae reper in antiqu.
numism , ed. Par. 1663), welche bereit# von Spanheim (de praest. el
usu numm. T. II, p. 11) bezweifelt, deſſen ungeadtet bis auf die neuefte
Zeit von einem Gelehrten dem andern als authentiſch überliefert wurde.
(Eine Ausnahme macht Edhel Doctr. Numm. V, p. 145., obgleich er bie
Labieni gleichfalls unter die Atia gens geftelit hat). Wir vermeifen übrigens
zur Berichtigung einiger Angaben des Art. T. Attius Lab. (Bb. I; &. 991.)
auf den Urt. Commius, Nadtr. zu Bd. II, ©. 1296 f., und tragen zur
Ergänzung die Stellen nad: Bell. II, 40. (vgl. T. Ampius Balbus, Bb. I,
©. 443.) Frontin. Strat. IF, 5, 20. 7, 13. Bal. Mar. VII, 14, 5.
Bon dem Sohne Qu. Labienus (über welchen noch Frontin Strateg. I, 5,
36 berichtet) ift eine Münze mit der Aufirift Qu. Lebienus Parthicus Imp.
vorhanden, vgl. Havercamp Thes. Morell. I, p. 37. Eckhel Doctr. Namm.
V, p. 145. Adermann Roman coins Vol. I, p. 28. Die Scriftftdller ver-
fhmweigen feinen Vornamen, und mande Neuere (3 DB. Drumann, Röm.
Geſch. ꝛc. Bo. I, ©. 435. u. a. St.) nennen ihn irriger Weife wie der
Pater hieß: Titus Labienus. [Ekh.)
Wahrſcheinlich der Enkel des T. Labienus (Bb.. I, S. 991 f.), und
der Sohn des D. Labienus (Bd. I, S. 992 f.), jedenfalls dieſer Fa⸗
milie angehörig war T. Labienus Die diefer Bamilie eigene republi-
fanifde, der Alleinherrſchaft abgeneigte Beflnnung bewahrte er auch unter
Lahlsco — Lahranda 703
Augufus gegen dieſen und feine Freunde und ſchloß ſich daher au an
Cafſius Severus (f. Bd. II. S, 202.) und ähnlich gefinnte Männer an
(Senec. Controv. V. praef.). Er befam daher ven Spottnamen Rabienus. Als
Redner ſchlug er einen neuen Weg ein, der zwiſchen der alten und ver neuen
Beredſamkeit die Mitte zu halten fuchte. Für feine Eigenthümlichkeit als Ge⸗
ſchichtſchreiber iſt bezeichnend was Sen. I. I. erzählt: momini aliquando cum
recitaret historiam, magnam partem convolvisse et dixisse: haec quae tran-
seo post mortem meam legentur, wozu Sen bemerft: quanta in illis libertas
fuit quam etiam Labienus extimuit! Seine Feinde bewirften (effectum est
per inimicos Sen ), daß bie Schriften des 2. glei ven ähnlichen des Caſſiué
Severud und Cremutius Cordus in Folge eines Senatäbejchluffes verbrannt
murben, worauf er aus Verdruß dem Leben entſagte. Es fällt dieß gegen
Ende der Regierung des Augufus, um 765 (wie Meyer vermuther), ober
um 760 d. ©t., wie Egger (Examen des histor. d’Auguste p. 89. vgl. 68.
154.) annimmt; fpäter unter Caligula wurden diefe Schriften zwar wieder
aufgejugt und ihre LZeetüre erlaubt (Suet. Calig. 16.), ohne ‚daß jedoch ba-
durch ihre Erhaltung für die Nachwelt erlangt worden wäre. Nur von
einer Mede gegen Aſinius Pollio, ven er mit einem fremden Audbrud (Casnar)
als einen Schmeichler des Auguftud verfpottet hatte, ebenfo von einer Rede
gegen den mächtigen Pantomimen Bathyllus (f. Br. I, S. 1076f.), fo wie
von einer dritten Rede für Figulus fin noch einzelne Angaben vorhanden;
ſ. Alles zufammen bei Meyer Fragmm. Oratt. Romm. p. 528 ff. Weſtermann
Geſch. d. röm. Derefamfeit-$. 72. not. 3.* [B.]
Labisco, eine blos im It. Anton. p. 346. und auf ver. Tab. Peuf.
(welche Lavisco fchreibt) vorfommende Stadt der Allobroges in Gallia Nar-
bonenfld, an der von Mediolanum über die Grajifhen Alven nah Vienna
führenden Sıraße; wahfcheinlich das heut. les Echelled. (Vgl. Ukert II, 2.
S. 454.) [EF.]
Laboriae oder Laborini caınpi, ver fruhhtbarfte Theil Campa⸗
niens, begrenzt durch die beiden Conſularſtraßen, welche von Puteoli und
von umã nach Capua führen, und vom Fl. Vulturnus, Plin. H. N. XVIII,
11, 29. Der Boden iſt fo gut, daß die Halme eine Dide geminnen, die
He als Holz verwendbar macht, Plin. XVII, 4, 3., ber hinzufegt: sed idem
solum ubicungve arduum opere, difficile cultu bonis suis acrius paene qvam
vitiis posset >flligit agricolam. Daher auch der Name. Noch jetzt heißt die
Strede Terra di Lavoro, aud il territorio di Gaudo. [W.T.]
Läbötas 1) (Herob. AscwBarns), Sohn des Echeſtratus, Euryſthenide,
ſpartaniſcher König von 995—958. (Herod. VII, 204. cf. Herod. I, 69.
und Lycurgus). Während feiner Regierung nahmen die Argiver Kynuria
für fih in Beſitz und reizten die lacenämonifchen Periöfen bafelbft zum Ab⸗
falle. uhr IM, 2, 3. — Einen Denkſpruch von ihm führt Blut. Apophth.
Lacon. p. 140. Tauchn. an. 2) fpartanifher Harmoſt im trachiniſchen
Seracka, der im 3 409 mit 700 lacedämoniſchen Coloniſten von den nahen
verghewohnern erſchlagen wurde. Xen. Hell. I, 2, 18. [K.]
3) Aaßores, (Strab. XVI, p. 751.), Flügen Syriens in dem
Gefilde von Antiochia, welches ſich in den Orone⸗ ergoß. Bei Abulfeda
Tab. Syr. p. 152. heißt es Asvad. F.]
Labranda (ra Aaßgarda: Herod. 1, 171. V, 119. Strab. XIV.
659.), Flecken Gariens, 68 Stab. Nie von Myiaſſa, zu dem es ge⸗
hörte und von dem aus eine gepflafterte Straße, bie heilige genannt, dahin
führte, im Gebirge gelegm. Gr mar berühmt durch einen Tempel des Zeus
% de Chambort, diss. sur T. Labienus , in ben Mem. de }Acad. d. Inser.
Bd, X, P- 98— 110. [W. T.]
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Labrax, (— 1c3os;) ver Meifentihuelle, Ref der Ge, Hogin Fab.
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(Alberti Ital. deser. p. 40.), it vielmehr ver alte portus Pisanus, tie
Etelle des Zoſimns if offenbar vervorben, und and bei Gicere if fatı
Labrone bob wabricheinlih (mit Bergliidung ron It. Anten. p. 292.)
Selebrone zu lefen. gl. Weſſeling zu It. Auten. a. a. O. u. Mannerı
IX, 1. ©. 353. [F.]
Labrum, Bejzeichnung geräumiger Gerijie,, beſonders wmÄr weiter nad
auten lippenartig (daber der Name) ih mölbender Deffanng. Väufig ge-
braucht für Gegenflände aller Urt; io 1. Iupiaarımm und aqvarium bei
Gato R. R. 10. i1. eluacrum ib. 11. olearium ib. 13. Gelum. \H, 50;
aus Thon oder Stein sur Aufbewahrung von eigen ib. 15., «ls Wein-
Gehälter Birg. Ge. I, 6., Waflerbehälter Aen. AU, 417. Beionpers häufig
aber kam es in öffentlichen und Brisatbävern in Anwendung, Babbeden
aus Marmor (vgl. Liv. IXXXVII. 3. Blin. Ep. V, 6. Drelli Inscrr.
3277. 4517.), Bafalt, Granit, Borphyr und Alabaſter, ſogar aus Glas.
Ein in Pompeji gefundened bat nicht weniger als acht Fuß im Durchmeſſer
und innerli nicht mehr als acht Zoll Tiefe. In rer Mitte if eine Gr-
höhung (umbo), in deren Mittelpunfte das Waller aus einer metallenen
Möhre berroriprudelte und ſich auf den Kopf des Babenden ergo. Bal.
Becker Gallus IH, S. 29— 31. In vielem Sinne flieht das Wort bei Gic.
ad Fam. XIV, 20. (labrum si non est in balneo, face ut sit), Ovid. Fast. IV,
761. In Bezug auf ihre Geräumigfeit nnd Stellung zum Licht gibt Vitruv.
V, 10. Berfäriftn. [W.T.j
Labrusen, ayoauzelos, wilde Rebe, bei Birg. Bd. V, 7. nah
—
Laburdgam — Eabyrinthus 705
Ser. ad l., Nonius VI, 8. und Iſider. Origg. XVH, 5. fo benannt qvod
in labris (am ande) agrorum, an Hecken made. Labruscum fteht im
Dirgilifhen Cul. 52. von der Frucht. Adjectiviſch braucht das Wort Colum.
VIII, 3. Plin. XII, 13, 28. (labrusca uva, vitis). S. Voß Ann. zu feiner
Ueberſ. von Birg. Georg. I, ©. 237. [W.T.)
Leaburdum, Drt der Tarbeller in Aquitanien, ſüdlich von der Gar-
vonne, j. Zabourd, f. Tarbelli. [W.T.]
Labus ober Labutas (Aaßos oder Audovzas nach verſchiedener Les⸗
art bei Polyb. X, 29, 3.), ein Gebirge in Parthien, das die Verbindung zwiſchen
dem Eoronns, von den es eigentlich nur ein Zweig war, und ben Sariphi Montes
bildete, ij. Sobad Koh, ein Theil des Albord oder Elburs-Geb. [E.]
Labynötus, wahrſcheinlich nicht perfönlicher Name, ſondern Titel
babyloniiher Negenten. Lieber Lab. bei Herod. I, 74. f. unter Cyaxares
11, S. 806.; über Lab. bei Serod. I, 77. 188., ber den Gröfud gegen
Cyrus unterflügte, endlih aber felbft von Cyrus unterworfen wurde, f.
unter Cyrus U, ©. 831. [K.]
Labyrinthus (Aaßverdos), Mit dieſem, feinem Urfprunge nad
gewiß nicht griehifhen , fondern ägyptifhen Namen (denn völlig ungereimt
erfcheinen die von Suidas v. Aaßvgrdos und Heſych. v. Aaßspog verfuchten
Etymologien *: vgl. vielmehr Jabloneki Voces Aegypt. ia Opp. ed. Te
Water. I, p. 122. u. 2ennep in Revert. der bibl. u. morgenl. Liter. XIII,
S. 8.*) bezeichnete das Altertum im Allgemeinen einen aus einem verwidelten
Syſtem won Gängen und Kammern beftebenden Bau, ſpeciell die vier Tünftlichen
Anlagen, welche Plin. H. N. XXXVI, 19. (danach Iſid. Orig. XV, 2, 36.)
untericheivet und welche omnes lapide polito fornicibus tecti feyen: 1) ein
ungeheuer großed Gebäude in der Nähe von Grocodilopelis oder Arfinoe
in Mittelägnypten, welches ganz von Stein und ohne alled Holzwerk er-
baut, 12 unter einem Dache befinplie, und mit Säulen umgebene Höfe
umfchloß, eben jo viele Ihore Hatte und 3000 Gemächer enthielt, von denen
fih aber die Hälfte unter ver Erde befand, ſo daß ſich das ganze Gebäude
nur ein Stodwerk über ver Erbe erhob. Die oberen Gemäder, bie Herobot
(u. höchſt wahrfcheinlih au Strabo) felbft durchwanderte, und aud benen
man fi ohne einen fundigen Zührer kaum wieder herausfinden Eonnte, ent-
hielten viele Basreliefd, die unteren aber, welche nad der Ausſage der
Vrieſter die Begräbniffe der Eöniglihen Erbauer und der heiligen Krokodile
enthielten, wurden den Fremden nicht gezeigt. (Vgl. die Befchreibungen bei
Herod. II, 148. Strab. XVII, p. 814. Plin. XXXVI, 13, 19.,-aud Diod. I,
61. 97. Mela I, 9, 5. u. f. w.)*** Ueber die Beflimmung ded ungeheuern Ge⸗
bäudes herrſchen verichiedene Anfihten. (Vgl. Ereuzer Symb. I, ©. 377. Heeren
Iveen II, 2. ©. 604. u. A.) Nah Herodot und Diodor wäre es für ein
Grabmonument jener 12 Könige anzufehen, die in uralter Zeit in größter Ein-
* Weller (Heid. Tril. 6, 212.) leitet e8 ab von Auvga, bad einen engen
Gang, auch einen hohlen Felfengang oder auch ein ganzes Syſtem von Gängen, 3.8.
bei Klibſtern bebeute; daher auch das attifche von vielen Stollen und Gruben durch⸗
kreuzte Gtibergebirge Javgsov. [Preller.)
2° uUnd jegt befonderd: Bunfen, Aegyten's Stelle in der Weltgefch, (1845) Bb. IL.
©. saaf. [W.]
NAns Plinius fonft fehr unklarer Befchreibung erfahren wir, daß ed damals bes
seits manchſfach befhäbigt war, und daß das Syſtem von SIrrgängen, an welches man
bei dem Namen zunächſt denkt, wur einen kleinen Theil bed Gauzen bildete: fosei
iam eundo perveniunt ad viaram illum inexplioabilem errorem, Beſonders bewun⸗
dert wurden bie Dedien , indem biefe bei allen Gemächern ſowohl als den Bängen
monolith waren; Dach unb Wände waren blos von Gtein aus ungeheuren Duabers
und Platten sufammengefügt. — Die biäherigen Erörterungen und Nachrichten ber
Reiſenden f. bei Bähr zu Herod. I, exc. 10, Beſſeres darf man fi ge der Ex⸗
4
Pauly, RealsEnchdop. IV.
706 Labyrindhas
tradht gemeinſchaftlich über Aegyrten geberrit Gaben telien *, nad Strabo aber
war es ;u Zuſammenkünften der einzelnen Nomen, zur Schlichtung ron Gitrei-
tigleiten und gemeinfäpaftliden Orfern beitimmt. Tieber bie noch vorbande-
nen Spuren dieſes Rieiengebäunes war man kit auf Die neueflen Seiten in
Zweifel. Denn während Sinige, wie Paul Lucas und 2errenne fie aufge-
fanden zu haben glaubten (vgl. B. Lucas Voyage fait en 1714. T. II,
p. 185. u. Voyage dans la Turquie T. IE. p. 359%. p. 13. Gholfeul-
Gouffter Reife vurch Briegenlannx. I. ©. 167. mb Male Brun Nou-
velles Annales des voy. T. VI p. 133.), meinten wieder Andere, es fei
fyurlos verfäwunden und »ielleiht von den Wogen des Sees Möris bedeckt
(vgl. Belzoni II, ©. 158). 2) Auch auf ver Inſel Kreta jolke ſich nah
Dier. I, 61. 97. IV, 60. 77. Apsllon. IM, 1. 4. 15. Plutarb. Mes. 15ff.
Bauf. I, 27, 8. Sad. X, p. 477. Plin. XXXVI. 13, 19. BEileftr.
Apellon. IV, 34. (vgl. au Virg Aen. V, 588. v1, 27. Orid. Met. VIN,
195. Oygin. f. 40.) 22 in der Nähe der Stadt Anofjuß an der Nordküſte
ein ähnliches, der Sage nah vom Däralus nah dem Muſter bed ägypti⸗
fen erbautes , Riefengebäude befunden haben, das dem Wtotwurnd zum
Wohnfitze diente; und wirflih icheint man auch noch in fräterer Zeit eine
Lofalität vieſes Namens (wem auch nicht eine foldhe, wie Diodor fir Tennt)
auf der Infel gezeigt zu haben (vgl. Bhlloflr. Vit. Apoll. EV, 34. p. 174.
ed. Olear. und Creuzer Meletem. I, p. 87.). Allein da Atere Schrifffieller vor
Disder diefes Labyrinth mit Feiner Sribe gedenken, und undenkbar fl, das
ein foldger Riefenbau in dem Zeitalter, wo zuerſt die Rebe davon if, auch ſchon
wieder ſpurlos verſchwunden feyn follte (Diod. 1, 61. Plin. XXXVI, 13. Cretici
ltalicique nulla vestigia exstant), da ferner bie einheimiſchen Sagenfammler Kein
Wort von diefem Däpalifhen Labyrinthe wiſſen, und daher auch feine Darftel-
lungen auf cretiihen Münzen ganz verſchieden außfalien (vgl. Höck's Kreta 1,
©. 62. Note r.), fo iſt die von Hoͤck 1, S. 86ff. vorgetragene Anſicht febt
wahrſcheinlich, daß die ganze Eriflen; des cnoififden Labyrintho blos auf einer
mythiſchen Sage berube (mie es denn auch wirfli bei Theophyl. Simor.
praef. hist. Maur. p. 34. ed. Ingolst. das mythiſche Labyrinth Heißt), und
daß ed nie ein dem ägyptiſchen ähnliches Gebände auf der Imfel gegeben
babe, daß man vielmehr, weil man in Griechenland an den Namen Labr-
rinth überhaupt nur den Begriff vielfach verfälungener , unterirdiſcher Gänge
fnöpfte (in welchem Sinne verjelbe ſchon bei Strabo VIII, p. 369. vorfemmt:
vgl. auch Etym. M. u. Gudian., Heſych. u. Suid. v. ‚Iaßvorrdog), dieſen Namen
Anfangs blos auf die Menge natürlier Zerflüftungen ver Kalffelfen Ereta’d
übergetragen und barans erft ein fpäterer Mythus jenes dädaliſche KLabyrintk
geſchaffen habe. No jet zeigen die Limgebungen von Knofius mehrer
dergleichen Felſenkatakomben (vgl. Cockerell Travels ed. by Walpole p. 404.),
ungleich berühmter aber freilich find die imterirdiſchen Grotten bei Gortyna,
bie noch jeßt ven Namen des Labyrinths führen, und daher auch von neueren
Reiſenden für das alte berühmte Labyrinth gehalten werben. (Vgl. außer
Altern Reiſenden beſonders die Beſchreibungen bei Eoderell a. a. D. p. 402.:
Sieber's Reifen S. 510., v. Prokeſch Denfwürbigkeiten I, S. 606 ff. unt
Hoöͤck'a Kreta I, ©. 447.) [F.)] >
Das Labyrinth bei Gortyna beſteht aus zahlreichen, zufammenhängenben
vedition unter Lepfins verfprechen, Der dieſen Bau wieder entbedt und viner ge
nauen Unterfuchung unterworfen bat, [Preller.)
9, Miller Krael, F. 50, 2. rechnet die Labyrinthe Aberhaupt gu der Eiafk
ver Orabmaler, da doch der Zwei des Begrabens bei ſolchen Anlagen fidher ein un
tergeordueter war. [Preiter.)
Auch die Mungen von Knoffas zeigen das L. bioweilen mit dem Minotaurus
auf dem Averſe. [Preller.]
y B
Labzrintikus 707
Grotten und Gangen, die mit ihren regellofen Wınbungen den ganzen Innern
Theil des Hügels durchkreuzen, und unter Denen man hin und wieder auf größere
Gemäder ſtößt. Der urfprünglide Plan diefer Anlagen ging ſicher auf Ge⸗
winn von Baufteinen; nachmals aber trat wohl der fecunbäre Zwei, ein
Labyrinth berzuftellen, Hinzu. Erſt ganz ſpäte Schriftſteller (Claudian.
VI. cons. Honor, Aug. p. 634., Cedrenus) verlegen ven Minotaur dahin; auch
vie ſpätern Schollaflen und Lexicographen (Etym. M. Heſych. Suid. Cuſtath.
z. Od. Xl, p 1688.) ſcheinen viefes Labyrinth bei ihren Angaben vor
Augen gehabt zu Haben. 3) Das Labyrinth auf Samos wird in ber
Hauptftelle bei Plinius XXXVI, 19, 3. nad Lemnos verlegt, aber XXXVI,
19, 83. heißt es, Theodorus qui labyrinthum fecit Sami, und biefes iſt
dad Richtige. Es gehört zu den großartigen Werken ver älteren Samiſchen
Künfllerichule, welcher von Tyrannen Volyfrates die Mittel gewährt wurden,
ſ. Hirt in Böttigerd Amalthea Bo. Jl, S. 168., u. Geſchichte der Baukunſt
Bd. I, ©. 231. Es war gleichfalls ein künſtlicher Bau, mochte auch die
Natur immerhin vorgearbeitet haben. Plinius erwähnt der 150 Säulen,
welche es geflügt und ſpricht von einer eben fo einfachen, als finnreihen Mecha⸗
nik, die von jenen Künftlern bei deren Ausführung angewendet worben.
Er jet Hinzu, daß noch einige unbedentende Mefle davon vorhanden feyen.
4) Das fogenannte Italijhe Labyrinth. Plin. verficht darunter das
riefige Grabmal des Porſerma bei Gluflum, melches in feiner Balls, wie im
Kleineren auch die neuerdings unterfucgten Grabmäler von Gäre, ein Spitem
von Grabkammern enthielt, Hier von beſonders complicirter Anordnung:
inque basi quadrala intus Jabyrinthum inextricabilem, quo si quis imprope-
ret' sine glomere lini, exitum invenire nequeat. Auf viefer Balls ſtanden
fünf Pyramiden, über deren Gipfel ein eherner Kreis Ing, welcher weitere
vier Pyramiden trug, tiber welchen ſich abermals auf gemeinſchaftlichem Voden
beren fünf erhoben. Plinius veferirt nach Varro, deſſen Bericht ſelbſt yur
auf Tradition geftügt geweſen feyn mag, da zu Plinius Zeit wenigſtens nichts
mehr zu ſehen war.. So mag die Uebertreibung fi eingemiicht haben, ob-
gleih ſolch ein Pyramidenaufſatz in wirklich tuskiſcher Sitte feinen Grund
hat, wie bejonders das fogenannte Grab der Horatier und Guriatier an ber
Via Appia zwijchen Albano uno Aricia beweist, da bier gleichfalls ein vier⸗
eckiger Unteriag mit vier Kegeln (nicht eigentlih Pyramiden) an ben Ecken
und einem Höheren Gylinder in der Mitte geſchmückt il. Man bat jenes
Grab des Porjenna neuerdings in einem ver zahlreichen, Chiuſi umringenden
Grabhügel wieder zu finden geglaubt, in ver fog. Poggio. Gajella, einsm
großen, von einen Graben umgogenen Tumulus, in deſſen Innern fi) viele
Srablammern befinden, ſ. Abeken Mittelitalien S. 243. und Taf. V, 1.
Abeken ſelbſt winerfpricht ver Anfiht, daß dieſer Reſt auf bad Grabmal
Porſennas zu beziehen fei, Felt indefien die Wahricheinlichkeit ver Wieder⸗
entdeckung nicht in Abrede. Vgl. außerdem Zoëga de Obkeliseis p. 315. 347.
Müller Etruäfer II, ©. 225., Thierſch Abhandl. der Münchner Map. L,
©. 415. gegen Hirt Baufunft I, ©. 250. und Letronne Annales 1829,
p. 386.; Reflaurationdverfuche von Quatremere de Quincy, Mon. restituds
J, p. 125., und Duo de Luynes in ven Annakes 1829. p. 304. pl. XII.
Außer diefen von Plinius ausgezeichneten Labyrinthen gab eß gewiß in
Griechenland (vgl. die cyllopiſchen Labyrinthe bei Nauplia, Strak, VIII,
| D. 568. 373.), Italien (3. B. bei dem alten Gipontum, Schnars im
I..1844, Rr. 6.) und Sicilien (Mal »'Ifpica) noch mande andere
Bildungen und Anlagen der Art, da die Natur ded Gebirges unv- ver überall
buschgmiihrte Brubenbau zu Bruchſteinen dergleichen von ſelbſt. zuugte.
Auch Die Katakomben zy Rom, Neapel und Syrakus, wuͤrde eine älter Zeit
ſo genennt Haken. [Preller.} - er: 0! ‘ . or er
708 Laeanitise — C. Lacerims
Luaecasnitis ( Tarcriuz: Btol. V, 8.), ein Ditrift im CHicia propria
oberhalb Tarſus, zmifhen ven Flüſſen Codnus und Earud. mit der Stadt
Irenopolis. |[F.]
„Stadt in Gallia Ciepadana, tmrmwärts gegen bie Apenninen
bin gelegen, j. Laſſagnana, ®lin. MI, 15. [W.T.]
Leeeuris, Gtadt der Dritani (Hiſr. Tarrac), Biol. II, 6. [W.T.]
Laeda (Acrsıa), wird in einer (jedenfalls verborbenen) Stelle des
Strabo IH, p. 151. neben Oliſixon als ein Ort Lufltaniend am Autflufie
des Tagus genammt, fonft aber nirgends erwähnt. Bal. Goraes T. IV, p.
62. Friedemam T. VII. p. 648f. Srosfurb I, ©. 255 f. un? Ukert II, 1.
©. 394. [F]
Lacedsemen, Auxsdaiıor, oros, Sohn bed Zeus und der Ple-
jade Taygete, Apollov. IT, 10, 3. Pauf. IH, 1, 2. 3., vermählte ſich
mit Sparta, der Tochter deß Curotas, wurde Vater des Amyckas, der Eury-
Dice, der Diutter der Danae u. Afine. Er gab dem Lande feinen, und ber
Hauptflatt feiner Battin Namen, baute einen Tempel der Brazien zwiſchen
Sparta u. Amyclä, Pauſ. III, 18, 4. und erhielt bei Therapne fein Heroon,
Pauf. II, 20, 2. [Mzr.]
Latedaemon, Lacedsemonii, ij. Sparta.
Leacedaemonius, ein Sohn des Laconenfreundes Eimon, nach Gte-
ſimbrotus von einer arcadifhen Frau aus Elitor, Zwillingobruder bes Eleus;
nah Diodorus Periegeted waren biefe heiven Söhne, wie ein britter: Thef>
ſalus, von Jiodice, der Toter des Alcmäoniden Eurnptofemus, eine® Soh⸗
ned des Megacles. Plut. Cim. 16. cf. Blut. Per. 29. — Lac. wurde im
Frühlinge des I. 432 nebſt Diotimus und Vroteas mit einer Flotte von
10 Säiffen zu ven Eorcyräern abgefandt, mit ver Weiſung, an dem Kampfe
zwifchen den Corcyräern und Gosinthein nur dann Antheil zu nehmen, wenn
biefe gegen Corcyra ſchiffen und bort oder in irgend einem Theile des Ge⸗
biet8 eine Landung verſuchen würden. Thuc. 1,45. Demgemäß beſchränkte
ſich das athenifhe Geſchwader in der Schlacht zwiſchen den Corcyräern und
Eorinthern auf Deddung des Rückzuges der Eorcyräer. — Plut. Per. 29. gibt
an, Lac. habe diefen Auftrag wider feinen Willen erhalten, und Bericles,
der gegen Cimons Söhne Aberhanpt nie wohlwollend fih gezeigt, habe ihm
eine fo kleine Flotte gegeben, tamit er ſich nicht hervorthun könne, und ale
Spartanerfreunn no mehr in Mißeredit komme; weil aber Perickes wegen
Abſendung der wenigen Schiffe getadelt worden, habe er eine zmeite Flotte
nachgeſchickt (dieſe Thatſache Heftätigt The. 1, 50.), die jedoch erfi na
der Schlaht zwiſchen den Corcyräern und Gorinthern anfım. — Lac. ge
langte nie zu gefhichtliher Bebeutung. [K.]
Lucädas, Auxndag, vgl. Herod. VI, 127. Atoxrôönc, Name argivi-
fer Könige: 1) des Vaters von Meltas, des fünften (menn Scähubarte
Gonfectur richtig if) Nachkommen von Medon, Bauf. H, 19, 2. 2) Sobn
des Phidon, Herod. I. I. Wyttenbach zu Plut. de cap. ex inim. ut. 59
E. (p. 625.) identiflcirt nicht nur die beiden, ſondern auch noch mit dieſen
den bei Put. I. I. erwähnten 'argiv. König Lacydas. Aber vgl. Schubart
u. Walz zu Pauf. 1. I. u. Tom. I, p. XLIXf. [W.T.] "
Laedödon, Hafen von Maffilia, ſ. d.
Kacer, ein römiſcher Architekt, der In Alcantara in Spanien eine
yrachtvolle Brüde über den Tejo und an deren Eingang einen dem Trajan
geweihten Tempel baute. Leber ver Thüre ſteht eine aus ſechs Distichis
beſtehende Inſchrift, die Bruter p. 162, 1. bekannt gemadt hat. .}
‚_ beeeria, Arxeose, Stadt in Magneſia, am fürliäften Abhange
Des Offt'nahe beim Lacus Boebeid, Steph. Byz. 7] °°
C. Lacerius, auf das 3. 353° d. St. (401 9. Er.) mit M. Acutius
Laecernn — Lacetäni 709
durch den Einfluß der Patricier als Volketribun nachgewählt (Liv. V, 10.
vgl. Curiatii Bo. H. ©. 783. ob.). [ Hkh.]
Laeorna, Stüd der männligen Kleidung, der wollene Mantel, ur⸗
fprünglih über der Toga, zum Schutz gegen Näffe und Kälte (vergl.
Martial. XIV, 137,2. Juven. IX, 28), und daher vorzüglih auf Reifen
und im Pelde getragen, Well. II, 70, 2. 80, 3. Ovib. Fast. III, 743 f.
Proy. IV,3,18.; in der Stadt fle zu tragen Betrachtet noch Cic. Phil. TI, 80.
ale Weichlichkeit; ähnlich urtheilte Auguft, Suet. 40. extr. vgl. @ell. XIII, 21.
Auch Tiberius machte von ihr noch in der alten Weile Gebrauch (verov ar
marmvos Ti yavoudrov Yaııy uordunı eneveöv, Die Cafſ. LVII, 13.),
fa aber damit bereits gegen die Andern ab, eneusr moAAn sadijzı alovgyei
nal aröpes ovyroi eyporro (ib.). Shen unter Elaudius iſt das Tragen
von Mänteln, namentlid des Winters bei öffentlichen Spielen allgemeine
Sitte, nur legte man fie beim Erſcheinen des Kaiſers ab (Suet. Claud. 6.);
Später gebot der Anſtand, im Theater — wegen des Kalfere — wenigſtens
nur weiße zu tragen, WMart. IV, 2. XIV, 137, 1. Unter Commodus ſcheint
die alte Sitte, ohne ac. im Theater zu erſcheinen, wieder aufgefommen zu
feyn, f. Dio LKXH, 21. Da die Toga bei der ſcharfen Begrenzung ihrer
Arten wenig Abwehdlung und Aufwand geftattete, fo warf fih ber Lurus
und bie Giteffelt auf die lacerna. Zwar mar die gewöhnliche Farbe außer
dem Theater eine dunkle (Mart. I, 96, A f. 9. XIV, 183. Dio C. LVII, 13.
LXXI, 35.; bieher gehört auch pullatus, f. d.); aber fehr Häufig finden fi
au purpurne (Dio LVII, 13. Mart. V, 8, 5. 28, 5. XIII, 87. Suven.
1, 27.), deren eine auf taufend Gulden zu ſtehen kommen konnte (Martial.
VIII. 10.); ebenfo coccineae lacernae, Mart. I, 96. IV, 28, 2. V, 23.
XIV, 131.; amethystinae, ib. 4, 97.; galbinae (gelbe), Juven. II, 97.
vgl. ib. X, 212. aurata lacerna; die drei Tegten Arten fchienen aber
Manchem weibiſch, Bart. I, 96, 6—9. Auf die Wahl ver Farbe waren
jedoch au die Parteiungen des Eircus von Einfluß, ſ. Mart. XIV, 131.
Die lacernae Armer waren grob und knapp, Juv. IX, 27 ff. Matt. I,
92, 7. Defters wurden die Mäntel von den Frauen ober Geliebten ſelbſt
gemoben, Dvid Fast. und Propert. 1. 1. Nah Propert. IV, 8,85. ſcheinen
diefelben fogar im Haufe getragen mworben zu feyn. Man befaß eine Mehr:
zahl von lacernae und wedhfelte fie, wenn fle in Schmuß (ib.) oder Regen
(Dio Caſſ. LXVII, 8.) gekommen war. Im Unterfäpieb von ver Älteren paenula,
mit der fie von Späteren oft verwechfelt wird, war bie lac. fein geſchlofſenes
Kleid, dur das man den Kopf ſteckte, fonbern, ähnlich dem griech. Pallium,
offen und wurde Aber die Iinfe Schulter geworfen, mit beiden Enden über
der rechten zufammengefaßt und bier (oder Über der Bruſt) mit einer Kibula
(reocrn) zufammengehalten. Wollte man auch den Kopf bedeckt haben, fo
heftete man an bie lacerna ober paenula eine Art Kaputze, eucullus oder
cucallio, f. Suv. VI, 118. 830. Martial. IV, 4, 5. XIV, 13%. 139., und im
Allgemeinen Beder Gallus II. ©. 95—98. [W.T.] j
Laeertas, 1) |. v. a. lacerta; Cidechſe, Birg. Georg. IV, 13. vgl.
Plin. VIN, 39, 60. Hor. Od. I, 23, 6f. Mart. XIV, 172. Juv. MI, 230. —
2) ein nicht beſonders geſchähtet Seeſiſch, im Sommer gefangen, Juv. XIV,
131. vol. Sic. ad Att. II, 6. Dan aß ihn mit geſchnittenen Elern, Matt.
X, 48, 11. - Zur Bezeichnung eines einfachen’ Mahles dient dieſes Eſſen
Juv. 1.1. Dart. VIE, 78. XI, 27,3. (vgl. mit V, 78, 5.) XI, 19. Plin.
XXI, 11, 93. Golum. VII, 17. Eelf. H, 18. Ulp. Die. XXXIII, 9, 3.
$. 3. (mo lacerta). [W.T.J] ' "
Lacetäni, Auxerarol, Ptol., Böllerfaft in Hispania Tarraconensis
(Satalonien, f. Br. IH. S. 1897.), zwiſchen ben Cerretani nörbli, ben
Castellani ðſtlich, den Castellani, Ausetani und Labetani jünlich, Den Cossetani
710 Lashyieeg — Laches
und Ilergetes weſtlich. Plut. Cat. maj. 11. Eäf. b. ce. 1,60. Die Gaſſ. XLV,
10. Plin. III, 3, 4. XXV, 2, 6. iv. XXI, 28. (Lacetania quae subiecta
Pyrenaeis mentibus, est). 26. 60 f, XXVIII, 24. 26 f. XXXIV, 20. (devia
et silvestris gens). Martial. I, 49, 22. (aprica repeles Tarraconis litora
tuamqve Lacetaniam, und wirft jagen). Hauptſtadt war Solſona. [W.T.]
Lachäres (Aaycons), 1) einflußreicger Volksführer in Athen, der im
Einverftändniffe mit dem Macevonier Caſſander nad der Tyrannid von Athen
firebte und fle im 3. 296, zur Zeit da Demetrius Poliorketes Aegina und
Salamid wegnahm und Athen bedrohte, an ſich bradte. Baufan. I, 25, 7.
Br. II. ©. 928. Nah Pauf. am a. D. übertraf, er alle Tyrannen an
Braufamfeit gegen die Menſchen und Nudlofigkeit gegen die Bötter, lebte
aber au nah Plutarch (de Epicur. 1090. E.) wie Dionyfus von Syracus
in fleter Sucht vor Verrath. Durch die Belagerung des Demetrius entkand
in Athen furchtbare Hungetsnoth (Plut. Demetr. 33. Athen. IX, 70. p. 405.
vgl. Mein. fr. com. IV, p. 539.); Lad. hielt fih fo lange, ale er aui
Entſatz dur eine ägyptiſche Flotte hoffte; da fi biefe aber vor der über-
legenen &lotte des Demetrius zurüdzog, entflob er nad Böotien. Er hatte
golone Schilde von ver Ucropolid weggenommen und die Ballasbilpfäule des
Phidias ihres Goldſchmuckes beraubt (PBauf. I, 25, 7. 28. extr. Vöckh Ath.
Staatöh. II, 282. 296.); weil man daher vermuthete, daß er große SHäke
beige, wurbe ex nad Paufan. in Goronea erihlagen; dagegen |. Polyan.
III, 7. VE, 7, 2." [K.
2) Lachares, ebenfalls aus Athen, ein angejebener Sophik, welcher
im fünften Jahrh. n. Chr. unter den Kaifern Marcianus und Leo blühte, ein
Schüler des Heraclegn, ſelbſt aber Rehrer eines Aſterius und Anderer, wie Suib.
(s. v. T. 1. p. 419. Kuster. oder 512. Bernh. vgl. s. v. Zovangumros)
verfihert. Als Schriften deſſelben nennt Suivas eine Abhandlung mepi awlov
“es NOumarog, von der au in den Scholien bed Hermogenes (T. VII,p 930.
II. p. 719. 721.) Spuren vorfommen, ferner Aadssuc, 'EnAoyas bmtopr-
„al az orosyeior, ſämmtlich rhetoriſchen Inhalts, daher wir aud die von
Suidas weiter genannte ioropia 7 nara Koprovror ſchwerlich für eine hiſto⸗
rifche Schrift anfehen dürfen, zumal da von einem Geſchichtſchreiber Cornutus
feine Spur vorhanden ift (f. Dann ad Cornut de. mat. deor. p. XXII.).
fondern mit Bernhardy (ad Suid. 1.1) diefelbe lieber gleihfals auf Rhetorik
beziehen. 8. wird von Suidas jehr gerühmt und auch Marinns (Vit. Procl.
11.) hebt feine von den BZeitgenofien ungemein bewunderte Beredtſamkeit
hervor. .
Laches, Sohn des Melanopud (wahrſcheinlich deßzenigen, ber nad
Bauf. I, 29, 6. im 3. 457 bei Tanagra fiel), auf dem Demos Aixone
(Blat. Laches p. 197. G), im 3.427 nebft Charoeades mit einer Zlotte von
20 Schiffen, nah Sicilien gefandt .gus Unterſtützung der chalkidiſch⸗ioniſchen
Staaten, an.desen Spige Leontini fland, im Kamıpfe gegen Syracus und
andere doriſchen Städte. Thucyd. III. 86. VI, 1. 6. 75. Diod. XII, 54.
Schol. Ariſtoph. Vesp. 240. Juflin. IV, 3,. Nachdem im folgenden Jahre
Chargendes gegen die Syracuſter gefallen war; und Laches allein ven Befehl
über die Blotte übernommen hatte, zwang er zumächſt den meſſeniſchen Drt
Mylä zur Uebergabe und dann Mefjene felbfl zug Stellung ya Geifeln,
Ihne. II, 90. Diod. am a. O. Im Spätgerhfl 436, verfugpte er vergeblich
dad. son den Syracuflern defegte flciliige Stäbichen Inefla zu erobern, war
aber Hei einigen Laudungen im Gebiete der epizephyriſchen Locrier glücklich,
Thuc. III, 103.; im Anfange des I. 425 wurde ee nad Angriffen auf Himera
* Mgl, ytienbach ad Piut. de 8. a. v. p.70f. Grauert hift. u. vhit. Une.
& Me [BL 0. au. FO Zu Fan 2 ER '
-, Bechdlain — Luaeie 7
und vie aolifgen Infen durch Pythodorus abgelöst. Thuc. II, 119. Nach
Thucyd. am a. D. hatten die ſiciliſchen Bundesgenoſſen ein Schiff nach Athen
abgeorbnet und um eine größere Hilfäflotte gebeten. Zugleich mögen fie
gegen Ladies Klagen vorgebracht haben; Kleon bewirkte, daß er zurüdlgerufen
wurde, und Magte ihn an, in Stellien Unterfchleife begangen zu haben.
Schol. zu Ariſtoph. Vesp. 240. Eine Barodie feines Prozeffed gibt Ariſtoph.
Vesp. 835 ff. 2. wurde zwar freigefprocdhen, blieb aber ohne Commando
und 308 (424 v. Chr.) unter Sippocrates als Hoplit (of. &tc. de divin.
I, 24, 123.) mit nad Boͤotien, Platon. Sympos. p. 221. B. Die Nieber-
lage der Athener daſelbſt und vie glänzenden Erfolge des Brafidas m
Ihracien verſchafften der confervativen SBartei wieder Geltung und mit ihr
kam 2. wieder zu Ginfluß. Er beantragte den Wafſenſtillſtand, der im I. 423
auf ein Jahr mit den Lacedämoniern gefcloffen wurde (Thuc. IV, 118.),
und war mit Nicias im Winter 422— 21 Unterhöämbler des Frirdens (Thuc.
V, 43.), der im Frühjahr 421 abgeſchloſſen und auch von ihm mitunterzeichnet
wurbe, Thuc. V,19.24. Im I. 418 befehligt er mit Ricoflratus die Truppen,
welche den Argivern zu Hilfe gefchickt werden (Thuc. V, 61. Diod. XIL, 79.
und ®b. I. S. 303.); beide athenifhen KHeerführer blieben in der Schlacht
von Mantinea. Thuc. V, 74. cf. Anbrot. ap. Sehol. Arist. Av. 13., nad
welchen er erft 415 bei Orneä (Thue. VI, 7.) flel. (Nah Laches if der
platoniſche Dialog benannt, in welchem 8. und Nicias, Lyfimachus und Mele⸗
fias mit Socrates fich über die Frage, was Tapferkeit fei, befpreden.) —
Söhne von 2. waren wohl Melanopus, von Iſäus de Dicaeog. her. p. 30.
Tauehn. als Schiebsrichter genannt, und der von Lyſ. adv. Sim. p. 48.
Tauchn. ermäßnte Taxiarch (394 v. Chr.). Ein Sohn von Laches 1.
ift Melanopus, Häufig Gegner des Calliſtratus, dann aber wieder um feine
Gunſt buhlend. Ariftot. Rhet. I, 14. Put. Demosth. 13. Athen. XII, 78.
p. 933. Bergk commentt. p. 405. Mein. fr. Com. HI, p. 190. Gr war
Mitglied mehrerer Geſandtſchaften: nah Sparta (871, Zen. Hell. VI, 3, 2.),
nad Aegypten und nad Garten (Demoftb. c. Timoor. p. 740.), zog fſich
aber Vorwürfe yflichtwinrigen Benehmens und eine Anklage megen Unter-
fcleifs zu. Dem. am a. D. (Well bei Dem. fein Vater Laches ein braver
und patriotifger Bürger genannt wird, von deſſen Entmendungen ſedoch
Manches hätte angeführt werden Fönnen, fo hielt man den Melanopus für
einen Sohn von Laches 1., f. ob.; in dieſem Falle wäre aber Melanopus
im $. 853, in welchem, f. ®p. II. S. 974, 28., die Rede gegen Timerates
gehalten wurde, ſchon ein überaus alter Dann gemeien.) Ein Bruder von
Melanopus war vieleiht Laches, ver im I. 363 den Epaminondas ver»
Sindern wollte, mit der neugeſchaffenen thebaniſchen Flotte aus,ufaufen, fi
aber zurückziehen mußte; f. Bd. HI. S. 157. Gin Sohn von Melanopus
beißt wieder Laches; er wird in Folge eined Schreibens von Alerander dem
Gr. von einer Strafe befreit. Demoflh. ep. p. 1480. Vgl. Droyfen üb. d.
Aechth. der Urt. in Demoſth. Rede vom Kranz ©. 132. Sievere Geſch.
Griechenl. S. 307, 72. — Laches, aus den Denios Leuconsde, 1) Bater
des Demochares, 2) Sohn des Demodares, f. Br. II. ©. 949. '[K.]
Lachösis, f. Parcae.
Lachise (Auysoa, Joſeph. Ant. IX, 9, 3. vgl. VI, 3., im A. J.
Lachisch, in ven LXX. Aayis, Aayns), eine fehr alte Stabt Palaͤſtina's
im Difrifte Daromas, 7 Mil. ſüdlich von @leutberopolis (Cuſeb.). Sie
war ein von Jofue eroberter (Joſ. 10, 31.) und dem Stamme Jada zum
theilter (Iof. 15, 39.) alter cananitifher Königsfig (Iof. 10, 3.). .]
Lacia, Laciädae, attiſcher Demos, ganz weſtlich und nah Bei Athen,
zur Denelfchen Phyle gebörig, Stepb. Byz. S. Bo. J. G. 938. 946. But. Eic.
Of. N, 18. exte. u. Lacius. Meier de gent. p. 48. will Aaumiadau. [V. F.]
712 Lacikeum —. Lacobriga
Lacifeum, It. Ant., oder Laciaca Castra, Tab. Peut. Ort in No-
ricum Ripense, nach Mudar (Norikum S. 267.) j. Brantenmarlt. | W.T.]
Laciki (Plin. II, 1, 3.) oder Lacibis (Iamßic, PBtol. UI, 4.),
ein Ort in Hifpania Bätica, der nah Plinius zum Gerichtoſprengel von
Bades gehörte, nach Ptolem. aber weiter Öftlih im Lande der Turbuli und
45 Min. norbweitlid von Illiberis (Granada) Tag. (Reichard verwechſelt
es mit Zacippo.) [F.]
Lacikurgium (Acußovpywr, Ptol. I, 11.), eine Küftenflabt des
nörblicden Germaniens, zwiihen den Flüſſen Chaluſus (Trave?) und Suevus
(Warne?), alfo weftlid von Warnemünde, etwa in der Gegend von Wismar
zu fuden. Kruſe hält es für Ratzeburg, Gellar. u. U. der Namensähnlich-
teit wegen für Lauenburg, und Andere wieber für Laſſahn an der Oder (vgl.
Ufer III, 1. ©. 436.). [F.]
Laeinieonses (Vlin. II, 21, 25.), die Bewohner einer fonft unbe:
Eannten Stadt (Lacinia oder Lacinium?) in Lihurnien, böhf wahrſch. das
heut. Lacza in Groatien. [F.]
Laeinfum (Aaxinor angor, Strabo VI, p. 261 f. 281. Ptol. IH, 1.
Tzetz. ad Lycophr. 1006. Mela II, 4.8. Blin. III, 5, 6. 10, 19. 16.
auf der Tab. Peut. verfchrieben Lacenium), ein Vorgebirge an der Oſtküſte
von Bruttium, nad Strabo (p. 262.) 150, nad dem Itin. Marit. p. 490.
aber richtiger blos 100 Stab. ſüdlich von Groton, die weſtliche Spige bes
Zarentinifhen Meerbufens (Gtrabo p. 262. 281.); berühmt durch feinen alten
und reihen Tempel ber Juno Lacinia (Scyl. p. 5. Strabo p. 261. und
oben ©. 571 f.), in welchem Hannibal einen Altar mit einer puniſchen und
griechiſchen Inſchrift (die Geſchichte feiner Züge enthaltend) aufftellen ließ,
die Polybius (TI, 33.) noch fah und benutzte (vgl. Liv. XXVII, 46.). Gs
haben ſich von dem Tempel noch bedeutende Ueberreſte, namentli eine große
Säule, erhalten (vgl. z. B. Swinburne Neife ıc., überf. von Borfter, 1.
©. 400.), wovon das Borgeb. jeßt den Namen Capo delle Golonne, oder
auch Capo di Nau (vaog — fon im Itin. Marit. }. 1. heißt es deshalb
Naus) führt. Auch von dem Flecken Lacinium, der ſich nah und na um
ben Tempel ber gebilpet hatte, find noch Ueberreſte ſichtbar. [F.]
Lacipda (It. Ant. p. 438.), Ort in Lufltanien an ber Straße von
Augufta Emerita nach Gäfaraugufla, 20 Mil nordweſtlich von erflerer und
91 Mid. ſüdweſtlich von Toletum (in der Prov. Eſtremadura). [F.]
Laeippo (Aaxinno, Btol. II, 4. Mela II, 6, 7. Blin. HI, 1, 3,
auf einer Münze bei Geflini Med. Isp. p. 57. Lacipo; vgl. Mionnet Suppl.
T. 1. p. 34.), eine nicht unbedeutende Stadt in Hilpania Bätica, nidpt meiı
vom Dieere. (Ptolemäus feht fie zu weit ind innere Land hinein zu ben
AJurdulern.) Ihre Ruinen finden fi beim heut. Alecippe unweit Gafaree
in Granada (Garter ©. 123. Ufert II, 1. ©. 348.). [F.]
Lacias, Aanos, ein attijher Heros, der ein Heroon am heil. Wege
von Athen nad GEleufis hatte und nad melchem die Gemeinde der Lakiaden
benannt war. Pauſ. I, 87, 1. [Mzr.]
Lacmon (Acxıor, Decat. ap. Steph. Byz. p. 414. Herod. IX, 92.)
oder Lacmus (Acxuos, Strabo VI, p. 271. VII, p. 316.), der nördliche
Theil des Gebirges Vindus an der Grenze zwifchen Iheflalien und Aetolien,
der die Quellen der Flũſſe Aeas und Inachus enthält (Strab. u. Steph. 1.1.1.
jest Liaka, dflih vom heut. Mezzovo. .J
Laeo (Acxwor), aus Samos, ein Pythagoreer, Iamblid. Vit. Pyth.
c. 386. [B.]
Lacebrign (Acxoßeıya), 1) eine Stabt der Baccäer im Norden von
Hiſpania Tarrae. am Fluſſe Pifuerga und an ber Straße von Afturica nad
Tarraco, zwiſchen Gegifama und Biminiacum, 36 Mil, nordweſtlich von
g
l:
Zi m
Do u
Laconlce u 713
Pallantia; jetzt Lobera (Prof. II, 6. It. Ant. p. 305. 449. 454. Die
GCinwohner heißen bei Blin. III, 3, 4. Lacobricenses. — 2) eine Stadt an
der Südküſte Rufltaniens Öfllid vom Prom. Sacrum und dem Portus Hanni-
balis, und ſüdweſtlich von Offonoba im fogenannten Cuneus; jetzt Lagoa
F
. (Mela UI, 1, 6. vgl. Ukert II, 1. ©. 387.)
Laeoniea (Acxorınn, Herod. VI, 52. Polyb. V, 19. Strab. VIII,
360. 363. u. dft. Ptol. III, 16. u. ſ. w., daher aud bei den Mömern bis
weilen Laconice, 3. B. bei Mela II, 3, 4. u. Rep. Timoth. 2., doch gewöhn-
iger Laconica, 3. B. Blin. V, 5, 5. IX, 36, 60. Vellej. IH, 3., auch
Laconia, ®lin. VI, 33, 39. XVII, 18, 30. und Laconis, Mela 1. L), au
Lacedaemon ( Aawsdaiuwr, Scyl. R: 16. 17. Apollod. IH, 10, 3. u. f. w.
vgl. Strab. VIII, p.367.), die fünöfllihfte Landichaft des Peloponnes, um⸗
faßte von den drei fünliden, ind Meer auslaufenden Spigen der. Halbinfel
bie mittlere und die öſtliche, melde den lakoniſchen Meerbufen bilden, und
grenzte in N. an Argolis, von dem es der Parnon, und Arfabien, von dem
es der Bebirgarüden des Berglandes Sciritid trennte, in W. an Mefienien ®,
während fle auf den beiden andern Seiten vom Meere umſchloſſen wurde,
und zwar im ©. vom mefjenifhen und Iakonifhen Meerb., und im DO. vom
myrtoiſchen Meere und dem argoliſchen Meerb. (vgl. Plut. Ages.8.). Der
Flächeninhalt des durchaus gebirgigen und befonder® zur Viehzucht trefflich
geeigneten, jedoch in dem etwa 20 O. M. umfaflenden Flußthale des Eurotas
auch zum Aderbau paffenden Landes (vgl. Strab. VIII, p. 366.), das jept
den Namen Braccia di Maina führt, betrug 87 O. M., die Einwohnerzahl
zur Zeit feiner Blüthe (vgl. Strab. p. 362.) gegen 200,000 Seelen, alſo
etwa 2300 auf die D.M., eine für em Gebirgsland nicht unbeträchtliche
Bevölkerung (vgl. Mannert VIII. ©.569.), die aber freilich fpäter bebeutend
abgenommen hatte (Strab. am a. D.). Das Haupigebirge des Landes iſt
ber hohe und raube Taygeton oder Taygelus (j. Geb. der Mainotten oder
St. Elias), das höchſte aller velopontiefficpen Gebirge, das von ber Grenze
Arkadiens Längd der Wellgrenze nah S. hinabläuft und fi$ mit dem Borg.
Tänarum, der mittleren jener drei Landfpigen des Veloponnes, endigt. Seine
höchſten Spigen waren ber Taletus und Evoras, 3 Meilen ſüdweſtlich von
Sparta beim Orte Briſeä. Im Oſten des Landes aber z0g ſich vom Parnon
an der Grenze von Argolis aus eine andere, minder hohe und rauhe Berg»
fette, deren höchſter Gipfel, ſüdöſtlich von Sparta, den Namen Zarex führte,
bis zum Vorgeb. Malen, der öſtlichſten jener drei Landſpitzen, hinab. Zu
ihre gehörten au die Berge Evas und Olympus bei Sellafla, nördlich von
Sparta, vie ein ſchmales Thal begrenzten, welches der Denus durchfloß, der
Thornax, etwas fünlier in dem durch den Zufammenfluß des Denus und
@urotad gebilbeten Winkel im Norden der Stadt Sparta, mit einem Tempel
des Ayollo, und der Menelaium im SO. von Sparta bei Iherapne. Beide
zuſammen bildeten durch Diefe weit vortretenden Spigen ben tiefen Sinus La-
conieus. Durch viele Gebirge führten nur einige wenige Engpäffe ins innere
»
Zand (bad daher von Zen. Hell. VI, 5, 4. övoeußoAwzarn genannt wird);
nämlid vom N. ber ein Weg über den Parnon von Argos nad) Gary& und
Sellafla Hin (ij. Paß von Kaflaniga) und ein anderer von Tegea aus über
Soirus nah Sellafla, wo beide ſich vereinigten (Bolyb. IL, 69. Pauf. II,
38, 7. Blut. Cleom. 23. Diodor. XV, 64. vgl. Xeafe II. p. 525 f. IM.
p. 28 ff. und Roß ©. 187.); ſodann ein Paß durch das Gebirge des Landes
© Spier bildete eigentlich der Taygetus bie natürliche Grenze; doch hatten ſich
die Spartaner ſchon vor ber Eroberung von ganz Meſſenien bie weſtlichen Abhäuge
bes Gebleges und einen Theil der beginmenden fruchtbaren Ebene Meſſaniens, dos
dentheliatiſche Gefilde bereits zugeelgnet (vgl. Roß Reifen ©, Tab), .
IV.
712 Lariieum — Laschriga
Laeikenum, 3. Ant, ober Laciaca Castra, Tab. Beut., Ort in No-
ricum Ripense, nad) Muchar (Roritum ©. 267.) i Fraufenmartı. IW.T.]
Laeibi (Plin. II, 1, 3.) oder Lacibis (amp, Biel. II, 4.),
ein Ort in Hiſpania Bärice , ber nad Plininus zum Gerichtsſprengel von
Gabdes gehörte, nad Ptolem. aber weiter öfli im Lande der Turbuli und
45 Min. norbwefli von Illiberis (Granada) lag. (Reichard verwechſelt
ed mit Lacippe.) |[ r]
am (Aanıßovppor, Btol. II, 11.), eine Küfenfabt des
nörblichen Bermaniens, milden \ ben Flüffen Ghalufat (Itave?) und Suerus
(Barne?), alio weRlid) von Warnemünde, etwa in ber Gegend von Wiömar
zu fugen. Kruſe hält es für Rageburg, Gellar. u. U. ver Remensähnli-
feit wegen jr Lauenburg, umd Andere wieder für Laſſahn an ber der (vgl.
ufert IU, 1. ©. 436.). [F.]
—— ( Plin. DE, 21, 25.), die Bewohner einer ſonſt unbe⸗
kannten Stadt (Lacinia oder Lacinium?) in Liburnien, HöHR wahrſch. das
heut. Lacza in Groatien. [F.]
Laeinlum ( Saxinor anpor, Strabe VI, p. 261 f. 281. Pitol. II. 1.
eg. ad Lycophr. 1006. Mela II, 4, 8. Bin. II, 5, 6. 10, 15. 16.
auf der Tab. Bent. verſchrieben Lacenium), ein Borgebirge an der Oſtküſte
von Bruttium, nad Strabo (p. 262.) 150, nad) dem Jun. Marit. p. “0:
aber richtiger bloß 100 Stab. füblih von Erston, die weſtliche Spitze des
Tarentiniſchen Meerbufens (Gtrade 22 262. 281.); berühmt burd feinen alten
und reichen Tempel der Juno Larinia (Exyl. p. 5. Strabo p. 261. und
oben ©. 571 f.), in weldem Hannibal einen Altar mit einer puniſchen und
griehiihen Inſchrift (die Geſchichte feiner Züge enthaltend) auffiellen ließ,
die Bolybius (II, 33.) ned fah umb bemußte (vgl. Liv. XXVIIL, 46.). &8
haben fih von dem Tempel noch bedeutende lieberrefle, namentlich eine große
eilt. erhalten (vgl. 3. B. Swinburne Heile xc., über. von Forſter, 1.
©. 400.), wovon bad Borgeb. jegt den Namen Gapo belle Kolonne, oder
and Gayo vi Rau (saog — fen im Itin. Marit. 1. L beißt es deshalb
Naus) führt. Auch von dem Yleden Lacmium, ver Äh nad und nad um
den Tempel ber gebilvet hatte, ſind .. Ueberreſte fichtbar. [F.]
Laeipda (St. Ant. p. 438.), Ort in Luſltanien an der Straße von
Anguſta Gmerita nad Gäfaraugufla, 20 Mil nordweſtlich von erflerer und
91 Mil. fünmeflih von Toletum (in der Prov. Ehremebura). [F.]
Laeippe (Acurso, Ptol. II, 4. Mela U, 6, 7. Blin. I, 2, 3,
u einer Münze bei Seſtini Med. Isp. p. 57. Lacipo; vgl. Biennet Suppi.
T. L. p. 34.), eine nicht unbedeutende —8 in Hiſpania Bätica, nit weil
vom "Deere. (Biolemäus ſetzt fie zu weit ins innere Land hinein zu den
Zurdulern.) Ihre Ruinen finden ſich beim heut. Alecippe ummelt Caſares
in Granada (Garter ©. 128. Ufer II, 1. ©. 348.). [E.]
Lacius, Aamos, ein atıijdher Heros, der ein Heroon am heil. Wege
son Athen nad Bleufis batte und nad welchem die Gemeinde Der Laftaden
benannt war. Baui. I, 37, 1. [Mzr.]
Laemen (Aanıwr, Seat. ap. Steph. Byz. p. 414. Serob. IX, 92.)
over Lacmus (Acxuos, Strabe VI, p. 271. VII, p. 316.), Der nörblide
Theil des Gebirges Bindas an der Grenze zwiſchen Zhefialien un» Aetolien,
der bie Quellen der Flũſſe Aeas und Inachus enıhält (Strab. u. Steph. IL. 1U.):
jegt Liafa, ÖRli vom heut. Mezzovo. [F.]
Laee (Amer), aus Samos, ein Pyihagereer, Jamblich. Vit. Pylh.
%. {B.
“ LER —— 1) eine Stadt der Vactͤer im Rorden von
OSiſpania Tarrae. am Fluſſe Piſuerga und an ber Strefe von Afturica nah
Tarrato, zwiſchen Segiſama und Biminiecum, 36 Mill. nordweſtlich von
Lnconles u 713
Ballantia ; jeht Lobera (Ptol. II, 6. It. Ant. p. 305. 449. 454. Die
Cinwohner beißen bei Plin. III, 3, 4. Lacobricenses. — 2) eine Stabt an
der Südküſte Lufltaniens öfllihd vom Prom. Sacrum und dem Portus Hanni-
balis, und ſüdweſtlich von Oſſonoba im fogenannten Guneus; jet Lagoa
(Mela IIE, 1, 6. vgl. Ukert I, 1. ©. 387.). [F.
Laeounica (Aaxorıxn, Herod. VI, 52. Polyb. V, 19. Strab. VIII,
360. 363. u. dft. Bol. III, 16. u. f. w., daher au bei den Nömern bis:
weilen Laconice, 3. DB. bei Mela II, 3, 4. u. Rep. Timoth. 2., doch gemöhn-
lier Laconica, 3. B. Blin. V, 5, 5. IX, 36, 60. Vellej. IIL, 3., aud
Laconia, Plin. VI, 33, 39. XVII, 18, 30. und Laconis, Mela 1. 1.), auch
Lacedaemon (.fansdaiuwr, Scyl. B: 16. 17. Apollod. III, 10, 3. u. f. w.
vgl. Strab. VIII, p. 367.), die fünöflliäfte Landſchaft des Peloponnes, um⸗
faßte von den brei fünlihen, ind Meer auslaufenden Spiten der. Halbinfel
bie mittlere und die Öftlihe, melde den lakoniſchen Meerbuſen bilden, und
grenzte in N. an Argolis, von dem es der Parnon, und Arfabien, von dem
es der Gebirgarücken des Berglandes Sciritis trennte, in W. an Mefienien ®,
während le auf den beiden andern Seiten vom Meere umſchlofſſen wurbe,
und zwar im ©. vom meſſeniſchen und Takonifchen Meerb., und im D. vom
myrtoiſchen Deere und dem argoliihen Meerb. (vgl. Plut. Ages.8.). Der
Flächeninhalt des durchaus gebirgigen und beſonders zur Viehzucht trefflich
geeigneten, jedoch in dem etwa 20 O. M. umfaſſenden Flußthale des Eurotas
auch zum Ackerbau paſſenden Landes (vgl. Strab. VIII, p. 366.), das jegt
den Namen Braccia di Maina führt, betrug 87 O.M., die Binwohnerzahl
zur Zeit feiner Blüthe (vgl. Strab. p. 362.) gegen 200,000 Seelen, alſo
etwa 2300 auf die D.M., eine für ein Gebirgdland nicht unbeträchtliche
Berdlkerung (vgl. Mannert VII. &.569.), die aber freilich fpäter bedeutend
abgenommen Hatte (Strab. am a. D.). Das Hauptgebirge des Landes If
der hohe und rauhe Taygeton ober Taygelus (j. Geb. der Mainotten oder
St. Elias), das höchſte aller peloponneflichen Gebirge, daß von ber Grenze
Arkadiens längs der Weflgrenze nah ©. Hinabläuft und fi mit dem Vorg.
Tänarum, der mittleren jener drei Landfpigen des Peloponnes, endigt. Seine
höchſten Spigen waren ver Taletus und Evoras, 3 Meilen fübmweftlih von
Sparta beim Orte Briſeä. Im Oſten des Landes aber zog ſich vom Parnon
an ber Grenze von Argolis aus eine andere, minder hohe und rauhe Berg⸗
fette, deren böchfter Gipfel, fünöfllich von Sparta, den Namen Zarex führte,
bis zum Borgeb. Malen, ver öſtlichſten jener drei Landſpitzen, hinab. Zu
ihr gehörten au die Berge Evas und Olympus bei Sellafia, nörbli von
Sparta, die ein ſchmales Thal begrenzten, welches der Denus durchfloß, der
Thornax, etwas fünlicher in dem dur den Zufammenfluß des Denus und
Eurotas gebildeten Winkel im Norden der Stadt Sparta, mit einem Tempel
des Apollo, und der Menelaium im SO. von Sparta bei Therapne. Beide
zufammen bildeten durch biefe weit vortretenden Spigen ben tiefen Sinus La-
conicus. Durch diefe Gebirge führten nur einige wenige Engpäffe ins innere
Zand (dad daher von Xen. Hell. VI, 5, 4. övoeußoAuzezn genannt wird);
nämlich vom N. ber ein Weg über den Parnon von Argos nah Caryä und
Sellafia Hin (j. Paß von Kaflaniga) und ein anderer von Tegen aus über
Soirus nah Sellafla, wo beide fi vereinigten (Bolyb. II, 69. Pauf. I,
38, 7. Blut. Cleom. 23. Diodor. XV, 64. vgl. Leafe II. p. 525 f. IH.
p. 28 ff. und Roß ©. 187.); ſodann ein Paß durch das Gebirge des Landes
® Ser bildete eigentlich der Taygetus dio natürliche Grenze; doch hatten fich
bie Gpartansr fon vor ber Eroberung von ganz Meffenisn bis weſtlichen Abhäuge
des Grehirges um) einen Theil der beginnenden fruchtbaren Ebene Meſſeniens, bes
deniheliatifhhe Gefilde bereits zugerignet (vgl. Roß Reifen ©, ma): .
W.
714 Laconlea
Stiritis Über den Ort Son (Xen. Hell. VI, 5, 24.), und enblid eine mehr
gebahnte Heerſtraße von Megalopolis aus Über Phalaſia nad Belmina im
Thale des Burotad (Pauf. II, 21, 3. VII, 35, 1. Diod. 1.1. Blut.
Cleom. 4.); von W. her aber zwei Päfle über ven Taygetus, ber eine aus
dem dentheliatiſchen Gefilde, der andere von der meffenifhen Küftenflabt Pharä
aus (vgl. Strab. VIII, p. 363. Leake III. p. 27. und Müller Dor. II. ©. 453.
und über dieſe Gebirgspäfie Lafoniens überhaupt Wachsmuths Hell. Alterth.
1. S. 34. der 2ten Aufl.). Die Vorgebirge Lakoniens waren in ver Richtung
von W. nah O.: Thyrides (j Gap Grofjo). ein Vorſprung bed Taygetus
am meflen. Meerb. mit dem Flecken Hippola; Taenarum (f. oben; j. Gap
Matapan); Dianae Prom. an der Weflfüfle des Tafon. Meerb. in der Nähe
der Stadt Ras (beim Heut. Paſſava) ſüdweſtlich von Gythium; Onugnathos,
das weſtliche Ende der Öfllicäften jener drei Landſpihen, ber Infel Cythera
(1. Gerigo) gegenüber (j. Sta. Maria auf der durch mehrere Klippen mit
dem Zeftlande jufammenhängenben Infel Eervi); Malea (f. oben; j. St.
Angelo oder vollſtändig Gap Malio pi St. Angelo), und Minoa am myr⸗
toifhen Meere, etwas ſüdöſtlich von Epidaurus Limera (j. Palea Monem⸗
vafla). Der Hauptftrom des Landes, in welchem fih alle Gewäſſer beider
Hauptgebirge ſammeln, tft ber Eurotas (j. Bafllipotamo und in feinem unteren
Laufe Iri, bei den Türken Joharpo oder Akſu), der von dem nördlichen
Grenzgebirge herabfommenb das einzige größere Thal des Landes in füdlicher
Richtung durKftrömt, bei Sparta vorbeifließt und im innerſten Winfel des
Sinus Laconicus mündet. Seine Nebenflüffe waren in der Richtung von
N. nah ©. links der Oenüs, der bei Sellafla den Gorgylus in ſich aufnimmt
und mit ihm vereinigt oberhalb Sparta in den Haupiflrom fällt, und rechts
der Tiasa (j. Mifltra), der unterhalb Sparta den Haupiſtrom erreiät, und
der Phellias, ver füplih von Amyfl& in ihn mündet. Die Küftenflüffe find
der frühere weftlihe Grenzfluß Pamisus (j. Pirnaka), der ſich in den meffen.
Meerb. ergießt, ver Naia (bei Teuthrone), der Scyras (etwas nörblicher nach
dem Borgeb. der Diana Hin) und Smenus (etwad weiter norböftl.), bie alle
drei vom Taygetus berabfließen und fih auf der Weſtſeite des lakon. Meerb.
münden. Bon 2anpfeen wird blos der Nymbaeum (von Pauf II, 23,2.)
in der Nähe von Böä und dem Borges. Malen erwähnt; da fi jedoch jetzt
ein See hier findet, fo vermuthet Boblaye p. 99., daß bei Baufan. flatt
Aiusn vielmehr Ayuımv zu leſen fei, und findet dieſen Hafenort im heut. ©t.
Marina wefllih vom Gap Malen. (Vgl. Bauf. ed. Schubart et Walz T. II.
p. X.) Das durch feine treffliden Futterkräuter (vgl. @ell Journey in Ihe
Morea p. 189. 310.) beſonders zur Viehzucht geeignete Land enthielt zahl-
reihe Heerden, namentli$ von Biegen, und feine vielen Wälder waren voll
von Wild. Unter den Thieren find vorzüglih aud die großen und flarfen
lakoniſchen Iagphunte (Xriftot. h. an. VI, 20 VIII, 28. Xen. de ven. 10,
1. 4.) und eine Menge von Maulefeln zu ermäßnen, ohne welde das Meifen
in dem Gebirgslande faft unmöglih ift (vgl. Gell am a. O. p. 247.).
Der Taygetus lieferte au eine Menge Eifen, woraus trefflidde Stahlwaaren
verfertigt murben (Stepb. By. v. Aaxedaiuor p. 413. u. Cuſtath. ad N.
11, 582. p. 222, 28.), und einen vorzüglihen ſchwarzen oder richtiger ſchwarz⸗
grünen Marmor (Strab. VIII, p. 367. Plin. XXxXVI, 7, 5. vgl. Clarke
Greek Marbles of Cambridge p. 40. u. Gel am a. O. p. 339.). Uebri⸗
gend war das Land nad Strabo VIII, p. 367. häufigen Erpbeben ausgefegt.
Große Stäpte enthielt e8 nur fehr wenige, dagegen beflo mehr Flecken und
Dörfer. Die befannteren Ortſchaften befielben waren folgende: a) Küften-
Rädte: =) am meffenifhen Meerbufen in der Richtung von R. nah ©.:
Cardamyla (f. Skardhamula); Leuetra (j. Xeftro); Pephnus (am Hafen
des heut. Plafta); Thalamae (im Thale von Milia, weiches der Plınaya
a rn — — To Be
—— u own. 0 wi wor. we u.
— ——
Laconica 715
buräflrömt); Ootylus (j. Bitylo); Messa (ber Hafen von Mezapo am
Gap Zigani); Hippola (auf dem Gap Grofjo); Taenarum, in der Romer⸗
zeit Kainepolis (beim heut. Klofler Kypariffo); Achillis Portus (j. Vathy
oder Kifterned). 8) Am lakon. Meerb. und zwar an der Weſtſeite: Psam-
mathus, ein Safenort (j. Borto Quaglio oder Kaio); Teuthrone (nad) Leake
beim heut. Skopa, nad Boblaye bei Kotrones); Aegila (an ber Bucht von
Sfutari); Asine (in ber Nähe des Vorgeb. ver Diana ?); Las (beim heut.
Paffava); Migonium (j. Marathonifl); Gythium, welches als Hafen von
Sparta galt (bei Marathonifl); und an der Oftfüfte: Trinasus (j. Irinifa);
Helos (j. Priniko, oder nad Boblaye etwas oͤſtlicher bei Bizani); Acriae
(Ruinen am Hafen Kofinio); Leucae (in der Ebene von Finifi); Asopus
(i. Eſapo? na Leake I. p. 226. bei Blitra an der Oftfeite des Vorgeb.
Xyli, nah Boblaye p. 97. aber richtiger bei Pofa nördlich von dem ge=
nannten Borgeb.); Cyparissia (in der Bucht von Zyli); Hyperteleaton (etwaß
füblicher bei Demonia, Boblaye r. 98.); Boeae (an dem nad ihr be⸗
nannten DMeerb., j. Batifa); Nymbaeum (?f. oben); Etis und Aphrodisias
(wahrſcheinlich auch am böantiihen Meerb.). y) Am myrtoifhen Meere und
argoliihen Dieerb.: Side (beim Hafen des heil. Georg nördlich vom Cap
Molea); Epiielium (beim Gap Kamili, Leafe I. p. 214. Boblayep. 100.);
Epidaurus Limera (j. Palea Monemvafla, Leake I. p. 210 ff. Boblaye
p. 100.); Zarax (j. Jeraka); Cyphanta (beim Hafen Cyypariſſta, Leake
I. p. 501. Boblaye p. 101.); Prasiae (am ſüdlichen Vorſprunge der
Bai von Tyro8?); Polichna (bei Kunupia). b) Ortfdaften im Innern Lande:
a) in ver Öftligern Hälfte, Links vom Curotas, in der Richtung von N.
nah ©.: In dem nörbliäften an Kynurla grenzenvden Diftrikte Namens Sci-
ritis das Kaſtell Jus (’Zos, Xen. Hell. VI, 5, 26.) und ver Wald Scotitas
(vgl. Leake IT. p. 524. u. Voblaye p. 72.); ferner bie Stadt Caryae (bei
Arakhova, Boblaye p. 72. u. Roß ©. 175.; Leake II. p. 531. feßt fie zu
weit gegen ©. bei Krevata an), Sellasia (beim Khan von Krevata, Bo⸗
blaye u. Roß am a. O., nad Leake etwas ſuͤdlicher beim Klofter Vierzehn⸗
heiligen); Oeno& ober Oenus (nad Leake III. p. 19. bei Kolina, nad) Bo»
blaye p. 75. weiter nörblih beim Paß von Kanu, vgl. Roß ©. 179.);
Pellana (unweit Pardali am Gurotas); Therapne (am Menelaion; Ruinen
beim Dorfe Amphifu); Glyppia oder Glympia (nad) Leake III. p. 10. bei
Praſto oder Lenivi, nad Boblaye p. 96. etwas ſübdlicher bei Lymbiada);
Marius (J. Mari); Selinus (nörbli von Gherafi); Geronthrae (j. GOhe⸗
raki); Palaea (bei Aphidia); Leuce (in der Ebene von Binifi). PB) In der
weflliden Hälfte, rechts vom @urotad, in der Richtung von ©. nah N.:
Arainus (j. Ageranos nördlih vom Hafen Wathy und Gap Petali, Boblaye
p. 88.); Pyrrhichus (nad Xeafe I. p. 277. bei Skamnaki, nad Boblaye
p. 88, hei Kavalos); Aegiae (ndrblih von Gythion, zwiſchen Marathonifl
und Triniſa, Leake I. p. 248., nah Boblaye p. 85. aber weftlicher beim
‚Sumpfe &imni); Croceae (mit Steinbrühen, an der Straße von Gythion
nad Sparta, bei Alai⸗-Bey, Leafe I. p. 257. Boblaye p. 84.); Eleusi-
Aium, Lapithaeum und Derrhium (in der Ebene von Sparta, nit näher
‚ zu beflimmen); Bryseae (bei Sinanbey, Xeafe I. p. 188.); Pharis (bei
Baflo); Alagonia (welih vom Taygetus, nah Boblaye p 94. in dem
Winkel zwiſchen Gaitſa und Brinda); Gerenia (nah Xeafe I. p. 323. bei
Kitried unweit bed Caps Kephali, nah Boblaye p. 93. wohl richtiger weiter
gegen D. bei Zarnate); Amyclae (bei Aia Kyriaki, Leake I. p. 133 f.,
nad Boblaye p. 81. näher bei Sparta in ber Gegend von Kalami und Gu⸗
nari); Sparta (öfllih vom Heut. Miflra); Harplca (bei Miſtra); Alesiae
(weſtlich von Sparta an der Straße nad Pherä, Boblaye p. 83.); Belemina
(nah Leake III. p. 20. auf dem Berge Khelmos, nach Boblaye p. 75. aber
716 Laconien — Läcoauicus Sinus
weiter weſtlich bei Petrina); Aegys (im nordweſtlichſten Winkel des Landes
bei Ghiorghita, Leake III. p. 18). Ueber die. Topographie des Landes über:
haupt vgl. außer den ältern Werfen befonderd Leake Morea Vol. I. p. 124.
bis 324. II. p. 494—534. III. p. 1—31. Expedition scientifique de Morée.
Recherches Fneograph. sur les Ruines de la Mor&e par M. E. Pouilion
Boblaye. Paris 1836. 4. Roß Reifen in Griechenl. 1. S. 172—191, Brandis
Mittheil. I. S. 203 ff. und Vorwerk Beſchreib. des Landes u. Staates der
Spartaner. Soeſt 1839. 4. und Über den Öfllihern Theil namentlich Exped.
scient. Vol. IH. p. 53—57., über den weftlidern aber Exped. scient. am
a. O. p. 49—53. und Roß Ausflug von Sparta nad der noͤrdlichen Mani
im Morgenbl. 1836. Nr. 253 fi. Ueber das Bolf der Spartaner und die
Geſchichte des Landes vgl. den Art. Sparta [F.]
Laconica (Aaxarın), 1) f. Calceus, Bd. H. S. 59. oben; Becker
Gharikl. II. S. 372 f. — 2) eine Fleine Art von Schiffen, Amm. Marc.
XXVI, 10,19. — 3) eine Art von lactuca (f. d.), melde Theophr. bel Athen.
II, p. 69. A. beichreibt (diſtelartiges Blatt, Hoher Wuchs, ohne Selten»
fchoffen). .T.
Laconicum bezeichnet in den Paläſtren, Gymnafien und Bädern einen
kleinen Raum zum Behuf eines trockenen Schwitzbades. In Vitruvs (V, 11.)
Beſchreibung der griechiſchen Paläſtra heißt es: „Nähft dieſem ſoll dem fri-
gidarium gegenüber dad gemölbte Schwißzimmer (concamerata sudatio) an»
gebracht werben, doppelt fo lang als breit, mit einem trodnen Schwitzbad
(laconicum) in einem der Winkel.’ Galenus bezelchnet es durch Enpor Ba-
Acveiov (de compos. VIII, 10.). Daß die Benennung auf die Lakonen ih
bericht, bezeugt Martial VI,42. Bine ſeltſame Vermiſchung zeigt Dio Caff.
I, 27.: roũro ö8, zo Avgarngıor 10 ARWrın09 HRTEOHEVAROR. Aano-
—* yap 10 yuramor , Eneuönneg ot Aaxsdaıuonoı yvurovodai te 87 T
torte 10090 nal Alina aomeiv ualAor 8öorovr, erexalede (naͤmlich Agrippa).
Jedenfalla hat dem Dio Caſſ. Thukyd. I, 6. SUWrWdTORT Te nowTa, xai
&s TO Yarepor Amodvrreg, Ana era ToV yuurdleoden nAsiyarro vorge⸗
ſchwebt und fene Vermiſchung verurſacht. Das Laconicum war alſo eine Art
von Dampfbad, welches wir in ber älteren Zeit, z. B. in den Gymnaflen
Athens zur Seit des Platon, nicht erwähnt finden. Ueber die Bauart und
den Gebrauch ſ. Franc. Robortell. Laconici seu sudationis, quae adhuc
visitur in ruina balnearum Pisanae urbis Expl. p. 386. T. XII. Thes.
Graev. Rom. Antiquit. ınd F. M. Turrigius not. ad mscr. Ursi Togati
p. 389. ibid. Vgl. Caſaub. ad Strab. II, 154. Strabon bemerkt Hier von
ben Anwohnern bes Fluſſes Durius in Sifpania, daß Re auf lakoniſche Weile
lebten, adeınrngioıs ypwusrovg dig xai nvpias Een Aidwr Öiarvpor xai
wugpoAovrpoürteg aA. In den aufgefundenen Ruinen römtjher Bäder hat
man die Schwigräume Überhaupt wieder entdeckt. S. Nobortell. 1. c. und
Hirt Lehre d. Geb. ©. 245. 252. 258.* [Kse.]
Laconicus Sinus (xoAnog „Icxwrıxog, Strab. VIII, p. 335. 362 f.
368. Btol. II, 16. Mela II, 3, 8. Plin. IV, 85, 8. u. ſ. w.), der mittlere
der drei „größeren, von der Süpfüfte des Peloponnes gebildeten Meerbuien,
ir iſchen dem meſſeniſchen und argolifchen, in weldgen der Eurotas fich mündet.
r beginnt mweftlih beim Vorgeb. Tänarum und endigt Öflih beim Vorgeb.
Malen und wird ganz von ber Landſchaft Lakonien umfhloffen. Na Strabo
p. 363. hat er einen Umfang von 670 Stab. (oder 16°/, g. M.), nad
“= Mol. oben Bd. I. &. 1053. und Berker Sallus II. ©, 37—39. Me Aawecd
sibt Eolum, praef. au: qvotidiamam eruditatem Laconicis exoogvimus et exsuoto
audore sitim qyvaerimus. Als Eigenthuͤmlichkeit eeges Pr gun al II, 27, 3.
assa sudatio und U, 17. sicous oalor. Vgl, Garen, 1.1. [W.T
Laeenikmurgi — Loetanilas 117
Blin. m a D. aber ven 106 DE (ever 21 3. WM): ben geraben Durd-
ſchnitt zwiigen beiten Tergebirzen beflimmı Pin auf 39 ME Jedt heißt
er Geli row Krlsletia wer Golsins, au ver Oflühe aber au Gelie N
Goflel Rauyams. [F'!
t kwı.acrın. Pısl. IL 5. wa der gewöhnliden
2esart, wer an Car IE 1. €. 431. del, Iamernuorcıor). eine Exam
ver Bersse a Hiraziz Terrasse, tjürrehfih ver Ainliırı — 2) eime
von Plm. II. 1. 3 mir ca Peimzmen Comstantia Julia genanzte Start in
Diivanie Piss swter em Bis or Gerz, wehreitig 238 bent. Cen⸗
flantina am ©_:::—: ı 3-23 m Ale-zejs (Sal. Un DI, 1. 6.376) [FF]
Laestsisa ı%::. “2. p. 210. 215. Ymmiam. XX, 11, 4). Starr
in Met (Gxzm:rsze) an Ver Sttafe ven Welitere nah Exmeiara, 40
Mil. er Griere: 1m HM) TUI ver Begoen, siemlı$ am werielten Eıelle,
no Piel V. 7 ten L ( 4:75) ui cd in Ber Nihe ve
deut. Mara’ke ar Not RB Nomen VL © 2%. [F]
Laerätes, 1; Yrrirer cezer ttetsrı hen Scılicmigear "on 7000
Mann, welde rm zerliien Körig Artarerres Odas al Hüistrerpen für
die Umtereertzrz Yes siert gertidı zormes Dior XVL 44.49. Sl 1.
Ss. 340, 3. — 2ı &rtick, ĩ. Pyrrbus. [K
Laeraftides ::3 za E£sl :u Arilberb. Achern. 220. cin Grden
sur Zeit ker Ferierfruze gereien jaim, iz weiten Amtejabre (487, i. Herm.
grieg. St xt. II 3 ve ziel Echtee gei:llen sei, Tag den Lenten tie Züfe
erfterem teiem, zıber mau ’rer Barıca Fre Iacte: iriſchen genannt habe. —
Nach Plit Per. 35. werde ron HSeraciues Pont. cin Lacratires als Au⸗
Häger des Vericles is I. 430 geezene. IL]
Laerinssus, i Laccotena.
Laerimgi ı krzı<a:ı. Eıe. lege. p. 124. ed. Bomn. Garitel. M.
Anton c. 22, bei T:a ©: LIXI. p. 1155. Beim Scan), ein im
marfsmauniigen Arıeze neben ben Alinzi unr Bari genannter Bellttemm
bes iüpligen Germazımt, reden Rıkrllge Eh nicht näher beſtimmen fallen.
Bol. Zei Die Deurigen x ©. 462. [F]
Leaeritus( Soastr;). 1) einer der Berbagereer aut Metarontum, IambT.
Vit. Pylhae. ce. 36., wieretl bier u vie Ledarı kagarr; serteamı. —
2) ver Sephit Lacritus aus Bbaicdis, ver im Atben lebte, unt bier von
Andrefles wegen rizer Gelvtzmme,. Die tieter tem Arteme, Dem Bruder des
kacrt. gelichen, aber nah tem Tsede des Artemo von Lacritus wid wiener
erhalten Ioumte, augeflazt wer, ſ. Demzüh Ree winer Lacritus p. 923 H.
ed. Beisk.), nal. sta Br. ILE.G1 2 EKüler des Jiecra:es unv Attiicher
Fer far Tterius Bibl. Cod. CCLX p 457. a ed. Beik. rel.
Drmet. 1. 1 p. 925. Flut. Dec Oratt. p. 537.B, während un:er feinen
eigenem Ekhleın Archias genaunt wird (i. Pin. Demosth. 23). [B]
Lactans, Laeturnms, Lartarein, töcı. G:rtbeitea, tie das ir
ber Ri Aekenne Geneide beikumien. Errr Vire. I, 315. Auguf.C.D.
IV, 3. Nas Lara II, 129. 1 132. 89 Lzctans, Lactarcia blote Bei:
namen der BAbge:i- Ops, Lacturmus aber ein Bein. te Satarnu«. [ Mir ]
Laetantins, m: itirem zeler Raum Lucius Coelius (Caecilius)
Lactantios Firmiar.us, Tammıe wibriteinlis aus Sıaliea, weber ub tem
Beinamen Firciams, mm ter Er: Jirmicm im Picer:izer Gebiet. bildere
fi5 umier Yrmstim2, wenn wir wer Argabe ves Kierercme? (De vi. il
80.) trarım Yirier, sum Mbeier grd wer ala ſelder rat Nicometien in
Birkewien, tem Eire Tıderians IT chen dieſtn berzfen, tarı aber in der
griegiigen €: sl& Lehrer ber Izari'kra Erraße ımt Beretisufeit wenig
Beläfzigezg, is 1:5 cr IHR am Rö:kızea Mangel It. Ia Den iwäieren
Jahren ſeines Lebens uzt er zum Gbzdeautem über: wir Koren übe in
8*
718 Lactantius
Gallien wieder als Lehrer des Crispus, des Sohnes Gonflantind (um 312
bis 315 n. Chr.); auch ſcheint ex in dieſem Rande, muthmaßlich zu Trier,
um 330 als Greis in hohem Alter gejtorben zu fein. Als Lehrer der Bered⸗
famfelt mag er, zumal in jüngeren Jahren, Schriften rhetoriſchen und
grammatifchen Inhalts abgefaßt Haben (vgl. Lerſch in der Zeitiähr. f. Alter»
thumswiſſ. 1840. S. 114 ff.), erhalten hat fi aber davon Nichts; daß er
um biefelbe Zeit auch in der Poefie flh verfuht, bezeugt Hieronymus am
a. O. ausdrücklich, weshalb wir auch mit der Diehrzahl der neueren Gelehrten
feinen Anſtand nehmen, ihn als den Verfaſſer des noch vorhandenen, feinen
Namen tragenden, au ven Ausgaben feiner Werke meift beigefügten, aber
auch beſonders (bei Wernsporf Poett. Latt. minn. III. p. 298—322., von
U. Martini zu Lüneburg 1825. 8., in Weberd Corp. Poet. lat. p. 1416 f.,
von 9. Leyjer zu Quedlinburg) herausgegebenen Gedichtes Phoenix wirklich
anzuerkennen; es gibt eine poetifhe Schilderung dieſes Vogels und eine Zu⸗
famntenftelung der einfhlägigen Mythen. Vgl. darüber Wernöborf 1. 1. p.
283— 293. Außerdem wird ibm noch ein anderes, ebenfalls in den Kreis
ber beſchreibenden Poeſte fallennes Gedicht (Odozogıxor, Ilinerarium de Africa
usque Nicomediam) beigelegt, das wir jedoch nit mehr beflgen (f. Werns⸗
dorf am a. O. V, 1. p. 40.). Ob er aber auch der wahre Berfafler einer
Sammlung von hundert Räthſeln in lateiniſchen Verſen ift, welche die Auf-
fhrift eine® Coelius Firmianus Symposius führt und daher von
Manchen für ein Werf eines Symposius angefehen wird (ſ. bei Wernsborf
VI, 2. p. 410 ff. 473 ff.), wagen wir noch nit zu entfelben (f. meine
Röm. Lit. Geſch. F. 186. fin. und dazu die Nadträge Bo. II. ©. 703 f.).
Die übrigen Schriften des L., fo weit wir fie noch Eennen, gehören in das
Gebiet der kirchlichen Literatur und fallen in die fpätere Zeit feine Lebens,
nachdem er zum Ghriftenthum bereits übergetreten war; das bebeutenbfle
darunter find die fleben Bücher Divinarum Institutionum, eine nicht blos
apologetiihen Zweden beftimmte Schrift, fondern auch in ber Abſicht ge-
ſchrieben, die neue Lehre zu empfehlen und ihr bei den (yhiloſophiſch) ge=
bilbeten Heiden Eingang zu verihaffen; dadurch enıhält fie gar Vieles, mas
auch für den Forſcher des claffiiden Alterthums von Wichtigkeit if. Faſt
noch mehr Bebeutung in dieſer Hinfiht gewinnt aber 2. von Seiten der
wahrhaft cluffiihen Sprade, in welcher bei ihm Alles gehalten ift, fo daß
ihm der Name eined Cicero Christianus gegeben mworben if. Während die
meiften Schriftfleler feiner Zeit in einer gekünftelten Redeweiſe, vol von
Schwulſt, Ueberladung u. dgl. ſich bewegen, zeichnet fi L. durch eine eben
fo reine als einfadenatürlide Sprache aus, die von dem forgfältigfken Studium
der beſten Muſter ver clafflihen Zeit Zeugniß gibt, und, obne felavifche
Nachbildung, Welen und Charakter der Ciceronianiſchen Rede am freieſten und
glüdlihften zu bewahren gewußt bat: wie dieß auch von ben gelehrteſten
Humaniſten, von Petrarca an, in jever Zeit anerkannt worden iſt (f. die
Stellen m. R. L. Geſch. Supyl. II. 5. 45. Not. 2ff.). Ausgaben der Werte
bed Lactantius (ſ. Schönemann Bibliolh. hist. lit. Patrr. Latt. I. p. 180.,
mein Suppl. II. $.46.): Editio princeps, Rom 1465. 1468. 1470., Venedig
1471. 1502 fi. fol., von 3. ©. Wald (Lips. 1715. 8.), Ch. A. Heumann
(Sötting. 1736. 8.), I. 2. Bünemann (Lips. 1739. 8.), die Parifer von
Le Brun (1748. IH Voll. 4.), der Abdruck bei Gallandi Bibl. Patr. IV.
p. 229 ff. und von D. F. Fritzſche zu Leipzig 1842 ff. 8. (in Gersdorf Bibl.
Patr. Eccles. Latt. Vol. X.). Mehr über Lactantius f. in Le Nourry Ap-
arat. ad Bibl. Patr. II. Diss. III. p. 571 ff, in Walché Diatribe (vor j.
usgabe), und in meinem Suppl. II. $. 38 ff.
2) Lactantius Placidus, ein Lateiniſcher Grammatiker etwa aus
der Mitte des fechäten Jahrh. n. Chr. (Sare Onomast. II. p. 49.), nur
Lactarlus WMons — Taciüca 719
Bekannt durch eine no vorhandene Schrift, melde unter dem Titel Argu-
menta Metamorphoseön Ovidii über die in biefem Gedicht behandelten Mythen
fi verbreitet, und proſaiſche Umfchreibungen derſelben Liefert, abgedruckt in
den Mythograph. Latt. von Ih. Munder (Amstelod. 1681. 8.) und von
A. van Staveren (Leiden 1742. 4.). [B.]
Laetarlus Wons ober Lactis Mons (TnrAuxtos öpos, Procop. B.
Goth. IV, 35. Symmad. Ep. VI, 17. Gaſſiod. Varia XI. ep. 10.), ein
zu den Apenninen geböriger Hügel in Gampanien, 4 Mit. öſtlich von Stabiä,
der feiner treffliden Butterfräuter wegen einzig zur Viehzucht benugt murbe,
und bei welchem der Milchkur wegen Kranke aus allen Gegenden zufammens
firömten, da die Mil der dortigen Kühe für beſonders heilfam galt. (Bol.
®alen. de meth. medendi V. T. X. p. 369. Kühn., welcher die nahe Stadt
fälſchlich Tabiae nennt.) Er ift befanntlih auf in der Gefchichte merfmürbig
geworben durch den an feinem Zuße im 3. 553 von Narfes erfochtenen ent⸗
ſcheidenden Sieg über die Oſtgothen unter Tefas. Vgl. oben ©. 671. [F.]
Eneter (Aaxrmo, Gtrab. XIV, p. 657.), ein Vorgeb. an ver Süd»
frige der Infel Cos, 235 Stab. von der Stadt Cos und 60 Stab. von ber
Inſel Nifgrus entfernt. [6G.]
Lactodürum (It. Ant. p. 470. 476.), eine Stadt der Catyeuchlani
. in Britannia Romana, an der Straße von Londinium nah Lindum, 74 Mid.
norböfllig von erflerer; nad Gellar. das heut. Bebford, richtiger aber der
Bleden Towceſter in der Grafſchaft Northampton. [F.]
Lactöra (Tab. Beut.) oder Laectura (It. Ant. p. 462., in der Not.
Civ. Gall. Civitas Lactoratium), eine Stabt ver Lactorates (®rut. Thes.
Inser. XXIX, 2. 14. XXXI, 2) in Gall. Aquitania III. unfern Ausci; das
heut. Zectoure (Beitoure) im Depart. Gerd. (Vgl. Weſſeling ad Itin. 1.1.) [F.]
Laetücn (BoideE, att. Hordenivn, Athen. TI, 68. F.), Kraut, von
weldem die Griechen brei Arten unterfchieden (Theophr. bei Athen. II, 69. A.):
mit breitem Stengel, mit rundem St. und den Kopfialat, capitata oder Aa-
xorıxov, Laconica (Plin. XIX, 8, 38.) oder sessilis (Martial. IH, 47, 8.)
ober sedens (ib. X, 48,9.) genannt. Als Sorten des lehteren unterfcheibet
Plin. 1. 1. (vgl. Athen. II, p. 69. F.) nigras, albas, rubentes oder pur-
pureas, crispas, Cappadocas, Graecas, Golum. X, 181 ff. ‘XI, 3, 26.
zwei Caecilianae (grün und blauroth), Cappadoca (gelbgrün, vgl. Martial.
V, 78, 4.), Baetica (weißlich), Cypria (roth). Vgl. Billerbeck Flora class.
p. 205. Der Name kommt von dem Milchigen (Plin. 1. I. Gelf. II, 32.
Lactuca - cuius cauliculus iam lacte repletus est) her. Ueber ihre Behand⸗
lung ſpricht Pallad. Jan. XIV, 1—4., 3. B. daß man fie bei günfligem,
feuchtem und fettem, oder gut gebüngtem Boden das ganze Jahr hindurch fäen
könne. Vgl. Eolum. XI, 3, 25—27. Die 1. galt für evorouayog, wurtmm
(Plin.), evroisos (vgl. ventri movendo utilis, Dart. XI, 52, 5.), vᷣaro-
rum (somno apta, @elf. 1. 1. vgl. Bopise. Tac. 11.), suyvAog, eperznn
175 n005 7a& ayoodina Öpuns (Athen. II, 69. B. ff., was mythologiſch fo
bargeftelt wurde: Aphrodite babe ven Adonis in einer Hordaxten verfledt,
ib. C.), Diphilus bei Atben. II, p. 69. E. Früher am Schluß der Mahlzeit
genofien (Birg. Mor. 76. Mart. XIII, 14,1.) wurde fie fpäter ald Voreſſen
gereiht (Mart. ib. 2. IIE, 50, 4. XI, 52, 5. vgl. XII, 19.). Es gab ein
Spriäwort similem habent labra lactucam, $Hieron. Ep: VII, 5. (mie das
Maul, fo der Kohl). Vom Bflanzen der 1. führte ein Zweig ber Valeria
gens den Beinamen Lactuca oder Lactucinus (Plin. XIX, 4, 19.), f. Va-
leria gens. [W.T.]
” Bon Lactantins ober Lutatins Placidus hat man auch einen Commentar zur
Ihebald und Achillels des Statius, f. Statius. [ W.T.]
720 . Laeünär — Lacydes
Lacünär, lacunariam ( Vitruv. IV, 31.) und Laqveär (laqveare,
laqvearium), der leere Raum (lacus, lacuna) an der Dede eined nit ge⸗
wölbten Gemaches zwiſchen dem @ebälfe, uriprünglid blos durch Bretter bes
deckt; fpäter bildete man des befieren Ausſehens wegen (vol. Vitruv. VII, 2.
extr. nisi lacunaribus conclavia fuerint ornata) durch Einfügen von Quer-
balfen vertiefte Welver (laqvearia). Vgl. Serv. zu Virg. Aen. I, 726. Aoxovs
xai yarrmuara aoyvp& erwähnt am Perjervallafte Polyb. X, 27, 10.; vgl.
Lucan. X, 114. Stat. Theb. I, 144. In Rom wurde nad der Zerflörung
von Karthago zuerfi das Getäfel auf dem Bapitol vergoldet, Plin. XXXIII,
3, 18., was aud auf andere Tempel überging (laqveata aurataqve templa,
Zucret. II, 28.), und bald auch in Privathäufern auffam (Plin. 1. I. und
Xu, 1, 5. Hor. Od. II, 18, i. Virg. Cul. 62. Claudian. b. Get. 223.);
ebenfo dad Auslegen mit Elfenbein (Hor. 1. 1.) und edlem Holz (Apulei.
Metam. V. in.: laqvearia citro et ebore curiose cavata) und Schmüden mit
erhabener und vertiefter Arbeit; @ic. Tusc. I, 35. Diod. 1,66. Nero hatte
in dem Speifefaal feines goldenen Palaftes bewegliche Täfelwerk, das mit
den Berihten wechfelte, Sen. Ep. 90.; Röhren ergoßen Wohlgerüde auf
die Anweſenden, Suet. Ner. 31. Später füllte man die Felder aus und
bemalte die Dedden, was bei den Griechen längf Sitte war, Plin. XXXV, 11.,
während die MNömer bisher nur gemölbte Deden bemalt Hatten, vgl. Vitr.
VII, 5. Gemalte ebene Deden f. bei Zahn, Drn. u. Gem. aus Here. u.
Pomp. If. 27. 67. — Neben ben getäfelten Deden, vie auch als Ganzes
mit laqvear bezeichnet werben, ſ. @ic. Tusc. V, 21. Virg Aen. I, 730.,
gab ed aber auch Rohrdecken, bei. camerae, f. Vitr. VO, 3. [W.T.]
Lacus Felicis (It. Unt. p. 246. 248., in ver Not. Imp. Lacufe-
licis), ein befefligter Ort in Noricum Ripense, 25 Mill. weitlid von Arlape,
20 Mid. öfllid von Lauriacum, der nad der Not. Imp. norlihe Bogen
hüten zu Pferd zur Garnifon hatte; nad Gellar. das heut. Ober- Wels,
nah Deannert IN. ©. 640. Ardacker, nah Muchar (Norikum S. 267.) mohl
am richtigflen bei Niedermallfee an der Donau. [F.]
Lacus Alcyonius, Fucinus u. ſ. w., f. Alcyonius, Fucinus u. |. w.
Lacus.
Lacydes, Aaxvöns, 1) ſ. Lacedas.. — 2) Sohn des Alerander, aus
Cyrene, mar nad Diogenes von Laerte (IV,59 ff.) in der Jugend arm, zeigte
aber großen Fleiß und verband damit ein gefäliges und freundlides Be:
nehmen, dad ihm Achtung und Unjehen verlieh, auch viele Schüler ihm zu-
führte. Lac. nemlih harte fh an die neuere Akademie angeichloffen und
folgte auf Urcefllas, deren Stifter (f. Bo. I. ©. 675.); ob auß der von
Diogenes (am a. D.) und Numenius (bei &uieb. Praepar. Evang. XIV, 7.)
angeführten Beranlaffung, wollen wir dahin geftellt fein lafſen. So lehrte
er ſechs und zwanzig Jahre Tang zu Athen in der Alavenie, und zwar in
der Durch König Attalus gefhaffenen Anlage, welche daher aud den Namen
Aonvdsıor erhielt, übergab dann aber noch lebend, was fein Philoſoph vor
ihm gethan hatte, fein Lehramt an Telecles und Evander (f. Bd. III. S. 250.)
aus Phocis, und flarb an den Folgen übermäßigen Trinkens Olymp. 134,4
(241 v. EHr.), wie Diogenes (IV, 6. 60. vgl. Aelian. Var. Hist. II, 41.
Athen. X, p. 438. A.) angibt; wiewohl in allem Uebrigen 2. fo ſparſam
war, baß man ihn 6 Oixosoumos nannte, Eufeb. Praep. XIV, 7. 2. mag
fih in feiner Lehre nit von Arcefllad entfernt haben, als deſſen Schüler
und Freund er durchaus erfcheint (ſ. Cic. Acadd. II, 6. vgl. Tusc. V, 37.
und Blut. De adulat. et amic. 22.). Als Schriften deſſelben nennt Suid.
(8. v. Re 493. Bernh.) 6108 im Allgemeinen YıAoooya und nepi Yuosaz.
Bol. Bruder Hist. crit. philosoph. I. p. 757. — Bon ihm oder einem
gleichnamigen Peripatetiker erzählt Aelian. H. An. VII, 44. vgl. Plin. H.N.
Laeydon — Ladonces 721
X, 22., daß er eine Sand zur fleten Beglelterin hatte und fle endlich auch
beerpigen Tief. [B.]
Lacydon, |. Massilia.
Ladämas, Bildhauer aud Athen, |. d. Art. Moschion.
Lädas, ber Name von zwei Dfympionifen im Wettlaufe, der eine
ein Lakoner, der andere ein Achäer aus Ueglon. Jener flegte im Dolichos,
diefer im einfachen Stablon, und zwar Letzterer DI. 125, PBauf. II, 21,1.
X, 23,14. Africanus bei @ufeb. 'EAA. 04. p. 42. ed. IH. Scal. cf. Corſini
Fast. Ati. IV, p. 81. Welt berühmter jedoch war der Spartiate, welder
bald na dem Erringen eines Sieged feinen Geift aufgab. Pauſ. IH, 21,1.
erwähnt fein Denkmal in der Nähe des Curotas und vermuthet, daß er er»
ſchöpft vom Schauplake bes Sieged dahin gebradt worden und daſelbſt ver-
fhieden fei. Seine Siegerflatue war von Myron gearbeitet und flellte den
Moment dar, wie der Agonift mit krampfhaft eingezogenen Weichen den ent-
ſchwebenden Athem noch auf ven Lippen feſtzuhalten ſchien. Anthol. Planud.
IV, 53. T. Il. p. 640. Jac., vgl. IV, 54. und Jacobe Animadv. dazu III,
2. p. 59. Pauſanias ermähnt au ein Stadion des 8. in Arkadien, an
einer der Strußen, melde nah Orchomenos führten, in der Nähe des Ortes
Petroſaka. Gier babe 2. feinen Uebungen obgelegen, was, well nit das
Begentheil ausdrücklich bemerft iſt, wohl von dem berühmteren zu verfteben
it (VIII, 12, 3.).* [Kse.]
Lade (.icön, Herod. VI, 8. Ihuc. VII, 17. 24. Strab. XIV, p. 635.
Bauf. I, 35, 6. Steph. Byz. Plin.-V, 31, 37.), die größte unter ben
fogenannten Tragaſäiſchen Infeln (nei rag Teayaiag ımoia, Strabo 1. 1.),
hart vor der Cariſchen Küfle, der Stadt Miletus gegenüber, nordweſtl. von
der Mündung des Mäander. Sie diente den Häfen Milets zum Schuge und
war nad Strabo ein Schlupfwinkel der Seeräuber.
Ladieus, nah alten Münzen bei Florez Esp. Sagr. T. XV. p. 63.
ein Berg in Gallaecia (Hifp. Tarracon.), der heut. Codos de Laboco bei
Montefurado am Sil. (vgl. Ukert I, 1. ©. 278.) |[F.]
Lädon (Aa50r), 1) ein Fluß in Arfadien, ver in verNähe von Klitor
entfprang und zwifchen Heräa und Bhrira in den Alpheus fiel (Hefiod. Th.
3414. Strab. I, p. 60. VIM, p. 343. 339. Pauſ. V, 7. VI, 25. Mela
11, 3, 5. Ovid Met. I, 702.). Dan Hielt ihn für einen Ausflug des Sees
im Ihale von Pheneus, der ſich aber in Folge eines durch Erdbeben be⸗
wirkten Bergflurzes fühlih von jenem See eine Strede lang unter der Erbe
verberge; f. Pauſ. VIN,20,1. Strab. p. 389. Athen. VII, 332. F. Diod.
XV, 49. Plin. IV, 6, 10. Seneca N. Qu. VI, 25. Nach der mytholo⸗
giſchen Darftellung iſt er Gemahl der Stymphalis, Vater der Daphne (Pauſ.
VIII, 20, 1. X, 7. extr.) und Metope, Heſ. Theog. 344. Diod. IV, 72.
2) ein Flüßchen in Elis, das auf ber Grenze von Achaja entipringt
und bei Elis in den Peneus fällt (Pauf. VI, 22, 3.); j. Baby. [F.
3) Name des die Aepfel der Heſperiden bewachenden Draden, Hefiod.
Theog. 333. Apollon. Argon. IV, 1396. mit Schol Serv zu Birg. Aen.
IV, 484. Bol. Bv. II. ©. 1169. |
4) Hund des Aktäon, Ovid Met. III, 216. [Mer.)]
Ladoncea, f. Laodicea.
® Nah Panf. II, 19, 7. hatte A. moday oxvryr Ürepßallonevos Touc dp
aurov, alfo wohl der Lakrone, auch im Tempel der Aphrodite Nikephoros zu Argos
ein Standbild, — Bei ben rim. Schriftfiellern ift die Behenbigkeit des Labas ſprich⸗
wörtlich geworben, f. Eatull. 55, 25. Auct. ad Herenn. IV, 3. Juv. XI, 97.
Martial, II, 86, & X, 100, 5. Gen. Ep. 85. [ W.T.]
Pauly, Meal-Enchelop. IV. 46
722 Lseana — Laellii
Laeana, nad Plin. VI, 28, 32. andere Form des Namens der Stabt
Aelana in Arabia Peträa. S. Aelana. [F.]
Eaeanites (Anavirns noAnos, Diod. III, 43.) oder Laeaniticus
Sinus (Plin. VI, 28, 32.), ein anderer Name für den Aelanites vder Aela-
niticus Sinus, der Öftlihen Spitze des arab. Meerbufens (j. Bahr el Afaba).
©. Aelana. [F.] |
Laecanus, f. Loecanus.
Laeetäni (Acınoroi, Ptol. 11,6.) oderLeetani (Asyraroi, Straß.
11, p. 159.), eine Voͤlkerſchaft an der oͤſtlichen Küſte von Hifp. Tarracon.
um die Mündung ded Fluffes Rubricatus (j. Xlobregat) ber, wahrſch. ein
Stamm der Indicetae (vgl. Ulert II, 1. S. 315.) und wohl nicht verfdhieben
von den Laletani des Plin. II, 3, 4. (vgl. Gruter Thes. Inscr. p. CDXXX.),
in dem weinreichen Lande Laletania (Blin. XIV. vgl. Martial. I, 27. VII,
52,), deren Hauptſtadt Barcino (das heut. Barcelona) war. [F.]
Laelaps, Aailay, anos, f., der Sturmmwind, perfonifizirt in der Sage
vom Hunde der PBrocrid, der diefen Namen führte. Procris Hatte biefeß
ungewöhnlich raſche Thier von Diana oder Minos (Hygin) zum Geſchenk
erhalten und hinterließ e8 dann Ihrem Bemahl Gephalus. Als der Teumeſ⸗
ſiſche Buchs den Thebanern zur Strafe zugeſchickt war, bem fie alle Monate
einen Knaben zu verföälingen geben mußten, und es Ereon dem Amphitryo
zur Bedingung gemacht hatte, Theben von biefem Ungeheuer zu befreien,
ſchickte Cephalus den Hund gegen ven Fuchs aus. Der Hund holte denfelben
glülih ein, Jupiter aber verwanbelte beine in einen Stein, ven man fn ber
Nähe von heben ſah, Apollod. II, 4, 6. Ovid Met. VII, 771. Sygin
fab. 189. Astron. II, 35. [Mzr.]
Laelia (Acidıa, Ptol. 1, 4.), eine Stadt der Turbetaner in Hiſp.
Bätica, zwilcden Corticata und Italica, die eine Münzflätte Hatte (Florez
Esp. Sagr. XII. p. 256 f. Mionnet I. p. 19. Suppl. I. p. 35. Geftini
Med. p. 20. 65. u. f. w.); j. Aracena ober el Berrocal in der Provinz
Sevilla (vgl. Ukert II, 1. ©. 373.). [F.] |
Laelii, ein plebelifches Geſchlecht, das hauptſächllich durch die beiden
Freunde des Älteren und des jüngeren Scipio Afrikanus zu Anfeben umb
Ruhm gelangte. Die Herkunft deſſelben wird von den Scriftelen nicht
angegeben. Da aber der erſte und bekannte Läfius, der Freund des Älteren
Aftifanus, im Anfang feiner Laufbahn als praefectus classis, d. 5. Befehle:
haber der socii navales erfheint (Liv. XXVI, 48.), fo gehörte er ohne Zweifel
ſelbſt dem Stande der soci an; und da auf einer in Spanien gefanbenen
Inſchrift als Vaterſtadt eined Qu. Laelius Tibur genannt ifl, während eine
Grabinfhrift, die den Namen einer Laelia Secunda enthält, auf tiburtint-
ſchem Gebiete außgegraben wurde (vgl. Glandorp Onomast. Rom. p. 516 f.),
fo vermuthen wir, daß bie Lälier aus dieſem Municiyium flammten. Schon
frühe hatten die Iiburtiner von den Mömern die Ifopolitie mit dem echte
— — — — —— — — — — —
Zur Benätigung dient dieſer Annahme der limfland,, daß Lälius in den Me
cuperätorengerichte, welches Scipio zur Entſcheidung ber zwifchen den legionarii umb
socii navales nad) ber Eroberung von Carthago nova eingetretenen Streitigkeit
nieberfeßte (Liv. XXVI, 48,.), die socii navales vertrat. Wie ed in der Natur ber
Sache lag, fo war das Necnperatorengeriht urfpräuglich gewiß ans Männern ber
beiden Voſſer oder Stände, welchen bie Gtreitenden angehörten, zuſammengeſert
(vgl. Rein, zöın. Privatrecht, S. 421.), wenn gleich bie Behauptung, daß ans ber
erwähnten Stelle bes Livius eine Berechtigung ber fireitenden Parteien, ein Mitglied
bes Recnperatorengerihts zu wählen (anfgefiellt von Huſchke, Excurs. de Recap.
p- 245., und Zimmern, Rom. Nechtögefh. TIL. 5. 17. Note 18, 19,) von Gel (bie
Necuperatio ber Römer, ©. 169 f.) mit Recht befiritten wirb.
Laelii 223
des Erulirens erhalten (Polyb. VI, 14. Liv. IX, 30. Ovid Fast. VI, 666.
vgl. Niebuhr R. G. I. S. 165.* II. ©. 72.), und in der Mitte bes
fünften Sahrhunderts der Stadt war auf den Antrag des Prätors 2. Corne⸗
lius Sciyio (Coſ. 456 d. St.) die verbächtigte Treue berfelben durch ein
eigenes Senatusconfult (das für uns bie älteſte römijche Urkunde bildet, vgl.
Niebuhr II. S. 309 f.) gereitfertigt worden. Seit biefer Zeit, wenn nit
fon früher, hatten ohne Zweifel die Scipionen dad Patronat des Munici»
piums (vgl. Über dieſes Verhältniß den Art. Hospitium, Bp. III. ©. 1525.);
und wenn baber die Lälier Tiburtiner waren, fo gab zu dem innigen Freund⸗
Ihaftsverhäftnig zwiſchen dem älteren Lälius und Scipio das Verhältniß ber
Gaſtfreundſchaft den Äußeren Anlaß. DBebeutfam aber wäre die Herkunft der
Lälier von Tibur infofern, als dieſe angeblih von Griechen gegründete Stadt
(vgl. die Stellen hierüber, gefammelt von Gluver. Ital. ant. p. 959 f.) jeden⸗
falls in früher Zeit griech. Einflüffe erfuhr und für gried. Sitte und Bildung
empfänglicher war als die kriegeriſche Haupiflabt Italiend. (Eine Spur davon
bei Ovid Fast. VI, 661 f. 665.) In der letzteren waren es hauptſächlich erſt
die beiden Scipionen, welche griech. Leben und griech. Bildung zum Aergerniß
der altrömiſch Gefinnten in Aufnahme brachten (vgl. Bo. II. ©. 658. oben
u. ©. 662, 8.); und um dieſe Richtung der Sciplonen zu erflären, wäre
der Einfluß, den ihre tiburtinifchen Freunde auf fie übten, wohl zu beachten.
Die Reihe der Lälier eröffnet
1) C. Laelius C. f. C. n. (Fasti cap. ad ann. 564. Varr.), der
Freund des Älteren Afrifanus, ver von Jugend an bi8 an fein Ende an allen
Thaten und Entwürfen defielben Theil nahm (Polyb. X, 3.). In feinen
erften Feldzug nah Spanien (544 d. St., 210 v. Chr.) begleitete er ihn
als Befehlshaber der Flotte (vgl. oben**), und trug zur @roberung von
Carthago nova, wozu Scipio ihn allein den Entwurf mitgetheilt hatte (Pot.
x, 9.), wefentlih bei (Liv. XXVI, 42 ff. Bol. X, 11 ff. Sil. XV, 2317 fl.
vgl. Br. II. ©. 655.). Der Heerführer erkannte feine Verdienſte aufs
Glänzendſte an *** und belohnte ihn mit einer goldenen Krone und breißig
Ochſen (Liv. 48. vgl. Sil. 259., mo aegqvorei certaminis alto donatur titulo
dunkel ifl), dann aber gab er ihm den ehrenvollen Auftrag, die Siegesbot⸗
ſchaft nah Rom zu bringen und die vornehmflen Kriegägefangenen zu übers
geben (Liv. XXVI, 51. XXVII, 7. Bolyb. X, 18.). Bon Rom zurüdges
ehrt kämpfte Lälius im J. 545 (209) in der Schlacht bei Bäcula (Liv.
XXVII, 18. Polyb. X, 39.), und nahm au in den folgenden Jahren (als
Legate, Liv. XXVIII, 28.) einen wichtigen Antheil am Kriege in Spanien,
indem er namentlich im I. 547 (207) in der Schlacht bei Carmo (nach App.
Iber. VI, 25 f., vgl. Bo. II. S. 656.), und im 3. 548 (206) zuerft in einer
eigenen Sendung zur See in der Nähe der Säulen des Herkules (Liv. XXVIIL,
30 f. vgl. 23.) und ſodann in ver Schlacht gegen Indibilis (Liv. XXVIII, 33.
Polyb. XI, 32 f.) tapfer (SIE. XV, 463—470.) Tämpfte, fo wie er in dent»
jelben Jahre den Auftrag, mit Syphar, dem Könige ver Mafäfllen zu unter»
* Die Annahme Niebuhrs, daß das Bündniß mit Tibur Bid zum Iulifchen
Sefege (vom J. 664 db. St., 90 v. Chr.) beilanden habe, beilätigt fi durch die
Stelle bei Appian b. c. I, 65.
”* Die abweichende Angabe, welche Livius (XXVI, 49.) in einigen Quellen fand,
daß M. Junius Silanus (vgl. ©. 527, 1.) die Flotte befehligt habe, mag fich eben
aus dem Umſtande, daß Läl. socias war, erklären,
Men Eivind (XXVI, 48.) fagt, Scipio babe den Wefehlöhaber ber Flotte,
C. Laͤlius, in allem fich ſelbſt gleich geftelt: fo waren eben damit die Bundesgenoſſen
den Römern gleihgeftelt. Wie fehr die kluge Politik Scipios, bie Bunbedgenoffen.
für Rom und für fich zu gewinnen, burd deu Erfolg belohnt wurde, erfehen wir
aus Liv, XXVIU, 45, -
724 Laelit
handeln empfing, und fodann den Scipio ſelbſt zu dem Könige begleitete
(Liv. XXVIN, 17 f. Appian Iber. 29.). Im nädften Jahre (549, 205)
folgte er feinem zum Conſul erwählten Sreunde nad Sicilien, und warb
von bier aus mit einem Theile der Flotte nah Afrifa gefandt, wo er tn
der Gegend von Hippo Regius (Bona) Iandete, bie Küfte weithin verbeerte,
und fodann, mit Beute reich beladen, ſich mieder einſchiffte (Liv. XXIX, 1.
3—5.). Als Schpio im folgenden Iahre ſelbſt nah Afrika überging, fo
begleitete er ihn als Befehlshaber der Blotte (Liv. XXIX, 25.), und leiſtete
fofort audgezeichnete Dienfte im Kriege. Namentlih Tämpfte er im I. 551
(203) in Verbindung mit Maflniffa (f. d.) gegen den zu den Puniern ab»
gefallenen Syphax, eroberte und verbrannte deſſen Lager (nachdem er es ſelbſt
vorher als Gefandter ausgekundſchaftet hatte, Brontin. Strateg. I, 2, 1.1, 3.
vgl. Liv. XXX, 4. Polyb. XIV, 1.), verfolgte ven Bliebenden nah Numi-
dien, bekam ihn Tebendig gefangen, und nahm fofort die Haupifladt von
Maſſylien, Cirta (Gonftantine), au welcher Maſinifſa vertrieben war, ein
(Liv. XXX, 5. 9. 11. 12. 15. vgl. Polyb. XIV, 4. 8f. Appian. Carth.
26—28. Zonar. IX, 12f. Bal. Mar. VI, 9. ext. 7. Diodor fr. 1. XXVIL,
Virt. et Vit.). Bon Scipio mit dem gefangenen Syphar nad Rom gefandt *
(Liv. XXX, 16. vgl. 17. Zonar. IX, 13.) bewarb er fih Hier um bie
Duäftur **, und ward, nachdem er fie erhalten, im folgenden Jahre tur
Beſchluß des Senates und ohne daß er Toofen mußte, dem Scipio in Afrika
beigegeben (vgl. Liv. XXX, 33.). Im dem entfcheidenden Treffen, bas in
diefem Jahre (552, 202) dem Hannibal von jenem geliefert wurde, erwarb
er fih als Befehlshaber der röm. Meiterei ein hauptfächliches Verdienſt (Liv.
XXX, 33. 35. Polyb. XV, 9. 12. 14. App. Carth. 41. 44. Zonar. IX, 14.
Frontin. Strateg. IE, 3, 16.), und erhielt nach erfochtenem Siege den Auftrag,
benfelben in Rom zu verfündigen (Xiv. XXX, 36.). Im 3. 557 (197)
plebejifher Aedile mit M’. Acilius Glabrio empfahl er fih dem Volke, indem
er mit feinem Amtögenofien die Bürgerfpiele flebenmal wiederholte und von
ben Strafgelvern ver Ceres, dem Liber und ber Libera drei eberne Stand⸗
bilder weihte (Liv. XXXIT,25.). Die Wahl zum Prätor für das folgende
Jahr war die Belohnung, und als folder erhielt er Sicilien durch das Loos
jur Provinz (vgl. Liv. XXXIII, 24. 26.). Seine erfle Bewerbung um daB
onfulat auf das I. 562 (192) mar trog der Fürſprache des Afrifanus
unglüdli$ (Liv. XXXV, 10), und erft auf das I. 564 (190) warb er mit
2. Scipio, dem Bruder feines Freundes gemäpft (Liv. XXXVI, 45. Gell.
XVI, 4. Obſequ. 55. Gutrop. IV, 4. Fasti cap. vgl. die Faſten des
Gafflodor, in melden ihm ber Belname Africanus beigelegt If). Als feinem
Amtsgenofien die Provinz Aflen (nad Livius Griehenland) mit dem Kriege
gegen. Antiochus zugefallen war, fo wurbe im Senate, wahrſcheinlich gegen
feinen Willen, der Antrag geftellt, die Brovinz dem Scipio abzunehmen und
ihm zu übertragen; worauf Africanus, troß der innigen Freundſchaft zu Lälius,
feines Bruders Ih annahm, und durch die Erflärung, er werbe ihm als
Legate folgen, demfelben vie Provinz erhielt (Cic. Phil. XI, 7, 17. Bal.
® Lenterer wurde zuerfi nad Alba (im Lande der WMarfer, vgl, 8b. I. S. 294 |
und fpäter (vielleicht unter Mitwirkung des Lälius) nah Tibur gebracht, wo er
glucklicherweiſe noch vor bem Triumphe des Scipio (nad) Liv, XXX, 45,, abweichen
Polyb. XVI, 23,) flarb,
°° Diefe Bewerbung feut natürlich voraus, daß er Inziwifchen das Buͤrgerrecht
erhatten hatte: zu welcher Zeit und auf welche Weife (0b vieleicht durch den Selb:
herren Geipio in Folge einer Ihm vom Wolfe Übertragenen Wollmacht, vgl. Civitas,
Bd. I. ©. 393.), Taffen wir dahingeſtellt. Wäre er von Anfahg an Bürger ges
weſen, fo wäre feine Laufbahn gewiß eine andere geweſen. (Bgl, Übrigens deu Art.
Digitti, 8b, II. &, 1021.)
Laelitt 725
Mar. V, 5, 1.; abweichend, aber unwahrſcheinlich Liv. XXXVII, 1.). Lälius
befam Italien zur Provinz, und war in diefem, jo wie in bem folgenven
Jahre, für welches ihm der Oberbefehl verlängert wurde, hauptſächlich für
die Eoloniflrung des neueroberten Gebietes in Gallia Eisalpina thätig (vgl.
‚ Xiv. XXXVII, 1. 37. 50.). Im J. 580 (174) wird er no als Geſandter
nah Macebonien (Liv. XLI, 22. s. 27.) und im I. 584 (170) als Gefanbter
in das jenfeitige Gallien genannt (Liv. XLII,5.s.7.). Ueber feine Berfön-
lichkeit und feine Bildung laſſen und die Duellen im Stide; nur Siliuß
(XV, 451 f.) fagt von ihm: omnia felix cui natura dedit, und rühmt feine
Beredtfamfeit auf dem Forum und in der Curie, wie feine Tapferkeit im
Felde. Daß biebei eine Uebertragung der Eigenfchaften des jüngeren Lälius
auf den älteren dem Dichter zur Laſt zu legen fei, find wir nicht genöthigt,
anzunehmen; und ſchon die innige Freundſchaft bes Afrikanus (vgl. Vellej.
11, 127.: duo Scipiones duos Laelios per omnia aequaverunt sibi) bürgt
dafür, daß er ein Mann von beveutender Perfönlichkeit und höherer geiftiger
Bildung gewefen fei. Des Umgangd mit ihm hatte ſich noch Polybius zu er»
freuen, ber manche Mittheilungen über ven älteren Afrifanus von ihm empfing
(vgl. X, 3.).
2) C. Laelius (C. f. C. n) mit dem Beinamen Sapiens, Sohn de
Vorigen (Cic. Phil. XI, 7, 17.), Freund des Scipio Aemilianus (dem er
nad Gic. de Rep. I, 12, 18. im Alter voranging), bekleidete das Volks⸗
tribunat etwa 603 d. St. (151 v. Ehr.), und beantragte während jeiner
Amtsführung ein Adergefeh, zog ed aber in Folge des Wiperflandes ber
Dptimaten aus Scheu vor bürgerlihen Unruhen wieber zurüd und verbiente
fi hiedurch (nad Plut. Tib. Gracch. 8.) ven Beinamen Sapiens (vgl. über
diefen @ic. Lael. 1, 1. de Finn. II, 8, 24.). m britten punifchen Kriege
war er der Begleiter Scipios (607 $., 147 f.), und wirkte namentlich bei dem .
Zuge gegen Nephelis mit (App. Carth. 126. vgl. Bb. II. S. 663. unt.),
fo wie er bei der Eroberung Cothond, des Kriegähafend der Stabt Karibago
(Bd. I. S. 160.) das Hauptverdienſt fih erwarb (App. Carth. 127.). Ale
Prätor 609 (145) befämpfte er mit Erfolg den Gefegesantrag des C. Licinius
Graffus, daß die Collegien der Priefter fich nicht mehr ſelbſt ergänzen, ſondern
biefe von dem Volke gewählt werben follten (@ic. Lael. 25, 96. Brut. 21, 83.
de Nat. D. III, 2, 5. 17, 43. Non. p. 398.), warb aber im Laufe des
Jahres gegen Viriathus nach Spanien gefandt, weldden er dermaßen ſchwächte
und bemüthigte, daß ben ferneren Nachfolgern der Krieg leiht wurde (Bic.
de Of. Il, 11, 40. vgl. Brut. 21, 84.). Auf das 3. 613 (141) bewarb
er fih, von feinem Freunde Aemiltanus unterflügt, un das Confulat, unter»
lag jedoch dem Du. Pompejus, der den Aemilianus dur die Erflärung,
daß er fi ſelbſt nicht bewerben und die Wahl des Lälius befördern werde,
binterging, und als die Zeit der Somitien gefommen war, feine eigene Wahl
durchſetzte (Plut. Apophth., Scip. min. 8.* vgl. Cic. Lael. 21,77. Tuscul.
19, 54.). Auf das nächſte Jahr wiederholte er feine Bewerbung und befleis
dete In demjelben wirklih bie Conſulswürde (Cic. Brut. 43, 164. Tuscul.
1. 1. Frontin. de aquaeduct. 7. Obſequ. 82.), doch ohne daß wir wiflen,
welde Provinz ihm nad feiner Amtsführung übertragen wurde. In der
Bolgezeit befämpfte er mit. feinem Freunde die Gracchen (vgl. Lael. 11, 37.,
wo ihn Gicero von der temeritas und dem furor des Tib. Gracchus fprechen
läßt *®), trat im 3. 623, 131 (zwei Jahre nach dem Tode des Tib. Gracchus)
* Die Behauptung des Pighius (Annal. Rom. II. p. 482.), daß Plutarch an
einer andern Stelle, Praec. ger. reip., einen widerfprechenden Bericht gebe, beruht
auf einer falfchen Lesart in ber letzteren Stelle,
eBezeichnend für den Standpunkt des Aemilianus und feines Freundes LAlius
726 Lzelit
mit Aemilianus dem Gefegesvorfhlage des Tribunen C. Payirius Garbo,
wonad es erlaubt fein follte, einen Bolfätribunen für das nächſte Jahr wieder
zu wählen, entgegen (Lael. 25, 96.), und zog fi ohne Zweifel durch biefe
feine Oppofition gegen die demokratiſche Partei die Anklage zu, gegen welche
er ſich in der oratio, quam pro se dixit (Feſt. p. 193. 314. M., und wahr⸗
ſcheinlich au p. 187., wo für Coelius der’ Name Laelius zu feßen fein wird,
vgl. Meyer oratt. romm. frgmta, ed. 2. p. 174. 465. 469.) vertheidigte.
Bon dem hohen Anjehen, in welchem er flund, zeugt übrigens bie Erzählung
bei Val. Dar. IV, 7,1. (mo e8 von ihm heißt: cujus consilio praecipue
consules [Rupilius et Laenas, 622 a. U.] utebantur) vgl. Cic. Lael. 11, 37.
u. C. Blosius, ®b. I. ©. 1123.*; und diefes Anſehen genoß er ſelbſt bei
Aemilianus, der in allen Stüden feinem Rathe folgte und deßhalb von feinen
Gegnern ber blofe Schaufpieler genannt wurde, während Lälius der Dichter
und Urheber feiner Handlungen fei (Plut. An seni resp. ger. sit, u. Praec.
reip. ger.). Cicero fagt in Beziehung auf die beiden Freunde geradezu: ingenii,
litterarum, eloquentiae, sapientiae etsi utrique primas, priores tamen libenter
deferunt Laelio (Brut. 21, 84.). Die Berebtfamfeit, vie er in Staatöreben
(j. 06.), in ®erichtöreden (vgl. Brut. 22, 86.), und in Lobreden (deren er
auf feinen Yreund Aemilianus nach deſſen Tode zwei verſchiedene geſchrieben
haben fol, Cic. de Or. I, 84, 341. Schol. Bob. in Cic. or. p. Mil.
p. 283., vgl. jedoch Gerlach, dv. Tod des Sciy. Aemilian., Hiſtor. Stud.,
©. 252.) bewährte, wird von Bicero an verfchlebenen Stellen feiner rhetoris
ſchen Schriften (f. Onomast. Tullian. p. 333.), jo wie von Quinctilian
(Inst. XII, 10, 10. 39. vgl. au Dell. II, 9. Apulej. Apol. p. 389. ed.
Oud.) gewürdigt. Der griechiſchen Wiſſenſchaft brach er in Verbindung mit
Yemilianus in Rom bauptfählih die Bahn, und nad Cic. de Orat. II, 37,
154. lebten die beiden, wie 2. Furius (Philus) immer ganz öffentlich in
der Geſellſchaft der gelehrteften Diänner aus Griechenland. In ber Philo⸗
fopbie war er Schüler des Diogenes und bes Panätius (de Finn. II, 8, 24.);
und von der Dichtkunſt war er nit nur Freund und Kenner (vgl. über fein
Berhältniß zu Lucilius Hor. Sat. II, 1, 71 ff.), ſondern fcheint fid in ber
Nachahmung griechiſcher Dichtkunſt ſelbſt aufs Glücklichſte verſucht zu haben,
da nach Cic. ad Att. VII, 3, 10. die Luſtſpiele des Terentius wegen der Schön⸗
beit des Ausdrucks für Werke des C. Lälius gehalten wurden (Vgl. über
fein Verhältniß zu Terentius überhaupt Sueton. vita Ter. 1ff.) Bon
der vertrauten Freundſchaſt mit Scipio (die auch von Aurel. Victor de vir.
ill. 58. näher berührt wird), fo wie von feinem Charakter überhaupt geben
einzelne Mittheilungen und Bemerkungen Eiceros ein anziehendes Bild (vgl.
de Of. I, 30, 108. II, 6, 22. de Rep. I, 12, 18. pro Arch, 7, 16. pro
in dem Kampfe gegen bie Gracchen if bie Gtelle der Scholia Bob, in Cic. or. pro
Mil. p. 283, ed. Or.: P. Sc. Aem. cum Latinorum causam societatis jure contra
C. Gracchum triamvirum ejusque oollegas perseveranter defensurus esset, ne
rger ipsoram divideretur eto.
” Stine Abhandiung „zur Ehrenrettung bed ©, Bloſſins“ :c. ſ. in den Jahrbb.
von Seebode, Jahn u. Kloy, 3ter Suppl. Bb. Iſtes Hft. 1834. S, 5 ff.
ee Sm Allgemeinen ſ. Ellendt, succincota elog. rom. hist. $. 14. p. 27. not.
ed. 2, — 2, Cälins Uintipater (f. Sb. I. ©. 486. 551.) Hatte feine Gefchichte des
pun. Kriegs an Lal. gerichtet, Cic. Orat. 69. — In Bezug auf bie eigene literar.
Thätigkeit bed 2, wiffen wir 3. B. von einer Nebe de collegiis (Eic. Brat. 21.),
ferner von einer Lobrede anf Scipio, bie er für deffen Neffen Tubero verfertigte,
@ic. de Orat. II, 84., während, wenn dieß nicht anders von berfelben Rede zu ver:
fteben ift, im Schol. Bobb. in Cic. pro Milon. p. 283. ed. Orell. von einer Lob:
oder Leichenrede des Laͤlins auf Scipio bie Rede if, welche Fabius Maximus in feiner
Rede auf Gcipio benuyt haben fol, [B.]
Laelfi 727
Murena 31, 66. de Off. I, 26,90.). Bon dem letzteren wird er bekanntlich
in mehreren Schriften, und namentlich in dem nad ihm benannten Gefpräd
über bie Freundſchaft, in dem über das Greifenalter, fo mie in ven Büchern
vom Staate redend eingeführt. Söhne von ihm find nit bekannt, mohl
aber zwei Töchter, nemlic
3) Laelia, vermählt an Qu. Mucius Gcävola Augur (Cic. de Or.
III, 12, 44. Brut. 58, 211. vgl. Lael. 1, 1. de Or. II, 6, 22.) und
4) Laelia, vermählt an C. Fannius (Br. III. ©. 421, 5. vgl. Eic.
Lael. 1.), beide und insbeſondere die exrflere von Eicero (de Or. und Brut.
n.11.) gleichfalls wegen ihrer Berebtfamfeit gerühmt. Vgl. Ouintiften. Inst.
I, 2. Ueberdie Berwandtfchaft ber Folgenden läßt ſich nichts Näheres beflimmen.
5) D. Laelius, von Lucilius in dem Berfe erwähnt: Persium hon
curo legere, Laelium Decimum volo, vgl. Cic. de Or. II, 6, 25., wo er
vir bonus et non illiteratus, sed nihil ad Persium heißt. Bgl. Junii,
©. 530, 8.
6) D. Laelius, wahrſcheinlich Sohn des Vorigen, Legate des Pom⸗
pejus im ſertorianiſchen Kriege, vgl. Hirtulejus, Bd. III. S. 1385.
7) D. Laelius, Sohn des Vorigen (Schol. Bob. in Cic. or. pro
Flacco p. 235. Or.), Anklaͤger des 8. (Balerius) Flaccus im 3. 695, 59
(in weldem wenigflend der Proceß verhandelt wurde; vgl. über die Perfon
des Anfläger3 Gic. pro Fl. 1, 2. 3, 13. 6, 14 f. 8, 18. u. ſ. ini Uebrigen
Valer. Fl. u. Drumann Geh. Roms ıc. Bd. V. ©. 619 f.*), war Volko⸗
tribun im I. 700, 54 (vgl. Bal. Mar. VII, 1, 3.), und erſcheint im Bürger
kriege zrifgen Gäfar und Pompejus als Anhänger des letzteren (Eir. ad Att.
VIII, 11. D., 1. w. 12. A, 3.) und Befehlshaber der aflatifhen Flotte
deſſelben (Cäſ. b. c. III, 5. vgl. 40. 100.). Im. 711 (43) kämpfte er als
Befehlshaber des Du. Gornifichnd in Afrtca gegen T. Sextius (vgl. Cornif.,
Br. N. ©. 710, 3.) und belagerte namentlih Eirta in Numidien (Appian.
b. c. IV, 53. vgl. Dio XLVII, 21.), war aber in der entfheidenden Schlacht
fo unglüdli als Cornificius, und gab fi, nachdem dieſer gefallen war,
ſelbſt den Tod (App. IV,55f. vgl. Dio am a. D., der in mehreren Bunften
abweicht).
8) D. Laeliüs’D. f. D. n. Balbus (Fasti cap. ad a. 737. Varr.),
Sohn des PVorigen, magister XVvir für bie fünfte Feier der bundertjährigen
Spiele, 737 d. ©t., 17 v. Chr. (Fasti cap.), @of. 748 d. St., 6 v. Ehr.
(Dio LV., argum. u. c. 9.).
9) D. Laelius Balbus, ohne Zweifel Sohn des Borigen, im legten
Jahre des Tiberius (790 d. St., 37 n. Chr.) ald Genoffe der Unzucht der
Albucilla auf eine Infel verbannt und bes fenatorifhen Ranges verluftig
erklärt, welches Urtheil von den Senatoren gerne ausgeſprochen wurde, da
er ala boshafter Redner, flet3 gerüftet gegen bie Unſchuld, befannt war (Kar.
Ann. VI, 48.). Giner Anklage, bie er gegen Acutia, die gewefene Gattin
des P. Vitellius anhängig machte, erwähnt Tacitus (Ann. VI, 47.), einer
Bertheidigungsrebe für Bolufenus Catulus Quintilian (Inst. X, 1, 24.).
10) Laelia, eine Beftalln, welche im I. 815, 62 (unter Nero) flarb,
worauf eine Cornelia aus der Familie der Coſſi an ihre Stelle gemäßlt
wurde (Tac. Ann. XV, 22.).
11) Laelius, ein Juriſt aus ver Zeit des Trojan und Sadrian (1.3.D.
° Wenn Drumann am a. D, vermuthet, der Mitentläger L. Balbus (Schol.
Bob. p. 228,) habe auch zu den Lällern gehört, da der Beiname in ber Familie
vorkommt (vgl. Nr, 8.), fo erinnern wir, baß ber Vorname Lucius fonft in ber
Famille fich nicht findet, und daß der Conſul Lalius Balbus wahrſcheinlich der Erſte
iſt, der den Beinamen trug, da er wenigſtens vom Vater and nicht auf ihn Aberging.
128 Laellus — Laentii
si pars hered. pet. 5, 4.) nad der gemöhnliden Annahme (z. B. des Hei-
neccius hist. jur. civ. 6. 265) iventifh mit dem Juriſten Laelius Felix,
aus defien Lib. I. ad Qu. Mucium Bragmente bei Gellius (N. Att. XV,
17.) erhalten find; vgl. jevoh Zimmern, Geſchichte des röm. Privatrehts
I, 1. ©. 330 f. [Hkh.
Laelius, 12) bei Sueton de illustr. Gramm. 2. einer der Brammatifer,
welche die Satiren des Lucilius bearbeiteten; nad einer Vermutbung von
Her (ſ. Meine Gef. d. röm. 2. 6. 381. not. 3.) wäre jein voller Name
Laelius Archelaus gewefen. [B.]
Laena, bei den Griechen yAcisa, dad flärkere, wollenreichere, manchmal
auf einer oder beiden Seiten zottige Winterhimation der Männer, Ariftoph. Av.
714. Vesp. 738. 1132. Ran. 1459. Heſych.: yAcira inatıor yeuspıror, .arö
zov yAaireıv 0 80rı Hegutireıv. Gbenſo Suid.: mayv xui yeıspıror iuamıor
Vgl. Euflath. ad II. III, 126, p. 393, 2. Pol. VII, 46. 57. Becker, Charikl.
1, ©. 332. Doch unterſcheidet Homer die amioidaz yAciraz (Il. XXIV, 230. )
von der dımdn (ib. X, 133f. Od. XIX, 225f.). Die entfprechende röm.
laena findet fi urfprünglih nur (purpurn) als rieftergewanb (Eic. Brut.
14. vgl. Serv. zu Virg. Aen. IV, 262.), ſicher berübergenommen aus
dem etrudf. Cultus (bei Feſtus s. v. wird dad Wort wirklich aus dem
Etrusokiſchen abgeleitet). Die von Dido gemobene purpurfarbene und gold»
durchwirkte laena des Aeneas bei Virg. Aen. IV, 262—264. und die des
Hasdrubal, die ein Geſchenk des Hiero iſt und ald Aeoliis gestatum insigne
tyrannis bezeichnet wird bei Gil. It. XV, A21—424, beweist Nies für
Gebrauch bei den Römern. Hier gehört er vielmehr erſt der Zeit ded Sit⸗
tenverfalld an als die Toga zu leicht und namentlich zu einfach erſchien.
Wie die lacerna, mit der fie im Wefentlichen identiſch ift (auch offen und
furz), trug man fie über der Toga im Winter, Mart. XIV, 136. (und im
Felde, Non. XIV, 26, nenn es bier nicht geradezu Verwechslung mit der
lac. ift), fogar bei Tifhe, Perf. I, 32. Mart. VI, 59, 9f. (wo «8 mit
pallium wechſelt) und in auffallenden Warben (hyacinthina, Ber. 1. 1.
coccina Juv. I, 283. vgl. Lacerna). Als Männerkleid bezeichnet fie Barro
L. L. IV, 30. [W.T.]
Laenas, Cognomen in der Popilia gens, f. d., nad Cic. Brut 14
jeit M. Popilius der fich als Flamen Carmentalis vom Opfer weg in friner
Purpurläna in die Bolföverfammlung begeben hatte. Auch bei -dver Octavia
und Vipsania gens, den Pontiani und Ulpiani findet fi} der Beiname. [W.T.]
Laenil (in manden Codd. Lenii), eine dem Ritterſtand angehörige,
zu Brundifium anfäßige Familie, von welder folgende Glieder genannt
werden: j
1) M. Laenius Flaccus, Gaſtfreund des Cicero, ver biejen ala
Berbannten auf dem Wege nah Griechenland (696 d. St., 58 v. Ehr.)
zu Brundiflum in feinen Gärten beherbergte, und troß des Clodianiſchen
Interdikts demfelben jeden Chu und jede Hilfe angeveihen ließ (vgl. pro
Planc. 41, 97. ad Fam. XIV, 4, 2.). Zur Zeit ver Statthalterſchaft Ci⸗
ceros in Gilicien (703 u. 704 d. St.) hielt er fih ald Negotiator in Lao—
dicea auf, wohin ihm Ciceros Freund Atticus, der in näheren Verbältnig
zu ihm flund, Briefe an jenen fandte (ad Att. V, 21, 4. vgl. 10. 20, 8.
VI, 1,6. 3, 5.). Auch als Freund des (A. Manlius) Torquatus wird er
genannt, von welchem er dem Gicero für eine Präfektur empfohlen wurde,
ohne daß diefer, der ven Grundſatz befolgte, Feinem Negotiator eine ſolche
Stelle in feiner Provinz zu übertragen, die Bitte gewährte (ad Att. V, 21,
10. VI, 1, 6. 3, 5.). Dagegen warb er aus Anlaß von Gefdhäften, die
er in der Provinz des P. Silius Nerva (Birhynien und Pontus) hatte,
dem Letzteren von Cicero angelegentlih empfohlen (ad Fam. XIN, 63., wo
Lneps — Iunestrygönes 729
in au) Stelle fälfälih C. Laenius ſteht, vgl. Orelli Onomast. Tullian.
334.).
P 2) M. Laenius Strabo, von Varro R. R. TI, 5, 8. und Plintus
H. N. X, 50. als Erfinder der Vogelhäufer genannt. Der Erſtere bezeichnet
ihn als feinen Baflfreund, ver Lehtere (bei welchem die Hanbfchriften fälſch⸗
ti Laelius haben) als röm. Ritter zu Brunbifium. [Hkh. ] |
Laepa (Acina, Ptol. 1, A, [mo jedoch Wilberg aus andern Codd.
Dura edirt hat], mit dem Zufag ueyadr, Mela II, 1, 5., vgl. Florez
Esp. Sagr. X, 45. XI, 36. 57.),. eine Stabt der Turdetaner in Hiſpania
Bätica, nörbl. von Hifpalis; jetzt Lepe bei Ayamonte. Auch bei Hirt. B.
Alex. 57. ift wohl ftatt Leptim und Leptum zu Iefen Laepam ober Laepem.
Bol. Ukert I, 1. ©. 339. [F. Ä
Kneros (Diela III, 1, 8.), ein Fluß in Galläcia (Hiſpania Tarracon.),
nördlich vom Minius, der fich bei Lambrica (j. el Padron) mit dem Ulla
vereinigt und dann in's Atlantiihe Meer fällt; jet Leriz over Ler. [F.]
Laßrtes (Aaspınz, Strab. XIV, p. 669.), ein Kaftell auf einem Hügel
mit gutem Anferplage an der Küfle von Cilicia Aspera, etwas weſtlich von
Selinus. Ptolem. V, 5. nennt dagegen einen Ort Laerte (Aadprn) im
innern Lande. [F.]
Laßrtes, ae, Aatorns, ov, ©. bed Arkeflus und ber Chalkome⸗
pufa, Gemahl der Antiflia, mit der er den Odyſſeus ( Aaeotıxöng) u. die Ktimene
zeugte. Som. Od. IV, 755. XVI, 118. XI, 85. XV, 362. @uftath. p. 1796.
36. Nah Andern war nit er, fondern Siſyphus eigentliher Buter des
Odyſſeus, Hygin. f. 201. (f. die Schol. und Erkl. zu Soph. Phil. 417.).
Er war einer der Kalydonifhen Jäger und der Argonauten, Apollod. I, 9,
16. Hyg. 173. In feiner Jugend hatte er Nericum, eine Gephallenifche
Küftenftapt erobert, Od. XXIV, 376. Zur Seit, da fein Sohn von Troja
zurüdfehrte, lebte Xaerted auf dem Lande, beſchäftigte fih da mit dem
Garten⸗ und Weinbau, und eine alte Sclavin bediente ihn, Od. I, 189.
Doch feit der Abreife des Telemach gab er vor Kummer auch dieſe Beichäf-
tigung auf, XVI, 138. Nah Ermordung der Freier befuchte ihn Odyſſeus,
führte ihn in's Haus zurüd, und Athene verjüngte ihn, XXIV, 204—870,
fo daß er felbfl noch gegen die anrüdenven Ithacenfer kämpfte, ibid. 497. [Mzr.]
Lnesae maiestatis crimen, f. Maiestas.
Laestrygömes (Auıorovyores), ein mehr der Mythe, als ver Ge-
ſchichte angehörended, rohes und Menſchen freſſendes Bolt bei Homer Od.
x 82-86. 111—116. 120., vgl. Gel. XV, 21. Pauf. VIII, 29, 2. X,
22,7. ®lin. II, 5, 9. VO, 2, 2. Juv. XV, 18., welches am wahr⸗
ſcheinlichſten an der Norbweftfpige der Infel Sicilien, in der Nähe ter
Irrfelſen, zu fuchen if. (Dal. Völker's Hom. Geogr. S. 115ff.) König
Derfelben ift Antiphates und Lamus, f. d. Auch die fpäteren Briechen ſuch⸗
ten es auf dieſer Infel, jedoch an der Oftküfte unterhalb des Aetna in den
fruchtbaren Gefilden der Stabt Leontini (Thuc. VI, 2. Strab. I, p. 20. 22.
40. Bolyb. Excerpt. p. 22. Tzetz. ad Lycophr. 662. 956. Steph. By;. v.
Acsore.), die daher au) Laestrygonii Campi genannt wurden (Pin. III,
8, 14. vgl. Bolyb. VIN, 11, 13. Siltus XIV, 126.), die Römer aber,
befonders die röm. Dichter (die nun einmal das Cirtejiſche Borges. für Ho⸗
mer's Infel der Circe hielten), verfeßten fie an die fünlicäfte Küfte von La⸗
tium in dad Geflld von Formiä (Hor. Od. III, 16, 34. vgl. I, 20. extr.
17, 1. 6. Ovid. Met. XIV, 233. 237. Ibis 390. Tibull. IV, 1, 99. Stlius
VII. 276. [vgl. Liv. XXI, 16.] 410. Eic. ad Att. II, 13. Plin. IN, 5,
9., der jedoch durch ein vorfihtig Hinzugefügtes ut existimaverunt dieſe An-
nahme als eine blofe Hypotheie bezeichnet, Solin. c. 2. u. A.); weßhalb
zzeuere Gelehrte fogar eine Auswanderung ber Läflrygonen un Sxilien nad
EV.
780 Laet — Laeterli
Italien angenommen baben (vgl. z.B. Riceii Diss. Homer. p. 418 ff., bei.
wohl weil fie Gell. XV, 21. (vol. auch Schol. Hom. Od. 1. 1.) Söhne vet
Neptun nennt, was man durch „über das Meer berüber Gekommene“ erflän:
(vgl. Klopfer Mythol. Wörterb. II, ©. 128.). Dit welchem Rechte übri:
gend Zeune (Erdanfichten ©. 8.) die Cyklopen an die nörbliche Küfle Libyene
und daher die Läſtrygonen an das ihr gegenüber liegende Geſtade Europa’s.
alfo etwa an die Süpfüfte Galliens verfegt, läßt ſich ſchwer ergründen. [F.|
.. aeti, Astoi, &örog yalazınov, Soſ. I, 54. (mo He aber in Begen-
fat zu Bapßepoı geiegt find: EAnoy ur yeros ano Papßegwr, uetoınnae;
d2 eis Astoug €. y.) und Ammian. Marc. XX, 8, 13.: praebebo — adoles-
centes Laetos qvosdam, cis Rhenum editam barbarorum progeniem vel
certe ex dediticiis qvi ad nostra desciscunt. Alſo romanifirte, in roͤm. Dienft
übergetretene Germanen vom Tinten Rheinufer. Als römiſche Heeretabthei⸗
Yung erfcheinen fie Amm. M. XXI, 13, 16. u. XVI, 11, 4. (Laeti barbari
ad tempestiva furta sollertes weil fte ſich felbft ranzioniren); Cod. Theod.
VII, 20, 10. si qvis praefectus fuerit aut fabricae aut classi aut Laetis ; vgl. 1.
12. de veteranis. Nah Eum. Paneg. Const. c. 21. erhielt Laetus postlimi-
nio restitutus (und receptus in leges Francus) dur‘ Marimian Nerviorum
et Trevirorum arva iacentia zum Anbau. Daher beißen fle in der Noltit.
Imp. Rom. gerabezu Lzeti Nerv. Der Name Laeti wurbe ihnen wohl von
den Römern geichaffen, wie e3 eine Petulantes benannte Legion gab; aus
diefer zufammenfafienden Bezeihnung folgt aber nicht nothiwendig, daß fir
urfprünglich aufammengehörten. Vgl. au Lagium. [W.T.]
Lastii. (in den Handſchriften, gegen das Zeugniß der Münzen, meill
Letil.), ein plebejifches Geſchlecht, von weldem nur folgende Glieder be-
fannt finv:
1) Laetilius, von Cicero (Verr. Accus. Il, 26, 64. 56, 138.) als
tabellarius des Verres genannt, ben biefer mit einer vertrauten Senbun
an feinen Nachfolger Metelus (Bd. II, ©. 35.) nah Sicilien aborbnete.
2) C. Laetilius Apalus, auf zwei Münzen ald Ilvir Quinquen-
nalis zugleich mit den Königen Juba (dem Jüngern) und deſſen Sohn Bio:
lemäus genannt, |. Sabercamp ad Thes. Morell. p. 236 f., der die Münze
dem africanifchen Carthago zufchreibt, u. vgl. Eckhel Doctr. Numm. Vett. IV.
p. 160., der nur von einer Münze weiß, und an Garthago Nova (I. 1. vgl.
p. 158.) oder an Gades (p. 158. V, p. 232.) denkt. [Hkh.]
Laetitia, römifche ‘Perfonification der Freude, auf einigen Münzen,
ein lächelndes Mädchen mit einem Krang, einer Opferfchale zum Dank für
empfangene Freuden und einem Gteuerruber, um die Mäßigung in der
Freunde auszudrücken. Raſche lex. II, 2, 1432. [Mzr.]
Lsetorl (in manden codd. Lectorii, öfter aber auch verwecqhſelt
mit ben Plaetorii, wie namentlich die lex Plaetoria. häufig Laetoria genannı
if, vol. den Index Legum von Baiter, im Onomast. Tull. T. II, p. 231.),
ein plebejiſches Geſchlecht, von welchem folgende Glieder bekannt de:
1) M. Laetorius, centurio primi pili, welder im 3. 259 d.
&t., 495 v. Chr. zur Beldimpfung der Gonfuln „Appius Claudius und P.
Servilius, den Auftrag erhielt, den Tempel Merkurs einzuweihen (Liv. M, 27.
Pal. Mar. IX, 3, 6.).
2) C. Laetorius, Doltätribun 283 d. St. (471 v. Chr.), der ven
fon im vorigen Jahre von feinem Umtögenofien Bolero PBubliliuß einge-
brachten Geſehesantrag (nah Niebuhr R. ©. Br. U, ©. 246. wären es
neue Rogationen geweſen, melde jedoch glei der früheren auf Erweiterung
der Befugniffe der Tributcomitien gingen) durch die Kühnheit, mit welcher
ex dem Conſul Appius Claudius (Bd. H, ©. 403, 2.) entgegentrat, burchiegte,
Liv. I, S6f. Dioayf. IX, 46—48.).
Lustnts — Laerinus 31
3) M. Laetorius Mergus (bei Dionyf. u. Suid. Cajas), Kriegt-
tribun im dritten Sanmiterkriege (Ad6—46& d. St., 233-290 v. Ehr.),
welcher vom Voltstribunm Gominius (ſ. Bd. IE, &. 928, 2.) wegen Unzucht
angeflagt, fi zuerſt durch die Sucht dem Lirtbeile pi entziehen ſuchte und
ſodann fih den Top gab, wodurch jedoch das Volk lim Gerichte der Tribute
comitien, vgl. den Art. Judicie, S. 395. Nr. 6.) fih nicht abhalten He,
die Berurißeilung des Angeklagten auszuſprechen (Val. Bar. VI, 1, 11.,
' vgl. Dionyf. Exo. Vales. ed. Mai, Mediol. 1816. p. 88f. u. Exc. Mai., in
' Secriptt. vett. N. Eoll., Rom. 1827. p. 500f. Suld. v. Taios Ausrepios).
| 4) M. Laetorius M. f.M.n. Plancianus, Mag. Ent. ded Dic-
tatord Du. Ogulnius Gallus 497, 257. (Fast. cap.).
5) C. Eaetorius, ceurulifcher Aedile mit Tiber. Sempronius Gracchus
im 9. 538, 216 (iv. XXIH, 30. vgl. .25.), warb im I. 542 (212) nad
den Nieverlagen, welche der Centurio M. Gentenius (Br H, S. 258.) und
. der Bräter En. Fulvius Flaccus (Bd. IH, ©. 531, 2) durch Hannibal
erlitten, vom Senats als Abgeorbneter an bie Conſukn App. Claudiuds und
Du. Fulvius Flaccus geſandt (Liv. XXV, 22.), bekleidete im I. 544 (210) die
Prätur mit dem Boften in Ariminum (Liv. XXVI, 23. XXVII, 7.) und ward
im folgenden Jabr zum Zehner des Götterdienſtes ernannt (Liv. XXVII, 8).
| 6) LE. Laetorius, : plebellfäfer Aedile mit VB. Aelius Tubero 552
(202), mußte mit feinem Amtögenoffen, weil bei der Wahl ein Fehler vor⸗
; gefallen, das Amt wieder nieverlegen,, nachdem fie ſchon bie Spiele und aus
Veranlaſſung der Spiele’ den Jupitersſchmaus gegeben unb 8 Etandbilder,
ı aus Strafgeld verfertigt, im Capitolium aufgeſtellt Hutten (Kin. XXX, 39).
| 7) Cn. Laetorius, Vinterfeloherr des Brätord 2. Fulvins Purpureo
554 (200) in ver Schlacht gegen die Ballier (Kiv. XXXI, 21. vgl. Fur.,
Br. IH, 6. 57.). | ' Ä
8) Laetorius, Freund des K. Grachud, der in dem letzten ver-
hãngnißvollen Kampfe für dieſen fich opferte, indem er, ein zweiter Soratiuß
Cocles, am Eingange ver ſubliciſchen Brüde die verfolgennen Feinde ab⸗
. hielt, und enblich von ber Waffe der Feinde gebrängt, das Schwert gegen
fi ſelbſt Lehrte und in ven Tiber Hinabfprang (Val. Mar. IV, 7, 2. vgl.
Plut. Gracch. 16. 17., wo Amivvioçg genannt if). u.
9) M. Laetorius, Genoſſe des G. Marius und Einer von: denjenigen,
: welche im I. 666 d. St. (83 v. Chr.) mit ihm entflohen und mit ihm ge⸗
üchtet wurden, App. b. c. I, 60. vgl. 62. (Bel. Dreftus V, 21. it ohne Zweifel
an der Stelle von P. Laetorius ber Name Plaetorius zu deim, vol.
Dal. Mar. IX, 2, 1.).
10) ©. Laetorius, ein junger Mann ,,‚von patritiſchem Geſchlechte⸗*,
der Bei der Bitte um Milderung der Strafe wegen Chebruchs unter Anderem
anführte, daß er der Bigenthümer und glekhfam Tempelhäter des Bodens
ſei, melden ber göttliche Auguſt bei feiner Geburt zuerft berührt habe (vgl.
Sueton Aug. 9.). [Hkh.]
| Laetus f. Commodus, Bd. II, S. 365. und Pertinas. .
kLaevi (Liv. V, 35.; Sei Volyb. Il, 17. inrthümliih Auoı) oder Levi
+ (Pin. UI, 17, 21.), eine alte liguriſche Volkerſchaft in Gallia Transpadana
am Ticinus, die mit den Marict vereinigt bie Stadt Ticinum baute, aljo
in der Gegend des heut. Pavia. Sie verlieren ſich fpäter unter den Ichfubred.
(Vol. Zeuß Die Deutſchen se. &. 169.) [F.}
; Laevimus, ſ. Valeria gens. °
® Daß dat Geſchlecht Iriw aipabrici ſches geweſen, bemeißt der Welkätzitun (Mr. 2,)-
782 Laeviss — Lagaria
Laevius, rom. Dichter, in den Handſchriften regelmäßig mit Livius,
Laelius, Naevius, Novius verwechfelt, wodurch die LUinterfuchungen über ihn
fihwierig werben. Dod hat Weichert (Poett. latt. p. 31—-36) zu ziemlicher
Bewißheit erhoben, daß 2. vor 640 geboren, fomit etwas Alter als Gicero,
Lucretius und Catull if. Wenigftend erwähnt sine Stelle des 2. bei Gell.
N. A. II, 24. vie 657 gegebene lex Licinia ald etwas Neues und ib. XIX,
9, wird er vor Hortenflus, Cinna und Memmius genannt; bei Aufon.
Idyll. XIII. (cento nupt.) g. €. heißt er antigvissimus poeta, und der Bebius
. ber Sol. zu Hor. Od. IH, 1, 2., welcher Lyrica ante Horatium scripsit,
ift ohne Zweifel Lävius. Da fih 8. als Dichter nicht über den Mittelichlag
erhob, fo iſt über feine Lebensverhältnifie nichts Weiteres auf und gekommen.
Die Brgenftände von 88. Gedichten waren ſämmilich heiterer, leichter Art,
worauf fhon der Titel Epwroraiyua führt, da alle name mebr ober
weniger laſsciv waren (Weichert p. 88f.). Wenigftens eniſchuldigt Aufon.
1. 1. feine Zasetoität u. U. mit WS Beifpiel (qvid ant. p. Laevii Erotopaeg-
niön libros loqvar?) und Geh. XIX, 9. führt fie unter den anakreontifchen Ge⸗
dichten auf, nennt fie aber implicata. Das Werk mar vorzugsweiſe in iambiſchen
Dimetern verfaßt und in mehrere Büder eingetheilt (das fechäte erwähnt von
Priscian. X, p. 903 K. Chariſ. I, p. 183 P.), in melden wohl eine
Anzahl Eleinerer erotifher Gedichte zufammengeftellt war wie z. B. bei Gatull
(Weichert p. 40.). Die Titel Laevii Adonis, Alcestis, Andromache, Ino,
Protesilaodamia hält Weichert (p. 40, vgl. 57) nicht für Tragöbien oder
Komddien, fondern für Weberfhriften von einzelnen Büdern oder Stüden
der Erotopaegnia. Cine Aufzählung und Bearbeitung der Fragmente gibt
Weichert p. 43-85 (88), wovon 7 fider, 21 andere mit mehr over weniger
Gewißheit oder Wahrfcheinlichkeit dem 2. zugeichijeben werden. [W.T.]
Lafrenius ſ. Afranius, ‘Bd. I, ©. 216, 8. u. Marsicum bellum.
Laganis (Aayavia, Conc. Chalced. p. 662. u. Tab. Peut., Laga-
neos im Itin. Anton. p. 142. u. verſchrieben Agannia im Itin. Hieros.
p. 574.), unftteitig auch das Aaravsiz des Ptol. V, 1. u. das Peyavayalia
des Hierocl. 697., ein Flecken der Xectofager in Galatien, 24 Mil.
oͤſtlich von Jultopolis, wahrſcheinlich an der Stelle des Heut. Beg Bajar,
etwas nörbl. vom Fluſſe Kirmir. IF. ]
, Laganiei (Aayarnoi, Biol. IV, A. vulgo ra anni zor Ascavixwr),
eine Voͤlkerſchaft im Innern von Cyrenaica, die in einem höhlenreihen Lande
fünlih von den Marä und weftlih von ber Piylli wohnte. [F.]
wm, Adyaror, ein Gebäck aus feinem Mehl und Del, Pfann⸗
kuchen, ſ. Heſych. s. v. (eldog mAnxovrrapıiov os nvpwön, ano oemödisus
en eAaln zıyasılousror). Rah Schol. zu Hor. Sat. I, 6, 115 find es
placentulae qvaedam vulgares, qvasi membranulae compositae (gebadene
Häutchen!), qvae cum pipere et liqvamine conditae depromi solebant ad
coenam moderatam et parabilem. Letzteres gebt aus Hor. I. 1. hervor.
Athen. III, 110. A. nennt es sAunppor nal arpopor, Hoch immer noch fub-
ftantieller ala die anavrdpanis. Wegen jener Eigenfchaft empfichlt es Gelj.
VIII, 7. extr. für Kinnbackenkranke. Außerdem vgl. Apic. IV, 2, Athen.
XIV, 647. E. 648. A. 656. F. Gin tünftliheres Backwerk it artolaganus,
wozu bad Mecept gibt Athen. IH, p. 118. D.: eis zo nadovusror a. eußer-
Astaı civapıov OAlyor xal nenepı yala Te xal Eimıor OAiyor N Oreap.
Dim. XVII, 11, 17. rechnet dieß zu ben panes a delichs und auch Gic.
ad Fam. IX, 20. zu den Ledereien. [W.T.]
Lagarlia (Acyapie, Steab. VI, p. 263. Steph. Byz., bei Lycophr.
930. Aayyapia), Kaftel und Flecken Lucaniens, nordöſtl. von Thurii, ber
Sage nah von Phoeenſern unter Cpeus gegründet, — und durch feinen
von ben erstem befonders empfohlenen Wein (Lagarina vina) berühmt
wUTTEY TUT ZTETRERW TUE EP
mn ı- x w
Lageciam — Lagisch 733
(Strabo a. a.D. u. Blin. XIV, 6, 8.); wahrſch. in der Gegend des heut.
Nocca Imperiale in der Provinz Baflficata (nah Andern Lauria oder
Nucara). [F.]
Lageciam (It. Anton. p. 487., ebenbafelbft aber p. 475. Legeo-
lium), eine Stadt der Brigantes im römiſchen Britannien, an ber Straße
von Eburacum nad Londinium, 21 Mill. ſüdoͤſtlich von erfierer und 16 DIN.
nörblih von Danum; wahrſcheinlich das Heutige Caſtleford am Zuſammen⸗
fluffe des Ealder und Aire, wo ſich no alte römifhe Mauern finden. [F.]
Lagöns (auf) laguna), Axynvog, Adyvrog (gew. ö, vgl. aber Athen.
XI, p. 499. B. C. D.), Aayvnor (ib. E.), Gefäß, beſonders die Flaſche, in
welde der Wein aus den Fäſſern abgezogen wird, diffunditur, Colum. XII,
12, 2. xazaoraurileros, Athen. ib. C., von oraurog (f. v. a. Auyusog und
neraoos, ib. E.), die man dann Hei Tiſche aufſtellt (vgl. ib. C. Auyvros
Kar’ avöpe neiueros) und daraus in die Becher einfchenkt, vgl. ib. C. D.
x, p. 422. C. D. Colum. X, 387. Hor. Sat. II, 8, 41. Sif. Betron. Sat.
22. Juv. V, 29. VII, 121. VII, 162. XIV, 271. Martial. XI, 92.
Quintil. VI, 3. Appulef. Met. II, p. 125.. Ihre beiden Theile find collum
(Blin. XXVII, 11, 48) und venter (Iuv. XII, 60.). Der Hals war ber
Becher wegen eng (App. 1. 1. lagena orificio cessim dehiscente patescens,
facilis hauritu; vgl. Phäbr. Fab. I, 26, 8S—10.). Sie wurde ausgepicht
(Solum. XI, 11, 1. 38. extr. Rhianus 6. Ath. D. gypsatae, Col. XII,
12, 2.), verſchloſſen und verfiegelt, Hor. Ep. II, 2, 134. Mart. IX, 88, .
7.; gute Hausfrauen verflegelten auch die leeren Krüge, Cic. ad Fam. XVI,
26., Geizige auch ſchlechten Wein, Berf. VI, 17. Unter den Zaiferl. Hof⸗
dienen war ein a lagena, der die Flaſchen füllte und dem a potione eins
ſchenkte, der dem Kaiſer und feinen Bäften die Becher vorfeßte, vgl. bie
Infor. bei Gruter. 578, 1. Angebundene lagenae dienten als Wirthefchiln,
Martial. VII, 61, 5. Uber auch andere Slüjfigfeiten wurden in ſolchen
Flaſchen aufbewahrt, fo bei Mart. XIV, 116 lag. nivaria (enthaltend decoctae
nobile frigus aqvae); aqva mulsa decocta, Colum. XII, 11.; fogar au
QDuitten (Cydonia), wozu dann freilich lagena patentissimi oris nöthlg war,
Golum. XU, 45, 2. Meift waren fie aus Thon, fictiles, daher Martial.
VI, 89,3. (vgl. v. 4.) testa; aber auch aus Glas, Mart. IV, 46, 9., vgl.
Blin. AXXVI, 26, 65., und auf dem Lande hatte man auch geflochtene,
ib. XVI, 31, 56. Bei den Römern war die lag. von verſchiedenem Umfang,
vgl. Perf. IT, 92. modice sitiente lag. und laguncula bei Plin. Ep. II,
6. Golum. XII, 88.; bei den Griechen bezeichnete es, che es allgemeinere
Bedeutung erbielt, ein beflimmies Maß, xorvias ’Arunas dadera« (Athen.
1. 1. B.), alfo f. v. a. goüg ober '),,. neronen. [W.T.]
Lagenophoria, Acyvropopiaz, Feſt in Alerandria zu Ghren des
Dionyſos, von Ptolemäus gegründet. Es war dabei ein Aufzug mit HrAdos,
"verbunden mit einem Mahle, wozu ein Jeder vie Erforderniſſe felbft mit-
T |
braßte, Athen. VII, p. 276. A. B. [W.T.
Lagia unter ben Namen von Delos aufgeführt von Plin. IV, 12,
$. 66. [W.T.] |
Lagina (ra Aayıra, Strab. XIV. p. 660.), ein zum Gebiet von
Stratonicea gehöriger Flecken Cariens an ber Straße von Rhodus nad dem
Mäander, 250 Stad. fünl. von Alabanda und 850 Stab. nördl. von Phyecuß,
merfwärbig wegen eines berühmten Tempels der Hekate, bei welchem jühr«
lich große Volkofeſte gehalten wurben. Noch jegt liegt Hier, unfern ber
Duellen des Tſhina, das Dorf Lakena. Bol. Pococke IH, ©. 97. Chandler
e. 60. ©. 287. Xeafe p. 235. [F.]
Kngises, korinthiſche Hetäre zur Zeit der Lais (Athen. XIII, 570 E.),
gab aber noch bei guter Zeit dad Handwerk auf (ib. 586. EB. 592 E.).
734 Kaglem — Läls
Iſokrates lebte in vorgerädten Alter mit ihre im Goncubmat und file gebar
ihm eine Tochter, ib. 592 D. [W.T.]
Lagium, nad ber Not. Imp. (mo ein Praefectus Laetorum Lagen-
sium prope Tungros erſcheint) eine Stadt der Aduatici in Gallia Belgica,
das heut. Luaige bei Tongern. Vgl. Waft Deser. de la G. Belg. p. 180.
Millin Mag. Encycl. VI, 4. p. 59. und Ufert IE, 2. ©. 543. [F.]
Lagni (Aayri, Diob. Sic. Exe. T. II, p. 596. over X. p. 89. Bip.),
eine Stadt in Hifpania Tarrac. in der Nähe von Numantla, die fonft nir⸗
gends erwähnt wird. [R.]
Lagnus Sinus, ein nur von Plin. IV, 13, 27. neben dem Cyli-
penus Sinus (ſ. diefen) genannter Meerb. an der Norpküfte Germaniens,
der Die Wohnflge der Cimbern berührt. Man Hält ihn gewöhnli für das
heut. Kattegat, zu welcher Annahme jedoch bloß vie Erwähnung der Gim-
bern einigen Grund gibt. (Vgl. Dannert IH, ©. 315. Ukert II, 1. ©. 96.) [F. ]
Lagnutum (Acysovror, Ptol. IV, 2.), Stadt auf der Küfe von -
Mauritania Caesariensis, weſtlich vom Prom. Apollinis und oͤſtlich von
Garcoma. . [F.] |
Lagon, von Brutus geliebter fhöner Knabe, Martial. IX, 51. XIV,
171.5 häufiger Gegenſtand Fünftlerifcher Darftellung, Mart. XIV, 171. Plin.
XXXIV, 8 {W.T.]
Lagöras aus Kreta, im Krieg des Ptolemäus gegen Antiochus thätig,
Polyb. V, 61, 9., beſonders bei der ‚Eroberung von Sarbes, ib. VII,
15—18. [W.T.]
Lagos, Stadt in Großphrygien, Liv. XXXVIII, 15. [W.T.]
Lagus 1) Vater des Piolemäus I. f. d. 2) ein Sohn des Ptole⸗
mäus I. von der Thais, Bruder des Leontiscus und der Irene, Gemahlin
bes Eunoſtus, Zürften von Soli in Eypern. Athen. XII, 37. p. 976. [K.]
Lagüsa (7 Acdyovoa, Stadiasm. mar. magni $. 226. 27. Plin. V,
31, 35.), eine zu Lycien gehörige Infel im Sinus Telmissicus, 5 Stab. von
Telmiſſus und 80 St. von Ciſſidä entfernt; wahrfegeinlich das heut. Panagia
di Cordialiſſa. [F.]
Lagussae (Plin. V, 31, 38.), ein paar kleine Infoln des Aegaͤiſchen
Meere an der Küfte von Troas, nördlich von Tenedus, jeht Taochan
Adaſfi. [F.]
Aayvvog, f. Lagena.
Lagyra (Acyboce, Btol. II, 6. vgl. Bin. IV, 12), Stadt der
Chersonesus Taurica (Krim) etwas fühweftlid von Charax, zwifchen ben
Vorgeb. Kriumetopon und Koraz nah Mannert IV, ©. 302. dvas heut.
Dorf Iakta, nah Andern bie Meine Stadt Belbeck. [F.]
Lai, f. Laevi.
Läis (Acis), Laidis, Setärenname. Die Quellen (außer Athen. XIH,
p. 974. E.) unterſcheiden nicht unter ben Hetären dieſes Ramens unb tragen
Anekdoten von unbefannteren Setären auf diefe über, wodurch enblofe chrono⸗
logiſche Verwirrungen entftanden. find. Vgl. Bayle dictionnaire s. v. Aum.
N. @öller de orig. Syr. p. 151—153. Jacobs Verm. Schrr. IV, ©. 398 f.
414 f. Wir unterſcheiden (mit Jacobs):
1) Die ältere, zur Zeit des pelopomeſ. Kriegs lebende, aus Korinth
gebürtige (Stepb. Byz. Koaoros, Athen. XIII. 589. A. Göller p. 167.),
die ſchoͤnſte ihrer Zeitgenoffen (Ath. 587. D. 79 öwer) unter ben Hetären
(Pauf. II, 2, 3.); befonverd wurde ihre Bruft von den Künſtlern bewundert
(Ath. 588. E.). In ihrer Jugend Und Tor orasnomr 77 anıyowusen
(ib. 570. C. vgl. 588. C. spaorai noAvralarroı), trieb fle ihr Geſchäft auf
vernehmen Buße, mar wähleriih (ſchwer zugänglig wie Bharnabazus,
Läe . 35
Athen. 570. C.), theuer (f. Ael. V. H. XII, 5. XIV, 35., indefien noome
Aoyavaı To) xvri ovyaväliseon, Ath. XII, 588. E.), und ihre Berehrer muß»
ten fi viel von ihr gefallen lafien (ib. 585. D. 588. E.). Linter ihren
Verehrern iſt beſonders befannt Ariflippus (Athen. XII, 544. B. D. XIII, 588.
E. E. 599. B.; er richtete auch Schriften an fie, f. Diog. L. II, 84 f.),
obwohl fie ihn nicht liebte (,,D5 ich dem Fiſch ſchmecke oder nit — wenn
nur der Fiſch mir ſchmeckt““, Plut. T. II, p. 750. D.) und er auf in ihren
Banden frei blieb (yoo ovn Exouas, Diog. 8. II, 175. Ath. XII, 544. E.
Gic. ad Fam. IX, 26, 6. 2actant. Inst. III, 15.). -In den Kyrenäer Cu⸗
batas (Ifer und Ael. V. H.X, 2.) oder Evßwzas (Bauf. VI, 8, 3.) oder
Evßoras (Ken. Hist. I, 2, 1.; dagegen Clem. Aler. Strom. II, p. 447. C.
nennt ihn Ariftoteles) der DI. 93. Olympionike war (Died. XII, 68. und
oben Bd. III, S. 251.) verliebte fie fih und bot ihm ihre Hand an; er nahm
fie nach feinem Siege feinem Verſprechen gemäß zwar mit ſich — aber nur
im Borträte (Ael. u. Elem. 1.1). Im Alter wurbe fie wohlfeil (dsyeza:
zei ararjiva ai zerwBoAor, Athen. 570. D.), zahm und zugänglid für
Jedermann und eine Trinkerin, |. Athen. XII, 570. B—D. aus der Anti»
lais des Epikrates. Nah Claudianus in Eutrop. I, 90-97. Iegte fie fi
auf dad Gewerbe der lena ald ed mit dem ber Hetäre nit mehr ging. Doc
ftarb fie nach einer Tradition in der Mebung ihres alten Handwerks (Birovusım,
Ah. 587. E.) während Andere fie (mie Anakreon und Sophofles) an einem
Dlivenkern erfliden lafſen (Btol. Hephäſt. bei Phot. Bibl. cod. 190. p. 146,
23. Bekk.), jedenfalls in Korinth, wo fie auch ein Denkmal (eine Loͤwin
die einen Widder zerriß — wohl ein Symbol ihrer Habfucht) im Kranion
hatte (Pauf. II, 2, A. Athen. XIII, 589. C.), nah Tatian, der es miß-
billigt, von einem Künftler Namens Turnus verfertigt. Anekdoten von ihr
waren im Gurs, fo ein ſcherzͤhaftes Geſpräch mit Euripides, Ath. 582. C. D.,
vgl. Bayle Anm. S. Jacobs S. 427f., dad Begegniß mit dem verliebten
Greiſen Diyron, Aufon. Epigr. 17. Lais Ihren Spiegel der Aphrodite zum
Weihgeſchenk machend, mar ein häufiger Segenfland von Epigrammen, 1.
Brund Anal, I, p. 170, 7. DO, p. 494, 5. (Anthol. Pal. VI, 1. 19.).
Aufon. Epier. 55. Ihre Berühmtheit (zwei Meere fixitten fih um ihren
Befig, Plut. T. II, p. 767. F. in Bezug auf bie Lage von Korinth) ale
Sebieterin über ganz Hellas wird gefeiert Brunck Anal. I, p. 170, 7. v.
1f. II, p. 284, 628. (Anthol. Pal. Tom. I, p. 141. II, p. 865.). Propert.
H, 6, 1f. In Korinth war fie no zu Pauſanias Zelt nicht vergeffen (H,
2, 5.) und ein Sprichwort fagte: ov Kopundog ovrs Aaig (Athen. IV, p.
137. D.), woran mit ihren Theil haben mag
2) die jüngere, die Tochter der Timandra (Ath. XIII, 574. E. vgl. mit
AU, 535. C. Blut. Alcib. 39.). Zimandra (fcherzhaft Damafandra genannt,
Athen. 574 E.; beim Schol. zu Ariſtoph. Plut. 179. beißt Nie Epimanbra),
die treue Gefährtin des Alkibiades (Plut. 1. 1. Ath. 574 E.; nah Schol.
zu Ariſtoph. 1. 1. Hatte fie der Tyrann Dionyflus dem Ditbyrambograpben
Vhiloxenus gefchenkt), war aus Hyffara in Sicilien gebürtig (Plut. ib.).
Hier hatte He noch die Laid geboren; menigftend wird Hyffara Beburtdort ber
Lais genannt von Plut. Nic. 15. Pauf. I, 2, 5. Athen. XIH, 588. B. F.
589. A. Steph. Byz. Mtx., wiewohl biefer s. v. Koaoros und Evrapruia
auch dieſe Städte in gleicher Beziehung aufführt. Als fiebenjähriges Mädchen
(Schol. zu Ariſt. 1. 1.) wurde fie nah Korinth gebracht (Plut. und Pauſ.
1. 1. vgl. Athen. 589. B. 7» zeuraoes "Eros — ihr Vater war alſo unbe»
fannt —, Yoewer d& Kogırdog) und zwar nad der Sage nachdem fie bei
ber Expedition des Nikiad in Sieilien (O1. 91, 2) in Gefangenſchaft ge-
tathen und von einem Korinthier gekauft war (ib., bei. Schol. I. I. wrr-
Onraı vo Kopirdiov vos nai neupdirvaı Sogov Ti yuramı eis. Kogiröor).
736 Latsch
Indefien ſtellt Jacobs (S. 400 f. vgl. S. 418.) die Vermuthung auf, „Daß
die Sage von der Erbeutung der Laid zu Hyffara, Die uns in mandfaltige
Schwierigkeiten verwidelt, eine auf einem Irrihum berubende Erfindung ſey.
Plutarch ſelbſt gibt fle für ein bloſes Gerücht aus, welches gar wohl aus
dem Umflande entfprungen ſeyn kann, daß man bie Ältere Lais, die Korin⸗
thterin, mit der jüngeren verwechſelte, deren Abkunft aus Hykkara nit be⸗
weifelt wurde.” Von ihr, nicht aber von der ältern (f. Bayle Anm. M.
acobs S. 419f.) Tann es wahr feyn, daß der Maler Apelles «8 mar,
ver zuerfi in Korinth auf ihre Schönhelt aufmerffam wurde und fle zur
Setäre heranbildete (Athen. XIII, p. 588. C. D. vgl. Alciphr. Epist. Tom.
II, p 222. Wagn.). Ebenſo kann nur diefe Lais (wenn der Name nicht typiſch
gebraucht ift, mie 3. B. von Ariflänetus und Paulus Silent. in Brund’s
Anal. III, p. 84, 41. Anthol. Pal. VI, 71.) es geweien feyn, welcher De-
mofthenes nachreiste, Aber fie zu theuer fand (ovVx arovum doayuar ur-
eior usreusieıor, Gel. N. A. I, 8. Schol. zu Ariſtoph. Plut. 149. vgl.
Athen. XIII, 588. C.), ſ. Palmerius Exercitatt. p. 368. Bayle Anm. N.
Jacobs ©. 429f. Ste war eine Zeitgenoffin der Phryne, und um vieler
in der Anzahl ver Liebhaber nicht nachzuſtehen, nahm fle Arme wie Reiche
an (Athen. 588. E., vgl. Sacob8 S. 407); auch erzählt der Schol. zu Hor. Sat.
HU, 3, 254. irrthümlich von ihr die Begegnung mit Xenokrates, melde viel-
mehr bei ihrer berühmteren Rivalin Statt fand (Diog. 8. IV, 7. Val. Dar.
IV, 3, 3. vgl. Phryne). Na Pfut. Tom. II, p. 767. E. verliebte fle fi in
den Iheflalier Hippolochus (Bauf. II, 2, 5. nennt ihn Hippoſtratus, Schol.
zu Ariſt. Plut. 179. Curylochus oder Ariftonikus, Athen. 589. A. Paufanias),
verließ indgeheim ihre Verehrer in Korinth und lebte in Thefſalien als Frau
mit ihm (na Schol. 1. 1. hatte er fie mit andern Theffaliern zu tbeilen).
Aus Neid und Eiferfucht über ihre Schönhelt Iodten aber die dortigen Weiber
fie in das Heiligthum der Aphrobite, fteinigten fle zu Tode und verflümmel-
ten fie (Plut.; nah Athen. 589. B. mwurbe fie mit hölzernen Bußbänfen
erfhlagen, rais EvAsaıs yeAaraıs, |. Schol. Ariſtoph. 1. 1. Euld. yeaarn).
Nah Schol. z. Ariſt. 1. 1. brach deßwegen eine Peſt aus, die erft aufbörte
ald man der Aphropite Anofla (die Entweihte) einen Tempel erriätete (vgl.
Put. Athen. Suid. 1. J. Helladius in Phot. Bibl. cod. 279, p. 933.).
Ihr Grab war am Peneus (Pauf. II, 2, 5.) und trug eine Inſchrift (er-
halten bei Athen. 589. B.), melde über ihre Tovedart Nichts ſagt. Mehr
den Namen und die Schönheit, als eine beflimmte ver beiden Hetären preiien
Agatbiad Analect. III, p. 63, 80. und Antipater aus Sidon ib. II, p. 28,
83. (Anth. Pal. VII, 218.). Auch trug man fi in fpäterer Zelt mit Schriften
unter ihrem Namen, welde Arcanı in Berug auf Gonception und Abtrei⸗
bung enthielten, f. Plin. H. N. XVII, 7, 23. XXVIN, 7. Bayle Anm. ©.
Bol. überhaupt Bayle dictionn. III. s. v. Lais. Jacobs Verm. Scärr. IV,
S. 398—435. [W.T.]
Laisch (Richter 18, 7. 27. 29. Serem. 8, 16.) oder Lesem (Iof.
19, 49.), in der LXX. und bei SJofeph. Ant. V, 2. VII, 3. Acıoa, eine
Stadt im Außerftien Norden Galiläa's, A Mill. weftli von Paneas, alfo
unmeit der Sorbanquellen (Joſeph. Ant. VII, 3.) in einer ſehr frudtbaren
Gegend (ib. V, 2.) gelegm und dem Stamme Naphtalt gehörig. Sie hieß
früher Dan (Gen. 14, 14. Deut. 34, 1. u. f. w., bei Joſeph. Ant. VIII, 3.
Aerr) und war ein alter Sit des Götzendienſtes, daher au einer ver
beiden Drte (Dan u. Betbel), mo Jerobeam I. die goldenen Stiere (offen-
bar eine Nachahmung bed ägptifgen Apiscuftus) aufftellte (1. Kön. 12.).
Einige Halten fie fälſchlich für das fpätere Caesarea Panias (vgl. Theodoret.
Qu. in Gen. 110. in Jud. 26. Epiphan. haer. 1, p. 142.). Gie if viel⸗
4
}
'
b
Lalspedias — Lais 737
mehr in der Gegend bed heut. Hasbaya zu ſuchen. Vgl. Bocade II,
S. 109. und Robinfon IH, ©. 617f. u. 626. I[F.]
Lalspodias, im 3. 414 atbenifcher Feldherr (Thuc. VI, 105.), im
3. 411 einer der Gefandten, welde von den Vierhundert nah Lacedämon
geſchickt wurden (Thuc. VIII, 86.). Der Name fcheint auf fein Gebrechen,
ein Geſchwür am linken Buße, anzufpielen. Schol. Ariftoph. Av. 1568.
Suid. — Bol. Mein. fr. com. IV, 643. [K.]
Latüs, Acios, 1) Sohn ded Labdakus, Vater des Oedipus. Nach⸗
bem fein Vormund Lycus (f. d. ıı. Labdacus) von Amphion und Zethus
vertrieben ober getöbtet war, mußte Raius zu Pelops in den Peloponnes
flüchten. Aber die Lifurpatoren Famen ums Xeben und fo gelangte ex wieder
auf ben tbebanifchen Thron, heirathete Iocafte (bei Homer Epikaſte) und
zeugte ben Oedipus (f. d.), Durch den er erfchlagen, jevoch von Damafiſtratus,
König von Platää begraben murde, f. Bauf. IX,-5, 2. Apollod. II, 5,
5 ff. Diod. V, 64. und Oedipus. 2) ®gl. Aegolius. [Mzr.]
Latüs (Acioug, Strab. XIV. p: 645.), eine Küftengegend an der Weſt⸗
küſte der Infel Chios mit Ankerbuchten, zwiſchen den Borgebirgen Notion und
Meläna Alta. Wahrſch. aber ift bei Strabo richtiger Auivos oder Ac vovg
(ft. Acireos) zu leſen, da dieſer Küftenfirih noch jetzt Liihilimena, d. i.
bad ER ober der Steinhafen, heißt. Dal. Groskurd'se Tieberf. III,
. 26. [F.
Lais, 1) Stadt in Armenia maior zwiſchen dem Araxes und Eyruß,
Ptol. V, 13. (Acid). {F.]
2) eine Malerin aus Cyzicus, von der Plinius H. N. XXXV, 11,
40. jagt: Lala Cyzicena perpetuo virgo, Marci Varronis juventa, Ro-
mae et penicillo pinxit et cestro in ebore imagines mulierum, maxime '
et Neapoli anum in grandi tabula; suam quoque imaginem ad spe-
culum. Nec ullius velocior in pictura manus fuit, artis vero tantum,
ut multum manipretio antecederet celeberrimos eadem aetate imaginum
pictores, Sopolin et Dionysium, quorum tabulae pinacothecas implent.
In diefer Stelle liegt entichieven der Sinn, daß Lala fomohl die enfauftifche
Malerei auf Elfenbein, als die Malerei mit dem Piniel auf Holz ausübte.
Die Entſcheidung eine? weitern Trage aber hängt von der Kritif ab. Statt
juventa liest die Ed. princeps, Sillig im Catal. Artif. und R. Rochette
im Journal des Savants, Avril 1837. p. 197. inventa, wodurch Lala mit
der Erfindung des Varro, die Bilpniffe berühmter Männer zu vervielfälti-
gen, in Berbindung gebracht wird, die von ihre iluminirt worden wären; Qua⸗
tremere de Quincy wollte fogar auf einem Basrelief den Varro und die Tale,
wie fie eben in der genannten Arbeit begriffen ift, erkennen, |. R. Rochette Pein-
tures antiques in6dites p. 339. Allein die Ledart inventa findet fi in Feiner
Handfhrift; auch macht Münter „Sinnbilder u. Kunftoorftellungen ber alten
Chriſten“ II, S. 3. mit Recht darauf aufmerkfam, daß Plinius in der bes
rühmten Stele, XXXV, 2. mo er in den Ausdrücken ver höchflen “Bes
wunderung von der Erfindung des Varro fpricht, die Mitwirkung der Lala
gewiß nicht Übergangen haben würde. Noch entfcheidender aber ift, daß in
der Plinianiſchen Stelle eine Zeitbeſtimmung unerläßlih ift, da ohne eine
folde die folgenne Stelle: celeberrimi eadem aetate imaginum pictores
ohne Beziehung wäre. Wir bleiben daher bei der Lesart juventa, und da
Plinius fonf, 3.8. VU, 1. sub fin. VII, 5. fin. IX, 35. 54. XVII, 1. XXXV, 11,
40. in juventa fagt, fo nehmen wir Eeinen Anſtand, mit Greuger, bie
Bilder-Berfonalten des VBarro in ber Zeitſchrift für bie Alterthums⸗
wiffenfgaft 1843. $. 12. S. 1084. Anm. „M. Varronis in juventa” zu
fHreiben, woraus die Lesart inventa entftanden if. [W.]
Bauly, Real-Eucheloy. IV. 47
- @
738 Lalleise — Lamarba
Laläsis (Acirois, in andern Codd. aber Acdao, Biol. V, 8.),
Landſchaft im Innern Ciciliens, längs des Taurus, oberhalb bes Difirikts
Selentis. Plinius V, 27, 23. nennt au eine Stabt Lalasis in Iſau⸗
rien, wahrſch. alfo die Hauptflabt diefer ſich auch nörblih vom Taurus aus⸗
breitenden Lanpfchaft, und unftreitig diefelbe, wie Stepb. Byz. Andslaröc.
rölss Ioavpıry nennt und die nad ihm fpäter Andtarda hieß, alfo bas
—— des Ptol. und der Kirchenſchriftſteller. S. Dalisandus, Bb. II,
©. 842. [F.]
Lnlenösts (Acınreois, Ptol. V, 7.), Keiner Ort in Melitene (Arme-
nia minor), Öfli$ von Zoropaſſus. [F.]
Laletani, f. Laeetani.
Lalichmiem hieß ein befonverer Rum im Gymmaflum zu Clis, wo
ertemporiste Reden und dichteriſche Werke vorgetragen ivurvden. Gine allge
meinere Benennung war Bovisvrngior. Die erftere bezieht fich auf ben
Gründer. Ringsherum waren bafelbft zur Zierde Schauſchilde aufgeftelk.
Pauf. VI, 23, 5. [Kse.
Lallus, vömifher Töpfer auf einer Scerbe aus Weſterndorf, im
Mündpner Antiquarium.
Läma (Acuc, Ptol. I, 5.), eine Stabt ber Vettones in Lufltanien,
etwas norböflih von Norba Cäſarea. Dan hält fie gemöhnli für bad
- heutige Lamego in ber portugieflihen Prov. Beira, welches aber viel zu
weit norbweflli liegt. Brietius Tab. par. I, 258. nimmt fle mit größerer
Wahrſcheinlichkeit für Almaraz am Tajo in Eſtremadura; in dieſer Vrovinz
wenigftend und in der Nähe des Tajo ift fle jedenfalld zu ſuchen. IF.)]
Lamächus, Zenophaned Sohn (Thuc. VI, 8.), atheniſcher Feldherr
während des pelopommeflihen Krieges, den wegen allzugroßer Kriegsluft und
ſeines martialifgen Auftretens Uriftophanes mit bitterem Spotte verfolgt:
(Acharn. 566 ff. 964. 1074 ff. 1095 ff. Pax 303. 473. 561. 1293.), boch
wird au von ihm feine Eriegeriihe Tüchtigkeit anerkannt (Acharn. 1187.
Ran. 1039. Thesmoph. 841.). &r gsiancie fi$ durch ungeflüme Tapferkeit
und eine Kühnheit aus, die Feine Gefahr achtete (Plut. Nic. 12. 15. 18.
Alcib. 18. 21.); dabei war er höchſt uneigennühig und benügte feine Stra:
tegie fo wenig zu feiner Bereicherung, daß er, nad) Ariſtoph. Acharn. 615
fehr verſchuldet, Rock und Schuhe der öffentliden Kafie anrechnen durfte.
Plut. Nic. 15. Praec. reip. ger. c. 31. — Specielles aus der Geſchichte
feines Öffentliden Lebens wirb Folgendes erzählt: Im Jahr 453 befreite er
im Auftrage des Perieles Sinope von dem Tyrannen Timefllaus (Plut.
Per. 20.); im 3. 424 jegelte er mit 10 Schiffen nad dem Pontus, Hatte
aber das Unglück, in der Nähe von Heraclea zu ſcheitern (Thuc. IV, 75.
- Diod. X, 72.); im 3. 421 war er, obwohl ſteis ‚für den Krieg geflimmt.
einer ber Unterzeichner des Niciasfriedens (Thuc. V, 19. 24.); im I. 415
wurde er neben Nicias und Alcibiabes als Feldherr für die ficiliſche Expe-
bition gewählt. Thuc. VI, 8. Diod. XII, 84. Plut. Nic. 12. Alcib. '18.
Ueber feinen zwedtmäßigen Kriegsplan, gerabezu gegen Syracus Toszufleuern
und bie erfie Beſtürzung bed nicht gehörig gerüfleten Feindes zu benützen
(Thuc. VI, 49. Blut. Nic. 14.), gewann der zwifchen diefem und dem Blane
des vorfihtigen und zaudernden Riciad in der Mitte ſtehende des Alcibiabes
bie Oberhand. — Lamachus fält im Sommer 414 vor Syracus (Thuc. VI.
101. Plut. Nic. 18.; Diodor läßt ihn XIII, 8. nit wie Thuc. u. Blur.
vor, fondern nad der Ankunft des Gylippus in dem Treffen, deſſen Thuc.
vo, 5. erwähnt, umlommen ; übereinflimmend mit Diod. Suftin. IV, 4.). [K.]
Lamssba (Itin. Anton. p. 35. 40., auf ver Tab. Peut. Lamas-
bua), Stadt im Innern von Niumidia Mafiylorum, unweit ber Grenze von
Mauritanien, 40 Mil. weil. von Lambeſe und 62 Mid. If. von Sitifi
%
— > En ee —
- — — — — — —
Lamatis — Lamisa 39
Na der Carte de la Prov. de Constantine (Paris 1887.) jeht Ruinen
Namens An el Trab, 8 Lieues fünöflih von Gonftantine (?). [F.}
Lamatis, Stadt der Japydes im Norboften des Landes, Tab. Peut.
Geogr. Rav., j. KRamengrad. [W.T.
Lamböse (Jin. Ant. p 32 ff. Tab. Peut., bei Btol. IV, 3. Aap-
Bœioc, und bei Auguflin. adv. Donat. VI, 13. Lambaese), eine Stabt
im Innern von Numidia Massylorum,, nahe an der Grenze Mauritaniend am
Buße des Geb. Aurafius, zwiſchen den Flüſſen Mubricatus und Ampfaga,
und an ber Straße von Theveſte nad Sitifi, 64 Mil. ſudlich von Girta.
Der erft Ipäter vorlommende Ort muß fehr bedeutend geweſen fein, ba er.
nad Biol. Standquartier einer ganzen Legion (der Legio III. Augusta) und
nad Cyprian. Epist. 55. auf eine roͤmiſche Kolonie war (Iambesitana Col.);
und dafür zeugen auch feine äußerſt merfwürbigen, 3 Stunden im Umfang
baltenden Ruinen (mehrere Thore, ein Amphitheater, ein Tempel des Aes⸗
culap, ein Triumphbogen u. f. w.) beim Heut. Flecken Tezzoute. Vgl. Shaw's
Reifen S. 53. u. Bruce's Bericht im Ausland, 1837. Nr. 208. S.832. [F.]
Lamkriäen (Mela III, 1,8.), richtiger vielleicht Lambrica, eine Stabt
(der Zucenfes?) in Galläcia (Hiip. Tarrac.), am Zufanmenfluffe des Läron
und Ulla, die fih unterhalb verfelben in den Atlant. Dean ergießen; an
der Gtelle des heut. el Padron. [F.]
Lambris oder Flavia Lambris (Dicovia Acußoi;, Btol. II, 6.),
eine Stadt der Bädyer in Galläcia (Hiſp. Tarrac.) öftli von Lucus Aus
gufti an ber Grenze der Aftures; j. Betanzos, bei welcher ein Fluͤßchen noch
immer den Namen Lambre führt (vgl. Florez Esp. Sagr. XIX. p.20.). [F.]
Lambrus (Plin. III, 16, 20.), ein Fluß in Gallia Tranopadana,
den Blintus aus dem See Cupilis entfpringen Täßt, und der zwiſchen Ticinum
und Placentia in den Padus fiel. Auf ver Tab. Peut., die zwiſchen ben
genannten Städten auch «einen Ort Lambrum anfest, verſchrieben Ambrum.
Die Anwohner des Fluſſes, accolae Lambrani, kommen auch bei-Sueton.
Caes. 9. vor. Gr heißt noch immer Lambro und erhält fein Waller haupt»
ſächlich aus dem Lago di Puflans. [F.]
Lamöden, Aausöor, orros, Sohn des Goronos, Gemahl ver Pheno,
- Bater der Zeurippe, König von Sicvon. Bauf. IL 5.0. €. 6,2. [Mar.]
Lamelli Praesidium, eine Gebirgsfeflung in Maurilania Sitifensis,
weftl. von Sitifi, etwas fünli von der Straße, die von da nad Gäfaren
führte, und nur 6 Mill. fühweRf. von dem fog. eiſernen Thore (Tab. Peut.),
nad der Notit. Episc. in fpäterer Zeit ein Biſchofeſig. [F.
Lamötas (Acuntos), Fluß in Bruttium bei Groton und an ihm eine
Stadt Lametini (Acuntiroi), blos in einem Fragm. des Hecatäuß (40.)
aus Steph. Byz. erwähnt. Der Fluß iſt unftreitig ber heut. Lamato, der
auf den Apenninen entipringt und in den Meerb. von Bufemia an ber Weſt⸗
füfte von Galabria Ulteriore fällt, welcher daher bei Ariftet. Pol. VII, 10.
Lameticus Sinus (Aauntıxog noAnog) heißt, fo daß es mit ber Be-
ſtimmung ‚‚bei Croton“, das gerade gegenüber an ber Oſtküſte liegt, nit
jo genan zu nehmen iſt; die Stadt iſt vielleicht das heut. St. Cufemia. [F.]
Lamia, Acuia,.1) Tochter des Pofeldon, von Zeus Mutter ber
Sibylle Serophile, Bauf. X, 12, 1. Plut. de Pyth. orac. 9. — 2) Ein
Schreckbild für Kinder; nad der Mythe war file eine libyſche Königin, J.
des Belus; urſprünglich ſehr fhön und von Zeus geliebt, ebendarum
von Here ihrer Kinder beraubt, raubte auch fie aus DBerzweiflung andere
Kinder und töhtete fle, und wurde nun wegen ihrer Wildheit furchtbar haͤßlich
mit thieriſch verzerstem Geſicht; von Zeus erhielt fie die Babe, beliebig ihre
Augen aus dem Kopf zu nehmen und wieder einzufegen; Diod. XX, 41.
Suid. s. v. Plut. de curios. 2. Schol. zu Ariſtoph. Pac. 757. Girab.
70. Kamis
I, p. 19. Steſichorus nannte fie Mutter der Scylla, Guflath. p. 1714,33. *
Später verfland man ‚unter Lamiae ſchöne, gefpenflige Zrauen, die burd
allerlei Blendwerk Kinder, bei. aber ſchöne Sünglinge an fi lockten und
ihnen gleih den Bampyrn der modernen Sage daß Blut audfaugten und ihr
Sleifch genoßen, Hor. de art. poet. 340. Philoſtr. v. Apoll.1V, 25. Iſidor.
Origg. VIII, 11. Appul. Met. I, p. 57. 342. Oud. vgl. Spanh. Callim.
h. in Dian. 67. Aehnliche Weſen waren Empusa und Mormolyce. [ Mzr.]
Lamin, Ace, 1) eine der vier Hetären, mit welden Themiſtokles
vierfjpännig am Helen Tage in Athen einfuhr, Athen. XII, 576. 0. —
2) Zlötenfpielerin (Athen. XIV, 615. A. Plut. Demetr. 16.) und Hetäre zu
- Üben, Tochter des Atheners Kleanor (Athen. XII, 577. C.), die Begünftigte
de8 Demerrius Poliorketes. Bei einem Seefleg über Btolemäus wurde fle von
ihm mit deffen übriger Familie erbeutet (Diod. XX, 47. Blut. Dem. 16.)
und feffelte ihn, obwohl fie fon verblübt mar (Blut. 27.), dur ihren
Geiſt (vgl. audınros nad aazınn bei Athen. 577. D.) und ihre Liebensmwürbigfeit
fo fehr, daß von allen Weibern, denen D. feine Gunft ſchenkte (Blut. 24.
vgl. den Art. Lesena), nur %. einen wirkliden Liebhaber an ihm hatte
( Plut. 16.). Das Verbälmig war fo warm (val. ib. 19.), offen (Aelian.
V. H. XII, 17.) und anerkannt (ib. 27.), daß die Athener aus knechtiſcher
Unterwöärfigfelt gegen Dem. ver Agpodırn Aayie einen Tempel errichteten,
Aıhen. VI, p. 253. A.; ebenfo die Ihebaner, ib. B. Den Athenern (nad
Andern ben Thefialiern) gebot er eiligfi die Aufbringung von 250 Talenten,
die mit unerbittlider Strenge eingetrieben und ihm überreiht wurben; da
bieß er fle ber Lamia und Ihren Freundinnen zur Anfhaffung von Seife ein-
händigen (Blut. 27.). . Daneben erlaubte er ihr auch auf eigenen Namen
Steuern einzutreiben, daher fie ein Komiker migig die wahre Helepolis nannte
(ib.). Sie braudte nämlih Geld zu dem glänzenden Gaſtmahl, das fle dem
Demetrius gab (ib. u. Alciphr. Epist. II, 1.) und worüber vgl. Athen. IE,
101. E. IV, 128. B. Auch errichtete fie zu Sityon auf ihre Koften die bunte
Halle, ib. XHI, 577. C. Sie gebar dem Dem. eine Tochter, Phila, ib.
Bon thren Apophthegmen gibt Athen. XII, p. 577. D—F. Proben, wozu
vgl. Blut. Dem. 27. Uelian. Var. Hist. XIII, 8. und Jacobs ©. 538 f.
Nah Aeltan. XII, 17. Itebte fie (vor Demetrius? vgl. Athen. XIV, 614. A.)
einen Iheoborus, aber ohne Erwiederung zu finden. Bgl. Bayle dictionn.
s. v. II. p. 43 f. Jacobs, Verm. Schrr. IV. S. 523-539.
3) Belname in ver Aelia gens. Der erfle (vgl. Hor. Od. III, 17, 2.)
uns Bekannte diefes Namens, der von dem alten Lamus abgeleitet wurbe
(f. ib.), if L. Aelius Lamia, eqves Romanus, und als folder in
Aſien in Handelsgeſchäften, Gic. ad Fam. XII, 29., verbannt weil er zu
eifrig Cicero's Partei gegen Piſo ergriffen, Gic. p. Red. in Sen. 9. p. Sest. 3.,
fpäter aber Aebil (ad Att. XII, 45.) und Prätor im I. 711 (Fam. XI,
16 f.). Er ift wohl identif$ mit dem L. Lamia praetorius vir, von welchem
Bal. Mar. I, 8, 12. vgl. Plin. VII, 52. erzählen, daß er auf dem Scheiter⸗
haufen wieder erwadte. Horti Lamiani erwähnt Cit. ad Aut. X, 21.
Guet. Calig. 59. — 2) L. (Div C. LVIII, 19.) Aelius Lamia, der von
Tiberiud nominell Syrien zur Verwaltung befam, dann zum praef. urbi
ernannt wurbe (Die &. 1. 1. Tac. Ann. VI, 27.), und als er im I. 786
(= 33 n. CEhr.) flarb, funere censorio beſtattet wurde, Zac. 1.1. Er war
® Bel. Ariſt. de mor. VII, 5. Bayle s. v. Lamia, III. p. 42f. Meineke zu
Menand, Frgm. p. 144. Mund de fab. Atellan. p. 22f. — Dramen, betitelt
Lamia, erwähnt der Schol. zu Plat. p. 963, b, 1. (bei DOreMi uud MWaiter) von
Euripides und p. 915, b, 13, von Krates. — Auf das häufige Borfommen ber Figur
in Mährchen Besteht ſich ber Wit bei Pint, Demetr. 27, [W.T.]
Lamia — Laminium 741
‚dem Horaz befreundet, |. Hor. Od. I. 26,8. III, 17. Bgl. Bo. I. S. 145. —
3)L. Lamia Aemilianus (alfo urfprüngli zur gens Aemilia gehörig,
in die Aelia nur aboptirt), vermählt mit Domitia Longina, der Tochter des
Corbulo; aber Domitian entführte fie ihm noch unter Veſpaſian, lebte mrit
ide und heirathete fle zulegt, Dio &. LXVI, 3. extr. Suet. Dom. 1. vgC.
10. 22. u. Julia, ©. 492, 46. Not. **. Lam. ſelbſt wurde fpäter vn Do=
mitian ermordet, Suet. Dom. 10. vgl. Juv. IV, 154. Sein volr Name war
L. Aelius Plautius Lamia und Cos. suff. mar er 834, |. Marini Atti degdi
fratr. arv. I. tav. XXIII, 25. p. CXXX. u. 222f. [W.T.
Lamia (Acuia, Scyl. p. 24. Strab. IX, p. 433. 435. Diobor.
XVIII. 12. Piol. I, 13. Steph. Byz. p. 414. Liv. XXVII, 30. XXXII, 4.
XXXVI, 25. XXXVII, 4.5. Blin. IV, 7, 14. Sierocl. p. 642.), die öfl«-
lichſte Stabt der Malienfes in Phthiotis (Theffalien) am Fuße des Gebirgs
und am nörbliden Ende ber von Sperchius durchſtrömten Ebene, 80 Stab.
von biefem Bluffe, und 50 Stad. vom Sinus Maliacus, an dem fie einen
Hafen Namens Phalara hatte (Strab. p. 435. u. daf. Brodturb II. &. 231 f.),
bei welchem der Kleine Fluß Achelous, an welchem Lamia lag (Strab.p. 434.
450.), mũndete. Sie mar häufigen Erbbeben ausgefeht (id. I, p. 60.) und
ift beſonders durch den nad ihr benannten Krieg der Athener gegen Antipater
von Macenonien (id. p. 433. 446. Diob. XVII, 111. XVIH, 9. u. f. w.)
berühmt geworben. geht Zeitun ober Zeituni, wie eine dort gefundene In⸗
ſchrift unzmeifelhaft darthut. Bol. Paul Lucas Sec. Voyage T. L c. 30.
Leake II. p. 2 ff. Brandis Mittheil. 1. ©. 12 ff. u. Stephani Reiſ. ©. 39 ff. [F ]
Lamiacus Sinus (Anaros noAnos, Bauf. I, 4.), anderer Name
des Sinus Maliacus (ſ. d.), den er von der Stadt Lamia führte. [F.)]
Lamine EInenlae, nur von Plin. V, 31, 38. erwähnte, fonft unbe⸗
Fannte, Eleine Infeln vor der Küfte von Troas. [F.]
Lamida (Acauöda, Ptol. II, 2.), eine Stabt im Innern von Mau-
ritania Caesariensis, zwifchen den Flüſſen Savus und Serbed, weſtlich von
Aquae calidae, nordlich von Vaſana und Öftlih von Zudabari. [F.]
Lamionses, Bölferfhaft in Phthiotis nörplig über den Malienfes,
ſüdlich unter den Adät, -folglid am nörbliden Ufer des Sinus Maliacus
oder Lamiacus, der Hier auch Pylaicus hieß. S. Phthiotis. [ W.T.]
Laminse (ober lamnae, 3. B. Bitruv. VII, 7, 9. X, 9, 20f. Hor.
Ep. I, 15, 3.), Platten, Stüde namentlih von Metall (aber vgl. Lucan.
X, 113., wo secta marmora vielleiöt lamnae genannt find, und Blin. VIEL,
3, 4. ossa in laminas secare), welche wenig Tiefe haben (vgl. Plin. XXXIV,
8, 20. aes in Jaminas tenuare), aber doch dicker find als Died, weil ſonſt
3. B. Tein Gingraben von Infehriften (vgl. Eic. Legg. II, 23. Appulej.
Met. III, p. 205. Oud.) möglid war (vgl. Quintil. II, 4. tenuem nimium
laminam ducere et qvam caelatura altior rumpat). Neben ferreae laminae
(ac. Hist. I, 79.) fommen audy vor lam. plumbi, welde fih Gladiatoren
(XXXIV., 18, 50.) und Nero (Suet. 20.) über Naht auf die Bruft legten,
um bie Lunge durch die Nothwendigfeit verflärkter Thätigkeit zu flärfen;
dünnere murden ald Schreibmaterial gebraucht, f. Dio &. LVII, 18. XLVI, 36.
Srontin. III, 13, 7. Suid. s. v. sArouos und uoAvßdos; argenti (Plin. _
XXX11,9,45. Suet. Cal. 32. Ovib Fast. I, 209.) und auri (Gel.1,3. Ovid
Met. XI, 124. Sen. Agam. 855.), namentlich ungemünzted Gold (vgl. Ulp.
Dig. XXXIV, 2, 28. estr. Sor. Od. II, 2, 2. Seneca Ben. VII, 10.). Das
Berühren mit glühendem Ciſen oder Gold (laminae ardentes) war ein Tor
turmittel, vgl. Cic. Verr. II, 5,63. Plaut. As. III, 2,4. Lucr. III, 1030.
Hor. Ep. I, 15, 36. Quintil. Decl. XVIII, 11. 15. [W.T.]
Laminiam (Acuinor, Ptol. II, 6., im Itin. Unt. p. 445. veruns
flaltet in Lamini, fo wie beim Geogr. Ravenn. IV, 44. in Lamim, bie,
742 Lamischer Krieg
G@inw. bei Plin. III, 3, 4. Laminitani), eine Stabt der Garpetaner in Hiſp.
Tarracon., 95 Mid. fünöfll. von Toletum, zum @eritöfprengel von Gar-
thago nova gehörig. In ihrem Gebiete (ager Laminitanus bei Plin. II,
1, 2.), nur 7 Mid. öſtlich von der Stadt Hatte der Anas feine Quellen.
(ukert II, 1. ©. 411. vermutbet, daß es bei Plin. XXXVI, 21, 47., wo
von ben geſuchteſten Wepfleinen vie Rede ift, flatt cotes Flaminitanae heißen
müfle Laminitanae.) Sie lag beim heut. Fuenllana zwiſchen Montiel und
Alen a A bei Florez Esp. Sag. IV. p. 38. V. p. 22. 122. VII.
p. 140.). [F. ,
Lamischer Krieg, nad Alexanders des Gr. Tod vom größten
Theile der Briehen gegen Macevonien unternommen; der lamiſche genannt,
weil er zum Theil in der Nähe ver Stabt Lamia (Zeitun) geführt wurbe.
(Droyfen im Rhein. Muf. N. F. ter Jahrg. „zur Geſchichte der Nachfolger
Alexanders“ S. 511 ff. macht ſehr wahrfcheinlih, daß die Benennung „‚belle-
niſcher Krieg‘, melde in der von Gurtiuß de Athenarum portubus, Halis
1842. p. 46. befannt gemachten und im Rhein. Muf. ©. 387 f. abgedruckten
attiſchen Inſchrift vorkommt, auf den lamiſchen Krieg fi beziehe.) — Die
Griechen Hatten in der letzten Zeit von Alexanders Leben wiederholt erfahren,
wie gering der König ihre Freiheit, und Selbſtändigkeit achte. Bitterer noch
als die Forderung, daß fie wie die Aflaten mit göttlichen Ehrenbezeugungen
ihm nahen follten, empfanven einzelne Staaten ven Befehl, daß vie gried.
Berbannten mit Ausſchluß der Frevler gegen die Bötter und der Mörder in
ihre Staͤdte zurüdkehren follten; die Staaten, melde die Aufnahme verweigern,
werben Dazu gezivungen werben. Diod. XVII, 109. XVII, 8. Gurt. X,2. Juſtin.
XIII, 5. Dinar). adr. Demosth. p. 169. 175. Diele dieſer Berbannten,
die zum Theil als Gegner Macedoniens zu verfihiedenen Zeiten aus ihrer
Heimath vertrieben worben waren, baren in perfifche Dienfte getreten; ſeitdem
aber Perfien unterlegen und Alexander allen Satrapen die Entlaſſung ihrer
Söldner geboten (Dion. -XVII, 111.), irrten fie meift Hilffos umber und
fonnten nur von Neuerungen eine Beflerung ihrer Lage hoffen. Theils, um
folde Unruhen zu verhüten, theild um bie Unglücklichen ſich zu verbinden,
harte Aler. jenen Befehl bei ver Beier der olympiſchen Spiele des I. 324
verlefen laſſen. Während der eine Theil der Griechen mit Freude bie Amneſtie,
melde ihnen Verwandte und Freunde zurüdbringen follte, verkündigen hörte,
befürchteten Andere nicht blos innere Verwirrungen, ſondern fahen auch mir
Unmillen in der gebieteriihen Forderung eine Verlegung der korinthiſchen
Bundesverträge, aber nur die Aetolier und Athener erklärten ſich gegen das
Anfinnen. Den Athenern hätten die Söldner und die Schätze bes Harpalus,
bes flüchtigen Schahmeiſters Aleranderd, Mittel geboten, ſogleich gegen mare-
doniſche Zwangẽmaßregeln ih ernfihaft zu vertheivigen, und Aler. fein:
dies erwartet zu haben, wenigſtens foll er auf die Nachricht von Ihrem Wider⸗
fireben einen Kriegszug gegen fie befhloffen Haben. Juſtin. XI, 5. Gurt.
X, 2. Ulein fo lange Alex. noch lebte, behielt die macedoniſche Partei,
unterflügt von den Wohlhabenderen (Dion. XVII, 10.), welde bie Laften
des Krieges fürdhteten, fo viel Einfluß, daß man auf Antipaters Forderungen
in Beziehung auf Sarpalus hörte und nicht durch offenen Widerſtand vie
Rückkehr der Berbannten verhindern wollte. Als aber die erfle Kunde von
Alexanders Tod nah Athen kam, vermochten Photion und Andere, welde
den $rieden zu erhalten over wenigſtens ein minder rafches Verfahren wünſchten,
Nichts mehr gegen ben Breiheitsruf der Unzufriedenen. Leoſthenes, ein tüch⸗
tiger Feldherr (Pauf. I, 25, 5.), auch gemwandter Redner (Aeſch. de f. leg.
c.34.), erbot fih, ein Heer aufzubringen. Derfelbe war früher wegen mace-
doniſcher Gefinnung aus Athen verbannt worben und fand darauf bei Philipp
freunblige Aufnahme, Schol. zu Aeſch. de f. leg. o. 6.; er zog mit Aler.
Laınlscher Mirlog 743
na Aflen, und wurbe von ihm unter bie 'Eraioos (f. ®b. TI. S, 349.)
aufgenommen (Strabo IX, p. 301. ed. Tauchn., wenn bier nit der Name
Leonnatus ausgefallen ifl); er trennte fi aber von dem Heere, als ler.
die Grieden, die im Solde des Darius und der Satrapen flanden, in Afien
anfleveln wollte, und führte eine große Schaar (nah PBaufan. VII, 52, 5. '
gegen’ 50,000 Dann) gegen bes Könige Willen nad Europa zurüd. Pauf.
I, 25, 5. — So lange man der Nachricht vom Tode Alexanders noch nicht
ganz traute, erhielt er indgeheim ven Auftrag, was no von Sölonern auf
dem Werbeplag Tänarum beifammen war, für fi anzuwerben; er nahm
8000 Mann in Sold und unterhandelte mit den Aetoliern. Diod XVIII, 9.
XVII, 11i. Da inzwiſchen Aler. Tod durch Augenzeugen beflätigt morben
war, erlangte bie antimacedoniſche Partei in Athen vollends das Ueberge⸗
wicht; man machte öffentlich Anfalten zum Kriege und ſchickte an Leofihenes
Geld und Waffen. Er zog nah Xetolien, wo 7000 Mann fi mit ihm
verbanden; an bie Lofrer, Phokeer und andere Nachbarvoͤlker erging bie
Aufforderung, fih von dem macedoniſchen Joche zu befreien. In Athen kam
der Volksbeſchluß zu Stande, 40 Tetreren und 200 Trieren zu rüften (Diop.
XVIII, 10. nad der Emendation Weſſel.), ferner follten alle athenifchen Bürger
unter 40 Jahren Kriegsdienſte thun, drei Stämme derſelben Attika beſchützen,
die fieben Übrigen zum Ausrüden in andere Länder ſich bereit Halten; bie
griech: Städte follten dur Geſandte zum Anflug an Athen im Kampfe
für die Freiheit aufgeforbert werben. Diefer Aufforderung folgten au außer
den Hetoliern und Alarnanen die Dorier, Lokrer, Phokeer, Detäer mit Aus»
nahme Herafleas, die Alyzäer, Aenianen, Doloper, die Leukadier und Atha⸗
manen, die Moloffer; au in Illyrien und Thracien fagten fich Fürften von
Macevonien Io8; von den peloponnef. Staaten traten nach den erften für bie
Griechen glücklichen Erfolgen Argos, Silyon, Elis, Phlius, die fog. Akte
von Argolis, Mefjenien dem Bunde bei; auch bie Arkabier beflimmie Des
moflhenes zur Ihellnahme (Plut. X. Orat. p. 161. Tauchn.); Sparta und
die Achäͤer Hatten ſich no nicht von dem unglüdliden Kriege des I. 330
(i. 8b. 1. S. 253.) erholt, und 50 der angejehenflen Spartaner befanden
NG als Beifeln in Antipaterd Händen. Diod. XVIN, 11. Pauſ. I, 25, 4.
(Korind wird von SJuflin XIII, 5. genannt, aber wohl mit Unrecht, ba
Akrokorinth feit Philipps Zeiten fletd macebonifhe Beſatzung hatte, Plut.
Arat. 23., und Dinar, der Anhänger Antipaters, ſich damals in Korinth
aufbielt, |. Bd. II. S. 1022.) — Leoſthenes fland mit feinem Sölonerbeere
und den Aetoliern in ven Ihermopylen. Auf die Nachricht, daß der atben.
Zuzug von 5000 fehwerbewafineten Bürgern, 500 Neitern und 2000 Söld⸗
nern von den macebonifch gefinnten Böotiern aufgehalten werde, kam er mit
einem Theile feiner Truppen berbei, beflegte die Böotier in einem Treffen
und eilte mit dem von Athen kommenden Heere nad den Thermopylen zurüd,
um bie Macebonier zu erwarten. Diod. am a. D. Plut. Phoc. 23. Anti»
pater hatte fih in Cile gerüftet, konnte aber nur ein Heer von 13,000 Mann
Fußvolk und 600 Reitern dem, mehr ald no einmal fo flarfen griech. Heere
entgegen führen. Macedonien war durch die fortmährenden Sendungen nad
Aflen von Triegöäfähigen Leuten entbldöst und konnte um fo meriger ohne
Schuß gelaffen werben, als ihm nicht blos von Illyrien und den thraciſchen
Gegenden Einfälle drohten, fondern au von Epirus, wohin fih nad dem
ode ihred Sohnes die mit Antipater entzweite Königin Olympia begeben
hatte. Graterus, der 10,000 Veteranen (Diod. XVII, 109. XVII, 4. und
Weffel. zu XVII, 12.) von Aflen in vie Heimath führte, war no in Cili⸗
cien. Antipater forderte ihn zur Eile auf und bat den Satrapen von Phrygien
am Hellefponte um Beiftand (Diod. XVII, 12.), ſuchte au durch Befanbte
die Beloponnefler von der Theilnahme am Bunde -abzumahnen (Plut. De-
744 Lamischer Kelog
mosth. 27.). Um bie Mitte des Sommers 323 rüdte er nach Theflalien
vor; eine Flotte von 110 Irieren, unter Clitus, erhielt ven Befehl, dem Land»
heere möglichft nahe zu bleiben. Diod. am a. D. Ehe noch Berflärkungen
anlangten, wurde Antip. bei Heraflea zu einem Treffen genötbigt, welches
ungünftig für ihn ausfiel, auch die Folge Hatte, daß Iheflalien, mit Aus⸗
nahme der PRelinnäer (Diod. XVII, 11.), von ihm abfiel, was um fo empfint-
licher für ihn war, da die 2000 tbeffalifhen Meiter bisher ihm ein Ueber:
gewicht über die feindliche Meiterei verfhafft hatten. Es blieb ibm Nichte
"übrig, als fih über den Spercheios nah ber Zeile Lamia zurüdzuziehen
(Diod. XVII, 12. cf. Iuftin. XII, 5.). Die theffaliide Reiterei mollte ihm
zwar den Weg veriperren, harrte aber nicht aus. Polyän. IV,4,2. Leoſthenes
309 vor die Stadt, ſuchte den Feind zu einem Ausfall zu verloden, und als
dies nicht gelang, erneuerte er täglih das Stürmen; allein die Macebonier
wehrten fih tapfer, und Leoſth. mußte fich zu einer Blokade entfchließen, die
er bei der Beichaflenheit feines Geered gern vermieden hätte; denn es war
voraudzufehen, daß die verſchiedenen DBölkerfhaften nicht Lang beifammen
bleiben’ werden, mie denn auch die Uetolier fhon zur Zeit der berbftlichen
Tag» und Nachtgleiche wegen heimifcher Angelegenheiten abzogen (Sept. 323),
und im Winter Andere nachfolgten. Leoſth. Hatte übrigend noch Mannidpafı
genug, die Stadt eng eingefchloffen zu halten und die Belagerten in die
äußerfle Noth zu bringen. Da wurde Leoſthenes bei einem Ausfalle, den
Antip. gegen die Schanzenden madte, von einem Steine an ben Kopf ge-
troffen und verſchied nad drei Tagen. Sein Tod wurde von allen Berbün;
beten als Unglück betrachtet (Pauſ. I, 25, 5.), und man erwied ihm wegen
feiner DVerbienfte bei feinem Begräbnig Heroenehre; im Athen bielt ihm und
den übrigen im Kriege Gefallenen Hyperides ven Byitaphiod. Diod. XVII, 13.;
f. Bd. II. ©. 1554 f. (Die Berlobte des Leoſth, die Tochter eines Arco»
pagiten, gab ſich auf die Nachricht von feinem Falle felbft den Tod. Hieronym.
L, I. adv. Jov. p. 47.; f. Weflel. zu Diod. am a. DO. Gin Gemälde des
Leoſth., auf welchem aud Söhne von ihm abgebildet waren, ermähnt Pauſ.
1, 1, 3.; |. Arcesilaus 3.) — Un Leoſth. Stelle wurde Antiphilus ernannt,
ein Munn, der Zutrauen verdiente. Diod. am a. D. Nicht lange darauf
rüdte Leonnatus (f. d.) mit mehr als 20,000 Wann zu Zuß und 2500
Meitern aus Macevonien zum Gntfag von Lamia heran, Antiphilus mußte
die Verbindung mit Antipater verhindern, die Kampffähigen in feinem Heere
waren aber nur noch 22,000 Mann zu Buß und 3500 Weiter, fo daß er
ſich nicht flark genug fühlte, zugleih dem Leonnatud bie Spige zu bieten
und ein Delagerungscorps bei Lamia zurüdzulaflen, deshalb bob er Die Be-
lagerung auf, fledie dad Lager in Brand und ſchickte alle zum Kampfe
Untüdtigen und dad Gepäck nah Melitia. In einer mit waldigen Höben
umf&hlofienen Ebene, mie Droyſ. Hell. I, 80. vermuthet, einige Meilen
norboftmärtd von Lamia, auf dem Wege nah dem phrhiotifhen Theben,
trafen die Heere zufammen;. e8 entipann fi ein Meitergefeht, in welchem
die Griechen durch die Tapferkeit ver Theffalier den Sieg errangen. Leonnatus
war, nachdem er mit der größten Auszeichnung geftritten, in einen fumpfigen
Drt gedrängt. worden, wo er, mit Wunden bebedt, feinen lintergang fand.
Antipater vereinigte fih am folgenden Tage mit dem Fußvolk, dad, obne
Antbeil am Kampfe genommen zu haben, auf die waldigen Anhöhen fi&
zurückzog, wo es vor dem Angriffe ver Iheffalier gefhügt war. Da Anti»
pater die eberlegenheit der feindlichen Reiterei fürdhtete, vermied er die Ebenen
und kehrte, indem er immer die Anhöhen beſetzt hielt, nach der macedonijchen
Grenze zurüd, um bier An einem feften Lager die Ankunft der Veteranen des
Grateruß zu erwarten. Antiphilus verhielt ſich rubig in Theſſalien. Dior.
XVIII. 15. Blut. Phoc. 24. — Während diefer Berfälle Im 3. 323 und
Lamiıcher Krieg | 745
| im Anfange des I. 322 war der Krieg auch zur See geführt worden. Diodor
am a. D. gibt weder über das Local noch über die Zeit der Begebenheiten
zur See genügenden Beriht. Auch die Zahlangaben der Schiffe beider Flotten
bält man für unriätig (vgl. Weſſel. zu Diod., Grauert hiſtor. und philol.
Analekten), da die macedoniſche Flotte unter Clitus erft nur 110 Schiffe,
fpäter 240 zählte, fo viele, als die Athener auszurüften beſchloſſen Hatten,
die Flotte der Athener dagegen befland im Ganzen nur aus 170 Schiffen.
Droyfen (am a. D. S. 514.) findet ed wahrſcheinlich, daß die macebonifche
Flotte fich aus den Häfen Kleinaflens u. ſ. w. bedeutend verftärfte, und bringt
die Angabe bei Juftin. XII, 5., nach, welcher noch Alexander zu dem Kriege
gegen bie Griechen Bedeutende Nüftungen angeorbnet hatte, damit in Juſammen⸗
bang; die Athener aber Haben einen Theil der Klotte, wofür Urkunde XVI. b.
155. c. 35. in Böckhs Seeweſen d. Ath. (vgl. daſ. S. 467. 549. u. ©. 81,)
ſpricht, zur Beihirmung des Landes auserlefen; im peloponnef. Kriege war
nad Ihuc. II, 26. die Zahl der sfaiperos zig Qvlaxınv ris ywpac 100,
und in ben Urkunden von 3I30—29 werben Gerätbfähaften für 100 Schiffe
gewiß au ähnlihem Bebraude auf der Afropolis deponirt (Böckh Urk. XI.
S. 396 ff.), eine Anoronung, die denkbarer Weife auch für dieſen Krieg
benugt wurde, fo daß von den befchlofienen 240 Schiffen anfangs etwa 140
audgefandt worden wären; f. Droyf. am a. D. u.6.5%f. — Nah Dior.
am a. D. flegte Glitus über den athen. lottenführer Cetion in zwei See⸗
ſchlachten und vernichtete viele Schiffe der Zeinbe Hei den echinadiſchen Infeln.
Nah Grauert S. 268. Hätte Diod. flatt der Echinaden tie Rhede von Echinus
im Malifgen Meerbufen nennen follen. BDroyfen Cam a. DO. ©. 514. und
in der geitfhr. f. dv. A.W. I. 1836. Nr. 20.) findet es unwahrſcheinlich,
daß beide Schlachten an bemfelben Drte geliefert wurden; nad ihm war bie
eine ber beiden Schlachten die bei Amorgos (Put. praec. reip. ger. 9.
‚ Demetr. 11. Xiban. ep. p. 1569.); daß diefe Schlacht nicht in fpätere
Jahre fiel (wie Srauert &. 337. annimmt), fei daraus Mar, daß Elitus fi
nad biefem Siege, den Put. abfichtlich verkleinert, Poſeidon nennen Tieß,
und einen Dreizad als Attribut nahm (f.-Bb. I. ©. 462.), bis zum Jahre
318 aber, in weldem Clitus flarb, Hatten die Athener Teinen weiteren See»
frieg. — In Bolge dieſes Sieges, der dem Siege der Griechen Über Leon⸗
natus (Spätherbfi 323) voranging (Plut. Phoc. 25.), landete ber macedo⸗
nifhe Feldherr Milton mit vielen Maceboniern und Sölbnern bei Rhamnus
in Attica und durchzog verheerend dad Land; Phocion rüdte gegen ihn aus
und töbtete ihn und viele feiner Leute. Blut. am a. D. — Die zweite See»
flat wurde nah Droyfen bei den echinadiſchen Inſeln (Diod. am a. OD.)
eliefert. Clitus fuhr nad feinem Siege bei Amorgos um den Peloponnes
Berum nad der Küfle von Uetolien und Alarnanien und legte ſich bei ven
echinadiſchen Infeln unfern der Nchelousmündung und ber Stadt Denlapä
vor Anker, um die heimgelehrten Aetolier zu verhindern, ihr Land zu ver-
laſſen und wieder Antheil am Kriege gegen Antipater zu nehmen; beſonders
da wegen der Unnäherung des Reonnatus bie Macedonier auf ein Uebergewicht
Hoffen durfien, wenn die Griechen vor Lamia nit Verſtärkung erhielten.
Die Athener rüfteten eine neue Flotte aus, welche bie Feinde bei ven Echi⸗
naben auffuchte, aber wieder geſchlagen wurbe. Als Zeitpunkt für diefe
Schlacht beſtimmt Droyſen (Rhein. Muſ. S. 528.) den Frühling 322, als
wegen der nahe bevorflehennen Wiedereröffnung bed Krieges durch Antipater,
nad Ankunft des Graterus, den Athenern daran liegen mußte, den Uetoliern
den Zuzug nad Iheffalten möglih zu machen. — Mit dem Ende des Früh⸗
lings 322 kam Graterus an; dur feine Vereinigung mit Antipater wuchs
das macedoniſche Heer auf mehr alt 40,000 Säwerbemafinete, 3090 Säleu-
IV.
746 Lamicher Krieg
berer und VBogenfchügen und S000 Reiter an; das griechiſche Heer zählte nu
25,000 Mann Fußvolk und 3500 Meiter; zudem befaßen wenige von der
griech. Unführern, zum heil junge Leute, Kriegderfahrung und Autorität
Blut. Phoc. 26. Die Macedonier lagerten fich am Peneus, die Grieche
ſüdlich von biefem Fluſſe. Antipater forderte fle täglich zum Kampfe heraus:
anfangs wollten fle Verflärkungen erwarten, endlich aber ließen fie ſich, ck
die erwarteten Truppen anfamen, zur Schlacht verloden, in ber Ebene vor
Granon, am 7. Metageitnion (Auguft) 322 (Plut. Camill. 19. Demosth. 28.).
Zwar flegten bie thefſaliſchen Reiter, allein gegen die gewaltigen Vhalange
der macebonifhen Veteranen Eonnten die Griechen dad Schlachtfeld nicht be
Haupten und bie Macedonier flegten, wenn glei nicht entſcheidend. Bir
Griechen hielten e8 nun für rathſamer, Unterbandlungen anzufnäpfen, in da
Soffnung, günfligere Friedensbedingungen zu erhalten, fo Tange fie noch in
Stande wären, den Kampf fortzufegen. Es mwurben Geſandte an Antipate
abgeſchickt, um mit ihm im Namen des Bundes zu unterhandeln; Antipate
aber erklärte, er werbe ſich nicht mit der Gefammibelt, fondern mit jenen
einzelnen Staate beſonders einlaffen. Die Griechen wollten ſich zuerſt zu
Separatverträgen nicht verfleben, allein die Angriffe ver Macebonier auf theſſa⸗
liſche Städte entzogen ihnen bie theſſaliſche Neiterei und die Binnahme eine
theſſaliſchen Stabt nad) der andern vermehrte ihre Kurt vor dem @indringer
Antipaters in Hella; das Heer zerfireute ſich und jede Stadt begann einzel:
zu unterhandeln, fo daß bald nur noch die Arhener und Aetolier zur Unter:
werfung übrig waren, Diod. XVII, 17. Antipater richtete feinen Marik
gegen Athen; er fland ſchon in Böotien, als atheniſche Befandte, unter ihnen
— 28*— und Demades, zu ihm kamen und um Frieden baten. Antip. ver⸗
langte Ergebung auf Gnade und Ungnade, wie der Feldherr der Athener vor
ihm, als er in Lamia eingeſchlofſen geweſen, verlangt habe. Dem Phocion
ir Gefallen veripra er, nicht weiter vorzurüden. Unter biefen Umfländen
lieb den Athenern nichts Anderes übrig, als durch eine zweite Geſandtſchaft
ihre Unterwerfung zu erklären. Antip. forberte Außlieferung des Demoſthenet
(f. ®b. II. S. 969 f.), Hyperides (Bd. II. S. 1554.) und anderer be
deutender Gegner Maceboniens, die Uebergabe von Munychla an eine mac
bonifhe Beſazung, Bezahlung der Kriegäfoften und einer Strafe, Beſchrän
fung der Demokratie und Annahme Tünftiger Entſcheidung über den Befit
von Samos. — Der Philoſoph Xenocrates (f. d.), einer ver Befandten, meinıe,
für Sklaven feien die Bedingungen billig, für freie Männer zu hart. — Am
20. Boedromion nahmen die Macevonier Befig von Munydia, und nun
folgte die angekündigte Berfaffungsänderung. Nur diejenigen, deren Bermöger
2000 Dramen betrug, follten als Bürger gelten, die Uebrigen wurden.
damit der Friede nicht durch ſolche geflört werde, bie an ven Öffentlichen Laften
nit Theil nähmen, von Gericht und Ekklefie ausgeſchloſſen. Nah Died
XVII, 18. fol fi die Anzahl der activen Bürger jet noch auf 9000 Be:
laufen haben; von denjenigen, die ihre Rechte verloren, nahmen Biele Anti:
pater® Anerbieten, fie nad Thracien überzuflebeln, an (na Blut. Phoc. 28
waren e8 12,000, bie dad Bürgertfum verloren, Diod. am a. O. ſpricht.
wohl mit Uebertreibung,, vgl. Weflel. zu d. St., von 22,000, die dad Vater:
land verließen). Diod. Plut. Phoc. am a. DO. Pauf. VIII, 10, 4. Polvb
IX, 29. Arr. ap. Phot. p. 69. b. 19. Außerdem wurde über Biele der
antimacebonifhen Partei die Verbannung ausgeſprochen (Blut. Phoc. 20
und unt. Phocion). Da die Redner, deren Auslieferung verlangt wurde
fi vor Antipaters Ankunft geflüchtet Hatten, wurden fie auf den Antroc
bed Demades abweiend zum Tode verurtbeilt und verfolgt (f. Hyperides
Demosth.). — Nachdem Antip. au im Peloponnes Berfügungen getroffer
Batte, wie fle ihm zur Vernichtung der Autonomie und Befefligung ber mace:
— ” — Lo 2 m. - —- —
Aetolier, die ſich allein noch nicht gefügt Hatten. ſ. Bd. I. ©.
Lamiaeno — Lampadarlus 707
doniſchen Bevormundung gut duͤnkten, beabſichtigte er die Se plaung ber
. 549. —
Grauertd Analekten. Droyſens Geſch. d. Helen. I. Flathe's Geſch. Mas
cedoniens I. [K.]
Lamisous, ein Pythagoreer, erwähnt in einem Briefe des Archytas
an den Iyrannen Dionyfius den füngern, bei Diog. Laert. IH, 22. [B.]
Lamius, Acaos, (au Lamus, Ovid Heroid. IX, 54.), Sohn bes
Herkules und der Omphale, ver der theffalifchen Stadt Lamia den Namen
gab, Diod. IV, 31. a. & [Mezr.]
Lamnaeus (Acurcios, Arrian. Peripl. mar. Erythr. p. 25.), ein
font nirgends erwähnter Fluß Vorderindiens (India intra Gangem), der durch
das Gebiet der Barygazi floß und fi in den Sinus Barygazenus (j. Meerb.
von Gambay) mündete, vielleicht der Namadus des Ptol. ober ber heutige
Nerbudda. [F.} -
Lamötis (Acuwris, Btol. V, 8.), ein Diſtrikt an der oͤſtlichen Küfte
von Cilicia aspera, zwiſchen ben Zlüffen Galycapnus und Lamus, mit der
Stadt Lamus. Gr führt noch den Namen Lamuzo. — 2) f. Antiochia La-
motis, ®b. I. ©. 598. Nr. 6. [F.]
Lampe oder Lappa (Aauna, Aanna, denn beide Kormen bed Na-
mens finden ſich nicht nur bei den alten Schriftſtellern, Scyl. p. 18. Bolyb.
IV, 53. Dio Gaff. XXXVI, 1. Theophr. h. pl. II, 8. Ptol. Tab. Peut.
u. Hieroel., ſondern au auf Münzen und Infäriften, unb zwar erflere bei
Mabillon Mus. It. p. 33. u. Eckhel I, 2. p. 314. ſder aus Polyb. 1. 1.
mit Unrecht folgert, daß Lampa von Lappa verſchieden gewefen fell, letztere
bei Edel am a. O. Chishull p. 122. und Gruter. p. 1091, 9. — bei
Steph. Byz. Aauıan und in ber Not. Episc. Arunaı), Stabt im weſilichern
Theile von Kreta, von Agamennon erbaut, aber nad einem Tarıhäer Lampos
—— — — — — — — — —
benannt, alſo wahrſch. eine Kolonie von Tarrha (vgl. Hoͤcks Kreta J. ©. 388.).
Sie lag in einiger Entfernung von der Küſte im Diſtrikte von Lampaea
(Sept. 1. 1.), Hatte aber an jener einen Hafen Namens Phoenix (|. d.). Ihre
Ruinen find nahe Hei den Quellen des Fl. Armiro im Gebirge (ben Albi
montes ber Alten) zu ſuchen. [F.] '
Aauradeapyie, die Anordnung bed Fackellaufes nebſt Beſtreitung
der dazu noͤthigen Koſten, namentlich in Athen eine beſondere Art ber Leis
turgieen, welche Ariſtoteles zu den koſtſpieligen aber wenig Bortheil bringenden
zählt (Pol. V, 7.). Doc läßt fih nicht beſtimmen, ob bie Lampadarchie
eine für ſich beſtehende Leiturgie, oder ein wichtiget Theil der Gymnaflarchie
war. Ariſtot. 1. 1. bezeichnet fie als ſelbſtſtändige Asszovoyia. So Tommt
and der Anunadzoyns auf einer Infhrift der Stadt Julis auf Keod vor
G6Boͤckh C. I. n. 257.). Möglich daß wenigſtens zu Athen, wo ber Fackel⸗
lauf fo bellebt war, wenigſtens zut Zelt des Ariftoteles neben der Gymna⸗
flarchie auch eine befondere Lampadarchie Statt fand. Wenigftens konnte
man bie Leiftung der Gymnaſiarchie, wenn fie ſich vorzugöweiſe auf bie An⸗
orbnung des Fackellaufes bezog, auch als Anunadupyie bezeichnen. Daß
beide Leiturgien In der genaueflen Beziehung zueinander fanden, geht ſchon
daraus hervor, daß beide fi auf gymniſche Mebungen, melde an Beften auf
geführt wurden, und beide fi auf die Epheben aus den Gymnafien bezogen.
E86 konnte wenigſtens eben fo gut eine Iſolitung beider als eine Verſchmelzung
eintreten. Band eine Iſolirung nicht zur Zeit bes Xenophon (cf. de republ.
Athen. c. 13.) Statt, fo Eonnte fle do zur Beit des Ariſtoteles (f 1. e)
eingetreten fein. Weiteres |. in m. Gymnaſtik d. Hell. I. 6. 186 ff. 201 ff.
Böck Staatth. I. ©. 496 f. [Kse.] .
Lampadarias, lampadifer, laternarius, dadovgds, ber Gflave ber
feinen Seren bie Wedel uber Raterne voranträgr (servus praelücens, Gurt.
TR . 2. Asumaliduome .
Aug. 29.), bei, Nachts beim Heimweg ober fonfligen Uusgängen, Bal. Mar.
VI, 8, 1. Juven. JII, 285. Petron. Sat. 79. ullius Hatte in der älteren
Zeit ein Privilegium in dieſer Beziehung, ſ. Bd. II. ©. 1280., fpäter wurbe
die urfprüngli griech. Sitte auch in Nom allgemein, und Reiche vermen-
deten dazu mehrere Sklaven, Juv. 1. I. vgl. Lucerna. Unter dem kalſerl.
Hofperfonal finden fi gleihfalld lampadarii, |. Cod. XI, 60, 10. Orelli
Inscr. 2845. 2980. Yabretti p. 307. n. 309. Murat: 888,5. Diefe trugen
dem Kaifer und ben Bliebern der Eaiferl. Familie bei allen Ausgängen Fackeln
voraus, was mir unter Antonin ald längſtbeſtehende Sitte finden, Dio G.
LXXI, 35. vgl. Herodian. I, 8, 8. 16,.9. 11,3, 5.8, 10. VI, 1, 22. 6,4.
Bol. Lipf. Exc. A. zu Tac. Ann. I. Q. 6. Eſchenbach de igne Augustis
praelato, in f. Diss. Acad. p. 519 ff. [W.T.]
Aaunaöndyonie, Auumaönpopie, auf einfah Auuzag, ayan
launadog, ayar eni Aaunadı, Eopın Aaunadog, Arunadovgos noc.
. Aaunadovyos cycr genannt, ber in vielen helleniſchen Staaten, v»orzäglid
zu Athen beliebte Fackellauf, ein in mondloſer Nacht im Freien gehaltene
Wettlauf mit brennenden Badeln zu Ehren ber, Zeuergötter, namentlich an
den großen und kleinen Panathenäen, an den Hephäfleen (Herod. VIII, 98.),
an den Prometheen, an den Bendibien -(zu Ehren der Lichtgdtiin Artemis
Bendis) und am Feſte des Pan (Herod. VI, 105.). Zu Athen erfiredte iS
der Wettlauf von dem Altar des Prometheus in ver Akademie, we die Bade!
angezündet murbe, bis zur Stadt (mpog zur nei), welcher Raum au als
der äußere Kerameikos bezeichnet wird. Bauf. I, 30, 2. Suid. v. Kega-
neınöog, TorRog tg Artınja Yıınaog, Onov enerslovs oi Adıyaioı war Eros
Anunadoüyor ayara, morauf ſich Suidas auf Ariſtoph. Ran. 129—133 Ge»
zieht — Der Sadellauf wurde von Epheben aufgeführt, welche aus den in
den Gymnaflen fi übenden Sünglingen nach einer beflimmten Orbnung ge»
nommen, zu bem Fackellaufe vorbereitet, erhalten und ausgeflattet wurben,
was zu ben Leiflungen der Lampadarchie gehörte, Außer Athen finden wir
den Fackellauf zu Korinth am Feſte der Athene Hellstia, zu Byzanz am Feſte
Bosporia, wo er von Kunden aufgeführt wurbe, zu Koreſſia auf der Inſel
Keos, wo die Fackelläufer ald venrapoı bezeidänet werden, zu Neapolis, wohin
er von Athen aus gebracht worben war, zu Teos, zu Ilion, zu Ampbipolis.
Athen. XV, 678. b. Pauf. VII, 27, 3. Bödh C. Inser. n. 2034. 2847.
2360. 3088. Alexander hielt einen Fackellauf nebit einem gymmiſchen Agon
zu Sufa (Arrian. Exp. Al. III, 16,). — Die Ausführung des Fackellaufes
fand theils zu Zuß, theile zu Roß Statt. Der erflere wurde nad den ſchrifi⸗
lichen wie den bildlichen Denfmälern auf mehr als eine Weile ausgeführt,
möge dies nun feinen Grund in der Verſchiedenheit der Zeiten ober Staaten
‘haben, oder mögen beine Arten neben einander beftanden haben. Weber bie
eine Art gibt und Pauſanias (I, 30,2.) Auskunft: zai Hsovar au avıos
noös ri molsr Äyorzes xaoudvag Aapmadag‘ =o db ayamoma Önos To
dgoum yvlakaı ri ddda Er nasomarır sariv" anoußsodeiong da ovdtr iu
ans vinng TO Rpwre, devripp dA are avrod uereour" ei Öb unds zovso
xcciorro, ôú Tpirog &0tiy 6 xpater' ai db nal naar anooßeodein, ovösıs
80rr, Oro zaralsineras 7 vinn. Wäre bier von einem Aufftellen ber Läufer
in gewifien Intervallen die Rede, fo daß ber zuerft Auslaufende dem Nähf-
folgenden feine Fackel brennend zu überreichen gehabt hätte, fo ſeht man
nit ein, wie der Sieg hätte entfhieden werben follen, wenn fie ſämmtlich
ihre Tadel bis an Ort und Stelle gebracht hätten. Auch iſt bier Leine Spur
vom Ueberreichen der Fackel. — Die zweite Art des Fackellaufes war, daß
der Wertläufer feine Fackel brennend einem andern zu überreichen firebte.
Ariſtot. Phys. V, 4, 10.: zei olor 5 Auunac &x dimdogäs Yoga srauern'
ovsegrs © own ögsı- Auct. ad Herenn. IV, 46,: quamadmodum in palaesira
m —- na WE u DE OH IB A
Lampadio — Lampöe 749
qui taedas ardentes accipit celerior est in cursu, quam ille qui tradit,
— quod defaligatus cursor integro facem 1radit. Vgl. Dio Gafj. LVI, 2.
Hier waren demnach die Zadelläufer in Intervallen aufgeflellt: der zuerft
auslaufende ſuchte im rafchen Laufe feine Fackel brennend bis zum nächſtfol⸗
genden zu bringen und biefem zu überreichen: dieſer dann dem britten, u. f. w.
Dies Ueberreichen ver Fackel fand auch im ritterliden Fackellaufe Statt,
Plat. Rep. 1,328. a.: Aanana dıa Eyorzes diandwoovnny aAAnAoıg, duAAo-
nero: Tois inroıs. — Auf die Schnelligkeit im Fackellaufe bezieht ſich Ariſtoph.
Weſp. 1203. — Antike Bildwerke veranfhauliden den Fackellauf auf ver-
ſchiedene Weiſe. Auf einer antifen Vaſe (bei Tiſchbein Coll. of engr. fr.
anc. vas. vol. Il. pl. 25.) bemerkt man drei nadte Epheben, das Haupt
mit einer feltfamen Blätterkrone geſchmückt: zwei derſelben tragen noch Die
flammenbe Fackel in der Linken (Bahsfadeln auf einem mit einem Eleinen
Schilde verfehenen Lichtträger), der erflere aber, welcher voranfchreitet, ift
ohne Fackel. Den mittleren ummindet die Nike mit ber Tänie. Hinter dem
dritten ſteht ein Kampfrichter. Der Wettlauf fcheint bier fon vollendet zu
fein, worauf au die rubige Haltung dieſer drei Agoniften hindeutet. —
Eine ganz verſchiedene Darftelung finden wir in den antik. Bildwerken von
Gerhard, Cent. I, 4. Text 63. Hier find die Badehträger in vollem Laufe
begriffen, Halten mit der Rechten die brennende Fackel empor und tragen mit
der Linken einen runden Schild. Auch die Badeln find anderer Art und
gleihen mehr unfern Pechfackeln. Aus einem untenhin fpigigen, oben breiten
Schafte firebt die Flamme mächtig empor. Der Zadellauf zu Roß iſt auf
der großen pergamenifchen Vaſe von Marmor vorgeflellt. Hier erfcheinen
vierzehn Neiter mit Badeln (f. Choiſeul⸗Gouffier Voyage pitt. T. II. pl. 4.
md DO. Z. v. Richter Walf. im Oriente ©. 492.). Fackelträger, deren
Sadeln mit kleinen Schilden oder Tellern verſehen find, findet man auch auf
Münzen, wie auf benen von Amphipolis. S. Mionnet Descr. d. med.
pl. 49, 6. — Bal. oben Bd. III. S. 979. BVöckh Staatsh. I. S. 496 f.
. Jahn zu Perfius VI, 61. p. 225—227., wo die Stellen der Alten voll»
ſtaͤndiger gefammelt find. [Kse.]
Lampadie ((). Octavius Lamp.), ein romiſcher Brammatifer, vielleicht
no& unter Sulla, befannt aus Sueton. De illustr. gramm. 2., wonach er
das Gedicht des Nävius über den erften punifchen Krieg in fleben Bücher
abtheilte, wahrfcheinlih auch daſſelbe kritiſch und exegetiih behandelt Hatte.
Bal. Meyer in d. Zeitſchr. f. A.W. 1836. S. 376. [B.
Lampas (Acunas, Peripl. Pont. Eux. p.6. Xrrian. Peripl. p. 20.),
1) Drt mit Landungdplag an der Küfle der Chersonesus Taurica, zwiſchen
Athenäon und Kriumetopon; nad Mannert IV. &. 303. an berfelben Stelle,
we Ptol. IM, 6. den Ort Lagyra (Aeyvoa) nennt ober beim heut. Dorfe
Salta. — 2) Infel mit zwei 618 drei Gafteden vor der karthag. Küfte und
von 5 bewohnt, oͤſtlich vom Vorgeb. Hermäum, blos bei Scylax
p. 80. I[F.
Lampas, |. Lucerna.
Lampätae (Acunares, Ptol. VII,1., vulgo Aaunayaı), eine Völker
ſchaft an der nördlichen Grenze von India intra Gangem, am Buße des Imauß,
bis zu dem Gebirge der Comedae Hin und um die Quellen des Goad her,
nörblih von der Landichaft Suastene (j. Sewad). [F.]
Lampe, nad Blin. III, 6, 10. Flecken Arkadiend, unftreltig an dem
Gebirge Lampen, alfo im norbweftfichflen Theile ver Landſchaft. Steph. Byz.
nennt auch (eben fo unbekannte) Ortſchaften dieſes Namens in Afasnanien
und Argolis. [F.]
Lampen (7 Aaunuc, Strabo VIII, p. 341. Pauf. VIII, 24. Schol.
Apollon. 1,127, Stat. Theb. IV, 290., Lampeus M. bei Plin. IV, 6,10.),
7% Lampetia — Lampra
ein Theil des Erymanthus⸗Gebirgs im Arkabien, an der Grenze von Achaſa
und Elis; jetzt Elanda. |
Lampetia (Auunzerin) 1) Tochter ded Hellus und einer Nympbe
Neära. Nah ihrer Geburt murbe fie mit ihrer Schwefter Bhadtufa nad
Sicilien gebracht, um da die Heerben ihres Baterd zu hüten, Som. Od.
XII, 432 f. 374 f. Proyert. IN, 12, 29. Hygin. f. 154. macht fie zur Schweſter
bes Phaetbon. Vgl. Oviv. Met. II, 349. 2) f. Clampelia. ]Mzr.]
Läampeus, Berg in Arkadien, Plin. IV, 6, $. 21., ſ. Lampea. [W.T.]
Lampido oder Lampito, f. Leotychides.
Lampon 1)der Aeginete, des Pythead Sohn (über welchen f. Herod.
VII. 181. VII, 92 Muͤller Aegin. p. 126.), wird mit feinem Rathe,
an Mardonius Leihnam die Beihimpfung ded gefallenen Leonidas zu rächen,
von Paufaniad fireng zurückgewleſen. Herod. IX, 78. Pauf. IM, &, 10.
2) von Athen, WBahrfager und Orakeldeuter, der durch heuchleriſche Ortho⸗
dorie und pfäffiſches Benehmen den Spott ber Komdbie fi zuzog, von
Gratinus in den Apamerides (f. Meinefe fr. Com. N, 1, p. 42f. ÖL f.
Bergk Commentt. de ant. com. Att. p. 49 ff.), von Ariſtophanes in Av.
521. 983. — Im Auftrage des Perikles (Put. praec. reip. ger. c. 18.),
dem er, als ihm einft ein Widderkopf mic einem Horne gebradt wurde,
den Sieg über Thucydides und feine Mat prophezeit hatte (Blut. Per. 6.),
führte er mit Zenokritus im I. 444 (f. Hermann gr. Staatsaltth. $. 80, 22.
vgl. Hölſcher de vita et scr. Lys. p. 17 f.) Anflepler nad dem alten Sybarid
zur Gründung von Thurii. Died. XII, 10. Schol. ad Arist. Nub. v.
331. Av. 521. Pax 1083. Suid. v. Yovgrouarzeıs. ck Blut. Nic. 9.
vgf. Taylor ad Lys. vitam p. 33. — Im J. 421 war er unter denen, bie
den Nictadfrieven unterzeichneten. Thuc. V, 19. 24.
Lamponia (Acunoreea, Hecat. fr. 210. aus Steph. By.) ober
Lamponium (Acunwosnor, Herod. V, 26.), nach Hellanicus bei Strabo
XIII. p. 610. eine äoliſche Stadt im Innern von Troas an ber Grenze
Aeoliend, von Spätern nicht weiter erwähnt. [F.)
M. Lamponius, einer ber Seerführer ver Italer im Bımbesgenofien-
Eriege und fpäter Derbünbeter des jüngeren Marius (Apytan. b. c. I, 40.
41. 90. 93. Diodor. fragm. 1. XXVII. Phot. 1. 2 Sent. 10. [Mai. Ser.
vett. N. Coll. IH, p. 121.) Pfut. Sull. 29. Comp. Lys. et Sul. 4. Flor. II,
21. @utrop. V, 8. Drof. V, 20.). Ein Lukaner von Geburt (Plut. Sull.
29. vgl. Diobor. Ph. 1.) kämpfte er an der Spitze feiner Landölente unter
dem Öberbefehle des Samniten Bontius Telefinus (vgl. Hlor. PM; 18), und
fiegte im J. 664 d. St. (90 v. Chr.) bei Grumentum über den Legaten des
Co. 8. Julius Cäſar, P. Licinius Craffus , deſſen Lager er anzündete (vgl.
Srontin. Strat. II, 4, 16. IV, 7, 41.), und von deſſen Heer er gegen 800
tödtete (Appian. 41. vgl. Diobor. Sent. 10., ber von einem perfönliden An-
griffe des Lampon. auf Graffus berichtet). Als die meiſten Bundesgenoffen
bereitö fi unterworfen Hatten, fo hielt er fi mit zwei andern Geerführern,
Glepitius und Pompädius noch im Bruttiihen, und entwarf mit venfelben
fogar den Plan, von Rhegium aus die Injel Sicilien zu unterwerfen (Diod.
Ph. 2). Im 3. 672 (82) aber erhob er fi mit Montius Telefinus aufs
Meue, und nachdem die beiden Campanien und Gtrurien verheert (Flor. HI,
21.), fo verſuchten fie z’1erft den Gonful Darius in Bränefle zu entfeßen,
und zogen hierauf gegen die Haupiſtadt ſelbſt, wor deren Thor (dem eollint-
fhen) fie durch Sulla ihren Untergang fanden (vgl. Plut. Lys. et 8. 4.,
wonach beide das Leben verloren, wogegen Appian. 93. den Lamponius
entfommen läßt). [Hkh.
‚ Lampra (Acunga, Heſych. h. v. Aaumgal bei Suſdas h. v., bie
Einw. Anungeis, Etrab. IX. p. 398, Pauſ. I, 31.), Stadt an der Weſt⸗
yr
V. 5, 2.
. bes Plutarch (Sympos. I, 2,5. 8, 3. II, 2. VIII, 6
Lamprias — Lampröcles | 731
küſte von Attika beim Vorgeb. Aftypaläa (Strab. a. a. O.). Sie zerfiel in
die obere und untere Stadt und wurbe zur Erechiheiß gerechnet. Man zeigte
in ihr das Grab des von Amphictyon bierber vertriebenen Königs Cranaus
(Bauf. a. a. D.). Ieht Lamvrica (Stuart Ant. of Ath. III, p. VII.), worin
Krufe Hellas II, 1. ©. 230. jedoch nur Ober-fampra zu finden glaubt, wäh⸗
rend er UntersXampra für das eine Stunde davon entfernte Alico an der
Bai von Bari (Stuart ebendaf.) hält. Die ganze Gegend zwiſchen beiden
Orten ift mit Ruinen und Inſchriften bedeckt. (Bell It. of Gr. p. 87.) [F.]
Lamprias, eininber Familie Plutarch's mehrfach vorfommender Name:
1) der Sroßvater Plutarch's (f. Blut. Vit. Anton. 28. Sympos. 1, 5, 1.
IX, 2, 3. De defect. oracc 8, 38. 46. etc.); 2) ein Bruder
9.), Anhänger
der peripatetifhen Xehre; 3) ein Sohn des Plutarhud (Sud. Aau-
zoias), der aber fonft nirgenns vorfommt und deſſen Eriftenz daher bes
zweifelt worden if (ſ. Schäfer p. 24.); nad Suid. Verfaſſer eines Ver⸗
zeichniſſes aller Schriften feines Vaters. Dieſes Verzeichniß marb aus einer
Blorentiner Handſchrift zuerft durch D. Hoͤſchelius am Ende des ſechdzehnten
Jahrhunderts befannt gemacht und ging daraus in die Frankfurter Ausgaben
der Werke Plutarch's (1598. 1620 ) über, eben fo auch in Fabric. Bibl. Graec.
V. p. 159 ff. (ed. Harl.), wo jedoch Harles p. 167ff. einen theilmeis ab⸗
weidenden und erweiterten Text deſſelben nach einer Venetianer Handſchrift
beifügte, beides auch bei Schäfer p. 3ff. Indeſſen findet ſich doch bei
näherer Prüfung In diefem DVerzeihnig gar Manches, was von einem Sı he
des Plutarch nit herrühren Tann, Manches auch, was auf eine fo frühe
Zeit der Abfaffung nicht führt, während dagegen vieles Andere uns baffelbe
als die Compilation eines weit fpäter lebenden, vieleicht erſt furze Zeit vor
Suldas fallenden Brammatifers erfcheinen läßt, mie dieß A. Schäfer (Comment.
de libro vitt. decem oratt. Dresd. 1844. 8) p. 2—27. im Einzelnen
nachgewieſen bat. |
Ein Lamprias fommt aud) bei Zuclan Dialog. Meretr. III. (T. IH,
p. 206 ff. ed. Bip.) vor, iſt aber vielleicht eine fingirte Berfon. [B.]
Lampridias (Aelius), einer von den Scriptores historiae Augustae
(f. d.), deſſen Lebensverhältniffe uns nicht näher bekannt find, daher man
ihn mit einem andern dieſer Schriftſteller Aelius Spartianus, ber unter
Diocletian fällt, zufammenmwerfen und beide für eine Berfon (Aelius Lampri-
dius Spartianus) anfehen wollte, was jedoch nicht wohl zuläfftg ift. Auch nennt
der gegen Ende bes dritten Jahrhunderts n. Ehr. lebende Flavius Bopiscus
(Vit. Prob. 2.) ausvrüdlich den Lampr. unter den Muftern, denen er felbft
in feiner Geſchichtſchreibung folge. Gemöhnlih tragen vier Vitae jener
Sammlung von Kaijergefhichten (Vita Commodi, Diadumeni, Heliogabali,
Alexandri Severi) feinen Namen, fte laffen au in Abfiht auf Yorm und
Darftelung, mie in der gefammten Behandlungsweiſe keinen ſonderlichen
Unterfgied von den Übrigen Beſtandtheilen jener Sammlung erkennen; 1.
Meine Geſchichte d. röm. Lit. 6. 254 nr. V. [B.] |
Lampröcles (Acunporins), Sohn des Midon, ein Attifher Dithy⸗
rambenbichter, und zwar aus ber frühern beſſern Zeit, berühmt durch ein
Lied auf die Pallas, die Schutzgoͤttin Athens, aus melden nod einige
Berfe vorhanden find (f. Ariſtoph. Nub. 964. und dazu bie Scholien;
Schol. Ariſtid. p. 203. ed. Srommel), die mit Unrecht dem Stefldorud (Tzep.
Chil. I, 683.)* beigelegt wurben; von andern Liedern find Spuren vote
® Bol. den Schol. bei Cramer Aneod. Oz. IIL p. 353. Schmidt p. 140 f. vers
muthet, es ſey der Marm. Par. Epoch. 50, in Ol. 73, 3. angefegte er ve
752 Acunporrpa — Lampsäcus
handen (f. Athen. XI, p. 491. C. vgl. mit Stob. Ecl. Phys. 1, 32.
p. 1006 ed. Heer.).* [B.]
Pol. W. M. Schmidt diatribe in dithyr. (Berl. 1845) p. 138 - 143.,
welcher den 2. vielmehr für einen Schüler bed Midon hält (vgl. Schol.
Nav. zu Ariſt. Nub. 1. I. Arumgordtovs Orrog ro Midwrng oiov 7 nedr-
tod), den Schol. zu Plat. Alcib. I, p. 118. C. fo emendirt: IIvdonleidr:
uovamös Ti oeuris movomis Idaonelog al Ilvduyopeiog, ov uadrırs
"Ayadoniis, [ov Midwr,] 0% Aauroonins, [0% 'AyasonAns,] ov Acuor, und
dann die Blürhe des Lampr. in Ol. 75—76 feht, was er au) dadurch beftärigt
findet, daß Schol. Ariſtid. II, p. 538 Dpf. und zu Ariſtoph. 1.1. Quellen
anführen, welche den Älteren (um Ol. 75 Iebenven) Tragifer Phrynichus als
Verf. des Hymnus auf Athene nennen. — 2. nahm mit der mirolybifchen
Tonart eine Aenderung vor, wodurch fie hellenifirt und der doriſchen näher
gebracht wurde, f. Plut. de mus. 16, p. 1136 D. und dazu Burette Mem.
de l’Ac. d. inscr. XVII, p. 238 ff. Bellermann, Anonym. syngr. de Mus.
p. 39. Schmidt p. 141f. [W.T.]
Aaurgorepa, ein befonderes Schema der lakoniſchen Orcheſtik, ein
Iuftiger Akt ver Mimik, wobei man fl$ wigiger, ſpöttiſcher Neben bebiente,
ohne dad honestum gerade fehr zu beachten. Pollux IV, 99 ff. Gegen D.
Müller’8 (Dor. II, &. 343.) Beziehung der 8. auf die Gymnopädien ſpricht
bie aioyporoyia. Da jedoch die Gymnopädien aus verfihiedenen Abtheilun⸗
gen beftanden, fo Fönnte die 2. einen Akt derfelben gebildet haben. e.]
Lamprus (Aaungoos), 1) ®emahl der Balatea, f. ®r. III, ©. 579.
2) Mufifer, von Ariflorenus (bei Plutarch de Music. 31. p. 1142. B.) unter
den ausgezeichnetſften Dufllern Griechenlands genannt, welche dem Älteren
Stil in der Mufſik huldigten (f. Gornel. Ney. Epaminond. 2. Plat.
Menex. 3. p. 236. A. vgl. Athen. XI, p. 506. F.) Er hatte au den
Sophofles in der Orcheftik und Mufll unterrihtet (Athen. I, p. 20. F.).
Der Komiker Phrynihus verfpottet ihn als Waflertrinter, Athen. II, p.
44. D. Ein jüngerer Lamprus (aud Erythrä) wird von Suidas (8. v.
Apsorossrog , |. Bd. I, 809) unter den Lehrern des Ariftorenus aufgeführt
(f. Mahne Diatrib. de Aristoxen. p. 12.).; ein Dritter ifl der Grammatifer
dei Ariſtoteles Magn. Moral. IH, 7. [B.
Lampsäcus (Acuyaxog, Hecat. fr. 207. Eharon p. 119. Ereuz. Scyl.
.35. Herod. IV, 138. Thuc. VIII, 62. Strab. XII, p. 589. Ptol. V, 2.
fin. IV, 11, 18. V, 32, 40. u. ſ. w, au Lampsacum: Cic. Verr. I, 24. und
Mela I, 19, 1.), eine bebeutende Stadt Myflend am norböftlicäften Theile des
Helleſponts, von Phocdern gegrüntet, bie nah @inigen bier fon eine
Stadt Namend Pityuffa oder Pityufa (Ilrvosso«) vorfanden (Charon ober
Strab. 1. I. Plut. de virt. mul. Vol. VIII, p. 290. Hutten. Steph. Byʒ.
s. v. Blin. V, 32, 40.); weshalb fie auch von Mandıen für Homer’s 1.
II, 829. (vgl. Strab. XII, p. 588. u. Steph. Byz. 552.) Pityia (ITirvecx)
gehalten wird (Stevb. Byz. und Etym. M. v. Aauwpanns. Schol. Apollon.
I, 933. Orph. Argon. 488. Plin. 1. 1.). Sie mar Hauptfitz des obfcdnen
Eultus des Priapus, der bier von der Aphrodite geboren worden fegn follte
(Athen. I, 23. Pauf. IX, 31, 2. Apollon. 1. 1. Ovid. Fast. VI, 945.),
weshalb auch die Umgegenb ber Stadt Abarnis oder wohl richtiger Aparnis
hieß (Anapris, von arapreioder, weil hier Aphrobite ihre unförmliche Leibes⸗
frucht ablegte und abIäugnete: Theophr. hist. pl. I, 6, 13.). Der alte
Name der Gegend jedoch war nad einem Fragm. des Charon p. 115. (ex
Schol. Apollon. II, 2.) Bebrycia (Beßovxi«), doch wohl weil ſich thraci»
[de Bebryker Hier niebergelafien Hatten. Sie erzeugte beſonders eine große
©, Bergk, Lyr, gr. p. 838. Shmibt p. 142. [W.T.]
Lampsomandın — Lina 798
Menge guten Weines (Ihue. I, 138. Died. XI, 57. Strab. 1. 1.) wes⸗
balb auch 2. von Zerres dem Themiſtokles geſchenkt wurde (Thuc. 1. 1.
Plut. Them. 29. Straß. XII. p. 587. Nep. Them. 10: Ammian. XXI,
8.). Mebrigend war 2, das auch einen guten Hafen hatte (Straß. 1. 1.),
die DVaterflabt des Gejhichtichreibers Charon, des Beripatetiferd Apimantus,
des Rhetors Anarimened und des epikur. Philofophen Metrodorus, und,
Epikur felbft lebte wenigſtens längere Zeit daſelbſt (Strab. p. 589.). Die
heut. Fleine Stabt Lepſek an der Meerenge der Dardanellen zeigt nur noch
Trümmer der alten Mauern. Dal. Pococke IH, S. 162. [F.]
Lampsemandus, eine blos von Plin. V, 31, 34. genannte Fleine
Inſel ded Sinus Ceramicus (j. Meerb. von Staneo oder Golf von Podrun,
Bodroum) vor der Küfte Cariens. [F.}
Lampsus (Acuyos) 1) nad Liv. XXXII, 14. Kaftel im weſtlichſten
Teile von Heſtiäotis (Theſſalien), ſüdweſtlich von Trieca. — 2) nad Ephorum
fr. 85. aus Steph. Byz. p. 716. ein Ort im Gebiete von Klazommä In
Jonien. [F.]
Lampter, ſ. Phocaea.
Lampter, Acauntno (der Leuiter), Bein. des Dionyfus in Pellene
| in Achaja, wo ihm ein Fackelfeſt (Auurrnoıe) gefeiert wurde, Pauſ. VIEL,
27, 2. [Mer.]
Lampus, 1) ©. des Aegyptus, Apollod. II, 1, 5. 2) ©. des Laos
| mebon, einer der Aelteſten in Troja und Vater ded Doloys, Dom. I. EI,
147. XV, 536. XX, 238. 3) Name eines Roſſes ver Eos, Od. XIII,
246. vgl. Yulgent. Myth. I, 11., und des Sektor, I, VIII, 185. [Mzr.]
Lampyrion (Acunzvoiwr), ein Beripatetifer, Schüler des Strato,
in deſſen Teflament ex genannt wird, bei Diogen. Laert. V, 6. 61. 63. [B.]
Lamus, 1) ©. des Poſeidon, König der Läſtrygonen, Hom. Od. X;
81. Sor. Od. If, 17, 1. Ovid. Met. XIV, 233. 2) f. Lamius. [Mzr.}
3) Aauos (Strab. XIV. p. 671. Btol. V, 8. Ronnud Dionys. XXIV,
50. Steph. Byz. p. 414. Hierocl. p. 709.), Stadt Eiliciens an einem gleich»
namigen Flufſe in der Landſchaft Lamotis. Der von ler. Polyh. bei
‚ Stepb. By. 1. 1. und von Ptol. 1. 1. genannte Fluß, der bei Strab. 1. J.
fäãlſchlich Aceruos heißt, war als Grenzfluß zwiſchen dem rauhen und dem
eigentlichen Cilicien (Strab. J. 1.) wichtig, ſouſt aber unbedeutend. Er mün⸗
dere zwei g. M. weſtl von Soloe und heißt noch immer Lamos ober La⸗
muzo. 4) Bad Boͤotiens, anf dem höchſten Gipfel des Helikon entfpringend
und in ben Termeſſus fließend, Pauſ. IX, 31, 6. Kruſe Sell. H, 1,©.496. [F.]
Lamyjron (Acuvowr, Anon. Peripl, Ponti Eux. p. 10.), großer Qafen
am Borgeb. Heraclium (j. Ehalti Bourmou: vgl. Hamilton Researches I,
p. 288.), 40 Etav. wel. von der Mündung des Ihermoben, in per Nähe
von Ihemifcyra in Bontus. [F.]
äns, äpıov. I. als Rohſtoff. In vorhaliafie Dualität wurde bie
L
Mole erzeugt nah Colum. VH, 2. in Milet CBlin. XXIX, 9, 33. Arifiopb.
Lysist. 721.), Galabrien, Apulien (bei. Zuceria, f.-Hor. Od. II, 15, 14. und
Tarent, Colum. VII, 4. Plin. 1. 1. Strab. VI, 284. D.), im cisalpiniſchen
Sallien (Plin.1.1.), befonders Altinum bei ven Euganeern (Juv. VIH, 15.),
in Borma und Mutina; au Mart. XIV, 155. nennt an erſter Stelle Ayus-
lien, fobann Barma, al! drittes Alıinum, und rühmt XIL 65. au Die
bätiſche Wolle. Vgl. Tertull. de Pall. 3. Ebenſe vie flciliihe, Strab.
VI, 273. Athen. V, 209. A., pontiiche, Demoſth. in Lacr. 934, 25. und.
ald beionders fein die attifhe, Athen. V, 219. A. Plin. 1. 1. Laber. bei.
Non. IH, 13. Die Pflege ausländiſcher Schafe in Italien erforderte ganz
bejondere Sorgfalt, Colum. VIE, 4. Schon die unnerarbeitete Wolle war
verſchieden gef
Yauln, Neal⸗Cneyelep. IV,
⁊
sbtı alba und conchyliata (f. v. a. purpurea) bei Metron..
784 Läns
Sat. 54. ' Martial. XIV, 154—157. (vgl. Birg. Ge. II, 465. Ovid. Met.
VI, 9. Ser. Od. IH, 5, 28.) und bie Iehtere wird zur Ausflopfung der Ohren
empfohlen von Marcel. Empir. 9. Plin. Balerian. I, 9. Plin. H. N. XXXII.
7, 35. Ueberhaupt diente die rohe Wolle in der Bopularmebicin vielfad
als Heilmittel, |. Plin. XXIX, s. 9. 10. und zum Verband wurde fie all»
gemein angewendet, vgl. Plaut. Mil. IV, 4, 42. V, 37. Mart. XII, 90.
©uet. Dom. 17., angefeuchtet, Veget. ars vet. II, 48, 8. 49, 1.; die lanae
succidae, ib. II, 41, 3. 46, 2. 54, 8. III, 4, 28. Der Berbraud ver Wolke
ins Allgemeinen war in Italien fo flarf, daß die Probuftion, fo reich Fk
war, nicht zureichte und viele eingeführt wurde, ſ. Hoeck rönl. Geſch. I, 2,
©. 273. daher lanarius negotians, Orelli 4063. — II. Berarbettung
(lanificium, egıovoyia). Die Wolle wurde (zum Theil no an den Schafen,
Golum. XI, 2, 35.) mit Geifenfraut (lanaria herba) oder Wein (Juv. V,
24 f.), Del und Schweinefett (Barro R. R. II, 11, 7.) gewafchen und ge
tämmt (carminare, Varro L. L. VI, 9. Plin. XIX, 1, 4. vgl. Juv. VII
224., daher lanarius carminater, welde ein sodalicium bilveten, Orelli
4103., identiſch mit Ian. pectinarius, ib. 4207.; vgl. Plaut. Aul. IN, 5,
94. Arnob. H, 70, wo ber lanarius neben dem Gerber genannt iR; feine
ars ebenfo sordida et sqvalida et gravis odoris, $irm. Math. IH, 9.) und
von ben sordes succidae, oiovzos (Bauf. VIII, 42, 11) gereinigt. Was
nicht dem lanar. coactilierius (Drelli 4206. oder lan. coactor, Gruter 648, 3.; |.
v. 0. nıA0ros0g) verfiel, wurde gefponnen und nachher gewoben. Beides beforgte
urfprünglich im Atrium (Ascon. ad Cic. p. Mil. 5, 13.) die Hausfrau, iv. 1,57.
Aur. Bict. ill. 9. Ovid. Fast. II, 741. Terent. Andr. I, 1,47. Gruter. 769, 9.
Drelli 4848. Vitruv. VI, 10. (oeci in qvibus matres familiarum cum lani-
ficis habent sessiones) vgl. Juſtin. I, 3, 3. Feſt. v. in pelle. ber bei zu-
nehmendem Luxus geſchah dieß bei Vornehmen nur ausnahmsweiſe und
bei guten Hausfrauen: Suet. Aug. 64. 73. Ter. 1. I. Orelli Inser. 4639.
(lanifica, pia, pudica.) 4860 extr.: modestia, probitate, pudicitia, obseqvio,
lanificio, diligentia, fide par similisqve ceteris probis feminis. Bgl.
Columellas Klage XII, praef. 9.: nunc vero cum pleraeqve sic luzu et iner-
tia diffluant ut ne lanificii qvidem curam suscipere dignentur... Man
überließ das Geſchaäft den Sclavinnen (fpäter au Cunuchen, Claudian. in
Eutrop. II, 382 ff. 458 ff.). Im Haufe Reicher war eine eigene Stube dafür,
textrinum oder textrina (Dubend. zu Suet. p. 967), worin neben den We—
berinnen bie Spinnkorbmaͤdchen, Qvasillariae (Petron. Sat. 132. p. 626.), zur
sordidissima pars familiae gerechnet (ib. vgl. Tibull. IV, 10, 3. Inv. IL, 55
bis 57), arbeiteten unterAufficht einer lanipendia, bie ihnen ihr zu fpinnenbes
Penſum von Ballen (glomus, Hor. Ep. I, 13, 14. Ovib. Met. VI, 19. Barro
R. R. I, 11, 9.) zuwog (vgl. Schol. zu Juv. VI, 476. Paull. Dig. XXIV.
1. 38. in. ; auch lanipendus und lanipenda auf Inſchr. und lanipens serva bei
Orelli 2820.), zur Strafe au wohl vergrößerte, Bropert. IV, 7, 41. Fleißige
Frauen fpannen bis in bie Naht Hineln, vgl. Appulej. Met. IX, p. 600.
ub.: pernox et perdia lanificio nervos meos contorgveo, wozu vgl. bie
Anm. v. Pricäus (II, 834. Oud.). Eine Beſchreibung des Hergangs beim Spin
nen f. bei Gatull. 64, 311 ff. Epithalam. Laur. 41 ff. in Wernsperf Poet.
min. IV, 798., durchaus entfprecdenn ber Sitte wie fie noch jegt befteht.
Der Spinnroden um ben bie Wolle gewidelt wird, heißt colus (nAaxarr),
vgl. Eic. de or. II, 68. Catull. I. 1. Tibull. I, 3, 86.; der Baden den man
geeß gemacht, udum, Sen. Herc. Oet. 373.) zieht, stamen, Tibull. I,
‚8.7, 834. Ovib. Her. III, 75. Met. IV, 178. 221. XI, 475.; bie
Spindel an der man ihn dreht, fusus, xAwoene, Catull. 64, 314 f. Plin. VII,
48, 74. fusus cum stamine; ib. XI, 23, 27. (iunceus fusus), Birg. Aen.
IV, 848. Ovid. A. A. I, 605. Met, VI, 22. Tisull, II, 1, 64. Mychologi⸗
’
Imnaziss — Lanelapii 053
firend fagte man: fusos in lanificlo invenit Closter Arashnes filins, Bin. H.
N. VII, 56. $. 196. Die ganze Handlung des Spinnend heißt nere, viary,
rider, nAoder, vgl. 3. 8. Blin. XXII, 8, 19. Ovib. Medic. fac. 14.;
au fila, stamina ducere, deducere, devolvere, torqvere, fusum versare
u. ſ. w. Die gefponnene Wolle wurde auf Knaͤuel gewidelt und zu Kleibern
verwohen; f. Textura. Die Spinnerinnen und Weberinnen pflegten ſich die
Zeit mit Sefang zu kürzen, f. Ovid. Trist. IV, 1, 13f. vgl. PBollur IX, .
125. Voß zu Virg. Georg. II, S. 141. Schon bei Homer thun dieß Ka-
Inpfo und Kirke, f. Od. V, 61f. X, 221. 227. Kür folde En! iorovpyovreaos
Hatte man ben Namen öAdıro;, Athen. XIV, p. 618 D. Böttiger Sabina IE,
©. 1031. [W.T.]
Lanarias, 1) |. Lana. 2) Fluß Siciliens, ben man auf der Straße
von Meſſana nah Lilybäum 22 Mill. öIſtlich von letzterer überſchreiten
mußte, nur im It. Anton. p. 88., vgl. Wefleling dazu und Cluver. Sicil.
118. ([F]
Lanssen, 1) neptis Herculis, von Pyrrhus, dem Sohn bed Achilleus
aus dem Tempel ded Zeus zu Dodona geraubt, gebar dieſem acht Kinder,
Juſtin. XVII. 3, 8f. [W.T.]
2) Tochter des Agathokles von Syracus, Gemahlin des GEpiroten
Pyrrhus, den fie verläßt, um ſich mit Demetrind Poliorketes zu vermählen,
ſ. Bd. I, ©. 232. ®b. II, ©. 929. [K.]
Lanstes, f. Menenia gens.
Lance, |. Lancia.
Lanoda (Aoyyn, Aayyis, doov Heſych.) wahrſch. vom kelt. ang, was
das Gharakteriftiiche dieſer Waffe iR; nad Siſenna bei Non. 18, 26. ben
Sueven eigenthümlich (vgl. Flor. IH, 8, 16. von den Weibern ver Gimbern),
vgl. Diodor. V, 30. von den Galliern: mooßadloreaı Aoyyas &c sxeivor
Aayxias nadovor, ähnlich Agatb. II, 5. von den Franken; nad Plin. VII,
56, $. 201. lanceas (invenisse dicunt) Aetolos. Aber auch bei den Römern
finder fie fi ſchon früh: fie war Jünger als pilum und hasta und wurbe
mit der Sand geworfen, Hirt. b. G. VIII, 48. Xac. Hist. I, 79. IH, 27.
Dion. 1. 1. Lucan. VII, 472. Gil. I, 318. Virg. Aen. XII, 374. Martial.
de Spectac. 11, 4. Iſidor. Orig. XVIE, 7. eflärt: 1. est hasta habens
amentum (Riemen) in medio, vgl. Plin. I. 1. wonad iaculum cum amento
eine Erfindung des Aetolus war. — Bewaffnet war damit die kaiſerliche
Leibwache, Guet. Claud. 35. Galb. 18. Lancearii (ober lanciarii) werben
neben den mattiarii (vgl. Sifenna 1. 1. galli materibus, Sveri lanceis
configunt) genannt Anımian. M. XXI, 13, 16. XXXI, 13, 8. ef. III, 22.,
praepositus lanciariorum auf einer Inſchr. bei Maffel Mus. Ver. praef.
p- IX. In der Notit. Imp. werben fle theils unter den Scholae Palatinae
iheils unter den Legionen (vgl. Orelli Inser. 3334) aufgezählt. [W.T.]
Aayyarsır, f. oben ©. 367 und Sortitio.
Lameia (Acayria, Dio Gafl. LI, 25. 29. Blor. IV, 12. Oroſ.
VI, 21., im St. Ant. p. 395. Lance) oder Lanciati (Acynicros, Btol.
u, 6, 29., was aber wohl Name der Einw. ifl, die bei Plin. IE, 8, 4.
vol. IV, 22, 35. Lancienses heißen), Bedeutende und fehr feile (Flor. und
Drof. a. a. D.) Stadt ber Aftures in Hifpania Tarracon., 9 Mid. SAG
von Legio; murbe von ben Römern zerflört; jetzt Sollanco ober Sollancia
bei Xeon. (Blorez Esp. S. XVI, p. 16.) [F.
Lancia Oppidana (Acyria Onnidora, Ptol. II, 3.) Stabt der
Bettones in Rufitanien, unweit der Quellen des Fluſſes Munda, wahrid. die
felbe, deren Einw. Plin. IV, 22,35. Lancienses nennt. Sie iſt nörbl. von Idanna
bei Ciudad Rodrigo zu ſuchen. (Vgl. Gruter. Thes. Inscr. p. 199, 9.) [F.]
Laneiazii, |. Lancea.
Lancienses Gcelenses , ſ. Ocelum.
Lansohriga (Acyroßeıya, Ptol. II, 5.), die nörbliäfte Stadt Der
Geltict ig Luflranien, am ſuͤdlichen Ufer des Tagus, nicht weit von feiner
Mündung und norvöſtlich von Olifipo (etwa in der Begenb des heut. Bena⸗
vente). Sie tft weber mit Lacobriga, no mit Langobrica zu verwechſeln. IF.]
Lancosargi. und Lamdi, f. Longobardi.
Langärus, Fürſt der Agrianer, von dem Alexander d. Gr., wie
fon zu Lebzeiten Philipps, fo au unter den fhmierigen Berhältniffen
nach feiner Thronbefteigung Beweiſe von Anhänglichkeit erhielt (ſ. Bd. I.
©. 835.). Der König ertheilte ihm dafür die ehrendſten Auszeichnungen,
verſprach auch, ihm feine Halbſchweſter Cynane, eine Tochter Philipps von
der Alyrierin Audata (Polyän. VII, 60. Athen. XI, 5. p. 997. 10,
p. 360. Periz. zu Ael. V. H. XIH, 36. und unter Eurydice 2.), zu ver-
mählen, L. Rarb aber noch vorher an einer Krankheit. Arrian. 1,5. [K.]
Langia, Fluß im Peloponnes, viel. — Nemea, f. d. [W.T.]
Zangobardi, f. Longobardi.
Laugohriea (lt. Ant. p. 421.) eine Stabt der Werlküfte Lufltaniens
an der Sıraße von Dlifipo nah Bracara Auguſta, 18 Mill. nordweſtl.
von Talabriga und füblih vom Durius; in der Gegend des heut. Keira.
Sie iR hoͤchſt wahrſch. nicht verſchieden von jener Stadt ber Langobritae,
die nah Plut. Sert. 13. von Metellus belagert, vom Sertoriuß aber ent»
fegt wurbe. [E.]
Laniariam, f. Laniena.
Kanice, die Amme Aleranderd d. Gr., Schweſter des von bemfelben
getöbieten Clitus. Bei Curt. VII, 4. wirb fie Sellanice genannt, kei
Arr. IV, 9. Ael. V. H. XII, 26. then. IV, 2. p. 129. (vielleit per
aphaeresin) Lanice. — Ein Sohn von ihr, ein bedeutender Trinker, bieB
nad Hellan. und Athen. a. a. DO. Proteas. Nah Arr. a. a. D. fielen
ihre Söhne im perſiſchen Kriege, noch vor Ermorbung des Elitus. Wenn
Ber von Arr. II, 2. genannte Proteas der Sohn der Lanice ift, fo iſt die be⸗
fimmtere Angabe des Curtius (VIN, 2.), daß die beiten Söhne der Lanice
ſchon bei der Erflürmung von Milet (f. Bd. I, S. 337.) den Tod gefunden
Haben, nicht richtig. Im derſelben Stelle bei Arr. wird ber Vater ded dort
erwaͤhnten Proteas Andronicus genannt, vielleicht derfelbe, der auch bei
rer. II, 23. Gurt. VII, 3. Diod. XIX, 59. 69. (mo er als Olynthier und
älterer Mann, ber den Alerander auf dem ganzen Feldzuge begleitete, be»
zeichnet wir) 82. 86. vorkommt. [K.]
Laniöna, xpeomoAor, Schlahthaus, Plaut. Epid. II, 2, 19. Varro
bei Non. II, 281; aud laniarium, Varro R. R. II, 4., taberna laniena,
ib. XH, 85. ober tab. lanionis, Pompon. Dig. I, 2, 2. Der lanio oder
lanius Taufte dad Schlachtvieh ein (Varro RB. R. II, 8.), ſchlachtete es
(machaera, Suet. Claud. 19. culter, Pompon. 1. 1. Barro I. 1. mensa lanionia,
Guet. 1.1.) und bot es zum Kauf aus, Phäbr. IM, 4. Später mit dem ma-
cellum vereinigt, f. d. [W.T.]
Lanigära (Aanyaea, Ptol. IV, 2), Stabt In Mauritania Caesariensis
an einem Arme bed Fluſſes Siga, weftlih von Urbara und Mnlara, deſſen
age nad Mannert X, 2. ©. 445. (der den Ort fälfhlih Lagnarae nennt)
auf vie heutige Stadt Wadſchida (bei Shaw Wujeda) trifft. Leo Afrte.
p. 367. der Ueberf. von Lorebach ſpricht von ihren hoben und ſtarken
Mauern, von ber fruchtbaren Umgegend und ber alten mantififen Sprache
der Einwohner. [F.]
_amio und Lenius, f. Laniena.
.. Lanista, f, ®b. IH, ©. 866f. 875. Ihre bürgerliche Stellung war
m || .-
.. — — —
V ” . ” N
Lanuefls — Laoeoon 38
gleich ver des leno (Juv. VI, 216.) und des histrio (Tab. Heracl.:
qveive lanistaturam artemve ludieram ſecit, fecerit... wozu Mazocchi
p. 443.): mißachtet, aber rechtsfähig (nicht intestabilis, Juv. VI, 216 f.).
Bol. infamia ©. 151. [W.T.] u
Lanucris, f. Londobris.
KLanuviam (Acrovıor, Strab. V, p. 239. Aarovßıor, Ptol. II, 1.
Gic. pr. Mil. 10. 17. pr. Mur. 41. und öfter. Liv. VI, 2. VII, 14. XXI,
1. 4. Suet. Aug. 72. Blin. VII, 57, 82. Silius VII, 362. It. Anton.
p. 301. u. f. w.), eine uralte Stadt in Latlum, auf einer Anhöhe 48 Mil.
füpöfll. von Ron, von wo aud nad dem It. Anton. a. a. D. eine Seiten-
ſtraße dahin führte; fpäter ein römiſches Munlcipium, mit einem alten, be-
rübmten Tempel der Juno Soſpita (Liv. VE, 21. VII, 14. Sit. It. XIII,
964. Feſtus s. v. Sospita). Sie erhielt ald Stammort der Antoninifchen
Familie in der fpätern Zeit neue Wichtigkeit (Aurel. Vict. de Caes. c. 19.
Gapitol. Anton. Pius c. 1.). Ieht Lavigna auf dem vom Krater des Ne⸗
miieed gegen bie füdliche Ebene vorſpringenden Bergrüden mit alten quadra⸗
tifhen Tufmauern (Gell Topogr. of Rom. II, p. 49.) und den Sub»
fiructionen des Junotempels (Abeken Mittelital. S. 215.). [F.]
Lanx, vie Schüflel, worin die Speifen aufgetragen werben, Hor. Sat.
IT, 4, 40. Suv. V, 80 und fonft; rotunda nennt fie Hor. 1. 1, cava Matt.
XI, 31., qvadrata vel rotunda Paull. Dig. VI, 1, 6. vgl. Ulp. ib. XXXIV,
2, 19, 4 Don verfchiedener Größe, meift aus edlem Metall; Rieſen⸗
f&üffeln e centenis libris argenti und gar 500 Pfund ſchwer erwähnt Plin.
XXXIII. 411, 52, 145. Auch die Arbeit hatte oft Kunſtwerth, ic. ad Att.
VI, 1. flicatae lances, Ovid. Pont. III, 5, 19. caelata, welcher Paull. Dig.
I. 1. pura entgegenfeßt. Auch bei den Opfern waren lances im Gebrauch,
Birg. Ge. II, 194. 394. Aen. VIN, 284. Ovid. Pont. IV, 8, 39. (nec
qvae de parva Dis pauper libat acerra Tura minus grandi qvam data lance
valent). Auſon. Technop. de monos. per interr. 9 nennt fie neben turi-
bula et paterae als tertia vasa Deum. Auch heißen lances die Schaalen
der Wage, Cic. Acad. IV, 12. Tusc. V, 17. und fonfl. Ueber furti per
lancem et licium conceptio ſ. ®b. IH, ©. 561. [W.T.] j
Laoeoon gehört dem nachhomeriſchen Epos an, namentlich der Iliu
Beats, von welcher vie Ehreftomatbie des Proffus Die Meberfiht aufbewahrt.
Die Griechen ſind abgezogen, mit Sinterlaffung des verrätheriihen Pferdes.
Die Troer finden viefes, befchließen e8 der Athene zu mweihen und freuen
fi des neugemwonnenen Friedens, unter Opfern und Schmäufen. Da er»
feinen ylöglih zwei Schlangen und mwürgen ben Laocoon und den einen
feiner Söhne, ein Zeichen, welches Aeneas mit den Seinigen.fih zur War⸗
nung ſeyn läßt. Er zieht in den Ida, Sinon aber gibt den Achäern die
verabredeten Feuerzeichen. Der Mangel des Motivs, warum Laocoon den
Tod leidet, ift dem Epitomator anzurechnen; er hatte früher ven Apollon
beleidigt und diente jeßt beim Freudenopfer am Strande als Poſeidons⸗
priefter. Bemerkenswerth iſt, daß nur einer der Söhne betroffen wird, und
daß Aeneas aus dieſem Grunde Troja verläßt; Weiffagungen, daß fein Ge-
ſchlecht das der Priamiden in der Herrfihaft lange überbauern werde, kennt
ſchon die Ilias XX, 306 ff. Hernach ſoll unter den Lyrikern Bacchylides
(f. fragm. 30 Bgk.) die Geſchichte des Laocoon berührt haben, wahrſchein⸗
li in dem Gedichte, wo er der mweiffagenden Kafſandra die @reigniffe des
Trojaniſchen Krieges in den Mund gelegt hatte, wie Horaz dem Nereus,
f. Porphyr. zu Horaz Od. I, 15. Autat. zu Stat. Theb. VII, 330. und
Neue zu Bacchyl. fr. XXX. Unter den Tragikern aber dichtete Sophocles,
der viele feiner Stoffe dem epiſchen Eyelus .entlehnte, auch einen Laocoon,
zu deſſen Wiederherſtellung außer den Fragmenten (nr. 340—344 bei Din-
dorf) auch die Skizze bei Hygin f. 135. benützt werben kann. Hier if E.
Bruder des Anchiſes, wodurch die Wirkung feines Schickſals auf den Aeneas
um fo bebeutfamer wird. Er ift Priefter des Upollon, ber fih gegen den
Willen des Gottes vermählt hat, wodurch die an ihm und beiden Söhnen,
welche Hygin Antiphas und Thymbräus nennt, vollzogene Strafe geretfertigt
wird. Bei der Friedensfeier am Meereöfirande wird Laocoon, ſicher auch
bei Soph. der einzige Verdächtiger des hölzernen Pferdes, zum Priefler bes
fiimmt. Aus dem Ghorgefange, der dad Poſeidonsopfer begleitete, hat der
Scholiaſt zu Ariſtoph. Ran. 678. einige fchöne Zeilen aufbewahrt, vgl
Berg de fragm. Soph. p. 14. Dann die Schlangen, die Sophokles wit
Namen genannt (Charibda und Porke), f. Serv. zu Aen. II, 204. unb
die meitern Ereigniſſe. Wiederum verläßt bes Wunderzeichens wegen
Aeneas die Stadt, und zwar treibt Anchifes ihn dazu, ber dabei alte Wars
nungen und Verheißungen vor Augen hätte, die ihm ſelbſt von der Aphro⸗
bite, ber Stammmutter des Aeneadengeſchlechts, geworden waren. Das er=
zählt aus diefem Trauerfpiele Dionyf. v. Halik. I, 48. Es folgen bei dem⸗
felben einige Trimeter, worin ein Dritter dem Priamus, wie es fcheint,
den Auszug der Aeneaden ſchildert, vermuthlihd während Priamus jelbit mit
ben übrigen Trojanern dad verhängnißvolle Pferd auf die Burg geleitete.
Auch in der fpätern Poefle wird dieſe Kabel wiederholt behandelt. Lyco⸗
phron berührt fie Eurz, Cassandra v. 347., wozu vgl. Tzetzes u. Eudocia
.p. 31. Ausführliger war Guphorion, wahrſcheinlich in den Ghiliaden,
f. Servius a. a. O. ut Euphorion dicit, post adventum Graecorum sa-
cerdos Neptuni lapidibus occisus est, quia non sacrificiis eorum vetavit
adventum. Post abscedentibus Graecis quum vellent sacrificare Neptano,
Laocoon Tbymbraei Apollinis sacerdos sorte ductus est, ut solet fieri,
cum deest sacerdos certus. Hic piaculum commiserat ante simulacrum
numinis cum Antiopa sua uxore coeundo et ob hoc immissis draconibus cum
suis filiis interemptus est. Außerdem hatten Lyſimachus zei v00zwr und
ber falſche Piſander in feinem großen Babelwerke die Sage behandelt, Serv.
zu vs. 21l. Don legterem behauptet Macrobius Sat. V, 2., daß Virgil
bei feiner Schilderung ber Zerflörung Trojas dem Griechen genau gefolgt
ſey. Jedenfalls aber weit Virgil's Laocoon in manden weſenilichen
Punkten von dem des griediichen Epos ab. Er if blos derjenige, der am
nachdrücklichſten vor der Lift warnt, ohne daß von feinem Charalier als
Apollonspriefter und von feiner befondern Beziehung zu den Aeneaden ein
Wink gegeben würde. Die Schlangen fhlüpfen nah dem fchredliden Bor»
fall hinauf zur Burg, wo fie ſich zu den Füßen und unter dem Schilve
der Pallad verbergen, für die Menge ein Beweis mehr, daß Palas den
Käfterer ihres heiligen Pferdes geftraft, wie denn auch Aeneas befennt, von
diefem Irrthum behaftet geweien zu feyn, und feine Flut nit anders als
burd die Unmöglichkeit des Widerſtandes motivirt wird. Aus noch fpäterer
a find bie Schilderungen des Vorganges bei Petronius (Sat. c. 89.
ernsdorf Poet. lat. IV, p. 753 ff.), mo ein Gemalde beichrieben wird, in
ber Haurtjahe genau nad Virgil; und bie bei Quintus Galaber Paralip.
XII. 398—408 und 439—474., wo Alles ind Schreckliche übertrieben IR,
übrigens 6108 die Söhne von den Schlangen ergriffen werden, während ber
Vater erblindet, die Schlangen felbft aber bei dem Tempel des Apollon
auf der Burg unter der Erbe verfehwinden; eine Beziehung zum Apollon⸗
dienfte und zwar dem Thymbräiſchen, welche auch Tzetzes z. Lycophr. 344.
und Posthom. 714. in der Angabe bewahrt hat, daß der Sohn des Raocoon
(denn er weiß wie die Iliu Perſis nur von dem Tode des einen) in dem
Tempel jened Gottes getöbtet worden fey. Aber weit berühmter als in ber
Mythologie iſt Laokoon in der Kunſt. Die bekannte Gruppe IR nicht,
)
}
Laoeoon _ 759
wie Winkelmann behauptet, und noch jetzt in Mom den Frewden erzählt
wird, in den Thermen des Titus gefunden, ſondern bei den ein gut Stüd
den edquilinifhen Hügel weiter hinauf gelegenen Sette Sale. Die Ent»
deckung erfolgte unter Julius II. im 3. 1506, welder Eunftliebenne Papft
das außerorbentlihe Werk alsbald von dem Eigenthümer ver Vigne gegen
ein Jahrgeld für ihn und feine Kamille erlangte. Die Bewunderung war
allgemein; Michel Angelo, dem mit dem Architekten San Ballo die erfte
Begutachtung übertragen war, fol die Gruppe nur il’portento dell’ arte
genannt haben. Sadolet befang fie, Baccio Banbinelli arbeitete eine Copie,
zunächſt für den König von Frankreich, aber fie ift fpäter nad Florenz ge⸗
kommen und befindet fich jeßt in der Gallerie degli Ufflzi. Das Original
Dagegen ift bis auf die kurze Verfihleppung nah Paris dauernd in Nom ge-
blieben, zu fehen in dem Vaticaniſchen Pallafte, in einem der dem cortile
di Belvedere benachbarten Gemächer. Durch Kupferfti ſowohl (Mus. Pio-
Clem. Tom. II, tav. 39.) als durch Gipsabgũſſe und-fonftige Nachbildungen
ift es durch alle Welt bekannt. Schon Michel Angelo bezog darauf die
Stelle bei Plinius Hist. Nat. XXXVI, 4, 11. Laocoon, qui est in Titi
Imperatoris domo, opus omnibus et picturae et statuariae artis praepo-
nendum. Ex uno lapide eum et liberos draconumque mirabiles nexus
de consilii sententia fecere summi artifices, Agesander et Polydorus et
Athenodorus Rhodii etc., eine Stelle, um deren Exegeſe fi nächſt Leifing
bei. Thierſch verdient gemadt Kat. Mithin zierte, da Fein Grund iſt, an
der Ipentität des Werkes zu zweifeln, daſſelbe urfprünglih den Esquilini⸗
ſchen Pallaſt des Titus, der den Thermen dieſes Kaiſers benachbart war.
Irrig iſt was Plinius ſagt, die ganze Gruppe ſei aus einem Marmorblock
verfertigt; vielmehr iſt fie aud fünf Marmorſtücken zuſammengeſetzt, deren
Fugen aber erſt bei ſehr aufmerkſamer Betrachtung bemerkt werden. Er⸗
gänzt find bei jetzigem Zuſtande des Werkes der rechte Arm des Vaters, die
zwei Arme der beiden Söhne und Einiges an den Füßen. Die Künſtler gehörten
nach aller Wahrſcheinlichkeit jenen fpätern griech. Kunſtſchulen an, welche durch
die roͤm. Kaifer und Großen Beſchäftigung fanden, alfo gewöhnlich in Rom
lebten. (Weber Agefander und feine Söhne vgl. Bd. I, S. 243.). Zu dieſem
Reſultate ſtimmt ſowohl der künſtleriſche Charakter des Werkes, ald ver Zus
fammenbang jener Stelle. Was den erfleren betrifft, fo Teuchtet ein, daß biefe
Gruppe vößig in die Klaffe der epideiktiſchen Kunftwerke gehört, d. h. zu jenen
nicht mehr Durch Blauben und Eultus, fondern durch vornehme Pracht und thea⸗
tralifge Dichtung veranlaßten Conceptionen, über welche U. Feuerbach (ber
Valicaniſche Apoll) vortrefflih gehanvelt Hat. Damit iſt nicht gefagt, daß
der Laocoon in einer beflimmten Beziehung zu gewiffen poetiiden Schilde⸗
rungen, etwa Birgil’8 oder des Sophokles ſtände; vielmehr find, wie es
bei einem Werke, dad in fo hohem Maße den Stempel einer vollendeten
Kunft trägt, nicht anderd erwartet werben darf, fowohl der Aft ver Sands
fung ald das Einzelne in Haltung und Ausſtattung ber leidenden Perſonen
mit voller Selbſtändigkeit gewählt und ausgeführt. Wohl aber iſt der vor⸗
herrſchende Ausdruck das Tragiich-Bathetifche, und dieſes meniger in der
rhodiſchen Abflammung der Künftler, ald in den Forderungen des Zeitge⸗
ſchmacks und den gleichzeitigen Vorbildern der Bühne begründet. Im bieler
Gattung nun aber iſt der Laocoon unter den erhaltenen fiher das vorzüglicfte
Beifpiel, vollends „wenn man die grade an ihm in hoher Meifterihaft durch⸗
geführte Gruppenbildung in Anichlag bringt. Durch dieſe wird der einfade
Vorgang des Schmerzed zu einem in fi abgefluften und gefleigerten, das In»
terefle daran ein dramatiſches und hochtragifches , indem die Blicke des Bes
fhauerd von den Söhnen zu dem Vater eilen, um bei dieſem nicht blos
die phyfiſche Angft des ſchlangenumſtrickten Leibes, fondern auch den väter»
708 Laocodsn — Lapdice
lichen Swe um bie geliebten Kinder zu bemitleiden. Von den zarteren Söhnen
iſt der eine bis jetzt nur wenig betheiligt, der andere, ſchon faſt erwürgt,
leiſtet kaum noch Widerſtand. In der kräftigeren Figur des Vaters bat Das
phyfiſche Leiden feinen ſtärkſten Ausdruck bekommen, aber auch die Energie
des moraliſchen Widerſtandes. Bewundernswürdig iſt bie Herrſchaft Des
Schmerzes über den Leib ausgedrückt, in den Zuckungen und krampfhaften
Anftrengungen der Muskeln; bewundernswürdig aber aud die entgegenwir-
kende Kraft des Geiles, melde unter ben Heftigflen Agonieen die Faſſung
und den Adel behauptet, welcher dem Werke den Stempel höherer Würde
verleiht. Die beiden Söhne find verhältnißmäßig zu Elein gegen ven Bater,
nach der gewöhnlichen Weife der alten Kunft, dad in ver künſtleriſchen Abſicht
Bedeutendſte au im Raume als das Größte binzuftelen. Es wäre ohne
dies auch bei dieſer Gruppe nicht die pyramidale Form zu behaupten geweſen.
— Literatur für dad Mythologiſche: Heyne Exc. V. zu Aen. Il. und
Welder, die grieh. Tragödien, Ifte Abth. S. 151—157. Für das Archäo⸗
logiſche und Untiquarifge: Windelmann Werke II. ©. 203 ff. n. VI, 1.
S. 101 ff. mit unübertroffener Analyfe des künſtleriſchen Inhalts; Heyne,
antiquariſche Auffäge I. S. 1—52.; Leifing, Laokoon oder über die Grenzen
der Malerei und Poeſie; Bisconti, Mus. Pio-Clem. T. II. p. 73—79.; Goethe,
Propyläen 1. St.1.; Schiller, Werfe VIII. ©. 115. (ed. 1813.); Hirt in den
Soren 1797., St. 10. 12.; Meyer, Geſch. d. bild. Kunft IH. S. 69 - 80.;
Thierſch, Epochen der Kunfl ©. 322.; Welder, afad. Kunftmuf. zu Bonn
&.27—33. Janffen over de Vatic. groep van Laoc., Leyd. 1840. [Preller.]
Laocoösa, Auoxrowoa, Gemahlin des Uphareus und Mutter des Ipas
(nad Theocrit. XXII, 206.), welche bei Apollod. III, 10, 3. Arene heißt. [ Mzr.]
Laodamas, Acoöcua;, arros, 1) ©. des Alcinous, des Könige
der Phäaken, und der Arete, der Liebling feines Vaters, Hom. Od. VII,
170. VIII, 116 ff. 130. 370. — 2) ©. ded Untenor, non Aiax erlegt, IL.
xV, 516. — 3) ©. des Eteokles, König in Thebe, nachdem er in feiner
Jugend unter Vormundſchaft des Kreon geflanvden, Bauf. I, 39, 2. Da bie
Epigonen fein Land anflelen, Iieferte er ihnen ein Treffen und töbtete ihren
Anführer Aegialeus, wurbe aber felbft von Allmäon erfälagen, Apollod.
IM, 7, 3. Nah Andern floh er nach verlorener Schlacht mit dem Reſt
feines Heeres zu den Encheleern in Illyrien, Serod. V, 61. Pauſ. IX, 5, 6.
Müller Dor. I. ©. 32 f. [Mzr.]
Eaodamia, Acodausa, 1) Tochter des DBelleropbontes, von Zeus
Mutter des Sarpedon, Hom. Il. VI, 197 ff.; Artemis töbtete fle ylöglih an
Webſtuhl, ibid. 205. — 2) T. des Akaſtus und Gemahlin des Protefllauß.
Da diefer, kaum mit ihr ‚verlobt, vor Irofa zog und als ver Erſte dort
fiel, fo bat fle fd von den Göttern die Gnade aus, mit dem Abgeſchie⸗
deren nur noch brei Stunden fich zu unterreden. Dieß geihah, Hermes
führte den Protefllaus zurüd, und als derſelbe zum zweitenmal flach, ver»
ſchied 2. mit ihm, Lucian D. M. 23, 1. Ovid Her. 13. Pont. I, 1, 110.
Catull. 64, 74 ff. Servo. zu Virg. Aen. VI, 447. Dieje Sage wurbe dann
weiter ausgeſchmückt und modificirt. Nach dem zweiten Tod des Prot. fertigte
2. ein Bild von ihm und erwieß demſelben göttliche Verehrung. Akaſtud ihr
Vater gebot, ed zu verbrennen, worauf fih 2. in den Scheiterhaufen flürzte,
Hyg. fab. 103. 104. — 3) 8. des Amyklas und der Diomede, Mutter bes
Triphylus, Pauf. X, 9, 3., fonft auch Leanira genannt. — 4) Amme des
Oreſtes, fonft Arfinoö genannt, Schol. zu Pind. Pyth. XI, 25. — 5) 2.
des Ulfmäon, Gemahlin des Beleus, Schol. Som. Il. II, 684. [ Mzr.]
Laodiee, Acodınn, 1) Hyperboreiſche Jungfrau, mit Hyperoche nad
Delos geiendet, Herod. IV, 33. Müller Dor. I, 271. — 2) eine Nompbe,
UApollod. 11, 1, 1. — 83) Tochter des Ginyras, Mutter des Stymphalus
Laodieön 761
und Pereus, Apollod. III, 9, 4. vgl. III, 14, 3. — 4) 3. des Priamus -
und ver Hekuba, Gemahlin des Helifaon, Hom. Il. III, 123. Pauſ. X, 26.;
früher, oder nah einer andern Sage, war fle Geliebte des Akamas, ©. des
Thefeus, der mit Diomeded als Geſandter na Troja Fam und dem fle ben
Munitus gebar, Barthen. 16. Nah Hogin fab. 101. Baftin des Telephus.
Bei dem Tode ihres Sohnes Munitus flürzte fle fi im Schmerz von einer
Anhöhe herab, Lycophr. 497., oder wurde nah Tzetz. zu Eye. 513. 447. von
einem Erdſchlunde verſchlungen. Pauſ. fah fle unter den gefangenen Troe⸗
rinnen bargeflellt, X, 26, 2. — 5) T. des Agamemnon und der Klytem⸗
neftra, Som. 11. IX, 146., bei den Tragifern Eleftra genannt. — 6) X.
bed Agapenor, bie der Aphropite zu Tegea einen Tempel baute, Pauſ. VIII,
5, 2. 53, 2. [Mzr.] |
7) Tochter des Achäus, Gemahlin des Antiochus II., f. Bob. I. ©.
539, 2. — 8) Toter des Andromachus, Enkelin des Achäus, Nichte der
Borigen, Gemahlin des Seleucus II. Bolyb. IV, 51,4. — 9) Tochter des
Antiohus II. und der Laodice (7), an Mithridates IV. (f. d.) vermäßlt. —
10) Tochter der Vorigen, Gemahlin des Antiohus III., f. Bd. I. S. 543. —
11) eine zweite Tochter ded Mitbrivates IV., ald Kind dem Antiochus Hierax
verlobt, fpäter an Uhäus (Bo. I. ©. 17. 540.) vermählt. Polyb. V, 74,5.
VIII, 22, 11. Vgl. Niebuhr kl. Schr. S. 262 f. Dronfen Hellen. II, 358.
422. — 12) zwei Töchter des Antiohus Sidetes, welche frühzeitig flarben.
Porphyr. ap. Euseb. graec. p. 187. — 13) Schweſter und Gemahlin des
Mithridates VI., f. d. — 14) Gemahlin ded Nriaratbes VL, f. Bo. I.
S. 742. — 15) Schwefter des Mithrivates VI. und Gemahlin des Aria»
tathes VIL., f. Bo. I. ©. 742. [K.]
Laodicöa. Bon den ſechs bei den Alten erwähnten Stäbten dieſes
Namens laſſen fih vier als Stiftung Seleucus des I. anſehen, welcher that»
kräftige Berbreiter griech, durch Religion vermittelter Cultur (Pauſ. III, 16.
Mionnet Descr. d. Med. ant. Suppl. VII. p. 177. Lamprid. V. Heliog. 7.)
in Afien namentlid auch dur Städtegründung (Ammian. Marc. XIV, 8.
Xiban. Orat. Ant. p. 303 f. ed. Reisk.) fünf nad feiner Mutter Laodice
genannte Städte erbaut haben fol (Appian. Syr. 57.); zwei andere (Nr. 5.
u. 3.) werben feinem Sohn und Enkel zugefchrieben. Wir beginnen mit
den ſyriſchen:
1) Laodicea „am Meere‘ (ic. ad Div. XII, 14. Dionyf. Perieg.
v. 915. Mionn. V. p. 247.), auf einer hohen Landzunge, dem noͤrdlichen
Ende des Gap Siaret, gelegen (Plin. V, 20. App. B. Civ. IV, 60. Sommer,
Taſchenb. z. Verbr. geogr. Kenntniffe, 3. 1840. ©. 171... Es war auf
bie Unterlage einer Älteren, in der Landesſprache Ramitha (nah Malala
Chron. VIII, p. 203. ed. Bonn. Mazabda), fpäter Asvan Axın (etwa von einer
frübern griech. Anfiedlung nad den weißen Kaltfteinfelien daſelbſt? Shaw,
Reiſen in d. Levante &.227f. Ruſſegger, Reifen I, 1. S. 428f.) genannten
Niederlaffung (Steph. Byz. ed. Berk. p. 509.), in einer für rafches, Eräf-
tiges Aufblühen Höhft günftigen Umgebung gegründet. Dit der Gee dur
einen großartig angelegten (Shaw ©. 228., jet ie vernadhläßigten, Aufl.
S. 354.) Hafen, den beften Syriens (v. Richter, Wallfahrten im Morgen»
Iand ©. 290.), in Verbindung, hatte es auf der Landſeite unter dem beften
Himmelsſtriche eitie an Südfrüchten, andern Produkten (jet Taback, dem
beften in der Levante, Ruff. am a. O.), bejonberd aber an Wein, einſt
einem bebeutenden Ausfuhrartifel nad dem äg. Alerandrien (Strabo 751 f.),
ja nah dem indiſchen Barygaza (Urrian. Peripl. p. 28. ed. Huds.) ſehr
frudtbare, gartenähnlide Umgegend (Wiener —8* f. Literat. 74ſter Bo.
S. 66. Mionnet am a. O. beſonders Nr. 682. 690. 792.), en flaches,
iv.
762 Laodicena
welliged Hügelland, dur das ſich ver Dſchebel Nofleirieh* an die Küfte
erſtreckt (Ruſſ. am a. DO. ©. 428 f.). In Syriens beſter Landſchaft, Se⸗
Jeucis, mit feinen drei Schweſt erſtädten (Strabo 749. wegen anfänglich
wenigftend großer Eintracht), gelegen, durch den Zufammenfluß der obigen
ünftigen Umflände und bie Regſamkeit feiner wenigftens dem Kern nach griech.
Ginwohner rei, flart, wohl auch üppig. geworden (Athen. Deipn. XIT,
527. e. £.), in Folge der die Königsmacht der Seleuciven ſchwächenden Bruder»
Triege (Norid Ep. Syromac. p. 67.229.316 ) vielleicht unter Antiochus VII.
(f. 86. 1.6.345.) glei andern fyr. Städten (Vaillant Sel. Imp. p. 313.)
auf eine Zeitlang wenigftend zur Autonomie gelangt, und von Pompejus,
oder jevenfalls do von I. Gäfar, dem großen Wohlthäter der for. Städte
(B. Alex. 65.), wiederum damit befchenkt, weshalb fi feine Einwohner
Julienſer nannten und mit dem Jahr feine® dortigen Aufenthaltes, 706 d. St.,
ihre Zeitrechnung begannen (Eckhel D. N. III. p. 316. M&m. de l’Acad. d.
Inser. XXIII. p. 170 f. Mionn. V. p. 241 f. VIII. p. 167 f.), nahm es
deshalb feinen Anhänger Dolabella willig auf, wurbe aber dafür von deſſen
Befieger Cafftus empfinplih geftraft (f. Bdo. II. S. 197. 689 f. u. App.
B. Civ. IV, 52. V, 4.). Die dur Syriens Befegung von den Parthern
(€. D. XLVIII, 26.) gefleigerte Noth der Stadt ſuchte Antonius dur Er»
tbeilung von bürgerlider und von Abgabenfreiheit zu heben (App. B. Civ.
V, 7); auch Herodes der ®r., dieſer flaatd- und handelöfluge Freund ver
Triumvirn, bedachte Syriens erfle Seeſtadt (Eic. Or. Phil. IX, 2. Appian.
Syr. 46. Tac. Ann. H, 79.) mit einer Wafferleltung (Iofeph. B. Jud. I,
21, 11.). In der nun folgenden Kaiferzeit dur zablreihe Münzen von
Auguftus bis DValerianus (Mionn. an den a. Ort.) vertreten, wird Laodicea
in deren Geſchichte nur dreimal, aber jedesmal als bedeutende Stadt aufge⸗
führt: 4) vier Winter hindurch als Aufenthaltsort des üppigen 8. Verus,
mährend des von Andern für ihm geführten yarıh. Kriege (I. Gay. Vita
Veri 7. M. Ant. Phil. 8. Mionn. V. Nr. 759. VII. Nr. 242.); 2) im
Thronftreit des Peſe. Niger und Sept. Severus, welder Lebtere Stabt und
Einwohner für die Mishandlungen dur Erfteren reichlich entſchädigte, na⸗
mentlih dur Ertbeilung der Vorzüge einer Colonie mit ital. Rechte (Ulpian
dei Noris am a. D. p. 234.), fo mie einer Metropole, der vier andere
Städte untergeordnet (Mionn. V. Nr. 794. Malala XII, p. 292 f.), daher
Septimia und Severiana (Eckhel p. 317 f.; über andere Ghrennamen der
Stadt ſ. Mionn. V. Nr. 776. 778. 780.) und die wahrſcheinliche Widmung
des noch größtentbeils erhaltenen (Pocode Beſchreibung des Morgenlandes
Taf. XXVIII.) Triumphbogens an dieſen größten Wohlthäter der Stadt; bie
angebrohte Unterordnung bed gegneriiden Antiochiens unter fie ſcheint nur
vorübergehend geweſen zu feyn (Herodian. III, 6, 19. Malala p. 294 f.).
Kein Wunder daher, daß fi die Stadt wieder zur alten Blüthe erhob (Amm.
Marc. XIV, 8.), um beren willen 3) fpäter ber jedoch wieder beſchwichtigte
Zorn Theonoflus des I. den Brincipat Syriend von ihrer meuteriſchen Geg⸗
nerin, Antiochia, noch einmal auf fle übertragen wollte (Tillemont Hist. d.
Emp. c. V. p. 263—271. ed. Paris). Allein no& von ben für. Seeflädten
im 11ten Jahrh. den Nahfolgern dieſes Kalfers gehörig und von Chriſten
bewohnt, die dort, wie in neuefler Zeit (Robinfon, Paläftina II. S. 741.)
einen Bifhof hatten, während vie übrigen bis nach Aegypten hin dem dortigen
Chalifen gehorchten (hierüber und über andere damalige Geſchicke der Statt
f. Willermi Tyr. Archiep. Hist. im Recueil des historiens des Croisades,
Regiſter u. „Laod.“), hatie es noch wohl erhaltene, vom Berfaffer der Gesta
Tancredi (im Thes. nov. Anecd. von Martène u. Durand T. III. p. 200 f )
® Aufairijeh auf Kieperts trefflicher Karte des Türkiſchen Reis in Aften.
4
Inodioög 768
mit Wärme geſchilderte Kunſt⸗ und Befefligungäwerke des Alterthums, bie
aber ein gewaltige Erdbeben 1170 n. Chr. (Will. Tyr. Arch. Hist. XX,
18.), fo wie bie leßteren Saladin, in deflen Hände es 1188 fiel, auf bie
Nachricht von Friedrich Barbarofiad Annäherung wenigftend großentheils zer»
ftörte (Thes. nov. Anecd. p. 674.). Bon ben fpätern Römern Laudicia (It.
Ant. p. 147 f., wo die auf 65 M. P. angegebene Diftanz von Antiodien fo
ztemlich mit v. Richters Angabe S. 290. zufammentrifft), oder Ladicia (Ft.
Sierof. p. 682.), im Mittelalter Laodicia, ein gewöhnlicher Anlandungspunkt
für deſſen Pilgerfahrten (d'Achery Spicileg. T. I. p. 146 f.), jetzt Ladiklyeh
genannt, hat diefes ärmliche Türkenſtädtchen, im Oſten der alten Stadt ges
legen (Taf. XXVI. bei Bocode), doch trog früherer Zerfiörungen in jenem
Triumpbbogen , in den Belfenfundamenten feiner Hafendämme, in den mar»
mornen und granitenen Pfeiler» und Säulenreften eines bem Hafen ‚äusiehenben
Portikus, in den anjehnlicden Ueberbleibjeln einer aus: dem Nahr Kebir
(Mionn. V. p. 792. 794.) geſpeiſten Wafferleitung, vielleicht der des He⸗
rodes, in einer langen Reihe von Katakomben am Meere hin, in ven Bifternen
und Säulentrümmern auf der Anhöhe im Oſten ber Stabt, die einft wohl
mit ber Afropoli8 und den von Strabo p. 752. gepriefenen Reben bebedit
war; endlich in der durch Richter und Andere copirten Infchrift eines Pie
deſtals (v. Richter am a. D. S. 563 f. Bödh Corp. Inser. Gr. Vol. III.
fasc. 1. p. 219 f.) noch beachtungswerthe Refie des Alterthums. Dal. über
dieſe Bocode II. S. 234 f. Shaw am a. D. ©. 227 f. Belon in Paulus
Sammlung orient. Reifen IL. ©. 132. Schulz ebbf. VI. ©. 270f. v. Richter
S. 291f. Sommer ©. 174. Droyien, Gef. d. Hellenismus H. ©. 33. 689.
2) Laodicea ad Libanum (Plin. V, 23.), auf Münzen (Mionn. V.
p. 307. VI. p. 213 f.) ABarov, noos Aıßarcs (fo aud bei Strabop. 755.),
bei Btol. V, 14. Zuaßiooa, mohl wegen Hautkrankheiten feiner Bewohner
fo zubenannt, wie das ſyr. Alerandria (Borbiger, Handb. d. alt. Beogr. II.
©. 644. Anm. 92.), ohne Zweifel gleichfalls eine der fünf von Seleucus J.
gegründeten Laodicea's, an einem von bes Stifters Scharfblide erfannten
ſehr günftigen Punkte, dem norböftlicden Abhange des Antilibanon (Borbiger
S. 661. Anm. 50.) am öſtlichen Eingang in die vom Libanon und Anti⸗
libanon umſchloſſene Tiefebene (avAar) Marfyas (Strabo am a. D. —
Polyb. V, 45. 61. vgl. mit Mannert, Geogr. u. f. f. VI, 1. ©. 345 f.,
und Berghaus, Allen, 3te Lief. S. 15.), in einer von zwei Flüſſen (Mionn.
VIII. Nr. 87 f.) bewäflerten Gegend, wo bie füblih von Damascus, ſüd⸗
weſtlich von Heliopolis herabziehenden Straßen fich nördlich nad dem 18
(Itin. Ant. p. 198.) oder 20 M. P. (Tab. PBeut.) entfernten Emefa, einer
bedeutenden Karamwanenflation (Gött. g. Unz. 1830. ©. 1999.), und ben
übrigen SHandelsplägen im Drontestbale (jüdöfllih dur eine Reihe von
Ihürmen für röm. Schutzwachen (Por. II. ©. 203. Harbuin zu Plin. T.I.
p. 267.) geſchirmt nah Balmyra fortfegten. Eine Zeitlang war fle ſyr.
Grenzfefte gegen das ägypt. Eölefyrien, Droyfen am a. O. ©. 535. 694 f.
In der durd ben Frieden mit den Parthern für den arab.indiſchen Handel
jo güufligen Zeit des Antoninus Pins, wie es feheint, gleih andern fyr.
Städten (Comment. Soc. Gotting. rec. T. VI. p. 78, Heeren, Commercia
urbis Palmyrae p. 8.), zu hoher Blüthe gefommen*, erfeint ed bei dem
® Daher es App. Syr. 57. den zu feiner Zeit noch bedeutendſten Schöyfungen
Seleucus des I. Heizählen Tonnte; beun der Beiſatz „in Phönicten“ geftattet uns
nicht, Eaobicea am Meere darunter zu verfteben, weil App. biefes ſonſt in Ver⸗
bindung mit Syrien nennt (0.46, vgl, Ayamea in Syrien c.57.), unb unfere®
Wiſſens der Name Phönicien nie auf die ſyriſche Küfte norbwmärts von Orthoſia
( Strabo p. 756.) ſich ausdehnte, wogegen ex im yöm, Zeitalter immer mehr Uns;
764 Eaodioda
gleich zeitigen Ptol. V, 14. als Hauptort des Bezirks Laobicene, wozu no&
zwei Städtchen Parabeifos (Strabo 756. — Triparabeifos [?], Died. Sit.
XVII, 39.) und Jabruda (— Hebrud bei Bor. S. 202. oder Jebrud auf
Kleperts Karte) gehörten, und deshalb wohl auch fpäter als Sit eines Bi-
ſchofs (Noris am a. DO. p. 231. Notit. dioec. Antioch. metr. an Willermi
Tyr. Arch. Hist. p. i135.). Bon Theodoſius dem Gr. mit Emefa u. a.
Städten zur neugebildeten Provinz Phoenice Libanesia geſchlagen (Hierokl.
p. 717.), ſcheint ed, vielleicht unter räuberifhen Anläufen nachbarlicher Araber
und Iturder (Strabo 756.), frühe geſunken oder untergegangen zu ſeyn, ohne
Spuren feiner früheren Bedeutung zu binterlaffen, man wollte denn Trümmer
einer Wafferleitung beim heutigen Haſya (Haſſeiah bei Boc. S. 203 f.) dafür
gelten laflen, deſſen Lage auf der des alten Laod. voraußgefeßt. Won feinen
wenigen Münzen, melde neuerlih noch auf die dem nadbarlidden Emeſa
befreundete Familie des Septim. Sever. beſchränkt wurden (Mionn. VII.
p. 213. Anm. a.), meifen etliche den auch ſonſtwo in Syrien, befonbers aber
in Kleinaflen (Creuzer, Symb. I. ©. 81 f. 2.9.) verehrten Gott Dien auf.
3) Laodicea (j. Eoki Hiffer) noos ra Avrw (j. Tchoruk Su, Ha
milton, Reiſen in Kleinaflen I. S. 470. d. d. Ueberſ. Strabo 578. im-
posita Lyco, Plin. V, 29.), etwa eine Biertelfiunde vom reißenden Laufe
dieſes bedeutenden Yluffes auf einem langen Bergrüden zwiſchen den ſchmalen
Thälern der in jenen hier einmündenden Flüßchen Aſopus und Kaprus (Blin.
am a. O. Mionn. IV. p. 325. Nr. 754. Por. IN. ©. 105 f. v. Richter
©. 521. Reiſebilder aus der Levante ü v. Rud. Lindau ©. 145 f.), auf
eine frühere Stabtanlage (Plin.) vom ſyr. Antiochus IT. zu Ehren feiner
Gemahlin und nachherigen Mörberin Laodice gegründet, wurde es bald zu
Lydien (Steph. Byz. p. 509.), bald zu Garten (Ptol. V, 2., beide vereinigt
auf einer laod. Münze, Mionn. Nr. 775.), bald zu Phrygia Pacatiana
(Georgit, Alte Geogr. I. S.72.**) gerechnet, und wohl wegen biefer feiner
Lage zwifcden drei in ihren Grenzen ſchwer zu ſcheidenden Landſchaften (Franz,
5 Infäriften u. 5 Städte in Kleinaflen, S. 26 f. Strabo 628.), Trime-
taria genannt (Hierofl. p. 669. u. daf. Weſſ.). Anfangs nicht bedeutend,
wie fein Stifter und deſſen Macht und Glück (Blatbe, Geſch. Macebon. 11.
S. 204 f.), au von ven Drangfalen des mithribat. Kriege (Strabo 578.
App. B. Mithr. 20.), wohl au ſchon der dort häufigen Erdbeben heimge-
ſucht, hob es fi dagegen am Ende der röm. Republif und unter den erften
Kaifern, unter den Eleinaflat. Stäbten zwar nit zu ber erflen (Tac. Ann.
IV, 55.), fo doch zu der zweiten Rangſtufe (Plin. celeberrima urbs, Acy-
nooramn ns Acias nos. Böckh C. Inser. am a. D. Nr. 3938., neben
Apamea die bedeutendſte Stadt im großen Phrygien, Strabo 576. Gic. Ep.
ad Div. V, 20.), welche Angabe Strabo's über der Stabt Wachsthum unter
Rom Hamilt. I. S. 470. au durch das feinen Ruinen aufgebrädte Geproͤge
mehr roͤm. Verſchwendung und Ueppigkeit als ver düſtern und maffiven Feſtig⸗
keit der Griechen beſtätigt findet. Die Güte des Bodens (wiewohl Hamilt.
S. 468. über die gränzenloſe Einförmigkeit ſeiner kahlen Berge klagt) in
dem durch Getraidebau altberühmten Phrygien; der Umgegend Reichthum an
feinwolligen Schaafen von rabenſchwarzer, aus dem dortigen Waſſer (Vitruv.
VIII, 3, 14.) erklärten Farbe; der freigebige Batriotismus mehrerer ihre
Vaterſtadt reichlich begabender und ſchmückender Bürger (Strabo am a. O..
Eckh. III. p. 162 f. Mionn. IV. p. 320. Suppl. VII. p. 582. Bödh am
a. 8. p. 39—42. vgl. Herodot VII, 27 f.); die große Weftoftbahn bed aflat.
Sandeld, durd die gemwerbthätige (Bilde der Walker und Burpurfärber,
2 —
dehnung gegen Oſten bekam (Forbiger ©. 669. Anm, 43., Hierokl. p. 717. 1. daſ.
Weſſ., fo wie Noris am a. O. p. 231.).
— —
Kaodioda 765
Böckh Nr. 8988.), beſonders einen bedeutenden Geldverkehr (Gic. ad Div.
11, 17. 1,5. V, 20.) unterbaltende Stadt ziehend, braten fo großen Wohl-
fand diefer grieh. Stiftung (Mionn. IV. p. 314. 317.), neben welchem ber
fon im pers. Zeitalter gepriefene (Herod. 30.) bes einheimiſchen, nachbar⸗
lichen Goloffä, wie, nach vemielben auch fonft bemerklichen Geſetze, der von
Phrygiens alter Hauptſtadt, Celänd neben bem des grieh. Apamen, ber
Schwefterſtadt von Laodicea (Mannert VI, 3, 120. 127.), immer mehr ge⸗
funfen zu ſeyn ſcheint. Auch bier wie anberwärts in der Briechenwelt erhob
fi auf der Grundlage des Wohlſtands Stun für Kunſt, auß den noch vor-
bandenen Trämmern ſprechend, und für Wiſſenſchaft, repräfentirt durch die
Skeptiker Antiochus und Theiodas unter Aenefldems Nachfolgern (Diogen.
Laert. IX, 11, 106. 12, 116.), und die an dieſe ſkeptiſche Richtung fo wie an
einen Tempel des kariſchen Men (Strabo 557. 635. Mionn. IV. p. 315.
Nr. 689.) gefnüpfte große herophiliſche Arzneiſchule zwiſchen Laodicea und
Karura, deren von Strabo 580. genannte Vorfteher auch auf laodic. Münzen
mit dem fchlangenummundenen Aeskulapoſtabe als Stabtbeamte vorkommen
( Eckh. III. p. 159 ff.). Anfangs zum fyr., dann wohl zum yergamenifchen
Reiche gehörig, wird fie mit diefem Erbtheil von Rom, und eine Zeitlang von
einheimiſchen Bafallenkönigen vefielben regiert. Während auf autonomen und
kaiſerlichen Münzen ö7uos und BovAn ber unzoonod:s figuriren (Mionn. V.
p. 321. VE. p. 582. Köhne, Zeitſchr. f. Münzkunbe, ter Jahrg. S. 45f.
Zittmann, Darftelung d. grieh. Staatöverfaffung S. 471.), erfcheint fle in
republ. und Faiferl. Zeit als Hauptort eines röm. Gerichtsbezirks (Cic. ad
Div. II, 7. IX, 25. XIII, 54. 67. XV, 4. ad Attic. V, 15. 16. 20. 21.
v1, 1. 2. 3. 7. Or. Verr. I, 30.; gebt auf ihn die Muͤnzinſchrift Mionn.
IV. Nr. 676. vgl. mit Nr. 674.75.? — Plin. am a. O.). Wiederholt, wie
faſt der ganze Strih um den Mäander (Strabo 578.), von Erdbeben heim⸗
geſucht, 3. B. unter Auguſt (Strabo am a. D.) und unter Nero 61 n. Chr.
(ac. Ann. XIV, 27. Oroſ. VII, 7.) erbielt fie vor jenem Unterflügung,
beburfte aber die des letztern nit, um fich wieder zu erholen. Bet viefer
aroßen, au durch Verbrüderungen mit andern Pleinaflat. Stäbten (Mionn.
IV. p. 324 f.) verflärften Bedeutung, und auf, weil von Juden bewohnt
(3of. A. Jud. XIV, 10, 20.), wird fle frühe ſchon einer der dortigen Haupt»
orte des Chriſtenthums, Ep. ad Coloss. 2, 1. 4, 15 f. Apoc. 3, 14 f., das
‚ dort wider einen vielgeflaltigen Cultus (Mionn. IV. p. 313 f.), befonbers
den in den drei Nachbarprovinzen verbreiteten des Jupiter Laodic. (Eckh.
p. 160.), fo wie gegen bie Kaiſerverehrung der Anodınsar vennopwr (Mionn.
IV. p. 326 f.) zu Eämpfen hatte, und fofort ein Bifchofsfie (Weil. zu Hierokl.
p- 665.). Ueber feinen allmäligen Lintergang (Willermus Tyr. Arch. er=
wähnt e8 noch als beſtehend, Hist. XVI, 24.) in ver Türken» und Mongolen»
Noth ſ. Mannert VI, 3. ©. 132. Ueber die daher rührenden Trümmer,
3.8. von einer Wafferleitung (f. eine Abbildung in Findens Landscape Illustra-
tions P. XX.) mit merfwürbig überfrufleten (Strabo 630.) Bögen und
Röhren, einem Gymnaflum, mehreren Theatern, deren eines fehr gut erhalten,
einem Stadium mit faſt volfländig bewahrten Siten, beutlih erfennbare
Stellen mehrerer Tempel, eine mit den Ruinen einer Colonnade und vielen
Piedeſtals eingefaßte Straße, unzählige Ueberbleibfel von Säulen, Thoren,
Brivarhäufer-Fundamenten und Sarkophagen |. Bor. S.105—109. Richter
©. 521—23. Reiſeb. S. 145—47. Hamilt. S. 468—470., fo mie über
die Situation der Stadt Kieperts der Abhandlung von I. Zranz (f. oben)
beigegebene Karte von Phrygien. Vgl. au Droyfen am a. DO. ©. 667.
4) Laodicea Karanenavussn * (Strabo 663. Ptol. V, A., xexav-
.* Die Ableitung des Beinamens von ber ausgebrannten, vulkaniſchen Natur ber
700 Laodicta — Laodödcus
user Hierofl. p. 672.), von den beiden erflern und Steph. By}. p. 909. zu
Lykaonien, von Lehterem und Sofrates (h. eccl. VI, 18.) zu jr in diefer
nörbliden Richtung erweiterten Piloten gerechnet, an der großen, nach dem
Euphrat ziehenden Straße, woran auch das phryg. Laodicea gelegen, wird von
Bor. II. ©. 122. u. Hamilt. II. S. 186 f. mit großer Wahrfcheinlichkeit in dem
heutigen Jorghan Ladik (f. Kieperts herrliche Karte von Kleinaf., Set. V.
nebft den Erläuterungen zu feiner oben angegebenen Karte von Phrygien
©. 35 f. bei Franz), das Mannert VI, 2.©.198f. und Winer bibl. R.W.B.
Art. Lyſtra ohne rund mit biefem zufanmenmerfen, mwiebergefunden. Jenes
Städtchen an einer tiefen Cinbuchtung der nah Norden auf die lykaoniſche
Ebene fih öffnenden Kalkfleinberge bat in feinen Straßen und umgebenben
Aeckern nah allen Richtungen bin Piebeflald von Grabmälern, Säulen und
Sarfophage, eine Menge Bragmente alter Gebäude und eine Ueberfülle von
Grabinjhriften (Bödh am a. D. p. 65 f.), die jedoch fo wenig, als bie
einzige bis jetzt aufgefundene Münze diefer Stadt (Mionn. VI. p. 117.)
unfere Kenntnifje von derfelben bereichern. Vgl. Droyſen am a. O. & 663 f.
5) Laodicea an Mediend (Stepb. Byz. p. 509.) fernen, mit Bere
zufammenftoßenber S.Oftgränge (Cellar. Not, O. a. II. p. 669 f. 695.),
etwa im Südoſten des heutigen Teheran gelegen (Mitter, Erdkunde ur: Thl.
S. 596. 599.), nebſt einigen andern dortigen Städten (Strabo 514. 524.),
griech. macedoniſche Stiftung (Strabo 514. 524.), die befimmt (Plin. V, 26.)
einem Antiochus, entweber dem I., der auf in Margiana eine Stadt grün»
dete (Sırabo 516.), wohl ald er König „des obern Aflens’‘ war (Flathe
am a. D. ©. 51.), oder Antiochus III. während feiner Kriegszüge in jene
Begenden (Blathe ©. 312 f.), als Gründer zugefhrieben wird; vielleicht erft
durch künftige Nachgrabungen in ihrer Lage genau zu ermitteln. Droyſen
am a. O. iſt gegen die Combination von Strabo 524. u. Plin. VI, 26.
6) Laodicea in Meſopotamien neben andern ſtädtiſchen Sammelpunkten
daſelbſt, von Plin. V, 26. ohne weitere Situationsangabe genannt, von
Droyfen S. 711. am untern Tigrislauf gefuht; wohl ein Werk Seleucus I.
- 7) Laodicea im Pontus aus nit unwahrſcheinlichen Vermuthungen
angenommen von Eckhel, Droyfen u. U. (Droyfen S. 660.).
8) Laodicea in Arkadien im Gebiet von Megalopolis, nad Ortelius
Thes. Geogr. u. Sickler, Handb. d. alten Geogr. IL ©. 49. beruht blos
auf einer und zwar nit ber beflen Lesart bei Thucyd. IV, 134. vgl. daſ.
Poppo Prolegg. T. 2. p. 185.; Polyb. (ed. Bekker) II, 51. 55. bat Au-
.doxeız (Neutr, plur.), Pauſan. vü. 44. Aadoynsa, ano Anbonov; Kiepert
im Atlas von Hellas Bl. VII. Ladokia, Droyien ©. 487. Anmerk. 19.
Laodikia. [ Cless.]
Laodicäöne (Acodınnrn), eine blos von Ptol. V, 15. erwähnte, nad
der Stadt Laodicen benannte Landſchaft Syriend, weſtlich von Palmyrene
und ſüdlich von Apamene.
Laodicus, Acoöınos (fo liest Müller flatt Auadonos ober Auadonos
bei Paufan. I, 4, 4. X, 23, 3.), Öyperboreifcher Herod, der den Deirbiern
gegen bie Galiier zu Hülfe kam, Bauf. 1. c. vgl. Herod. VIH, 39. Müller
Dor. 1. ©. 268. [ Mzr.]
Laodöcus, Acodonos, 1) Sohn des Apollo und ver Phihia, Apollod.
I, 7, 6. — 2) ©. des Bias, Argonaut und Theilnehmer am Zug der Sieben
umliegenden Landſchaft (Strabo 576. 579. 626. 628. 637.) beftreitet Hamilton, weil
ſich nirgends eine Spur davon finde, und weil es, Fünnte man hinzufegen, in biefem
Falle wohl eher heißen würde: Aaod. ns xaranızanuivng. Eher mag fich biefer
Belname auf die Wieberberfielung der niebergebrannten dlteren Stadt, wohl einer
Stiftung Stieuens des I., beziehen, wofür auch bie andere Benennung zerav air
bei Hierokles zu forcchen ſcheint.
m— - m — gb „1 (ur 3 4 „CD U 3 WR
Laogöras — Laomödon 767
gegen Thebe, Apollod. IT, 6, 4. Apollon. Arg. I, 119. — 3) ©. des
Antenor, Hom. Il. IV, 87. — 4) Wagenlenker des Antilochus, ib. XVII,
699. [Mzr.]
Laogöras, ae, Aroyopas, König der Dryopen, Bunbedgenoffe ber
Lapithen gegen Aegimius, von Herkules getöbtet, Apollod. II, 7, 7. [Mzr.]
Laomödon, ontis, Arousdor, orros, 1) Sohn des Ilus und ber .
Gurgbice, Gemahl der Strymo u. And., Vater des Priamus, Tithonus,
Zampus, Klytius, Hifetaon und des unehliden Bufolton, König von Ilium;
als feine Töchter werden genannt Heflone, Aſtyoche, Cilla. Hom. I. XX,
237. Apollod. III, 12, 3. Heyne zu Apollod. ©. 752 f. Bei dem Bau der
Mauern von Troja mußten ihm, wegen einer Empörung gegen Zeus verur»
theilt, Bofeldon und Apollo um Lohn dienen. 8. aber gab ihnen den aus⸗
bedungenen Lohn nicht und jagte fle fort, II. VII, 452. XXI, 441 ff. vgl. Hor.
Od. II, 3, 21. In der erftern Stelle Heißt es, beide Götter Haben an ber
Mauer gearbeitet, nach der Iehteren nur Poſeidon. Nah fpäterer Sage riefen
fle bei dem Bau den Aeacus zu Hilfe, und da, wo biefer Sterblidde baute,
mar die Mauer erflürmbar, Pind. Ol. VIII, 41. mit Schol. vgl. Schol. zu Eurip.
Or. 1373. (1389.). Nah Apollod. 11, 5,9. kamen Pof. und Ap. freiwillig
zu Laomebon, um feinen Uebermuth auf die Probe zu flellen. Zur Strafe
fanbte nahhomerifher Sage zufolge Poſeidon ein Seeungebeuer, welches das
ganze Land verwüſtete. Dieſem mußte dem Sprud des Orakels gemäß von
Zeit zu Zeit eine Jungfrau zum Verfchlingen gegeben werben. Das Loos
traf auch Heflone, die Tochter des Laom. Da kam Herkules eben von feinem
Zug gegen die Amazonen zurüd und verſprach, die Sungfrau zu retten, wenn
ihm 8. die Hoffe gebe, die einft Zeus dem Tros für den geraubten Gany⸗
medes geſchenkt Katie. 2. verfprach fle, brach aber fein Wort, als Herkules
die Heflone gerettet und das Ungeheuer getöntet hatte, worauf der Held mit
einem Geſchwader von ſechs Schiffen gegen Troja zu Felde z0g und den L.
mit allen feinen Söhnen, den Podarkes (Priamus ausgenommen) töbtete,.
die Heflone aber dem Telamon gab. Diefe Faufte mit ihrem Schleier ihren
Bruder Priamus Ios, Som. I. V,640 ff. Apollod. IL, 5, 9. II, 6,4. Schol.
Lkykophr. 34. Schol. II. XX, 145. XXI, 442. Diod. IV, 32. 49. Hygin
fab. 89. Bon feinem Grabmahl am ſläiſchen Thore ging die Sage, daß,
fo lange es unzerflört bleibe, au Troja ſicher fel, Serv. zu Aen. II, 241.
Ovid Met. XI, 696. — 2) ein Sohn des Herkules und der Meline, Apollod.
II, 7, 8. [Mzr.]
3) von Miytilene (Deripp. ap. Phot. p. 64. a. 35. Arr. ap. Phot.
p. 71.b. 23. Diod. XVII, 3. 39.; nad Arr. Ind. 18. von Amphipolis),
des Larichus Sohn, Bruder des Erigyius, mit welchem und andern Freunden
Alexanders er von König Philipp im Anfange des I. 336 in Folge von
Mißhelligkeiten, die zwiſchen dem Könige und feinem Sohne herrſchten, aus
Macevonien verbannt wurde. Arr. III, 6. (Bei Plut. Alex. 10., der ihn
nit nennt, ift flatt Bovyıor zu Iefen ’Eoiyvior, |. Böhnede Forſch. auf d.
Geb. d. att. Redner S. 565,1.) Nah Alexanders Thronbefleigung Eehrten
file nah Macedonien zurüd. Im perſiſchen Kriege leiftete 2. als Dolmeticher
Dienfle und erhielt die Adminiſtration der Kriegögefangenen. Arr. III, 6.
Dei Bertbeilung ber Satrapien im I. 323 fiel ihm Syrien zu (Arr. ap.
Phot. p. 69. a. 36. Deriyp. am a. O. Diod. XVII, 3. Iuftin. XIII, 4.),
das ihm in der Thellung von Triparadifus im I. 821 von Untipater bes
Rätigt wurde, Arr. ap. Phot. p. 71. b. 23. Diod. XVII, 39. ; im folgenden
Jahre aber beſetzte Nicanor, ein Freund des Ptolemäus, Syrien, nahm den
2. gefangen und brachte ihn nad Aegypten; 2. beflicht die Wachen und ent»
flieht zu Alcetad nach Garien. Diod. XVII, 43. App. Syr. 92. cf. Mithr. 9. —
Ueber feinen Bruber Erigyius, von Ulerander zum MWefchlahaber der griech:
768 Kanon — Lapkystlas
Neiterei ernannt, f. Yrs. III, 6. (vgl. I, 14.) 11. 23. 28. Died. XVII,
17. 57. 81. 83. Curt. VI, 4. 8. VI, 3.7.; ex fiel im $. 328 beim Sturme
auf die Felſenburg des Syfimithres in den Bergen von Naura (Nouratagh);
der Verluſt des tapfern Mannes ging dem Könige fehr nahe. Curt. VIII, 2. [K.]
Laon (Aaor), ein Attiſcher Luftfpielnichter, von welchem Stobäus
(Florileg. 123, 5.) ein Stüd Aadinar, und Dicäarchus (V. Graec. p. 28.)
einen das 206 ber Boͤotier ausfpregennen Ders anführt. [B.]
Laonöme, Aaoroun, Bemahlin des Alcäus und Mutter des Amphi⸗
tryo, Bauf. VII, 14. [ Mar. ]
Laophonte, Acogorm, 3. ded Pleuron und Gemahlin des Iheflius,
dem fle bie Althäa und I gebar, Apollod. I, 7, 7. Schol. Apslon.
1, 146. [Mazr.)]
Laos, ſ. Laus.
Laosthenides, Verfaſſer einer Schrift über Kreta. Diod. V, 80. IWest.)
Laothoe, Aaodon, Tochter des Altes, Königs ber Leleger Mit
ihr erzeugte Priamus den Lycaon und Polydorus, I. XXI, 85. [Mar.]
Laothödes, Aaodons, ov, ©. des Herkules, Apollod. II,7, 8. [Mar.]
Lapathüs, 1) ſ. Lapethus, — 2) Bleden in Pieria (Macedonien)
am Paſſe Tempe neben dem Kaflel Charar, in welchem wir das heut. Ca⸗
riſſo auf einem Vorſprunge des Gebirgs an der Südſeite und ſchmalſten
Stelle des Paſſes leicht wieder erkennen. Liv. XLIV, 2, 6. Vgl. Paul Lucas
Sec. Voyage I. p. 212. u. WMannert VII. ©. 558. [F.]
Lapatia, |. Trileucum.
Lapersne, Aanevoai, Aantomoı, Dein. der Diosfuren, ſo genannt
nah dem attiſchen Demos Laperjä, Tzetz. * Lyec.. 1369. 511., oder nach einem
Berg in Lakonien, Stephan. s. v. — 2) i. Las. [Mzr.]
Lnpersius, Bein. des Zeuß, nad bem att. Demos Laperſä. | Mer.)
Lapöthus (‚lanndos, Steph. Byz. Blin. V, 31, 35. u. Münzen,
bei Strab. XIV, p. 682. Aanados u. bei Biol. V, 13. Aanıdog), eine der
bebeutenpften Städte der Injel Cyprus an der Norbküfle derfelben, an einem
gleihnamigen Flüßchen (Btol. ), etwas öſtl. vom Vorgeb. Krommyon, nach
der Tab. Peut. 38 Mill. ſüdoöſtlich von Soli, früher Hauptfih eines eignen
kleinen Reichs (Diod. XIX, 59.) und unter den Mömern die Hauptſtadt des
nördlichen Viertels der Inſel. Sie hatte eine gute und ſichere Rhede. Pococke
II. S. 322. fand noch Ueberreſte von ihr bei dem Flecken Lapta. [F.]
Laphafs, einer ber älteften Bilvfchniger aus Vhlius, von dem Baus
fantas (1, 10, 1.) ein Schnigbild des Herkules in deſſen Tempel zu Sicyon
fah. Vermöge der Aehnlichkeit des Stiles ſchreibt Pauſanias (VII, 26, 6.)
bemfelben Künfler ein coloſſales Schnitzbild des Apollo in deſſen Tempel zu
Aegira in Achaja zu, über deſſen Meiſter er bei den Eingebornen Feine Nach»
richt erhalten | konnte.
Lapkäon (Aayanr oder Auyeior), von Jamblichus (Vit. Pythag.
c. 36.) unter den Pythagoreern aus Metapont aufgeführt. [B.]
Laphraeas, Acggaiog, Beiname bed Apollo zu Kalydon, Strabo
p. 459. a. E. Andere Lesart Lathraeus. [Mzr.]
Laphria, Acypia, 1) Beiname der Artemis bei den —
von denen ihr Dienſt zu den Meſſeniern in Naupaktus und nad Baträ in
Achaja kam; Letzteres geſchah erft unter Augufus, gab aber Veranlaſſung
zu einem großen jährliden Feſte, Bauf. IV, 31, 6. VII, 18, 6. 7. Schol.
zu Eurip. Or. 1087. Müller Dor. I. 377 f. Diana Laphria auf Münzen
aus Nero's und Domitiand Zeit bei Eckhel D. N. II. p. 257. — 2) auf
Beiname ver Athene. [Mar.]
Lapkystias (Aagvonos, Pauf. IX, 84, 5.), ein Berg in Böotien
20 Mi. nordweſtl. von Goronen, wiſchen ihr, Lebadea und Orchomenud,
-Kumiäsllänne — Emplänsie " 709
auf dent das in ben Copais⸗See fallende Flüßchen Phalarud enifyr und
der einen Tempel des Zeus (der von ihm den Beinamen Laphyſtius führte),
fo wie einen andern ber Athene Itonia trug. Nächſt dem uralten Kultus des
Zeus war auch der des Herkules auf ihm heimiſch. (Bgl. über ihn un feine
Denfmäler Dobwell Class. Tour. I. p. 243. Clarke Travels VII. p. 186.
und Krufe’s Hellas I, 1. S. 430.) t F.] |
2) Beingme des Zeus von Augvamır fliehen — Z. guScog aber von
dem böotifchen Berge oder — der Gehäffige mit Beziehung auf frühere
Menſchenopfer, Bauf. I, 24, 2. IX, 34,4. Müller Orchom. 34. 161. 164.
— 3) Beiname des Dionyfus nah dem böot. Berge. Auch die ralenden
Bachantinnen hießen Lapbufiä, Müll. Or. S. 173. Tzetz. zu yc. 1236. [Mar.]
Lapicidinse, ſ. Lautumiae. -
Lapicimi, eine von Livius XLI, 23. erwähnte liguriſche Völkerſchaft
öflih von den Alpen auf dem Süpabhange der Apenninen. [F.]
Lapidaria (Tab. Beut.), ein Ort in Rhaͤtien an ber Straße von
Brigantium nah Mediolanum, 57 Mil. nörbli von Clavenna (dem heut.
Chiavenna); die Stelle an der Straße über den Splügen, die jet den Namen
Dia Mala führt, wo ber Wanderer dreimal zwiſchen fi eng zuſammen⸗
brängenden Belien über den Sinterrhein zu feßen gezwungen if. [F.]
Lapidarius oder lapicida (Barro L. L. VII, 33.), lapidarii opifices,
Drelli 4208. 4220., Stembauer, Gebäupe errichtenn, Petron. Sat. 65.:
Habinnas lapidarius qvi videtur monumenta optime facere, Mela bei Ulp.
Dig. XI, 6, 5, 7.: si servus lapidario commodatus (sub) machina pe-
rierit. Au der Steinmeg, der Inſchriften fertigt, iventif mit qvadratarius,
Sidon. Ep. IH, 12. vide ut viium non faciat in marmore lapicida. [W. T.]
Lapidatie h. das Werfen mit Steinen überhaupt, 3: B. Flor. III, 8.
Der robe Haufen des Volks machte davon Gebrauch, um feinen Haß ober
feine Beratung auszubrüden, 3. ®. Plaut. Poen. IH, 1, 25. Betron. 90.,
aud wurde das Grabmal verhaßter oder. verächtlicher Menſchen vom Volk
mit Steinen beworfen. Prop. IV, 5. fin. Aufon. idyll. XV, 34. Gpart.
Pesc. Nig. 2. Dft kamen bei Bolksaufflännden Steinwärfe vor, Gic. p. dom. 9. -
Treb. Bol. XXX tyr. 22., und die Verhaßten wurden verwundet oder fielen
als unglüdlihe Opfer der wilden Leidenfchaften ihres @eguer, z. B. 8. Wpul.
Saturninud, Aur. Bict. ill. vir. 43. (abmeichende Nachrichten f. kei Drelli
onom. Tull. p. 59.). ine geſetzliche Strafe war aber das zu Tade Steinigen
bei den Hömern nie (mie bei den Juden und Maceboniern), nur ber ſtrenge
Kaifer Severus wandte diefe Strafe außerorbentlider Weiſe bei zwei ſtraf⸗
baren Dffisieren an. Spart. Pesc. Nig. 3. [R.]
Auf Gebot des Kürften ſcheint die Steinigung vollzogen worben zu ſeyn
tm heroiſchen Beitalter, |. Wachsmuth Heil. Alt. Kde Bd. IL. Beil. 1. der ten
Ausg; als Act der Bolköjufltz, wo bie ‚offizielle Gerechtigkeit zu langſam,
unfider oder mild if, vgl. Pſ.Ovid de Nuce 8f.: obruere ista solet nmp-
nifestos poena nocentes publica cum lentam non habet ira moram. Quintil
deci. XII, 12.: populus qvoqve impunitum nefas sine lapidibus praeteribis?
Tertullian: lapidatio non legitimis bellis sed popularibus ovetibus ete.
familiaris. Horat. Epod. 3, 97. Appulej. Met. I, p. 41. X, p. 690. Oud.
Chron. Pasch. p. 994. Bonn. Aelian. V. H. V, 19. Bartben. de aff. am. 21.
Pauf. I, 32, 2. IV, 22, 7. VIII, 23,7. Beſonders häufig aber wurden im
Theater, wie gute Schaufpieler u. dgl. mit Blumen, fo ſchlechte mit Steinen
belohnt, Sen. Controv. 3. Athen. VI, p. 245. D. E. und oft bei Lucian.
Macrob. Sat. II, 6.: lapidatus a populo Vatinius cum gladiatorium munus,
ederet obtinuerat ut aediles edicerent ne qvis in arenam nisi pomum
misisse vellet, Bgl. Euſtrat. zu Ariſtot. Eth. Nic. III, 1. Geöner zu Plin.
Paneg. 40, 8 [W.T.]
Baniy, Mentsäntyelon, IV: 49
770. Lapidei Campi — Lapltkae
Lapidei Campi (Plin. IH, 4,5., Litus lapideum bei Mela II, 5, 4.,
nedior Aıdödes, Strabo IV, p. 182.), daB bekannte Steinfeld an der Suͤdküͤſte
Galliens zwifchen Maſſilia und den Münbungen des Nhodanus, 100 Stad.
vom Meere, an der Oftſeite des Marianiſchen Kanals, das ſchon den älteſten
Griechen bekannt war, indem es bereit Aeſchylus fragm. Prom. sol. 182.
bei Strabo am a. D. zum Gegenflande einer Diythe macht, indem er dichtet,
daß Zeus diefe Steine habe regnen Taflen, um den Herkules in feinem Kampfe
mit den Lygiern, nachdem er alle feine Pfeile verfchoften, nicht wehrlos zu Laffen
(ogl. Mela am a. DO. u. Hygin. Poet. astron. IE. p. 61.). Zwiſchen ven
Steinen wuchſen aber au gute Yutterfräuter, namentlich Thymus, und
man trieb daher die Heerben ſelbſt aus entfernten Gegenden dahin und ließ
fe fer Geld dort meiden (Strabo am a. D. u. Plin. XXI, 10, 31.). Iegt
a Grau.
Lapis in der Redensart: Jovem lapidem jurare, ic. Epist. ad fam.
vo, 12. Polyb. III, 26. Gel. I, 21, 4. Dieß iſt nit, wie man früher
annahm, als eine fleinerne Bilbfäule des Gottes, fondern daraus zu erklären,
daß man ald Symbol des Bliges den Kiefel oder Feuerflein betrachtete und
deshalb dem Jupitersbild einen Stein flatt eines Donnerkeils in die Hand
gab. Dieß bezeugt Arnobius IV, 25. Vgl. oben ©. 616. Ja biefer Stein,
lapis capitolinus (Auguflin II, 29.) genannt, war fogar ale Symbol bed
Gottes ſelbſt aufgeftellt worden, Serv. Aen. VIII, 641. Vgl. den Stein, melder
dem Kronus flatı des jungen Zeus gereiht murde. Wenn man ein Bündniß
beſchließen wollte, fo holte man zum Behuf des Schwureß Jupiter heilige
Symbole aus feinem Tempel, nämlich das Scepter und den Kiefel, nebft Gras
vom Tempelraume, Feſtus p. 68. s. v. Feretrius. Liv. XXX,43. Die nannte
man (per) Jovem lapidem jurare, ein Gebrauch, der nad Suidas au bei
den Griechen herrſchend war. Man bat dabei fhon an Meteorfleine gedacht,
aber ohne Grund. Auch zum Schlachten des Opferthiers bei Schwuropfern
ebrauchten die Römer, wahrſch. als Ueberbleibſel einer Zeit, da metallene
Snfrumente no nit vorhanden waren, einen Kiefelftein, Feſt. s. v. la-
pidem silicom p. 85. Liv. I, 24. IX,5. Polyb. III, 26. Plut. Sull. 10.
Bol. hierüber Hartung II, 9 ff.* [Mzr.] /
Lapis milliarius, f. Milliarium. '
Lapis sepuleralis, ſ. Sepulcrum.
Laplthae (Acnidcı), ein rohes Bergvolf in Theffalien, um den Offe
und Peneus ber (daher in der Mythe Enkel des Beneus, Diod. IV, 69.).
Ihr mythiſcher Stammherr war Lapithes (Aanidns), Sohn bed Apollo
und der Stilbe, Bruber des Gentaurus, Gemahl der Drfinome, Vater bes
Phorbas, Triopas und Periphas, und ihr Fürſt war Pirithous, ber ale
Sohn des Irion Halbbruder der Bentauren war. Diele verlangten daher
einen Theil des väterlichen Erbes, und als ihnen dieſer nicht gewährt
mwurbe, entfland ein Krieg, ber jedoch mit Friedensſchluß endigte. Bei der
Hochzeit des Pirithous mit Hippodame aber, zu welcher er die Gentauren auch lud,
Bra, durch den erzürnten Ares herbeigeführt, wegen der Frauen ein bfutiger
Kampf zwifchen Lapitben und Gentauren aus, in weldem die Lehteren ben
Kürzeren zogen. Aber auch die Lapithen wurben von Herkules gebemüthigt. [ Mer.
Som. I. XII, 128. 181. Od. XXI, 295 ff. Orph. Arg. 413. Diep. IV, 70.
Bauf. I, 17, 2. V, 10, 8. Gtrabo IX, p. 439 ff. Plin. IV,8, 15. KXXVI,
® Beaufort, Die Romiſche Republie Bd, I. ©. 96. ber Leberf. vom 3.1775, nimmt
an, daß diefer J. Lapis urfprünglich nichts anderes war, als sim großer Gtein, um
den man fi zum Bottesdienft verfammelte; als man fid, fpäter bie Gottheit unter
kbrperlicher Geſtalt vorfiellte, fo hielt man bdiefen Stein für die Bottheit ſelbſt, und
als Ruma bie Grenzſteine beiligte, fo machte man daraus einen Gott Terminus. [W.]
4
KLapiikaeum — Lar 774
5, 4. ODvib Met. XII, 210-535. - Hor. Od. I, 18, 5. Faſſen wir den
Mythus hiſtoriſch auf, fo trugen die Lapithen, ein mit ben Phlegyern und
Minyern verwandter (Hermanns Griech. Staatsalterth. F. 8. Note 13.) pelas⸗
giſcher Volksoſtamm (Bömel de antiquis Thess. incolis p. 20. u. Plaf Ur»
geſchichte d. Hellenen I. ©. 592.), als ein etwas gebilbetered Volk, als
Stadtebauer (Steine Ueberredende, vgl. Buttmann Über die Minys in
den Abhandl. d. Berl. Akad. 1820. S. 197 ff.), über das rohere nomadiſche
Meitervolf der Centauren (mit Hilfe von Hellenen? — Theſeus war ber Ge⸗
führte bed Lapithen Pirithous, Diod. IV, 70.) einen vollſtändigen Sieg davon
und nöthigten fie ihnen das Land am Pelion zu überlafief. Ebenſo ver-
drängten fle bann auch die Perrhäber aus ven Befllden am Peneus, und
zwangen fie, fi ind nörbliche Gebirg zurückzuziehen, ober fi ihnen zu unter»
werfen (Gtrabo p. 440 f.). Mit dem zurüdgebliebenen Theile ver Berrhäber
vermiſcht führten fie dann den allgemeinen Namen Belasger (Strabo p. 441.)
und verloren fih fo nah und nad unter den andern peladg. Theffaliern. [F.]
Kapithaeum (fanıdaor, Pauſ. III, 20.), ein Flecken Lakoniens
am Taygetus, 15 Stab. von Eleufinium und in ber Nähe von Derrium.
Die Lage aller drei im ſpartaniſchen Gefilde zu fuchenden Flecken läßt ſich
nicht näher beflimmen. [E.]
- Lapithas, Berg in Urkadien auf der Grenze gegen Elis; aus ihm
entfpringt der Anigrus, Pauſ. V, 5, 8. [W.T.]
Lapp2, ſ. Lampa.
Laprias, Beiname des Zeus, Lactant. I, 22. | Mzr.] .
Lapurdum (Sivon. VIII. ep. 12. Notit. Imp.), eine Stabi ber Tar⸗
beller in Gallia Aquitania III. (Novempopulania) am &luffe Uturrus, fübl.
von Aquä Tarbellicd, Standquartier ded Stabes einer Legion. Aus bem
Namen der Stadt, welche an der Stelle des heut. Bayonne lag, bildete ſich
fpäter die Benennung bed Ländchens Labour. (Vgl. d'Anville Not. p. 398.) [F.]
Laqvear, Laqvearium, ſ. Lacunar ©. 720.
Laqvearius, 1) Berfertiger von laqvearia, neben architecti, albari,
tignarii genannt Cod. Theod. XIH, 4, 2. — 2) Glablatoren, |. Bd. II.
©. 870. [W.T.]
Laqueus Die Grdroffelung mit dem Strid (laqueo gulam frangere
Sal. Cat. 55., frangere cervicem Gic. Vat. 11., fauces laqueo vexalae
Tac. Ann. VI,40., iugulare und strangulare) war eine fehr alte Strafe in
Nom und wurde nur im @efängniß (vgl. 3. B. Blin. Ep. II, 11. stran-
gülatus in carcere; in Rom gewöhnl. im Tullianum) — niemals öffentli
— vollzogen, was aus allen Beifpielen hervorgeht. Deßhalb fleht oft carcer .
und laqueus nebeneinander, z. B. Xar. Ann. HI, 50. Borzüglid Hochver⸗
rärher und Majeflätöverbrecher wurden mit dieſer Strafe belegt, 3. B. bie
Genofſſen des Gracchus, App. b. c. I, 26., die fünf Eatilinarier, P. Cornel.
Zentulus Sura, C. Eornel, Cethegus, 8. Statilius, PB. Gabinius Cavpito
und Gäparius, ſ. L. Sergius Catilina, namentlich oft unter Tiberius, Tac.
Ann. V, 9. VI, 39. 40. Auch Frauen wurden ſo hingerichtet, Val. Max.
V, 4, 7. Tac. Ann. V, 9. Suet. Tib. 61. Dio Gafj. LVIII, 11. Im
erſten Jahrhundert der Kaiſerzeit kam dieſe Strafe ab, Tac. Ann. XIV, 48.
Nach einer Notiz des Treb. Poll. XXX tyr. 22. wurden bie Kriegsgefangenen
veterum more im Kerker erdroſſelt, ſ. Fabri, semestr. II, 7. p. 93 fi. LR.
Lar (Ace, Ptol. VI, 7:), 1) Fluß an ver Oſtkuͤſte Arabiens, ber fid
der Infel Tharo gegenüber in den Verflihen Deerb. ergoß. Mannert VI, 2.
S. 125. Hält ihn ohne binreihennen Grund für tventifh mit dem Hunds⸗
fluffe (Canis oder flumen Cynos) des Plin. V, 28, 82. (Bgl. oben Br. 11.
S. 118. u. Forbigers Handb. d. alt. Geogr. II. ©. 738.) — 2) Kaſtell
an der längs Der Küfle von Mausitania Gäfarienfld hinführenden Heerſtraße,
m m — Karen”
‚2 Fre von Gertenna und 39 Mi. well. von Cäfaren. Stin. Ant.
3) Lar (ober Lars), Lartis, etruſstiſcher Borname (Val. Mar. X. de nomin.
et praenom., vgl. Gharif. I, 110. Prise. V,645.), 3. B. von Porfena (Liv.
N, 9. vgl. Plut. Poplic. 16. Aapes, Dionyf. V, 21. Acoos), Tolumnius
Gib. IV, 17.); von da aus zu ben Nömern gekommen, 3. B. Xiv. III, 64.
Lar Herminius Consul. [W.T.]
Lara, f. Larunda u. vgl. ©. 779.
Laranda (1% Aaparvda, Diob. XVIH, 22. Gtrabo XII. p. 369.
Btol. Ammian. XIV, 2. Gteph. Byz. p. 418. Hierocl. p. 675. Gufeb.
h. eccl. VI, 19.), eine der bebeutenveren Städte Lycaoniens, in dem ſüdlich
von Icontum gelegenen, eine Zeitlang von eignen Fürſten beherrſchten (Strabo
1. 4 Gic. ad Div. XII, 73.) Diſtrikte, der bei Ptol. Antiochiana heißt.
Sie Tag 400 Stab. fündftlid von Iconium und 250 Stad. ſübweſtlich von
Tyana, und wurde von Perbiccad mit Sturm erobert und zerflört (Diod 1.1.),
fpäter aber wieber aufgebaut, und ihrer fruchtbaren Gegend wegen ein Sik
der Iſauriſchen Seeräuber (Ammian. 1.1.). Noch jetzt führt fie den Namen
Zarenda, aber auch Karaman. Leber ihre heutige Beſchaffenheit f. Otters
Reifen I, 8. (vgl. mit Abulfeva Tab. XVII. in Bũſchings Magaz. V. S. 301.).
Leake B 98. u. Hamilton Researches II. p. 3822. — lieber Laranda im
Itin. Ant. p. 211. und bei Hierocl. p. 675. f. Leandis. [F.]
Larasıa —— Ptol. VI, 2.), Stadt in Medien, nicht weit von
Eebatana gegen S. W. [F.]
Larcli, ſ. Lartii.
— a Tu Bolt im Weiten von Arabia Felix, blos bei Plinius
Vi, 28. IE.
Larentalia, f. Lares ©. 775.
Larentis, f. Acca, ®b. I. S. 12. u. unten S. 778 f.
Lares (Acons, Ptol.1V,3.; Lares, Abl. Laribus, Sal. Jug. 90.
Itin. Ant. p. 26. Tab. Peut. Auguftin. adv. Donat. VI, 20., Get Procop.
Vand. II, 23. AaoıBos, und noch jeht Larbuß, Lorbus; es ſcheint daher,
wie in den roman. Spraden, der Ablat. früh den Nominativ verbrängt zu
Haben), Stadt Numidiene, im Jugurth. Kriege no bedeutend, fpäter aber
gefunfen; nad dem Stin. Ant. auch röm. Kolonie. Sie lag wefll. von Zama
noch biefieit des Bagrabas (denn Piol. ſetzt fie zu weit weſtl. in die Gegend
von Girta). [E.] .
Lares. Der roͤmiſche Larendienft hängt aufs innigfle mit dem Manen-
weien zufammen und bietet zugleich überrafchende Analogieen mit dem griechi⸗
fen Heroenweifen. Das Wort Lar if etrusfifchen Urfprungs und bebeutet
arah, news. Man unterfled Lares domestiei und publici, vermöge jener
auch fonft vielfach hervortretenden Wechfelbezichung des Stantes und des Haufes,
deren Organismen durchaus nah venfelben Geſetzen gegliedert find und in
einander liegen. Bei ven Hauslaren Täßt ſich die eigentliche Bedeutung diefer
Weſen am Elarfien erkennt. Es find die zu heroiſcher Würde potenzirten
Dianen des Hauſes. So lange dieſes zugleih Begräbnig war (Gerv. zu
Virg. Aen. V, 64. VI, 152.), landen Manen und Laren einander gewiß
noch näher, obwohl au damals die Verehrung ber Manen weſentlich an
der Grabſtätte gebaftet haben muß, mährend die Karen die Schutzgeiſter bes
eerbed und von dort des ganzen Hauſes find. Nicht jeder Verſtorbene
brigen® wurbe als Lar verehrt, fondern nur die guten und verdienten lieder
der Familie; ob ek von Frauen Laren gegeben, ift fraglih ; auf Kinder, melde
unter 40 Tagen gefloxben, beziehen einige Srammatiler bie Lares grundu-
les, Fulgent. de prisco serm., dagegen vgl. Nonius p. 114. u. Diomed.
3, 8979. An der Spike aber der gefammten Hauslaren fleht ber Lar fami-
kiaris, deffen Weſen mehr ideell als hiſtoriſch if. Er iſt der im Tauben
geſetzte und perfonificitte Urfprung der Familie, zu vergleihen mit dem
Noog Enarvuos der griechiſchen Geſchlechter. Sehr belehrend ift über feine
Natur die Mythe von der Abkunft des Servius, Plin. H. N. XXXVI, 70.:
Tarquinio Prisco regnante tradunt repente in foco eius comparuisse geni-
tales e cinere masculini sexus eamque, quae insederat ibi, Tanaquilis
reginae ancillam Ocrisiam captivam consurrexisse gravidam. Ita Servium
Tullium natum, qui regno successit; inde et in regia cubanti puero caput
arsisse visum creditumque Laris familiaris filium. Ob id compitalia et
Iudos Laribus primum instituisse; vgl. Dionyf. Hal. IV, 2., welcher Lar
familiaris durch ö xaT oiniav 700g ũberſetzt, und Plutarch fort. Rom. 10.
Wie der Lar bier als zeugender Hausgeiſt der Tarquinier erſcheint, wobei
die Sitte in Anſchlag zu bringen, an dem Öffentlichen Heerde der Bella ſo⸗
wohl als an dem häuslichen ein fascinum abzubilden, fo jagt auch bei Plaut.
Aulul. Prol. ein Lar familiaris von fi}: hanc domum iam multos annos
est quum possideo et colo. Unfre Sage kennt ähnliche Geftalten, wie bie
weiße Frau vom Haufe der Hohenzollern u. dgl., doch würden die Alten ſich
Diefe Wefen nie weiblich gedacht haben, was ſpecifiſch germaniſch if. Der
Lar familiaris ift eben fo weſentlich ans Haus als an die Familie gebunden,
daher er au mit der Familie das Haus wechſelt, und Plaut. Trinumm. 39 ff.
demLar geopfert wird, gleich nachdem bie Familie das fo eben gekaufte aus
bezogen. ben dahin gehören die befannten Redensarten Lares mei u. bgl.
Die Lares publici werben von den Hauslaren ausprüdlih unterſchieden bei
Plin. H. N. XXI, 8.: iam tunc coronae Deorum honos erant et Larium
publicorum privatorumque ac sepulcrorum et Manium, vgl. Drellt Inser.
n. 1668. 1669. 1719. Sie fanden fih in Rom und allen nad römifhen
oder latiniſchem Muſter eingerichteten Staaten, f. Hertzberg de diis Rom. patr.
p. 47. In Mom gehören dahin bie Lares praestites und bie Lares compi-
tales,, beide im Grunde diefelben und nur dur den Ort und bie Gelegenheit
ihrer Verehrung verfieden. Servius Tullius wird als erfler Begründer
dieſes Cultes genannt, deſſen Einrichtung mit feinen ſtädtiſchen Anordnungen
zuſammenfällt. Als Auguſt dieſe Anordnungen vervollkommnete, wurde auch
der öffentliche Larendienſt neu aufgenommen. Lares praestites hießen fle als
die vorzugäwelfe fo angeſehenen Schutzgeiſter der Stadt, nach Ovid Fast. V,
134. quod praestant oculis omnia tuta suis, Stant quoque pro nobis et
praesunt moenibus Urbis, Et sunt praesentes auxiliumque förunt. Sie
hatten nur eine Gapelle, in summa sacra via, übrigens gleichfalls an einem
compitum, denn dort berührten fi bie sacra via, nova via und ber Weg
zum Palatin. Aneus Marcius folte da gewohnt haben, Solin.c. 1.; nad
Ovid 1. c. 128. hatte indeſſen fon Gurius d. 5. Tatius die kleinen Laren⸗
bifder dieſer Capelle geweiht. Auguft flellte diefelbe wieder ber, f. Mon.
Ancyr. u. Tacit. Ann. XII, 24., der von einem Sacellum Larum fpriät,
während die beiden andern Quellen dad Gebäude aedes nennen. *_ Die beiden -
barin beſindlichen Figuren hält man mit Wahrfcheinlicgkeit für Romulus und
Memus. Bor ihnen fland, aus bemjelben Steine gehauen, ein Bund, ent⸗
weder ald Symbol der Wachſamkeit oder weil dieſes Thier das gewöhnliche
Zarenopfer war, wovon wieder der Grund If, daß Hund und Laren, mie
Dvid fagt, die compita lieben, daher bei den Griechen, mo Hekate bie
Gottin der Scheidewege war, baffelbe Thier dieſer Goͤttin heilig ift. Waren nun
® Krahner in ber Allg. Encyclop. II, 15. ©. 409 ff. unterfcheibet einen Tempel
der Lares praestites, den er nach ©. Eodma und Damiano verlegt, und jene
aedes Laram in summa saora vin, da jene ſchlechthin fogenannten Earen doch gewiß
oben bie pracntites find,
778 KLaros
pie Lares dieſed Heiligihums bie allgemeinen, zu befonberem Anſehen gebeiligten
Nepräfentanten des fläptifchen Larendienſtes überhaupt, fo find die Lares
compitales dagegen die eigentlih in das praktifcde Befleben ber Stabt, wo
diefe ald ſolche nah den corporativen Abtheilungen ber vici felernd und
fhmaufend zufammentrat, eingreifenden Gottheiten. Sie haben ihren Namen
von den die Straßenquartiere (vici) abſcheidenden Kreuzwegen (compita), welche
durch Eleine Gapellen bezeichnet waren, worin jene Lares Verehrung genoßen.
Sole Kreuzwege haben bei Griechen ſowohl als bei Nömern, auf dem
Lande wie in der Stabt, ihre beſondre religiöfe Bedeutung. Bei Gründung
oder Cinrichtung einer Stadt wird mit Abfledung der vici der Anfang ges
macht; jeber vicus erhält feine Gränzen, da wo die compita find mit ihren
aediculis; meshalb dann auch Gründung der Gompitalien und Ginrichtung
der Stadt in Eins zufammenfallen. Es gab in Mom natürlich fehr viele
Gapellen der Art; in allen wurden biejelben Zaren verehrt, welche als prae-
sites in jenem Haupthejiligthum fi befanden, und neben ihnen der genius
Augusti, Ovid Fast. V, 145.: mille Lares Geniumque ducis, qui tradidit
illos, Urbs habet et vici numina trina colunt. Vgl. bie Absilpungen bei
Visconti Mus. Pio-Clem. T. IV. tab. 45. Pitture Ercol. T. IV. tab. 13.
Der Genius Augusti war bei der neuen Begründung ber ſtädtiſchen Cinthei⸗
lung hinzugefügt worben, ob aud in jenem Seiligthume ber praestites, if
ungewiß, aber wahrſcheinlich. Auguſt wollte als zweiter conditor Urbis und
bürgerlicher Familienvater Roms angejehen fein, und au in den Familien
wurde neben ben Zaren ber Genius bed paterfamilias verehrt. Außer den
L. praestites und compitales gehören nun aber zu den Öffentlichen Zaren noch
verfehiedene andere Klaffen, deren Urſprung wahrſch. auch von der Verehrung
gewiſſer heroifher oder um den Staat verbienter Männer der Borzeit abzu⸗
leiten il. So die L. rurales auf dem Lande, vgl. Gic. de legg. II, 11. 28.
Namentlih gehören dahin die Arvallaren, deren Verehrung in nächſter Bes
ziehbung zu dem älteften ager Romanus fleht, ſ. Marini Att. de’ frat. Arval.
T. UI. p. 603. Klauſen de Carm. fratr. Arval. p. 62. Berner die an den
Landflraßen verehrten und von Reiſenden angerufenen Lares viales, vgl.
Plaut. Mercat. V, 2, 22.; bie permarini ober marini, denen P. Aemilius
ein Heiligihum zur Brinnerung ded über Antiochus gewonnenen Seefleges
geweiht hatte und zwar in campo, wahrſch. in ber Nähe der Navalien;
endlich die hostilii, salutares, victores, militares, f. Hertzberg p. 32. —
Ueber dad Berhäliniß der Laren zu den Genien und bei. zu den (ſehr nahe
verwandten) Penaten |. Penates. Der Cult der Zaren zerfällt gleichfalls
in privaten und Öffentliden. Die Sauslaren haben ihre gemeinichaftliche
Stätte mit den Penaten; beide gehören zu den Glementarbeftanviheilen des
söm. Haugweſens, f. Cic. Rep. IV. extr. (mo neben iuslis nuptıis, legitimis
liberis. auch sanctae Penatium deorum Larumque familiarium sedes genannt
werben), vgl. Gic. fam. I, 9. Verr. Ill, 24. Gato r. r. 143. u. A. Xaren,
Denaten und die Manen des Begräbnißplages machten im Allgemeinen die
sacra privata einer Samilie, ihr religiöjes Weien aus. Der Heerd des Hauſet,
als deſſen Centralpunkt, iſt der Sig der Penaten und Laren; die Bilder
befanden fi gemöhnlih in ſ. g. Zararien*, die finnig aufgeziert wurden
und davon in größeren Häuſern mehrere vorkommen, 3.8. bei Acl. Lamprid.
Alex. Sev. c. 28., wo ein lararium maius und ein lar. secundum, in jenem
waren von dem Kaifer außer andern Bildern auch das von Abraham und
EHriftus aufgenommen (als Penaten), in dem zweiten flanden unter andern
die Bilder Virgild und Ciceros; vgl. Suet. Vitell. c. 2. u. Jul. Garitolin.
M. Anton. Ph. c. 3. Die Laren baten ihre herkommliche Darſtellung,
Auch Aecdioulae genannt, Juv. VIII, 110. Tibuil, ], 10, 32, Petron. 29. [W. T.]
Läres W 773
indem fie immer cinctu Gabino drappirt waren, bie Toga nad alterthüms
licher Weile, da man fie ſelbſt auf der Reiſe und im Lager trug, aufgefhärzt.
Daher succinctis Laribus bei ‘Berf. V, 31., und nutriat incinctos mixta pa-
tella Lares bei Ovid Fast. II, 634.* Unter ihnen muß man fi ben Lar
familiaris def. ausgezeichnet denken. Ihre Ausflattung ober Verehrung war
einfach, befonders in alter Zeit und auf dem Lande, mo bei einfacheren Zus
fländen und altertbümliden Sitten auch der Larendienſt in feiner urſprüng⸗
lichen Simplichtät bewahrt zu werben pflegte. **| Iihull, deffen ſanftes Ge⸗
mürh vol von Liebe zu der fehöneren Länplichkeit iſt, erwähnt auch der Zaren
def. Häufig, 3. B.1,10,15 ff. IL,1,59. Die Gaben wurden ihnen in patella
vorgefeßt, daher fie ſelbſt patellarii genannt werden, Plaut. Cistell. II, 2, 55.
Net fromme Glieder des Hauſes opferten täglih, bei. dem Lar familiaris,
Plaut. Aulul. Prolog. Beſondere Beranlaffung geben die Monatötage, die einen
Abſchnitt machen, Gator.r.c. 143.: Kalendis, Idibus, Nonis, festus dies cum
erit, coronam in focum indat. Per eosdem dies Lari familiari pro copia
supplicet, vgl. Hor. Od. III, 23,2. Tib. 1,3, 33. Namentlich aber forderten bie
Kalenden zu folden Opfern auf, daher Birg. Ecl. I, 43. quotannis — bis
senos cui nostra dies altaria fumant, vgl. Kerkbergp. 16. Bel den Mahl-
zeiten erhalten die Laren Spenden und GErfilinge, bei jeder Familienfeier und
freubigen Begebenheit werden fie befränzt, an Zefltagen werben bie Lararien
geöffnet, Plaut. Aulul. II, 8, 15. Ovid Fast. II, 633. Perf. III, 24 ff.,
überhaupt, wo die Samilie erregt und bewegt iſt, da nehmen die Zaren Theif.
Beſonders aubzuzeihnen find unter diefen Deranlaffungen die Geburtätage,
und wenn der filius familiaris die männliche Toga anlegte, wo er feine Bulle
mit Spenden und Gelübden den Laren weihte, Propert. IV, 1, 132. Perf.
V, 31. ®Betron. c. 38. Auch bei DBermählungen wurde ihnen befondere
Berehrung bewieſen; wenn die junge Frau ind Haus trat, war ihr Erfles,
ben Zaren zu opfern, Macrob. Sat. 1,15., und bei derjenigen Form der Che,
welde coemtio hieß, Fam die Braut mit drei Raufiillingen ind Haus, von
denen der Batte einen, ber Lar familiaris den zweiten, die Lares compitales
des nächſten Kreuzwegs den vritten erhielten. Non. Marcel. p. 531. Enplih
gehören au noch die Chariſtien zu den häuslichen Larenfeſten. Sie fielen
auf den Tag nad den Feralien und waren eine Art von bäuslichem Ausſöh⸗
nungsfeft, indem die Verwandten (praeter cognaltos et affınes nemo inter-
ponebatur) im Angeſichte ber Zaren ein Mahl Hielten und jede entflandene
Uneinigfeit ausglichen, Ovid Fast. II, 617. u. Bal. Mar. II, 1, 8. Zu
den Öffentliden Larenfeften aber gehören zunähft die LZarentalien am
X Kal. Jan., Ovid Fast. IH, 58.; dabei das Larentinal genannte Opfer,
welches im Belabrum am Grabe der Acca Larentia gebracht wurde. Varro
L. L. VI, 24. ®Diefe Acca Larentia galt für die Mutter der 12 Arval⸗
brüder und die Pflegerin -bed Nomulus und Remus, und war wahrfcheinl.
ibentifd mit der Lara Larunda, der Mutter der beiden Lares praestites,'
welche auch Mania hieß und unter biefem Namen an ber Beier der Compi⸗
talien heil Hatte. Der Hund war ihr Opfer, wie bad der Karen. Bol.
” Bol. TH. Panofla: die fpielenden Laren, ein Altarbild des Theodotos, Rhein.
Muf. 1845. ©. 133—138. [W.T. .
“= Dagegen im Kaufe bed Trimalchio war ein angulus, in ouius aedicala
erant Lares argentei positi, Petron, Sat. 29., wozu Burmann eine Inichrift an⸗
führt: Laribus publicis dedit imagines argenteas duas, und ein Vermächtniß an
bie municipes Rhegini, worin u. A. Lares argenteos septem. Val. Orelll 3838,
Wichtig ift für dem Larencult im Allgemeinen Hieronym. comm. in Jesal. T. IV.
c. 57.: nullus erat locus qvi non idololatriae sordibus ingvinatus, in tantum ut
post fores domorum idola ponerent qvos domesticos appellant Lares, et tam
pablice qvam privatim animarum sueram sangvinem eis funderent, [W.T.]
‘
\
278 Largs — Ksrgitio
Bd. I. S. 12. Müller Eirusf. II. ©. 103. Hartung Bel. vd. Rom. IE.
©. 146. Hertzberg p. 37. Am Tage nad biefem Feſte, am XI Kal.Jan.,
wurbe den Lares permarini ein Feſt gefeiert, wie die Faſten und Macrob.
Sat. 1, 10. lehren. Ganz bei. aber gehört hieber das Feſt der Compita⸗
lien, ein den Gottheiten der Kreuzwege (ubi viae competunt) mit ber Mania
gemeinfamed Fe. Bei Feſt. p. 253. ed. Müller heißt es Laralia und wird
zu ben Sacris popularibus gerechnet, d. h. denjenigen, wo das ganze Bolt
mitfelernd auftritt, nicht blos dur Vermittlung der Prieflr. Es wurde
natürlich nad den einzelnen compitis begangen, welde auch eine corporative
Bedeutung hatten, daher au collegia compitalicia, vermuthlih zunähft in
facraler, dann aber aud in politifher Bedeutung vorkommen, f. Ih. Mommſen
de collegiis et sodaliciis Romanorum p. 74 ff. Dionyf. v. Kal, berichtet
IV, 14., daß Servius Tulius das Feſt geftiftet, daß die Sklaven den Dienf
dabei verrihtet (anderswo iſt von Xibertinen die Rede, welche Augustales
gebeißen, ſ. Mommſen p. 16., was fi durch die Mitverebrung des genius
Augusti erflärt) und an diefem Tage volle Freiheit hatten, endlich vaß es
an ben Saturnalien begangen worben fei, prädtig und koſtbar. WBeflere
Autoren dagegen verfidern beflimmt, daß es Feine fehle Zeit hatte, f. Varro
L. L. VI, 25. Seſt. v. conceptivae. Macrob. Sat. I, 4. extr. vgl. Hertzberg
p. 42. Erſt Auguſt ſcheint es auf beflimmte Zeiten firirt zu haben, f. Suet.
Octav. 31. Compitales Lares ornari bis anno instituit, vernis floribus et
aestivis. Die urfprünglicde Unterlage des Todtenfeſtes tritt auch hier hervor,
nämli in gewifien Sühnopfern, ſymboliſchen Menigenopfern, flatt deren
in ältefter Zelt wirkliche flattgefunven hatten, f. Feſt. v. laneae effigies u.
v. pilae et effigies, Macrob. Sat. I, 7. und Varro bei Nonius p. 538.
Auch Schweinsopfer kommen ald Sühnopfer der compita vor, Hor. Sat. II,
3, 164. Propert. IV, 1, 23. Außerdem if von Spielen an den Compi⸗
talien die Rede, Macrob. I. c. ic. Pis. c. 4. mit ver Rote des Adcon.
p. 7. ed. Dreli. Ob der Artikel bei Zeh. v. Mensas auf die Kompitalien
u beziehen, ift bei dem Tüdenhaften Zuflande deſſelben unfiher. Noch ſind
ber die compita und compitalia zu vergl. Perſius ed. O. Jahn p. 173 f.
u. p. 315. und Wöniger Sacralfofl. der Römer ©. 108. 113. 122. 126.
Meder den Larencult f. die Abhandlungen von Gori und Pafleri in Mus.
Etr. T. III. Hempel de diis Laribus, Zwiccaviae 1797. Müller de diis
Romanorum Laribus et Penatibus, Hafniae 1811. Wagner über die Laren
in Seebobe3 Misc. crit. I, 1. p. 53 ff. Lanzi saggio di ling. Etr. II. p. 283.
Müller Etrusker II. S. 90 ff. Schömann de diis manibus, laribus et ge-
nis, Greifsw. 1840. Sartung Rel. d. Römer I. S. 56-65. Hergberg
de diis Romanorum patriis s. de Larum atque Penatium tam publicorum
quam privatorum religione et cultu, Halae 1840, Krahner in bem Artifel
Penates, Erſch u. Gruber allg. Encyel. IH, 15. ©. 409-430. [Preller.]
Largs (St. Ant. p. 349. Tab. Peut.), eine Ortſchaft der Nanrad
in Gallia Lugdunenfis, an der Straße von Mediolanum nad Argentoratum,
97 MIN. fünl. von letzterem; d. heut. Largigen im Elſaß. (Vgl. Schoͤpflin
Alsat. illustr. I. p. 200.) [F.]
Largli, |. Lartii. .
Largitio, A. f. v. a. benignitas, liberalitas, Orell. inscr. 3349.
Cic. de off. II, 16f. Br. I. S. 399. (in dieſem ©. oft auf Münzen vor»
fommend), bezeiäänet jede dem Bolt bewiefene Freigebigkeit, namentlich Spiele,
Kämpfe (Gic. de of. IE, 16f.), Gaſtmähler (epulae, ®b. III. &. 209.,
3.8. von Sulla, Eraflus, Gäfar u. A. ic. Phil. 11,45. Liv. CXV. Guet.
Caes. 26. Dio Caſſ. XLIII, 21f. App. b. c. 1,13. etc. Drumann, Geid.
Roms IM. ©. 615.), Austbeilung von Getreide (largitio frumenti), Del
(eig. congiarium) und Geld (ſpäter ebenfalld congiarium genannt), die unter
Lergitto 777
das Bolt geworfenen missilia (f. d.) und die den Solvaten gemachten donativa,
Einen ganz andern Charakter haben die strenae, f. d. — Bon diefen ver⸗
fchiedenen Öffentlihen Geſchenken behandlen wir Hier bie Getreideſpenden,
Gongiarien und Donative.
I. Largitio frumenti oder frumentaria. Schon feit alter Zeit
forgte der Staat dafür, daß es den Bürgern Roms nit an dem nöthigen
Getreide fehle (annona, f. Cic. p. dom. 5 ff.) und verfaufte es aus den Staats»
magazinen (nachdem es vorher in den getreibereichen Ländern aufgekauft wor-
den war; ſpäter kam es aus ben Provinzen theils als Abgabe theils für
Geld, Liv. IV, 52. X, 11. XXVI, 16. ic. or. p. domo 5. Polyb. IX, 44.
Zon. X, 3.) zu billigen Breifen, wofür die Aedilen (Br. I, ©. 84.) und
fpäter der praefectus annonae (f. d.) forgte. Zuweilen thaten Privatleute
und Dagiftrate baffelbe, ſowohl um fih vie Gunft des Volks zu erwerben,
als aus uneigennüßigen menſchenfreundlichen Motiven. Da der zu entrich⸗
tenbe Preis gewöhnlich fehr gering war, fo galt der Verkauf wie eine
Schenkung und wird gewöhnlich als donatio, largitio und divisio bezeichnet,
3. B. Liv. IV, 8. 13. 16. XXX, 26. XXXI, 4. Cic. de off. II, 17. Verr.
IH, 92. ®lin. H. N. XVII, 4. XXXI, 50. Son. VII, 20. Eine regelmäßige
Getreideſpende orbneie aber C. Sempronius Gracchus in feiner lex
frumentaria zuerfi an, 123 v. Chr., fo daß jeder Bürger ohne Rückficht
bed Standes und Ranges (Cic. Tusc. III, 20.) das Recht Hatte, monatlich
eine gewiſſe Quantität Waizen (wahrfcheinlih 5 Scheffel, wie fpäter Regel
war, f. fon Sall. fr. hist. IH, p. 974. Cort.) gegen die geringe Bezah⸗
lung von 6'), As für den Scheffel in Empfang zu nehmen; Schol. Bob. zu
@ic. Sest. p. 300. u. 303 Or. Gic. p. Sest. 48. Tusc. III, 20. de off. II,
21. Brut. 62. App. b. c. I, 21. Liv. LX. nennt als Preiß semisse et
triente, d. i. 12/, As, allein wahrſcheinlich ift mit Mommfen, röm. Tribus
S. 179. zu leſen: senis cum triente, was durch die Varr. der Codd.
unterftügt wird und 6'/, Ao bebeutet. Die lex Appuleia des &. Appul. Sa⸗
turninus 100 v. Chr. ſetzte den Preis des Scheffelg auf 5/, As herunter. D.
Servilius Cäpio ſuchte die Abflimmung gewaltfam zu verhindern, ad Her. I,
12., und wenn bie lex wirklich durchging, fo bat fie nicht lange beflanben,
Gic. de leg. II, 6., f. leges Appuleiae. Auch lex Livia bes M. Livius
Drufus, melde Die gleihe Tendenz Hatte, beſtand nur momentan, Liv. LXXI.
Flor. IH, 17. Tac. Ann. IH, 27., f. leges Liviae. In jener Zeit, entweder
vor oder nad lex Livia wurde durch M. Detavius das ſemproniſche Geſetz
mit einigen in arifiofrat. Geift gemachten Mobiflcationen erneuert, fo daß
ber Staatsſchatz weniger litt. Gic. Brut. 62.-de off. IE, 21. Gntweber
wurde der Preis erhöht oder die Scheffelzahl vermindert oder die Zahl ber
Percipienten auf eine beflimmte Norm gebracht. Noch weiter ging Sulla,
welder die Getreidefpenven ganz aufgehoben zu haben ſcheint, Sall. fr. hist,
Orat. Lep. p. 939. Or. Lex Terentia Cassia 74 v. Chr. flellte die
Largitionen wahrſcheinlich wieder her und führte den Preis der lex Sempron.
wieder ein. Auch orbnete fie Zwangskäufe in ven Provinzen an, melde bie
Statthalter beforgen mußten, ic. Verr. III, 70. V, 21. p. Sest. 25. Aſc.
in Pis. &. p. 9. Or. Zuweilen wurden durch Scons. no außerordentliche Ges
treidefpenden beflimmt, 3. B. ic. Verr. 1. I. und nad ver Gatilinar. Der»
ſchwörung, Plut. Cat. min. 26. Caes. 8. Drumann, Gef. Roms V, ©.
159. Endlich wurde die Bezahlung für das Getreide dur Clodius ganz
aufgehoben 59 v. Ehr. (nachdem Cäfar ſchon im Jahr zuvor davon ges
ſprochen hatte, Gic. ad Att. II, 19.), ic. p. Sest. 25. Aſc. Pis. B 9. Schol.
Bob. p. Sest. p. 301. Or. Div Eaff. XXXVIH, 13. Drumann, Gef. Noms
Il, ©. 238. (dan; unentgeltli war Ir die uralte Brodfpende am Ceres⸗
tempel, von welcher Varro bei Non. Marc. I. 209. ſpricht, okin fie be⸗
W.
— — 1——
778 Largitio ”
traf nur die zum Aſyl Geflohenen, nicht die Plebs Überhaupt, Niebuhr, R.
Geh. I. S. 690., Dirkſen, civ. Abb. IE ©. 174f.) As Pompeius
durch lex Cornelia Caecilia (f.d. Art. und praefectus annonae) bie cura
annonae erhalten batte, ließ er bie neuen Vürger, welche noch nicht in der
Tribusliſte ſtanden, eintragen, und vertheilte das Getreide reichlich, Dio Caſſ.
XXXIX, 24. Auch Cäſar erkannte, wie nöthig die Sorge für den Unter»
Halt ver unruhigen plebs urbana fey, aber auf der andern Seite entgingen
ihm auch nicht Die aus den unentgeltliden Getreibevertheilungen entfpringen-
den Nachtheile, namentlich theils der Müſſiggang der Bürger und Vernach⸗
läſſigung des Ackerbaus, theild ein übermäßiges Anwachſen der Einwohner-
haft Roms, indem vieles fremde Befinvel dur bie verführerifchen Getreide⸗
fpenden dahin gelodt wurde, App. b. c. II, 120. Deshalb ſchaffte Gäfar
die Rargitionen zwar nicht ab, aber fuchle fie zu beichränfen und fo unſchäd⸗
lich als möglich zu maden. 46 oder 45 v. Ghr. (ald praefectus morum)
hielt er einen unfeierliden recensus der Bewohner Roms (vicatim) und
ließ die Anſprüche derſelben auf dad Bürgerrecht prüfen, wobei fi fand,
daß die Hälfte der Getreidepercipienten auf dieſes Vorrecht Feine Anfprüche
habe. Statt 320,000, welche bisher Getreide erhalten hatten, wurden nun
blos 150,000 als wirfli bereditigt gefunden. Suet. Caes. 41. (Dudendorp
ad h. I. und na ihm mande Gelehrte, 759 Savigny in Zeitſchr. f.
geſch. Rechtswiſſenſch. XI, ©. 81., verſtehen faͤlſchlich: 170,000 Percipienten,
indem Gäfar 150,000 der bisherigen Empfänger geſtrichen habe.) Liv. CXV.
Dio Gaff. XLIN, 21. Plut. Caes. 55. Indem er num allein diefe 150,000
zu ben @etreidevertheilungen zulieh, traf er folgende Beflimmungen: 1) ſolche,
welche fhon vorher gegolten hatten, a) daß nur die Bewohner Noms
Antheil nehmen dürften, App. b. c. II, 120. Dio Gaff. XLIV, 35., b) daß
jeder Bürger dazu berechtigt fen, ohne Ausſchluß der Freigelaſſenen, Dionyſ.
IV, 24. Dio Cafi. XXXIX, 24. Schol. ad Pers. Sat. V, 73 ff. Adrian. sent.
3. Phi. leg. ad Caes. ed. Francof. 1691. p. 1015. cf. Suet. Oct. 42
Die moralifhe Würde machte keinen Unterfhien, außer wenn Jemand ein
Verbrechen verübt Hatte, welches Verluſt ver Eivität nach fi z0g, Sen. de
ben. IV, 28. Ob Eäfar die Senatoren und Ritter auksdrücklich von
der Perception ausſchloß oder ob dieſe aus Stoll feinen Gebrauch mehr von
ihrem Recht machten, bi8 ed ein Kaifer auch geſetzlich aufhob, 1. 35. pr. D. de
leg. (32, 1.), ift nit mit Beſtimmtheit zu fagen. In den Quellen ber
Katferzeit werden die Theilnehmer der Betreivefpenden meiſtens plebs Romana
oder pop. Rom. bezeichnet. Vedeutend ifk aber die Brage, ob ein jeder
Bürger als folder das Recht auf die Spenden hatte, ober ob Gäfar nur die
Aermeren dazu berief. Daß fowohl von jeher als auch fyäter nur vie
Aermeren an den Spenden participixt hätten, behaupten die größten Autori-
täten, z. B. Vaillant (von dem Folg. citirt), Spanhem. de usu etc. H, p. 540.,
Raſche, lexicon rei numariae v. frumentar. largit., Dirkfen , civil. Abhanbl.
1, ©. 178f., Brumann, Geſch. Noms IT, S. 619., Hoeck, Nöm. Geſch.
I, 2. ©. 140ff. 384 f., Savigny, in Zeitſchr. f. gefch. Rechtswiſſenſch. X7,
©. SLf., und mehrere Stellen ver Claſfiker ſprechen für dieſe Anficht, z. B.
Die Eafj. XXVIII, 13. App. b. c. II, 120. Blut. C. Gracch. 3. reip. ger.
praec. 24. Dionyf. IV, 24. Allein dieſes find nicht Worte der Getreidegefetze,
fondern Berichte der Schrififleller über das faktiſche Verhältniß, nemlich
daß die Getreideſpenden vorzüglih ven Armen zu Gute Tamen, was in prasi
gar nicht anders ſeyn konnte. Daß vie Wohlhabenveren bis in das erfle Fahr⸗
Hundert der Kalferzeit Durch die Gefehe von den Spenden ausgefchloffen worden
fegen, wird nirgends gefagt; es finden fich vielmehr einige Aeußerungen, nad
welden die genannte Wohlthat allen Bürgern zu Theil werben mußte, nemlid
Sen. de brev. vitae 8 fagt: annua congiaria homines clarissimi
Largitio Ä ‘779
(alfo nit blos bie Armen) accipiunt (bei den Congiarien waren aber
diejelben Bercipienten wie bei den Getreideſpenden), und de ben. IV, 28
von ben Getreivefperven: quod tanquam civi non tanquam bono
datur. Aus der republ. Zeit iſt noch Cic. p. Arch. 5 zu erwähnen, wo
ed als Zeichen der Givität angeführt it, wenn Jemand in ber Lifte derer
fleht,, welche beneficia empfangen, was für eine allgemeine Berechtigung
ber Bürger fpricht. Auch iſt der auf lex Julia municipalis (früher tabula
Heracleensis genannt) geflüßte Begenbeweis nicht überzeugend. Es heißt
in dem fragmentarifhen Anfang dieſer lex, daß fich gewiſſe Berfonen bei
dem Gonful, in defien Abmefenheit bei dem Praetor urbanus, in beffen Ab⸗
weſenheit bei dem Prätor ber Fremden, oder endlich bei einem Volkstribunen
zu melden und eine professio zu maden haben. Diefe Perfonen folle der
Magiftratus auf eine Tafel aufzeihnen, und biefelbe ſowohl in foro, als
auch fpeciell bei den Getreidevertbeilungen aufftellen, damit die das Getreide
vertheilenden Berfonen feinem ber auf dem album verzeichneten Menſchen
Getreide gäben oder geben ließen. Savigny (ähnlich Mazochi ad tab. Her.)
erklärt, dieſe Berfonen, melche nichts erhalten folten, feyen die in Folge
der zu leiſtenden professiones fich ergebenden Wohlhabenden, welche ber
Magiftratud auf einer befondern Tafel aufzuzeichnen habe, während an bie
Bedürftigen tesserae gegeben worben feyen, um biefe zum Empfang bed
Getreides zu Iegitimiren. So zweckmäßig auch diefe Einrichtung geweſen
märe, fo Tiegt fie doch nicht in den Geſetzesworten, welche vielmehr nichts
enthalten ala: Alle, welche professiones zu machen haben, follen nichts er-
Halten, während es nad Savigny heißen müßte: Alle Bürger ohne Aus⸗
nahme follen professiones machen, damit der Magiftratus alddann die Wohl⸗
habenden herausheben kann, melde er auf eine Tafel zu fegen bat u. |. m.
Was fol es aber beveuten, daß die fi Meldenden nichts erhalten? Dirkſen,
civil. Abhandl. II, ©. 174. ſchiebt an einer Stelle des Geſetzes die Negation
non ein, woburd ein fehr guter Sinn herauskommt: ver Magiftratus folle
feinem Getreide geben, welcher nit auf der Tafel flehe, und dad album
der fi Meldenden wäre denna dad der Vertheilung zu Grunde liegende
Regiſter. Allein die Annahme ift zu gewagt, baß auf einer Öffentlih aufs
geftellten Geſehestafel gerane das Wort gefehlt Habe, auf welches Alles an⸗
fommt und beffen Weofallen einen ganz entgegengefegten Sinn bervorbringt.
Darum verwirft auch Puchta, Inſtit. I, S. 387. die genannte Gonjeftur und
feheint unter ven Perſonen, die die professiones machen, die 170,000 zu
verſtehen, melden Cäſar die Getreideſpenden entzog, f. oben. Am wahr-
ſcheinlichſten iſt Mommſens Behauptung S. 190., daß fih die professiones
auf diefenigen beziehen, welche fich, nachdem die Zahl vorn 150,000 Empfän=
gern gefchlofien war, meldeten, um in die Stellen der geflorbenen Perci>
pienten einzurüden (vie non recensiti bei Suet. Caes. 41. Vielleicht find vie
subditi in locum erasorum bei Plin. pan. 25. viefelben). Die Bertheilung
mwurbe aber von Gäfar noch nicht auf die männlichen Köpfe beichränft, ebenſo⸗
wenig auf ein gewiffes Alter, denn lex Jul. munic. I. 4. 5. ſpricht von
pupillus und pupilla. Auch in der Kalferzeit werben mehrmals unmündige
Knaben unter den Getreideempfängern genannt, 3. B. Suet. Oct. 41. Adrian.
sent. 11. 12. Orell. inser. n. 3358. Das aber unter den Kaiſern Brauen
Theil nehmen durften, wie Dirkſen S. 183. vermuthet, iſt nicht anzunehmen;
aus Adrian. sent. 11. 12. 14. erhellt vielmehr, daß fle ausgeſchloſſen waren
von den Congiarien, und wer an biefen nicht participiren durfte, Tonnte es
ebenfowenig an den Getreidefpenden. Was bie Art ber Vertheilung ſelbſt
betrifft, fo geſchah dieſelbe nach alter Weiſe monatlich, Dionyſ. IV, 24.;
erſt Octavian führte daneben eine dreimonatliche Vertheilung ein, je nachdem
es die Percipienten vorzogen, Suet. Oct. 40. Die Namen Aller waren auf
780 Largitio
eine cherne-Tafel eingegraben, Gen. de ben. JV, 28. Cic. p. Arch. 5., was
noch in ber fpäteften Zeit der Sal war, 1. 15. C. Th. annon. (14, 17.). Der
größern Leichtigkeit und der beſſern Controle wegen wurde bie Vertheilung,
wie feier tribusweife vorgenommen (fomohl wenn Geld, ala wenn Getreide
vertheilt wurde, App. b. c. III, 23. Suet. Oct. 101.), was ſich aud bie
ganze Kaiferzeit hindurch erhielt, Plin. pan. 25. Julian. orat. III. ed. Lips.
p. 111. Die einzelnen Tribus feinen ihre befondern Kornmagazine gehabt
zu haben, Orell. inser. 3214. cf. Gruter. 244, A. Ein ſolches Lokal war
auch die porticus Minucia vetus et frumentaria, Appul. de mund. p. 74.
Elm. ; ober wurben bier vieleiht nur Die tesserae ausgetheilt, welche in ven
Spezialmagazinen abgegeben wurben, Berker, Nöm. Alterth. S. 621? Wie
fi die Tribus umgeftalteten, f. unten. 2) Neue Einrichtungen Gä-
fard. a) Zuerfl beſtimmte Cäſar, daß die Zahl der 150,000 im Recenſus er-
fundenen Bürger die Norm für die Zukunft abgeben follte, fo daß damit
die Zahl der Betreiveempfänger gefchlofien fey, und daß an die Stelle der
Geftorbenen der Prätor jährlig Andere durch das Loos zu flellen babe,
©uet. Caes. 41. Die fih fpäter Melvenden wurven aufgezeichnet, damit
aus ihnen geloodt werben könne, f. oben bei lex Julia munic. Ferner ift
nit unwahrſcheinlich, daß Gäfar b) den 150,000 Bürgern daB Wetreide
nit ganz umfonft, fondern zu einem mäßigen ‘Preis gab, wie früher Regel
gemwefen war; c) daß er den ganz Armen das Getreide gratis verlieh. Zu
diefem Behuf gab er ihnen Srelfarten (tesserae, meift mit dem Zufag fru-
mentariae bezeichnet), gegen deren Ablieferung fie in den Magazinen ihre
Monatöportion umfonft erhielten. Beides ift von Mommfen fcharffinnig
vermuthet, und das Lebtere folgert er aus Suet. Oct. 41., wo e8 von Au⸗
guſtus heißt: tesseras numarias duplicavit (er machte noch einmal
jo viel Freiſtellen, als Cäſar gegründet Hatte). Tesserae numariae
erflärt Mommſen als Freikarten, bei deren Ertheilung zugleich der feſtgeſetzte
Preis für die Monatsportion von 9 Schefleln mit ausgezahlt ward, damit
die Empfänger bei dem Empfang des Getreives im Magazin dieſes Gel
wieder abliefern follten. Es if jedoch dieſer Umweg nicht nöthig, denn
warum foll tess. num. nit eine Srelfarte bezeichnen, melde fo viel als
Geld beveutet und als Gelveswerth von den Magazinaufiehern angenommen
wird. Das Attribut numariae mar beigefügt, um bie tess. von den
andern ganz verfchievenen Arten der tesserae zu unterfheiden. Als es
aber au Freikarten auf Del, Gelb u. f. w. gab, nannte man bie tesserae
numariae fpäter tesserae frumentariae, und biefe Anorbnung
ber Breifarten erhielt fih die ganze Kaiferzeit hindurch. Suet. Ner. 11.
Dom. 4. Perf. V, 73 ff. Juv. VO, 174f. Zon. XI, 19. Orell. inscr. 3360
ift eine tessera mit folgender Inſchrift: Ant. Aug. Lib. LI (over II) und
auf der andern Seite: Fru N LXI (Antonini Augusti liberalitas II, frumento
numero sexag. primo). Später nahm jedoch tessera eine andere Bedeutung
an, f. unten.
Nah Cäſars Tod gerieihen feine guten Einrichtungen ſchnell in Ber-
gefienbeit, und bie Zahl der angeblien Bürger wuchs durch die Eindring⸗
Inge wieber ſehr heran, fo daß Auguſt 44 v. Chr. und bei den nädfifol-
genden Gongiarien nit weniger als 250,000 zu beſchenken hatte; 5 v. Chr.
waren es fogar wieder 320,000; 2 v. Ghr. aber hielt er wie Cäſar einen
MRecenſus (vicatim), in welchem bie Zahl der Percipienten auf 200,000
beſchränkt wurde, Mon. Ancyr. 3. Dio Gaff. LV, 10. Suet. Oct. 40.
Diefe Zahl von circa 200,000 Bürgern gibt nad Bunfens (Befchrei-
bung Rom! I, ©. 183 ff.) von Mommfen S. 188 ff. angenonmener und
weiter audgeführter Anſicht eine Grundlage, um die Bürgerbevölferung
Noms zu befimmen, und befchränkt fich keinesfalls auf bie „Stadtar-
Largitio 7
men’. Detavianus erneuerte vielmehr Cäſars Beflimmungen: 1) jeber
wirffihe Bürger erhält, wie vor Alters, monatlich eine gewifie Quantität
Getreide gegen einen geringen Preis, — (nur in theuern Jahren oder wenn
ed Auguftus ſonſt zweckmäßig fand, gab er Allen gratis, und dann füllt dieſe
largitio in die Kategorie der congiaria, indem tess. frumentariae oft Gegen⸗
ftand der Nertheilung find, ſ. missilia u. congiarium ©. 783.). 2) Eine Zahl ganz
Armer erhält das Getreide fletd umfonft, und zwar machte Auguft noch einmal
fo viel Sreifarten, als Gäfar (tesseras numarias duplicavit, Suet. Oct.
41., f. ©. 780.). Daß Octavianus dad Getreide nicht regelmäßig allen Bür-
gern gratis gab, ergibt ſich aus den Berichten ver Schriftfteller. Suet. Oct. 42.
fagt, Dct. babe die frumentationes publicas gänzlih abjchaffen
wollen, quod earum fiducia cultura agrorum cessaret, aber
er babe den Gedanken aufgegeben, da er überzeugt geweſen, daß biefelden
fpäter doch wieder eingeführt werden mürben. Gr beſchränkte die Verthei⸗
lungen alſo nur und verkaufte das Getreide saepe levissimo, interdum
nullo pretio und zwar viritim, Suet. Oct. 41. (dad Schenfen war
alfo feine Regel, fondern Ausnahme — interdum, f. auch Dio Cafſ. LI, 2.).
Der Preid war aber doch nicht zu gering, damit der Landbau und Kandel
nicht zu fehr leiden möchte, Suet. Oct. 42. — Daß die Veteranen ebenfo
wie die Aermften das Getreide umfonft empfangen Hätten, ift von Mommien
S. 185f. aus Sal. de ord. rep. I, 8. und Perf. V, 73 f. nicht überzeugend
bewiefen worden. — Uebrigens wird Auguſt's Sorge für die Herbeiſchaffung
der nöthigen Lebensmittel an verſchiedenen Orten gerühmt, obgleich trotzdem
mebrmald Noth und Theurung eintrat, Tac. Ann. I, 2. Suet. Oct. 18.
42. Dio Gafi. LV, 26. Unter den folgenven Kalfern wurbe bie Hand»
lungsweiſe Auguſt's im Ganzen befolgt, d. h. fie forgten für Zufuhr, um nicht
Unruhen bei dem bungrigen Pöbel hervorzurufen, fle verfauften das frumen-
tum publicum (framentum plebis oder populi) zu mäßigen Preifen, bie
fletö nad den limfländen normirt wurden, fleigend und fallend, ſchenkten
ed auch zumeilen ganz als congiarium, weshalb dad Volk oft panem et
Circenses forderte, und ließen ed regelmäßig nur einer gewifien Zahl ber
Armen gratis zukommen, melde die tessera bald ein für allemal erhielten,
und dieſe nah und nad ganz als Eigenthum anfahen. Ueber Tiberius
f. Zac. Ann. II, 87. VI, 13., über Claudius Suet. Claud. 18. über
Nero Tac. Ann. XV, 18. 36. 39 (pretium frumenti minutum,
nemlich nur drei Seft. für ben Sceffel). 43. 72 (die Solvaten erhielten
von ihm das Betreide gratid, nachdem fie ed vorher ex modo annonae,
d. 5. nad der gewöhnlidden Tare aus den Staatsmagazinen erhalten hatten,
f. au Suet. Ner. 10. u. Baill. col. II, p. 88.). Suet. Ner. 11. Daß er, wie
Dio Caff. LXU, 18. fagt, die Getreideſpenden abgeichafft habe, bezieht fich
wohl nur auf eine Preiderhöhung für die Kaufenden oder auf Wiederein⸗
führung der Bezahlung für die Armen, nachdem er es vorher einigemal um⸗
fonft gegeben Hatte. Es hängt alfo Alles von ver Willfür des Kaiſers
ab. Dem Kaiſer Befpaftanus wurde eine Infhrift errichtet von ber
piebs urbana quae frumentum publicum accipit ettribus...
Gruter 244, 4. Ueber Titus f. Orell. inser. Nr. 754.; über Traian
Plin. pan. 29. 31. Lampr. Hel. 27. N. Vict. Caes. 13.; über Anton.
Bbilof. Gap. Apt. Ph. 7. 11., über Severud Dio Gaff. LXXVI, 1. Herodian.
1, 14. II, 8; Heliogabal Xampr. Hel. 35. 47. Schuch Privatalterth.
©. 236f. Der Sorge der Kaiſer für das Getreive, deſſen Zufuhr, Ver⸗
theilung u. f. w. wird oft auf Münzen gedacht mit den Auöbrüden: An-
nona, ÜUbertas, Abundantia, Liberalitas etc. Spanhem. de usu et praest.
n. II, p. 536. 541. Auf eimer Münze Nerva’s flieht: plebei urbanae
frumento constituto, Spanhem. p. 533 f. Difel, sel. num. p. 398. Eckhel
782 Largitio
d. n. VI, 406. — Wllmälig erfolgen mit ber res frumentaria wichtige Ber:
änderungen, nemli der Verkauf des Öffentlichen Getreides an bie Bürger
hört immer mehr auf, eine Wohlthat zu feyn (namentli wenn der Preis
hoch geftellt war), ja endlich wird das Getreide gar nicht mehr verkauft,
fondern die Pistores erhalten bafjelbe, welche für Brod zu angemeffenen
Preifen zu forgen haben, und das ganze Kargitiondwefen nimmt ſonach
immer mehr den Charakter als Berforgung der Armen an, (auf's Neue von
Kaifer Valentinian eingeſchärft 369 n. Chr. 1.5. C. Th. annon. civ. 14, 17);
die tessera iſt nun nit mehr eine Anmwelfung oder Legitimationdfarte für
die Monatsportion,, fondern wird den betreffenden Armen ein für allemal
gegeben, und erhält deshalb die Bedeutung als Recht auf die Eaiferlichen
regelmäßigen Spenden. Die Inhaber der Teſſera bilden in jeder tribus
eine eigenthümliche Korporation, melde fogar den Namen der Tribus an»
nehmen, fo daß 3. B. tribus Iguvina f. v. h. a. der Complex der in dieſer
tribus befindlichen Armen, melde die tessera haben. Die tessera wird ein
den Betheiligten als Recht zuftehendes Eigenthum, morüber der Beflger nad
Belieben verfügen (vererben und verkaufen) kann. So werden die Bepeu-
tungen emere tribum u. emere tesseram fynonym, nemlich fich eine Freiſtelle
in der Tribus Faufen. Scävola I. 35. pr. D. de legat. (32, 1.) ſpricht davon,
daß, wenn ein Batronus im Teflament den Erben angewieſen habe, einen Libertus
in die Tribus einzufaufen,, biefer Libertus oder deſſen Erbe von dem Erben des
Patronus Erſat für alle commoda und principales liberalitates, melde bie
Theilnehmer der Tribus feit dem Tod des Patronus erhalten hätten, bis zu
dem Deoment der Einfaufung forderh bürfe; ähnlich Ulp. 1. 52. $. 1.D. de
iud. (9, 1.); Paull 1. 49. 6.1. D. de leg. (31, 1.) gebraucht frumentaria tes-
sera legata in demſelben Sinn wie tribum emere, ebenfo l. 87. pr. D. eod.
Neben dieſer Umgeftaltung iſt eine andere Veränderung zu vrwähnen, nemlich
baß die Armen flatt des Getreides gebackenes Brod befamen, annona civica
genannt. Diefed geihah ſchon vor Aurelianus, denn von biefem wirb er-
zählt, daß er ſchwerere und ander& geformte Brode gegeben habe, Vop. Aur.
85. 47. Zoſ. I, 61. Die Pistores (Sorcrat. hist. eccl. V, 18.) buden das
Brod und lieferten e8 an die Orte, von benen e8 an gewiſſen Tagen (Ipäter
täglich) von den Inhabern der tessera abgeholt wurde, Drell. inscr. 3358.
Diefe Orte waren Lokale, zu denen Stufen binaufführten (eradus), wovon
das Brod den Namen panis gradilis erbielt. Das ſchlechte h. sordi-
dus und Ardiniensis, ba& feinere buccella, worüber ®othofr. ad 1. 5.
C. Th’ de annon. (14, 17.) ausfährli handelt (Tom. V, p. 267 f. 271 .).
Die Austheilung geſchah alfo nicht im Amphitheater, wie Salmaf. ad Vop.
Aur. 34, geglaubt Hatte, ſondern gradibus ab altis, Prud. adv. Symm.
1, 589. II, 948., ſ. ®alef. ad Amm. Marcell. XXVIII, 4, 29. Goth. ad.
2. C. Th. p. 268. Dafür jprechen auch vie zahlreichen Darftelungen anf
Münzen. Daß Conſtantinus für das Getreideweſen forgte, bezeugen Orell.
inser. n. 3358 und die Nechtöquellen. Er führte die Brobfpende au in Gon-
ftantinopel ein für einige bevorzugte Korporationen (scholae scutariorum, cli-
banariorum) und für die Beſttzer neugebauter Häufer (panis aedificiorum),
of. II, 32. Socr. I, 13. Sozom. II, 7. 1. 9. 10. 12 ff. C. Th. de ann.
eiv. (14,17.); Theodoſius erhöhte die Quantität, 1.2. C. Th. eod., und
geftattete, daß bie Percipienten ihr Recht verfaufen dürften, joa® vorher mehr⸗
mals "verboten worben war, 1. 6. 7. 9. 10. C. Th. eod. Wie die fpätern
Kalfer überhaupt für dad Betreivemefen Noms und Gonflantinopels forgten,
f. C. Th. 14, 15. u. 16. de canone frum. urb. Rom. u. Const. Der Prae-
fectus annonae u. praef. urbi maren damit beauftragt, f. beide Art. Die
Bertheilungen feinen in Nom mit Theoderich ihr Ende erreiht zu haben.
in Gonftantinopel dauerten fie weit länger, hingen aber ganz von des Kaljere
—— oo 0...
Largitto 783
Willkür ab. Doc dieſe Zeit liegt über unfern Grenzen, man fehe Symmach.
u. Gafflodor. - Literatur über die Getreidegeſetze und Getreivefpenden: V.
@ontaren. lib. de frum. Rom. largitione, Venet. 1609. Vesal. 1669., bei
Graev. VIII. p. 923—974. D. Schaghen, de re frumentaria, Trai. ad
Rh. 1709. und in Oelrichs thes. diss. II, 3, p. 133—214., namentlich
p. 152-176. 3. M. ©. Beſeke, de frum. largit. et leg. frum., Mitao.
1775. H. E. Dirkſen, civiliſt. Abhandlungen I, S. 163—201. u. vor»
züglich IH. Mommſen, die röm. Tribus, Altona 1844. ©. 177201.
205f. — Bon allen Largitionen , alfo au von ben Getreideſpenden handelt
W. Laziud, reipubl. Rom, II, 43. IV, 9. ©. no Hoeck, Röm. Geſch. I,
2, ©. 138 - 144. 384 ff.
II. Congiarium iſt ein dem Volk außerordentlicher Weife (im Gegen
faß zu den regelmäßigen largitiones frumentariae) gemachtes Geſchenk an Gelb,
Getreide, Oel, Wein (Blin. H. N. XIV, 17.), Fleiſch, Obſt, Salz (4. B. Plin.
H. N. XXXI, 7. aus der Urzeit, dann XVII, 4.) u. f. w. In der republifanifchen
Zeit machten die Kandidaten ſolche Gefchenke (1. Bb.1, S. 399. u. Suet. Caes.
26.) oder Magiftratsperfonen, namentlich die Aedilen, Lio. XXV, 2. u. zwar
urfprünglih in Del, wovon auf das Wort Herzuleiten ifl, denn congius
(Bd. II, S. 591.) war das dabei gewöhnliche Maß, weshalb Quintil. VI,
3, 52 fagt: congiarium commune liberalitatis atque men-
surae; ähnlich Iſidor. XIV, 25. In der Kaiferzeit beflanden bie cong.
meiftens in Geld, doch auch in Naturalien, ja man kann die unentgelts
lichen Getreideſpenden ald congiaria anfehen. Gin fehr glänzendes congia-
rium gab Cäſar dem Volk 46 v. Chr., nachdem er ed ſchon vor dem Bür⸗
gerkrieg verheißen hatte, nemlich einem Jeden 400 Seſt. oder 100 Denare,
dazı 10 Pfund Del, 10 Scheffel Getreide und ein große! Mahl, Div Caſſ.
XLI, 16. XLIII, 21. Suet. Caes. 38. App. b. c. Il, 102. Garat. ad
Cic. Phil. II, 45. Drumann, Geſchichte Roms IH, ©. 615f. No viel
freigebiger war Auguſtus, welcher ſechsmal das Volk beſchenkte und zwar
jedesmal mit einer Summe von 250—400 Seſt. Suet. Oct. 41. 42.
Dio Gafj. LI, 28. LV, 10. und vprzügli Monum. Ancyr. 3. Bon Tis
beriud werben ein paar mal cong. erwähnt, Suet. Tib. 20. 48. Del.
II, 129., f. aud Zac. Ann. III, 29., deögleihen von Caligula, Suet. Cal.
17. Dio Gaff. LIX, 2, Zon. XI, A., noch öfter von Claudius, Suet. Claud.
21. Tac. Ann. XI, 41. Dio Caſſ. LX, 25., von Nero 3 cong., Tac.
Ann. XIII, 31., von Domitian Suet. Dom. 4. Mart. VII, 15., von
Traianus, Plin. pan. 25. 27. 41. Eckhel doctr. num. VI, 413., 7 cong. .
von Hadrianus, Spart. Hadr. 6. Adrian. sent. I3ff., von den Anto⸗
ninen (Philoſ. 7 cong., Pius 8, Garacalla 9 cong.), Cap. Ant. Pius 4. 8.
Phil. 22. 27. Dio Cafſ. LXXI, 32. Orell. inser. n. 3360., 8 von Commodus,
Zampr. Commod. 1. 16:, Nerva (nur auf Münzen erwähnt), 7 cong.
von Severud, Div Caſſ. LXXVI, 1., von Ant. Diadpum., Lampr. A.
Diad. 2., 9 cong. von Baracalla, 6 von Beta, 2 von Heliogabal
(ale nur auf Münzen), 5 von Sev. Alexander, Lampr. Al. 22. 26.,
von Aurelian, Bop. Aur. 35. 48., von Gonftantin in Gonftantinopel,
Malal. XII, p. 322 f. Dind., von Theodoſius u. f. w. Sehr oft kommen
bie cong. der Kaiſer auf Münzen vor (aber erft feit Nero), in fpäterer Zeit
meiftend mit dem Ausdruck liberalitas (auch auf der inser. bei Orell. 3360.),
und I. %. Vaillant fol nad den Münzen ein vollſtändiges Verzeichniß ber
kaiſerl. congiaria aufgeftellt Haben, in |. Abhandl. histoire des congiaires,
marqu&s sur les medailles in Hist. de l’acad. des Inscript. Tom. IV,
p. 198—218., f. auß Spanhem. de usu et praest. num. Il, p. 529—542,
Tresfort, sur les liberalitös exprimees sur les medailles anliques;
Rajche, lexicon rei numarias, v. congiarium und liberalitas ınd Grote⸗
784 Largitio
fend in Erſch und Gruber Enchkl. v. donativum, wo bemerkt wird, daß
Quintillus, der Bruder bes Claudius Gothicus, der letzte Kaifer fey, auf
befien Münzen man liberalitas Aur. finde. Spätere congiaria werben nidı
erwähnt. Cong. wurden gewöhnlich ertheilt wenn ein Ealferliher Prinz die
toga virilis anlegte, bei Gonfulatdantritt oder am Geburtstag des Kaifers,
und bei andern feierlichen Gelegenheiten, ſ. bie cit. Stellen. Beredtigt zum
Empfang des congiarium waren urfprüngli alle Getreidepercipienten,, wie
Mon. Ancyr. 3 fagt, Dctav. habe cong. gegeben plebei, quae tum fru-
mentum publicum acceperunt oder plebei urbanae, |. noch Dio Eaff. XLIII,
21. LV, 10. LX, 25. LXXVI, 1. Als fpäter nur noch die Armen Getreive
befamen, können die cong. auch wohl auf einen größern Theil des Volks
ausgedehnt worden feyn.
II. Donativum wird als ein nur den Soldaten gegebenes Gefchent,
im Gegenfaß zu dem congiarium der Bürger, mehrmals ſcharf bezeichnet, Suet.
Cal. 46. Ner. 7. Dom. 2. Tac. Ann. XII, 41. Plin. pan. 25. 41. u.
Schwarz ad h. 1. Ehe fi der Sprachgebrauch regelte, wurde congiarium aud)
von ben militär. Geſchenken gebraudt, 3. B. bie. ad Att. XVI, 8. u. auf
Monum. Ancyr. 3. Zuerſt kommen biefe donativa in den Bürgerfriegen
vor, 3. B. im Heer bed Brutus und Caſſius, App. b. c. IV, 89. 101.
Sehr groß war das donativum Bäfard nad feinem Triumph, nemlih 5000
Denare oder 20,000 Seft. für jeden Krieger, das Doppelte für Genturionen,
das Vierfache für die SKriegstribunen, Dio Caſſ. XLIII, 21. Suet.-Caes. 38.
Plut. Caes. 55. App. b. c. II, 102. Ueber die Gefchenke des Anton. u.
Octav. f. App. b. c. I, A2ff. Dio Caſſ. XLVI, 46. LI, 21., namentlich
Monum. Ancyr. 3. Dieſe genannten donativa flammten tbeild von den
feit alter Zeit von dem Feldherrn nad dem Triumph oder nad einer großen
Beute den Soldaten gemachten Geſchenken, 3. B. das donat. Cäſars; darum
beißt ein ſolches donat. auch congiarium triumphale, Mon. Ancyr. 3. (f.
praeda und triumphus), theild waren fie neu eingeführt, als en gutes
Mittel, die Soldaten an den Feldherrn zu feffeln, wie z. B. Brutus und
Caſſius thaten u. |. w. In der Kaiferzeit kommen die donativa fehr oft vor,
und zwar von ber zweiten Art (felten die von der erften Art, 3. B. Suet.
Cal. 46. cf. Div Cafſ. LIX, 2.), un vie Herzen ver Soldaten zu gewinnen |
und fih deren Treue zu verfihern. Sole don. gaben die Kaifer bei ihrem
Negierungsantritt, an ihren Geburtötagen, bei Jahredanfang und andern
Sefltagen, oft au dann, wenn dad Volk ein congiarium erhielt, damit bie
Solvaten nicht Teer ausgehen follten. Selten waren die während bed Kriegs |
den Solvaten zur Aufmunterung verliehenen donativa.. Die Summe ded
donativum war ſehr verſchieden, gewöhnlih 75 Denare, Eap. Clod. Alb. 2.
Lampr. Hel. 26., M. Aurel. u. &. Berus gaben Jedem 20,000 Seft., Cap.
A. Phil. 7., Didius Julianus fogar 25,000 oder 30,000 Sef. (womit er
fih den Thron erfaufte), Spart. Jul. 3. Bon. XI, 7. Die Donativa
wurden allmälig fo regelmäßig vertbeilt, daß man file fogar stipendia
nannte und immer neben ben stip. erwähnte, Gap. Max. et Balb. 12., Max.
18., 1.10. D. de re mil. (49, 16.), 1. 1. C. eod. (12, 36.). Sie dauerten
regelmäßig in fpäterer Zeit fort, in Italien bis Theodorich, im Oſt-Röm.
Neid noch länger, f. Eafflov. Var. IV, 14. V, 16. 27. Procop. Anecd. 24,
p. 137. Bonn. Als Belege des Gefagten vgl. außer ben cit. Stellen noch Tac.
Hist. I, 18. IV, 19. Ann. XIV, 11..XV, 72. Dio Gafi. LAU, 27. LXXVL
1. LXXVIN, 36. Suet. Galb. 16. 17. 20. Spart. Hadr. 9. Gap. Ant.
Pius 4. 8. 10, Spart. Sev. 16. Lampr. Sev. Alex. 26. Gap. Pert. 4.
Serodian. II, 6. 7. 11. 14. II, 8. IV, 4. VII, 3. 6. Orell. inser. n.
3488. 3567 ff. Sozom. V, 16. Gafflovd. VI, 7. S. Grotefend, in Erſch
u. Grubers Encyklopädie v. donativum. gl. die Art. missilia u. strenae.
Largenius — Larlca 785
B. Largitiones sacrae und privatae wurde in der Kaiferzeit
die Benennung für aerarium und fiscus (vieleicht deshalb, weil aus beiden
die verfhiedenen Spenden floßen) 1. 21. C. appell. (7, 62.) 1. 2. C. de
canon. (10, 23.) 1. 7. C. Th. de fals. mon. (9, 21.). Ueber den Staats»
ſchatz, deſſen Haupteinnahme aus der Grund- und Kopffteuer beftand (ſ. tri-
butum und vectigal), und welcher von dem comes sacrarum lareit. beaufs
fißtigt wurde (Bp. II, ©. 524.), f. Aerarium undidie cit. Artt.. Der Fiscus
(Br. III, ©. 478.) fand unter Leitung des comes rei privatae oder priva-
tarım largit. ®b. II, ©. 525. [R.
Der röm. largitio entfpredhen die griechiſchen duadomus und dırvo-
nai, wiewohl weit nit fo entwidelt und organifirt wie jene. Sie beftanden
theil8 in Kornſpenden, arodocie: (PBollur VI, 103.), au bier auf vie
Beſchwichtigung des Volks berechnet (Nriftoph. Vesp. 714 ), aber vereinzelt,
mwährend das Verkaufen von Getreide aus den Staatömagazinen an daß
Bol um niedrigen Preis ſich häufiger findet, ſ. Böckh, Staatshaush I. S. 96
bie 98., theils in Länderanmeifungen, |. xAnpovyie, Bb. II, ©. 454.,
theil® in Geldaustheilungen. So wurden bis auf Ihemiftofles die Cinkünfte
der attifden Bergwerfe unter die Bürger vertbeilt, f. Metalla; fo feit Pe⸗
rikles der Betrag des Eintrittögeldes in's Theater, mad dann aber eine wei»
tere Ausdehnung erhielt und zu einer Geldſpende für Feſte und fonftige Feier⸗
lichkeiten wurde, f. Osworxor. Auch wurden außerorbentlichermeiie eingegans
gene Summen, wievon Güterconfiscationen, unter das Vol vertheilt oder ſahen
ſich Reiche, um dem Neide zu begegnen, zu freiwilligen Srenden veranlaßt,
Böckh I, S. 234. Es kam fo weit, daß Demades die Geldſpenden den Kitt
der Demokratie nannte (Plut. Q. Plat. X, 4.). Der Zmed dem Paupe⸗
risınud zu feuern, tritt bier ganz zurüd; das fonveräne Volk verkauft ſeine
Stimmen und Gunft um die Mittel zum Wohlleben. Lieber vie attiidhe
Armenpflege ſ. "Advraroı Bb. I, &. 79. und über die dindooss im Al»
gemeinen Wachsmuth Hell. Alterth. Kunde, II, S. 88—90. ed. 2. [W.T.]
Lergonims (T. Flavius) wird in einer an der Dia Präneflina ge⸗
fundenen Inſchrift bei Orelli 4280. faber flaturarius sigilliarius genannt,
d. h. ein Künftler, der Heine Bronzebilver goß, f. R. Rochette Lettre à
M. Schorn p. 339. [W.] ‘
Larges (ingenii sui, Ovid), befang bie Thaten, befonders bie Anflebes
lung „Antenor8 zu Babun, f. Obidius (iein Zeitgenofie?) Ex Pont. IV, 16,
17. Vgl. Werneporf,-Poett. Latt. minn. IV, p. 581. Ob er identiſch iſt
mit bem Ankläger des Gallus Valerius Largus (f. oben II, S. 695.) ifl
zweifelhaft. [B.]
Lariagära (Acoıcyapz, Btol. VII, 2.), eine Stadt in India extra
Gangem, am FSluſſe Daona (jegt Irawandy), oberhalb der Aurea Cherſo⸗
neſus. Man hält fie für das heut. Caracaran im Neihe Aracan. [F.]
Karien (Acpıny, Btol. VII, 1., und wahrſch. auf Peripl. mar.
Erythr. p. 24., wo e8 flatt 7 ’Aoaßırn ywo« wohl 7 Aagınn heißen fol
[obgleich freilich auch die Aenderung 7 Aoıenn Manches für fih hat] denn
ver Mame Larica wird nah Ritter's Erdkunde V. ©. 514. dur den ber
indiſchen Dynaftie Zar beflätigt: val. Transact. of the Roy. Asiat. Soc. T.
I, p. 208. ſ. aber auch Laffen Ind. Alterth. I. ©. 108. Note 2.), ein
mächtiger und reicher Handelsſtaat in Vorderindien zwiſchen dem Staate
Ariaca und dem Dieerb. von Barygaza (j. Golf von Cambay), mit ven großen
und blühenden Handelftänten Barygaza. Minnagara und Ozene. Die Guropäer.
führten Hier ungefärbte Wollenzeuge, Kupfer, Blei, Korallen , Glas, griech
und ital. Weine, Schmuck'achen, Eſſenzen u. ſ. w. ein, und fauften dagegen
Edelſteine, bef. Diamanten und Onyre, Perlen, Elfenbein, Schildkrot, rohe
Seide, feinene und baummollene Stoffe, Pfeffer, Narben und anere indiſche
Bauly, Real·Eucyclop. IV.
786 Leeine — Larlisıa
Produkte (Peripl. p. 31f.), und die Kaufleute mußten für die Erlaubniß
Handel zu treiben fein gearbeiteted auslänpifches Silbergeſchirr, muflkalifche
Snftrumente, ausgeſuchte Weine, ungefärbte, feine Wollenzeuge, die köſi⸗
lichſten Salben und ſchoͤne Mäbchen für den Harem als Tribut an vie
Könige liefern (Peripl. p. 28.). [E.
Larfue, Duelle in Xttica, blos von Plin. IV, 7, 11. genannt. [F.;
Larinum* (Acoıor, Btol. DIE, 1. Mela II, 4,6. Kir. ad Aut.
vos, 13. Tab. Bent. u. U. Aapıra, Steph. Byz.), eine Stadt der Fren⸗
taner (nah Mela fälſchlich der Daunier) in Lnteritalin, und fpäter
römiſches Municipium (Eile. pr. Cluent. c. 5.), jebo mit einem größern,
ſelbſtändigen und bis zum Adriat. Meere reichenden (Silius XV, 565.)
Gebiete, zu dem au das ber Küfte noch nähere Eliternia gehörte, und
beffen @inw. bei Cäſ. B. Civ. I, 23. Frentani Larinates, bei Plin. III.
11, 16. Larinates cognomine Frentani, fonf aber (3. B. bei Silius am
a. O. und VII, 404.) au blos Larinates heißen. Sie lag am Fluß
Tifernus, nah Cicero pr. Cluent. 9. 18 (na der Tab. Peut. fälfhlich
6108 12) MIN. nordweſtl. von Teanum Apulorum unb (nad letzterer)
23 Mid. ſudöſtl. von Hiſtonium, und Heißt noch jetzt Larino. (Bol. Abeken
Mittelital. ©. 117.) [F.)
Larissa (Aapıooa), ein gemeinfäaftliher Name vieler pelasgiicher
(daher Lar. mythologiſch eine Tochter des Pelasgus beißt, Pauf. II, 24, 1.;
bei Straß. 621. T. des Velasgerfürften Piafus) Städte (vgl. Strab. XIII,
p. 620. und Mannert VII, ©. 531.). Die belannteren darunter find:
1) eine berühmte Stabt Theffaliens in Pelasgiotis (Strab. IX. p. 430f.
440f. Btol. IH, 13. Mea II, 3, A. Gäf. B. C. III, 80. 96. Liv.
XXXI, 46. XXX, 33. XXXID, 6. uw. öfter, Suftin. VII, 6. Blin. IV,
8, 15. It. Anton. p. 328. Steph. Byz. p. 418. Procop. de aed. IV,
3. Hierocl. p. 638. 642. u. A., bei Solin. c. 8. Lar. Thessala, auf ihren
Münzen wbini Acoıoa, vgl. Eckhel I, 2. p. 140.), angeblich von
Akrifius erbaut (Steph. am a. O.). Sie lag in der äußerſt fruchtbaren
yelasg. Ebene am fürlihen Ufer des Peneus (Strab. p. 438. 440. 441
443. Steph. am a. D.), nit weit vom Ginftrömen des Onochonus in
diefen und am See Bobeis (Strab. p. 503. 530. vgl. Plin. XVII, 4, 3.),
batte eine feſte Gitabelle (Diod. XV, 61.), Mar einft die allgemeine Saupt-
ſtadt der Peladger und Hatte eine demokratiſche Verfaſſung (XArkflot. de rep.
V. 6.), mußte dann die macedon. Oberherrfchaft anerkennen (Diod. am. a.
D. u. XVI, 14.), war aber auch im römiſchen Zeitalter noch immer be-
deutend (Strab. p. 430.), daher feit Gonftantin d. Gr. Hauptſtadt der Pro:
vinz Theſſalien (Slerocl, p. 642.) u. noch heutiges Tages eine anſehnliche
Stadt Namend Lariſſa ober Larza (bei den Türken Denifcheher) mit Ruinen.
(Bol. beſonders Leafe I. p. 439 ff.) 2) L. Cremaste (A. n Kesuaorr,
Strab. IX, p. 440. Steph. By. p. 418. Liv. XXXI, 46., au A. Tlr-
Aaoyia, Strab. u. Stepb. am a. D., u. ſchlechtweg Xariffa: Ptol. III, 13.
vgl. Jornand. de reb. Get. p. 139.), eine andere, minder berähmte, Stadt
Thefſaliens in Phthiotis, 20 Stab. vom Sinus Mallaeus entfernt (Strab.
am a. D.), auf einer Anhöhe (naher wohl eben Kosuaorn , die Schwebende)
mit einer Gitadelle (Liv. am a. D.); nad GStrab. I. p. 60. durch Erdbeben
beſchaͤdigt. Sie if beim Heut. Barphifi zu fuchen. (Vgl. Leafe IV, p. 347.
u. Brandis Mittheil. I. S. 8.) 3) in Campanien, von pelatgifden Tyr⸗
® Das Gprüdwort Aagsvoi Bözc bei Apoſtol. Cent. XI, 77. wird vom ben
alten Ereiärern zu Ariſtoph. Fried. 925. entweder von einem fonk nubefeunten
Sieden Eariun in Cyirus abgeleitet ober von einem Hirten Larinos, der dem Kerns
led feine Rinder fiehl: am natärlihfien Arollddupos rois eitgageis dagırei«
nal Augwivew yüp ch merver, Arſen. p. 832, [W
*
Larlesnen — Lärlus Lacus 87
rhenern gegründet, aber früßzeitig zerflört, in der Nähe von Forum Popilli
(Dion. Bal. I. p. 17.), wahrfh. auf dem ager Falernus, der fich von
Capua und dem Bulturnus norvöfl. zu den ſamnitiſchen Bergen von Saticola
binaufjog (vgl. Abeken Mittelital. S. 107.). Mannert IX, 1. &. 785. ſucht
es fünmehlih von Capua. — Strabo p. 440. nennt außerdem nod einige
fonft unbekannte Gtäbte dieſes Namens In Attila (vgl. auch Stephan. Byz.
p. 419.), an der Brenze von Elis und Achaja, und in Bontus. — 4) in
Troas, etwa 70 Stiad. füdlich von Nlerandria Troäs und norböfllig von
Hamaxitus gelegen, aber ſchon feit den Perferkriegen veröbet (Hom. I. IL,
81. Scylar p. 36. Thuc. VIII, 101. Xen. Hellen. IH, 1, 13. Strabo
X, p. 440. XIH, p. 604. 629.). — 5) L. mit dem Beinamen Phriconis
(Strabo IX, p. 440. XIII, p. 621., au 7 nsol zur Kuums, Strabo ibid.
und 7 Aiyvatia, Xen. Cyr. VII, 1, 45. Hell. III, 1, 7., weil Gyruß einen
Theil feiner ägypt. Miethſoldaten hier anflebelte, bei Hom. I. I, 840. u.
Herod. I, 149. auch im Plural ai Anosooaı), urfprängli pelasgiſch, fpäter
aber von den Aeoliern durch allmälige Anflevelung in Beflg genommen umb
zur äol. Bundesſtadt gemacht, an der Küfle von Myſien, zwifchen Neon»
tichos und Eyme, von erflerer 90 Stab. weſtl., von letzterer 70 Stab. Öfl.;
aber don zu Strabo’& Zeit verödet. (Vgl. außer den angef. St. Thucyd.
Vi, 101. Strabo IX, p. 440. Vit. Hom. c. 11. Plin. V, 80, 32. Belle.
I, 4.) — 6) L. mit dem Beinamen Ephesia (Strabo 1. 1. XIII, p. 620.),
in Lydien, auf ver Norbfeite des Meffogis und In der Rähe des Tmolus,
in dem fruchtbaren und meinreihen cayſtriſchen Gefilde, 180 Stab. norböfll.
von Epheſus und 30 Stad. norbwefll. von Iralles, mit einem Tempel des
Apollo Lariffäus. — 7) in Affyrien, einige Meilen nörbl. von der Mündung
des Zabatus oder Lyeus in den Tigris. Sie Hatte 60 Stab. im Umfange
und eine 100 F. bobe und 25 3. breite Dauer, war aber zu Zenophons
—
Zeit bereits verödet und verfallen (Anab. III, 4, 7.). Bochart Phaleg. IV, 23.
und mit ihm Ainsworth (Travels and Research. in Asia minor) u. Sammer
(in Wiener Jahrbb. Bo. CVI. ©. 71.) Halten fle wegen einer ſehr entfernten
Namensähnlihkeit für das im 1. B. Mof. 10, 12. vorlommende Reſen.
Siehe dagegen Mihaeliö im Spicil. Geogr. Heb. I. p. 247., auch Rennell
. 445. Halbkart ©. 120. und Kineir p. 462. u. 479. u. vgl. Hall. Ag.
Lit Zeitg. 1822. Nr. 174. ©. 520. Nah Ainsworth (vgl. Hammer am
a. O.) heißen ihre Ueberrefte jeßt Muinen Nimrods. — 8) in Gyrien, im
Difirift Apamene am Orontes, norbmefll. von Epiphanis, zwiſchen ihr und
Apamea, und von jeder 16 Mil. entfernt (Ptol. V, 15. App. Syr. c. 37.
Plin. V, 23, 19.). Der einheimifhe Name war na Stepb. Byz. p. 419.
Zilape, una fie Heißt daher noch jet Saidjar. (VBgl. Abulfeda Tab. Syr. -
p. 1310. u. Burckhardt Travels p. 143 f.) — 9) auf Kreta am öſtlichern
Theile der Süpfüfte (Strabo IX, p. 440.), aber nit zu verwechſeln mit
Gortyn, dad nah Steph. Byz. v. Toorvs früher auch Lariffa hieß, obgleich
R. Rochetie I. p. 189. dieſe Stelle des Stephanus zu verbädtigen ſucht. [F.]
Larissaea, f. Larissus.
KLarissneus, Anpıoonios, aus, Aapionos, Aapıoomvos, Bein. bed
Zeus und des Apollo, Pauf. II, 24, 4. Strabo p. 440. 649. Steph.
s. v. Aupıovo. |[Mer.]
Larissus (Aag000s, Strabo VIII, p. 387. IX, p. 440. Liv. XXVII, 31.,
bei Bauf. VII, 17, 3. Axoıwog), ein Lleiner Fluß im N.W. von Achaja an
der Grenze von Elis, mit einer Infel der Athene Lariffän (Pauf.). Br ent⸗
fpringt auf dem Geb. Scollis, ſcheidet das Gebiet Oyme's von Elid (Strabo
am a. D.) und iſt wahrſfcheinlich ver heut. Riffo. In viefer Gegend If au
eine Stadt Larissa, f. d. [F.]
Larlus Lneus (Ayum 1 Aagıos, Strabo IV, p. 192..V, p. 209.
788 0 Lärtil
213. Plin. II, 103, 106. III, 19, 23. Blin. Jun. Ep. IX, 7. Birgil.
Geo. II, 139., im It. Ant. p. 278. ſchon Comacenus L.), ein fifdhreicher
(Blin. IX, 18, 33.) See in Gallia Transpadana bei Novum Comum, von
bem durch ihn’ firömenden Fluſſe Addua gebildet (Strabo u. Plin. 1. 11.),
etwa 24 Mil. öftlih vom L. Verbanus und 65 Mil. weſtlich vom L. Be-
nacus. Er war nad Gtrabo 300 Stab. ober 71), g. M. Tang und 80 Stab.
breit (mährend das It. Anton. am a. D. fälfglih die Länge zu 60 Mid.
oher 12 g. M. angibt) und enthielt die bewohnte und befefligte Insula
Commacina (Baul. Diac. V, 39. VI, 24). Plinius d. Süng. rühmt am
a. D. feine reizenden Ufer (vgl. au Plin. X, 29, 41.), an denen er ſelbſt
Landgüter beſaß, und in feiner Nähe war eine merkwürdige Quelle, bie zu
beflimmten Stunden wuchs und fiel (Plin. Ep. IV, 30.). Jetzt Lago bi
Gomo.* [P.)
Larix (It. Ant. p. 276.), ein Ort an der fübligen Grenze von Nos
ricum, am Buße der Juliſchen Alpen und an ber Straße von Aquileja nad
Sauriacum, 54 Mill. norböfllih von Aquileja. Die unftreitig nach den vielen
Lärchenbäumen der Gegend benannte Stadt ift zwiſchen Idria und Krainburg
in Illyrien zu ſuchen (vgl. Mudar, Norifum ©. 247.) Mannert II.
©. 644. ſucht fle beim heut. Flecken Plez. [F.]
Larnum (Plin. III, 3, 4.), Küftenfluß im öflliden Theile von Hiſp.
Tarracon., der zwiſchen den Städten Iluro und Blanda im Gebiete ber Lale-
taner ind Meer fälı; |. Tordera. Plin. am a. D. nennt in biefer Gegend
au Larnenses (d 5. doch wohl die @inmohner einer Stadt Larnum), die
zum @erictöfprengel von Gäfaraugufla gehörten. [F.]
Laronius, Unterbefehlähaber des M. Agrivpa im ſiciliſchen Kriege
gegen S. Vompejus vom J. 718 d. St. (36 v. Ehr.), wurde von jenem
auf Befehl des Octavianus dem von S. Pompejus bedrängten Gornificius
(Bd. IE. ©. 710 f.) mit drei Legionen zu Hilfe gefandt, und erfhien noch
‚zur rechten Zeit, um ben Anführer und fein Heer zu retten. App. b. c. V,
112. 115. (vgl. Dio XLIX, 6. 7.) [Hkh.]
Lartii, ein urfpränglich etruskiſches Geflecht, das als romiſches zu
Anfang der Nepublif .erfcheint und zu dieſer Zelt eine nicht umbebeutende
Rolle fpielt. Der Gentilname Lartii (in welder Form ihn Livius gibt)
entfland aus dem etrusk. Vornamen Larth, ber auf etrusk. Grabinſchriften,
ſowohl Larth als Lart oder abgefürzt Lih gefchrieben, Häufig vorfommt
(D. Müller Etrusf. I. S. 408., unter Anderem au auf cluſiniſchen Graͤ⸗
bern, vgl. Sozzi, Bulletino dell’ Inst. di Corr. Arch. 1840. p. 3. u. €. F.
Sermann Extemporalia de nonnull. nom. Etr. formis, Annali dell’ Inst.
di C. A. 1843., auch beſonders abgedruckt, Paris 1844.). Gine andere
Form dieſes Vornamens, der als folder eine Ehrenbenennung war und un»
gefähr fo viel als Herr bedeutete (Müller I. S. 405. II. ©. 90 f. vgl. den
Art. Lares), war Laris, für deſſen Abkürzung Lf zu nehmen iſt (Müller
I. 408.; vöm. Form Lars, 3. ®. Lars Tolumnius, ober Lar, f. ©. 772.
oben), eine dritte Borm aber Larce (Müller Etruek. I. 409.), werauß bie
Bormen des Gentiinamend Larcii und Largii entflanden zu fein feinen.
Lebtere beide finden fih in Beziehung auf das röm. Geflecht in den codd.
des Dionyflus (Aroxıog und Acoyioc); und auch auf lateiniſchen Infäriften
erſcheinen die drei Bormen Lartii, Larcii und Largii (vgl. den Index Nomm.
zu Gruters Thes. Inscr.). Wo bie urfprünglide Heimath des Geſchlechtes
in Etrurien geweſen ſei, Eönnen wir nicht mit Sicherheit beſtimmen; und
wenn die Angabe Adami's, Storia di Volseno III. p. 153. 199., daß der
Bamilienname Largius in Bolfinii (der Vaterſtadt Adami's) zu Haufe gemefen
* Wet. P. Jovii descriptio Larii lacus, Wenebig 1659, cum tabb. [ W. T.]
Lan 789
ſei, riötig IR, fo fragt es fi, ob das Geſchlecht nicht auch noch In anderen
etrustifgen Gräbten fi gefunden habe. Ebenſo können wir in Betreff der
Veberflevlung vefielben nah Nom nur vermuthen, daß fle nach dem Kriege
Des PBorfena von Gluflum, ven diefer (na D. Müller, Etrusk. I. 122.)
als Feind der Tarquinier und nit zu Bunften derſelben führte, zugleich
mit der etrudfifgen Golonie, melde damals von Mom zur Verflärfung
gegen die vertriebenen Tarquinier und die mit ihnen verbünbeten tyrrheniſch⸗
Iatiniſchen Stäpte aufgenommen wurde, erfolgt fei (vgl. Herminii, Bb. III.
©. 1218. u. Herdonii, &.1195.). Den römifgen Unnaliften war e8 freili
ſchwer, zu begreifen oder zuzugeben, daß Freunde des Porfena bald darauf
zu Mom eine fo hervorragende Rolle geipielt hätten; und deßhalb wurden
jene beiden Eirusfer, Sp. Lartius und T. Herminius, welde ohne Zweifel
in Porfenas Reihen kämpften, zu Römern und Feinden des Porfena gemacht,
und als ſolche in die Erzählung von ber Vertheidigung der ſubliciſchen Brücke
durch Horatius Gocles, in einer Weife, bie ungeſchickt genug iſt, Sich feloft
in verratben, eingefhoben (vgl. den Art. Herminia gens im @ingang, wo
brigens beizufügen, daß Dionyflus bie, beiden Männer fon V, 22. und
den T. Herminius ſchon IV, 85. erwähnt)... Daß Livius (IE, 11.) von einer
ferneren Ihellnahme des Spur. Lartiuß, wie. des T. Germinius am Kriege
gegen Borfena zu erzählen weiß, haben wir unter Hermin. gens (&. 1216 f.)
erwähnt, und eben dvaſelbſt hervorgehoben, mie Livins pas Gonfulat, welches
Sp. Lartius und T. Herminius nah Dionyf. V, 36. (vgl. die Faſten des
Gajfflopor und des Anon. Norif., in welchen Ießteren Lartius mit dem Bei⸗
namen Ruflus bezeichnet IR), im vierten Jahre ver Republik, 248 d. St.,
506 v. Ghr., befleideten, völlig übergeht. — Bin T. Lartius, Bruder des
Sp. (vgl. Dionyf. V, 75.), wird von Livius (IE, 18.) wie von Dionyflus
(V, 50. vgl. Fasti Anon. Noris, wo er Ruflus, unb Fasti Sic., do er
ohne Zweifel richtiger Diaßos heißt, vgl. unt.) als Gonful des I. 253
». St. (501 v. Chr.) und Amtsgenoſſe des Postumius Cominius, der gleich»
falls einem etruskifhen Geſchlechte angehörte (vgl. Diodor XVI, 83.: TToorov-
nıos 6 Tvoönrog, u. Hiero, Bd. III..S. 1300. Note*) genannt. Nach den
Duellen, welchen Liviuß folgte (II, 18. vgl. @utrop. II, 12. Gic. de Rep.
11, 32, 56 ), wurde fon in biefem Jahre, in Folge der Nachricht, daß fidh
30 latiniſche Voͤlkerſchaften, aufgereizt dur den Tusculaner Octavius Ma»
milius, Eidam des Tarquinius Superbuß, gegen Rom verbündet hätten, ber
erfie Dictator in der Berfon des T. Lartius ermählt, der fofort ben Spur.
Cassius (vgl. Cassii 1. Bd. II. ©. 188 f.) zu feinem Reiterobriſten ernannte.
Daß Lartiuß in der Perfon des Lehteren einen Stammgenofien gewählt habe,
läßt IH zum Voraus vermuthen; und -abgefehen davon, DaB der Vorname
Spurius etrusfirh zu fein ſcheint, ſtimmt die Unnahme einer etruskiſchen Ab⸗
ftammung des Caſſius mit den Nachrichten über denſelben fehr gut überein.
Denn der Haß, den er gegen bie Latiner an den Tag legte, indem er nad
ver Schlacht am Regillerſee (258 d. St., nah Liv. 255) im Senate für Zer-
ſtoͤrung der latiniſchen Städte flimmte, würbe fi bei einem Etrusker Leichter
als bei einem Angehörigen eines andern Stammes erflären; die Nachricht, daß
er den von A. Boftumius als Dictator im Rampfe gegen die Latiner (258 d. ©t.)
gelobten, offenbar eiruok. Tempel der Geres, des Liber und der Libera (Tac. Ann.
11,49. &ic. N.D. II, 24. Blin. XXXV, 12. s. 45.) al8 Cof. 261 geweiht habe,
würde bei jener Annahme ebenfalls näher aufgehellt; und endlich ließe fich ſelbſt
die Beantragung bed erfien Ackergeſetzes burch Caſſius aus Neid der etrusk. Neu⸗
bürger gegen die alten patrieifhen Geſchlechter erklären, wobei wir erinnern,
daß auch das nächſte Adergefeh durch einen Neubürger etrudkiſcher Abſtam⸗
mung, C. Licinius Stolo (bie Licinii etrusf. Lecne, vgl. Müller J. S. 376.,
N. 77.425. 437.), eingebracht wurde. Bon den Gonfuln des 3. 253. St.,
799 Kant |
Poſtumius und Lartius, berichtet Dionyfius (V, 51. vgl: Zonar. VI, 13.)
noch die Unterdrädung einer Sclavenverſchwörung; bie erfle Dietatur aber ſetzt
er erft drei Jahre fpäter, in das I. 256 d. &t. (498 v. Ehr.), in welchem
T. Lartius (Flavus auch nad) Dionyf., und nach den Fasti sic.: DAaßov zo ß';
bei dem Anon. Nor. Ruffo II.) zum zweiten Male, und zwar dießmal mit
einem Latiner, Du. Clölius Siculus (Bd. II. ©. 465. u. 466, 2.) Gonful
war (Dionyf. V, 59. vgl. Liv. II, 21.). Zu Anfang ded Jahres murde
Lartius gegen bie mit den Zatinern verbündeten Fidenäer gelandt, und feßte
der Stadt, deren Mauern und Wälle er unterminirte, fo lange zu, bid bier
felbe auf Gnade und Ungnade fih ergab, worauf er bie Cinwohner ent»
waffnete und eine Befagung in vie Stadt Iegte, dann aber ſich perſoͤnlich
nah Rom begab, um die Entſcheidung über das Schidjal der Stadt (Die
aus tusciſchen, latiniſchen und fabinischen Elementen gemifcht war, vgl. Vd. IH.
©. 475.) dem Senate zu überlaflen (Dion. V, 59. 60.). Bald darauf warb
nad Dionyflus der Bund der Iatinifchen Voölkerſchaften gegen Nom geſchloſſen,
und ber Krieg mit demjelben flund bevor (Dion. 61. 62.). Allein im An⸗
gefichte dieſes Krieges weigerten fi die verichuldeten Plebejer zu dienen, fo
lange fie von ihren Schulven nicht befreit wären; und in der Beprängniß der
Lage wußte der Eenat feine andere Rettung, als in der Einführung der Dic⸗
tatur (Dion. 64— 70. Zon. 1.1). Wie diefe Gewalt nach langen Verhandlungen,
und nachdem die beiden Conſuln In Beweijen der Beſcheidenheit und des GEdel⸗
muths fi erihöpft, zulegt dem T. Larıius, der von Anfang an Jedermann
als der Würdigſte erichienen, durch den eigenen Amtsgenoſſen übertragen
worden fei, erzählt Dionyfius in feiner naiven, des politiichen Geiſtes und
der Einſicht in die Verhäliniſſe jener Zeiten gänzlih ermangelnden Weife
(V, 71—74.). Wohl zu beachten iſt aber maß derfelbe im Folgenden, offenbar
aus alten Quellen, über die Thätigkeit des Dictators berichtet. Nachdem er
nämlih einen Meiterobriften in der Verfon des Sp. Caſſius gewählt, und
fofort feinen Lictoren das Achtung und Schreden erregende Zeichen der Beile,
. das der Conſul Valerius (der WBolköfreunplihe, feiner Nbflammung nach
Sabiner, vgl. Dion. 11, 46. V, 12. Plut. Numa 5.) entfernt hatte, wieder
beigegeben,, fo habe er alsbald die von Gervius Tullius angeorbnete Auf»
zeichnung aller Bürger in örtlichen Tribus von Neuem in das Keben gerufen
und zugleidy eine neue intheilung der flreitbaren Mannſchaft in Genturien
vorgenommen (Dion. V,75.). Lartius erſcheint demnach ale Wiederherſteller
der ſervianiſchen Einrichtungen; und in diefem Zuſammenhange beflätigt fi
die in der Mede des Kaiferd Claudius super civitate Gallis danda (Gruter.
Inscr. p. 502. vgl: Tac. Annal. XI, 24.) erhaltene Angabe der Tudfer über
Servius Tulius, daß vderfelbe ihrem Volke angehört (und als Tusker den
Namen Maſtarna getragen) babe. Daß Lartius als Dictator auch bie Schuld»
vorbäftniffe der Plebejer zu beflern gefirebt babe, ift in Betracht deflen, was
fpäter von ihm berichtet wird, um fo glanblider. Allein die Travitien dar
über ift verwilht, und Dionyflus beridptet nur noch von dem Audzug gegen
die Latiner, mit welden jedoch, da Lartius dieſelben durch Zurüdgabe von
Gefangenen gewonnen, für dieſes Jahr noch ein Waffenſtillſtand abgeichloffen
worden ſei (Dion. V, 76.). Nah Beendigung des Feldzugs habe ſodann
der Dictator das Heer zurüdgeführt, unverzüglich Conſuln ernannt, und weit
rühmliher Mäßigung feine Gewalt wieder niedergelegt (Dion. V, 77. vgl.
2yd. de mag. I, 33.). Im folgenden Jahre, 257 (497), unter dem Conſu⸗
late des ‘A. Sempronius Atratinus und M. Minucius Augurinud wurbe na
Dionyflus (VI, 1. vgl. Ziv. II, 21.) ein Tempel des Saturnus am Abhange
des Gapitold gegen das Forum geweiht, und dem Gotte zu Ehren ein jähr-
Tide Opfer (die Saturnalien) eingeführt. Dionyfius fept bei, daß an ber»
jelben Stelle zuvor ein Altar des Hercules, auf welchem nach griechiſcher
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KLartolaeötne | 791
Weiſe geopfert wurde, geſtanden habe; und wenn wir hiemit bie weitere
Nachricht verbinden, daß Lartius der Urheber der Inſchrift am Tempel ges
weten fel, Poftumius Gominius aber in Folge eines Senatäbefrei3 den
Tempel geweiht Habe (Dion. am D.), fo liegt am Tage, daß durch den Ein»
fluß der eingemanderten etruskiſchen Geſchlechter ein etrusk. Dienft (vgl. über
ven Dienfl des Saturnus in Etrurien Müller I. ©. 57. 85.) an die Stelle
eines tyrrbenisch-Tatinifhen (den Nom mit den nunmehr befämpften latin.
Stäbten getheilt hatte) geſetzt worden fei. (Vgl. S. 789. unt.) Nah dem
Berichte ded Dionyſius war übrigens Lartius perſönlich von milder Gefinnung
gegen die Latiner befeelt. Denn ald nah der Schlaht am Megillerfee (258
d. St.) der Bund der Latiner durch Gefandte um Gnade bat, fo fol Kartius
für Erneuerung der alten Berträge geſtimmt haben, während fein ehemaliger
Meiterobriſt Sp. Gafflus auf Zerflörung ihrer Städte drang (Dion. VI,
18—20.). Im I. 260 ». St. (494 v. Ehr.), in welchem ver Auszug ber
Plebejer auf den heiligen Berg erfolgte, ſtimmte Lartius, noch vor dem Abzug
derſelben, für Befreiung des ganzen Volkes von ver Laft feiner Schulden,
und nit blos für ein Privilegium zu Gunften derjenigen, melde im vorigen
Jahre im Kriege gegen die Volsker und Aurunfer ſich verbient gemacht Hätten
(Dion. VI, 37. vgl. 35. Liv. II, 29 f.), wodurch er offenbar dem Intereffe
ber alten patriciſchen Geſchlechter ſchroff gegenübertrat. Der zum Dictator
ernannte M'. Valerius beruhigte das Bolt für den Augenblick, und al8 gegen
Aequer, Boldfer und Sabiner drei Heere ausgeführt wurden, fo blieb Lartius
zum Schutze ber Stadt zurüd (Dion. VI, 40. 41.). Im folgenden Jahre
(261 d. St.) wird er unter den zehn Abgefandten des Senates an die ent»
wichenen Plebejer genannt (Dion. 69.), und fol in einer Rede an biefelben
nicht minder flarf gegen bie Härte der patriciſchen Gläubiger als gegen bie
Unbefonnenheit und den Uebermuth der Blebejer geſprochen haben (Dion. 81.).
Endlich wird er in vemfelben Jahre, als der Conſul Poſtumius Kominius
nach bergeftelter Bintracht zwiſchen Volk und Senat mit einem Heere gegen
die Volsker z0g, als Unterfeloherr des Conſuls ermähnt, unter befien Aufpicten
die Stadt Borloli durch die Tapferkeit ded En. Martins (Coriolanus) ein»
genommen wurde (Dion. 91. 92.). — Drei Jahre fpäter, 264 d. St. (490
v. Chr.) bekleidete ein Sp. Lartius Flavus mit Du. Sulpiciug Games
rinus nad dem Zeugniß des Dionyfius (VII, 68. vgl. Fasti sic., bei Livius
ift das Gonfulnpaar übergangen) die Conſulwürde. Dionyflus bezeichnet Ihn
ale Gonful zum zweiten Male und fegt au an einer andern Stelle (VII,
22., 266 d. &t.) ein höheres Alter vefielben voraus. Wären biefe Angaben
riöstig, fo 'würbe er ald Bruder des Titus, identiſch mit dem Bonful des
3. 248 9. St. und angebliden Genofjen des Eocled zu nehmen fein. Allein
der Beiname Flavus (den auch die Fasti sic. geben) feheint auf einen Sohn
des Titus zu führen; denn jenen Beinamen trug der Conſul des I. 248
d. St. nit, fondern hieß nad den Faſten ded Anon. Nor. Rufus, und
mar alfo von feinem Bruder als der Rothe vom Blonden unterfhieden. Im
llebrigen wird Sp. Lartius noch im J. 266 als Abgefandter des Senates
mit vier andern Gonfularen an Eoriolanıs (Dion. VIII, 22.), im folgenden
Jahre ald Anführer eines Heeres, das nah dem Abgange zweier anderer
Heere gegen die Herniker und Volsker zum Schuge der Stadt zurüdblieb
(Dion. VII, 64.), und im J. 272 vd. St. als Interrer (Dion. VII, 90 f.
vgl. C. Julius, 2), S. 421.) genannt. In der Folgezeit dagegen verſchwindet
bad Gefchlecht aus den Faflen und aus der Geſchichte. [Hkh.]
Lartelneötae (Acorolairaı, Strabo III, p. 159.), eine Volkerſchaft
im M.O. von Hifp. Tarracon. neben den Läetanern (ſ. d.), die wahrſcheinl.
ein Zweig der Indicetes war (vgl. Ukert II, 1. ©. 316.) und im heutigen
Gatalonien zu ſuchen if. [F.] E
792 Larvae — Larymna
Larvae, 1) scenicae, f. Persona. — 2) böfe Geiſter, nad Appul.
de deo Socr. p. 237. ed. Bip. die abgeſchiedenen Seelen böfer Menſchen:
qvi ob adversa vitae merita nullis bonis sedibus, incerta vagatione ceu
qvodam exsilio punitur, inane terriculamentum bonis hominibus, ceterum
noxium malis — id genus pleriqve Larvas perhibent. Vgl. Auguftin. C.D.
IX, 41., wonach larvae ibentif$ wäre mit Lemures (f. d.) und über bie
ganze Vorflelung Lucret. I, 133—136. Sie hießen auch Maniae, welde
fih eben fo zu Manes verhalten, wie Larvae zu Lares, und Mania oder Lara
ift ihre Mutter, ſelbſt meiftene als grauenvolle Spufgeflalt gedacht. Die
Zarven quälen fowohl die Geftorbenen ald vie Lebennen. Plancus fagte, als
er von Reden hörte, die Afinius Polio nad feinem Tode gegen ihn heraus⸗
geben wolle: Cum mortuis nonnisi larvas luctari, Plin. H. N. I. praef.
6. 30., wodurch man an gewiffe Grabgemälbe zu Gorneto erinnert wird, wo
gleichfalls Höfe Genien mit den Seelen ber Berfiorbenen ringen.* Bei Les
benden gelten die Larven als Urſache des Wahnfinns, f. Feſt. v. larvati u.
Plaut. Amphitr. II, 2, 154. von der mwahnfinnigen Alkmene: larvarum plena
est, vgl. Aulul. IV, 4, 19. Larvae hunc atque intemperiae insaniaeque
agitant senem, Captiv. Ill, 4, 66. Casina Ill, 4, 2. u. a. Hilfe ik nur
durch Sühnungen und Luftrationen mögli, daher Sofla dem Amphitruo in
der angef. Stelle den Rath gibt: Quaeso, quin tu istanc iubes pro cerrita
circumferri, über welchen Ausbrud f. Serv. Aen. VI, 229. So garflig
dieſe Borftelungen, fo garflig auch die Bilder, die man ſich von ihnen machte.
Es waren. Popanze, Stelete oder Gliedermänner, die allerlei verrenfte
Stellungen annahmen, Seneca Ep. 24. (larvarum habitum nudis ossibus
cohaerentium). Betron. c. 34. Appulej. Apol. p. 534. Oub. Carm.Priap. 33.
(macies larvialis). Anımian. XXXI, 1, 3. (larvale simulacrum regis). So
fpriht au Arnob. VI, 26. von Popanzen (manici), welde, von Teig als
kleine Figürchen gebildet, nad Feſtus s. v. Maniolae hießen. Vorzuͤglich
waren biefe Geftalten auf der Volksbühne der Atellanen heimiſch, zu beren
ſtehenden Figuren alle diefe nopuoAvauıe gehörten, der Manducus, Pytho
Borgonius, die Lamia und Mania, allerlei volkothümliche Schreckbilder, die
nad Menſchenfleiſch gelüften, die Kinder frefien, und melde man, ſolchen
Einbildungen gemäß, moͤglichſt grotesk abbildete, ſ. Mund de fabb. Atell.
p. 39 ff. und über die Larven im Allgemeinen Müller Etrusk. II. ©. 101.
Hartung Rel. d. Röm. I. S. 44. 37. 68 ff. [Preller.]
Larunda, auch Lara, T. des Almon, eine Nympbe, die der Juno
die Vertraulicgkeiten des Jupiter mit der Juturna ausſchwatzte (Audsiv, Anpeir).
Zur Strafe wurbe file von Jupiter der Zunge beraubt und veruriheilt, von
‚Merkur in das Mei des Schweigens, die Unterwelt, geführt zu werben.
Merkur ſchwächte fie unterwegs und fle gebar die Zwillingsſöhne Lares, Ovid
Fast. II, 599 ff. vgl. Aufon. monosyll. de Diis 9. Nah Hartung I, 60.
@ins mit Mana Genita oder Mania, und nad bemfelden II, 204. identiſch
mit Muta und Tacita. Vgl. Lactant. I, 20. Deam mutam — esse dicunt
ex qva sint nati Lares. [ Mzr.]
Larunesise (Acpovrmoicı, Ptol. IV, 3. vulgo Aapov snoiaı), zwei
Kleine Infeln vor der Küfle der röm. Provinz Africa, nördlich von Ruſpina;
angebl. die heut. Infeln Mollicorno an der Küfle von Tunis. [F.]
Larymns (Aapvura). 1) In Böotien hat man nad Strabe IX,
p. 405. und 406. und Plin. IV, 7,12, zwei Orte dieſes Namens am
Fluſſe Gephiffus, Ober» und Unter» Larymna, zu unterſcheiden, die früher
® Bol, Geneca Apocoloc. p. 385. Bip., wo Janus in der Bötterveriamminng
beantragt, jeden Gterbfihen, ber ſich vergättern laſſe, dedi larvis et — feralis
vapulare. [W.T.]
Läs — Laskaum 793
beide den Opnntifchen Lokrern gehörten (Scylar p. 23. führt daher nur ein
Larymna in Lokris an), von denen fi aber erfteres beim Anmachfen ver
Macht Thebens freimillig zum böotifhen Bunde begab (Pauf. IX, 23, 7.)
und daher feitvem als eine Stadt Bdotiend erjheint (Strabo am a. O. Mela
11, 3,6.), an deſſen Örenze es auch früher ſchon gelegen hatte. Das lokriſche
Unter-2. ift dad heut. Kaſtri am linken Ufer des Eephiffus und feiner Müns
dung ind Meer, während Ober-Laryımna in Böotien das heut. Bazarafi am
rechten Ufer des Fluſſes und weiter landeinwärts ifl. Die ganze Begenb
heißt jet "orais Aapuaıs und der Strich nad dem Meere Hin Kato⸗Larma,
der obere aber Apano⸗Larma. (Bgl. Leafe II. S. 289. u. Ulrichs Reiſ. u.
Forſch. in Griechenl. I. S. 229 ff.; Über Unter-. und feine Ruinen aud
Gell, It. of Gr. p. 117. und Walpole Mem. p. 302.) Hiernach find bie
irrigen Angaben Mannerts VII. ©. 219. zu berichtigen. — 2) In Karien,
blos von Mela I, 16, 2. u. Plin. V, 28, 29. genannt. Mela nennt das
Stfädtchen Larumna und feßt es zwiſchen Gelos und Tiſanuſa, nah Plin.
aber Tag ed der Infel Syme gegenüber, weshalb es bei Mela flatt Larumna
vielleicht Loryma heißen fol, welcher Ort die von Mela bezeichnete Lage hat. [ F.]
Läs (Acas, Hom. 11. II, 585.; Aus, Scyl. p. 17. Strabo VIII,
p- 364. Ptol. III, 16. Pauf. II, 24,6. Lycophr. 95.; Aa, Steph. Byz.
p. 410.), eine uralte Stadt Lafoniend an der Küfte des Lakon. Meerbufens
(jedod nah Paufan. am a. DO. noch 10 Stab. vom Deere entfernt, obgleich
fle an demfelden einen Hafen hatte), ſüdweſtl. von der Infel Cranae, 40 Stab.
fübweftl. von Gythium. Sie follte einft von den Dioskuren zerflört worben
fein (Strabo u. Steph. am a. D.), die daher den Beinamen Laperfä (d. i.
Lasvernichter) erhielten. (Mannert VII. ©. 593. Täßt dur ein feltfames
Mißverſtändniß der Stelle des Strabo die Stadt ſelbſt fpäter den Beinamen
Laperfä führen.) Sie hatte mehrere Tempel, ein Gymnaflum u. f. w. und
war in früherer Zeit nicht unbedeutend (Bauf. am a. D.), in der römiſchen
Zeit aber nur ein offener Flecken (Liv. XXXVIIE, 30. 31.). Ihre Ruinen
finden wi heut. Pafjava: (Vgl. Leake I. p. 257. u. Boblaye Recherch,
. 87. F.
P Lasa, Ort in Paläflina (Gen. 35, 20.), und zwar in Perän, öſtl.
vom Lacus Asphaltites, mit warmen Quellen, bie nad Iofepb. B. Jud. I, 33.
der König Herodes gebrauchte und die Legh (Journey from Moscow to Con-
stantinopel. Lond. 1819. p. 181 f.) zwei Stunden vom tobten ‘Meere fand,
unftreitig diefelben, die fonft den Namen Callirho& führen (vgl. Bd. II. ©. 92.).
Bochart jedoh hält mit geringer Wahrfeinlichkeit Lasa für die bei Ptol.
V, 17. vorkommende Stadt Lysa in Arabia Petraea. [F.]
Unsmen (Aucaia, in andern Codd. "AArooa), blos Act. Apost. 27, 8.
genannt; Ort im Oflen von Kreta unmelt des Vorgeb. Samonlum. Ho
(Kreta 1. ©. 441. u. 434.) vermuthet, daß es derſelbe Ort fei, den Plin.
IV, 20. unter dem Namen Lasos als eine Stadt im Innern ber Infel neben
Holopyxos aufführt, die Tab. Peut. aber Lisia nennt und in bie Nähe
der Hafenſtadt Lebena (ſ. d.) ſetzt. [F.]
Kasänum, topfartiges Geſchirr mit einer Unterlage, daher 1) Koch⸗
geſchirr, Ariſtoph. Pax 893. (mit Schol.) Belter Anecd. Gr. I. p. 106.
Bollur X, 24, 99., vielfach erflärt dur yuroomovg, Schol. zu Sopholl.
Ai. 1405. Guid. s. v. anoßadors und PAavrios. Heſych. 5. v. Auoası
und &rdeamor. Polur 1. I. Mofhopul. zu Heſiod Opp. 748. u. U. —
2) Nachtgeſchirr, Leibſtuhl, Ariftoph. bei Pol. X, 9, ab f. Moeris p. 202.
Beil. Hippotr. de superfoet. p. 116. Foes. Etymol. M. p. 505. Lips.
und bie Lerifographen. Petron. Sat. 41. Vgl. im Allgemeinen G. Seebobe,
Scholien zu Horatius (Gothaer Progr. 1839. 4.) S. 19 ff., der ſich zu bes
weiſen bemüht, daß bei Hor. Sat. I, 6, 109. dad Wort in der en Bedeutung
iv.
794 Lasia — Lastbenes
fiche (Geſchirr mit Speifevorrath). Arowropcoos (au 6 eni zov Amon-
vov, Epiftet. Diss. I, 19, 17.) Heißt ver Sklave, der dem Herm auf fein
Verlangen (petere, Martial. VI, 89, 1., poscere, XIV, 119., postulare,
Barro bei Non. XVI, p. 943. Lips.) dad Aroaror Ind Zimmer trägt und
HinHält (77 anide paper, Bpiftet. Diss. I, 3., xoniler, Plut. Apophth.
p. 182. C. Wyttenb. tenere, supponere, Petron. Sat. 27, p. 97. Burm.,
raestare, Mart. X, 11, 3.), ſ. Blut. 1.1. u. de Is. et Os. p. 360. C.
uch dad Geſchäſt ver aqvarii und cubicularii ſcheint dieſes geweſen zu feyn,
f. Seebode ©. 21. Not. 2. Der Herr gab während des Mahles dazu das
Beiden durch Schnalzen mit den Fingern, Betron. 1. I. Martial. III, 82.
XIV, 119. Böttiger Sabina I. ©. 40-43. (ed. 2.). Bergl. matula,
matella. [W.T.]
Lasia, 1) ein @iland des Sinus Saronicus, zwiſchen ben Infeln Bel»
bina und Baucidias, der Stabt Trözene in Argolis gegenüber (Plin. IV,
12, 19.). Mannert VII. ©. 664. vermutbhet, daß fle zu den Pelop8-Infeln
des Pauf. II, 34. gehöre. — 2) eine gleihfalls nur von Plin. V, 91, 35.
genannte Infel vor der Küfte Lyciens. — 3. u. &) f. Andros u. Lesbos. [F.]
Lasimus, ber Maler der fog. Aftyanarvafe bei Millin Vases II, 37.
Gall. myth. 169, 611. Gerhard über die Lichtgottheiten (1840.) Taf. III, 4.
Dagegen liest Windelmann, der die Vaſe in den Mon. In. Nr. 143. heraus»
gab, Alsimus, vgl. mit Geſch. d. Kunft II, 4, 14. Vorläuf. Abh. F. 24.
Die Verwechslung von AAZ und AAZ iſt fehr leiht. Maffei Mus. Veron.
. CCCXVIN, 2. fchreibt den Namen Ma&ınos, nad dem Vorgang ber hercu⸗
Faniföen Akabemifer Pittur. d’Ercolan. t. I. p. 2, 9., und R. Rochette Leitre
& M. Schorn p. 15. 2ter Ausg. fpricht die müßige Vermuthung aus, vie
rechte Schreibart werde Ainıuog fein, eine attifhe Namendforn, die ſich bei
Ariftoph. Eccles. 208. finde. [W.
Lasio (Acoıwr, Xen. Hell. VII, 4, 12. Bolyb. IV, 72. V, 102.
Diod. XV, 77. Nonnus XIH, 288.), ein befefligtes Städchen in Elis unmeit
der Bereinigung des Erymanıhus mit dem Alpheus und nahe an ber Grenze
von Arkadien nad Pſophis zu, daher ein beflänbiger Zankapfel zwiſchen beiden
Voͤlkerſchaften, und bald von der einen, bald von ver andern erobert; beim
heut. Lala zu ſuchen. Vgl. Leake II. p. 200. u. Boblaye Recherch. p. 124. [ F.]
Lassira (Acoaoe, Ptol. II, 6.), eine Stadt ber Edetani in Hiſpan.
Zarrac. norböfll. von Edeta und Saguntum, angebl. das heut. Sarione. [ F.]
Lassöra (Tab. Peut., wahrſch. iventifch mit dem Aamxopiax des Ptol.
v,4.), Stadt der Trokmer in Galatien, 2F MIA. öfll. von Eccobriga. [F.]
Lasthönes, ein angefehener Olynthier, der mit Cuthyerates von dem
macebon. Könige Philipp erfauft an der Spige der Verräther felner Bater-
Habt fand. Diod. XVI, 53. Demoſth. Phil. III. p. 125. 128. de f. leg.
p. 426. Ariſtid. II. p. 252. Demoſthenes fagt (de Chers. p. 99. vgl. de
cor. p. 241.), nachdem fie die Stabt in Philipps Gewalt gebradt, feien
fie auf die elenvefte Welle umgekommen. Dies ift unrichtig; Laſthen. und
Butbyer. blieben nad der Zerfiörung Olynthe in Philipps Umgebung. mar
ab Philipp dem 2., ald er fich einft beſchwerte, daß einige Macebonter ihn
erräther nennen, zu verſtehen, biefelben haben Recht (Plut. Apophth.
p. 17. Tauchn.); allein daß er fle immer noch etwas gelten ließ, gebt aus
den von Weiske de hyperb. II. 7. 12. 4. gefammelten Stellen aus Libanius
T. IV. 333. 825. 828. 950. hervor. Nach der Schlacht bei Ehäronen bean⸗
tragte Demades fogar das einem früheren Pfephiöma (Demoflh. de f. leg.
. 426.) entgegengefehte: EvOyxparn zor DAvrdıor unituor eiru nal mu0-
ero» ‘Adnmvaioız (Suid. v. Annaöns). Aber Hyperides legte dagegen bie
reapN roeparduor ein. Rongin de inv. in Rhett. Gr. ed. Walz T. IX.
p. 947. hat den Schluß der Rede des Hyperides ara Anuadov aufbewahrt,
— vr — u ny- — —
— — -
-. — —2
Lasikenia — Lasus 795
aus welcher hervorgeht, daß Euth. noch zur Zeit der Schlacht bei Chäronen
in Philipps Dienften geftanden haben muß. S. Böhnede Forſchungen auf
dem Gebiete ber att. Redner I, 2. ©. 678 ff. [K.]
Lasthemia (codsreaa), aus Mantinea in Arkabien, wird bei Jam⸗
blichus Vit. Pythag. 36. unter den Pythagoreerinnen aufgeführt, während
Diogenes von Laerte (III, 46. IV, 2.) viefelbe (Anoderia) nebſt der Axiothea
aus Phlius als Frauen bezeichnet, welche der Platoniſchen Lehre anhingen,
was auch dur Clemens Aler. Stromat. IV, p. 619. Potter, fo wie durch
die von dem Tyrannen Dionyfius dem Speuflppus gemachten Borwürfe, als
flehe er mit der Laflbenia in einer Art von Liebesverhältniß (ſ. Athen. XIE,
p. 546. D. VII, p. 279. E.) beflätigt wird. [B.]
Lastigi, eine zum @erichtöfprengel von Hifpalis gehörige Stabt in
Hifpania Bätica (Plin. III, 1, 3.), welge Münzen flug (Florez Med. de
- Esp. Il. p. 493. TI. p. 90. Mionnet I. p. 19. Seftini p. 66.); das
heutige, hoch auf einem Berge am Guadalete gelegene Zahara in ber Sierra
de Honda (Prov. Sevilla). Vgl. Florez Esp. Sagr. IX. p. 18. 60. und
Eraters Reife ©. 171. [F.]
Lasus (Acooc), 1) Stabt auf Kreta, f. Lasaea. — 2) ber Lyriker,
Sohn des Chabrinus, oder nah Schneidewins Verbeſſerung (p. 7.) des
Charminus (Xapuirov flatt Xaßoirov), blühte um DI. LXIH, 2—LXVI, 3
zu Athen, wohin er vielleigt mie Anakreon und Simonides durch Hipparchus
berufen war; au nad deſſen Tod (DI. LXVI, 3) mag er no zu Athen
verweilt, dort den PBindar und Andere (DI. LXVIIL, 3) unterrigtet, und
in den von ihm eingeführten dithyrambiſchen Wertfämpfen feld mit dem
jüngeren Simonides geftritten haben (vgl. Schneivewin p. 8. 9.). In biefe
Zeit feines Aufenthalts zu Athen fält au wohl was Herodot (VII, 6.)
erzählt, daß Laſus den Onomarritus auf Berfälfgung der alten Orakelſprüche
bed Mufäus mittelfl Cinſchiebung fremder Verſe ertappt, und dadurch befien
Ausmeljung veranlagt habe; die unbeflimmte Angabe des Suidas, daß er
unter Dariuß I. gelebt, ſteht mit den obigen Nachrichten nicht in Widerſpruch.
Chamäleon von Heraclea (f. Bd. II. S. 304.) ſchrieb eine Schrift über ihn
(f. Athen. VIII, p. 338. B. Anderes ſ. bei Schneivewin p. 5 f. not.). Wir.
find aber auf die bürftigen Angaben des Suidas (s. v.), der Scholien zu
Ariſtophanes Weſp. 1402., und andere zerfireute Notizen beſchränkt. Lafus
hatte als lyriſcher Dichter (neAomosos, Schol. Ariftoph. 1. 1.) unter Andern
einen Hymnus auf die zu Sermione verehrte Demeter in doriſcher Mundart
nad äoliſcher Harmonie gedichtet, von welchem noch einige Verſe vorhanden
find (f. Bergk's Lyr. p. 845.); indbefonvere aber wirb er als dithyrambi⸗
fher Dichter unmittelbar nah Arion genannt, f. oben ®p. II. ©. 1111:
(vgl. Schol. Ariſtoph. Av. 1403. Schol. Pind. O1. XII, 25. eg. Prolegg.
Lycophr. p. 252. und Anderes bei Schneivewin p. 11 ff). Er bat in Athen
diefe Ditart zum Gegenfland von Wettkämpfen, ähnlich den tragiſchen
Chören, erhoben, um DT. LXVIII, 1; SsHugaußor eig ayarı eisnyays, fagt
Suidad, und wenn er dann hinzufügt: xas Tovg Epıozinovg eisnyayero A0-
yovg, fo darf dieß nit fo genommen werben, als hätte Lafus in dem Die
thyrambus auch Streitreden und Spottreben u. dgl. eingeführt, ſondern +B
wird wohl an ſophiſtiſch-dialektiſche Verſuche zu denken feyn, welche Manden
die Beranlaffung gaben, den 2. den fieben Weifen Griechenlands beigugäblen
(f. Schol. ad Aristoph. Vesp. 1403. Diog. Xaert. I, 42. unb das Nähere
bei Schneidewin p. 17 f.). Außerdem wird ein Gedicht Karzavpo: (Athen.
X, p. 455. C. vgl. p. 448. D.) erwähnt, in weldem, fo wie in jenem
Hymnus dad & vermieden war; ganz unbedeutend find die Spuren von andern
Poeſien, die jedenfalls Gharakter und Färbung des Dithyrambus trugen
(Plut. De Musica 29. p. 1141. C. Schneidewin p. 14. 15.). Aug berichtet
796 Aarciyn — Later
Suidas, daß 2, nowrog mach novomiig Aoyor Eyoarba; und e8 füheinen barans
mande Negeln in fpätere Werke der Art übergegangen zu feyn, welche ung
zeigen, daß 2. auch als XTheoretifer nicht minder angefehen, wie ald Dichter
eweſen if. ©. Fabric. Bibl. Gr. I. p. 120. II. p. 128. Bode Gef. d.
ellen. Dichtk. II, 2. S. 111 ff. und Schneibewin de Laso Hermionensi
Comment. vor dem Göttinger Index Scholarum vom Winter 1842—43. —
Auf ein Aftronom dieſes Namens (Axoog 6 Mayrns) wird genannt in Vit.
, Arati bei Buhle II. p. 433.; |. Fabric. Bibl. Gr. I. p. 120. [B.]
j Aarayn, Aare, f. Bo. II. ©. 1306.
Lat&as (Tab. Peut.), Ort in Bithynien an der von Nicomebien nad
dem Halys führenden Straße, an einem See, unflreitig dem Lacus Suno-
nensis (j. Sapandſche). [F.]
Later bezeläänet wie nAirdog zunächſt im Allgemeinen ein maſſives
vierfantiged, in Geſtalt eined Oblongums geformte® Stüd harten, feften
Stoffes, gleichviel ob aus Metall, Stein, getrodnetem oder gebranntem Rehm,
Thon oder ähnlicher Erdart, von verſchiedener Größe, und diente je nach
der Qualität des Stoffes zu verſchiedenen Zweden. Wir finden daher im
Alterthum zAird0ı und lateres aus den ebelften Metallen, Bold und Silber,
in den Schagfammern (aerariis), ähnlich unſern Goldbarren. Plin. XXXII,
8,17.: C. Caesar primo introitu urbis in civili bello suo ex aerario pro
tulit leterum aureorum XXV M., argenteorum XXXV. etc. Goldne und
fllberne mAir9oı erwähnt Polyblus X, 27,12. Herod. I, 30. Bol. Hemſterh.
ad Lucian. IV, 390. — Die gemöhnliäfle Bedeutung von later iſt jedoch
die eined getrodineten oder gebrannten Lehmſteines (lateres crudi, coctiles,
laterculi coctiles), welder im Alterthum wie noch gegenwärtig als Bauma-
terial verwendet wurbe. In Aegypten und Babylonien murbe fon in uralter
Zeit davon Gebrauch gemacht (Plin. VII, 57.). In Aegypten wurden felbfl
Pyramiden aus foldem Material aufgeführt. In den griechiſchen Staaten
Kleinaſiens waren dieſe lateres ebenfalls beliebt und es wurden beträchtliche
Bauwerke daraus aufgeführt. Zu Athen follen die Brüder Euryalus und
Hyperbius bie erfien Jaterarias domos aufgeführt haben (Plin.1.c.). Bitrus
vius gibt und über Bauten diefer Art reichhaltige Berichte. Im Allgemeinen
bemerkt ex II, 8, 9.: „Itaque nonnullis civitatibus et publica opera et
privatas domos, etiam regias, € latere structas licet viaere;' morauf er
verfhienene Gebäude beſchreibt, deren Tauerbaftigkeit er rühmt. Bon dem
Wohnhaufe des Mauſolus zu Halitarnaffus bemerkt er (ibid. $. 10): ‚‚pa-
rietes habet latere structos, qui ad hoc tempus egregiam praestant firmi-
tatem, ita tectoriis operibus politi ut vitri perluciditatem videantur ha
bere.“ — Die älteſten Gebäude Roms mochten großenthelld aus biefem
Material aufgeführt fein (vgl. Eic. de divin. 11, 47.). Beſonders diente es
p einſchließenden Mauern, Plaut. Truc. I, 2, 49.: quin maceria illa ait,
n horto quae est, quae in noctes singulas latere fit minor etc. Varro
de re rust. I, 14. erwähnt mehrmals die lateres coctiles, und fle maren
geiiß für die Landbewohner dad zweckmäßigſte Baumaterial. Au bei Be-
agerungswerken mochten fle anwendbarer fein als anderes Material (Gäj.
B. C. II, 10.). — Ueber die braudbarfien Erdarten und die Zubereitung
der lateres gibt Bitruvius hinreichende @röterungen (II, 3.): non enim de
arenoso neque calculoso neque sabuloso luto sunt ducendi (lateres) etc.
(ebenfo Plin. XXXV, 49.), weil foldde durch Regenwaſſer leicht zerflört werben
können. Dann: faciendi autem sunt ex terra albida cretosa, sive.de ru-
brica, aut etiam masculo sabulone: haec enim genera propter levitatem
habent firmitatem et non sunt in opere ponderosa et faciliter aggerantur.
Dann folgt eine ganze Reihe von Vorſchriſten über bie beſte Art der Zube-
reitung. Bon den Bewohnern ber Stadt Utica beriätet er, daß fie nur
Laters Stagnum — Laternn 797
ganz ausgetrocknete, fünf Jahre vorher gefertigte und von dem Magifirate
geprüfte lateres zu Bauten verwendeten. — Daß dieſe Steine der Alten weit
größer waren als die heutigen, gebt aus der näheren Beichreibung ver brei
von Pitruv. II, 3. u. Plin. XXXV, 49. angegebenen Arien hervor. Die erfle
bezeichnet man nad Vitruv. 1.1. griechiſch als die lydiſche. Die Länge derſelben
beträgt 1'/, Fuß, die Breite einen Fuß. Die zmei Übrigen Arten vienen den
Griechen zum Häuferbau. Die eine enthält fünf Palmen Länge (pentadoron),
die andere nur vier (tetradoron). Am zweckmäßigſten werben fle nah Plin.
1. 1. im Frühjahr bereitet, weil fie mitten im beißen Sommer Miffe erhalten.
Zu Baumaterialien ziehe er die zweijährigen vor. Es iſt alfo Hier überall von
getrodneten, nit von gebrannten Steinen die Rede, obgleich die lateres
coctiles, welche VarroR.R.I, 14. erwähnt, doch nur gebrannt fein Eonnten,
fo wie au Heſych. v. mAivrdos buch nmAos ontndeis erflärt. Dann et»
mwähnt Plinius I. c. die drei genera des PVitruvius. Die Griechen haben
die Wände aus biefem Material vorgezogen: denn biefelben ſeien von ewiger
Dauer, falls fie perpenbiculär aufgeführt würden. Aus folden Lehmfteinen
babe man öffentliche Bauwerke und königliche Paläfte aufgeführt. Zu Nom
aber made man Feine Anwendung von dieſem Material beim Häuferbau,
quia sesquipedalis paries non plus quam unam contignationem tolerat.
Den Grund biefer sesquipedalis paries erörtert Vitruvius genauer ald Plintus:
„Leges publicae non patiuntur majores crassitudines quam sesquipedales
constitui loco communi; ceteri autem parietes, ne spatia angustiora fie-
rent, eadem crassitudine collocantur. Lateritii autem, nisi diplinthii aut
triplinthii fuerint, sesquipedali crassitudine non possunt plus quam unam
sustinere contignationem etc.“ (II, 8. p. 54. Ed. Schneid.). * — Laterem
ducere mar ebenfo techniſcher Ausprud wie mAivdor EAxverr, eover, Ziegel
ftreihen. Laterem lavare war ſprüchwörtliche Redensart, um unnüge Mühe
dadurch zu bezeichnen. Terent. Phorm. I, 4, 9. — Laterculus, laterculum
iſt ind Griech übergegangen, AarspxovAor; davon Aarepnoviinıog. [ Kse.]
Latera Stagnum (Plin. IX, 8, 9.), ein fifhreider See in Gebiete
von Nemaufus in Gallia Narbonenfid, der durch einen Kanal mit dem Meere
in Verbindung fleft; j. Etang de Maguelone et de Perols. An ihm lag
unftreitig auch dad gleihnamige von Mela 11, 5, 6. erwähnte Kaſtell (jebt
Chateau de fa Latte an dem genannten See, Balef. Not. Gall. p. 263. Menard.
Hist. de J’Acad. XXVII. p. 117.), und das stagnum Latera iſt daher ohne
Zweifel unter ven stagna Volcarum mithegriffen, die Mela unmittelbar
vorher nennt. [F.]
Lateranus. Nah Arnob. adv. gent.IV, 6. die Schuggottheit der aus
Badfleinen erbauten Zeuerheerbe (von lateres). Hartung Il, 109. hält ven
Gott für identiſch mit Bulfan. — Ueber den Lateranus Mons f. Roma,
Xopographie. [ Mzr.] |
Laterensis, |. Juventiü, S. 691 ff.
Laterns, auch lanterna, parog, bei den Attifern das fpeciellere Avyrov-
205, das durchfichtige (vgl. Plaut. Aul. IH, 6, 30.) Gehäufe, worin dad Licht
gegen den Wind gefchügt wurde, vgl. Veget. Mil. IV, 18. in laternis portant
In Deutfchland findet man an allen Orten, wo Weite rbm. Nieberlaffungen
find, Ziegel von verfchiedenen Formen Im großer Anzahl: Backſteine, ganz wie bie
unfrigen, nur etwas Bleiner und dfinner, Hohlziegel, am häufigften aber Platten mit
einem an beiden Geiten aufwärts fichenden Rande und unten mit Einfchnitten an
zwei Seiten. Letztere find vom verfchiedener Größe, von 1—2 Fuß Länge, und dienten
zu den unter dem Boden ber Zimmer geleiteten Heizkanͤlen. Diefe Fragmente ers
halten durch die nicht felten vorkommenden Stempel, worauf bie Namen ber an dem
betreffenden Ort fiationirten Legionen unb andere Angaben verzeichnet find, ein
großes LocalsIntereffe. Bol. Jaumann Colonin Sumlocenne 1840, ©. 167 ff, [W.]
798 Lathon — Latinse feriae -
lucernas, Mart. XIV, 61, 2. tuta est gremio parva lucerna meo. Athen. XV,
699. p. 562. Schw. 70% Avyvouyor änpee' Erdsis Tor Avyvor, und 888A0r zov
Avyviov (f. v. a. Avgvodyog) navzor Auyros. In Ermanglung von Glas waren fie
meift aus dünnem Horn gefertigt," Phot. Lex. p. 238. Porſ. (Avyroüxgor' or
x8g011707 90907). Phryn. Ecl.p. 59. Ammon. u. Suid. v. Auvgvovgog. Athen.
XV, p. 699. F. p. 561. Schw. (Avgrovyoı ol Für xalovueros Yaroı) u. p. 563.
XEORTIVOV POmspopov Avgrov (—Avyroöyos) osilas. Pol. VI, 103. X, 116.
Plaut. Amphitr. I, 1, 185. (Volcanum in cornu conclusum geris). Matt.
XIV, 61. 62. laterna ex vesica neben der 1. cornea. Bel naͤchtlichen Aue⸗
gängen wurde. fie vorangetragen, Veget. 1. 1. Mart. ib. v. 1. dux laterna
viae clausis feror aurea flammis. Bal. Dar. VI, 8, 1. Der Sklave, der
bieß that, hieß laternarius, Cic. inPis.9. Auf die Form fcheint feine Kunſt
verwendet worden zu feyn. Del. Lampadarius, lucerna, Iychnus, Beder
Gallus I. ©. 22. Eharicles II. ©. 212. [W.T.] -
Lathon (Aa8or, Strab. XVII, r. 836. Ptol. IV, 4., bei Athen.
I, 28. Plin. V, 5, 5. u. Solin. c. 27. An8wr, Lethon, u. bei Zucan.
IX, 355. Lethes amnis), ‚der einzige Fluß der Provinz Cyrenaica, im
Welten verfelben, der nad Ptol. mit einem See in Verbindung fland, welcher
nah Strabo p. 836. höchſt wahrſch. See der Hefperiden (Eomepidor
Aiurm) hieß. In dieſer Stelle nämlich iſt zwar die gemöhnlidhe Ledart Asırr
Eonepidor xai norauos eußadlıı Aador, allein da die alte Tatein. Ueberſ.
lacus Hesp. bat, und da auch Strabo an einer andern Stelle XIV, p. 647.
von einem Yluffe Lethaeus bei den Heſperiden in Libyen fpricht, der von
unſerm Lathon (doriſche Form fl. Lethon) gewiß nit verſchieden ift, To
bat die Vermuthung Tzſchucke's, Dodwells (de peripli Hannonis aetate in
Hudſ. Geo. Minn. p..) und Grosfurds (Bb. III. ©. 441. Note 7.), daß
e8 in obiger Stelle Au Eonee. .. Aador heißen müffe, die größte Wahr»
ſcheinlichkeit. In biefem Fluſſe und See aber glaubte man fpäter den alten,
fabelhaften Triton und Tritonis in Libyen wieberzufinden, da man bie ges
fegneten Bluren Cyrenaica's für die. gepriefenen Gärten der Hefperiven hielt.
©. Triton. [F.]
Lathraeus, ſ. Laphraeus.
Lathrippa, ſ. Jathrippa.
Latiar, bei Cic. ad Qvint. fr. II, 4. u. Macrob. Sat. 1, 16., f. La-
tinae feriae und oben ©. 602. [W.T.]
Latiaris Juppiter, f. ©. 602 f. und Latinae feriae. Vgl. Lactant.
1,21. Lat. Jupp. etiamnunc sangvine colitur humano, und ähnlich Tertull.
adv. Gnost. 7. Minuc. Bel. Oct. 30. Prubent. in Symm. I, 397. Be
Plin. XXXIV, 7, 18. Latiarius; Qucan. I, 198. 535. Latialis. [ W. T.]
Latiaris mons, |. Latium.
Latifundiam (latus fundus, praedia latifundia bei Sero. ad Virg.
Georg. II, 412.) bezeichnet ein Landgut von größerem Umfang, wie der⸗
gleihen durch die patriciſchen Occupationen des ager publicus in Dienge ent⸗
ftanden waren, obmohl die Römer recht gut erkannten, daß die Bildung
- folder größerer Gütercomplexe weder in polltiich- finanzieller Beziehung, noch
von dem Standpunft des praftifhen Landwirths zu billigen fei. Je mehr
nemlich Jatifundia wurden, um fo mehr entbehrte der ärmere Bürger bes
Grundbeſitzes, was für Nom die nachtheiligſten Folgen Hatte (ſ. die auf Be»
feitigung dieſes Uebelſtandes abzielenden leges agrariae), und der Anbau der
latifandia felbft wurde gemöhnlih ſehr vernachläßigt, Golum. I, 3.6. Der
Name latifund. kommt vor PBetron. 77. Sen. ep. 88.89. Val. Diar. VIII, 6,1.
Plin. H. N. XVIH, 6, 7, 3. Bei Flor. II, 19. iſt die Ledart zweifelhaft.
Bol. Höck, Röm. Geſch. I, 1. ©. 28f. [R.]
Latinae feriae. Schon in uralter Zelt brachten die Latiner dem
Latinae ferlae 799
Jupiter Latiaris (ober Latialis) als ihrem Schutzgott auf dem mons Albanus,
an deſſen Fuß ber Hain der Ferentina, ber politiſche Bereinigungsplak ver
Iatinifhen Städte, Tag, gemeinfame Opfer dar, Serv. ad Virg. Aen. XII,
135. Cic. p. Mil. 31. Schol. Bob. p. Planc. 9. p. 255 f. Orell. Niebuhr
NM. ©. I. S. 39 f. Klaufen, Aeneas II. S. 79 ff. Ambroſch, Stud. u.
Andeut. 1. ©. 144 f. Lorenz, de dictator. latin. et municip., Schulprogr.
v. Grimma 1841. p. 27. Eigenthümlich war bei dieſer Feſtfeier die ſchau⸗
Eelnde Bewegung (oscillare) der Thellnehmer, Schol. 1. 1. Belt. v. oscil-
Iantes p. 194. M. ine größere Bedeutung gewannen dieſe Opfer, als nad
der engeren Verbindung der Römer mit dem Latinerbund Jupiter Latiaris
zum Schußgott ded nun erweiterten Bundes und die Opfer auf dem alban.
Berg zu Bunbedopfern Noms und Latiums als religiöfer Bereinigungspunft
beider Völker erhoben wurden. Das Feſt erhielt ven Namen feriae (Bo. III.
&. 461 f.) Latinae (wenn ed nicht etwa ſchon vorher fo hieß) und wurde
regelmäßig jährlich im Anfang des Jahr an einem von dem Bundedvorfland
zu beflimmenven Tag (feriae conceptivae) gefeiert. So ordnete Tarquin.
Superbus ald Bundespräfldent an, Dion. IV, 49., denn die Notiz, daß
Tarquin. Priécus Stifter der latin. Ferien ſei, Schol. Bob. 1.1. cf. Dion.
vi, 95., rührt nur aus einer nicht feltnen Verwechslung der beiden Tarqui⸗
nier ber. Bald murbe dem Tel ein zweiter, britter und enblih noch ein
vierter Tag Hinzugefügt, Dion. VI, 95. Plut. Cam. 42. (Niebubrs Ans
nahme, R. ©. II. ©. 40 f., daß dad Feſt ſechs Tage gedauert habe, beruht
auf der durch Conjectur entſtandenen 2.U. bei Feſt. v. oscillantes p. 194. M.
per sex eos dies, während ber Cod. hat: scit eius dies, |. Müll. p. 195.)
Bon allen Iatin. Städten Tamen Gefandte (47 Staaten waren e8 zuerft, Dion.
1. 1.) und bradten allerlei Erzeugniffe der Landwirthſchaft für den gemein»
famen Feſtſchmaus mit, welcher folgte, nachdem ein meißer Stier geopfert
worden war, von dem jede Stadt oder vielmehr der Stellvertreter derſelben
ein Stüd befam, ic. p. Planc. 9. u. Schol. Bob. I. 1. Liv. XXXII, 1.
XXXVII, 3. Plin. H. N. II, 9. Dion. 1. 1. (Später erlaubte ein Senats»
beſchluß, flatt des weißen Stierd einen röthlichen zu opfern, wie Mercer.
zuA. ab Alexandro dies gen. V, 7. aus einer Stelle des Arnob. II. bemerft.)
Mar bei dem Ber überhaupt ober fpeziell bei ver Vertheilung ein Fehler
vorgefallen, fo mußten bie feriae noch einmal begangen werben, um ben
Zorn der Götter nicht zu reizen, Liv. XXXII, 1. XXXVII, 3. XLI, 16. (20.).
Dio Gafl. XXXIX, 30. Während des Feſtes rubten in Mom die Gefchäfte,
vor Allem aber der Krieg, Macrob. I, 16.; dagegen wurden Gladiatorens
fpiele und Wettkämpfe (Latiaria) gehalten, Dion. VI, 95. Plin. H. N.
XXVII, 7. Dio Caſſ. XLVII, 40. Lact. I, 24. Prud. c. Symm. I, 397.
Nah des Tarquinius DBertreibung wurden bie feriae Latinae unter Vorſitz
der Eonfuln an den von ihnen zu beflimmenvden Tagen (bald nad Antritt
ihres Amts, gleihfam als religiöfe Weihe, Liv. V, 17. XXI, 63. XXL, 1.
XLII, 35. XLIV, 17. 22.) und in Anmefenheit aller Röm. Magiftraten
(foger der Volkstribunen, Dion. VII, 87.) gefeiert, die Aedilen beforgten
die nöthigen Äußeren Vorbereitungen, Dion. VI, 95. Der Eonful hatte auf
dem mons Alb. eine befondere Wohnung, Die Eaff. LIV, 29. Damit aber
die Stabt währen dem nicht ohne Magiſtratus ſei, wurde einftwellen ein
praefectus urbi feriarum Latinarum, Orelli Inscr. 3159. 3161., ober praef.
fer. Lat., Drelli 890. erwählt. Die Wahl dieſer Präfeeten und die Feier
ber feriae bauerte aus relig. Rückfichten nah Zerſtörung des Latinerbundes
und fogar nad dem lintergang des Freiſtaats fort, folang heidniſche Kaifer
in Nom regierten: Suet. Caes. 79. Dio Gaff. XLI, 14. XLIII, 48. XLIV, 4.
XLIX, 42. LIII, 32. 33. LIV, 6. 17. LX, 5. 6©uet. Ner. 7. Gäj. b. c.
II, 2. Tac. Ann. VI, 11. Gell. XIV, 8. Schol. ad Hor. Od. III, 23, 11.
Latini colonarläi — Latint Junlani
800
Gap. M. Ant. Phil. 4. u. Caſaub. ad h. 1. Bynkerdhoek praetermissa ad
1. 2. D. de o. i. (nemlich zu $. 33.) p. 54. Außer den oben cit. Schriften
f. no Drakenborch, praes. Burmanno de praef. urbis, Trai. 1704. u. in
Delrichs thes. diss. II, 2. p. 13—18. und Hartung, Relig. d. Römer II.
S. 19f. und die alte Lit. bei Pitiscus, lex. h. v. — Ueber die Triumph»
züge Röm. Eoff. auf dem Alban. Berge f. triumphus.
Latini coloniarii oder colonaril (bei Gai. u. Ulp. ſ. g.). Unter
diefem Ausdruck find nit die Einwohner der uralten Tatin. Kolonien (aus
der Zeit der röm. Könige), ebenfowenig der aus den mittleren Zeiten bes
Iatin. Bundes (von Nömern, Latinern und Hernikern gemeinſchaftlich aus⸗
eführt) herrührenden Kolonien zu verftehen, fondern bie Einwohner der neu-
atinifden, welche nach der Unterwerfung Latiums unter Roms Oberhoheit
aus Latium ausgeführt worden waren, an denen oft Ärmere röm. Bürger
Anteil nahmen, |. Bo. II. ©. 509 f. Sie bildeten, mie vie Latini felbft,
einen Mittelftand zwiſchen ven Bürgern und Peregrinen und hatten commer-
cium, aber weder connubium, nod) suffragium u. f. w., f. Latium. Aug
8. Lat. colon. die Einwohner folder Städte, melde nur den Titel einer
Iatin. Kolonie erhielten, ohne daß eine Colonie hingeführt worden wäre,
und folder Städte gab es unter den Kaiſern in den Provinzen viele, f.
Latium. [R.] .
Latini Juniani. Sn lex Junia ober Junia Norbana unter Tiberius
(f. lex Jun.) wurde für einige Glafien von Zreigelaffenen ein ganz befonderes
Mechtöverhältniß eingeführt, welches mit dem Recht der Tatin. Kolonien große
Aehnlichkeit Hatte: weßhalb dieſe Zreigelafienen Latini Jun. h., ®at. I, 22.
111,56. Ulp. I, 10. fragm. Dosith. 6.8.14. Diefe Latinität erhielten folche
Sreigelaffene, 1) weile nur unfeierli freigelaffen worben waren, f. Liberti
und manumissio, ®ai. I, 17. Vorher 5. eö von ſolchen nur, in libertate
morari; 2) welde nur im bonitarifden Eigenthum ihres Herrn geflanden
(hatten, Gai. I, 167. Ulp. 1, 16. XXII, 8.; 3) welche bei ihrer Sreilaflung
noch nicht BO Jahr alt waren — außer wenn eine iusta causa ber Freilaſſung
bei dem consilium (Bd. IL. S. 595.) angegeben worben war, mie bereits
lex Aelia Sentia (f. d. Art.) dngeoronet hatte. Gai. 1,17 f. 29. 31. Theoph.
I, 5, 4. Zwar könnte es nah Ulp. I, 12. Gai. I, 23 ff. feheinen, als ob
fhon lex Aelia Sentia dieſe Latinität eingeführt babe (jo Burdarbi, Staats»
u. Nechtögefh. dv. Nöm. S. 200 f.); allein ®ai. I, 22. 111,56. Ulp. I, 10.
fragm. Dosith. $. 8. 14. Inst. 1, 5,3. ſprechen nur von lexJunia. Wenig»
flens ift bie befondere Latinität ber unfeierlih Freigelafienen unzweifelhaft
durch lex Junia entflanden, weßhalb auch diefe vorzugämeife und fletd
Juniani h., während bie beiden andern oben erwähnten Arten ber Freige⸗
laſſenen vieleigt Latini fchlehtweg h. und befonvere Begünfligungen vor
ben Juniani genofien zu haben feinen. Der Hauptinachtheil der Lat. Juniani
beftand darin, daß fle, obgleih im Allgemeinen mit commercium, wie die
Zatinen überhaupt, verfehen (Ulp. XIX, 4. XI, 16. XX, 8.), der aftiven Teſta⸗
mentifaktio ermangelten (Ulp. XX, 14.) und nicht Teflamentserben werden (Ulp.
XXII, 3. ©ai.1,23.), fondern nur Fideicommiſſe erwerben Eonnten, @ai. II, 275.
Up. XXV,7. Sie wurden alfo im Augenblid ihres Todes wieder Sclaven und
ihr Vermögen fiel (ald peculium) an ihren ehemaligen Herrn zurüd, Gai. III,
56. Plin.ep.X,105. Auch maren fle im Vormundſchaftsrecht durch lex Junia
beſchränkt, Ulp. XI, 16.19. Gai. I, 23. 167.; f. auch Iſid. IX, 4. Ihr Zuftand
war jedoch nicht nur durch einen Theil des ihnen zuflchenden commercium vor
dem Berbältmiß der Peregrinen ausgezeichnet, ſondern auch baburd, daß fle dad
Bürgerrecht leichter erlangen Eonnten, indem ihnen, wie den andern Latinern,
manche Wege geboten waren, Bürger zu werben, f. Latium. Ganz aus
ſchließlich auf die Lat. Jun. bezog fich die iteratio, d. h. Nachholung ber
Latinus — Latium 801
feierliden Manumifflondform, woburd der ehemalige Herr feine Rechte auf
den Latinus Junianus gänzlih aufgab, Ulp. III, 4. Gai. I, 35. fragm.
Dos. $. 16. — ®rünblih und volftändig ifl das Bud von C. A. v. Ban
gerow, bie Latini Jun., Marburg 1833.; f. auch Nein, Röm. Privatrecht
S. 281. Vuchta, Inftit. II. ©. 426 f. 451 ff. und das oft gerühmte Wert
von Trefell, antig. sel: [R.]
Latinun. Nach der gemöhnliden Sage Sohn des Faunus und der
Nymrphe Marica zu Minturnä, Bruder ded Lavinius, Gemahl der Amata, _
und von Birgil befonders ald Water der Lavinia, des Aeneas Gemahlin,
genannt, König von Latium, Virg. Aen. VII, 47 ff. Serv. V. A. I, 6.
Arnob. II, 71. Daneben beftehen aber vie verfchisdenften anderen Angaben.
Heflod. Theog. 1013. nennt ihn einen Sohn des Obyffeus und der Girce,
Bruder ded Agrius; Hygin fab. 127. einen Sohn des Telemah und ber
Circe; Dion. Halif. I, 43. einen Sohn des Herakles und einer hyperborei⸗
ſchen Iungfrau , die diefer dann dem Faunus zum Weide gab; Juſtin XLIII,
4. einen Sohn des Herakles und einer Tochter des Faunus; auch erzählt
Conon Narr. 3. von ihm, er fei Bater einer gewiffen Laurina geweſen, die er
dem Lofrud zum Weibe gegeben, und fei von Herakles getödtet morben,
weil er dielem die geryonifchen Rinder wegtrieb. ine eigenthümliche Angabe
über 2. findet fih bei Feſtus p. 193. s. v. oscillum, wonach Jupiter Ras
tiaris einft als Latinus auf Erden gelebt hätte, oder aber Latinus nach dem
Kampfe mit dem Mezentius verſchwunden und dann in ven Jupiter Rarlarid
verwandelt worden wäre. Deswegen vermuthet Surtung II, 20f., zwiſchen
beiden finde ein ähnliches Verhältnig ftatt, wie zwiſchen Quirinus und Ro—
mulus, 2. ſey eine Incarnation des höchften Gottes, wie auch Aeneas, I,
S. 81ff., ja es ſey vielleihbt (S. 87.), da Aniud ein anderer Name des
Zatinu3 war, auch der Name Meneas aus Anius (Ratinud) erwachſen und
jener mit biefem identifizirt worden. [Mzr. ]
Latinus, Alcimus Avitus, f. Bd. I, S. 1009.
Latinus, Pacatus Drepanius, f. Bd. I, ©. 1264. -
Latinus, ein Grammatiker von ungewiffem Alter, Verfaſſer einer ver=
Iorenen Schrift nepi Tor oya ıdion Merxröpnv; vgl. Fabric. Bibl. Graec.
II, p. 456. ed. Harl. und Meinefe Prolegg. Menand. p. XXXIII. [B.]
Latinus, archimimus, Regiſſeur (Schol. ad Juv. IV, 53; mimus
bei Suet.) unter Domitian, bei vem er in Gunft fland (Suet. Dom. 159.
extr., Martial. IX, 29, 7 ff.) und von dem er fih auf ald Delator vers
wenden lieg (Schol. 1. 1. vgl. Juv. I, 36.). Seine Hauptftärfe waren
objcöne Darftellungen, obwohl er fih perfünlich in Sittenlofigfeit vor feinen
Zeitgenoſſen keineewegs hervorthat (Martial. IX, 29, 5f. II, 86, 3. Als
Bajazzo ſcheint ihm Panniculus beigegeben geweien zu feyn, der z. B., wenn
2. Ohrfeigen auszurbeifen hatte, viefelben in Empfang nahm, Martial. II,
72, 3. V, 61, 11. Bei vemfelben I, 4 (5), 5. heißt er derisor, IX, 29,
1. decus scenae, ludorum fama. Als mimus fommt er auch) bei Juv. VI, 44.
vor und in Verbindung mit der mima Thymele I, 36. Falſch nennt ihn
Ziegler de mimis p. 73. einen Mimendicdter. Dal. Madvig Opuse. I,
p. 47f. [W.T.]
Eatis (Tab. Peut.), fünliher Nebenfluß des Padus, it Gallia Eis»
alpina, vom Anfang des Apennins (bei den Seealpen) herabkommend, jegt
Maira (?). [F.]
Latium, Latini. Einer der drei alten Hauptſtämme Italiend (neben
Sabinern und Etruskern) waren die Latini, eine Völkerſchaft veladgiidh-
torrhentfen Uriprungs (Dionyſ. Sal. I, 26. Heſtod. Theog. 1016.). Denn
Vreladger und Tyrrhener oder Tyrſener find identiſch, indem die in Italien
eingemwanderten grieifchen Pelasger wegen ihrer Sitie in ummauerten Städten
Baulv, Real-Encyelop. IV. 51
802 Latlam
ober Burgen (rvooıs, woraus daß latein. turris) zu wohnen, von den Ita⸗
lem Tyrſener, d. i. Städte» oder Burgbewohner genannt wurden. (Vgl.
Dionyi. I, 26. 29. Polyb. XXVI, 4. Gtrab. II, p. 163. Schelling’s
Sahreöber. d. Baier. Akad. d. Wiſſenſch. II. vom 9. 1833. ©. 48. und
"Börtling’8 Geſch. der röm. Staatdverf. S. 17.)* Ein Zweig dieſer Peladger
oder Tyrrhener hatte unter dem Namen Aborigines ** feine Wohnflge früher
um Reate (Mieti) im fpätern Sabinerlanvde gehabt (Dionyf. I, 14. I, 49.),
war dann aber, von ben Sabinern aus biefer Gegend vertrieben (id. II, 49.),
welter gegen Südweſt in den Landſtrich um die Mündung bed Tibers ber
gezogen, Hatte die früher bier angeflebelten Sikuler *** verbrängt (Feſtus
. 321. ed. Müller. Serv. ad Aen. XI, 317.), und in diefen neuen Wohn-
ben aus einem und unbekannten Grunde den Namen Latini befommen
(Dionyf. I, 9. 72. U, 2. Serv. ad Aen. I, 6.). Denn daß die gemöhn-
liche Angabe, fie Hätten biefen Namen zur geit des Trojan. Krieges vom
König Latinus angenommen (Dionyf. I, 9. I, 2. Straß. V, p. 229.
Varro L. L. V, 4. p. 34. Liv. I, 2. Virg. Aen. XII, 820 ff. Plin. II, 5, 9.),
eine gehaltlofe und umgekehrt ver Name des Volks erft auf den angeblichen
König defielben übergetragen morben fit, unterliegt wohl feinem Zweifel.
- Daher ſtellte man au im Altertum feldft eine andere Etymologie auf, von
latere und zwar entweber quod ibi latuisset Saturnus (Pirg. Aen. VII,
eAuch der Name bes in ber Gage vom Aeneas «eine fo wichtige Rolle fpielens
den Rutulerfürſten Turnus if gewiß nichts Anderes, als eine Taten, Form von
Tubönvos: (Bol. Niebunr’s Rom. Geſch. I. ©. 50. u. 214. der dritten Auf.)
Selbſt der Stammname ber Opici ober (mie noch Ennius bei Feſtus s. v. Oscos
fchrieb: qui de muris rem gerit Opscus) Opsci (von ops, opus, woher auch
oppidam , abzuleiten) bürfte von bem ber Tyrſener urſprünglich nicht verfchieden
feyn. (Bl. Abeken Mittelitalien ©. 128.) Daher nennt auch Eato bei Plin. XXIX.
3. die von ben Latinern abflammenden Nömer Opici, und Strabo V, p. 161. erklärt
die Sprache ber Nömer für einen oskiſchen Dialekt.
* Daßder Name Aborigines nicht von ab origine herzuleiten if und Ureinwohner,
Autochthonen überhaupt bezeichnet , fonbern ein Stammname if, zeigt 1) die Quan⸗
tität "ABogıyives, 2) der Umſtand, daß andere Stämme Italiens, die and für Un;
tochthonen gelten, bie Gabiner, Umbrer, Gituler u. ſ. w. nie Aborigines beißen,
und 3) bie verfchiebenen, ſchon von ben Alten felbft verfuchten Etymologien, wie:
daß der Name eigentlid, ABedösyives heißen folle (von aberrare) und Umberſchwei⸗
ſende bedeute (Dionyf. I, 10. und Paul, Diac. p. 19. Müller.) ober dab Aßogırire«
von ögos herzuleiten ſei und Bergbewobner bedeute (Dionpf. I, 10.). Bel. W. v.
Schlegel in Heidelb. Jabrb. 1816. S. 870. Wachsſsmuth's Geſch. d. Rom. Staats
S. 99. und Becker Rom. Alterth. II, 1. ©. 4. N. 2. Denſelben Aboriginern wirt
and, von Feſtus p. 321. ed. Mäller (vgl. auch Dionvſ. I, 16. und Serv. ad Acn.
VII, 796.) ber Name Saorani beigelegt (vielleicht um eine in Folge eines Ver sa-
orum gegründete Kolonie gu bezeichnen , obgleid nad, Böttling am a. D. ©. 7.
des Ver sacrum bios eine Sitte der Gabiner war; vgl. dagegen Beder am a. D.
©. 5.). Rad) Gerv, ad Aen. XI, 317. jebod, wären freilich bie Sacrani vielmehr
gerade ber vom ben Aboriginern ans ber Gegend bes ſpätern Rom's vertrieben:
Volksſtamm. Daß bie Sacrani auch Casoi geheißen hätten (was Nieduhr R. ©.
I, ©. 88. und nad ihm Andere, wie Kortüim Rom. Geh. ©. 23. 501. Walter
GR. R. 11. n.f.w. behaupten), gründet fi wohl nur auf Gero. ad Acn.
J, 6., nach weichem bie Aborigines auch Casci hießen (meldye Namen daher auch
beten ©, 7. 46. u. ſ. w. Biedler R. Gef. S. 30, u. U, für gieihbebeutend mechbe
men), obgleich onsci vielleicht auch hier, wie fonft, nur Adjektivform If. Wat.
Varro L. L. VII, 3. Columna ad Ennii fragm. p. 14. Heffel, uud Weder am
a. O. 6, 6. Note 3
Die daher Niebuhr am a. D. ©. 52. ff. und Abeken ©. 5. u. 49. gewiß
färfchrich für gleichbedeutend mit Peladgern ober Tyrrhenern nimmt, Göttling aber am
a. O. ©. 8. mit nicht größerer Wahrfcheintihkeit für Gabiner hält, Diomyf. E, 9.
erklärt fie ausprädii, für ein Adpßapor yiros.
Latium 803
322. Ovib. Fast. I, 238.) ober quod latet Italia inter praecipitia Alpium
et Apennini (Varro ap. Serv. ad Virg. 1. 1.), die aber in beiden Modifi⸗
kationen hoͤchſt unwahrfcheinli if. Daher verfuchte neuerlih Abeken (Mittel-
italien ©. 42.) eine andere Ableitung von latus (mit mAarvs verwandt), nach
welder Latium das Plattland bedeuten foll (alfo daſſelbe, was Campania,
von campus), deren Richtigkeit aber, bef. da fie auch nicht Durch die Suan⸗
tuät begünftigt wird, ebenfalld dahin geflellt bleiben muß*. Diefe Latini
gründeten nun in dem Lande zwiſchen dem Tiber, dem Fluſſe Numicus
oder Numicius, dem Albaniichen Berge und dem Meere einen Stäbtebund,
befien Gefchichte aber bis auf die von der Sage an bie Einwanderung einer
Trojaniſchen Kolonie gefnüpfte Gründung der Stadt Alba Longa, weldhe
nun an bie Spige bed Bundes trat, in dichtes Dunfel gehüllt if. Daß
aber ſchon vor der Gründung Alba's und der (30) Kolonien von Alba ein
alter (höchſt wahrfh. von den Küftenflänten ausgegangener) lateiniſcher
Städtebund, wahrſcheinlich auch aus 30 Städten oder Fleden beſtehend (f.
unten) vorhanden war, auf welchen fi der Name Prisci Latini bezieht,
if jeßt nach Niebuhr's (NR. ©. I, ©. 222 ff.) gründlichen Unterfuhungen
faum noch einem Zweifel unterworfen, und wenn Livius I, 3. u. Dionyf. I,
45. diefen Namen erft auf die @inmohner ver Albanifchen Kolonien übers
tragen, fo beruht dieß wohl nur auf einem Irrthum, der zu großer Vers
wirrung und grellen Widerſprüchen ver Gefchichtiepreiber DVeranlafiung ges
geben hat. Man wird vielmehr den Namen Prisci Latini, im Gegeniag
der fpätern Latini ſchlechtweg, auf den ganzen Zeitraum von ber Grün
dung ded Tat. Städtebundes bis zur Oberhoheit Rom's über Latium auds
zubehnen baben**. Als folhe Städte der Prisci Latini führt Liv. I, 38.
Corniculum, Ficulea vetus, Cameria, Crustumerium, Ameriola, Medullia
und Nomentum an, die auch Plin. III, 5, 9. nebſt mehrern andern von den
eigentlih Albanifhen Kolonien unterfheidet, und die wir daher wohl als
Städte anzunehmen haben, die ſchon vor Alba vorhanden waren; doch ge⸗
hören bieber außer Laurentum und Ardea, die ſelbſt die allgemeine Sage
{don vor ver Landung des Uenead in Italien erxiftiren läßt, gemiß auf
noch mehrere der fpärer für Albanifhe Kolonien gehaltenen Städte Latiums,
wie Tibur, Antemnae, Aricia, Praeneste u. ſ. w. (f. unten). Die mythi⸗
fche Sage nennt, die Namen von Gottheiten auf Fürſten des Landes übers
tragend (vgl. Riebuhr I, S. 94.) mehrere in Laurentum refivirende (Aus
guftin. C. D. XVIH, 15.) Könige diefer alten Zatiner, den Janus, Saturnus,
Picus, Faunus (unter welchem, eiwa 60 3. vor dem Trojan. Kriege, Evan-
drus mit einer Arkadiſchen Kolonie nah Latium gekommen feyn, an ber
° Niesuhr’s (N. Geſch. I, S. 94.) auf Virg. Aen. VII, 799. gegründete Aus
fit, daß bie Latini auch Lavici geheißen hätten, if höchſt problematifch , befons
ders da in jener Stelle Leine einzige Haudſchr. Lavici hat, fonbern fat alle in ber
Ledart Labiei Übereinfimmen,
“Nah Abeken am a. D. ©. 53f. wären bie Prisei Latini nit bie Latiner
vor ber Oberhoheit Roms, fonbern felbft noch vor der Bildung bes Bundes, fo
daß Prisci Latini zu überfegen fey: „bie in bem Latium genannten Lande geblies
benen Ulten”, da ber Name Latini Überhaupt exft feit ber Stiftung des Bundes
ablich geworben wäre ; was nicht eben wahrſcheinlich iſt. Noc weniger aber bürfte
fi, die Bermuthung Niebupr's (R. Geſch. I, ©. 89. u. 417.) rechtfertigen laſſen,
daB Prisci ein eigener Stammname fel, wie Tusci, Osci m, f. w., und baß es alfo
eigentiih Prisci et Latini heißen foRte, (Bgl. dagegen Kortüm Rom. Geſch. ©.
591. Gbttling am a. ©. ©. 41. u. Beer am a. D. ©. 9.) Nur fo viel ſtebt
fe, daß ber Zuſas Prisci ein wefentliher und unzertrennlicher Beſtandtheil des
Volkonamens der alten Latiner im Gegenſatze zu dem fpätern unter Rom’s Ober⸗
hoheit wurde. Wal. def. Livius I, 32,
\
.804 Latium
Stelle des fpätern Rom's die Stabt Pallantium gegründet und durch Gin;
führung der Buchſtabenſchrift, der Muflf und anderer nützlichen Einrichtun⸗
gen des bürgerlichen Lebens den erſten Grund zur Kultur des Volkes ges
legt haben fol: vol. Dionyf. I, 31ff. Pauſ. VIII, 43, 2. iv. I, 5.
Tac. Ann. XI, 14.) * und etwa 60 3. nad) diefen den Latinus (f. d.),
unter deffen Regierung man die Cinwanberung einer Trojaniſchen, vom
Aeneas geführten, Kolonie erfolgen laßt (Liv. I, 1. Bauf. II, 23, 5. Ly⸗
eophr. 1226 ff. Dionyf. I, 50—65.), eine Sage, die obgleih von ben
Dihtern mit einer Menge mythiſcher Zufüge ausgeſchmückt, fo lange wir
blos das Hauptfaftum im Auge behalten, wenigftens nicht für widerfinnig
erklärt werden kann, def. wenn wir mit Niebuhr I, S. 210 ff. die Trojaner
ſelbſt für eine pelasg. Völkerichaft halten, die fomit, aus Kleinaften vertries
ben, leiht auf den Gedanken Fommen konnte, bei ihren Stammverver⸗
wandten, den peladg. Katinern einen Zufluhtsort zu ſuchen. (Vgl. Aeneas
Br. 1, S. 160 ff.) **. Diefer Sage nad) gründete Aeneas felbft nachdem er
der zum Thronfolger beſtimmte Schwiegerfohn des Königs Latinus gemorden
war ’*®, tie Stadt Laviniumf, fein Sohn Julus oder Askanius aber,
nad blutigen Kriegen mit Nutulern und Etrusfern (vgl. Niebubr I, S. 216 f.),
30 3. fpäter auf einem Hägel vie Stadt Alba Longa, welde nun der ©ip
ber Inteiniihen Könige, die Hauptflapt des Bundes und die Mutter vieler
(der gewöhnl. Sage nach 30) anderer Pflanzfläpte wurde, unter denen bef. Aricia,
Praeneste, Tibur, Gabii, Tusculum und endlih Roma felbft als die bes
® Miebuhr am a. O. ©, 97. vermuthet, daß bie Achnlichkeit de8 Namens
eines Beinen Ortes der Sikuler auf einem der 7 Hügel des fpätern Rom's, Pala-
tium , mit bem ber Arbadifchen Stadt Palantium u. die Fbentität ber Namen Ars
Padier und Pelasger für griech. Genealogen zu biefem „augenfcheinlihen Mähren”
Meranlaffung gegeben habe, und bag Evander nur eine anbere Geſtalt bes Latinud
ſei. Uebrigens deutet auch diefe Gage, wie bie von Herkules und Aeneas, auf ben
engen Zufammenhang Italiens und Griechenlands feit deu Alteflen Zeiten bin.
”© gie alt diefe Gage fei, erſehen wir aus Dionpf. I, 48. u. aus ber Nach:
richt des Macrob. Sat. V, 2. p. 62. Bip., daß Virgil bas zweite Buch der Aeneis gan
dem Piſander nachgebilbet habe, unb es ift nur Zufall, daß ſich Bein Älteres griech.
Bert erhalten hat, wo fie beſtimmt ausgefproden wäre, als Lykophrons Kaffandra
w 1232 ff. Vol. auch Niebuhr am a. DO. ©. 200 ff., ber zugleich darthut, daß
Diefe Sage nicht erft aus der griedifhen Literatur nach Latium gefommen ſey, fon:
dern für eine einheimifche gelten müfe. (Bol. auch Abeken am a, D. ©.49.) Is
der uns vorliegenden Geſtalt freilich mag bie Aeneaſſage größtentheild durch Griechen
ausgebildet und von Kumä aus nach Latium Übergefiedelt worden fein. Bol. Müller
im Classical Journ. Vol. XXV, nr. 52. (1822.) Cine andere, nicht minder alte
Gage läßt bie Latiner und alfo auch bie Römer von einer griedifhen Kolonie ak
flaımmen, bie bei der Rückkehr ber Griechen aus bem Trojan, Kriege dahin vers
ſchlagen worden fe. Bgl. Hefiod, Theog. 1011 ff. Wriftot. ap. Dionys. I, 72.
*. mit biefer von ben fpätern Dichtern aboptirten mildern Darftelung flieht frei:
lich die Nachricht des Varro bei Servius zu Aen. I, 267. u. IX, 745.. daß Latinus
(mit Turnus verbünbet) im Kampfe gegen bie verhaßten Fremdlinge gefallen , und
Lavinia eine Kriegäbeute des Siegerd geworben fey, in bireftem Widerſpruche, würde
jedody von denen , bie Beine Stammverwandtſchaft zwiſchen Trojanern und Deladgern
annehmen, für nngleich wahrfcheinlicher zu halten fen,
+ Nah Euto bei Gervius zu Aen. I, 6. unb VII, 158. hätten bie Trojaner
fhon vor Larinium und an einer andern Stelle eine Nieberlaffung in Latium bes
gründet und ihr den Namen Troin gegeben. Niebuhr R. Geſch. I, ©. 94 f. und
221 ff. hält Lavinium für jünger als Alba (vgl. Dionyf. I, 67.) and für ben Ort
des gemeinfamen Heiligthums und ber Bolköverfammlungen ber Latiner, wie es das
Panionion für die Jonier in Kieinafien war. Bol. auch Abeken ©. 50. WIE ar-
rporoke rov Aarivur ybrous menigfien® erfcheint es bei Dionyf. V, 12. Ueber die
enge Verbindung zwifchen Lavinium und Laurentum, auf bie auch der Name Lauro-
lavinates hindentet, vgl, Kiaufen Aeneas II, &, 788. und Lavinium.
Latium 805
deutendſten genannt werben, obgleich freilich der wirklich albaniſche Urſprung
mehrerer dieſer Tat. Städte no fehr problematifch if, und nur von den Römern
erfunden zu feyn ſcheint, un die Anfprüde des an Alba's Stelle getretenen
Roms auf die Oberhoheit über alle dieſe Städte gehörig begründen zu können.
(Bgl. Dionyl. IT, 34. und io. I, 52.) Plinius wenigſtens nennt IH, 5,
9. als eigentlihe populi Albenses nur folgende 30 (alfo größtentheild un⸗
bedeutende) Städte: Aesculani, Acienses, Abolani, Bubetani, Bolani (viels
feiht Bovillani?), Cusuetani, Ceriolani, Fidenates, Foretii, Hor-
tenses, Latinienses, Longulani, Manates, Macrales, Mutucumenses, Mu-
nienses, Numinienses, Olliculani, Ostulani, Pedani, Polluscini, Querquetu-
lani, Sicani, Sisolenses, Tolerienses, Tutienses, Vimitellarii, Velienses,
Venetulani, Vitellenses ; während in dem von Dionyf. V, 61. mitgeteilten
ſehr verdorbenen Verzeichniſſe von nur 24 Tat. (aber nicht auddrücklich als
albaniſch bezeichneten) Städten allertingd au Gabii, Praeneste, Tibur,
Tusculum u. f. w., dagegen aber von den bei Plinius genannten blos bie
oben gefperrt gebrudten vorfommen.* Nur fo viel fcheint in Bezug auf die
höchſt dunkle Geſchichte Latium vor Rom's Gründung feft zu fleben, daß
Alba die Hegemonie über mehrere ſchon früher zu einem Bunde vereinigte,
freie Städte Latiums erhielt; und wenn die Zahl dieſer Inteinifchen Bundes⸗
ftäpnte ober, was der ſpätern Annahme nad) glei ift, albanifchen Kolonien,
allgemein zu 30 angegeben wird, fo dürfte auch dieß wohl mehr auf eine
den atbenifchen Demen ähnliche politiſche @intheilung, als auf eine geichlof-
fene Zahl von Städten hindeuten, da auch nah dem fpätern Wegfall meh⸗
rerer Bundesſtädte die Zahl verfelben doch immer 30 bleibt (Dionyſ. VI,
64. 75. Liv. I, 18.) und gleihwohl Dionyf. V, 61. nur 24 derſelben
aufzuführen weiß. (Vgl. Beer am a. D. ©. 10.) Auch die Gefchichte
der Könige von Alba, melde 300 3. dafelbft regiert haben follen (Juſtin.
XLIII, 1. vgl. mit Liv. I, 29. **), und nad Liv. I, 3. alle den Beinamen
Silvius führten (vol. jedoch Böttling am a. D. ©. 25. Note), iſt in völ⸗
liges Dunkel gehüßtt, denn das von Liv. I, 3. gegebene und nah Niebuhr
I. ©. 226. aus dem Polyhiftor 2 Cornel. Alerander (vgl. jedoch Cornel. Al.,
Bo. 11. Seite 1313.) entlehnte Verzeichniß derfelben ift auch nad) Niebuhr's An⸗
fiht ein fehr junges und ungeſchicktes Machwerk. — Fragen wir nun nad) ben
eigenthümlihen Gebräuchen und Einrichtungen, wodurch ſich vie Lateiner,
als ein pelasgiſcher Volkoſtamm, von andern Völkerſchaften Italiend und ſelbſt
von den Roͤmern (deren öffentliches und häusliches Leben eine Miſchung las
teinifcher, ſabiniſcher und etruskifher Elemente war) unterſchieden, fo finden
wir bei den Priscis Latinis, alfo vor ihrer Abhängigkeit von Nom, namentl.
folgende Inftitutionen, von denen allerdings die Mömer manche aboptirten.
Die einzelnen , von einander unabhängigen Städte Latiums bildeten zufammen
einen Bund, der mahrfcheinlih in 30 civitates oder Stabtgebiete getheilt
war (f. oben) und diefe Zahl nicht überfchreiten durfte. Alle fendeten ihre
Abgeordneten zu den Bunbeöverfammlungen oder Tagſatzungen (Dionyf. IV,
° Nach dem Merfaffer ber Origo gent. Rom. 17. find bie von Alba audges
faudten Kolonien: Praeneste, Tibur, Gabii, Tusoulum , Cora, Pometia, T,oori
(Labicum), Crustumerium, Cameria, Bovillae ceteraque oppida circumguagque;
und dieſes Verzeichniß läßt fich aus Euſeb. Chron. 46. ed. Maii burch Lanuvium,
Sceaptia, Satrieum, Aricia, Tellenae, Cenina, Fregellac, Medullia und Bola
ergänzen.
es Wo für die ganze. Dauer Alba's, das um’d 5. 100 nah Roms Erbauung
zerfibrt worben feyn fol, und wo von ber Gründung Roms an flate der Könige
Diktatoren herrſchten (Dionyf. V, 74. Plut. Rom. 27. Zonar. VII, 4, vgl. Eoreng
de dietatorikus Latinis p. 9.), 400 Jahr gerechnet werben, ©. auch Gero, ad Aen.
I, 282. u. vgl, Niebuhr am a. O. ©, 227,
806 Latium
45.); doch feinen auch von den größern Stäbten je zehn abwechſelnd einen
Ausſchuß oder kleinern Rath gebildet zu haben, damit nicht jedesmal gerave
die Abgeordneten von allen 80 Städten zuiammen zu fommen brauchten
(Liv. VID, 8. vgl. Göttling am a. D. ©. 25f.). Diefe Bundedverfamms
lungen wurden Anfangs zu Alba (Feſtus v. Praetor), nad deſſen Zerkös
rung aber in einem heiligen Haine am Albanerberge, ad caput Ferentinae,
d. 5. in der Nähe einer Quelle bei Ferentinum (von dem der Herniker, Bo. III.
S. 461., zu unterfheiden) unter freiem Simmel gehalten, bauerten in ver
Negel mehrere Tage (Feſtus 1. 1. Dionyf. III, 34. 51.), und dienten theils
zur Darbringung feierliher Opfer, theild zur Berathung allgemeiner Landes⸗
angelegenheiten (Dionyf. VII, 58. Polyb. XII, 10.). In ven einzelnen
Städten beſtand Anfangs eine Erbmonardie (Dionyf.. I, 70. Liv. I, 10.),
“und zwar fo, daß jelbft das weiblihe Geſchlecht von der Thronfolge nicht
auögefehloffen war (vgl. Göttling am a. D. ©. 41.). Seit der Ermordung
ded Königs Amulius in Alba aber finden fi feine Könige mehr in den
Iatein. Städten, fondern ed treten nun Diftatoren an deren Stelle (Dionyf.
V, 74. iv. I, 23.), die nur auf ein Jahr gewählt wurden, jeroh für's
nächte Jahr wieder wählbar waren, und vom Senate weit mehr überwacht
und in ihrer Gewalt befchränft wurben, als früher die Könige (Dionyf.
IH, 23. 30.)*. Den Königen und fpäter den Diftatoren fand nemlich in
jeder Stadt ein Senat mit Griminalfuftiz (id. V, 50. III, 30.) und dem
Rechte der Vorberathung bei Geſetzvorſchlägen (id. I, 78.) zur Seite; bie
legte Inftanz in legiölativer Hinfidht aber war die Volksverſammlung, wels
her jedes vom Senate vorläufig beramhene Geſetz zur Annahme oder Ver⸗
werfung vorgelegt werben mußte (Dionyf. II, 2.). Dabei bildete fi in
allen Iatein. Städten fon frühzeitig ein Adel, und die mil wohl au
Dionyflus jagen, wenn er VI, 62. berichtet, daß in ihnen eine ariftofratifche
Verfaſſung beftanden habe. (Bol. Böttling am a. DO. ©. 24.) Das Ber
hälmiß der Elientel aber (eine fabiniihe Einrichtung) findet ſich in den lat.
Städten nicht; felbft die albaniihen Hirten find freie Leute (Dionyf. I, 81.) **.
Alle latein. Städte Hatten unter einander das Jus connubii und commerci
(2iv. VII, 14. IX, 43. XXXI, 31. XLV, 29. Polyb. II, 22.), und in
Folge des erfteren fanden feierliche Sponsalia bei ihnen Statt (Bell. IV, 4.);
binfichtlich des allgemeinen Völkerrechies aber war die Ausſendung von Fe-
tiales, um Rechenſchaft und Genugthuung wegen Verlegung deſſelben und
polisifcher Beeinträchtigungen zu fordern (res repetere, za drama aireir),
oder, wenn diefe nicht erfolgt, Krieg anzufündigen (Liv. I, 32. GServ. ad
Aen. VII, 695.), eine eigenthümliche Sitte der Lateiner (vgl. Böttling S. 21.
und 195 fj.). Hierher gehört ferner vie foflematifch beiviebene Ausfendung
von Kolonien; weshalb auch fpäter die Römer, fo bald fie fich ven latein.
Bund unterworfen, dieſes Kolonifirungsfyftem fogleih nach weit größerem
Maßftabe betreiben, als früher (vgl. Liv. IX, 28. X, 1. 3. XXXV, 9.
XXXVII, 46. 47. 57. XL, 34., wo fih Beijpiele latein. Kolonien von 4
bis 6000 Familien finden) und weit mehr Tateinifche, als römifche Kolonien
audfenden ***. Endlich hatten die Lateiner auch in ihrer eigenthümlichen
% Dergleihen Diktatoren gab es, wenigſtens dem Namen nad nod zu Eiceros
Zeiten in den Iateinifhen Städten, g. B. in Lanuvium (Eic. pro Mil. 10.)
”© Die hier erwähnten zelaras find gang anders geftellte Leute, als Die ſabi⸗
nifhsrömifchen Elienten. Wal. Böttling am a. O. ©. 25.
“In den erfien 34 I. nad, ber Vernichtung bes Bundes waren ſchon 10 Latein.
Kolonien ausgeführt ckiv. VIII, 16. IX, 26. 28, X, 1. 3. 10.), und unter ben
bis zum zweiten Punifchen Kriege entienbeten 53 Kolonien waren 30 Iateimifche
(aufgezählt von Liv, XXVIL, 9, 10, u. XXIX, 15.) Auch bie 12 Kolonien des Lis
Latum 807
Yiterarifgen und religidfen. Kultur einen weſentlichen Vorzug vor ven nicht
pelasgifhen Stämmen Italiens, namentlich den ächt⸗italiſchen Sabinern. Sie
bedienten ih der altgriechiſchen Schrift von der Linken zur Rechten (Dionyf.
IV, 26. vgl. Böttling ©. 26.), ihre Sprache war eine Tochter der griechi⸗
fhen (und zwar nad den neueften Forſchungen rein und unvermifcht, vgl.
Schlegel in den Heivelb. Jahrb. 1816. Nr. 34. S. 850. Lepflus Tabb.
Kugub. p. 102. Klenze, biftor.=philol,. Abhandl. ©. 72. u. U), und
ihre Myıbologie, ihr Kultus war ebenfalld der altgriedifhe*; fo wie auch
ihr Kalender auf griech. Weile nach den Feſten der von einer jeden Stadt
oder jedem Stanıme verehrten Hauptgottheit beftimmt und georbnet war
(Ovid. Fast. III, 89.). In ihrer Baukunſt iſt ebenfalls der altgriechiſche
oder pelasſsgiſche Charakter nicht zu verfennen. Alle altlateiniihen Städte,
von denen ſich noch Ueberreſte finden, zeigen jene rieflgen, aus polygonen
Steinen zufammengejegten,, fogenannten cyklopiſchen Mauern, die fhon Vir⸗
gil's Bewunderung erregten (Geo. II, 154.)**, und die gewöhnlich in
"Duadratform ein vierediged Pomoerium, den eigentlihen effatus ager (Liv.
J, 44. Gell. XIII, 14.) umfhließen (3. B. Ferentinum, Cossa, Alatrium,
Arpinum, Aufidena u. f. w., vgl. Micali I, p. 269. Petit⸗Radel Annali
dell’ Instituto IV, p. 3. 346. VI, p. 350. u. ®öttling ©. 17.). Zur
Gründung der Städte wählte man gemöhnlih ſolche Punkte, wo fi eine
Burg, das weſentlichſte Erforberniß alter Städte, auf einer Höhe anbringen
ließ, am Tiebften ifolirt ſtehende Tufhügel (wie Fidenä, Gollatia, Apiolä,
Volitorium, Tellenä, Zolerium u. f. w.), deren Plateau an den Seiten
künſtlich abgeſchrofft murben, um fie fleiler und unzugänglicher zu machen
(vgl. Abeken S. 131.). Auch ſuchte man gern ſolche Hügel aus, die am
Zufammenfluffe zweier Gewäfler Tagen (wie in Lavinium, Antemnä, Satri⸗
cum u. f. w., vgl. Bullet. dell’ Inst. 1839. p. 74.) Wo e8 der Raum
erlaubte, wurde auch bie übrige Stadt (— die bebeutendern, mie Ardea, Gabi,
Fidenä u. a. hatten gewöhnlich einen Umfang von 3 Miglien od. 30 Stad. —)
mit auf dem Aufhügel gegründet, ‚außerdem aber am Abhange oder am
Fuße defielben, wo fie dann mit beſondern Mauern umgeben und, wo das
Terrain es geftattete, durch Schenfelmauern mit der Burg verbunden wurden,
wie bei Aricia, Bränefte u. U. (Abeken S. 131f.). Was den Bau ber
alten lateiniſchen Städte und ihre einzelnen Theile anlangt, fo verweife ich
auf Abeken's gründliche Unterfußungen, der ©. 158 ff. von den Thoren,
©. 181 ff. von den Strafen und Brüden, ©. 202ff. von den Temveln,
©. 197 ff. von den Circis (denn eigentliche Theater find alle erft ſpätern
römiſchen Urfprungs), S. 234 ff. von den Gräbern (theild ausgemauerte
unterirbifhe Kammern, theils Belfenböhlen, theils Tumuli) u. ©. 164 ff.
von den Kloaken, Kanälen und hydrauliſchen Baumerken ausführlich handelt.
vins Druſus (Appian. B. Tiv. I, 23. Plut. C. Gracchus 9, 10.) find unfireitig
Iateinifche (vgl. Walter’s Befchichte bed Rom. Rechts S. 203.). Doch iſt bieß nicht
fo gu verfichen, ald ob biefe latein. Kolonien blos aus eigentlichen Lateinern bes
flauden hätten, ba es auch römifchen Bürgern frei ſtand, fich ſolchen latein. Kolonien
anzufchließen , aber freilich mit Verluſt des römifchen Bürgerrechtes. (Eic. pro Caecin.
33, pro domo 30. u. Gaius I. 131.)
* So beutete 5. B. anf den Kultus des Hermes als Thürhfiter und Bott bes
Verkehrs Die ſich bei ben Thoren ber cyPlopifhen Mauern ber meiften Iateinifchen
Staͤdte (gu Ferentinum, Arpinum, Terracina n. f. mw.) findenbe bildliche Darftellung
des Phallus. Vgl. Petit: Rabel in Annali del’ Instituto di corr. arch. IV, p.
247. Micari Monum. Tav. XIII. Gerhard Hyperb⸗Rom. Studien I, S. 43. und
Sbttling am a. D. ©. 28,
© tieher Viefen alten Mauerbau vgl. beſonders Abeken ©. 138 ff.
808 Latdum
Hinfihtlih der Übrigen bildenden Künfte, namentlih ber Malerei — Pin‘
XXXV, 4. erwähnt Gemälde in Arbea und Lavinium, die älter als Mom
geweien feyn follen, vol. Lanzi Saggio II, p. 190. — und der Blatiif
(Arbeiten in Ihon, Metall, Stein, Holz, Elfenbein und Bernftein) läßt
fh in Bezug auf die Lateiner wenig fagen, da die Nachrichten der alten
Schriftfteller darüber zu dinfiig und der erhaltenen Monumente zu wenige
find, um daraus einen Schluß machen zu fünnen. Doc ſcheint auch aus
dem Wenigen, mas vorliegt, fo viel hervorzugehen, daß von feinem eigenen
Jatein. Kunftflil die Rede fein Eönne, fondern daß in Latium namentlich ver
etrusfiihe Stil vorherrfchte, und Die Lateiner ihre meiſten Kunftgegenflänre
aus Etrurien bezogen, wozu die großen, ſowohl dem Dienfte ver Göttin,
ald dem Waarentaufche geltenden Berfammlungen im Haine der Feronia am
Buße des Bergs Sorafte eine leichte Gelegenheit darboten (vol. Müller die
Etruöfer I. S. 302. u. II. ©. 65 ff. und oben Br. II. ©. 462). @ben fo
ſcheinen die Lateiner auch Manches vergleichen ron den Griechen in Unter⸗
italien erhalten, ſelbſt aber die bildenden Künfle nur wenig betrieben zu
haben: Das Speziellere hierüber ift ebenfalls bei Abefen S. 263 ff zu finden.
Die oben erwähnten eigenthümlichen Einrichtungen und Gebräuche fheinen ſich
auch nachdem der lat. Bund den Nömern uniermorfen und endlich von ihnen
vernichtet worden war, größtentheil® erhalten zu haben (vgl. z B S. 806.
Anm. *) An die Stelle der Bundeöverfanmlungen beider Quelle der Ferentina
aber traten die Feriae Latinae auf dem Albanifchen Berge, die gewiß nicht
6108 religiöje Hefe waren, ſondern auch zur Befchließung gemeinſchaitlicher
Iinternehmungen dienten, bei denen aber nun die Opfer von röm. Magiftraten
dargebradt murben (Liv. V, 17.). Das Opferfleiih jedoch wırte noch
an alle dabei betheiligte Städte vertheilt (Liv. XXXIL, 1. XXXVII, 3.).
Diefe Feriae murben fortwährend beibehalten (Liv. 1. 1.) und über ihre
Beler fo fireng gewacht, daß die Conſuln uiht eher zum Heere abgeben
durften, 518 fle diefelben abgehalten Hatten (Liv. XX, 1. XXI, 63. XXvV.
12. Dio Caff. XXXIX, 30.); fo daß fie denn auch bis in's vierte Jahrh.
herab furtdauerten (Ractant. Div. Inst. I, 21.). Der lateinifhe Feldher
hielt, wenn der römiſche in Rom triumphirte, Yleichzeitig feinen Triumpb
auf dem Albanifchen Berge, und brachte hier fein feierliches Opfer var, wie
ber römifhe auf dem Kapitol. Zu den beibehaltenen alten Einrichtungen
aber kam nun noch das Jus Latii, welches ſich blos durch den Dangel re
Stimmrechts von dem römifchen unterſchied, obgleich auch dieſes den in Mom
lebenden Lateinern, nur in einer befondern, durch das Loos beſtimmten
Tribus, gewährt wurde (Uppian. B. C. I, 23. Liv. XXV, 3.). Uebrigens
warb den Lateinern auch die Erlangung des vollen röm. Bürgerrechts ſehr
erleichtert, indem Alle, die in einer latein. Stabt eine jährliche Magiſtratur bes
feivet Hatten, fon dadurch römische Bürger geworden waren (Appian.
1I, 26. Gtrab. IV. p. 186f. ai. I, 96. Aſcon. in Pison. fragm. 2
Niebuhr's Röm. Geh. II. ©. 91.), und jeder Lateiner, der nur einen
Sprößling feines Hauſes in der Heimath zurüdlieh, nah Nom überfiedeln
und hier Bürger werden fonnte (Liv. XLI, 8.). Breilih wurden aber
auch, da jene Beſchränkung oft umgangen und dadurch manche latein. Städte
taft ganz entvölfert wurden, diefe nah Nom übergeflebelten Lateiner vom
Senate mehrmals nad Haufe zurüdgefchict (Liv. XXXIX, 3. XLI, 8. 9.
XLII, 10.). Uebrigens behielten aber die Tatein. Städte auch ihre eigenen
Landrechte (vgl. Bell. IV, 4.), wenn fie fib auch, wo es das allgemeire
Wohl erforderte, den Beſchlüſſen des römiihen Senats unterwerfen mußten.
— Fragen wir nun nah der geographiichen Befchaffenheit des von dieſem
Volke der Katiner bewohnten und von ven Griechen 7; Aarirn, von ten
Römern Lattum benannten Landes, fo muß man vorerft hinfichtlich ded Um⸗
fangs drei Perioden unterfcheiven. Das ältefte Latium (L. antiquissimum)
over daB Land des Latinus zur Zeit der trojanifchen Einwanderung reichte
blos vom Tiberid im N. bis zum Numicus und ber Stadt Ardea im ©.
und von der GSeefüfle im W. bis zum Albanerberge im O. und umfaßte
etwa eine Strede von A D.Meilen. Es wurde aber bald dur Eroberun«
gen nad Süden zu vergrößert, und erſtreckte fich ‚zur Zeit der Unterwerfung
des Iatein. Bundes unter römiſche Hoheit ſchon bis zum Borgeb. Gircejt
(ij. Eircelo) bei Anrur*, in welder Auspehnung** e8 den Namen Latium
vetus oder antiquum führt (Blin. TIL, 5. vgl. Strab. V. p. 232f.). Unter
der römischen Oberherrfchaft aber wurde es durch Belegung und Einverlei⸗
bung mehrerer Eleiner Nachbarvölker, ver Hernici, Sabint, Aequi u. Marſi
im O., und der Volsci, Rutuli u. Aurunct im S. (vgl. Strab. am a. D.)'
beveutend erweitert und reidhte im D. u. ©. big zum Fluſſe Liris, u. ſüd⸗
lich ſelbſt noch über dieſen hinaus bis zur Stadt Sinueffa (j. Rocca di Monte
Dragone), während. die nördliche durch den Tiber gezogene Grenze immer
biefelbe blieb. Diefer neue Zuwachs unter römifcher Oberherrſchaft hieß num
Latium novum over adiectum. Das Land bildete im Ganzen eine große Ebene
von ganz vulfaniiher Natur (vgl. Petit-MRabel M6m. de Acad. des Inscr.
V. p. 189. Hoffmannd Beſchreib. d. Stadt Nom. I. &. 78. u. Abeken am
a. 5 ©. 42f.), und war daher überaus fruchtbar (Straß. V. p. 156.).
Mitten in der großen Ebene erhebt fi ald ein ganz iſolirtes Gebirge zwi⸗
ſchen ver Kette des Apenninus und dem Deere ver Mons Albanus ***, ur⸗
fprünglih ein großer Krater, deſſen Wände gegen D. ven langen Bergrüden .
des Monte Ariano, gegen N. vie Bergreibe von Rocca Privre und Tuscus
lum, gegen S. u. W. der Monte Artemiflo bilden. Weſtlich zwiſchen Ma⸗
rino und Grotta ferrata hat das Gebirge einen Durchbruch, wo ſich ver»
muthlih die 2avaftröme in Die Ebene ergofien. Auf dem Rande beffelben
geftalteren fi wieder mehrere Tleinere Krater. Das Gebirge tft fehr waffer-
reih und enthält die Quellen einer Menge Lleiner Flüffe und Bäche. Die
Alten unterſchieden namentlich drei Theile vefielben, ven eigentliden Mons
Albanus oder den. Kern des Gebirges (j. Monte Cavo, ver fleile Rand des
Campo v’Annibale), woranf bie Feriae Latinae gehalten wurden und ber
Tempel des Jupiter Latiarid fand, deſſen noch im vorigen Jahrh. vorhandene
Ueberreſte jetzt ſpurlos verſchwunden find (vgl. Abeken S. 211.), ſodann
den M. Algidus (6 Alyıdar, j. Moute Ariano) oder ben obern Theil. des
öftligen Gebirgsrandes in oftmweftliher Richtung von Pränefle nah Tuscu⸗
Ium binftseihenn, mit dem berühmten Heiligthume der Diana auf dem nord⸗
öftlien Ende des Gebirgskammes, von welchem fih no Mauern und Sub⸗
ftruftionen erhalten Haben (vgl. Nibby Contorni di Roma I. p. 126. Ghaupy
maison d’Horace II. p. 161. und Abeken ©. 215.), benannt nad) ver auf
ihm liegenden Stabt Algidum, und bie Montes Tusculani ober den nördl.
&ebirgdrand (noch jegt Monti: Tuscolani oder Monte di Frascati, Monte
VPorcio, Rocca Briore u. ſ. w.), ebenfalls nach der darauf gelegenen Stabt
” Daher erfheint Rom in dem berühmten Handelsvertrage mit Karthago vom
I. 509 bei Polyb. LIE, 22. bereits ald Herrin von Antium, Eireeit u. Terracina.
** Nach Plin. Il, 5, 9 von 50, in ber Wirklichkeit aber wenigſtens von 60
Miu. (Bel. Apzten S. 61.)
ve. Das Nähere Über die Gebirge, Flüſſe, Sem und Gtädte Latiums f. in beſ.
Artikein. Hier geben wir nur eine allgemeine Ueberſicht, und nehmen dabei, mit
Benügung der neueften Unterſuchungen, zunächſt nur auf die heutigen Namen;
Leberrefte und Spuren ber alten Orte Räüdficht, +
iv.
810 Lats
Tusculum benannt, und mit ven berrlicäfien Villen bedeckt. Andere Berge bes
fpäteren Latiums waren die Montes Aequorum, norböftlih vom Alb. Gebirge
zwiſchen Tibur und Pränefte (ij. Monti d'Olevano mit dem hohen Guadag⸗
nolo), die Montes Volscorum, nach weiter gegen R.D., zwiſchen Ortona
und Privernum (no j. Montagne Volsci oder Monti di Cora, di Biperni,
di Segni, mit dem höchften Gipfel, dem Monte Lepino oder Lupino), und
der Mons sacer, ein ifolirter Hügel am rechten Ufer des Anio unmeit dem
Einfluffe deſſelben in den Tiber, zwiſchen ihm und Biden, 1 Mill. von
Nom (Liv. II, 32. II, 52.), der fich nah dem Fluſſe zu fleil erhebt, nad
N. zu aber fanft im vie Hochebene ver Gechina ausläuft (noch j. Mente
Santo). Die ſämmtlich in's Tyrrheniſche Meer fih mündenden Flüſſe La-
tiums waren in der Michtung von N. nad S. der nördliche Grenzfluß Ti-
beris (j. Tevere; Duelle auf dem Apenninus bei Tifernum, Mündung bei
Oſtia) mit dem Nebenfluffe Anio oder Anien (j. Teverone), der von dem
Gebirge der Aequer herabkommend oberhalb Roms bei Antemnä den Tiber
erreicht ; der Numicus oder Numicius (j. Numico oder Rivo di Nemi), der
ſudliche Grenzfluß des Alteften Latiums, der am Buße des M. Albanus bei
Aricia entipringt und zwifchen Laurentum und Lavinium in's Dieer fällt; der
Astura (bei den Griechen 6 Zropag, j. Stura), welcher feine Quellen bei
Belitek auf dem Albanergebirg hat, und bei der gleichnamigen Stadt das "Meer
erreiöt; der Amasenus (j. Amnfeno), ber auf dem DVolsfergebirge oberhalb
Privernum entfpringt, den von Setia berabfommenpen Ufens (j. Ufente)
als nörbliden Nebenflug in fih aufnimmt, und duch die Pomptinifchen
Sümpfe, die er bilden Hilft, zwiſchen Circeji und Ierracina feinen, Ausflug
ins Meer nimmt; ver Nymphaeus (j. Ninfa), öfllih von Aftura und weſtl
vom Ufend, der gleichfalls die Pomptinifhen Suümpfe durchfließt und bilden
hilft, und ver fpätere öſtliche, wie ſüdliche Grenzfluß Liris (j. Gariglians:
Duelle beim Lacus Fucinus, Mündung bei Minturnae) mit dem nörblichen
Nebenfluffe Trerus (j. Sacco), der auf dem Albanergebirge entfpringt , das
vulkaniſche Thal des fünöftlihen Latium bewäſſert, und bei Sregellä in ven
Liris fühlt. Die Seen des Landes, zum Theil durch den Einfturz ehemaliger
Krater gebilvet, find der Lacus Albanus (j. Lago v’Albano oder vi Ga-
ſtello), ein maleriſcher, tiefer See, am weſtlichen Abhange des Albanergebirge,
ein dergleichen mit Waſſer auögefüllter Krater mit feinem ſchon währen ver
Belagerung von Beji angelegten Emifjarum, einem ver großartigfien hydrau⸗
liſchen Werke alter Zeit (über welches Abeken S. 178 ff. mit den bort ge
gebenen Nachweiſungen zu vergleihen if); ferner nicht weit davon bei Axicin
der Lacus Nemorensis (bei Dichtern auch Speculum Dianae, jeht Lago hi
Nemi)*, von herrlichen Walbungen umgeben, ebenfall&- ein alter Krater
mit einem Gmiffarium (vgl. Abeken S. 166 .); der Lacus Gabinus (de
feit dem Jahr 1838 troden gelegte Lago Gabii) bei ber gleihnamigen Statt,
von dem neuerlich auch ein alter Ableitungskanal entdeckt worben ift (Abeker
©. 168f.); der hiſtoriſch merkwürdige Lacus Regillus in ver Nähe vom
Zusarlum (den man fonft fälihli in dem Meinen Steinbruche unweit Go:
lonna ſuchte, während ihn Ganina Descriz. di Tusculo p. 33. mit nidı
eSchirlig Haubb. d. alt. Seogr. ©. 305. u, A. halten den L. Nemorensis (At
identifch mit dem von Plin, XIX, 8. u. Ovid. Fast. III, 263. erwähnten Laces
Arlicinus. Wllein da nach den Regeſten Pius IL (Comment, II. p. 305.) bad Waller
aus dem Nemifse in den L. Aricinus fileßt, ber and, noch Im einer Urkunde dei
Kloſters Grottaferrate vom J. 16462 vorkommt (f. Lucibi Storia dell’ Aricie. Rom
17196. 4.), fo müffen wohl beibe unterfchieben uud angenommen werden, daß ern
Theil bes jeut trocken gelegten Thales von Aricia, weiches nur darch eine Belfen
wand vom Nemithale gefchiehen wird, frfiher jenen Ges bildete, Bgl. Abeken S. 167-
"Lailasn | an
größerer. Wahrfheinlichkeit für den Lago della Cava, Nibby aber Cont. di
Roma IH, p. 6. wohl am richtigften für den See von Gone, und Abeken
©. 67. für das jetzt trockene Thal von Iſſdoro halten), und bie Pomptinae
Palndes an der Küfte zwifchen Antium und Terracina (dem Feſtus zu Zolge
nad einer alten, früh verfämunbenen Stadt Pontia benannt), einſt eine
blühende, mit 23 Stäbten und Flecken bedeckte Ebene (Min. III, 3.)*, fpäter
aber, als die Klüffe Nymphäus, Ufens und Amaſenus aus Mangel an Ge-
fäll keinen Ausweg in die See mehr. fanden, in einen vie Zuft verpeftenden
Mora verwandelt, durch welchen jedoch nicht nur die Via Appia, ſondern
auch neben ihr ein Kanal geführt war (Strab. V, p. 233. Hor. Sat. I, 5,
7.). Leber die Berfuche diefe Moräfle auszutrocknen und ihren heut. Zuſtand
vgl. Bolognini dell’ antico e presente stato delle paludi Pontine. Rom.
1759. u. Nicolai de’ bonifiamenti delle terre Pontine. Rom. 1800. Was end⸗
lich noch die Städte des Landes betrifft, fo find folgenne zu nennen: I. in
- Latium antiquum: a) in dem Küftenlande von der nörbliden Grenze 618
Gircefi: Ostia, die von Ancus Marcius gegründete Hafenſtadt Rom's am
Ausfluffe des Tier (deren Ruinen durch angefäglemmten Meerſand jett zwei
Miglien von der Küfte entfernt find: vgl. Fea Relaziene di un viaggio
ad Ostia. Rom. 1802. 8.); Laurentum (an der Stelle des Heut. Caſale
von Capocotto auf einem niedrigen Hügel zwei Miglien vom Meere und 16
von Rom); Lavinium (auf dem Tufhügel von Pratica, drei Migl. von
der vorigen und vom Meere, mit alten Subfiruftionen, vgl. Gell Topogr.
of Rome II, p. 80. und Ni6by II, p. 235. IH, p. 70. und einem alten
Grabhügel, der ald Grab des Aeneas gezeigt wird, Nibby U. p. 240.);
Ardea, bie alte Hauptſtadt der Rutuler (die noch jegt den altn Namen
führt, aber nicht, wie Strabo V, p. 237. berichtet, 70 Stad. over 7 Migl.,
fondern nur 3 Migl. vom Meere entfernt if, und Reſte der quabratifchen Tuf⸗
mauer, fo wie einen fünfedigen alten Thurm zeigt, vgl. Gel I, p. 171.). Dabei
befand fh am Ausfluffe eines Grabens, ver noch jetzt Koflo dell’ Incaftro
heißt, das Castrum Inui (vgl. Gell I, p. 172. u. Annali dell’ Inst. 18390.
p. 125.) und weiterhin das Aphrodisium, ein Seiligthum der DVenilta oder
Ardeatiniſchen Diana (Mela II, 4. Plin. II, 5, 9. vgl. Klaufen Aeneas
©. 788.), und bie Castra Troiana (praedium Troianum bei Cic. Att. IX,
13, 6. vgl. Klaufen S. 814.). Berner Antium (auf einer Höhe norböfl.
vom jehigen Porto d'Anzo, und von da bid zum Meere herab mit Reſten
unregelmäßiger, quabrater Mauern, vgl. Nibby I, p. 187. 190 ff.). Als
Hafen von Antium biente Ceno, welches man gemöhnli (jedoch nah Abeken
S. 72. fälſchlich) an der Stelle des heut. Nettuno ſucht, und zum Gebiete
der Stadt, dad gegen N. bin wahrfcpeinlih der Klug Storad (Straß. V,
p. 232. j. Eonca) begrenzte, der 7 Migl. von ihr in die See"fällt, ge⸗
hörten welter Tandeinwärts die 3 Städtchen Satricum, nahe bei Antium
ſelbſt, (j. Caſale vi Conca mit Meberreften der alten quadratiſchen Mauer,
vgl. Nibby I. p. 749.), Longula, weiter nah Garfeoli Kin (j. Buon
Ripoſo, Nibby I, p. 335.) und Pollusca (j. Eafal della Manbria, mit
Spuren alter Befefigungen, Nibby I, p. 409.). Etwas fündftlih von Anttum
lag Astura (j. Torre d'Aſtura) an der Mündung des gleichnamigen Zluffes,
und endlid dinch die Bomptinifche, fpäter in einen großen Moraſt verwan-
delte Ebene davon getrennt Circeii (auf einem ganz iſolirten, von ber
Kette des Volskergeb. Tosgeriffenen, als Vgb. ver Circe in's Meer heraus⸗
ragenden Felſen, j. Monte Circello, mit koloſſalen Ueberreſten der von Tar⸗
* Uuf weicher wir gewiß manche der von Plinins uud Dionyſins genannten
— bad 805.), fonft aber völlig undekannten Gtäbte bed alten Latiums zu
en haben,
Mn.
⸗
812 Katlam
quinius Superbus angelegten Befeſtigungen*, vgl. Ganina Archit. tav.
IV. A.). b) Städte im innern Lande in der Richtung von NW. nah NO.
In dem Lande zwifchen dem Anio und Tiber, folglich längs des ſabi—
niſchen Gebiets fanden ſich folgende fpäter zum Theil von den Sabinern in
Beflg genommene Ortfchaften der Prisci Latini: Cameria, eine uralıe
‚aber frühzeitig untergegangene Stabt der Aboriginer (Dionyf. I, 50.,wahr-
ſcheinlich am Abhange des Lucretilid oberhalb Tiburs, am der Stelle von
Palombara, vgl. Canina Camp. di Roma p. 165. und Abeken ©. 78.);
Corniculum (nad Gell I, p. 100. die Höhe von St. Angelo mit fehr
rohen, cyklopiſchen Mauern, nah Abeken am a. O. aber die gegenüber
liegende Kuppe von Monticelli am Fuße des Monte Gennaro); Medullia,
gleich neben der vorigen (nah Abeken a. a. D. jetzt die eben genannte Höfe
von St. Angelo); Ameriola (nah Nibby II, p. 325. die Ruinen, die fi
eine Miglie unterhalb Medullia's zeigen); Caenina (nah Nibby I. p. 341.
weiter weftlih, zwiſchen ber Via Nomentana und Tiburtina, 10 Miglien
von Rom, auf dem Hügel von Diagugliano); Nomentum (daß heut. Men-
tana, f. Abelen S. 79.); Ficulea (j. della Eefarina auf dem Monte della
Greta, wo fih die berühmte Alimentarinfhrift und andere Denkmäler fanden,
vgl. Marini Iscriz. Alb. p. 42. und Zoega Bassiril. 32. 33.); Crustu-
merium (wahrfcheinlih auf einem ver Hügel längs der Via Salara, ws
fi unweit des achten Meklenſteines alte Gräber finden, vgl. Abeken ©. 79.);
Fidenae, in der Nähe des M. Sacer (wahrſcheinl. zu beiden Seiten ber
Dia Salara auf dem ifolirten, Tegelfürmigen Hügel von Caſtel Giubileo u.
einem ihm gegenüber liegenden, künſtlich geebneten ZTuffteinfelien, welche
beide Felſengräber enthalten, Abeken ©. 79. u. 254.); Antemnae, beim
Zufammenfluffe des Anio und Tiber. (Vgl. über die zulegt genannten
Drte überhaupt vie Atti dell’ Acad. Pont. V. p. 201-—285.) Südlich vom
Anio folgt nın Roma felbft und in feiner Nähe mehrere Eleine Orte: Bovillae
(Ruinen bei der Ofteria delle Fratocchie zur Mechten der Bia Appia jenjeit
des zwölften Meilenfleind, vgl. Babroni im Giorn. Arcad. XVII. p. 371.
und XIX. p. 251.); Apiolae und Mugilla, weRli vom vorigen (auf zwei
durch den Foſſo delle Fratocchie getrennten Tufhügeln, die beide antif:
Mauerrefte zeigen, Nibby L p. 218. u. II. p. 387.); dann von bier bis zum
Tiber Ficana (j. Tenuta di Dragoncello, Abefen ©. 69.), Politoriun.
(auf dem jähen Tufhügel der Torretta, Nibby I. p. 571.), und Tellenze
(auf dem Hügel der Giostra, den Hügeln von Apiola gegenüber, mit ke
deutenden Ueberreſten der quadratiſchen Mauer, Nibby IH. p. 129. 145.)
Die wichtigfte Stadt des Albanergebirged war Alba Longa (auf einem hober
Zavawalle, der den Albanerfee im NO. einihließt, vgl. Gell I. p. 30.,.
auf deren öfllicher Seite fih der S. 809. erwähnte M. Albanus, fo wie au
der andern, unterhalb des nördlichen Seeranves, das Ihal und die Duelle der
Berentina (f. oben S. 806 ) befand. (Dienahe Höhe von Rocca bi Papa, meld:
Niebuhr 1. S. 221. für die alte Citadelle von Alba jelbft Hält, irug nat
Abeken S. 65. vielleicht den alten albanifden Ort Fabia, fpäter ald röm
Kolonie arx Albana, Plin. III, 5, 9., und vie Höhe von Marino, wenig
ſtens nach Inichrifien bei Gruter CCCXCVII, 3. und Fabreiti p 688., vie
ih bier fanden, den Ort Castrimoenium.) Aricia, ſüdlich von Alba (j. la
Riecia; die alte Stadt zog fih von dem öſtlichen hohen Mande des Uriciner:
thals bis auf deſſen ®rund zur Via Appia hinab, mie die Nele der alten
Peperinmauern zeigen, ®el I. p. 30. Der berühmte Dianentempel Iag
® MWahrefcheiurih wurbe die Stadt ſelbſt wicht erft von Taraninins gegründet.
wie gewähntidh angenommen wird, fonbern nur gr Feſtung umgeihaffen und mi
einer römifchen Kolonie benßlfert, Vol. Abeken &, 72 f.
Latkamm '8f3
wahrſcheinl. am weſtlichen Rande des Nemifees in ber Tiefe des Thales ;
denn der im eigentlichen Nricinerthale noch erhaltene Tempel ift nah Abeken
in den Annall. dell’ Inst. 1839 und Mittelital. S. 65. nur eine Nachbil⸗
Dung von jenem). Berner Lanuvium (j. Civita Lavigna auf einem vom
Krater des Nemijeed gegen vie fünlihe Ebene vorfpringenden DBergrüden,
mit quadratiſchen Tufmauern, Bell II, p. 49., und einigen Spuren bed
alten, berühmten Junotempels, Abelen S. 215f.); Corioli (wahrſcheinlich
auf ven Monte di Giove zwiichen der Spige des Aricinerthaled und der
Höhe von Lanuvium, Abeken ©. 66.); Tusculum (j. Frascati, auf einer
Kuppe des nörblichen Gebirgärandes mit quabratifchen Peperinmauern, Nibby
1. p. 329., einem uralten Thor, Canina Descriz. dell’ antico Tusculo
p. 121., einem Theater aus der Kaiferzeit, Ganina p. 118 ff. und Felfen⸗
gräbern, Abeken ©. 254.); Labicum (ſj. Colonna am Auslauf des Albaner-
gebirgs gegen bie nördliche Ebene, Abeken S. 68.); Corbio (an der Stelle
von Mocca Priore oder. dem Ende der Nordfeite des Albanergeb., Holften.
ad Clurver. p. 162.); Algidum (auf der Spibe zwiſchen dem nörkliden und
öſtlichen Gebirgsrande, aljo am Unfange des M. Algidus, Abeken a. a. DO.)
und endlich Velitrae (j. Velletri, am Abfall des öſtlichen Kraterrandes gegen
die füblide Ebene, Abeken ©. 69). In der Ebene vom Anio bis zum Thale
des Treruß und dem Saum ded Aequergebirged lagen: Collatia (j. Caftel-
laccio am rechten Ufer der in den Anio fließenden Oſa unweit Lunghesza,
mit Ueberreſten der alten Mauern und eines großen Grabhügels, Nicolai in
Atti dell’ Acad. Pont. V. p. 31 —35. und Abeken S. 247.); Gabii,
ſüdöſtl. von ver vorigen (die alte Stadt auf einem Tufhügel an der Stelle
des Tenimento di Gaftiglione, 10 Miglien von Rom, zur Rechten ber Bia
Praneflina, die neue fich von da bis zu den Ufern des oben erwähnten,
jet ausgetrockneten Sees herabziehend, mit Meften eines aus der letzten Zeit
der Republik herrührenden Tempels, Nicolat in Atti dell’ Acad. Pont. V,
p. 1-31. und Abeken gli antiche tempj di Gabj ed Aricia in Annal. dell’
Inst. 1840.); Aesula (auf vem Cole Kauftiniano, einer vom M. Afflano gegen
das Gebiet von Pedum vorfpringenden Bergzunge, Nibby I. p. 30.); Tibur (j.Ti-
voli, am Abhange des Gebirges, zur Linken des in die Ebene ſtürzenden Anio,
mit wenigen quabrat. Mauerreften, Nibby IH. p. 187.); Empulum (j. Ampi-
glione mit Ueberreſten cyElopifcher Mauern, Gel I, p. 315.); Sassula (wahr⸗
fcheinlich die großen polygon. Ringmauern von Kalkſtein über dem Flüßchen
Arci, nad Sicifiang hinauf, Nibby III. p. 63.); Scaptia (vielleicht die qua⸗
drat. Tufmauern der alten Citadelle von Paflerano, Nibby III. p. 70.);
Pedum (höchſt wahrſcheinlich dad heut. Ballicano, Nibby II, p. 592.); Prae-
neste (die Burg hoch auf einem Felſen des Aequergeb., vem Algidus gegen-
über, durch Schenkelmauern mit der untern Stabt, an der Stelle des heut.
Baleftrina, verbunden ; mit Meberreften polygon. Mauern und Thürme, Abefen
©. 76. 131. 163.); Bola (nad %irorint Mem. delle cose trovate nel
territorio della citta di Labico, Rom. 1754. 4. dad heut. Lugnano, vgl. Abeken
©. 76.); Tolerium (höchſt wahrſch. auf einem iſolirten Tufhügel am Ein-
gange des Trerusthales, von zwei Bächen umflofien, die dem Trerus, der
nad Ovid. Fast. VI, 565. auch Tolenus [richtiger wohl Tolerus] Hieß, zu⸗
fließen, Nibby IH. p. 369.). Es folgen nun bie Städte im Trerusthale
fel6ft und am Abhange des Volsker- und Hernifergebirges: Signia (j. Segni,
mit merfiwürbigen Veberreften polygoner, wohl fpäter umgebauter Mauern,
Ann. dell’ Inst. 1829. p 57. 85. 358. Mem. dell’ Inst. I, p. 91.. Abeken
&. 148., uralter Thore, Abeken S. 160. und Taf. II. umd eines ebenfo
alten Tempels, vgl. Sickler's Befhreibung u. Abbildung in den Guriofltäten,
3. V. ©. 311ff.); Verruca oder Verrugo (auf dem ifolirten Hügel von
Golleferro am Buße des Volskergeb, Nibby III. p. 472); und die Gignia
sie Laliauk
ſchräg gegenüder liegende Baupiflabt ver Herniker Anagnia (f.. Anagni, von
deren alten Mauern und Bauwerken ſich nichts erhalten zu haben ſcheint,
vgl. Abeken S. 147. Note 11.). Auch Ferentinum (j. Zerento, mit an-
fehnlihen Ueberreften der alten Burg und ypolygon. Mauern, vgl. Mad.
Dionigi Viaggi in alcune cittä del Lazio. tav. II. Bunſen in Ann. dell’
Inst. 1834. p. 144.) und Frusinum (j. Srofinone) auf dem Kernifergebirge
feinen, obgleich fie nicht ausdrücklich Tateinifhe Städte genannt merden,
doch wenigftens feit den älteften Zeiten mit den L2ateinern verbündet gemwefen
zu fein. Auf dem das Shal bes Trerus im ©. begrenzenden Volskergebirge
lagen das frühzeitig zerftörte Artena und nahe dabei Beetrae, beide an ber
nördlichen Spike des Gebirgs (die cyflopiihen Mauern einer alten Stadt,
welche bier unweit Monte Fortino, dem Algidus gegenüber, fi finden, werben
von Gel für Die Leberrefle von Artena, von Abelen aber &. 75. für die
von Eceträ gehalten); Cora (ij. Eort, mit Eolofialen, cyklop. Mauerreften,
Abeken ©. 75. u. 148.); Norba (j. Norma, auf der Höhe eines Berges,
an dveffen Weftjelte ber Nymphäus feine Quelle bat, mit alten Mauer- und
Tempelteflen, Monum. dell’ Inst. I. tav. 1—3. Ann. dell’ Inst. 1829.
p. 71 ff. vgl. au Niebuhrs Röm. Geſch. II. ©. 20. u. Abefen ©. 132.
Rote); Sulmo (nicht mit der gleihnamigen Stadt der Peligner au verwech⸗
feln, j. Sermoneta); Setia (j. Serza, mit fehr alten, quabrat. Mauerreflen,
vgl. Weſtphal Röm. Camp. S. 53. u. Abeken ©. 74. Note4.); Privernum
(ij. Piperno am Amaſenus). II. In Latium novum: a) im Küſtenſtriche
von Circeji bis Sinueffa oder am ſüdlichen Abhange des Aurunfergebirges:
Anzur, fpäter Terracina (und fo noch jegt, mit Ueberreſten ver.alten Cita⸗
delle auf einem Gebirgsabhange, jeßt Montecchio genannt, Ann. dell’ Inst.
1834. p. 414. tav. 9.); Fundi (j. Fondi, mit Mauerreften, bie aber in
ihrer jehigen Geftalt ein fpätrömifhes Bauwerk find, Gell, Stäbtemauern
Taf. 45. u. Abeken S. 148.); Caecubum (f. Caſtell Betere, fünöfl. von
Fondi); Formiae (an der Stelle des heut. Mola, vgl. Notarjanni Viaggio
per I’ Ausonia, Nap. 1814. 4.); Caieta (an dem nad ihr benannten Meer-
bufen, j. Gaeta); Minturnae (am Audfluffe des Liris, j. Trafetto, vgl. No⸗
tarjanni im angef. W.); Sinuessa (jenfeit des Liris, dicht am Meere, die
Grenzſtadt des fpätern Latiums, j. Mondragone). b) Weiter im innern
Gebirgslande der Volsker und Aurunfer: Interamna (am Zufammenflufle der
Melfa mit dem Garigliano); Aquinum (in der Ebene gegen die Melfa bin,
j. Aquino, mit Trümmern polygon. Mauerwerfs); Casinum (am füplicdden
Abfall des Gebirges gegen die Ebene hin, die Burg auf der Höhe an der
Stelle des heut. Kloſterd Monte Baffino, Muinen der Stadt beim heut. Gt.
Germano); Atina (an der Duelle der Melfa, führt noch immer den alten
Namen); Arpinum (j. Arpino, an dem von Sora auffleigenden @ebirge,
unweit des in ben Liris fließenden Fibrenus, vgl. B. R. Abeken, Giceros Geburts
flätte, Hannov. 1835. u. Mittelital. S. 96., beſonders aber Groſſi Lettere
istorico-filol. delle antiche cittä dei Volsci. Nap. 1816. 8. im 3ten ®be.);
Sora (welches noch immer den alten Namen führt); Fregellae (oberhalb des
Zufammenflufied des Trerus und Liris an ber Stelle des heut. Geprano,
die alte Stadt aber oben auf dem Berge, mo dad heut. Arce noch immer
ben Namen und die Trümmer der Burg bewahrt, vgl. Notarfanni im angef.
W. u. Abelen ©. 94.). Außer den fo eben genannten Werken vgl. über
Latium novum aud) Perrotta Sede degli Aurunci. Nap. 1737. 4. u. Mafl
Memorie istoriche degli Aurunci. Nap. 1761.4., zum Theil au Giarlanti
Libro delle memorie istoriche del Sannio. Campobasso 1823. 5 Voll. 4.
@iuftiniani Dizionario geogr. del regno di Napoli. Nap. 1797. 10 Voll. 8.
u. Nomanelli Antica topograf. istorica del regno di Napoli. Nap. 1819.
8 Voll.4.; über Latium antiquum aber außer ven ältern Werken von Kirher
— — — — — — — m ⸗ 3 vn
Kuala 915
(Latii tum veteris tum novi descriptiv. Amstel. 1671. 4.) Bulpius (Vetus
Latium profanum. Rom. 1742. 4.) u. U. befonders Will. Bell The topo-
graphy of Rome and its. vicinity. Lond. 1834. 2 Voll. 8. (mit einer treff-
lichen Karte). Ant. Nibby Analisi storico-topografica-antiquaria della carla
dei contorni di Roma. Rom. 1837. 3 Voll. 8. Ganina Storia e topo-
grafia della Campagna rom. antica. Rom. 1840. (ifler Bd.) u. Wilhelm
Abeken Mittelitalien vor ben Zeiten der römiſchen Herrſchaft; nah feinen
Dentmälern dargeflellt. Stuttg. u. Tüb. 1843. 8. mit 11 Taf. Steinpr.,
auch Weſtphal Die Roͤm. Campagna in topograph. u. antiquar. Hinſicht
dargeftellt. Nebſt einer Gharte der röm. Bampagna u. einer Wegecharte des
alten Latium. Berl. 1829. 4. [F.
Latiem in feinem ſtaatörechtlichen Verhältniß zu Nom.
Nachdem die älteflen Könige Roms feit ver Mythenzeit mit dem Latinerbund
ein gegenfeitiges Rechtsverhältniß eingegangen hatten, welches zwar durch
häufige Kriege mehrmals unterbrochen, aber immer wieder erneuert worben
war (fon unter Romulus, Bd. IH. ©. 497., unter Tullus Hoftil., Liv.
I, 32, Dion. II, 34. 37. Feſt. v. Septimontio, unter Anc. Marcins,
Dion. IN, 37—39. 49. Liv. I, 35.88., unter Tarquin. Priscus, Lio. I, 88.
Dion. IN, 49—54.), wurde dur Servius Tullius die Aufnahme Noms in
den latin. Bund bewirkt und der Dianentempel auf dem Aventinus ald ges
meinfames Seiligthum für Mömer und Latiner anerkannt. Die Säule, auf
welcher der Bundesvertrag eingegraben war, fol fi in dem Tempel viele
Jahrhunderte erhalten haben, Liv. I, 45. Varro 1. 1. V, 8. Feſt. v. ser-
vorum p. 343. Müll. Dion. IV, 26. X, 32. Beder, Handb. d. röm. Alterih.
1. ©. 451. Niebuhr, Röm. Geſch. I. S. 406f. Wine große Veränderung
trat mit Targquin. Superbuß ein, denn mährenn bie Stadt Mom in ber letzten
Zeit nit Höher berechtigt war, als jede andere Bunbeöflant, wußte Tara.
Mom zum Bundesoberhaupt zu erheben und die Latinerſtädte in eine gewiſſe
Abhängigkeit zu verfegen. (Die röm. Hiftorifer führten zwar fpäter die Ab⸗
hängigkeit der Latiner fon auf Serv. Tullius zurück, allein das geſchah
aus NRationaleitelkeit, ohne Hifter. Begründung.). Auch wurden die Truppen
vereinigt, dergeſtalt daß zu jeber Manipel eine römiſche und eine latiniſche Cen⸗
turie genommen wurde, Liv. I, 49 -52. Dion. IV, 45—48. In Beziehung
darauf h. die Latiner vAnxoo⸗ Roms, Bolyb. II, 22. Als religiöfes Band
(deffen Nothwendigkeit f. Bd. TE. S. 494.) dienten die feriae Latinae, f.
&.799f. Nah der Könige Vertreibung machte der Latinerbund fich wieder
unabhängig und führte Krieg mit Nom (Liv. II, 18. Dion. V, 50f. 61.),
aber nad der Schladt am Regillus wurde 498 v. Chr. Frieden und ein
foedus aequum gefchlofien, ſ. foedus, Bdo. III. &. 497. u. Liv. VIH, 2.4.
Gegenfeitige Civität (Ifopolitie) wurbe beflimmt, Dion. VI, 63. VII, 85.
70. 72. 76 f., das alte Connubium erneuert (Liv. I, 49. u. connubium,
Bd. II. ©. 591.), und Beſtimmungen über vie privatrechtlichen Verhältnifſe
getroffen, 3. B. Feſt. v. naneitor p. 166. Müll. Im Kriege fol der Ober⸗
befehl abwechſeln, Feſt. v. praetor p. 241. Müll.,, und die Beute in zwei
gleiche Theile getheilt werben, Liv. II, 41. Niebuhr, R. G. 1. ©. 17 ff.
43—48. In diefen Bund wurden 486 v. Chr. au die Herniker unter
gleichen Bedingungen aufgenommen, mit Ifopolitie und gleihem Bentenntheil
(natürlich zu einem Drittel), f. Bb. IH. ©. 497. u. Dion. VIII, 71f. 74.
76 f. Liv. IV, 29. Plin. H. N. XXXIV, 11. Niebuhr, Nöm. Geld. 11.
S. 93—100. Diefer Bund dauerte bis zur Ballifchen Invaflon 388 v. Chr.,
wo Latiner und Herniker von Rom abftelen und fih dann mit den Volskern
vereinigten, iv. VI, 2. 10 ff.; allein fon 358 v. Ehr. wurde das alte
gleiche Bundniß mit Latium erneuert, Rio. VII, 12. VII, 2. Polyb. Il, 18.,
und bie Sernifer wurden gepemütbigt, iv. VAL, 15. Niebuhr, R. ©. UL,“
816 Latium.
S. 102 ff. Die alte Einigkeit war aber doch geflört, Die Katiner erweiterten
felbRänbig ihren Bund, führten mehrere Kriege auf eigne Hand und traten
Nom gegenüber mit größerer Selbflänpigkeit auf, 3. B. Liv. VII, 28., was
die Römer um fo weniger ruhig anfahen, je mehr auch fie an Mat und
Umfang zugenommen hatten. Als aber die Latiner zum glüdlicden Ende nes
erfien famnitifhen Kriegs weientli beigetragen hatten, glaubten biefelben
mit um fo größerem Recht auf völlige Gleichheit mit Rom Anſpruch zu Haben.
Sie forderten, daß ihnen an der Negierung des Ganzen Antheil gegeben
und fomohl ein Gonful ald der Senat zur Hälfte aus ihrer Mitte genommen
wärbe. Liv. VIII, 3 ff. Die folgen Römer bewilligten viefe rechtmäßigen
- Forderungen nit, fondern führten einen Krieg, in welchem die Latiner unters
lagen, 338 v. Chr. Sogleich wurde der ganze Bund aufgelöst und mit
f&lauer Politik wurden die einzelnen latiniſchen Städte zerftreut und ſich ent-
frembet. Niebubr, R. G. IN. S. 162 ff. Mehre Städte erhielten nemlich
die römische Civität mit größerer oder geringerer Berechtigung, worüber das
Nähere bei municipium nachzuſehen ift, 3.3. Lanuvium, Aricia, Nomentum,
Pedum und Tusenlum; Tibur und Pränefte verloren einen Theil ihres
Orundeigentbums, bebielten aber ihre Freiheit; den andern Städten wurben
connubia commerciaque et concilia inter se verboten, Liv.
VIII, 14., d. 5. der Latine bat commercium und connubium nur in ber
Stabt, in welcher er lebt, und jede gemeinfhaftlihe Verfammlung ift ver-
boten. Alle Städte, melde nicht die Givität erhalten hatten, blieben röm.
socii in abhängigem Verhältniß und wurden unter dem Ramen nomen
Latinum ober Latini zufammengefoft. Da das alte Bunvesverhältnig
der Zatiner unter einander zerflört war, mußten fle fid um fo enger an Nom
anfließen, von dem fie allein Bortheile erwarten durften, und fo murbe
ihr Berhältnig immer enger, wozu fi auch noch das Gefühl der alten Ber-
wandiſchaft und ver vieljährigen Verbindung gefellte. In diefer Rückficht
thaten auch die Romer dad Ihrige, das Band Immer feſter zu fchlleßen und
die Latiner immer inniger an fi zu Fetten; fie machten ihnen Zugeſtändniſſe,
wodurch fie fi mweienslih vor den andern Socii außzeldäneten und nahmen
aus ihrer Mitte zahlreide Goloniflen, die in alle Gegenden Italiens gefchidt
wurben, welche übelgefinnt gegen Mom waren und deßhalb äußerer Aufſicht
und Smangsmittel bedurften. So entflanben die zahlreichen, unter Roms Ober-
boheit ausgeführten Iatinifhen Colonien, melde ebenfalld unter dem
nomen Latinum mitbegriffen werben, wenn fie auch weit über den Grenzen des
alten Zatiumsd lagen. Mabvig opusc. acad. 1. p. 262 ff. u. ob. S. 806. Diefes
nomen Latinum trat immer ſchärfer als eine Mittelftufe zwiſchen Bürgern
und PBeregrinen hervor, ohne daß wir genau angeben Eönnten, in welcher
Zeit und in welcher Aufeinanderfolge ihnen vie einzelnen Zugeflänpniffe von
Rom verwilligt worden find, ja es können auch jeßt noch einzelne latiniſche
Städte befondre Vorzüge vor den andern gehabt haben. Wahrfcheinlih er»
hielten fie zuerſt das ihnen bei Auflöfung des Bundes unterfagte conmmubium
unter einander wieder, denn da es fogar die Hernifer wieber befamen (Liv. IX,
43.), fo ift unwahrſcheinlich, daß die Latinen hierin niedriger geſtellt geweſen
feyn follten. Peter in Zeitſchr. f. Alterthumswifſ. 1844. Nr. 27. Dagegen
iſt die Annahme Walterd (Neitögeih. ©. 261.), daß fle das früher aller
dings beflandene connubium mit Mom behalten hätten, zu verwerfen (Mabdvig,
opusc. I. p. 274 ff., v. Bangerow, bie Latini Juniani &. 92. 122 ff., Beier
am a. D. find au dagegen), denn dann wären bie Latinen auf gleicher Stufe
mit Rom geweſen, während fie doch ſtets ale abhängig dargeſtellt werben,
und dann würden bie römiſchen Bürger, welde fi in Tatinifhe Golonien
einfreiben ließen, nicht media cap. dem. erlitten haben (Bp. II. &. 510.).
Dazu kömmt, daß bie fpäteren Latini Juniani ebenfalls des connubium
Latium 817
entbehrten. — Noch weniger iſt zuzugeben, daß ben Latinern aktiver Antheil
an ven röm. Gomitien (ius suffragii) zugeflanden habe, obgleich es Niebubr,
Röm. Seid. II. ©. 86. 89. IH. S. 620., Walter S. 261 f. und früher -
Sigonius annahmen. Unentfhieben äußert fi darüber v. Savigny, in Zeitichr.
f. geld. Rechtowiſſ. IX. S. 318., dagegen aber Madvig p. 272 f., Hufchke,
Verfafſf. des Serv. Tull. ©. 649 f., Puchta, Inftitut. I. S. 232. u. Rein,
Nöm. Privater. S. 47., fo wie in Allg. (Hall.) Lit Zeit. 1843. Nr. 2093.
Das Grundweſen ded Bundesverhältnifſſes fpriht ganz dagegen, denn wenn
ein socius Stimmrecht erhält, fo wird er civis und hört auf socius zu feyn;
auch iſt die oben erwähnte media cap. dem. der röm. Bürger in latin.
Colonien in Anſchlag zu bringen. Wie wäre e8 ferner zu erflären, wenn
die Latiner, großentheild durch Waffengewalt unterworfen, ein Recht erhalten
hätten, welches nicht einmal bie treuen municipia Befaßen, wenn es ihnen
nicht befonderd ertheilt worden war? Auch mürde C. Sempron. Grachus
nit fo große und vergeblide Mühe Haben anmenben dürfen, den Latinen
ius suffragii zu verfchaffen, wenn fle es ſchon vorher gehabt Hätten, Blut.
C. Gracch. 8.9. @benfomenig würben die Latinen aus Mom hinausgewieſen
worden feyn, wenn fie fh, um mitzuflimmen, heimlich eingeſchlichen hatten,
f. Liv. XXXIX, 8. XLI, 8. Huſchke, Verfafſſ. des Serv. Tull. ©. 650.
Endlich, die für da8 Stimmrecht ber Latinen citirten und zu citirenden Bes
mweisflellen find Teicht zu befeitigen. Liv. XXV, 3. sitellaque allata est, ut
sortirentur, ubi Latini suffragium ferrent iſt entweder corrupt (weßhalb Huſchke
am a. D. und vorber Weiffenborn, in einem Eiſenacher Schulprogr. von
1833 ſcharffinnig emenbirten: ut sortirenturtribus et statim suffr.
ferrent), oder man muß den Ausbrud Latini fo erklären, daß e3 nur die
Zatiner bezeiäänete, welche wirklich feit Tintermerfung des Bundes Civität
und Suffragium erhalten hatten, |. Puchta, Inflit. I. S. 232. No viel
weniger ſchlagend find Appian b. c. I, 23. u. Dion. VIII, 72., aber ganz
unpaflend iſt Eic. p. Sest. 13., f. Nein, in it.Zeit. am a. D. — Unzweifel⸗
Haft ift ein anderer Theil des Bürgerrechts, melden die Latinen befaßen,
nemlich da8 commercium (Madvig p. 279 ff. Walter S. 261 f.), mie fo»
wohl daraus zu erfehen ift, daß ein Latine mancipiren burfte (Xiv. XLI,8.),
als daß bie fpäteren Latinen das commercium nad allen Duellenzeugniffen
Gefaßen. — Auch waren den Latinen mehre Mittel und Wege dargeboten,
auf denen fle volle Givität erringen konnten, nemli 1) jeder Latine Eonnte
nad Rom ziehen und dort ald Bürger cenfirt werben, fobald er tn feiner
Heimath einen Sprößling zurückließ, Liv. XLI, 8.; 2) Jeder, der In feiner
Heimath eine Magiftratur bekleidet Hatte, wurbe dadurch röm. Bürger, Asc.
in Cic. Pis. p. 3. Orell. App. b. c. II, 26. ®ai. I, 96. Strabo IV, 1.
Dap dieſes zweite Vorrecht nicht auf die neuere, den Transpadanern u. U.
er theilte Latinität zu beſchränken ift, wie Niebuhr II. S. 90 f. meinte und
Savigny wenigftend nit in Abrede ſtellte (Zeitfehr. f. geſch. Rechtswifſ. IX.
S. 316.), hat fowohl Walter S. 262 f. als Nubino in Zeitſchr. f. Alter-
thumewiſſ. 1844. Nr. 110. richtig bemerkt. 9) Nah Cie. p. Balb. 24.
ſcheint es, als ob die Latinen durch lex Servilia repet. den Vorzug gehabt
hätten, röm. cives zu werben, wenn fie einen röm. Magiftratus der Erpreffung
überführten; allein die Worte ber lex Servil. cap. 23. ed. Klenze beweiſen,
daß ein jeder Peregrinus auf diefe Weiſe die Givität erringen konnte.
Ein anderer Vorzug der Iatin. Städte war Freiheit in ihren Innern Verhält⸗
nifſen und eigener Genfuß, welche Freiheit ihnen nur ausnahmsweiſe ge⸗
nommen wurbe, Liv. XXIX, 15. Die Behauptung, daß die Latinen das
Vorrecht gehabt hätten, im Kriegspienft Keine Törperliche Züchtigung zu er⸗
Halten, iſt unriätig, denn Sal. Jug. 69. wird das Gegentheil gefagt. Gin
Bauly, Real⸗Eueyclop. IV. 52
818 Latiam
Vorſchlag war zwar von Livius gemacht worben, muß aber nicht durchge⸗
gangen feyn. Blut. C. Gracch. 9. Peter am a. D. Daß diefe Mittelftufe
der Xatinen ober des nomen Latinum nit nad Zerflörung bes Tat. Bundes,
ſondern erft 209 v. Chr. entflanven fei, indem bie Nömer 18 treugeblicbenen
Iatin. Städten (als 12 abgefallen waren) zur Belohnung für ihre Treue das
commercium u. a. Vorrechte ertheilt Hätten und daß die Nömer dieſes Rechts⸗
verbältnig fpäter auch auf die andern latin. Städte u. a. Communen über:
getragen, conficirte v. Savigny in den Abhandl. der Berlin. Akad. 1816.
&. 201—208. u. in f. Zeitſchr. V. S. 229—241., ebenfo IX. ©. 318 f.,
und Mehre billigten diefe Bermutbung, } DB. Creuzer, Rom. Antig. S. 308.,
und auch ber Verf. d. Urt. war früher biefer Anſicht; zum Theil auch Huſchke,
Berfaff. des Serv. Zul. S. 572 f. Allein diefe HOypotheſe beruht nur auf
Emendation der Stelle Eic. p. Caec. 35., wo Savigny aus XII die Zahl
XIIX mat, und auf einer — — bedenklichen Combination dieſer Zahl mit Liv.
XXIX., 37., wo es h., daß XII ungetreue Colonien zur Strafe nach röm.
Cenſus hart beſteuert worden wären. Nun combinirt Savigny, bel dieſer
Gelegenheit hätten 18 treue Colonien zur Belohnung da® commercium er⸗
Balten, und diefe feien bie bei Gic. durch feine Ementation hervorgebrachten
18 Städte. Doch man muß bedenken, daß die 12 beflraften Golonien das
commercium bereitö befaßen, denn fonft ‚hätten fie nicht nad röm. Genfus
gefhägt werden können. Ste behielten das commercium und verloren nur
die felbfländige Abhaltung des Cenſus; alſo Fann man nit annehmen, daß
die 18 treuen Golonien das commercium erſt jebt erhalten hätten (f. Huſchke
am a. O.). — Man kann aus Cie. 1. 1. nichts weiter folgern, als daß das
commereium der latin. Stäbte nicht überall das Recht der teflamentariicden
Erbfähigfeit in fich begriff, |. gegen Savigny Puchta, Inflit. I. S. 236 fi.
und v. Vangerow S©.93—99. Der Urfprung ber Latinität als einer Mittels
flufe zwifchen Bürgern und Peregrinen iſt ſonach nur in ben nad Auflöfung
des Bundes nad und nah gemachten Anorbnungen zu fuchen, wie oben dar⸗
geftellt it. — Ganz anders geflalteten fi die Verhältniſſe der Latinität nach
dem Bundesgenofientrieg, denn lex Julia machte 90 v. Ehr. alle Tatinifchen
Städte (meiftend Golonien) zu Municipien mit voller röm. Givität, ic. p.
Balb. 8. Gell. IV, 4., fo wie lex Plautia Papiria den andern Staaten Ita-
liens die volle Givität verlieh. Das ius Latii, welches ſchon vorher feine
urfprünglide Beziehung auf einen Landſtrich verloren hatte, verſchwand nun
in Italien gänzlich, wurde aber von jetzt an als ein aller nationalen Grund»
Sage entbehrenbes Rechtsverhaͤltniß künſtlich auf ſolche Gemeinden überge-
tragen, welche außerhalb Italiens Jagen. Zuerft wurden durch En. Bom-
pejus Strabo die transpabanifhen Städte zu latin. Golonien erhoben, fe
bag alle Einwohner das ius Latii erhielten (mit commercium und den ans»
bern Vorrechten dieſes Standes), gleichſam als DBorbereitung für bie ihnen
fpäter zu verleihende Civität, Ascon. in Pis. p. 3. Or. Cic. ad Att. V, 11.
v. Savigny, Zeitſchr. f. geih. Rechtsw. IX. ©. os ff. u. d. Urt. civis, ®b. II.
©. 394. Auch andere fremde Städte erhielten das ius Latii, ebenfo manche
feit diefer Zeit wirklich debucirte Golonien, 3. B. Novumcomum von @äfar
gegründet, App. b. c. II, 26. Mabvig, opusc. acad. p. 291.; fogar ganze
Voͤlker erfuhren dieſe Auszeichnung, 3. B. Sicilien, Cic. ad Att. XIV, 12.
Blin. H. N. IH, 14., ganz Spanien durch Befpaflanus, Plin. H. N. IIL, 4.
S. no die Verleihungen der Latinität, erwähnt bei Suet. Aug. 47. und
Spart. Hadr. 21. Das Recht diefer neuen außeritalifgen Latinität
war wahrfäpeinli von dem ber alten Latinität vor lex Julia wenig abwei⸗
chend, obgleih Niebuhr, Nöm. Bei. II. S. 90 ff. behauptet, die neuen
Zatinen hätten ein geringeres Mecht gehabt, als die alten, und deßhalb Habe
bad ältere Recht maius Latium, das neuere minus Lat. geheißen (ges
— — — — — — — — ww wm vi (ES 3 „Wi 4 ⏑ (5
— — — EWR — — — — ——
Latium 819
billigt v. Savigny, in Zeitfär. IX. ©. 317.). Allein diefe Namen gründen
ſich nur auf eine lückenhafte Stelle des Gai. I, 96., wo minus latum
vorkommt, was Niebuhr in Latium verwandelt, und minus latum gibt
einen guten, in den ganzen Zufammenbang pafienden Sinn, nemlih: das
Recht der Latinen, durch Aemter die Givität zu erwerben, iſt von geringerem
Umfang (minus latum), indem nur die geweienen Magiſtraten felbf Bürger
werden, nicht aber ihre Kinder. So Puchta, Inftit. I. S. 233. ©. gegen
Niebuhr noch ferner Mabvig p. 278. u. Rubino, Zeitfgr. f. Alterthumsw.
1844. Nr. 110. Bine Verſchiedenheit der älteren und neueren Latinität ver»
mögen wir bei der Kargbeit der Quellen nicht zu erkennen, und am wenigften
it etwas davon and Gaius zu erfehen. Wir wiflen nur, daß bie neuen
2atinen commercium beſaßen, Ulp. XIX, 4. XI, 6., und des connubium
entbebhrten, Ulp. V, 4., beides wie von Alters. Diefer Reüteruften: der
neuen Latinen wurbe Vorbild und Grundlage für das Verhältniß der La-
tini Juniani, f. ©. 800f. Auch feinen noch andere Freigelaſſene Latini
geworden zu feyn, ohne die Beſchränkungen der Latini Juniani aufgelegt zu
erhalten, ſ. Lat. Jun. Mit Garacalla Härten alle latiniſchen Gemeinden im
röm. Neih auf, f. civis, Bd. II. ©. 395.; jedoch entflanden ſtets wieder
von Neuem Latini, nemlich durch Sreilaffung von Sclaven, deren Herrn felbft
Zatinen waren, pder deren Herrn, wenn fie Bürger waren, nicht Alles zur
völligen Freilaſſung Gehoͤrende beobachtet hatten. Auch die Kinder der Frei⸗
gelafienen find Latini. — So wenig glänzend auch die Mittelftufe der Lati⸗
nität in diefer Zeit war, fo war fie doch infofern von Wichtigkeit, als den
Zatinen viele Wege offen flanden, zum vollen Bürgerrecht zu gelangen, was
fie durch Ermerbung des ihnen fehlenden ius Quiritium erhielten, |. S. 662.
Die den Latinen dargebotenen Erwerbungen ber Givität find zur Zeit ber
großen Iuriften folgende: 1) dur Bekleidung einer Magiftratur in einer
latin. Gommune, f. ©. 817.; 2) durch causae probatio, f. d. Art., Bb. II.
&.228f.; 3) durch iteratio (jedoch nur. für den Latinus Junianus, f. ©. 800.
a. @.); A) durch einige andere fpeziele Wege, nemlich durch ſechsjährigen —
fpäter dreijährigen — Kriegsdienſt unter den Bigiles in Rom, nad lex Visellia,
f. d. Art., Ulp. II, $., oder wenn ein Latine in Mom ein Haus baute,
worauf er einen gemiflen Theil feines Vermögens verwendete, Ulp. III, 1.
Gai. 1, 33.; desgleichen wenn ein Latine ein Schiff baute und bamit ſechs
Jahre lang Getraive nah Nom führte, Suet. Claud. 18f. Ulp. HI, 6. Gai.
1, 34. aber, semestr. I, p. 170.; auch wenn ein Latine Mühle und Bäderel
(pistrinum) anlegt (mwahrfcheinlihd in Rom), Ulp. II, 1. Endlich wird bie
Latina röm. Vürgerin, welche dreimal geboren hat (ter enixa), vermöge
eines Scons., Ulp. II, 1. Paul. IV, 9, 8. Gonftantinus beflimmte, ver
Latine, welcher einen Iungfrauenraub anzeige, folle Bürger werben, 1.1. $.4.
C. Th. de rapt. virg. (9, 24.). 5) Auch konnten die Latinen durch kaiſer⸗
liche Verfügung dad Bürgerrecht erhalten, 3. B. Plin. ep. X,4.105. Ulp.
II, 2. So madte Garacalla mit einemmal alle Latinen zu Bürgern, ohne
jedoch dadurch den Stand derſelben abzuſchaffen. Erft Juftinianus bob bie
Mittelftufe der Latinität ganz auf, f. Bd. II. ©. 395., und fo erloſch diefer
Name, welcher im Berlauf der Zeit zur Bezeichnung fo manchfacher Ver⸗
Hältniffe gedient hatte, nemli um es kurz zufammenzufaflen: In der Älteften
Zeit bezeichnet Latinität das Verhältnis des latin. Bundes zu Nom, ſodann
das Net der Iatin. Golonten in Italien, varauf das Verhältniß der Pros
vinzen und Städte, welde das Recht der Latinität erhielten, auch wenn keine
Iatin. Golonien dahin geführt worden waren, enblih das Rechtsverhältntß
von gemiffen Breigelafienen. — Literatur: Sigon., de antiq. iure Italiae
I. c. 2. 3. ed. Lips. 1715. I. p. 473 ff. Heinecc., syntagma, app. lib. I.
c. 2. p. 294 ff. Wahsmuth, Alt. Geſch. d. som. Staats S. 2959—270.
822 Laiöna
Delus diejenige Stätte, welde von den Meiften genannt wird, und zwar
bis auf die Eleinften Lokalitäten hinaus, nämlich da, mo das Flüßchen Inopus
aus dem Berge Kynthus hervorfirömt, Hymn. in Ap. im Anf. Kallim. in
Del. 206., an einem bafflnartigen Teih (Aus zooxosooa), Aeſchyl. Eum. 9.
Theogn. 7. Herod. II, 170. Kallim. in Apoll. 59. in Del. 261., wo bie
fonft feltenen zmei heiligen Bäume, ein Palmbaum und eine Dlive flanden.
Uebrigens auch Delus will Anfangs die 2. nit aufnehmen, bis fie ſchwört,
Apollo werde auf Delus feinen Sig auffhlagen. So wird, nmicht ohne weitere
Li (f. d. Art. Dlithyia, S. 105.), Apollo dort geboren, nachdem Artemis
zuvor in Ortygia (vgl. Hierüber Müller Dorier I. 877 ff.) zur Welt ge
fommen war. Nah der Geburt reicht Themis ihm Nektar und Ambrofla,
da die Mutter ihn nicht ſelbſt fäugt, Som. H. in Ap. 16 ff. 26 ff. 45 fi.
91—119. 123. vgl. Apollod. I, 2, 2. 4, 1. Kallim. in Del. 206 ff. Orph.
h. 34, 5. Dur die Geburt des Gottes war das Eiland fortan geheiligt,
fo daß Eein lebendes Weſen dafelbft ferner geboren werben oder flerben follte;
jede ſchwangere Mutter mußte nah Rhenea hinübergebradt werden. Strabo
X, p. 486. — In Betreff der Deutung diefer Sagen und ber Erforfägung
ihre Urfprungs find ſchon vielfah Verſuche gemacht worden, zumal ba
die Nachrichten Über die ägyptiſche Buto (f. d. Art., ®b. I. ©. 1204.)
dazu auffordern, insbeſondere mit Anknüpfung an die Ägyptifhe Mythologie
von Iablondty Pantheon Aeg. TI, 4. $. 1—13., womit zu vergl. Prichard
Darftelung der ägypt. Mythol., überf. von Haymann, ©. 137 ff., tiefer
eingehend von Hug über den Mythos 20. ©. 169 ff.; und in anderer Rich⸗
tung im Hinblick auf ortentaliihe und thraziſche Vorftellungen von Creuzer
Symb. u. Muth. 2ter Thl. ©. 524. 591., 3ter Thl. S. 118. (nah ver
dritten Ausg.) und Baur Symbol. II. ©. 254., welcher Letztere Leto und
Leda mit der indifgen Maja zuſammenſtellt. Auch dürfte zu vergleichen fein
das oben In unferem Art. Nithyia Gefagte, indem nad ben dort verfudhten
allgemeinen Orundfägen aud die Letofage in ihrer Beziehung zu andern nicht»
griechiſchen Quellen zu beurtheilen fein möchte. Indeſſen bieten gerade dieſe
Sagen von Leto. fo wenig feſte Haltpunfte dar, daß es gewagt wäre, über
das, mas Müller Dorier I. 310 ff. fagt, hinauszugehen: „Es iſt wohl nidt
u zweifeln, daß Leto die Dunkle und Verborgene iſt, nicht eben ald phy⸗
[he Macht, wie Mande erklären, Plut. bei Eufeb. praep. Ev. HI, 1.
Euſtath. zu N. I. p. 22. (vgl. au Jablonsky angef. St. und Schwend
etymol.mythol. Andeut. S. 292. Greuger 111. 118., der die Latona in Diefer
Beziehung mit Juno Mychia und Nychia ibentifizirt), fondern als noch ruhende
und unfichtbare Gottheit, aus welcher vie fihtbare mit energiſcher Klarhett
hervortritt. (So auch Natalie Comes II, 17. und Gerhard Bofflus de
orig. Idolol. II, 12.: Latona est materies — Chaos — universi, quae AnOe
@no ou Andeır dieta est, quoniam, antequam lux foret, omnia in tene-
bris delituerint.) Davon überzeugt ſowohl die Etymologie, als die Hefiodiſche
Theogonte, melde die Genealogie der Titanen Köus und Phöbe fiher aus
delphiſchen und deliſchen Lokalmythen gefhöpft hat. Phöbe und Köos zeugen
die Leto im dunfeln Peplos (xuarorenior), die fletd milde Göttin, die Mutter
der Tieblichften Kinder, und alddann die wohlnamige Aflteria, mit welder
der Titan Perfes die Hekate zeugt. Phöbe iſt die belle und reine, Koos der
brennende und leuchtende, Afteria ein Geſtirn, Perſes der Strablenne. Alle
biefe Weſen ſtehen alfo der Leto entgegen und ihr Berbäftnig kann nichis
Anderes als ein Heraudtreten aus Finflerniß in Lit und ein Zurüdigehen
aus diefem jn jene bebeuten. Der Myıhus von dem Umherſchwimmen der
Infel fol wohl nur den unrubigen und unfteten Zuftand bezeichnen, welcher
der Ordnung und Klarheit vorherging. Dur die Beilimmung , daß auf der
heiligen Infel Eein lebendes Wefen geboren werben ober flerben folle, wird
— — -- — — — — —
-. — — — . “- _ .-
KLatonse Incns — Lairis 823
angezeigt, wie Apollo ‘eine Abneigung Hat vor ber gebärenden Fülle der
Natur, die mit gleicher Luft am Produciren Wüftes und Unreines wie Reines
und Schönes ſchafft, und fi von ihr als etwae Befleckendem abwendet.“ —
Verehrung genoß Leto wohl meifl nur mit ihren Kindern zufammen,
Hymn. in Ap. 14 ff. So fland ihr Bild mit dem von Apollo und Artemis
au Megara, Bauf. I, 44., Tempel und Bild zu Argos, Pauf. II, 21, 10.,
n Amphigenea, Strabo p. 349. a. E., in Lycien, Strabo p. 669. a. E.,
bei Lete in Macevonien, Steph. Byz. s. v. Airn; Haine bei Kalynda in
Karien, zu Physkus, Strabo p. 651 f. vgl. Propert. II, 31. a, E. Böckh
Expl. Pind. p. 453. $irt mythol. Bilderb. V, A. [Mzr.]
Latense lucus (10 Antöor aioos, Strabo XIV, p. 651.), Hain
in der Peraea Rhodiorum an ver Küfte Gartens, unweit der Stadt Physcus,
norbmeflih von Caunus, und 60 Stab. von Galymna. [E.]
Latopölis, 1) ArtonoAx, f. Lato, S. 820. — 2) Amtovc noAıg
(Btol.), Stadt in Unterägypten, vgl. Plin. H. N. V, 9. [W.T. ‚
Latovict (Plin. III, 25, 28., Actoßınoı, Ptol. II, 15.), eine wahrs
ſcheinlich celtifhe (vgl. Zeuß, die Deutfchen ıc. S. 256.) Völkerſchaft im
ſüdweſtlichen Theile von Pannonien, am Fl. Savus, oder im heut. IAyrien
und Groatien. Bei ihnen erfiheint au ein Praetorium Latovicorum,
welches nah It. Anton. p. 259. an der Strafe von Aemona über Sidcia
nah Sirmi (Sirmium), 34 Mil. fünöflid von Aemona lag; etwa an ber
Stelle des Heut. Neuftäptl in IUgrien. [F.]
Latreus, Acrtosvs, ein Gentaur, welchen Pirithous erlegte, Ovid
Met. XII, 491. [Mzr.] . |
Latrins, urſprũnglich lavatrina, f. v. a. balneum, in der Form la-
trinum, Lucil. bei Non. IH, 131. Später ausfhließlih in der Bebeutung .
von anonarog, norzoor, Abtritt, vielleicht von dem entfpreddenden Orte der
Bäder fo gebraudt, aber vorzugsweiſe von Gemächern zum öffentliden Ges
braude (für ven häuslichen dienten lasanum und scaphium, f. d., doch vgl.
PBlaut. Curc. IV, 4, 24.: non pluris facio qvam ancillam meam qvae la-
trinam lavat, nebfl Matern. Math. VII.: qvicungve habuerit horoscopum'
in 28 parte arietis latrinas semper cloacasqve mundabit, und: cuius ho-
roscopus fuerit in secundo gradu tauri, baiulabit stercora, latrinas purga-
bit; au forica bei Juven. III, 38. tft vielleicht von vermietheten öffent⸗
lichen Abtritten zu verftehen, ſ. Borcellini s. v.); daher auch neben den
lupanaria erwähnt, Sueton. Tiber. 58., welde Tertull. de pall. 4. in
moraliſchem Eifer felbft auch latrinae nennt. Eine Einrichtung diefer Urt
waren in Rom die sellae Patroclianae, Martial. XII, 77, 9., und zum
Biffen die dolia curta, f. db. und vgl. unten Lavatio. Als Beihimpfung
Todter Tommt es vor, daß ihre Bilbniffe in latrinas geworfen murben,
Sueton. Ner. 24., was unter Juftinian einmal häretifhen Kirchenlehrern
wiverfuhr. Lieber das Verhältniß zu den cloacae vergl. Colum. X, 85.:
immundis qyaecumgqve vomit latrina cloacis; und im Allgemeinen Appulej.
Met. I, p. 57. Oud.: apage te foetorem extremae latrinae, vgl. ib. IX.:
omnia prorsus ut in qvandam coenosam latrinam in eius animum con-
fluxerant vitia (wie die cloacae confluunt in latrinam). Indeſſen genügten
die Öffentlichen Anflalten dem Benürfniffe nit ganz; menigftens findet ſich
oft auf Srabfleinen die dringende Bitte: hospes, ad hunc tumulum ne meias,
ossa precantur tecta hominis, Gruter. 792, 1. Fabretti IX, p. 604, 43.
u. ib. II, p. 110, 270.: qvi hic mixerit aut cacarit habeat Deos superos et
inferos iratos. Bgl. D. Jahns Perfius p. 110. [W.T.]
Laträs hieß 1) nah Plin. IV, 13, 27. eine Infel an der Nordküſte Gers
maniens vor dem Cylipeniſchen Meerb. in ber Nähe der Viſtula (oder Weichfel).
824 Latro — Latrunculorum ladus
Man Hält wohl biefen Meerb. am riätigften mit Harbuin, Wilhelmi u. U.
für den Nigaifchen, und daher Latris für die Infel Defel vor der Mündung
deſſelben. Mannert III. ©. 315. jebo u. U. nehmen den Cylipeniſchen
Meerb. für die ganze Süpfeite der Oſtſee und Latris für Die Infel Seeland. [F.)
2) die Sklavin, welche ihrer Gebieterin bei der Toilette den Spiegel
vorhielt (Auroıs von Aarpevo, vgl. Propert. IV, 7, 75. nomen ab usu).
Bol. Balden. zu Ammon. II, 4. p. 99. Böttigr, Sabina I. &. 133 f.
151f. [W.T.]
Latro, |. Porcia gens.
Latrocinium {fl das Verbrechen derer, welche bewaffnet auf Raub
ausgehen. Mord gehört nit zum Thatbeſtand biefes Verbrechens, obwohl
er als Mittel zum Raub oft damit verbunden iſt. Leber den Begriff f. Sen.
de ben. V, 14. Quinct. decl. 15, 4. Paul. Diac. h. v. p. 118. Müll.
Iſidor. X, h. v. p. 1079. ed. Goth. Uly. I. 24. D. de capt. (49, 15.)
u. 1. 118. D. de verb. sign. (50, 16.). Coll. VII, 3. Paul. V, 23, 8,
In der republitanifähen Zeit Romo murben bie latrones von ben Bonfuln
und Prätoren, in den Provinzen von ben Statthaltern beftraft und gemöhn-
lich Hingerihtet, f. Liv. XXXIX, 29. 41. App. b. c. V, 132. Na lex
Cornelia de sicariis fielen die latrones auch unter die Kategorie der Mörder,
was die ganze Kaiferzeit hindurch dauerte; doch konnten fie aud extra or-
dinem von dem praefectus urbi beflraft werden, Sen. de clem. II, 4. Sn
letzterem Fall konnte die Todesfirafe gefhärft werben, mas auch in befon-
beren Gegenden regelmäßig gefhah, 1. 28. $. 15. D. de poen. (48, 19.).
Coll. 1, 6. Sen. ep. 7. Betron..91. — Den latrones verwandt find die
grassatores, d. h. Wegelagerer, welche unbewaffnet auf Raub ausgehen.
Ihre Beftrafung war in der Kaiferzeit etwas milder, außer wenn fie Waffen
führten oder in Banden vereinigt waren, denn in beiden Fällen verfallen fie
der Tobeöftrafe, 1. 28. 6. 10. D. de poen. (48, 19.). Sueton. Oct. 32.
©. noch sicarii und piratae. Nein, Röm. Eriminalr. ©. 424. [R.]
Latram (Tab. Peut.) oder Latra (orum, Notit. Imp. c. 29.), ein
Kaftel in Moesia Inferior an der längs der Donau Hin von Oedeus nad
Artopolis führenden Strafe, 9 Mit. öflih von ad Novae (etwas öſtlich
vom heutigen Siftowa in Bulgarien?). Es Hatte ein Reitergeſchwader zur
Garniſon. [F.]
Latruncaloram Indus, auch calculorum ludus, nerreiz (da8 aber
vorzugsmeife vom Würfelfpiel gebraudt wird), und ungenau alea (f. Bb. 1.
©. 323.) genannt, ein Spiel, näher ſtehend dem heutigen Schach⸗ ale dem
Damen-Spiele. Man fpielte ed auf der tabula lusoria (Martial. XIV, 17.),
auch latruncularia genannt (Seneca Ep. 117.) oder abacus (Macrob. Sat.
1,5.), grie. nAırdior (au mod, Vol. IX,7,98. G@uftath. p. 1397, 43.).
Diefe war in Felder abgetheilt (mAırdior — yupas & yoauuais Öaxnssusras
&10v, Pollux IX, 7.), wovon die eine Hälfte gerade aus, die andere ſchräg
lief (Varro L. L. IX, p. 130., der ordines binos unterfeidet, unos trans-
versos, alteros directos, was wohl auf realen Unterſchied, nicht blos auf
Verſchiedenheit des Standpunktes des Betrachtenden zu beziehen if). Die
Steine, welche man auf bem Brett aufflellte, waren gewöhnlih aus Glas
(Salej. Baff. ad Pis. 181. Mart. VII, 72, 7. Ovid A. A. II, 208. vgl.
Jul. Gapit. Pertin. 8.) ober @belflein (gemmeus,. Martial. XIV, 20, 2.),
aber auch wohl aus Holz, Elfenbein (vgl. Suet. Ner. 22 Juv. Sat. XI,
132.) und Wachs (Plin. H. N. VII, 34.). Die Steine ber beiten Spie⸗
Ienden waren durch bie Farbe unterſchieden (Pollur IX, 7. Sgonusror eis
dvo 707 yrgmv ara Tag xpoas; daher discolores oder bicolores, Ovid
Trist. II, 477. Martial. Kıv, 17. Sivon. Apollin. Epist. VIII, 12.),
: Laizunculerum Indus 5
gewöhnlig Schwarz und Weiß (Salej. 1.1. 182.), aber auch Roth mb Weil
'"(Anthol. lat. 1, 76.78.). Das Spiel war ein Kriegs⸗ ober Belagerungs«
| Spiel (vitreum bellum, Jul. Gap. Pert. 8.): der Spielende heißt dux (Salef,
'183.), der Sieger Imperator (Bopidc. Procul. 18.), die Felder zapuı und
noluz (Heſych. rorsıs zailar), die Steine milites (Sale. 181. id A.
' A. I, 208. Trist. II, 477. Martial. XIV, 20, 2.), bellatores (Ovid A.
„A. II, 359.), gemöhnli latrones (latronum proelia, Dvib 1. I. 357. bella,
Mart. XIV, 20, 1.) und latrunculi (latrunculis ludere, Sen. Ep. 106. de
Trang. 14. ®Blin. H. N. VIII, 54.; ad latrunculos, Vopisc. 1. 1.) na
der alten Bedeutung von latro (bezahlter Trabant, von latus, lateris, Barry
L. L. VI, 3. vgl. Plaut. Mil. IV, 1, 2 ff., ober mit Aursgevar zufammen»
bängend, Feſt. v. latrones, Serv. zu Virg. Aen. XI, 7.); im Gricchiſchen
heißen fle xurec, Pol. 1. 1. Diefem Sinne des Spiele entſprachen auch bie
verfchiedenen Berriätungen und Bewegungen ber einzelnen Steine und ber
Berlauf des Spiels. Im erflerer Beziehung fagt Iſidor. Orig. XVII, 67.:
calculi partim ordine moventur, partim vage; ideo alios ordinarios, alios
vagos appellant. Hier kann vagus nur verhältnißmäßig zu verſtehen feyn:
nit in einer einzigen, einfachen und unabänberlichen "Richtung, fonbern in
einer zufammengelehten (wie der Springer im Shah) ober in einer Mehr⸗
beit von Richtungen (wie z.B. die Königin).* Daneben waren ned) man-
drae, entſprechend ben Bauern im Schadhfpiel, mit wenig eigener Bervegung,
vorzugsweiſe zur Beihägung Wichtigerer und Hemmung bed Gegners bienend
(Salej. 191 f. fracta prorumpit in agmina mandra, Mart. VII, 72, 7.
mandris — clausos, vgl. Heſych. uasdon:, &pam, ppayuol, vAcs), vieleicht
von einer Achnlichkeit ihrer Geftalt mit Wagen (zur Barikadirung) fo ge⸗
"nannt; wenigſtens unterſcheidet Martial 1. 1. mandris et vitreo latrone
clausos. Ueberhaupt wird die Verſchiedenheit ver Verrichtung wohl au
Außerli (wenn auch nicht fo auffallend wie im Schachſpiel) bervorgetreten
ſeyn, wiewohl die vooyai roAvmkonoı rreooor bei Gurip. Iph. Aul. 195,
nit mit Sicherheit hierauf zu deuten find. In Beziehung auf ben Verlauf
Des Spiels iſt am belehrendſten Salej. 1. 1. 180—196. Die Aufgabe war,
dem Gegner mögliäft viele Steine zu nehmen (avapeir, Pol. IX, 7.) oder
matt zu machen (alligare, Sen. Ep. 117. Salej. 182.; obligare, Sale,
180.; ein fo gefverrter Stein heißt incitus, was Ifidor. 1. 1. erklärt: qvi
moveri omnino non potest, daher ad incitas oder incita redigere, Plaut.
Trin. II, 4, 136. Poen. IV, 2, 85. Lucil. Sat. II. XXV.). Das Schlagen
erfolgte durch Einſchließung von zwei gegneriſchen Steinen (mepuAmpes tor
5Vo WP@r ÖnorPowv zıy7 Erspoypowr aramgeir, Pol. 1.1. vgl. Ovid A. A.
III, 358. Trist. II, 478. Martial. XIV, 17.: daher eine Negel war, Teinen
Stein vereinzelt vorrüden zu laffen, Ovid Trist. 479 f. A. A. 359 f.) und
war au rüfmwärts erlaubt (Salej. 184.: dum fugit ipse rapit). Gieger
war wer bie meiften Beinde erlegt ober Tampfunfähig gemacht hatte (Gen.
de trang. 14.). Das Spiel erforderte Aufmerkſamkeit und Beflnnung (Sen.
Ep. 106.: latrunculis Iudimus, in supervacuis subtilitas teritur),- galt daher
für ein Mittelding zwiſchen Arbeit und müßigem Spiel (Sale. 179 f.), und
Auszeiönung darin erregte Bewunderung (Schol. zu Juv. V, 109. vgl. Eic.
de Orat. I, 50). Literatur außer den älteren Schriften von C. Guuls
cagninus, D. Suter, U. Seftleb, 3. &. de Pauw, Ih. Hyde: Salmaf.
zu Bopidc. p. 736 ff. und bei. Wernsdorf in feinen Poet. L. M. IV. p.
® Die linterfheibung von ordinarii direoti (Rochen) und transversi (Läufer),
weiche Merusborf p. 409. macht, der die vagi dann ausſchließlich als Springer faßt,
iſt Durch Die Quellen wicht begründet. . „2.
IV.
6 Leoviiren Staus — Aumwailo
MOL 410. Beer Gallus II. ©. 228-232. — Verwandie Spiele find der
dıaypapuıcnuöog umb ber Indus XII seriplorum. Das erflere iſt unferem
Damenſpiel ahnlich; es kam darauf an, mit feinen Steinen immer weiter in
bad Gebiet des Gegners vorzuräden, nur war bie Zahl der Steine die doppelte
von bei bed Damenfpiele. Vogl. Heſychius: Saypapı. naudıa ig ger
—— — õy xal per er ‚zoeus &Arousror. Val. Pollux IX, 104.:
Syyve -tavıq (latrunc. Iud.) 27 nardık xai ö yoaummouög xai zo dmypapui-
Zur. Au yoazupai genannt, Heſych. u. Bol. was wohl f. v. a mode,
oc. Der ludus duodecim scriptorum, au) tabulae ober tesse-
rarım ludus, -tabula und alea genannt, wurde auf berfelben tabula wie ber
Iatranc. lud. (Martial. XIV, 17.), nur auf einer andern Seite gefpielt. Das
Brett war in zwölf scripta (scriptula, Ovid A. A. III, 864., yoauuai,
‚Yorumara, Linien ober Punkte) abgetheilt (Mart. 1. 1. 1. Dvib 1. 1.), auf
welchen man die (weißen und ſchwarzen, Petron. 33.) Steine aufflellie und
gemäß dem mit dem Würfel Geworfenen (einen Wurf geben, calculum oder
iactum dare, Cic. bei Non. H, p. 170 P. Ovib A. A. II, 208. Quintil.
xI, 2.) Jangfamer ober ſchneller vorrüdte, ganz wie unfer Buffipiel. Aus
bier kam das Solegn vor und Sieger war wer dem Gegner die meiſten
Steine genommen (Artemid. III. 1.). Gin Epigramm bei Salmaf. p. 744.
nennt 08 ein Kriegäfpiel, ala Erfinder den Palamebes, ale ausgezeichneten
Spieler den Muc. Scävola (vgl. Quintil. I. 1.). Auch fagt es: hic pro-
prium faciunt ars (beim Ziehen, vgl. Ariflänet. Epp. I, 23.) et fortuna
(Heim Werfen) periclum. Ziehen hieß sad wirwor, zurüdziehen avo-
Hode: (Hefyh. Suid.), reducere (Gic. bei Non. 1. 1.), revocare. Bol.
Salmaf. 1. 1. p. 740 ff. Beer Gallus I. S. 282. [W.T.]
Latürus Sinus (Mela I, 6, 1.), ein Bufen ber Küfte von Mauri-
tania Caesariensis, fübweRll. von der Stadt Quiza (j. Giza bei Oran). An
ihm lag nad dem Itin. Anton. p. 19. wahrf. der Portus Magnus (vgl.
Mela I, 5, 5. u. Plin. V, 2, 2.), der no J. Mars el Kibir (der große
Safen) Heißt. Voß u. Gräve (bei Tzſchuck. ad Mel. 1. I. Vol. IH. P. 1.
p. 155.) und Reichardt Halten ihn fälſchlich für den weſtlichern Golf von
Zereni, und Shaw T. I. p. 25. für den heut. Golf Harſch⸗goone. Val. jedoq
Hartmann ad Edrisi Africam p. 187. u. Mannert X. 2. ©. 428. [F.]
Latus clavus, f. Magistratus.
. Katusätes, Gtabt in Gallta Narbonenfls, j. Lezat; auf dem Wege
von Tolofa zu den Pyrenäen, Plin. III, 4. [W.T.]
ws, Berg in Bruttium bei Kroton, Theokr. IV, 19. [W.T.]
. ILaväcra heißen in der fpäteren Zeit (f. Gell. I, 2. Glaubian. in
Butr. II, 410. Spart. Hadr. i8. u. a.) bie großen Babeanflalten. Amm
Marcel. XVI, 10, 14. ſpricht Gyperbolif von lavacra in modum provin-
clarım esstructa, wa8 auf bie Ausdehnung mancher Thermen zu beziehen iR.
©. Balneum und Thermae und Lipfius de magnit. IH, 8. p. 147. — La-
vacrum balnearum publicarım bei Drelli Inser. 8772. I Kse.
Lavära (Aavapa, Ptol. IE, 5.), ein Ort in Lufltanien am Durius,
ımmeit feiner Mündung Reichard Hält ihn einer blofen Namensähnlichkei
wegen für das heut. Lavradio, und glaubt daher, daß Ptolem. den Tagut
mit dem Durrus verwechfelt habe. [R.]
- Lavato. Lieber die Meinlichkeitäpflege im Allgemeinm f. Balneum.
Ucher daB Waſchen ver Geſtorbenen ſ. Bo. IH. &. 538. 543. und Rlat.
Phaed. p. 115.A. @alen. Moth. med. XIII, 15. Act. App. 9, 37. Appulei
Met. VIII. p. 545. Oud. u. IX. ultimum lavacrum; el. V. H. IV, 1, 2
Ber der Bornahme religidſer Handlungen pflegte man fl zu waſchen ode
u baden, Tibull. I, 3, 25. Berf. II, 15 f. Macrob. Sat. I, 3. Appulej.
et. XI, p. 753. mit Elmenhorſts Anm. D. Jahn zu Berf. p. 123. Lieber
— — — — — —
Aai · L— der
vas Waſchen der Hände und Füße vor Tiſch ſ. Bo. IE. S. dB 1801 f.
lieber die Lavatio Matris Doum ſ. Mater Deum, und über die Berwilligung
unentgeltlicher Bäder f. Orelli Inscr. 2287. 3325, 3326. (C. Aurunesieb
Cotta colonis incolis hospitibus advertoribus servisqve eorum lavationein
ex sua pecunia gratuitam in perpetuom dedit). ®ruter. 473,1. Bol. D. Jahn
zu Berl. p. 224. — Lavatio bezeichnet auch das Waſchgefäß, Cic. Fam. IN,
5. extr. Vhäpr. 4,4. Vitruv. V,11. Ulp. Dig. XXXIV, 2, 26. — Zum Waſchen
nahm man das einfache reine Wafler; Seife Fam erft ſpät auf; bei Min.
XVIII, 12, 51. u. Galen. de compos. II, 2. V, 5. kommt fle zuerſt vor,
aber als Pomabe, zur Färbung bed Haars dienend, ſ. Beckmann Geſch. d.
EUErf. IV. S. 16. Das Waſchen der Zeuge geſchah in den älteſten Zeiten
durch Reiben oder Stampfen in blofem Waller (Hom. Od. Vi, 91f.), fpätar
durch Subflanzen, welche entweber an ſich fon ſeifenartig waren, ober «8
unter dem Gebraudde wurden. Aſchenlauge: Pollue Onomast. VIE, 11, 39.
(vgl. Geopon. VII, 6. Plin. XIV, 21. Galumell. XIE, 50. Arnob. VI
p. 237.); mineraliſches Laugenſalz (Nitrum): Boll. VI, 9, 89. X, 31, 13%.
Gic. Fam. VIII, 14. Iſidor. Orig. XVI, 2. Cyprian. Ep. 76. pin de
med. fac. 78. 85.; alkaliſches Wafler: Strabo XI, p. 801. Ganı beſon⸗
— — — — — — — — — J
ders aber diente dazu animaliſcher Urin, daher in angipertis umphoree zur
Sammlung deſſelben aufgeflellt waren, zu deren Füllung die Borübergehenben
gelegentlih beiſteuerten, Macrob. Sat. II, 12. und tiber die Verwenbung
dur die Fullonen Plin. XXVIII, 6. 8. (urina camelorum). Mort. VI, 93.
Athen. XI, p. 484. A. Auf diefen Urin legte Beipaflan eine Steuer, Gut,
Vesp. 23. Auch Pflanzen mit feifenartigen Säften gebrauchte man flatt ber
Seife (struthium, f. Plin. XIX, 3, 18. XXIV, 11. 17. XXIX,-3. Iheophr.
hist. pi. VI, 3. 7. IX, 18. Golum. XI, 2, 35. Bel. Bedimann IV. ©. 18.
bis 26.); endlich die Walferde, creta fullonia, Plin. XVII, 18;, zu welder
gehören bie terra Cimolia (Pollux VIE, 11, 39. Plin. RXXV, 17, 57.)
Chia (joger in Bändern ſtatt des Nitrams gebraucht, Diesker.: V, 17&.),
Lemnia (®alen. de simplic. med. fac. IX, p. 182. ®esn.), Sarda ( Plin
XXXV, 17.), Samia (Theophr. de lap. $. 109.), von Tymphaea (ib.) und
Umbria (Blin, 1. 1). Das in Nom gebräudlicde Verfahren beim Wafchee
beſchreibt Plin. 1. 1. Vgl. über dad Ganze Beckmann, Geſch. der Erf. IV.
©. 7-35. [W.T.]
Leavatzae (St. Anton. p. 468. 476.), ein Flecken der Brigantes im
römiſchen Britannien, an der Straße von Londinium nad 2 an
ugupallium
der Mauer des Hadrian, nad der einen Stelle deso Itin. 34, nach der andern
59 Mill. nordweſil. von Eboracum und 55 Mill. ſüdöſtl. von Luguvallium;
etwa an ver Stelle des heut. Boves unweit ber Nordweſtgrenze von Mork⸗
fbire. [EL
EKawdatie, 1) als Provinzialdankadreſſe. Wenn die Bewohnes einer
Provinz mit der Verwaltung ihres Statthalters zufrienen waren, fo pflegten
fie nad deſſen Abgang einen lobenden Bericht über venfelben abzufaflen und
durch Geſandte an den Senat in Rom zu ſchicken, was gewöhnlich ius Dionat-
Februar geſchah, Cie. Verr. II, 4. 5. ad div. II, Sf. Kaiſer New hob
dieſe Sitte auf (um vetita gratiarum actione die ambitio zu zügeln), Tac.
Ann. XV, 21 f. Oft aber enthielten biefe Berichte nicht Lobeserhebungen,
jonbern Beſchwerden, |. legatus. — 2) laudatio als ein zu Gunſten bes
Angelingten abgegebenes ſchriftliches Zeugniß, welches fowehl ganze Corpo⸗
rationen ald einzelne Perſonen abfaſſen Eonnten; f. darüber testis und testi-
monium. — 8) laudatio funebris, f. ®b. UI. ©. 546. —9—
Lnudia (Acvöic, Ptol. IV, 2.) oder Labdia (Tab. Peut.), Stadt
im Innern von Maurilania Caesariensis zwiſchen den Flüſſen Savus und
Serbes, well, von Oppidium, Afl. vom Fluſſe Toemphoembius. [F.]
Be’: Bavema — Lavinfeie
Lavema, die Säupgöttin ver Diebe (Urnob. adv. gent. III, 26.
Dea furam, vgl. d. Ann. von Hildebr. u. Novius bei Non. VIII, 6. per
Deam sanctam Lavernam, quae cultrix quaestuis siet), bie nad Acron zu
$or. Ep. I, 16, 60. an der Via Salaria einen Hain (Zweifel dagegen bei
Ambro ð, Studien u. Andeut., H. I. S. 162.) und nah Varro L. L. V,
163. an der von ihr fo benannten Porta Lavernalis einen Altar hatte. Bel.
Feſtus: Laverniones fures antiqui dicebant, quod sub tutela deae La-
vernae-essent in cujus luco obscuro abditoque solitos furta praedamque
inter se luere. Hinc et Lavernalis porta vocata est. ine thönerne Schals,
womit der Beflger feiner Schupgdttin Libationen brachte, mit der Infchrift
Lavernae pocalom befindet fi$ in dem Museo Gregoriano T. IE. Tr.
AXXVI, 2. Buttmann (Mytholog. I. ©. 17.) bringt die L. in Berbinbung
mit ber griech. Latona, deren Name auf verbergen und verhhllen
fen, fo daß Latona mit Latuerna zufammenbhienge, wie xAsrvc mit clivus.
älterer und härterer Ausſprache clitvus. Schwenck in Seebode's Archir
1825. J. S. 162. leitet es von latere ab, Lativerna, zuſammengezogen Laverna
Lindemann zu Feſt. p. 475. leitet es vom Sanser. labh, gr. ber,
et Laberna, Laverna. Am wahrſcheinlichſten Döperlein Synem. VI.
©. 191. unb Obbarius zu Sor. Ep. I, 16. p. 829. von levare (levator.
der Died, Petron. 140.), bad mit lavere in bem Berbältnig fland, wie dare
au dedere, tangere zu tingere. [ W.]
Lavernium (Gic. ad Att. VII, 8. u. fragm. de Fato bei Macrob.
II, 12) ), ein fonft unbefannter Ort in Latium novum in der Nähe von Bormid.
wo P. Scipio Afric. ein Landgut Hatte. [F.]
Laugäsa (Aavyaon, nad anderer Ledart Acucraoa, Biol. V, 7.).
Ort Gappadoriend in ber Nähe des Euphrat. [F.]
Laugöne, Fluß in Germanien, in ben A fig ergießend, 1. Lahı.
Benant. Zort. VOII, 7. L. vitreis aqris. [W.T.]
Lavianesine bier Lavinianesine (Acousraonm, Steabo XI
p. 534., Acoviermomn im Cod. Pal. des Btol. V, 7., Aavarı; im Cod
Cotal. und ältern Ausg., Anovınarnasn bei &rasım.), einer der vier Diftrikte,
- in welde Cappadocien unter der Herrſchaft ber Immer getheilt war, au
nörbl. Abhange bed Amanus bis zum Cuphrat bin, noͤrdl. von Aravene
und dfll. von Muriane, mit den Städten Claudias, Metita, Gorne, Lan
gafa u. ſ. w. [F.]
Laviscum, f. Labicum.
Lavimia, %. des Latinus, nad einer Tradition T. eines Prichtertöign
auf Deus, Antus, Dion. Sal. I, 50. Aurel. Vict. Orig. g. R. 9.
fangs dem Turnus verfprodden wurde fle dem Aeneas nad hartem Pie‘
— Shell Sie gebar demſelben den Aeneas Silviuß, der ihrem Stiefioh
—* in der Regierung folgte. Nach Anden war file au
Astanius. Liv. I, 1. u. 8. -Dionyf. Sal. I, 70. Virg. Aen. VIE, 52 —
VI, 761 f. (Mzr.]
“ Lavinianesine, |. Lavianesine.
Lavinium (Acovinor, Strabo V, p. 229 ff. XII, p. 608.5; Aapı
or, Steph. By. 1% 410. u. 417. [ms flatt Aaovsuor, umpomwolss cos
Aarisor ohne Zweifel Aaoubnor zu lefen il]. Barro L. L. IV, 32. 2ir
1, 4. vall, 12. XXVI, 8. $ufin. XLIM, 1. ®irg. Aen. I, 270. VI, 9.
, f. w.; die Einwohner "Lavinienses , Barro R.R. Il: 4. Inser. ap. Gruter.
. GEXEVIL. u. Lavinii, 2iv. VIII, 13. ‘Blin. II, 5, 9. ), eine alte, ver
ewöhnligen Annahme na von Arnens, nad — p. 229. aber von
* felbſt gegründete und feiner Tochter Lavinia zu Ehren benannte Stadi
in Latium, ber heilige Mittelpunkt des Taten. Staates mit einem allen La»
teinern gemeinfhaftliden, aber unter Auffich der Ardeaten ſichenden Tempel
Zartalus — Lauer 829
der Benus (Strabo p. 232.), auch der Ort, wo der Sage nad der König Titus
Tatius ermorbet wurde (id. p. 230.). Plin. XXXV, 3, 6. erwähnt in ihr
vorhandene uralte (jedoch wohl nicht altlateinifihe, fonbern griechiſche) Ger
mälde (vgl. Lanzi Saggio II. p. 190.). Sie Tag 6 Mill. öflih von Lau⸗
rentum, mit dem fle fletö in der genaueflen Verbindung fland (vgl. laufen
Aeneas II. ©. 788 ff.), an der fpäter angelegten Via Appia und in der
» Nähe des Fluſſes Numicus, der ihr Gebiet von dem ber Stadt Ardea ſchied.
Der heutige Tufhügel won Pratica mit feinen künſtlich abgeſchrofften Wänden
und Reſten ver alten quadratiſchen Mauern, 3 Miglien von der Küfte und
von Laurentum, laͤßt über ihre Lage Leinen Zweifel. (Vgl. Geil Topogr. of
Rome II. p. 80. u. Nibby Contorni di Roma II. p. 235. III. p. 70.) Im
ihrer Naͤhe findet fih ein alter Grabhügel, welcher als Grab des Aeneas
gezeigt wirb (Nibby II. p. 240.). [F.]
Lavimius (Publius L.), 1) Tat. Grammatiker aus unbelannter Zeit;
er ſchrieb de verbis sordidis, Gell. N. A. XX, 11. [W.T.]
2) Aaßinos (Appian. B. Civ. IV, 2., nad einer Infgrift bei Reinef.
Inscr. Cl. U. n. 67. Lavinus), Fluß in Gallia Cispadana; noch f. Lavino.
Appian am a. D., der ihn in die Nähe von Mutina fegt, berichtet, daß
auf einer Infel deſſelben das berüchtigte Triumvirat zwifchen Octavian, An⸗
tonius und Lepidus abgeſchloſſen wurbe; wobei er fl zwar hinfichtlich der
Stadt eines Irrthums ſchuldig macht (er Hätte Bononia nennen follen, vgl.
Dio Eaff. XLVI, 55. Plut M. Anton. 19. Cic. 46. Suet. Aug. 96.),
ſchwerlich aber Hinfitli des Fluſſes, fo daß vielmehr die neuern Hiſtoriker
irren, wenn fie jene denkwuͤrdige Zuſammenkunft auf dem, allerdings auch in
der Nähe von Bononia fließenden Rhenus (j. Reno) Statt finden lafien.
Bol. Mannert IX, 1. ©. 228. TE.
Laumellum (It. Anton. p. 282. 397. 340. 856. Tab. Peut. vgl.
au Paul Warnefr. de gesiis Longob. III, 35.), eine Stabt der Libici in
Gallia Transpadana, in den Itinerarien deswegen fo oft genannt, weil fi&
bier die beiden, von Ticinum aus durch die weſtlichern Theile Italiens nach
Gallien führenden Hauptſtraßen trennten, fo daß die nörblicdere von da aus
Über die graiſchen, pie fünlichere über die cottiſchen Alpen führte. Der Drt
x
heißt noch immer Zaumello. [F.] |
Launi, f. Leuni.
Laura, 1) Stadt im Gebiet von Kroton oder Kroton ſelbſt, nad
Aovon, ver Toter des Lacinius, Frau des Kroton, fo benannt, vgl. Schol.
u 2ycophr. 1007. — 2) Aavon, Theil von ver Stabt Samos, für bie
nnligen Genuſſe von Polyfrates im Wetteifer mit dem Ayno» yAvnvg in
Sardes eingerichtet, Athen. XII, p. 340. F. Auch zu Alerandria war eine
Aonpa zvdaıu0r0r, 89 7 NAME T& NE0G zovgnr enwäsito, Athen. XII,
541.A. [W.T.] u
” Im Beitalter der Antonine vereinigte ſich Laurentum mit Lavinium zu Einer
Stadt, weine Laurolavinium genannt wurbe (Ser. zu Virg. Aen. VII, 59.
Srontin, de col. p. 105, Goes. Symmach. Ep. 1,71). Die Einwohner biefer Stadt
hießen Laurentes Lavinates, vgl. resp. Laur. Lavinatiam bei Gruter. 1101,8. u.
municipium Lavinatium Laurentium bei Fabretti p. 710. n. 314. Damit hängen
wohl auch zufammen bie pontiflces und sacerdotes Liaurentes Lavinates, weldye
ſich Häufig auf Juſchriſten finden, f. Orelli Nr. 2174-2179. 2252. 3888., auch
Laur. Lav. ſchlechtweg genannt, Bel Morelli de stil. inser. lat. II, p. 62. Corna-
sidias — Augur et Laurens Lavinas. Welches Gottes Prisfier fie waren, weiß
man uiht; man hat bie Wahl zwifhen Apollo, Venus unb ben Penaten, welde
alle drei in Lavinium einen Cult hatten. Der Zuſammenhang von Laurens mit Lar
und bie durch, Infchriften ermweisliche Thatfache der befondern Verehrung der Penaten
in Lavinium (f. Penates) macht daß Letztere am wahrfcheinlichfien. Vgl. U. W. Zumpt, de
Lavinio et Laurentibus Lavinatibus oomm. epigraphica, Werl. 1845.4. [W.T.]
— —— — Er GGG =
83 Läuss — Lanusus
LV, 5. Suet. Dom. 6.). Belm Triumphe trug ber Feldherr einen Borbeer-
franz, Plin. ib. Suet. Galb. 1. Auch Schiffe wurben bei Siegen mit Lorbeer
geſchmückt, Vitruv. I1,8. Einen Lorbeerkranz zu tragen wurbe als Chrenbezeu⸗
gung zuerkannt dem Rompejus (Dio XXXVII, 21.), Gäfar (ib. XLIII, 43.),
Auguſt (ib. XLVIII, 16., anudgevehnt XLIX, 15.). Bor dem Vallaſt des
Auguft und der folgenden Kaiſer wurben zwei Lorbeerkäume gepflanzt, Die
LIH, 16. Ovid Fast. IV, 953. Trist. III, 1,39. vgl. Sen. Cons. ad Pol. 35.
Martial. VI, 1. Tertull. Apol. 35. Daher gratissima ianitrix domibus
Caesarum pontificumgve, Plin. I. 1. Das ganze Boll befränzte ſich bei
feſtlichen Gelegenheiten mit Lorbeer, Sueton. Aug. 58. Dio XLVII, 18.
LXII, A. LXXU, 21. Serobian. II, 2. extr. 11, 11. 13,85. 14, 2. IH,8,6.
Die Priefter trugen ſolche Kränze au bei Opfern, Pauſ. IX, 10, 4. Liv.
XXIII, 11. Ovid Fast. III, 187. Der Lorbeer war dem Apollo Heilig (vgl.
Daphne, Bd. II. ©. 857.) und daher ein Kranz davon Siegeöpreis in den
pythiſchen Spielen (ſ. Bauf. VIII, 48, 2. X, 7, 8. und Pythia) und Aus-
zeichnung der Dichter, Ovid Rem. A. 75. Pont. II, 5, 67. Hor. Od. IV,2,9.
Plinius 1. 1. (vgl, Cato R. R. 8. 133.) bezeichnet Delphica s. triumphalis
laurus ald eine maͤnnliche Art neben ver Cyprie ‚ ber weibliden, Beeren
tragenden. Mit der Beziehung auf Apollo hängt wohl au zufammen daß
man dem Xorbeer weifjagende Kräfte zuſchrieb, Suv. VII, 19. Tibull. II, 5, 63.
Glaubian. Rapt. Pros. II, 109. Bgl. Propert. II, 21, 36. Tibull. IE, 5,
Tiberium principem tonante coelo coronari ea solitum ferunt contra ful-
minum metus, vgl. Suet. Tib. 69. Serv. zu Virg. Aen. I, 398. [W.T.]
Läus, 1) (Ados, Strabo VI, p. 233 ff. Ptol. II, 1. Blin. TIL,
5, 10.), der Grenzfluß zwiſchen Lucanien und Bruttium In Unteritalien (noch
j. Zaino), an befien rechtem fer (alfo in Rucanien) unweit feiner Mündung
die Ueberreſte der aus ihrer Vaterſtadt vertriebenen Sybariten au eine glei
namige Stadt gegründet hatten (Herod. VI, 20. Strabo u. Plin. 1. N.
Steph. Byz. p. 417.), die aber zu Plinius Zeiten fon wieder verſchwunden
war. Ginen Tempel des Drakon in ihrer Nähe erwähnt Strabo p. 253.
Bon ihr und dem Fluffe führte auch der Fleine Meerb., in welchen fi biefer
ergießt (j. Bolfo di Policaſtro), venfelben Namen (Agos xoAnos, Sirabo
ibid.). — 2) Anderer Name von Slipula, f. d. u. Blin. II, 1, 3. [F.)]
Lans Pompeii (Plin. II, 17, 21. Tab. Beut., in den Itinerarien
6108 Laus [und zwar fletd im Ablat. Laude] mit dem Zuſatz civitas, vgl
It. Anton. p. 98. 127. 283. It. Hierof. p. 617.), eine von den Bojern
angelegte (Plin. 1. 1.) Stadt in Ballia Cisalpina, die fpäter von En. Bon
yeius Strabo, dem Vater Bompelus des Gr., in ein Municivium verwan»
beit wurde und feitbem ihren fpätern Namen führte. * Sie lag 22 (Tab.
Peut.) oder 24 (It. Ant.) Mil. nordweſtl. von Placentia und 16 Mid.
ſüdöſtlich von Mebiolanum an der Stelle des heut. Ladeve ober Alt⸗Lodi,
einige Mil. weRlih von Lodi. [F.]
Lawmsonilus Lacus, f. Lemanus Lacus und Lousonna.
Lausus, 1) Sohn des Mezentius, in deſſen Vertheidigung gegen Aeneas
er fiel, Virg. Aen. VII, 649. X,790. Nach Aurel. Bict. de orig. g. r.15.
griff Mezentius im fechsten Jahre nad der Ankunft bed Aeneas in Italien
diefen in Gemeinſchaft mit den Mutulern an. ES erfolgte eine Schlacht, in
welcher Aeneas verſchwand. Mezentius und fein Sohn belagerten nun ben
— in Fasinium. Diefer that einen Ausfall, wobei Laufus ums Leben
fam. | Mzr.
Aehnlich hieß Korinth, weil ed dem Edfar viel zu verbanfen hatte in re
Laus Julia Corinthus, ſ. Gpanheim de us. ot"praest. num. p. 236. [
Ss1f. Man glaubte, daß ber Lorbeer vor dem Blitze ſchutze, Plin. I. I.
Lautina — Laute 888
2) Sohn des Numitor, Bruber der Ilia, von Amullus hinierliftig ges
tödtet, Ovid Fast. IV, 55. [W.T.]
Lautie, |. Legatus. >
Lautälse (Liv. VII, 39. IX, 23.), 1) Flecken ver Volsfer in Latium
Novum zwifhen Terracina und Bundi, an einem walbigen Paſſe zwiſchen
bem Gebirge und dem nahen Meere, und dabei am Abhange des Gebirges
bie Billa, in welcher der Kalfer Balba geboren wurde (Suet. Galb. 4.). [F.]
2) Ort in Nom beim Janus geminus, mit einer heißen Duelle, Varro
L. L. IV, 32. Vgl. Feſt. =. v. Lautulae, locus extra urbem, qvo loco
qvia aqva fiuebat lavandi usum exercebant, alfo wohl verſchieden von bem
Orte bei Barro. Gero. zu Virg. Aen. VII, 361. erzählt die Cntſtehung
der Duelle etwas wunderhaft. [W.T.]
Lautumiae ober Latomise (Anroronia: und Acronis) 5. ein am
Forum gelegener Stadttheil Roms, wie aus Liv. XXVI, 27. XXXIX, 44.
hervorgeht, Bunfen, Beſchr. d. Stadt Nom HI. ©. 28., und erhielt viefen
Namen von dem daſelbſt befindlichen Gefängnif, lautumiae oder lautumia-
rum cearcer gen., iv. XXX, 26. Barro L. L. V, 151. Paul. Diac. v.
lautumias p. 117. Müll.; lautumius carcer, Seneca Consol. ad Marc. 17.
Zwar dat man gewöhnlich geglaubt, dieſes Gefängniß lautumiae ſei ent⸗
weder ein verjhiebener Name oder nur ein Theil des capitolinifhen carcer
Mamertinus, zu weldem robur und Tullianum (f. beide Urt.) gehörten, ja
aber, semestr. II, 7. p. 95. bielt Tullianum und lautumiae für ganz iden-
tiſch, allein Beder, Handb. d. röm. Altertb. I. S. 262—268. Hat auf pas
Veberzeugendfle dargethan, * daß beide Befängniffe durch eine ziemlich meite -
Entfernung von einander getrennt waren. Er vermutbet, der carcor Mamert.
& urfpränglich der einzige Kerker in Mom geweſen (Juv. III, 312 ff.), fpäter
aber babe man noch ein zweites Gefängniß, namentlich für leichtere Vergeben,
für Fremde u. |. m. haben müflen, und habe beöwegen bie lautumiao ges
baut, f. Liv. XXII, 26. XXXVII, 3. und vorzügli Sen. contr. 27. p. 300.
Bip., wo ul. Sabinus ex carcere in bie Lautumien als in das leichtere
Gefängniß verfegt zu werben bittet. ** Die cit. Stelle des Varro, welde
Scheinbar widerſpricht, iſt ebenfalls von einem boppelten Gefängniß zu ver⸗
flehen. Der fremde Name lautumiae wurde dem Gefängniß in Nom nad
pem Syrakuſaniſchen Gefängniß gleiches Namens beigelegt (Gic. Verr. I, 3.
V. 55. u. Pf.Asc. p. 160. Orell.) *%*. — Dem Wortfinn nad find lau-
tumiae Steinbrũche (lapicidinae, vgl. Orelli Inser. 1243.), in benen man
die GSclaven arbeiten ließ, oft zur Strafe; lautumias lapidarias bei Plaut.
Capt. 11, 5, 63 ff. V, 1, 24. Poen. IV, 2,5.1 I[R.
Laxta (Acdıa, Btol. II, 6.), eine Stadt im ſuͤdlichern Theile bes
Zandes der Geltiberer in Hifpania Tarracon. am weſtl. Abhange des Idu⸗
beda, die ſich nicht näher beſtimmen läßt. [F.)
* Bel. indeffen hiegegen 2, Urli, Rom. Zopographie in Leipzig ©, 15. und
Ms4eoein. Muf. 1845. S. 158.; wogegen Beer feine Anficht gerechtfertigt bat in beus
Schriftchen: Zur rim. Topographie, Antwort an H. Urlichs (Leipz. 1845.) ©, 19.
pis 25. [W.T.
. Wrihe (Rh. Muſ. am a. D.), der caroer lautumiarum bei Liv. XXX, 26.
mit oarcer publieus Ibentifieirt, ſaßt bie Stelle bed Sen. fo: Jul. Gab, faß in einem
carcer privatus, und List bafeldft (wie dv gulaxil adtoun Aſinius Gallus bei Die
LVIII, 3. Zac, Ann. VI, 23,, Druſus bei Tac. ib., Narciffus bei Zac, Ann. XIII, 1.)
ſolchen Hunger, daß er darum bat, in den oarcer publicus, die lautumiae, gebracht
zu werben. [W.T.
*29 eher weiches vgl, Eic, Verr. II, 5, 27. Varro L. L. IV, 32, Thukybd.
vH, 87. Aeliau. V. H. XII, 44. [W.T.
+ Gm Eaiferlicher servus a lapioidinis (Caryastils) findet fid in einer Fufchrift
bei Brmter 593, 8.; ein Iapioidinarius bei Drehi 3246. [IW.T.]
Pauly, Real-Encyelop. IV. 33
894 Laune ' — Leiger
Kasse (Adler, Ptol. V, 10.) oder Lazi (Aaloi, Arrian. Peripl.
p. 11. Plin. VI, 4, 4. Procop. B. Pers. 11,15. B. Goth. IV, 1. Sornanp.
de reb. Get. p. 88. u. f. w.), eine zahlreiche Völkerſchaft in Colchis Dieflei
des Phaſis, zwiſchen ihm und dem Bathys, nad Biol. in dem ganzen Hüften.
ſtriche am Bontus Burinus, in welchem Arrian auch bie Machelones, He-
niochi und Zydretae anfeßt. Nah Procop. B. Goth. IV, 2. aber breiteten
fie ſich allerdings noch eine Tagereife welt füblih vom Phafis aus, ihr:
eigentlicden Wohnſttze jedoch waren auf der Norbfelte des Fluſſes, und ik:
ganzes Gebiet Hatte längs der Küfle eine Ausdehnung von 550 Stadien
Unter den Römern war nämlich det Name dieſes einzelnen colchtſchen Stammet
auf dad ganze Land Colchis Übergetragen worden, welches nun Lazica bief
(Brocop. B. Pers. II, 17. 29. u. dft.). Die alte Sauptflabt ver Lazi war
Archaeopolis, auf einem fleilen Felſen am Phaſts, ſpäter Hauptſtadt von
ganz Colchis im Diſtrikte Muchiresis* (Procop. B. Goth. IV, 13. 14
Agathias Hist. IH, 5. 8. 17.). [E.]
Lea. (Plin. IV, 12,23.), 1) Heine Infel im fübliäien Theile des ägäi-
ſchen Meeres in der Nähe von Anaphe; wahrſcheinlich das Heut. Piana oder
Pianoſa. — 2) Stadt in Netbiopien, Blin. VI, 29. I[E.]
Leädes, Sohn des Aſtakos, erſchlug den Eteokles nach Apollod. IH,
6, 8:5 Aeſchyl. Sept. 474. nennt ven Megareus. [W.T.]
Lesena, atheniſche Hetäre, verrietb auch auf der Folter nicht bie
Berfäwdrung von Harmobius und Ariſtogiton; zum Dank erridteten bi:
Athener eine Bilpfäule, eine Loͤwin ohne Zunge darſtellend (meil ihre Berfon.
als einer Getäre, nicht dargeſtellt werben durfte), Pauf. 1,23, 1. Blin. VAL, 23.
XXXIV, 8. Gic. de glor. p. 488. Or. Athen. XIII, p. 596. F. 2actant. I, 20
Später ift 2) vielenige, welcher Demetriuß vorübergehende Gunſt ſchenkte ur
deren Namen Lamia zu einem Wige benupte, Athen. VI, p. 253.B. XD”
p. 377.D., wozu vgl. Ariſtoph. Lysistr. 231. @urip. Med. 1355. Auch ihr
errichtete die Kriecherei ner Athener einen Tempel, Athen. VI,p. 253. A. [W.T.)
Leäger (Asaypos), Sohn des Blaucon aus Athen, führt mit bem
Dekeleer Sophanes 10,000 Anſiedler, atheniſche Bürger und von den Bundes:
genofien, an den Strymon, um den Ort Ennea Hodoi, fpäter Amphipofis
u bevölfern. Sie bemächtigten ſfich zwar der Neunmege, welde die Edona
Inne hatten; da fie aber ind Binnenland von Thracien vorrüdten, um, wi
es fein, die Goldbergwerke von Daton in Beflg zu nehmen, wurden flı
von der Geſammtmacht ber Thracier Hei dem edoniſchen Orte Drabescat
überfallen und erſchlagen (devzapor aruynur unter ben neun, welche der Schol
zu Aeſch. f. leg. p. 759. R. aufzäblt; DE. 78, 2., Krügers hiſtor. philol
Etudien ©. 106f vgl. Gfint. Fast. Hell. app. IX. de Amphipoli; ba}
erſte aruynua DI. 76, 1 unter dem Arhon Vhaedon, als die Gtratege
Eyfiſtratus, Lycurgus und Gratinus Anflenler dahin geführt Hatten). Thu
I. 100. IV, 102. Diod. XII, 68. Herod. IX, 75. Bauf. I, 29,5. Sion
de pace c. 29. (wo nad der Urbiniſchen und Ambrof. Handſchr. er Acur
58 zu leſen ift, |. Baiter Praef. ed. Isocr. Panegyr. p. IX.). — Ein Sohn
von ihm if Glaucon, einer der Befehlshaber der Flotte, welde im 3. 432
uon den Athenern den Gorcgräern zu Hilfe geſchickt wurde. Thuc. I, 51. —
Kin Sohn von Blaucon ifl der von Plato im Laius verhöhnte Leager (Athen
11, 78. p. 68.; f. Dein. fr. Com. I. p. 174. Il. p. 696.), eine Tochtet
von ihn war an Callias TIL. verheirathet (f. Bo. IE. S. 81.). [KL]
* Unter Fufiinien batten bie Römer mit ben Perfern um dieſes Gebiet za
fireiten, Procop. Pers. II, 15. 28. 29, Goth. IV, 1. Ueber bie Sprache der Lagen
rin voun ; Roftn (Bemso 1844. 4.), angezeigt von Bovp, Berl, Yabrbb.
1844. Det. Nr, AL _ Bat, Wiſſeling zu Kerod, IV, 21, [W.T.] |
Lännier — Lehakda 885
Ltander, Lonndzus (Matt. Spect. 25.), Asiardpos, der Süngling
aus Abydos, ber aus Liebe zu Gern, ber Priefterin der Aphrobite in Sefloß,
allnächtlich den Helleſpont durchſchwamm, geleitet von der Leuchte auf dem
Thurme von Seſtos. Uber in einer flürmifchen Nacht erloſch viefe und er
wurde eine Beute ver Wellen. Zerſchellt wurde am Morgen die Leiche and
Ufer von Seſtos getrieben und Hero flürzte fih Hinab zu dem Gelichten.
Poetifch behandelt if die Sage durch Mufäus (de amor. Her. et L.) und
nad ibm von Ovid Her. 18. 19. Vgl. Stat. Theb. VI, 535 ff. Birg. Ge.
IH, 258 ff. Auch Gegenftand plaſtiſcher Darflelung wurde &., f. Mart.
XIV, 181. — VBgl. au) Maeandrius. ‚T.
Leanmdis (Asardic, Ptol. V, 7., unfreitig au ba Laranda bes
tin. Unt. p. 211. und des Hierocl. p. 675., und ˖wahrſch. auf das Ca-
priandae der Tab. Peut.), eine Stabt im Öftliheen Theile von Gataonien
(Cappadocia Magna), 18 Mid. fünöfll. von Cocuſum, mitten in den Päffen
des Taurus und an der Straße nah Anazarbus. Mannert VI, 2. ©. 242,
glaubt, daß hier Die Stelle fein mäfle, wo nad Strabo XII, p. 336. ber
FH. Pyramus (j. Geihun, Diyhun) den Taurus mit fürchterlichem Beräufche
durchbricht. [E.] | |
Leandrius aus Milet, ſcheint über feine Vaterſtadt ein Werk ge⸗
ſchrieben zu haben; Spuren davon finden fi bei Diogenes von Laerte (I,
28.), bei Glemend von Alerandrien und andern Tirhlicen Schriftfiellern.
Vgi. ©. 3. Voß De historico. Graecc. III. p. 461. ed. Westerm. [B.
Leanira, f. Aphidas 1., Bd. I. ©. 600.
| Leanitse (Asarizaı, Btol. VI, 7.), eine Voͤlkerſchaft in Arabia Felix
am nörblideın Theile der Weſtküſte des perſiſchen Meerb., nach welcher
‚ ein füblih beim Vorgeb. Chersonesus beginnenber Meerbuſen (wahrfch. ber
beut. Golf von Kadehma) ven Namen Leanites Sinus (Aearirng xoAnog,
Ptol. ibid.) führte. Ihnen gehörte die Stadt Mallaba und ver Hafen Itamus
(dad heut. KRabehma?). [F.]
Leoarchus, 1) Sohn des Athamas, von dieſem getöbtet, f. Bo. I.
&. 896. — 2) Bruder des Arkefllaus IL, Könige von Kyrene, Herod. IV,
160. — 3) Athener, Sohn bed Kallimachus, Thuc. IE, 67. [W.T.]
| 4) aus Rhegium, bei Pauf. II, 17, 6. als einer ver älteften Bild»
gießer aufgeführt, von Ginigen für einen Schüler des Dädalus, von Andern
des Dipönus und Skyllis gehalten; von ihm war dad allerältefte Zeusbild
(in Sparta), deſſen einzelne Stücke getrieben und mit Nägeln zufammengefügt
waren. Wahrſcheinlich aber if flatt aus Asapyor 68 zu fchreiben: Kisao-
xor 3 fwı Ausg. von Schubart und Walz liest, f. Clearchus, Bb. II.
S. 43). .
Lebäde, eine zu Plinius (V, 29, 31.) Seiten bereits untergegangene
Stadt Xybiens, die an bie Stelle von Colpe getreten mar, bad wieder bie
Stelle von Urhäopolis am Sipylus eingenommen hatte. [E.}
Lehkadön (Asßadur, Hetod. 1, 46. VII, 134. Etrabo IX, p. 414.
423. Pauſ. IX, 39. Blut. Lys. 52. Ptiol. II, 15. Blin. IV, 7, 12.
Stat. Theb. VII, 345., au) Lebadia, Asßadın, Gel. XII, 5. u. Hierocl.
p. 644.), Stadt an ber Weſtgrenze Böotiens zwiſchen Ehäronea und dem
nördlichen Abhange des Helicon, weitlih vom See Gopais, am Fuße eines
Felſen, der die Duelle des Flüßchens Hereyna enthielt. Nah Pauf. am a. O.
fommt fie fhon bei Homer Il. II, 907. unter dem Namen Midas vor, und
lag urfprünglid auf dem Zelten feld, wurde aber von dem AUthener
Zebades, der ihr auch feinen Namen beilegte, an ben Fuß des Berges ver-
feßt. (Vielleicht ift alſo Mideis blos der Name der alten, fpäter verſchwun⸗
denen, fropolis.) Ihre einzige Merkwuͤrdigkeit war dad in einer unterirdi⸗
iden Mhle jenes Felſens Hefindlige Orakel nes Trophoniſchen Zeus (Herod.
836, Lebada — Leoben
am a. D. Strabo p. 414. Philoſtr. vit. Apoli. VEIT, 19. Stv. KLV, 27.
Bol. au Krufe's Hellas II, 1. S. 644 f. und beſonders Böttling, Narratio
de oraculo.Trophonii. Jen. 1843. 8.) und der Tempel bes Gotteß mit einer
von Praxiteles verfertigten Bilvfäule veffelben (Pauf. am a. O.). Dur‘
dieſes Orakel ſcheint fi auch der früher unbebeutende, von Lyſander eroberte
und geplünberte (Blut. a. a. D.) Ort erſt gehoben zu haben, fo daß ihn
Pauf. am a. D. den größten und ſchoönſten Städten Griechenlands beizäpft.
Ueber das Heut. Livadhia vgl. Wheler II. p. 368. Holland Travels p. 396.
Gell It. of Gr. p. 149. 156. Xeafe North. Greece II. p. 118 ff. Ulricht
Meife I. ©. 164 ff. Stephani's Reiſe S. 65 ff, und über die durd bie
Hercyna von ber Stadt getrennte Höhle des Trophonius Turner Tour in the
Lev. I. p. 311. 2eafe II. p. 122 f. Ulrichs I. S. 166 f. und befonbers
Stephant S. 67., dem ed zuerft gelungen zu fein ſcheint, ben wahren Si
bes QOrakels in einer andern, als ber biäher dafür gehaltenen, Höhle zu
entbeden. IF.]
Lebnen (Asa), eine blos von Herodot VII, 137. genannte alte
Stadt im oberen Macevonien, die Meflvenz eines alt«macevon. Könige, vor
der fi ſonſt nirgends eine Spur findet. [Fr]
Lebecit (Aeßsxıoı, Polyb. II, 17.) oder Libici (ABımoi, Ptol. IM, 1.
Plin. II, 17, 21.), eine Voͤlkerſchaft in Gallia Eisalpina zu beiden Geiten
des Fluſſes Sefla bis zur Mündung beffelben in ven Babus, deren Haupt-
flabt Vercellã war, und die nach Plin. am a. DO. von den Salyern, einem
ligurifcgen Volke abflammte. [F.]
Lebedontia, nad Avien. Or. mar. v. 507. eine ehemalige Stadt an
der Süpoftlüfle von Hifpania Tarracon. am Berge Sellus (j. Cap Salou)
. in der Nähe von Tarracv, aber zu Avienus Zeiten ſchon verſchwunden. Bei
" andern Scrififlellern findet fi Feine Spur von ihr. [F.)
Lebödus (Asßedos, Hecat. fr. 219. Herod. I, 142. Thuxc. VIII, 19.
Aelian. V. H. VII, 5. Ptol. V, 2. Mela I, 17, 2. Plin. V, 29, 31.),
ebemals blühende Stadt des Joniſchen Bundes an der Küfte Lydiens, 90
Stad. oͤſtlich vom Vorgeb. Myonnefus und 120 Stad. nordweſtl. von Ge
lophon gelegen (Strabo XIV, p. 643.). Nah Pauf. VII, 3, 2. wurde fie
bei der Einwanderung der Ionier von Andrämon, dem Sohne bed Godruß,
den Gariern entrifin, nad Strabo p. 633. aber von dem Jonier Andre
copus an der Stelle eines ſchon vorgefundenen Ortes Artis oder Artes ge
gründet. Nachdem fie Tängere Zeit durch Handel und Schiffahrt geblüh
batte, verlor fie durch Lyſimachus, welcher den größten Theil ihrer Cinwohnn
nah Epheſus verpflanzte (Pauf. I, 9, 8.), den Reſt ihrer frühern Größe,
fo daß fle zu Auguſts Zeiten fon fehr gelunfen und menfchenleer war (Ber.
Ep. I, 11, 7.), obgleig fie no im 7ten Jahrh. exiſtirte (Hierocl. p. 660.).
Um ihr einigermaßen aufzuhelfen, verpflanzten bie Römer bierber die be⸗
rühmte, dem Dionyſos geweihte Schaufpielertruppe, die früher zu Teos, fpäre
(feit Attalus) zu Myonnefus ihren Sig gehabt Hatte, und es fanden nun
alljaͤhrlich feierliche Wettlämpfe zu Ehren des Dionyfos in ihr Statt (Strabs
p. 643.). In der Nähe der Stadt fanden fih warme Dlineralquellen (Baur.
VII, 5.), welche nod vorhanden find, und bei denen Chandler (c. 33. S. 143.)
Auinen unter dem Namen Ekklefia fand, während fi von der Stadt ſelbſt
am Meere Eeine Spuren mehr zeigen. —9
Leben (Asßır, Strabo X, p. 329.) oder Lebena (Aeßipæ, Ptol
I, 17. Blin. IV, 12., bei Baufan. II, 26. Aeßren, auf der Tab. Bent.
verförieben Ledena), Hafenflant an der Güpküfle von Greta, 90 Stad.
füböflih von Bortyna, als deren Hafen Fe angefehen wurde. Ihre Öf-
Ude Entfernung von dem andern Hafen Gortyna's, Metallum, u nad
Dlivier I. p. 408. 5—6 Lieues. (Vgl. Hoͤcks Kreta I. S. 400.) Hatte
Lebintkus -© Loectica 837
einen berühmten Tempel des Aeskulap, der nach dem Muſter bes Eyrenäifchen
erbaut war (Pauf. 1. I. u. Apollon. Vit. Philostr. IX, 11.). Ihre Ruinen
wären zwiſchen dem Gapo Lionda (dem Prom. Leon der Alten) im O. und
der Bucht Kalad Limenas (fhon bei den Alten xuAod Ausres) zu ſuchen,
wo fi jedoch feine zu finden feinen. [F.]
Lekinthus (Aaßırdos, Gtrabo X, p. 487. Steph. Byz. v. Apenam.
Mea II, 7, 11. Plin. IV, 12, 23.; Lebynthus, Ovid Met. VIE, 222.
u.A. A.I1,81.), eine der Tleineren Sporaden des Aegätfchen Meeres, weſtlich
von Galymna, Öflih von Amorgos und nörblih von Aſtypaläa; j. Lebitha
(ra AdBıda). Vgl. Dapper les isles de l’Archipel p. 185. u. Roß Reiſen
auf den griech. Infeln II. ©. 56. [F.
Lebona (Jub. 21, 29.), Stadt des Stammes Ephraim in Samaria,
nördl. von Silo, unflreitig berfelbe Ort, den Brochard c. 7. p. 178. Lemna
nennt und 4 Stunden ſüdlich von Sichem an ver Straße nad Ierufalem
anfegt. Nah Maundrell ©. 86. ift fie dad heut. Dorf Leban, 4 Stunden
ſüdlich von Naplus. Val. jedoch au Reland p. 872. [F.]
Lebuni (Plin. III, 3, 4.), eine Bölkerihaft Lufltaniens fünlih vom
Mintus, wahrſch. diefelbe, die derſelbe Schriftfleler IV, 20, 24. Leuni nennt.
Del. Ukert II, 1. ©. 311. [F.]
Asnarouarreia, f. Bd. II. ©. 1139. u. Plin. XXX, 2,2. XXVII,
8, 27. Scäol. zu kycophr. Alex. 813. [W. T.], '
Lechn (1 Ghr. 4, 21., in der LXX. Anyeß), Stadt Paläftina’s im
Stamme Juda. [F.]
Lechaeum (Plin. IV, 4, 5. Stat. Silv. II, 2, 35. Theb. II, 381.
Drop. III, 20, 19.; Lechta, Stat. Silv. IV, 3, 59.; zo Asyaior, Strabo:
I, p. 56. VIH, p. 378. 380. auf. II, 2. Xen. Ages. 2, 17. Hell. IV,
4, 17. Ptol. II, 16.), Flecken am Gorinthifhen Meerb., 12 Stad. nördl.
von Gorinth, und einer der beiden großen Häfen biefer Stadt, mit welder
er dur eine doppelte Mauer verbunden war (Strabo p. 380.) Er nahm
bef. die aus Italien und Sicilien kommenden Schiffe auf (Strabo ibid.), und
Hatte einen Tempel des Pofelvon (Paufan. am a. D.), der davon Aeyatos
bieß (Kallim. Del. 271.). Iept Balaja ober Pelagio. [F.]
Lecheätes (Asysarns), der Kindbetter, Beiname des Zeus ald Vater
der Arhene und als folder in Aliphera verehrt, Bauf. VII, 26,6. [W.T.]
Leches (A:ıns), Sohn des Poſeidon von der Pirene, Bruder des
Kenchrias, Pauf. II, 2, 3. 24, 7. [W.T.]
Lechi (Sub. 15, 9. 14.), oder vollfländiger Ramath Lechi (Jud.
415, 17.), Ort Balaflina’8 im Süpdweften des Stammes Juda, an deffen
Namen fi die Erinnerung an ein wunderbares Abenteuer des Simfon knüpft.
Bel. au Joſeph. Ant. V, 8, 8. und Winers bibl. Realwoͤrterb. im Art.
©imfon II. S. 544. [F.]
Leetica, Der Gebrauch von Tragbetten war wohl früh aus Allen
nah Hellas gelommen, aber in einfacher Form und nur für Frauen, Suid.
s.v. poogeior. Wenn Männer ſich tragen ließen, galt es als zovgn, Dinarch.
in Demosth. p. 29. Nur bei Kranfen kam es vor (Athen. XII, p. 533. F.
Blut. Pericl. 27.), aber auch dann war es gewoͤhnlich ein einfaches Bett,
„Arm (Eyſ. de vuln. praem. p. 172. Andokid. de myst. p. 30.). Die
eigentliden Tragfänften waren ganz mie bie römiſchen. Zu den Römern
fam die Sitte aus Bithynien (Catull. 10, 14 f. vgl. 20. Gie. Verr. II,
5, 11. Schol. zu Juv. I, 121., wo überall beſtimmter ven octophora bie
Rede it), wohl nah dem Siege über Antiochus (vgl. Liv. XXXIX, 6.); in
der Zeit des Plautus findet ſich noch Feine Spur davon (f. bei. Aulul. III, 5.),
zum esfienmal in einen Fragment des C. Gracchus bei Gell. X, 3. In der
Zeit des Gic. find fie bereits in segelmäßigem Gebrauch; Thon Cäſar findet
888 Laetios
eine gefehliche Beſchraͤnkung auf beſtimmte Ranges» und Alteröftufen nöthig
(Suet. Caes. 43.). Anfangs nur von rauen (Gic. Phil. II, 24), von
Männern 6198 In Krankheitöfällen (im Felde, Liv. XXIV, 42. Suet. Aug. 91.
Dal. Mar. II, 8, 2.; in der Stadt, Suet. Aug. 33. 43. Dio LVII, 15.
17.) und bei Reiſen aufs Land (Cic. Phil. II, 45. Plut. Cic.48. M. Sen.
Svas. I, 6. Suet. Aug. 82.) gebraucht, flieg mit Zunahme bed Lurus auf
ihre Anwendung. Schon Tiberius fcheint im Publikum regelmäßig in offener
lect. erſchienen zu feyn (Suet. Tib. 27.: neminem senatorum nisi aut
officii aut negotii caussa ad lecticam suam admisit; vgl. Dio LVU, 17.:
0V70 ang Össxsıro More 89 Tmunmodim naraordrw ds TO Ovraögior Scno-
modnva); doch feheint dieſer regelmäßige Gebrauch eine Zeitlang ein Brivi»
leglum der Kaifer geblieben zu ſeyn, wenigftens fagt Dio LVII, 15.: auu-
nodim xaTaorsyn Oroim ai 10v Bovisvror yurainec (nit die Senatoren
ſelbſt) zemvzaı; auch eriheilte Claudius feinem Sreigelaffenen Harpocras aus»
nahmsweiſe lectica per urbem vehendi spectaculagre publice edendi ius
(Suet. Claud. 28.). Unter den folgenden Kaifern aber wurde der Gebrauch
berfelben immer allgemeiner, |. 3. B. Iuv. I, 32 f. 64 f. IH, 23905. Die
Ject. war ein bölzernes Geſtell, in dem auf Gurten die Matrage (torus)
und ein Kopflifien (pulvinar, cervical, Juv. VI, 352., bei Eic. Verr. V, 11.
mit Roſen ausgeflopft, bei Juv. I, 159. pensilibus plumis) lag, alſo ein
lectus, ein Sopha oder Ruhebett, nur tragbar, zu welchem Zwecke an den
Süßen auf beiden Seiten lange Querſtangen (asseres, Suet. Cal. 58. Juv.
III, 245. VI, 132. Mart. IX, 23, 9.; mit Seilen feflgebunden, f. Gel.
X, 3.: struppis qvibus lectica deligata erat verberari iussit, vgl. Mart. II,
57, 6.: recens sella linteisqve lorisqve), binliefen. Zu Zrägern (gogea-
Yooos bei Diog. Laert. V, 73. extr., lecticarii, &ic. Fam. IV, 12. p. Rosc.
. Am. 46. Euet. Cal. 58. Ulp. Dig. XXXII, 1, 49.: lecticarii qvi solam
matrem familias portabant, Petron. Sat. 96. vgl. Mart. XI, 58. Muratori
897, 8., calones bei Sen. Ep. 110. extr. ; fie bildeten ein eigenes corpus,
Gruter. 599, 14. corpus lecticariorum Caesaris, u. 600, 1. decurio lecti-
cariorum) nahm man flämmige Sklaven, bef. Syrer (Juv. VI, 351.), Ger»
manen, Kelten (f. Lipſ. Blect. I. p. 708 f.), Liburner, Juv. IH. 240. VI,
477., Möfter, ib. IX, 143., fpäter vorzugämelfe Kappadokier, Petron. Sat. 63.
Martial. VI, 77,4. (auch Zreigelaffene, Mart. II, 46,4.); fie waren durqh
eine rothe Livree (Canusinae ruſae, Mart. XIII, 129. IX, 23, 9. vgl. Sukt.
Ner. 30. u. Sen. de benef. III, 28.) ausgezeichnet. Wer Teine eigen hatte,
fonnte mietben, f. Juv. VI, 3853. In ber 14ten Regio war der Standort,
castra lecticariorum (P. Victor de regg.). Die Zahl der Träger mar je
nach der Groͤße der lect. und dem Vermögen bed Getragenen verſchieden (bei
ben Griechen gewöhnlich vier, Lucian. Epist. Sat. 28. Somn. s. Gallus 10.
Cyn. 9. vgl, Plut. Pelop. 30.) und die lect. Daher entweber ein sexaphoron
(Mart. I, 81. IV, 51, 2. VI, 77. vgl. Juv. I, 64.) oder octophoron
(Satull. 10, 20. Gic. Verr. II, 5, 11. Epp. Ov. Fr. Il, 10. Matt. VI, 84.
Suet. Cal. 43. Appul. Apol. II, p. 648. Oud.). War man auf der Sänfte
(leeticae imponere, Petron. Sat. 28., indere, Tac. Ann. III, 14. ZU, 69.,
von den Trägern succollare, Suet. Claud. 10.), fo gab e8 Gelegenheit fi&
dem Publikum in den reizenvften Stellungen zu zeigen, Sen. de Benef. I, 9.
Bel. Lucian. Cyn. p. 722.: vueis ara xuranıcde zewgärtes nal axsider
caso örovg Nmoysire Tovg urdpwWnovg Tavıny AMAR un Tavemr rodneoIm
nelevorses. Dig lect. war nämlich zwar gemöhnlich wie ein Baldachin, Va⸗
lankin oben und auf den Seiten durch Vorhänge (vela, Mart. XI, 98, 11.,
plagae, Non. II, 716. vgl. IV, 361. XIV, %., plagulae, Suet. Tit. 10.)
bevedt (operta, Git. Phil. U, 45., adoperta, Suet. Aug. 53., clausa, Jur.
Il, 2A2., gopeior oder amunodor naraareyor, Die Gafl. XLVU, 10. LVII.
Kestisternium 889
45. 17. LXXVWE, 13., öippos xeraeseyos, ib. XLVII, 28. LVI, 43.) und
fo geräumig, daß man darin Tiegenb leſen, ſchreiben und fihlafen Tonnte
(Suv. IE, 240 f.), und fogar Mehrere darin Raum hatten (Suet. Ner. 9.
Dio EXI, 3.). Aber man konnte die Vorhänge au zurüdzichen oder auf»
binden (remoto velo, M. Gen. Sras. I, 6. ®Plut. Eumenes 14.: zoü go-
peiov rag Ixarsomder avlains arexeivıyas, aperuit lecticam, Gic. Epp. ad
Q. fr. II, 10., aperta 1., @ic. Phil. II, 24., patens, Juv. I, 69.); nur für
Verbrecher hatte man leoticae obsutae, Guet. Tib. 64. Später verfhlo
man bie lect. mit einer fenestra (Juv. III, 242.) aus lapis specularis (ik.
IV, 21. vgl. Authol. lat. III, 183.). Ein gopsioy xexoounusror Banlırode
findet fi$ Hei Plut. Arat. 17. — Ueber die Todtenbahre, lectica funebris,
xAen, ſ. Bb. HI. ©. 539. 543. 545. und Cic. Fam. IV, 12. Gom. 92.
Att. 22. Suet. Caes. 82. Ueber die lectica lucubratoria (Suet. Aug. 75.)
f. Lectus. — Die sella gestatoria (dippos xeraozeyos, Dio LX, 2.),
an Umfang und Form etwas abweichend von der L. (f. Sella), au aus-
prüdtih von ihr mehrmals unterſchieden (Suet. Claud. 25. aut pedibus aut
sella aut lectica, Mart. XI, 98. nec lect. nec sella, vgl. X, 10., Dig.
XXXxIl, 1, 49. iumenta vel lectica vel sella vel burdones), wird in unge-
nauem Ausdrud wohl auch mit ihr verwechfelt (Suet. Aug. 53. Martial.
IV, 51. und oben die Stellen Über dippos xaraor.). Gie war nad Die
LX, 2. durch Kaifer Claudius aufgefommen und den Kalfern und Gonfularen
eigenthümlih. Auch der Tragſeſſel konnte verdeckt werben (clausa, Suv. I,
124. Mart. X1,98.). — Literatur: 2ipfius Blect. 1,19. (opp. p. 701 ff.)..
Scheffer de re vehic. II, 4. Alſtorph de lecticis veterum diatribe, Amstel.
1704. 2. Ludwig de lecticis veterum, medii et praesentis aevi, Leipz.
1705. 4. Beder, Gallus 11. ©. 213— 219. Gharikled II. 71—73. [W.T.]
Leetisternium, von lectos sternere (Kiffen ober Polfter hin⸗
legen und ber Reihe nach audbreiten, beſonders zum Zwede eines Gaſtmahlso),
au pulvinar unb pulvinaria genannt (wie außer Suet. Caes. c. 76.
der Ausdruck pulvinar suscipere bei Liv. V,52. beweist), bezeichnet in feinem
engften Sinne die felerlichfte Art von römifgem Bötteropfermahle, welde
auch den Griechen (f. Cafaubon. zu Sueton. Caes. c. 76.) nicht unbefannt
war. Während übrigens der weitere* Sinn bes Wortes z. B. in dem
Gebraudye vorliegt, nach welchem lectisternia dicuntur, ubi homines in
templo sedere consverunt (Serv. ad Virg. Aen. XH, 199. vgl. Liv.
XL, 30. XXXVI, 1. Macrob. Sat. III, 9. med.), fo hat man unter jenen
lectisternia im engeren Sinne des Wortes bie orbentlihen und außerorbents
lien wohl von einander zu unterfelden. Denn feierlihe Böttergaftmähler
wurden auf dem Gapitollum regelmäßig, 3. B. bei den römifchen ober
plebejiſchen Spidlen, fo wie auf an andern im Kalender bezeiäneten Tagen
(&ic. Harusp. resp. c. 10. de Orat. III, 19,73. 2iv. XXXI, 4. IXXIH, 42.
Arnob. VII, 32.) dem Jupiter nebft ſeiner Gemahlin und Tochter angeorbnet,
wobei nad romiſch⸗menſchlicher Sitte der höchſte Bott auf einem Polſter zu
liegen, Juno und Minerva dagegen auf Stühlen zu figen pflegten (Baler.
Mar. II, 1, 1. u. 2. Ifloor. Origg. XX, 11, 9. Non. Marc. p. 204.),
und zwar bie Legtere rechts, und bie Erſtere linko, wie eine Münze des Ans
toninus Pius in nummis aereis max. Reg. Gall. tab. 6. u. Ryck. de Capit.
c. 13. p. 166 f. zeigen. Die Decenz forderte nämlid, daß die Frauen ſaßen
(Drfint zu Ciaccon. de triclinio p. 246.); und bei den Gaftmählern ber
Alten wurde überhaupt auf beflimmte Rangordnung fireng geichen (Giaccon.
p- 44 f. Blut. Symp. I, 3. T. IH. p. 500. ed. Wytt., nebft d. Auslegg.
” Die meitefte Bebeutung von lectisternium = epulae, convivium ift noch
übrig in ben Wort leotisterniator bei Plautus im Pſeubdolus I, 2, 29,
840 Leeoecs — Leootus
zu Hor. Sat. II, 8,20.). Antheil an jeldem Gottermahle Hatten bie Sena⸗
toren (Gel. N. A. XII, 8. Liv. XXXVIE, 57. Dio Gaſſ. XLVIN, 52.
Paul. Diacon. [Feſt.] p. 61. epulares), und dem Collegium der Epulones
lag die Belorgung bed Banzen ob, Paul. Diacon. p. 59. Lucan. Phars.
I, 602. Die regelmäßigften und gewöhnlichſten lectisternia hießen diurna
(Liv. XXXVI, 1.) und wurden in mehreren Tempeln den größten Theil des
Jahres hindurch, faſt täglich, verbunden mit Opfer und Gebet gehalten, Liv.
XLII, 80. — Die außerordentliden, drei, acht, und noch mehr Tage
dauernden lectisternia, bei außergewohnlichen, wegen glüdlicher oder unglüd-
licher Greignifie flattfindenden Dank» oder Bittfeflen (supplicationes und
obsecrationes) ũblich, galten immer einer Unzahl (Liv. XII, 10.) von Böttern,
deren Bilbniffe dann in den Heiligthümern paarweiſe auf die Polſter gelegt
zu werben pflegten (2iv. XL, 59. vgl. Feſtus p. 267.). Die Anordnung
dieſer außerorbentliden Göttermahle wurde beflimmten Genofienfchaften in
befonderer Weife übertragen (Liv. XXII, 1.), und mit dem Tempelmahl zu⸗
glei eine Öffentlide Baftirung (convivium publicum) verbunden, wie das
von Liv. V, 18. ausführlid erwähnte älteſte (im I. 355 d. St.) Beifpiel
eines außerorbentlicden, dem Apollo, Hercules, Mercurius, Neptunus, der
Latona und Diana geltenben lectisternium beweist. Liebevoller Friede charaf-
terifirte folde Befte in fo hohem Brabe, daß man jede Feindſchaft zu ver»
gefien fuchte, und ſelbſt den nicht allzuſchweren Verbrechern die Ketten ab-
nahm, um fie Ihnen nicht wieder anzulegen. So murbe au bie Nieber⸗
fämpfung ber Gatilinariihen Mevolution mit einem lectisternium gefeiert
(Gic. in Pis. 3. Cat. II, 6. u. 10. Philipp. II, 6.), und bei dem von Liv.
XL, 59. erwähnten Beifpiele kam überbies das Wunder vor, daß die Bötter
auf den Polſtern ſich vom Tifhe und von den Speifen wegwendeten, bie
dann non Mäufen verzehrt wurden. Galt das feierlide Tempelmabl blos
weiblichen @ottheiten, fo hieß e8 sellisternium (Gero. ad Virg. Aen.
vi, 176. ‚Zac. Ann. XV, 44. Feſt. p. 141. s. v. sella. Baler. Mar.
II, 1, 2.), was namentlid auch im Tempel bed Hercules ber Sal zu feyn
pflegte. G@ine Urt lectisternium fieht man auf einer Yamilienmünze des
Cõlius Caldus Hei Morelli Thes. p. 102. vgl. Vaillant fam. Rom. T. 1.
p. 292. Ez. Spanheim de usu ef praest. numism. II, 193. Lieber bie
ehriſtlich en lectisternia bei hoben Kirchen» und Saframentalfeiern f. Gruter.
Inser. 753, 4. GSivon. Apoll. Epist. IV, 15. [A. Baumstark ]
KLectoce (It. Hieroſ. p. 535. Drt im Innern von Gallia Narbo⸗
nenfls, an ber von Urelate längs des Rhodanus hinaufführenden Straße,
13 Mil. nordweſtl. von Arauflo; j. Mondragon. (Danville jevod, Not.
p. 404. will dieſe Diftanz XIII in VIII verwandelt wiffen, indem er den Ori
für den Uebergangspunkt über den Kleinen Fluß Le, Hält.) '[F.]
Kectorates, f. Lactorates, ©. 719.
Lectorli, f. Laetorii u. Plaetorii.
Lectum Promont. (70 Aextor, Hom. Il. XIV, 294. Herod. IX, 114.
Thuc. VII, 181. Strabo XIU, p. 583. 605. Ptol. V, 2. Blin. V, 30,
32. u. f. w.), die meftlichfte ind Meer bervortretende Spige bes Ida, der
Nordkuͤſte von Lesbos gegenüber, und der übliche Grenzpunkt der Landſchaft
Troas, fo wie unter den byzant. Kalfern der nördlichſte Punkt ber Brovinz
Asia (Hierocl. p. 659.). Auf ihm zeigte man noch zu Strabo's Zeiten ven
angebli fon von Agamemnon erriäteten Altar der 12 Sauptgötter (Strabo
p. 605.), deſſen Entſtehung jedoch, wie ſchon dieſe beflimmte Zahl der Götter
beweist, unfireitig in ein ſpäteres Zeitalter fällt. Jetzt beißt ee Gap Baba
oder Sta Maria. [F.]
Kectus, das Hauptgeräthe einer antifen Haushaltung, auf welchem
hingeſtreckt man alle Zeit verbrachte, die man überhaupt, zu Hauſe war.
T
Lectus si
Die Begriffe Bett und Sopha find in dem Ausorude vereinigt. Wir unter
ſcheiden nad den verſchiedenen Arten des Gebraucho
4) lectus cubicularis (Cic. Divin. II, 65. Tusc. V, 20.), evrm,
das eigentlie Bett. a) Das Geſtell, die Bertlade, „Arm. Der Stoff
war gemößnli Holz (vgl. Ovid Met. VII, 656.); Reichere nahmen dazu
werthvolle Arten, wie Buhsbaum, Polur X, 34., Ahorn, opsrdauros,
ib. 35., Terebintbe, Bropert. III, 7, 49. Plin. XVI, 43.; ober belegte
man menigflens mit biefen ordinäres Holz. Uber au Erz nahm man dazız,
oder verwendete ed Doch zur Ausſchmückung, wie bei Som. Od. XXIII. 220 _
Gold, Silber und Elfenbein. In den Zeiten des Luxus machte man fie auch
ganz aus Elfenbein und Schildplatt (yeAwr7), Aelian. V. H. XII, 29. Pol. 325,
Suv. VI, 80. Dio Chryfoſt. or. XIII, p. 434., oder Gold, Suet. Caes. 49,
@ic. Tusc. V, 21. Plaut. Stich. II, 2, 53. lecti eburati, aurati. Belun-
ders die Füße (fulcra, vgl. Barro L. L. VII, 16.) bildete man häufig aus
edferen Stoffen, wie Elfenbein (Athen. IE, p. 48. B.), Silber (Bol. 34.
Arhen. VI, p. 259. E), Bold (Birg. Aen. VI, 604 ), oder wenigfiens
Erirovoos und Eerapyvoo: (Herod. IX, 80. 82.). Die Bauart war fehr
einfach: vier Balfen oder die Stangen, in einander eingezapft und auf den
Füßen ruhend bilden bie vier Seiten (ernlara, npaorroıa, Phryn. p. 178.
Pol. 34, nArrıroor, Vol. VI, 9). Nur auf der oberen Seite, mo ber
Kopf auflag, war eine Xehne, arendırroor oder anixdırıoor, Bol. VI, 9.
X, 34. PThryn. p 130.; blos auenahmsẽweiſe auch unten (xAim augınd-
qæaog, Bol X, 35. vgl. Beer Charikl. II. S. 115.). Bel den Römern
hatte and die eine Seite eine ſolche Lehne, pluteus, womit man aud biele
ganze Seite bezeichnet, mährend bie offene, wo man aufflieg, sponda hieß
(Ifidor. XX, 11. sponda exterior pars lecti, pluteus interior, vgl. Ovid
Am. II, 14, 32. prior interiorqve torus, wogegen f. Sueton. Caes. 49,
sponda interior regiae lecticae, vgl. Gel. VII, 12. interior accubuit),
welchen lezteren Plaß gemöhnlih die Frau als die zufeßt Auffteigende ein⸗
genommen zu haben ſcheint, vgl. Kor. Epod. 3, 22. Martial... II, 91, 9f.
Dvid Fast. IT, 345. Das Geftel mar fo bo, daß man mittelſt eines
scamnum (Varro L. L. IV, 35. Ovid A. A. II, 211.) oder scabellum
(Baıro I 1.) e8 erflieg (scandere, ascendere und descendere, f. Tibull. I,
2, 19. mit Intpp. Orvid Fast. II, 330—354 ). Es war mit Gurten bes
fpannt (vgl. Cato R. R. lecti loris subtenti. Hor. Epod. 12, 12. tenta
cubilia, wozu Schol.: lectum intortis funibus vel fasciolis tentum), melde
bet den Griechen Im Nllgemeinen zoros, eriroros (Ariſtoph. Lys. 923),
beffere naoıe (Ariſtoph. Av. 816.), ärmlihere onapras (ib. 815.). onaprie,
oyniro, oyorria, xaloı, Mol. 36, bei den Nömern fasciae (Eic. Divin.
II, 65. art. V, 62, 6. XIV, 159), institae (Betron. Sat 97. Gloſſ.
Il. institae, grabati resticulae), restes (Rucif. bei Mon. II, 868. Gato
R. R. 25.) genannt werden, und auf -diefen lagen -
b) die Betten. Auf den Gurten lag eine Matrage, xrdpnior ober -
avAn und zvisior.(i. Lobel zum Phryn. p 173 f.). Tat. culcita (Barro
L L. IV, 35. @ic. Tusc. III, 19. Sen. Ep. 87. 108. Petron. Sat. 38.
97. 98,.), auch torus (Pin. VIII, 48, 73. Ovid Met. VIII, 655. A. A.
TI, 370. u. A.). Ausgeſtopft wurbe diefe urfprünglid mit Stroh (antiqvis
torus e stramento erat qvaliter eliam nunc in castris, Plin. 1. 1. val.
Varro L. L.IV,35 ), wie auch fpäter von Nermeren mit gefchnittenem Schilf
oder Heu (Ovid Met. 1.1. Martial. XIV, 160. 162. Sen. vit. b. 25);
Merg, Appulej. Apol. p. 388. Das gewöhnlichſte tomentum (WMart. XIV,
159. 160. Sen. 1. 1. Petron. 38. Varro 1. 1. Suet. Tib. 54. Tac. Ann.
VI, 23. Iflvor. Origg. XIX, 27.) oder yrapaAor (ro SußaAAöneror mir:
IV.
—2 Loctns
‚ Bell. 41.) wer aber Wolle (Plin. 1. ı. Plaut. Mil. IV, 4, 42
o0.1.1.), bei dem dumm⸗verſchwenderiſchen Trimalchio fogar purpurgefärbi,
(Betron. 98.); in fpäterer Beit Federn (culc. plumea, Cic. Tusc. IH, 19
vgl. Mart. XII, 17. XIV, 159. Jus. I, 159,), beſonders die der weißen
Bärfe und vorzüglich ber germaniiden (gantae, Plin. X, 22, 27. vgl
Venant. VII, 4. 6.). Außer dem Flaum der Bänfe gebraudte man aber
au den der Schmanen, Dart. XIV, 161. Der Ueberzug ber Matrape war
von Iinnenem ober wollenem Zeuge, auch von Leber, Boll. X, 39. 40. —
Am Kopfende lag ein Kopfkiſſen, cervical (Suet. Ner. 6. Petron. 32.
Mart. XIV, 146. Plin. XX, 20, 82.), pulvinus (Sal. Jug. 74. Catull
6, 9. elf. III. 18. Plin. XXVI, 11, 69. XXVIII, 19, 79. Gurt. II, 6.)
ober pulvinar (Petron. 134.), griech. meocnepadnıor ader nozinparor (Boll
VI, 9. sg Theofr. XV, 3.), gewoͤhnlich rund (do auch vieredig, f. di
Mobile. 6. Tiſchbein Collection of Vases I, 46. Millin Peint. d. Vas. |,
69.) und farbig (vgl. 3. B. Plut. X Or. IV, p. 366. Wott. nposuepaAnıoı
xg0x00 daßeoyor), vielleicht manchmal mit Federteppichen überzogen (Bot.
vi, 10. vgl. Beer Gallus I. ©. 47. Ghariff. II. S. 120.). Sie heißer
au Uravyina, Boll. X, 38. vgl. Plin. X, 22, 27. sine hoc instrument
(Flaumtiſſen) durare iam ne virorum qvidem cervices possunt. — Wehr
die Matrage werden Deden gebreitet, für welche bie Griechen eine Meng:
von Benennungen haben: reporpwuare, vroorpWnara, orpmuras (Xen.
Mem. 11, 1, 80.), srıßinuere, —— —äICCLXV
Samıdee, Evorides, Bol. VI, 10. vgl. X, * Athen. II, c. 30., lat. veste:
stragulae (Liv. XXXIV, 7. XXXIX. 6. Cic. Verr. II, 1, 10. 2, 7. 4, 26. Sor. Sat
1,8, 118. Ulp. Dig. L, 16, 45.), ober stragula, Mart. II, 16. XIV, 147
Tibull. I, 1, 65. Valer. Mar. IV, 3, 11., aud peristromata (Gic. Phil
H, 27. ®laut. Stich. II, 2, 54. Pseud. I, 2, 12.). Waren fie auf beiden
Geiten zottig, fo hießen fle augssanınres (Pol. VI, 9.) oder ayupieros (ib.
X, 38.) ober augsuaAioı (ib. VII, 57.); wenn nur auf einer, zawınzes (ib.
VI, 9. Ariſtoph. Plut. 542. vgl. consuta tapetia, Plaut. Stich. 11, 2, 54.
Alexandrina belluata conchyliata tapetia, ib. Pseud. I, 2,14., Sardiniana
Varro, bei Neon. XIV, 34., picta, Virg. Aen. VII, 277., villose, Martial
XIV, 147.); wenn auf keiner, yirodamıdes. In Wahl der Stoffe und Farber
entfaltete ich Hier großer Luxus; die berühmteflen Deden Tieferten Milet (3.8
Ariſtoph. Ran. 542.), Korinth (Athen. I, p. 27. D.), Sarbes (ib. II,p. 48.B )
Karthago (ib. 28. A.), Babylonien (Blaut. Stich. 1.1.), Sampanien (id. Pseud
1, 2, 12.); die Gaburken (f. Bd. I. ©. 21.) leinene, Cadurca genannt, Plu
xix, 1,2. Juv. VI,537. VII, 221. (niveum). Sulpicia beim Schol. zu Jur
v1,537. Bei den Römern waren Purpurdecken (stragulae conchyliatae, cos-
ohylio tinctae, vgl. Gic. Phil. II, 27., conchyliata tapetia, Plaut. Ps. I, 2, 14
stragula purpureis lucent villosa tapetis, Dart. XIV, 147., Sidonio fulgen«
ardore tapeta, Sil. IV, 270.) häufig (Liv. XXXIV, 7. Gic. 1.1. Martial
II, 16. coccina stragula), oft au noch mit Gtiderei oder eingemobenen
Figuren verziert (Gic. Tusc. V, 21. vgl. peristromata picta, Plaut. Pseud.
1. 1.). Nur auf bie Anorbnung des Lagers kann fi daher ber Tadel ber
Drientalen beziehen, oux anioracdes Tovg "EAlmag vnoospamvver, Athen.
IL, p. 48.D. vgl. Plut. Pelop. 30. Xenoph. Cyrop. VIII, 8, 16. I.
Winter nahm man zus Bedeckung und Ginhüllung des Körperd (neben dem
Wacptkleid, year evrnsne, Synosunzop, Pol. X, 123., eraureuor, Serobiar
. #70. 205.) nit bloß Decken, fondern au Pelje (Blat. Prot. p. 315.
vunbros 39 awdloıs ai nai orompan), bei. Schafpelze, xaodıor, Blur.
X Orat. IV, p. 879. Poll. VII, 16.; womit wohl iventii iſt die asvee.,
Ariſtoph. Nab. 10. 27 wars movpaıs synexopdvänusros, vgl. Eccl. 347. 421.
Av. 122, Lyaistr. 933. Pol. VII, 70. Suid. s.v. Maulwurfpelze erwähnt
-- — — --- — — -x - u - — *
— Tb nn
— — — — —X DU, m o-
— —— pr on m.
Lectus . 843
als cubicularia stragula Plin. VII, 58, 83: — Gegen dieſes Lager der
Reichen flach mehr oder weniger grel ab daß ver Rermeren, deſſen Geftell
attifch im Allgemeinen wAsridıor (Ariſtoph. Lys. 916. vgl. Heſych. onıumo-
dor, euzeitg xAridıor uoroxoinoy), näher aoxarıns (Ariftopb. Nub. 639.),
gemöhnliher oxiurovg (ib. 709. Plat. Prot. p. 310.), unattiſch xoaßßarog
(f. @uftath. ad Odyss. XXIII, 184. p. 1944, 18. vgl. Bol. VI, 9. X, 95.),
daher Tat. grabätus (Lucil. hei Non. II, 868. Gic. Divin. MI, 698, Sen.
Ep. 18. 20. Mart. VI, 39. XI, 32. ®irg. Mor. 3. Betron. Sat. 97,
Appulel. Met. III, p. 173. Dub.) hieß und viel niedriger war (Euflatb, ad
ii. XVI, 608. p. 1077, 64. 707 nap ’Artıxoig oniunoda, evreil nAirn? nor}
19aueirr, neialovoar 75 yn). Auf den Gurten (zorog, Ariftoph. Lys.
923., oyoire, Plat. 541., xeıpiae, Av. 814., wozu Schol.: 7, xupia eidog
Lossne 8x 0yoıriwr, mapeoıxög inarzı, 7) deauovn tag nAlvag) Tagen manchmal,
mie in der homeriſchen Zeit (f. Nisfh zu Odyſſ. 1. S. 210.), unmittelbar
die Deden (ſ. Plut. X Orat. IV, p. 379. 388. Wytt.), gemöhnli eine
wiados (Arifl. Lys. 921 f., eine Maite aus Binfen over Baft, Boll. X, 178.
gpAoim), ein mposnegaiaıor (ib. 926.) und eine aove« (ib. 933.), natüte
lich Alles von geringerem Stoffe und Sälung. Die geringfte Art wird durch
orıBades (Theofr. XI, 33. Plut. Lyc. 16.), yausvrn (Theofr.1.1.) oder
xauevnoy (Pol. X, 35.), wohl auch gYvAiades (Bol. VI, 9.) bezeichnet,
eigentlih eine Streu (Schol. zu Theokr. 1.1. oußada xaloun mv &E Ding
youıoön xaraorpanv), dann ein dem Erdboden nahes Bett, im Gegenſatz
zu der höheren Arm (Riban. Or. XXXVH. T. IV. p. 634. Meist. Vogl.
Ruhnk. ad Tim. p. 227.), dad gemöhnlicde Lager der Sklaven ımb der -
ärmften Klaffe (Bol. X, 35. zur asosorepwr), beſtehend aus Matten von
Binien, Rohr oder Baſt, matta (Dvid Fast. VI, 680. Auguſtin. c. Faust.
V, 5), yiedog (Pol. VI, 11. rag Synoummmpiag Wiadovg yausvriag exa-
Aovr, vgl. X, 178.), Yopuog (Aheofr. XXI, 13. Ariſtoph. Plut. 542.),
dw und bınis (Poll. X, 175. mAsyua u wird 7 Yopue ———
caurk (Poll. X, 43.: A xadauov Tod nulovussov oanzov‘ uaäore N
Ent Orpauäg Touso Erowrzo). S. im Allgemeinen Boll. X, 48.: zog oi-
nöTaıg 89 KON | TRLOXOITON 1) TOO TTEONOITWFOG ATAYKRIR ORBUN REVFE
xal wiadoı nal gopnoi al anna. Bol. Beier, Gallus I. ©. 429.
Charitles U. ©. 114—122. \
ine befondere Art des ect. cub. iſt bei den Roömern dor lectus
genialis (@ic. pro Cluent. 5, 14. Hor. Ep. I, 1, 87. 2ampriv. Alex.
Sey. 13. tabula qvae geniali lecto patris imminebat; lectulus g., Arnob.
adv. g. IV, p. 140. vgl. ib. II, p. 91. Salm.; torus g., ®irg. Aen. VI,
603 f. Plin. Paneg. 8, 1.; bloß genialis, Juv. X, 334.), qvi nuptiis ster-
nitur (der regelmäßige Ausdruck, f. Cic. 1.1. Juv. L. I. —*8* II.: toga
sternitis lectulos, und zwar vom Vater der Braut, ſ. Cic. J. 1.: lectum
. genislem qvem filiae suae nubenti straverat, und bei jeder neuen Vermaͤh⸗
lung neu, Propert. IV, 11, 85 f.), sic dietus qvia Junoni et Genio sacer,
Be. s. v. p. 70. Lino. Vgl. Juv. VI, 22. sacri Genium contemnere falcri
(f. v. a. lecti) und Arnob. 1. 1.: t. stern. lect. et maritorum Genios ad-
vocatis, während Serv. ad Virg. 1. 1. den Namen a generandis liberis ab»
leitet, was nur indirecte Wahrheit Hat. Im Allgemeinen f. Arnob. IV.:
usu, farre, coemptione genialis lectuli sacramenta condicunt. Ber 1. g.
ſtand im atrium (vgl. unten Adconins; identiſch damit ift aula bei Kor. 1. 1:
vgl. Juv. X, 334. in hortis, wohl Gartenhaue), der Thüre gegenüber, daher
adversus lectus (Lıberius bei Gel. N. A. XVI, 9. mater familias tua in
lecto adverso sedet) over lectulus (Proyert. 1. 1. Ascon. zu Cic. p. Mil.
5, 13). Hier hielt fl bei den Römern die Frau des Hauſes den Tag über
auf und verrichtete bier Ihre Arbeiten, beſonders das Spinnen und Wehen,
TUR
844 Leeius
ſ. Aecon. J. I.: omni vi ianua expugnata et imagines maiorum deiecerunt
‘et lectulum adversum uxoris eius — fregerunt itemqve telas qvae ex ve-
tere more in atrio texebantur diruerunt. Vgl. Ovid Fast. II, 739 f. Lu-
crelia nebat; ante torum calalhi lanaqve mollis erant. — fiteratur:
Lipflus, Blect. I, 17. Böttiger, die alvobrand. Hochzeit S. 124 f. Becker,
Baus I. S. 20. 83. Die Intpp. bef. zu Hor. 1.1. — Ueber dad Todten⸗
bett, lectus funebris (Petron. Sat. 114. vgl. Verf. III, 103 f. Tiball.
1,1, 75. ®rop. D, 11, 3. 13, 21 f. IIT, 13, 17. Herb. Tac. Ann. XVI,
41.) vgl. Funus, Bb. III. ©. 539. 543 f. Bei den Römern trug man
bie Leiche darauf au zu Grabe, f. ib. ©. 545.; aud wurde e8 mit fener
zu Aſche verbrannt, vgl. ib. S. 547. u. Tibull. I, 1, 62.
2) Lectusal8 Sopha. a) Lectuslucubratorius, auf welchem
liegend man mebitirte, lae und fihrieb. Vgl. Suet. Aug. 78.: a coena lucu-
bratoriam se in lecticulam recipiebat etc. Ovid Trist. I, 11,37 f.: non haec
in nostris ut qvondam scribimus hortis, nec consvete meum lectule corpus
habes. Gen. Ep. 72.: qvaedam sunt qvae possis et in cisio scribere,
qvaedam lectum et otium et secretum desiderant. Man fhrieb darauf
wohl indem man fi auf den linken Arm flügte und das Buch oder Schreib-
material auf das beraufgezogene rechte Knie anflegte; vgl. Plin. Ep. V, 5.:
visus est sibi per nocturnam qvietem iacere in lectulo suo compositus in
babitum studentis, habere ante se scrinium ita ut solebat. Aber vielleicht
Batte man an ber Lehne (pluteus) des lectulus eine Art Schreibtiſch ange⸗
bracht, f. Perf. 1, 106. von gehaltlofem Dichten: non pluteum caedit, vgl.
Juv. II,7., wo ein Bild des Kleanthes auf dem pluteus aufgeflellt ift, und
Sidon. Apoll. II, 9.: grammaticales plutei. Die Form biefer lectuli unter-
ſchied fih wohl nit von den andern; citrei erwähnt Perſ. 1,52. (qvidgqvid
lectis scribitur in citreis). Ebenſo feinen die cathedrae (Lehnflühfe)
ber Frauen (Sor. Sat. I, 40, 91. Juv. I, 65. IX, 52. Mart. II, 63.
XI, 99. Plin. XVI, 37, 68. supinae) eine Vorrichtung zum bequemen
DaraufsSchreiben gehabt zu haben, f. Propert. IV, 5, 37.: supplex ille (ver
Verehter) sedet, — posita tu scribe cathedra qvidlibet, f. die Intpp. dazu.
Speculum in cathedra matris positum fommt vor bei PHädr. 11, 8, 4.
Dal. Böttiger Sabina I. ©. 35f. H. Dittri$ de cathedris feminarum
romanarum, Lips. 1836. 8. Beder Gallus I. ©. 198 f.
b) Lectus tricliniaris, von dem cubicularis nur in folden Be⸗
flimmungen abweichend, melde dur die Verſchiedenheit des Zweckes und
Gebrauchs bedingt find. Namentlich find die lecti, auf melden man beim
Mable lag, viel niepriger als die cubiculares, wie auch die Tiſche die Höhe
der unfrigen bei weitem nicht erreichten, f. Becker Gallus II. S. 149. Und
da die lecti tricl. für fehlide Gelegenheiten und für Gäſte beflimmt waren,
fo wurde in Bezug auf fie mo möglich noch größerer Luxus und ausgeſuch⸗
tere Eleganz entfaltet ald bei den cubiculares. Wir finden daher in Berug
auf das Geſtell häufig nicht blos aerati lecti (Bic. Verr. II, 4, 26. Liv.
XXXIX, 6.), fondern aud) argentei (vgl. Suet. Calig. 32.: Romae publico
epulo servum ob detractam lectis argenteam laminam carnihci tradidit),
testudinei (Mart. IX, 60. Dig. XXXII, 1, 98. extr.), aurei (ic. Tusc.
V, 21.), eburni (or. Sat. II, 6, 103.). Auch diefe Art von lecti hatte
eine Lehne, pluteus, f. Suet. Cal. 26. Propert. IV, 8, 68., und für jeven
Gaſt eine culcita, Juv. V, 17. vgl. tori ib. I, 136. III, 82. Namentlid
aber in Bezug auf die Deden und Kiffen (unuyranı«) zeigte ſich die Ver⸗
ſchwendung; Athen. IV, p. 142. A. berichtet aus den fpärern Zeiten Sparta’s
von fo prädtigen orpmurel, wurs zur Eermr Sriovg Tor nagalnpdertwr
Öxveiv TC9 ayxora eni 1% noognegaiaıe (vgl. ib. I, p. 47. extr ) spaiderr.
Zu den auagulae Eommen hier noch die toralia (neußinuare, nepixdıre),
Amdos — Lid 805
Ueberzüge, mit melden ber lectus von dem torus an bis zum Fußboden bes
tleivet wirb (Kor. Sat. II, 4, 84. Ep. 1,5, 22. Petron. Sat. 40.: toralia
proposuerunt toris, in qvibus retia erant picta. Lamprid. Heliogab. 19.:
primus omnium privatorum toros aureis toralibus texit). Dig. XXXII, 10, 5.
werden fie ausbrüdlid von den stragula unterſchieden und nicht mie biefe
zur vestis gerechnet, fondern zur supellex. Vgl. Non. XIV,5.: plagae, grande
linteum tegmen, qvod nunc torale vel lectuariam sindonem dicimus. —
Ueber die Aufftelung der lecti zum triclinium, die Rangorbnung der Bläge
auf biefem und die Körperhaltung der Bäfte f. Bd. II. ©. 1301. (Griechen) und
S. 1309. (Römer). Im Allgemeinen ſ. Alftorph. diss. de lectis, Amſterd.
1704. I[W.T.]
Annvdog, ein Gefäß von geringem Umfange, aus verſchiedenem Stoffe,
vorzüglih als Oelflaſche dienend. Schon in der homeriſchen Dichtung (Od.
VI, 79.) dient ver Naufikaa ein goldnes Gefäß dieſes Namens zur Aufbes
mahrung des öyoo» EAmor, von welchem fle nad dem Bade Gebrauch zu
machen gedenkt. Auch eine Anxudos oxvzirn oreröotoyog wirb hei d. Ma-
them. vet. p. 102. erwähnt. Das Präpicat oresoorouog bezeichnet die ge⸗
mwöhnlichfle Form diefes Gefäßes. Es Hatte nämlich einen engen Hals und
fonnte um fo leichter überall mitgenommen werden. Im häufigſten Gebrauche
war jeboch die irdene Anxvdog, ein fhmalbäudiges ovales Gefäß, etwa ein
halbes Dunst faffend,, bismellen auch mehr. Diefed diente allgemein in den
Gymnaflen und in Bädern als Behälter des Salböles, womit ſich jeder zu
waſchen Hatte, * nenn das Del nit auf Öffenilihe Koften gereiht wurde,
was nur in feltenen Fällen geihah (1. Kraufe Gymnaſt. I. S. 189. N. 15.).
Daher finden wir auf zahlreigen antifen Vaſen, welde mit gymnafliſchen
Scenen geſchmückt find, an der Wand der Paläftra gemöhnlich die Anxusdos mit
der Stlengis und mit dem Schwamm vereinigt angedeutet. Dies ift Häufig das
einzige Unterſcheidungszeichen, daß wir und dann feinen Schauplag der Ago⸗
nifik, fondern nur einen Uebungeplatz vorzuflellen haben. Die Anxudog
mochte ganz vorzüglih von den atıifchen Töpfern gefertigt werben. Vielleicht
dürfen wir bei Heſych. v. xegmuevg 6 Avxodoyos an die Stelle des letzteren
Worted Anvdovoyog feßen, obgleich Schwend im Rhein. Muf. 1841. I, 1.
S. 154. eine andere Erklärung gegeben bat. Daß man in der Aravdos au
Salben aufbemwahrte, zeigt Ariſtophanes Plut. 807 f. — In unferen Bafen>
fammlungen findet man noch eine große Zahl diefer Anxvdos, und zwar immer
als oreroorouoı. Sie haben entweder gar Feine Malereien, oder nur ſehr
einfache, gemöhnlih fehr flüchtig aufgeführte. Doch Tommen einige Aus»
nahmen von feiner Arbeit vor. Sie find gemöhnlid von dunfelbraunem oder
ſchwarzem Firniß, obmohl auf heüfarbige gefunden werden. — Metaphoriſch
bezeichnete man mit Arxvdog, Anxvdıor eine rhetoriſche oder poetifche Phraſe,
leeren Wortornat, Zierrath, wie die lateinifde ampulla. ©. Ariſtoph. Ran.
1200 ff. Daher Anxvdido, mit Bemeinplägen ausſchmücken. [Kse.j
KLecythus (Arrvdos, Ihuc. IV, 113.), eine Kleine Bergfeftung Mace⸗
doniens im Weſten des Diſtrikts Sithonia, auf einer Kleinen Randzunge am
Meere gelegen; von Braſidas den Athenern entriffen und ihrer ‘Dlauern bes
raubt; angeblih j. St. Kiriaki. [F.] ‘
Höda (Arda), Tochter des Theſtios (Apollod. III, 10, 5. Pauf. III,
13,8.; daher Oeorıas, Eurip. Iph. Aul. 49.) oder des Theſpios oder Glaukos
oder Thyeſtes (Schol. zu Apollon. Arg 1,146. Serv. zu Birg. Aen. VIII, 130.)
und der Raophonte oder Deidamia oder Leufippe oder Burythemis oder Pants
® Der Sklave, ber ben Anzudos nachtrug, hieß Anxudogopos, f. Böttiger,
aldobr. Hochzeit ©. 161 f. Der Arme, der feinen Ayx. feibft trug, hieß aurodyau-
dos, ſ. Poll. X, 62. Euid, u, Heſych. 8. v. — Bol. auch Bo. III. ©, 539. [ W. T.]
846 Lederata — Legati decem
eidyia (Schol. Apoll. 1. 1. u. 201. Hygin fab. 14. Apollod. I, 7, 10.),
Gemahlin des Iyndareus, mit dem fle die Timandra, Klytämneflra und
Philonoe zeugte (Apollod. IM, 10,6. Hom. Odyss. XXIV, 199.). Als fie
einmal in Einer Nacht ſowohl von Zeus als von ihrem Gemahl umarmt wurde,
gebar fie von jenem den Polydeukes umd vie Helena, von diefem den Kaſtor
und die Klytämneftra (Hygin fab. 77). Nah Hom. Od. XI, 298 ff. find
Kaſtor und Polydeukes Söhne des Tyndareus und der Leda (vgl. Hor. Od.
I, 12, 25. pueri Ledae. Ovid Fast. I, 706. Mart. I, 37.), Helerm aber
Tochter des Zeus (11. III, 426 ); Andere Eehren es um: jene find Söhne
des Zeus (Eurip. Hel. 254. 1680. vgl. aber ib. 1497. u. Sol. zu Apollon.
Arg. 11, 808 Tuvdagıdaı), Helena Tochter des Tyndareus (Herod. II, 112.).
Nah Schol. zu Eurip. Or. 453. (vgl. Ovid Her. 17, 55.) fam Zeus zur
Leda ald Schman (Virg. Cir. 489. als Band, Tzetz. zu Kyc. 88. ald Stern),
und dieie gebar zwei Gier (vgl. Pauf. II, 16, ;. Hor. A.P. 147. Athen.
II, p. 57. D. 58. B. IX, p. 373. E. &ucian. Dial. D. II, 2, XXIV, 2.
XXVI.), aus deren einem Selena hervorging, aus dem andern Kaftor und
Polydeukes (Hor. Sat. 11,1,26.). Diefe Schwanen-Ecene mar ein häufiger
Gegenftand der Kunftvarfielung; Tafile 3. B. führt 58 Abbildungen auf
(vgl. vben S. 627, 0.). Auch Phöbe wird als Tochter des Tynd. und ter
Leda genannt (Curip. Iph. Aul. 50.). Nah Lactant. 1,21. wurde 8. nad
ihrem Tode unter dem Namen Nemefld unter die Götter verfeßt, f. Nemesis
und Im Allgemeinen Tyndareus und Helena, Bv. III. S. 1095 f. [W.T.]
Lederata (Acöspara, Procop. de aed. IV, 6. Tab, Peut., in der
Not Imp. Laedenata), ein befefligter Ort in Moesia superior, an der von
Viminacium weſtlich nah Dacien führenden Etraße und am Fluß Margus,
nit einer Garnifon von reitenden Bogenſchützen. Beim heut. Nana finden
fh noch Ueberreſte der alten Schangen. [F.]
Ledon (Asöor, Pauf. X, 32.), ein Ort in Phocks, norbwefllid von
Tirhorea, die Vaterſtadt des Philomelus, des berühmten Anführers der Pho⸗
cenfer Im Heiligen Kriege; aber in diefem Kriege zerflört, morauf fi ver
Reſt der Einwohner 40 Stad. nördlicher am Cephiſſus anflebelte._ Die Ruinen
des alten Ortes waren zu Pauſanias' Zeiten noch vorhanden. @ell It. of
Gr. p. 213. fand in diefer Gegend auch dergleichen, aber nur 11/, engl. M.
vom Gephiffus, die alfo fhmwerlih dem alten Ledon angehören Fönnen. Ans
dere Halten die Ruinen von Palesa-Fiva für die Meberrefle von Ledon. Bol.
2eafe North. Greece II. p. 89. [F.]
Ledri (Aeöooı, Sozom. h. eccl. I, 11., bei Steph. Byz. Aedcor),
ein wenig befannted Ständen der Infel Cyprus. [F.]
Ledum (Mela ll, 5, 6) oder Ledus (Arien. or. mar. 590. Sivon.
Apoll Paneg. Maior 208.), Küftenfluß in Gallia Narbonenfls; der heut. Les
oder Lez bei Montpellier. [F.]
Leetani, f. Laeetani, ©. 722,
Legae (Anyaı, Sırabo XI, p. 5903., bei Plut. Pomp. c. 35. Aryes),
ein zu den Cadufiern gehöriger Volfeflamm an der Sücküfle des Caſpiſchen
Meeres (Strabo XI, p. 508. 510. Blin. VI, 16, 18.), von dem jedoch ein
Zweig auch auf den nördlichen Bebirgen Albaniend mohnte (Strabo p. 503.).
An beiden genannten Punkten erjheinen fle in Verbindung mit den ſtamm⸗
verwandten Gelae.
Legati decem. Der röm. Senat pflegte In die neueroberten Ränder
und Provinzen fogleih nad der Eroberung zehn Senatoren, decem legati
genannt, abzuſchicken, welde den Auftrag erhielten, die neue Ermwerbung zu
bereifen und in ®emeinfchaft mit dem Feldherrn Ruhe und Orbnung herzu«
ſtellen. Die vorbantenen Streitfragen zwiſchen einzelnen Gommunen und
Bewohnern des Landes wurden erledigt, die ndıhigen Beflimmungen über
Legatio lihera — Legataum 87
pie Rechtsverhältniſſe der neuen Unterthanen fowohl unter einander als zu
Nom aufgefleflt, die an Rom zu entrihtenden Leiftungen feßgeſetzt — kurz
alled zu Ordnende wurde normirt und gemöhnlid auch ein Reglement ent»
worfen (lex genannt, f. lex Rupilia), weldes den Fünftigen Statihaltern
gleigfam als Infruftion für Verwaltung und Jurisdiktion biente. Auch
wurden gemößnlih Decem legati zur Abſchließung des Friedenövertrags und
zur Regulirung aller Differenzen abgeſchickt. ©. Eic. ad Att. XIII, 6. 30. 32.
ad div. I, 7. de prov.’ cons. 11. p. Corn. B. 27. Verr. II, 13. 16. Phil.
XII, 12. Liv. XXXIII, 30 f. 24. KaxvI 55. XLV, 17. 27. 29. 31. Polyb.
I, 63. XVII, 25. 27 - 31. XXI, 7. 25. 27. XXX, 10. XXXIII, 6. XL, 9.
10.11. Blut. Aem. Paul. 28. Flamin. 10. App. Hisp. 78. 99. Pun. 135.
Mac. 7. [R.]
Legatio libers. Oft erhielten Senatoren, melde in. den entfernten
Gegenden bed röm. Reichs Privatangelegenheiten (3. B. Erbfhaftd- u. a.
Geloſachen) beforgen wollten, vom Senat den Titel eines Legaten, theils um
mit größerem Anſehen auftreten zu können, thelld aber auch pekuniärer Vor⸗
tbeile wegen, indem fie Anfprud auf freie Bewirthung und freie Transports
mittel hatten, gerabe mie die in Staatsangelegenheiten geſchickten Legaten;
Gic. ad Aut. XV, 11. ad div. XI, 1. XIl, 21. vgl. XII, 26. p. Flacc. 34.
Phil. 1, 2. de leg. agr. I, 3. I1, 17. Suet. Tib. 31. 1. 14. D. de leg.
(50,7.). Gewoͤhnlich wurden fle durch Xictoren bedient, Gic. ad Att. xıL2T.
Da dur ſolche Legationen die Provinzialen fehr bedrückt wurden, wollte
Gicero ala Conſul dem Unweſen mit Billigung bed Senats ein Ende maden;
allein wegen tribuniciſcher Interceffion konnte er nur eine Zeitbefhränfung
ber früher ungemeffenen Kegationen auf ein Jahr bemirfen, ic. de leg. III, 8.,
Gäjar geflatteie aber eine fünfjährige Dauer, ic. ad Att. XV, 11.— Eine
beiondere Art. der lib. legatio iſt die votiva oder voti causa, melde
dem Senator zur Grfülung eines Gelübdes ertheilt murde, Gic. ad Att. II,
18. IV,2. XV,8. — Oft baten Senatoren in mißlichen politiihen Umfländen
um bie Gribeilung einer leg. lib., damit ihnen dieſe eine paflende Entſchul⸗
digung ihrer Abwefenheit von Rom gemwähre, |. Cic. cit. Briefe. [R.]
Legatum. Zu dem unmefentliden Inhalt des röm. Teflaments (ber
weientlihe Inhalt befteht in ber heredis institutio) gehört das legatum,
welches exflärt wird als donatio quaedam testamento relicta (l. 36. D. h.
t. H.), und zwar ſtets auf Koſten des teflamentariihen Erben, ſ. 1. 116. pr.
D. h. t. I. leg. est delibatio hereditatis, qua teslätor ex eo, quod univer-
sum heredis foret, alicui aliquid collatum velit. Der Name rührt davon
ber, Daß das Legat flets in Form eined dem Erben aufgelegten Befehld (zum
Unterſchied von dem bittweife gefaßten fideicommissum, f. Bd; III. ©. 474.)
abgefaßt wurde, Ulp. XXIV, 1. leg. est, quod legis modo, i. e. impera-
ive testamento relinquitur (darum 5. legare im w. S. ſowohl befehlen,
als überhaupt teflamentarifh verfügen, und im e. ©. ein Legat machen,
Schol. ad Hor. Sat. II, 1, 9. u. 11,5, 67 ff.). Auch mußte fi der Teftator
ber Sateinifden Sprade und gewiſſer -feierliher Formeln bedienen (exft feit
Gonftanıind Zeit murde größere Freiheit in der Form ber Legate gegeben,
I. 21. ©. h. t. Inst. II, 20, 1.), melde je nah dem Zweck des Erblaflers
von vier Arten waren, weßhalb aud vier Arten der Legate unterfchieben
werden, Ulp. XXIV, 2—13. Gai. 11, 192—223. Es gab nämlich 1) leg.
per vindicationem, indem der Erblaſſer verordnete, daß ber Legatar
die ihm vererdten dinglichen Rechte ohne Weiteres erwerben folle und alſo
durch vindicatio geltend machen könne, wobei die Ausprüde gebraucht wurden:
do, lego, capito, sumito, sibi habeto. 2) leg. per damnationem,
db. 5. wenn ber Erblaffer dem Legatar eine Korberung gegen den Erben geben
wollte, fo befahl er, glei als wenn ein gerichtliches Uriheil gefüllt worden
[
848 Legatus
wäre: damnas esto dare, d. h. er ſoll ſchuldig ſeyn, fo viel zu geben; ober
mit dem Augabrud: heredem meum dare iubeo; f. Quinct. VII, 9. Span⸗
genberg, iur. Rom. tab. negot. p. 70. Teſtam. im Rhein. Muf. I. 1. 13.
bi8 28. Darum legare ab aliquo, Gic. ad Att. XIII, 46. p. Clu. 12. Die
dritte Art iſt sinendi modo, menn ber Erblaffer dem Erben befahl, zu
geflatten, daß der Legatar etwas von der Erbſchaft für fl nehme oder etwas
ſhue: 4) leg. per praeceptionem, imenn der Erblaffer verordnete, Daß
ein Erbe vor den Miterben etwas im Voraus erhalten fole. Diefe Sache
b. praecipuum ober praelegatum,' Paul, Diac. v. excipuum p. 80. Müll,
Bal. Dar. VII,8, 4. Blin. ep. V,7. — Waß die O bjecte der Legate betrifft. fo
konnte der Erblaffer ale Dinge legiren, über melche er Berfügungsredt bat,
1. B. Geld, Ländereien (fo vermachte Cäſar dem Volk feine Bärten jenfelt
des Tiber und dazu jedem Bürger 75 Denare, Dio Eaff. XLIV, 35. App.
b. c. II, 143. .Suet. Caes. 83. u. f. w.), Sclaven, usus fructus irgend
einer Sade u. f. w., f. Dig. lib. 33. u. 34. tit. 1—4. Inst. II, 20, 4—21.
Zuwellen war dem Legatar die Wahl -freigeftellt, melde Sache er wählen
wolle (optio legata), Ulp. XXIV, 14. Inst. II, 20, 23. Dig. 33,5. Als
2egatar fonnte nur der beflimmt werden, melder auch zum Erben härte
eingefeßt werben können, alfo wer testamenti factio bat, Inst. II, 20, 24.
Ausgeſchloſſen maren personae incerlae und urfprünglih aud die juriſt.
Perfonen, obgleich zu Gunften der erlaubten Gorvorationen eine Aukenahme
geftattet war, f. Bd. II. ©. 499. u. 1.21. D. reb. cred. (34. 5.). lieber
das Legiren an Hausſöhne und Sclaven gab e8 verſchiedene Anfitten, melde
hier nit zu entwickeln find, f. Gai. IT, 244. 245. Ulp. XXIV, 23. Inst.
11, 20, 32. 1. 69. pr. D. h. t. I Die Quantität der Legate mar ans
fangs unbefhränft und ed Eonnten fehr große Quoten ber ganzen Maſſe zu
Regaten vermenbet merben, 2. B. die Hälfte, ein Drittel oder andere Theile,
Gic. p. Caec. 4. Gai. II, 224 f. 254. Up. XXIV,25. Allein durch folde
unmäßige Zegate, welche inane nomen heredis bewirften, wurde der Uebelſtand
herbeigeführt, daß mande Erbfchaften von ven Erben der großen Legate wegen
ganz auégeſchlagen wurden, ®al. II, 224. Darum erließ der Staat mehre
Belege, melde die Duantität der Legate gewiffen Beichränfungen untermarfen,
zuerfi lex Furia 183 v. Chr., 571 d. ©t., qua exceptis personis quibus-
dam (nämlid den nädhften Verwandten) ceteris plus mile assibus legato-
rum nömine mortisve causa capere permissum non est. Bezahlte der Erbe
eine größere Summe, fo durfte er den vierfachen Betrag zu ückfordern, @ic.
p. Balb. 8. Gai. I. 1. u. IV, 23. 109. Ulp. XXVIII, 7. Allein das Geieh
war unzureihend und gemährte keine Hülfe, wenn Iemand eine Menge Fleiner
Legate (jedes zu 1000 Affes) made und fo die ganze Maſſe verzehrie;
darum beflimmte lex Voconia (f. d. Art.), taß fein Xegatar mehr erhalten
dürfe, als der Erbe over die Erben zufammen, ic. Verr. I, 43. Wat.
11, 226. Allein au fo war nicht geholfen, weßhalb lex Falcidia 40 — 714
verfügte, daß nie mehr als drei Bieriheile der Erbicaft zu Legaten genommen
werden bürften, damit dem Erbe nie weniger als ein Viertel (vie f. g.
quarta Falcidia) übrig bleibe, Dig. tit. 35, 2. Cod. 6, 50. Inst. 11, 22.
Gai. 11, 227. Ulp. XXIV, 32. Dio Caſſ. XLVII, 33. Paul. IN, 8 —
Duellen: Gai. u. Ulp. 1.1. Paull. III, 6. Tit. Dig. 30. 31. 32. und
mehre Tit. des 3Iften u. 34ſten Buchs. Cod. 6, 37. 43. Inst. IH, 20. u.
Schraders Anm. p. 356 ff. — Literatur: v. Sminderen, de legatis, Groning.
1825. In allen Handbüchern des som. Cioilrechts und am ausführlikfien
Goͤſchen, Vorlef. über d. gemeine Givilteht IN, 2. ©. 544—649. ©. no
regula Catoniana. [R ]
Legatus (Öefandtfhaftsmwefen). I. Bei den Griechen. Die
Wörter zoeoßeia, nedoßevun, moeoßevons, Befandiihaft, und mosofvs, auch
.
1
.
. Legatus 849
nosoßevrng, Gefandter, haben zu ihrem Grundbegriſſe das „Alter“, welches,
an Erfahrung und Weisheit reif und reih, und bie Ehrfurdt Anderer ges
nießenb, bei den ältefien Griechen für bei. geeignet galt, die Würde des
Staate8 bei Fremden zu repräfentiren und bie Intereffen des Vaterlandes
mit glücklichem Erfolge zu wahren. Wenn wir übrigend nach den modernen |
Berbältniffen gewöhnt And, und unter einer Gefandtfchaft in der Regel etwas
Permanentes zu denken, fo entbehrte das Altertum viefes Inftitut wenig⸗
fiend in ber einen wefentlihen Beziehung. Während es nämlich allerdings
in dem Berufe der fländigen griechiſchen zoo&ero: (f. Hospitium) lag, bie
Angehörigen des Staates A bei ihrem Bremblings- Aufenthalte im Staate B
zu jhügen, was auch eine Aufgabe unferer Geſandtſchaften iſt, fo Hielten
die Griechen doch Feine fländigen Geſandtſchaften zum Zwecke ſtaats⸗ und
völferretlier Verhandlungen zwifchen den Staaten als Ganzheiten. Trat
je ein Bebürfniß folder Staatsverhandlung ein, fo wurde für den jedes⸗
maligen mehr oder meniger wichtigen einzelnen Ball eine befondere Geſandt⸗
haft abgeſchickt, die nach Umfländen aus einer oder mehreren Berfonen be-
fand. Es waren aber diefe Perſonen der Geſandten, Abgeordneten oder
Boten zum Theil aus natürlidem Neligiond-- und MRehtögefühle, zum Theil
aus Rückficht auf den eigenen Vortheil, und aus Einficht deſſen, was vers
ftändig iſt, ſchon frühe heilig und unverleglih (Hom. Il. I, 334. VII, 274.
XI, 344.). Die Unverleglichfeit der Geſandten erſchien alfo den Griechen
als einer der erflen und älteſten Grundſätze des Völferrehts, Pollur Onom.
vn, 11. Ein folgenreihes Beifpiel der höchſt feltenen Berlegung der Ge»
jandten erzählt Herodot VII, 134 f. Gleiche Unverleglihkeit fand bei den
Herolden, »movres, ftatt (@uftath. ad N. p. 83. u. 729. ed. Bas.), welche
im Weſen fo fehr mit ven Gefandten zufjammenhängen, daß fle gar manchmal
mit diefen verbunden find (vgl. Suid. s. v. xnpv&), und den Gefandten zu
deren größerer Sicherheit vorausgeſchickt wurden, Demofth. de f. leg. 392. —
Sollte oder wollte man einen Krieg beginnen, fo wurbe in der Regel durch
Geiandte der Grund eröffnet, oder vorher noch eine andere Genugthuung
verlangt. Som. Il. V, 804. X,286. XI, 140. Hymn. in Mercur. 312. Die
Beifpiele auß den Sagen vom Krieg der Sieben gegen Theben und von ber
Trofaniſchen Fehde find bekannt genug (f. Hom. Il. III, 205. Stat. Theb.
11,368.). Nur ganz enorme Beleidigungen ſchienen manchmal daß entgegen«
geiepte Berfahren eines plöglihen Ueberfalls zu rechtfertigen. — Eigenthümlich⸗
feiten einzelner griechiſchen Völker in Betreff des Inftituts der Gefandten:
die Lacedämonier pflegten, menn ed immer anging, zu einer und berfelben
Geſandtſchaft Leute zu wählen, die unter fih nit in dem allerbeften Ver⸗
nehmen flanden, um fo eine ganz natürlihe Gontrole zu Haben. Dies war
aber bef. in den Fällen von Wichtigkeit, wenn ed die Verhältniſſe nöthig
machten, rzosoßes auzonparopas, d. h. Gefandte mit unumſchränkter Volls
macht abzufenden. Zwiſchen ſolchen Botſchaftern und den Geſandten mit ein-
geſchränktem Auftrage und Befugniß muß man nämlich wohl unterſcheiden.
Vie Legteren waren natürlich leicht zur Rechenſchaft zu ziehen, und im atti»
‚\ten Strafredt fommt deshalb die naparnoeoBein, d. h. die Übel und ges
diſſenlos vollbrachte Geſandtſchaft, als ein eigenthümlich qualiftchrtes (Plat.
‚Iegg. 941. a.) Verbrechen vor, das fogar mit dem Tode beflraft werben
konnte, und deſſen fi namentlih Demoſthenes und Aeſchines wechſelſeitig
beſchuldigten, wie die noch übrigen, auf dieſen Gegenſtand bezüglichen Neben
derſelben ausweiſen. Andere Beiſpiele werben erwähnt von Aeſchines gegen
I&efiphon p. 470. u. 73., und von Demofl. de fals. leg. p. 350. 383.
'400. Aelian V. H. VI, 83. Dieſes Verbrechens machte ſich aber Jever ſchuldig,
der irgendwo unbefugt den Geſandten ſpielte, der in ſeiner Egnſqheſt als
aulð, Reaqal.Encyelop. IV.
850 Legatas
Geſandter der Wahrheit gegen fein Vaterland untreu wurbe, ober fi ge
radezu direct zum Nachtheile deſſelben durch fremdes Geld beſtechen ließ. —
In der Regel wählte das atheniſche Volk feine Geſandten jedesmal felsk
(Aeſchin. de fals. leg. 201. 202.); mandmal inbeffen überließ man bie
auch der BovAn, Demoſth. de cor. 249. 50.; haupftſaͤchlich wurde übrigens
darauf geſehen, daß die Botfchafter gute Nepner waren. Das von Demof-
henes de cor. 1. 1. mitgetheilte Pſephisma iſt ein Beifpiel einer vom Bolt
(Aeſchin. de fals. leg. 231. 279.) audgeflellten Geſandtſchafts⸗Inſtruction.
Und ebenfo wie die Wahl und Inftruction der Gefandten vom Bolfe un
Senate audging, fo berichteten die Botfchafter au dem Volke und Eenatı
(Hein. 1. 1. p. 211. vgl. p. 227—31.), welche ihnen die Gelder zur Bes
ftreitung der Koflen anwieſen, Demoſth. de fals. leg. 390. Ariftoph. Acham.
v. 65. Alles dieſes ift aber in einem Staate wie Athen um fo natürlicher,
als ja auch das Volk e8 war, welches über Bünbniffe und andere auswär⸗
tige Verbältniffe in der Volksverſammlung beſchloß, das Beſchloſſene aber
durch Gefandte ausführen ließ, wovon man 3. B. bei Thucyd. IV, 118. V,
18. 19. 23. 47. Beifptele findet. — Wie übrigens die atben. Geſandten
vom Volke ſelbſt audgingen, fo hatten fremde Gefandte bei Geſchäften in
Athen fi wiederum bauptfählih an's Volk zu wenden, in deſſen Berfamms
Yung fle dur den Senat, nad vorgängiger (Platner, Prozeß und Klagen
1, 58.) Beſprechung, Berathung und Entwerfung eines mooßovAevue , ein-
geführt wurben, was in ber Megel in ber dritten orbentlihen Volksver⸗
fammlung in jeber Prytanie gejchehen konnte. Das Volk aber, welches Dan
über den betreffenden auswärtigen Gegenſtand jeine Redner anhörte, Hatte
in letzter Inſtanz die den Gefanbten zu gebende Antwort zu votiren; PBolus
Onom. VII, 96. Aeſchin. de fals. leg. 238. 239. Thucyd. V, 45. Aud
die feierliche Angelobung eines Waffenſtillſtandes oder Bünpnifjes von Seiten
fremder Gefandten zu Athen gefhah in der Volköverfammlung, Thucyd.
Iv, 118. Und nur das Volk beſchloß, mas eigenen oder fremden Geſandten
etwa Auszeichnendes, 3. B. Anweifung der Proedrie, Einführung ind Theater
(Heldin. de fals. leg. 281. Demofl. de cor. 234. Thucyd. IT, 12. Polyb.
IV, 21.), verliehen werben follte, Aeſchin. adv. Ctesiph. A66. 467. — Bon
biefen bisher beſprochenen Geſandten, welche Staatögefhäfte jeder Art zu
vollbringen hatten, müſſen aljo jedenfalls diejenigen Botſchafter unterfchieben
werden, welche ald Repraͤſentanten ihres Vaterlandes bei ausmwärtiger heilige
Beier erfheinen und Hewgos heißen (Weffeling ad Diod. T. VI. p. 639. Bip.
Spanhem. ad Callim. hymn. in Del. v. 314. Dufer. ad Thucyd. ITI, 104.),
fo wie die von ben IIvAayooas begleiteten Teoournuores in den Berfamm:-
Jungen ber Ampbictyonen (Bremi ad Aeschin. T. II. p. 93.). [A. Baumstark.]
II. Der römiſche Ausdruck Legatus — ** in der republikan.
Zeit Roms zwei Würden, nämlich 1) einen Gefandten des röm. oder eines
fremden Staats, 2) einen Gehilfen und Stellvertreter eines Feldherrn oder
Statthalter. Beides umfaßt Varro 1. 1. V, 87. in f. Erflärung der legati
als lecti publice, quorum opera consilioque uteretur peregre magistratus,
quive nuncii senatus aut populi essent. @ine britte und vierte Bebeutung
des leg. fam in der Katferzeit hinzu, nämli als Statthalter in ben kaiſer⸗
lichen Provinzen und als Befehlshaber der Legionen. A. Legati als Ge⸗
ſandte, nad Varro 1. 1. VI, 66. ſ. g. quod ut publice mittantur, le-
guntur, welche Ableitung falſch iſt, denn das Wort kommt unſtreitig von
legare her, d. h. auftragen, befehlen, und mit einem Auftrag abſenden (I.
legatum). Sie 5. vor Alters auch oratores, Feſt. h. v. p. 183. umb v.
orare p. 198. Paul. Diac. h. v. p. 184. 199. Müll. Varro 1. 1. VII, 41.
v1, 76. — Was pie die allgemeine völkerrechtliche Stellung der Legati
betrifft, fo galten diefelben in Rom, fo wie Sei allen andern Völkern als
Legatus | 851
Heilig und unverletzlich, Liv. IV, 17 ff. V, 4. VII, Sf. IX, 10. XI. XV.
XxI, 25. XXVI, 31. XXX, 25. XXXIX, 25. LI. LI. Cic. Phil. VIII, 8.
Verr. 1, 27 fi. Pſ. Asc. ad Cic. Verr. I, 33. p. 183. Or. Tac. Hist. II,
80. IV, 57. Dion. II, S1f. V, 33. VI, 52. XI, 25. XV, 7 ff. Belei⸗
digung der Gefandten z0g oft Krieg nach fih, wenn der mittelbar dadurch
verlegte Staat nit Genugthuung erlangte, d. h. deditio des Schuldigen
oder Beflrafung deſſelben in feiner Heimath, f. Bd. IH. S. A470. unten u.
Dio Eaff. fr. 151. 158. Polyb. XXXIL, A. 6. Zonar. VII, 2. Später
wurbe biefeö Vergehen nad lex Julia als vis publica beftraft, 1. 7. D. ad
1. Jul. de vi(48, 6.). Die Heiligkeit des Gefandten wurde fogar dann reſpek⸗
tirt, wenn er ſich ein Verbrechen gegen ben Staat Hatte zu Schulden fommen
Iafien, an welchen er abgeſchickt worden war. Der beleidigte Staat nahm
nicht Rache, fondern verlangte Beftrafung des Gefandten ober Auslieferung,
f. 2». II. ©. 379 f. 470. u. Liv. II, 4. Dion. VI, 16. Div Gafl. fr.
154. ic. Verr. I, 27 fi. Hoͤchſt felten Fam es vor, daß Geſandte im Aus⸗
Iand, wo fle gefünbigt hatten, zur Strafe gezogen wurden, nämlich in Kriegs⸗
Unruhen ober bei befonderer Erbitterung des Verletzten, Liv. XXV,7. Sall.
Jug. 35. Diefer Brundfag, daß die Befandten nur in ihrem Vaterland
gerichtet werben Tonnten, gilt noch in der Kaiferzeit, f. 1. 24. 6. 1. D. de
iudic. (5, 1.). Nein, Röm. Criminalrecht S. 178 ff. und die daſ. citirten
Schriften. — Wenn im Namen des röm. Staats Gefandte an fremde Könige,
Völker ober auch in die Provinzen zu fenden waren (Friedensbedingungen
zu machen, Befehle zu überbringen, Wünfche mitzutbeilen, Unterfuhungen
zu leiten, Schiedsrichter zu ſeyn, Getraide aufzufaufen), fo Tag dem Senat
als ver hoͤchſten Adminiſtrativ⸗ und flellvertretennen Behörde nach Außen. bie
ganze Zeitung und Beforgung ob, Polyb. VI, 13. Die angefehenften und
vornehmflen Senatoren, welche oft die wichtigften Chrenſtellen bekleidet Hatten,
wurden auderwählt (gemöhnli nach dem Vorſchlag der Cofſ.; zumellen dur
das Loos, Tac. Hist. IV, 8.; ausnahmsweiſe bekam der Prätor Autorifation,
drei auszuwählen, Liv. XLIIT,1. App. Mith. 6.), &iv. II, 15. 39. XXI, 6.
XXVII, 4. XXXV, 23. XXXIX, 24 f. Gjc. Vat. 15. Dion. VI, 69. XI, 25.
XV, 8. XVII, 3. exc. p. 2329 f. ed. Reisk. Polyb. XXXI, 9.; dann er»
bielten fle ihre Inftruftion mit engerer ober weiterer Vollmacht, f. d. cit.
Stellen, und befamen die nöthigen Gelder, Transportmittel u. |. w. aus
dem Staatsſchatz angewieſen, Dion. X, 52. In der älteflen Zeit erhielten
bie Befandten zu ihren Legitimationen einen goldenen Siegelring mit, f. Bb. I.
©. 493. Nah ihrer Rückkehr Hatten pie Geſandten im Senat über die Aus⸗
führung ihrer Aufträge Beriht und Rechenſchaft abzulegen, f. d. oben cit.
Stellen, Liv. XLV, 13. u. Polyb. öfters. Kamen Gefandte fremder Könige,
Bölker oder Provinzen nach Nom, fo lag wiederum dem Senat bie Leitung
aller Unterbanplungen, die Ertheilung der Antwort u. f. w. ob, Polyb.
VI, 13. Die nah Rom kommenden Geſandten Hatten fich bei den Quäftoren
im Tempel des Saturn (Aerarium) zu melden, worauf die Quäſtoren bie
honneurs machten, ihnen Wohnung anwiefen, für Bewirthung und Amüfes
ment forgten und ihnen die üblichen Gaſtgeſchenke überreichten (au Geld⸗
geſchenke unter befonbern Umſtänden), dautia ober lautia gen., ſ. Paul Diac. v.
dautia p. 68. Müll. Plut. qu. Rom. 43. lv. XXVIII, 39. XXX, 17. XXXIII, 24.
XLV, 13.44. Bal. Mar. V,1,1. Polyb. XXX,3. Appulej. Met. III, p. 223.
Als ſich aber die Zahl der na Nom kommenden Geſandtſchaften unendlich nıehrte,
als ber roͤmiſche Stolz nit mehr für nöthig Hielt, dur ſolche Artigkeiten
Freunde zu gewinnen ober fi zu erhalten, murbe die freie Bewirthung und
Erteilung der Geſchenke nur bei Gefandten oder Bäften höheren Rangs und
bei Geſandten beſonders befreundeter Staaten angemanbt, wahrſcheinlich auf
vorhergegangene jedesmalige Anfrage bei dem Senat, Liv. XLV, 20. Die
852 Legatus
Gefandten feindlicher Staaten (namentlig während des Kriegs) durften Nom
nicht betreten, ſondern warteten jenfeitö‘ des Tiber in ber villa publica bis
fie im Tempel der Bellona over des Apollo Audienz erhielten, Liv. XXX, 21.
XXXIII, 24. XXXIV, 43. XLI, 17. XLII, 36. XLV, 22. Polyb. XXXV, 2.
App. Hisp. 49. Nah Befinden wurden ſolche Geſandtſchaften gar nit ange»
nommen und fogleich zurückgewieſen, oder fle erhielten nad gehaltener Audien;
Befehl, Italien binnen einer beftimmten Furzen Friſt zu räumen, Liv. XXIII, 6.
XLII, 36. Sal. Jug. 28. Polyb. XXVI, 7. XXXI, 1. Ofenbrüggen,
de iure belli et pacis, p. 33—43. Der gemwöhnlide Ort, wo ber Senat
die Geſandten empfing, war bie Curia Hostilia auf dem Forum, in deren
Nähe die Graecostasis war, wo die Gefandten warteten, bis fie eingeführt
wurden, f. Bd. II. ©. _948. u. Huſchke, über die Stelle des Varro ꝛc.,
Heidelb. 1835. S. 48. Beder, Handb. d. Nom. Alterth. 1. ©. 284 ff. Die
Zeit des Empfangs war natürlih unbeſchränkt, die meilten Provinzial⸗Ge⸗
fandtfhaften kamen aber zu Anfang des Jahre, weßhalb lex Gabinia ver»
ordnete, daß den ganzen Februar bindurd täglih Im Senat die Legationen
empfangen werben follten, Eic. ad Qu. fr. II, 12. 13. ad div. 1,4. Gara-
toni ad Cic. p. Planc. 14. Die Einführung gefhah durch die Coſſ., Polyb.
VI, 12. XXI, 1. XXIV, 4. 2iv. III, 4. XXX, 40. XXXII, 8. XXXIX, 46.
XL, 20. 35., oft im Bu XXXVI. XLU. u. XLV., und in Abmejenbeit
der Coſſ. durch den Praetor urbanus, Xiv. X, 45. App. Mith. 6. (durch
die Volkstribunen murven fie vor dem Volk präfentirt, Polyb. XXX, 4.).
Nah dem zumellen durch die Coſſ. unterbrochenen (ſ. Polyb. XVII, 11.)
Vortrag der Geſandten (nah Befinden unter Beihilfe eines Dolmerfchers,
interpres gen., f. S. 213. u. Bal. Mar. II, 2,3. Gell. VII, 14.) begann
eine nähere Unterhandlung und Beiprehung, indem fogar die einzelnen Se:
natoren (nach vorher gegebener Erlaubniß) Fragen an die Geſandten flellen
durften, Liv. XXX, 22. Darauf. befamen die Gelandten ven Win, ſich zu
entfernen, bamit der Senat die zu ertheilende Antwort frei beraihen und
nad Umfländen darüber abflimmen könne, Liv. VII, 31. XXVI, 30. 33.
XXIX, 19. Polyb. XXIX, 7. XXXIII, 1. Dion. VI, 21. 18 ff. VII, 9.
worauf die Antwort durch die Cofſ. oder den Prätor den wieder hereingerufenen
Geſandten mitgetheilt wurde, Xiv. VI, 3. VIEL, 31. VII, 2. XXVI, 31.
Polyb. XXV, 1. App. Syr. 6. Ueber das ganze Geſandtiſchaftsweſen if,
vorzüglih Polyb. in den excerpt. legat. eine wichtige Quelle; auf Appian
an mehren Stellen. — Sehr häufig waren die Befandtfchaften der Provinzen
und Provinzialcommunen an den Senat, welde nah Abgang ihres Statt-
halter& entweder lobende Berichte über deſſen Verwaltung (f. laudatio) oder
Beſchwerdeſchriften einzureichen pflegten, was gemöhnlih im Februar geſchah,
- |. oben. Die Beſchwerden 5. communia postulata und waren oft fo gra
virend, daß der Senat ven Befandten geflattete, eine förmliche Anklage gegen
den Statthalter oder nach Befinden gegen deſſen Gefolge anzuftellen, ſ. Cic.
div. 4. Verr. act. 1,2. I, 19. 32. 35. II, 4. 31. 35. 42. 46. 59. 60. 64.
IV, 35. ad div. I, 4. ad Qu. fr. II, 3. 13. p. Balb. 15. u. d. Art. repetund.
Daß ſolche Geſandtſchaften mit großen Koften für die Abſendenden verfnüpit
waren, da fle auf Unkoſten der Gefammtheit reisten, fagt Eic. ad div. Il,
8. 10. — In der Kaiferzeit dauern die Geſandtſchaften der Municipien und
Provinzen an den Senat und an ben Kaiſer fort, und die Geſetzesbücher
enthalten manche rechtliche Beflimmungen über beren Verhältniß. Zuerſt war
verordnet, daß ſolche Legationen nicht unnöthiger Weile an ben Kaiſer ge
ſchickt werden ſollten (der Koften halber, ſ. Plin. ep. X, 52. 53.; die Dank⸗
ſagungsgeſandtſchaften waren ganz aufgehoben, |. laudatio), weßhalb vorher
die Genehmigung der Statthalter einzuholen war, Joſ. Ant. XX, 1.1. 6.
C. de legat. (10, 63.). Auch follten nicht mehr als drei geſchickt werben,
Legatus 853
1. &. $. 6. D. de legat. (50,7.). Weber die Municipalgefandifaften mußten
alle Dekurionen berathen, und über die Brovinzialgefandtfhaften mußten auf
aligemeinen Goncilien die nöthigen Beihlüffe gefaßt werden, 1.12.13. C. Th.
de legat. (12, 12.). L 5. C. eod. (10, 63.). Die Bollmadten ber Ge⸗
fandıen mit Angabe der Bitten, Beſchwerden ꝛc, melde bie Beranlafjung
zur Abjendung der Gefandten gaben, wurben ſchriftlich abgefaßt (instruc-
tiones gen., und noch häufiger decreta, worin desideria und postulata ent»
halten find), Amm. Marc. XXVIN, 6. Sivon. Apoll. ep. I, 7. Mamert.
grat act 7., und in den Municipien mußten fie von allen Defurionen unters
fhrieben werben, 1. 6. C. legat. 1. 15. C. Th. eod. Die Wahl ver Ge⸗
ſandten erfolgte nad Alter und Würde in den fläbtifchen Gurien oder auf
den Provinziallandtagen;, ius trium liberorum befreite von diefer Lafl, 1. 1.
C. eod.. Do war an die Annahme und Beforgung der Geſandtſchaft
mander Bortheil gefnüpft, nämlich Erflattung der Reiſe⸗ u. a. Koflen (gen.
legativum, d. i. vialicum legatorum), Fronto p. Volum. p. 299 f. Gbarif.
I. 18. 6. 12. D. de mun. et hon. (50, 4.). 1. 2. 6. 3. D. legat. (50, 7.).
I. 36. D. ad munic. (50, 1.). Auch waren bie Gefandten zwei Jahre lang
von allen andern öffentlichen Aemtern und Geſchäften befreit, 1. 7. 8. pr.
$. 1.D. h. t. 1. 3. 4. C. eod. So lang ihr Geſchäft dauerte, Tonnten fie
in Civilſachen nit belangt werben, damit der ihnen geworbene Auftrag nicht
verzögert würbe, 1. 8. 24. 6. 2. 1. 25. D. de iudic. (9, 1.). 1.3.D.h.t.
Ueber diefe Art von Legaten ſ. vorzügl. Gothofred. ad Cod. Theod. 12, 12.
Tom. IV. p. 612 ff.
B. Legati als Behilfen der Feldherrn und Statthalter.
In der älteren Zeit, ald Nom noch feine auswärtigen Provinzen bejaß, gab
ed nur militäriihe Legaten,- d. h. Gehilfen des Feldherrn, welche demſelben
ala Beneralapfutanten folgten und von ihm zu den verſchiedenſten militäri-
fen Beforgungen verwendet wurden (3. DB. in früherer Zeit, Liv. II, 20.
59. II, 29. IV, 17. 27. Dion. VI, 12. IX, 11. 14. X, 23., f. im Allg.
App. b. c. 1, 38.). Später, als Nom Provinzen erworben hatte, befamen
die Legaten, welde den Statthalter in die Brovinz begleiteten, auch einen
frievliden Charakter, indem fle ihren Borgefegten in allen Zweigen ber Ad⸗
miniſtration unterflügten, ohne jedoch ausſchließlich dieſe Beſtimmung zu
haben, denn die militärifhen Befchäfte Tagen den Legaten noch ebenſo ob,
ſowohl im Krieg als im Frieden. Die Ernennung der Legaten für jeden
Feldhertn oder Statthalter, fo wie vie Zahl derfelben gehörte eigentlid dem
Senat an, Eic. in Vat. 15. p. Sest. 14. ad div. I, 7., allein ver Wunſch
des Statthalterd oder Feldherrn wurde hiebei ganz vorzüglih berückfichtigt,
fo daß es an manden Stellen ſcheint, als habe der Statihalter ganz ſelb⸗
fändig die Wahl beforgt, wobei jeboch ſtets die Beftätigung des Senats
vorausgefegt werden muß, 3. B. Sall. Jug. 28. ic. ad div. XIII, 59.
ad Att. XV, 11. de prov. cons. 17. Liv. IV, 17. (von den L2egaten des
Dictator.) XLIV, 18. Corn. Nep. Att. 6. Garatoni ad Cic. Verr. I, 23
Die Zahl der den Magiſtratus beigegebenen Legaten hing von dem Willen
ded Senatd ab und wurde für jeden fpeziellen Fall beſonders beflimmt, ic.
Phil. II, 13. So 3.8. befam Eäjar 10 Legaten, Eic. ad div. 1,7., Pom⸗
pejus dur lex Gabinia (auf ein vorhergegangenes Scons.) 15, Plut. Pomp.
25. Dio Caff. XXXVI, 20. vgl. Cäſ. b. Gall. VII, 90.; 10 erhielten die beiden
Coff., d. H. jeder 5, nah App. b. c. 1,40. Die gemöhnlihfle vom Senat
beflimmte Zahl war die von drei Legaten, Gic. ad div. I, 1. 2. 4. ad Qu.
fc. 1, 1, 3. Eckhel doctr. num, IV. p. 238 ff. Die Legaten waren meiftend
fenatorifchen Ranges und Hatten nicht felten bereits felbft die höchſten Ehren-
ämter beleidet, wie 3. B. P. Scipio Africanus feinen jüngern Bruder 2.
auf dem Feldzug gegen Antiochus als Legat begleitete, Pf. Adc..in Verr. I, 21.
854 Legaius
p. 173. Or. Cic. Phil. XI, 7. Liv. XXXVIII, 58. sc. Deßhalb pflegten
bie Feldherrn und Statthalter Ihren Legaten Lictoren zu geflatten, wenigſtens
fo Tange biejelben in ver ihnen vom Magiftratus aufgetragenen Thätigkeit
vermweilten, Liv. XXIX, 9. Gic. ad div. XII, 30. Als Verres Legat ded
Dolabela war, wird ein Lictor erwähnt, Cic. Verr. I, 26. 28. Gpart.
Sev. 2. Wieling lect. iur. I, 5. Garatoni ad Cic. Verr. I, 22. Sie
empfingen, wie bie Statthalter felbft, die nöthigen Gelder zur Meife ꝛc., Eic.
Verr. I, 14. 22., und Lieferungen von ben Provinzialen, ſ. legatio libera.
Das Berbältnig des Legaten zu feinem Feldherrn galt als ein fehr enges und
vertraute, Gäf. b. g. VII, 50. b. c. II, 17., und der Legat durfte nie ſelb⸗
fländig handeln, fondern mußte fi fireng an die Aufträge feine® Borgefehten
halten, weßhalb Cäſ. b. c. II, 17. feine opera eine Aiduciaria nennt, was
er II, 51. ausführlicher ausſpricht: aliae sunt legati partes, aliae impera-
toris: alter omnia agere ad praescriptum, alter libere ad summam rerum
consulere debet. Die ben Legaten während der Feldzüge aufgetragenen
Arbeiten waren ſehr manchfach, 3. DB. Commando eines Wlügeld ober einer
kleineren Heeresabtheilung In der Schladt, Angriff auf den Feind, Bewachung
des Lagers auf längere over Fürzere Zeit, Commando einer befondern kriege
riſchen Pofition u. a., f. außer ben oben cit. Stellen aus Dion. und Liv.
noch Liv. X, 40. 43. XXVI, 6. XXVII, 43. Gäf. b. g. I, 10. 21.54. 11,5.
I, 17. V, 1. (Aufträge auf Schiffbau bezügli.) Sal. Cat. 59. ic. in
Vat. 5. und vorzüglid p. Mur. 9. Walter, Geh. d. Roͤm. Rechts, te
Aufl. S. 217. Der Legate, welcher unter gewiffen Yimfländen (Tod ober
Abweſenheit des Feldherrn) die Stelle des Feldherrn verjehen mußte und
proconfularife Gewalt erhielt, 5. legatus pro praetore, Cäſ. b. g. I, 21.,
zuerft Dion. IX, 12., f. no Liv. V, 8. XXXV, 8. Gic. ad div. 1,9. 2yb.
de mag. III, 3. — Der Erfolg der von den Legaten ausgeführten Thaten
-wurbe immer dem Oberfeldherrn zugeſchrieben, und erfi am Ende des Kreis
ſtaats kam es einigemal vor, daß ver Legat die Ehre des Triumphs erlangte,
Dio Gafi. XLVIII, 42. XLIX, A. 21. cf. LIV, 11. So wie die ehrenvollen
Thaten des Legaten auf den Feldherrn zurüdfirahlten, fo fielen aber auf
die von dem Legaten verübten Unthaten auf den Feldherrn, fobald bewieſen
werben Eonnte, daß biefelben auf Befehl oder auch nur mit Bewilligung bed
Feldherrn verübt worden fein. So z. B. erzählt Liv. XXIX, 19 ff., daß
Scipio wegen der Thaten feined Legaten Pleminius zur Verantwortung ges
zogen worden wäre, wenn er nicht unſchuldig daran geweien wäre, Nein,
Nom. Criminalrecht S. 192. 606. Um folgen Unannehmlicpfeiten zu ent
gehen konnte der Feldherr den firafbaren Legaten von feinem Heer und
feiner Provinz entfernen, Gic. Verr. III, 38., jedoch nicht ſelbſt beftrafen,
Cic. Verr. I, 19. Wohl aber wurde der Legatus dann in Nom angeflagt,
maiest. oder auch repetund., Cic. Verr. I, 33. u. Pf.Ase. p. 182.Or. Eie.
in Vat. 9. 5. Je mehr Länder Rom zu Provinzen gemacht hatte, um fo
vorwiegender wurde der friebliche Charakter der Legaten, welche nunmehr in
den ruhigen Provinzen nur mit Juſtiz und Aominiflration zu thun batten
(als ministri muneris provincialis, @ic. in Vat. 15.), waͤhrend die Legaten
in den entfernten Grenzlänvern ihren urſprünglichen militäͤtiſchen Gharafter
als Generaladjutanten behielten. Die Jurisdiktion der zuerft bezeichneten
Legaten beruhte nur auf dem Mandat des Statthalterd (f. iurisdictio man-
data, S. 638.), deßhalb fand Ihnen nur Civiljurisdiktion zu, da das impe-
rium merum (©. 401.) nit manbirt merben Eonnte, 1. 4. $. 6.1. 5.
1. 6. pr. 1. 12. 13. D. off. procons. (1, 16.). ®elinde Strafen darf er
verhängen, härtere nicht, 1.11. D. eod., oder er iſt fehr firafbar, Gic. Verr.
1, 17. Außer ver Jurisdiktion Tonnte der Legat von dem Statthalter zu vielen
andern Geſchäften gebraudt werben, 3. B. Beforgung der Gtraßenbauten,
Legatus 855
Cic. p. Font. 4., und in folden Angelegenheiten durfte er die nöthigen Bes
fehle an die Provinzialen erlaffen. Immer aber war ber Legat ein Unter⸗
gebener bed Statthalter, f. oben u. I. 6. $. 2. D. eod., doch durfte er aus
gerechten Urfachen dieſes Verhältniß auflöfen und ven Statthalter verlafien,
was 3. DB. Derred’ Legaten thaten, ic. Verr. II, 20. Solde Ausnahmen
abgerechnet mußte der Legat eben fo lang in der ‘Provinz bleiben, als ver
Statthalter, und durfte nit vor demfelben abreifen (f. d. Art. repetund.),
1. 10.6.2. D. eod. Nicht felten famen Klagen vor über den Drud, welchen die
Provinzen von ben Legaten zu leiden Hätten, ic. ad div. III, 8. Verr. I, 16 ff.,
deßhalb zählte lex Julia rep. ausdrücklich auch die Legaten unter denen auf,
melde dur dieſe lex berührt wurden. Schon aus den angeführten Pan
deftenftellen erbelt, daß das Verhältniß der Legaten in den Provinzen unter
den Kaiſern das alte blieb; Doch wurde Einiges noch fefler beflimmt, fo
3. B. daß die Proconfuln fih drei Legaten auswählen durften (weil ihre
Provinzen größer waren), bie Broprätoren nur einen, Feiner aber ohne kaiſer⸗
liche Beftätigung, Dio Gaff. LIII, 14. Cafaub. ad Vop. Prob. 13. Hoeck,
Nöm. Gel. I, 2. ©. 194 ff. S. noch H. Ooſterdyk, ad fragm. ex Venul.
Saturn., Trai. 1755. und in Oelrichs thes. L 2. p. 489499.
C. Legati der Kaiſerzeit als ſelbſtändige Statthalter
und militärifhe Befehlshaber. Unter ven Katfern gab es außer
den eben genannten Legaten, welde in alter Weile die Statthalter als unters
georbnete Gehilfen begleiteten, zmei neue und wichtigere Arten von Regaten,
nämli als Statthalter, legati Caesaris gen. (fpäter praesides, pro-
praetores, correctores gen., f. provincia u. praeses). Als Auguflus bie
Provinzen in provinciae populi et senatus und provinciae Caesaris getheilt
hatte (f. provincia), wurden in bie erflern vom Senat noch immer Procoff.
und Broprätoren geſchickt, dagegen über die kaiſerlichen Provinzen war ber
Kaifer ſelbſt Proconſul, und er ſchickte zur Verwaltung derſelben legati ab,
melde, obgleih abhängig von ihm ald Dberflatthalter., der Provinz gegen»
über felbfländige Statthalter waren und troß eines minberen äußeren Brunfes
und troß ihres nur prätoriihen Ranges höhere Macht hatten, als die Procofſ.
der Senats⸗ und Bolköprovinzen. So 3. B. haben fie Net über Leben
und Tod der Soldaten und tragen Kriegdfleivung mit Schwert, Dio Gafl.
LI, 13 f. Ihr volfländiger Titel war: legati_Caesaris (ober Augusti)
pro Praetore consulari potestate, 3. B. ®rut. inser. 454, 3.; oft mit An
gabe ber Provinz, 3. B. leg. pro Praet. provinciae Numidiae bei Orelli
inser. 3672., Dalmatiae und Syriae bei Suet. Claud. 13. Vesp. 4. Abge⸗
kürzt 9. fie auch legati consulares (meil fle confular. Gewalt hatten), 3.8.
Drei 3666 f. Suet. Oct. 88. Tib. 41. Cal. 14. Vesp. A. Tac. Agr.7.,
au legati ſchlechtweg ober consulares, Bd. II. ©. 629. Berner h. fie
legati praetorii (wegen ihres prätor. Ranges), Spart. Hadr. 3. Tac. Agr. 7.
Dio Gafl. 1.1. cf. Lampr. Sev. Alex. 24. — Nah einer andern, zulekt
von Bethmann⸗Hollweg, Givilproz. I, 1. ©. 61. und Puchta, Inftitut. I.
©. 403. angenommenen Meinung 5. fie legati consulares oder praetorii, je
nachdem fie vorher Coſſ. oder Prätoren gewefen waren. Diefe Eaiferlihen
Statthalter wurden vom Kaifer ſelbſt ausgewählt, Dio Cafſ. 1. L, und bes
bielterz ihr Amt nicht ein Jahr, wie die Statthalter der Senatöprovinzen,
fondern fo lang ed dem Kaiſer gefiel, Dio Cafſ. 1. 1. Zac. Ann. I, 80. u.
die Erkl. zu I, 76. App. Hisp. 102. Sof. Ant. XVIII, 8. Spanheim, de
usu et praest. II. p. 178 ff. 594 ff. Eckhel, doctr. num. IV. p. 238 ff.
327. Raſche, lex. rei num. v. legati. Greuzer, Rom. Antiq. ©. 269 ff.
Ueber alle übrigen Berhältniffe ver Statthalter f. die ob. cit. Art. u. proconsul.
2) Auch die militäriihen Befehlshaber 5. jetzt legati imperatoris ober legati
legionum, welche entweder mehre over nur eine Legion commandiren und
856 Legedia — Legio
regelmäßig prätorifhen Rang haben (z. B. legatus legionis quintae bei Tar.
Ann. IV, 73. XV, 28.), f. Suet. Oct. 20. 23. Tib. 19. Dom. 6. Zac.
Ann. 1, 36. Beget. II, 8-12. Literatur: Die de legatis überfchriebenen
Schriften von Paſchalius, Gentilis, de Marjelaer, Befoldus, Kirchner u. A.,
welche von tem Verf. nicht benugt werben Eonnten, fcheinen nur von ben
Gefandten zu handeln. Leber die andern Bedeutungen von Legatus f. Pitise.
lex. antiq. II, h. v. u. Greuzer, Röm. Antig. S. 269—275. [R.]
Ä Legedia (Tab. Peut.), ein Ort in Gallia Lugbunenfld, füplich von
Gonftantia (Coutances); nad d'Anville Not. p. 405. j. Havre de Lingreville,
nad Ufert II, 2. ©. 486. Gorlay. [F.]
Legeolium, |. Lagecium.
Leges, ſ. Lex.
Legio, ein blo8 im Onom. des Euſebius mehrmald vorkommender
Ort Samaria's in der Ebene Esdraelon, die nah ihm auch usy« medıoy
Asyeovos hieß, IH MIA. fünweftl. von Nazareth. Da dad genannte Onomafl.
die Lage und Entfernung mehrerer anderer Städte danach beflimmt, fo Tann
der Ort nicht ganz unbebeutend gewefen ſeyn; das heut. Lejjun. Vgl. Maun⸗
dred in Paulus Sammlung I. ©. 75. u. Robinfon II. ©. 412 ff., der
aber Legio nicht für einen neuen, erfl von den Römern gegründeten Drt,
fondern nur für- einen neuen Namen bes alten Megiddo, alfo das medion
Asyeorog für dad Thal von Megiddo Hält. [F.]
Legio, offenbar abgeleitet von leg&re (quod leguntur milites in de-
lectu, Barro L. L. V, 16. vgl. Beget. De re milit. II, 1. Plut. Rom. 12.)
als Bezeichnung eines ausermwählten, feften Truppenförpers, daher auch griechifch
- zayua, zeAog u. ſ. w. genannt (f. Tipflus Analectt. ad milit. p. VII. VIII.
Lebeau Mém. de l’Acad. des Inscriptt. XXV. p. 464 ff.), war bie Benennung
der aus den verſchiedenen Tribus in Mom auderwählten und zu dem Ganzen
eines militärifhen Corps vereinigten, flreitbaren jungen Mannſchaft. Infos
fern nun die römifche Bürgerfchaft unter Romulus in drei Tribus und breißig
Gurten abgetbeilt war (Dionyf. Halic. I, 7. vgl. Bd. II. ©. 780.), belief
fi der natürliche Beſtand ver Legion auf 3000 Mann zu Buß nebſt 300
Reitern (über diefe und ihre fucceffive Vermehrung f. Bd. III. S. 209 ff),
da aus jeder Tribus 1000 Mann zu Fuß (alſo 100 aus jeder Gurie) nebfl
100 Reitern ausgehoben wurden, befebligt von einem tribunus (ſ. d.), deren es
mithin in der älteflen Legion Noms drei waren. Don einer Abtheilung dieſer
Region nach drei Treffen, wie wir fie fpäter antreffen: Haſtati, Principes
und Triarier, iſt bier noch durchaus feine Spur, und die Art und Weije,
wie ſelbſt Livius ſich ausdrückt, läßt uns vie urſprüngliche Kriegsmacht Roms,
mit der Romulus feine Kriegszüge führte, nur als eine Legion betrachten
(vgl. I, 11. raptim et ad hos Romana legio ducta etc.), während bei ver
bald erfolgten Zunahme Roms dur die Vereinigung mit den Sabinern wie
durch andere Zuflüffe eine Vermehrung oder Verdopplung, worauf felbft die
Stelle des Plutarch Vit. Romul. 19. führt, wahrfeinlih eintrat. So iſt
fon unter Tullus Hoftilius bei Gelegenheit des albaniſchen Krieges von einer
Mehrheit von Legionen die Rede (vgl. Liv. I, 25. 29.), und es feheint, nad.
Beendigung des Krieges, mit der Errichtung neuer Reiterabtheilungen au
eine Vermehrung bed Fußvolks eingetreten zu ſeyn, welde Livius (I, 30.)
mit den Worten andeutet: „legiones et veteres eodem supplemento explevit
et novas scripsit.“ Wenn, wie berfelbe (1, 44.) nad dem älteflen Anna⸗
liſten Fabius Pictor berichtet, eh zur Zeit. des Servius Tullius bereits
achtzigtauſend waffenfähige Männer in Rom fanden, fo muß bier an eine
Mehrheit von Legionen und au an eine Verſtärkung verfelben, vie wohl
mit dur die neue Glaffeneintheilung dieſes Königd herbeigeführt war, zu
ber Zahl von viertaufend Mann, die aus ber Claffe der juniores zum
Legio 857
Kriegsdienſt ausgehoben waren, gedacht werben; denn fon im vierzehnten
Jahr na Vertreibung der Könige un 260 d. St. wurden unter Balerius
Publicola zehn Legionen zu 4000 Mann jede, fammt der dazu gehörigen
Reiterei zu 300 Mann ausgehoben; was freilih nah ausprüdlicder Ver⸗
fiderung des Livius früher noch nicht der Fall geweſen war (II, 30. vgl.
Dionyi. VI, 42.); im I. 374 d. St. finden wir in derſelben Stärke (Kiv.
VI, 22.) vier Legionen zum Felddienſt audgehoben: wie bieß denn fortan
auf den gewöhnlichen Beſtand confularifcher Heere bei den Nömern (vgl.
Liv. VIII, 8.) bildete; aber 405 m St. im Bolsfer- Krieg erfheinen wieder
zehn Regionen zu 4200 Mann nebft 300 Meitern (Liv. VII, 25.). Wenige
Jahre nachher, zur Zeit des Kriegs mit den Latinen, um 415 d. St. ſcheint
allerdings eine Veränderung eingetreten zu feyn zwar nicht in ber Aushebung
des Heeres oder in dem gewöhnlichen Beſtande deſſelben zu vier Legionen,
wohl aber in der Bewaffnung und Gintheilung der Legion, worauf wir
noch zurüdfommen; und wenn wir den Angaben des Livius (VIII, 8.)
folgen, fo erhebt fih der Beſtand der Legion bis zu fünftaufenp Mann,
was jedoch mit andern Angaben nicht ganz übereinflimmt, welche und bie
Zahl von viertaufend ald die Normalzahl noch bis zu Unfang des zweiten
punifhen Krieges betrachten laſſen (daher Legio quadrata; f. Feſt. s. v. Sex
Millia): wie denn Livius felbf (XXI, 17.) die im Jahr 534 d. Gt. feſtge⸗
feßte Truppenmacht von ſechs LTegionen zu 24,000 Mann zu Fuß und 1800
Neiter berechnet, zu welcher Gefammtzahl dann noch die Socii hinzukommen,
während er (XXI, 36.) von einer Vermehrung der Legion um 1000 Mann
zu Sug und 100 Reiter ſpricht, aber in einer Welfe, die und dieſe Erhöhung
faum für mehr als ein vereinzeltes Greigniß betrachten Täßt; vgl. auch App.
Hirt. Rom. VII, 8. Auch die Legion, welche Polybius (VI, 20. vgl. II, 24.
im Sabre 529 d. St.) befchreist, zählt im normalen Stande 4200 Mann
sr Fuß. In der Zahl von 5000 Mann zu Fuß und 400 zu Pferd erſcheint
eine Legion, welche 537 d. St. nad Sardinien gefendet wirb (Liv. XXI,
34.), eben fo eine andere 542 d. St. von 5000 Mann zu Fuß und 300
Reiter (Liv. XXVI, 28.); nad der Schlacht bei Gannä verflärkte Scipio,
ehe er nach Africa überſetzte, um 548 d. St. die Legion zu 6200 Mann zu
Zuß und 300 zu Pferd (Xiv. XXIX, 24.), während im Kriege mit Antiochus
um 562 d. St. zwei Regionen zu 5000 Wann zu Fuß und 400 Reiter vor»
fommen (Liv. XXXVII, 39.), im Jahr 571 d. St. aber bei der Bildung
eined confularifgen Heeres von vier Regionen bie Zahl 5200 zu Fuß und
300 zu Pferd (ohne die Bundeögenofien) für jede Legion angenommen iſt
(tiv. XL, 18. 36.); zwei im Jahre 575 d. St. nah Sarbinien gefenbete
Legionen zählen gleichfalls jede 5000 Mann zu Fuß nebfl 200 Reitern, jedoch
obne die Verbündeten (Xiv. XLI, 31.); und diefe Zahl von fünftaufend
sweihbundert Mann wirb von io. XLII, 31., wo von einer 580 d. St.
Rattgefunbenen Erhöhung des Truppenbeflandes der nah Macebonien zu
fendenden LZegionen 618 auf 6000 Mann zu Fuß und 300 Reitern die Nee
it, als eine Art von NRormalzahl angegeben (quum alterius consulis legio-
nibus quina millia et duceni pedites ex vetere instituto darentur in
ungulas legiones); ähnliche Erhöhungen kommen bei Livius XLIII, 14.
XLIV, 21. vor. Auch Marius fcheint den Beſtand der Legion bis zu 6000
Mann erhöht zu haben (f. Fe. 1. 1.): eine durchaus feſte Zahl ſcheint aber
io wenig als fpäter geherrfeht zu haben, indem z. B. Sulla wider Marius
gegen Rom mit ſechs completen Legionen zieht, weldhe zu breißigtaufend
Mann ſchweres Fußvolk und fünftaufend Reiter (alfo 5000 Mann bie Legion)
angegeben werben (Plut. Sull. 9, Mar. 35.), und keine andere Stärke ſcheinen
auch die Regionen des Lucullus im Kriege mit Mithribates una zu haben
IV.
858 | - Leglo
(1. Blut. Lucull. 7. 8. mit Leopolds Note). Wenn Cicero ſelbſt (ad Aut.
V, 15.) von zwei Legionen ſpricht, bie er als Procof. in Cilicien gehabt,
fo redet Plutarch (Cic. 36.) von 12,000 Mann. „Romani, fagt Begetius
De re milit. II, 2., legiones habent, in quibus singulis sena millia,
interdum amplius militare 6onsueverunt.‘“ In der Schlacht bei Actium
zählte das Heer des Antonius neunzehn Legion, welde zu 100,000
Mann berechnet werben (Blut. Anton. 61. 68.). Auffallend mag es er-
feinen, daß wir über den Beftanb der Legionen Eäfard nit genauer unter
richtet find: doch ſcheint fh nah Allen, was wir darüber zu ermitteln im
Stande find, die Legion von der frühern Zahl, wie fle feit den puniſchen
Kriegen angenommen war, nit entfernt, mithin gegen fünftaufend Mann
betragen zu haben. Auch unter ben rm. Kaiſern läßt ſich Teine fefle und
beſtimmte Norm nachweiſen, wenn wir anders nicht diejenige dafür anfehen
wollen, melde (ſ. unten) nad) der Angabe des Vegetius (II, 6.) ein Mini:
mum von 6100 Mann zu Fuß und 726 Mann zu Pferd, in zehn Goborten
das Ganze eingetbeilt, zählte; ſchließt doch Tacitus (Ann. IV, 5.) feine An-
aben über die Kriegomacht des Augufus und deren Bertheilung im röm.
eich mit den Worten: Sed persequi incertum foret, quum ex usu tem-
oris huc illuc mearent, gliscerent numero et aliquando minuerentur.
Bat. überhaupt 2ebenu in den M&m. de l’Acad. des Inscriptt. T. XV.
p. 480 ff. über ven Beflanb der Legion zu verſchiedenen Zeiten; nebſt Mommſen,
d. röm. Tribus S. 122 ff. — Lieber vie Bildung der Legion felbft, d. h.
die Aushebung ber dazu nöthigen Mannſchaft, f. Bd. II. S. 897.; wat
aber weiter die einzelnen Beſtandtheile ver Legion und ihre Unterabtbeilungen
betrifft, fo müffen wir von dem Sage ausgehen, daß die Legion nicht ſowohl
für eine nereinzelte Heeresabtheilung, ſondern vielmehr als ein ganzer Truppen»
Lörper zu betrachten iſt, welcher daher auch die verſchiedenen Waffengattungen
in ſich fließt, und in diefer Hinſicht In verfhiebene Abtheilungen zerfällt,
welche na Zahl und Bewaffnung, wie nach Ihrer militäriſchen Beſtimmung
vorſchieden waren, um fo mehr, felt bie Verfaſſung des Gervius mit ber
bürgerlichen Abtheilung des Volkes nad einzelnen, bie politiſchen Rechte und
Pflichten beſtimmenden Glaffen, auch eine Anordnung des Kriegsweſens ver»
bunden hatte, vie ebenſo jedem Bürger feine Stellung im Heere, in ver Region
anwies, In welcher nun Abtheilungen nötbig wurden, wie fle früher wohl nicht,
und am wenigften in ber Legion des Romulus, vorgefommen waren, bie aller
Wahrſcheinlichkeit na, in dreißig Hunderttheile oder Compagnien (Centuriae),
analog ven dreißig Gurten, abgetheilt war. Auch war die Aufſtellung ver
Legton ähnlich, wo nicht nachgebildet ber macedoniſchen Phalanx, die wir
auch gewiſſermaßen als bie Altefte Form der röm. Taktik anzufehen haben;
es ſtanden bie Soldaten ber Legion in dichtgeſchloſſenen, nicht durch Zwiſchen⸗
räume getrennten Gliedern binter einander, bewaffnet mit Zangen von einer
Länge, weldfe auch von ben hinteren @liedern aus noch den Feind erreichen
Iteß, mwäßrend bie vorberften noch durch beſondere Schutzwaffen gedeckt waren
cegt: Liv. VEN, 8. Niebuhr, Nöm. Gef. I. S. 496 fi. IN. ©. 112 F.
ff. te Ausg). Der erſte Schritt zu einer Verbeſſerung biefer durch bie
Shwerfalligkelt der Bewegung oft mehr hinderlichen ale foͤrderlichen pha⸗
langttiſchen Ordnung beſtand darin, daß man bie Phalanı, um fie bemeg-
licher p machen, in mehrere Haufen abtheilte, daß man die Manipular⸗
Abtheilung einführte, obwohl weder die Zeit dieſer Aenderung, noch ber
Visheber derſelben (nach Niebuhrs Vermuthung vielleicht Gamillus) ih näher
angeben läßt. Ueber vie Beſchaffenheit dieſer Aenderung gibt und Livius
VIII, 8.) einen Vericht, der freilich mit den Angaben des Polybius (VI,
o ff.) nicht vdig übereinſtimmt, was ſich inzwiſchen aus dem Abftande ber
Zeit, inſofern Polybius eine ſpätere, die der puniſchen Kriege im Auge hat,
u. .
Logis 8
wohl erklären vürfte, ohne bag wir zu Terteänberungen ober zu Vorwürfen
der Ungenanigleit oder des Irrihums bei Livius unſere Zuflucht zu nehmen
haben, ver bier wohl den Anfang des fünften Jahrhunderts und bie zunächft
vorbergebende wie folgende Zeit ind Auge gefaßt bat, au offenbar älteren
Quellen bier folgte; ſ. die Außleger zu Livius 1. 1. in der Drackenborchſchen
Ausgabe, Lipfius De milit. Rom. II, 3. Naſt, Röm. Kriegbalterthäner
S. 47f. Niebuhr, Röm. Gel. I. S. 498. 2te Ausg. Huſchke, Berfafl.
des Serv. Zul. ©. 469 fi. Mommien am a. O. ©. 124 f. 126 fi. Hienach
zählte die Legion fünftaufend Mann (genau genommen 4980) und mar ges
bildet aus fünfzehn Manipeln Haflaten, je zu 63 Mann mit 20 Leichtbe⸗
wafineten (alſo 945 Mann mit 300 Leichtbewaffneten), fünfzehn Manipeln
Princives, welche dad zweite Treffen bildeten (alfo 945 Mann), und aus
ber fräftigen und männlich erſtarkten Mannſchaft genommen waren, ebenfo
wie die Haflati ben Kern ber jüngeren Mannſchaft enthielten ; in britter Reihe
folgten auf biefe dreißig Manipeln, beren Mannſchaft auch Antepilani ge»
nannt wurben, noch fünfzehn Abtheilungen (ordines), beren jede ein Bexill
Triarier, ein. Berid Rorarii (j. über das Wort Feflus s. v. Varro de
L. L. VII, 3. $. 92. Niebuhr, Roͤm. Geh. IT. ©. 117., der fie als
Säleuderer nimmt), und eined von Accensi (f. Bd. I. S. 13 ff.) mi»
hielt. Nah Bolybius, welcher die Zahl von 4200 Mann zu Fuß als
Normalanzahl anfleht, die nur bei größeren Gefahren bis zu 5000 fi er»
bebe, wozu noch 300 Reiter Eonımen (VI, 20. fin.), erſcheinen Ins erften Treffen
schn Maniveln Haſtati, jebe aus zwei Genturien oder 120 Mann beſtehend
(aljo 1200), eben fo viele Manipeln Principes in gleicher Stärke, und eben
fo viele von Zriariern, nur daß die Iektern 600 Mann (alſo bie Hälfte)
zählten, und bei allen Beränderungen, die bei der Vermehrung ber Legion
die Haflati wie die Principes betrafen, ſich gleich blieben; bazu Tamen no
1200 Leiibewefinete (Velites), welche jenen dreißig Manipeln von Schwer⸗
bewaffneten zugetbeilt waren. ‚Hier tritt alfo, als Brunbprincip der Abtheilung,
ber Manipulus hervor, ein Wort, dad zunächſt den Heubündel bezeichnen
ſoll, den man, auf eine Stange geſteckt, in älterer Zeit als ein Feldzeichen
gebrauchte, deſſen Namen dann au auf die dazu gehörige Manuſchaft über»
tragen worden (f. Ovid Fast. III, 117. Donat. ad Terent. Eunuch. IV,
7, 6.), während die Ableitung von manus und plöo (woher plönus). aller»
dings näher liegt (f. Ramähorn, Lat. Synonymit Nr. 809.), ferner aber die
Deutimg bed Begetiud (II, 13.). Gin Mehreres über dieſes Wort und feine
Bedeutung im römifchen Kriegäweien zu verfäpiedenen Zeiten ſ. bei Lebeau
Mem. de l’Acad. des Inserptt. XXXII. p. 279 ff. Bon einer Cintheilu
ber Legion in zehn Gohorten, deren jede aus einem Manivpel ber
Treffen beſtand, iſt zwar an ber angef. Gauptflelle des Polybius nit aub⸗
drudli die Rede; indeß fcheint fie doch um biefe Zeit in der bemerkten Weiſe
flattgefunden zu haben, indem Polybius ſelbſt (f. die Stellen bei Lebeau am
glei a. D. p. A400.) von Cohorten ſpricht und das römifge, von Ihm mit
onsipa Überfegte Wort fogar erklärt, und ein röm. Schriftfieller aus ber
Zeit der puniſchen Kriege, L. Gincius, die Begion zu zehn Gohprten, dreißig
Panipeln und fechzig Genturien angegeben hatte, wenn wir anders der Aeuße⸗
zung des Gellius N. A. XVI, 24. fin. trauen können (f. Lebeau 1. 1. XXIX.
p- 393 ff.). Auch diefer fortan fletS vorkommende Ausbruck Cohors ſcheint
dem häuslichen oder ackerbauenden Leben der Römer entnommen, wo chors,
chortes (f. Nonius p. 84. ed. Mercer. Varro L. L. I, 13, 2. V, 16, 26.
vgl. Lebeau p. 396.) zu Bezeichnung eines abgefchlofienen Raumes für das
Bieh und bie Heerden dient (wie 3. B. mehrmals bei Varro und Columella),
dann aber auf einen abgei&loffenen Haufen von Kriegern, auf eine Truppen»
abtheilung der Legion übertragen wirb, und fi bier, auch als Bezeichnung
860 Eagle
eines ſelbſtaͤndigen Truppenkörpers, bis in vie letzten Seiten bes roͤm Reiche
erhalten Kat (f. unten). Die Aufflellung der Legion gefhah nun in einem
dreifachen Treffen nach den bemerkten drei Abtheilungen, fo daß im erfien
Treffen die Manipeln der Haſtaten, In einzelnen Zwifgenräumen von einanber
aufgeftellt, ſich befanden, und, nachdem die leichten Truppen den Kampf
eröffnet hatten, zuerft den Angriff des Feindes aufnahmen; da fie früher hastas
d. i. leichte Wurfipeere führten, fo ſcheint daher auch ihr Name zu fommen;
gelang es ihnen nicht den Feind abzumehren, fo rückten bie im zmeiten Treffen
aufgeflellten Manipeln ver Principes in die Zwifchenräume ein, um, vers
bunden mit den Hastati, ven Feind zum Weichen zu bringen; fle flanden im
Hang höher als die Hastati und waren auch aus alter und gebimter Mann-
fhaft genommen, was auch die Benennung anzubeuten fcheint, welche man
auf verſchiedene Welfe zu deuten verſucht bat (f. Varro 1. I. Lipfius Milit.
‚Rom. II, 1.). In die Zwiſchenräume ber nun ind erfle Treffen eingerückten
Principes traten nun die Triarii ein, aus der älteſten und Eriegderfahrenften
Mannſchaft gebilpet, als eine Art von Meferve ‚over Glitetruppen, welche
dann erfi am Kampfe Theil nahmen, wenn es ben beiden vor ihnen aufges
ftellten Abtheilungen der Principes und Hastati nicht gelungen war, den Feind
zu bewältigen; daher au die nach Livius (VIII, 8.) ſprüchwörtliche Redens⸗
art: Res ad triarios redit; während ber Name Triarii wohl auf ihre Stellung
im britten Treffen zu beziehen ift; vgl. Varro de L. L. V, 16, 26. und Dagegen
Niebuhr Röm. Sei. II. S. 117 f. Mehreres über dieſe drei Arten des
fäwerbewafineten Fußvolks der Legion f. bei Lebeau am a. O. XXIX. p. 325 |
„LXXXIX. p. 437 ff, wo au Über die Bewaffnung, worüber f. Bd. J. S.814 ff.
Ueber. Antesignani f. Bd. I. ©. 515. u. vgl. Veget: de R. milit. II, 2. —
Was die leihtbewaffneten Truppen ber Legion betrifft (f. Ras Nähere
bei Lebeau am a. D. Bd. XXIX. p. 364 ff.), fo verſchwinden bie unter dieſer
Claſſe befinplichen und in beionderen Abtheilungen formirten Rorarii und
Accensi nad und nad; bei Polybius (VI, 21 f.), alfo feit ber Zeit ver
puniſchen Kriege, finden wir bie Zahl ber Leichtbewaffneten (Toospouayo
oder yoospopopas bei ihm genannt, mit Bezug auf bie eigene Art von
Speeren, yoospos, welche fle führten, Polyb. VI, 22.) auf zwölfhundert
angegeben, welche unter bie verſchiedenen Manipeln gleigmäßig vertheilt waren,
akfo Leine beſonderen Unterabtbeilungen ber Legion oder Cohorte bildeten;
bei der Belagerung von Gapua (Liv. XXVI, 4.) follen die Velites aufge
kommen feyn, die, wenn fle au ſchon bei früheren Kriegdereignifien erwähnt
merben (Xiv. XXI, 56. XXIV, 34.), durch eine Uebertragung eined foäteren
Ausdrucks auf einen ähnlichen Gegenſtand ver früheren Zeit erklärt werben
müflen, und insbeſondere dadurch ſich bemerklih machten, daß fie auf ben
Pferden der Netter Hinten auffigenb, ylöglih herabiprangen, fo wie man
dem Feinde nahe genug gekommen mar, um ihn anzugreifen; auch waren
fie Öfterd zwiſchen den Turmen der Meiterei und den Manipeln des Fußvolke
aufgeflellt: im Range übrigens ſtanden fie den drei Claſſen ber ſchwerbewaff⸗
neten Legions⸗Infanterie nah. Der Ausprud ſelbſt iſt charakteriſtiſch, ünfo-
fern Velites ‘in den Excerpten des Feſtus erklärt werben als milites expediti,
quasi volites i. e. volantes, waͤhrend bei Nonius (p. 552.) nur bie
allgemeine GErflärung Veles: levis armatura fi findet. Als eigene Abthei⸗
Jungen leichter Neiterei kommen Velites erſt in ber Kaijerzeit vor (f. Beget.
JH, 24. vgl. II, 16.); die ältere republikaniſche Zeit Eennt fie nur als
leichtes Fußvolk, den Manipeln zugetheilt, während fpäter biefelben ebenfalls
aus der Legion, die nun blos aus Schwerbewaffneten befland, verſchwinden
und dafür eigene Abtheilungen Teichter Infanterie der Legton zugethellt find:
wie denn in biefer Beziehung insbefondere numidiſche ober cretifche
Bogenfhügen (Gäf. B. G. II, 5.; meine Note zu Gteflad p. 164.) und
[2
‚, Legio 861
baleariſche Schleuberer (f. ibid. und oben Bb. I. ©. 1048.) vorkommen;
au kommen neben den allgemeinen. Benennungen der leiten Truppen
(Leves) noch einige befondere, auf die Verſchiedenheit der Bewaffnung und
des Dienftes bezügliche Namen vor, wie Ferentarii (f. Sallufl. B. Cat. 60.
Nonius p. 994.), Funditores, Jaculatores, Sagittarii u. dgl.
(vgl. Naſt, Rom. Kriegbaltertd. ©. 84 ff.). — Die der Legion zugetheilte
Reiterei (Equites, auf Alae, weil fie auf ven Flügeln aufgeftelt war,
His fpäter mit dieſem Namen eigene, von ber Legion getrennte Abtheilungen
Reiterei bezeihnet wurben, ſ. Bd. I. ©. 288. III. S. 210. 354. Mehr
bei Lebeau am a. D. Bo. XXVII. p. 1 ff. 64. Bd. XXX. p. 309 ff.) war,
da wir die Zahl dreihundert mit Polybius (VI, 20. fin. u. dazu Schweig⸗
bäufers Note T. VI. p. 343 f.) wohl ald Normalzahl annehmen dürfen, in
zehn Turmae abgetheilt, feve zu breißig Dann, melde mieber in drei Des
. carien jede zu zehn Mann und von einem Decurio befehligt zerfielen, welchen
bie Mannſchaft erwählte, jo daß der erfle Decurio zugleich die ganze Turme
befehligte; von den Deeurionen wurden die Uragen erwählt, melde ven Zug
ſchloßen (f. Polyb. VI, 25.). Rechnet man die Decurionen befonders, fo '
fleigert fi die Zahl der Turme bis zu ſechsunddreißig Mann (f. Lebeau
1. 1. XXXII. p. 314 f.), was uns jedoch minder richtig ſcheint; als Befehls⸗
haber des Banzen erfiheint der in Inſchriften mehrfach vorkommende Prae-
feetus equitum. In der Zeit der bürgerlichen Kriege fcheint jedoch infofern
bier eine Anderung eingetreten zu ſeyn, als Cäfar bie Reiterei von der Legion
trennte und mehr wie ein befonderes, ſelbſtſtaͤndiges Corps betrachtete, wäh»
rend wir in der fpäteren Kaiferzeit, neben einzelnen befonberen Reitercorps
Hinwieberum bie Zegiondreiterei verflärkt finden, indem Begetius (II, 14.) bie
Turme zu 32 Dann mit einem Offizier over Decurio bezeichnet, aber jeder
der zehn Gohorten der Legion zwei Turmen (alſo 66 Mann) zutheilt, mit
Ausnahme ver erfien Gohorte, welche die doppelte Zahl (alfo 132) erhielt,
wie dieß ja auch bei dem Fußvolk der erften Gohorte der Kal war. — Al
Rebentruppen ver Legion (ſ. das Nähere bei Lebeau 1. 1. XXXVII. p. 222 ff.)
fommen zur Beforgung des Gepädes (impedimenta, im Gegenſatz zu
sarcinae, womit bad bezeichnet wird, was ber Solvat felbfl trägt), wozu
au das ſchwere Gefhüg, die Belagerungsmafchinen, namentlich ber aries
(f. ®v. I. ©. 743.) und die Wurfmafchinen (balistae, f. Bd. I. ©. 1049.
und catapultae, f. Bb. II. ©. 217.) gehörten, indbefonvere vor Calönes,
Troßknechte, Trainſoldaten (ſ. Feſtuß s. v. Serv. ad Virg. Aen. VI, 1.
Nonius s. v. p. 62. Gäſ. B. G. VI, 35. Liv. XXVII, 18. Veget. II, 6.
u. öfters); aud Lixae, eine Art von Marketender (vgl. Liv. XXIII, 16.
XXI, 63. Nonius s. v. Elixum p. 48. u. Lixarum p. 62.); insbefondere
find aber Hier noch zu nennen Fabri, Werkleute, Zimmermänner, eine Art
von Sapeurs oder vielmehr Pionniers, welche bei der Anlage von Befeſti⸗
gungen, Ihürmen, Brüden u. dgl. thätig waren und unter einem eigenen,
auch in Infhriften mehrmald vorfommenven Praefectus fabrum (|. Veget.
II, 11. und das Vebrige bei Lebeau am a. O. p. 232.) ſtanden. — Endlich
fehlten auch nicht, wenigſtens ſeit des Auguflus Zeit, eigene, ver Legion zus
getheilte Feldärzte und Chirurgen, welche gleichfalls in Infchriften genannt
werben (f. dad Nähere bei Kuhn: De medicinae militaris apud vett. Graeec.
Romanosque conditione, Lips. 1824 ff. in 10 Programmen in 4.). — Ueber
die Adler der Legion und bie Übrigen Feldzeichen f. Signa militaria.. Won
muſikaliſchen Inftrumenten zum Gebraud im Feld und im Treffen kommen
außer ver buccina (f. Br. I. S. 1186.) noch vor die eigentlichen Körner
(cornua), bie tubae oder Trompeten (f. d.) und der lituus oder bie Zinke,
ein gefrümmtes Blasinftrument, das indbefondere bei der Neiterei diente, um
die Zeichen zu geben (vgl. Sorat. Od. 1, 1, 23. Ovid Fast, II, 216. mit
862 Kegio
ben Uuslegern). Ueber die Stellung ber Belomuflfanten oder KHorniften
(tubicines, cornicines, buccinatores, Beget. II, 7. 22.) findet fich weder bei
Volybius noch fonft eine nähere Angabe: in fpäteren Zeiten waren fle ven
Gohorten des Bußvolfd wie den Turmen der Meiter zugeteilt. Leber ven
Sold der Legionsſoldaten |. Bd. III. S. 355. nebſt Mommſen am a. DO.
p. 31 ff.; über die Diseiplin Bo. II. ©. 1100 ff.; über ihre Nahrung vol.
2ebeau 1. 1. XLI. p. 129 ff. — Was die Kleidung oder Uniformirung der
Legion betrifft (f. Lebeau 1. 1. XXXIX. p. 509 f.), fo ift Hier zunörderft zu
nennen ber kurze, bis auf die Kniee reichende Waffenrock, Sagum genannt,
im Gegenfag zu dem Friedenskleide, ver Toga, und daher öfters ihr ent»
gegengefeßt (ſ. bei Zebeau I. 1.): ein, wenn wir. dem Iſidor glauben dürfen |
(Origg. XIX, 24.), feinem Urfprung nad gallifches oder celtiſches Wort (f.
jedoch Ramshorn Synonymik Nr. 1288.); er war aus dichter, feſter Wolle,
bei den Offizieren natürlih von etwas befferem Stoff, wahrſch. von einer
dunklen Farbe, und weder blendend weiß noch purpurroth, wie Mandje an»
nehmen (vgl. Tebeau am a. D. p. 514. mit Bezug auf Iſidor Origg. XIX,
22.), nur bei dem Öberfeloheren, welder dad an Form und Länge dem
Sagum fonft ganz gleihe Paludamentum trug, war biefer Waffenrod dur
die wahrſcheinlich purpurne Barbe und fonflige Auszeichnung in Berbrämung
ober Stickerei (vgl. Cäſ. B. @. VII, 88. vgl. Ramähorn 1. 1. u. Lebeau 1. 1.
p. 515.) hervorſtechend. Leber der Bruſt warb der Waffenrod mittel einer
Agraffe (fibula) Kefefligt, welche anfänglid von Erz ober Gifen, bei dem
fleigenden Luxus von Silber und Gold gefertigt war (vgl. Blin. H. N.
XXXIII. 12., mehr bei Lebeau p. 519. 1. 1.). Unter dem Sagum trug
der Soldat die tunica, gleihfallg von Wolle, und bis zu ben Knieen
reichend, aber ohne Aermel, wie man dieß noch jeht aus den Darſtellungen
auf der Trajansfäule erbliden Tann. Der Gebrauch einer befondern Unter»
Tunica ober eined Hemdes gehört in die fpäteren Zeiten des fleigenden Lurus
und der zunehmenden Verweichlichung. Zum Caputrock, um gegen winter
liche Kälte, Regen, Schnee u. dgl. zu ſchützen, diente die Penula (f. Nonius
” 534. vgl. 448.) oder die Lacerna von ganz dicker Wolle (ſ. Ze. s. v. |
dor. Origg. XIX, 23.), oft auch mit einer Kapuke (cucullus) verſehen;
f. das Nähere bei Lebeau p. 521 ff. u. vgl. oben S. 709. Der Gebrauch
von DBeinfleivern (braccae, vgl. Bb. 1. ©. 1162.), welche bid zu den Waden
reichten, ſcheint einer ſchon fpätern Zeit anzugehören, als die Roͤmer durch
ihre Kriege über Italien «hinaus in nörblihere Gegenden geführt wurden,
woher fie die Sache wie den Ausdruck (vgl. Bd. IH. ©. 636.) erhielten:
was beides den Römern früher durchaus fremd geblieben war (vgl. Lebeau
p. 526.), deren Krieger gleih ven Hochſchotten der neueren Zeit Teine Bein-
ffeiber getragen hatten; dad Schienbein war gebedit durch eigene Beinfchienen
(ocreae, Barro L. L. V, 24. $. 118. Gef. s. v. Liv. IX, 40. Beget.
1, 20.) von Erz oder Elfen an beiden Beinen, fpäterhin au wohl bloß an
dem rechten getragen; ald Schuhbedeckung diente die Caliga (von Calz,
d. i. Serfe), eine mit Nägeln beichlagene Sohle, welche mit aufwärts lau⸗
fenden Riemen bis an die Waren befefligt war, eine Art von Halbfliefeln,
nach denen bekanntlich der Kaifer Ealigula feinen Namen erhielt (ſ. Lipflus
6
.ad Taeit. Ann. I, 41. Vgl. die Ausleger zu Juvenal. XVI, 24.). — Ba
bie Befehlähaber der Legion und bie verſchiedenen Dffiziere nach ihren ver-
ſchiedenen Abflufungen betrifft, fo ift von dem Oberbefehlshaber (Imperator,
f. oben IV. &. 116.), wie von den ihm zunächſt flehenden Legati, bereits
Bo. III. ©. 354 f. u. IV. ©. 853 ff. das Nöthige bemerkt worden. In
näberer Verbindung mit ber Legion felbft und ihr zugehörenb erfcheinen an
erfter Stelle die Tribuni (militum, wohl zu unterſcheiden von den tribuni
militum consulari potestate), von ben Griechen nit ganz genau yuAsapxos
Legte 863
gewöhnlich genannt, infofern allerdings urſprünglich bei der älteflen Legion
des Romulus drei foldyer Tribuni (daher auch der Name, a tribu, wie
DBeget. II, 7. fagt) fich befanden, deren jeder taufend Mann befehligte,
entſprechend alſo den drei Tribus, aus welden die Mannfchaft der Legion,
wie wir geſehen, gebilbet war. (S. dad Nähere bei Lebeau 1. 1. XXVII.
p. 113 ff. 116. Huſchke am a. D. ©. 473.) Späterhin, zu den Zeiten
der punifden Kriege, erfcheint dieſe Zahl verdoppelt: denn Polybius (VI,
419.27.) rechnet zu einem gewöhnlichen confularifchen Heere von vier Regionen
vierundzmwanzig Tribunen, alſo ſechs auf jede Legion, gewählt aus
Männern, welche eine Dienftzeit von fünfzehn und zehn Jahren bereits hinter
ſich hatten: wiemohl aud einzelne Beiſpiele von jüngern Männern vor»
fommen, wie 3. B. des Scipio, ber ſchon im neunzehnten Jahre diefe Würde
bekleidete (f. Liv. XXII, 53. vgl. XXVI, 18. u. XXI, 46.). In welcher Weiſe
und zu welcher Zeit viefe Vermehrung flattgefunden, Täßt ſich nicht näber
ermitteln: einige Spuren führen darauf, daß in ber vorhergehenben Zeit auch
eine Bierzahl von Tribunen anzunehmen iſt (vgl. Liv. VII, 9. IX, 30.
Lebeau 1. 1. p. 114 f.); die Wahl diefer Offiziere, früher vom Oberfeloheren
abhängig, ging Tpäter auf das Volk über (Liv. VII, 5. IX, 31. vgl. XLII,
31.), und warb dann getheilt, indem vie eine Hälfte vom Bolt, die andere
vom Oberbefeblähaber epvählt wurde (iv. XLIV, 21. @ic. in Verr. 1,10.
mit des Asconius Note p. 142. ed. Orell., wonach jene Comitiati, dieſe
Rufuli, wie aud Liv. VII, 5. angibt, genannt wurden; f. auch Feſtus
p. 133. oder 461. Dacer.), und fo ſcheint es namentlich auch zu ded Poly-
bius Zeit (VI, 19.) gemwefen zu ſeyn, währenn mit dem Ende der Nepublif
und dem Auftommen ſtehender Kriegäheere die Wahl oder vielmehr die Er»
nennung ber Tribunen vom Oberbefehlshaber abbing (Gie. ad Divers. VII, 8.).
Aeußerlich ausgezeichnet dur den goldenen Ring (f. Bd. I. S. 494.) und
einen kurzen, dolchähnlichen Degen, wie Ihn auch fpäter die Kalfer, der
Praefectus Praetorio und andere höhere Beamte ald Beiden ihrer Gewalt
führten (pugio, parazonium, vgl. Martial. XIV, 32.), dann auch in ven
Zeiten der Katfer dur den breiten ober ſchmalen Streif, ver bie verfäle-
denen nun unter ihnen eintretenden Abftufungen der Würde und des Rangs
bezeichnete (tribuni laticlavii, angusticlavii bei Sueton. Aug. 38. Oth. 10.
Domit. 10. ©. auch Lebeau p. 135 ff.) und mit der damals fon verän-
derten Befimmung und Stellung der Tribuni zufammenhängt, waren fie Die
michtigften Beamten oder Offiziere der Legion, in deren Obercommando fie,
wie es ſcheint, immer zu zwei auf zwei Donate wechſelten (5. Polyb. VI, 34.
vgl. Liv. XL, 41. Horat. Sat. I, 6, 48. mit den Auslegern); fie hatten
bie Ausbebung der Mannſchaft und deren Bertheilung unter die verſchiedenen
AbtHeilungen der Region (1. Polyb. VI, 20.) zu leiten, nahmen ben Cid ab,
behellten die Genturionen, hatten die Aufflcht Über Alles, was bie Disciplin,
Perpflegung der Truppen u. f. w. betrifft, ertbeilten die vom Oberbefehld>
haber gegebene Parole, und flanden im Treffen an der Spiße der drei Treffen
der Region. Beigegeben zur Beforgung des Dienfled waren ihnen cornicu-
larii (Val. Mar. VI, 1. PBrontin. Strateg. III, 14., und öfters auf In⸗
färtften; f. Lebeau am a. D. p. 130 ff. Greuzerd Roͤm. Antiq. ©. 379.
2te Audg., und vgl. Bo. I. ©. 709.). — Den Tribunen zunächſt flanden
die Genturiones (f. im Allgem. Lebeau 1. 1. XXXVII. p. 448 ff.), auch
ordinum ductores genannt, griech. zafizpyo:, exarorrapyor, Aoxayos (vgl.
Polyb. VI, 24. Schwarz Observatt. ad Nieupoort. p. 344 ff.), von ben
Tribunen in der Regel ſelbſt bei der Bildung der Legion aus gebienten und
erfahrenen Männern ausgewählt (ſ. Polyb. 1. 1.) oder auch wohl im Felde
durch den Oberbefehlshaber ernannt (vgl. Liv. XLII, 34. Wald zu Tacit.
Agricola ©. 264 ff. 267 ff.), als Befehlshaber der Manipeln, und zwar .
864° Legio
zwei bei jedem Manipel, alſo ſechzig Genturionen bei der ganzen Legion, bie
jevo& in ihrem Rang keineswegs völlig glei geweſen zu feyn fcheinen, indem
auch bier die oben bemerkten Rangunterſchiede der drei Abthellungen ver
2egion, ver Hastati, Principes und Triarii in gleiger Weiſe zu berückſichtigen
find, und namentli der erſte Genturio des erſten Zugs oder primus pilus
ber Triarier den erfien Rang unter den übrigen behauptete, Primipilus daher
auch genannt warb (f. Dionyf. Hal. IX, 10.; die Abhandlung von Baulus
Manutius bei Sallengre Nov. Thes. Antigqq. I. Lebeau am a. D. p. 166 ff.):
und dieſe Würbe blieb au für den erfien Hauptmann der erften Cohorte
in der fpäteren Zeit, nachdem die dreifache Abteilung der Legion aufgehört
hatte und dafür die ‚ver zehn Gohorten getreten war, deren Nangflufe nun
au für die der darin eingetheilten Centurionen beflimmend und maßgebend
war (vgl. Lebeau p. 156.). Als Äußeres Abzeichen der Würde führten bie
Genturionen einen Stab, aus einer Weinrebe geformt (vitis, f. Tac. Ann.
I, 23. Juvenal. XIV, 193. mit den Scholien; Lebeau p. 162 ff.), melde
Sitte ſich His in die fpäteften Zeiten erbielt. Don einem andern Unterſchei⸗
dungszeichen, welches am Helm angebracht war, ſpricht Veget. II, 13. Den
Adler der Legion, welcher unter Verwahrung des Primipilus fland, trug der
Aquilifer (Càſ. B. G. V, 37. B. C. II, 64. Suet. Aug. 10. und öfters
auf Inſchriften). Außer dem Genturio Tommt noch an einer Stelle des Livius
(VII, 6.) ein Subcenturio vor, wahrſcheinlich hier jedoch nicht als ein fefles
Amt, fondern nur in einem befondern Fall zur Vertretung ober Unterflügung
ded Centurio (f. Lebeau p. 171.). Als folde den Eenturionen zur Dienft-
leitung beigegebene Perſonen untergeorpneten Rangs erſcheinen aud bie
Optiones (j. Sell. s. v. p. 184. 194. Veget. 11,7. Mehr bei Lebeau p. 171 fF.),
welche auch in andern Berbältniffen als beigeorbnete oder flellveriretende
Perſonen erfheinen, und infofern felöft dem Worte nad) mit unferen Lieu-
tenantd zufammenfallen, auch wahrſcheinlich nicht verſchieden von den ovpayos
des Polybius (VI, 24.); für die nähere Kunde diefer Subalternen wichtig
find die Verzeichniſſe der Goborten der Bigiles in der Schrift von DI.
Kellermann. — In ähnlicher Weile, wie die römiſche Legion, war auch das
Truppeneorpd gebildet, welches die mit Rom in irgend einer Weiſe verbün-
deten Völkerſchaften Italiend (Socii) in Folge des abgefchlofienen Vertrags
zu ſtellen hatten, an Fußvolk gewöhnlich die gleiche Zahl, an Meiterei das
Doppelte (Liv. XXIE, 36.), oder nah Polybius (VI, 26.) dad Dreifade:
wie denn bier feine durchaus fefle Norm beflanden zu haben fcheint (f. die
Ausleger zu Lin. XXXVII, 35. XL, 36. Schweighäuſer zu Polybiuß 1. 1.
p. 359 f.); im Uebrigen war die Organijation, Ginthellung, Bewaffnung
u. f. w. durchaus glei, fo daß alſo ein. confulariiches Heer von vier roͤmi⸗
fen Legionen eben fo viele Legionen der Bundesgenofien, jedoch mit ver⸗
ftärfter Reiterei zählte, die auch gewöhnlich auf den beiden Flügeln der das
Gentrum bildenden römiſchen Legionen aufgeflellt waren, wiewohl au bier
mehrfade Schwankungen vorkommen, wie fie in der Natur ber Sache lagen
oder durch beſondere Berbäftnifie herbeigeführt wurden. In den legten Zeiten
ber Mepublit Hört ohnehin der ganze Unterſchied nah und nad völlig auf
mit den durch die Zeitumſtände überhaupt gänzli veränderten Berhältnifien,
welde zwar bie Legion, ald einen Truppenkörper, keineswegs bejeitigten,
wohl aber in dem Beſtande der Legion mande Beränberung bervorriefen.
Seit de8 Darius Zeit verſchwand der Unterſchied in den drei Abthellungen
der Region (Hastati, Principes, Triarii) inmer mehr, zumal als bei ben
anhaltenden Kriegen man öfters in den Fall Fam, die ganze Legion aus
jungen Leuten, bie noch gar nicht gedient hatten, zufammenzufegen (wie 3.2.
bei Cäſar B. G. VI, 40.), mithin von Trlariern gar keine Rede feyn fonnte.
Damit trat auch die Einrichtung ber Manipeln immer mehr in den Hintergrund,
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Legio 865
mb die Abtheilung der Legion nach Cohorten gewann nun ein entſcheidendes
und bleibendes Uebergewicht, bis auf die letzten Zeiten des römifchen Reichs,
während fogar feit des Auguſtus Zeit ſelbſt abgefonderte Truppencorps unter
dem Ramen der Cohorten beflanden. Wenn demnach die Gohortenabtheilung
die der Legion gewiſſermaßen überlebt bat, fo würde man doch zu welt geben,
wenn man das eigentlihe Entſtehen ver Cohorte erſt vun ben Zeiten des
Marius datiren wollte, indem Jange vor Diefer Zeit ſchon Cohorten ale Ab⸗
theilungen der Region ermähnt werben, bie feit ven Zeiten des Marius und
namentli$ auch zu Cäſars Zeit, wo von Triariern, Principes, Haflaten gar
nit mehr die Rede iſt, jedoch ausſchließlich Hervortreten (ſ. das Nähere bei
Lebeau XXIX. p. 397 ff.) und dadurch auch eine veränderte Aufflelung ber
Legion veranlaßten. Die bieherige Aufftellung in den drei Treffen nad ben
durch einzelne Zwiſchentäume getrennten Manipeln (vie Aufftelung nad der
Quincunx, vgl. Gic. Senect. 17.) mußte verſchwinden: an ihre Stelle trat
die Cohortenſtellung (vgl. Naſt, Nöm. Kriegsalterth. S. 132 ff.), wie wir
fie Insbefondere von Gäfar angemenvet finden, wonach in erſter Linie vier
Gohorten erfiheinen, ebenfalls, wie früher die Manipeln, in einzelnen Zwiſchen⸗
räumen von einander aufgeftellt, diefen Zwiſchenräumen gegenüber aufgeftellt
in zweiter Linie drei Gohorten, und in ähnlicher Weife in britter Linie bie
prei übrigen Cohorten (vgl. Cäſ. B. Civ. I, 83. u. f. Bd. I. S. 40. 256 ff.).
Das frühere Verbäftniß, welches den gewöhnlichen Beſtand eines römifchen,
von den beiden Gonfuln befehligten Heeres zu vier Legionen nebft der gleichen
Zahl von Verbündeten angenommen hatte, mar fon Tängere Zeit außer
Kraft gekommen, indem die anhaltenden und ausgedehnten Kriege die Auf»
ſtellung bebeutenderer Heeredfräfte nöthig gemacht Hatten, wie dieß ſchon
3. B. im zweiten puniſchen Kriege der Fall war, und fpäter mit der wach⸗
jenden Macht Roms immer mehr ver Fall feyn mußte, zumal ald mit dem
Ende der Republik vie Heere immer mehr aufhörten, aus röm. Bürgern
zu beſtehen, melde nad beenbigtem Feldzug wieder in ihre Heimath zu ihren
gewohnten Beſchäftigungen zurüdfehrten, fondern nach und nad in flehende
Heere ſich ummandelten, daher auch fo wie der Bedarf es forberte, und da,
mo e8 gerade nöthig oder zuträglic war, conferibirt und recrutirt wurden.
Dieß gilt insbeſondere von den Legionen derjenigen Männer, welche in biefen
Zeiten des Untergangs der röm. Republik an die Spike bedeutender Heere
geftellt, bald das Ausland, bald ſich ſelbſt unter einander bekämpften und
dann ihre Soldaten, meift ärmere, theild auch zufammengelaufene Leute ohne
Befitz und Bermögen mit der Kriegäbeute, d. h. mit Hab und But ber von
ihnen Beflegten entfhäpigten und belohnten. Auf den Beſtand der Legion
batte dieß natürlih auch feinen Einfluß: bier zeigt fi in der Zahl der
Mannfchaft, aus der fie gebildet ward, ein öfteres Schwanfen, dad oft gar
verſchledene Angaben in der Berechnung ber Gefammtzahl des Heeres herbei⸗
geführt bat. So z. B. Fämpfte Pompejus mit eilf Legionen zu Pharfalus,
von denen er fünf, ſämmtlich neu geworben, aus Italien mitgebracht, die
übrigen aber in Griechenland und im Ortent überhaupt, theils aus Landes⸗
eingebornen, theild aus gebienten, in dieſen Rändern anfäßig gewordenen
römiſchen Soldaten gebifnet hatte, während noch ſechs Legionen in Spanien
und eine in Africa flanden (f. %. ©. Krohl De Legionibus reipubl. Ro-
manae. Dorpat. 1841. 8. c. III. p. 36—42.). Mit ſechs Legionen war
Julius Cäſar im Jahr 696 d. St. nah Gallien gezogen, im Jahr 697 Hatte
er diefe Zahl bereit auf zehn gebracht; im Kampf wider Pompefus (706)
iheint er in Griechenland eilf Kegionen, über deren Beftand, ob vollzählig
oder unvollfländig, wir freifich nit fo genau urtheilen können, gehabt, bei
jeinem Tode (7109. St.) aber wohl an vierzig Hinterlafien zu haben (f. das
Bauly,Real-Enchelop. IV. 55
x
868 Logio
Nummern, wie heutzutage die Regimenter, alſo die erſte, zweite, dritte Legion
und ſo fort. Neben dieſer natürlichen und darum auch unter der Kaiſerzeit
fortdauernden Bezeichnung kommen aber auch ſchon gegen Ende der Republik
noch beſondere Beinamen für die einzelnen mit Nummern bezeichneten Legionen
auf, unter welchen dieſelben nun ebenſowohl bei den Schriftſtellern als ins⸗
beſondere auf Münzen und Inſchriften erſcheinen; und dieſe Unterſcheidung
der Legionen durch beſondere Namen wurde ſelbſt nothwendig, als in den
Bürgerkriegen am Ende der Republik jede Partei ihre mit Zahlen bezeich⸗
neten Legionen Hatte, nad dem Uebertritt ber beflegten Partei aber zu dem
Sieger, diefer dann Regionen gleicher Nummer unter feinen Bahnen vereinigte.
Es gewinnt daher die nähere Unterſuchung dieſer Namen eine befondere Wich⸗
tigkeit, ebenſowohl für vie Geſchichte der röm. Legionen ſelbſt und ber ge-
fammten rom. Kriegeführung, als auch in Bezug auf die Münzen» und
Inſchriftenkunde, auf die älteſte Geſchichte und den Urfprung fo munder Städte
und Nieverlaffungen in Deutfhland, am Rhein und an der Donau, zumal
an den untern Theilen derfelben, in Britannien, wie in Aflen und Africa,
infofern diefe Städte nämlich aus den fehlen Stanbquartieren der hier flatio-
nirten 2egionen hervorgegangen find, wie dieß meiſt aus noch erhaltenen
Inſchriften, Legionsſteinen, Ziegeln u. dal. erfihtli if. ©. darüber, wie
über die (damit zufammenhängende) Geſchichte ver Legionen felbft Eckhel
Doctrin. Numm. vett. T. VII. p. 492 ff. ®Brotier zu Tacit. Hist. II, 6.
Lipflus zu Tacit. Hist. II, 43. u. Analectt. ad Milit. p. X. Ruperti im
Inder zu Tacitus s. v. Legiones T. IV. p. 518 ff. Lehne, Geſammeln
Schriften Mainz 1837.) I. ©. 1—66. (Kurze Geſchichte der roͤmiſchen
Legionen von Gäfar bis Theodofius) und insbeſondere C. 2. Grotefend in
der Zeitſchrift für die Altertbumdwiffenfhaft 1840. Nr. 79—81. und ben
nachfolgenden Artifel. Vgl. au noch Franke: Zur Geſchichte Irajand
S. 92-95. Borgheſi, Annali d'Archeolog. XI. p. 128 ff. ©. Pfitner
Comment. quot quibusque numeris insignes legiones inde ab Augusto
usque ad Vespasiani principatum in orient. tetenderint. Neubrandenburg
1844.4. Aus den an biefen Orten auß den alten Quellen zufammengeftellten
Berzeicänifien erjehen mir, daß diefe Beinamen bald von den Ländern em»
nommen waren, in welden bie Regionen ihre Standquartiere hatten, ober
mo fie geworben worben waren, wie 3. B. Germanica, Italica, Cyrenaica,
Macedonica, Hispana u. f. w.; oder von ben Kaifern, wie 3. B. Legio
Augusta, Flavia, Trajana, Ulpia; oder von Gottheiten, wie 3. DB. ſelbſt
die am Rhein, namentlid zu Mainz flationirte Primigenia, ferner Minerva,
Apollinaris, oder auf, wie bieß indbefonbere unter der Kalferzeit ver Fall
war, auszeichnende und ehrende Prädicate maren, welde ſich die Legionen
gleihfam als Belohnung für geleiftete Dienfte gewonnen hatten: Adjutrix,
Victrix, Fulminatrix, Invicta, Pia und Fidelis, aber auch Rapax (Tac. Hist.
II, 43.) u. f. w. ©. das Nähere an den angef. Orten und vgl. über die
zöm. Legion im Allgemeinen noch Juſt. Lipfius: De Militia Romana (na>
mentlich die beiden erflen Bücher), Antverp. 1598. 4. u. Opp. T. IN.
(Naſt) Roͤm. Kriegsalterth. (Halle 1782. 8.) ©. 30 ff. Weine Skizze in
Greuzers Abriß d. röm. Antiq. (2te Ausg. 1829.) S. 355 ff. [B.]
Legio. Geſchichte der einzelnen römifhen Legionen im
ber Kaiſerzeit. Die einzelnen römiſchen Legionen biflorifh zu verfolgen
ift erfl von ber Zeit an möglich, wo diefelben zu flehenden Heeren geworben
waren, alfo erft von der Megierung des Auguflus an.* Auguflus bejaß
° Eine Zuſammenſtellung des bürftigen Materiald zur Geſchichte der römifchen
Auslonen vor Auguſtus findet man in ber Zeitfchrift für die Witertbumswif, 1840.
r. 79, “
Legio (Geſchichte) 869
als Alleinherrſcher, wie uns Caſſ. Div LV, 23. berichtet, zoie xl eixom.
oromtoneör 7, @s Ye Erepoı Asyovaı, este nal einocı MoArzına. Wahr:
ſcheinlich berückſichtigen dieſe Angaben verſchiedene Zeiten. Wann er 23 Le⸗
gionen beſeſſen habe, läßt ſich nicht ermitteln, gegen pad Ende feiner Regierung
aber, alfo nad der Barusihladt, wo 3 Legionen, die XVIL, XVIII. und
XIX., niedergehauen waren, belief fih die Zahl der Legionen auf 25. Diele
25 Legtonen des Auguflus find, nad. der Bolge ihrer Zahlen: I Germanica,
II Augusta, III Augusta, III ICyrenaica, III Gallica, IV Macedonica,
IV Scythica, V Alauda, V Macedonica, VI Ferrata, VI Victrix, VII (fpäter
Claudia genannt), VIII Augusta, IX Hispana, X Fretensis, X Gemina,
XI (fpäter Claudia genannt), XH Fulminata, XIII Gemina, XIV Gemina,
XV Apollinaris, XVI Gallica, XX Valeria Victrix, XXI Rapax und XXH
Dejotariana. Zu dieſen Legionen des Augufus kamen noch: unter Claudius
die XV Primigenia und XXII Primigenia; unter Nero die I Italica; durch
Clodius Macer die I Macriana; unter Galba die I Adjutrix und VII (fpäter
Gemina genannt); unter Befpaflan vie II Adjutrix, IV Flavia und XVI Flavia;
unter Domitian die I Minervia; unter Trajan die II Trajana und XXX Ulpia;
unter M. Aurelius Antoninus die IT und II Italica; unter Septimiug Se-
veruß die I, II und III Parthica. Die unter Dioecletian und feinen Nach⸗
folgern in großer Menge binzugefommenen Legionen, deren Namen wir
größtentheild nur durch die Notitia Imperii erjehen, haben zu wenig Interefie,
ald daß fie Hier berüdfihtigt werden Eönnten; die bier genannten Regionen
aber follen in dem Folgenden nad der Bolge Ihrer Zahlen und dem Alpha»
bete durchgenommen werben, ohne Rückſicht auf die Zeit ihrer Errichtung.
Legio I Adjutrix (Bor90s), von Galba in Spanien aus classiariis
errichtet, und daher auch Classica genannt (vgl. Legio XVII), wurde von
Galba mit nah Rom gebracht (Tac. Hist. I, 6. 23. 31. Inſchriften bei
Marini Atti IL, 450 f. Orelli 180. vgl. Suet. Galba 10.) und ließ fi
von Otho verleiten, ihrem Kaiſer untreu zu werben (Xac. Hist. I, 26. 36.).
Für jenen zog file darauf gegen Vitellius (IT, 11.), glühend vor Kampf-
begier (II, 23.), und zeichnete fih au in dem Kampfe mit ben Vitellianern
befonders aus. In der Schlacht bei Bebriacum verlor fle jedoch, nachdem
fie den Adler ver XXI Rapax erbeutet Hatte, ihren Legaten Orphidius Bes
nignus und mehre Fahnen (Tac. Hist. II, 24.43. 111,13. Plut. Otho 12.).
Nah Otho's Tode wurde fie von Bitellius nad Spanien gefandt, um durch
Frieden und Muße gezähmt zu werden (Tac. Hist. IL, 67.). QAufgeforbert
durch Antonius Primus bewirkte fie dort, daß auch die übrigen ſpaniſchen
2esionen, die VI Victrix und X Gemina, ſich für Beipaflan erklärten (II,
86. III, 44.). Später (wahrfheinlih unter Beipallan) ward fle nad) Ober⸗
Germanien verjegt, wo fie unter Nerva in dem Suevifchen ‚Kriege Tämpfte
(Inſchr. bei Gruter 368, 5.), und au unter Trafan noch gelegen hat
(Schriften d. Geſellſch. f. Geld. zu Freib. im Breisgau I, Taf. 3.). Nah
ber Zahl der von ihr in Mainz gefundenen Infhriften und Ziegel zu urtheilen,
hatte fie damals dort ihre Winterquartiere (Fuchs Geſch. v. Mainz I. EI. IV.
N. 1—7. Lehne gefamm. Schriften II. Nr. 135—143. Jahrbb. d. Bereind
von Alterthumsfr. im Rheinl. II. ©. 90. cf. Steiner cod. inscr. Rbeni
n. 198.). Ihre Soldaten waren damals faft ſämmtlich aus Pannonien und
Dalmatien gebürtig, wie alle Mainzer Inſchriften der Legion bezeugen (vgl.
Lehne I. Nr. 19. Grut. 478, 6. Murat. 858, 8. 2028, 6.). Als Piole⸗
mäus feine Geographie ſchrieb, Tag die Legion ſchon in Pannonien und hatte
in Bregetium ihre Stanbquartiere. Daffelbe beftätigen das Itinerar. Anton.,
Cafſ. Die LV, 24., die Not. Imp. und in der Gegend von Dfen gefundene
Infriften bei Brut. 103,6. (wo eine Victoria Augg. N. X. et Leg. I Adj.
872 Legio (Geſchichte)
bei Lerſch am a. D. II. Nr. 20. und in den Jahrbb. des Vereins v. Alters
thumsfr. im Rheinl. II. S. 83. und die Jverfleiner in denſelben Jahrbb.
V. VI. ©. 321.; vom Jahr 252 endlich die Bonner Inſchrift bei Lerſch II.
Nr. 10. Rheiniſche Inſchriften der I Minervia ohne chronolog. Beflimmung
finden ſich noch bei Dreli Nr. 1894. 2021. 2083. Lerfh am a. DO. J.
Nr. 38. 39. II. Nr. 2. 30. Janffen Mus. Lugd.Bat. inser. Gr. et Lat.
p. 125. Jahrbb. des Vereins v. Alterthumsfr. im NH. V. VI. ©. 316.
(vgl. ©. 436.) ; vgl. no Dreli Nr. 2106. Corp. inser. gr. IH. n. 4011. —
Ueber die Meinung Biniger, daß Beteranen der I Minervia als Gofoniften
nad Lugdunum in Ballien geführt feien, gleichzeitig mit Beteranen ber XXII
Primigenia (Infhr. bei Murat. 819, 9. 849, 5. Orelli 3478. vgl. Brut.
556, 6.) f. die Geſchichte der XXII Primigenia. Zuletzt fommt bie Prima
Minervia unter den Legiones Comitatenses magistri militum per Illyricum
in der Not. Imp. vor; vgl. die Infhr. bei Marini Atti IL, 630. — Bes
merkenswerth find noch außer den Münzen des Severus und GBallienus mit
dem Namen ber I Minervia* die Infchriften der Legion bei Böckh Corp.
inscr. gr. HI. n. 1813.b. Orelli 3186. Kellerm. Vigiles p. 19. u. 67.
n. 248. — Beinamen der %egion find: Pia Fidelis (Evoeßrs Ion), und
unter Caracalla oder Elagabal Antoniniana, unter Severus Alexander Se-
veriana.
Legio I Parthica, von Septimiud Severud errichtet, lag unter Se⸗
verus Alerander in Mefopotamien (Eaff. Div LV, 24.). Ebendaſelbſt finden
wir fie unter Julianus (Umm. Marcel. XX, 6.) und zur Zeit der Notit.
Imp. Deflen ungeachtet find -mehre Infchriften der Legion diefſſeit des Cuphrat
gefunden, fo zu Era in Auranitis (Burckhardt's Neifen in Syrien ac. 1.
S. 128.), zu Boflra in Arabien (mit dem Beinamen Philippiana, Orelli
: 38383.) und zu Palmyra (Murat. 744,2. vol. 789, 2.). Außer viefen und
ber Inſchr. bei Murat. 855, 6. iſt mir Feine unverbägtige Inſchrift dieſer
Legion befannt geworben.
Legio II Adjutrix, wurde von Befpaflan gleich nad feiner Thron⸗
befleigung errichtet (Zac. Hist. IV, 68. Caſſ. Dio LV, 24. Tab. hon. miss,
bei Marini Atti II, 453 f.). Daß die Legion aus Classicis errichtet iſt,
zeigt und theild der Name Adjutrix, theild die ermähnte Tabula honestae
missionis, und e8 leidet wohl Eeinen Zweifel, daß Beipaflan in die II Ad-
jutrix die Weberbleibfel der von Nero iIntenbirten Legio classica aufnahm,
denen Galba bei feinem Einzug in Rom bie Bitie um VBerleihung eines
Molers verweigert (Suet. Galba12. Tac. Hist. I, 6. 31. Blut. Galba 15.),
und bie nachher Otho wieder in numeros legionis vereinigt hatte (Tac. Hist.
I, 87. vgl. 11, 11.), fo daß fie dem Vitellius als e classicis Jegio ** folgen
fonnten (III, 55.). Ihre erſten Waffenthaten verrichtete die II Adjutrix in
dem Kriege gegen Eivilis (IV, 68. V, 14. 16. 20.). Nach Beendigung dieſes
Krieges ſcheint fie gleich nah Nieder-Pannonien geſchickt zu fein, wo fle zu
Aquincum (bei Ofen) ihre Standquartiere hatte (Gaff. Div LV, 24. tin.
Anton. Not. Imp. vgl. Ptol.). Gegen das Ende der Negierung Domitians
piente der nachherige Kaifer Hadrian als Tribun in ber II Adjutrix (Spart.
Hadr. 2.). Unter Trajan zeichnete ſich diefe Legion in dem Daciſchen Kriege
aus (Inſchr. bei Orelli 3048.), ebenfo unter M. Aurelius in dem Kriege
-
* Die Münze bed Aureolus L. I. MIN. RESTITVTA (Eckhel Doetr. num. vet.
VII, 465.) iſt fehr zweifelhaft.
*e Tacitus fagt ausbrilklich in numeros legionis composuerat und e olassi-
ois legio, fo wie auch I, 26.: Infecit ca tabes legioenum quoque — mentes, womit
nur bie I Adjutrix und bie von Galba mißhanbelten Geefolbaten gemeint fein können,
ohne bie Letzteren als eine wirkliche Legion anzuerkennen, was erſt nach ber Ber:
leihung des Adlers durch Veſpaſian gefchehen Ponnte,
Legio (Geſchichte) | 873 -
gegen bie Sueven und Sarmaten (Inſchr. bei Murat. 765, 5. Orelli 9445.).
Bon ihrem langen Aufenthalte in Nieders Bannonien zeugen viele Inſchriften:
bei Drei Nr. 2129 (unter Garacalla; die Legion bat dort den Beinamen
Antoniniana), Nr. 1921 u. 1922 (v. 3. 222), Nr. 3182. Grut. 169, 7.
Fabr. 710, 317 (v. 3. 228; die Region Hat hier den Beinamen Severiana).
Drell, Nr. 1177 (v. 3. 229). Meines. p. 316. n. 39 (v. I. 240; die Legion
bat ben ‘Beinamen Gordiana). Orelli Nr. 1024 (v. J. 270; die Legion
heißt Leg. II. Adj. VI. P. VI. F. Constans Claudiana); ferner bie nicht
chronologiſch Heftimmten Infchriften bei Brut. 21, 9. 545, 3. 564, 8. 565, 4.
567, 1. 1069, 11. Murat. 70, 7. 86, 11. 434, 2. 839, 3. 855, 1. 872,
1.2. 2027, 3. Dreli Nr. 1234. 1458. 1665. 1792. Bol. no zur Geld.
der Legion Cod. Justin. X, 52, 1.; Münzen des Severus und Gallienus;
Infriften bei Murat. 875, 10. Bertolt antich. di Aquil, p. 114. 172.
Drell. 890. 4962. Horsley Brit. Rom. p. 326. Sommerfet Nr. 2. — Die
Beinamen ber Legion find fchon Heiläufig erwähnt, nur verbient noch beſon⸗
ders bemerkt zu werben, baß vie Legion von Anfang an die Belnamm Pia
Fidelis geführt hat (f. d. oben ‚erwähnte Tab. hon. miss.).
Legio Il August ahrſcheinlich eine von Auguſtus felbft errichtete
Zegion, hatte ihre Stand tere zu Mainz (Tat. Ann. I, 37. Infriften).
An der Meuterei der deutſchen Legionen bei dem Regierungsantritte ded Ti⸗
berius und an dem erſten Feldzuge des Germanicus gegen bie Deutfchen
nahm fie feinen, Antbeil (Xac. Ann. I, 37.); bei dem zweiten Feldzuge bed»
ſelben aber entging fie kaum der Gefahr, durch eine Springfluth. vernichtet
zu werden (I, 70.). Auch bei dem britten Feldzug des Germanicus und
ber Schlacht auf dem campus Idistavisus war bie Il Augusta thätig (id. II,
16.), wie fie auch bei den fpätern Unternehmungen ver oberdeutſchen Trup⸗
pen nicht gefehlt haben wird. Außerorventli gering find die Spuren, welche
die Legion an ihrem Iangjährigen Standquartiere in Mainz zurüdgelafien
bat (Fuchs Bei. v. Mainz I. ©. 116.) Als unter Claudius Britannien
erobert werben follte, wurde bie II Augusta dorthin geſchickt, und trug unter
Anführung des nachherigen Kalferd Vespafianus nicht wenig zur Beflegung der
Britten bei (Tac. Hist. III, 44. Agric. 13. Suet. Vesp. 4. Dio Cafſ. LX,
20. @utrop. VII, 13.). Als Suetonius Paulinus 62 nah Chr. das Heer
der Boadicen beflegte, wurde bie II Augusta durch die Schuld ihres Lager⸗
Drärerten, Böntus Poſthumus, um die Theilnahme an dem Siege betrogen
(Tac. Ann. XIV, 37 f.). Un dem Bürgerfriege zwifchen Vitellius und Ves⸗
paftanus nahmen Berillarier der II Augusta Theil; fie wurden nad ihrer
Beſtegung theils zu ihrer Legion zurüdgefandt (Xac. Hist. III, 22 ff. 44.),
theils entlafien oder unter die Prätorianer aufgenommen (Xac. Hist. IV, 46.).
Unter Hadrian Tag fle in der Gegend der von dieſem Kaifer mit Hülfe ver
legio II Augusta aufgeführten Dauer in den jetzigen Grafſchaften Cumber⸗
Iand, Weflmoreland und dem weftlichen Theile von Northumberland (Inſchr.
bei Horsley Britannia Romana p. 233. und 270 f.). Auch an dem noͤrd⸗
Iihern Walle des Antoninus Pius, dem Grahams-Dike der Schotten, Hat
die IT Augusta fleißig gearbeitet (Inſchriften bei Horsley p. 195. Scotl. n. 2.
3. 8. 10 u. f. w.). Ihre Standquartiere hatte dieſe Legion damals aber zu
Joca, einer Stadt der Silurer (Itin. Ant.; vgl. Ptol. nach der Vulgata,
wo jedoch das Isca Silurum mit dem Isca Dumnoniorum verwechſelt wird).
Der jetzige Name der Stadt Gärleon zeigt noch auf bie legio hin. In ber
fpäteren Zeit wird die Legion nicht meiter erwähnt, auch die Infchriften
geben und nichts weiter von ihr zu hören, als daß fie ſtets in Isca Tag.
Auf Münzen des Garauflus wird fie noch genannt, und in ver Notit. Imp.
heißt die Legion Augusta und Britannica ; ihr Befehlähaber Hatte nach derſelben
feinen Gig zu Rutupia, einer Stadt nahe bei dem jetzigen Sandpio in Kent.
W. .
- 874 Legie (Geſchichte)
Legio H Italica, von M. Aurelius Antoninus errichtet (Cafſ. Die
LV, 24. ; vgl. Orof. VII, 15.), hatte ihre Standquartiere in Noricum. Die
altefte Infchrift der Legion iſt ohne Zweifel eine Spoletinifhe vom I. 170
bei Gruter 260, 5. Außer ihr find nur noch chronologiſch beſtimmt eine in
Ungarn gefundene Inſchrift vom I. 200 (Brut. 12, 1.; bier zuerfi Pia Fi-
delis) und eine bei Seeon in Baiern gefundene Infchrift (um 219; Möm.
Denkm. in Batern Heft I, Taf. d.; Bier der Beinamen Antoniniana). Aus
derſelben Zeit möchte wohl etwa die Cillyſche Inſchrift bei Murat. 790,
8. feyn, welde einem occisus expeditione Dacisca gefeßt if. Sonſtige
Infohriften der Legion in Roricum f. bei Grut. 560, 6. 565, 9. 567, 6.
Murat. 2027, 2. 2029, 3. cf. Murat. 789, 8. Babr. 212, 585. Eine
der fpäteften Infriften wird wohl die von Kopp Palaeographia critica Ill,
235. gegebene feyn. — In zwei Inſchriften der fpätern Zeit führt die Legion
die Bezeichnung Divitensium, die auf Divitia, Deu, hinweist (Kellermann
Vigiles N. 279. 280.). Auf Münzen ded Severus hat man den Namen
der II Italica noch nicht gefunden, dagegen auf Münzen des Ballienus. In
der Notitia Imperii werben die Secundani Italiciani unter den 32 legiones
romitatenses des Magister peditum aufgeführtgaund als Standquartiere der
Legion theils einzelne Orte in Noricum — Africa angegeben.
Legio II Parthica, von Septimius Severus errichtet, hatte ihre
Standquartiere in Italien, wahrfeheinlih in Ronw-jelbft (Caff. Dio LV, 24.).
Die Legion fcheint den Baracalla auf feinem Zuge gegen bie Parther beglei-
tet zu haben, wenigflend gehörte Netianus, ver Präfert verfelben, zu ven
Verſchworenen, melde Caracalla während dieſes Feldzuges töbteten und Ma-
crinus zum Kalfer machten (Spart. Carac. 6.). Unter Elagabal führte fe
die Namen Leg. II Parthica Antoniniana Pia Fidelis Aeterna (Inſchr. Hei
Fabr. 129, 54.); unter Severus Alexander firden wir außerbem den Namen
Severiana (Inſchr. bei Brut. 527, 5.), und auf einer Infchrift des Jahrs 244
fcheint Der Name Gordiana abfichtlich ausgelöfcht zu feyn (Inſchr. bei Fabr.
339, 511.). Da der Name auf Münzen des Gallienus und fogar des Ga-
rauflus noch vorfömmt, muß die Legion bis zu Diocletiand Zeit wenigftens
im Occidente gewefen feyn. Unter Julianus Apoftata aber finden wir fie
im Oriente und zwar in Mefopotamien (Amm. Dlarc. XX, 7.), wo fle aud
zu ber Zeit, welche die Notitia Imperii ſchildert, noch lag. Außer ben oben
angeführten Inſchriften ſ. noch Grut. 395; 5. 6. 552, 3. Maff. Mus. Veron.
461, 2. Lerſch Gentralmuf. rheinl. Infor. I, N. 52.; der Beiname Aeterna
findet fi indeß nur auf den drei oben erwähnten Infchriften.
Legio Il Trajana, von Trajan für die von ihm eingegogene XXH
Dejotariana errichtet, lag, mie jene, zu Alexandria in Aegypten (Caſſ. Die
LV, 24. Infor. bei Orelli 3456.). Die älteften Infihriften der Legion fins
den fi bei Drelli N. 832. und Kellermann Vigiles N. 34. ; aus der erſte⸗
ren läßt fih auf die Theilnahme der TI Trajana an dem füdiſchen Kriege
unter Hadrian ſchließen. Der Beiname Fortis findet fih zuerfl auf einer
Infhrift, die um 137 n. Chr. gefebt tft (Drell. 8868. cf. Brut. 445, 10.
454, 8. 9.); dann auf einer Inſchrift aus der Megierungszeit des Antoninua
Pius (Orell. 3456.), und auf einer andern unter M. Aurelius (Orell. 3444.).
Sp haben auch griechiſche in Aegypten gefundene Infchriften den Beinamen
loyvea ; f. Xetronne statue vocale de Memnon p. 246. Tab. IH, f. 6. (vom
3. 147) und p. 250. Tab. III, f. 21. (vom 189). Der Name diefer
Legion muß außerdem au noch in zwei anderen ägyptiſchen Infriften her⸗
geftellt werben, in 2etronne statue vocale de Memnon p. 145. (vgl. Ser
bode’8 Zrit. Bihl. 1830. U, ©. 541.) und in Gau's Inſchr. in Nubien
unb Aegypten Tab. XHI, 20. Auf Alexandriniſchen Münzen bes Gari»
nud und Numerianus findet ſich der Name der AET. B. TPAI. (Edel
Kegio (Gefchichte) 875
doctr. nam. VII, p. 513. 515 f.). Na ver Notitia Imperii batte zur Zeit
der Abfaffung verfelden die Legion ihre Standquartiere in Parembolä und
in Apollinopolis magna. — Merkwürdig ift noch die Mainzer Infchrift mit
dem Namen Leg. II Trojana (2ehne gefamm. Schriften II, N. 145.), der
wohl blos aus einer Unkenntniß des Steinmeben erklärt werben kann. Dal.
noch Orell. 4039. Kellerm. Vigiles N. 31.
Legio DI Augusta, ebenfalls wahrjhelnli von Auguftus errichtet,
lag unter Auguf fon in Numibdien, wo fie in den @ätulifchen Kriegen
und bei der Empörung des Tacfarinad fi fo auszeichnete, daß mehreren
ihrer Anführer triumphalifhe Ehrenzeichen zu Theil wurden (Caſſ. Dio LV,
28. Tac. Ann. II, 52. III, 74. IV, 23 ff. vgl. Infhr. bei Murat. 302,
1. 2. Drell. 3056. 3057.). Au der nachherige Kaiſer Galba erwarb fi
ald Proconful Africa’8 triumphaliſche Ehrenzelchen (Suet. Galb. 7 f.). @r
war feit Galigula der erfte und vielleicht der einzige, welcher außer dem
Proconſulat au die Stelle des Legaten der III Augusta verwaltete (Tae.
Hist. IV, 48.). Clodius Macer, der nad Nero's Tode fih der Kaiſerwürde
bemächtigen wollte, war wenigftens blos Legat der Legio III Augusta (Zar,
Hist. IV, 49. Münzen bei Edhel doctr. num. II, 6. 288 f.). Nah der
Ermordung ihres nit feßE- beliebten Anführerd neigten die Solvaten der
III Augusta mehr zu Vitellius als zu Vespaflen (Suet. Vit. 5. Vesp. 4.
ae. Hist. II, 97.). Die Legion fland damals unter Balerius Feſtus, einem
Bermandten des Vitellius, die Provinz verwaltete &. Piſo. Als Bitellius
von Mespaflan beflegt war, da mochte Balerius Feſtus wegen feiner Ver⸗
wandtſchaft ‚mit Vitellius bange fein, daher er durch geleiftete Dienfte ſich bei
dem neuen Herrſcher beliebt zu machen ſuchte. Er vermochte (dieß iſt das
Wahrfcheinlifte) den Pifo zur Empörung gegen Vespaſtan (Tac. Hist. IV,
49.) und ließ ihn darauf felbft ermorden. Zugleich ließ er wegen früherer
Mißhelligkeiten die Lagerpräfecten feiner Legion als Mitverfchroorene feſſeln,
beftrafte einige Soldaten und Genturionen, belohnte andere, Alles nicht nach
Verdienſt, fondern damit man glauben folle, er habe eine Empörung unter»
drüdt (Zac. Hist. IV, 50.). Unter den folgenden Kaiſern blieb pie III Au-
gusta immer in Africa liegen (Dio Gafl. LV, 23.), und zwar hatte fie ihren
Standort zu Lambäfa, einer Stadt Numidiens (Ptol.; Infäriften bei Shaw
voyages dans plus. prov. de la Barb. I, p. 149.). Daher baute fie unter
Hadrian die Chauffee vm Carthago nah Theveſte (Infehr. bei Orell. 3564.
vgl. Orell. 3382.). Auf Münzen des Clodius Macer führt die II Augusta
den Beinamen Liberatrix, und in einer ſpaniſchen Inſchrift bei Drei. 3664.
führt fle die Beinamen PIA VINDEX; Namen, die mehr Wahrjcgeinlichkeit für
fih haben, als die Ligorifhen Faventia Pia bei Gudius 26, 8. 56, 1. 66,
11. — Na der Notitia imperii lag die III Augusta au) zur Zeit ver Ab⸗
faſſung derſelben noch in Africa, und fo iſt es denn auch wahrſcheinlich,
daß die legio Augusta, die nad Claudian (de bello Gild. 422.) unter Sti⸗
liho an dem Gildoniſchen Kriege Theil nahm, die III Augusta gewefen ift.
Einige Andeutungen zur Geſchichte der III Augusta enthalten auch die Ins
fhriften bei Drelli 65. 946. 1271. 2369. Kellermann Vigiles n. 256. 257.
295. Sanffen Musei Lugduno-Batavi inscr. Gr. et Rom. p. 105, n. 3.
Legio Ill Cyrenaica, vielleicht eine Veberbleibfel ver Armee des
Zepidus, wie bie III Gallica von ber des Antonius. Auguſt ſandte. dieſe
Legion nad Alexandria in Aegypten (Inſchr. bei Bau, neuentbedte Denkm.
von Nubien, Anhang Taf. 14, N. 31. und Bruter 376, 3.). Als unter
Nero der jüdiſche Krieg ausbrah, mußten die beiden ägyptiſchen Regionen,
die III Cyrenaica und die XXII Dejotariana, die ebenfalls unruhigen aleran»
driniſchen Juden wit Gewalt zur Ruhe bringen; 50,000 derſelben kamen
damals um (Joſ. beil. Jud. 11, 18.). Kurz nachdem die beiden Regionen
878 Legio (Geſchichte)
dem Bespaflanus gehuldigt Hatten (Sof. beil. Jud. IV, 10, 5f.), mußten
1000 Mann aus jeder derfelben unter dem Lagerpräferten Aeternius Fronto
zu ber Armee des Titus in Paläftina floßen (Joſ. beil. Jud. V, 1, 6. VE,
4, 3. Tac. Hist. V, 1.). Diefe zeichneten fi bei der Eroberung von Je⸗
zufalem fehr aus (Sof. bell. Jud. V, 6, 5.). Außer ven oben angeführten
Inſchriften find nur wenige Infhriften mit dem Namen der II Cyrenaica, bie
aus der Zeit ſtammen, als fie in Aegypten Tag; unter ihnen find bie interef-
fanteften bei Letronne statue vocale de Memnon p. 127. und Orelli 3880.
— Eine Inſchrift bei Orelli 832. fpricht bafür, daß die IH Cyrenaica ben
parthiſchen Krieg unter Trajan mitgemacht habe, dieſelbe und eine andere
bei Gruter 457, 6. (f. Kellerm. Vigiles n. 247.) berichten veutli, daß fie
unter Habrian an dem Kriege gegen die rebelliſchen Juden Antheil genommen
habe: Ob fie fon damals ihre Standquartiere zu Boflra in Arabia ein-
genommen babe, ift nicht gewiß, für die Zeit des M. Aurelius Antoninus
ſteht dieß feſt (Infhr. in dem Corp. inser. graec. HI, n. 4554. 4651.
Bullett. dell’ inst. di corrisp. archeol. 1837 p. 170.; vgl. Zeitfär. für d.
Alterth. 1840. ©. 663.). Hier finden wir fie noch in der Zeit des Severus
Alexander (Caſſ. Div LV, 23.),-ded Trebonianus, Valerianus und GBallie-
nus, von denen fie die Beinamen -Valeriana Galliena führte (Inſchr. bei
Drelt 3392., vgl. II, p. 463. und Xetronne in dem Journal des savants
1822, p. 686.), und der Notitia Imperii. Sie war aljo au bie legio
Arabica, die nad Spart. Sever. 12. unter Septimius Severus fi für Ele
dius Albinus erklärte. Ä
Legio HI Gallica, wahrfelnlih eine ber zwei von Plancus in
Gallien errichteten Legionen (Zeitſchr. f. d. Alterth. 1840. ©. 648.), Tämpfte
unter Antonius gegen die Bartber (Tac. Hist. III, 24. App. beil. Parth.
. 163 St). Bon Auguft wurde fie nah Möflen gelegt (Zeitſchr. für d.
— 1840. ©. 659.), und ging von dort, wahrſcheinlich als unter
Claudius mehre germaniſche Legionen nad Britannien binübergingen, zum
Erſatz nah Germanien, von wo fie fon im J. 59 nah Ghr. Geb. nad
Syrien geſchickt wurde, um gegen bie Parther und Armenier zu kämpfen
(adjecta ex Germania legio bei Tac. Ann. XII, 35. vergl. 98. u. bie In»
ſchrift bei Drelli 750.). Sie wirkte dort unter Corbulo's Anführung mit
bei der Eroberung von Artarata (ac. Ann. XII, 40 f.) und Tigranocerta
(XIV, 24 f.), zog den’ unter Pätus’ Anführung eingefchloffenen Legionen,
ber IV Scythica und XII Fulminata, zu Sülfe (XV, 6. 12.) und zwang
ben Tiridates zum Frieden (XV, 26 ff.). Darauf wurde file noch unter Nero's
Regierung nad Möflen zurücdgefandt (Tac. Hist. II, 74. Suet. Vespas. 6.),
wo fie bald Gelegenheit fand, gegen die Roxolanen fi auszuzeihnen (Iac.
Hist. I, 79. III, 24.). In dem Bürgerkriege zwiſchen Otho und Vitellius
ſtand die III Gallica auf der Seite Otho's, Tangte aber erft bei Aquilefa
an, als die Schlacht bei Bedriacum ſchon geſchlagen war (Tac. Hist. IL, 46.).
Daß nit Mangel an Gifer für Otho's Sade Schuld an dieſer Berfpätung
war, zeigte vie Legion durch ihre feindliches Benehmen gegen Bitellius, felbf
als der Ausgang der Schlacht und Otho's Tod bekannt war, und bur
ihren baldigen Abfall von Vitellius, der vie übrigen möſiſchen Legionen auf
die Seite Vespaflans hinüberzog (Xac. Hist. II, 85. Joſ. beil. Jud. IV, 11,
2. Suet. Vesp. 6.). Unter Anführung ihres Legaten, Dillius Aponianuıs
(Tac. Hist. IH, 10.), fland fle in der zweiten Schlacht bei Bebriacum auf
dem rechten Flügel (III, 21.) und trug zum Siege nicht wenig bei. Als
nämlich während der Schlacht die Sonne aufging, begrüßten die Soldaten
ber III Gallica die Sonne auf ſyriſche Art mit Geſchrei, was die übrigen
Anhänger Bespaflan’3 für Begrüßung des ankommenden Heeres des Mucia⸗
mis bielten. So Fämpften diefe nun mit verboppeltem Muthe und zwangen
Legie (Geſchichte) 877
bald Die Feinde zur Flut (ae. Hist. III, 25. Caſſ. Dio LXV, 14.). Au
bei der Belagerung von Gremona zeichnete fih Die Legio III Gallica außer-
orbentlid and. Giner ihrer Solvaten, &. Boluflus, drang zuerfi in bie
Stadt (Tac. Hist. III, 27 ff). Nach der Cinnahme von Rom und der Ür-
morbung bes Vitellius wurbe die III Gallica nad Capua geſchickt, um dort
zu überwintern (IV, 3.). Bon da fandte fie Mucianus, eiferfüchtig auf vie
Macht und den Einfluß des Arrius Barus, dem fie befonderd zugeihan war,
zu Anfang des nädften Jahres nad Syrien (Tac. Hist. IV, 39.). Dort
lag fle, als unter Domitian’8 Regierung der jüngere Plinius in verfelben
Iribım war (Inſchr. bei Orell. 1172. vgl. Plin. Epist. I, 10, 2. IH, 11,
5.). Unter Hadrian zeichnete fie ih in dem jüdiſchen Kriege aus (Infchrift
bei Orell. 3571. vgl. Gruter 493, 1.). Damals fon ſcheint fie ihre Quar⸗
tiere in ber Provinz Arabia ober vielmehr dem benachbarten Trachonitis ge=
habt zu Haben (Zeitfhr. für d. Alterth. 1834. ©. 210.), was für die Zeit
des M. Aurelius Antoninus und L. Verus, fo wie für die Zeiten des Ca⸗
racalla dur Infchriften feſtgeſtellt iſt (Burckhardt's Reiſen in Syrien I, ©.
204—207. vgl. Richter's Infchr. herausg. von Franke IL 9. ©. 142.). Diefem
wiberfpricht auch die Angabe des Gafflus Dio (LV, 23.), daß zu feiner Zeit
die III Gallica in Phönicien gelegen habe, nit, da der Name Phönicien
auch auf Trachonitis ausgedehnt werden Eonnte. Nach Münzen wurden Sol»
daten der FI Gallica von Severus nad Tyrus und Damascus als Coloniften
gefanbt (Edel doctr. num. I, 3. 333. 392. Mionn. Descr. Suppl. VII,
p. 305, n. 322. p. 307, n. 327.). — Unter Elagabalus magte es der Legat
der III Galliea, Verus oder Severus, nad der Kalferwürbe zu fireben, er
wurde aber bald hingerichtet. Auch ein zweiter Verſuch, die Legion aufzu⸗
zeigen, mißglüdte (Gafi. Dio LXXIX, 7.). Daß die legio tertia, deren
Soldaten den Tempel der Spnne zu Palmyra bei der. Eroberung diefer Stadt
dur Aurelianus plünderten (Bopisc. Aurelian. 31.), die IH Gallica gewefen,
läßt fich deshalb annehmen, weil fie fpäter in der Gegend dieſer Stadt Tag
und na Zoflmus I, 52. an dem Kriege "gegen Zenobia Theil nabm. Im
ter Notitia Imperii wird als Stanbquartier der III Gallica Danaba, ein
Drt zwiſchen Danıascus und Palmyra, angegeben.
Legio II Italica, von M. Aurelius Antoninus errichtet (Caff. Dio
LV, 24. vgl. Oroſ. VII, 15.), Hatte ihre Standquartiere in Rhatien (Gaff.
Die a. a. O. Not. Imp.). Unter ven von ihr dort Hinterlaffenen Inſchrif⸗
ten iſt nur eine bei Brut. 53, 10. mit chronologiſcher Bezeihnung; auf ihr
heißt die Legion Legio III Italica F. Gordiana; f. Brut. 23, 5. 37, 13.
497, 3. 514, 1. 2. 544, 6. Birmgibl in den hiſt. Abhdl. der Ein. baler.
Akad. d. Wifl. II, S. 225. 239. 244. Orelli Nr. 1399. 3131. 3484. 4616.
4729. Stark paläogr. Abh. über einen — Meilenftein S. 5. — Bol. noch
Münzen des Severus und Gallienus und die Inſchr. bei Murat. 397, 4.
Marint Arti I, 52. Orelli Nr. 2183. Kellerm. Vigiles Nr. 244. 258. —
Bon keiner Legion gibt es mehr falſche, meiſt von Ligorius erfundene, In⸗
friften, als von dieſer und der II Parthica.
Legio MI Parthica, von Septimius Severus errichtet, Hatte ihre
Standquartiere in Mefopotamien (Gaff. Dio LV, 24.). Der Name diefer
Legion kommt auf Münzen von Sidon unter Elagabal (Eckhel doctr. num.
vet. III, 371. VIII, 489.), auf Münzen von Ahefänd in Meiopotamien
unter Severud Aleranver und Trajanus Decius (Eckhel IT, p. 518. Seft.
descr. num. vet. p. 555.) und angeblih auch auf Münzen von Damascus
unter Severuß Alerander vor (Mionnet Deser. Suppl. VII, p. 199. n. 27.).
Unter den etwa 40 Infriften der Region, welde mir bekannt geworben
find, iſt nicht eine unverbäätige; ich erwähne davon hier nur Gruter 528,
*
878 | Legio (Geſ ötäte)
1. (v. 3. 222); Dreli Nr. 3519. 4660. Kellermann Vigiles n. 49. —
In der Notitia Imperii kommt die Legion nicht mehr vor.
«Legio IV Flavia Felix, von Vespafian zum Erfag für die IV Ma-
cedonica errichtet, hatte ihre Stannquartiere unter Severud Aleranver in
Dber-Möften (Cafſ. Dio LV, 24.; vergl. Zeitſchr. für die Alterthumswiſſ.
1834. ©. 661. Anm. 45. Borgheſit sulle iscr. Rom. del Reno p. 18 sq.).
Indeffen ſcheint die Legion auch vorübergehend in Bannonien und Dalmatien
gelegen zu haben, wo fi mehre Inſchriften derſelben gefunden haben
(Seflini viaggi e opusc. div. p. 14 sq. Gruter 536, 6. Murat. 691, 7.
Borghefl sulle iscr. Rom. del Heno p. 19. u. a. m.). Unter Domition
f&heint die IV Flavia an einem Sarmatifchen Kriege nicht ohne Ruhm Theil
genommen zu haben (Infchr. bei Drelli 3049.) ; fpäter kämpfte fle tapfer in
einem Daciſchen Kriege (Inſchr. bei Murat. 768, 8. und bie zu Oſtrok in
Siebenbürgen gefundene Infchrift bei Oreli Nr. 3455.), unter M. Aurelius
focht fie in dem Germanifchen Kriege (Murat. 730. 1. Xehne gei. Schriften
IH, Nr. 167.). Noch find aus diefer früheren Periode der Legion zu beach⸗
ten die Inſchriften bei Oreli Nr. 3868. (unter Habrian), bei Kellermann
Vigiles Nr. 259. (unter Antoninus Pius), bei Oreli Nr. 3113. u. Boedh
Carp. inscr. Graec. I, n. 1133. 1327. (unter M. Aurelius). Aus der Zeit
ihred Aufenthaltes in Moesia superior flıammen die Inſchriften bei Murat.
863, 9. 974, 1. 2036, 7., die Infehrift aus Gordian's Zeit bei Orelli Nr.
3143. und die unter Diocletian und Maximian bei Belgrad gefeßte Inſchrift
bei Muratori 1983,5. Noch find Zeugen des dortigen Aufenthalts der Legion die
Münzen, nicht blos des Septimius Severus und Gallienus, fondern nament:
lich au der Stadt Viminacium unter Gorbian (Eckhel doctr. num. II, p. 8.).
Da auch Münzen des Bictorinus und Carauſius den Namen ber IV Flavia
tragen, follte man faft verfucht werben, für pie Zeiten dieſer Kaifer eine
Irandlocation der Legion anzunehmen, wenn nit bloße Nahahmung bie
Legende diefer Münzen hervorgerufen hat. Daß unter Diocletian und Maris
mian menigftend die Legion, wie früher, in Moesia superior gelegen bat,
haben wir oben ſchon aus einer Infchrift gelernt; auch die Notitia Imperii
weist der Legion ihre Standquartiere in Singidunum an. — Uebrigens
kommt außer dem Beinamen Eelix (f. d. Inſchr. bei Orelli Nr. 3868. Grut.
943, 3. Kellerm. Vigiles Nr. 59.) Eein anderer Beiname diefer Legion vor.
:Legio IV Macedonica, vielleiht von M. Brutud vor der Schlacht
bei Philippi in Macedonten errichtet (Zeitſchr. für d. Alterth. 1840. S. 650.),
wurde unter Auguftus nah Spanien gelegt. Ihr Name findet fih daher
auf Münzen von Caesaraugusta unter Auguſtus und Tiberius (Florez me-
dallas de las colonias etc. de Espanna I. Tab. VI, 1. VIH, 8.) und meh»
ren ſpaniſchen Inſchriften (Gruter 1096, 1. Durat. 1050, 3.; vgl. Gruter
525, 2.). Ihre Standquartiere im nörbligen Spanien, unmelt der Quellen
ned Ebro, lernen wir aus einem Terminus Augusteus, den Florez (medal-
las I, p. 192.) copirt hat, Eennen. Als unter Claudius zu der Eroberung
Britanniend mehre Legionen Germaniens verwandt wurden, mußte bie IV
Macedonica deren Stelle erfegen. Sie wurbe damald nah Mainz geſchickt,
wo noch ehr viele Denkmäler dad Andenken an fie erhalten haben (Lehne
gef. Schriften I. Nr. 10. 46. II. Nr. 146 — 166. Jahrbücher des Vereins
von Alterthumsfreunden im Rheinlande II. ©. 92. III. ©. 91. Dal. noch
Drei 1549). Wahrfcheinlich Tag die IV Macedonica fon in Mainz, ald
unter Claudius der Legat 2. Pomponius die rauberiſchen Chatten beflegte
(Xac. Ann. XI, 27 f ), bei mwelder Gelegenheit Julius Camillus, ein Tri⸗
bun der IV Macedonica, fi die Ehrenzeichen verbient haben wird, mit
denen er von Claudius nah einer Infchrift bei Orilli 363. beſchenkt if.
Bel der Empörung gegen Galba gab vie IV Macedonica ben übrigen ger»
Kegio (Geſchichte) 879
manifden Truppen bad Beifpiel (Tac. Hist. I, 12. 18. 55. 56.). Erſt als
der Moferträger der IV Macedonica dem Vitellius, der fih zu Cöln aufbielt,
meldete, daß die beiden Mainzer Legionen (IV Macedonica und XXII.Pri-
migenia) von Galba abgefallen feyen, wagte ed derſelbe, fih zum Kaifer
aufzumerfen (ebenb, 56 f.). Mit Vitellius marfchirte der größere Theil ver
IV Macedonica unter Gäcina’& Befehlen nad Stalien (ebend. 61.). Dort
zuerft gefhlagen (II, 22 ff.), kämpft fle mit in der erſten Schlacht bei Be⸗
driacum, in welder Otho das Reich verliert (TI, 43.) und in der zweiten
gegen Antonius Primus, in welder Vitellius beflegt wirb (II, 22.; vgl.
1, 100.). Aus dieſem Kriege ftammt die zu Velleja gefundene Grabſchrift
eines Soldatm der IV Macedonica (Labus lettera a D. Pietro de Lama
intorno a due iscriz. Velejati. 1820. p. 8.). Das Schickſal der IV Mace-
donica war nach ver Belegung übrigens gleich dem der I Germanica (f. oben).
— Der in den Stanbquartieren zurüdgebliebene Iheil der Legion, durch
Ausbebungen in Ballien ergänzt (ac. Hist. II, 57.), wurde von Dillius
Bocula gegen Eivilis in's Feld geführt (IV, 24.), flug bei Gelduba und
Betera die Bataver (IV, 33 ff.), und eilte, nachdem in einer Meuterei ihr
alter Feldherr, Hordeontus Flaceus, ermorbet und Dillius Vocula Faum dem⸗
jelben Schidfal entgangen war (IV, 36.), mit den Soldaten der I und XXU
Legion, die gleihfalls ihr Verbrechen bereuten, nad Mainz, welches Chatten,
Uflpier und Mattiaken belagerten (IV, 37.). Bon bier wurde die Legion durch
Betiliud Cerealid von Neuem gegen den Feind geführt, ſchlug im Verein
mit den übrigen Truppen bed Gerealid die Trevirer bei Rigodulum (IV, 71.)
und die vereinte Macht der Bataver, Gallier und Germanen, wiewohl mit
einigem Berlufte, bei Trier (IV, 78.). Nah dem Kriege fiheint die Legion
aufgelöst zu ſeyn (0b wegen ihrer vorzüglidden Theilnahme an der Empds
zung bed Vitellius, oder weil fie zu ſtark zufammengefhmolzen war, ſteht
dahin); an ihre Stelle trat tie von Veepafian neu errichtete IV Flavia, bie
in ihrer Zahl wenigſtens noch eine Grinnerung an die IV Macedonica
bewahrte.
Legio IV Scythica, wurde von Auguſtus nah Syrien geſchickt. Ihre
Thaten vor Nero’3 Regierung mögen dort wohl nicht fehr bedeutend gewefen ſeyn
(Zac. Ann. XII, 35. vgl. $ronto princ. hist. fr. 2. p. 340 sq. ed. Francof.);, auch
bei Corbulo's Feldzügen in Armenien war fle nit thätig. Als Corbulo im I. 55
nach Armenien gejandt wurde, blieb die IV Seythica unter Ummidius Quadratus in
Sprien, und im. 63 wurde fie von Gorbulo mit ver XII Fulminata an us
Pätus abgegeben (Tac. XII, 8. XV, 6.); ihr Legat war damals Funifulanus
Bettonianus- (ebend. XV, 7.). Unter diefem wohnte fie der unglüdlicen
Erperition bed Pätus gegen die Partber bei, die damit endigte, daß Ars
menien an bie Parther abgetreten wurbe und bie beiden Legionen unter dem
Joche durchgehen mußten (Tac. Ann. XV, 7. 11 ff. Ser. Auf. brev. 18.
Oroſ. VII, 7.). Die Legtonen überwinterten darauf in Bappadorien (Tac.
Ann. XV, 17.), wurden aber ihrer Demoralifation wegen wieder nah Sy⸗
rien verjeßt, und durch die V Alauda und XV Apollinaris in Armenien erfegt -
(Zac. Ann. XV, 26. Gafi. Dio LXII, 22. vgl. Frontin. Stratag. IV, 2,
3.). Au an dem Kriege mit den Juden, der bald darauf ausbrach, nahm
die IV Scythica feinen Antheil, e8 müßte denn fein, daß unter den von
Joſephus (beil. Jud. V, 16.) erwähnten 3000 Dann, die aud ben am
Euphrat ſtehenden Truppen ausgewählt waren, auch Solbaten diefer Legion
gewefen wären, fo wie 2000 Diann der IV Scythica der Niederlage ded
Ceſtius beimohnten (Joſ. beil. Jud. H, 18, 9.). Als unter Hadrian bie
Juden rebellirten und Publicius Marcelus deshalb Syrien verlaſſen mußte,
übernahm der damalige Legat der IV Scythica, Titus Severuß, die Ver⸗
waltung Syriend (Infchriften bei Hamilton researches in Asia Minor II,
880 Legio (Geſchichte)
n. 122. 123. Corp. inser. Graec. III, n. 4033. 4034.). Rad Gyartia»
nus (vit. Sever. 3.) war Septimius Severus, der nachherige Kaifer, unter
M. Aurelius Antoninus Legat der IV Scythica „circa Massiliam“ ; offenbar
nur eine corrumpirte Ledart, da bie IV Scythica Aflen nie verlafien bat.
Unter dem Kaiſer Elagabalus empörte fich Gellius Maximus, der Legat der
IV Scythica in Syrien, murbe aber bald darauf hingerichtet; nicht Tange
nachher verfuchte e8 ein Wollenweber, die Treue verfelben Legion wanfend
zu machen, aber wieder vergebens (Eafl. Dio LXXIX, 7.). Zur Zeit bed
Gafflus Div Tag die IV Scythica in Syrien (LV, 23.); nad) der Notitia
Imperiü in Oreſa. Eben fo bürftig, ald vie Nachrichten der Schriftfteller,
find auch die der Inſchriften; die intereffanteften find no bei Orelli 2273
und 4007. Böckh corp. inser. gr. I, n. 1186. Murat. 332, 1. copirt.
“ Legio V Alauda, ſchon von Julius Gäjar während des gallifhen
Krieges privato sumptu aus trandalpinifchen Balliern errichtet (Cäf. beil.
civ. I, 39. Suet. Caes. 24. cf. Plin. H. Nat. XI, 44.), und, wie es
ſcheint, während des erflen Bürgerfrieged mie dem Bürgerrechte beſchenkt
und von diefer Zeit an als römifche Legion betrachtet, zeichnete ſich in dem
africanifchen Kriege namentlih gegen die Elephanten bed Juba fo fehr auß,
daß ihnen Gäfar geflattete, auf ihren signis einen Elephanten zu führen
(Hirt. bell. Alr. 1. 47. 60. 81. 84. App. bell. civ. II, 96.). In ver
Schlacht bei Munda fand die V Legion auf Cäſars linkem Blügel (Bell.
Hisp. 30.). Nah dem ſpaniſchen Kılege fandte fie Cäfar mit fünf andern
ausgezeichneten Legionen unter Caninius Nebilus nad Macedonien, wo le
bleiben follte, bis ex fie gegen die Parther führen würde (Cic. Att. XIV, 9.
"App. bell. civ. III, 8. 24.). Als bald nah Eäfar’d Ermordung Dolabella
fih die Führung des parthiſchen Krieges hatte zuerfennen lafien, behielt
Antonius fünf der nah Macedonien voraudgefchidten Legionen, und unter
biefen auch die V Alauda, unter dem Vorwande zurück, daß vie Geten Diele
Provinz beunruhiaten (App. beil. civ. IH, 24.), und als Decimus Brutuß
ihm das cisalpiniſche Gallien, deſſen Verwaltung fi Antonius Hatte über-
tragen laſſen, nicht gutwillig abtreten wollte, ließ er dieſe Macedoniſchen
Legionen nad Italien kommen (pp. bell. civ. IH, 30.); allein nur brei
von den fünf Regionen blieben ihm getreu und bildeten den Kern feines
Heered in dem mutinifchen Kriege, die II, V Alauda und XXXV, und unter
biefen hielt die V Alauda am fefleften an ihm (@ic. Philipp. V, 19. XI,
2. Bollio Hei Eic. ad Fam. X, 33. Galba ebend. X, 30.) Nah Yer
Schlacht bei Mutina wird der Name ver V Alauda in den Bürgerkriegen
nit mehr erwähnt. Auguſtus theilte fie Möflen zu; dort blieb fie, is
im 3.63 n. Chr. Nero fie nad Syrien fandte, wo damals gerade Domitius
Corbulo den Krieg mit den Armenien und Parthern führte. (Legatus
propraet. Moesiae — — quamvis partem magnam exercitus ad expeditäo-
nem in Armeniam misisset; Inſchr. bei Orelt 750.) Sie wurde, als
Gorbulo Armenien auf Nero's Befehl an Cäſennius Pätus abgab, mit Dies
fer Provinz dem Pätus zugetheilt (Tac. Ann. XV, 6.), Hatte aber das
Glück, deſſen ſchimpfliche Niederlage nicht zu theilen, indem fie damals in
Pontus garnifonirte (XV, 26.). Im folgenden Jahre, als Gorbulo den
Dberbefehl in Armenien wievererhielt, führte fie Annius Vivianuns, der
Schwiegerfohn deffelben, an (XV, 28.); da aber bald Frieden gefchlofien
wurde, Eonnte fie fih durch Kriegsthaten nicht auszeichnen. Kurz darauf
aber begann der Krieg mit ven Juden. Geflius, der Statthalter von Syrien,
war mit feinen Truppen, unter denen wahrſcheinlich aud 2000 Mann von
ber V Alauda waren (Joſ. beil. Jud. II, 19.) geſchlagen. Deshalb wirb
Vespafian nah Judäa gefandt; dieſer ſchickt feinen Sohn Titus nah Ale
zandria, damit er von bort die V ımb X Legion ihm zuführe (Iof. beil.
>
Logio Geſchichte) 881
Jud. IH, 1, 3.), die vielleicht der Unruhen in Alexandria wegen, ober um
in ihre Winterquartiere zurüdgebracht zu werben, borthin gefommen waren.
In Plolemais ſtößt Titus mit dieſen beiden Legionen, die jehr außgezeichnet
(errionuorare) waren, zu dem nur aus einer Legion beſtehenden Heere feines
Baterd (ebend. III, 4, 2.), und nun beginnt die Belagerung von Jotapata
(ebend. II, 7, 22.). Während dieſer wird Gerealis, der Legatuß der V
Alauda, mit 3000 Mann zu Fuß und 600 Neitern gegen Samaria abgeſchickt
und ſchlägt auf dieſem Streifzuge über 11,000 Samariter total (ebend. III,
7, 32.). Nach der Erflürmung von Sotapata (TI, 8.) erobert Veſpafian
Tarichäa und Bamala, wozu die V Alauda ebenfalls mitwirkte (HI, 10.
IV, 1.). Da der Winter berannahte, wurben die Legionen in die Winter-
quartiere geführt, und zwar die V Alauda nad Gäfaren (III, 9, 1. IV,2,1.).
Bon bier aus unternahm Defpaflan einen Zug nad Antipatris, Lydda,
Jamnia und Emmaud noch vor Anbruch des Frühlings (Jof. beil. Jud.IV,
8, 1.). Bei der Erneuerung der Beindfeligkeiten verwüflete Cerealis (doch
wohl mit feiner Legion, der V Alauda) Ipumda und zerflörte die Stadt
Hebron (IV, 9, 9.). Als darauf Veſpafian ſich als Kaiſer Hatte begrüßen
faffen und Titus den Oberbefehl über den jüdiſchen Krieg übertragen hatte
(Zac. Hist. I, 74 ff. V, 1. Sof. bell. Jud. IV, 10, 4. V, 1, 6.), rüdte
diefer mit feiner verftärkten Armee gegen Serufalem vor, mit der ſich bie
über Emmaus marſchirende V Alauda im Angefichte Jeruſalems vereinigte
(Joſ. bell. Jud. V, 2, 3.). Ihr fiel die Belagerung des Theils der Stadt
zu, welden der Thurm des Antonius deckte, alfo des Theils, der zuerſt in
die Hände der Römer fiel (Iof. bell. Jud. V, 11, 4. VI, 1,7). Nach ver
Eroberung Jeruſalems kehrte die V Alauda in die alten Stanpquartiere na
Möften zurüd, nachdem fie den Titus nad) Aegypten geleitet hatte (Iof. beil.
Jud. VII, 1, 3. VII, 5, 3.). Aus den vorhandenen wenigen Inſchriften der
V Alauda lernen wir eigentliß nicht viel mehr, als daß die legio V in
Möften und Syrien wirfli die V Alauda war (f. Brut. 544,2. Murat.
766, 3. 880, 8. Orelli 773.). Wie lange biefelbe noch forteriftirte, iſt
nit Har. Daß fie unter M. Aurelius Antoninus ſchon nidt V war,
it gewiß; fle fehlt auf der Legionsſfäule bei Grut. 513, 3.; daß fie unter
Trofan nicht mehr befand, läßt fi aus einem Ueberfehlage ber Legionen
biefes Kaiſers vermuthen. Wahrfheinlih wird alſo die V Alauda unter
Domitian untergegangen fein (in Sarmatas, legione cum legato simul caosa,
Suet. Domit. 6. Gutrop. VII, 15. cf. Zac. Agric. 41.).
Legio V Macedonica*, wahrſcheinlich, wie bie IV Macedonica,
von M. Brutus errichtet, mar zur Zeit der Schladt bei Actium unter ben
Legionen Octavians. Ihre Veteranen wurden mit Beteranen ber VIII Au-
gusta nad der Schlacht von Agrippa als Coloniſten nah Berytus in Phö⸗
nicien und vielleicht au nah Heliopolis in Eölefyrien geführt (Strabo XVI,
756. Münzen bei Eckhel doctr. num. III, 356. Seft. deser. num. vet.
ex mus. Ainsl. p. 532. u. 529., vgl. damit Nonn. Dionys. XLI, 389 ff.,
woraus auf Auszeichnung ber V Macedonica und VIII Augusta in ver Schlacht
bei Actium ſich ſchließen laͤßt); die Region aber erhielt ihre Stanvauartiere
in Germanien. Dort erlitt fle unter M. Lolius im I. 15 v. Ehr. dur
einen Ueberfall der Sigambrer, Ufipeter und Tencterer eine Niederlage, in
ber fie fogar ihren Adler verlor, und bie nur durch bie barauf folgenden:
glänzenden Siege des Drufus wieder gut gemacht werden konnte (Bel. Bat.
U, 97. Caſſ. Dio LIV, 20.) Ste ſcheint zu dieſer Zeit noch in Ober»
© MBorghefi in feiner nota sulle iser. Rom. del Reno etc. (Rom. 1839.) p. 21 ff,
vermiengt die V Macedonica mit der V Alauda.
Pauly, Real-Encheloy, IV. 56
882 Leglo eſchichte)
Germanien ihre Standquartiere gehabt zu haben, was fle vor dem Unter⸗
gange in der Varusſchlacht gerettet haben mag. Nach der Nieberlage des
Barus erſt ſcheint fle mit 2. Aoprenas, dem Neffen des Barus, nach Nieder-
Germanien gelommen zu fein (Bell. Baterc. II, 120.), und blieb daſelbſt.
Ihre Winterquartiere Hatte fie mit der XXI Rapax in Vetera, unweit des
jegigen Xanten (Tac. Ann. I,45.). Als Auguſts Tod in Germanien befannt
wurde, nahm fie Tebhaften Antheil an dem Solbatenaufflande ber nieber-
germaniſchen Legionen, bie nur dur die Verſprechungen und das fefle Auf-
treten bed Germanicus befeitigt wurde (Tac. Ann. I, 31 ff. 45.48 f.). Mit
biefem nahm fle Theil an feinen drei Feldzügen in Germanien (I, 51. 64.
1, 7. 16.), dann unter Viſellius Varro an der Beruhigung Galliens nad
der Empörung des Julius Florus und Sacrovir (IH, 40 ff.), und unter
ihrem Legaten Cethegus Labeo an der friſiſchen Expedition des 8. Apronius
im J. 28 n. Chr. Hier zeichnete fich die V Macedonica beſonders aus (Tac.
Ann. IV, 73.). Ueber ihre ferneren Thaten bis zu den Buͤrgerkriegen nad
Nero's Tod wiſſen wir nichts Beſtimmtes. Den 1. Januar des Jahrs 70
war fie für Galba beeidigt worden, jedoch ſo wenig ihrem neuen Kaiſer zu⸗
gethan, daß die Soldaten während ver Huldigung mit Steinen nad deſſen
Bilde warfen (Tac. Hist. I, 55.). Ein paar Tage nachher ging fie ſchon
zu Vitellius über (I, 57.). Mit dieſem marfchirte der größere Theil ber
Zegion mit dem Aoler nah Italien, kämpfte für ihn bei Bebrlacum (II,
42 ff.), vereitelte unter ihrem Legaten Yabins Fabullus den Verrath des
Gäcina (IN, 13 f.), wurde aber darauf nah hartem Kampfe zwiſchen Bes
driacum und Gremona von Antonius Primus beflegt (III, 22. 25. vgl. II,
100.), und theilte nad) der Eroberung von Gremona das Schickſal der übrigen
Vitelliſchen Regionen (ſ. oben Legio I Germanica). Obgleich aber der größere
Theil der Legion mit dem Adler nad Italien gezogen war, blieb doch in
dem alten Standquartiere, Vetera, ein Stamm von Beteranen zurück, der
durch neue Aushebungen in Gallien verflärkt (Tac. Hist. I, 57.), mit bem
gleichfalls zurüdgeblicbenen und ebenfalls neu vermehrten Iheile der XV Xe-
gion etwa 500 Mann ausmachte (Tac. Hist. IV, 22.). Diefe wurben von
Hordeonius Flaccus unter Mummius Lupereus gegen Julius Givilis, dem
Befehlshaber der empoͤrten Bataver und Germanen, gefandt, griffen dieſen
an, murben aber genöthigt, ſich nad Betera zurüdzugiehen (IV, 18.). Dort
wurben fie belagert und litten vorzügli dur Mangel an Nahrungsmitteln
(IV, 22 f. 28 ff. 35.). Vocula's Verſuch DBetera zu entfeßen und zu ver»
proviantiren mißlang, ja er ſchadete dadurch, daß Bocula die Beſatzung von
DBetera um mehr als 1000 Dann verringerte (IV, 34 f.). Lange bielten
fi$ die Belagerten, mehr noch vom Hunger bebrängt, als von den Bela»
gerern; aber nad dem Uebergang ber I und XVI Legion zu dem Feinde
übergaben fle die Beflung, nur freien Abzug ohne Waffen und Gepäd ſich
Hedingend. Schlecht hielten bie Deutſchen den Vertrag, fle überflelen bie
wehrlos Abziehenden, und wer nicht Im Kampfe gefallen war, Fam in ben
Flammen des brennenden Vetera um (IV, 60.). Mummius Lupercus wurbe
ver Velleda, einer weiſen Frau der Bructerer, zum Geſchenke überſandt, auf
ver Reiſe aber ermordet; nur weniger in Gallien geborner Tribunen und
Genturionen wurde geſchont (IV, 61.). — Inſchriften aus dieſer Veriode der
Geſchichte der V Macedonica find bei Murat. 750, 9. Drei 750. Hüpſch
Epigr. der niederdeutſchen Prov. I. ©. 35. Nr. 46. u. 4852. Fiedler
dm. Denkm. der Gegend von Kanten ©. 183. Lerſch Gentraimuf. rheinl.
Inſchr. II. Ne. 39. 60. zu finden. Ueber die Schickſale der V Macedonica
unter Befpaflans und feiner nächſten Nachfolger Megierung baben wir nur
fehr dürftige Nachrichten. Das Itinerarium Antonini fegt dieſelbe nad
Dedcus in Nieder-Möflen, und daſſelbe beflätigen zwei Inſchriften bei Brut.
zugeben. Die daciſchen Legienen erhielten num ihre Duartiere in Dacies
Auteliani eder Ripenſis auf der Eüdjeite der Donau (Gutrop. IX, 9. Bepitc.
ir
Aurel. 39.). Dert finden mir aud vier Präferturen (8 Cohorten ?) ver V
' Macedonica zur Zeit wer Notitia Imperü, vertbeilt in Bariniana, Gebrus,
DOescus ums Gwcibava, während bie fünfte Präfectur (2 Goborten?) zu
Memphis in Aegopten war.
Legio VI Ferrata (Ziörec), wahricheinlid eine Legion bes Antoniuß,
wurde von Augufus nad Syrien geididt, wo fie aud bis zu ihrem linter-
gange blieb. Rah des Germanicus plöglihem Tode ſandte PBilo, der Urs
heber beflelben, welder die Bermaltung der Provinz Syrien wieder an id
reißen wollte, einen jeiner Freunde, den Domitius Geler, voraus, mit dem
Aufırag, ihm wie Anhänglichkeit der ſoriſchen Legionen, welche er ſich durch
niebrige Mittel erworben hatte, zu ſichern (Tac. Ann. II, 78). Domitius
landete in Zaodicea, hörte aber, ald er ſchon nah ben Stanbquartieren ber
VI Ferrata, der untubigften unter den ſyriſchen Zegionen, eilte, daß ihm ber
Legat Pacuvius auf Befehl des En. Sentius, welcher die Provinz proviſo⸗
riſch verwaltete, zuvorgefommen ſei (ebenv. II, 79.). Hieraus ſcheint here
vorzugehen, daß bie Standquartiere der VI Ferrata zu Raphaneä ober zu
Apamea waren; auf beide Städte paflen dieſe Angaben. Nah der Beſchrei⸗
bung, bie Tacitus (Ann. XII, 35. cf. Fronto princ. hist. fr. 2. p. HOF.
ed. Erancof.) von dem Zuflande der fyrifhen Legionen zu der Zeit macht,
als Domitius Goıbulo den Dberbefebl über dieſelben erbielt, bat ſich vie
VI Ferrata bis zum I. 59 n. Chr. im Kriege wohl nicht ausanel@net, In
diejem Jahre führte fie Gorbulo, nachdem er fie den ganzen Winter hindurch
im Bivouaf abgehärtet hatte, gegen die Armenier und Parther (Tac. Anm
XIII, 38.). Sie theilte darauf bis zum Frieden mit Tiridates ganz bad
Schickſal der III Gallica (f. oben); nad demſelben aber kehrte fie in ihre
Provinz, Syrien, zurück. Nicht Tange indeß genoß fie ver Ruhe. Die
Juden, gegen die fon unter Galigula die ſyriſchen Legionen einmal batten
ausmarſchiren müflen (Joſeph. bell. Jud. II, 10, 1.), rebellisten aufs Neue
(nad Chr. Geb. 67). Geflius ‚zog mit der XII Fulminata und je 2000 Mann
aus den übrigen ſyriſchen Zegionen gen Jeruſalem, belagerte die Stadt, zog
aber bald unverrichteter Sache wieber. ab und wurde nun unterwegs geſchlagen.
834 Legio (Geſchichte)
In diefer Schlacht fiel der Legat der VI Ferrata, Priscus (Iof. beil. Jud.
II, 18, 9. 19, 7.). Der neue Feldherr Vefpaflanus führte vie VI Ferrata
nicht mit gegen Ierufalem; fie blieb in Syrien, wurde aber bald, ald Veſpa⸗
flah die Kaiſerwürde annahm, von Mucianus nah Italien geführt, um dort
gegen Vitellius zu kämpfen (Xac. Hist. II, 83.). Zwar mar dies durch den
glüdfihen Sieg des Antonius Primus mit den iiyrifchen Regionen unnötbig
geworben, aber dennoch fand die VI Ferrata genug zu thun. Dur den
Abzug der möftfchen Legionen nad Italien mar deren Brovin von Truppen
entblößt; dies benüßten die Dacier. Ste hatten ſchon die Winterquartiere
ber Cohorten und Reitergeſchwader erobert, wären Meifter der beiden Donau»
Ufer und eben im Begriffe, auch die Lager der Legionen zu zerflören, als
Mucian ihnen die VI Ferrata entgegenflellte. In Möften blieb vie VI Fer-
rata nur fo lange, 618 fie durch einen Theil des beflegten Bitellifcden Heeres
erſetzt wurde (Tac. Hist. III, 46. cf. Joſ. bell. Jud. VII, 4, 3.); ob fie
aber Mucianus nach Italien begleitete und dann nah Syrien zurüdfehrte,
oder ob fie ſogleich ihren Marſch dahin antrat, wiffen wir nicht; nur if und
befannt geworben, daß fle im vierten Megierungsjahre Veſpaſians unter Gä⸗
fennius Pätus in Commagene eingebrungen iſt und biefes Land den Mömern
unterworfen bat (of. bell. Jud. VII, 7, 1.). Da fie fpäter in Judäa Tag
(Cafſ. Dio LV, 28.), ſcheint fle ihre alten Standaquartiere damals nicht wieder
eingenommen zu haben, wo fle aber gelegen Habe, wiflen wir nit. Leber
ihre Schiefale unter den fpätern Kaiſern erfahren wir faſt Nichts. Auch
die Infriften find an Nachrichten karg (Grut. 387, 6. Murat. 826, 5.
Marm. Taurin. II. n. 33—42. ODrelli 364. Samilton researches in Asia
I. p. 421. n. 115. p. 438. n. 179. Corp. inser. gr. III, 4240.). inter
Garacalla Hatte Die Legion die Beinamen Fidelis Constans (Inſchr. bei Murat.
2031, 3. Orelli 941.). Unter Philippus Arabs und Decius Trajanus
f&eint fle in Damascus gelegen zu haben (Münzen der Otacilia Severa und
bes Herennius, Eckhel doctr. num. vet. I, 3, 333.); in ver Not. Imperii
aber erfcheint fie nicht wieder.
Legio VI Victrix, Tag unter Auguft in Spanien (Münzen von Gäfar-
Auguſta unter Auguflus und Tiberius; Florez med. de las colon. de Esp.
1. Tab. VI, 1. VIII, 8.). Dort kämpfte fle (unter Claudius, wenigflens
nad der Eroberung Britanniens) glüdlig gegen bie Aſturier (Inſchr. bei
Brut. 1102, 4., Kellermann Vigiles n. 40.). Sie war es, welde Galba
zum Kaiſer machte (Xac. Hist. V, 16.), und da Galba urfprüngli nur eine
Legion befehligte (Tac. Hist. I, 16. Suet. Galba 10.) und Titus Vinius
Legat des Galba war, muß auch diefer Mann Legat der VI Victrix gewefen
fein (Plut. Galba 14. vgl. Zeitfchr. f. d. Altertb. 1834. &. 355.). Als
Galba nad Italien zog, ließ er die VI Victrix in Spanien zurüd. Nach
der Beflegung des Vitellius erklärten fi die fpanifchen Legionen ſogleich für
Deipaflanus (Tac. Hist. III, 44.), und zwei derfelben, bie VE Victrix und
die X Gemina, wurden zur Beendigung des bataviſchen Kriege nad Ger⸗
manien gerufen (Xac. Hist. IV, 68. V, 14. 19.). Die VI Victrix kämpfte
bier noch mit in der Schlacht bei Betera, in welcher die Nömer flegten
(Tac. Hist. V, 16 ff.), und erhielt nach geſchloſſenem Frieden in dieſer Stabt
ihre Standquartiere. "Dies bezeugen viele dort und in ber Nähe gefundene
Inſchriften bei Gannegieter Postumus p. 170. Schannat Eifl. illustr. I.
Taf. 17. Big. 65. Lerſch Gentralmuf. rbeinl. Inſchrr. I. Nr. 9. 23. IT.
Nr. 80. 81. 142. 187—189.). Unter Hadrian wurde file nah Britannien
gefandt (Inſchr. bei Orelli 3186.), wahrſcheinlich um bie eingegangene IX
Hispana zu erfegen” Ihre Stanpquartiere erhielt fie dort nah Ptolemäus
und dem Stin. Anton. in Eboracum, und diefe fcheint fie bis zu der letzten
Zeit der Roͤmerherrſchaft in Britannien behauptet zu haben. Die Notitia
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886 Legio (Geſchichte)
führung ihres Legaten, des Titius Sullanus, ber vor den meuchleriſchen Nach⸗
ſtellungen des Aponius Saturninus, des Statthalters von Möflen, nad) Thracien
geflohen war (Tac. Hist. II, 85.). Der Tribun Vipflanus Meffala (f. Tae.
Hist. III, 25. 28, Dial. de orat. 16. 24.) befebligte die Legion (Tac. Hist.
In, 9.). — Die fpäteren Schidjale ver Legion find wieder ziemlich dunkel
(vgl. die Inſchrr. bei Orelli 3445. in der Zeitſchr. f. d. A.W. 1835. Nr. 38.).
Sie gehörte übrigens zu den Legionen, welche Septimius Severus glei
anfangd unterflägten (Münzen bei Edel doctr. num. II, 7, 167.); fie Tag
damald, wie auch noch fpäter (Cafſ. Dio LV, 23. Münzen von Biminacium
unter Gordian bei Eckhel doctr. num. I, 2, 8. Infhrr.: Fabr. p. 173.
n. 332. Murat. 2034,9. Drelli 3589. Grut. 446, 9., wo flatt INFERIOR
— SVPERIOR geſetzt werben muß) in Ober-Möflen, und zwar in Bimis
nacium (vgl. Ptol.). Auch auf ven Münzen des Gallienus, ja fogar auf
denen des Caraufius begegnet und ber Name diejer Legion (Eckhel doctr. num.
1l, 7, 167. II, 8, 46.). Nach der Notitia Imperii lagen zu der Seit der
Abfaffung derſelben noch Präfeeturen der VII Claudia zu Biminacium und
Guppi in Moesia prima. -
Legio VII Gemina, von Galba in Spanien conferibirt und mit
Rückficht auf die VI Victrix, welche ihn zum Kaifer audgerufen hatte, Septima
genannt (Xac. Hist. II, 11. II, 25. Suet. Galba 10.). Ihrem Urheber
zu Ehren wurde fle anfangs Galbiana benannt; erſt nad Beendigung ver
Bürgerkriege erhielt fie durch Verſchmelzung mit einer der eingegangenen
germanifchen Legionen den Namen Gemina: daß diefe Legion bie I Germanica
geweſen ſei, läßt fih daraus fließen, daß, während für die beiden andern
damals eingezogenen Legionen andere Legionen mit gleichen Zahlen (für die
IV Macedonica bie IV Flavia, für die XVI Gallica die XVI Flavia) errichtet
wurden, ‚die I Germanica allein feinen entſprechenden Erjag erhielt. Galba
hatte die VII Galbiana im Beginn feiner Regierung unter ihrem Legaten An-
tonius Primus nach Pannonien gefandt (Tac. Hist. II, 11. 86.). Bon hier
von Otho gegen Vitellius herbeigerufen, wurbe fie bei Bedriacum beflegt
und nad Otho's Tode in ihre Standquartiere in Pannonien zurückgeſchickt
(I, 67.). Uber die Legion war einmal gegen Bitelius geſtimmt und erklärte
fih daher, auf Betrieb ihres Legaten, um fo Lieber für Veſpaſian (II, 86.).
Für dieſen kämpfte fie darauf gegen Vitellius (II, 7. 10. 21 f.25.). Na
dem Tode des Vitellius kehrte fle wieder nah Pannonien zurüd (IV, 39.).
Schon neun Jahre fpäter finden wir die VII Gemina Felix in Hiſpania Tarra⸗
conenfis (Inſchr. bei Brut. 245, 2.). Offenbar war fle dorthin gefhidt,
weil Spanien nad der Abberufung der VI Victrix und X Gemina nad Ger-
manien feiner Befagung beraubt war. Ihre Winterquartiere batte fie damals,
wie zu Ptolemäus Zeiten und in der Notitia Imperii in dem jegigen Leon,
das gerade ver Legion feinen Namen verdankt. Dennoch find der Infchriften,
welche ihren Aufenthalt in dem norbweftliden Spanien befunden, nur wenige;
ſ. Murat. 2037, 8. (v. 3. 130), 335, 2. 3. (v. 3. 163), 336, 3. vgl.
7, 7. (v. 3. 167). ®rut. 260, 1. (v. 3. 216.). Sehr zahlreiche Infchriften
der Legion Haben fih dagegen in Tarraco, ber Hauptfladt der Provinz, ge⸗
funden, wo ohne Zweifel eine flarfe Ubtbeilung ver Legion lag. Ich er.
wähne hier bloß der chronologisch beflimmbaren: Dreli 3496. (v. 3. 182),
4815. (mit den Beinamen P. F. Antoniniana); ®rut. 365, 7. (mit den
Beinamen P. F. Severiana Alexandriana), Auf feiner der vielen Infchriften
der Legion if eine Erwähnung eined Krieges, dem fie beigemohnt hätte;
indeß hat man eine Inſchrift bei Babreiti p. 140. n. 149., worin ein Tri-
bunus militum LEG. VII. GEMINAE FELICIS IN GERMANIA erwähnt
wird, mit zwei in Deutſchland gefundenen, wahrſcheinlich aber nit gleich-
zettigen Infriften (Lehne gef. Schriften I. Nr. 11. u. 62.; vgl. Borghefl
Legie (Geſchichte) 887
salle iscr. Rom. del Reno p. 26.) in Verbindung gefegt, umb baraus ge
f&loflen, daß unter Geverus Alerander (auf der einen biefer Inſchriften Heißt
bie Legien VII Gemina Pia Felix Alexandriana) bie VII Gemina an einer
germanifen GErpebition Theil genommen hätte. Die erwähnte Inſchrift bei
Habreiti erſcheint vielmehr verbädtig, umb der Zufa IN GERMANIA wirb
wohl in ber faligen Benennung der Legion bei Ptolemäus feinen Grund
haben, der viefelbe Asyiov Z Isouarızz nennt. Im Corp. inser. Graee.
IH. n. 4022. Heißt die Legion AET. Z. Aldvun, und eine andere gried.
Inſchrift in dem erfien Bande bes Corp. inser. Gr. n. 1126. nennt einen
gliapyor &r Tonavia Asyzöros eBöours. Auf latein. Inſchriften Heißt fle
Gemina ober Gemina Felix, felten Gemina Pia Felix (3. B. Grut. 260, 1.);
unter Garacalla und Glagabal führt fie außerdem ben Beinamen Antoniniana,
unter Severus Alexander den Beinamen Severiana Alexandriana. Die In
fSriften mit wem Ramen Galbiana (bei Murat. 819, 4. Bub. 158, 4.
124,7. u. in Vetus Latium, II, p. 234.) find falſch; ja es iM nicht einmal
ſicher, daß vie Legion wirklich Galbiana geheißen bat, da fie Tacitus nur
sum lnterfhie von der mit ihr zujammen erwähnten VII Claudia (ober wie
Tacitus jagt, Claudiana) jo genannt haben Fünnte.
Legio VIII Augusta, war von Ausufus errichtet, und ihre Betes
ranen nach der Schlacht bei Actium mit ber V Macedonica in die Colonien
Berytus uud Heliopolis gerührt (1. oben V Macedonica). Tie Staudquar⸗
tiere der Legion waren unter Augufins in Pamonien; hier nahm fie Theil
an den verſchiedenen Kriegen, tie damals umter dem Oberbefehl des Tiberius
T.ILp. SF. an In, Rs Seauzem Fir zrııe me VI
Augusta mit ber Il Camia zı$ Gemınea geisarı, nu 18 Garsirung
ver Batavet up Gun eu giftse Iscızermase nöchız made Im
Hist. IV, 68.3: em Seites Uxtar- ncı zub zu Iuuui zus uhr
888 . Legio (Geſchichte)
gemelbet. Wahrſcheinlich erfolgte fie erſt nach dem Friebensſchluſſe mit Gi-
vilis, zu einer Zeit, deren Geſchichte die noch vorhandenen Werke ded Tacitus
feider nicht mebr liefern. Wahrſcheinlich erhielt die VIII Augusta gleich da-
mals in Ober-Germanien ihre Standquartiere, jo daß fie in Ober-@erma»
nien an die Stelle der eingegangenen IV Macedonica trat, mährend bie für
biefe errichtete IV Flavia die Stelle der VIII Augusta in Möflen einnahm.
Die Veteranen ber Legion wurden unter Befpaflen nad Meate geführt (In⸗
ſchriften bei Murat. 838, 4. Orelli 3685. Fabr. inser. p. 751. n. 586.).
Zu Ptolemäus Zeit (um 140 n. Chr.) Tag die Legion zu Argentoratum
(Straßburg), mo auch einige Denkmäler derſelben aufgefunden find (Schöpflin
Alsat. illustr. I.p.510 ff. Oberlin Museum Schoepflini I. p. 31. Tab. I.
fig. 2. Orelli 940. 2041.). Auch in Würtemberg hat man mehre Denk⸗
mäler ber VIII Augusta aus der Zeit ber Antonine und bed Commodus auf»
gefunden; ſ. Stälin in ven Würtemb. Jahrbb. 1835. I. S. 15. 39. 43.
46. 48. 50. 84. 93. und Jaumann Colonia Sumlocenne Tab. XV. 11. 12.
XVIII. 7. XIX. 8. XX. 2. XXL 4. 7. vol. noch Murat. 870, 2. — Nah
einer Inſchrift bei Orellt 3714. erwarb fih die Legion unter Commodus
dur Entfaß der Stadt Novia die Beinamen Pia Fidelis Constans Commoda,
die fie auch noch in einigen andern Infchriften führt (Orelli 275. Murat.
832, 2. Steiner cod. inser. Rheni n. 165. Dorov Denkm. german. u.
röm. Zeit II. Tab. V. n. 14. u. 22.). Schade nur, daß nichts Näheres
über diefe Expedition oder auch über die Stabt Novia* befannt if. Unter
Garacalla und Severus Alerander , zu deren Ehren fie die Beinamen Anto-
niniana und Severiana annahın, fcheint die Legion im nörblichen Theile Ober»
Germaniens gelegen zu haben; wenigftens haben ſich in Mainz und deſſen
Umgegenb außer einer Anzahl von Ziegeln mit dem Namen ber VIEL Augusta
auch mehre Infhriften dieſer Legion aus der eben angegebenen Zeit gefunden
(Steiner cod. inscr. Rheni n. 247. 254. 317. 339. 385. Jabrbb. des
Bereind von Alterthumöfr. im Rheinl. I. S. 82. Nr. 3. II. ©. 100. Nr. 57.).
Daß fie unter Severus Alexander noh in Ober-Germanien flationirt war,
fagt auch Caſſius Dio LV, 23. Wie auf Münzen ded Septimius Geveruß,
fo fommt auch auf Münzen des Gallienus und Garauflus- der Name der
VIII Augusta noch vor, und bie Notitia Imperii Occidentis nennt bie Octa-
vani al3 sub dispositione viri illustris magistri peditum praesentalis, jedoch
intra Italiam,. Andere Nachrichten über biefelbe fehlen.
Legio IX Hispana** lag unter Auguflus in Bannonien, und theilte,
bis fie von Tiberius im I. 20 n. Chr. nah Rom und von da nah Africa
gefandt wurbe (Tac. Ann. HE, 9.), mit der VIII Augusta gleihe Schidjale
(f. oben die Geſchichte der VIII Aug.). In Africa kämpfte He mit den unter
Tacfarinas aufgeftandenen Numidiern, und zwar, da Ihr Oberbefehlehaber
Junius Bläſus fih triumphalifhe Ehren erwarb, gewiß nicht ohne Ruhm
(Zac. Ann. IH, 72 ff. Bel. Patere. II, 125.). Sie kehrte von bier bald
in ihre eigentlichen Stanpquartiere nach Pannonien zurüd (Tac. Ann. IV,
° Eine Inſchrift bei Vermiglioli ant. iscriz. Veliterne II. p. 436. n. 3. (ed.
seo.) nennt einen L. LICINIVS. L. F. QVIR. PATERNVS. NOVIA. Wo lag
aber bie Stadt?
*. Ansgefchrieben findet fich biefer Name in zwei Infchriften bei Fabretti insor.
p. 705, n. 253, und Kellermann Vigilee n. 243. ; aud) bei Tacitus Heißt bie l Ad-
jutrix (Hist. I, 6.) legio Hispana; falfch ift alfo bie Beneuuung Hispaniensis.
Db übrigens bie IX Hispana mit ber Legio IX, beren Name auf Münzen von
Julia Baetica (alfo in Spanien) vorkommt (Flores medallas etc. III. Tab. LXIIL
dig. 6.), irgendwie zufammenbängt, ift nicht befannt; vielmehr darf man mit Seftini
descriz. delle medaglie iapane nel museo Hederrv. p. 62. au deren Wechtbeit
zweifeln,
Legio (Gefhlät) 889
23.), und wurde von da unter Claudiud nad Britannien gefandbt. Hier erlitt
fe im 3. 62 unter ihrem Legaten Petilius Gerealis eine flarke Nieverlage
(Zac. Ann. XIV, 32.), die eine Ergänzung der Legion durch aud Germanien
nachgeſchickte Truppen nötbig machte (XIV, 38.). In den Bürgerkriegen nach
Nero’8 Tode hielten ſich die britanniſchen Legionen im Allgemeinen beſonders
rubig (Tac. Hist. I, 9.), indeß zogen doch Vexillarii derſelben, und unter
ifnen auch Vexillarii ver IX Hispana, mit Vitelius nad Italien (ac. Hist.
n1, 57. III. 22.). Im 3. 83 litt vie IX Hispana, bie an fi fon ge⸗
ſchwächt war, dur. einen ploötzlichen nächtlichen Ueberfall der Britannier
(Tac. Agr. 26.). In diefelbe Zeit fällt etwa audy die germaniſche Exrpebi-
ton, -in welcher 2. Roscius Aelianud, der nachherige Gonful des Jahre 100,
ih als Tribun der IX Hispana und Anführer von Berillariern verfelben
Legion Wall⸗ und Mauerkrone nebft andern Ehrenzeichen erwarb (Inſchr.
bei Dreli 3569.). Daß bie IX Hispana noch nad der unter Domitian er-
folgten Erriätung ver I Minervia und einem daciſchen Kriege eriftirt habe,
zeigt die Inſchrift bei Dreli 3454. Borghefl sulle iscr. Rom. del Reno
p- 46. theilt eine Inſchrift aus dem yeträtichen Arabien mit, welche beweist,
daß bie IX Hispana noch unter Trajan eriftirt habe. Weiter aber läßt fi
ihre Spur nit verfolgen. Da unter Hadrian die VI Victrix nad PBri-
tannien beorbert wurde, und und Fronto (de bello Parthico p. 321 f. ed.
Francof.) erzählt, daß die Mömer unter Habrian in Britannien eine bedeu⸗
tende Nieberlage erlitten Hätten, fo if e8 mehr als wahrfgeinlih, daß erſt
bamals bie IX Hispana eingegangen iſt; auffallend ifl jedoch, daB in England
ſtch fo fehr wenige Denkmäler von dverfelben erhalten haben (Horsley Bri-
tannia Romana p. 308 f.).
Legio X Fretensis lag unter Auguflus in Syrien, und zwar in
Gyrrhus (Tac. Ann. II, 57.). In Gorbulo’s Yeldzügen in Armenien, fo
wie kurz vorher, hatte fie mit der VI Ferrata gleiche Schidfale (1. d. Geſch.
biefer Legion). Na gefchloffenem Frieden Tehrte fie in ihre Standquartiere
am @upbrat zurück (Iof. bel. Jud. VII, 2, 3.). Us Veipaflan den jübi-
ſchen Krieg übernahm, führte ihn Titus die X Fretensis zu (9of. beil. Jud.
111, 1, 3. 4, 2. vgl. oben V Alauda), deren Legat damals Trajanıs war
(Sof. beil. Jud. III, 7, 31.). Sie wirkte darauf mit bei der Eroberung
von Sotapata (ITI, 7, 21 f.), Japha (II, 7, 31.), Xiberias (III, 9, 7.),
Tarihäa (III, 10, 3.) und Gamala (IV, 1, 10.), und wurbe darauf von
Veſpafianus in die Winterquartiere nah Scythopolis“ geführt (IV, 2, 1.),
ein Shell der Legion aber hielt Ieriho des Paſſes wegen beſetzt (V, 2, 3.).
Als nah Beivaflans Abgang nad Rom Titus pie Dperationen wieder bes
gann, marfdirte bie X Fretensis über Seriho gegen Serufalem (V, 1, 6.
vgl. Tac. Hist. V, 1.) und ſchlug ſechs Stadien öſtlich von dieſer Stadt an
dem Delberge ein Lager auf (Iof. beil. Jud. V, 2, 3. 3, 5.). Hiebei yon
den Juden überfallen, wurbe fie zweimal zum Fliehen gebracht und nur durch
bie perſoͤnliche Tapferkeit des Titus felb vor großem Berlufle bewahrt (V,
2, A f.). Bel der Belagerung der Stadt fielen ihr bie Werke der Ofifelte
wm (V, 11, 4.), wir erfahren aber nichts Specielles mehr von ihr, als daß
fr Legat damals nicht mehr Trajanus, ſondern Larcius Lepious war (VI,
4, 3.). Nach der Ereberung der Stadt wurden ber X Freitensis ihre Staub»
auartiere in Ierufalem ſelbſt angewieſen (VII, 1, 2f.). Ben Gier aus führte
fe nach des Titus Mädtehr nah Rom Lucilius Baffus gegen Machärus
(VII, 6, 1.), und nad dem Tode des Baflus veſſen Rachfolger Flavius
Silva gegen Rafaba (VIE, 8, 1.). Die fpäteren Schickſale ber Legion find,
* Dir nad) Cncsaren maritime Chef, beil. Jad. HI, 9, 137
EV.
890 Kogte (Geſchichte)
ba bie Juſchriften nur fehr bärftige Ausbeute gewähren, faR ganz unbelannt.
Unter Trajan kämpfte fie mit in ber expeditio Parthica (Inſchr. bei Brut.
367, 6.); unter Caracalla nahm fie, wie faſt alle roͤmiſche Leglonen, ben
Namen Antoniniana an ( Inſchr. bei —* 2129.), und ſowohl unter Se⸗
verus Alexander (Cafſſ. Div LV, 23.), als zu ven Seiten ver Abfaffung ber
Notitia Imperii, lag fle noch in Palaſtina, zulegt in Alla. — Einige Le
gaten ber X Fretensis f. in den Infihriften bei Brut. 354, 5. 457, 6. —
ie Decimani Fortenses, weldde nah Ammian. Marcel. XVII, 9. zur Ber-
theidigung von Amiba rafch herbeigeführt werben, find wahrſcheini Soldaten
ber X Fretensis.
Legio X Gemina (fo fon unter Tiberius benannt, Inſchrr. bei
Murat. 736, 7. Orelli 3876.), war unter Auguftus und feinen nn
Nachfolgern in Spanien flationirt (Münzen von Gäaraugußa unter Augu
und Ziberius bei Florez medallas de Espaüa I. Tab. VIH, 8. ar
ſchriften bei Brut. 596, 2. 572, 8. urat. 785, A "oas, 5. 1116, 5.
Bullet. dell instit. archeol. 1833. p. 38.). Daß fle e8 war, beren Vete⸗
zanen nad) ber Unterwerfung der Aflurier und Eantabrier von Auguftus nad
Emerita und Gorbuba geführt waren (Münzen bei Edihel doctr. num. I,
1, 12. 19. vgl. Gafl. Dio LIII, 26.), ifk nicht gewiß, indeß leicht möglich.
mahıiheinlid war die X Gemina von Nero auch zum Kriege gegen bie
Albaner beſtimmt, und dies der Grund, weßhalb die VI Victrix allein den
Galba zum Kaifer erhob, und biefer als Proconſul Spaniens, das zwei
Legionen zur A hatte, doch nur exercitum veterem unius legionis
hatte (Suet. Galba 10). Im I. 70. n. Chr. lag fie indeß wieber in Spanien,
unb —X entfernt von der Küfle des mittellaäͤndiſchen Meeres (Tac. Hist.
111, 44.). Im folgenden Jahre wurbe fie mit ver VI Victrix wegen
m Krieged wg Givilis nad Germanien geſchickt (Tac. Hist. IV, 68. 76.).
Dort bei der Armee. des Gerealis eben eingetroffen (V, 19.), wurde fie von
Civilis in Arenacum unvermutbet angegriffen und verlor glei anfangs ihren
Lagerpräfecten und mehre der erften Genturionen; jedoch blieb das Treffen
unentfäjleben (V, 20.). Nah dem bald darauf folgenden Srieben erhielt bie
X Gemina in Niebers®ermanien ihre Stanbquartiere; daher noch die manderlei
Denkmale derfelben am Niederrhein, namentlih bei Rimwegen (Brut. 533, 1.
534, 1. 947, 1. Orelli 3551. Gmet antiquit. Neomag. p. 99. berlin
* Schoepfl, p. 111. Sanffen Musei Lugd.Bat. inscr. Graoc. et Rom.
125. n. 10 12.) und zu Brohl bi Knberuad (Lerſch Gentralmufeuns
el. Snfer, II 17. Nr. 21. S. 31. Nr. 24. 11. ©. 56. Nr. 79.
141. ann ieter — p. 169. u. 170. vgl. noch Orelli
208. u. 2000). Bann fie von hier nad) Ober» Bannonten verfegt IR, läßı
fich nit genau angeben; unter Domitians Regierung lag fle no in Ober»
Germanien (zuglei$ mit ber I Minervia; Inſchr. bei Gannegieter Postumus
p. 170.), unter M. Aurelius Tag fie fon in Ober⸗Pannonien; «8 iſt moͤglich
und —— die daciſchen Kriege unier role hie Aenberung
herbeigeführt haben (vgl. Zeitſchr. f. d. Alterth. 1838. ©. 662.). Außer
der Legionsfäule bei Brut. 513, 3. und dem fpäteren Eaſſ. Dio LV, 23.
jeden auf Ptolemäus und bas Iinerarium Antonini bie X Gemina (oder
posınn, wie Btolemäus file irrig nennt) nad Ober⸗Paunonien, unb war
ug Vinbebona oder Viliobona. Auch dort und in der Gegend von
um finden fſich manche Denkmale dieſer Legion (Brut. 11, 4. 14, 11.
152, ” 524, 6. 361, 4. 1032, 2. Murat. 875, 2. Drei 4964.), vie
fpäteften — * auß ber at * vᷣbiuippue Arabs (Brut. 74,6. Orelli 3100.).
Beinamen ber Region finden fi, außer dem 2 auf mehren = rheiniſchen —
xeuenden Pia Fidelis, nur auf pei Inſchriften: Antoniniana bei Brut.
12, 9. und Gordiana bei Orxelli 31 Unter den Legionsmünzen GallienB
der
nöthig machte, als die durch des Bitellius Zug nad Italien geſchwächten
germaniien Legionen barbeien (Tac. Hist. IV, 68., we zu lefen: Legiones
ictri i .). Sie blieb nad geſchloſſenem
Frieden mit Civilis in Ober⸗Germanien, und zwar erhielt ſie, wie man aus
Inſchriften und Ziegeln abnehmen kann, ihre Standquartiere in Vindoniſſa
. (Grat. 567, 2. Drelli inscriptiones Holveticao n. 239. 242. 243. 245.
Minhrilungen des archäol. Bereind zu Rottweil, 1845. ©. 23.). Daß fie
unter Domtıian in einem germanifchen Kriege ſich ausgezeichnet habe, ſcheint
aus einer Juſchrift bei Orelli inser. coll. 3049. Hervorzugehen. Wie lange
fle in Germanien gelegen, läßt ſich nicht mit Beflimmtheit fagen; Borgbeft
sulle iseriz, rom. del Reno del prof. Steiner p. 30 f. will aus einer In⸗
ſchrift Sei Drei (inser. Helveticae n. 242.) fließen, daß fie noch unter
Gommetuß dort geflanden babe, und da fie zu Gafflus Dio’s Zeit in Unter»
Möften lag (LV,23.), nad dem Itinerarium Antonini in Dureflorum, wohin
Btolemäus no die I Italica Iegt, fo ſcheint dies Ciniges für fi zu haben.
In der Notitia Imperii werben zweierlei Undecumani erwähnt, die einen in
Moesia secunda zu Duroflorum und Transmarisca, die andere in Hlfpanien;
wahrſcheinlich war bamals eine Theilung ber Region, etwa in Seniores und
Juniores, eingeireten. Auf Münzen des Septimius Severus und bed @allienuß
erſcheint auch der Name der XI Claudia. Intereffante Införiften ver Legion
find noch bei Diarini Atti I. tab. 58. 11.630. Drelli 3306. 3521. Kellerm.
Vigiles n. 244. ®Bertoll le antichitä d’Aquileja p. 146. Gori inscr. ant.
in Etruriae urb. exst. I. tab. VI. fig. 9.
Legio XIl Fulminata*® (ro Keoavrogopor) war von Auguflus in
Syrien flationirt. In ben Kriegen des Gorbulo mit den Armeniern und
Parthern und ber unglüdligen Srpedition des Gäfennius Patus theilte fie
ein Schickſſal mit ber IV Scythica. Ihr Legat war damals Calavius Sa⸗
binus (Tac. Ann. XV, 7.), und daß fle fchon damals den Namen Fulminata
führte, zeigt die Infrift aus dem I. 64 n. Ghr. hei Letronne la statue
® Night Falminstrix, f. Zeitſchr. f. d. M.W. 1834. ©, 206, u. Worghefi sulle
inerfz. rom. del Reno p. 34,
892 Legio Geſchihie)
vocale de Memnon p. 119. Bel dem hierauf erneuerten Aufenthalte in
Syrien erhielt die XII Fulminata Antiochia zu ihrem Stanbquartiere. Bon
bier aus begleitete fie Ceſtius auf feinem Zuge gegen Ierufalem, ver zwar
gut begann, aber ſchimpflich endete (Joſ. bell. Jud. IE, 18, 9 ff. Oroſ.
VII, 9.). Deßhalb wurde fie auch von Bespaflanus nicht in dem jübifchen
Kriege gebraudt, ſondern blieb ruhig in ihren neuen Winterquartieren zu
Raphaneä (Iof. beil. Jud. VII, 1, 3.). Erſt als Titus die Führung bed
Kriegs übernahm, verftärkte er bie von feinem Vater erhaltene Armee durch
bie XII Fulminata, die begierig war, die unter Ceſtius erlittene Schmach
zu rächen (Tac. Hist. V, 1. Iof. bell. Jud. V, 1, 6.). Ueber ihre Lei⸗
tungen bei der Belagerung und Eroberung von Serufalem erfahren mir
nichts Specielled; nach berfelben aber wurde fie von Titus nach Melitene
am Cuphrat gefanbt (Sof. bell. Jud. VIE, 1, 3.). Hier Tämpfte fie unter
Hadrian gegen die Alanen (Arriani acies contra Alanos p. 100. 103. 106.
ed. Blane.); Hier Iag fie nach Gafflus Dio (LV, 23.) unter Severus Ale-
zander, und nach der Notitia Imperii und Procopius (de aedif. I, 7.) tn
den fyäteften Zeiten des römiſchen Reichs. Ihren Iängeren Aufenthalt in
Aften beurfunden auch einige Münzen: auf einer unter Untoninus Pius in
Ancyra geprägten Münze findet fi der Name der XII Legion (Seflini Let-
tere etc. VI. p. 71.), und auf einer unter Hadrian zu Gäjarea in Cappa⸗
docien gefhlagenen Münze find auf der Kopffeite die Buchflaben L. XII. F.
eingeprägt., wie auf der Kopfieite einer unter Nero geprägten Münze von
Antlodia in Syrien die Zahl XII ald Contremarque erſcheint (Seft. Lettere
VI, p.72. Mionnet Descr. etc: V, p. 193. n. 351.). Wenn fomit feit Aus
auftus die XII Fulminata nicht nach Curopa gefommen ift, fo muß auch vie
ſchöne Babel des Ziphilinus (Cafſ. Dio LXXI, 9.; cf. Tertull. Apolog. 5.
Apollinaris bei Eufeb. Hist. eccl. V, 5. Zonaras Ann. XII, 2. Georg.
Gebren. I, p. 439. ed. Bonn.) von ber Benennung der Legion in dem
Duaden- Kriege unter M. Aurelins in Nichts zerfallen (f. Zeitſchr. für vie
Alterthumswiſſ. 1834. ©. 206 f.). Die Zahl der Infchriften, welche ven
Namen der XI Fulminata verewigen, iſt nur gering; bie intereffanteren
davon finden fi in dem Bullett. dell’ inst. di corrisp. archeol. 1830. p.
198.; bei Kellermann Vigiles n. 41. u. 249. Orelli 3174. (vgl. Nr. 3392.);
eine einzige Inſchrift ift bis jegt in der Gegend ber Gtanbquartiere ver Region
und no dazu ziemlich entfernt von benfelben (zu Hergan⸗Kaleh, dem alten
Amorium) aufgefunden, f. Hamilton researches in Asia Minor II, p. 155.
Legio XIII Gemina fland unter Auguftud in Ober-Sermanien (Tac.
Ann. I, 37. Inför. u. Siegel bei Fuchs Geſch. v. Mainz I, CL. IV, Nr. 19—
21. Drelli inscr. Helvelicae Nr. 260.). Später, wahrfcheinli unter Clau⸗
dius, wurde fie nah Pannonien geſchickt, und erbielt ihre Winterquartiere
zu Bötovto (Tac. Hist. II, 11. IN, 1.). Bon Hier aus zog fie unter ihrem
Legaten Vedius Aquila dem Otho gegen Bitelius zu Hilfe (Tac. Hist. II,
411. 44. Suet. Otho 10.). In der Schlacht bei Bedriacum beflegt (Zar.
Hist, II, 43.) mußte fle zu Gremona und Bononia bei dem Bau der Amphi⸗
theater helfen (Tac. Hist. II, 67. II, 32.); dann nad Pötovio zuräd-
geführt, z0g fle unter den Anhängern Bespaflan’8 wieherum nad Italien
und flegte bei Cremona (Tac. Hist. III, 1. 21. 27. 32.) Nach beendigtem
Kriege kehrte fie ohne Zweifel wieder nad Pannonien zurüd. Aus ver Zeit
ihres Aufenthaltes in Pannonien flanımen die Infehriften und Ziegel bei
Gruter 514, 13. in den Wiener Jahrbüchern ver Literatur, 1829. XLV.
Anzeigeblatt S. 61, Nr. 11 und bei Murat. 804, 6. Unter Trajan focht
fie mit Auszeichnung im daciſchen Kriege (Inſchr. bei Gruter 429, 1.), und
wurbe nad. ber Eroberutig Dariens in dieſer Provinz, und zwar in ober
bei Ulpia Sarmizegethufa, flationirt (Itin. Anton. p. 219. ed. Wessel.
Legie (Geſchichte) 893
Die Gafl. LV, 23.). Gier blieb fie His in bie ſpäteſten Zeiten und hinter⸗
ließ eine Menge von Denfmälern. Aus wer Zeit des Hadrian iſt die In⸗
ſchrift bei Drelli inser. coll. Ar. 1280; aus ber Zeit des Antoninus Pius
bie Iniriften bei Brut. 493, 1. und Drelli 2121; aus der Zeit des M.
Aurelius Antoninus die bei Brut. 465, 2. und Donati I, 143, 8; aus ber
Zeit des Commodus die bei Geivert inscript. monum. Rom. in Dacia medit.
Nr.27; aus der Zeit des Garacalla bie bei Orelli Nr. 1276. 1581. 1631.
1809. Geivert Nr. 19. 54. 192. 200. Denati I, 37, 6.; aus ber Zeit des
Severus Alerander die bei Seivert Nr. 63. 64.; aus ber Zeit bed Gordia⸗
nus die bei Grut. 80, 1. und Seivert Nr. 36. Aus unbeflimmten Zeiten
find noch aufzuführen bie daciſchen Infchriiten bei Gruter 29, 3. 53, 19.
517, 11. 562, 7. 566, 1. Reineſ. p. 53, n. 25. p. 197, n. 192. Wurat.
844, 1. Sub. 188, 7. 8. Maff. Mus. Veron. 238, 6. Donsti I, 5, 4.
25, 1. 41, 4. Seivert Rr. 40. 55—61. 73. 83. 89 f. 93 f. 186. 188—
491. 199— 208. Drell. 1248. 1943. 3427. 3441. 3451. und die aufer-
halb Der Provinz gefundenen Infchriften bei Orelli 3587 f. 4922. Kellerm.
Vigiles n. 270. Hamilton researches in Asia Minor II, p. 407, n. 178.
Corp. inser. Graee. III, n. 4011. Aus manchen dieſer Inſchriften erhellt,
daß vie XI Gemina in den manchfachen Kriegen gegen Dacier, Sueven
und Sarmaten ſich auszeichnete; allein die Zeiten dieſer Kriege find nicht
wohl zu beſtimmen. Als Beinamen der Legion finden fi in der früheren
Seit Pia Fidelis, unter Garacalla Antoniniana, unter Severus Alerander
Severiana, unter Gordian Gordiana.. Als unter Aurelian ber nörblide
Theil Dariend den Gothen überlaffen wurde, erhielt die Legion ihre Stand»
quartiere in Dacia Ripenfis. Dort finden wir fle auch nod in der Notitia
Imperü, jedoch war ein Theil verfelben zu Babylon in Aegypten flationirt.
Daß der Name der Legion au auf Münzen des Severus und Ballienus,
fo wie unter Philippus Arabs auf den Münzen ber Provinz Dacia fi findet,
verſteht ſich von ſelbſt (vgl. Zeitichr. für d. Altertbumswifi. 1840, ©. 664 ff.).
Legio XIV Gemina, wnter Auguf in Ober-Bermanien ftationirt
(Xac. Ann. 1, 38. 70.). wurde unter Claudius nah Britannien geführt,
wo fie im I. 62 nach Chr. unter Anführung des Suetonius Paullinus id
fo tapfer bewied (Tac. Ann. XIV, 34. 37.), daß Nero fie als die vorzüg-
lihfte zu einem Zuge gegen bie Albaner auswählte (Tac. Hist. II, 11. 66.
et. I, 6.). Wahrſcheinlich erhielt die Legion damals auch die Ramen Martia
Victriz, wenigſtens laffen fi dieſelben erft feit dem I. 66 nad Chr. (In⸗
ſchrift bei Gruter 1102, 4.) nachweiſen, unb bie einzige Jnſchrift, melde
die XIV Gemina in England Hinterlafien hat (Philos. Transact. Vol. 49, 1.
. 198. Tab. V, fig. 3.) führt fie no nicht. Als Otho gegen Bitellius
1a rüßlete, rief er die auf ihrem Zuge bis Dalmatien gefommene XIV Ge-
mina mit den Möflfhen und Bannonijchen Truppen nad Italien (Tac. Hist.
11, 11. 32.). Sie fämpfte für Otho bei Bebriacum, wiewohl unglücklich
(ac. Hist. II, 43. vgl. 54.), und wurde nad Otho's Tode, weil Vitellius
ihre Unbändigkeit fürdtete, nad Britannien zurückgeſchickt (ar. Hist. II, 66.).
Sie Eonnte daher an dem Zuge der Flavianer gegen Vitellius Teinen Antbeil
nehmen (Tac. Hist. III, 13.), aber ſchon im folgenden Jahre wurbe fie
wegen des Aufitandes des Eivilis nah Germanien gerufen (IV, 68. 76.),
wo fie noch zeitig genug eintraf, um in ber Schlacht bei Vetera mit zu
kämpfen und zu flegen (V, 14. 16.). Gleich den Tag nah der Schlacht
wurde fie nad Ober⸗Germanien gefandt (V, 19.), und bier blieb fie eine
geraume Zeit und batte ihre Winterquartiere, wie zur Zeit ihres früheren
Aufenthaltes in Ober⸗Germanien, zu Mainz. Daher erflärt fi die Menge
der dort und in ber Umgegenb gefundenen Infchriften und Ziegel vieler Le⸗
gion, die indeß fänmtlich leider Feine chronologiſchen Angaben enthalten,
59% gl (Geſchiht)
wenn man nicht bie auf mehren berfelben dem Namen ber Legion hinzuge⸗
fügten Ehrenbeinamen Martia Victrix ald ſolche betrachten will, was freillch
in Bezug auf vie letztern ver Fall fein, allein in aeaug auf die nur mit
bem Namen Gemina bezeichneten nicht zutreffen dürfte. In Ober-Germanien
gefundene Infchriften mit dem einfachen Namen Gemina finden fi bei Lehne
gefammelte Schriften II. Nr. 173— 175. 177 f. 182— 189. 191 f. 19.
197. 347. Jahrbücher des Vereins von Altertbumäfreunden im Rheinlande
I. ©. 83, Nr. 5. D. ©. 99, Nr. 49 f. ©. 103, Nr. 67. Fuchs Geſch. v.
Mainz I. Taf; XVII. Nr. 31. II. ©. 93. Dorow Opferfl. u. Grabh. der
Germ. u. Römer am Rhein I, 59.; vgl. noch Orelli 3460. — Infchriften
mit dem Namen Gemina Martia Victrix geben Lehne I. Nr. 93. II. Nr. 176.
179—181. 190. 193. 195. Fuchs Geh. v. Mainz I. Taf. XVII. Nr. 30.
32. Schöpflin Alsat. illustr. I, 591. Jahrb. dv. Vereins v. Alterıh. im Rh.
III. ©. 89, Nr. 72. Wann die XIV Gemina aus Ober-Germanien nad
Ober⸗Pannonien, wo file fpäter fand, übergegangen fei, läßt fi nidt
genau ermitteln; da aber ſchon Ptolemäuß (mie das Itinerariam Antonini
und Caſfius Dio LV, 23.) ihre Standquartiere unweit Carnuntum anfeßt,
fo läßt fi vermuten, daß die Dacifhen Kriege des Trajan die Beranlafs
fung zu biefer Veränderung gegeben haben. Au in Pannonien bat die
Legion viele Infchriften Hinterlaffen, wenige indeß mit chronologiſchen Ans
gaben... Die früheflen unter biefen vom 3. 195 nad Chr. gibt Borghefl
sulle iscriz. Rom. del Reno p. 36.; eine andere auß dent Tobesjahre des
Septimius Severus Orelli Nr. 2103. Pannoniſche Infihriften ohne Zeit
beſtimmung finden fi bei Gruter 516, 2. Murat. 2032, 3. Schöpflin
Alsat. ill. I, p. 5i2. Orell. 3077. Kunftblatt 1829, Nr. 99. Wiener allg.
Theaterzeit. 1835, ©. 738. Bon den außerhalb Bannoniend gefundenen
Inſchriften diefer Periode find noch intereſſant die Infchriften bei Orelli Nr.
2377 (unter Commodus), Nr. 922 (unter Severus, Garacalla und Beta),
Nr. 3100 (unter Valerianus). Ale dieſe Infhriften führen die Beinamm
Martia Victrix nicht mehr; dieſe kommen zulegt auf Münzen des Geptimius
Severuß und unter den Inſchriften, deren Zeit beftimmbar if, auf einer
unter Antoninus Pius geſetzten Infchrift bei Gruter 493, 1. vor (vgl. Kel⸗
lermann Vigiles Nr. 34. unter Trajan, und ®ruter 498, 5. unter Sabrian).
Statt diefer Beinamen finden fih auf einer Inſchrift bei Orelli Nr. 96. der
unter Severus Alexander gewöhnliche Beinamen Severians.. Ptolemäus
nennt bie Legion Teouarımm, offenbar durch eine Berwechfelung mit Teuirn, wie
bie Legion in einer Inſchrift im Corp. inscr. Graec. n. 4118. heißt. Die
Inſchrift Hei Orelli Nr. 693. mit Leg. XIIII Germanica flonımt von Xige-
rius und ift aljo falid. — Die fpätefle Nachricht von der XIV Gemina
findet fi in der Not. Imp. Sie Tag zur Zeit der Abfaffung derfelben noch
in Garnuntum und Arrabona in Pannonia prima.
Legio XV Apollinaris, unter Auguflus in Pannonien flatkonirt
(ſ. oben die Geſchichte ver VIII Augusta), wurde um 64 n. Chr. zur Ar⸗
mee des Corbulo nah Armenien geſchickt, wo fie Eur; vor dem Frieden mit
ben Partbern eintraf (Tac. Ann. XV, 26.). Sie war noch nit in ihre
alten Standbquartiere zurüdgefehrt, als fie Beöpaflan zur Dämpfung des
jüdiſchen Aufftanndes gegeben wurde. Der Verlauf dieſes Krieges im Allge⸗
meinen iſt aus der Geſchichte der V Alauda zu erfehen, bier nur einiges bie
XV Apollinaris beſonders Betreffende. Nah dem erften Feldzuge Veöpaflan's,
in welchem fich dieſe Legion, deren Legat der nachherige KRalfer Titus ſelbſt
geweien zu feyn feheint, bei der Erflürmung von Jotapata und Gamala
audgezeiäänet harte (Sof. beil. Jad. II, 7, 84. V, 1, 9. vgl. Suet. Titus
4.), erbielt fie ihre Winterquartiere in Seythopolis * (Jof. beil. Jud. IH, 9, |
* Ober vielmehr in Eäfarea maritime, f. Jcſ. beil. Jud. IV, 1, 9.
Kegio (Geſchichte) 805
1.). Bel dem Wiederbeginn der Feindſeligkeiten marſchirte die XV Apolli-
naris, deren Legat damals Titus ober Tillius Frugi war (VI, 4, 3.), mit
der UI Fulminsta unter Titus’ Anführung birect auf Serufalem zu (V, 2,
3.), bei defien Belagerung ihr ver Angriff auf die Oftfelte zuflel (V, 11, 4.).
Hierbei erwarb ſich ohne Zweifel Lepidius Proculus als Eenturio der XV
Apollinaris die Ehrenzeihen, welde eine Inſchrift bei Drei 749 aufführt
(vgl. Joſ. bell. Jud. VII, 1, 2.). Nah Beendigung des Krieges begleitete
bie XV -Apollinaris den Titus nad Alexandria zurüd und ging von dort
wieder in ihre eigentliden Standquartiere nah PBannonien ab (Iof. bell.
Jad. VII, 1, 3. 5, 3.). Hier finden fi in der Nähe von Carnuntum troß
ifreß nur kurze Zeit dauernden Aufenthaltes doch einige Denfmäler der Les
gion, f. Gruter 514, 13. 547, 10. 564, 3. Murat. 808, 5. 847, 3. 2028,
4. Wann die XV Apollinaris nah Cappadocien geſchickt fei, wo fie unter
Hadrian ſchon gegen die Alanen focht (Arriani acies contra Alanos p. 100
u. 103. ed. Blanc.), wiſſen wir nit. Vielleicht waren Die parthifchen
Kriege Trajan’d der Anlaß ihrer Verfegung. Daß Itin. Ant. berichtet ung,
daß ſie dort ihre Stanpquartiere zu Satala gehabt habe. Ebendatelbft Tag
fie no zur Zeit der Abfeffung der Not. Imp. Als befondere Beinamen
ber Legion lernen wir nur die Epitheta Pia Fidelis aus einer Infchrift bei
Gruter 359, 6. kennen. Sonftige bemerkenswerthe Infchriften ber Legion
finden fi bei Gruter 378, 1. Murat. 701, 4. Orelli 3702. Corp. inser.
Graec. Ill, 4367, k.
Legio XV Primigenia. Obgleich oben uriter den 25 Legionen bed
Augufus nur eine Legio XV, nämlich vie Apollinaris, erwähnt worden iſt,
mäüffen wir bier doch noch einer zweiten Legio XV gebenfen, von der uns
Tacitus (Hist. I, 55.) berichtet, daß fle bei Nero’ Tode einen Theil ber
Befagung von Nieder-Germanien ausgemacht habe. Imfehriften bei Lerſch
(Gentralmufeum xhbeinländ. Infor. IL. Nr. 41 und 47.) lehren uns ihren
Namen Primigenia Tennen, ‚einen Namen, ver nur noch) bei der Legio XXI
Primigenia wieberfehrt,, die gleihfall8 unter Nero neben ber XXII Dejota-
riana erſcheint, während doch Auguſtus nur eine mit der Zahl XXII bezeich-
nete Region beſeſſen bat. Die roͤmiſchen Schriftfteller berichten Nichts über
die Errichtung dieſer beiden Legionen; wir müfjen alſo durch Bermuthungen
und Gombinationen biefem Mangel nachhelfen. Da beine Primigeniae zuerfl
in Germanien ihre Standquartiere erhalten Haben, alſo da, wo durch ben
Uebergang mehrer Legionen nah Britannien unter Claudius die Belagungen
vermindert waren, fo läßt fich als wahrfcgeinlich behaupten, daß Claudius,
ber nicht gerabe zwei ganz neue Legionen bilden wollte, durch Thellung und
Wiederergaͤnzung zweier alter Legionen, der XV und XXI, aus zwei Legio⸗
nen vier gemadt habe, fo daß der eine Theil verfelben den alten Adler ber
Legion mit dem neuen Namen Primigenia (die Grftentflandene), ber ans
bere ben neuen Adler mit dem alten Namen ber Region (Apollinaris und
Dejotariana) erbielt * (f. die Necenflon von Wiener's Schrift de legione
Rom. vicesima apcunda .in Seebode's Eritifcher Bibliothek 1830. S. 538;
al. Borgheſi sulle iscrizione Rom. del Reno, Roma 1839. p. 38.). Die
XV Primigenia lag aljo bei Nero's Tode in Nieder-Germanien. Hier am
Reujahrstage des Jahres 70 für Galba beeibigt, erklärte fie fich wenige
Tage darauf für Vitellius, und ein heil ber Region begleitete biefen auf
ieinem Zuge nad Italien (ac. Ann. I, 61. 11, 100., in welder letztern
Stelle ſtatt quartae, decimae etc. zu leſen {ft quartae, quintae decimae etc.).
oEine ſolche Theilung fcheint auch Eaffins Dio in der Stelle Im Auge gehabt
haben, wo er von ber XII Primigenia zeben folte (LV, 23,), diefe aber mit
XX Valeria Viotrix verwechfelt,
896 Legio (Geſchichte)
Zuerſt Sieger, dann beflegt (III, 22. 23.), theilte fie das Schickſal der
Khrigen Vitelliſchen Legionen (f. oben I Germanica). Das Schidfal des in
Germanien zurüdgebliebenen Theils der XV Primigenia während bed Kriegs
mit Civilis it oben in Der Geſchichte der V Macedonica ſchon erzählt wor⸗
ben. Nach dem Frieden ſcheint Die Legion in ihren alten Ouartieren ober
bo in der Nähe derſelben geblieben zu fein, daher die Infchriften der Le-
gio XV am Niederrhein (Lerſch Gentralmuf. rheinl. Inſchr. I, 60. II, 62.
II, 84.). Unter Trajan feinen die beiden getheilten Legionen vereinigt
worden zu fein, wobei denn an die Stelle der XV Primigenia die XXX Ul-
pia, an bie Stelle der XXII Dejotariana die II Trajana, beide in ben alten
Standquartieren ihrer Borgänger,, kamen. — Welcher der beiden XV Legio>
nen der Soldat Camuvius, welcher nad Tac. Hist. I, 41. und Put. Galb.
27. den Galba ermorbet haben fol, angehört habe, Täßt fih um fo weni⸗
ger beftimmt ermitteln, da Feine der beiden Legionen damals ſich in Italien
befand; möglih iſt indeß, daß Vexillarii der XV Primigenia von Nero zum
Albaner Kriege beflimmt gewefen wären; vgl. Tac. Hist. I, 6.
Legio XVI Flavia Firma, von DVespaflan errichtet und mit Nüd-
fipt auf die in Germanien caffirte Legio XVI Gallica benannt, erbielt ihre
Standquartiere in Syrien, und zwar in Samofata (Eaff. Dio LV, 24; vgl.
Zeitſchr. f. die Alterth. 1834. ©. 661. — Inſchrift v. I. 193 bei Murat.
345, 3.; cf. Ptol. und Itin. Anton.). Unter Trajan nahm fie Theil am
dem partbifchen Kriege; Inſchrift bei Kellerm. Vigiles n. 34. In Gölefyriem
und Auranttis haben fi mehre Infcgriften mit dem Namen der Legion auß
der Regierungszeit des M. Aurelius und des 2. Verus gefunden, f. Orelli
Nr. 4998. Corp. inser. Gr. II, 4543. 4545 f. 4554. 4601 *. Noch Deu-
ten auf den Aufenthalt der Legion in Syrien die Infäriften bei Orelli Ne.
3393. Murat. 665, 3. Corp. inser. Gr. II, n. 4439. Nach der Notitia
Imperii lag die Legion in der fpäten Zeit, deren Zufland fie ſchildert, zu
Sura in Augufteupbratenfis.
Legio XVI Gallica war unter Auguf in Ober⸗Germanien und
Hatte in Mainz ihre Stanpquartiere (Zar. Ann. I, 37. Inſchr. bei Lehne
gef. Schriften II. Nr. 198— 209. Jahrb. des Bereind von Alterthumsfr.
im Rheinl. II. ©. 91. Nr. 35. vgl. noch Bruter 516, 7. Murat. 116, 4.).
Leider geben und die Inſchriften Feine deutliche Nachweiſung Über vie Zeit
ber Berfeßung biefer Legion nad Ober-Germanien, wo fle zur Zeit ver
Dürgerkriege nach Nero's Tode lag (Tac. Hist. I, 55. Inſchr. bei Steiner
cod. inscr. Rheni n. 686. uw. 690. Janſſen Mus. Lugd.-Bat. inser. Gr. et
Rom. p. 125. n. 13.). Aus der geringen Zahl der von ihr Hier Hinters
laffenen Denkmäler Täßt fih annehmen, daß fie erft kurze Zeit vor biefen
Bürgerfriegen borthin gefommen jet, alſo wohl nicht in Folge der britanni-
fen Erpebition unter Claudius, der man fo manche Veränderung in ben
Stanbquartieren der germanifchen Legionen zufchreiben muß, fondern in Folge
eines fpäteren Wechſels mit der XXI Rapax. Als PVitellius nad Italien
309, begleitete ihn ein großer Theil der XVI Gallica (Xac. Hist. I, 61.),
Tämpfte für. ihn bei Bebriacum, wurde aber darauf bei Gremona von ven
Anhängern Vespafian's beflegt (IE, 100. III, 22.) und theilte das Schickſal
der übrigen beflegten Legionen (f. oben I Germanica) Der in Niebers®er-
manien zurüdgebliebene Theil der Legion, durch neue Aushebungen verſtärkt
(IH, 57.), lag in Noveflum, als der Auffland der Bataver unter Civilis
ausbrach (IV, 26.). Ihre Soldaten waren damals fo fehr demoralifirt, daß
fie nit blos gegen ihren Kegaten (Numiflus Rufus) ſich empörten, fondern,
In dieſer Juſchriſt muß Beile 3, Abrigens nicht Oumpov, ſondern Konumöder
ſupplirt werben.
Loge (Eäiäk) 897
fogar zum Feinde übergingen; eine Schande, die nur in diefem Kriege ein
römifches Heer auf ſich lud (IV, 57 ff.*). Zwar bereuten fie fpäter das
Verbrechen und vereinigten ſich wieder bei Trier mit der römifhen Armee
unter Cerealis (IV, 72.), allein auch da kämpften fie wieder unglüdlich gegen
die dieß Lager flürmenden Bataver (IV, 77.). Deßhalb caffirte Vespafian
die Legion und errichtete dafür vie XVI Flavi.. Den Namen Gallica führt
die Legion nur auf einer Infchrift im Museum Vaticanum (Kellermannd Vi-
giles n. 301.).
Legio XVII, XVIIE XIX. Ueber vie erfte diefer Legionen findet fi
nirgends eine Nachricht, da aber die XVIII (Inſchrift bei Lerſch Centralmuſ.
theinf. Infchr. II, 4.) und die XIX (Tac. Ann. I, 60.) in der Varusſchlacht
verloren gegangen find, Varus aber 3 Legionen verloren bat, ift man wohl
berechtigt, Die XVIE eben für die dritte Legion des Varus zu erklären. Ja,
wenn in Trier gefundene Ziegelinfchriften bei Lerſch a. a. O. III, Nr. 23—
28. richtig durch XVIII Adjutrix gedeutet find, Ließe fih, da die aus clas-
siariis gebildeten Legionen gemöhnlich durch den Namen Adjutrix bezeichnet
wurden, hieran auch die Bermuthung Tnüpfen, daß vie XVII Legion dieſelbe
XVII Classica fet, welge auf Münzen ded Antonius und dem Tragmente
eined Fleinen Legionsadlers bei Caylus Recueil d’Antiquit6s V, tab. 92. fig.
6. p. 257. genannt wird (vgl. Bött. gel. Anz. 1842. ©. 339 f.). Bon
der XVIII Legion findet ſich auch bei Burlanetto Museo d’Este n. 25. eine
Inſchrift, und Fuchs Geh. von Mainz II. ©. 99. beſchreibt einen zu Mainz
gefundenen Ziegel diefer Legion.
Legio XX Valeria Victrix lernen wir zuerft im I. 6 nad Chr.
in Illyricum Tennen, wo fle unter Anführung des Valerius Meſſallinus,
obgleich bei Weiten nicht vollzählig, mehr ald 20,000 Beinde flug und
ihrem Anführer triumpbalifhe Ehren erwarb (Bell. Paterc. II, 102.). Es
feidet wohl keinen Zweifel, daß die Legion daher die Namen Valeria Victrix
erbielt; Zac. Ann. I, 42. läßt fie tot proeliorum socia (ded Tiberius), tot
praemiis aucta nennen. Aus biefer Berinde find die Inſchriften bei Gruter
358, 2. 543. 1. Gud. inser. ant. Ind. p. 81. Nah ver Varusſchlacht
wurde die XX Val. Victr. nach Niever-Germanien gefandt; fie hatte bort in
Bonn ihre Winterquartiere, wo fle nad Auguſt's Tode Theil an der Em-
pörung der Germaniſchen Legionen hatte (f. die‘ Geſch. ver I Germanica).
Bon hier aus nahm fle auch Theil an den Zeldzügen des Germanicus gegen
die Germanen (Xac. Ann. 1, 50 f. 56. 60. 64. II, 7. 16.). Deutliche Zeu-
gen des Aufenthalts der Legion in Niever-Germanien find bie Infchriften
bei Gruter 562, 9. Meinef. p. 519. n. 22. Murat. 750, 9. Drell. 2002.
Unter Elaudius ging die Legion nad Britannien hinüber. Dort Fämpfte
fie unter Suetonius Paullinus glücklich gegen die Britannier (Tac. Ann. XIV,
34. 37.). Nah Nero's Tode begleiteten Vexillarii XX Val. Victr. den Bis
telius nach Italien (Tac. Hist. III, 22.); der Legat derjelben aber, Roſcius
Gälius, vertrieb den Proconful Trebelius Marimus aus Britannien und
war wohl auch Schuld daran, daß bie Legion erſt nad) einigem Zaubern
ih für Vespaſian erklärte (Tac. Hist. I, 60.). An des Gäliug Stelle
wurde daher Julius Agricola von DBespaflan zum Legaten ver XX Valeria
Victrix ernannt (Tac. Agr. 7.). In Britannien blieb vie Legion bis in
die fpäteren Zeiten der Römerherrſchaft (Ptol. Itin, Anton. Gafl. Dio LV, 23.
Münzen des Carauſius); nah Ptol. und dem Itin. Anton, hatte fie ihre
Standquartiere in Deva, dem heutigen Chefter, wo man auch mandherlei
Denkmäler von ihr entdeckt hat ( Horsley Brit. Rom. p. 314. Cheshire n. 1.7.
Tac. Bist. IV, 62. beginnt: Legio sextadeoima, wicht tertindecima, wie
manche Ausgaben haben, —
VPauly, Real⸗Encyelop. IV. 57
838 Kogie (Geſchichte)
Drei 1697. 2054. vgl. Philoph. Transact. Vol. 49, 1. Tab. V. Big. 1
p. 197.). Vexillationen der XX Val. Vietr. halfen an dem Bau des Ballur
Antonini (Inſchr. bei Horsley Brit. Rom. Scotl. n. 1. 5. 6. 26. Orell
Nr. 3565.). Auch fpäter no Tagen einzelne Abtheilungen ber Legion i
den noͤrdlichen Gegenden Britanniens (Horsley Brit. Rom. Northumb. n. 8
411. Durh. n. 16. Westmorel. n. 4. 8). Vgl. no die Inſchriften be
Murat. 665, 3. Orelli Nr. 476. 2369. 4079. — Im der Notitia Imperi
kömmt die Legion, wie es ſcheint, nicht mehr vor, dagegen wird ihr Nam
auf Münzen des Bictorinus und Caraufius angetroffen. Außer den obeı
ſchon befprodgenen Beinamen Valeria Victrix (vgl. die Inſchr. bei Kellerm
—5 p. 35. Anm.) wird ihr bei Orelli 3512. auch der Name Britannic:
gelegt. '
Legio XXI Rapax (’Aona&), von Auguftus nach ber Niederlage dei
Varus dur eilige Aushebungen in Rom felbft erriätet (Tac. Ann. I, 31
of. Sue. Aug. 25. Gafl. Div LVI, 23. LVII, 5.), lag bei Auguſt's Tod
in Nieder⸗Germanien, und hatte in DBetera ihre Stanbquartiere.. Sie waı
ed vorzüglich, melche die Nieder⸗Germaniſchen Legionen damals zu dem Auf:
flande anreizte, den nur bed Germanicus und feines Legaten Gäcina feftel
Auftreten bämpfen Tonnte (Tac. Ann. I, 31. 45 ff.). Darauf nahm fü
Theil an ben Feldzügen des Germanicus in Germanien (Tac. Ann. I, 52
64. 11, 7. 16.). Aus der Zeit ihres Aufenthaltes in Niever-Bermanin
flammen die Infriften bei Gruter 51, 5. Murat. 750, 9. Lerf Central.
muf. rheinl. Inſchr. I, Nr. 31. II, Nr. 23. 63. III, Nr. 200. 201. Stei:
ner cod. inser. Rheni n. 736. Bei dem Tode Nero’ war fle in Vindo
niffa in Ober⸗Germanien flationirt (Xac. Hist. IV, 70.); wahrſcheinl. wa
fie durch einen Tauſch mit ber XVI Gallica dorthin gefommen (f. d. Geſch
der XVI Gallica). Als Vitellius nah Italien z0g, nahm er ald den Ken
feiner Truppen die XXI Rapax mit dorthin, und biefe Fämpfte mit Aus:
zeichnung bei Bedriacum (Tac. Hist. I, 61. 67. II, 43., wo fie vetere glo
ria insignis heißt; Plut. Otho 12.). Aus biefer Zeit iſt die Inſchrift aut
Beloja, die Labus in feiner Lettera à Pietro de Lama intorno à 2 insert.
Velejate’p. 8. behandelt. Bei Cremona beflegt (Hist. II, 100. III, 22.\
wurde bie XXI Rapax nad) ihren alten Stanbquartieren zurückgeſchickt, bal
aber von Muctanus wegen des Aufſtandes des Civilis nah Nieder-Berme:
nien beorbert (IV, 68.). Hier entſchied fie in der Schlacht bei Trier der
Sieg zu Bunfen ver Römer (IV, 78.). Ueber ihren übrigen Schickſaln
ſchwebt ein Dunkel. Denkmäler der XXI Rapax in Ober-Germanien finde
fi bei Lehne gef. Schr. II. Nr. 210. 211. Jahrb. d. Vereins von Alter:
thumsfr. im Rheinl. II. S. 103. Nr. 68. Jahn's Jahrb. für Philol. TV
3, 895 f. Zeitſchr. f. d. Alterthumswiſſ. 1837. ©. 385. Orell. inser. Hel
veticae n. 163. 245 b. 256. 270—272. Orell. inscr. coll. ampl. 1549
Die legten ziemlich ſichern Nachrichten von ihr gibt eine Infchrift bei Grute
382, 6., wonach Galpurmius Fabatus, hochſt wahrieinli ver Großvate
der zweiten Frau bed füngeren Plinius, der um 104 n. Ghr. im Hofe
Alter farb, in feiner Sugend Tribunus militum der XXI Rapax war. Di
Legion wird alfo unter Domittan noch eriftirt haben. Daſſelbe Refultat get
au aus einem ziemlich corrumpirten Sragmente bei Murat. 820, 1. 2032
4. hervor. Auf der Säule im Vaticaniſchen Muſeum, welde die Legiona
aus der Zeit des M. Aurelius enthält (Orelli 3369.), fehlt der Name we
XXI Rapax. Sie muß alfo in der Zwifchenzeit untergegangen fein, ım!
wenn wir annehmen, daß die V Alauda unter Domitian eingegangen if
muß dieß fogar erft nad Hadrian, ber vor bem Untergange ber IX Hispan:
noch —— — hatte (Spart. Hadr. 15.), geſchehen fein. Sollte fie etırmı
erſt unter M. Aurelius felbfk untergegangen fein (vgl. Capitol. M. Aurel. 14.)
Legte (Geſchichte) | 808
Legio XXlI Dejotariana f&eint nit romiſchen Urfprungd gewe⸗
fen, fondern von dem galatifhen Tetrarchen Dejotarus errichtet (Bell. Alex.
34. 39. 69. 77.), nad ver Binziehung Galatiens, 25 vor Chr., von Aus
guftus übernommen und ſpäter ald römiſche Legion anerkannt worben zu
fein, etwa wie die V Alauda, bie aus transalpintichen alien geworben
mar und fpäter nach erhaltenem Bürgerrechte als römifche Legion anerkannt
wurde (f. oben V Alauda), ober wie bie cohors Pontica, deren Sol⸗
daten regium auxilium olim, mox donati civitate Romana,
signa armaque in nostrum modum retinebant (ar. Hist. IH,
47.; vgl. Ann. XV, 6.). Wenn wir ald gewiß annehmen, baß bie XXI
Rapax, weil ihre Soldaten von Tacitus Ann. I, 31. vernacula multitudo
genaunt werben (vgl. Caſſ. Dio LVII, 5.), erſt nah der Varusſchlacht er⸗
richtet iR, fo liegt darin au die Andeutung der Zeit, wann bie XXU De-
jotariana ald rõmiſche Legion völlig anerkannt wurde, da fih die Zahl der⸗
felben an die der XXI angefchlofien zu haben ſcheint. Als Auguſt flarb,
Iag die Legion in Alexandria in Aegypten (Infhr. bei Wiener de leg. XXU
Rom. n. 104. und 105.). Wie unter Claudius dieſe Legion getheilt und
ein Theil verfelben neu ergänzt unter dem Namen XXI Primigenia nad
Germanien geführt worden, haben wir oben in der Geſchichte ver XV Pri-
migenia gefeben. In Alexandrien hatte die XXII Dejotariana Theil an der
allgemeinen Sudenverfolgung zu Anfang des jübifchen Krieges (Iof. bell. Jud.
II, 18, 8.), und nad Vespafian's Tihronbefteigung (Joſ. bell. Jud. IV, 10,
5. 6.) Rießen 1000 Dann der Legion unter ihrem Lagerpräferten Aeternius
Fronto zu dem Heere ned Titus, das Jerufalem belagerte (Joſ. beil. Jud. V,
1, 6. VI, 4, 3. Xac. Hist. V, 1.). Diele zeichneten fi$ anfangs gegen bie -
von ihnen gehegte Erwartung bei ber Belagerung aus (Joſ. bell. Jud. V,
6, 5.), werben aber fpäter- von Joſephus nicht mehr erwähnt. Auch die
Inſchriften geben uns Feine Kunde weiter von den Schickſalen und Ihaten
der Legion, wie denn überhaupt die Zahl der Infchriften ver XXI Dejota-
riana fehr gering tft (f. außer Wiener 1. 1. n. 104—110. noch Orell. 3396,
und Murat. 740, 8.). Unter den Infhriften der Diemnonsfäule (ſ. Letronne
la statue vocale de Memnon p. 119. 131. 236 ff.) ift eine mit dem Namen
der Legio XXI aus dem Aten Megierungsjahre bed Domitian (85 n. Chr.),
die letzte ſichere Nachricht von dieſer Legion. Noch fpäter indeß ſcheint bie
auf dem Dions Claudianus in Ober- Aegypten gefundene Inſchrift zu fein,
die 2etronne recueil des inscr. grecques et latines de l’Egypte I, p. 426.
unter Vergleihung mit einer Infchrift bei Muratori 478, 3. und einer ans.
dern von ihm S. 121. gegebenen unter bie Regierung bed Trajan ſetzt.
Nichts hindert und denmach anzunehmen, daß unter dieſem Kaifer Die XXII
Dejotariana eingegangen und durch die HI Trajana erjeßt fei (vgl. oben bie
Geſch. der XV Primigenia). '
Legio XII Primigenia wurde unter Claudius, wie oben berichtet,
nach Ober-Sermanien geführt, und hatte in Mainz ihre Standquartiere.
Als fie hier am Neujahrstage des I. 70 für Galba beeibigt werden follte,
weigerte fie fih, durch das Beifpiel der IV Macedonica angefnornt, und.
ſchwur nur dem Senate und dem römiſchen Volke den Eid der Treue (Tar.
Hist. I, 55;; vgl. 12. 18. Plut. Galba 22.). Pier Genturionen der XXI
Primigenia, bie dem Galba anbingen, wurden gefeflelt und fpäter auf Bes
fehl des Vitellius hingerichtet ( Tac. Hist. I, 36. 59.). Zwei Tage darauf
(don huldigte Die Legion dem Vitellius, den ein Theil derſelben unter Cäcina
nad Italien begleitete, wo fie dad Schickſal der übrigen Vitelliſchen Legio⸗
nen tBeilte (I, 61. II, 100. II, 22.). Der in Germanien zurüdgebliebene
Heil der Legion, durch eilige Aushebungen in Gallien etwad verflärkt, Tieß
fich wieder zur Meuterei gegen ben Legaten ber Provinz Hordeonius Flaccus
900 Legio (Geſchichte)
hinreißen, und übertrug dem Legaten der XXII Primigenia, Dillius Bocula,
die obere Leitung des Kriegd gegen die empörten Bataver und Ballier (Tac.
Hist. IV, 24 ff. Inſchr. bei Murat. 697, 5.). Als aber auch diefer uns
glüdlich gegen die Feinde war, konnte auch er nicht verhindern, daß Hor⸗
deonius Blaccus von den mwüthenden Soldaten ermordet wurbe; indeß gelang
es ihm ſelbſt nit nur fi zu reiten, fondern er führte au bie zur Be⸗
finnung zurüdgefehrten Soldaten, unter ihnen auch die der XII Primigenia,
zum Entſatze des von einem Heere räuberifcher Germanen bebrängten Mainz,
nachdem er fie für Vespaflan in Eid und Pflicht genommen hatte (Zac.
Hist. IV, 37.). Dennod liegen nah Vocula's Tode die ihres Führers be-
raubten und gänzlih bemoralifirten Soldaten der XXII Primigenia fi ver-
leiten, ihren dem Vespaſian geleifteten Eid wieder zu brechen und einen neuen
Zip pro imperio Galliarum zu leiften (Tac. Hist. IV, 59 ff.). Erft vie
Ankunft des Petilius Gerealid und neuer Truppen änderte die Lage ver
Dinge; bie XXI Primigenia wird aber in dieſem Kriege nicht wieber er-
wähnt. Aus den Schrififtellern erfahren wir außer biefem nur no, daß
der nachherige Kaifer Didius Julianus unter M. Aurellus die XXI Primi-
genia in Germanien commanbirt babe (Gpart. Did. Jul. 1.); weder Ptole-
mäus, noch bie Notitia Imperii, weder das Itinerarium Antonini, noch
Bafftus Dio, melde Lebtere an den Stellen, die den Namen der Legion
enthalten müßten, corrumpirt zu fein ſcheinen, nennen die Region; es bleiben
und demnach für die fpätere Zeit nur noch die Nachrichten ans den Infchrif-
ten und Münzen, die im Ganzen darin Übereinflimmen, daß die Legion, fo
lange fie eriflitte, ihre Standquartiere in Ober⸗Germanien (in Mainz) bes
hielt. Bel ver Wichtigkeit der Geſchichte der XXII Primigenia für Deutſch⸗
land mag eine chronologiſche Lieberfiht der Inſchriften viefer Legion Hier
wohl an ihrem Plage fein: Die ältefle Infcrift, „worin der Name Legio
XXII Primigenia vorfommt, vom I. 65 nad Chr., findet fih bei Murat.
227, 4. Dann folgt die oben ſchon erwähnte Grabfchrift des Dillius Vo⸗
cula (Murat. 697, 5.). Aus der Zeit des Hadrianus find die Infchriften
bei Orelli 822. und Wiener de leg. Rom. XXII, n. 2.; in ihnen wird die
2egion zuerfi Pia Fidelis genannt (vgl. Orelli 2093. Kellermann Vigiles
n. 278.). 178 n. Chr. Lehne gef. Schr. I. Nr. 12. 63. Wiener n. 35.
(Aſchaffenburg). Lehne I. Nr. 47. (Mombad). 181 n. Chr. Kehne I. Nr.
124. (Mainz; Fortunae reduci Leg. XXII Pr. P. F., als Beweis ver Theil⸗
nahme dieſer Legion an dem Feldzuge dieſes Jahrs unter dem nachherigen
Kaifer Clodius Albinus). 185 n. Ehr. Lehne I. Nr. 23. (Mainz). 186
n. Chr. Stälin in den Würtemb. Jahrb. 1835. 1, S. 86. (Dinhaufen).
196 n. Chr. Lehne I. Nr. 69. (Mainz). 198 n. Chr. Lehne I. Nr. 45.
(Mainz). 201 n. Chr. Stälin a. a. D. ©. 64. (Groß-Botwar). 204 n.
Chr. Wiener n. 38. (Seligenflavt). 210 n. Chr. Jahrb d. Vereins von
Alterthumsfr. im Rheinl. IH. ©. 95. Nr. 46. (Mainz). 212 n. Chr. Wie⸗
ner n. 32. (Trennfurt). 219 n. Chr. Orelli Nr. 402. (Solothurn; Lee.
XXI Antoniniana P. P. F. vgl. Wiener n. 20.). 223 n. Chr. Stälin ©.
14. (Gannflabt; Leg. XXII Pr. P. F. Severiana). 225 n. Ehr. Orelli Nr.
2105. (Xangred; Germ. Superioris). 227 n. Chr. Lehne I. Nr. 24. (Mainz;
Leg. XXII Alexandri). 230 n. Chr. Lehne I. Nr. 109. (Heddernheim; legio
XXI P. Alexan. P. F.). Die Ießte mit chronolog. Angaben verfehene In-
ſchrift möchte wohl die in ‘Mainz gefundene bei Lehne I. Nr. 132. fein, die
pro salute DD. NN. sanctissimorum impp. dem Bonus Eventus geweibt
und wahrſcheinlich auf Pupienus und Balbinus oder auf bie beiden Phi⸗
lippus zu beziehen if. — Noch Kat man aus einer Yimatt gleichartiger, in
Lyon gefunbener Infchriften ſchließen wollen, daß eine Golonie von Betera-
nen ber XII Primigenia nach Lugbunum geführt fei (Wienet n. I2— 15.
Legio (Geſchichte) 0 9
Grut. 539, 2. Orelll Nr. 3373.); mir feinen dieſe Inſchriften nur ein
Zeichen zu fein, daß die XXII Primigenia dort recrutirt fei; ſollte aber wirklich
eine Militärcolonie nah Lugdunum geführt fein, fo laſſen die bei einigen
Hinzugefügten Beinamen Pia Fidelis und der Stil der Infchriften nur auf
eine fpätere Zeit fchließen. — Außer den im Obigen aufgeführten Infchriften
find innerhalb der Gränzen des römiſchen Germaniens noch über 70 Inſchriften
ber XXI Primigenia und eine beträdhtlihe Menge von Ziegeln derſelben
Legion ohne chronologifge Angaben gefunden worden, deren Aufzählung bier
zu weitläufig fein würbe. Ich vermeife deßhalb nur auf Wienern. 17—101.
und Zehne II. n. 212—248. — Da aufer den Münzen des Severus auch
die des Gallienus (auf dieſen Leg. XXII und Leg. IIXX) und Victorinus ven
Namen der XXII Primigenia tragen, muß die Legion wohl erft nach dieſen
Kaiſern untergegangen fein.
Legio XXX Ulpia Victrix, von Trajan zum Erfah für die damals
eingezogene XV Primigenia errichtet *, hatte ihre Standquartiere in Vetera
(af. Dio LV, 24. Btol. Itin. Ant.). So viele Inſchriften biefer Legion
au erifliren, fo arm find wir doch an Nachrichten über die Thaten der»
ſelben; die Inſchrift bei Muratori 1064, 3., wonach ein Soldat berfelben
von Trajan im Daeiſchen Kriege belohnt fein fol, ift falſch. Einer der erfien
Legaten ber Legion muß 2. Aemilius Karus gewefen fein (Kellerm. Vigiles
n. 243.). linter ven am Rheine gefuntenen Inſchriften finden NR chronos
giſch beſtimmte: vom I. 182 (Bonn) bei Brut. 9, 3.; v. I. 185 (Nims
wegen) bei Dluratort 843, 3.; v. I. 210 (Xanten) bei Sanffen Mus. Lugd.-
Bat. inser. Graec. et Lat. p. 79. Tab. X. n. 3.; v. 3. 223 (Xanten) bei
Lerſch Gentralmuf. rheinl. Inſchrr. II. Nr. 14. (Hier zuerft die Beinamen Pia
Fidelis) ; v. 3. 230 (@leve) ebend. II. Nr. 3. (mit den Beinamen Severiana
Alexandri P. F.); v. 3. 232 (Xanten) — II. Nr. 8. (mit den Beinamen
* —* vgl. ebend. III. Nr. 196.; v. J. 233 (Eleve) bei Murat. 1997, 5.;
239 (Cleve) bei Dorow Denkm. vr u. röm. geit in den rein.»
— Prov. J. S. 99. Die übrigen am Niederrhein gefundenen Inſchriften
ver Kt geben Brut. 535, 1. Murat. 94, 7. Hüpſch Epigr. Germ. inf.
15. n. 49. p. 27. n. 7. 1% 29. n. 14. Orelli 2454. Spenrath Alterth.
re. der Stadt Kanten 1. 101. Steiner cod. inscr. Rheni n. 694.
709. 749. Lerſch Gentralmuf. ent Infhrr. I. Nr. 7. 33. 53. I. Nr.
26. 28. Ziegel der Legion wurden außerdem in großer Menge an verſchie⸗
denen Orten, felbft am Oberrheine, gefunden. Auch von Veteranen biefer
Legion find mehre Grabſteine in yon und andern Städten des fühl. Frank⸗
reih8 gefunden worden; f. Brut. 520, 6. 525, 6. 552,5. Murat. 848, 6.
Neue Jahrbb. f. Philol. u. Päd. Suppl. II. 2. ©. 287. Ne. XX. u. XXI
Bon ihnen gilt daſſelbe, was oben von denen der XXII Primigenia und
1 Minervia gejagt worden. Uebrigens erfcheint der Name ber XXX Ulpia
Vietrix au auf Münzen des Severus, Gallienus, Victorinus und Barauflus.
Die lehte beſtimmte Nachricht von derfelben findet fih bei Amm. Marcellin.
XVII, 9., wo erzählt wird, daß fie unter Conſtantius II. gegen Sapor na
Amida in Mefopotamien geführt ſei; in der Notitia Imperii fcheint fie unter
bem Namen Truncensimani, der unter ven galliihen Regionen ſteht, verſteckt
zu fen. [G.]
Legio, Name mehrerer, aus Stanplagern röm. Leglonen hervorge⸗
gangener Ortſchaften. Die befanntefte iſt Legio VII. Gemina (It. Ant.
395., bei Ptol. IE, 6. Aeyior Z Tepuarınn), Stadt in Aflurien, das
eut. Leon, bie Haupiſtadt der gleichnamigen Provinz. Die bei Ptol. II, 9.
® Mricesima nannte Trajan die Legion!, weil er außer ihr noch 29 Legionen
Hatte; vgl, Spart. Hadr. 14. Eckhel dootr. num. vet. VIII. p. 491.
902 Logis aectie
ausdrücklich als Stadt in Gallia Belgica angeführte Legio Traiana
(Toawrn Aeyiov) iſt wahrſch. nicht verſchieden von Colonia Traiana (f. d.)
ober dem heut. Kelle bei Clere. Mannert aber III. S. 431. nimmt fie für
identiſch mit Confluentes oder Koblenz, und Ufert I, 2. ©. 527. ſucht fie
beim heut. Godesberg. Vgl. auh Wilhelm, Germanien ©. 112. [F.]
Legis actio ift eine follenne Handlung, von vorgejäriebenen Worten
begleitet und durch eine lex eingeführt (wovon auch ber Name herrührt oder
davon, daß die Formen der Handlung den Worten der lex genau angepaßt
waren, Gai. IV, 11.). ine folche feierlide Handlung kann vorgenommen
werden, ohne dadurch einen Rechtsſtreit einzuleiten, und dann bat legis actio
einen weiteren Umfang und iſt f. v. a. legitima actio, 3. B. emancipatio,
adoptio, in iure cessio etc. (Gai. II, 23. Vat. fr. 49.), nicht zu verwechſeln
mit actus legitimi, 1. 77. D. de reg. iur. (50, 17.), über welde ſ. Bo. 1.
‚©. 60. :Baber semestr. II. c. 20—24. Schilling, Bemerk. über roͤmiſche
Rechtsgeſch. S. 87 f. u. ebenderf. Inflitut. u. Gel. d. röm. Privatrechts
1. ©. 248 ff. - Auch wirb der Ausdruck legis actio in diefem Sinn oft auf
Obrigfeiten bezogen und bezeichnet dann die Befugniß, foldde Verhandlungen,
wie manumissio, adoptio ıc. vor ſich vornehmen zu laſſen, z. B. Paul,
II, 25, 4. apud magistratus municipales, si habeant legis actionem, eman-
cipari et manumitti potest. I. 4. D. adopt. (1, 7.) 1. 3. D. off. procons.
. (4, 16.) 1. 1. D. off. iurid. (1, 20.) 2c., f. Schilling am a. D. u. Briffon.
Lex. h. v. — Im e. ©. ift aber 1. a. eine folde feierlige, mit gewilien
Worten begleitete Handlung, melde beide Barteien vor dem Magiftratus in
iure vornehmen, um badur einen Mechtöftreit unter fi einzuleiten, fo daß
dur diefe Handlung der Prozeß eine eigenthümliche Form erhält; und biefe
Prozeßform war die ältefle und urfprüngli einzige, vol. Bo. I. ©. 56 f.
III. S. 377. Solder legis actiones gibt es vier: |. a. per sacramentum,
I. a. per iudicis postulationem, ]. a. per condictionem, l. a. per manus
iniectionem, zu benen Itens noch uneigentli 1. a. per pignoris capionem
gerechnet wurde, welche eigentlih nur eine l. a. im w. ©. ifl. Gai. IV, 12. —
1) L. a. sacramento ift die Ältefle, aus einem religiöien Element ent⸗
fprungene, allgemeinfte und demnach am häufigften anzuwendende Cinleitungs⸗
art der Prozeſſe. (Falſch ift die in dem Schriften: über die legis actiones
und das Centumviralgericht, Zwickau 1839. aufgeftellte Anſicht, daß 1. a.
sacram. erft durch Servius Tullius als ältefte plebejiihe Prozeßform einge»
führt worben fei, während 1. a. per iud. postulat. die älteſte Grundform
bes roͤm. Prozeſſes für die Patricier ſchon vorher geweien fe.) Der Name
diefer 1. a. rührt von dem Hauptmoment berfelben ber, nämlich baß bie
Parteien eine Beldfumme (gen. sacramentum, f. d.) in sacro nieberlegten
oder fpäter Bürgen flellten,, diefe Summe bezahlen zu wollen, wenn fie den
Prozeß verlören. Der Prozeß drehte ſich nun um die Grlegung dieſes
Succumbenzs oder Strafgeldes, und barauf lautete auch das Urtheil (nämlich
weflen sacramentum iustum fei, Varro 1. 1. V, 180. Cic. p. Caec. 33.),
fo daß das flreitige Necht davon abbing, wer das eingeleßte ober verſprochene
Geld verlor. Wenn das Streitobjeft 1000 Aſſes ober mehr betrug, fo war
die Strafiumme 500 Affes, bei minder werthvollen Saden 50 Aſſes und
‚ebenfalls fo viel bei Streiten über vie Freiheit (oausae liberales, Bd. L.
©. 872.). Seit lex Pinaria fonnte bei 1. a. sacram. von den Parteien bie
Ertheilung eines Richters gefordert werben, vorher richteten regelmäßig die
Decemviri oder der Magiftratus, f. Bo. IV. S. 360. 379. Sacramento
contendere h. bad Verfahren, d. 5. ſowohl auffordern, ein sacramentum
zu beponiren, als die Summe nieverlegen, worauf ſich die Siglen des Bale-
‚ring beziehen: Q. N. T. S. Q. P., d. h. quando negas, te sacramento
quinquagenario provoco. Bel Bigenthumsprogefien fam vor ber Aufforde⸗
{ .
Legis actlo 903
rung zum sacramentum ein anderer Akt hinzu, vindicatio gen., f. d. Art.
u. Sai- IV, 13 ff. — Daß bie 1. a. sacram. ſich urfprünglich aus dem ges
richtlichen Zweikampf entwickelt habe (fo Asverus, über d. 1. a. sacram.,
einzig 1837., und die Denunciation der Römer, Keipz. 1843. ©. 149 ff.
und Huſchke in Rec. d. erflern Schrift, in Richters u. Schneivers-Erit. Jahrb.
1839. &. 665—686.), widerſpricht eben fo fehr dem Geift der röm. Inſti⸗
tute, als den dafür angeführten Beweisftellen, f. Nec. in Jahns Jahrb. f.
Phil. 1838. S. 131—138. u. Puchta, Inflitut. II. S. 77 f. Abgerechnet
diefe irrige Grundanficht enthalten Asverus' Schriften manches Bute und
Sharflinnige über die 1. a. sacr. — 2) Nicht viel neuer als l. a. sacr. war
vie freiere (nah Bachofen, de Rom. iud. civil., Gott. 1840. p. 146 ff. u.
Asverus, d. Denunc. S. 171. Hätten die Richter nit einmal Inftruftion
erhalten) 1. a. per iudicis postulationem (nad Aëverus ©. 159 ff.
von Servius Tullius eingeführt und auf die negotia bonae fidei beſchränkt),
bei welcher die Beſtellung eines Michter dur den Magifiratus dad Eigen»
thümliche war. Die dieſes Verfahren veranlaffenden Gründe find S. 360 f.
angegeben worden. Die verſchiedenen Anfichten über dieſe I. a., melde wegen
mangelnder Nachrichten der Hypotheſe einen weiten Spielraum barbietet, f.
Zigerfitöm, de iudicibus p. 6—16., deſſen innere Gef. d. röm. Rechts
©. 95 ff., Heffter obs. IV. ad Gai., Zimmern, Civilproz. S. 115 ff. und
Atverus am a. D. — Nah und nad murbe au bei ben andern leg. act.
bie postulatio iudicis geflattet, und als der Formularprozeß dieſes Verfahren
zur Regel gemacht Hatte, mußte natürlich dieſe I. a. aufhören. — 3) L. a.
per condictionem hat ihren Namen von dem babei eigenthümlichen, auf
Bildung des Gerichts Hinzielenden Verfahren, nämlich von der Verabrebuug
der Parteien (condictio, |. ®b. II. &. 586.), fich am 30ſten Tag ad iudi-
cem capiendum vor Gericht einzufinden, wodurch die in ius vocatio ver⸗
mieben, dad sacramentum umgangen und das Verfahren abgefürzt und bes
ſchleunigt wurde. Lex Silia führte diefe 1. a. ein für die Klagen auf eine
beimmte Geldſumme und lex Calpurnia geflattete die Anwendung derfelben
au bei Klagen, welche auf daB Geben anderer, nah Qualität und Quan⸗
rität beſtimmten Sachen gerichtet war, Gai. IV, 18—20. (Nach Adveruß,
Denune. ©. 137—149. 172—182. wäre 1. a. p. condict. als flrenge aber
bequeme und ſchnelle Klage für pecunia certa und res certa eingeführt
worden, da 1. a. sacr. zu unbequem, I. a. p. iud. post. zu lax geweſen fet.
Der Richter habe nur darüber zu unterfuchen gehabt, ob ver geflagte Anſpruch
on ſich beflche oder nicht, ohne Müdficht auf etwaige Exceptionen. Könne
der Kläger das Geforberte nicht fireng beweiſen, fo falle er ganz dur.)
An die Stelle diefer I. a. trat im Formularprozeß die Klage, welche con-
dietio 5. und große Ausbehnung erfuhr, ſ. Bd. IH. S. 586 f. — 4) L. a.
per manus iniectionem iſt gewifjermaßen eine Ergänzung der andern
legis act, indem in gemifien Bällen ver Kläger den Bellagten ergreifen und
voor Bericht bringen durfte (nämlich wenn der Beklagte zur Bezahlung einer
Schuld verurtheilt war und nit gezahlt Hatte u. f. w. — kurz, wenn er
indicatus war ober pro iudicato gehalten wurde), um dort die feierliche
manus iniectio vorzunehmen. Gat. IV, 21 ff. Das Verfahren ſelbſt, bie
ſtrengen Folgen der m. i., fo wie die fpätere Ausdehnung dieſes Gebrauchs
f. manus iniectio. — Eben fo wenig als I. a. per man. ini. bezweckt 1. a.
per pignoris capionem Anordnung eined Beriätö; file wird nit vor
dem Brätor, ja nit einmal in Gegenwart des Beklagten vorgenommen,
Sat. IV, 26. Der Kläger ergriff nämlich eine dem Schuloner gehörige Sade
mit ſollennen Worten und burfte biefelbe verkaufen, wenn fle der Schuldner
nicht einlößte. Neben dieſer Pfändung, melde Privatleute vornehmen durften,
ſteht die von Magiſtraten in öffentlichem Intereffe anzuflellende Pfändung,
904 Legum — Asınouegtvpiov din
ſ. pignoris capio. — Die einzelnen Alte des Legisactionenprozeſſes 1.S.379.
und bie dort cit. Urtt. Ueber die Verbrängung ber durch ihre Härte ver>
baßten und unbequemen 1. a. durch den freieren. Bormularprozeß ift Bo. LEI.
©. 508. gefprechen worden; lex Aebutia und leges Juliae (wahrſchein lich
die leges iudiciorum publicorum und privatorum von Auguſtus) beſchränkten
bie leg. act. dergeſtalt, daß fie ſeitdem nur für zwei Faͤlle übrig blieben:
1) bei Centumviraliahen, wo 1. a. sacr. notbwendig war, Bb. II. ©. 260.,
2) bei damnum infectum, wo man aber aud) bald das neuere Berfahren
vorzog. Die andern leg. actt. waren nun ganz verſchwunden, f. Bd. IH.
©. 508. — Literatur (außer den angef. Schrr. von Bachofen und As»
verud): v. Hafſelt, de 1. actt., Groning. 1824. Olſen, del. a. Haun.
1825. 1827. IH: Zimmern, Givilpro;. S. 85 ff. 10?%—141. Rein, Privatr.
u. Givilproz. ©. 427 ff. Tigerfiröm, inn. Geſch. d. R. R. ©. 89-108.
Puchta, Inftit. II. S. 75—91. [R.
Legum (Añjo», Ptol. IH, 4.), eine Stadt im Südweſten Siciliens
unweit der Küfte, norböfllih von Lilybäum. [F.]
Leherennus, Gottheit, auf einer in Gonvenä (in den Pyrenäen, ſ.
Bd. II. ©. 635.) gefunbenen Inſchrift Hei Gruter. 1074, 6. Orelli 2020.
Vgl. Nehalennia [W.T.]
Leimeone;, f. Elone.
Leiniacum (Tab. Peut.), Ort in Ahätien an der von Samolucenä
öftlih Tängd der Donau hinführenden Straße, an der Mündung des Lechs
in die Donau, beim Klofler Nieder-Schönfeld. [F.]
Leinum (Arivor, Ptol. III, 5.), Stadt in Sarmatia Guropäa an
dem weſtl. Nebenfluffe des Boryſthenes (oder dem heut. Bog), etwa in der
Nähe des heut. Braclow. [F.]
Asınouaprvolov (Anou.) dinn, eine fhägbare Privatklage (Yoxgr,
ungenau bei Bekk. Anecd. p. 276, 31. u. Photius), gerichtet gegen ben»
jenigen, welcher dem Verſprechen, vor Gericht perfünlih Zeugni abzulegen,
nit entſprach (Suidas, Photius), vieleiht auch gegen ben, welder des
gegebenen Verſprechens ungeachtet doch vor Gericht nichts von der Sade zu
wiſſen erklärte. Die Quellen über dieſe Klage fließen fehr ſparſam; vgl.
außer den angef. Grammatifern und Vol. VIII, 36. beionderd Demofih. g
Timoth. p. 1190. $. 19., woraus Meier At. Proc. S. 392. folgert, v*
bie Klage Auszouaprvpiov innerhalb der Verhandlung der Hauptſache ein⸗
gereicht werden mußte, während dieſe ſelbſt ruhen blieb, die Klage Baßr;
bingegen ald Rechtomittel dem durch Verweigerung des Zeugniſſes Beein-
traͤchtigten zuſtand, ſobald das Urtheil ſchon geſprochen war. Die Annahme
der dinn Asınou. ſteht natürlich unter Zuſtimmung des Gerichtshofs der Be⸗
hörde zu, welche in der Hauptſache competent iſt. Verwandt mit dieſer Klage
und zuweilen mit derſelben verwechſelt iſt das Verfahren, welches —XXX
oder nÄnzevang (exxAntevem, xanttuveiv) hieß. Den Unterſchied gibt im Au⸗
gemeinen Photius richtig ſo an: Zomer de ne To EnnÄntave, air? on
ö Ady ovda nv aoynv BeAroag uagtugeis dBexÄnrevero, 6 68 UmOOYOuETOS
uev, erÄınov 68 Aınouaprvpiov exgivero. Die exnÄntevons war eine durch
den Herold zu machende feierliche Ankündigung und Aufforderung vor Bericht
p erſcheinen, um in einer Sache Zeugniß abzulegen; wer dieſer nicht nach⸗
am, fiel in eine Strafe von 1000 Drachmen, die vermuthlich an den Staat
gezahlt wurde, ſ. Photius, Harp. s. v. xAnzüoes xai nAntever, Guidas,
Bekk. Anecd. p. 272, 6. Vgl. Aeſch. g. Tim. F. 46. de fals. leg. $. 68.
kyc. g. Leocr. F. 20. Dem. g. Neär. p. 1354. 6. 28. Daß aber, wie
Seralus animady. in ius att. p. 488. annimmt, die emnAnzevag nur in
Öffentlichen, die din Auınouaprvgiov nur in Privathändeln flattgefunden habe,
iſt mindeſtens zur Hälfte unmahr; denn daß die erfiere auch in Privatſachen
Aunovavriov u. Asınoorpariov ypapı — Asstovpyias 905
vorkam, beweist Dem. g. Zenoth. p. 890. 6. 30. Im Allgem. f. Meier
u. Sähömann At. Proc. S. 387—393. u. 672 f. [ West.]
Asınovavriovu. Asınoorpariov yoayn, Klage wegen Defertion .
von ber Flotte und vom Heer, kommt nur bei Pol. VIEL, 40. 42. vor und
in kaum für atiif$ zu halten. [West.] -
Asınorafiov ypayn, Öffentlige Klage nicht nur gegen den, ber
aus Zeigheit während des Kampfes aus bem DBorbertreffen in pas Hinter-
treffen zurückwich, fonbern auch gegen ben, welder fi, zum Fußdienſt aus⸗
gehoben, nicht ſtellte. Lyſ. or. XIV. 6. 5 f. axovere Or nepl aupordowr
neitas (6 v0u0g), ai 0008 Er MayIS OVONS Eis TOVRIOO AVAYWETCOM nacd
co Er 87 15 nelg orpau& un naoan. Die Klage warb nad Dem. g.
Böot. p. 999. $. 17. vom Taxiarchen angenommen, jedo wohl nur im.
Auftrage der Strategen, die über alle Militärvergeben bie Jurisdietion hatten’
(Meier d. bon. damn. p. 123.), und bier, wie bei den übrigen, wurben
bie Michter aus dem zur Zeit des Verbrechens activen Heere genommen, Lyſ.
XV, $. 3. Die Strafe war Atimie, Andoc. d. myst. 6. 74. Dem. d.
Rhod. lib. p. 200. $. 33. Ach. g. Etef. 6. 175. vgl. Bol. VIII, 40.
Welche nichtige Vorwände zumellen ald Motiv der Klage dienten, zeigt daß
Beifpiel des Demofbenes, Mid. p. 547. 6. 103. Der Ball aber bei Dem.
d. cor. trier. p. 1230. $. 8., wo bie Trierarchen, melde durch Verpachtung
der Trierardhie eine Niederlage verfääuldet, zur Berantwortung gezogen werben,
kann ebenfowohl unter den Gefichtspunkt der moodon« als unter den bed
Anınorakıor gebraht werden (narayasporormourtes npodsdurndras Tag Yaüs
nos Asloınercı zw zakır). Bol. Meier Att. Broc. S. 108 f. 364 f. Platner
Prozeß I. ©. 90—93. 94 - 96. [West.]
Leis, f. Althepus, ®b. I. &. 387.
Asırovoyias. Diefen Namen führten in Athen gewiffe auf die Auge
übung des Cultus bezügliche Befchäfte, welche die Bürger yerfönlih und
unter Leiflung der damit verbundenen Koſten aus eigenen Mitteln für ben
Staat übernehmen mußten. Man unterfehien orbentlihe, ayaundsoı (Bekt.
Anecd. p. 250, 22.), in ver Reihe Herumgehende, von benen die yoonyie,
Yywraaızpyia, Eoriang und apyıdawpia die bebeutendflen waren, und eine
außerorbentlidhe, zompapyie. &. unt. diefen Artt. Daß diefe Einrichtung
in der Hauptſache mindeftens bis auf die Zeit Solons zurüdgeht, ergibt fi
aus deſſen Geſetz über den Vermögenstauſch bei Dem. g. Bhän. p. 1038.
$. 1. Natürlich nur die Begüterten konnten zu ſolchen Leiftungen verpflichtet
werben: diefe Belaflung jedoch glich fi anfangs dur größeren Antheil an
der StaatBregierung verfafiungsmäßig wieder aus. Als aber nad und nad
die Maſſe ſich aller Souverainetätsrechte und der damit verbundenen Bortheile
bemädtigte, wurden bie Leiturgien, zu welchen gleichwohl bie wohlhabende
Elafje nach wie vor verpflichtet blieb, zu einer wirklichen Laſt, welde dem
Athener nur fein unvermäftlicder Patriotismus und feine Citelkeit mit einem
gerwiffen Gleichmuih tragen Half. Das Geſetz beflimmte keineswegs die auf
den Dienſt zu verwendenden Koften, aber eben dadurch rechnete es auf bie
Lineralität der vermögenven Bürger, und hatte fi gewiß in ven meiften
Fällen nicht verrechnet. Die Leiturgien wurden fürmlih Chrenſache, blos
das Nothpürftige zu leiſten galt als unehrenhaft (Ifäus üb. d. Erbe d. Apollod.
$. 38.), die Würde des Staates und freilich auch yerfönlicdes Intereffe er»
heifäte eine würbige Ausflattung, ein wahrer Wetteifer entſtand, Ciner fuchte
den Andern an Glanz und Pracht der Ausräflung zu überbieten, und dabei
mag mandes Mal des Buten zu viel geihan worden fein (Thuc. VI, 31.
Hocr. d. big. 6. 33. Dem. g. Polyd. p. 1208. 6. 7. Blut. Nic. 3.,
beſonders die 2ifte Rede des Lyſias), manche Bamilie ſich zu Grunde ges
richtet haben (Dem. g. Div. p. 334. $. 61. g. Euerg. p- 1198. 6. 54.
IV.
806 Asızoveyias
Antiphanes bei Athen. III, p. 103. E.). Daher auch bie häufige Berufun;
auf die gebraten Opfer vor Gericht, wie bei Antiph. or. H. 6. 12. Lyi
11..$. 47. Iſäus Apollod. 6. 36. Dem. g. Mid. p. 563 f. $. 151 ff. u
öfter. Freilich Lam es in ſchlechten Zeiten au vor, daß ed an Unterneb
mern mangelte (f. unter — obwohl der Fall bei Dem. g. Mid. p. 518
$. 13. eher aus einer Nahläßigkeit ver Behörden, welche die Ausführun:
zu leiten und zu überwachen hatten, zu erklären fein möchte. In folcher
Fällen wurde der Mangel dur freimillige Uebernahme (Dem. a. D.) odeı
durch den Staat felbft gedeckt. Gewiß aber gehörte Died zu den Seltenheiten
(ganz zuverfichtlich jagt Dem. g. Lept. p. 463. 6. 22.: aA Tcusr exeirc
Önnov, Orts Asıtovgynoovos ur, aynep N moAıs 7, noAloi xai oUn em:
‚Asiyovom), zumal da man bei einzelnen Arten der Leiturgien, beſonders bei
ber koſtſpieligen Trierarchie (f. dieſes), mit der Zeit ganz erhebliche Erleich⸗
terungen für die Leiſtungen eintreten ließ, eben um dem möglichen Mangel,
der bei dem Sinken des Wohlftandes zu befürchten war, vorzubeugen.
Leiftungspflichtig war jener atbenifhe Bürger, der ein Vermögen von min:
deſtens drei Talenten befaß, Iſäus Pyrrh. 6. 80. Dem. g. Aphob. J. p. 833.
$. 64., felbft Auswärtige, die dad Bürgerrecht erhalten, wenn fle actives
Bermögen in Athen hatten, Dem. g. Lept. p. 469. 6. 40. rei (azeAei;)
waren ipso iure nur bie aöduvazos, deren Bermögen unter drei Talenten war,
1177 avaynaiay azeleıny Eyorres, Dem. g. Lept. p. 462. 6. 19., ferner Erb»
töchter und Waiſen, Dem. d. symmor. p. 182. $. 16., letztere felbit noch
ein Jahr nah Bintritt der VoNjährigfeit, Lyſ. g. Diog. 6. 24., endlich die
jevesmaligen neuen Archonten, Dem. g. Lept. p. 469. 6. 28. Außerden
warb einzelnen verdienten Männern Atelie, jedoch blos von den enlykliſchen
Leiturgien (Dem. p. 462. 6. 18.), als befondere Vergünſtigung ertheilt.
S. die Beiſpiele p. 477. $. 69 f. p. 479. $. 75 f. p. 902. 6.148. Gleich⸗
wohl war die Anzahl dieſer durchſchnittlich nicht groß genüg (Dem. p. 463.
6.21. fhlägt fie auf höchſtens dreißig an), daß man fich von dem DL. 106, 1.
geftellten Antrage des Leptines (f. bei. F. 2. 29. 127. 156. der Rede), Dieses
Privilegium den Begünfligten zu entziehen und Eünftig nicht weiter zu ertheilen,
abgefehen auch von der Gehäßigkeit der ganzen Mafiregel, eine mefentlide
Grleichterung hätte verſprechen können; derſelbe warb namentlih in Folge
der Gegenvorflellungen bed Demofibenes verworfen, Dio Chryſ. XXX
p. 635. vgl. Zeitſchr. f. v. Alt. Wiſſ. 1844. Nr. 73. Zu mehr als einer
Leiturgie war gleichzeitig Niemand verpflichtet, Dem. g. Lept. p. 462. ©. 19.
g. Mid. p. 565. $. 155. g. Polycl. p. 1209. $. 9., eben fo wenig konnie
Einem in zwei aufeinander folgenden Jahren eine ſolche zugemuthet werben.
9. Lept. p. 459. 6. 8. Iſäus Apollod. $. 38. Die Meihenfolge der Leis
turgien war durch ein und unbekanntes Geſetz innerhalb der einzelnen Boyle
geregelt: Dem. Phil. I. p. 50. $. 36.: sxeira ur anarıa voum Terexta
xul 70001089 ERROTOS vuor 8x MOAAod, Tig YOpmyoS 1 yvuranapxas Ti;
quañe, Rote xai naoa Tov nal ti Aaßorr« zi dei noir. Die eigentliche
Beftelung (nadozareı) hatten unter Mitwirkung der amıueinrai Tüv grlar
der Archon, ver Baflleus und die Athlotheten (Dem. g. Böot. p. 997. $. 9.9,
der erflere für die großen Dionyflen (Dem. g. Mid. p. 519. $. 13.), der
zweite für bie Lenäen und bei der Gymnafiarchie (Bol. VIII, 90. vgl. Dem.
8. Lacr. p. 940. $. 48.), bie legten wohl für die Panathenäen (Hermann
Lehrb. d. Staatsalterth. $. 161, 7.). Gleichwohl ſcheint jene Reihenfolge
nit ganz feſt beſtimmt geweſen zu fein; darauf führt einmal daB mgoBal-
Ascdeı von Seiten der Phylen bei Andoc. d. myst. $. 132., ſodann aber
die nicht felten vorkommende Erſcheinung, daß Einer durch Zumuthung einer
Zeiturgie fi übervortbeilt glaubte und diefelbe einem Anberen, der feinen
Bermögensumfländen nad eher im Stande war bie Leiflung zu thun, zuzu⸗
Leitus — Leleges 907
ſchieben ſuchte, was mittelft der Antidofis geſchah (f. unt. arzidons). Auf
Die Metöfen endlich waren zu ähnlichen Keiflungen verpfliätet, welche nad
Art der bürgerliden (noAırınas Asız.) organifirt waren. Dem. g. Lept. p. 462.
$. 18. %&f. or. XI. $. 20. vgl. Boͤckh Staatsh. d. Ah. II. S. 75. —
Im Algen. f. 5. A. Wolf prolegg. ad Lept. p. LXXXVI ff. Wachsmuth
Hellen. Altertb. II, 1. S. 130 ff. Böoöckh Staatsh. d. Ath. I. S. 488 ff.
Hermann Lehrb. d. Staatdalt. $. 160-162. [ West.]
Keitus (Anrtos), 1) Sohn des Alektor oder Alektryon (Diod. IV,
67. extr.) und ber Kleobule, Vater des Peneleos, Apollod. III, 10, 8.;
Argonaut, Apollod. I, 9, 16.; Führer der Boentier vor Troja, Hom. 1.
II, 494. XVII, 602. Bauf. IX, 4, 3. Gr nahm von da die Gebeine bes
Arkeſilaus mit, Pauſ. IX, 39,3. Sein eigenes Grabmal zeigt man in Platää,
Bauf. IX, 4, 3. Hyg. fab. 97”. [W.T.]
Lelanta (Anların), Gemahlin des Alcander, |. ®b.1.1.299. [W.T.]
Lelantus campus (ro Anlayıor neölovr, Som. hymn. I, 220.
Gallim. in Del. 289. Strabo I, p. 58. X, p. 447 f. 465.), Ebene von
Euböa zwiſchen Eretria und Chalcis, melde beiden Städte fd um ihren
Beſttz ſtritten (Strabo p. 448. 465.). Sie enthielt Eifen- und Kupfergruben
und warme Quellen (id. p. 447.), war aber au häufigen Erdbeben aus⸗
geſetzt. Plinius IV, 12, 12. ermähnt auch einen Fluß Lelantus auf Euböa,
der aljo, wenn bie Angabe richtig iſt, unflreitig dieſe Ebene durchfloß. [F.)]
Leleges (AsAsyes), uralter und weit verbreiteter (Strabo VII, p. 821.)
Volksſtamm in Griechenland aus vorhellenifer Zeit, der neben den Pe—
Ladgern genannt (Hom. I. X, 429. Hecat. bei Strabo VII, p. 821. XII,
p. 572.), ron @inigen aber (3. B. Step. Byz. p. 496. v. Nivon) auf
fälſchlich mit ihnen Iventifichrt wird; denn die feßhaften und Aderbau treibenden
Pelasger haben mit dem berumfchweifenden und räuberiihen Küftenvolfe
der Leleger nichts gemein, und beide benehmen fi fogar feindfellg gegen
einander (Dion. Hal. I, 12. vgl. Höcks Kreta II. S. 8.) Doch find fie
freilih, fo gut wie die Pelasger, als ein Hauptzweig des großen Urvolkes
in Griechenland anzufehen, aus welchem fpäter. die Hellenen jelbft hervor»
gingen, und mit Unrecht werben fle daher wohl von Strabo VII, p. 321.
u. IX, p. 401. wegen ihrer Verbindung mit den Karern ald Barbaren an⸗
geichen. Woher aber dieſes rätbfelhafte Volk eigentlih flanımte, war ſchon
den Alten unbekannt (vgl. Strabo XIV, p. 680.), und läßt fih eben fo
wenig zur Gewißheit bringen, als Hinfigtlih der Pelasger; denn auf bie
gelegentlihe Bemerkung bed Paufanias I, 39, 6. 44, 3., daß ihr Stamm
vater Lelex aus Aegypten eingewandert fei, wird Niemand großes Gewicht
legen. Die Leleger merben häufig mit.ben Karern in Verbindung gebracht,
ja nach Herodot I, 171. war Xeleger blos der alte Name ver Karer (vgl.
au Strabo VII, p. 321. XIV, p. 661. Pauf. VII, 2, 4. u. Athen. VI,
p- 271.B., nad welchem fi die Karer der Leleger einft als ihrer Leibeigenen
bebienten), während dagegen nach den eben angeführten Stellen des Paufantas
ber Name der Leleger jünger wäre, als jener ver Karer; ob jedoch beide.
Völkerſchaften wirklid Stammvermandte waren, darüber mwuren ſchon die
Alten zweifelhaft (vgl. Strabo VII, p. 324. XII, p. 611. Raoul⸗Rochette
Hist. des col. I. p. 378 ff. u. Hoöcks Kreta II. ©. 6 ff. 292 ff.), doch ſcheinen,
das Zeugniß des Homer, ber 1. X, 428. Karer und Leleger unterjheibet,
ganz abgerechnet, weit mehr Gründe gegen, als für diefe Stammverwandt⸗
haft zu fpredden (vgl. Museum philol. Cantabrig. Nov. 1831. T. I. p. 109 ff.
u. Soldan im Rhein. Mufeum 1835. Bd. IH. S. 89 ff., def. S. 106 f.).
Den Namen des Volksſtammes Teitete der Mythus von einem alten König
Lelex Her, der bald nach Leucadia (Strabo VII, p. 322.), Bald nad Megara
908 KLeleges
(Bauf. 1. 11.), Bald na Lacedäͤmon (Bauf. II, 1, 1. IV, 1, 1. Apellob.
I, 10, 3.) verfeßt wird, und ven Pauſ. zu einem Sohne des Pofeldon und
der Libya macht (I, 44, 4. IH, 12,5.); Strabo aber VII, p. 322. verſucht,
mit Berũückſichtigung eines Fragments des Heflobus, eine andere Etymologie,
von Asya, jo daß Leleges fo viel wäre ald ovAlsyarzas, ein Sammel- und
Miſchvolk. Diefe Leleger nun, ein Wandervolk, ſchweiften in einzelnen Saufen
weit und breit herum (Strabo VII, p. 321. XII, p. 570. 572.), beiegten
unächſt die Küften und Infeln, und wurden erfl fpäter au Bewohner ver
nnern Theile Des Feſtlandes (Gtrabo XII, p. 573. XIV, p. 661.) Räu—
berei, bei. zur See, mar wohl ihre Hauptbefhäftigung; unftreitig nämlich
waren die Leleger die Alteften umd kühnſten Seefahrer unter den Griechen,
denn fle waren die Stammpväter der Teleboer und Tapbier, die nad Homer
Od. XV, 426. ihre Seereifen ſelbſt bis nad Phoͤnicien ausdehnten, unb ihrer
Seeräuberei wegen berüchtigt waren (Som. Od. XVI, 426.) Bir finden
die Lel. Hauptfählih an den Küften Akarnaniens (bei. auf ber Halbinfel
Leucadia, wo bie räuberifhen Teleboer ihre Stammverwanbten waren, vgl.
©trabo VII, p. 322. X, p. 461. Schol. Apollon. I, 747.; weshalb auch
bei Strabo p. 322. Teleboas als ein Enkel des auf Leucadia herrſchenden
Leler erfcheint) und Aetoliens (Strabo VII, p. 321. Dion. Hal. I, 17.).
Hier fheinen ihre Älteften Wohnflge geſucht werden zu müflen; doch ver⸗
Breiteten fi von bier aus auch einzelne Haufen verfelben über andere Pro»
vinzen Griehenlandd; und zwar finden ſich LXeleger ferner in Phocis und
Lorris (Dicäarch. avayo. 'EiAados v. 71. 72. bei Buttmann S.51. Strabo
V. p. 321. vgl. Raoul⸗Rochette I. p. 207 ff. u. Soldan im Rhein. Muf.
Il. ©. 118.), in Bdotien (Strabo IX, p. 401.), in Megaris (Strabo VII,
p. 321. Pauſan. I, 39, 5. I, 44, 5. IV, 86, 1. VI, 22, 3.), 2aconien
(das nad ihnen vor Alters den Namen Lelegia geführt haben fol, PBauf.
HL, 1, 1. IV, 1, 2. Apollod. IM, 10. vgl. Glinton Fast. Hellen. T. I.
p. 32 fj.), Elis (mo Pylos für einen alten Wohnfitz der megariſchen Zeleger
galt, Pauſ. IV, 36, 1., und die Epeer, ſchon ald Stammverwandte ber gemiß
lelegiſchen Locrer [vgl. Böckh ad Piml. Ol. IX. p. 191. u. Müller Prolegg.
©. 223.] höchſt wahrſcheinl. au zum Stamme der Leleger gehörten, vgl.
Strabo VI, p. 340.), auf Eubön (Pauf. III, 1, 1. IV, 1, 4. Scymn.
v. 570.) und andern Infeln des Archipels (Thuc. I, 4. vgl. Herod. I, 171.
u. ©trabo XII, p. 572 f.), namentlih auf Taphos (Apollod. II, 4. p. 147.
Schol. Apollon. I, 747., weshalb Taphier und Teleboer oft vermedhfelt werden,
vgl. Strabo X, p.-456. 459. 461.), vielleicht felbf auf Kreta (vgl. Höds
Kreta II. ©. 6 ff), und enbli auch in den Küſtenländern Kleinaflens, na⸗
mentli$ in Karien, Jonien und an der Südſeite von Troas (Herod. I, 171.
Strabo VII, p. 321. XII, p. 570. 573. XII, p. 611. 632. 685. u. f. w.).
Bei der immer größeren Ausbreitung helleniſcher Stämme aber murben fie
wahrſch. theils aus Hellas verdrängt, theils vermiſchten fle ſich mit jenen,
und hörten auf ein ſelbſtändiges Volt zu fein (Strabo VII, p. 322. XIII.
p- 611.). Wenn daher ein alter Mythus fagte, die Lel. feien aus ben von
Deucalion auögeftreuten Steinen enifproflen (f. Heflod bei Strabo VII, p. 322.),
fo fol damit wohl eben nichts Anderes angebeutet werben, als daß Deuca»
lion (der angebliche Stammvater der Hellenen) fle jammelte und mit feinem
Volke vereinigte; weshalb auch die Leleger von Dion. Hal. I, 12. ale Be⸗
gleiter Deutalions auf feinem Kriegszuge gegen Thefialien genannt werben.
Trotz biefer Verſchmelzung mit den Hellenen und des Verſchwindens ihres
Namens feinen fich doch auch in fpäterer Zeit noch Spuren von ben Lel.
erbalten zu haben, indem wir mit ziemlicher Wahrſcheinlichkeit jene roheren
und rauberiſchen, nicht blos in Ihren Sitten, ſondern ſelbſt in ihrer Sprade
(Tue. I, 94.) von den Hellenen weſentlich verſchiedenen Gebirgenölter im
Leiex — Lemincum 909
Norben von Hellas (vgl. Thuc. I, 5. III, 96. Bolgb. XV, 5. Strabo X,
p- 451. u. f. m.) als Nachkommen derſelben anfehen können. [F.]
Lelex, ſ. Leleges.
Leits (AsAioı), Voͤlkerſchaft im äußerſten Norden der Erde an bem
erdichteten Kanal, der die Palus Mäotis mit dem nördlichen Ocean verbinden
ſoll; blos bei Orph. Arg. 1077. [F.] |
Lemaannonius Sinus (Asuacrronog xoAnog, Ptol. II, 3.), Meer»
bufen an der Weſtküſte von Schottland, bei welchem die Wohnflge der Ca⸗
ledonier beginnen; der heut. Lo Fine und der noͤrdliche Theil des Buſens
Clyde bei der Infel Arran. IF.
Lemanis (It. Ant. p. 473., in der Not. Imp. Lemanna, Genitiv
— orum), Safenplap im fünlihften Theile von Britannien, im Gebiete der
Cantii, 68 Mid. fünöflih von Londinium. und 16 Mil. wefllih von Dus
rovernum (j. Canterbury), vielleiht an der Mündung eines gleichnamigen
Küftenflüßchend, da wenigflens im Geogr. Navenn. V, 31. ein Fluß Lemana
in Britannien vorkommt (auch nad Weſſeling ad Itin. 1. 1.; da8 Chron. Saxon. .
a. 893. meldet, daß die Dänen bei Limine Mund [an der Mündung ber
Limena] gelandet waren). Er iſt wahrſch. auch nit verfhieben von dem
Novus Portus (Kasög Aumr) bei Btol. IL, 8. und bei Dover zu fuchen.
(Cambden Hält ihn fälſchlich für den Hafenort Lime oder Lyme in Dordefter-
fhire, der allerdings au an einem gleichnamigen Flüßchen, aber viel zu
weit weſtlich liegt.) [F.] | .
Lemannus Lacas (Cäſ. B. G. I, 2. IH, 1. Mela II, 5, 1. 5.
Zucan. 1, 396. Plin. II, 100, 106. II, 4, 5. [venn dieſe Schreibart ſcheint
richtiger, als bie andere Lemanus, vgl. Oudend. ad Caes. B. G. I, 2. 8.],
Aepavos Ayurn, Div Gaff. XXXIX, 5., Asuarn Am, Strabo IV, p. 186.
204. 208. VI, p. 271., bei Btol. II, 10. [wohl nur durch Schuld der Ab⸗
ſchreiber] Aeım Asuyn; im It. Anton. p. 348. fon Lausonius L., und
auf der Tab. Peut. Losannensis L.), ver durch den Rhodanus gebilbete
(Strab., Gäf., Mel., Plin. 1. U. u. Auſon. de clar. urb. 127. s. 113.)
Ser an der Grenze von Gallia Narbonenfls und Gallia Belgica, der mit
dem Rhodanus die Grenze der alten röm. Provinz gegen das Land ver Hel⸗
verier bildete. Die Alten glaubten, daß der Rhodanus fein Wafler gar nicht
mit ihm vermifche (Mela II, 5,'5.), zu welder irrigen Meinung fle wahrſch.
durch die Wahrnehmmg beflimmt wurden, daß ſich die Rhone bei ihrem
Einflrömen in den Benferfee wirklich eine ziemliche Strecke lang dur die
Farbe des Waflers von dem bed Sees deutlich unterſcheidet. — Somohl das
It. Anton. ald au die Tab. Peut. nennen an dem See auch einen gleich⸗
namigen Ort, der nah Inſchriften (vgl. Orelli Inser. Lat. sel. T. I. p. 114.
u. Ukert II, 2. ©. 491.) eigentlih wohl Lousonne hieß, und etmad näher
am See fland, als das heut. Laufanne, beim Dorfe Bing, wo ſich no
Spuren ber alten Stabt finden. (Bol. d'Anville Not. p. 396. v. Haller
Selvet. II. ©. 215. 220. u. Ukert am a. O. ©. 492.) Sinner dagegen
Voy. dans la Suisse T. I. p. 317. erklärt Louſonne für das Heutige Dorf
Alleman bei Aubanne. [F.]
Lemäri (Asuavoi, Biol. II, 6.), Volkerſchaft in Galläcia, noördlich
vom Minius, welcher die Stadt Dactonium gehörte. [F.] |
Lemba, Stadt in Arabia Petraea, Joſ. Ant. XIII, 23. [F.]
Lembus, Kahn, Naben, auf dem man zum Schiffe fährt, Plaut.
Merc. I, 2,81. 11,1, 35.; au eine kleine Art von Schiffen, ihrer Schnellig⸗
teit wegen gewöhnli der Flotte auf Kundſchaft vorausgeſchickt, Iſidor. Orig.
XIX, 1. Rah Plin. VII, 56,57. zuerſt von ben Korcyräͤern gefertigt. Eine
classis lemborum ſteht bei Liv. XLV, 10. Vgl. Navis. [W.T.]
Lemineum (It. Anton. p. 346. Tab. Peut.), eine Stadt der Alles
-
910 Lemnis — Lemnos '
broger in Gallia Narbonenfis, AfliH von Vienna; f. Lemend bei Chambery
(vgl. d'Anville Not. p. 406. u. Millin Voy. en Savoye I. p. 32.). [F.]
Lemnis, ein blos im It Anton. p. 12. erfcheinender Ort in Mau-
sitania Caesariensis, und zwar ber erfle von der weftliden Grenze her, 22
Mi. öftlih vom Grenzfluffe Malva. [F.]
Lemnisei i. e. fasciolae coloriae dependentes ex coronis, Feſt. s. v.
Urſprünglich aus feinem Lindenbaft (Plin. XVI, 14, 25.: tenuissimae tilia-
rum, philyrae, coronarum lemniscis celebres, antiqvorum honore) ober
Wolle (Feſt. s. v.) wurden fie für Graffus auch aus Bold gefertigt (lem-
nisci aurei, Capitol. Ver. 5.), und zwar zuerſt einfach, puri; caelare eos
primus instituit P, Claudius Pulcher bracteasqve (#iguren en relief) etiam
philyrae dedit, Plin. XXI, 3, 4. Sie bildeten eine Berzierung nicht nur
an den Kränzen (lemnisci qvos adiici ipsarum coronarum honos erat, Plin.
l. 1., an*ber laurea triumphi, Tertull. de cor. mil. 12.), ſondern aud an
den Siegespalmen, ic. pro Rosc. Am. 35. Auſon. Ep. 20, 5. Aber
auch für fich allein werden fie erwähnt, 3. B. Liv. XXXIII, 33. (coronas
lemniscosqve). Suet. Ner. 25. Als fchmale Bänder, welche zuerfi von den
* Sprafuflern (verfertigt und) benannt morben feien, bezeichnet fie Heſych. s. v.
Anusionos. Vgl. Böttiger, Sabina I: ©. 229. [W.T.
Lemnos (n Anuros, Som. Il. I, 598. II, 722. V, 138. u. öfter,
Secat. fr. 102. Scyl. p. 27. Herod. IV, 145. Strabo II, p. 124. VII,
p. 330. Pauf. VIII, 33. Btol. II, 13. Mela I, 7, 8. Blin. IV, 23,
12. XXXVI, 13. u. f. w.), eine der größeren Infeln des Aegäiſchen Meeres
und eine der nördlichſten deſſelben, weshalb fie gemöhnlih zu Thracien ge
rechnet wird (3.8. vom Schol. Hom. 1,593.). Sie lag ſüdlich von Thaſus
und Samothrace, nah Plin. am a. DO. 87 (nad) Solin. c. 17, 11. nur 86)
MIN. ſüdöſtl. vom Berge Athoe (der feinen Schatten bis auf diefe Infel
werfen follte) und 22 Mi. ſüdweſtlich von der Infel Imbros, und war dem
Vulkan geheiligt (Unacr. 45, 2. Ovid Fast. III, 82. Met. IV, 185. Virg.
Aen. VIII, 454.), der, von Jupiter aus dem Olymp herabgefchleubert, auf
fie herabgefallen fein (Som. IL 1,590.) und daher auch auf ihr feine Werkſtatt
haben follte (Anacr. 1. 1.), weshalb denn auch die ganze Infel bisweilen
Vulcani Insula (Hoyaiorov 700g, Nicand. Ther. 458.) Heißt. Sowohl
biefe Sage, als der alte Name der Infel, Aethalia (Polyb. ap. Steph.
Byz. u. Etym. M. v. AıdaAn, unftreitig von aideodas herzuleiten, vgl.
Bochart. Chan. I, 12.), und was die Alten fonft von dem lemniſchen Feuer
und namentlih von bem vulfanifchen Charakter des Berges Moſychlos bes
richten (vgl. Heſych. v. MoovyAos. @uftath. ad Hom. 11. I. p. 157. Nicand.
Ther. 472. &2ycophr. 227. SEuidas II. p. 441. u. Buttmann im Muf. d.
Alterth. Wiſſ. Bo. I. St. 2. Bal. Flacc. II, 95.), ſcheint für die einflige
vulkaniſche Natur der Infel zu ſprechen, von der ſich aber jeht auch nidt
die geringfte Spur mehr zeigt. Diefe auffallende Erſcheinung fucht man durch
die Annahme zu erflären, daß der ganze öſtlichere Theil ver Infel mit dem
berühmten feuerfpeienden Berg Moſychlos durch einen gewaltigen vulkaniſchen
Ausbruch vernichtet und in die Tiefe des Meers verfenkt worden fei, wad
wenigftens mit der von Paufan. am a. DO. gegebenen Nachricht, daß bie
unmittelbar bei Remnos gelegene Infel Chryſe (von welcher man annimmt,
daß fie der eigentliche Aufenthaltsort des auf Lemnos audgefehten Philoktetes
gemefen fei [vgl. Euftath. ad Hom. Il. II, p. 330. u. App. de B. Mithr.
c. 77.], und die alfo einft mit Lemnos zufammengehangen zu haben ſcheint)
dur einen Orkan ind Meer verfenft worden fei, und mit dem Borbanben-
fein einer Menge theils blinder, theild etwas aus dem Deere hervorragender
Klippen unmittelbar Öftlih von der Infel, die ein zufammenhängendes Spfem
bilden, übereinzuftimmen jcheint (vgl. Mannert VIL. S. 254 f.) Den fpäteren
>
Lemnos 911
Pramen der Infel (der fih in der Form Lemno, bei ven Türken Limio[vgl.
Dapper des isles de I’Archipel p. 241.] noch bis auf unfere Tage erhalten
bat, obgleih fie gewöhnlicher Stalimene [d. I. eis ra» Anuror] genannt
wirb) leitet man von dem Namen der großen Göttin (der Mutter Erde) her, vie
(nad Hecat. fr. 102. aus Steph. Byz. J. 1.) bei den Thraciern Lemnos ges
nannt wurbe. Die älteflen Bewohner ver Infel nämlich waren nad Homer
11.- I, 594. und Od. VIEH, 294. (vgl. au Strabo X, p. 457. u. XI.
p. 549.) die thraciſchen Sinties (Zivrıes, bei Strabo X, p. 457. u. Epit.
l. VII. p. 157. ed. Huds. Zirzoi, beim Schol. Thuc. UI, 98. Zivzioı), mit
welchem Namen wohl nur ein räuberifher Volksſtamm bezeichnet wird. *
Die Argonauten fanden die Infel blos von Weibern bewohnt, da bie Lem⸗
nierinnen, der Sage nad ihres übelriehennen Athems wegen (eine von ber
Aphrodite über fle verhängte Strafe). von ihren Männern verlafien, dieſe
aus Made ſämmtlich ermordet und die Hypſipyle zu ihrer Königin gemacht
hatten (Apollon. I, 609 f. u. Schol. Apollod. I, 9, 17. IL, 6, 4. Schol.
Il. VII, 467. Bal. Flacc. II, 127 ff. Mela l. J. Ovid in Ibin 398. u.
ſ. m.).** Es ließen fih nun Argonauten auf der Infel nieder, und zeugten
bier mit den Lemnierinnen die fpäteren Einwohner verfelben, die Minyae
(Mirvar, Herod. IV, 145. Apollod. I. I. Wind. Pyth. IV, 448. Apollon.
1, 608 f.), die aber fpäter von den Peladgern vertrieben wurden (Herod. 1.1.
Strabo VIII, p. 347.), die IH dann dem Darius unterwerfen mußten (Herod.
V, 26.). Diltiades befreite die Inſel von ber perf. Herrſchaft (id. VI, 137.
Thuc. IV, 109.), und fie blieb nun lange Zeit den Athenern unterworfen
(Blut. Cim. 8. Thucyd. IH, 5. IV, 28. VII, 57. vgl. überhaupt Raoul⸗
Rochette IH. p. 435. u. IV. p. 14.), 6i8 fle an die Macedonier abgetreten
werben mußte (Polyb. XXX, 18. Liv. XXX, 30.), mit deren ganzem Reiche
fie enblih an die Mömer überging. — Der Umfang ber ziemlich gebirgigen,
aber au fruchtbare Ebenen enthaltenden Infel betrug nah Plintus 1. 1.
(wozu Harbuin) 112,500 röm. Schritte. Schon in den Zeiten bed trofan. .
Krieges, mo fie den Griechen ald KHauptflation diente (Som. Il. XXI, 40.),
hatte ſte eine gleichnamige befefligte Stabt (ibid. XIV, 229.), in fpäterer Zeit
aber Hatte fie deren zmei (daher diroAıs beim Schol. Apollon. I, 604. u.
Etym. M. p. 279, 5.), nämlich Myrina (j. Paläo Caſtro) auf der Wefſtſeite,
und Hephaestia ober Hephaestias (etwas fühli vom heut. Dorfe Rapanivi)
an der Norbmeftipige der Infel. Plinius XXXVI, 19, 13. erwahnt aud ein
Labyrinth auf Lemnod. Das Hauptprobuft derfelben war bie röthlicde Terra
Lemnia oder sigillata (uiAzos), die befonvers der Berg Moſychlus oder Mo-
ſchylus bei Hephäflia Tieferte ***, und die theild als Farbeſtoff diente (Daher
rubricata), theil® befonderd von den Aerzten als Heilmittel für veraltete
Wunden und Schlangenbiffe benugt wurde (Galen. de simpl. med. fac. IX, 1.
® Zivrss = oiyens, von oivouas (vgl. Euſtath. ad Hom. Il. I, 593.), d. i.
Räuber, Verwüſter, Mörder. Andere -beven bie Bedeutung Werberber, Verwüſter
hervor, und denken daran, daß durch den Hephäftos, „einen ber älteften Waffenfchmiebe,
den bie Lemnier zu ihrem Borfahren hatten, ber Gebrauch der Waffen verbreitet
mwurbe, und baß die Lemnier wegen des aus der Erfindung ber Waffen hervorgehen:
den Schadens in Ablem Rufe geftanden hätten,“ So z. B. Schirlitz Handb. d, alt.
Geogr. ©. 235. Nah) Strabo p. 457. heißen bie thracifchen Sintied zu feiner Zeit
Barasoı, welcher Name einer thraciſchen Volkerſchaft ſich auch bei Steph. Byz. findet,
** Mad) Drtel, Ihes. 8. v. Lemnos u, Dapyer am a, O. p. 242. bitte bie
Inſel nad ber KHppfipple auch den Namen Hypsipylaea geführt, wovon fi) jeboch
bei den Alten Leine fihere Spur zu finden ſcheint.
Das auf diefen Hügel der alte Name bed Vulkans (?) Moſychlus wahrfch.
fpäter blos Übergetragen wurde, als ber wirkliche Moſychlus verfhwunden war, haben
wir ſchon oben gefehen. Nach Salen am a. O. hätte allerdings auch dieſer Moſychlus
ein verbranntes Auſehen gehabt; jetzt aber ift er burchaus' mit fruchtbarer Erbe bedeckt.
912 Lemonla — Ibemüres
Plin. XXXV, 13, 6. 14, 6. u. daſelbſt Harbuin. Polttus ad Eustath. T. II.
p. 708. Belon Obss. I, 22. p. 23 fi. I, 28. p. 28. u. Dapper am a. O.
p. 245 f.). Galenus meldet ald Augenzeuge, daß eine beſtimmte Quantität
Erde alljährlich (mie noch heutiges Tages allemal am 8. Aug.) in feierlicher
Prozeſſton von den Prieftern abgeholt wurde, die dann bie einzelnen Por;
tionen mit dem Bildniffe der Diana bezeichneten und dann an alle Welt ver-
Zauften. Vgl. über die Verhältnifie der Infel überhaupt Bayle dietionn. s.
v. Lemnos (Bd. III. p. 72—77.). C. Rhode Res Lemnicae. Vratislar.
1829. 8. mit einer von Choifeul-Gouffter gezeichneten Karte, die “Bemerf.
dazu in den Recenſ. von K. F. Hermann in den Heidelb. Jahrbb. 1830.
©. 1004 ff. Jen Lit.Zeit. 1831. Nr. 14 f. Göttinger Gel. Anz. 1837.
St. 27. ©. 259. u. f. w. [F.]
Lemonia, eine der tribus rusticae, benannt nad dem vor bem cape-
nifgen Thor an der Via Latina gelegenen Dorf Lemonium, f. ef. s. v.
@ic. pro Planc. 16, 38. Phil. IX, 7, 15. Auf Inſchriften bei Gruter. 23,
2. 339, 3. 520, 7. Bol. Orelli II. p. 15, 25. u. Tribus. Gie umfaßte
in Italien z. ®. Parentium, Bononia, Sentinum, Hispellum, Treia, ſ.
x
Grotefend in Zeitſchr. f. d. A.W. 1836. ©. 946. [W.T.]
Lemonum, f. Limonum.
Lemovices (Asuoßıxes, Strabo IV, p. 190. Gäf. B. G. VIII, 146.
vgl. VII, 4. Plin. IV, 19, 83., bei Ptol. II, 7. Arovinos), eine Völker:
[haft in Gallia Aquitania, zwiſchen ben Olturigern und Arvernern, mit ber
Hauptſtadt Augustoritum (Auyovorogiror, Ptol. ibid. It. Anton. p. 462.),
die fpäter aud Lemovices genannt wurde, und daher noch jeßt Limoges
(Gauptſt. der Landſchaft Limofin) Heißt. Vgl. Belley Möm. de l’Acad. T.
XIX. p. 702. u. 715. u. Ukert I, 2. ©. 393. [F.]
Lemovii, eine blos von Tac. Germ. 43. neben ben Rugiern genannte,
am Dcean (d. h. an der Oſtfee) wohnende Volkerſchaft (im Heut. Pommern),
an der Tacit. ven Gehorfam gegen ihre Könige beſonders hervorhebt. Zeuß,
die Deutfchen ıc. S. 155. Hält fe für identiſch mit den fpätern Turcilingern. [ F.]
Lemüres, eine Art Spudgelfler, die den Larven und Manien nabe
verwandt find. Nah Appul. de deo Socr. p. 237. ed. Bip. (152 f. Oud.).
vgl. Serv. zu Virg. Aen. II, 63. u. Martian. Gapella 2. $. 162. wäre
indefien Lemures der allgemeine Name für die Beifter der Verſtorbenen (vgl.
Ovid Fast. V,483. Lemures animas dixere silentum) ; die, welche ein gutes
Leben geführt, werben zu Laren (Uppul. qui posterorum suorum curam
sortitus placato et quieto numine domum possidet; Martian. Gap. qui,
si vitae prioris adiuti fuerint honestate, in Lares domorum urbiumque
vertuntur), die Seelen der Böfen dagegen werben zu Larven und Manien.
Bei Auguflin de civ. Dei IX, 41. werden indeſſen die Lemures ben Larvae
gleicägefegt und biefed war der gewöhnliche Sprachgebrauch. Denn auch bie
Lemures ſchweifen in nädtliden Stunden wie Gefpenfter umher und neden
und erſchrecken die Lebenden, Horat. Ep. IT, 2, 209. mit den Schol.; Perl.
V, 185. Bu ihrer Sühnung und um dad Haus zu reinigen wurden am 9.,
11. und 13. Mal, drei Nächte hindurch, gewiſſe Geremonien begangen, wor⸗
über die Sauptflellen Ovid Fast. V, 419 ff. u. Barro de vita P. R. bei
Nonius p. 135. vgl. Beil. v. fabam. Der Hausvater erhob fich um Mitter-
nacht, ging barfuß vor vie Thür, mobel er, um den Schatten von fi ab-
zubalten, mit ber Hand gewifle Zeichen machte (signaque dat digitis medio
cum pollice iunctis). Darauf wuſch er die Hände dreimal in einem fließenden
Duell, drehte fih und nahm ſchwarze Bohnen in den Mund. Diefe warf
er hinter fih und ſprach dazu: „Dieſe gebe ich euch, mit dieſen Bohnen er-
kaufe ich mi und die Dleinigen.” Man glaubte, daß die Schatten hinter
ihm die Bohnen auffammelten. Er ſprach es neunmal, ohne fi umzuſehen,
Lengea — Lensous 918
wuſch fich dann abermals, flug eherne Becken zufammen und rief wieder
neunmal: „Hinaus ihr Beifter des Haufes.“ Dieſes vollbracht durfte er fidh
umf&auen, denn die Geier waren gebannt. Die Tempel blieben während
diefer Tage gefhlofien, wie an ben PBarentalien; fie galten au fonft für
unglüdbringend. Dsid erflärt, den Urfprung dieſes Behrauhs nicht Haben
erfahren zu können, und denkt ſich dann, wie es ſcheint, ſelbſt eine Geſchichte
aus, wo Remus den erſten Anlaß zu dieſer Cäremonie gibt, fo daß dieſelbe
urſprünglich Remurien geheißen hätten. Vgl. Hartung Rel. d. Roͤm. I.
S. 55 f. [Preller.]
Lenaea, Ama, 0, das Feſt des Kelternd (Anvos, die Kelter, die
Weinlefe), ein in Athen gefeiertes Feſt des Dionyſos, welcher ſelbſt ver Bott
der Kelter, Anvaiog, bieß (Heſych. s. v. Virg. Ge. II, 4, 529.), und einem
ihm Heiligen Bezirke jener Stadt, ſüdlich von der Akropolis, den Namen
Ansavor veranlaßte, da dort zwei Tempel des Gottes und das ihm gemeihte
Theater flanden. 83 wurden aber (außer den attiſchen Dionyſos⸗Feſten in
Brauron, Kolyttod und Peiraleus) von der Stadt (aorv) Athen felbft im
Laufe jeden Jahres gefelert: 1) Aorvna nur aypovg, 2) eben die Arraum,
3) die 'Ardeornoım, und A) bie Aovuna 8r aoreı, alfo vier verſchiedene
Feſte, wenn nit angenommen wird, entweder bag Nr. 2. und 3. identiſch
feien, oder. daß Nr. 1. und 2. als identiſch zufammenfallen; Anfichten, welche
von verfhiedenen Älteren Gelehrten und jüngft no von Fritzſche (de Le-
naeis, in drei Programmen ber Univerfität Noflod, 1837.), zum Theil auch
von Greuzer (Symb. III. 319.) aufgeſtellt und feftgebalten wurben, während
Böckh in den Abhandll. der Berl. Ufad. 1816—17. ©. 47—124. gründlich
gezeigt bat, daß dieſe vier Feſte verfchieden waren, indem Nr. 1. im Monat
Pofeiveon, Nr. 2. im Gamelton, Nr. 3. im Antbefterion, und Nr. 4. im
Elaphebolion gefeiert wurden. (Wgl. Übrigens Bd. II. ©. 1060. Anm.) —
An biefen Zenden fanden, beſ. in den älteren Zeiten, jene mit phalliſchen
Liedern verbundenen dionyflihen Feſtzüge (nmuos, xoualaır) flatt, melde ver
Komödie Entſtehen und Benennung verliehen. Ebenſo find es die Dithy⸗
ramben bef. dieſes Feſtes, aus denen die Idee ber Tragödie hervorging. Die
Dauer der Lenden iſt übrigens nicht genau bekannt. Bei dem großen Reich»
thum der mit denjelben verbundenen Feſtlichkeiten, die in Opfern, Proceſſionen,
komiſchen und tragiihen Wertlämpfen u. f. w. beflanden, darf man jedoch
ohne Bedenken drei Tage der Dauer annehmen; f. Demoflh. adv. Mid. 517.
Phot. Lex. s. v. za 8x 707 auesaor. Böckh 1. 1. S. 105 ff. Da das geil
in den Winter fiel, wann, bei dem Stoden der Schifffahrt, der Zudrang
von Fremden in Athen nicht bedeutenb war, fo überließ fih an dieſem Dio⸗
nyſos⸗Feſte dad atheniſche Voll ganz ungeflört feiner Luft, die fi unter
Anderem au in Abhaltung eines öffentlihen Schmaufes befriebigte. Zu⸗
gleich mochten ſich die Lenäen, weil Fremde babei nicht zu erfcheinen pflegten,
vorzüglich zur Beler der dionyſiſchen Migflerien eignen, welde nächtlich war;
Greuzer Symb. III. 325 f., der jedoch, was nur wahrſcheinlich iſt, gerabezu
für außdgemadt annimmt. [A. Baumstark.] ’
Lemsaeus, ein Breigelaflener des Bompejus des Er. und der flcte
Begleiter deſſelben auf feinen Zügen; nah dem Tode des Pompejus und
feiner Söhne fuchte er, ald ein gelehrter Brammatifer, fein Leben durch eine
Säule zu friflen, die er zu Mom in den Garinen, bei dem Tempel der
Zelus, wo des Pompejus Haus geflanden, hielt. Liebe und Anhänglichkeit
zu Pompejus veranlaßte ihn zu einer Schmähſchrift wider den Geſchichtſchreiber
Sallufius, deflen Privatcharakter und Sittlichkeit darin in den ſtärkſten Zügen
dargeftellt war; auch feine Schreibart bildete einen Gegenſtand des Tadels,
da er den Salluſt „‚priscorum Catonisque verborum inoruditissimum furem“
Bauly, Neel⸗Cuchelop. IV.
914 Lenti — Lenooisium
genannt hatte, wie Suetoniuß De illustr. Gramm. 15. erzählt; vgl. D.M.
Müller Hift.Erkt. Darftel. d. Nachrichten von Leben sc. des Salluſt (Züllich.
1817.) ©. 10. Bon grammatiiden Schriften dieſes Mannes ift und nichts
bekannt; dagegen hatte er auf Deranlaffung des Pompejus die von dieſem
erbeuteten mediciniſchen Schriften bes Mithribates, des pontiſchen Königs,
ind Lateinifche ũberſetzt (ſ. Plin. H. N. XXV, 2, sect. 3.): und Pliniuß, der
ifn Pompejus Lenaeus nennt, führt au mehrmals daraus Ginzelnes
an (f. XV, 30, sect. 39. XXIV, 9, s. 41. XXV, 6, s. 27.) und nennt ihn
auch in dem Vetzeichniß der von ihm benugten Schriftflefler zu Buch XIV.
XV. XX. XXIH. XXVII. [B.)
Lenii, f. Laenii, ©. 728 f.
Leniam, Ort Lufitaniens, Gäj. b. Hisp. 35. [F.]
Lemius. Zu Juv. I, 20. (magnus Auruncae alumnus) bemerft ber
Säol.: Ternum dicit.. . vel Lenium —, qvi et ipse satiras scripsit, vel
Silium et ipsum sui temporis saliricum, qvi omnes ex Aurunca fuerunt.
Hienach wäre der Satiriker 8. aud Aurunca gebürtig und ein eitgenofle
des Juvenal. Aber Caſaubon de sat. p. 231 f. will dafür Lenaeus (|. d.)
fefen, und Heinri I. p. 330. flimmt ihm bei. Ohnehin iſt es eine an fid
höchſt unwahrfheinlige und wohl nur ans Mißverſtändniß der ſich auf Zw
cilius beziehenden Stelle bervorgegangene Behauptung, daß jene Satiriker
fämmtlih aus Aurunca flammen. [W.T.]
Lenociniam, 1) als öffentlide8 Gewerbe (moproßommei«, op
Booros, Athen. II, p. 55.D. IH, p. 108. D. IV, p. 154. F. IX, p. 371. F.
p. 385. F.). Schon frühzeitig gab ed in Rom SAufer im Dienft ver Venus
vulgivaga fowohl durchaus dafür beflimmt, und dann 5. fie Iupanaria, all
nebenbei biefen Zweck verfolgend, 3. B. tabernae cauponiae und balnea.
Deren Beflger 5. lenones (mad nicht ab .alliciendo wie Paul. Diac. h. v.
p. 115. M. fagt, fondern a leniendo, d. h. VBerführen, herkommt, f. Prite.
IV, p. 623. P. Sfivor. X, h. v. p. 1079. Goth.), und waren wegen ihre?
unmoraliſchen Gewerbes ſowohl dur die Stimme des Volk! als dur bat
prätor. Edikt mit infamia belegt, ſ. ©. 150. u. 1. 43. 6. 6—-9. D. de
ritu nupt. (23, 2.). Suet. Tib. 35. Dieſe Säufer waren von jeher meil
in der Subura gelegen, f. fon bie Unbeutung bei Liv. III, 13. art.
VI, 66. Berf. Sat. V, 32. Rupert. ad Juv. III, 65., und durften nicht
vor der neunten Stunde geöffnet werben, ne mane, omissa exercitatione,
illo irent adolescentes, Schol. ad Pers. I, 133. Stud, antiq. conviv. 1,11.
Lipſ. Elect. I, 3. Gin Verbot, folde Häufer zu befuchen, eriftirte ebenſo⸗
wenig (f. meretrix u. stuprum), als Strafbeflimmungen gegen bie lenones,
‚fondern fle unterlagen nur einer befondern Steuer, welche unter ben erſten
Kaifern beſtimmt wurde und fi auch fpäter erhielt, Suet. Cal. 40. Lampr.
Sev. Al. 24. Tertull. de fuga 13. Die Srauenzimmer, welche ber leno
bei ſich Hatte, maren entweber von ihm gekaufte Sclavinnen (Duint. V, 10,
47. 1. 1. C. Th. de lenon. (15, 8.) — und dieſes geſchah, obgleich ſchon
Hadrian ſolchen Handel verboten hatte, Spart. Hadr. 18.), über die er fomtt
gänzlich vifponiren konnte, ober Freigelaſſene u. A. niedern Standes, meld:
er zu dieſem Behuf in ſeinen Dienſt genommen oder von den Eltern erkauft
hatte (Quinct. VII, 1, 55. ministra cauponae, 1. 1. C. Th. ad 1. Jul. adult.
9, 7.). Wollte deßhalb ein ſolches Mädchen dad unzüchtige Haus verlaffen,
fo mußte fle Tosgefauft werben, maß nicht felten gefhah, 3. B. Lampr. Hel.
25. 31. Dial. Chron. XVII, p. 440 f. Dind. — Erſt die chriſtlichen Kaiſti
glaubten diefem Unweſen fleuern zu müffen, und zwar zuerſt Theoboflus und
Balentinianus, welche damit begannen, die Väter und Herrn zu beftrafen,
welde ihre Töchter und Sclavinnen der Unzucht ‚preißgeben würben, unb ſo⸗
dann dad Gewerbe ver lenones im Allgemeinen verboten, I. 6. 7. ©. spoclacl.
e
Lentia — Lontisons 915
(11, 40.). 1. 2. C. Tb. de lenon. (15, 8.) u. Gothofr. Comm. Tom. V.
p. 430 ff. Iuflinian fuhr in demfelben @eift fort, die lenones zu vertreiben,
die Saußbefiger, welche vergleichen bulvdeten, mit Geld zu ‚beflrafen, und
ſolche Kuppler, welde Mädchen mit Lift und Gewalt für ihre Gewerbe ges
wännen, auf bad härteſte zu flrafen, Nov. 14. Bol. d. Art. meretrix und
stuprum, 2) Lenocinium als bad Verbrechen, weldes in der abſicht⸗
lichen Beförverung oder Duldung des adult. oder des stuprum unter andern
Perfonen befleht (Kuppelei, vgl. die Ausführung bei Glaubian. in Eutrop.
1,78—89.). So lang adulterium nit criminell firafbar war, fo lang blieb '
auch die Beihilfe firaflos; erſt Icx Julia de adult. madte die Beihilfe bei
adult. und stuprum zu einem Griminalvergeben und zäblte die Handlungen
auf, welde ald lenocinium anzufehen wären, 1. 2. 6. 2. D. ad. J. adult.
(48,5.), vie Kaiſer aber änderten an biefen Beflimmungen menig und fhärften
nur die Strafe, zuletzt Suflinian, Nov. 134, 10. Als lenocin. follte ans»
gefehen werben 1) wenn der Ehegatte feine rau verkuppelte ober ihren ehe⸗
brecheriſchen Umgang aud nur duldete, 1. 2. 6. 2. 1. 29. 6. 3. 4. D. eod.
tit. Nov. 117, 9, 3., fogar wenn er feine Gattin, die er bei dem Chebruch
ertappt batte, in der Ghe behielt und den Chebrecher ungeflraft entfommen
ließ, 1. 2. $. 2. 6. 1. 29. pr. 1. 33. $. 1..D. eod. tit. Paul. II, 26, 8.
Suet. Tib. 35. Dom. 8. Cap. A. Phil. 29.; 2) wenn Jemand eine wegen
Ehebruchs condemnirte Frau Heirathete, 1. 29. 6. 1. D. eod. tit. Mart.
VI, 22., oder wenn er Chebrechern behilflihd war, ven nachtheiligen Folgen
der lex Julia zu entgehen, oder wenn er fein Schweigen verkaufte, ober das
Lokal für Andere zu unzüdtigen Zmeden hergab u. f. w., 1. 14. pr. 1. 29.
. 2. 1.33. $. 2. 1.8. 9. 10. $. 1. D. eod. tit. Quinct. decl. 275.
Aufon. epigr. 90. u. ſ. w. Alle dieſe Bälle bebrohte lex Julia mit derfelben
Strafe, wie adult. und stuprum (f. beide Urtt.), extra ord. wurden aber
noch härtere Strafen verhängt. — Literatur: Barth, de lenon., Francof.
1624. Matthäus, de crim. p. 370 ff. 388. Gerhard, de lenocin., Jen.
1711. Hoffmann, ad 1. Jul: VIII. p. 265 ff. (in Fellenbergs Samml.).
Rein, Röm. Erin Recht S. 880 ff. [R.]
Lenta, nicht unbedeutender Ort In Nericum am Danublus und an
der Straße von Laureacum nah Weldidena in Mätien, wo nad ber Not.
Smp. ein Präfeet der Ital. Legion mit einer Schaar Bogenſchützen zu Pferd
in Garnifon lag; das Heut. Linz, wo ſich aud eiue röm. Infhrift gefunden
bat. Vgl. Gruter. p. DXLI. n. 10. u. Mudar Noritum ©. 284. [F.]
Lentientes, ver fünlihfle Zweig des Stammes der Ulemannen, der
am nörbliden Ufer des L. Brigantinus (Bodenfee) wohnte (mo fih auch zur
Zeit der fpäteren ®aueintheilung der Linzgame fand), und fi durch feine
wiederholten Ginfälle in die Provinz Nätien befannt machte, aber vom Kalfer
Gonftantius gefhlagen wurde (Ammian. XV, 4. XXXI, 10.). Vgl. Zeug '
Die Deutſchen ıc. S. 309 f. (monad die Angaben bei Dannert II. ©: 248 f.
zum Theil zu berichtigen find). [F.]
Lentiscas, Maflirbaum (Pistacia lentiscus, Linno), immer grün und
dreimal des Jahre Früchte tragend (Cic. Div. I, 9. vgl. Plin. XVII, 25,
61.), und befonders auf Chios, aber auch in Italien (Linternum, f. Opib
Met. XV, 713.) und ®allia Narbon. gebeibend. Vgl. Colum. XII, 49. Cato
R.R.7,4. Varro R.R. 1,60. Plin. XV, 6, 6. Die weißgelblichen, durch»
fistigen Körner wurben von Männern (Clem. Alex. Paed. III, p. 222. D.) und
MWeibern (ib. 251. D.) gefaut (uaaziler) um die Zähne weiß und gefund
zu erhalten; vgl. Nonn. Epit. 109. p. 338. Xic uaoziyn naooousm, mit
den Intpp. Daher nahm man auch zu Zahnſtochern (dentiscalpia, Mart.
vu, 53, 3.) beionderd gern Hol; von dieſem Baum, Martial. III, 82, 9,
VI, 74. XIV, 22. (Trimalchio bat einen filbernen Zahnſtocher, spinam ar-
916 Lento — Leo
genteam, Petron. 32, extr. Au nahm man dazu Federn, Mart. XIV,
22. III, 82, 9. Plin. XXX,4.). Das Holz widerfteht den Motten, Colum
V, 10, 9. Das Del, das aus den Körnern gepreßt mirb (oleum lentisci-
num, Pallad. Jan. 20.), wurde auch zum Färben ber Haare vermenbet,
Plin. XXIII, 2, 32. Vgl. Böttiger Sabina I. S. 28. 56—38. [W.T.]
Lento, ſ. Caesennius, ®b. II. ©. 48.
Lentülae (It. Ant. p. 130., im It. Hieroſ. p. 962. Lentolae, bei
Ptol. II, 14. verfchrieben Asrzovdor flatt AsrrovAor), ein Drt in Ober⸗
Pannonien, an der durch PBannonien führenden Haupiflraße, 32 Mill. ſüd⸗
öftfih von Jovia; etwa an der Stelle des heut. Fleckens Berzente, etwas
fünlid vom Zufammenfluffe der Mur mit der Drau und dem Marfıfleden
Legrad in der Geſpanſchaft Szala (vgl. Mannert III. ©. 698.). [F.]
Lentalus, 1) römiſcher Zöpfer auf drei in Voorburg gefundenen Ge⸗
füßen des Leidner Mufeums. Sanflen Mus. Lugd. Inser. p. 141. [W.]
2) Nömifher Mimograph, angeblih von Hoher Abkunft, deſſen bie
Scholien zu Juvenal. Sat. VIII, 186. ermähnen, vgl. Tertuf. de Pall. 4.
Mehr bei Bothe Fragmm. Comicc. (Poett. Latt. Scenicc. Fragmm. V, 2.)
p. 270. — Ueber Lentulus Gaetulicus |. 3b. II. ©. 701. IH. ©. 376. —
Die übrigen Lentuli f. Cornelia gens, Bd. II. ©. 679—686. 700f. IB.)
Leo (Acwr). I. Griechiſche Geſchichte. 1) Tyrann von Vhlius; aus
feinem Gefpräde mit Pythagoras bekannt, Diog. Laert. prooem. 8. VIIT, 1, 6.
@ic. Tusc. V, 3. — 2) Sohn des Euryſtheniden Gurycrates IE, um 60
v. Ehr. Iacevämonifcher König, in den Verſuchen auf die Freihelt der Te
geaten nit glücklich. Paufan. IM, 3, 5. Herod. I, 65. VII, 204. Gein
Sohn war Anarandridas, f. d. — 3) ein Lacedämonier, der mit Alcivad
und Damagon die Gründung von Heraclea in Tradinten leitet, 426 v. Ehr.
Thuc. II, 92. — 4) im 3. 411 fpartanifger Befehlshaber in Ehios. Thu.
VIII, 61. — 5) aus Salamis gebürtig, Bürger in Athen, im I. 421 einer
ber Unterzeichner des Niciasfriedens (Thuc. V, 19. 24.), im 3. 412, 411
mit Diomebon Blottenführer (Thuc. VIII, 24. 54. 55.). Beide traten im
3. 411 in dem Schiffslager auf Samos ald Gegner der Vierhundert auf
(Tue. VIII, 73.); gleichwohl mußten fie, weil fie als gemäßigte Democraten
nit das volle Vertrauen des Heeres hatten, den Oberbefehl an Thraſybulus
“ und Thraſyllus abgeben, Thuc. VII, 76. Nah Xen. Hell. I, 5, 16. mat
Leon- einer der zehn Feldherrn, melde nad Entfegung des Alcibiabes (f.
Br. I. S. 310. II. ©. 591.) den Befehl über die Flotte erhielten; Diodor
- XI, 74. nennt flatt feiner Lyſanias, und c. 101. Loflas; auh Zen. J.
6, 30. Täßt flatt Xeon den Lyſias in der Schlacht bei den Arginufen befeh-
ligen und nennt biefen I, 7,1. unter den ſechs Anführern, melde hingerichtet
wurden, 34. 68 wurde daher vermuthet (f. d. Erkl. zu Xen. I, 5, 16.
Diod. XIN, 74.), Leon fei von Zenophon irrig unter den zehn Feldherrn
aufgezählt worden; da aber Zen. denſelben noch an einer zweiten Stelle (I.
6, 16.) als einen der zehn Feldherrn anführt und dort erzählt, er ſei mi
Gonon und Erafinives nah Mitylene geflohen, wo fie von Callicratidas ein
geſchloſſen wurden, fo iſt e8 vieleicht richtig, daß Leon einer der zehn Feld⸗
herrn war, ber aber durch die Einſchließung verhindert wurde, an ber Schlacht
bei den Arginufen Theil zu nehmen, weshalb an feiner Stelle jener Lyſias
“ befehligte; auffallend aber iſt aladann, daß Xen. (namentlich I, 7,1.) feine!
nicht mehr erwähnt. (Erafinives, der mit Conon und Leon nad Zen. I.
6, 16. nad Mitylene floh, war in der Schlacht bei den Arginufen, muß
alfo Gelegenheit zur Flucht gefunden haben, vielleicht auf dem Schiffe, von
weldem Zen. I, 6, 22. erzählt, wenn nicht flatt feiner von Zen. I, 6, 16.
ber Phrearrier Archeſtratus, ebenfalls einer der zehn Feldherrn — von eine
andern Archeſtratus erzählt Xen. II, 2, 15. — genannt fein follte, der nad
Leo 917
2yf. de crim. largit. p. 196. Tauchn. in Mitylene ſtarb.). — Während ber
Herrſchaft der Dreipig floh Leon, um fih und fein Vermögen zu ſichern,
nach Salamis; die Dreißig ließen ihn aber nah Athen abführen und Hin-
richten. Unter den fünf Männern, melde den Leon herbeiſchafſen follten,
war au Socrates, diefer aber entzog fi dem Auftrage. Xen. H. 11,3, 39.
Mem. IV, 4, 3. lat. Apol. Socr. c. 20. p. 32. C. D. Andoc. de myst.
p. 46. Diog. Laert. II, 9, 8. Dio Chryſoſt. or. 43. p. 191. T. II. R.
Themiſt. or. 20. p. 293. Dind. — 6) athenifcher Geſandter an Artarerred
Mnemon, Ankläger feines Mitgefandten Timagoras, f. d. — 7) von Pyzanz,
Schüler des Plato; zur Zeit, da König Philipp von Macevonien By,anz
angriff (340 v Chr.), an der Spige des Staates. (Aus einer Unterrebung
mit Philipp Stob. flor. T. I, 20. Philoſtr. vit. Soph. I, 2.) — Er war
dem Phocion befreundet und bewirkte die Aufnahme deſſelben in der Stabt,
als er mit einer atheniſchen Flotte zu Hülfe kam, während dem übel berüch⸗
iigten Chares, der zuerfi eine athenifche Flotte herbeigeführt, die Thore ver-
f&loffen blieben. Blut. Phoc. 14. Nachdem Philipp die Belagerung auf-
gehoben Hatte, ſchrieb er einen Brief an die Byzantiner, in welchem er
behauptete, Leon babe nur deshalb Byzanz nicht übergeben, weil Philipp ihm
die Summe, die er ald Preis verlangte, nicht bezahlte; aus Zurcht, geſtei⸗
nigt zu werben, erhängte fi Xeon. Suid. v. Adar. * .]
® Rol. Piut. Nio. 22, Auch in Athen war Leo als Gefandter,, wo fein Aufs
treten — er war dickleibig, und galt als ein Freund guten Cifens und Trinkens —
Anfangs Lachen erregt hatte (f. Philoftrat. 1. I. Piutardy, Praecept. pol. p. 804.
then. XII, p. 550. F. Guibas s. v.). Auch Euidas (s. v. Eudoc. p. 281.) fpricht
von ihm, aber in einer Weile, weiche den Berbahht erregt, daß er ihn mit
andern PHilofophen ober Schriftftellern deffelben Namend verwechfelt; denn er nennt
ibn einen Peripatetifhen Philofopben , den Schüler des Plato oder nach Andern
des Arifioteles, was vielleicht auf denjenigen Leo geht, beffen Söhne Melantas und
Pancreou von Theophraft Im Teſtament bedacht wurden (Diog, Laert. V, 51. 53. 54 ff.).
Wahrend und von Reben oder Schriften des Byzantiniſchen Leo nichts bekannt iſt,
uenut Guidas eine Reihe von Schriften: fieben auf Philigp und Byzanz bezftgliche
Bücher (ra xara Dilızzov nai To Bubavtiov), eine Schrift Tev$gartıxog, wahr:
fheinlihy eine Rede mythiihen Inhalts, auf Teuthras, den König der Myſier, bes
zügtich; ferner repi Broalov (fiber das Orakel bes Befa, f. Ammian. XIX, 12. u.
var. Bd. I. ©, 535.). iepos rölenos (eine geichichtliche Darfiellung bes unter dieſem
Namen befannten Krieges des Philipp von Macebonten mit ben Phocenfern), szeps
orageos (thetorifchen Inhalts: worüber fo viele andere Nhetoriker gefchrieben), und
za ar Aditavdgov s. was Olearius (ad Philostrat. p. 485.) auf ben Alexander
von Macedonien, ber in die Zeiten des Einfalls ber Perfer unter Kerred fällt, bes
ziehen, Andere aber, und wohl mit mehr Grund auf Alexander den Großen bezieben
wollten (vgl. Voß De hist. Graeco. I, 8. p. 70. ed. Westerm. vgl. 462.). Indeffen
ſcheint im biefer Angabe des Suidas Überhaupt ein Irrihum zu liegen, infofern uns
mittelbar zuvor von Suibas einen andern Rhetor Leo aus Alabanda beigelegt
werben, außer vier Büchern Kartifcher und zwei Büchern Lyeiſcher Geſchichte: eine
zbyyn, dann nepl oracıny und iepos nolenos Duxiov nal Borwrar, alfo dieſelben
beiden Schriften, bie alsbald dem Leo von Byzanz beigelegt werben. Gin Leo von
Byzanz wird dv rois Barwurınois von Plutard De Fluv. 2. angeiünrt, vielleicht wie
Weſtermann (in der Note zu Voß 1. 1.) vermuthet, doſſelbe Werk, wie ber depos
moiepos. Jadeſſen wird von bemfelben Piutarh De Fluv. 21. auch berfeibe Leo
von Byzanz in einem dritten Buch über die Flüſſe angeführt, in den Scholien bed
Apoſlonius IT, 297. and, ein Leo dv nepinip. Schon im Alterthum legten mande
Sorfcher, wie Nicias (Athen. XI, p. 503. C.) und Phavorinns (Laert. III, 62.) den _
noch vorhandenen Dialog “Aluvar, welcher ſchon im Alterthum unter den unÄchten
Dialogen Platons aufgeführt warb und jest unter ben Schriften des Lucianus fich
befindet (I. p. 176. ed. Reitz. oder I. p. 125. der Ed. Bipont.) biefem Leo von
Byzanz bei, beffen Antorfchaft freilich bier eben fo wenig fiher und begründet ers
ſcheint, wie die des Eucianus (f. d. Andieger p. 442 f. d. Ed.Bipont.), [BJ]
.
918 Ä Leo
II. Aus der römiſchen Kalfergefhichte find von Männern dieſes
Namens bier zu erwähnen: _
1) Der Eunuh Leo, von Cſaudian. in Eutrop. II, 376—389. 456—
461. mit Humor gezeichnet. Gehilfe des Eutropius (ib. 559.) führte er das
byzantiniſche Heer gegen Targibil an (ib. 432. 440. 453.), wurde aber ges
ſchlagen und flarb auf der Flucht vor Angft, ib. 455.
2) Kaifer Leo L. ohne erkennbaren Grund der Große genannt. in
Thrakier von Geburt Hatte er es bis zum Rang eined Iribunen gebracht
(iheophan. p. 170.), al8 er nah dem Tode des Kalferd Marfianus von
dem mädtigen Patricier Aſpar, deſſen Haudhofmeifter er war und ber ale
Arlaner den Thron nicht felbit befleigen fonnte, am 7. Zebr. 457 (Chron.
Pasch. p 592.) zum oſtröm. Kaiſer ernannt (Procop. Vand. I, 5. Theophan.
p. 179. Bonn) und vom Patriarden Anatolius gekrönt (Theophan. p. 170.)
wurde. Aſpar gedachte unter fremden Namen jelbft zu herrſchen, aber Leo
machte fich bald unabhängig von ihm (vgl. Cedren. p. 345 f.) und ſchloß
fi deſto enger an die orthodoxe Partei, namentlih den Biſchof non Gon-
ftantinopel, Gennadius an (f. Theophan. p. 173. 176.), ohne fi aber pofliiv
. in die dogmat. Streitigkeiten einzumiſchen (Facund. Herm. de trib. cap. vgl.
Theophan. p. 172 f.). Er verfolgte die Arianer (Chron. Pasch. p. 597.)
und gab ein puritaniſches Sonntagdfeiergefeg (ib. 596.). Auch war er be
müht fih felbfk Anhänger zu gewinnen und vermählte im I. 458 feine Tochter
Ariadne an den kriegstüchtigen Zeno (ib. 172.). Im I. 467 ernannte er
den vom röm. Senat empfohlenen Anthemius zum weflröm. Kaijer (ib. 177.
Procop. Vand. I, 6.), um gegen die fortwährenden Ginfälle ver Vandaler
eine Unterſtützung zu haben. Er felbft ſchickte im I. 468 feinen Schwager
Baſiliscus mit einer zahlreichen Flotte und flarfem Heere gegen &enferid.
Anfangs flegreich denkt Baf. an den Thron und Aſpar fahr aus Rachſucht
feinen Ehrgeiz an und veranlaßt ihn zum Verrath; der von Leo nachgeſchichkte
Heraflius erobert alle afrifan. Städte ohne Mühe und zieht vor Karthago;
ftatt ihn aber zu unterflügen läßt fih Baf. von Genf. beſtechen und bewilligt
diefem einen fünftägigen Waffenſtillftand, den Genf. dazu benützt, Nadıd
Brander gegen die faiferlihe Flotte auszufenden. In der dadurch entflan-
denen Verwirrung greifen die Bandaler an und die Katferlichen werden gänılid
gefhlagen (Procop. 1. 1. Theophan. p. 179 f.). Heraklius und Baſiliskus
fchren nah Byzanz zurüd; letzterer flüchtet fich in die Sorhienkirche und
wird auf Bürbitie feiner Schweiter, der Kaiſerin Berina (Theophan p. 175.)
begnadigt (‘Brocop. 1. 1.). Als darauf Aſpar auch gegen Zeno intrigirte
(Theophan. p. 180 f.), fo wurde er und feine beiden Söhne Ardabur und
Patricius (welcher bereitd zum Cäſar ernannt war, ib. 180.), im 3. 470
ööAn ermorbet (ib. 181. extr. Chron. Pasch. p. 596. Bonn: rugarride
‚ usAsınoavyıe Äonapa Eporevosr &9 TO NaÄaTiW XL Toig viovg @vTov 6
xoußsrto (conventu) xaraxowag Ta Gouate avrar. vgl: Brocop. I, 6. extr.);
nur fein jüngftler Sohn Armenarchus enıfloh mit Zeno's Hilfe (ib. 182.).
Aſpars Aojutant (Unaomorne), der Gothe Oſtris und fein Schwager J heo⸗
derih wollten feinen Tod rächen, werden aber von Baflligfus und Zeno au
Eonflantinopel verjagt (ib. vgl. Chron. Pasch. p. 597.). Im J. 472 frönte
8. feinen gleichnamigen Enkel (ib. p. 184.) und ernannte ihn, ehe er ım
Januar ded folgenden Jahres farb, zu feinem Nachfolger (ib. 185.). Schon
im Februar Frönte der junge Kaifer (Reo IE), unterflügt von feiner Mutter
und Großmutter, feinen Bater Zeno zum Mitregenten. Nach Chron. Pasch.
p. 599. flarb er im Alten Monat feines Confulate, im November 474,
17 Jahre alt (vgl. Procop. Vand. I, 17., ungenau Theophan. p. 185 f-:
er fei im Alten Monat feiner Regierung geftorben), worauf Zeno Allein
herrſcher war. Bol. auch Geneflus u. Gibbon S. 1194—1199. 1308, Sporſchil.
3
Leo on 919
3) Leo aus Cilicien, Meferendarius am Hofe ded Juſtinian (Brocop.
Anecd. 29. p. 159. Bonn). Nah Procop. Anecd. 14, 90. war er ed, der
den Kaiſer auf den Aemterhandel als eine Ermerbequelle aufmerfiam machte
und ein förmliches Beſtechungsſyſtem organifirte, durch dad er ſelbſt zu großen
Meihrbämern Fam.
4) Leo IH. oder ver Iſaurier, urſprünglich Konon heißend, oftröm.
Kalter vom 3. 718—741. Aus niedrigem Stande geboren diente er anfäng⸗
Ii$ in ver Leibwache (spatharius) Juſtinians II., erregte aber bald deſſen
Biferfuht und ward nah Kolhis geſchickt, wo er ſich fo fehr auszeich⸗
nete, daß Anaftaflus II. ihm den Oberbefehl über das Heer im Oſten über«-
trug. Als die Garde fich gegen den Kaiſer empörte und die Krone. dem
Theodoſius aufprängte. war es hauptſächlich das Zaubern Leo's (er war dur
ein arabiſches Heer bedroht), was die Fortſchritte und den Krieg des Letztern
möglich madte. Aber fomohl er als fein Schwiegerfohn Artabaspus, Bes
fehlehaber in Urmenten, verweigert dem Theodoſ. den Behorfam, ohne aber
darıım ihren Poften gegen die Feinde zu verlaffen oder von Theodoſ. ange»
griffen zu werben. Als er fih der Araber durch einen Vertrag verficdhert
hatte, ergriff L. die Initiative gegen Theodoſ., der bei feiner Annäherung
der läſtigen Krone freimillig enttagte (25. Merz 717). Sobald 8. gekrönt
war, fünbigte er den mit den Arabern geichloffenen Vertrag, melde vor
Gonftantinopel zogen, zwar — namentlich mittelft des griech. Feuers —
zurädgeirieben wurden, aber in ber Nähe überwinterten und im Frühſahr
mit verflärkter Macht von Neuem anrüdten; aber auch dießmal wurden fle
theils dur jenes Feuer, theild durch den Abfall der Ehriften im mahomed.
Heer geſchlagen und zurüdgenrängt und durch Hunger und Peſt mplih zum
gänzlichen Aufgeben der Belagerung genöthigt (15. Aug. 718). Inzwiſchen
hatte Sergius, Herzog von Sicilien, Gonflantinopel für verloren haltend,
feine Infel unabhängig gemacht und einen Byzantiner, Bafllius, als Kaiſer
aufgeflelt, der nun den Namen Tiberius annahm und durch das falſche Ge⸗
rüdt von der Eroberung Gonftantinopeld das Bolf gewann. Aber Leo ſchickte
feinen Oberftallmeifler (chartularius) Paulus ald Herzog nah Sieilien, mit
eigenhändigem Schreiben an das fleilifhe Bolt und die Großen. Alsbald
fiel Alles Ienem zu, Bafilius mird ergriffen und getödtet, Sergius entflieht
und wird fpäter amneftirt. Im I. 720 machte auch Anaftaflus II. in Vers
bindung mit einigen über Leo's Eräftige Selbfiregterung unzufriedenen Hof⸗
leuten einen Verſuch den Thron wieder zu gewinnen, feheiterte aber an Led's
Wachſamkeit und Beliebibeit bei Volk und Heer; von feinen erfauften bul⸗
garifchen Truppen verrathen wurden Anaftaflus und die übrigen Verſchworenen
enthauptet. Das Denfmürbigfte an Leo's Regierung iſt aber fein Conflict
mit dem Bilberbienf. Im ſechsten Jahr feiner Regierung mollte 2. die Juden
und Mahomedaner zum Chriftenthum befehren, erfannte aber bald als ein
Hauptbinderniß den chriftlihen Bilderbienft, worin ihn fein Hoftheolog, der
phrygiſche Biſchof Theophilus beſtärkte. Nachdem ein Verſuch, die byzanti«
niſchen Theologen für ſeine Anſicht zu gewinnen, vergeblich geweſen war,
verſammelte er im neunten Jahr feiner Regierung ein ſog. Silentium (worin
die welilichen Mitgliever das Webergemicht Hatten), welches den Bilderdienſt
in die Kategorie des Göhendienfted flellte, und fe größer der Widerſpruch
war, melden diefe Anſicht allenrhalben fand, deſto eigenfinniger beharrte der
Kaifer auf der feinigen, und erließ im. 723 ein Ediet, worin er alle Bilder
son Engeln, Heiligen und Märtyrern bei Strafe verbot und den Obrigfeiten
befahl, fle Überall wegzunehmen, und am Anfang des 3. 730 wurde ber
widerfpenftige Batriar von Eonftantinovel, Germanus, trog feiner 95 Jahre,
abgefegt und bafür Anaſtaſius ernannt. Wenn gleich das Edict nirgends befolgt
wurde — am ebeflen noch in Gonftantinopel, wo aber über die Zertrümmerung
920 Lee
eines Chriſtusbilde ein Aufruhr ausbrach — fo erregte es doch einen Sturm,
den beſonders der Papft Gregor II., fpäter auch Johannes von Damaskus
dur feine Gegenſchriften nährten. Noch entſchiedener trat Bregor III. (na»
mentlich auf einer im I. 733 gehaltenen Synode) zu Bunflen ber Bilder auf,
fo vaß Leo im I. 733 Heer und Flotte gegen ihn ſchickte, die aber in einem
Gturme zu Grunde gingen. Leo wiederholt die Erpebition niht, da das
Mei fortwährend dur die Binfälle der Araber heimgeſucht war, welde
jedoch Leo und fein Sohn Gonflantin (genannt Copronymus, geb. 719) im
3. 740 in einer großen Schlacht beflegten. Auch gab ein Erbbeben Veran⸗
laflung zu drückenden Steuern und Unzufriedenheit, doch farb Leo bald darauf
an einer Krankheit, feinem Sohne und Nachfolger ein ergebene® Heer und
Volk und einen wohlgefüllten Schaf hinterlaſſend. Vgl. Zonar. XV. Iheophan.
p. 600 ff. Bonn. Cedrenus. Gibbon (ed. Sporſchil) S. 1728 f. 1780 F.
1787 fi. Schloffer Geſch. der bilderſtürmenden Kaiſer S. 131 ff. 140—199.
Der Sohn Conſtantin's V., Leo IV., regierte vom 3. 775—780 mit Mäßi-
gung und im Sinne feiner ifonoflaftifhen Ahnen, ſ. Schloffer S. 249— 259.
Ueber Leo V. den Armenier und feine fräftige und kluge Megierung (813
bis 820) f. ibid. ©. 386 ff. 393—4A30. [W.T.]
III. Eine Aufzählung ſämmtlicher der Literatur⸗Geſchichte ange»
hörigen Männer dieſes Namens f. in Zabric. Bibl. Gr. T. VII. p. 713 ff.
und XI. p. 664 f. ed. Harl. Hier ift zu nennen: ein Pythagoreer Leo
aus Metapont (Jamblich. Pyth. 36.), vieleicht Iventifh mit dem Leo, an
welchen Acmäon (f. Bd. I. ©. 316.) fein naturphilofophiihes Werk richtete
(Diog. Laert. VII, 82.), fhmerlid aber mit dem Schüler des Neocles,
welcher nad Proclus in Euclid. II. p. 19. über die Beometrie ſchrieb. —
Einen reihen Bürger Leo aus Salamis nennt Diogenes von Laerte II, 24.
©. oben ©. 916 f. Nr. 3. Einen Leo, der über Aegypten und den dor⸗
tigen Goͤtterdienſt gefchrieben, nennt Hygin Poet. Astron. II, 20.; es iſt
derfelbe, der ald Leo Aegyptius bei Tertullian (De.cor. milit. 7. nebſt
Auguftin. De cons. Evangel. I, 23. Glemend ler. Stromat. I. p. 139.)
ericheint, und von Mauden auch mit dem Leo Pellaeus, welder über
die Natur der Bötter fchrieb (bei Arnobius adv. gent. IV, 29. u. dazu
die Nahmelfungen von Wellermann am a. O. p. 462. not. 5.), zufammen»
geftellt wird. Endlich gehört Hierher no& Leo, ber Philoſoph und Arıt,
von defien Schrift jegt ein Stüd in Boiſſonade Nova Anecdd. (Paris 1844.
8.) p. 367— 370. berausgefommen if. Leber Handfhriften deſſelben vgl.
$abric. Bibl. Gr. XI. p. 665. ed. Harl. — Der fpätern byzantiniſchen Zeit
angehörig find folgende: ein gelehrter Jurifl Leo, gerühmt von Sidonius
Apollinaris Narb. 446 ff., ferner ein anderer gelebrter Juri Leo Ana-
marzeus, aus der Zeit nah Suflinian, VBerfaffer von Gommentaren und
Sloffen zu den Bafllifen, vgl. Bad Histor. Jurispr. IV, 1. sect. 3. 6. 21.
Auch der Kaifer Leo VI., der Weife, der Philoſoph benannt (886— 911
n. Ghr.) kann Hier genannt merven, theils wegen der dur ihn publicirten
- Gefepedfammlung der Balllifen (f. Bd. I. ©. 1070.), theils auch wegen
einer Reihe von andern Schriften verſchiedenen Inhalts, melde dieſem viel»
feitig gebildeten Herrſcher, dem Schüler des Photius, beigelegt werden (I.
das Nähere bei Babric. Bibl. Gr. VII. p. 693 ff. ed. Harl.). Dahin ges
hören zuvörberft feine poetiſchen Berfude: neun Epigramme, welde in die
Griechiſche Anthologie (Anal. III, 128. oder IV, 97. ed. Lips.) aufgenommen
find und nit wohl einem andern Berfaffer zugetheilt werben bürfıen (f. Ja»
cob8 Anthol. Graec. XII. p. 907 f.); die ihm weiter beigelegten flebenzehn
Prophezeiungen (xomouos) über die Kalfer und Patriarchen von Gonfanti-
nopel in iambiſchen Berfen (abgeprudt Hinter dem Codinus in der Benetianer
Ausgabe der Byzantiner ſſ. Bd. I. ©. 1212.) Vol. XVIU. T. I. vgl. San.
Lee 981
Putgerf. Varr. Lectt. V, 8.) fönnen aber keineswegs für fein Werk: gelten
(1. Zabric. 1. 1. p. 694 ff.). Dagegen if von ihm ein kleines Gedicht in
Jamben über den traurigen Zuſtand von Griechenland, und ein anderes Ges
dicht von 27 Verſen (aapxiros), welche rũckwärts gelefen einen Sinn geben,
beide bekannt gemacht durch Leo Allatius, das eine bei: De consens. eccles.
occid. et oriental. p. 854., das andere bei: Excerptt. Rhett. et Sophist.
(Rom. 1641. 8.) p. 398.; eine Anzahl Hymnen fol no handſchriftlich
eriftiren (j. Harles bei Fabrie. p. 701.). Indem wir die Neben, von denen
manche noch nit gedruckt find, und Anderes in andere Gebiete Einfchlägiges
übergehen (f. Babric. p. 698 ff.), nennen wir noch eine Fleine in das Gebiet
der Kriegswiſſenſchaft fallende Schrift: zar &v roAsuoıg Taxıınar ovrzouog -
nepadooıg: einen Abriß oder ein Lehrbuch der Takuk (f. das Nähere bei
Zabric. p. 701 fj.), das infofern für und Werth gewinnt, als es meift aus
älteren Schriftftellern der Art, Arrianus, Aelianus, indbefondere aus Ono⸗
jander geſchoͤpft iſt, herghegegeben zuerſt in einer lateiniſchen Ueberſetzung
von J. Schegk (Baſel 1554. 12.), und dann mit dem griechiſchen Text zuerft
von SI. Meurfius (Leiden 1612. 4., und mit Xelian 1613. 4., dann au
Opp- Meurs, Vol. VI., wo da8 19te Cap., dad vom Seekrieg handelt, ver⸗
volfkändigt if; f. au bei Fabric. p.707ff.). Als ein gelehrter Philoſoph
und Aftronom des neunten Sahrhundert3 wird auf Leo von Bonflantinopel,
wo er lehrte, genannt_(vgl. SHIU Geſch. d. Griech. Kit. III. ©. 14. 324 f.
Fabric. IV. p. 158.). In das zehnte Jahrhundert fällt der Grammatiker
Leo Asianus oder auch der Karer, deſſen Geſchichte (zoovoypayia za zur
vaor Baodor rrepıeyovoa) von 813—940 n. Ehr. der Autgabe-dveö Theo⸗
phanes von Kombeflfius (Paris 1655. fol.) beigefügt iſt (f. Fabric. p. 714.
Voß de hist. Graecc. II, 26. p. 351. ed. Westerm.); ferner der etwas
fpätere Leo Diaconus, welder den Kaifer Bafllius in den Krieg wider
die Bulgaren begleitete, und die Geſchichte der Jahre 959—975 in zehn
Büchern beſchrieb, welche aus der einzigen noch vorhandenen Handſchrift von
K. B. Hafe zu Baris 1818. fol. (nun auh Bonn 1828. 8.) herausgegeben
ward (vgl. Schoͤll III. ©. 268.) Don einem Leo Bardales, einem Better
des Theodorus Metochita, alſo in die erfte Hälfte des vierzehnten Jahrhun⸗
derts fallend, hat Boiffonade im erften Bande der Anecdd. Graecc. (Paris -
1829. 8.) Einiges bekannt gemacht; In viefe Zeit gehört au Leo Ma-
gentenus, Metropolit von Mitylene um 1340, DVerfafler eines Commen⸗
tars (efnynas) zu des Ariſtoteles Schrift mepi spumveing, welcher meif ent»
nommen ift aus dem Kommentar des Ammonius (f. Bd. I. ©. 415. Nr.5.),
und abgedruckt lebt in ber dort angeführten Alpiner Ausgabe; in lateiniſcher
Ueberfegung mehrmald erfhienen von I. B. Rafarius (Paris 1544. fol.
Venet. 1547. Lugd. 1547. fol.) und Hier. Leuftrius (Paris 1554. fol.); ein
anderer Gommentar vefjelben zu den erften Anakytica, abgebrudt mit dem
des Sohannes PHiloponus (f. Bd. IV. S. 223.), und in lateinifcher Ueber⸗
jegung von bemfelben Raſarius Venet. 1544. fol. Lugd. 1547. fol. Aehn⸗
fie Sommentare zu der Topik und ben ſophiſtiſchen Veberführungen bes
Arifkoteled follen noch ungedruckt eriftiren (ſ. Buhle Aristotel. Opp. I. p. 305.
Sabric. VII. p. 717 f.). — Ueber die zur kirchlichen Literatur gehörigen
lateiniſchen Schriften des römiſchen Bifhofd Leo I. (T 461) mit dem Bels
namen des Großen, ſ. mein Supplement II. der Geld. d. Röm. Literatur
$. 159 fi. [B.]
IV. Kunſtgeſchichte. Leo, 1) ein Maler, der die Sappho malte,
aus unbeflimmier Zeit, Blin. XXXV, 11, 40. — 2) einer der Grzgießer,
welche Athleten, Bewaflnete, Jäger und Opfernde bildeten, Plin. XXXIV,
8, 19. — 3) Römiſcher Töpfer auf zwei in Voorburg gefundenen Scherben
des Leinner Diufeums, Janffen Mus. Lugd. Inscx. p. 141. [NW]
EV.
922. Leo .
V. Geographie. 1) Vorgeb. von Cubda an ver Süpfpike der fog.
ſchoͤnen Küfte («Ar aren), fübl. von Eretria. Ptol. IN, 15. (Asor axoa«). —
2) Borgeb. an der Südküſte von Kreta, zwifhen den Städten Liſca und
Inata (Pol. IN, 17). No jetzt Capo Lion. S. Höck's Kreta I S. 413.
— 8) Fleden an der Oſtküſte Sieiliens in der Nähe von Syracus (umt
zwar nad Thucyd. nur 7 Stab. von Epipolä, nad Livius aber, wobl
rihtiger, 5 Mill. vom — wo ſowohl die Athener als die Römer
bei ihren Unternehmungen gegen jene Stadt ihr Standlager hatten. Thuc.
VI, 97. Liv. XXIV, 89. — 4) Fluß Phoͤniciens, der auf dem Libanon
entfpringt und zwifchen Berytus und Sidon, ſedoch näher bei Iehterer, au»
mündet (Ptol. V, 15.) Es ift wahrfiheinlih der Heut. Auleh oder Mole
Cool. v. Richters Wallf. S. 74. Mannert VI, 1. ©. 294. Klöden u. U).
obinfon aber, Bal. II, ©. 687. u. 710 f., Hält ven Aulch oder Huls
sielmehr für den Boftrenus der Alten und den Leon (oder, wie er ſchreibt,
Leontes?) einer bloßen Namensähnlicgkeit wegen für den heut. Litany oder
Nahr Lanteh. (Dal. jedoch Forbiger's Handb. d. alt. Geo. II, ©. 663.) [F.]
VI. Uranograpbie. Der Löwe, ein Sternbild im Xhierfreife.
Es liegt zwiſchen den Sternbildern des Krebfes (weſtlich), des Eleinn Löwen
(noͤrdlich), der Jungfrau (öſtlich) und dem Sextanten (füdlich). Der Löwe
wird liegend und in weſtlicher Richtung im Thierkreiſe vorgeſtellt. Daher
iſt ſein Kopf gegen das Sternbild des Krebſes gewendet. Aus letzterem
Bilde tritt die Sonne in das des Löwen und durchläuft dieſes nah Gemi—
nus (eioay. eis T. pgamou. c. XVI.) in 31 Tagen. Da die hoͤchſte Hitze
im Sommier nicht mit dem höchſten Stande der Sonne (Zeit des Eintritt
der Sonne in das Sternbild des Krebſes bei den Alten), fondern erft fpäter
einfällt, fo entfleht die größte Hiße in der Regel und befonders in füblichen
Gegenden erft, wenn die Sonne in das Sternbilp des Löwen eingetreten
ift, und. die Zeit, worin die Sonne in demſelben vermeilt, ift vie des höch⸗
fin Sommers im Alterthume. So fagt Aratud (paıvou. V, 148.), var
die Sonne in dieſem Zeichen ven heißeflen Lauf (Beoeiraral cım xeAevußr:
babe; Euctemon, daß ver Hund im erften Tage, nachdem die Sonne in
den Löwen getreten fey, fihtbar werde und Hitze bedente (Gem. Eio. c.
XVI.), und Glaubian in Ruf. I, 365. nennt ihn daher aestivus. Nah Era-
toſthenes (Catast. c. 12.) und Hyginus (Fab. ib. III.) zählt dieſes Stern-
Bild 19 Sterne (Flamſteed führt deren 95 auf); drei am Kopfe, zwei auf
ber Bruft, einen hellen am rechten Fuß, einen in der Mitte, einen unten
am Bauche, einen an der Lende, einen am hintern Knie, einen am Ente
des Fußes, zwei am Hals, drei am Nüdgrath, einen in der Mitte des
Schwanzes, einen hellen amı Ende des Schwanzes, einen am Bau. Unter
ben genannten Sternen iſt einer von der erflen Größe, Regulus genannt.
Er führt bei den Alten verfchiedene Namen. Nach Geminus (c. II, a. a. O.)
wirb er von bem Orte, wo er ſteht, das Herz bes Löwen (xapdia Asorzo;).
von Andern „Bankdımnos“ genannt. Eratoſthenes feht ihn an den rechten
Fuß (eri zov debioü modög Auunoor). Bei Plinius (H. Nat. XXVI, 44. u.
XXVIII. 48.) beißt ex „stella regia‘‘. Nach Geminus (c. XVI.) fängt ver
Löwe am dreißigſten Tage nach dem Eintritt der Sonne in das Zeichen des
Krebfed an aufzugeben (arareAdcır, nämlich mit der Sonne, heliakiſch, alic
in der Morgendämmerung); dagegen fängt er an unterzugehen (dyrer) ober
akronyktiſch aufzugeben am zweiten Tage nad dem Eintritt ber Sonne in
das Sternbild des Waſſermanns. Ptolemäus (de Appar.) gibt, von einer
andern Baſis auagebend, hierüber folgende Beflimmungen: „Der belle Stern
im Herzen des Löwen geht am 21. Januar um die 18te Stunde Abends
auf, am 6. Febr. um die 13,dte Stunde Morgend unter. Dagegen ver:
ſchwindet dieſer Stern In den Gtrablen der Sonne am 12. Juli um vie
Loseddes — Leschäres 928
16te Stunde, am 15. um bie 15. Stunde u f. w., und taucht aus ihnen
wieder Hervor am 18. Auguft um die 13te Stunde u. f. w.« Golumella
fagt (d. re rust. lib. XI, 2.): XVI Cal. Febr. Leo mane incipit occidere,
und gebt alfo afronyktifh auf, IV Cal. Aug. Leonis in pectore clarae stel-
lae exoriuntur, d. i. heliakiſch. Plinius (H. Nat. XXVI, 44.): VII. Cal.
(Febr.) steila regia in pectore Leonis occidit matutino, und III. Cal. (Aug.)
regia in pectore Leonis stella matutino immergitur (wo wahrſcheinlich
emergit zu lefen if). Dean flieht, daß diefe Angaben nicht genau überein-
fimmen. Noch eine andere Beflimmung gibt Ovid, Fast. I, v. 655 ff.
cf. Betav. variae dissertt. ad Uranologium II, p. 91. Ueber die Ents
fiehung des Namend dieſes Sternbildes finden fih folgende Angaben und
PVermuthungen. Rhode (Berfuh über das Alter des Thierkreiſes und ben
Urfprung der Sternbilder) leitet die Erklärung viefes Bildes S. 31. daher,
„daB der Löwe, nad übereinflimmenden Ausfagen, bei den Aegyptiern ein
Bild der Sonne in ihrer Kraft war." Damit ſtimmt Aratus a. a.
D. und aud die Einfachheit der Sache. Gratofthened und Hyginus jagen
an den oben angeführten Stellen, daß Jupiter den Löwen deswegen dieſer
Ehre gewürbigt habe, weil er für das vorzüglichfte unter den vierfüßigen
Thieren gehalten wurde; Andere, weil er darin den erfien Kampf des Her»
fules, werin er den Nemälfchen Löwen erlegte, ehren wollte, weswegen bies
jed Sinnbild vom Manilius (Astronom. lib. IV.) „Nemaeus“ sc. leo ge-
nannt wird. Nah Ideler (Unterſuchungen über den Urfprung und bie ‘Bes
deutung der Sternnamen ©. 165.) hat Copernicus den Namen „Begulus“
zuerſt gebraucht. [O.]
Lescädes, Sohn bed Tyrannen Phidon (ſ. d.), Herod. VI, 127.
Leochäres gehörte zu der jungen attiſchen Schule, als deren Reprä⸗
fentant Praxiteles betradgtet werben Tann. Er arbeitete in &rz, Marmor
und (Elfenbein. Plinius XXXIV, 8. 19. ſetzt feine Blüche in DI. 102.
Damit flimmt die Angabe überein, daß er mit Scopas, Bryarid und Ti⸗
motheu3 an den Neliefs für ben Fries des Srabmahls arbeitete, welches
Artemifla, Königin von Carien, ihrem DI. 106, 2. verflorbenen Gemahl
Mauſolus in Halicarnaß errichten Tieß (f. d. U. Mausoleum). Plin. XXXVI,
3. A. Vitruv. VII Bor. ©. 13. Man fennt die Gegenſtände bdiefer be⸗
rühmten Arbeiten nicht, aber man fleht an dem feflen Schloß zu Budrun
Meliefs mit Amazonenfämpfen eingemauert, bie von folder Bortrefflichkeit
find, daß man fie für Ueberreſte des Maufoleums halten Tann. . Außerbem
fland von ihm in Halicarnaß eme acrolishe coloffale Statue des Mars, in
der Mitte des oberflen Abſatzes der Stadt, neben der Burg ned Maufolus
und über feinem Denfmale Bitruv II,.8, 11. In der Iangen Halle des
Piräeus fland von ihm Jupiter und der Snjuos. Pauſ. I, 1, 3. Gin ander
rer Jupiter von ihm fland auf der Acropolis, Pauf. I, 24, A. Ginen be⸗
fonder® preißwürbigen Jupiter tonans auf dem Bapitol ermähnt Plin. XXXTV,
8.19. Diefer müßte von den zwei vorgenannten verfehteben fein, man würde
denn annehmen, daß Dabrian den geraubten zurüdgegeben habe, fo daß ihn
Paufaniad wieder auf der alten Stelle gefunden hätte. Gin Apollo des
Leochares fland im Ceramicus, Pauſ. I, 3, 4; einen Apollo diadematus
ermähnt Plin. XXXIV, 8. 19., mit dem es dberfelbe Kal fein Tann, wie
mit dem dritten Jupiter. Am berühmteften und für den gefühlvollen Aus»
druck feines Stiles bezeichnendſten war die Erzgruppe, melde den Ganymed
von: Adler geraubt darftellte, von der Plin. XXXIV, 8. 19. fagt: aquilam
(feeit) sentientem quid rapiat et cui ferat, parcentemque unguibus etiam
per vestem. vgl. Totian. Or. ad Graec. c. 56. Cine Nachbildung in Mar-
mor haben wir wahrfcheinlig in der Gruppe des Muſeum Pio⸗GClem. T. III,
tav. 49. und in einer andern in der Bibllothek di San Marco zu Venedig;
922. Leo ,
V. Geographie. I) Vorgeb. von Eubda an der Süpnfpike der ſog
fhönen Küfte (rain aren), füpl. von Eretria. Ptol. IM, 15. (dior area). —
2) Vorgeb. an der Südküſte von Kreta, zwiſchen den Städten Liſca un
Inata (Ptol. II, 17.). Noch jebt Capo Lion. ©. Höck's Kreta I. ©. 413
— 8) Flecken an ver Oſtküſte Sieiliens in der Nähe von Syracus (um
zwar nah Thucyhd. nur 7 Stad. von Epipolä, nah Livius aber, wob
richtiger, 5 Mill. vom Herapylon), mo fomohl die Athener ald die Röme
bei ihren Unternehmungen gegen jene Stabt ihr Stanvlager hatten. Thuc
VI, 97. Liv. XXIV, 39. — 4) Fluß Phoͤniciens, der auf dem Libanorn
entfpringt und zwiſchen Berytus und Sidon, ſedoch näher bei Iehterer, aus
mündet (Ptol. V, 15.). Es iſt wahrfiheinlih der heut. Auleh oder Aolı
(ogl. v. Richter's Wallf. S. 74. Mannert VI, 1. ©. 294. Klöden u. A.)
Robinfon aber, Pal. IT, ©. 687. u. 710 f., Hält den Auleh oder Aufl:
vielmehr für den Boſtrenus der Alten und ven Leon (over, wie er ſchreibt
Leontes?) einer bloßen Namensähnligkeit wegen für ven Heut. Litany odeı
Nahr Lanteh. (Vgl. jedoch Forbiger's Handb. d. alt. Geo. II, ©. 663.) [F.}
| VI. Uranographie. Der Löwe, ein Sternbild im Thierkreiſe
Es liegt zwiſchen den Sternbildern des Krebſes (weftlih), des Kleinen Löwen
(noͤrdlich), der Jungfrau (öſtlich) und dem Sextanten (fſüdlich). Der Kömı
wird liegend und in weſtlicher Richtung im Thierkreiſe vorgeſtellt. Dahen
iſt ſein Kopf gegen das Sternbild des Krebſes gewendet. Aus letzteren
Bilde tritt die Sonne in das des Löwen und durchläuft dieſes nah Gemi—⸗
nus (eivay. eig T. gamou. c. XVI.) in 31 Tagen. Da die hödfte Hit:
im Sommter nicht mit dem höchſten Stande der Sonne (Zeit des Eintritt:
der Sonne in dad Sternbild des Krebfes bei den Alten), ſondern erft fypäare
einfällt, fo entfleht die größte Hitze in ver Megel und befonders in ſüdlicher
Gegenden erfi, wenn die Sonne in dad Sternbild des Löwen eingetreten
tft, und. die Zeit, worin die Sonne in demſelben verweilt, ift die des höch—
fin Sommerd im Altertfume. So fagt Aratus (paırou. V, 148.), DaF
die Sonne in diefem Zeichen den heißeflen Lauf (Beoeirarai ein neRevßrı:
babe; Euctemon, daß der Hund im erften Tage, nachdem die Sonne in
den Löwen getreten fey, fihtbar werde und Hitze bedeute (Gem. Eıo. c.
XVI.), und Claudian in Ruf. I, 365. nennt ihn daher aestivus. Nah Era-
toſthenes (Catast. c. 12.) und Hyginus (Fab. lib. III.) zählt dieſes Stem-
Bild 19 Sterne (Flamſteed führt deren 95 auf); drei am Kopfe, zwei au’
der Bruft, einen hellen am rechten Fuß, einen in der Mitte, einen unten
am Bauche, einen an der Lende, einen am hintern Knie, einen am Ente
des Fußes, zwei am Hals, drei am Nüdgrath, einen in der Mitte ne
Schwanzes, einen hellen am Ende des Schwanzed, einen am Bau. Unter
ben genannten Sternen ift einer von der erflen Größe, Regulus genannt.
Er führt bei den Alten verfchiedene Namen. Nach Geminus (c. II, a. a. D.)
wirb er von bem Orte, wo er fleht, dad Herz bes Löwen (xapdia Asorzo;).
von Andern „Bandioros“ genannt. Eratoſthenes feßt ihn an den redhten
Fuß (Emi roũ debioü nodög Anunoor). Bei Plinius (H. Nat. XXVI, 44. u.
XXVIlI, 48.) Heißt er „stella regia“. Na Geminus (c. XVI.) fängt der
Löwe am breißigfin Tage nach dem Cintritt der Sonne in das Zeichen des
Krebſes an aufzugeben (arareAdsır, nämlich mit der Sonne, heliakiſch, alic
in der Morgennämmerung); dagegen fängt er an unterzugehen (öyvrer) oder
akronyktiſch aufzugeben am zweiten Tage nah dem Eintritt der Sonne in
das Sternbild des Waſſermanns. Ptolemäus (de Appar.) gibt, von einer
andern Bafls ausgehend, Hierüber folgende Beflimmungen: „Der helle Stern
im Herzen des Löwen geht am 21. Ianuar um die 1dte Stunde Abends
auf, am 6. Febr. um die 13,5te Stunde Morgens unter. Dagegen ver-
ſchwindet viefer Stern in den Strahlen der Sonne am 12. Juli um vie
| Leoc$des — Leochäres 928
i6te Stunde, am 15. um bie 15. Stunde u f. w., und taucht aus ihnen
wieder hervor am 18. Auguſt um vie 13te Stunde u. f. w.“ Golumella
fagt (d. re rust. lib. XI, 2.): XVI Cal. Febr. Leo mane incipit occidere,
und geht alfo afronyftif$ auf, IV Cal. Aug. Leonis in pectore clarae stel-
las exoriuntur, d, i. beliafifh. Plinius (H. Nat. XXVI, 44.): VII. Cal.
(Febr.) stella regia in pectore Leonis occidit matutino, und III. Cal. (Aug.)
regia in pectore Leonis stella matutino immergitur (wo wahrſcheinlich
emergit zu lefen if). Man fleht, daß biefe Angaben nicht genau überein-
flimmen. No eine andere Beftimmung gibt Ovid, Fast. I, v. 655 ff.
cf. Betav. variae dissertt. ad Uranologium II, p. 91. Leber die Ent⸗
ſtehung des Namens dieſes Sternbildes finden fih folgende Angaben und
Vermuthungen. Rhode (Verſuch über das Alter des Thierkreiſes und den
Urfprung der Sternbilver) leitet die Erklärung diefes Bildes S. 31. daher,
„daß der Löwe, nach übereinflimmenden Ausfagen, bei ven Aegyptiern ein
Bild der Sonne in ihrer Kraft war.” Damit flimmt Aratus a. a.
D. und au die Einfachheit ver Sache. Gratofthened und -Hyginus fagen
an den oben angeführten Stellen, daß Jupiter den Löwen deswegen biefer
Ehre gewürbigt habe, weil er für das vorzüglichfle unter den vierfüßigen
Thieren gehalten wurde; Andere, meil er darin den erfien Kampf des Her⸗
kules, mwerin er den Nemälichen Löwen erlegte, ehren wollte, weswegen bies
ſes Sinnbild vom. Manilius (Astronom. lib. IV.) „Nemaeus“ sc. leo ge
nannt wird. Nach Ideler (Unterfuhungen über den Urfprung und bie Ber
deutung der Sternnamen ©. 165.) bat Gopernicu8 den Namen „Regulus“
zuerfi gebraucht. [O.]
Leocödes, Sohn des Tyrannen Phibon (f. d.), Herod. VI, 127.
Leochäres gehörte zu ber jungen attifhen Schule, ala deren Reprä⸗
fentant Praxiteles betragtet werben Tann. Er arbeitete in Erz, Marmor
und Elfenbein. Plinius XXXIV, 8. 19. fegt feine Blüthe in DI. 102.
Damit flimmt die Angabe überein, daB er mit Scopad, Bryarid und Ti⸗
motheu3 an den Meliefs für den Fries des Grabmahls arbeitete, welches
Artemifla, Königin von Garten, ihrem DI. 106, 2. verflorbenen Gemahl
Maufolus in Halicarnaß errichten Tieß (f. d. U. Mausoleum). Plin. XXXVI,
3. A. Vitruv. VII, Bor. ©. 13. Man fennt die Gegenftände biefer be-
rühmten Arbeiten nicht, aber man fleht an dem feſten Schloß zu Budrun
Meliefd mit Amazonenkämpfen eingemauert, die von foldher Vortrefflichkeit
find, daß man fie für Ueberrefte des Maufoleums halten Tann. . Außerdem
fland von ihm in Halicarnaß eine acrolithe colofjale Statue des Mard, in
der Mitte des oberften Abſatzes der Stadt, neben der Burg ned Maufolus
und über feinem Denkmale. Vitruv II, 8, 11. In der Iangen Halle des
Piräeus fland von ihm Jupiter und der önuos. Pauf. 1, 1, 3. Gin ande»
rer Jupiter von ihm flond auf der Acropolis, Pauf. I, 24, A. Ginen be⸗
fonderd preißwürbigen Jupiter tonans auf dem Gapitol erwähnt Plin. XXXIV,
8.19. Diefer müßte von den zwei vorgenannten verfehieben fein, man würde
denn annehmen, daß Hadrian den geraubten: zurüdgegeben habe, fo daß ihn
Paufaniad wieder auf der alten Stelle gefunden hätte. Gin Apollo des
Leochares fland im Ceramicus, Pauf. I, 3, 4; einen Apollo diadematus
ermäahnt Plin. XXXIV, 8. 19., mit dem es berfelbe Fall fein kann, wie
mit dem dritten Iupiter. Am berühmteflen und für den gefühlvollen Aus⸗
druck feines Stiles bezeichnendften war die Erzgruppe, welche den Ganymed
vom Adler geraubt barftellte, von der Plin. XXXIV, 8. 19. fagt: aquilam
(fecit) sentientem quid rapiat et cui ferat, parcentemque unguibus etiam
per vestem. vgl. Tatian. Or. ad Graec. c. 56. Eine Nachbildung in Mar⸗
mor haben wir wahrfcheinli in der Gruppe des Muſeum Pio-Elem. T. II,
tav. 49. und in einer andern in der Bibliorhek di San Marco zu Benebig;
826 Leönidas
XI, 4. folgten auch 700 Lacedämonier (übereinftimmenb Iſocr. Panepgyr. c.
-25.- Archidam. c. 42.); die Gefanmtzahl der Peloponnefier, welde ſich
unter Leonidas bei Thermopylä vereinigten, ift bei Diod. 4000, bei Herod.
VII, 202. nur 3100, nad) der von Herod. VII, 228. mitgetheilten Infchrift
aber ebenfalls A000. Aus dem übrigen Griechenland kamen nad Herod.
VII, 202. Thespier 700, von den Tihebanern gezwungener Weije (cf. Plut.
de Her. mal. c. 33.) 400, Phofeer 1000 und opuntifhe Xofrer, deren
Zahl von Herodot nit angegeben wird; nah Diodor: Thespier (nad) dem
von Manfo Sp. I, 2. ©. 309. vertheidigten Vorfhlage Barthel. Anach. 1,
p. 851. n. 7. flatt der mit Unrecht genannten Milefier) 1000, Ihebaner
. 400, Bhofeer 1000, Lokrer 1000. (Baufan. X, 20, 2., der im Uebrigen
die Zahlen Herodot’3 gibt, Spricht fogar von 6000 Lokrern.) — Bier Tage
zögerte XRerxes mit feinem Angriffe in der Erwartung, die Griechen werben
füch freiwillig zurückziehen; da dieß nicht geſchah, ſchickte er einen Theil fei-
zzer Truppen zum Kanıpfe aus, allein vergeblid waren ihre und ver foge-
nannten linfterblien Unftrengungen; am folgenden Tage kämpften die Perſer
aum Nichts glücklicher; da erbot fich der Melier Ephialtes (f. d.), Die Perjer in
Der Naht auf einem Zußwege in den Rüden der Griechen zu führen. Leo⸗
sr ädas, von der Umgehung benachrichtigt, verwarf einen fluchtähnlichen Nüd-
zug, entließ aber die entmuthigten Bundesgenoſſen; nur die Thespier blieben
Freiwillig bei den Spartanern zurüd, bie verdächtigen Thebaner wurden wi
ner Willen zurüdgebalten, weshalb fle auch die erſte Gelegenheit zum Abfall
Benüsgten, während die Spartaner und Iheöpier, ihre Kriegsehre rettend,
Hi8 auf den legten Mann kämpften. — Herodot's Erzählung VII, 219 ff.
(kurz bei Baufan. III, 4, 7. 8.) ift bie einfachſte; Diod. X, 4 ff. ſchmückt
aus und mweicht von Herobot befonderd in der Erzählung von dem Tode des
Leonidas und feiner Schaar ab, ebenfo Juſtin. IL, 11. vgl. Wyttenb. zu
Plut. Parall. Gr. et Rom. p. 306 D. — Xerxes, ergrimmt über den un=
erwarteten Widerſtand, durch den viele Taufend Perfer umkamen, ließ vie
Reiche des ſpartaniſchen Königs enthaupten und an's Kreuz fchlagen (Heron.
VII, 238. VIII, 114. IX, 78.), die Griechen aber ehrten die That des Leo⸗
nidad und feiner Genofjen als den glänzendſten Beweis aufopfernder Vater»
Iandsliebe in Denkmalen, Inſchriften und Liedern (Herod. VII, 225. 228.
Diod. IX, 11. 33. Anthol. II, 5. Brunck Anal. 1. p. 123. n. XV. p.
131. XXX. Ariſtid. Schol. p. 58. Fromm. Strabo IX, 4. Wocurg. in
. Leocrat. p. 215. R. @ic. Tusc. I, 42. Suid. s. v. Aewriöns. PBauf. II,
14, 1. U. Gel. II, 7.), und zahlreiche Anecdoten veranichaulidden für
"alle Seiten den Muth und die freudige Todesverachtung der Helden. Plut.
Apophth. Lacon. — de Herod. malign. 32. Stob. Flor. VII, p. 86. 91.
Gic..a. a. ©. Baler. Mar. II, 2. ext. 3, III, 7. ext. 8. Sen. ep. 82.
— Leonidas hinterließ von Gorgo (f. d.), feines Bruder Cleomenes Tochter,
mit der er feit 491 oder 490 (ſ. Kreb8 Lect. Diod. p. 59.) verheirathet
war, einen unmündigen Sohn Pliſtarchus (f. d.). — 2) Leonidas II, ©.
ded Cleonymus (f. Bd. II, ©. 449. 2.), König von Sparta neben Agis II.
(f. Bd. I, ©. 254.), Vater des Cleomenes 11T. (f. d.). — 3) Verwandter
der Olympias, am Hofe des Königs Philipp (f. Alex. III, Bd. I. ©. 333.). —
4) Feldherr des Untigonus, der 320 v. Chr. 3000 von Antigonus abge-
faflene Macedonier in Lycaonien durch eine Täuſchung wiener zum Gehorſam
brachte und darauf nah Macevonien zurüdführte. Polyän. IV, 6, 6. —
5) Feldherr des Ptolemäus, der mehrere dem Antigonus gehörige fefte Plüge
in Gilicien (310 v. Chr.) eroberte, von Demetrius aber vertrieben wurbe.
Diod. XX, 19. Suid. s. v. Inunroros o Artıyorov. — 6) Feldherr in By—
van). Während einer Belagerung des Stabt (nah Droyſen Gellen. I. p.
85. durch Antiohus II. zwiſchen 262—258. Memn. ap. Phot. p. 225.
\ Leonides — Leonnätus 927
b. 28.) konnte er bie trinklufligen Byzantiner kaum dadurch bei vem Wacht⸗
dienft auf der Mauer halten, daß er Schenten inter den Zinnen errichten
ließ. Damon ap. Athen. X, p. 442. A. Ael. V. H. III, 14: [K.]
7) Ein Rhodier, Dlympionife im Beitlaufe, welcher vier Siegeöfränze
in vier aufeinander folgenden Dlympiaden (OL. 154—157) davontrug, Pauf.
vi, 13, 3. Im Ganzen zählte er zmölf Siege im Wettlaufe, Pauſ. 1. c.
Philoftrat. Heroic. c. 19. in. Ein Irrtum ifl es, wenn er bei Africanus
(und danach Corſini F. A. IV, p. 105.) unter bie herafleifhen Sieger
(reitos ap 'Hoaxdkovs neAnv öu0V xai neynpazıov) gezählt wird. Es tft
eine Perwechfelung mit dem rhodiſchen Doppelfteger Ariftomenes, welcher zu
Olympia (DI. 156.) im Ringen und Banfration befränzt murde; ſ. Krauſe
Olympia ©. 319. Gymnaflif I, ©. 551. [Kse.]
8) und 9) zwei griech. Epigrammendiciter. Bon dem einen verjelben,
aus Zarent, haben wir eine Sammlung von hundert Bpigrammen in ber
doriſchen Mundart (f.. Anal. I, 220. oder I, 153. der Leipz. Audg.), zu
denen noch vier oder fünf andere hinzukommen, melde fih unter den Epis
grammen des andern Leonidas, von Alerandria ,. befinden. Aus biefen
Epigrammen erſehen wir, daß der Dichter mit Glücksgůtern nicht geſegnet
war, daß er im Leben vielfach herumgeworfen ward, und in die Zeiten des
Pyrrhus, König von Epirus fällt. Seine Epigramme beziehen ſich meiſt
auf Kunſtwerke, Weihgeſchenke u. dgl. als Inſchriften, und gehören über⸗
haupt nach Inhalt und Ausdruck zu dem Beſten auf dieſem Gebiete. Vgl.
Jacobs Comm. in Anthol. Graec. T. XIII, p. 909 ff. Dem andern Leoni⸗
das aud Alexandria werben drei und vierzig Epigramme in ver Griech.
Antbol. (Anal. II, 190. ober II, 174. d. Leipz. Ausg.) beigelegt, worunter
jedoch mehrere, die ihm nicht angehören, mährend einige andere dagegen,
pie mit andern Aufichriften verfehen find, ihm zufallen dürften. Wir fehen
daraus, daß ber Dichter von den Ufern des Nil, wo er geboren war, nach
Nom kam, dort unter Nero Tebte, aber wahrfe. noch länger bis zu dem
Tode bed Bespaflanus und Titus. _ Seine Eyigramme fliehen denen bes
Zarentinerd bei weitem nad; unter denfelden find ſolche, in welchen bie.
Zahl der Buchftaben des einen Diſtichons der des andern gleich war (ivownge
emypannara): eine Spielerei, die auf den Verfall ver Boefle hinweist; vgl.
Jacobs a. a. D. p. 908 f. und die Ausgabe der Epigramme biefer beiden
Leonidas von A. Ch. Meinede. Lips. 1791. 8. Babric. Bibl. Graec. IV.
p. 479 sq. ed Harl. — 10) Bon Byzanz, Sohn des Metroborus, welcher
Adsevrxa (f. Athen. I, p. 13. €.) gefchrieben, die von Xellan in den Hist.
Animal. zum öftern benußt worden find (3.38. II, 6. 50. III, 18. XII, 42.
Epilog.). — 11) Ein floifher Philofoph au Rhodue (dewriöng bei Stab
XIV, p. 655.), melden Meurfius (Rhod. 2. p. 100.) für benfelben Hält,
defien praecepta symmetriarum Bitrun. Lib. VII. Praefat. anführt, und der
nach Tzetzes (ad Lycoph. 756: ev ro zrepi Iradias) über Italien gefchrieben
bat. Bgl. Fabric. Bibl. Graec. IH, p. 565. ed. Harl. — 12) Leonidas
oder Leonides, von Coͤlius Aurelianus und Andern mehrfach als Schriftiteller
angeführt, f. bei &abric. Bibl. Graec. T. XIII. p. 308. der Alt. Ausg. [B.]
Leonides, 1) ein Maler aus Anthevon, Schüler des Euphranor.
Sieph. By. s. v. 'Arönöor. Euſt. ad Hom. Il. 2, 508. — 2) Ein Ardi-
ect oe die Megeln der Symmetrie ſchrieb. Vitruv. VII. Vorrede,
4. [W.
3) Ziolter aus Rhodus, Strab. XIV, p. 695., auf melden Meurfius
(Rhod. 2. p. 100.) das Gitat bei Tzetz. ad Lycoph. 756. A. &r ro negi
Irtokias, un Pitruv. prooem. Lib. VII. besog. [ West. ]
Leonnätus (Aeorvarog bei Artian, Plutarch u. Athen. XII, 55. p
539., bei Died. Aeorarog oder deörrereog, in Anecdd, Graeec. p. 178, 26
928 Leounerius — Leonilehns
Bekk, Asoräros) der Pellaͤer (Arr. VI, 28.), aus fürfllidem Geſchlechte
(Curt. X, 7.). Sein Bater bat bei Arrian verfchienene Namen: II, 5.
beißt Leonn. ein Sohn Ovaoov, VI, 28: Avzeov, ap. Phot. 69. a. 12:
Arcovs oder 'Ar8ovs (Bekk.), Indic. 18: Evrov. — Nah Diod. XVI, 9.
war er einer der Leibwächter des Könige Philipp, die den Pauſanias, den
Mörder veflelben, auf ver Flucht einbolten und ihn nieberfließen. Bei Ale
- zander gehörte er zu den Großofficieren (Arr. II, 12. Gurt. IH, 12. Dion.
XVI, 37. Put. Alex. 21.); unter die Leibwächter wurde er exit 331 aufs
genommen (Arr. III, 5.). In diefem Dienfle zunähft um die Perſon ves
Königs (Are. IV, 21. @urt. VIII, 6. 14.) gab er Beweife von Treue und
Befonnenheit (Eurt. VI, 8. VII, 1.); bei Erflürmung einer Stadt ber
Mallier (f. Bd. I, ©. 348.) half er dem Könige dad Leben retten und
wurde bei dieſer Belegenheit jchwer verwundet. Gurt. IX, 5. Arr. VI, 10.
Nach ver Rückkehr vom invifhen Feldzuge belohnte ihn Alexander für jene
That, fowie wegen der in Indien beftandenen Kämpfe und eines über bie
Driten erfochtenen Siege8 und zwedmäßiger Anordnung der Angelegenheiten
in Dra (Ur. VI, 22. Gurt. IX, 10. Diod. XVII, 104.) mit einem gol-
Denen Kranze. Arr. VI, 5. Ind. 42. Nah Alexanders Tod wurde er in
»er erſten Berfammlung, welde wegen der Nachfolge auf dem Throne ſich
Berieth, neben Perbiccad zum Vormund des Tünftigen Kindes der Roxane
exnannt, und war mit Perdiccas in dem darauf folgenden Kampfe zwijchen
wem Fußvolke und der Nitterfhaft Führer der letztern, |. Br. I. ©. 359.
. Mei Bertheilung der Satrapien durch Perbicend erhielt er Kleinphrygien,
zugleich aber den Auftrag, die dem Cumenes beftimmten Länder zu erobern.
Sierüber, über feine Verlobung mit Eleopatra (Br. II. S. 450, 2.), feinen
Zug nad Theffallen und feinen Tod |. Bo. IH. ©. 272. und in dem Art.:
Zamifcher Krieg. Nach Athen. XII, 539 D. war er ein leidenſchaftl. Jäger. [K.]
Leonorius, ſ. Bd. III. S. 604.
Leonteus, Atorrsvß, Sohn des Koronos, führte mit Polypoitet
vierzig Schiffe Lapithen vor Troja, I. 11, 745 ff. XII, 1284. Bei den
Reichenfpielen zu Ehren des Patroflus iſt ex einer ner Wettfämpfer, ib. XXIII,
837 fi. [W.T.]
2). Einer der audgezeihneiften Schüler des Epifur (f. Plut. adv. Colot.
p. 1108 E.) aus Lampſacus, Gemahl der Themifta (Diogen. Lärt. X, 25.
vgl. 5. 26.). — 3) Pythagoreer aus Tarent, Jamblich. Pythag. c. 36. — &) Tra⸗
gifher Dichter, aus Argos, Schave des Mauretaniſchen Königs Juba, Schüler
des Athenion, Athen. VIII, p. 343 E. F., wo eins feiner Stüde Hypſipyle an
geführt wird. [B.]
Leontiädes, des Curymachus Sohn, Anführer der Thebaner, melde
Leonivad mit nah den Thermopylen nahm; nachdem fle gezwungen eine Zeit
lang gegen das Heer des Xerxes gekämpft, ergaben fle ſich ven flegenven
Perſern und retteten zum größern Theile dad Leben; vie meiften von vielen
aber wurden nach Herodot's Erzählung auf Befehl des Königs gebrandmarkt,
und zwar zuerft Leontiades. Herod. VII, 205. 233. cf. Blut. Mal. Her. 33.
Ueber feinen Sohn Eurymachus |. d. — 2) Vielleicht Enkel des Vorigen,
im $. 383 Polemarch in Iheben, Haupt der oligardifchen Partei, verräth
Theben an pie Spartaner, f. Ismenias. Im I. 379 wird er bei der Ber
freiung Thebens von Pelopidas getöbtet, ſ. Pelopidas. — Blut. Gen. Socr.
31. wirb er als @dıros uer arno nal Tuparrınog, EVO@OTOz Ö& 7 Wuyi, us
ara geipa bmuadsas bezeiinet. [K.]
Asortına, Bef von unbefanntem Urfprung und Sinn, wobei man
fi die Hände mit Honig wuſch, Borphyr. de antro Nymph: f. M. ®.
Herrmann, die Zefte von Hellas II, ©. 109. [W.T.]
, Leontichus wird von Philippus in ven Analect. I, p. 216. und
p %
Leontini — Leontiseus ' 929
von Leonidas aus Tarent J, p. 221. als ein Aritect befungen, welcher im Alter
feinen geiammten Apparat von Werkzeugen ber Minerva Ergane weihte. [W ]
Leontimi (oi Aeorzivor, Herod. VII, 154. Scyl. p. 4. Thucyd. IN, 86.
VI. 3,79. Zen. Hell. II, 3,5. Strab.VI, p. 272.273. Mela 11,7, 16. Plin. II, 8,
14. Dvid. Fast. IV, 467 u. f.w., Asovrivos noAıs bei Polyb. VII, 1. u. auf Müns
zen, bei Ptol III, A. Aeorzıor), Stadt unfern der Oftfüfte Sicikiens, etwas nord»
weftli von Syracufä, auf zwei dur einen niedrigern Bergrüden verbundenen
Hügeln am Hlüßchen Lifjus, das ſich in der Nähe ver Stadt in den nur eine
Viertelſtunde nörvlih von ihr fließenden Terias (j. Lentini) ergo. Die
Vertiefung zwifchen beiden Hügeln enthält das Forum, das Rathhaus und
die übrigen Öffentlichen Gebäude, während die Tempel und Privathäufer bie
beiden Hügel felbft einnahmen (Polnb. a. a. O.). Zu dem Gebiete ber
Stadt (7 Asoreimn, Strab. I, p. 20. u. a. a. O. Thuc. V, 4) gehörten
au die Kaftele Phoceä und Bricinniä (Thuc. 1. 1). Uebrigens war fie
durch Chalcivenfer von Narus aus 7 Jahre fpäter als Syrafus gegründet
worden (Polyb. 1. 1.), Eonnte aber wegen der Nähe des übermächtigen Sy⸗
rakus nie zu großer Blüche gelangen, und war faft fletö von biefer Stabt
abhängig, deren Schidiale fie auch gewöhnlich theilte (Strab. p. 272 f.).
In ver 88. Olymp. verjagte in Bolge eines Aufftandes die Partei der Arie
ftofraten die aͤrmeren Bürger, und wanderte felbft nah Syrakus aus, wo
fie als Bürger aufgenommen wurden. Die Stadt und ihre Bitabelle aber
befegten die Syrafufaner (Diod. XII, 53.). Gin fpäterer Verſuch der mit
ihrer Lage in Syrafus unzufriedenen Leontiner, fi wieder in den Beflg
ihrer Stabt zu ſetzen, fcheiterte (Thuc. V, A. vgl. VI, 50 ); dennoch finden
wir bie Stabt zur Zeit des Dionyflus wieber von ihnen bewohnt, denn bie»
fer nöthigte die Leontiner, in ihr Verhältniß als Bürger von Syrafus zus
rũckzukehren, fiedelte 10,000 M. feiner grieh. Miethtruppen in 8. an, und
befefligte die Akropolis der Stadt (Diod. XIV, 14. 58.). Unter der Regie⸗
rung ded Agathokles ſchloſſen fih die Leontiner an die Barthaginienfer an
(Died. XV, 16. XVI, 82.), und daher wurde die Stadt dur einen plötz⸗
lichen Angriff der Römer erobert und geplündert (Xiv. XXIV, 29. 30.). Unter
der römifchen Herrſchaft ſank fle zu einem unbeveutenden Orte herab (Strab.
u. Plin. U. U.). Wir Haben zahlreige Münzen von ihr (vgl. Burmann
de num. Sic. in Dorvill. Siculis p. 364 ff.), die als Anfpielung auf den
Namen der Stabt einen Lömwenkopf, und um die ungemeine Fruchtbarkeit ber
Gegend anzubeuten, Getreiveähren zeigen. Denn die Campi Leontini, eine
weite Ebene im N. der Stadt, gehörten zu ben geſegneiſten Strichen ber
ganzen Infel, und waren befonders wegen ihrer ungemeinen Fruchtbarkeit an
Walren berühmt (Diod. V, 2. PBlin. XVII, 10, 21. @ic. Verr. III, 18.
Prubent. in Symm. II, 940.). Sie führen jegt ven Namen Piana vi Gas
tania, bie Stadt felbft aber (in der Vertiefung zwifchen beiden Hügeln, wo
auch ber Mittelpunkt der alten Stadt war) heißt noch immer Lentini. Vgl.
Dormill. Sicula p. 169 f. [F.]
Leontio, ein Maler aus unbeflimmten Vaterland, der Artflives aus
Theben malte. Plin. XXXV, 10. 36. Er lebte aljo um DI. 110. [W.]}
KLoentis, Asorzis, eine der zehn von Klifihenes eingerichteten attiſchen
Phylen, umfaflend die Demen Adaridaı, “Alıuoüs, "Ayıöra, Aeıpades,
Train, Evnveideı, Krros, Kownidaı, Aevaoron, Otor Kepausınor, IIoso-
sid, IlnAnres, Iloramo, Zxaußoridas, Zovnor, "TBadaı, Doeapoıcı,
Xoridas. Bgl. Dvan. [W.T.]
Leontiseas. Aralum victorem cum tropaeo; psaltriam (sc. pinzit).
Plin. XXXV, 11.40. Denkt man dabei mit Harbuin an den Sieg des Aratus über
den Argivifchen Tyrannen Ariflippus (Plut. Arat. 38.), fo würde &. um DI.
136. geblüht haben. [W.]
Pauly, Real-Encyelop. IV. 39
. &
“
930 Leonttam — Leontius
2) Aus Meffina, Olympionike im Ringkampfe, bediente ſich einer be⸗
fonderen Methode im Kampfe, einer Art Akrocheiriomos, wodurch dem Geg⸗
ner bie Singer leicht zerbrochen wurden. Er hatte au einm Sieg in den
großen Pythien gewonnen. PBauf. VI, 2, 5. 4, 2. Blin. XXXIV, 8, 19.
Athen. XII, p. 578 F. bezeichnet ihn als Panfratiaften. Vgl. Suid. wr.
wmooyeipileodeı, Asortionos, Zworoaros, welcher feine Angaben aus Pauſ.
genommen. Aueführliher Olymp. ©. 319 f. [Kse.]
3) Sohn von Ptolemäus J. von der Thais, Athen. XIII, 376 E. f. Lagus.
Leontiam. 1) Attiſcher Hetärenname. ine dieſes Namens hatte den
Hermeflanar zum Berehrer und wurde von ihm in einer Elegie befungen,
Athen. XII, p. 597 A. ©. Bailey Hermes. p. XIVf. 18. 23. 83. Bes
Tannter ift die Cpikuräerin (7 Eminovoeios, Athen. XI, p. 593 B.), über
welche f. Athen. XIII, p 588 B.: Eninovoog Asortor eiyer Epwusı;r, Tyr
ent eroıpeia dıaßontor yeroussnr. 7 ö oux Orte QiAooogeir Tokaro Enavonro
erRıIE0V0R nädi Te Toig Ermxovoeiois Gurnjy £7 Tois uno, Enmoveo 8:
xal aramparöor. wor Exeivov MOAAF POOFEIER NTOIVUEFO9 avris TodT zu-
garıler dk tor no0os "Epuapyor emoroAor (vgl. Bd. I, S. 1209. und
Diog. L. X, 5.). - Namentlih der Epikuräer Metrovorus wird als Ihr Lieb⸗
baber genannt (Diog. &. X, 4. 5. 6. 23.), und fie hatte von ihm einen Sohn,
den Epikur in feinem Teftamente empfahl. Auch eine Tochter Namend Dana
hatte fie, melde gleichfalls Hetäte war und mit Sophron, dem Befehlshaber
von Ephefus, im Goncubinat lebte, und mit Anfopferung des eigenen Lebens
ihn vor den Nachſtellungen feiner Gemahlin Laodice rettete, Athen. XIH
p. 593 B—D. Leontium verfocht au in Schriften vie Philofophie ihres
Lehrerd und Liebhabers durch Polemik gegen Theophraft: meretricula Leontium
contra Theophrastum scribere ausa est scito qvidem illa sermone et At-
tico, @ic. Nat. D. I, 33. Bol. Plin. H. N. Praef. nesciam adversus
Theophrastum, — scripsisse etiam feminam. Wolf Catal. femin. illustr. p.
395 f. Etymol.M.s. v. dzoxogsor. p. 709. Lips. Der Maler Theodorus malte
fie in Nachſinnen verfunfen, Blin. XXXV, 11. Ein Wigwort von ihr erzählt Athen.
IN, p. 985 D. Bol. Plut. Non posse svav. vivi p. 1097 E.* [W.T.]
9) Stadt Achaja's im Gebirge, zwiſchen Phark und Aegium gelegen,
und beim heut. Ai Andhrea zu ſuchen, Bolyb. II, 41. V, 94. Bol. Leake
Morea III, p. 419. und Boblaye Recherch. p. 22. [F.
” Leontias. Lieber die Männer dieſes Namens f. Yabric. Bibl. Graec.
IV, p. 95 not. VID, p. 323. ed. Harl. Gothofred. Prosopograph. Cod.
Theodos. p. 369. Hier bemerfen wir ben Dichter Leontius Scholasticus,
zur Unterfeibung von Andern biefes Namens (f. Banduri Antiq. Constantt.
T. II, p. 837.) Minotaurus benannt; ihm werben in ber grieh. Anthologie
brei und zwanzig @pigramme beigelegt (Anal. III, 103. ober IV, 73. d. Leipz.
Ausg.), aus denen fich abnehmen läßt, daß der Dichter unter Iuflinianus
gelebt; vgl. Jacobs in Anthol. Graee. Comm. T. XII, p. 911. Fabric
Bibl. Graec. IV, p. 488. Verſchieden von ihm ift der Leontius Scholasti-
cus aus Byzanz, welcher nach 610 n. Ghr. ein Werk über die Secten ſchrieb,
das am beften in Gallandi Bibl. Patr. Vol. XV. abgebrudt if (vgl. Fabric
VIH, p. 309 ff.), fowie ein anderer Leontius Scholasticus aus Byzanz, ver
im zehnten Jahrhundert die Befchichte der Jahre 813—867 in einem Merke
von vier Büchern befchrieb, melde von Combeſis mit Theophanes in der
Ausgabe der Byzantiner berausgegeben worden tft; vgl. Fabric. VIII, p.
318 ff. — Gegen Ende des fechsten Jahrhunderts faut ein Mathematiker u.
Mechaniker Leontius, deſſen Abhandlung über die Gonftruction einer Sphäre
® du einer leunkadiſchen Grabſchriſt kommt berfelde Name vor, f. Paciaubdi
Monum. Pelopoan. II, p. 216 f. IB.)
MR. „
Losntepölis — Less 931
nah Aratus (nepi naramevn; 'Apareias opeipas vor den Scholien zu
Aratus fich befindet; |. oben Bd. I. ©. 666. vgl. Fabric. IV, p. 94. Lieber
einen Schriftfteller des Landbaues Leontius oder Leonlinus f. Bd. IH, ©.
760. Ginen Sophiften Leontius zu Athen, etwa aus dem fünften Jahrh.
n. Chr. nennt Olympiodor bei Photius Bibl. Cod. 80. p. 110. Er ift be>
fannt durch feine Tochter Athenais, welche er wegen ihrer Förperliden und
geifligen Borzüge in feinem Teſtamente zurückſetzte und welche die Gemahlin
des Kaiſers Theodoſius wurde, |. Menag. zu Diog. Laert. p. 490. Auch
bei Plato (De Rep. p. 439 E.) kommt ein Leontius, bed Aglaion Sohn,
vor; und endlih wird nod von Auſonius unter den Profefloren zu Bour⸗
deaur (f. Epigr. VII. de Profess.) ein Leontius genannt; ein Pontius Leon-
tius aus Bourdeaur fommt auch bei Sidonius Apollinarid (Epist. VII, 11.
12. Bgl. Babric. IV, p. 95.) vor, und biefen wollte U. Mai für ben
DBerfafler der von ihm umlängft aus vaticanifhen Codd. herausgegebenen
: De diis gentium et illorum allegoriis (Class. Auctt. e Vaticc.
codd. ed. T. IH. Prooem. $. 5 sq.) anſehen, was jedoch, felbft aus chro⸗
nologiſchen Rückſichten, kaum zuläfflg if, wie ber deutſche Herausgeber dieſer
Schrift (f. Bode Script. Rerr. Myth. Cellis 1834. I. p. XX.) bemerft hat. [B ]
Sieber gehört auch Leontius, unter Juſtinian Referendarius (geh. Ka
binetsrath), Procop. hist. arc. 17., Mitglied der Commiſſion zu Abfaffung
der Digeften, Const. de conf. 9. Als Sefandter an den Branfenfönig Theode⸗
bald geididt, Brocop. Goth. IV, 24. ib. II, 32. Heißt er "Adaraoiov
außeos, arme Aoyov re Tov Öınaiov ueranosovusros nal aAndileodeı ekenı-
osrauevos ualıora. Theodora hatte ihm feine Neuvermählte aus dem Brauts
gemach wegholen lafien, Procop. hist. arc. 17, p. 104 Bonn. [W.T.]
Leontopälis (Acorror nolıs, Scyl. p. 42. Strab. XVI, p. 756.,
bei Blin. V, 20, 17. Leontos oppidum), Stadt Pböniciend zwifchen Bery⸗
tus und Sidon, am Zlufie Leon, nah Mannert VI, 1, G. 294. identifh
mit dem Flecken Porphyreon (ſ. d.), von dem fie jedoch Scylax a. a. O.
ausdrũcklich unterſcheidet. — 2) (AsorzonoAs: Strab. XVII, p. 802. 812.
Asorror noAıs, Ptol. IV, 5. Joſeph. Ant. XIII, 3. 6. Aelian. h. an. XII,
7. Blin. V, 10, 11., bei Zen. Ephes. 4, p. 56. $ierocl. p. 728. und
Hieron. ad Jovian. II, 6. Asorro), die Haupiftadt de8 Nomos Leontopoli-
tes (Strab. XVII, p. 5602. Ptol. 1. 1. Blin. V, 9.) im Delta Aegyptens,
3 g. M. fünlih von Thmuis und eben fo weit norböfllid von Athribis,
wahrſch. erft fpäteren Urfprungs, da Herobot den Nomos Leontop. noch nicht
fennt, nnd fein Schriftfieller vor Strabo den Ort erwähnt. Nah v’Anville
befände fi in der angegebenen Lage noch Immer ein Hügel Namens Tel⸗
Efiabe oder Löwenhügel (vgl. jedoch Champollion 1’Egypte II, p. 110 f.).
Jomard dagegen hält die bebeutenden Ruinen, welche fih auf einem großen
Hügel 12,000 Metres fühl. von Tmäy, nicht weit vom Dorfe el-Mengalah,
finden , für die WUeberrefle von Leontopolis. — 3) Späterer Name der Stadt
Nicephorlum In Mefopotamien (I. d.). [F.]
KLeoenymus aus Kıoton, |. Autoleon Bb. I, S. 1025.
Levomne, Berg Maceboniend in der Nähe des Maced. Meerbufens,
blos bei Plin. IV, 10, 17. Reichard vermuthet, daB auch eine gleichnamige
Stadt darauf gelegen habe, die er nach Riedl u. Vaudoncourt für das heut.
Leondari hält. [F.]
KLeophontes, Asoporuns, Name von Bellerophon, |. d.
Loophren ( Aeuypew7) aus Kroton, Pythagoreer, Samblih. Pyth.36. [B.]
2) Olympionike, bei Athen. I, p. 3 E. — 3) Sohn des Anarilas, Div»
nyf. XIX, 4. Juſtin. XXI, 3. f. Anaxilas. [K.]
Leos, Sohn des Orpheus (Phot. s. v.), Heros Eponymos (f. Bd. III.
S. 1261.) der Arhmer, Pauſ. 1, 5, 2. X, 10, 1. (vie Phyle Leontis war
932 LGMMVSBSSs — Leötjehldes
nad ihn benannt, Phot. s. v.). Bei einer Theurung (Hieronym. in Jovin.
I, p. 185 Mart. bei einer Bet) in Athen verlangte das delphiſche Orakel
als Löſegeld die Opferung feiner jungfräulichen Töchter, welche Ael. V. H.
XII, 28. Praxithea, Theope (Osorn) und Eubule nennt, Phot. s. v. ſtat
der Erſten Phafithea. Vgl. Plut. Thes. 18. Der Vater willigte in ihren
Tod (cxXxovxroę Tod narpos Eemidorros, Phot. 1.1. vgl. Pauſ. I, 5, 2. Mel.
1. 1.5 Sieron. 1. 1. ſetzt im Geiſte der fpäreren Zeit dad Verdienſt auf Rech⸗
nung ber Töchter: pestilentiam patriae scribitur — denn er weiß nur von
@iner — spontanea morte solvisse.). Ihnen zu Ehren wurde dann das
Lescorium (Asas, xopmı) errichtet, f. d. Vgl. außer den angef. Stellen
Demoſthen. or. funebr. T. V, p. 203. Zaun. Diod. XV, 17. Schol. zu
Thukyd. VI, 57. [W.T] .
Leosthönes (Acoobcynqç), ein attifcher Mebner, mwelder, durch Sy:
fophantenfünfte von Athen vertrieben, bei dem König Philipp von Mace-
donien Dienfle fand, nad Aeſchines (De fals. legat. $. 124. p. 44.) von
Manchen als Redner neben Gallifiratus (f. Bo. II. ©. 96.) geftellt. [B.]
2) f. Lamiſcher Krieg S. 742— 744.
Leostratides, qui proelia armatosque caelavit (Plin. H. N. XXXIII,
12. s. 33.), lebte um die Zeit Pompejſus' des Großen. Der Name wird
gewöhnlich Laedus Siratiates gerieben, wofür Sahnaf. Exercc. Plin. p.
737 a. und Sarbuin Leostratides vermutbeten, mas Gillig im Catal. Art. u.
D. Müller in der Kunftardäol. 196, 2. aufgenommen haben; Thierſch Ey.
der bild. Kunft S. 297. ſchreibt Lysistratides nad den Spuren der Münchner
Handſchrift, welche Lidistratices hat. [W.]
Leosträtas (Asoorparos), atheniſcher Archont 1) DI. 27, 1 (671
v. Ehr.), Dionyf. I, 1; 2) DI. 74, 1 (484), Dion. VIII, 77; 3) DI.
119, 2 (303), Dion. XX, 102. [W.T.
Leotrophides aus Athen, dithyrambiſcher Dichter, wegen feiner auf-
fallenden Magerfeit häufig Zielfeheibe des Witzes der Komiker, f. Schol. ad
Aristoph. Av. 1406. Athen. XI, p. 551 A. Suib. s. v. GEuflath. ad Mi.
p. 1288, 41. 2ufian. de conser. hist. 34. gebraudt ſprüchwörilich von
erwad Linmöglichem den Ausdruck umo Acorpogidov Miwra e&epyaazodaı.
f. Hermann z. d. St. [W.T.]
KLeötychides (Herod. Asvrugiöns), Proclide, Sohn des Merare
(Herod. VI, 65. 71 VIIE 131. cf. Blut. Apophth. Lac., wo er Sohn ves
Ariſto genannt wird und auch Denkſprüche von einem ältern Leotychides,
vielleicht dem von Herod. VIII, 131. genannten, angeführt find, f. Wyttenb.
a. a. D. p. 224 c.), vereinigt fih mit Cleomenes I. zum Sturze feine
Verwandten Demaratus, der ihm einfl feine Braut geraubt (Herod. VI, 65.),
und wird an feiner Stelle König (Pauſ. IH, 4, 3 f. f. Bo. I. ©. 441. 922.).
Seine Willfährigkeit gegen Gleomenes, als dieſer gegen die Hegineten zog,
um Rache zu nehmen (Herod. VI, 79.), brachte ihn, der Aegineten, Dorier,
den joniſchen Athenern als Geißeln in Bermahrung gegeben hatte (Müll.
Aeginett. p. 117 n.) in Gefahr, von den Lacenämoniern nah Negina aus:
. geliefert zu werden. Herod. VI, 85 f. Im I. 479 war er oberfter Befehle:
haber der griechiſchen Seemacht, welche den Sieg bei Mykale gemann. Her.
VIII, 131. IX, 90-92. 96. 98 ff. Diod. XI, 84 ff. Thuc. I, 80. Polyän.
1, 33. — Im 3. 470 mit einem Kriege gegen die Aleuaden, welche durch
die Perfer wieder Herren Thefſaliens geworben waren, beauftragt, ließ er
fich von denſelben beftehen, von Verfolgung feiner Siege abzufleben; dem
in Sparta ihm drohenden Gerichte entzog er ſich durch Flucht nah Tegea,
wo er flarb. Herod. VI, 72. Pauſ. I, 7, 9. cf. Diod. XI, 48. Sein
Sohn Zeurivamus war noch vor ihm geflorben, mit Binterlaffung eines
Sohnes Archidamus, der eine Tochter des Leotychides aus zweiter he,
Lepyethymnus — Lepröum 993
Lampito (Pfat. Alcib. I, 18. 123. c. Put. Ages. 1. Plin. H. N:
VII, 42.) heirathete und Nadfolger feines Großoaters wurde. Ser. VI, 71. — -
2) Sohn des Königs Agis J., f. Bo. I. ©. 244. 252. 306. Kenopb. Hell.
III. 3, 1 ff. Ages. I, 5. Pauſ. IH, 8, 7f. [K.)
Lepethymnus (Plin. V, 31, 99., bei Antig. Car. Asnsrvuros), ein
Berg auf der Infel Lesbos; noch 1. Septimo oder St. Iheodore. [E.
Lepidöton (Aenıdoror noAız, PBtol. IV,5.), eine Stadt Oberaͤgyp⸗
ten® (Ihebais) im Nomos Panopolites, auf dem rechten Ufer des Nils,
4 a. M. nörblih von Chenoboscia, mo wahrſcheinlich ver Nilfiſch Lepidotos
(vgl. Herod. I, 72. u. Minutoli S. 424.) häufiger gefangen und goͤttlich
verehrt wurde. Bol. Champollion P’Egypte I. p. 248. [F.
Lepidus, Verfaſſer eines geſchichtlichen Auszuges, wovon Steph. Byz.
s. v. Teyca, Bovdowros, Zxoro ein erſtes und achtes Buch citirt. Die
übrigen Lepidi ſ. Aemilia gens, ®b. 1. ” 149—154. [B
Leponti (Annormo, Strabo IV, 204. 206. * Ptiol. II, 1.),
ein Alpenvolk im ſüdlichſten Theile von Aktien, bei welchem nad Gäi. 'B.
G. IV, 9. der Rein, nah Plin. II, 20, 24. aber (ber als einen Zweig
derfelben die Viberi nennt) die Rhone entfpringt. Ptol. am a. O. ſetzt fie
an die Gottifhen (?) Alpen und fhreibt ihnen eine Stadt Oscela zu. Sie
wohnten alfo unftreitig im heut. Kanton Teffin am ſüdlichen Abhange des
St. Gotthard bis gegen den Lago Maggiore Hin, wo ſich im Val Leventina
(Levigner: Thal) felbft noch eine Spur ihres Namens erhalten bat, und bis
nach Dber Wallis hinein, und ihre Stadt Döcela iſt ohne Zweifel das heut.
Dome d'Oſſola. Bol. Mannert IX, 1. ©. 181 f. u. Zeuß Die Deutfchen ıc.
©. 236. [F.]
Lepräöum (70 Adnocor, Heron. IV, 1498. Strabo VII, 342,
344 ff. 355. Polyb. IV, 77., bei Air III, 16. u. Blin. IV, 5,7. Aineıon
Leprium, und bei Paufan. v, 5, 9. VI, 45, 1. Aenosog, die Einwohner
Aenpeotaı, Pauf. V, 5, 3. ), die — Stadt in Triphylis oder im
füdlichern Theile von Eiis zu den Zeiten des Theſeus von den aus Lemnos
eingewanderten Minyern gegründet und nach den meſſeniſchen Kriegen mit
Hilfe der Spartaner den Eleern unterworfen (Strabo p. 359. vgl. Herod.
am a. D.) Da fle ſich aber eine Zeit lang zum Bunde der Arkadier hielt,
fo wird fle von Scylar p. 16. u. Plin. IV, 6, 10. (der fälfplih neben
Leprium in @li8 auch noch ein Lepreum in Arfadien nennt) geradezu als
arkadiſche Stadt aufgeführt. Dur den erften Krieg der Spartaner mit den
Gleern, der durch fle herbeigeführt wurde, ward fie frei (Thuc. V, 31.),
fland aber zur Zeit des Achäiſchen Bundes doch wieder in einem abhängigen
Berhälmiffe zu Elis. Die Stadt hatte eine feſte Citadelle (Polyb. IV, 79.
80.), lag 40 Stad. von der Küfle, in geringer fünlicher Enıfernung von
Pylos und nordweſtlich von’ Pyrgi, etwas ſüdlich vom heut. Strovigi, wo
ſich noch Ruinen von ihr. finden. Vgl. Dodwell Travels II. p. 347. Reale
Morea I. p. 56. ®Boblaye Recherch. p. 135. und bie Pläne in der Exped.
scientif. Tab. 50. und bei Aldenhoven Itiner. p. 204. [F.
Als moythifcher Gründer und Heros der Stadt wird bald Leprea, die
Toter bed Purgeub, genannt (PBauf. V, 5, 3.), bald Lepreos, Sohn des
Kaufon (Ael. V. ‚24. Glaukon, Baur. V, d, 4. Pyrgeus) und der
Aſtydameia, Enkel 8 Schol. zu Kallim. H.' in Jov. 39.) des Poſeidon,
Rival des Herakles im Eſſen und Trinken und andern Kräften, von ihm
Es findet fi hier auch die Schreibart Aelerovyrion, und darauf beruht wohl
einzig und allein bie von Plin. am a. O. mitgetheilte Gage, daß fie lleberrefie der
Armee des Herkules wären, welche hier hätten zurüdbleiten müſſen, da fie beim
Uebergange Aber die Alpen die Glieder erfroren gehabt, .
934 | Legria — Leptis Magan
aber beflegt und erfhlagen. Athen. X, p. 411.F. 412. A. B. Vgl. Bauf. V,
.9, 4 Sein Orabmal follte fih in Dbigali befinden, f. Cuſtath. p. 1523, 4.
D. Müler, Orchom. ©. 373. [W.T.]
Lepria, eine blo8 von Plin. V, 31, 38. erwähnte, fonft unbekannte
Infel vor der Küfte Joniens in der Nähe von Ephefus. [F.]
Lepsia (Blin. V, 31, 36.), eine Eleine Infel des Icariſchen Meeres
vor der Küfle Cariens, nörbfid von Lerod; noch jet Lipſo. [F.]
Lepte (Asnın axoa, Ptol. IV, 5. Plin. VI, 29, 34.), ein Vorgeb.
in Thebais vder Oberägnpten, am Arab. Meerb. und an der Grenze von
Aethiopien; | jetzt muthmaßlich Ras⸗el⸗Anf. [F.)
Leptines, 1) von Syracus, Schwiegervater des Hiero II., ſ. Bd. II.
©. 1302. 1308. — 2) von Syracus, Bruder des ältern Dionyfus, eblizt
die —*— deſſelben im Kampfe gegen die Carthager (Diod. XIV, 48.
59. 60. 72.). Da er durch Friedensvermittlung zwijchen den Aucanern um |
—* — Griechen fich den Unwillen ſeines Bruders zuzog, wurde er ſeiner
Admiralswürde entſetzt, 390 v. Chr. (Diod. XIV, 102.) und darauf von dem
auch gegen ihn mißtrauiſchen (Plut. Dion. 9. 11. Xen. Poliore. c. 10.)
Iyrannen verbannt; er fand in Thurii ehrenvolle Aufnahme, wurde aber
bald wieder nah Syracus zurüdberufen und von feinem Bruber ebrenvoll
behandelt (Dion. XV, 7.); im 3. 383 flarb er in der Schlacht bei Eronium,
nachdem er, mie immer, fi tapfer bewiefen hatte. Diod. XV, 17. cf. Aelian.
V. H. XIII, 45. Plut. de Alex. Fort. Or. II, 5. — 3) von Syracus, ber
freit im I. 351 mit Callippus Rhegium von giner Beſatzung des jüngern
Dionyſius (Diod. XVI, 45.), fpäter einer der Mörder des Callippus. Blut.
Dion 58. u. ®b. II. ©. 1056. — 4) Iyrann in Apollonia und Engylum,
im J. 342 von Ximoleon genöthigt, der Herrſchaft zu entiagen und nad
Corinth abgeführt. “Blut. Tim. 24. Diod. XVI, 72. — 5) Befehlshaber
des Agathocles, f. Br. I. S. 231. — 6) ein Athener, der das Geſetz in
Vorſchlag brachte und durchſetzte, daß außer den Nachkommen des Harmodius
und Ariſtogiton Niemand in Athen von den öffentlichen Abgaben frei ſein,
auch in Zukunft Niemand dazu vorgeſchlagen werden und ber, welcher doch
darum nachſuche, feiner bürgerlichen Ehre verluftig fein ſollte. Wegen dieſes
Geſetz, das wahrſcheinlich DI. 106, 1. 356 v. Chr. erfchienen war, traı
Demofthenes 106, 2. 355 v. Chr. CL. Bo. II. ©. 974, 19.) fiegreih auf.
Ehrviofl. or. 31. T. 1. p. 635. R. — lieber die perfönliden Berhältnifie
des Leptines (ein Lept. sx KosAng f. Dem. in Androt, p. 611. und in Bödhs
Urkund. über das Seew. db. att. St. X. c. 102. 109. 116. vgl. S. 242.)
iR Nichts bekannt; nah Chryſ. war er ein geachteter Mann, was durch bie
Meve des Demofibenes felbft (p. 461. 488. u. a.) beflätigt wird. Welf
Prolegg. zu Dem. Lept. vermuthet, was Ariſtot. Rhet. III, .10. als "Aud
fpruch eines Leptined (in Beziehung auf die Lacedämonier: er wolle nicht zu⸗
geben, daß man Griechenland einäugig werben laſſe) anführt. könnte dem
Leplines des Demoſthenes angehören und beziehe ſich auf d e Seiten nad) der
Schlacht bei Leuctra. — 7) Mörder des En. Octavius, f. d. und Br. II.
_6. 932. [K.]
8) Marhematifer des Königs Seleucus von Syrien, Bal. Mar. VII,
7. ext. 1. — 9) Potbagoreer, Jamblich. vit. Pythag. c. 36. [B.]
Keptis in Hiſpanien ‘(bei Hirt. B. Alex. 57.), ſ. Laepa.
Leptis Magna (j Aentis ueyaan, Ptol. IV, 3. A. Ant. p. 73.
Solin. c. 27. Tab. Peut. Aenrıuayra bei Procop. B. Vand. II, 21., zum
Unterſchiede von L. Minor in Bizacium, doch au blos Leptis, Strabo vll,
p. 835. Stadiasm. mar. magni $. 453. Mela I, 7, 5.; nad Strabo u.
Pol. 11. 1. au Neazodıs, bei zl. p. 47. Nean. Kaoyndorior genannt,
während Mela 1. 1. vgl. mit 6. 2. u. Plin. V, 4, 4. Neapolis uns Lept
. Loptis Minor — Lepus 935
richtiger als zwei verſchiedene Städte aufführen), eine bedeutende Küftenftabt
der Regio Syrtica, von vertriebenen Phöniziern (und zwar nah Sal. Jug.
c. 78. von Sidoniern, nah Plin. V, 17, 19. aber von Tyriern) weſtlich
von der Mündung des Einyps und öſtlich von Abrotonum, in einer frucht⸗
baren Gegend (Ammian. XXVII, 6.) gegründet, die zwar Feinen Hafen Hatte,
aber burd lebhaften Handel doch bald groß und blühend wurde (Liv. XXXIV,
62.), und unter den Römern, die fie zur röm. Golonie erhoben (It. Ant. 1. 1.
und Tab. Peut., daher auf Münzen bei Ebel I, 4. p. 180. u. Raſche Lex.
II, 2. p. 1623, Col. Victrix Julia Leptis), ihren Wohlſtand eher vergrößert
als vermindert ſah, da fie ala Vaterftadt des Kaiſers Sept. Severuß von
diefem ſehr begünfligt wurde (Spart. vit. Sev. c. 1. Aurel. Bict. Ep. 20.),
fo daß fie noch im vierten Jahrh. eine flark Hefefligte, volfreihe und wohl⸗
habende Stadt war (Ammian. 1. 1.). Allein im I. 366 ward fie von den
Libyern (von Ammian Aurusiani genannt) hart mitgenommen, und erholte
fi von da an nie wieder. Juftinian fand fie daher bereitö theilmeife im
Sande begraben, und ließ den noch übrigen Theil neu ummanern (Procop.
de aed. VI, 4.). Durch die Sarazenen fand fie endlich ihren völligen Unter»
gang (Leo Afr. p. 435.). Ihre Auinen beim heut. Lebida zeugen troß ihrer
Zerflörung doch no von der einfligen Pracht. Bol. PB. Lucas in den Pro-
ceedings of the Association for promoting etc. Lond. 1810. Vol. II. p. 66.
Della Gella Viaggio p. 40. Beechei Proceedings ch. 6. p. 50. Ruſſels Ge⸗
mälde der Berberei II. S. 17 ff. u. A. [F.]
Leptis Minor (Aenzıs 7 wxoa, Ptol. IV, 3., im It. Ant. p. 58.,-
auf der Tab. Peut. und beim Geogr. Nav. IH, 5. u. V, 5. als Neutrum
Leptiminus und Lepte minus, gemößnlih aber blos Leptis, Cäſ. B. C.
I, 38. Hirt. B. Afr. c. 6. 7. u. ſ. w. Liv. XXXIV, 62, 3. Mela 1,7, 2.
Plin. V, 4, 3.; die Einw. bei Hirt. c. 97. u. Xac. Hist. IV, 50. Lepti-
tani), eine von Phöniziern (Sal. Jug. c. 19. und zwar nad Plin. I. 1.
von Tyriern) gegründete Stadt an der Küſte von Byzacium in ber fpätern
röm. Provinz Africa, nad dem It. Ant. 18 Min. füpöfllih von Hadru⸗
metum, und 33 Mill. norvöflli von Thysdrus; daß fle nicht unbeneutend
fein konnte, ergibt fih aus Liv. am a. D., aufolge deſſen fle den Carthagi⸗
nienfern tägli ein Talent ale Abgabe entrichten mußte. Unter den Nömern
war fie ein fleuerfreier (Hirt. u. Plin. 11. 11.), und nad der Tab. Peut.
auch in fpäterer Zeit Immer noch bedeutender Ort. Jetzt beißt fie Lemta und
bat nur noch unſcheinbare Ueberreſte aus alter Zeit aufzumelien. Vgl. Shaw
T. 1. p. 237. uw. 243. [E.]
Lepus, ötis, 1) ber Hafe (Arywos). Varro R. R. III, 12, Sf. unter-
ſcheidet drei Arten: a) die italienifche, mit Furzen Vorder⸗ und hohen Hinter⸗
füßen, oben dunkel (pullus), am Bau weiß, mit langen Ohren (auritus,
Birg. Ge. I, 308.) und von befonberer Fruchtbarkeit* (vgl. Hor. Sat. I,
4, 44. Plin. H. N. VII, 11. Athen. IX, c. 63.), am größten feten unter
diefen die macebonifhen und bie von Gallia Transalp., von mittlerer Größe
die von Italien und Spanien; b) vie Alpen-Hafen, ganz weiß von Farbe
(nah Plin. VII, 55, 8; im Winter von Schnee lebend, f. Harduin ad 1.);
c) eine Spanien eigenthümliche Art, similis nostro lepori ex qvadam parte,
sed humile, qvem cuniculum appellant, Varro 1. 1. Bon der hermaphro⸗
° Mir Rüuͤckſicht auf diefe Eigenschaft iſt ber Haſe im ber bildenden Kunſt Symbol
der Aphrobite, Philoſtr. Im. I, 6. Gerhard, Archemoros und bie Hefperiben ©. 26,
Lamberg. Vas. I. Taf. 91. Ereuzer Symbolik Bd. IV. ©, 162. 3t Ausg. Auf
einer Terracotte bed Berliner Mufeums hat Aphrodite einen Hafen auf ber Hand,
ſ. Panoſka, Berlins Terrac. Taf. 29. Außerdem war ber Hafe Sinnbild des Zitterns
und der Angſt, ja ber Trauer und bes Todes, Panofka am a. O. ©. 95. [W.}
938 “ ‚Lesbos
nl. IX, 129. ad Od, III, 170.), und daher no jetzt Metelino, Metelin,
Midilly, die größte unter den Infeln des Aegäiſchen Meeres vor der Küſte
Myflens, die früher auch die Namen Issa (Strabo I, p. 60. Diod. V, 82.
Lycophr. 219. Euftath. ad N. II, 129. u. ad Dionys. 936.), Pelasgia
(Strabo V, p. 221. XIE, p. 621.), Mytanis (Gallim. fr. 33. aus Sterb.
Byz.), Macaria u. f. m. führte (Vgl. überhaupt Diod. V, 81. u. Bin. 1. 1.)
Sie firedte fih länge des Adramytteniſchen Buſens in der Niditung von
NW. nah SD. hin, war bei Affus, mo fle fih der Küſte am meiſten n&
herte, von biefer nur 60 Stab. entfernt (Strabo 1. 1, nah Plin. 1. 1.7
Mill.), und hatte nah Strabo einen Umfang von 1100 Stab. oder 27",
8. M. (nad Euftath. ad Dionys. 536. nur von 1000 Stav.), nad Iflvor
bei Blin. 1. 1. jevoch von 168 Mi. over 83°/, g. M., wekhalb ihr Scylar
p. 56., Arifl. de mundo IN, 5. u. &onft. Porphyr. de them. U, 10. der
Bröße nach die flebente Stelle unter den Infeln des mittelländiſchen Meeres
anmweifen. Sie wirb in der Mitte durch eine tiefe Bucht auf ber Wefſtſeite
(jegt Golf von Caloni, vgl. Pococke IT. ©. 29.), ſehr ſchmal, und überall
von Bergen durchzogen, von denen Plin. 1. 1. befonders den Lepethymnus,
Ordymnus, Macistus (fhon von Aeſch. Agam. 296. erwähnt, vgl. jedoch
Reinganum in Jahns Jahrbb. 1828. II. S. 347.), Creon und Olympus
(die höchſte Spige der Infel im füplichften Theile derfelben) bervorhebt. Diele
Gebirgszüge ragten au an mehreren Punkten in bie See binaus, und. bil-
beten namentli drei Borgebirge, Argennum an der Oſtſeite, dem Abramntt.
Meerb. gerade gegenüber, Sigrium (jegt Sigri), die äußerfie Spige gegen W.
und Malia oder Malea (jegt Gap Maria) am ſüdlichen Ende der Infel. ro
biefed gebirgigen Charakters aber war fie doch fehr fruchtbar, und bef. veid
an Getreide, Del und Wein, der befanntli zu ven beften Sorten des Alter
thums gehörte und namentli in ber Umgegend von Methymna wuchs (Arten.
J, ec. ö1f. p. 28. E. 32. F. II, p. 45. E. IV, p. 120. D. Hor. Epod. IX,
34. Sat. II, 8, 50. Ovid A. A. 1,57. Birg. Geo. II, 90. Gell. XI, 5.).
Die älteften Bewohner der Infel waren Pelasger, die ſich unter Anführung
des Zanthus hier nieberließen, und zu denen, der Sage nad, fon ame
Menfchenalter vor dem trojan. Kriege Ionier unter der Führung des Maca⸗
reudö* Tamen, nach welchem bie Inſel auch Macaria genannt wurde, und tea
nad Diod. V, 80. bereits gefchriebene Belege auf Ihr einführte. Die Blürbe
von Lesbos aber datirt fi erfi von der 130 I. nach dem trojan. Kriege
erfolgten Cinwanderung der Aeolier, melde. fi mit ben bort vorgefundene
Joniern vermifhten (— ihr Anführer, nah Schol. Pind. Nem. XIII, 43.
u. Tzetz. ad Lycophr. 1374. Dreftes, nah Pauf. III, 2. Penthilus, naq
Strabo 1. 1. Graus genannt. [vgl. bei. Facius ad Paus. p. 334.], beiratket:
bie Tochter be Macareus, Methymna, vgl. Schol. Villoiſ. ad MM. XXIV.
544. —), die erfien Städte auf der Infel gründeten und fie zu Ihrem Haupi⸗
fige in Kleinaflen machten (Vita Homeri c. 38. Pauſ. IH, 2, 1. vgl. Me:
ziriac. ad Ovid. Her. II. p. 370 ff. Raoul⸗Rochette IT. p. 37 ff. u. Pleha
Lesbiac. p. 41.). Diefe Stäbte wurden durch ihre günflige Lage an einem
hafenreichen Geſtade und durch lebhaften Handel bald ſehr mädtig, erlangıen
ſelbſt die Oberherrſchaft Über einen Theil ver Küfte des gegenüber Hegenpen
Feſtlandes, und bildeten alle Heine ſelbſtſtändige Staaten, die fi jedoch fpäter
ben PVerfern unterwerfen mußten (Herod. VI, 31.). Im peloponnef. Kriege
fam 2e8608 unter die Herrfhaft der Athener (Thuc. III, 8. Diod. XI, 55 ),
fpäter unter bie des Mithrivates und endlich unter die der Nömer. Die Iniel
® Die eine feiner Beiben Töchter (Mitylene und) Methymna heiratbete der anf
Anrathen des vythiſchen Orakels bier einwandernde Lesbos, ©. bes Lapithes, md
gab der Infel feinen Namen, Diod, V, 81. [ W.T.]
Lesbettiämis — dAdoyaı 989
var bad Baterland einer ganzen Meike der audgezeiääneiften und gelehrteften
Männer, der Philoſophen Pittacus, Theophrafius und Phaniad, der Be-
chichtſchreiber Hellanicus und Iheophanes, der Sänger Arion und Terpander,
»es Dichters Alcäus, der Sappho u. f. w. (vgl. Strabo XII, p. 617.),
vie denn überhaupt ihre Einwohner im Rufe feiner Bildung, aber freilich
auch großer Weichlichkeit und Unſlittlichkeit flanden, daher das Wort Asoßın-
Zeır zur Bezeihnung unnatürlider Wolluft diente (Cuſtath. ad Hom. Il.
1X, 129. vgl. Bayle dietionn. s. v. Lesbos). Die fünf wichtigſten Städte
ver Infel (von denen in befondern Artikeln genauer gebandelt wird) waren
in der Richtung von N. nah W. folgende: Meihyma (jet Molivo) an ber
Nordküſte, nächſt Mitylene die bedeutenvfle darunter, Antissa, an-der Weſt⸗
küſte (von den Nömern vernichtet), Eressus (jeft Greſſo, Eriifi), an der⸗
ſelben Küſte, Pyrrha, an der ſchmalſten Stelle der Infel auf der Weſtſeite
(ihn zu Strabo's Zeiten, vieleicht in Folge eined Erpbebend, vom Meere
verſchlungen) und Mitylene (jegt Metelin), die größte und widtigfle Stadt
der Infel auf der Oſtſeite (f. Thuc. III, 2. u. PRoppo Prolegg. ad Thuc.
1, 2. p. 442 fj.). Nach diefen fünf Städten nennt Euftath. ad Dionys. 1. 1.
die Infel zerzanodz. Herodot I, 151. aber fügt noch eine fechäte Stadt
Hinzu, das ſchon frühzeitig dur ein Erdbeben untergegangene Arisba (wahr⸗
ſcheinlich zwiſchen Methymna und Antifſa), und Strabo XIII, p. 617. nennt
noch ben Bleden Aegirus am Borgeb. Argennum zwiſchen Mitylene und
Meihymna an der Oſtküſte (wahrfceinlih venfelben Ort, der bei Herod. I,
149. unter dem Namen Aegiroessa vorfommt). Sonft völlig unbelannte
Drte der Infel find Metaon und Nape bei Hellanic. p. 155. u. 95., Tiarae
bei Theophr. h. pl. I, 6, 13., Agamede und Hiera bei Plin. 1. 1. u. f. w.
Ueber bie Altern Verhältniſſe von Lesbos vgl. beſonders Lew. Luc. Plehn
Lesbiacorum liber, Berol. 1826. 8. mit einer Karte, nebfl den Recenſ. dieſer
Schrift von Meier in der Hal. Allg. Lit.Zeit. 1827. Nr. 88—90. u. von
D. Müller in d. Gött. gel. Anz. 1828. ©. 29 ff, ©. 8. E. Zander Beis
träge zur Kunde der Infel Lesbos. Hamb. 1827. 4. (vgl. Seebode Kıit.
Bibl. 1828. ©. 695 f.), über den heutigen Zufland berfelben aber Tournes
fort T. I. lettre 9. p. 81ff. Pocode II. S. 22 ff. Dapper les isles de
l’Archip. p. 229 ff. v. Richters Wallf. im Morgen. ©. 477 ff. u. v. Prokeſch
Denfwürd. I. ©. 774 ff. II. ©. 345 ff. u. 402 ff. [F.]
KLesbothämis, ein Bildhauer oder Erzgießer aus unbeflimmter Zeit
(zeyaiog ayaluaronoog, Athen. XIV, p. 635. B.), der nad einer Stelle
des Euphorion ep Ioduior, welche Athen. IV, p. 182.F. vgl. mit XIV,
p. 635. B. anführt, in Mitylene eine Mufe mit einem breiedigten Saiten⸗
Infrument (oaußvrn) machte. [W.]
Asoyas waren In den griech. Staaten befondere bauliche Anlagen, deren
urfprünglider Zweck gefellige Unterhaltung der ſich daſelbſt verfammelnden
Bürger war, wie fhon aus dem Namen hervorgeht. Anfangs mochten e8
nur einfache Säulenhallen fein, welche man fpäter erweiterte, architektoniſch
aueflatiete und mit Werken der Kunſt ſchmückte. Zu den älteften Leschen
mochten die zu Sparta gehören (vgl. Pauſ. III, 15, 8.), da es hier für
diejenigen, welche bereits das dreißigſte Jahr zurüdgelegt hatten, die ehren»
vollſte Beihäftigung war, den größten Theil des Tages In den Gymnaſien
und Leöchen hinzubringen (Blut. Lyc. c. 25.). Diefe Asdoyas wurden bier
au zu anderweitigen Zweden benügt (Athen. IV, p. 138. E.). Prädtiger
als die fpartanifchen waren die Leschen anderer Staaten. Wie fih Knidos
überhaupt durch herrliche Säulenhallen auszeichnete, fo hatte e8 auch eine
ſchauwürdige Lesche, welde Polygnotos mit Werfen der Malerei audftattete
(ſ. Hirt Geſch. d. Bauffl. 11. 160. D. Müller Ar. ©. 130. 2te Aufl.).
So war auch die Lesche zu Delphi mit ausgezeichneten Gemälden bes Polygnotos
940 Lesches — Löte
geziert (eine Meftauration derfelben haben F. u. I. Riepenhauſen, Gemälde
des Polygnot in der Lesche zu Delphi I, 1805. u. Peintures de Polygn. i
Delph. etc. 1826. 1829. verfuht).* Zu den Leschen mochte man imma
fonnige Räume wählen oder menigftens die Hauptfeite gegen Mittag richten.
Died zeigt fich auch in der Erklärung des Heſychius v. T. II. 454. Alb.:
Aboyn, Ööwlia xal 7 Yivapız xal 6 Önuoosog Tonos, 67 @ disrgußor m
nıoyol nal dueisyorro aAANAcıS" omuaiseı dB xal Ta oa Öemrorng,
nal TgUg 87 avrois Aoyovg xai Tovg aAB8ı70UG TORovg, Adoyag xakıvan.
Es find hier verfchienenartige Gloſſen zufammengeflellt, aus denen jedoch ein
leudtet, daß die Grundlage ber Lesche die einfache Säulenhalle war. Re
türli mochte ein folder Ort bie und da auch den Obdachloſen zum Aſol
bienen, wie etwa das Kranelon der Korinthier dem Diogenes von Sinope. [Kse.]
Lesches, Asoyns und Asoyewg, Sohn des Aiſchylenos aus Pyrrha auf Les⸗
508, Berfafler einer Iliu Perſis, Bauf. X, 25,5 f. Vgl. Bv.II. S.813. [W.T.]
Lesdos, Inſel des baleariichen Meeres, blos im It. Anton. p. 510.
zwifchen der Infel der Diana und Ebuſus genannt, alfo zwiſchen ver Küſte
von Hifpania Tarrac. und den Pityufen. [F.]
Lesöra, ein einzelner, von Sidon. Apoll. Carm. XXIV, 44. erwähnter
Berg im der Gehirgäfette des Cevenna M. (Sevennen) an der Grenze von
Gallia Narbon. und Aqultania, weſtlich von Alba Augufla; Blinius XI,
42, 97. rühmt ben dort bereiteten Käfe (Lesurae Gabalicique pagi). &8 if
der heut. Mont Loſère in Gésvaudan (Depart. Rozere), auf welchem der Tam
entfpringt, und der noch immer dur feinen Käfe berühmt ifl. (Vgl. Guil
de Gatel Hist. II, 7. p. 297. u. Harduin zu Plin. am a. ©.) I[F.
Lessa (Anooa, Pauſ. II, 25, 10.), Flecken in Argolis, oſtlich ver
Argos an der weſtlichen Grenze des Gebietd von Epibaurus und am Zur
des Berges Arachnäon, der, wahrjd. dieſe Grenze bildete. Der Dre han
einen Tempel der Athene und war, an der Straße von Argos nah Eri-
daurus gelegen, wohl nit ganz unbedeutend. Die Ruinen des Tempel
und Fleckens finden fi beim Heut. Lyfuris. Vgl. Leake Morea II. p. 41°
u. Boblaye Rech. p. 93. [F.] -
Lestarum Regio (40:0 yaooa, ®Ptol. VII, 1.), ein Difrift a
der Oſtküſte der Halbinfel Hinterindiend am Sinus Magnus, ſüdöſtlich ve:
der Landſchaft Bessynga, noch oberhalb der eigentlichen Chersonesus Aura
mit der Hauptſtadt Balonga (fett Pahang). Bon den biefe Gegend bemii:
nenden Räubern macht Ptol. eine feltfame Schilderung. Sie follen gleis
wilden Ihieren in Höhlen wohnen (und doc nennt er mehrere Städte is
Gebiete derfelben!), und ein Zell haben fo vie wie die Flußpferde, durt
welches Fein Pfeil hindurchdringen Kann. Vielleicht gab auch zu dieſer Nad⸗
richt, mie zu manchen andern fabelhaften Erzählungen von indiſchen Völker
ſchaften, die Erfeinung menfhenähnliher Affen DVeranlaffung. Vgl. Ger
bigers Handb. d. alt. Geogr. II. S. 499. Note 27. [F.]
Lesura (Aufon. Mos. 365.), ein weſtliches Nebenflüßchen ver Moſell
in Ballia Belgica, jetzt Lefer oder Liſſe, das Berncaftel im Reg. Bez. Irin
gegenüber in die Mofel fällt. Vgl. Honthem. Hist. Trev. Diplom. 1. p. 61 f. [F-ı
Letandeos (Plin. IV, 12, 23.), Feine, zu ben Cykladen gerechnen
Infel des Aegälfhen Meeres unweit Gyaros. [F.]
Löte (Ann, ®tol. IN, 13. Blin. IV, 10, 17. Steph. Byz. p. 420.
bei Harpocrat. Ar), Bleden in ber macevon. Landſchaft Mygdonia, tr
nad Steph. von einem Tempel der Latona feinen Namen hatte und Bate
ſtadt von Alerander6 des Er. Feldherrn Nicarchus (d. h. doch wohl Nearchut
° Bol, Pauf. X, 25. 1 ff. Apollo als Beſchüter der Hallen hieß Asarmröpei
Enid, 8. v. Adayan [W. T.]
Lethaees — Leti 941
war. 68 iR höchſt wahrfcheinlich auch derſelbe Ort Macevoniens, den Plin.
XXXI, 10, 46. Litae nennt, und bei welchem fi ein Salzfee fand, beflen
Nitrum (d. 5. wohl Natrum) man Chalastricum nannte, alfo bei der Stabt
Chalaſtra (dem heut. Gulacia, vgl. Bd. II, S. 300.) zu ſuchen. [F.]
Lethaeus (Andcios), 1) Fluß Cariens, der auf dem Geb. Vactyes
in Ionien entfpringt, und nad Furzem Laufe gegen S. unterhalb Magnefla
in den Mäander füllt (Strab. XII, p. 554. XIV, p. 647. then. XV, p.
683 C.). Arundell Seven Churches p. 57. beſchreibt den nörblihen Neben
fluß des Mäander, ven er für ven L. hält, als einen in einem felflgen Bette
mit unzähligen Kadfaden dahinrauſchenden Fluß. — 2) Fluß im ſüdlichſten
Theile von Ereta, der von D. nah W. parallel mit der Küfte fliegt, und
fich fünweftlih von Gortyna, deſſen Mauern er befpülte, in die ziemlih in
der Mitte der Süpküfte befindliche Bucht des Meerd ergießt (Strab. X, p.
329. Selin. c. 11. Vib. Seq. de flum. Euftath. ad Hom. 11. II, p. 646.),
jest Mologniti. Vgl. Höck's Kreta I. S. 399 f. [F.]
Lethe 1) die Vergeſſenheit, Tochter der Eris, Gef. Theog. 227. —
2) Fluß der Unterwelt, f. Inferi S. 161. Soporifera nennt fie Ovid Trist.
IV, 1, 47., hebetans pectora, Pont, IV, 1, 17. — 3) SFluß in Gallaecia,
f. Limaea. [W.T.] .
Leti, Kati (Liticiani und Lidi), f. Laeti ©. 730. In den ſpä⸗
teren Kaiferzeiten tritt und (wie Leo in feiner Schrift über die Malberger
Gloſſe S. 43—45. lehrt) das Verhälmiß ziemlich breit entgegen, daß in
den keltiſchen Grenzlanden, die dur den deutſchen Grenzkrieg zum Theil in
Müfte verwandelt waren, die Nömer Land an beutihe Anflenler gaben,
theils um fo für den Wieberanbau folder Gegenden zu forgen, theild um
dort eine tapfere Orenzbevölferung zu haben. Diele Anfiedler treten mit einer
keltiſchen Benennung in die Geſchichte. Im Gäliſchen Heißt nämlich luidh
oder laidh, fich niederlafien, ſich feßen; Ilwyth, Subflantivum, bezeichnet
"den Einwohner; die latinifirte Form gibt und bald laetus, letus, bald litus,
lidus *. Während alſo die deutfchen Stämme bei ihrem Vorbringen, nah
fonft beobachteter Sitte, "eine Menge Kelten zwiſchen fich als Leibeigene oder
zinspflibtige Leute wohnen ließen, trat eine große Anzahl Deutfcher zu den
Römern ebenfalls in dad Verhältniß zinspflichtiger Inhaber von Siedelland;
denn die fogenannten terrae laeticae (Cod. Theodos.) find nicht Anderes,
als die zehnt- und Friegäpflichtigen Siedelhöfe. So bereiteten dann bie
deutschen Siedler auf römiſh-keltiſchem Boden ihren . vorbringenden freien
Stammgenofjen vie Wege ver Eroberung. Uebrigens müſſen vie früher flamm=
weife von den Römern in ihren Feltifchen Landen angeflevelten, oder au
noch früher ſelbſtſtändig in diefelben eingedrungenen und dann der Römer
herrſchaft untergeorpneten beutfchen Völker, ebenfo wie viele Kelten felbft,
zum Iheil, wo nicht ganz in dieſes Verhältniß zinspflichtiger Unterthanen
gefommen feyn, Grimm Rechtsalterth. ©. -306 ff. Die Notitia dignitatum
fennt daher laeti Batavi, laeti Nervii u. f. w. Namenilich aber flevelte
Marimianus eine große Anzahl folder Läti, die den Stämmen der Yranfen
angehörten, im ®ebiete der Treviri und Nervii an (f. Laeti), alſo fat in
der ganzen Ausdehnung des Landes von den Grenzen der bier bis gu denen
® Zeuß leitet das Latinifirte Wort nicht aus dem Keltifchen, fondern von dem
ahd. laz, d. i. laff, Iäffig, im Gegenſaze des Sreien und Vornehmen, ber im beuts
fhen Alterthum ein Schneller, Flüchtiger if; f. Grimm Rechtsalterth. 305 ff. Herm.
Müller, über die lex Salica ©. 254. verwirft derlei nicht ganz, und erklärt ©. 183,
die laten als Solche, weiche im Kampf nachlaffen, denkt aber S. 63. an das ariech.
dasros, Atos, Aliros, publicus, fo daß agri letici (glei agri publici Populi Ro-
mani) mit lat nicht verwandt wären,
2
944 Keucas
welcher ſie 1000 ihrer Bürger anflevelten, und wohin fie aud die Cinwoh⸗
‚ner ber alten Stadt Nerikos verpflanzten (Scyl. a. a. O. Strab. I, p. 39.
X, p. 452. vgl. Herod. VIII, 45. Thuc. I, 30. Plut. Them. 24. Scymn.
Chius 464.) Nun durhftahen die Borinthier, als die neuen Herren ber
Salbinfel, die felbige mit dem Zefllande verbindende Erbzunge, theils um
ihre Stadt vor einem Angriffe der Alarnanier von der Landfeite ber zu
fhügen, theils um die Schiffahrt abzufürzen, und machten fo 2. zur Iniel
(Strab. a. a. DO), die jedoch dur eine Brüde mit dem Zerllande verbun-
ven wurde (Strab. ebend.). Der zu dieſem Zwede gegrabene Kanal (.ko
ovrzog, Polyb. V, 5. Plin. IV, 4, 2., vieleiht auch Evormog nad Sea
lar a. a. D. vgl. jedoch Mannert VII, ©. 73.) war nad Plin. a. a. O.
3 Stad. lang und gewiß noch Fein volles Stab. breit, da nach Liv. XXXIII.
17. die ganze Landzunge nur eine Breite von 120 (und eine Länge von 500)
Säritten hatte, war aber zu ſeicht, und daher au nicht jor Schifffahrt
brauchbar (Thuc. IH, 81. IV, 8. Polyb. V, 5.). Deshalb Bildere. fig
auch durch angefehten Meerfand nah und nach wieder ein natürlier Damm,
ber die Infel wieder zur Halbinfel machte (Liv. und Plin. I. 11.), fo daß
die Späteren,, befonderd da die Römer den Kanal mwieberhergeftellt zu haben
fheinen, nicht recht wiſſen, ob fie 2. ald Infel oder ala Halbinſel anfchen
follen. Jetzt gilt Leffhada oder Santa Maura allerdings für eine Imfel, ver
- Kanal ift aber fo feiht, daß nur kleine Fiſcherkähne ihn paſſtren können
(f. Kenprid the Jonian isles p. 64.). Die Jufel war reih an Wein, ber
jedoch, trotz des Kalkbodens, nicht zu den beften Sorten gehörte (Athen. I,
p. 29 A. vgl. Kenprid a. a. DO.) Die Süpfpige verfelben bildete Yal
Vorgeb. Leucatas (f. d.), und außer der Stadt Leucas enthielt fie mach die
Flecken Phara (Scyl. p. 23. Ruinen in der Ebene von Bafllichi? vgl.
Krufe'8 Hellas II, 2. ©. 366.) und Hellomenon (Thuc. III, 94., beim Heut.
Elimeno, Spon I, p. 135. Kruſe S. 365.).. Die Stadt Leucas lag
öftlid vom alten Nerikos, auf der obengenannten Erbzunge (Thuc. III,
94.) am Abhange eined Hügeld, von dem fie fich bis zur Küſte Hinzog (Liv.
a. a. O.), nah Strab. p. 451. 240 Stab. oder 6 g. M., nad der Tab.
Peut. aber richtiger nur 15 Mill. oder 3 g. M. von Actium (denn Spoi
Voyage I, p. 135. gibt den Abſtand nur zu 12 ital. M. an), war nidt
unbedeutend und während bed Kriegs der Römer mit Philipp von Mace
donien dad Haupt des afarnan. Bundes, mweahalb file auf von den Roͤmerm
gevlündert und hart mitgenommen (Liv. a. a. D.), fpäter aber ganz von
Afarnanien getrennt und unmittelbar unter römiſche Herrichaft geftellt wurde
(Liv. XLV, 31.). Die fpäteren Schrifftelleer nah Ptolem. gedenken ihre
nicht weiter. Die Ueberrefte ihrer 3 Afropolen, Mauern, Gräber, Inſchrif⸗
ten u. f. m. finden fih am obern Theile der Oſtküſte der Inſel (vgl. Boos
biffon Essay upon the islands of Corfu, Leucadiä etc. Lond. 1822. p. 851.
Zeafe North. Gr. III, p. 10—29. Corp. Inscr. Gr. I, 1919 ff), alfo nit
an ber Stelle der heut. Stadt Santa Maura (mie Diannert VII, ©. 74.
annimmt), und felbft von der Brüde, die fie mit dem Feſtlande verband,
fand Goodiffon noh Spuren; die Waflerleitung aber, die Mannert mü
Spon a. a. D. auch für ein Werk der Alten Hält, ift neueren Urfprunge.
Die Ruinen (cyklopiſche Mauern) auf einem Hügel ſüdlich von St. Maurs
und am Abhange vefielben gehören wahrideint. dem alten Nerikos an (vgl.
Goodiffon p. 85 ff. und 91 ff.) *. Süpli von dem Dioryktos Tag neben
® Auf der Inſel (dem Vorgeb. Leucate, Birg. Aen. III, 274. VII, 676, Claub.
b. get. 185; vgl. Plin. IV, 1, 2. Liv. XXVI, 26., nad Thukvd. III, 94. anf dem
Jahmus) hatte Apollo ein Heiligthum und hieß davon Leucadias, f. Ovid. Trist.
III, 1, 42, V, 3, 76, ®ropert. III, 11, 69., and) Asunaras, Strab. p 462, Is
Lemeasia — Losce Come 945
Leukas noch eine Kleine Infel mit einem der Sage nach von Aeneas gegrün-
deten Tempel der Aphrodite (Dion. Hal. I, 50.), und auch von ihm glaubt
Goodiſſon p. 88. noch Lieberrefie gefunden zu haben. (Vgl. auch Leafe
a. a. D. und Kruſe's Hellas II, 2. ©. 365., überhaupt aber der. S. 362 ff.)
— 2) Leucas (Asvaas), Ort in Bithynien am Fluſſe Gallus, nur bei
Anna Comn. p. 470. Er führt noch jetzt den Namen Lefkie. Dal. Pococke
IM, ©. 126. Note. [F.] Ä
Leueasia (Aevncoic, Pauf. IV, 33, 3.), ein Flůßchen in Meffenien,
das in den 30 Stab. nördlich von Ithome fließenden Balyra fällt. — 2) f.
Leucosia. [F.]
Leucaspis (Asvraonıs, Ptol. IV, 5.), Hafenplag in Marmarica zwi⸗
fen der canobiſchen Nilmändung und PBarätonium. [F.]
Leucata (Melia II, 5, 7.), Küftenfirih in Gallia Narbonenfls mit
einer Salzquelle (Salsulae fons; vgl. Itin.- Anton. p. 389., j. Salged) zwi⸗
fen den Flüſſen Ruscino und tar, in welchem fih noch jeht die Stadt
Leucate und ber nad ihr benannte See findet. [F.]
Leucatas, Vorgeb. Bithyniend bei Plin. V, 32, 43., 37'/, Mil.
mweftlih von Nicomedia, von Ptol. V, 1. und Artemid. bei Steph. By. v.
Xaixirıs Acritas genannt ,- noch jebt Akrita. [F.]
Leuee 1) Kleine Infel unmeit der Nordküſte von Greta (Plin. IV,
12, 20.), vielleicht diefelbe, die auch im Itin. Anton. p. 528. erſcheint, das
Heut. Eiland St. Theodor. Bgl. HÖWE Kreta I. ©. 384. — 2) Eine
andere Kleine Infel vor der Süboftküfte Ereta’s fünlih vom Vorgeb. Stanum,
neben Oniſta (Plin. ibid.). Vgl. Höck a. a.D. ©. 438. — 3) Inſel des
Sinus 'Soldicus vor der Küfte von India intra Gangem, zwifchen Trinefla
und Panigeris (Btol. VII, 1.). — 4) f. Achillis insula.” — 5) Vorgeb.
Marmaricn’8 (Aevan axın, Strab. XVII, p. 799. Scyl. p. 44. Ptol. IV,
9. Stadiasm. mar. magni p. 437.), nad dem Stadiasm. nur 20 Stad.,
nah Ptol. aber 2 Min. oder 2 g. M. weftlid vom Hermaeum Prom.,
das, wie fhon von ſelbſt abzunehmen, nah Strabo feinen Namen von dem
weißen Geſtein des Belfens führte, und auf feinem Gipfel einen flattlihen
Tempel des Apollo mit einem Orakel hatte; viel. dad heut. Lago Segio (?). [F.]
6) Nymphe, Tochter des Okeanos, vom Hades entführt und als Sil⸗
berpappel in die elyfiſche Ebene verfegt, Serv. zu Virg. Ecl. VII, 61. [W.T.]
KLeuce Come (N Aevrn xwun), nah Strab.XVI, p. 781. ein Flecken
im Norden von Arabia Felix am Arab. Meerb. Er diente nad) dem Peripl.
mar. Er. p. II, zur Niederlage für die Waaren, die nad Petra und in
das nörbliche Arabien gingen, und bie Römer hielten eine Befagung in dem
Kaftell deſſelben. Mannert VI, 1. ©. 41. nimmt es für iventifch mit dem
Hafenorte Charmuthas (Xapuovdus) ded Strabo XVI. p. 777. (wo der
feinem Fefte wurbe alljährlich ein Werbrccher von einem Felſen in's Meer geftürst;
durch angehängte Flügel fuchte man den Sturz leichter zu machen, und auf dem
Meere ſelbſt ihn aufzufangen und zu retten. Vol. Strab. X, p. 452. Ovid, Her.
XV, 165 ff. Trist.V, 2, 76 ff. Fast. V,630. Serv. zu Birg. Aen. III, 279. leitet
den Gebrauch von einem fchönen Knaben Leucated ab, ber, von dem verliebten Apollo
verfolgt, bier ſich in’E Meer geſtürzt habe. Nach id. ad Eol. VIII, 59. ſtürzte man
fi hier in's Meer, um verlorene Eltern aufzufinden ober Gegenliebe zu veranlaffen;
nach Ovid. Her. XV, 167 ff. hatte fi Deukalion, Pyrrha ohne Erwieberung liebenb,
hiey in’S Meer gelürzt und war umverfehrt und geheilt eriianden, daher dem Sprung
von biefem Felfen Heilkraft gegen Liebesſchmerz zugefchrieben wurbe, Bei Ovib 1.1.
empfiehlt Apollo andy der Sappho diefes Mittel, und nah Menanber bei Straß. 1. 1.
machte fie Gebrauch davon, ertrauk aber, Ebenſo die Königin Artemifia;, dagegen
ein Bhirger von Bnthrotum gebrauchte viermal bie Kur, unb Immer mit viel @rfolg,
Ptolem. Heph. Bei Phot. p. 153, a. Wert, [W.T.]
Vauly, Real-Enchelop. IV. _ 60
[N
946 Leacenis — Leuecippgms
Name vulgo Xrpuodrc lautet) und Diod. HI, 43. oder dem heut. Janbo;
Andere aber halten «8 für bie Hafenſtadt Hauran in der Prov. Hedſchas. [F.)
Leuceris, Ort in Gallia Cisalpina an der durd) dad Land der In.
ſubrer führenden Haupiſtraße zwiſchen Bergomum u. Comum, Tab. Peut. [F]
Leoumei (Aevroi, Strab. IV, p. 193. Biol. II, 9. Eäf. B. G. II, 14.
ac. Hist. I, 64. Leueci Liberi bei Plin. IV, 17, 31.), eine Völkerſchañ
im Südoften von Gallia Belgica, fürlih von den Mediomatrici, zwiſchen
der Matrona und Mofela, und im ©. und D. bis an ven Vogeſus hin,
in ber ſüdlichern Hälfte des Heut. Lothringens, namentlich in ver Gegen
von Zoul. Sie naren nad Rucan. I, 424. geübte Lanzenwerfer, und ihnen
gehörte nah Ptol. die Stadt Tullum (Toul). [F.]
Leuciana (Ilin. Anton. p. 438.), Ort in Lufltanien an der Straße
von Emerita nah Gäjaraugufta, 24 DIN. von Lacipea (44 von Gmerita)
und 12 von Auguſtobriea. Vgl. Ukert IL, 1. S. 396. [F.}
Leouciama (Asvxiuun, Stab. VII, p. 324. Aevmlujua, Btol. TI,
14.) oder Leucimna (Asvxiurn, Thuc. I, 30. Blin. IV, 12, 19.), Vorgeb.
im Süden von Corcyra, i. Gap Bianco oder Gap Lechino. [F.]
Leuei Montes (x Asvr« don, Strab. X, p. 475. Ptol. bei Plin.
XVI, 33. Albi montes), ein Gebirge im weſtlichſten Theile von Ereta, füo>
IH von Cydonia und gleih neben den wehlichften Abhängen des Ida; ſei⸗
nen Namen hatte es wohl eher von der Farbe der Kultfleinfelfen, aus Denen
ed beſteht, ald- von dem Schnee, mit welchem feine höchſten @ipfel ven
größten Theil des Jahres über bedeckt find (Theophr. h. pl. IV, 1. Plin.
I. l. Colin. c. 11. Tournefort p. 10. Olivier I, p. 373. Sieber II. ©.
10.). Es dehnt fih nah Strabo 300 Stad. meit auß, und gibt dem Tan
getus an Höhe nichts nad. inzelne Zweige beffelben führten die Namen
Tityrus, Cadiſtus, Dictymäus und Corycus (val. Strab. X, p. 479. um
Plin. IV, 20. 23.). Leder die heutige Beichaffenheit des Gebirges,
das no immer die weißen Berge beißt, vgl. außer den angef. Stellen Oli⸗
yier I, p. 378. 405. Sieber II S. 10. Savary p. Bid. u. Höd's Kreta
1. ©. 10 ff. [F.] |
Leucippe (Aevrirnn). 1) Unter den Nymphen, welde in Begleitung
ber Perſephone waren, ald fie geraubt wurbe, zuerfl genannt im Homer.
bymn. in Cer. 448. Pauſ. IV, 30, 4. — 2) f. Alcathoe, Do. I. ©. 299.
— 3) Gemahlin des Ilus, Mutter des Laomedon, Hygin. fab. 250. —
4) Roter des Theſtor, ib. 190. — 5) Gemahlin des Iheflius, ib. 14. —
6) Tochter des Minyas in Orchomenos, Ael. V. H. III, 42. {W.T.]
Leucippides, Aevuınnıöes (Gar. Hel. 1467.), Töochter des Meſſe⸗
niers Leulippus, Phöbe und Hilaira (Dodr und TAccupœ), PBriefterinnen
ber Aihene und Artemis, an die Söhne des Meſſeniers Apharrus, Spas u.
Lynceus verlobt, aber von Kaflor und Polydeukes ihrer Schönheit wegen
enıführt und geheirathet (vgl. Pauf. I, 18, 1. 11, 12, 8. Apollod. UI.
10, 3:). (Auf diefe Entführung deutet D. Jahn, aräol. Zig. 1845, Lief 9,
Nr. 26, II, 12. ein Vaſengemälde, vgl. Bauf. IH, 17, 3. 18, 11.) BDie
Bräutigame wurden, ald fle fi für ihre Bräute wehrten, von den Entfüh-
rern erſchlagen. Vgl. Theokrit. XXI, 137 ff. Ovid. Her. XVI, 327. Fast.
V, 709. Propert. I, 2, 15 ff. 2actant. I, 10. Hygin. £.80. [W.T.]
Leacippus. 1) Der Philoſoph, nad Einigen aus Abdera, nad An⸗
bern aus Melos oder Milet (f. Diogen. Laerı. IX, 30 ff. Simplie. in Phy-
sic. ſ. 7.), auch ald Bleate bezeichnet, infofern bald Parmenives, bald Zeno
oder Melifjus als feine Lehrer genannt werben (f. 11. TI. und Tzet. Chil. II,
980.): wa jedenfalls ſehr ungemiß bleibt, da fih 2. gänzlich von ver Lehre
ber Eleaten entfernte; ex ift vielmehr ver Schöpfer des atomiſtiſchen Syflems
(neörTos ze aTouovg apyug vneoenoaro, Diog. 1. 1. vgl. Cic. de Nat. Deor.
- - %
Leuses — Leucogaeus Callis .947
1, 24. Acadd. IV, 37. Ariſtotel. de Gener. et Corrupt. I, 8.), daß, in
feinen Grundzügen von ihm aufgeftellt, durch feinen Schüler Democritws
weitere Ausbildung und Verbreitung erhielt, auch durch beveutendere Bruch»
ftüde aus den zahfreigen Schriften deffelben und näher bekannt geworden iſt;
f. Bd. Tl, ©. 947 ff. Bon den Schriften des X. ſelbſt haben mir. nur we⸗
nige Spuren. Diogenes (1. 1.) theilt die Hanptiäge feiner Xehre aus einer
Schrift deſſelben mit: vieleicht verjelben, won welcher Ariftot. (De Xenoph.
Gorg. et Mel. 6: &» rois Atvninnov xakovussors Aoyoss) ſpricht; ebenfo
ward ihm auch von Theopbraft die fonft dem Deinokrit beigelegte Schrift
über die Weltorbnung: Mayas Araxosuog zugefchrieben (Diogen. Laert. IX,
46. mit Menage's Note), wenn fie anders nicht auch einen THell jener Aoyos
ausmachte, in denen 2. bie Lehre von der Atomiſtik begründet hatte. End»
lich wird ihm au von Stobäus Eclog. Phys. 160. eine Särift zeoi Nov
beigelegt, von ber jedoch andere Spuren fih nicht vorfinden; wie denn über-
haupt der größere Ruhm des Demvcritus und bie in deffen Schriften aus⸗
fübrlicher entwickelte Lehre der Atomiſtik den 2. und deſſen Schriften ver⸗
drängt zu haben fcheint, fo daß %., aud mo er genannt wird, meift nur
in Verbindung mit diefem feinem Schüler vorkommt. Weber Leucipp vgl.
Fabrit. Bibl. Graec. Il, p. 658 sq. Bruder Hist. crit. philosoph. T. 1.
p. 1171 ff. Brandis Geſch. der griechifh-röm. PHilof. I. ©. 294 f. Tenne⸗
mann Geſch. der Philof. II. S. 381. Bayle dictionn. II. p. 99—103.
— Üinen Pythagoreer Leucippus nennt Jamblichus vit. Pythag. a: 23.,
wenn anderd bier nicht eine Verwechslung oder Irrthum ftattgefunden hat. [B.]
2) Sohn des Denomaod, Pauf. VIII, 20, 2. Hymn. in Apoll. 212.
ſ. Daphne 2, Bd. II, ©. 857. — 3) Sohn des Perieres und der Gor⸗
gophoue, Fürſt in Mefienien, Vater der Arfinoe (Pauf. III, 12, 8.), Phoͤbe
und Silaira (vgl. Leucippides), Pauf. IH, 26, 4. IV, 2, 4. Apollod. I,
9, 5. I, 10, 3. 11, 2; Bruder das TyMareos Apharens, Pauf. IV, 31,
12; einer der kalydoniſchen Jäger, Ovid. Met. VIII, 306. — 4) Sohn des
Thurimachus, Vater der Kalchinia, König von Eikyon, Bauf. 1,5, 7 —
5) Sohn des Herafles und der Theſpiade Eurytele, Apollod. IE, 7, 8. —
6) ©. des Naxos, Mater des Smerdios, König auf Naxos, Diod. V, 51.
— 7) Bührer einer von Lesbos nad) Rhodos geſandten Colonie, ib. 81. —
5) Anflevler der Achäet in Metapont, Strab. VI, p. 265. [W.T.]
Leuco (Aeimor). 1) Zeitgenoffe und Rivale des Ariſtophanes, mit
deffen Wespen (Olymp. 89, 2) und Prieden 8. mit feinen I/psoßes und
Douroges un ben Preis Fämpfte, wiewohl vergeblid. Außerdem iſt uns
nur noch ein drittes Stud deſſelben, Orng aoxopooog (ſ. Böckh Staatd-
haush. d. Ath.I. ©. 347.) befannt; ſ. Suid. s. v. Cudot. p. 282. u. Meineke
Histor. critic. comic. Graec. p. 217 sq. [B.)
2) Ein Bildhauer aus unbekannter Zeit, von dem in ber Anthol. Pal.
VI, 173. ein Hand erwähnt wird. [W.]
3) Bosporaniſcher König, f. Br. I, ©. 1158. Polyän. 6, 9. Strab.
VII. p. 310. — 4) Sohn des Athamas (oder Poſeidon) und der Themifto,
Apollo». I, 9, 2. Bauf. VI, 21, 11.’IX, 34, 7. 9. — 5) Einer der fleben
Archageten, welcher von ben Platäern vor ber Schlacht bei Piatäd auf Ber
fehl des Orakels geopfert wurde, Plut. -Aristid. 11. D. Müller Orchom.
©. 214. [W.T.] '
Lomeoa (AJevxon, Ptol. IV, 5.), Ort im öſtlichſten Theile von Mar⸗
marica, nahe an ber Grenze des Libyae Nomos. [FE.
Leucogaens Collis (Blin. XVII, 11, 29. XXXV, 15, 50.), Qüs
gel Campaniens zwiſchen Puteoli und Neapolis, mit Schwefelgruben. In
der Nähe befanden fich die Leucogaei Fontes (Plin. XXXI, 2, 8.), deren
Waſſer Wunden und Augenübel heilte. [F.]
948 Leucella — Loucopyra .
Leucolla (AsvxoMe). 1) Vorgeb. Pamphyliend an ber Grenze Gi
lieiens, das im Stadiasm. mar. magni $. 190 u. 191. Leucotheum (_Aev
1088107) beißt, umd deſſen auch Liv. XXVII, 23. und Mela I, 15, 1. ge
denken, jedoch ohne es zu nennen. Mela läßt es fälſchlich den großen Pam
phyl. Meerbufen fließen, da es doch in der Mitte vefielben liegt. EB il
namlich das heut. Karaburnu. Vgl. Batl ad Stadiasm. 1. I. p. 956. um!
Leake p. 196. — 2) Hafenſtadt auf der Sübofllüfle von Cyprus, blos be
Strabo XIV, p. 682. — 3) Eine blos von Plin. V, 31, 35. genannte Inſe
vor ber Küfte Lyciens. Vgl. jedoch Harduin zu d. St. [F.]
" Leucolophidas (|. Schneib. zu Zen. Hell. I, 4, 21. Mein. Fr. Com
I, 4, 513.), Vater des Adimantus; f. dv. [K.
Leucönes, Asvaorns, ©. de8 Herakles und der Theſpiade Aeſchreis
Apollod. 1, 7, 8. [W.T.
Leuconiaum (Asvroror, Thuc. VIII, 24. Polyän. VIII, 66.) obeı
Leuconia (Aevaori«, Blut. de virt. mul. p. 267 sq. ed. Hutlen.), eine
ionifche Stadt an der Küſte Lydiens (2), nah Plut. eine Golonie der Ehier,
welche den ſchon früher vorhandenen Ort den Gorondern (Gorgnäem?) ent⸗
riffen hatten. Die Lage läßt fi nicht genauer beflimmen, wenn ed nidt
vielleicht identifh tft mit dem oben S. 943. unter dem Namen Leucae auf
geführten Orte. [F.]
Leuconöe, —— (Phot.), Aeunorosoı (Harpoer.), attifcher De⸗
mos ur Phyle Leontid gehörig, f. Bb. I, ©. 946, 85. Vgl. Bödh zum
€. 3. I, p. 151. — 2) Tochter. des Vofeidon und der Themiſto, Hygin
f. 157. [W.T.]
Leuconötus, Asvxororos, albus Notus, Hor. Od.1, 7, 15., leuco-
notus Libs, Aufon. Technopaegn. de Deis 12; Süpfünwehwir, vgl. '»o. 10,
©. 753. [W.T.]
Leuconum (It. Ant. p. 860.), Ort im fübl. Bannonien (u. zwar
in Pann. inferior), an ber Siraße von Aemona nad Sirmium, 82 Mil.
nordweſtl. von Ießterer, etwa beim Heut. Dorfe Rasboiſtje am erſten Laufe
des Vuca⸗Fluſſes. [F.]
Leucop£tra (Asvnoreroa, Strab. V, p. 214. VI, p. 259. Ptol. ITE, 1.
Eic. ad Att. XVI,7. Plin. II, 5, 6. 10. Tab. Peut.), Borgeb. im Sir
weiten von Bruttium, am Freium Siculum, nach Plin. 12 Mill. füolid
(nach Strabo fälſchlich 50 Stad. öſtlich) von Rhegium, zu deſſen Gebiet es
nach Cic. Phil. I, 3. gehörte (vermuthlich daſſelbe, das Serv. ad Aen. Il,
400. ſchlechtweg Bruttium Promoni. nennt). Es wurde als das äußerſt⸗
Ende der Apenninen angeſehen, und hatte ſeinen Namen von der weißen
Farbe des Felſens; jetzt Cap del! Armi. Nach ver Tab. Peut. u. dem Geo.
Ravenn. IV, 32. Hätıe auch ein gleichnamiger Flecken dabei gelegen. [F.]
Lescophrys (Aevxopovg, Xen. Hell. III, 2, 19. IV, 8, 17.), Statı
Cariens im Mäandrifhen Gefilde und an einem. See, deffen heißes, jedoch
trinkbares Waſſer in ſteter Bewegung war; merkwürdig wegen eines hoch⸗
heiligen Tempels der Artemis. (Ueber die Artemis Leucophryene * vgl.
Greuzer Symb. II. ©. 190 f. Heyne Collect. Diss. Antiq. Vol. 1. p. 109.
und unten Magnesia ad Maeandrum.) Vgl. au Buonarotti Osservaz. sopra
alcuni medaglioni p. 86. — 2) f. Tenedus. [F.]
Leucopolis, f. Leuca.
Leucopyra (Aevronvoa), alt. Demos, zur Phyle Antiochis gehörig,
f. Bd. I, ©. 946, 86. [W.T.]
* ©. Zen. Hell. III, 2, 19. Pauſ. I, 26, 4. Etrab, p. 647. Xar. Ann. UI,
62. Athen. XV, p. 683 C. und vgl, BACH zum C. J. m. 2916, [W.T.]
Leuses Portas — Leucothöo 949
Leueos Portus (Asvxos Amy), ein Hafenplak Oberägnptend am
Arab. Meerb., 1 Grad 20 Min. fünlih von Myos Hormos und 2 Grade
2. over 20 g. M. öflih von Goptos (Ptol. IV, 5.), unftreitig der heut.
Dafen Koſſir. Nach Bruce (bei Mannert X, 1. S. 16.) erhielt ex feinen
alten Namen von bem auf der See fihtbaren weißen Kalkjelfen des nahen
Berges Aias. [F.]
Leucos Tanes (Aevxos Turns), Ort in Byzacium, angeblich (was
jedoch fehr unmahricheinli iſt) 2000 Stab. von Garthago entfernt, und von
den Sprafufanern unter Agathokles zerflört, daher er nur von Diod. XX, 8.
erwähnt wird. [F.]
Leucosia (Asvawoie, Strab. II, p. 123. VI, p. 252. 258. u. Aev-
xooie, vgl. Ovid. Met. XV, 708. Sit. VII, 578.) oder Leucasia (Aev-
»eoie, Dion. Hal. I, p. 43. Plin. II, 7, 13., vieleicht auch nicht ver-
fhienen von dem Leucothoa des Mela II, 7, 18. und Plin. ibid., obgleich
Letzterer beide unterfcheider), Infel des Sinus Päſtanus der Küfte Lucaniend
gegenüber, vie nad Strabo p. 258. vom Feſtlande losgerifien worden war,
und von Einer der Sirenen (Ariſt. mir. ause. 103. LXycophr. 723. Euſtath.
. 1709, 46.) ihren Namen hatte (Strab. p. 252. und PBlin. 1. 1.); jegt
Biene am Borgeb. Punta della Licofa (dem alten Poflbium). Auch war
Asvxooia früherer Name von Samothrafe, Ariſt. bei Schol. zu Apollod.
1, 917. — Erf in fpäterer Zeit wird auf Eyprus eine Stabt gleiched Nas
mens erwähnt (Act. Conc. bei Wefiel. ad Hierocl. p. 707., der den Ort
Aevrovoia ſchreibt), die bei Sozom. h. eccl. I, 10. den Namen noAıs rar
Aecdoor führt, und nah Act. S. Spyridonis in Lambecii Bibl. Vindob. L.
VII. p. 311. aud) Callinicesia (moAıs ro» Kadlırınnoeoy 7 Aevnor Geor)
hieß, und alfo unftreitig die heut. Hauptflabt der Infel Nifofla im öſtlichern
Theile des Innern Landes iſt. [E.] |
Lemcostietos (Asvxootıxcos), Marmorart mit rother Grundfärbung
(porphyrites) und weißen Punften, in Aegypten in großen Quantitäten
gebrochen, Plin. XXXVI, 7, 11. ]W.T,]
Leucosyri (Asvroovopo:), der alte Name der zum ſyriſchen Wolfe»
ftamme gehörenden Bewohner Cappabociens, die denſelben zum Unterſchiede
von den eigentlichen, mehr von der Sonne gebräunten Syrern führten (Herod.
1,72. V, 45. VII, 72. Strab. XII, p. 534. XVI, p. 737. @uflath. ad
Dionys. 772. und 970. Plin. VI, 2, 3.). Auch nachdem zur Bezeichnung
ber Bewohner des fünlichern Landes oder Eappabociend im engern Sinne
der einheimifche (oder vielmehr perflihe) Name Cappadoces allgemein üblich
geworben war, behielten doch die Griechen ven Namen ber weißen Syrer
für die Bewohner des Küftenfirihs am ſchwarzen Meere bin oder des weils
ligern Theile von Pontus, zwiſchen dem Halys und Iris, bei. (Vgl. Hecat.
fr. 194. 200. 350. Marcian. p. 72. u. U.) Hier fand 3. B. Xenophon
die Leucofyrer mit Baphlagonien vereinigt und von einem paphlagon. Fürſten
beherrſcht, ver mächtig genug war, um 120,000 M., meift Reiterei, ins
Feld zu ftellen (Anab. V, 6, 8. 9.). Früher waren fie der Lydiſchen, dann
der Perſiſchen Herrſchaft unterworfen gemefen. Später fing ihr Name alle
* zu ee an, und nah Alexanders Zeiten wird er nur noch felten
gehört. [F. .
Leucosyrus, früherer Name des Fluffed Pyramus; f. d.
Leucoth£a. 1) Eine Quelle auf der Iniel Samos (Plin. V, 31, 37.).
— 2) f. Leucosia. — 3) f. Ino S. 170—172.
Lencotheam;, f. Leucolla. '
Leucothöe, Tochter des babylonifhen Königs Orchamus und der
Curynome, Gelichte des Apollon, von ihrer neidiſchen Nebenbuhlerin Klytia
| 952 Lex
part. 27. Sen. de ben. IV, 12 etc. f. Ernefli clavis. h. v. ımb bei Orell
B: 119 sq. Schilling Infitut. u. Geſch. IL. ©. 42 ff. Dirkfen manuale p.
39 sq. Abweichend ift Rubino Entwidl. d. Nöm. Verfafl. I. S. 352 f [R.|
Lex und Leges als Beichlüfie des Volks. Urſprünglich war lex ein
Guriatgefeß (f. Bd. II. S. 331.), dann Genturiatgefeß, und fpäter wurden
auch die in ven Tributcomitien angenommenen Befchlüffe leges im weit. Sim
genannt, während fie eigentlich plebiscita hießen. So wirb lex u. plebisci-
tum unterſchieden von Läl. Felix bei Gell. XV. 27. Alci. Cap. bei Gel. X.
20. Feſt. v. populi p. 233. und scita p. 293 M. ®ai. I, 3. Inst. I, 2,
4. floor. V, 10. 11. Bapin. 1.7. D. i. eti. (I, 1.). Dagegen ſprechen
Gell. X, 20. ad Her. II, 13. ven Gebrauch der weiteren Bedeutung von lex
auf dad Klarfte aus, und das Häufige Vorkommen von lex Aquilia, lex
Voconia u. a., welche eigentl. Plebiſcite find, beflätigen dieſe Bemerkung.
Nur dann, mo es darauf anfam, ein Geſetz als Centuriat⸗ over Tributbes
ſchluß fcharf hervorzuheben, murbe lex u. plebisc. unterſchieden. Die eigentl.
leges oder Centuriatbeſchlüſſe betrafen hauptfächlih das Staatsreht im w
©., die äußeren Verhältniffe Roms und die Angelegenheiten des gefammten
Volks (f. Br. II. S. 535 f. und in dem folg. Verzeihniß ver Geſetze).
Die plebiscita hatten urfprünglich einen ſehr befchränkten Kreis (Bo. H. ©.
548 ), gewannen aber mit der wachfennen Bedeutung der Tribusgemeinde u.
der fleigenden Macht der Volksiribunen einen meiten Umfang. Das fpezielk
Intereffe der Plebejer Tag ihnen freilih am nädften, aber nah und nad
erfaßten die Plebifcite daB gefammte innere Staatöleben und orbneten endlié
die Gegenſtände ver höchſten Verwaltung, ſ. Bv. I. ©. 549 f. u. im folg.
Verzeichniß. Die Genturiatgefeße wurden von einem ber maiores magistra-
tus, welcher das Geſetz beantragte und nach welchem das Geſetz benannt murbe
(lator legis genannt), zuerſt dem Senat mitgetheilt (Bd. II. S. 537.) und
nach deſſen eingeholter Beftätigung dem Volk vorgelegt. Diefed geſchah durch
Öffentlichen Anſchlag des Geſetzes, Cie. de leg. agr. U, 5. Dion. X, 57.,
und hieß promulgare legem. Paul. Diac. v. promulg. p. 224 M. ic. Phil.
I, 10. V, 3. ad div. I, 5. Quinct. II, 4, 35 u. f. w. (f. Forcell.). &s
mußte drei Nundinen vor den Eomitien gefchehen, f. Bd. H. ©. 539. und
lex Caecilia Didia. So lange die lex noch nicht vor die Gomitien gebradt
war, konnte der Berfäfler Veränderungen in derfelben machen, nach der Ar:
nahme nit mehr, Eic. de inv. II, 45. Wenn nun die Gomitien gehalten
wurden, pflegte der Vorfigende nach gehaltener Vorlefung der lex (maß ein
praeco oder scriba that, App. b. c. I, 12, ausnahmsweiſe ver lator ſelbſt,
Aſc. in Corn. p. 98 Or. Cic. Phil. I, 10.) den Geſetzvorſchlag zu empfeh-
Ien, worauf Andere auftreten durften, fomohl in gleicher Abſicht, ala um
davon abzuratben (suadere und dissuadere legem, f. ®Bb. Il. ©. 541. — mit
Unrecht if von Böttling die suasio u. dissuasio auf Die Tributcomitien be-
ſchränkt worden —). Vor der Abflimmung legte der Vorfitzende dem Bolt
die feierlihe Frage über das Geſetz vor, rogatio genannt (1. Bo. II. ©. 541.
und rogatio), worauf dad Volk mit Täfelden abſtimmte (Bb. II. ©. 542.).
Auf vem Täfelchen des Beiftimmenden fland U. R., d. h. uti rogas, „wie
du fragt“ oder ja, Cic. de leg. H, 10. ad Att. I, 14. iv. VI, 38. X, 8.
XXX, 43. XXXI, 8. XXX, 25. XXXVI, 54. Die Tafel des Verwerfen⸗
den war mit A (antiquo) bezeichnet, Gic. de leg. IH, 17. de off. II, 21.
ad Att. I, 14. Liv. IV, 58. V, 30. 55. VI, 39. VII, 37. XXH, 30. XXX1,
6. XLV, 35. Je nachdem die Majorität ausfiel, galt vie lex als angenom»
men (legem perferre, lex perfertur, 2iv. II, 57. IV, 49. IX, 39. XXX, 19.
XXXVIII, 36.) oder ald verworfen. Dafielbe Verfahren fenb bei ven Ple⸗
biſciten flatt. Der vorſchlagende Tribun (rogator) machte das Geſet befannt
(Br. II. S. 552.), ohne jedoch des Senates Beifimmung einholen zu müflen
Lex 953
(Br. M. ©. 348 f.), geflattete in den Comitien die Discufflon (suadere und
dissuadere, 3. @. über lex Manilia de imp. Pomp., über lex agr. Rulli,
über lex Oppia u. a.) und ließ abſtimmen, Bb. II. ©. 552. Nach gefche-
hener Annahme bes Geſetzes forgte der Tribun (bei Plebifciten), fo wie ber
Höhere Magiftratus (bei Centuriatbeſchlüſſen) dafür, daß daſſelbe in Kraft
und Wirkung trete. Es wurde, wenn es bie lex fo angronete, von ben
Magiftraten und Senatoren beſchworen (zuerft Dion. VI, 89.), und nament=
ich geſchah dieſes bei Parteigefepen, z. @. bei lex Appuleia agraria, mo
pie bekannte Bivedverweigerung des DO. Metelus Numidicus vorfiel, Gic.
p. Sest. 47. Dio &aff. XXXVIII, 7. App. b. c. I, 29. 30. 31. II, 12.
Plut. Mar. 29. Cat. min..32. Flor. III, 16. Ebenſo in der fog. lex Aci-
lia repet. £?) bei Saub. monum. leg. p. 76 sq. Der Urheber des Geſetzes
forgte für die Faſſung und Aufichreibung vdeffelben, was in den älteften Zei—
ten auf Holz (Dion. III, 36.), fpäter auf Stein oder Erz gefhah, Dior.
Iv, 43. X, 32.57. Gic. ad Att. III, 15. XIV, 12. ad div. XII, 1. in Cat.
IIT, 8. Phil. I, 10. II, 12. Suet. Caes. 28. Vesp. 8. Tac. Ann. XI,
13. Hist. IV, 40. Servo. ad Virg. Aen. VI, 622. Die Geſetztafeln wurden
entweder auf dem Forum aufgeftellt (3. E. die XII Taf., Liv. IH, 57. Dion.
X, 57. Diodor. XII, 26.) oder in und an Tempeln befeftigt (tabulam oder
legem figere), was namentlich am Tempel ded Jupiter auf dem Eapitolium
unter Aufficht der Aedilen geſchah, VPolyb. III, 26. ic. in Cat. IH, 8.
Phil. II, 36. 2iv. VII, 3. Suet. Vesp. 8. Plut. Cic. 36. Dio Gaff.
XXXL., 21. Bon den Plebifciten fagt Pomp. 1. 21. $. 21. D. o. i. (1, 2.),
daß fie von den Aedilen im Tempel ver Geres aufbewahrt worden wären
(ebenfo bie Scons., Liv. III, 55.); doch beſtand Feine fefte Negel. Auch
der Tempel der Ops kommt als Aufbemahrungsort vor, Eic. Phil. II, 14., -
in einem fpeziellen Fall die Gurie, Cic. ad Att. III, 15., und oft das es
rarium am Tempel ded Saturnus, wo D. Lutatius Batulus das Tabula⸗
rium baute, ſ. lex Junia Licinia und tabularium. @ine ftrenge gefeßliche
Aufficht über die Gefeßurfunden beſtand übrigens nicht, Cic. de leg. III, 20.
Durd bie Öfteren Brände, welche Nom feit der gall. Zerflörung heimfuch-
ten, gingen viele Geſetztafeln unter, und wenn auch mehrmals Meftitutionen
aus Gopien und aus dem Gedächtniß verfucht wurden (Liv. -VI, 1. Suet.
Vesp. 8. Bio Cafſ. LXXII, 24. Grut. p. 573.), fo verfchmanden doch
unter ben fpäteren Kaiſern bei weitem bie meiften Ueberreſte der frühern
Geſetztafeln, Beer röm. Altertbüm. I. ©. 27 ff. Nur einige Erztafeln
haben ſich, wenigftens in Brudflüden, bis auf uns erhalten, z. €. lex
Anton. Corn. ober plebisc. de Therm., und lex Rubria. Auf einigen ift
towohl die vordere glatte, als die rückſtehende rauhe Seite beſchrieben
{onıadoypagyor), 3. E. eine Tafel mit lex Servilia repet. auf der einen und
lex Thoria auf der andern Geite, ein Griminalgefet (lex Acilia repet.?),
auf defien Rückſeite ein osciſches Geſetz fleht (tabula Bantina); die ſog. ta-
bula Heraci. enthält auf der einen Seite lex Julia municip., auf der andern
ein gtiech. Pſephisma, ähnlich die Tafel bei Marint, monum. dei frat.
Arvali I, p. 40. Saubold monum. p. 140. 143. Wenn die lex ſehr um⸗
fangreich war, daß fle auf einer Tafel nit Platz fand, fo wurden mehre
Zafeln nebeneinander (In horizontaler Richtung) oder untereinander (in ver=
tiEaler Hichtung) Befchrieben,, je nachdem der Raum, auf welchen bie Tafeln
befeftigt werben follten, ſchmal oder Breit war, f. Göttling lex de scrib.
viat. et praec. Sen. 1844. — Was die Baffung der Gelee betrifft, fo
beitand jede lex did einem prooemium (au exordium oder praesctiptio
legis gehdtmt), @ie. d& leg. I, 7. de 1. agr. II, 9. Verr. I, 43., worauf
vie eigeniliche 1X (ſehr verſchieben, je nach vet Tendenz derſelben, Quinct.
VII, 5, 5.) imd zum Schluß die sanctio folgte. Die Gintheilung n Capitel
IV.
®
954 | Lex
war fehr gewöhnlih, und vie Gapitel wurben theils mit Zahlen Bring
(3. E. in lex Servilia repet., lex Jul. agrar., wo es beißt K. L. d. i. cap
legis), theild durch Punkte von einander gefhleven. In dem prooemiur
fland allemal zu Anfang der rogator legis, wie es Gic. Phil. I, 10. heißt:
... Consul (oder tribunus) populum (oder plebem) iure rogavit populus-
que iure scivit, fpäter auch mit Angabe des Orts und der Zeit, 3. E. u
foro pro rostris aedis divi Jul. P.K. Jul..ete. Frontin. de aquaed. 129.
S. nod Liv. II, 55. XXV, 4. XXVII, 9. lex Ant. Cornel. de Therm. u.
Dal. Prob. de not. p. 1475 Goth. Dann kam der Name der zuerft flim-
menden Tribus und bes Bürgers, welcher zuerft geflimmt hatte: tribus —
principium fuit (d. h. war bie erfle), pro tribu — primus scivit, |. leı
Thoria im prooem., Frontin. 1. 1. lex de scrib. bei Haub. p. 85. Liv. IN,
38. — Die am Ende der lex ſtehende sanctio war gegen Diejenigen gerid-
tet, welche dieſe lex verlegen würden, und war jehr mandfaltig. Sanctio
im w. ©. genommen follte die lex für die Zukunft gegen etwaige Angriffe
figern und betraf hauptſächlich die, welche dieſe lex abfchaffen wollten. Eine
ſolche sanctio Fonnte in allen Geſetzen fleben, mag aber wohl vorzüglid
in den Parteigefegen geflanden haben. Sanctio im e. ©. als Strafandro⸗
bung betrifft die Webertreter ded Geſetzes und iſt am regelmäßigften bei Cri⸗
minalgefeßen, welche allemal eine Strafandrohung enthalten. Sogar bie
privatrechtlichen Geſetze koͤnnen eine sanctio haben und werden bann lege:
erfectae genannt, wenn. die sanctio den gegen das Gefeh vorgenommene
kt als nichtig erflärt und aufhebt. Eine lex minus quam perfecta it
diejenige, deren sanctio den verbotenen At nicht aufhebt, fonbern nur ein
Strafe beflimmt, z. E. lex Furia testamentaria.. Endlich lex imperfeck
ift eine ohne sanctio erlafiene, z. E. lex Cincia, f. Ulp. im Anfang 1. 2
E. Meril. obss. V, 11. 9. 3. Arntzen, Miscell. c. 7. p. 82. Folgende
Beifpiele der hauptfächlichften Sanktionen mögen Hier Platz finden: I. All⸗
gemeine Sanctiones. 1) Befehl, daß alle Dlagiftratus und Senatoren bad
Geſetz beſchwören follten, |. oben und ius iurandum. 2) Berbot, bielel
Gefeg jemals aufzuheben (difficultas abrogationis), 3. E. in lex Clodia ühn
Gicero’8 Verbannung, Cic. ad Att. II, 12. 23. p. red. in sen.4. in Pis
13. und in dem fragm. bei Haub. 1. 9. p. 84. Yu fonnte e8 heißen, wu
Feſt. v. satura p. 314 M. aus einem Geſetz mittheilt: neve per saturam
(f. lex Jul. municip.) abrogato aut derogato. 3) @ine fehr gemwöhnlid
sanctio (darum caput tralatitium von Gicero genannt) war die de impuni-
tate, si quid contra alias leges eius legis ergo factum Bit. Gic. ad Al.
II, 23. Ganz ausführlich fleht diefe sanctio in ver lex regia Vespasian!.
daß es dem, welcher im Geifl und Sinn diefed Geſetzes etwas thue, mo
durch ein anderes Geſetz beeinträchtigt ſcheine, oder wer etwas biefem Geſet
zufolge unterlaffe, was in einer anbern lex geboten fei, Eeinen Nadıbeil
oder Strafe bringen folle. 4) Stehend war au die sanctio: si quid
sacri sanctique est, quod ius non sit rogarier, eius hac lege nihilum
rogatur, nad Dal. Prob., kürzer gefaßt bei Eic. p. Caec. 33. (aus eine
Sullan. lex): si quid ius non eseet rogarier, eiüs ea lege nihil rogatum,
und or. p. dom. 40: ut’si quid iss non esset rogari, ne esset TOBA-
tum; vgl. au Cic. p. Balb. 14. Dur biefe Ganktiondformel fiderte
fih der GBefehgeber vor dem Vorwurf, daß etwas Neues und Unrechtes in
der lex fiehe, denn wörtlich Heißt die Formel nichts als: was nicht Recht
iſt, davon fol in der lex nichts geſagt fein (fo wird fie von Cicero 8%
nommen). Bolgert man weiter, fo Tann die Formel freilich auch bebeuten-
es ſei in der lex nichts rogirt, was nicht hätte rogirt werben bürfen. ©
hätte dieſelbe als Miegel gegen jeden Angriff gegen ben Geſetzgeber und 9
gen das Geſetz dienen fönnen, in welchem Sinn Cic. fie nicht nimmt, ſondern
Lek . 955
ganz ven Worten nah, weil ihm nur eine ſolche Deutung nützlich mar.
Wenn Klo ad Cic. p. Caec. in deſſen Neben I, p. 512 sq. bie Formel
fo erfiärt, als Hätte dadurch der Ausdehnung des Geſetzes auf Dinge vor» -
gebeugt werben follen, über weldhe dem Legiölator keine Gewalt zugeftan-
den, — fo fol biefed zwar nicht ganz in Abrede geftellt werben, indem ein
MRedner diefe Worte fo zu feinen Gunſten interpretiren Eonnte; allein ber
urfprünglide Sinn der Formel war es gemiß nit. — Diefe sanctio iſt
es, welde die 8 Volkstribunen in ihrer lex über Cicero's Zurüdberufung
in Räckſicht auf bes Clodius Geſetz vorfihtig erweitern, um fi dadurch
fiher zu flellen, worüber fih Cic. ad Att. III, 23. fo bitter dußert, |. Dru⸗
mann Geld. Roms II. S. 282. 5) Enplih gehört zu dieſen Sanktionen
im w. ©. nod eine Formel, obgleich fie fih immer nur auf @inzelheiten ,
und befondere Capitel der lex bezieht, nemlih: quominus — haec fiant,
hac lege nihil rogatur, d. 5. daß dieſes nicht geſchehe, wird in ber lex
nit rogirt, ober mit andern Worten, es wird geflattet, daß dieſes geſchehen
dürfe (namentlih, wenn Ausnahmen von den voraudgehenden Worten ver
lex gemadt werben), und zuwellen beißt es |. v. a.: ed wirb angeordnet,
daß es fo gefchehen müſſe, f. lex Jul. munic. (tab. Heracl.) 1. 52. 69. 67.
76. 79. 81 f. 158. Frontin. 129, lex Thor. I. 13. 36. plebisc. de Therm.
1. 67. 68. lex Rubr, XXI, 24. Klenze ad leg. Scrvil. p. 9A sq. — Zus
weilen modte diefe Formel eorum h. I. nihil rogatur von dem Verfaſſer
des Geſetzes nur ale Mittel angewandt worben fein, Nadträge in bie
lex einzufchalten, fo lange fle noch nicht vom Volk beflätigt war; Dirkſen
civiliſt. Abhandl. II. ©. 269 f. — II. Spezielle Straffanftionen
gegen bie liebertretung des Geſetzes finden fi vorzugsweife faft in allen
Strafgefegen, außerbem aber auch in einigen ſtaatsrechtlichen (leges sacratae),
religiöfen (3. &. Haubold monum. p. 83.) und privatrechtlichen Geſetzen,
f. d. folg. Verzeichniß der loges und allgem. Aeußerungen, ad Her. II, 10.
@ic. p. Balb. 14. Verr. IV, 66. Feſt. v. sanctum p. 317. Serv. ad Virg.
Aen. VIII, 382. Macrob. sat. III, 3. Schol. Cruq. ad Hor. sat. II, 1,
181. 1. 41. D. poen. (48, 19.). Inst. II, 1, 10. — Die Wirtfamteit
der lex begann, ſobald fle angenommen war, Brontin. 129., und eine rück⸗
wirfende Kraft hatten die Geſetze nicht, Bic. in Vat. 11., außer wenn darin
beftimmt war, daß fie ex certo tempore gelten follten, @ic. Verr. I, 42.
Das Geſetz blieb fo Tang in voller Geltung, als es nicht durch ein anderes
ganz oder zum Theil abgefafft oder flillfehweigend aufgehoben worben war,
1. 32. D. de leg. (I, 3.). Beränderungen in den Geſetzen durch neue leges
waren nicht felten, Varro 1. 1. IX, 20. Tertull. apol.4.6. Prud. c. Symm.
II. 412 ff. Inst: I, 2, 11., und wenn ein Geſetz burd ein folgendes auch
nicht ausbrädii aufgehoben war, fo war doch fon in den XII Zafeln
beftimmt, daß bei vorkommenden Diskrepanzen allemal das neuefte und letzte
gelten folle, Liv. VIE, 17. IX, 34. XXXIV, 6. Gic. de inv. II, 49. ad
Her. II, 10. Quinct. VII, 7, 2 fi. 1. 4. D. de const. (1, 4.). %ür bie
Beränderungen ber Geſetze gab es folgende techniſche Ausdrücke: abrogare;
d. h. ganz aufheben, z. @. Liv. XXXIV, 6. 8.; derogare, zum Theil auf⸗
heben; obrogare, theilweiſe verändern durch widerſprechende Vorſchriften,
ad Her. II, 10.; subrogare, etwas hinzuſetzen, Paul. Diac. v. abrog. de-
rog. obr. p. 12. 69. 187 M. Ulp. Anfang 3. 1. 102. D. v. 8. (50, 16.).
Gic. ad Att. IN, 23. Lactant. VI, 8. cf. Afe. in Corn. p. 67 sq. Or. —
Ueber die bei der Legislation üblichen Formen. banbelt Brifion de form. I,
1—41. (mo zugleih mehre Gefeheöfragmente mitgetheilt find), ebenfo bie
Schriftſteller, welche indices legum verfaßt Haben, nemlih: F. Hotomann
antiquitat. Rom. lib. I., leges, Scons., magistrat., lctorum nom. et for-
mulas continens (zumft in dem jog. commentar, verb. iur., antiq. Basil.
956 Lex Acilia — Leg Acllin Calpurnisa |
1558.) in feinen opp. III. p. 191 ff., in Graevii thes. II, p. 1863 #.
und in Glaufing ias publ. Rom. IH, p. 509—600. U. Zaflus index legum.
P. Manutius lib. de’ leg. Rom., jolte der bte IYEI von deſſen beabſichtig⸗
ten antig. Rom. werden, und erfchien zuerfl gleichzeitig mit Hotomann., dann
oft nad Manut. Tod mit den unvollenveten antig Rom., in Graerv. thes. Il,
p. 1022 ff. und zulegt in Glaufing ius publ. Rom. II, p. 1—253. %.
Auguftinuß de leg. et Scons. liber, c. notis F. Ursini Rom. 1583. Paris.
1584. Lugd. 1592, in Auguft. opp. I, p. 1—164., Graev. thes. I, p.
1139 ff. 3. Rofin. antiqg. Rom., zuerft Basil. 1583. (lib. VIII, de leg.)
c. paralip. Dempstari, zulegt Amst. 1743. P. Merula de leg. Rom. in
op. var. postum. Lugd. B. 1684. und in Polen thes. I, p. if. ©. Pi⸗
tije. lex antig. Rom. U. v. lex. A. Terraffon hist. de la iurisprudence
Romaine, Paris 1750 mit dem Anhang: veteris iurisprud. Rom. monum.
(leges, Scons. etc.). 3. U. Bach hist. iurisprud. Rom. ed, Stockmann.
p. 131—202. €. 3. Sausotter historia legum romanarum, Lips. 1751.
A. Adam Röm. Altertb. von Meyer I. S. 255 ff. 269310. Die In⸗
f&riften auf Metall und Stein bat gefammelt: Haubold antig. Rom. monum.
legalia, ‘ed. Spangenberg. Berol. 1830. Der neuefle und volllänpigfle
index legum iſt der von I. ©. Baiter im Orell. Onomast. Tull. P.3. Turic.
1838. (zu runde gelegt iſt Ernefli ind. tin ſ. clavis Cic ).
Lex Acilia, ein Plebiſtit des Volkstribuns C. Aciliud 498 ver
Ehr., in welchem die Debuftion von d Golonien, je zu 300 Familien, an
die Seeküſte (nah Buteoli, Burentum 2.) angeorbnet wurbe. Triumviri
mit breijähriger Amtsführung beforgten bie Ausführung, iv. XXX, 29.
vgl. Br. II. ©. 513 f.
Lex Acilia de repetund., etwa 101 v. Ghr. von dem Bolfsiribun
M. Acilius Glabrio, f. repetund. Die auf der Rückſeite der Bantinijchen
Tafel, melde 1793 in Zulanien gefunden wurde und jet in Neapel aufbe-
wahrt wird, befindlichen Geſetzesfragmente wurden von Klenze im Rhein
Muf. f. Phil. II. 1, S. 28—49. und in deſſen philol. Abh. berausg. von
Lachmann, Berl. 1839. ©. 1—24. für Veberrefte der lex Acilia gehalten;
ebenfo von Haubold monum. legal. p. 74 ff. Walter Bei. d. Nom. Rechts
©. 835. u. Goͤttling Geſch. dv. R. Staatsverf. S. 4387. Dagegen ſpricht
Huſchke in Schneiders Erit. Jahrb. 1842 ©. 291 f. u. erkennt im den Frag⸗
‚menten bie Straffanktion der lex Livia gegen Belebung; Zumpt de legib.
iudiciisque repetund. Berol. 1845. p. 25. hält die Tafel für Sragmente
eines Ackergeſetzes. Bine beflimmte Entſcheidung iſt deshalb fehr ſchwierig,
weil die Ueberreſte nur die Straffanktion (Infamie) für die Uebertreter des
Geſetzes und die Beſtimmung enthalten, daß die röm. Magifiraten und Ges
natoren biefe lex beſchwören follten, was eber für ein Barteigefeg paßt, ale
für eine lex repet. — Die wahre lex Acilia behauptet Zumpt in ber bisher
fog. lex Servilia repet. gefunden zu haben, weiche Klenze Berol. 1825. be-
arbeitet Bat, f. repetund.
Lex Acilia Calpurnia de ambitu, im Auftrag bes Geuats
gegeben von den Cofſ. M. Acilius Glabrio und G. Galpumius Pife 67 v.
Chr., da der Corneliſche Vorſchlag zu hart gefunden wurde. Das Belt
hätte Iegteren lieber gefehen, weshalb lex A. C. nit ohne Mühe hurdgefegt
werben fonnte. Gic. p. Corn. bei Afcon. p. 74 f. Dio Ga, XXXVI.
21 sq. u. Cic. p. Com. fragm. 32. bei Drell. IV, 2, p. 451. Die Strafe
gegen bie, welde ſich durch Beſtechung Aemter zu verichaffen firebten oder
wirklich erlangt hatten, war fihärfer als narber (Sic. p. Mur. 23.), naslid
eine Geldſtrafe, Ausſchließung aus ben Genat und von jeber Amtöhewer-
bung, Dio Gafl. a. a. O. Schol. Bob. Cic. p. 361. Nic. Corn. p. 68.
Or. Bugleig wurden den Anklägern Belohnungen verſprochen, f. praemis.
+
Lex Acilis Didie — Les Aeclia 957
Gin Scons., weldes nähere Beflimmungen zur lex A. C. entbäft, erwähnt
ic. Com. p. 68. Or.
Lex Aoilia Didia, Cic. p. Sest. 64. ift ein Schreibfehler flatt
Caecilia Didia.
Lex Acilia Minucia, von den Volkstrib. M. Acilius und DO.
Minwius 201 v. Ehr., daß der Senat bevollmächtigt werben folle,. mit
Garthago Brieden zu fließen, Liv. XXX, 43.
Lex Aehbutia, ein Blebifeit aus unbeflimmter Zeit, verordnete,
daß, wenn in einem Gefeß irgend ein Geſchäft oder Amt vorgefchlagen fei,
der lator legis ebenfomenig dazu genommen werben bürfe, als ein College
oder Verwandter deſſelben, Gic. de 1. agr. II, 8. Daſſelbe beflimmte lex
Licinia, Gic. 1. 1. or. p. dom. 20. Pigh. fett dieſes Licin. Geſetz in das
3. 3779. St. (von €. Licin. Stolo), Ernefti ſchreibt ed dem 2. Lic. Craſſus
Orator, Bach dem P. Lic. Craſſ. 658 d. St. zu.
Lex Aebutia (unbeflimmt wann? — jedenfalls Tange vor Eicero gege-
ben, zu defien Zeit das Formularverfahren das regelmäßige war) befchränfte
den Gebrauch der legis actiones und führte dagegen vie formulae ein. Gell.
XVI, 10. Gai. IV, 30.; f. Bo. II. ©. 508. und legis actio. — Sehr un»
wahrſcheinl. nimmt Burchardi Lehrb. d. R. Rechts I. ©. 149. nah) Siccama
de iud. centumv. I, 8. an, daß die Centumviri durch lex Aebutia einge⸗
führt feien, f. Bd. I. S. 260. — Die ältere Kit. |. Bach hist. iurispr. p.
148. Boudaud, sur la loi Aeb. de leg. in M6m. de l’Acad. des Inser.
XL, p. 75 ff.
Lex Aelia, Blebifeit des Trib. DO. Aelius Tubero 195 d. St., verorbnete
bie Debultion von zwei Satin. Colonien unter Anführung von Triumviri mit
dreijäßriger Vollmacht, Liv. XXXIV, 53. XXXV, 9.
Lex Aelia und Fufia find zwei verichienene, obglei eng verwandte
und deshalb gewöhnlich zufammen genannte Gefehe, welche von den beiden.
Bolfstribunen DO. Aeliud Pätus u. M. Fuſius 598 d. St., 156 v. Chr.
gegeben wurden (nicht 586 d. St., wie Ernefti nah Hotom.- meinte). Damit
barmonirt auch Gicero’3 Angabe vom 3. 55 v. Chr. in Pis. 5. centum prope
annos legem Ael. et Fuf. tenueramus und in Vat. 9., daß beide Geſetze
in Gracchorum feroecitate et in audacia Saturnini u. f. w. gegolten hätten.
Daß lex Ael. u. Fuf. zmei verſchiedene Befehe waren, erkannten Manutius
leg., Pigb. annal. ann. 597 a. u., Schuͤtz clavis Cic., Walter Röm. Rechts⸗
geſch. 2. Aufl. ©. 175, u. A., und geht hervor aus Gic. in Vat. 2. wo «8
beißt: num Aeliam, num Fufiam, Bat. 7. contra leg. Ael. aut Fuf.
und quae leges saepe numero tribunicios furores debilitarunt ; p. Sest. .
15. ut lex Aelia, lex Fufia, de har. resp. 27. sustulit (Clodius) duas
leges Ael. et Fuf., in Pis. 4. lex A. et F., propugnacula murique (ran-
quillitatis atque otii, und fc. ad h. I. p. 9., in Pis. 5. quas leges etc.
de prov. cons. 19. legem Ael. manere, leg. Fufiam non esse abrogatam.
Sole Ausdrücke Eonnten nicht gebraucht werben, wenn ed eine lex Ael.
Fuf. gewefen wäre, abgeiehen davon, daß p. Sest. 53. und ad Att. II, 9.
lex Aelia, ad Att. IV, 16. aber lex Fuf. allein genannt wird. Un allen
andern Stellen werben beide leges zufammen genannt, nemlih außer ben
genannten no Gic. in Vat. 9. 15. p. red. 5. ad Att. I, 16.. Beide Ge⸗
fee Hatten den Zwei, die neuerungsfüchtigen Volkötribunen zu zügeln und
ihre Umtriebe zu hemmen. Deshalb rühmt fie Cic. immer fehr, während
Clodius, welcher fle abſchaffte, bitteren Tadel erfährt, f. in Vat. 7. 9. in
Pis. A. p. Sest, 15 p red. 5. de har. resp. 27. Der Inhalt war fol«
gender: 1) Die höberen Magiftrate ſowohl als die Intbunen haben das
Recht an allen Gomitialtagen de coelo servare, d. h. die spectio anzuflellen -
oder fhon im Boraus die Erklärung abzugeben, au den Comitialiagen den
. 4
960 Leges angrariae — Loges Antonise '
Leges agrariae, f. possessio. . |
Lex alearia bieß das alte Gefeh, welches das Würfekfpiel verbot,
fo gen. Plaut. mil. glor. II. 2, 9. Ovid. Trist. II, 470 sq., ſ. Bd. I. ©.
320., wo aber Sor. Od. II, 24, 58. und Eic. Phil. II, 23. zu leſen ift.
In diefem Gefeß war das Würfelfpiel nur bei Tiſch, 1. 4. pr. D. de aleat.
(11, 5.), und an den Saturnalten (f. Bd. I. S. 320. und Dart. XI, 6.)
geftattet und ald Strafe für den Leberireter Zahlung des Quadruylum an-
gedroht, Aſc. Cie. div. p. 110. Or. Wie dad Gejch heißt, iſt nicht zu ermit-
teln, denn es ift fehr unbeflimmt, ob lex Titia, Publicia u. Cornelia, welche
1. 3. D. h. t. genannt werden, DBerbote des Würfelfpield enthielten. In
der Pandektenftelle fleht nichts welter, als daß dieſe Geſetze geftatteten, bei
folgen Spielen, ubi pro virtute certamen est (Ringen u. dgl.), Wetten
anzuftellen, nachdem 1. 2. D. ‚gefagt worben war, baß einem Scons. zufolge
bei diefen Uebungen in pecuniam ludere geflattet fein ſolle. Yu ben Br. I.
S. 323. bei alea chtirten Schriften iſt noch hinzuzuſetzen: Pantoca de aleat.
in Otto, thes. IV. Ahr. u. @arat. ad C. Phil. II, 23. DBeder Gallus IL,
©. 220—228. Rein Röm. Crime. ©. 833 f.
Lex alimentaria, f. Scriboniae.
Lex Ampia Labiena, ein Plebifcit der Volkstribunen T. Ampius
Balbus u. T. Labienus unter Cicero's Confulat 63 v. Chr, zu Ehren des
-abmefenden Pompeius, daß nemlich dieſer das Recht Haben folle, Bei den
circenf. Spielen Rorbeerfrang und Triumphanzug, bei den lud. scenic. Lor-
beerfranz und toga praetexta zu tragen. Trotz M. Vorc. Cato's Einſpruch
ging das Geſetz durch, Vell. Bat. II, 40. Dio Eaff. XXXVII, 21 ff. Dru-
manı G. R. IIE. ©. 167. IV. ©. 475.
Leges annales (Villia, Pinoria), f. magistratus.
Lex Antia, f. sumptus.
Leges Antoniae. Noch bei Lebzeiten Cäſar's gab M. Antonius
folgende Geſetze: 1) lex A. über die Circenf. Spiele, daß venfelben zu Ch⸗
ren Cäſar's ein fünfter Tag zuzufegen fei, @ic. Phil. II, 43.; 2) de mense
Quintili, daß dieſer zu Ehren Gilera fünftig Julius beißen folle, Macrob.
Sat. I, 12.; 3) lex sumptuaria, f. sumptus. Bei weitem widtigere leges
gab Ant. nah Cäſar's Tod 44 v. Chr., indem er theils Cäſar's Ramen
dazu mißbrauchte, f. leges Juliae, theils auf feine eigene Sand agirte, und
dabei ebenfo gewaltfam, als mit DBernadläjfigung der nöthigen Yormen,
namentli der Auſpicien verfuhr, Cic. Phil. I, 2. IT, 4. V, Aff. VE, 2.
XII, 5. XIII, 3. Einige Geſetze Tieß er auch durch Andere vorſchlagen, 3. E.
de provinciis und lex agraria. Folgende leg. erſchienen unter feinem Namen
und waren darauf berechnet, bei dem großen Haufen Popularität zu erwer⸗
ben, Bd. 1. S. 561 f. Bald darauf, als Antonius nah Gallien gezogen
war, wurben bie meiſten biejer Geſetze, vorzüglich auf des Cicero Betreiben,
durch Scons. aufgehoben, weil fle per vim und contra auspicia gegeben
worden feien, Cic. Phil. XII, 3. ad div. XII, 14. Dio Eaff. XLVI, 36.
1) Lex über die Diktatur, welche für immer aufgehoben wurde, f. ®v. IE.
S. 1005. und Gie. Phil. II, 45. V, 4. Dio Gaff. XLV, 24. 32. XLVI, 28.
XLVH, 15. Zon. X, 12. 2) Ueber die Gerichte (lex iudiciaria), wodurch
eine 3. Nichterdecurie eingeführt wurde, f. S. 398. und Drumann Geld.
Roms I. S. 115 f. 3) De provocatione, baß es den de vi und maiesta-
tis Angeklagten geftattet jet, an das Volk zu provociren, Gic. Phil. I, 9.
40. und Interp. Dieſes Geſetz ſtieß das ganze bisherige Gerichtsverfahren
um, ta Provofation von den quaest. perpet. nie geflattet gewefen war.
4) De provinciarum permutatione, beſchrankt ſich auf eine Rogation des
Antonius, flatt Syriens die Provinz Gallien zu erhalten — denn daß Do-
labella Allen erhielt, war nicht in des Antonius Befeh enthalten, fonbern
Lex Autom, Cornell. — Lex Ayulilia 961
in einem befondern, ſ. Liv. CXVII. Bell. TI, 60. Cic. Phil. XI, 2. App.
b. c. IN, 7 sq. 27. 30. 37. Dio Eaff. XLV, 9. 20. 25. 34. XLVI, 23 sq.
Drumann Geh. R. I. ©. 158 ff. 162 ff. 5) Lex agraria wurde zwar von
DM. Antonius veranlaßt und. angegeben, erſchien aber unter dem Namen ſei⸗
ne& Bruders £. Antonius, f. possessio. 6) Lex de provinciis, wurde von
Bolfstribunen auf Antonius’ Betreiben vorgefhlagen, nemlich daß die Ver⸗
waltung der Sonfularprovinzen fih nicht auf 2 Jahre beſchränken (fo Cäſar),
fondern 6 Jahre dauern folle. Auf ungefeplide Weiſe wurde dieſes Plebiſcit
wirklich durchgebracht, Eic. Phil. I, 8. 10. II, 42. V, 3. 7) Lex de actis
Caesaris confirmandis, welde ic. Phil. V, 4. erwähnt, wear nicht ein
Volkegeſetz, fondern ein Scons. @ic. Phil. 1,1.7. 11, 38. II, 12. ad Att.
XIV. in mehren Briefen. App. b. c. II, 135. Drumann Geh. R. I. ©. 94.
‚ Lex Antonia Cornelia, gemwöhnl. gen. plebiseit. de Thermensi-
bus, von den deflgn. Bolfstrib. C. Antonius, En. Cornelius u. Fundanius
72 v. Chr., machte die Bewohner von Thermeſſus in Piſidien zu liberi,
amici und socii pop. Rom. und verlieh ihnen Autonomie, Garantie ihres
öffentlihen und Privateigenthums, eigene Nechtöpflege, Freiheit von Roͤm.
Befagung, ja fogar von Winterquartieren, Breiheit von Nöm. Abgaben,
außer ben durch lex Porcia beſtimmten Lieferungen, Erlaubniß zur Erhebung
eigener Zölle u. f. w. nebft Vorſchriften über ben Handelsverkehr ver Römer
und Iherm. u. |. w. Fragmente dieſes Geſetzes find auf einer ebernen Tafel
erhalten, welche fi in Rom befindet und ſchon von Manut., Sigon., Brif-
fon u. A. mitgetheilt ift. Die befte Bearbeitung iſt von Dirkſen, in deſſen
Berſuchen z. Kritil u. Ausleg. der Quellen d. Roͤm. Rechte, S. 137—196 ;
in Haubold monum. leg. p. 134 ff. (Orelli Inscr. n. 3673.)
Leges Appuleiae. Der wilde Demagog C. Saturninud Glaucia,
ein Sreund bed Marius und Feind der Optimaten, gab mehre Plebifcite,
welche feine Popularität vermehren und die Kräfte der Gegner ſchwächen
ſollten. Bald nah feinem gemaltfamm Tod wurden dieſe Geſetze wieder
aufgehoben, @ic. de leg. II, 6. cf. Flor. III, 16. Göttling Geh. ber
R. Staatöverf. S.454 ff. Lex App. de maiestate erſchien 102 v. Chr., f.
maiöstas; lex App. frumentaria 100 v. &hr., f. largitio ©. 777., u. in dem-
felben Jahr die lex agraria, welche die Urfache von dem Eril des Q. Metell.
Numid. war. Darin war au vie Ausführung von Colonien nah Africa,
Griechenland und Macedonien beantragt; f. possessio.
Lex Appuleia (aus unbelfannter Zeit) über vie Bürgfchaften, ſ. S. 210.
Lex Aquilia, ein Yribunie. Plebifckt (Inst. IV, 3, 15.) aus unbes
tannter Zeit, na Pighius 181 v. Chr., nad Schrader ad Inst. 1. 1. 286
v. Chr. gegeben. ic. erwähnt es Brut. 34. p. Tull. 8. 11. 41 sg. cf.
Quinct. deel. 13. 385. Lex A., gen. d& damno iniuria dato, hob bie
früheren Beflimmungen über Schadenerfag auf (Bd. TI. ©. 851.) und ent»
hielt 3 Capitel: 1) die dolofe oder eulpofe Toödtung oder Verlegung eines
fremden Sclaven oder vierfüßigen Hausthiers bereddtigt den dadurch verlebten
Seren zu einer Klage auf Schadenerfak (actio ex lege Aquilia oder legis
Aq.), und zwar nad der Werthberechnung des letzten Jahrs vor der Ver⸗
lung, ®at. III, 210 f. ic. p. Rosc. Com. 11. wird die Klage wegen
eines getödteten Sclaven angeftellt. Das 2. frembartige Gap. beftimmt, daß
denn Gläubiger eine Klage gegen feinen adstipulator zuflehe, welcher will-
kürlich eine dem Erften zufichende Schuld erlafien habe, Gai. III, 215 sq.
Das 3. Cap. betrifft jede andere Verlegung fremder Thiere nnd Sachen
(astum, -ruptum, fractum), welche Befhädigung ver Verletzende ven
Werth de6 letzten Monats bezahlen fol, Sat. II, 217 sq. Wenn ber Bes
ſchädiger Iäugnete, fo mußte er boppelten Erfag leiften, Gai.IV, 171. Spä-
tee wurbe lex Aq. auf ermeitert auf mittelbar (nit koͤrperlich) zugefügte
Banly, Real⸗Eucyelop. IV. 61
962 Dex Atermia Tarpein — Lex Audi
Beſchaͤdigungen, 3. &. menn Iemand em fremdes Thier bei fih einfperr
und Hungers flerben läßt, und daraus entfland actio 1. Aq. utilis, Gai. III,
219. Quellen: Inst. IV, 3. Dig. h. t. 9, 2. Cod. 3, 35. Lit.: Men-
doza ad I. Aq. in Meerman thes. II, p. 1 sq. Noodt ad ]. Aq. in f. Opp.
Tom. I. Haſſe Culpa p. 21 sq. Qollgraf de I. Aq. Marb. 1820. Gramer
ad Cic. p. Tull. p. 67. Beier u. Hufchfe ad Cic. p. Tull. $. 11.
Lex Aternia Tarpeia über dad Maß der Mult, f. mulcta.
Lex Atia, Plebiſcit des Volkätribun T. Atius Labienus 63 v. Chr.
auf Cäſars DVeranlaffung, gab das dem Volk durch lex Cornelia entriffene
Net der Vrieflerwahl der lex Domitia zufolge zurüd. Dio Cafſ. XXVII.
37. vgl. Eic. Phil. I, 2. XII, 5. Gäf. b. gall. VII, 50.. Antonius bob
lex Atia auf, allein nad des Antonius Sturz galt lex Atia ober lex Do-
mitia wieder, f. Bd. II. ©. 548. 1180.
Lex Atilia orbnete an, daß die Ummünbigen und Frauen, melde
weber einen teftamentarifhen Dormund, noch einen Ugnaten hätten, von
der Obrigkeit einen Vormund erhalten follten (tutela dativa). Cine befon-
dere Gommiffion war für diefe Vormundſchaftsregulirung beflimmt, nemlich
der Prätor urbanus und mehre Bolfötribunen, Ulp. XI, 18. ai. I, 185.
cf. Liv. XXXIX, 9.; f. lex Julia, Titia und tutela. Dirkien das atil. Geſetz
in Bermifchte Schriften, Berl. 1841. 1. ©. 1—31.
Lex Atilia, ‘Plebifcit des Volkstrib. 2. Atilius 210 v. Chr., entbiel:
die Vollmacht für den Senat, nad Gutdünken über die Campaniſchen An-
gelegenheiten (nad der deditio Capua's) zu verfügen, Liv. XXVI, 33.
Lex Atilia Marcia, Plebife. der Volkoôtrib. 2. Atilius u. G. Mar⸗
cius 311 v. Chr., übertrug die Wahl der Iegionariihen Militärtribune an
das Bolt, während viefelben vorher meiftens von den Coſſ. und Diktatoren
ernannt worden maren, Liv. IX, 30.
Lex Atinia, Plebiſcit eines Volkstrib. Atinius (197 v. Chr., nad
Pigh., ohne Grund), welches ein Geſetz der XII Taf., daß eine geflohlen:
Sache vom Dieb nicht ufucapirt werben könne, wieber erneuerte und wahr-
fheinlich erweiterte (quod subreptum erit, .eius rei aeterna autoritas esto)
Gell. XVII, 7. Inst. II, 6, 2. und Schrader ad h. I. Gai. II, 49. I. 33
pr. D..usurp. (41, 3.) 1. 215. D. verb. sign. (50, 16.). Grwähnunger
f. noch @ic. Verr. I, 42. Phil. II, 6. Retes ad leg. Atin., in Meerman
thes. VI, p. 478 ff.
Lex Atinia, ein Plebifeit (nit aber von C. Atinius Labeo 130 ».
Chr., was die gewöhnliche Meinung war), machte die Volkötribunen zu Se
natoren, Gell. XIV, 8. Klenze ad leg. Serviliam p. 30. Hält die lex für
jünger, Drumann G. R. III. ©. 443. für älter, f. tribunus pl. u. senatus.
Lex Aufeia, gen. Gell. XI, 10., enthielt Befimmungen, welde für
den König Mithridates von Pontus vortheilhaft, für den König Nicomeret
von Bithynien ungünftig und ebenfo für den Roͤm. Schag nachtheilig waren.
So muß man aus den bei Bell. erhaltenen Worten des C. Sempr. Bracd.
ſchließen, welcher gegen dieſes Geſetz auftrat.. Pigh. nimmt das J. 123 v.
Ghr. an. Gronov ad Gell. 1.1. und Bach iurispr. Rom. p. 157. leſen lex
Saufeia,. meil gens Aufeia unbekannt fel; Andere conjiciren Aufidia; Meyer
orat. Rom. fr. p. 241 sq. vertbeibigt die Lesart der Mss.: Aufeia.
Lex Aufidia, Plebiſcit des Volksſtrib. En. Aufivins, daß es erlaubt
fein folle, wilde Thiere aus Africa für die Gircenf. Spiele nad Mom zu
bringen, Plin. h. n. VIII, 17. "
Lex Aufidia de ambitu 61 v. GChr., ein Vorſchlag bed Bolkstribuns
Aufidius Lurco, daß der Candidat, welcher ven Tribus für die Wahl Geld
veripreche, von Strafe frei fel, vaf ber aber, welcher wirklich gezahlt habe,
lebendlanglich jeder Tribus jährl. 3000 Seh. zahlen folle, Gic. ad Au. I,
"7 ex Aurelfa — Lex COsecin ° : 963
16.; allein ber Vorſchlag wurbe nicht zur Iex erhoben, Gic. ad Att. I, 18.
nulla lex perlata.
Lex Aurelia de tribunis. Der Conſul C. Aurelius Cotta 75 v. Ehr.
gab diefes Geſez, in welchem die Tribunen das ihnen durch Sulla entzogene
Net, nach dem Tribunat höhere Ehrenflellen zu bekleiven, zurüd erhielten,
Afcon. in Cic. Cornel. p. 66. 78. Or. Der Tribun Qu. Opimius ſprach
fehr für das Geſetz, Cie. Verr. I, 60: u. Aſc., was ihm fpäter zum Nadı-
teil gereiähte.
Lex Aurelia de iudieciis privatis von demfelben lirbeber, nur
dem Ramen nad bekannt. Sein Bruder M. abrogirte es bald wieder,
Afc. Com. p. 67.
Leı Aurelia iudiciaria 70 v. &hr., von dem Prätor 2. Aur.
Gotta, f. S. 357 f. (BP. 1. ©. 1015, 9., wo L. für C. zu lefen) u. Zumpt de
leg. iud. repet. 'Berol. 1845. p.53 ff. Ernefli hält lex Coctia bei ic. ad Att.
IV, 16. für identiſch mit diefer lex Aurelia. Nah Baiter ift die Stelle corrupt.
Lex Aurelia, genannt Sic. ad Qu. fr. I, 3, 8., iſt nicht mit Bes
ſtimmtheit auf eine der genannten leges zu beziehen. Manut. und Ernefti
halten fie für ein Geſetz gegen ambitus.
Lex Baebia verorbnete, daß ein Jahr um das andere 4 oder 6 Prü-
toren gewählt würden, welches Geſetz ‚aber erfi post multos annos 180 v.
Ehr. vollzogen wurbe, Liv. XL, 44. Dufer. ad h. I. u. Pigh. II. p. 275.
339. feßen dieſes Belek in das I. 192 v. Chr., ebenfo Walter M. Rechteg.
2. Aufl. ©. 148. |. Praetor.
Lex Baebia, circa 122 v. CEhr., Plebifeit des M. Bäbius Tampilus,
agrarifhen Inhalts, erwähnt in lex Thoria c. 19. ed. Rudorff. Vielleicht
bezog «8 ſich auf die Colonie Carthago. M
Lex barbarica, ſcherzhafte Bezeichnung eined Befehe® gegen annona
fraudata bei Plaut. Capt. II, 1, 32 ff., f. lex Julia de annona. F. ©.
E. Roſt opusc. Plaut, I, p.56 ff. ©. Viffering quaest. Plaut. Amst. 1842.
IT. p. 29-36.
Lex Boria (oder Thoria), ſ. possessio.
Lex Caecilia de fullonibus, f. lex Metilia.
Lex Caocilia, ein Plebife. des Bolkstr. DO. Cãcilius Metelus 63
v. Chr., enıhielt einen Antrag auf Begnadigung ber wegen ambitus 66 v.
Chr. eomdemnirten B. Gornel. Sulla u. P. Autronius Pärus. Allein Diele
waren dagegen und fo wurde der Vorſchlag vor der Abflimmuug zurädges
nommen, Gic. p. Sull. 22. 23. Dio Cafſ. XXXVII, 25. Baiter ind. p. 144 f.
Leges Caeciliae, 62 v. &hr. von dem Volkstrib. DO. Cäc. Metell.
Nepos zu Bunften des Pompeius, nemlich 1) daß derfelbe abweſend zum Con⸗
ſul erwählt würde, 2) daß Pomp. aus Aflen gerufen würde, um die Bür-
ger vor ungerechten Gondemnationen (unter dem Verdacht der Theilnahme
an Catilina's Verſchwörung) zu fhügen. Cäſar, damald Prätor, war ſehr
für das letztere Geſetz, Cato, Cicero und die Optimaten heftig dagegen.
Metelus wandte Gewalt an, daB Geſetz durchzubringen, allein Gato flegte,
und Metellus floh zu Pomp. Bon Annahme des Gefetzes war natürlich
feine Rede, fo wenig als das erfle angenommen worden war, Schol. Bob.
p. 302. Or. Div Caſſ. XXXVII, 43. Blut. Cat. min. 26 f. Drumann
G. R. UI. S. 180 ff. U. soſ.
Lex Caecilia, 60 v. Chr., Geſetz des Prätors DO. Gäcil. Metell.
Nepos auf Abſchaffung der Zoͤlle in Italien gerichtet. Obgleich das Geſetz
erwünſcht kam, fo war der Senat aus perſönlichen Gründen doch darüber
erbittert, Dio Cafſ. XXXVII, 51. ic. ad Att. II, 16. '
Lex Caecilia von dem Conful Q. Cäc. Metell. Pius Scipio 52 v.
Chr., wodurch die Cenſoren die ihnen durch ein Geſetz des Clodius 53 v.
954 Lex Caesilia Didia — Isz Oalpurnia |
ser. entriffenen Nechte wieder erhielten, f. Bd. IE. S. 416. und Dio Caſſ. |
‚9.
Lex Caecilia Didia von den Cofſ. DO. Gächl. Metell. und T. Dis
dins 98 v. Chr., die Iegislatisen Comitien betreffend, daß eine jede Rogatis
3 Itundinen vor den Gomitien Öffentlich bekannt gemadt merden müfle. ſ.
Bd. II. 6.539. 552. u. Gic. p. Sest. 64. mit Schol. Bob. p. 310. ad Att.
II, 9. or. p. dom. 16. 20. Diefe Einrichtung war fehr weile unb wird
als folde von Eicero gepriefen, denn fie beugte jeder Uebereilung ver. Aud
gab fie Zeit, etwaige nöthige Veränderungen in der Faſſung der lex vor-
nehmen zu lafien, das Eine ober Andere zu freien 2c., ne populo necesse
sit, in coniunctis rebus compluribus, aut id quod nolit zceipere, aut id
quod velit repudiare. Wenigflend bezeichnet .or. p. dom. 20. diefes als
vis und sententia legis Caec. D., und es tft fein Grund, ein befonderes
Capitel diefer lex auzunehmen, welches verboten habe, mehre Gegenkände
in einer lex zu verbinden. Manutius nahm beshalb fogar zwei verſchiedene
le:es an. Livius Drufus bob dieſes Geſetz auf, 91 v. Ghr., p. dom. 16.,
aber * wurde bald wieder hergeſtellt. C. G. Ginert de lege Caec. et Did.
Lips. 1769.
Lex Caslia, Plebife. des Volkstr. M. Cälius Mufus u. feiner neun
Gollegen, daB es Gäfer geftatiet fein folle, fi trog ber lex Pompeia ab-
weiend um ein zweites Bonfulat zu bewerben, Bd. I. ©. 7. Cic. ad div.
VI, 6. ad Att. VII, 11. 12. @äf. b. c. I, 32. Drumanı 8.9.11. S. 414.
Lex Caelia (over Coelia), f. leges tabellariae.
Lex Caelia von dem Prätor M. Cälius Mufus 48 v. Chr. über
Erlaß des Miethzinfes und der Schulden. Es Lam jedoch nicht einmal Bid
zur Abflimmung, f. Bo. II. ©. 479 f. Eiwas Aehnliches verfuchte bald
darauf P. Corn. Dolab., f. lex Cornelia.
Lex Calidia, 99 v. Chr., Vorſchlag des Volkötr. O. Calivius auf
Zurüdberufung des DO. Cäc. Metell. Numid. aus dem Eril. Die Pietät des
füngern Metellus trug wefentlig dazu bei, ben Vorſchlag troß mehrfachen
Miderflandes durchzubringen, Val. Mar. V, 2,.7. Cit. p. Planc. 28. 2.
Bict. ill. 62. App. b. c. I, 33. Plut. Mar. 31. Drumanı G. N. I.
S. 39f. [R.] |
Lex Calpurnia de civitate, nur buch Fragmente des Siienna
bet Nonius bekannt, nämlich 1) Non. a. v. senati vel senatuis: L. Cal-
purnius Piso ex senati consulto duas novas tribus [rogavit]; 2) s. v. ergo:
milites, ut lex Calpurnia concesserat, virtutis ergo civitate donali; wohl
au 3) s.v. iusso: tamen Tudertibus senati consulto et populi iusso dat
civitatem. Hierauf hat A. Kiene, der röm. Bundesgenoſſenkrieg (Leipz 1845)
©. 224—230. feine Erdrterungen gebaut. Nah den Anführungen des Si-
fenna feßt er ©. 225 f. das Geſetz in die erften Tage des I. 665 — 89,
und als Inhalt und Zweck deſſelben gibt er S. 227. an: „Es ermäditigte
ben Feldherrn, durch Uebertragung des Bürgerrechtö an die für Rom Täm-
pfenden Italifer und an ganze dem Frieden ſich zuneigende Staaten den Kampf
im @inzelnen beizulegen. Daß man zugleih die Errichtung neuer Tribus
zu biefem Ende beantragte, fcheint zu beurkunden, daß die Bunbedgenofien
mit dem Bürgerrecht ohne das Stimmrecht nicht zufrieden waren.” „Uebri⸗
gend kann die 1. Calp. nur eine vorübergehende Geltung gehabt haben. Die
beiden neuen Tribus find nie in's Leben getreten, da die Genjoren des 3. 89
ihre Errichtung Hintertriehen und die Marianer fpäter verzogen, ven Neu⸗
bürgern in allen Tribus die Abſtimmung zu geflatten, auch fpäter die alte
Zahl der Tribus unverändert erſcheint und fortbeftand. Auch das ben Gofl.
geftattete Recht der Ertheilung des Bürgerrechte war entweber auf Italien
beſchraͤnkt und fand fo von felbft fein Ende, oder auf bie Dauer des Kriegs,
-
Lex Calpurnis — Lex Oineia 965
da wir fpäter feine Spur feiner Geltung wahrnehmen." (S. 28 f.J Der
Urheber des Geſetzes mar ohne Zweifel ein Volkstribun, wohl der. Vater
des 2. Galpurnius, Coſ. v. I. 696 (f. Bv. II. ©. 101.), ſ. Cie. in Pis.
36, 37. (Kine S. 229 f) Bol. W. U. Schmidt in feiner Zeitichr. für
Geſchichtswifſ. (1844) I. S. 39f. Monmfen die röm. Tribus ©. 210. [W.T.]
Lex Calpurnia, f. legis actio (per condictionem).
Lex Calpurnia 149 v. Chr., repet., f. repetundarum crimen.
Lex Canuleia 445 v. Chr., Plebiſcit des Volkstr. C. Canuleius,
welches das Verbot des Connubium zwiſchen Batr. u. Pleb. aufbub, f. Br.
1. ©. 590. u. Peter, Epochen d. Verf. d. röm. Rep. ©. 82 ff.
Lex Cassia agraria, f. possessio.
Lex Cassia tabell., f. tabellariae.
Lex Cassia, ein ‘Blebifeit des Volkotr. 2. Caſſius Longinus 104 v.
hr, durch weldes Diejenigen, welche von einem Volksgericht condemnirt
worden wären, ihres Plabes im Senat für verluflig erklärt wurden, Eic.
in Corn. und Aſc. p. 77 sq. Or. — Walter R. R. ©. 2. Aufl. ©. 140.
gibt der lex einen größern Umfang, der jedoch nicht zu beweiſen ift.
Lex Cassia, vom PBrätor C. Caſſius unter Cäſar's Diktatur, dur
welches Geſetz mehre plebeliihe Familien unter die patriciigen aufgenommen
wurden, bamit ed zur Beſetzung der alten patric. Würden nit an Patri⸗
ciern fehle, Tac. Ann. XI, 25. Suet. Caes. 41. Oct. 2. Dio Cafſ. XLIH,
47. XLV, 2.
Lex Cassia Terentia frumentaria, |. largitio ©. 777.
Lex Censoria (Bd. II. ©. 254.) 1) f. v. a. ein Edict des Eenfors,
Befehle und Verbote enthaltend, 3. &. Eic. p. Rab. perd. 3. Plin. h. n.
VII, 51. (f. Bo. IH. ©. 21.); 2) ein Formular mit den Pachtbedingungen
für Die Pächter der Öffentl. Einkünfte (f. vectigalia und publicanus). In
biefem Formular waren bie in irgend einer Provinz zu verpachtenden Grund⸗
ftüde, Gefälle u. f. w. (portorium, scriptura, decumae etc.) genau ver-
zeichnet, fo wie die Bedingungen, unter denen fle verpachtet werben follten,
f. &ic. de prov. cons. 5. Varro r. r. II, 1. 1. 203. D. de verb. sign.
(50, 16.) fr. de iure fisci $. 18. 3) Ein Akkord mit dem, welder die
Ausführung und Beforgung einer Öffentlichen Arbeit (namentl. Bauten aller
Art, Monttrung für das Heer, Transport ꝛc., f. Bd. IL ©. 255.) gegen
Bezahlung einer geniffen Summe übernahm. Die Affordöformulare hatten
einen feften Typus und murden nur nad ben jebesmaligen Ymflänben
(nemlih Art der Leiflung felbft, Termin der, Vollendung, Zahlung bed
Selds ıc.) abgeändert. . Boran fleht allemal der Name der Eenforen und —
addiderunt (d. b. fie haben verafforbirt oder zugefchlagen). Cine ſolche lex,
gen. lex parieti faciundo, enthält ver Buteolan Marmor bei Haubold mo-
num. leg. p. 70 ff., wo Allee mit der größten Sorgfalt angegeben ift;
ebenfo Gic. Verr. I, 55 ff., f. noch Verr. II, 7. Feſt. v. produit p. 229.
Müll. Rein Nöm. Privatr. ©. 334 ff.
Lex Cincia de donis et muneribus (lex muneralis), 204 v. Ghr.,
ein Plebiſcit des Volkotrib. M. Cincius, verbot 1) den Rechtsanwalten,
Geſchenke von ihren Elienten anzunehmen, |. Bd. I. ©. 78., und enthielt
2) mehre Beflimmungen über Privatſchenkungen, nemlih: a) Schenkungen
über eine gewiffe Summe hinaus find infofern ungiltig, als Derjenige, wel⸗
cher über dieſe Summe Hinaus geſchenkt hat, ven Mebrbetrag zurüdfordern
darf; b) von dieſer Veſchränkung gibt es einige personae exceptae, nemlid
die nächſten Verwandten, welche mit größeren Summen beſchenkt werben
dürfen; Sic. de or. II, 71. adAtt. I, 20. Cato M. 4. Paul. Diac. v. mu-
neralis p. 143. M. Liv. XXXIV, 4. Plaut. fr. inc. 19. p. 445. Both.
Vat. fr. 266—316. Lit.: Brummer comm. ad l. Cinc, Lutet. Par. 1668.
966 5, Lex Claudia — Lex OomelHa -
und in opusc. p. 1 ff. Savigny in der Zeitfehr. f. geſch. Rechtsw. IV. ©.
1—59. Rudorff de 1. C. Berl. 1825. Brande civil. Abhandl. I. S. 1—54.
Haſſe im Rhein. Muf. I. ©. 185-— 248. Nein quaest. Tull. Isen. 1834. p.
17—29. u. Roͤm. Privatreht S. 340 f., f. Pb. II. S. 1245 f.
Lex Claudia, Plebiſc. des Volkotrib.Q. Claudius 218 v. Chr., daß Fein
Senator oder Sohn eines Senators ein Seeſchiff beflgen dürfe, welches mehr
al3 300 Amphoren faßte, — denn quaestus omnis patribus indecorus visus,
Liv. XXI, 63. Cic. Verr. V, 8. erwähnt dieſes Geſetz als veraltet, aber lex
Julia repet. ſchärfte das Verbot aufs Neue ein, 1. 3. D. vacat. et exc.
(50, 5.). — Die von Suet. Dom. 9. erwähnte lex Claudia, welde ven
Schreibern ver Quäftoren Handelsgeſchäfte zu maden verbot, ift vielleicht
ein Iheil der gen. 1. Claudia.
Lex Claudia, Gonfulargefeb von ©. Claudius 177 v. Chr., verord⸗
nete, daß alle Katiner Rom verlaffen follten. Es waren nemlich fehr viele
Latiner nah Nom gezogen, und die latin. Städte verÖbeten dadurch, worüber
diefelben in Nom heftig klagten, Liv. XLI, 8. 9.
Lex Claudia, 95 v. Chr., Beflimmungen des Prätors C. Elaudiuß
Pulcher Uber die Eooptation des Senats von Haleſa, welde auf Bitte der
Salefiner von Claudius waren entworfen worden, Cic. Verr. II, 49.
Lex Claudia, gen. Ulp. XI, 8. 1. 3. C. de leg. tut. (5, 30.) ®ai.
r» 157. 171., beftimmte, daß bie drückende legitima tutela (d. 5. bie
Agnatentutela) der Frauen nur bis zu deren erreihter Mündigkeit dauern
fole. Wahrfheinlih rührt fie vom Kaifer Claudius her. ©. tutela.
"Lex Claudia des Kaiferd Claudius verbot den Eapitaliften u. Wu:
derern, ne in mortem parentum pecunias filiis familiarum fenori-darent.
Zac. Ann. XI, 13.
Leges Clodiae, 58 v. Chr. Der Volkstrib. B. Clodius gab mehre
Geſetze, theils darauf berechnet, das Volk zu gewinnen und feinen Anhang
zu verftärken, theild darauf, feinen Feind Eicero zu verderben, Cic. p. Sest
25. p. Mil. 12. in Pis. 4. u. Afc. p. 9. Dio Eaff. XXXVII, 43. Blut.
Cic. 30. S. Bd. I. ©. 416 f. und Drumann G. R. U. S. 237—243.
Göttling Röm. Verfall. S. 479 ff.; f. auch) Ferrat. epist. V, 10. p. 356 Fl
1) Lex frumentaria, f. largitio ©. 777; 2) lex de auspie., worin bie in lex Aelia
und Fufia geflattete spectio der Magiftrate aufgehoben wurde, f. lex Aelia
und ®v. II. ©. 416; 3) de collegiis restituendis novisque instituendis,
f. Bd. I. ©. 416. 498. Cic. ad Att. IH, 15. und Monımfen de colleg.
et sodal. p. 76 ff.; 4) de notione Censoria, f. Bd. IE. ©. 416., wieder
aufgehoben dur lex Caecilia; 5) de provinciis consularibus, moburd die
Coff. Piſo Macedonien und Griechenland, Gabinius Syrien erhielten, B-
I. ©. 416 f.; 6) über die Verbannung Eicero’s, f. Cic. p. Sest. 32., Bo.
II. ©. 416 f! u. Drumann G. R. I. ©. 636 f.; 7) über den König Prole
mäus u. ſ. w., Bd. II. ©. 417.; 8) über den König Deiotarus und Brogi⸗
tarus, welcher Letztere den Königsritel erhielt und Oberpriefter des Pelfinun:
tifchen Tempels murde, Gic. p. Sest. 26. de har. resp. 13.; 9) de iniuru-⸗
publicis, zu Gunften eines gewiffen Anagniners Menula gegeben, mar auß
or. p. dom. 30. befannt. 10) Auch beabfichtigte Clodius ein Geſet zu
Bunften der Libertiner zu geben, allein es kam nicht fo weit. Gr wollte
ihnen nemlih das Stimmredt in den tribus rusticae verſchaffen, da fie ed
nur in ben trib. urbanae hatten. ic. p. Mil. 12. 33. Nic. p. 3. ol.
Bob. p. 346. Bierregaard de supplem. Peyron. lacun. p. Mil. c. 12
Haun. 1830. und de libertin. hom. conditione. Havn. 1840. p. 32—61-
Lex Coctia, f. lex Aurelia.
Lex Cornelia ober leges Corneliae gen., ein Gooptationsreglement
Ler ırıe.:2 mem rue am ee re‘. IT E aa
Sedomfe ze Birrüuer zur one mwıle Sommr ‚LU Sei’ wur
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ung Bed Meist. Die Geirge ;eriulen m Gunzen nad Zadarti ı? Wu ll
©. 677%. tie Bari ciririen Echrirften neu Eittich. Rumathern, nett Terlriliert de
Com. Sulla legiehat Led_B. 1516. u. vorzöyl. Truman HR. U ES—IM)
m 4 Abch. L Leges Corneliae über tie Staattrerfufiung m
RBermaltung: 1) leı de Senatu, j. Senats: 2) de eumitiis, }. Bo UI.
S. 558, we zur zu verbeifern if, daß Sulz feineiwegt bie Trorelutien
bat, wem Gie. Verr. act. I, 13. beweitt e4 frineäwege: I) lex
magistratibus jdärfte die alte Reihenfolge der Wagikrururen auf Nenr
ein (Ouäfur, Brürur, Genjulat), i. magistratus und Gic. Päil. XI. 8.. fe
wie Blur. Cie. 12. App. b. ec. I, 100 5.; 4) lex de tribumis, j. tribunus:
5) lex de AX quaestoribus, ac. Ann. Xl, 22, f. quaestor, vgl. aud
Praetor; 6) 1 de sacerdotiis, durch welde die lex Domitia abyeitallt und
bie Gooptation der Vrieler wieder eingeführt wurke, ſ. Wd. II S. 1150.
und Die Caſſ. XXXVII, 37. Zugleich wurden die Gollegien der Montifice®
und Angured vermehrt, fo daß jedes 19 Mitglieder batte, melde Zubl bis
auf Gäfer blieb, Kir. ep. 9. A. Bi. il. 79. Ob auch die Zubl der
decemmwiri libr. sy! »-# vermehrt wurde (der geöhnliden Annahme
zufolge, zuleg Dr 11. 498. u. Walter RRechtageſch. ©. 1761.
Ei!
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968 Leges Corneliae
2. Aufl., f. Dagegen Goͤttling Geſch. d. Möm. Staatdverf. S. 471 f.), if
unbefimmt. Kein Zeugniß fpriht direkt für die Vermehrung durch Gulla,
“denn ©erv. ad Virg. Aen. VI, 73. fagt, bis auf Sulla wären es 15 ge
mweien, nicht daß Sulla 15 angeordnet Habe. So viel if aber gewiß, daß
nit Tange Zeit nah Sulla quindecimviri lib. Sib. waren, f.d. Art. Eben
fo menig if nachzuweiſen, ob Sulla die Zahl det triamviri epulones auf 7
(Gel. 1,12.) gebradt habe, Wittich Sulla p. 120f. ift dagegen; f. lex Atia,
Domitia, Ogulnia. 7) Lex Corn. de provinciis ordinandis {ft uns wenig
bekannt; wir mwiffen nur, Daß barin verorbnet war, ber Gtattbafter folle fo
lang in feiner Brovinz bleiben, bis fein Nachfolger angefommen fein würde,
d. h. bis der Senat den Nachfolger ſchickt; alio hängt nur vom Senat Die
Dauer der Statthalterſchaften ab, Cic. ad Att. I, 9. Wenn der neue Statt-
balter angefommen war, fo mußte der bisherige binnen 30 Tagen bie Pro—
vinz verlaffen, Cic. ad div. III,6. Auch waren dadurch die großen Ausgaben
veſchränkt, welde den Provinzen bie gemöhnligen Legationen veranlaften, bie
eine Dankadreſſe für die abgebenden Statthalter nah Rom brachten, Cie.
ad div. III, 8. 10., f. legatus S. 852. Die lex curiata, welche dad militäriiche
Dberfommando (auf 1 Jahr) verlieh, war in dieſem Belek nicht aufgehoben
worden; f. Drumann G. 9. IH. 492f. II. Leg. Corn. über Grimni-
nalrebt und Prozeß: 1) 1. Corn. de falsis. Die damals oft vor-
fommenden Teflamentöfälfgungen (Cic. p. Clu. 44. Phil. XIV, 3. de ofl.
In, 18. Juv. I, 37 f. u. ſ. w.) veranlaßten Sulla, die Helligkeit der Te
flamente zu fügen und Berlegungen berfelben zum Grimtinalvergehen zu
maden; deshalb Hieß dieſe lex auch testamentaria, Eic. Verr. I, 42. Inst.
IV, 18, 7., und verbot jebe Berfälfhung, Entwendung, Unterdrückung oder
Berbergung eines ächten Teflaments, ſowie Berfertigung und Unterfhiebung
eines falfchen Teftaments, |. Baull. V, 25. IV, 17. und Dig. ad h. 1. (gui
test. amoverit, celaverit, rapuerit, deleverit, interleverit, subiecerit, re-
signaverit quive testam. falsum scripserit, signaverit, recitaverit dolo malo
etc.). Dieſes Geſetz enthielt auch ein Verbot des Falſchmünzens und Ver⸗
verbend der ächten Münzen (darum lex numaria genannt, Cic. Verr. 1. 1.),
welches Verbrechen damals nicht felten war. Es hie qui numos aureos ar-
genteos adulteraverit,, laverit, conflaverit, raserit, corruperit, vitiaverit ete.
Baull. V, 25. und Dig. h. t. Endlich verbot lex Corn. Geld für falſchet
Zeugnig zu geben oder anzunehmen, f. d. cit. Stellen. Fälſchung der Gewichte
und Maaße, ſowie Gebrauch eines falfhen Namend und falſcher Standes⸗
verbältniffe war in lex Corn. nit enthalten. Die prozeffualifchen Beſtim⸗
mungen biefer lex find unbekannt, außer daß fle eine ſtehende quaestio an-
ordnete, ic. nat. deor. III, 80. Die angedrohte Strafe war aquae et ignis
interdiclio, 1. 33 D. h. t. In der Kaiferzeit wurde lex Corn. vielfach er⸗
weitert und auf andere Verbrechen ausgedehnt, f. Bd. IH. S. 419. Kit.:
8. Quber de leg. Corn. in f. diss. iurid. philol. II, p. 74—97. B. Branchu
ad 1. Corn. de f. Lugd. B. 1721. 3. B. Sad (pr. Bed) del. C. Jen. 1727.
Bonkerähoef obss. iur. R. 11. 18—21. 9. M. Vockeſtaert de L. Corn.
Sulla p. 161—170. Mein Röm. Griminalr. ©. 776-782. 2) Lex C. de
iniuriis 505 einige befonderd firafbare Arten der iniuria atrox hervor und
bedrohte fie mit aquae et ign. interd., ſ. S. 170. Lit: Vockeſtaert de Salla
p. 144—153. Schilling Bemerk. über Röm. Rechtsgeſch. ©. 287. 8.
V. giegler obss. i. crim. I. p. 5—30. €. Platner quaest. de iure crim.
R. p. 459 ff. Rein Röm. Griminalreht S. 370—374., wo au bemerkt
if, daß die Meinung einiger Gelehrten, es gebe keine lex Corn. de iniur.,
fondern fte fel ein Gapitel ber lex Corn. de sic., ganz ungegrünbet fel.
$) Lex C. de maiestate, f. maiestas. Lit.: Sigen. II, 29. Vockeſtaert de
Sulla p. 153—160. Died (f. mai.) p. 7789. Drumann Geh. R. I.
m.
Leges Corneliae 969
©. 487. Rein R. Crim.⸗Recht S. 510-514. 4) Lex C. repetund., f.
repetundarum crimen. Lit.: Dodeftaert Sulla p. 174—179. Drumann II.
©. 489 f. Nein Röm. Crim.⸗Recht S. 621 ff. 5) Lex Corn. de sicariis
(vgl. Senec. Apocol. 14, p. 390 Bip. lege Cornelia qvae de sicariis lata
est) umfaßte mehre Verbrechen, welche in jener verborbenen Zeit das Leben
und die Sicherheit der Nömer oft bedrohten. Dad 1. Cap. handelte von
den Meuchelmördern und Banditen (sicarii gen., f. d. Art.) und bedrohte
fogar den mit Strafe, qui cum telo ambulaverit, d. 5. wer in mörberifcher
Abficht auflauert, Eic. p. Rab. perd. 6. Eoll. I, 2. Paull. V; 23. Dig.
ad il. Corn. 48, 8. und Cod. eod. tit. 9, 16. Inst. IV, 18,5. Das 5.
Gay. betraf den Giftmord mit den Worten: quicunque fecerit, vendiderit,
emerit, dederit sc. venenum, @ic. p. Clu. 54. und ®araton. excurs. ad
h. 1. ©. Dig. u. Cod. Die Ausdrücke facere und vendere beziehen ſich
auf das gemerbömäßige Bereiten und Berfaufen des Gifté, welche Leute
venenarii beißen, ſ. veneficum. in anderes Gapitel bebrohte Diejenigen, -
welche die falſche Verurtheilung eined Unſchuldigen bewirkt hatten, nemlich
fowohl die ungerehten Richter ald die falſchen Zeugen, @ic. p. Clu. 54.
qui (als Magiflratus oder Senator) coiit, coierit, convenit, convenerit
(d. H. intriguirt und madinirt), quo quis iudicio publico condemnaretur,
cf. 52. 56. 57. Paul. u. Dig. Endlich war auch Branpfliftung verboten
(f. incendium ©. 119.), weil diefe oft ala Mittel diente, Mord zu verüben.
Jede diefer Handlungen zog aquae et ign. interd. nad) fid für bie Breien, Coll.
XII, 5. cf. Cic. p. Clu. 71., Xobeöftrafe für die Sclaven (denn auf auf
dieje, fomie auf die Peregrinen im Nöm. Neid bezog fi lex Corn.), Inst.
IV, 18, 7. — voraudgefegt, daß das Verbrechen mit dolus verübt war, denn
casus (worin damals culpa noch mit enthalten war) blieb nach Befinden
ftraflo8 oder z0g nur civilrechtl. Entſchädigung nad fih. In den prozefiun-
liſchen Beflimmungen der lex fland wahrſch., daß mehr als ein Gerichtshof
über diefe Verbrechen unterfuchen folle. Jeder verfelben fland unter einem
Präfldent (praetor oder iudex quaestionis), Gic. p. Clu. 53. Coll. I, 3.
Unter Umftänven konnte ein Gerihtähof auch Über zwei Verbrechen entſchei⸗
den, ic. p. Chu. 54. In der Kalferzeit wurde lex Corn. vielfach modifi⸗
zirt und erweitert, und galt als Grundlage bis in die fpäteflen Zeiten, ſ.
sicarii. 2it.: 3. B. Windler (pr. Gaſſer) ad I. Corn. de sic. Hal, 1729.
Vockeſtaert Sulla c. 6. 7. v. Gefelen ad leg. Corn. de s. Lugd. B. 1824.
$. D. Sanio obss. ad 1. Corn. I. Regim. 1827. Rein Röm. Grim.-Nedt
S. 407 -414. 6) Lex Corn. iudiciaria, f. S. 357. In biefer lex
war angeorbnet, daß der Angeklagte zu beflimmen habe, ob die Richter
ichriftlich oder mündlich (clam oder palam) über Ihn abflimmen follten, Eic.
p. Clu. 20. 27. Geib Geld. d. Röm. Crim.⸗Proz. ©. 364. — Dagegen
ift unbeflimmt, ob Sulla's Verordnung, daß die Senatoren ald Angellagte
mehr als 3 Richter rejlciren -bürften, während bie Angeflagten, welde nit
Senator. Standes waren, nur 3 vermerfen durften (f. S. 360.), Cic. Verr.
I, 31., der lex iudiciaria angehöre (fo Zerrat. ep. I, 19. und Zachariä
Sulla), oder der lex de repet. (fo U. Augufl. ind. leg. u. Zumpt ad Verr.),
oder ob ed in allen Sul. Griminalgefegen fo verorbnet war, weil Cicero
leges Corn. fagt, Geib ©. 309 f. Beide Beflimmungen kamen aber bald
außer Gebrauch. IH. Leges Corn. über Volizei und Moralität.
1) Lex €. de connubio, ganz unbekannt, da fle wahrſcheinl. dur die Ju⸗
liſchen Ehegeſetze antiquirt wurde; fie wird erwähnt Plut. comp. Lyc. c.
Sull. 3. 2) Lex C. sumptuaria, f. sumptus. 3) Lex C. unciaria, ſ. Bd.
II. ©. 672. ®b. II. ©. 449 f. Ob dieſe lex ein Theil einer größern lex
Corn. über das gefammte Geldweſen war, mie ed dort h., iſt jehr unbe⸗
fimmt, denn die Eriftenz einer folchen größern lex iſt noch ih erwieſen.
IV.
970 Leges Cornel -— Lex Cornelia Baobia
IV. Cornel. Geſetze, welde die Begenpartei vernidten und
den neuen Cinrichtungen Dauer verfähaffen follten. Hierher find
zu reinen: 1) Lex Corn. de proscriptione, f. ®b. I. ©. 675. und Pro-
scriptio; 2) Gefege über die Givität ber Italer. Sulla entzog manden
Städten Italiens, vie erſt kurz vorher die Givität erhalten Hatten, dieſelbe
wieder, wenigftens theilmeife — weil fie auf der Seite feiner Gegner ge
ftanden hatten. Zuglei verloren fie einen großen Theil ihrer Ländereien,
welchen Sulla für die Milttärkolonien beſtimmte. Ein ſolches Schickſal har.
ten Volaterrä und Arretium; doch galten bald nah Sulla's Top Alle wie
der ald volle Bürger, wenn fie au durch Sulla der Eivität verluftig er
Elärt worden waren, or. p. dom. 30. Cic. p. Caec. 7. 33. 35. Sall. hist. fr.
orat. Lep. $. 6. Orell. Eng mit biejen Geſetzen hängen zufammen 3) leges
agrariae ober lex agraria, durch welde Sulla das Recht erhielt, feinen
Soldaten die Länder der beraubten Italer zurutbeilen, namentlich in Etrurien,
Samnium und Latium, Gic. de l. agr. II, 28. III, 1. 2. 3.4. Legiond- und
Cohortenweiſe befegten die Solbaten die ihnen angewiefenen Städte, Tar.
Ann. XIV, 27., und verführen mit größter Willkür und Grauſamkeit gegen
die alten Beflger; f. Bd. H. ©. 510 f. 675. Drumann G. R. II. ©. 479 ff.
Böttling Geſch. d. R. Staatöverfafl. S. 462 f.
Leges Corneliae, Plebifeite des Volksſtrib. C. Cornelius, 67 v. Ehr.,
welche mehre von der Optimatenpartei eingeführte Mißbräuche abzufchaflen
ſtrebten, Drumann R. ©. 11. ©. 611 ff. Böttling R. Berfaff. ©. 478.
1) Geſetz über die Prätor. Edikte (Bd. III: ©. 20 ff.), gerichtet gegen hie
Unfltte der Prätoren, ihre Evifte nicht fogleich bei Iahresanfang vollfländi
bekannt zu machen, fondern willfürlih Nachträge zu machen und zuweilen
von den Worten des Edikts abzuweichen, f. Bd. II. ©. 697. Bd. III. ©. 22.
No bebeutender war der Vorſchlag 2) daß nur dem Volk (nit dem Se⸗
nat) dad Recht zuſtehen folle, Jemand eined Geſetzes zu entbinden, f. Bo.
I. ©. 696 f. 3) Sein Geſetz gegen ambitus ſchien den Optimaten zu fatl,
daher wurde e8 durch die lex Acilia Calpurnia erfegt, ſ. d. A. u. Bd. II. ©. 6%.
4) Ebenfowenig vermochte Bornelius ein Geſetz durchzuſetzen, welches ba
Nömern verbot, den Provinzialen Geld zu Teihen (weil dieſes zu den größ
ten Bebrüdungen führte: ne quis legatis exlerarum nationum pecuniam
eıpensam ferret), ‘Bd. II. ©. 696.; f. lex Gabinia.
Lex Cornelia, Genturiatgefeg über @icero’8 Zurüdberufung, 57 r-
Ghr., fo gen. von dem Eonful P. Gornel. Lentulus, welcher die lex an bel
Bolf brachte und den Comitien präflpirte; denn bie meiften Magiftraten un
der Senat hatten an ber Abfaffung des Vorſchlags Antheil gehabt, f. Cit
in Pis. 15. ®b. II. ©. 684. u. M. Tull. Cicero.
Lex Cornelia denovistabulis, vom Boltötr. B. Cornel. Dolabella 4’
v. Ehr., enthielt einen Antrag auf Erlaß der Schulden und eines Theile bet
Haudmiethe. Die Comitien wurden mit Gewalt verhindert, fo daß das Be
feg nit durchging, und bie Unruhen dauerten bis zu Cäſar's Ankunft,
Dr. I. ©. 689. Bo. IH. ©. 461. Die Caſſ. XLIE, 29. 32. XLVI, 16. Plut.
Ant. 9. Caes. 51. Liv. ep. 113.
Lex Cornelia Baebia de ambitu (oder Corn. Baeb., aber nit
Aemilia Baebia, wie fle ®b. I. ©. 400. nah Manut., Augufl., Hotem.,
Pigh. u. A. genannt iſt), von ven Cofſ. B. Cornelius Gerhegus und M.
Baͤbius Tamphilus 181 v. Chr., Liv. XL, 19. Der Inhalt der lex iſt gan
unbefannt, doch war barin von Beſtechung bie Rede, wie aus einem Brag-
ment Cato's bei Non. VII, 19. v. Largi hervorgeht. Gato ſprach nemlid
(180 v. Chr.) dafür, ne lex Baebia derogaretur; Feſt v. rogat p. 282.
Vielleicht enthält die bei Plaut. Amphit. prolog: 64 ff. verfommenbe les
histrionica eine fherzbafte Parodie der lex Cornelia Baebia, wenigſtens
Lex Corn. Usec. — L,ox duodecim tabalaruım 971
weidt Ad 73 ff. dafür, S. Viſſering quaest. Plautin. II. Amstel. 1841.
p. .
Lex Cornelia Caecilia, von den Eofj. P. Eornel. Lentulus und
D. Eäcil. Metelus 57 v. Chr., durch welche bei der damaligen Theurung
En. Pompeius eine außerorpentlihe Magiftratur erhielt, nemlich fünf Iahre
lang die Auffiht über die Zufuhr und das ganze Betraineweien im Roͤm.
Neich zu führen (cura annonae). Zur Unterflüßung wurden ihm 15 Lega⸗
ten-bewilligt (na App. b. c. II, 18. fogar 20), unter denen M. Tull. Eicero
der erfte war; Cic. ad Att. IV, 1. or. p. dom. 4.7.8. Liv. ep. 104. Die
Cafſ. AXXIX, 9. LIV, 1. Drumann ©. R. II. ©. 304 ff. ©. lex Messia
und praefectus annonae.
Lex Cornelia Fulvia de ambitu, von ben Eoff.. En. Eornel. Do⸗
Iabela und M. Fulvius Nobilior 159 v. Chr., erwähnt Liv. ep. 47. und
Schol. Bob. p. Sull. 9. p. 361. Or. ut magistratuum petitione per decem
annos abstinerent, nemlid bie des Ambitus Bondemnirten. Dieſes Frag⸗
ment wird von Baiter in Orell. ind, leg. u. Meyer orat. Rom. fragm. p. 89.
ed. 2. auf lex Corn. Baeb., dagegen von Mommfen de sodal. p. 44. auf eine
lex Corn. (Sullae) bezogen, von der jedoch nichts bekannt iſt. Nah Polyb.
VI, 56. f&eint die Strafe der lex Corn. Fulv. (denn Polyb. ſchrieb bald
nach diefer lex) Hararog geweien zu fein, allein dieſes Wort bezeichnet wohl
nur, daß ambitus ein vom Volk zu richtendes Gapitalverbredhen fel, wo
aquae et ignis interd. audgefprocdhen werben Fonnte.
Lex curiata bieß jedes von ben Buriatcomitien angenommene @efeh.
Bis auf Serv. Tullius waren alle Geſetze leges curiatae; nad Einführung
ber Genturiatcomitien gibt es nur noch zwei Arten von Euriatgefeßen, nem⸗
lich: 1) lex curiata de imperio, f. ®b. I. ©. 531, 533. Bp. IV. ©. 117.
Ueber die von Niebuhr angenommene Ipentität biefer lex cur. mit autoritas
patrum f. Patres und Senatus; 2) leges curiatae über Familien» u. Ver⸗
mögenöverhältniffe der Geſchlechter, ſowie über deren sacra, namenilich über
Mdoptionen und Teftamente, f. Bo. I. ©. 69. Bo. II. ©. 531 ff., testamen-
{um und sacrorum detestatio.
Lex Decia, Plebiſcit vom Volkstrib. M. Decius 311 v. Ehr., ord⸗
nete Die Wahl der duumviri navales an, Xiv. IX, 30. f. Br. II. ©. 1284 f.
Lex Didia sumptuaria, f. sumptus.
Lex Domitia, 104 v. Chr., übertrug die Wahl ver Prieſter und
Auguren auf das Volk, währenn ſich dieſe Collegien vorher ſelbſt cooptirt
hatten, f. ep. ad Brut. 1,5. und Br. II. ©. 1180. 1208. 548. 531., cf. lex
Atia und Cornelia.
Leges Duiliae, Plebiſcite des Volkotr. M. Duilius über die Wahl
der Cofſ. (nad Vertreibung ber decemwiri), über dad Tribunat und bie
Provokation, |. Bd. II. S. 1277 f., tribunus und provocatio.
Lex Duilia Maenia de unciario fenore (vd. i. 10 oder 12 Proc.),
357 v. Chr., f. Bd. II. ©. 1278. Bo. II. ©. 449. Es iſt nicht unwahr«
ſcheinlich, daß dieſes Geſetz zugleih eine Strafe für ven Wucherer beftimmte,
nemlih den vierfachen Betrag des widerrechtlich Genommenen, Gato r. r.
proovem. Xfe. Cic. div. 7. p. 110 f. Or. Wenigflend werden bald nad) die⸗
ſer lex Beflrafungen der Wucherer auf Anklage der Aedilen erwähnt, 3.2.
&iv. VIL, 28. X, 23 etc. Nein Röm. Eriminale. ©. 831. — Diefelben
Tribune waren e8 wohl au, melde in demfelben Jahr das Geſetz gaben:
ne quis postea populum sevocaret, d. 5. fein Magiftratuß dürfe außerhalb
Roms eine Volkäverfammlung halten, damit nicht ſtaatsgefährliche Neuerun⸗
gen auf diefe Weife eingeführt würben, Liv. VII, 16.
Lex duodecim tabularum, f. Tabulae duodecim.
972 Lex edietalis — Leges Fuarise
Lex edictalis h. ein kaiſerl. Geſetz, welcher Ausdruck feit Conſtan⸗
tin ſehr gewöhnlich wurde.
Lex Fabia de plagio, ſ. plagium.
Lex Fabia de numero sectatorum aus unbefannter Zeit, genannt
von Eic. p. Mur. 34. Wahrſcheinlich wollte file dem durch eine allzugroße
Anzahl von regelmäßigen Begleitern möglichen unrehtmäßigen ambitus ver
Candidaten vorbeugen. S. deductor Bb. II. ©. 889., salutator u. sectator.
Lex Fabricia, Borfhlag des Volkstrib. Du. Fabricius 57 v. Er.
über Eicero’6 Rückkehr, vereitelt dur Clodius' Gewaltthaten, f. Bd. 1.
©. 418. Bd. II. ©. 409. Drumanı G. R. Il. ©. 290 f.
Lex Falcidia, AO v. Chr. von dem Volkotr. B. Falcidius, daß tie
Legate niemald mehr als °), der ganzen Erbſchaft betragen bürften, fo baß
der Erbe wenigftend !/, behalten müfle, Dio Caſſ. XLVIII, 33. Gai. II, 22.
Ulp. 24, 32. Dig. h. t. 35, 2. Inst. II, 22. Orell. inser. 3116. Die ältere
Lit. üb. d. lex f. Bach hist. iurisprud. p. 196.
Lex Fannia sumptuaria, f. sumptus.
Lex Flaminia agraria, f. possessio.
Lex Flavia agraria, f. possessio.
Leges frumentariae, f. largitio ©. 777 ff.
Lex Fufia, f. Aelia und Fufia ©. 957 f.
Lex Fufia de religione, fo gen. Eic. ad Att. I, 16. cf. I, 13., von
dem Volkatr. DO. Fufius Calenus 61 v. Chr. zu Gunften des P. Elodius
entworfen, welcher megen religiöfen Inceſts angeklagt war. Dieſes Geſet
war nämlid weit milder als das vorher vorgefehlagene confularife, f. leı
Pupia Valeria. Es wurde angenommen, allein Clodius entging der Con⸗
demnation, f. Bb. II. ©. 415 f. Br. IV. ©. 121. und die dort cit. Schriften,
fowie Nein Rom. Criminalr. S. 879.
Lex Fufia iudiciaria, vom Prätor DO. Fufius Galenus 59 v. Ebr.,
erwähnt Schol. Bob. p. Flacc. 6. p. 235 Or. Dio Eaff. XXXVIII, 8. Nad
Dio Cafſ. verorbnete lex Fufia, daß bie Nichter bei dem Abgeben der Stim-
men ihre Täfeldden nicht in eine gemeinfame Urne werfen follten, fondern
daß jede Dekurie ihre beſondere Urne haben müfle (was auch bei den folgen»
ben Prozefien des Milo u. A. regelmäßig gefhah). So wird Die Eafl.
richtig erklärt in Baiter ind. leg. p. 178. und von Böttling Geſch. d. R.
Staatöverf. ©. 476. Früher hielt man dieſes Geſetz für eine lex tabellaria.
melde fih auf die Gomitien bezöͤge. So no Zumpt üb. d. Abflimm. Des
röm. Bolfs in Gent. Com. Berlin 1837. ©. 24. Hufchfe Verf. des Servo. Tull.
©. 732 f. Ruperti röm. Alterth. II. S. 204. 267. gibt zwei leges an, leı
Fufia (für die Gerichte), lex Fusia Calena (für die Gomitien), Indem er
nit bedenkt, daß es nur ein Geſetz iſt! — 88 irrt aber der Scholiaſt p.
235 Or., wenn er vie Stelle p. Flacc. 6. lege hac recentli ac nova certus
est inquisitioni comitum numerus constitutus (d. 5. der Nepetundenanflä-
ger, mwelder in der Provinz Beweife für die Anklage ſuche, dürfe nicht au
viele Begleiter mitnehmen — um die Provinzialen nit zu drüden) auf Pie
lex iudiciaria des Vatinius oder Fufius bezieht, da diefe Beflimmung mit
der erwähnten lex iudiciaria nicht zufammenhängt. Wahrſch. meint Eic. 1. 1.
bie lex Julia repet., welche fo eben erfchienen war.
Lex Fulvia, vom Gonful M. Fulvius Flaccus 125 v. Chr., wodurch
er den Italiſchen Bundesgenofien das Roͤm. Bürgerrecht verleihen wollie
Allein er mußte in den Krieg ziehen, und fo kam e8 gar nicht zur Abſtim⸗
mung, ebenfowenig über fein Geſetz de provocatione ad populum. App. b.
c. I, 21. 34. Bal. Mar. IX, 5,1. ©. Bd. III. ©. 522. Gr fiel im Kampf
mit C. Sempr. Gracchus.
Leges Furiae ober Fusiae, denn man ſagte ſowohl Furius als
Lex Furla Atilisa — Lex Gilicia 973
Fusius, ®b. II. ©. 551. Zumpt dagegen ad Verr. I, 42. behält die Les⸗
arten leges Furias und Fusias als verſchiedene leges; f. auch Coler. parerg.
in Otto thesaur. I, p. 383 f. über diefe Stelle (u. vgl. Bd. IH. S. 524.). Ueber
lex Furia de testamentis ſ. legatum S. 848. u. Bach hist. iurisprud. p. 198 f.
Ueber lex Furia de sponsoribus f. S. 210.
Lex Furia Atilia, Plebifcit ver Volkotr. P. Furius u. S. Atilius
136 v. Chr., welchem zufolge C. Mancinus, welcher ohne des Senats Zus
fimmung (Bd. IH. ©. 498.) ein foedus mit Numantia eingegangen war,
an die Numantiner ausgeliefert werden follte, Cic. de off. III, 30. Nein R.
Crim.⸗Recht S. 176.
Lex Furia Caninia (unter Auguſt's Regierung bald nach Chr. Geb.
erlaſſen, angedeutet Suet. Oct. 40.) beſchränkte die verſchwenderiſchen teſta⸗
mentarifden Manumiſſionen, indem fie beflimmte: wer 3 Sclaven babe,
fönne 2 davon teflamentarifch freilaffen, mer A—10 habe, nur die Hälfte,
wer 11—30 habe, nur ein Drittheil, wer 31—100 Habe, nur ein Bier
theil, wer 100-500 habe, nicht mehr als ein Fünftheil, und nie folle Je⸗
mand mehr ale 100 freilaffen dürfen. Wenn die Freilaffung die Normal»
zahl überſchreitet, jo ift fle ungiltig, Ulp. I, 24. 25. Gai. I, 42—46. Paul.
IV, 14. Suflinian bob dieſe lex auf, Inst. I, 7.
Lex Gabinia tabellaria, f. tabellariae.
Leges Gabiniae, 67 v. Chr. von dem Volkätribun U. Gabinius:
1) lex de uno imperatore contra praedones constituendo, des Inhalts,
daß der Oberbefehl gegen die Seeräuber einem einzigen Feldherrn (En. Pomp.
wurde gemeint, aber fein Name nicht genannt) auf 3 Jahre mit ausgedehn⸗
ter Vollmacht übertragen werden mödte, f. Bd. IH. ©. 565. 2) Lex Gab.
de versura Romae provincialibus non facienda, @ic. ad Att. V, 21. VI, 1.2.
f. Bd. III. S. 450. 565. Rein Röm. Privatr. &. 309 f. 3) L. Gab. de
senalu legatis dando, f. Bd.. III. S. 565. Bb. IV. ©. 832.
Lex Gabinia de perduellione: qui conciones ullas clandestinas in
urbe conflavisset, more maiorum capitali supplicio multarefur, nur et»
wähnt in der angeblih von DM. Porc. Latro abgefaßten decl. gegen Gatil.
19. Früher hielt man diefe Angabe für ächt (z. B. Manut., Sigon., Hei-
necc. u. A.), aleln in neuerer Zeit ift daran gezweifelt worden (3. B. von
Died hiſtor. Ber. über das Crim.-Recht der Römer ©. 73 f.), und ber
Pieudo-Porcius iſt allerdings Kein ſicherer Gewährsmann. Indeß ift bie
Griftenz dieſer lex nicht unmöglich, denn coetus nocturni u. occulti, welche
ſtaategefährliche Tendenzen Hatten, wurden gewiß ſchon früh zur perduellio
gerechnet, f. Liv. II, 28. 32. III, 53. VII, Al. XXV, A. XXX, 15 etc. Hat
alfo ein ſolches Verbot frühzeltig eriflirt, fo rvechnete man das Verbrechen
nicht zur maiestas (denn diefen Ausdruck gab ed damals noch nicht), fondern
jur perduellio. Nein Röm. Erim -Neht ©. 473.
Lex de Gallia cisalpina, f. lex Rubria.
Lex Gellia Cornelia, ®efeß der Coſſ. 2. Gellius u. En. Corne⸗
lius, quae definite potestatem Pompeio civitatem donandi dederat, oder mit den
Gefeßeöworten: uti cives Rom. sint ii, quos Cn. Pomp. de consilii sententia
singillatim civitate donarit, Cic. p. Balb. 14. 8. vgl. Bo. II. ©. 393.
Lex Genucia, 342 v. Ehr., Verbot des Wuchers, f. Bo. III. ©. 449.
und Drumann G. R. II. S. 160. — Ueber die andern Geſetze diefes Jahre,
welche das Sonfulat u. die Magiftraturen überhaupt betreffen, f. magistratus.
Lex Glicia, angeblih 249 v. Chr, über die querela inofliciosi von
M. Elaud. Glicia gegeben (fo Cuiac. obss. II, 21. XIV, 14.) hat nie exiſtiit.
Der Name kommt nur vor in der Mubrif von 1. 4. D. de inofl. (9, 2.),
wo fi aber die auffallenpften Varianten finven. Bynkeréhoek obss. II, 12.
v. de Water obs. I, 12. C. Wollrad de vera orig. querelae inofl. test.
-
974 Lex Herennis — Lex Eetlia
ex ’ er Dresd. 1762. Burchardi Staats» und Rechtégeſchichte der Römer
©. 147 f.
Lex Herennia war ein Plebiſcit des Volkstrib. C. Herennius 60
v. Chr., wodurch die Adoption des Clodius dur einen Plebejer gutgeheißen
wurde. Interceffionen vereitelten dieſen Verſuch, Cic. ad Att. I, 18. 19.
Drumann ©. R. I. ©. 219.
Lex Hieronica frumentaria. Don den meiften Ländereien Si»
ciliens wurde feit alter Zeit der Zehnte an Getreide, Wein, Del u. f. w.
entrichtet, welcher von ven Nömern mie vor Alters im Ganzen verpadtet
wurde. Diefe Verpachtung gefhah mei in Syrafus durch die Quäftoren
nach der alten lex Hieronica (von König Hiero II. entworfen), welde ein
fehr genaues und ſtrenges Bachtreglement (nad Art ver leges censoriae)
enthielt. Die Art der Abgabe felbft war In der lex fo genau beflimmt, daß
weber der Zebntpflichtige Etwas unterfhlagen, noch der Pächter etwas Un⸗
gerechtes fordern Eonnte. Ueber die vom Pächter zu leiftende Bürgidaft, fo
wie über da8 bei etma auäbrecdhenden Streitigkeiten zwiſchen den Aratoren
und Dekumanen (Zehntpächtern) zu beobachtende Rechtsverfahren, über die zu
wählenden Richter waren die fpeziellften Beflimmungen in der lex enthalten.
Die Städte mußten nah Vorſchrift diefer lex jährlih ein Verieichniß aller
Zehntpflichtigen zur Controle der Staatopächter abliefern (vgl. Göttling In-
acript Acrenses III. in Sicil. repertae ad leg. Hieron. pertin. Jen. 1834.). Bon
diefer lex würden wir wahricheinlich nichts wiſſen, wenn fie nit von ©.
Verres mährend feiner Statthalterſchaft fomohl in Beziehung auf die Zehnt-
verpachtung als auf die bei Prozefien zu beobachtenden Vorſchriften wilfür-
fi bei Seite geſetzt worden wäre, worüber Cic. oft bittere Klage führt,
Verr. II, 13. 26. 60. 111, 7. 8. 10. 15. 17. 51. 52. 53. 63. Verr. V, 21.
S. Niebuhr Geſch. R. IN. S. 729 ff.
Lex Hirtia, auf Cäſar's Veranlafiung von U. Hirtius in feinem
Volksmiribunat oder vielmehr in feiner Brätur 46 v. Chr. gegeben. Sie mar
gegen die Pompejaner gerichtet und ſchloß viefelben von Deu Shrenftellen aus
(nemlich nad der Vulgata in @ic. Phil. XIII, 16. Na Drei iſt die Stelle
eorrupt und fomit der Inhalt der lex gänzlih unbefannt). Drumann Geſch.
NR. IM. ©. 7Lf. oben Bd. III. ©. 1380 f.
Lex Horatia, aus ber erſten Zeit des römiſchen Freiſtaats, zu Eh⸗
zen einer Veſtalin (Caia) Tarratia gegeben, welde ein ihr eigenihümliches,
an dem Tiber gelegenes, an den campus Martius grenzended und zu demielben
nachher geſchlagenes Grundſtück dem Staat ſchenkte. Die ihr erwieſenen
Ehren beftanden in der Erridtung einer Statue, in der Erihellung des ius
testimonii dicendi (defien die Frauen entbehrten) und in der Erlaubniß,
na ausgehaliener priefterlicher Dienflzeit ſich zu vermählen, Plin. H. N.
XXXIV, 6. Se. VI,7. Auf Dißverfländnig beruht die Notiz bei Blut. Popl. 8.
Lex Hortensia, 288 v.@hr., ut quod ea (plebs) iussisset, omnes
Quirites teneret, f. Bb. II. ©. 549. III. ©. 1496, 2. und I. 2. Quentin
de leg. Hort. Gotting. 1754.
Lex Hortensia (von Manden in baffelbe Jahr geſetzt), ordnete an,
baß die nundinae zu ben dies fasti gehören follten, Macrob. Sat. I, 16.
Barro 1. 1. VI, 28. 29. Vgl. Bo. 1, ©. 538. Das Nähere f. Nundinae.
Lex Hostilia (aud unbekannter Zeit) geflattet die fonft fehr beſchränkte
gerichtliche Stellvertretung (Bd. II. ©. 489.) bei actio furti, wenn der Bes
ftohlene in feindl. Gefangenſchaft, ober in Staattangelegenheiten abweſend,
oder in Vormundſchaft des Gognitor war. Inst. IV, 10. pr. und Theophil.
h.1. &. H. Breuning de leg. Host. Lips. 1778.
. Lex lcilia, 492 v. Ghr., 262 d. St. (nicht Sicinia, wie ſie Auguflin.
und PBlrife. nennen), Plebifch des Volkotr. Sp. Scilius, unter Minr u kung
Leges Eclliae — Lex Julia 975
feined Bollegen‘?. Junius Brutus, des Inhalts, Daß derjenige, welcher einen
Tribun in feinem Vortrage unterbräde, vor ein Volkegericht geflellt werbe,
Dion. VII, 17., |. genauer oben ©. 48 f. Dort tft auch die Behauptung Niebuhr's
erwähnt, daß lex Icilia nit 262 d. St., fondern erfi nad) lex Publilia,
aljo etwa 284 d. St. gegeben fein fünne. Allein dagegen ift zu bemerken,
dag Dionyf. diefe Chronologie der leges nicht willkürlich, fondern aus guten
Duellen angenommen haben muß, indem er fonft den ſcheinbaren Widerſpruch
ſelbſt erfannt haben würde. Auch iſt lex Publilia gar nicht als Anerkennung
der legislativen Befugniß der Tribus anzunehmen, f. lex Publilia. Und
gefegt, es wäre wirklich fo der Ball geweſen, fo ift doch lex Icilia nicht als
ein Ausflug der geſetzlichen Legislation der Tribus, nicht als eine Folge des
angeblih durch lex Publ. verlicehenen Rechts zu betrachten, ſondern als eine
revolutionäre Maßregel der Volkstribunen —; ſowie überhaupt die ganze
Entwicklung der Tribudgemeinde eine unregelmäßige und revolutionäre tft,
da fie fih gewöhnlich ein Recht eher anmaßt, ald es ihr von der ariflofra-
tifchen Gegenpartei gejeßlih eingeräumt wird. In diefer Welfe betrachten
wir lex Icilia als eine tribunicifhe Ufurpation, welde darin ihre Enıfhuls
digung findet, daß die leges sacratae über die Volkötribunen erft durch Die-
fen Beihluß ihren eigentlihden Schlußftein erhielten. Lex Icilia iſt gewiſſer⸗
maßen eine ermweiternde Interpretation der leges sacratae, und wird deshalb
von Cic. p. Sest. 37. und Dion. X, 42. felbſt mit zu ben leges sacratae
gerechnet, an welche fie fih unmittelbar anſchließt. Erwähnungen dieſes
Gefeßed und bed daraus hervorgehenden Rechts der Tribus f. Dion. VII, 43 f.
IX, 44. 46. X, 32. 35. 42. &yb. de mag. I, 44.
Leges Iciliae des 2. Jeilius (Musa, f. S. 49.), zueft lex de
Aventino, in den Eenturiatcomitien beftätigt, 456 v. Ehr., durch welche lex
die Plebejer den Aventinus als ager publicus zur Bertheilung zugewiefen
erhielten. Die armen Plebejer befamen dadurch die ihnen fehlenden Wohn-
pläge, bie, ganze Gemeinde aber erhielt einen wichtigen Mittelpunft, der auf
als militäriſcher Poſten nicht zu verachten war. Liv. III, 81. 32. Dion. X,
31. 32. Niebuhr R. ©. II. ©. 339 f. Göttling Gefch. d. NR. Staatöverf. ©.
313. 315. 2) Lex Ic. ne cui fraudi esset secessio ab decemviris, tiv.
111, 54., f. oben &©.50. 3) Lex Ic. de triumpho consulum (sine auctoritate
senatus), Liv. IH, 63., ſ. S. 50. 4) Sehr unficher ift die von Niebuhr II.
©. 339. nad) Dion. X, 31. angenommene lex Ic., wodurch die Cofſ. ge⸗
zwungen worben wären, jedes ihnen mitgetheilte Plebifeit dem Senat vorzu⸗
tragen, und die Tribunen Erlaubniß befommen hätten, es hier zu vertheis
digen. Dion. ſpricht von feinem Geſetz, fondern fagt nur, daß Icilius zuerſt
den Verſuch gemacht habe, den Senat zu verfammeln. Wäre ed ein Gele
gemwefen, fo würde dieſes hHöchft wichtige Zugeſtändniß nicht allenthalben mit
Stillſchweigen übergangen worben fein. '
Leges iudiciariae im e. ©. ald Gefege über die Zuſammenſetzung
ber Gerichte, ſ. ©. 356 fi. und jeht noch Zumpt de legibus iudiciisque
repet. Berol. 1845. an mehren Stellen. Leges iud. im w. ©. find Geſetze,
weiche ven Prozeß im Allgemeinen betreffen (ProzeBorpnungen), 3. B. die
leges Juliae iud.
Lex Julia, Gonfulargefeg de3 2. Jul. Cäſar 664 — 90 während
des Bunbesgenofientriegd. Diefes Gefeh gab dad Röm. Bürgerreht * an
= aber ohne Stimmrecht, wie Kiene (ber rim. Bunbesgenoffentrieg ©. 218 f.)
daraus folgert, daß nach Eic. p. Arch. 5, 11. im 3. 665 = 89 von ben Eenforen
8. Jul. Eäfar und Eraffus kein Theil des Volkes cenfirt worden fe. Erſt im Jahr
668 — 86 fand eine Einzeichnung in die Bürgerliften fiatt (Eic. ib.), namentlid)
der nach Liv, Ep. 80, im Jahr zuwor in Maſſe in das Blirgerrccht aufgenommenen
976 Leges Juliane
dad gefammte Latium (inſoweit es bie Einität no nidt erworben batte,
was vorzüglich die Tatinijchen Golonien gewefen fein mögen; universo Latio
fagt Gell. IV, 4.) und an einige socii (Gic. p. Balb. 8. fagt unbeflinmt
sociis), d. h. wahrſcheinlich an diefenigen, welche in dieſem Krieg nicht von
Rom abgefallen waren (ſ. App. b. c. 1, 49.). DVielleiht umfaßte dad Ge:
feg auch die, welche die Waflen niederlegen würden; menigftend fagt Bell.
11, 16.: paulatim deinde recipiendo in civitatem, qui arma auf non ce-
perant, aut deposuerant maturius, vires refectae sunt. Zugleich verlangte
dad Geſetz eine öffentliche Crklärung von den betreffenden Staaten, ob fie
die Givität annehmen (vd. h. ob fie fundi in eam legem fieri) wollten, Cic.
1.1. Fundus h. nemlid f. v. a. auctor, Plaut. Trin. V, 1,7. Gell. XV,
43. XIX, 8., und fundus in eam legem bezeichnet die Annahme diefes Ge⸗
feged. Diefe Forderung war keineswegs eine leere Sormalität, denn manche
Stadt, melde mit Nom ein günfliged foedus hatte, konnte wohl zweifeln,
ob fie die Civität dem foedus vorzöge (ſowie z. E. Heraklea und Neapel
ſchwankend waren, Gic. 1.1), namentih da nad Dell. II, 20, 2. die neuen
Bürger nicht in alle, fondern in beflimmte acht Tribus verıheilt werden
follten *, und da bie Kriegslafl der Bürgerfläbte fehr bedeutend war. Zwar
glauben Grävius, Garatoni, Klog ad Cic. 1. I. und Baiter ind. h. lege,
daß die Bormel qui fundi facti non essent, civitatem non haberent, nicht
in der lex geftanden babe, da fie fi von felbft verfiche, und daß jene Worte
nur eine Aeußerung ic. feien; allein diefe Bedingung war bier von befon-
derer Wichtigleit, und es iſt um fo weniger daran zu zweifeln, daß jene
Worte wenigitens im Ganzen dem Geſetz entnommen find, da die Römer in
der Faſſung ihrer Geſetze äußerſt genau find und Vieles darin fagen, was
uns überflüfftg und fich von ſelbſt verſtehend erfcheinen würde. ©. vorzügl.
Savigny in |. Zeitſchrift IX. ©. 302 f. 305 ff. Göttling Gef. der Röm.
Staatöverf. S. 450. Drumann II. ©. 120.
Leges Juliae (Caesaris), von Cäſar als Eonful und als Diktator
gegeben. A. Geſetze vom 3. 59 v. Ehr.: 1) Lex agraria, f. possessio.
2) Lex de publicanis, von ben Tribus beftätigt (eigentlid) war biefes nur
Sade des Senats, Polyb. VI, 13., allein diefer würde nicht nachgegeben
haben), daß die Nitter, melde als Pächter ver aflatiihen Staatseinfünfte
durch den mithridat. Krieg große Verluſte erlitten hatten, einen Erlaß des
dritten Theils ihrer Pachtſumme erhalten follten. Gn. Plancius, Bonpeiuf,
Gicero u. U. waren dafür, Legterer nur um ben Frieden zwiſchen den Stän-
den zu erhalten, denn jeiner Gefinnung nad war er ganz dagegen; Metellus
Geler und Cato traten ald Gegner auf, jedoch ohne Erfolg; ic. ad Aut. IE,
16. I, 17. 18. 19. p. Planc. 14. u. Schol. Bob. p 259. 261. Suet.
Caes. 20. Dio Caſſ. XXXVIII, 7. App. b. c. 11, 13. Drumann ©. R. III,
S. 210 f. V. ©. 592 f. 3) Lex Jul. zur Beſtätigung ber in Aflen von
Pompeius getroffenen Verfügungen, Geſetze se. Pompeius hatte nemlich vie
Anordnungen feined Vorgängers L. Lucullus nicht anerfannt, worüber Lu⸗
cullus zürnte und von Cato, Metelus Creticus und Geler unterügt den
italiſchen Bolker. S. meine Anm. zu ber Lex Plautia Papirin. Das ius suflragii
fodann erhielten bie Neubürger nad Liv. Epit. 84. erfi im I. 670 — 84, und Gulla
befiätigte diefes im 3. 672 — 82, nad) Liv. Ep. 86. Bol. Kiene ©. 210. (W.T.)
® Da nad) Eiv. Ep. 84. auch im 3.670 — 84 bie Zahl ber Tribus nur die ge-
mwöbnliche von 35 war, fo Paun weder Appian's Angabe ron zehn nen errichteten
Tribus richtig fein (nach Göttling und Kiene if fie aud Verwechslung mit einer
Lex Livia entftauden), noch diejenige Candy ben Worten weniger augemeffene) Auf⸗
faſſung ber Stelle des Vell., wonach bie acht Tribus (in qvas oontribuereuter
novi qives) nenerrichtete gewefen wären, ©, Kiene a. a. S. 215, 210 - 222. [W. T.]
Leges Jualiae 977
Senat bewog, des Pompeius Benehmen nit gut zu heißen. Allein Gäjar
fegte die Anerkennung der Bomp. Anoronungen bei dem Bolt dur, obgleich
auch bier Lucullus widerſprach, bis man ihn mit einer Anklage wegen Aſtens
bedrohte, Suet. Caes. 20. Bell. II, 44. Dio Cafſ. XXXVIII, 7. Plut.
Pomp. 46. 48. Lucull. 42. App. b. c. II, 13. 4) Lex Jul. de Ptolemaeo
Aulete, in welcher diefer zum Yreund und Socius Roms ernannt und da⸗
durch als König beftätigt wurde (wie Suet. Caes. 54. meint, für Gelb), -
Gäf. b. c. III, 107. Gic. p. Rab. Post. 3. 5) Lex J. de repetundis, f. re-
petund. In biejer lex war mohl auch die Zeitvauer ber liberad legationes
beſchränkt, Gic. ad Aut. XV, 11., f. legatio ©. 847. 6) Lex J. de provinciis,
unbeftimmt, ob in Gäfar’8 Diktatur (fo Drumann III. ©. 624.) oder Eon»
fulat (fo Hoeck Röm. Gefh. I. ©. 129.) gegeben, beflimmte, daß Ten
Statthalter eine conſulariſche Provinz länger als zwei Jahr, eine vrätoriſche
länger als ein Jahr vermwalten- folle, Gic. Phil. I, 8. 10. II, 41. III, 15. V,
3. VII, 9. Dio Caff. XLIN, 25. Mehre andere die Provinzen betreffende
Berorbnungen gehören zur lex Jul. repetund. ®Bgl. lex Antonia Nr. 6.,
welche lex 3. wieder aufhob. B. Geſetze des I. 49 v. Ehr.: 1) Lex).
de aere alieno, von Gäfar unmittelbar nach feiner Diktatur gegeben, f. Bo.
IH. ©. 450. Die Gläubiger mochten dur die in dieſer lex angeorbnete
Maßregel etwa ein Biertheil ihres Capitals verlieren, Drumann © R. IM.
©. 472. Vermuthlich war ſchon in dieſem Geſetz auch die bonorum cessio
für Infolvente eingeführt, f. Bo. II. S. 1151., odgleih es 1. 7. C. qui bon.
(7, 71.) Heißt: legis Juliae de bonis cedendis, was aber wohl nur ein Ca⸗
pitel der größeren lex war. (Ebenſo b. es lex Julia de fundo dotali, und
war nur ein Gapitel ber lex Julia de adult.). 2) Lex Julia (de modo
credendi possidendique intra Italiam) verordnete, um ven. Beldumfauf zu
befördern, welcher dur die vorige lex hätte gehemmt werben fönnen, daß
Niemand zu viel baares Geld befigen folle (nicht Aber 15,000 Denare). Div Caff.
XLI, 38. ac. Ann. VI, 16. Dadurch fliegen vie Güter wieder im Werth,
u. noch Tiberius hielt feſt an dieſem Geſetz, Tac. 1.1. Suet. Tib. 48. 3) Lex J. de
proscriptis, welche die In dem Sullan. Geſetz enthaltene Härte gegen die Kin-
der der Proferibirten aufhob, f. proscriptio. Die Zurüdberufung mehrer
Berbannten erfolgte gleichzeitig, aber durch Gefege, welche Andere auf Cä⸗
ſar's Beranlaffung beantragten, Drumann II. ©. 473. 4) Lex J. de ci-
vitate Transpadanorum, durch welche die dem Diktator treu ergebenen Trand»
yabaner das ihnen fon früher verheißene röm. Bürgerrecht erhielten, ſ. Vd.
U. S. 394. u. Savigny in f. Zeitfchrift IX. S. 325 ff. C. Geſetze von
46 v. Ehr. u. den folg. Jahren: 1) Lex frumentaria, f. largitio &. 778
—780. 2) Lex de collegiis, |. ®b. H. ©. 498. Drumann III. ©. 620.
3) Lex sumptuaria, f. sumptus. 4) Lex iudiciaria, welche zwei Richter⸗
dekurien anoronete, f. S. 358; vgl. noch Cic. Phil. I, 8. Gell. XIV, 2.
Afe. p. Scaur. p. 20. Or., wo von der Zahl der Patroni die Rede iſt,
welche lex Julia beſchränkt habe. 5) Lex de maiestate, f. maiestas. 6) Lex
de vi, f. vis.. 7) Lex de sacerdotiis, erwähnt ep. ad Brut. I, 9. u. al8
gleichen Inhalts mit lex Domitia geſchildert. Sie iſt entweder identiſch mit
lex Atia, welde wohl aud von ihrem wahren Urheber Gäfar lex Julia
genannt werben Tonnte, over Gäfar hat fpäter lex Atia nod einmal modi⸗
fizirt und unter feinem eigenen Namen erfcheinen Lafjen. 8) Eine Lex Julia
(de privatis iudiciis), worin die Abihaffung des Legidaktionenverfahtens ans
georbnet iſt, Tann nad) Bat. IV, 30. angenommen werben, f. leges Jul.
(Aug.) iediciariae. 9) Lex Julia municipalis, fo gen. auf einer Inſchrift
in Babua (Drell. n. 3676.) und vermuthlich erwähnt von Cic. ad div. VI,
18. im 3.709 = 45, enthielt eine Stadt» und Polizetorbnung der Italiſchen
Städte (municipia, coloniae, praefecturae, fora, conciliabula). Sie war dur
Pauly, Real-Enchclop. IV. 62 '
978 Keges Julise
pie nen Transpadanern verliebene Givität veranlaßt worden, und bat Fid
großen Theils auf ber jogen. tabula Heracleensis erhalten, wie Gavign:
f&arffinnig entdedt und bewiefen bat, in f. Zeitſchr. X. ©. 340 — 377
Diefe Tafel enthält fehr verſchiedenartige Gegenſtände, nemlih im Anfan
Vorſchriften über die Behufs der Getraidevertheilungen nothiwenbigen pro-
fessiones bei den Magifttaten, welche aber denen, bie bieje-professio gemach:
hätten, bei der DBertheilung nichts geben dürften, |. oben S. 779. Gobanı
von 1. 20. an kommen polizeilide Beilimmungen über Straßen und Pläge.
nemlich daß die benachbarten Haudeigenthümer unter Leitung der Aedilen die
Straßen und semitae (Fußwege) in Bau und Beflerung zu balten und zu
reinigen hätten, widrigenfalls ed die Nebilen auf Koſten ber füumigen Haus:
beflger beforgten. Darauf von 1.56. folgen Vorfehriften über die Benugung
der Straßen und Pläbe (verbotened Fahren, verbotened Dffupirm u. Ver⸗
fperren dieſer Pläge, mit Angabe einzelner Ausnahmen). Erf mit I. 83.
beginnen die Beflimmungen über Senate und Magiftrate der Mumicipien,
über die Fähigkeit zu beiden Stellen und welde Leute davon ausgeſchlofſfen
feien. Dann wird von 1. 142. über den in den italiſchen Städten dur vie
Lokalmagiſtrate zu haltenden Separatcenfus gebanbelt, und von den nad
Mom einzuſchickenden Cenſusliſten, enbli von den etwa zu madenden Aen⸗
derungen in dem fläbtifden Geſetzen. Diejer manchfache Inhalt der lex ver-
anlaßte Savigny (ihm folgt H. A. U. Danz Lehrb. d. Gel. d. R. Rechts 1.
©. 70f.) zu der Anſicht, es ſei eine lex satura, d.h. eine aus verfchiebenen
Dingen ohne alle Verbindung zufammengefehte lex, melde man, um Zei:
und Mühe zu fparen, in einer Verſammlung vorgelegt und zur Annahmt
gebracht habe (Bel. v. satura. Iſidor. V, 16. Maxodhi comm. in tab. Heracl
p. 479. Goͤttling Geſch. d. Roͤm: Staatsverf. S. 353 f.). Allein es iſt wahr
ſcheinlicher, daß Alles eine zuſammenhängende lex municipalis war, beren
Mitte und Ende wir beflgen, aber den Anfang entbehren. Im Cingang
ber lex kann von der Städteverfafjung im Allgemeinen bie Rede gemeien
fein, nemlich von ber Verwaltung der fläbtiihen Angelegenheiten durch die
Magifrate und von deren Verhältniß zum Volk; dann folgten bie polizei
lichen Borfchriften Noms, welche die Behörden der Landſtädte ebenfalld be
folgen follten, wie bie zu Nom, und zuletzt kehrt die lex zurüd zu ver
ſtaͤdtiſchen Verfaffung. S. Puchta Inflitutionen 1. S. 386 f. Daß aber die
tab. Heraci. wirkli die von Gäfar entworfene Städteordnung ſei, get:
au aus Eic. ad div. VI, 18. hervor, wo es Heißt, daß die praecones
dur Gäfar’s lex von dem Gtabtfenat ausgeſchloſſen feien; und ein Gleiches
fagt au tab. Heracl. Die Tafel ſelbſt if von Metall und wurde 1732
bei Heraflea in großen Bragmenten aufgefunden (jett im Museo Borbonico
zu Neapel). Bearbeitet ift fle von A. S. Mazochi comment. in aeneas
tab. Heracl. Neap. 1754. u. 55. II. Hugo in f. civil. Magazin IH. ©.
340-388. G. T.%. Marezoll fragm. leg. Rom. Gott. 1816. H. E. Dirt.
fen obss. ad tab. Her. partem alt. Berol. 1817. und über bie erfle Abth. in
ſ. civiliſt. Abh. II. ©. 144 — 323. Haubold monum. leg. p. 98 — 133.
S. oben Savigny u. Puchta. 10) Lex Julia theatralis, Blin. XXIII, 2.,
war wohl nur eine Erneuerung ber lex Roscia; ſ. d. Att. D. Nah CGäſar't
Tod wurden aus feinen angeblich binterlaflenen Papieren viele Cdikte ıc., jo
wie mehre Geſetze von Antonius (unterflügt dur Caͤſar's Schreiber Babe»
rius) veröffentliht. Cicero Elagt oft über Antonius’ Schamlofigkeit u. Will
für, Gic. ad Att. XIV, mehrm. Phil. I, 8. 10 etc. App. b. c. IH, 3. Bio
Gafl. XLIV, 53. XLV, 25. 32. XLVI, 15. 23. Son. X, 12. Drumann ©.
N. J. ©. 108f. Hierher gehören: 1) Lex de rege Deiotaro, wodurch
biefer die ibm von Gäfar genommenen Länder wieder erhielt, Gic. Phil. II,
87. ad Aut. XIV, 42. 2) Lex de Creta, daß dieſe Inſel nad geembigter
Leges Jaliae 979
Amtsfuͤhrung ded Stätthalters M. Brutus frei fein ſolle, ic. Phil. H, 98.
Dio Gaff. 1. 1. 3) Lex de Siculis. GEbenſo erhielten die Einwohner Sicie
liens die Civität, während Gäfer file nur als Latiner hatte gelten laſſen,
Gic. ad Att. XIV, 12. 4) Lex de exsulibus revocandis, durch welche viele
Berbannte bie Erlaubniß zur Rückkehr erhielten, Cic. Phil. II, 38. I, 10.
111, 12. V, 4. VN,5. Dio Cafſ. 1. 1.
Leges Juliae (Augusti) waren theil8 crimineller Art, theils pro⸗
zeſſualiſch, theils bezweckten fie eine fittliche Wiedergeburt jener verborbenen
Seit: 1) Lex J. maiest. (ungewiß), f. maiestas, 2) Lex J. de vi (uns
gemiß), f. vis. 3) Lex 3. de ambitu, obgleich es eigentlich zwei leges J.
waren. Das erfle milde Gefeh erfchlen 18 v. Chr. und Heftimmte als Strafe
fünfjäßrige Ausſchließung von allen Aemtern (f. ®b. I. S. 400.), ein zweites
Geſetz, welches eine Ergänzung des erfien gewefen zu fein ſcheint, 8 v. Chr.,
führte Geldſtrafe ein, in Form eines Pfandes, welched der Candidat vor
der Bewerbung beponirte und im Yale des ambitus verlor, Dio Eaff. LV, 5.
Andere Quellen find: Dig. tit. ad h. 1. 48, 14. Cod. 9, 26. C. Theod. 9,
26. Paul. V, 30 A., aus denen fi ergibt, daß auf das Anwenden ges
waltfamer Mittel bei Bewerbungen die Strafe der aquae et i. i. gefeßt war,
für Bewerbung mit Beitehung nur Gelbftrafe, bazu aber infamia, f. Sid.
Apoll. ep. I, 3. In dem prozefiual. Theil der lex waren Belohnungen für
den Anfläger auf's Neue feflgefeht (f. praemium). Blofe Erwähnungen
diefer lex finden fi$ no Zac. Ann. XV, 20.1. 1.D. publ. iud. (48, 1.) 1.4.
C. Th. ad 1. Corn. fals. (9, 19.). Rein Röm. Criminalr. ©. 719 ff. 4) Lex
3. de adulteriis coercendis, Coll. IV, 2. u. a., oder fürzer 1. 3. de adult.,
ober de adult. et stupro, de adult. et de pudicitia, Suet. Oct. 34., u. 1.3.
de pudicitia ſchlechtweg, f. Dig. u. Cod. h.t. Auguſt wollte durch dieſes
Geſetz ſowohl die gefunfene Moralität heben, als feine lex über Ehe, Cdlibat ac.
(lex Jul. et Pap. Poppaea) unterflügen. Der allgemeine Inhalt der lex ift
ausgeſprochen von Ulp. 1. 12. pr. D. h. t. ne quis posthac stuprum adul-
teriumve facito sciens dolo malo, fie umfaßt alfo nit blos adulterium
(f. darüber Br. 1. S. 75 f.), fondern au stuprum (der Männer mit Frauen
und cum masculis, f. stuprum) und lenocinium als Beihilfe zu adult. und
stupr., f. d. Art. Ein Gapitel, gen. de fundo dotali, verbot dem Gatten,
ein zum Heirathsgut gehörendes Grundſtück zu veräußern, Bd. II. ©. 1255.
Paufl. I1, 21. Au war in der lex die Form ber Cheſcheidung vorgeſchrie⸗
ben, wie in lex Julia et Pap. Popp., f. I. un. D. unde vir (88, 11.) u. lex
Jul. et P.P. Unter den KRaifern blieb lex Jul. in Geltung, jebod vielfach
mopifizirt, erweitert und geſchärft. Lit.: Briffon. ad leg. Jul. de adult. in f.
op. min. ed. Trekell. p. 177—226. 3. ©. Hoffmann ad 1. Jul. de ad. Freft.
1732. und in Fellenberg iurisprud. anteiust. I. p. 107-302. ©. U. Klein»
ſchrod obss. ad I. J. de ad. Wirceb. 1795. E. F. Haupt de poena adult. ex
lege J. Lips. 1797. €. ®. v. Wääter Abhandl. aus d. Strafregt I. S. 102
— 122. Hein Röm. Erin. ⸗Recht S. 839—849. 5) Lex Julia de maritan-
dis ordinibus (gegen die überband genommene Ehelofigkeit gerichtet und zur
Beförderung des häuslichen Lebens überhaupt, nebenbei auch zur Bereicherung
des Aerars erlaffen), in der neuern Redaktion bes I. 762 d. St., In. Chr.
genannt lex Julia et Papia Poppaea. Der gewöhnligen Anſicht zufolge (ſeit
Heinecc.) Hätte Auguſtus ben erften Antrag der lex Jul. de m. o. 736 d. St.
an den Senat geftellt,. dieEomitien aber hätten die lex verworfen, Gut.
Oct. 34. Darauf fei 757 eine von Auguft motivirte lex (mit Milderung
ber Strafen, Vermehrung der Belohnungen ıc.) durchgegangen, allein Auguft
habe dieſelbe erſt nach einer Frifl von drei, darauf abermald von zwei Jah⸗
ren in Kraft treten laſſen (762), und zwar in einer neuen Rogation,- welche
die Gef. M. Papius Mutilus und O. Poppäus Secundus an das Volt
980. Leges Inline
braditen ; von benen bie lex nun ben Namen erhalten Lex Jul. et P. P. Das
Letzte iſt durchaus richtig (daß die lex 762 mit einer Erweiterung einen weuen
Namen empfing), allein der Urfprung der 1. Julia de marit. ord. (fo gen.
Suet. Oct. 34., in einem Scons. de lud. saeculor. bei Haubold monum.
p. 163., Vat. fr. 197. at. I, 178. Ulp. mehrmals) iſt nit erft im I. 736
dv. St., ſondern vielmehr 10 Jahre früher zu fuchen, wie in den wenig be:
achteten Schriften von C. F. &. Wenck obss. ad iurisprud, Lips. 1825. und
in ſ. opusc. acad. ed. Stieber p. 233 ff. u. 2. Gitzler quaest. iur. Rom. de
l. Jul. et P. P. Hal. 1835. p. I—18. überzeugend bewiejen worden ifl. (Aehn⸗
. Hide Anfidten über die Chronologie diefer lex hatten Pigb., Lip. exc. ad
Tac. III, C., Ramos del Manzano ad leg. J. et P. Madrid 1678. u. in Meer-
man thes. V, p. 1-550. Zimmern Geſch. d. Nöm. Privatr. I. 1, ©. 110 f.).
ae. Ann. III, 28. fagt nemlid offenbar, daß diefe lex im 6. Gonfulat Au:
guſt's, alfo 726 d. St. zuerft beantragt worden ſei; Div Cafſ. LIV, 16. aber fagı
vom I. 736, Auguftus Habe die Strafen für Eheloje gefhärft und Zumakıı
Belohnungen auf Ehe und Kindererzeugung gefebt; es muß alfo eine frühere
Rogation vorhanden geweſen fein; dieſe war Feine andere als bie des 3.726,
welde Tac. erwähnt (vielleiht auch Dio Cafſ. LI, 13.), die aber ihrer
Strenge wegen vereitelt wurde (Propert. II, 6, 1 ff. 13 f., nah Nobbe vom
3.730. St., freut fih, daß die lex nicht angenommen it). Somit if lex
Jul. de mar. ord. zum erften Mal 736 angenommen worden, Dio Cafſ. LIV,
17. tavre — Öisrouodere:. LV,2. Auch erwähnt Hor. carm. saec: v. 22 fi
(vom 3. 737) dieſes Geſetz als ein bereild gegebened. Darauf gab Auguf
mehrmals Friſten mit der völligen Einführung des Geſetzes, bis er endlid
762 bei dem Drängen der Ritter, welche völlige Aufhebung der lex forber-
ten, Die Geduld verlor und bad Geſetz modifizirt und erweitert durch die
Cofſ. Bap. und Popp. vom Bolt beftätigen ließ, Suet. Oct. 34. Tac. Ann.
MI, 25. Iflvor. Orig. IV, 25. p. 927. Goth., worauf ed den vollen Namen
erhielt lex Jul. et P.P. cf. Dio Caſſ. LVI, 1—i0. Doch hieß e8 no ofı
lex Jul. de marit. ord., |. oben, ober lex Jul. Papia, Coll. XVI, 3,4. Vat
fragm. $. 214. (Paull. jchrieb ad legem Jul, Papiam), auch lex Papia, Zacı.
1, 16. Xertulf. apol. adv. gent. A. und endlich fogar leges xar —— ĩ
Heinere. p. 13 f. Merill. obss. V, 10 Außer Paull. ſchrieben Über dieſes
Geſetz Terent. Clemens, Junius Mauricianus, Ulp. Marcellus, Gaius und
Ulpian. Es beſtand aus einer Reihe von Capiteln (dad 35. wird erwähni
1, 19. D. de r. n. 23, 2., das 7. Gell. II, 15.) u. hatte nach Gitzler S. 29 7.
u. Weſtrik diss. ad lec. Gai. de spons. Lugd. B. 1826. p. 100. zwei Haupi⸗
abtheilungen: publicorum und privatorum, Vat. fr. 197. Und ed IR nid
zu läugnen, daß Dasjenige, was Sell. IE, 15. als Inhalt der lex Julia
angegeben wird, nad Vat. fr. 1.1. in den 'Abth. publicorum u. privatorum
ftebt (melde Namen an bie leges Juliae iudiciorum publ. u. priv. erinnern
und deshalb von mehren Gelehrten auch fo erklärt worden find). Sollte
biefe Annahme auch gegründet fein, fo erwächst doch aus biefer leiſen An⸗
deutung Fein Vortheil für eine Reftitution diefer lex. Cine Unterfudung,
was urfprüngli zur lex Julia gehörte und was durch Die neue Nedaktion
binzugefommen fel, würde fehr ſchwer fein. Wir verbiuden hier bie Haupt⸗
nachrichten, nah denen ber Inhalt der lex folgender war: 1) Verbot des
ehelofen Lebens, nemlih wenn Männer von 2060 Jahren und &rauen
unter 50 Jahren (fogar Wittmen) unverbeirathet find, Ulp. XVI, 3. 4. Gai.
I, 111. 286. cf. Sen. fragm. p. 419. ed. Bip. T. IV. Die nachtheiligen Fol⸗
ge ber Chelofigkeit Fonnten durch eine binnen 100 Tagen zu vollziehende
eirath vermieden werben, Uly. XVII, 1. XXI, 3. — 2) Ebenſo war ver»
boten, daß Männer über 25, Frauen über 20 Jahr alt kinderlos fein ſoll⸗
tn, Ulp. XVI, 1.2. Gai. L. I. Tertull. adv. gent. 4. — 3) Die Grafen
Leges Jualise J 981
waren folgende: ber Eheloſe Tanıı weder Erbfchaften noch Legate antreten,
außer wenn ber Teflator ganz nahe mit ihm verwandt iſt, fondern er erhält
gar Nichts, der verheirathete Kinverlofe erhält nur die Hälfte des ihm Ver⸗
machten; f. Ulp., Gai. J. J. Sozom. I, 19. Un die Stelle des Ausgeſchloſ⸗
fenen treten andere im Teſtament ‚genannte Perfonen, welche den Borderungen
der lex genügen, und follten auch diefe mangeln, fo füllt die Erbſchaft als
caduca an dad Aerarlum, f. Bd. I, ©. 1149 f. Wer folde dem Staat
verfallene Erbſchaften anzeigte, erbielt eine Belohnung, Suet. Ner. 10., f.
delator Bd. II. ©. 896. — Hierher gehören auch die erweiternden Beſtim⸗
mungen über die Erbfolge des Patrons (iowie deſſen Frau und Kinder) in
die Güter des Breigelaflenen, — voraußgefeßt, daß der Patron das ius
trium lib. hatte, Gai. III, 42—53. Ulp. XXIX, 3. 5—7. Inst. IH, 7, 2. 3.
S. die Unterfuhungen über diefen höchſt ſchwierigen Gegenſtand von Unters
Holzner, in Savigny 8 Zeitſchr. f. geſch. Rechtsw. V, S. 101—109. Hufe
Studien des Röm. Rechts S. 25—58. Mein Röm. Privat. S. 387 f. —
4) DBorzüge ber verbeiratheten und mit mehren Kindern gefegneten Perfonen.
lleber das Letztere f. ius trium liberorum ©. 699. und über das Erftere Suet. Oct,
44. Dart. V,42. (beffere Bläbe im Theater). Weber die Beftalinnen, welche
ebenfalls ius trium lib. haben, f. Vestales. — Bor den in diefer lex gegen
Shelofigkeit angeorbneten Nachtheilen ſchützte fhon Verlobung, fobald binnen
2 Jahren Ehe darauf folgte, mithin mußte die Braut wenigftend 10 Jahr
alt fein, Suet. Oct. 34. Dio Caſſ. LIV, 16. 5) Vorſchriften über die Be-
f&affenheit der Ehen (ſ. Bd. II. S. 591.). Die Senatoren und die Kinder
derjelben durften ſich nicht mit Freigelafienen, Schaufpielerinnen oder andern
zweideutigen rauen verheirathben. Die Breigeborenen durften zwar Breige-
laffene, aber feine lena, feine Buhlerin, feine Ehebredherin und Feine wegen
- Eriminalverbrechen Condemnirte heirathen, Ulp. XIII. XVI, 2. Dio Gafl.
LIV, 16. LVI, 7. 1.43. 44. D.r. n. (23, 2.) 1. 5—7. D. senat. (1, 9.).
6) Anordnungen in Betreff der Eheſcheidungen: a) Abzüge von der dos im
iudicium de moribus, |. ®b. II. ©. 1189. 1255. Bd. IV. ©. 387.; b) Auf-
bebung des Uſus als Form, eine Ehe zu fließen, fomwie der damit zuſam⸗
menhaͤngenden Ehefcheidung, f. usucapio ; c) beflimmte Formen für die Ehe.
ſcheidung (feierlide Abgabe des Scheivehriefs), |. Bd. II. ©. 1189. u. 1. 35.
D. de don. (24, 1.); d) Verbot für die mit dem Patronus verheirathete
Liberta, dieſe Ehe zu trennen, wenn nicht der Gatte einwilligte, 1. 11. D. de
div. (24, 2.). 7) Beflinnmungen über die Bormundfchaft unverheiratbeter
Brauen, Behufd der zur Verheirathung nöthigen dos, über das Goncubinat, ,
f. matrimonium, und wahrfcheinlih noch vieles Andere, weshalb das Gefeg
auch lex Miscella genannt wurde, Nov. 22. ce. 43. Xit.: F. Balduin de
lege J. et P.P. in comm. ad leg. Basil. 1559. und in Heinecc. iurispr. I,
p. 191— 228. 3. Gothofred. fragm. leg. J. et P. coll. restit. illustr. Heidelb.
1617. und in Heinecc. syntagma ant. p. 209 ff. Bad hist. iur. p. 326—
347. Hugo Geld. des Nöm. R. S. 753— 765. (XI. Aufl.) Nein Röm.
Privatr. ©. 82f. 213f. Hoeck Röm. Geſch. I. 2, S.333 ff. Puchta Inſtit.
I. S. 506 ff. und die oben cit. Schriften. Darin iſt aber auch mit Recht
bemerkt, daß dieſes Geſetz feinen Zweck verfehlte und daß das fittliche Ders
derbniß dadurch nur momentan gehemmt wurde. — 6) Leges iudiciariae, gen.
Macrob. Sat. I, 10. Die lex iudiciaria, welde die 4. Richterdekurie ein-
führte, |. S. 358. Nun fragt ſich, ob diefe lex identiſch ift mit der lex
Julia iudiciorum publicorum, welche allgemeine prozefinal. Beflimmungen
über Unklage, Zeugen u. f. w. enthielt, 1.12. 6.2. 1.3. pr. D. accus. (48,
2.) 1.4 D. test. (22, 5.). Die Quellen find zu fpärli, ala daß fich Etwas
mit Beflimmtheit ermitteln ließe. Nicht unmahrfcheinlih iſt, daß Auguſt
eine allgemeine lex iudiciaria über die Givil- u. Criminalrichter erließ. Auf
- 14
+
982 Lex Jal. Papiria — Lex Jania Lieinia
diefe bezieht ſich auch die 1. un. F. 4. D. de 1. Jul. amb. (48, 14.) genannte
lex iudiciaria, und die lex Jul. in 1.9. 6.2.1.41. D. recept. (4,8.). Dann
erfhien die oben gen. lex Jul. iud. publ. und daneben eine lex J. iudieciorum
privatorum , welche erwähnt tft 1.2. $. 1. D. iud. (5, 4.), Gel. IV,2. Diefe
ſchaffte die legis actiones ab, nachdem in der lex Cäſar's daffelbe beſtimmt
war, denn die Gat. IV, 30. genannten duae leges Juliae können ſich doch
. nicht auf zwei Geſetze Auguſt's beziehen, ſondern find wahrfgeinli eine lex
iudiciaria Gäfar’8 und eine dergleichen Auguſt's. %. Foreſti hypomnem. ad
I. Julias publ. iudic. Patav. 1699. 7) Lex J. de vicesima hereditatum,, f.
vicesima. 8) Leges J. de peculatu und de annona gehören entmweber
Cäfar oder Auguft an, wahrſcheinlicher aber dem Letzteren. Ueber lex J. de
pecul. f. peculatus. Lex J. de annona wird genannt Dig. h. tit. 48, 12.
Inst. IV, 18, 11. und bezwedte theild, daß es Rom nit an hinreichendem
@etraide u. Lebensmitteln überhaupt fehle, theils daß diefelben zu mäßigen
Preifen zu haben feien. Unter den von der lex angeordneten, une aber
mwenig bekannten Maßregeln befand - fh namentlich ein Verbot gegen Ge⸗
traidewucher oder Steigerung ber Betraidepreife, 3. B. durch Verhinderung
der Zufuhr, 1.2. pr. D. h. t. lege J. poena statuitur adversus eum, qui contra
annonam fecerit societatemve coierit, quo annona carior fiat. Die Strafe
beftand in der Bezahlung von 20 aurei, welche fpäter erhöht wurde, f. dar-
danariatus, Bd. II. ©. 859. und praefectus annonae. .
Lex Julia Papiria de mulctis, 430 v. Ehr., f. mulcta.
Lex Julia et Plautia verbot, daß die mit Gewalt genommenen
Sachen ufucapirt werden Eönnten, Gat. II, 45. Inst. II, 6, 2. Lex Plautia
et Julia h. file 1.33. $.2. D. usurp. (41, 3.). Theophilus Inst. 1. 1. trennt
Plaut. und Jul., deshalb ift es wahrfcheinlicher, daß lex Jul. Pi. nicht ein
Geſetz war, fondern zwei, nemlich lex J. de vi und lex Plautia de vi, in
welchen beiden dieſe Uſucapion verboten gemefen fein Eonnte (ja vielleicht
fon vorber), f. vis; Nein Roͤm. Crim.⸗Recht ©. 740.
Lex Julia Titia dehnte die Beflimmungen der lex Atilia über die Bor-
mundſchaft au auf bie Provinzen aus und übertrug den Statthaltern Die
datio tutoris, Ulp. XI, 18. Gat. I, 185. Inst. I, 20. pr. Ruborff Vor⸗
mundſchaftsrecht I. S. 357 ff.
Lex Junia, erwähnt von Feſt. v. prorsus p. 234: Cato de fene-
ratione legis Juniae, worauf fih Non. v. pedato bezieht: Cato in dis-
suasione de feneratione. Wenn $eft. nicht corrupt tft, fo muß man alto
lex Junia für ein ins» oder Wuchergeſetz Halten, gegen welches M. Borc.
Cato Eenf. ſprach, vielleicht deshalb, weil e8 nad feiner Anſicht nicht ſtreng
genug war. So vermuthet Meyer orat. Rom. fr. p. 38f., ebenfo, daß das
Gefeß deshalb anderwärts nicht ermähnt werde, weil ed vermutblih nid
durchgegangen fet.
Lex Junia repet. zwiſchen 149 u. 104 v. Ghr., f. repetund.
Lex Junia des Conſ. M. Junius Silanus 129 v. Ehr., in welder
mehre in den Jahren vorher gegebene Gefege, quae rem militarem impedi-
rent (@ic.) oder quibus militiae stipendia minuebantur (Afe.), abrogirt
wurben. fe. in Cic. Cornel. p. 68 Orell.
Lex Junia des Bolfätr. M. Jun. Pennus 126 v. Chr. Diefe leı
orbnete eine Unterfuchung gegen bie Fremden an, melche fi das röm. Bür-
gerrecht angemaßt hatten. Die Condemnirten gingen ber ufurpirten Rechte
verluftig und wurden aus Nom gewieſen, Cic. de off. III, 11. C. Gracdhuß
fcheint dagegen geweſen zu fein. Feſt. v. respubl. p. 286 Müll. Perperna
wurde nad) biefer lex condemnirt (nicht nach lex Papia), Bal. Mar. III, 6,5.
©. lex Papia.
Lex Junia Licinia, 62 v. Chr. von D. Junius Silanus n.2. Licin.
>
Lex Junia Norbana — Lex Licinia 983
Murena, erwähnt Cic. ad Att. II, 9. IV, 16. in Vat. 14. p. Sest. 64. or.
p. dom. 16. Phil. V, 3. In der legten Stelle beißt ed: ubi lex Caec. et
Didia? ubi promulgatio trinum nundinum ? ubi poena recenti lege Junia
et Lie.? Daraus ift allgemein und von jeher geichloffen worden (f. auch
Br. 11. 6&.539.), lex Jun. Lic. habe die Lex Caec. Did., nad welcher jeve
Mogation 3 Nund. vor den Comitien befannt gemacht werben mußte, er⸗
neuert und geſchärft, obgleih in Cic. Worten nichts davon liegt. Es ift
vielmehr eine andere Notiz zu berüdfihtigen, Schol. Bob. p. Sest. 310 Orell:
lex Lic. et Jun. — cavebat, ne clam (cod. hat ohne Sinn clac, wofür,
Klog zu Eic. Reden III. ©. 1019. clauso leſen wollte, was nicht zu er»
tlären ifl) aerario legem ferri liceret, quoniam leges in aerario conde-
bantur, d. 5. das Geſetz verbot, neue Gejege ohne Zeugen (damit feine
Verfälſchung der Tafeln vorgenommen werben könne) in das Nerarium zu
bringen, wo die Gefeßtafeln aufbewahrt werben (j. z. B. Suet. Caes. 28.).
Diefer Sinn tritt noch fchärfer hervor, wenn man inferri lieöt, wie Prof.
Halm (in einer freundſchaftlichen Mirtbeilung) conjichtt. Die richtige Erklä⸗
rung bat zuerft Walter Geſch. d. Rom. R. 2. Aufl. ©. 135. — ©. no
BD. IV. ©. 364 f., wo die Anklage des Vatinius vor dem in diefem Geſetz
eingeridpteten außerorbentlihen Gericht erwähnt if.
Lex Junia Norbana, Geſetz der Coſſ. M. Iun. Silanus und 2,
Norbanus Balbus 19 n. Ehr., woburd der neue Stand der Latini Juniani
eingeführt wurbe, |. ©. 800f.
Lex Junia Petronia,.f. Petronia.
Lex Junia Velleia, von den Eofl. M. Sun. Silanus und Belleius
(oder Beläus) Tutor, wie fle 1. 2. pr. D. ad Scons. Vell. (16, 1.) genannt
werden. Das Jahr ift unbefannt, da weder in ven Fastis, noch in den
andern Duellen diefe Cofſ. neben einander genannt werden. Nur eine In»
fhrift aus unbeflimmter Zeit. bei Gruter 470, 4. 2. bat 8. Gilan. und €.
Bel. Tutor. Manche Gelehrte nehmen das 3.10 n. Chr. an (z. B. Söfchen
Vorleſ. IH. 2, ©. 209. Burchardi Staatd- u. Rechtsgeſch. S. 238.), doch
da find G. Sun. Silan. und PB. Eornel. Dolab. Coſſ. (Fasti u. bei Gruter
176, 2. 1045, 2.); Schulting ad Ulp. XXI, 19. Hält pas I. 46 n. Chr.
für das richtige, Schrader ad Inst. II, 13, 2. flimmt bei, menigftens jet
das Geſetz nicht jünger. Der Name Jun. Vell. ftebt 1. 10. $. 2. D. test.
tut. (26, 2.), 1. 13.D. iniusto (28, 3.). “Der Name lex Velleia ift aber
viel häufiger, 1. 29.D. de lib. et p. (28, 2.) etc. Die 2edart Julia Vell.
bei Ulp. XXI, 19. iſt durch Gorruptel entflanden. Dieſes Geſetz geftattete
die Erbeinfeßung eines Solchen, der nah Errichtung des Teflaments, aber noch bei
Lebzeiten des Teſtators als suus deſſelben geboren werben würbe, 1. 29 D.
1.1. Gai. II, 133f. Ulp. XXI, 19. Die Einfegung eines fremden postu-
mus var ungiltig.
Lex Licinia, f. lex Aebutia.
Lex Licinia bed Prätord P. Licinius Varus 208 v. Chr, daß bie
ludi Apollinares allemal an einem beflimmten Tag gefeiert werden follten
(in perpetuum in statam diem voverentur), Liv. XXVII, 23. °
Lex Licinia, über vie Einfegung und Wahl der triumviri epulones,
197 ». Chr., f. Bd. IH. S. 209.
Lex Licinia de sacerdotiis, 145 v. Chr. von dem Volkstrib.
C. Licinius Erafjus, daß die Priefler nicht mehr cooptirt, fondern vom Volk
gewählt werden follten. Die ganze Stellung der Prieftercollegien ftand auf
dem Spiel, darum Fämpften die Öptimaten heftig gegen bad Geſetz, nament⸗
lich €. Lälius Sapiens (in f. or. de collegiis), @ic. Lael. 25. Brut. 21.
den. d. HI, 2, 17 etc., f. Meyer orat. Rom. fr. p. 170ff. Das Geſetz ging
nit durch; fpäter geſchah daſſelbe durch lex Domitia.
98 Lex Lieinla — Leges Livine
Lex Licinia de sodaliciis, f. sodalicium.
Lex Lic. sumptuaria, f. sumptus.
Lex Licinia beflimmte, daß Derjenige Feine actio communi dividundo
anftellen dürfe, welcher iudicii evitandi causa den ihm zuftehenden Antbeil
veräußert hatte, 1. 12. D. de alien. iud. (4, 7.). Die Zeit dieſer lex if
ganz unbeftimmt. |
‚ Lex Licinia Cassia, 171 v. Chr. von den Eoff. P. Licin. Erafl.
und C. Caſſ. Longin., daß die milttär. Tribunen in diefem Jahr nicht von
dem Volk, fondern von den Coſſ. und Prätoren gewählt werben follten,
Liv. XLH, 31.
Lex Lic. Mucia de civibus regundis ober redigendis, 95 v. Ehr.,
von den Eoff. 8. Licin. Erafi. u. DO. Mucius Scävola. Dieſes Belek ver⸗
ordnete, daß alle socii qvi pro civibus se gerebant ohne ihre Civität nad-
weifen zu können, aus Rom weg und in ihre Heimath gewiefen werden
follten. ine befondere quaestio wurde durch tie lex errichtet, und bie ital.
Bundeögenoffen wurden dur diefe Maßregel jo febr erbittert, daß Aſcon.
fie vel maxima caussa belli Italici nennt; f. @ic. p. Corn. fr. 30. u. Wie.
». 67. Cic. p. Sest. 13. u. Schol. Bob. p. 296. ic. de off. III, 11, 47.
p. Balb. 21. 24. Brut. 16, 63. Kiene der röm. Bunbesgen.=Krieg S. 197— 139.
Laeges Liciniae Sestiae, Geſetze der Volkstrib. C. Licinius Gals
vus Stolo und 2. Seſtius, 376 -367 v. Chr., auf das materielle und poli⸗
tiſche Wohl der Plebejer gerichtet und trotz alles Widerflands durchgeſetzt,
Liv. VI, 35. Niebuhr R. ©. II. S. 1—36. Göttling Geſch. d. R. Verf.
&. 349 ff. 1) Lex Lic. S. führte die Wahl von Coff. wieder ein (flatt der
Confulartrtb.) und beitimmte, daß allemal einer von beiden Plebejer fein
müfje, Liv. VI, 36. VII, 1. 21. 22. 25. X, 7. Gel. XVII, 21. Flor. I, 26.
Bal. Mar. VII, 6, 3. Schol. Bob. p. Scaur. p. 375. Plut. Camill. 39.
42. Zon. VII, 24. 2) Lex Lic. de modo agrorum, f. possessio. 3) Lex
Lic. de aere alieno, f. ®Bv. IH. ©. 449. 4) Lex Lic. S. de decemwiris,
daß 10 decemviri sacrorum (Bd. II. S. 874.) gewählt werben follten, und
zwar zur Hälfte aus Patrictern, zur Hälfte aus Plebejern, Liv. VI, 37. 42.
Leges Liviae, 122 v. Chr. von dem Volfätrib. M. Liv. Drufus
im Intereffe der ariftofratifchen Partei beantragt, um die Gracchiſchen Eoncei-
flonen noch zu überbieten. So ſchrieb er 1) lex agraria, nah welder 12
Colonien ausgeführt werben fellten, mit der Beflimmung, daß das zu er:
theilende Land nicht fleuerpfliktig, Tondern freied Eigenthum werde, App.
b. c. I, 23. Plut. C. Gracch. 9. lex Thor. c. 37. ed. Rudorff. 2) Les
de Latinis, nah welder bie im Heer bienenven Latiner von Förperlichen
Züchtigungen frei fein follten, Plut. C. Gracch. 9. — Drufus ließ beibe
Geſetze fallen, ſobald der Zweck derſelben, des Brachus Sturz, erreicht war.
Leges Liviae, 91 v. Chr. von dem unruhigen Volkstr. M. Livius
Drufus, Sohn des eben Genannten, entfprungen aus verſchiedenen Tenden⸗
zen, worüber b. Art. M. Livius Drusus zu vergleihen, fomwie I. F. v. Bem⸗
‚ melen de Liviis Drusis. Lugd. B. 1826. und E. A. I. Ahrens, die 3 Volke⸗
tribunen Gracchus, Drufus und Sulpic. Leipz. 1836, an .vielen Stellen.
Ueber feine Gelege im Allgemeinen f. Liv. ep. 71. ic. de leg. II, 6. 12.
p. Corn. fr. 11. u. Aſc. p. 68. or. p. dom. 16. 19. Bel. II, 13. Flor.
IN, 17. Blut. C. Gracch. 9 ff. App. b. c. 1,35 f. U. Vict. ill. 66.
Der Senat bob dieſe Geſetze bald nad Livius’ Tod auf (neque iis teneri
populum), indem fle contra auspicia durchgegangen feien. ©. d. cit. Stellen.
1) Lex Liv. iudiciaria, f. S. 397. in Capitel diefer lex bebrohte vie be⸗
ſtechlichen Richter mit Strafe, Eic. p. Rab. Post. 7. Apr. b. c. I, 35.
Dommfen in Zeitfhr. f. Alterthumsw. 1843, Nr. 102. 104. 2) Lex Li.
de coloniis. Dieſe Eolonien waren ſchon von Druſus' Vater dem Bolt
\ -
Lex Lutatia — Lex Mamilia etc. 988
verſprochen, aber nicht ausgeführt. Jetzt wiederholte ber Sohn das Geſetz
und vermehrte die Zahl der Colonien. 3) Lex L. agraria, f. possessio.
4) Lex L. frumentaria, f. largitio. 5) Lex Livia über die Münzen, daß
dem Silbergeld ein Achttheil Kupfer zugefet werben folle, Plin. H. N. XXXIII,
13. 6) Lex L. de civitate sociis danda, dur welde die Stalifer das
röm. Bürgerredt erhalten follten, Liv. ep. 71. Bell. II, 14. App. 1. 1.
Gerade als dieie lex beflätigt werden follte, wurde Liv. ermorbet.
Lex Lutatia de wi, f. vis.
Lex Maenia, 286 v. Ghr., deſſelben Inhalts wie lex Publilia, daß
die patres vor den Gomitien auctores des Beſchluſſes würden, Gic. Brut. 14.
ſ. ®. II. S. 331f. 537. und Patres.
Lex Maenia agraria, f. possessio.
Lex Maevia, circa 185». Chr. gegeben, von M. Porc. Cato empfoh⸗
Ien, fonft unbefannt, Priſcian I, p. 549.
Lex Maevia, gen. von Varro bei Non. II, n. 785. v. sugillare,
wahrſcheinl. auf Leichenbeflattungen zu beziehen.
Lex Mamilia finium regundorum (nad Einigen vom Conful
C. Mamil. Turrinus 239 v. Chr., nad Undern von einem Volkätr. C. Mamil.
Limetanus 164 v. Chr. ober 110 v. Chr. — ohne Beweiſe!) beſtimmte, dag
zwifhen den Grunpflüden ein Gremftreifen von 9 Zuß Breite (intra pedes
quinos fagt die lex bei Sicul. Flacc. p. 8. Gods. nad Cod. Gudian.) fein
jolle, welcher nit ufucapirt werden Eönne, und baß bei vorkommenden
Brenzftreitigfeiten nicht mebr 3 arbitri (fo nad den XII Taf.), fonvdern nur
ein arbiter richten folle, Cic. de leg. I, 21. Brontin. p. 83. Gare ad l.
Mamil. Trai. ad Rh. 1779, aberm. von Richter ed. Lips. 1782. Rubvorff
in Savigny’8 Zeitſchr. f. geih. Rechtsw. IX. ©. 389 f. X. ©. 347—363.
Lex Mamilia gegen Jugurtha's Freunde, vom Volkstr. C. Mamil.
Zimetanud 110.0. Chr. Sie verordnete eine quaestio, welde Diejenigen
beftrafen folle, quorum consilio Jugurtha senatus decreta neglexisset, qui-
que ab eo in legationibus aut imperiis pecunias accepissent, qui elephan-
tos quique perfugas tradidissent, item qui de pace aut bello cum hostibus
pactiones fecissent, Sal. Jug. 40. 65. ic. Brut. 33. 34. Schol. Bob.
p. 3i1. Or. Es wurden drei Quäſitoren gewählt, welde firenge Unter»
ſuchungen anflellten. Bolgende wurden angeklagt: C. Sulpic. Balba, 2.
Galpurn. Beſtia, C. Porcius Cato, Sp. Albinus, 8%. Opimius.
Lex Mamilia, Roscia, Peducaea, Alliena, Fabia. Unter
biefer Ueberſchrift befinden fi 3 Gapitel einer Roͤm. lex bei ven Roͤm. Agri⸗
menforen, f. Goëẽſ. script. rei agr. p. 339 ff. und Qaubold monum. p.
166 ff. Die gen. Fragmente ſprechen von Eolonien, melde diefer lex zufolge
deducirt werben follen, von Diunicipien, Präfekturen ꝛc., welde zu conftitui=
ren feien, von den zu afflgnirenden Grundftüden, von den auf der Feldmark
der Colonien zu ziehenden Limiten und Dekumanen, ferner von tem Guras -
tor, welcher die Colonien debucirt und alles Andere Teitet, welcher auch die
Grenzfteine errichten läßt und über deren Verlegung fo lang richten fol (mit
einer Strafe von 5000 Seft. für ven dolofen Verleger), bis die ordentlichen
Magiftraten ihre Stellen angetreten Haben. Auch find mehre prozefiuale
Vorſchriften damit verbunden, f. Sell Necuperatio d. Nöm. ©. 283— 294. ;
vgl. Br. U. S. J13 ff. Gemdhnlih iſt dieſe lex agraria der Ueberfchrift
wegen mit ber oben gen. lex Mam. fin. regund. zujammengeftelt und zu
einem Ganzen vereinigt worden (BoEf., Heinecc, Sel ©. 363. 411 f.).
Andere haben eine boppelte lex Mam. angenommen: a) fin. reg., b) de colon.
(fo A. Auguftin. de leg. Pitiſc. lex. h. v. Hugo Rechtsgeſch. S. 404. XI
Aufl.) Das Legte iſt infofern richtig, als die bei Cic. gen. lex Mam. ganz
verschieden iſt von der bei den Agrimenſoren vorkommenden 53. allein es
IV.
⸗
986 Leges Maniliae — Lex Marcia
iſt jeßt ausgemacht, daß dieſe ketztere niemals eine lex Mam. geweſen iſt, ebe
fo wenig als eine J. Rosc. Ped. u. ſ. w. Die Abſchreiber Haben nemlid
nur die Meberfchrift ver In der Urſchrift enthalten geweſenen leges abgeſchrie
ber. (lex Mam. Rosc. etc.), den Text der Plebiſcite aber weggelaſſen, ii
daß die Namen lex Mam. etc. die Ueberſchrift der folgenden Fragmente ::
fein fhienn. Schon Haubold und Huſchke deuteten ihre Zweifel an be
Nichtigkeit de8 Namens lex Mam. an, aber Ruborff (in Zeitſchr. f. gei.
Rechtsw. IX. S. 379—420.) Hat zuerft klar bewiefen, daß die erwähnten
Bragmente ver lex Julia agraria angehören, melde 1. 3. pr. D. de term. m.
(47,21) erwähnt wird. Als Verfafſer der lex wird von Rudorff der Kaiin
C. Ealigula angenommen, welche Hypotheſe mehr Wahrfcheinlichkeit Hat, als
dad Beleg auf den Diktator Cäſar zurüdzuführen.
Leges Maniliae, zwei Plebifeite des Volkstr. C. Manilius 67 u.
66 v. &hr.: 1) de libertinorum suffragiis, f. Liberti; 2) de imperio Ch.
Pompeii, befannt durch die Rede Eicero’8, in melcher er die Annahme des
Geſetzes empfahl. Der Vorſchlag war, daß En. Pompelus mit unum-
ſchränkter Vollmacht, und ſowohl mit dem Commando über Heer und Flotte
als mit confularifcher Gewalt in ven Ländern Aflens, zum Feldherrn gegen
Mithrivat und Tigraned ernannt werben ſollte. Trotz der Unzufriebenbeit
de8 Senats ging das Geſetz durch, f. Cic.Reve, Afc. Cornel. p.69f. Bell.
11, 33f. Liv. ep. 100. Dio Caſſ. XXXVI, 25. Plut. Pomp. 30. Lucull
35. App. Mithr. 97. Zon. X, 4. ©. Cn. Pompeius u. Drumann G. NR.
IV. ©. 416-429. V. ©. 355 ff. 3) de suffragiorum confusione (ange
nommen von Walter Gef. d. R. M. 2. Aufl. ©. 128.) hat als beſondere
lex nie eriftirt und kommt auch unter vielen Namen nicht vor. ic. p. Mur.
23. fagt zwar: confusionem suflragiorum flagitasti, prorogationem legis
Maniliae, aequalionem gratiae cett. Allein daraus geht nicht hervor, dar
lex Manilia eine confusio suffr. beantragt habe; dieſe Worte 5. nur: Bu.
o Servius, Haft eine neue Art der Suffragien beantragt (um den Ambitus
zu beſchränken), du haſt dadurch fogar die lex Man. (de libert.) wiede:
in's Leben gerufen (db. 5. indem bein Borfchlag, vie suffragia betreffent.
Aehnlichkeit mit der lex Man. hatte) 0. — Daß Serviuß die den Optimaren
verhaßte lex Man. de libert. wieder habe einführen wollen, ift nit wahr.
ſcheinlich und liegt auf nicht in Cic. Worten, welcher hier, wie oft, ta,
wo ed darauf ankommt, den Gegner anzugreifen, in ver Wahl der Wort
nicht zu gewiffenhaft war. Es ift alſo die bier erwähnte lex Man. die unter
1. bezeichnete, durch welche allerdings gewiffermaßen eine confusio suflr..
eine aequatio gratiae etc. entfland. S. die Erflärung von Manut., Garaton.,
Ernefti in Baiter's index p. 218 f. Vgl. Peter Epochen der Verf. d. rom
Rep. S. 151 f.
Leges Manilianae, @ic. de or. I, 58., find firenge Kaufftipula-
tionen, durch welche fich der Käufer Sicherheit verfchaffte, daß die verkauften
Dinge die verfprochenen @igenfchaften hätten, f. Br. III. ©. 133.
Lex Manlia, von Gonful En. Manlius 357 v. Ehr., auf unerhoͤru
Weiſe im Lager bei Sutrium von den Soldaten tributim angenommen. Eie
führte die vicesima bei Freilaffungen ein, Liv. VII, 16.; f. vicesima.
Lex Manlia de libertinorum suffragiis, f. liberti.
Lex Marcia de censoribus, von dem Cenſor Marcius Genforinuß,
bag Niemand die Eenfur zum zweiten Mal befleiven könne, Blut. Cor. 1.
(Br. I. ©. 248.). Die rogatio ded En. Marc. Genf. bei Eharif. p. 123.
Teint eine andere geweſen zu fein, indem in des C. Gempr. Gracch. Rede
über die BIN die Wahl der Militärtribunen behandelt wurde.
Lex Marcia de Liguribus, 172 v. Chr., PBlebifelt der Volketr. MM.
Marcius Sermo und O. Marcius Sulla, woburd eine quaestio beantragt
Lex Marcia — Lex Metilia 987
wurbe gegen bie, welche bie Liguren ungerechter Weiſe befriegt und Unſchul⸗
Dige gefangen genommen hätten. M. Popillins Hatte diefes als Feldherr
gethan und wurbe deshalb nah lex Marc. angeklagt, entging aber durch
Gunſt des Prätord C. Liciniud der Condemnation, iv. XLII, 21 f.
Lex Marcia agraria, f. possessio. ,
Lex Marcia de fenore, nur genannt Gai. IV, 23., daß die von den
Wucherern erhobenen Zinfen (jedenfalls die ungeſetzlichen) durch manus in-
iectio von ihnen wieder gefordert werben Eönnten. |
Lex Marcia Atinia, Plebiſcit der Tribune OÖ. Marcius Rex
rend ©. Atinius Labeo Über den Prieven mir Philipp von Macebonien,
Liv. XXXIN, 25.
Lex Maria de ambitu, 119». Chr., Plebifeit des Volfstr. C. Marius. .
Der Inhalt dieſes Geſetzes iſt nicht bekannt, denn die von Cic. de leg. III,
17. erwähnte Maßregel (daß Marius die pontes, d. h. die Brücken, worüber
die Stimmenden zogen, enger gemacht babe — damit fih Niemand dahin
begebe und den Play zu Beftehungsanträgen benuße), von’ der auch Blut.
Mar. 4. ſpricht, kann doch nicht die ganze lex geweſen fein. Vielleicht wurde
fhon von Marius eine quaestio perpetua de amb. eingeführt.
Lex Maria Porcia, ein Plebiſcit der Volkotr. 2. Marius und M.
Borc. Cato, machte die Ehre des Triumph von gewiffen Bebingungen ab⸗
hängig, die von Seiten des Triumphators erfüllt werden mußten, Dal. Mar.
1,8, 1. Ä
Lex Memmia de Jugurtha, vom Volkstr. C. Memmius 111 v. Chr.,
des Inhalts, daß der Prätor 2. Caſfius nad Afrika reifen u. den Jugurtha
gegen ſicheres Geleite nah Rom bringen möge, damit der Letztere diejenigen
angebe, welche von ihm in Afrika beſtochen worden wärgı, Sal. Jug. 32.
Lex Menenia Sestia, f. mulcta.
Lex Mensia modificirte dad frühere Eherecht. Es galt nemli als
Net, daß, wenn beide Gatten connubium hatten (Bd. II. S. 590.), die
Kinder dem Stand des Vaters folgten (3. B. als Bürger in Nom oder in
einem Municipium); wenn aber die Che ohne connub. geſchloſſen war (3.8.
zwiſchen einem Nömer und einer Latina, zwifchen einem Peregrinen u. einer
Röm. Bürgerin), fo folgten die Kinder der Mutter; denn nah Röm. Net
find fie fo gut als ohne Bater. Die lex Mensia mobiflzirte dieß Verhältniß
dahin, daß die Kinder bei gemiſchten Ehen der Mutter zwar folgten, aber
nit dann, wenn bie Mutter eine Röm. Bürgerin war. So alfo arteten
die Kinder immer der Ärgeren Hand nah und murben immer Peregrinen;
Up. V, 8. 9. Gat. I, 67. Scäulting ad Ulp. p. 579 f. Trekell antig.
select. 1, 3, p. 31 ff. 47—50. ©. matrimonium.
Leges Messiae, von dem Bolkstr. C. Meſſius 57 v. Chr.: I) Vor⸗
flag auf Cicero's Zurüdberufung, Cic. p. red. in sen. 8. (C. Fabricius
übernahm es nachher, dieſe lex an das Volk zu bringen, f. lex Fabric.);
2) de Pompeio, vefjelben Inhalts wie lex Cornelia Caecil., welde allein -
dem Volk vorgelegt wurde, @ic. ad Aut. IV, 1. ©. lex Corn. Caecilia.
Lex Metilia, 217 v. &hr., vom Bolfstr. M. Metilius, daß ber
Diktator Du. Fabius Marimus Berrucofus die Gewalt mit feinem mag. equi-
tum M. Minuctus Rufus theilen fole, Liv. XXI, 25 ff. Plut. Fab. 9.
Lex Metilia, bei Plin. H. N. XXXV, 17. (bie Codd. haben aud
Metella, weshalb Mande das Gefeß lex Caecilia nannten), auf DBeranlaf»
fung der Benforen 2. Aemilius Papus und C. Flaminius circa 220 v. Che
gegeben. Sie war für die fallones beſtimmt und Handelte dem Zufammen-
bang bei Plin. zufolge de poliendis vestibus oder über das mit Kreide zu
bewirkende Weißen der. Toga. Bielleiht war es ein Geſetz gegen zu großen
dabei flattfindenden Luxus, Bach hist. iurispr. p. 150.
J
—32
980 Leges militares — Lex Papia
Leges militares, ſ. militia.
Lex Minucia, vom Bolfötr. M. Minucius 216 v. Chr., daß trium-
viri mensarii (f. d. Art.) gemählt werben follten, Liv. XXIII, 24.
Lex Minucia (vom Volkstr. Minucius Rufus 121 v. Ehr.), gen.
von Feſt. v. osi sunt p. 201 Müll., ift wahrſcheinlich die lex, durch welche
der Senat mehre Geſetze des jüngern Gracchus, 3.8. diejenigen, welde die Co⸗
Ionifirung Garthago'8 anorbneten, wieder aufheben Taffen wollte; allein fle ging
nicht durch wegen Volksauflaufs; Flor. IN, 15. A. Viet. i11. 65. Orof. V, 11.
Lex Mucia, Vorſchlag des Volkstr. PB. Scävola, 142 v. Chr., daß
über den Prätor 8. Heoftilius Tubulus, welcher ob rem iudicandam Geld
angenommen hatte, Gericht gehalten werben ſolle. Der Eonf. En. Servilius
ECäpio erhielt den Auftrag, allein Hoſtil. Tubulus entzog fl der Unterſu⸗
chung dur das Eril, Eic. de fin. II, 16. cf. Aſc. ad Cic. Scaur. p. 23.
Lex Nervae agraria enthielt Beſtimmungen über Grenzverrückungen,
welde Sclaven bewirkt hatten, 1. 3. $. 1 D. term. m. (47, 21.).
Lex Octavia von M. Octavius, Bolfötr., |. largitio S. 777. Biel-
leicht gab derfelbe Octavius das Plebiſcit, durch meldes das von Gracchus
audgegangene Beräußerungsverbot des von den Triumvirn afflgnirten Landes
wieder aufgehoben wurde, App. b. c. I, 57. Ruborff In Savigny's Zeitſchr.
für gefh. Rechtsw. X. ©. 34.
Lex Ogulnia, Plebifeit der Volfätr. DO. und En. Ogulnius 300 v.
Chr., feßte dur, daß in die Eollegten der Pontifices und Auguren aud
eine gewiſſe Zahl von Plebejern aufgenommen werben follten (natürlich dur$
Gooptation), nemlih nad Liv. X, 6. vier pleb. Pontif. und fünf pleb. Ar
guren, fo daß 9 Aug. und ebenfoviel Bontif. waren, f. Bd. I. ©. 1179.
App. Elaud. war heftig dagegen, P. Decius Mus dafür, und daB Geſeh
ging dur, Lv. X, 7. 8. Riebuhr Röm. Geh. II. ©. 409 ff.
Lex Oppia zur linterbrüdung des weibl. Luxus, 215 v. Chr., ſ. sumptus.
Lex Orchia sumptuaria, f. sumptus.
Lex Ovinia de senatu, f. Senatus. *
Lex Ovinia, gan; unbefannt, gen. von @al. IV, 109., wobei er
wähnt wird, daß nad) diefer lex auch in den Provinzen geklagt werden könne.
Lex Pacuvia, Plebifcit des Volkotr. S. Pacuvius, daß der Monat
Sertilis dem Auguft zu Ehren Auguftus beißen folle, Macrob. Sat. I, 12.
Lex Papia de Vestalibus (wahrſcheinlich lex Julia et Pap. Poppaea),
f. Vestales. .
Lex Papia de civitate Romana (auf einer Münze vortommend, Span⸗
bem. de praest. et usu num. II, p. 200.), Plebiſcit des Volkstr. C. Papiud
65 v. Ehr., durch welches alle Fremde aus Mom gemiefen wurden, melde
auf das Mön. Buͤrgerrecht fälſchlich Anſprüche machten. Bine quaestio
wurbe angeorbnet, melde fih damit beſchäftigte, vie Anſprüche Einzelner ;u
prüfen u. diefelben nach Befinden audzuweiſen oder ihr Bürgerrecht anzuerkennen.
A. Licinius Archias fland vor dieſem Gericht, wurde befanntlid von @icers
veribeidigt und blieb Roͤm. Bürger; eben fo glüdlih war 2. Cornel. Balbus
aus Gades, welcher von En. Pompeius mit dem Bürgerredt beſchenkt wors
den war, und nun fowohl von biefem, als von Eraffus und Cicero ver
theibigt wurde. Dagegen Antiochus Gabinius verlor das von ihm ange
maßte Buͤrgerrecht. ic. de off. IH, 11. p. Arch. 5. p. Balb. 23. del.
agr. I, 4. ad Att. IV, 16. Schol. Bob. p. 354 sq. Or. Dio Caſſ. XXXVII,
9. Diumann ©. R. II. 6.598}. II. ©. 146f. IV. ©. 202. — Manut.
M. H. E. Meier im Haller Lect. Katal, von 1844—45 vermuthet, daß bie lex
Ov. durch die leichtfertige Genatorenwahl durch Appius Eiaubins (313 v. Ehr.) vor
anlapt worden fey, [W.T
Lex Papirla — Lex Petreia _ 989
nahm zwei leges Papiae, eine ältere und neuere, an, indem er fi auf bie
Stelle des Bal. Mar. III, 4, 5. flüßte, wo lex Papia als die lex genannt
iR, nad welcher Perperna condemnirt wurde. Allein die Lesart iſt jedenfalls
corrupt und wahrſch. Junia zu Iefen. Die Annahme von Sigon., Balbuin.,
Pigh., daß lex Papia bald nad) lex Claudia erlaffen ſei, wird durch Cic.
de off. 1. I. genügend widerlegt.
Lex Papiria, von dem Prätor 8. Papirius 332 v. Chr., durch welche
Acerrä die Eivität ohne Suffragium erhielt, Liv. VII, 17. vgl. Bel. I, 14.
Lex Papiria, Plebifeit des Bolfstr. DO. Papirius, welches verbot,
ein Haus, einen Acket oder Altar zu meihen (consecrare), wenn die Tribus
nit ihre Zuflimmung ertheilt Hätten; or. p. dom. 49. 50. — iv. IX, 46.
ſcheint dafjelbe Geſetz im Sinn zu haben, räumt jedoch die Erlaubniß ber
Weihe dem Senat oder der Mehrheit der Volkötribunen ein. Diefes letzte
Geſetz iſt etwa 304 v. Chr. verfaßt.
Lex Papiria tabellaria, ſ. tabellariae.
Lex Papiria de tribunis, 131 v. Chr. von dem Volkstr. C. Papir.
Garbo, daß diefelbe Perfon mehrmals zum Volkätr. gewählt werden bürfe.
C. Sempr. Srachus ſprach für (Bragmente f. Rede ſ. Charif. p. 113. 116.
119. 132.- Meyer orat. Rom. fr. p. 228 f.), Scipio, Lälius u. U. gegen
den Entwurf, fo daß er verworfen wurde, Eic. Lael. 25. Liv. ep. 59.
Lex Papiria rebucirtte den As ober das Geldpfund auf die’ halbe
Gewichtunze (Br. J. ©. 847.), Plin. H. N. XXXIII, 13., fo daß der Kupfer⸗
werth !/., des Silbers betrug, Letronne consid. gen. p. 18. Weil Plin.
1. 1. fagt, bald (mox) nad dem J. 536 d. St. ſei dieſe Reduktion erfolgt,
hat man biefe lex gewöhnlich in das 6. Jahrh. geſetzt. Allein Borgheft
osservazioni numismat. Decad. III, 10., im Giornale Arcad. 1822, XIII.
p. 97. verfhiebt den Anfang der Semiuncialmünzen auf Sula’8 Zeit, und
Hält den Volkätr. C. Papir. Carbo 680 d. St. für den DVerfafler ver lex;
Böckh metrol. Unterfuh. S. 473 f. ſpricht mehr für den Conſul En. Bapir.
Garbo des I. 669, 670 oder 672. ©. Böckh a. a. O. u. ©. 353. 358. 451.
Lex Papiria,.ein räthſelhaftes Geſetz des Volkötr. 8. Papirius, nur
erwähnt bei Feſt. v. sacramentum p. 347 Müll. Haubold monum. leg. p. 3 f.
Es hieß, der Praetor urbanus folle triumviri capitales wählen Iafien, melde
die Sacramenta beitrieben u. f. w., ſ. Sacramentum.
Lex Pedia, vom Gonful O. Pedius 43 v. Chr., wodurch gegen
Gäfar’3 Mörder (trog der ihnen durch ein Sconf. zugeficherten Amneflie)
eine befonvdere Unterfuhung und als Strafe aquae et i. i. nebft Confiskation
beſtimmt wurbe, Bel. Pat. II, 69. Suet. Ner. 3. Bio Gaff. XLVI, 49.
XLVII, 22. Ale Mörder Cäſar's wurben darauf an einem Tage vor das
Bericht gefordert und angeklagt. Keiner ſtellte ih und Alle wurden con«
demnirt, Liv. ep. 120. App. b. c. III, 95. Nein R. Crim.Recht S. 433 f.
Lex Peducaea, Plebiſcit des Volkoôtr. Ser. Peducaͤus 113 v. Chr.,
orbnete ein befonvered Gericht über drei bed Inceftd angeflagte Veſtalinnen
an, f. S. 121. Der firenge Caſfiue condemnirte alle drei, auch die von
Crafſus vertheidigte Lieinia; Aſc. Cic. Mil. p. 46. Or. Cic. Brut. 43. Liv.
ep. 63. Nein Röm. Eriminalr. ©. 877 f.
Lex Pesulania oder Pesolonia de cane wird Paul. I, 15,1.
erwähnt, und fol eine Klage auf Schadenerfaß wegen des dur einen Hund
verurfadhten Schadens gegeben haben. Pratei iurisprud. vet. Solon. (Dtto
thesaur. IV. p. 112.) behauptet, daß in einem Msc. Solonia flünde (fo
@utac. durch Conjektur, Auguftin., Ritteröhuf. u. U.) und daß Paul. das
Solon. Geſetz meine, von dem Plut. Solon. 24. fprede.
Lex Petreia äber Decimation der Soldaten bat nie exiſtirt, und ifl
992 Leges Porclae
\
G. R. 1. S. 351 f.). Das Verfahren in Ambitusprozeffen wurde verkürzt
(auf 4 Tage normirt, nemlih 3 Tage für dad Zeugenverhör, 1 Iag für
den Prozeß, in welchem der Ankläger 2 Stunden, der Angellagte 3 Stun»
den Zeit zum Sprechen hatten, Div Cafſ. XL, 52. Aſc. p. Mil. arg. 37. 40. Or.
@ic. Brut. 94. ad Att. XIII, 49. Tac. dial. 38.), die Zahl der Sachwalter
und Richter, ſowie die Wahl des quaesitor (Gelb Nöm. Crim.⸗Proz. ©.
310 f.) genau beflimmt, Dio Gaff. 1.1. Aſc. p. 39 Or., die laudationes der
Angeklagten verboten, Dio Eafj. 1.1. Blut. Pomp. 55. Cat. min. 48., und
bie Belohnungen der Ankläger mobiflzirt, f. praemia. Rein Röm. Grim.-
Recht ©. 717 f. 7) de magistratibus, beflimmte u. A. aufs Neue, daß
fi$ Niemand absens um ein Umt bewerben Eönne (welches auf Cäſar zielte)
u. ſ. w., ſ. 86.1, 6.7. Als vie lex fon in Erz eingegraben war, madhte Bomy.
no den Nachtrag, daß e8 denen erlaubt fein folle, melche ſpeziell Erlaubniß
dazu bekämen (wie es bei Cäfar gefhehen war, f. lex Caelia), Dio Caff.
XL, 58. 51. Cic. ad Att. VIII, 3. Phil. II, 10. Suet. Caes. 28. ©. ma-
gistratus u. Drumann G. R. III. ©. 363. Bon allen Gefegen des Bomy.
handelt 9. A. C. Chais v. Buren de Pomp. Lugd. B. 1823. p. 85—121.
Leges Porciae, gewößnlid von den Neueren genannt de provoca-
tione, werden erwähnt Gic. de rep. II, 31., und zwar heißt e8 dort tres
sunt trium Porciorum. An allen andern Stellen wird immer nur lex Por-
cia gefagt, fo daß man freilih nit weiß, ob fih alle Erwähnungen auf
eine und biefelbe lex oder auf verfhiebene beziehen. Zwar hat man in neue
fler Beit behauptet, die leges Porciae hätten ſich nit auf Provokation be
zogen (fo zuerft Zumpt ad Cic. Verr. V, 63., audführlicder A. T. Wöniger
d. Sacralſyſtem u. d. Provofationsverfahren d. Römer ©. 297 ff.), allein da»
gegen fpricht ſowohl der bekannte Denar, bezeichnet P. Laeca und Provoco,
welcher Iehtere Ausdruck nicht weg zu interpretiren {ft (mwenigftend muß eine
lex Porc. von provocatio gehandelt Haben), als die enge Verbindung , in
welcher bei Cic. rep. II, 31. und 2iv. X, 9. die leges Valeriae und 1. Porcia
geießt werben. Auf der andern Seite iſt es auffallend, dag in Feiner Stelle
die provocatio der lex Porcia erwähnt wird, fondern baß es ſtets h., lex
Porcia verpöne mit ſchwerer Strafe, si quis verberasset necassetve civem
Romanum, iv. X, 9., ebenfo Sal. Cat. 51. @ic. p. Rab. perd. 3. 4. Verr.
V, 63. Gell. X, 3. Pf. Sal. in Cie. 1, 9. @ine zweite Beſtimmung der lex
Porcia wird noch ermähnt, daß, wenn Gapitalftrafe über einen Bürger ver-
hängt werden müffe, dieſe in der Strafe des Erils beſtehen folle, nicht in
Hinrichtung (natürlich mit der Ausnahme, wenn das Volt ſelbſt gebot, more
maiorum animadvertere, db. 5. Xobeöflrafe zu vollziehen), Sal. Cat. 51.
(Die bekannte Geftattung des Exils vor der Gondemnation liegt nicht in diefer
Stelle, denn fie fprit nur von den bereit3 Condemnirten.) Dieſes beides
ſtand ebenfo in den leges Valeriae de provoc., neu war nur die Strafiank
tion für den übertretenden Magiſtratus, welche in der lex Val. nidt fand,
Cic. rep. II, 31. Liv. X, 9. Warum aber mwirb die provoc. nit erwähnt
bei lex Porcia, wenn fle doch fonft ven leg. Val. ganz gleich geweſen zu fein
fheint? Wir Haben und das Verhältnig zwiſchen den leg. Val. u. leg. Porc.
folgendermaßen zu denken: lex Val. geflattete Provokation und verbot den
PBrovocirenden zu tödten ober zu geißeln — ohne Strafianktion. Legtere
war auch nit durchaus nothwendig, denn die lex bezog fih nur auf Mom
und den Nöm. Bannkreis, in welchem der Provocirende — im Fall ber
nicht geadteten Provokation — bei den Tribunen u. a. Magiftraten ſogleich
hätte Hilfe erlangen Tönnen. Lex Porcia ging nun einen Schritt waiter, indem
fle-fagte, der Roͤm. Bürger ann allenthalben provociren, mo er gerich⸗
tet werden fol, d. b. er kann dur die Erklärung, daß er Rom. Bürger
fei und an feine einzig rechtmäßige Behörde (dad Volk in Nom) appellire,
Lex Porcla — Lex Papia Valeria 998
jede Straferefution aufihieben. Im der Entfernung von Nom, 3. 2. in einer
Provinz, hat der Provocirende Feine Hilfe, darum wird in: lex Porcia Strafe
über den verhängt, welcher die Provokation verachtet und Bürger mißbandelt,
fo Daß der Starthalter in der Provinz die Strafe fürchten und die provocatio
achten mn. Unter diefen Berhältniffen iſt e8 1) nicht zu wundern, wenn
in der Brarid lex Porcia nit fowohl ald ein Provokationsgeſetz, fondern
als ein’ Schupgefeg der Mömer für Leib und Leben angefehen und fo be»
zeichnet wurde (lex sola pro tergo civium lata videtur, 2iv. 1. 1., f. Eic. Cat.
I, 11.). Ob nun diefe Beflimmungen der lex Porc. fogleih in der erften
lex P. flanden, oder ob die drei leg. Porc. erſt nad und nach vervollftändigt
und ermeitert wurden, iſt eben. fo ſchwer zu entfheiden, als mer der erſte
Verfafſer der lex und wer die folgenden waren. Gewöhnlich gilt als erfter
Berfaffer P. Porcius Läca, Volkstrib. 199 v. Chr. (f. Sigon.,; Augufliin.,
Pigh, Baiter index leg, Böttling. — Drumann G. R. V, ©. 102. watt
darauf aufmerfjam, daß auch M. Porec. Sato Genfor. in feiner Aedilität
199 v. Ehr. Verfaſſer gemefen fein Eönne. Auch Manut. u. Zumpt 1. 1. nahmen
denſelben Verfaſſer an, und el. v. pro scapulis p. 234 Müll. wurde von
Beiden als Beleg ciıirt, welche Andeutung freilich eine fehr Teife und unfichere
if. — ©. Provocatio.
Lex Porcia von M. Porc. Cato Genfor. (wahrſcheinlich nad feiner
Sardin. Statihalterfhaft circa 195 v. Chr.) gab Verordnungen für das Bes
nehmen ber Statihalter in den Provinzen, namentlih in Beziehung auf die
von den Vrovinzialen zu machenden Lieferungen ıc., über melde dieſe lex
wahrſcheinlich ein beflimmtes Maß feflfehte, lex Anton. de Thermenes. 1, 52
—56. Plut. Cat. mai. 6. DBgl. Liv. XXX, 27.
Lex Publicia, f. lex alearia.
Lex Publilia, 471 v. Chr., von dem Volkstr. Volero Publilius,
ut plebeii magistratus tributis comitiis Gerent, mit großer Bebarrlichkeit durch⸗
gelegt, trog des of. App. Glaubius Widerſpruch, f. Bd. IE. S. 403 f. 547.
und tribunus plebis. — Gin zweite von Niebuhr R. G. II. ©. 246 f. an
genommenes und auf Dion. IX, 43. on. VII, 17. geflüßgtes Geſet des Publil.
(fo auch Walter R. R. ©. 2. A. ©. 51. und Göttling R. Berfafl. S. 309.),
woburd die Iributcom. die Befugniß erhalten hätten, über gemeinfame Ans
gelegenheiten zu berathen und zu beichließen, tft fhon Bo. II. ©. 548. und
von Peter Epochen d. Verf. d. röm. Rep. S. 34. 94. in Abrede geflellt wor⸗
den. Wozu hätte diefed Gefeh gebient, denn das Recht der Beratbung Hatten
die Tribus fhon vorber, und eine Anerfennung der Iegislativen @ewalt der
Tribus follte doch noch nicht darin liegen. Auch ermähnt Dion. dieſes Ge⸗
feg nur als Anhang des Wahlgeſetzes und fpricht nichts von befien Annahme.
Leges Publiliae, vondem Diktator DO. Publilius Philo 339 v. Ehr.,
Ziv. VII, 12. Walter R. Geſch. 2te Aufl. S.73f.70f.: 1) ut plebiscita
omnes Quirites tenerent, f. ®b. 11. ©. 549.; 2) ut legum, quae com.
cent. ferrentur, ante initum suffragium patres auctores fierent, f. Bb. II.
©. 537. Ob die patres den Senat oder die Gurien bebeuten, f. Patres u.
Senatus; 3) daß flet3 einer der beiden Genforen ein Plebejer fein müfle, ſ.
Br. 11.6. 248.
Lex Publilia, ©. 210., gab dem Bürgen, welcher die verbürgte
Summe hatte bezahlen müflen, das Met, fich von dem, für den er ſich
verbürgt hatte, die doppelte Summe zu fordern, fobald derſelbe die Schuld
abläugnete (poena dupli als Strafe des Läugnens).
Lex Pupia verbot, daß fi der Senat an Comitialtagen verfammeln
dürfe, Gic. ad div. I, 4. ad Qu. fr. 11, 13. Nah Pigh. war der Volketrib.
En. Bupius 224 v. Chr. der Verfaſſer ber lex.
Lex Pupia Valeria, Geſetzvorſchlag der Heiden Gofl. M. Pupius
Bauly, Real-Enchelop. IV. - 63
994 Lex Gainetia — Leges zregine
Difo und M. Balerius Meffala, ein außerordentlies Gericht zufammenzu-
fegen (von gewählten, nit gelooßten Richtern), weldhes über die burd
Clodius verübte Entweihung der sacra entſcheiden ſollte. Allein bie milden
lex Fufia wurde vorgezogen, f. d. Art. und Gic. ad Att. I, 13. 16.
Lex Quinctia, vom Conſul T. Quinctius Crispinus 9 v. GEhr.
beſtimmte die Strafe von 100,000 Seſt. über Ale, welche die oͤffentl. Aaus
dukten auf irgend eine Weiſe verlegen würben, Frontin. de aq. 129. Har⸗
bold monum. leg. p. 174 ff. G. H. H. Jordans de publ. urb. Rom. et Const.
aquaeduct., Bonn. 1844. p. 38 f. 64. 83 ff. "
‚Leges regiae. So nannten die Römer ber fpäteren Zeit die Geſetze
der Könige, d. 5. die Befege, weldde die Könige von den Curien (Gerv. Zul.
von den Genturien) Hatten beftätigen laſſen, ſ. Bd. II. ©. 531. u. Dionyf. IV, 36.
1.2. 6.2.D. o. i. (1, 2.) — denn die Legislation war zwiſchen Volk und König
getbeilt, f. rex. Natürlid war biefe Geſetzgebung noch fehr unbebeuten»
und dem Kinpheitäalter des Volks angemefien, wozu das Vorwalten des
Gewohnheitsrechts, welches die drei Stämme aus ihrer Heimath nah Rom
braten, mit feinen uralten fombollfden Sanplungen und den aus den kö⸗
nigliden Richterſprüchen erzeugten Rechtéſaäͤtzen (Dion. X, 1.) weſentlich bet:
trug, Dion. 1.1. 11, 24. 27. Das ſchrifiliche Gefeh entſtand dadurch, daß
zuweilen einzelne Theile des Gewohnheitsrechts als lex fanktionirt wurden,
oder daß eine Berfchmelzung von zwei verſchiedenen, biöher getrennten Stamm:
rechten bewirkt merden follte, oder wenn eine alte Streitfrage durch nem
Beftimmungen beigelegt werden mußte. Folgende Geſetze ber Könige mwerta
‚bei den alten Schrififtellern erwähnt: Bon Romulus: 1) über paum
potestas, Dion. II, 26 f. Coll. IV, 8. (au8 dem alten Herfommen); 2) übe
Ausfegung der Kinder, Dion. II, 15. IX, 22. (f. patria potestas); 3) über
die Ehe, Richteramt des Manns und Eheſcheidung, Dion. II, 15. 25. Blut.
Rom. 26., f. ®b. II. ©. 1188.; 4) über die Helligkeit des Patronatsverbäln:
niſſes mit Strafſanktion gegen die Uebertreter, Dion. II, 9. Serv. ad Virg.
Aen. VI, 609. cf. Plut. Rom. 13., j. Bd. II. ©. 456. u. patronus; 5) übe
die Heiligkeit der Mauern, Aur. Vict. vir. ill. 75.; 6) über Injurlen geges
Matronen, Blut. Rom. 22., und gegen die Eltern, Zeft. v plorare p. 2%
M. Bon Numa Bompilius: 1) Gefege über Briefler, Opfer, Liba⸗
tionen, Opfermahlgeiten u. Aehnl., Plin. H. N. XXXU, 2. XIV, 12. Biar.
Num. 12. Lyd. de mens. I, 9.; 2) über die Veſtalinnen, f- S. 121. um
Vestales; 3) über die Beute, Bet. v. opima spolia 189 M. Blut. Marc.8.
4) über die pellices, f. pellex; 5) über bie Beflattung ber @etöbteten, Fe.
v. oceisum p. 178M.; 6) Irauergebot, j. Bb. III. ©. 548 f. und luctus
7) Verbot, eine Schwangere zu beerdigen, ohne ihr vorher die Leibeöfrud:
auögefcänitten zu haben, 1. 2 D. mort. inf. (11, 8.); 8) Beſchränkung der
patria potestas, f. d. Art.; 9) Befehl, Grenzfleine zu fegen, mit Gtrafa=
drohung gegen die Berleger verfelben, Dion. II, 74. Blut. Num. 6. 10
‚Quaest. Rom. 15. Paul. v. termin. p. 368 M.; 10) Geſetz gegen Morb mb
parricidium, f. d. Art. und sicarıi; 14) eine rätbfelhafte Andeutung eine
lex, f. Baul. Diac. v. aliuta p. 6 Müll. Unter Tullus Hofilius wird we
uralte lex horrendi carminis erwähnt, f. perduellio, fowie Iuceftbeflimmun-
gen, Xac. Ann. XII, 8. — beides war wahrſcheinlich älter. Neuer aber ii
die Cinrichtung, zu Ehren der Horatier die Drillinge auf Staatöfoflen zu
erziehen, Dion. III, 24. — Tacitus Ann. III, 26. fagt: repertaque quaedam a
Tullo et Anco; do wird von Ancus nichts gefagt, als daß er die frühern
Belege gefammelt Habe, Dion. III, 36. Servius Tullius wirb ron
Zar. I. 1. als praecipuus sanctor legum bezeiinet, und Dion. IV, 13. er-
wähnt 50 Geſehe befielben über Obligationen u. Delikte. Au fol er frühere
Geſetde wieder erneuert haben, Dion. IV, 10 f., fo 3.8. über die Mifhans-
x
Lex raogia 995
lungen der Eltern durch die Kinder, Feſt. v. plorare p. 230 M. cf. Dion.
W, 29. 36. Tarquin. Superbus bob die Servianifhen Belege auf,
Dion. IV, 43.; fväter wurden fie reftituirt, Dion. V, 2, — Außer diefen
Geſetzen kommen keine bei den alten Claſſikern vor, obgleih ſich in ven
neueren Reflitutiondverfuchen eine weit größere Zahl befindet. Die Gelehrten
verroechfeln nemlih das Herkommen, fowie religidfe und volitiſche Cinrich⸗
tmgen ber Könige mit deren eigentlichen Geſetzen und vermehrten biefe des⸗
halb ohne Brund, wie Dirkfen in f. vollfländigen und fcharffinnigen Abh.:
leberf. d. bisher. Verf. zur Kritik u. Herſtell. des Textes von den Geſetzen der
NR. Könige, in f. Verſuchen z. Kritik u. Uusleg. d. Quellen des R. R. Leipzig
1823. &. 234— 358, überzeugend dargethan hat. — Die genannten Geſetze
eriflirten fpäter unter dem Namen der Eöniglihen, ja ed gab eine befonbere
Sammlung berfelben, ius Papirianum genannt, |. S.660f. Ob aber dieſe
Sammlung ober die leges regiae wirklih ächt waren, iſt fehr zweifelhaft,
wie fi aus folgenden Gründen ergibt: 1) wenn die ältefte Geſchichte Roms
halbmyınif if, kann an eine Trennung ver Geſetze der einzelnen Könige, 3.2.
Romulus’ und Numa's, nit gedacht werben; 2) wenn aber aud bie älte-
fen Könige hiſtor. Perfonen waren, .fo Eönnen ſich von ihnen doch Feine
Driginalurfunden erhalten haben, denn vie Holztafeln waren vergänglid,
Erz⸗ und Steintafeln aber damals fehr felten, Dion. III, 36. Deßhalb
gingen die alten Geſetze theild vor, theils durch den galliiden Brand unter. _
Wurden biefelben aber reflituirt, fo geſchah dieſes durch Prieſter u. Patricier,
von denen man in Aufzeichnung der alten Urkunden Eeine große Gewiflen-
haftigkeit erwarten darf. 3) Hätten die PBatrisier aber auch gewifienhaft
veflituirt, fo wäre doch für die Aechtheit der leg. reg. nichts gewonnen, ine
dem bie alten NMeflitutionsverfuche fchon frühzeitig in DVergefienheit geriethen
oder ımtergingen, Dion. X, 1. Wenige davon fam in bie Hände ber
Schriftſteller, aus denen wir unfere Kunde von den königl. Gefehen ſchöpfen,
und fo darf man ben Berichten bed Dion, Blut. u. U. nicht unbebingt .
trauen, und namentlich auf die Unterſcheidung ber einzelnen Geſetzgeber kei⸗
nen hoben Werth legen. Wie vorfihtig Außert ſich nit Tac. A. III, 26.
Er erkennt, daß die Älteflen Könige einer halbmythiſchen Zeit angehören,
erſt Serv. Tull. iſt Befeßgeber auf hiſtor. Grund und Boden, obgleich au
von ibm Vieles verfälſcht worden fein mag. Auch If nit zu überſehen,
daß viele alte Geſehe aus der Zeit vor ven XII Tafeln Föniglich genannt wurden,
auch wenn man es nicht fiher wußte, Liv. XXXIV, 6. So find zwar bie
oben aufgeführten Geſetze ald uralte anzuerkennen, aber die Name ber
Sefeßgeber find unſicher. Was endlich die Bearbeitungen der leg. reg. be⸗
triffe, fo bat Dirkfen a. a. D. eine vollſtändige Ueberficht und Kritik der
früheren Verſuche (von Lipfius, Auguflinus, Merula, Hoffmann, Terrafion
u. A.) gegeben. S. auch Bach hist. iurisprud. p.8—18. Haubold institutt.
ed. Otto p. 166f. Zimmern Gef. dv. Roͤm. Privatr. I. ©. 85—92. Später
erfehienen: Abegg de antiquiss. Rom. iure crim. Regiom. 1823. p. 9—23.
Scheibner de leg. Rom. reg. Erf. 1824. Elvers de clariss. monum. etc. 1.
Rostoch. 1835. $. 1. Peterfen de orig. hist. Rom. Hamburg. 1835. p. 11
—43. und die Rec. in d. Darmfäpt. Zeitfehr. f. A. W. 1836. Nr. 91. 9.
Nubino wial. d. Roͤm. Verfafl. I. S. 400 -429. Nein Röm. Crim. Recht
©. 45-53.
Lex regia, fo gen. Inst. I, 2,6. 1.4. pr. D. de const. (1,4.) 1.1
$. 7. C. de vet. iur. (1, 17.) ober lex imperii und lex de imperio, aud lex
Augusti, augustum privilegium, »ouog ösyuos, heißt das auf ein Sconf.
(Zae. H. 1, 47. IV, 3. 6.) gegründete Geſetz, durch welches jeder Roͤm.
Kaifer zu Anfang feiner Regierung mit dem imperium und allen kaiſerlichen
Rechten beſchenkt wurde, Gai. 1,5. Ein großes Fragment ber lex de imp.
996. , Lex Rommis — Lex Hosecia theatr.
Vespasiani hat fi erhalten und iſt noch in Nom, f. de Albertinis mirabilia
urb. Rom. Rom. 1508. Metaftaflus de lege etc. Rom. 1757. Gramer de
vita et legislatione Vespas. Jen. 1785. p. 20-53. Helnece. syntagm.
p.79 ff. Saubold mon. leg. ed. Spangenberg. p. 221ff. Dur diefe lex
erhielt Veepaſ. die Befugniß, Bündnifſe zu fchließen, ven Senat zu berufen
und Beſchlüſſe faflen zu Taffen, zu den Aemtern Candidaten vorzufchlagen,
das Pomoerium zu erweitern, Befehle zu erlafien, von den Geſetzen ent:
bunden zu fein, von denen au feine Borgänger befreit waren (Dio Eafl.
LII, 15. 34. 38. LIII, 17. 18. 28.), zugleih erhielten die früheren von
ihm gemachten Verordnungen ıc. volle Giltigkeit. Was biefe lex de imp.
Vespas. mit einem Male verlieh, murde den erſten Kalfern burh mehre
Sceonf. übertragen, und der Name lex regia entfland in der Seit, als die
Katferregierung befeftigt war und die Erinnerung an die Königszeit nid
mehr vermieden wurde. Huſchke behauptet (in Richter's Jahrbüd. 1837.
©. 424 f.), lex de imperio und lex regia ſeien etwas Verſchiedenes, aber
es ift nicht zu beweiien. Liter: Curtius de senata Rom. p. 19 ff. Faccio-
Tatti orationes. Lips. 1751. p. 294—302. Bed de lege regia. Lips. 1780.
9.2oon coll. instit. Just. c. Gai. Gron. 1823. Schrader adInst.1.1. Francke
zur Gedichte Trajan's S. 314 f. 327f. Dirkien verm. Schr. I ©. 86 ft.
Lex Remmia (niit Memmia), au3 unbeflimmter Zeit, bedrohte ca-
lumnia (Bd. II. &. 105.) mit der Strafe der Branbnnarfung u. infamia, f. Bo. II.
S. 105. Auch enthielt fie mehre prozeffualiihe Beflimmungen, 3. B. va}
nur der Angeklagte auf Beftrafung des ungerechten Anklägers antragen konne.
und zwar vor Beendigung des Prozefled, 1. 1. C. cal. (9,46.). Wann leı
Remmia abgeſchafft wurde, ift fehr beftritten, indem fle Einige von Auguftus,
Andere von Trafan, noch Andere von Conftantin aufheben laſſen. Es if
aber nicht unmahrfdeinlih, daß lexR. niemals ausdrücklich aufgehoben wurbe,
fondern fie kam allmältg in Vergeſſenheit, indem fle bur die nad und nad
erfcheinenden kaiſerl. Eonftitutionen verbrängt wurde. Zuerſt wurden ihre
Strafbeflimmungen antiquirt, fpärtr auch die den Begriff und Iharbeflart
diefed Verbrechens betreffenden Gapitel H. Brenkmann lex Remm. Culemb.
1726. u. in Otto thes. III, p. 1561 — 1648. Nein R. Crim.⸗R. ©. 809—812.
Lex Rhodia de iactu. Dad Seeredt der Infel Rhodus (Ahodiae
leges navalium commerciorum sunt, Ifidor V, 17.) galt größtentbeils aus
in Rom, unter Anderem auch die in obigem Namen enthaltene Beflimmung.
daß, wenn bei großer Gefahr Güter über Bord gemorfen worden find (iactus
mercium) und das Schiff dadurch gerettet worben iſt, der Schaden gemein:
fam vom Sciffdeigenthümer und von allen Denen getragen werden müſſe
melde Güter auf dem Schiffe Hatten. Paul. II, 7. Dig. h. t. 16, 2.
Balduin, Bynkershoek, v. d. Schelling, Barels diss. del. Rh., f. bei Bad
hist. iurisprud. p. 202.
Lex Roscia theatralis, Plebijeit bed Bolkstr. 2. Roſcius Dtbe
687 — 67, durch welches dem Nitterfiand die erflen 14 Sitzreihen im Thea⸗
ter eingeräumt wurden, 2iv. ep. 99. fe. p. Corn. p.78f. Gic. Phil. 11,
18. p. Mur. 19. ad Att. II, 19. Sor. epod. 4, 15. epist. I, 1, 62. Dell.
N, 32. Plin. H.N. VII, 30. Dio Gaff. XXXVI, 25. Plut. Cic. 13. (davon
die Nebendarten in equite spectare und in equestribus sedere). Huſchke
Berf. d. Serv. Tull. ©. 371. u. Zumpt Röm. Ritter S. 94. glauben, lex
Roscia fei nur die Wiederherſtellung eines alten Rechts, meil fon Tara.
Priſe. ven Patres und Equites befondere Pläge im Eircus angewiefen habe,
Liv. I, 35.; allein wenn diefe Angabe Live's auch richtig if, fo bezieht fie
fh do nur auf den Circus, nicht- auf bie viel neueren Theater, fle bezieht
NH ferner nur auf die equites equo publico, nicht auf den Nitterland, der
erſt ſeit lox Sempron. exiſtirt. Daher enthielt lex Roscia jedenfalls etwas
«
Lex Rubria u 997
Neues. Auch beflimmte fie, fowie lex Julia theatr., welche die lex R. nur
erneuerte, daß nur der Cenſus zu biefem-Sit beredtige, und daß bie de-
coctores (Bd. II. S. 832 f.) den Ehrenplag der Uebrigen nicht theilen
dürften — fogar bei Strafe, Cic. Phil. II, 18. Suet. Oct. 40. Auguſtus
fcheint diejed aufgehoben zu haben, denn er ließ den Platz Allen, welche
früher (vder wenigſtens deren Eltern) den Rittercenſus gehabt hätten, Suet.
Oct. 40.: Die Libertinen waren geſetzlich von vielen Sitzen ausgeſchloſſen,
Plin. H. N. XXXIII, 2. Quinct. decl 502. Andere Ermähnungen des Ehren⸗
platzes der XIV ordines ımter den Kaifern f. Juv. Sat. II, 154—159. XIV,
324. Quinctil. II, 6, 18. Tac. Ann. II, 83. XV, 32. und Lipſ. exc. ad
h. I. Sen. de ben. VII, 12. epist. 44. Petron sat. 126. Domltian fehärfte
das Geſetz nen ein, Suet. Dom. 8.. vgl. Martial. V, 25. VI, 9. Von
den Plätzen im Circus ſprach lex Roscia nit, |. Bd. III S.219, Bd. I.
S. 381. und noch Suet. Claud. 21. Ner. 11. Plin. H. N. VIII, 7. Dio
Gaffl. LV, 22. LX, 7. Literat.: Fabri, semestr. II, 6, 74—80. Bad
de legibus Rom, theatral. Lips. 1754, aberm. 1806. Gtodmann de lege
Jul. theatr. Lips. 1805. Drumann ©. R. V. ©. 351f. Beder Handb. d.
Röm. Alterth. IT. 1, S. 280—234. "
Lex Rubria, genannt in lex Thoria ec. 28, war ein SBlebifeit des
Bolketr. Q. Rubrius Varro, 122 v. Chr., und ordnete eine Eolonie auf den
Trümmern Garthago’s an, ſ. Bd. II. ©. 171. u. Rudorff in Savigny Zeitfhr.
f. geſch. R⸗W. X. S. 99. DBgl. lex Minucia. |
Lex Rubria de Gallia cisalpina. Daß lex Rubria der wirk⸗
lie Name dieſes 1760 in Veleia gefundenen, jegt in Parma befindlichen,
auf einer Metalltafel ſtehenden Geſetzesfragments fei, zeigen Hufchfe und
Puchta gegen Savigny, Dirkſen, Burdarbi, Klenze ad leg. Servil. p. 39.
Börtling R. Verfall. S.492. und Danz Geſch. d. Röm. Rechts I. ©. 72.
Diefe lex erſchien circa 43 v. Ehr., bald nachdem das ciealpiniihe Gallien
zu Italien gefehlagen worden war (Bd. II. ©. 394.). Die Provinzialver-
faffung und das Regiment des Proconfuls hörte nun auf, die Städte wur⸗
den felbfifländig und erhielten die italiſche Verfaſſung, nad welder die
ſtädtiſchen Magiftrate (Hlviri und IVviri iuri dicundo, f. Bd. II. ©. 1283.)
au die Jurisdiktion zu beforgen hatten. Für diefe war nun eine gemein
fame prozeſſualiſche Inſtruktion nothwendig, worin über die Kompetenz, Thä⸗
tigkeit ꝛc. derfelben das Nöthige beflimmt war, und dieſe Inſtruktion gab
lex Rubria. Was das ordentil. Verfahren betrifft, fo burften die Municipal»
magiftrate Richter mit formula beftellen, mie die Roͤm. Magiftrate, u. waren
völlig competent. Das außerordentlide Verfahren, welches ein Ausfluß des
imperium war, fam ihnen eigentlich nit zu, fondern dem Prätor in Rom;
allein da der großen Entfernung wegen eine Hemmung der Mechtöyflege in
vielen Bällen zu befürdten war, fo erhielten die gen. Magiflrate durch lex
Rubria in gemiffen Saden theilmeife das Recht, ſolche Handlungen der
außerordentl. Juriedikiion vorzunehmen. Diefes ergibt fich aus dem Inhalt
ter lex, von der ein Theil des Gap. 19. bis zum Anfang ded Cap. 23.
erbalten if. Das 19. Gap. beflimmte, daß ein von einem Municipalmagiitrat
geflatteter Bau troß der bindernden operis novi nuntiatio fortgefeßt werben
fode. Gap. 20, gab dieſen Magiftraten dad Recht, cautio damni infecti
aufzulegen, f.Bd.1I. &©.852. Gay. 21. verlieh ihnen das Net, Erekution
zu geflatten bei pecunia certa credita, wenn die Summe*nidht über 15,000
Erf. betrug. Gap. 22. beftimmte, daß die Erefution bei andern Saden
nur von dem Röm. Prätor zu verfügen fe; Gap. 23. Handelt von den
familiae erciscundae iudicium, Bd. I. ©. 57. Literat.: Zuerſt erſchien
Diefe lex durch J. R. Garli antichitä ete., dann bei Hugo civil. Magazin II.
©. 431—496, von B. de Lama, Parma 1820, bei Haubold monum, p. 144
998 Lex Rufrena — Lex Scatinia
—157. Erklaͤrungsſchriften find :- Dirkfen observatt. ad sel. leg. Gall. cap.
Berol. 1812. Puchta über d. Namen der fo gen. 1. g. c., in civiliſt. Abb.
1823. Nr. 2.; über den Inhalt der lex Rubria in Savigny's Zeitſchrift für
geſch. Rechtsw. X. ©. 196—231. und Inſtitut. I. S. 389 f. Huſchke de
act. formulis ex 1. R. Vratislav. 1832. Savigny in f. Zeiiſchr. IX. ©.
331—339. XI. S. 33 -71. (jebt meift mit Puchta einverflenden). Burchardi
de lege Rubr. Kil. 1839.
Lex Rufrena, eine lex zu Ehren Jul. Gäfars, nad deſſen Tod, nur
genannt Orell. inser. 586.
Leges Rupiliae, von dem Proconful PB. Rupilius für die Provinz
Sicilien de X legatorum (f. &. 846 f.) sententia entworfen. Verres vernach⸗
läßigte fie oft, was Gic. rügt Verr. II, 16. Pf. Aſt. p. 212. Or. 1) Lex
Rup., Reglement für die-Gooptation des Senats ſowie über die Zahl der
Senatoren In Heraclen, Gic. Verr. II, 50. 2) Lex R. de iudieciis, eine
Prozeßordnung für die Bewohner Sieillens, z. B. wenn bie Bürger nit
derfelden Stadt angehören, in welchem Fall der Prätor die Richter looſen
foQ x. @ic. Verr. 11, 13. 15. 16. 17. 18. 24. 37. Daß fie au Be
flimmungen für Brozefie zwiſchen den Dekumanen und Aratoren enthielt,
fagt Cic. Verr. III, 40., und iſt nicht eine befondere lex Rupilia frumentaria
anzunehmen.
Lex Rutilia, von Rutilius Rufus, nur genannt von Feſt. v. Rufuli
p. 261 M., beiraf die Militärtribune, |. tribunus militum. -
Leges sacratae. Lex s. im e. urfprüngl. Sinn bieß bie nad ver
erſten Secessio zur Sicherſtellung der Plebejergemeinde gegebene lex, durch welche
die Pleb. Volkstribnnen erhielten, unverleglih und pleb. Standes, Liv. II,
33. V, 11. XXXIX, 5. Gic. in Corn. fr. bei Aſc. p. 75 Or. p. Sest. 37.
de prov. cons. 19. p. Tull. 47. 49. de leg. III, 4. Dion. VI, 89. ©.
tribunus plebis. Die lex mwurbe feierlih beſchworen, Feſt. v. sacratae und
sacer mons p. 318 M. Dion. 1.1. VII, 43. Gic. de off. III, 31., und sa-
cratio capitis bebrohte jeden Uebertreter, von welcher sanctio auf der Name
herrührt, Gic. p. Balb. 14. ef. 1. 1. p. 318. (auch obscatae, gen., Feſi.
v. obscum p. 189M. Paul. Diac. p. 188.), wo no erwähnt wird, daß
Andere den Namen von sacer mons herleiten, weil dort dieſes Geſetz gege-
ben fi. — Im mw. Sinn werben unter leges sacratae mehre Geſetze ver-
ftanden, melde die Hohelt und Sicherheit des Volfs fanktionirten u. Ueber:
treter mit sacratio capitis bedrohten, fo 1) dad Geſetz, weldes privilegia
verbietet, Gte. p. Sest. 30. or. p. dom. 17., f. privilegium ; 2) lex Valeria
de provoc., wozu bie Beflimmung gehört, daß nur die Genturiatcomitien
über Xeib u. Leben ber Bürger entfcheiden follten, Gic. p. Sest. 30., f. provocatio;
3) lex Icilia ald Erweiterung ber urfprüngl. lex sacrata, f. d. Art.; 4) lex
Icilia de Aventino, Liv. Ill, 32, f. d. Art.; 5) lex militaris, ne cuius
militis scripti nomen, nisi ipso volente, deleretur; additumque legi, ne
quis, ubi tribunus militum fuisset, postea ordinum ductor esset, 2iv. VII,
41. IV, 26. Dieſes Geſetz galt bei mehren Ital. Völkern, Liv. IX, 40.
XXXVI, 3. Literat.: Erneſti clav., vermehrt durch Baiter. 5. Planer
de leg. sacr. Lips. 1751. (nit benugt).
Lex Saenia unter Auguflus erhob mehre Familien unter die Zahl
der patriciſchen, Tac. Ann. XI, 25., f. Patricii.
Lex Saufeia, f. lex Aufeia.
Lex Saufelia, gen. Orelli inser. 544., ein Adergeleh; Orelll con.
jicirt Saufeia.
Lex Scatinia ober Scantinia (wann? {fl ungewiß, dem daß
3. 227 v. Chr. ift ohne Grund angenommen, Baiter index leg.) verpönte
das stuprum cum masculo mit einer Geloſtrafe (Quinct. IV, 2, 69. VIL,
' -
Lex de seribis ele, — Leges Sompronise | 999
4, 42.); Cic. ad div. VIII, 12. 14. Phil. DI, 6. Suet. Dom. 8. Juv.
11, 29 ff. 43f. Tertull. monogam. 12. Aujon. epigr. 89. Prupent. perist.
hymn. IX, 204. J. F. Ehriftius hist. leg. Scat. Hal. 1727. u. in Oelrichs
coll. diss. Brem. 1785. &. Stuprum. "
Lex de scribis viatoribus et praeconibus quaestoriis
findet fi auf einer Erztafel in Neapel und iſt herausg. von Sigon., Urfin.,
Briffon., Haubold monum. leg. p.85., zulegt von Böttling Univ. Progr. Jen.
1844. In diefem Bragment erkennt Mommfen ad leg. de scrib. Kil. 1543.
(nad A. Auguftin. de leg.) Veberrefte der lex Corn. de XX quaestoribus,
dagegen Böttling Fragm. der lex Titia de officio primorum octo de XX
quaestor. ©. quaestor und bie Art. scriba, viator, praeco.
Lex Scribonia hob die Ufucapion der Servituten auf, 1. 4. 6. 29.
D. usurp. (41, 3.). Seit und Berfafler find unbekannt. Die verſchiedenen
Anſichten ſ. Bad hist. iurisprud. p. 196f. I. Luchtmann ad leg. Scrib.
Lugd.B. 1786. Burdardi Staats⸗ und Rechtsgeſch. d. Röm. ©. 153.
Leges Scriboniae, vom Volkstr. C. Siribonius Gurio 50 v. Ehr.,
ſämmtlich verworfen, Dio Cafſ. XL, 61. 62.: 1) Geſetz über die Einſchal⸗
tung eines Monats (de intercalando), Cic. ad div. VIII, 6.; 2) lex viaria,
worin bie Unlegung neuer Landftraßen beantragt wurde; zugleih auch, daß
C. Scrib. ſelbſt die Commiſſion auf 5 Jahre bekäme, das Geſetz auszufühe
ren, Gic.’ad div. VIII, 6. App. b. c. 11, 27.; 3) lex alimentaria, Cic.
ad div. VIII, 6., wahrſcheinlich den Vorfchlag enthaltend, daß die Aedilen
gratis Getraide aus den Staatdmagazinen vertheilen follten, Lipſ. elect. 1, 8.
Gontaren. de frum. largit. 9.; 4) lex sumptuaria, Gic. ad Att. VI, 1.
(nit identiſch mit lex viaria, wie Ernefti erklärte), fcheint nur beabfichtigt
gemweien zu fein. iR ,
Lex Sempronia, von dem Bolfätr. M. Sempron. Tubitanus, eine
Ausdehnung der Nöm. Wuchergefehe auf die Latin. Verhaͤltniſſe enthaltend,
f. Bd. III. ©. 449.
Leges Semproniae bed Bolfötr. Tib. Sempr. Gracchus 133 v.
Chr.: 1) lex agraria, f. possessio; 2) lex de civitate sociis danda ſcheint
nur beabfichtigt geweien zu fein, Bell. II, 2.; ebenfo drei andere Geſetze,
Abkürzung der militäriihen Dienftzeit, Provofationserneuerung und Ergän-
zung des Senats durch Mitter betreffend, Plut. T. Gracch. 16.
Leges Semproniae, bie Blebife. des Volkstr. C. Sempr. Gracch.
4123 und 122 v. Ghr., auf die Demütbigung der Xriftofraten und auf die
Sebung der Plebejer berechnet, Cic. Phil I, 7. Liv. ep. 60. Dell. II, 6.
Blut. C. Gracch. 4. 5. App. b. c. I, 21. 23. Göttling Bei. d. Rom.
Staatöverf. S. 435— 445. Meter Epochen der Verf. dv. Roͤm. Ne. ©. 146
—152. 236 ff.: 1) lex agraria, ober vielleicht mehre, in denen auch bie
Ausführung von Colonien beantragt wurde, Liv., Bell. 1.1. Plut. C. Gracch.
6. 8. 9. 11., f. possessio, 2) lex frumentaria, ſ. ©. 777.; 3) lex iudi-
ciaria, ©. 356. Bb. II. ©. 214 f., welches die Gerichte von dem Senat
auf die Nitter übertrug — eine Maßregel von der höchſten Wichtigkeit, in»
dem dadurch der Senat eined treuen Bunbeögenofien beraubt wurde, mel»
ber ſich nun als felbfiflänniger Stand immer fehler conftituirte, f. App.
1.1. Blin. XXXIII, 8. Mommſen's wahrſcheinl. Vermuthung, daß Gracchus
vorher den Senat durch Ritter ergänzt habe, ſ. S. 356. u. Senatus; 4) de
civibus Rom. oder de capite civ. Rom., eine Erneuerung und Schärfung
Der leges Porciae (namentlich gegen ven ehemaligen Gönf. P. Popilius Länas
gerichtet, meldyer die Anhänger des Tib. Grachus mit größter Härte verfolgt
Hatte). Gic. p. Rab. perd. 4. bezeichnet ven Inhalt der lex: ne de capile
civium Rom. iniussa vestro iudicaretur (d. 5. ohne Auftrag des Volks),
und ähnlich Schol. Gronov. Cic. p. 412. Schol. Ambrof. Cic. p. 370 Or.
1002 Lex Thoria — Leges Valeriae
lari scribendis, &tv. IT, 9.), allein der Vorſchlag wurbe vielfa vermehrt
und modifizirt, bis er endlich eine vollfländige vermittelnde Gefepgebung für
beide Stände beantragte (XII tabulae), f. die Bd. II. S. 873. cit. Stellen.
Lex Thoria agraria, f. possessio. ‘
Lex (Tiberia?), daß die Gattin des fiamen Dialis (Bb. III. S. 479.)
in potestate viri jein müfje, nemfich sacrorum causa, Tac. Ann. IV, 16.
Lex Titia, nur einmal erwähnt, ſ. lex alearia.
Leges Titiae, Plebife. des unrubigen Volkstr. Ser. Titius 99 v.
Ghr., erwähnt von Eic. de leg. II, 6. als ſolche, welde bald wieder auf:
gehoben worden wären: 1) lexT. agraria, f. possessio; 2) lex Titia bei Gic.
p. Mur. 8. (ungewiß, 06 fie von bemfelben lator berrührt); f. lex de scribis,
viat,. et praecon. und quaestor.
Lex Titia bei Aufon. epigr. 89, 4. ift räthfelhaft. Auguſt. Hotom.,
Pitiſc. hielten fie für ein Verbot, Geſchenke anzunehmen, weil damals Tac.
Ann. XI, 5. lex Titia gelefen wurde, wo es jeßt unbeflritten lex Cincia heißt.
Lex Trebonia, von dem Tribunen 2. Treboniuß de tribunatu 448
v. Ehr., f. tribunus plebis.
Lex Trebonia ober richtiger zwei gleichzeitige leges Treboniae
(fo Drumann ©. R. III. ©. 281 ff.), 55 v. Chr. von dem Bolkstrib. G.
Trebonius. In dem erſten Vorfchlag bekamen Pompeius und Graffus vie
Provinzen Syrien und Spanien auf 5 Jahre zugefichert, mit Gewalt über
Krieg und Frieden und mit dem Hecht, ihre Heere zu vermehren. M. Por:
cius Cato ſprach fo heftig dagegen, daß er von dem Tribun in daß Befäng-
niß gefeßt wurde; ein Aufſtand erfolgte und das Geſetz wurde mit Bemalı
durchgeſetzt. Durch die zweite Mogation erhielt Cäſar Gallien abermals auf
5 Jahre, Dio Eaff. XXXIX, 33 f: Plut. Cat. min. 43. Pomp.52. Crass..
15. App. b. c. II, 17. 18. Xiv. ep. 105.
Lex Tribunicia heißt 1) eine von Tribunen vorgefhlagene lex, wie
die meiften Plebiſcite waren, f. Feſt. v. praeteriti p. 246. M.; 2) ein bas
Amt der Tribune beireffendes Geſetz, fo z. B. 6. die 1. sacrata im e. ©. au
lex tribunicia, Feſt. v. sacer mons p. 318. M. ©. tribunus pleb.
Lex Tullia de ambitu, von M. Tullius Cicero ale Gonful 63 r
Chr., in Folge eines Sconf. (Cic. p. Mur. 23.) gegeben, fdärfte und er
meiterte die lex Calpurnia bedeutend, Schol. Bob. in Vat. p. 324. und p.
Planc. 269. Or. Den Canbivaten wurde nit blos die gewöhnliche Belle
&ung verboten, fonden auch das Bezahlen von Vegleitern, Gic. p Mur. 32.,
das Gehen von Gaftmählern und Spielen in den Iegten zwei Jahren ver
Berrerbung (d. 5. die zwei Jahre merden rückwärts gerechnet von dem Ende
‚der Bewerbung an, d. i. von dem Wahltag), Eic. in Vat. 15. biennio quo
quis petat petiturusve sit (d 5. in den zwei Jahren der Bewerbung, weiche
mit dem Wahltag fließt), Schol. Bob. I. I. p. Sest. 64. und Schol. Bok.
p. 309. Or. p. Mur. 32. Halm ad Cic. Sest. 1.1. Dem Volk aber war
da8 Annehmen von Gelb verboten, fo mie den Diviforen bie Austheilung.
Gic. p. Mur. 23. p. Blanc. 23. Ferner war beilimmt, daß der Prozeß
durch vorgebliches Krankfein des Angeklagten Eeinen Aufſchub mehr erleiben
folle, Ferrat. ep. I, 13. p. S4ff. in Orell. ind. p. 287. Die Sirafe be-
ſtand in zehnjähriger Verbannung, Cic. p. Mur. 41. 23. p.Planc. 3. 34.
und Schol. Bob. Cic. p. Sull. p. 362. Or. Dio GCafj. XXVII, 29. Rein
Nöm. Eriminalr. S. 711 ff.
Lex Tullia deſſ. Jahrs und deſſ. Verfafferd de liberis legationibus
tollendis, durd) tribunic. Intercefflon- verhindert, fo daß Cicero nur bie Be-
ſchrankung diefer Legationen auf ein Jahr bewirken Eonnte, f. log. libera S. 847.
Leges Valeriae, von dem Gonf. B. Bal. PBoplicola 509 v. Ghr..
245 d. St., Niebuhr Roͤm. Geſch. 1. S. 388 ff. Bättling Rom. Staataverf
Leges Valeriae Horatise — Lex Varia 1003
©. 274 ff. 1) lex de libertate Vindicii, woburd ber Sclave Vindicius,
welcher die Tarquin. Verſchwörung angezeigt hatte, zur Belohnung Freiheit
und Bürgerrecht erhielt, Blut. Popl. 7. Liv. II, 5. 2) lex Val. de pro-
vocatione, woburd die Provokation erneuert und erweitert wurde, f. pro-
vocaio; 3) lex Val. über Perduellio, daß Streben nad) Alleinherrichaft oder
das Bekleiden einer Magiftratur iniussu populi mit sacratio. capitis zu bes
ftrafen fei, j. perduellio; 4) lex de mulcta, wodurd die Coff. das Recht
erhielten, Ungehoriam zu firafen, f. Bd. II. ©. 624. und mulcta; 5) lex
de vectigalibus, Plut. Popl. 11., f. vectigal; 6) lex de quaestoribus, Plut. .
Popi. 12., f. quaestor; 7) lex de candidatis cons., Plut. Popl. 11. vne-
zeiar Edons uerısra xal mapayyalleır roig BovAousros, d. h Jeder, ber
HG für tauglih halte, könne ſich melden (bei dem Senat) und bewerben
(bei dem Bolt). Die Einrichtung, dag das Volk nur über die von dem
biöherigen Gonful im Namen des Senats Vorgeſchlagenen abflimmen bürfe,
wurde dadurch, wie Niebuhr meint, nicht aufgehoben, ſondern befand fort,
Bd. I. ©. 117. 535. Ja es iſt nicht unwahrſcheinlich, daß diefe lex das
ganze Wahlverfahren orbnete. — Nicht ald lex, fondern als institutum (wie
es auch Quinct. III, 7, 18. bezeichnet) ift die von Baler. eingeführte Sitte
der Cofſ. anzujehen, innerhalb der Stadt die Beile aus den fasces zu nehmen
und bei Verhandlungen mit dem Volk die fasces zu jenfen, ſ. Bd. I. ©.
628. Br. II. ©. 424.
Leges Valeriae Horatiae, von den Coſſ. 2. Valer. Potitus u.
M. Horatius Barbatus 449 v. Chr., 305 d. ©t.: 1) ut quod tributlim plebs
iussisset populum teneret, f. Bd. II. ©. 548 f.; 2) de provocatione u.
daß fein Magiſtratus gewählt werben bürfe, gegen den Teine provocatio
geftattet ſei, Liv. III, 55. Cic. de rep. IE, 31., f. provocatio und magistratus ;
3) daß tribuni, aediles, decemviri sacrosancti feien, Liv. III, 55. Den Verleger
traf ebenfo wie ven Leberireter ber zweiten lex, sacratio capitis. ©. tribun. pleb.
Lex Valeria de provocatione, 300 v. Chr., Liv. X, 9. Ber Pros
vorirende durfte von dem Magiſtratus nicht gegeißelt oder getöbtet werben;
f. leges Porciae und provocalio.
Lex Valeria de civitate Form., Fund., Arpin. Der Bolketrib. C.
Balerius Tappo 183 v. Chr. beantragte, daß die Formianer, Bundaner u.
Arpinaten, welde die Civität ohne suflrag. befaßen, nun au das Stimms
recht erhalten follten. Die beiden erflen wurden ber tribus Aemilia, bie
legten ver tribus Cornelia einverleibt, Liv. XXXVIII, 36.
Lex Valeria de Calliphana, Geſetz des Praet. urb. C. Baler.
Flaccus 98 v. Chr., wodurch die Priefterin der Ceres Calliphane von Beli
das Bürgerrecht erhielt, Cic. p. Balb. 24.
Lex Valeria de aere alieno, von dem Conſ. 8. Baler. Blaccus
86 v. Chr., f. Bb. IT. ©. 449.
Lex Valeria de Sulla. Der Interrer 2. Bal. Flaccus 82 v. Ghr.
beantragte nicht allein, daß Sulla zum Diktator mit unbefchränkter Gemalt
über Leben ud Tod, mit dem Met, den Staat zu orbnen und Geſetze zu
geben, ernannl werben folle, ſondern auf, daß die Dauer bes Amts nur
von ihm abhänge, und daß Alles giltig fel, was er als Konful oder fpäter
angeordnet, f. Bd. II. ©. 675. und Eic. de 1. agr. III, 2. de leg. I, B.
ad Att. IX, 15. Brut. 90. Verr. II, 35 Sol. Gronov. Cic. p. 435. Or.
Dell. II, 28. Plut. Sulla 83. Drumann ©. R. IL. S. 475 f. In diefem
Sefeh war vie Erlaubniß, Proferiptionen zu veranftalten, mit enthalten,
obgleich es nah Cic. p. Rosc. Am. 43. feinen ſollte, ald ob es zwei leges
de proscript. gegeben Hätte, f. leges Corn. und proscriptio.
Lex Varia (nit Valeria) de maiestate, von dem Volkstrib. Q.
Var. Hybrida 92 v. Ghr., |. maiestas.
*
1008 Leges Vatiniao — Lex Visellia
Leges Vatiniae, von Cäſars Anhänger, dem Volkstr. P. Vatinius
59 v. Chr. gegeben: 1) de imperio Caesaris, daß Cäſar Gallien und Illv⸗
rien ald Provinzen auf 5 Jahre mit 4 Legionen erhalten folle, Glc. p. Sest.
64. in Vat. 15. Schol. Bob. Cic. p. 317. Or. Suet. Caes. 22. Bel. II,
44. Dio Eaff. XXXVII, 8. App. b. c. I, 13. Blut. Caes. 14. Crass.
44. Pomp. 48. Cat. min. 33. Son. X, 6. Droſ. VI, 7. Drumann ©.
R. II. ©. 216. 2) de alternis consiliis reiiciendis, daß fomohl der An-
geklagte als der Kläger das ganze Eonfllium der Richter, weldje der Brätor
erloost oder gewählt hatte, einmal verwerfen dürfte. Eine Beſchränkung die-
fer lex auf die Repetundenprozeſſe ift nit zu erkennen (fo Ernefli clav.,
Walter Geh. d. R. NR. S.864. Geib Nöm. Criminalproz. ©. 310., da»
gegen Drumann G. R. II. S. 215.), denn daß damals gerade G. Anto-
niu8 repetund. angeffagt war, und daß Batinius, um biefen von der Wohl⸗
that feiner lex audzuſchließen, die Beſchränkung hinzuſetzte: qui — post legem
reus factus esset, beweist doch nichts für bie engeren Grenzen bes Geſetes.
@ic. in Vat. 11. Schol. Bob. 321. 823. Schol. Bob. p. Flacc. p. 235. Or.
Dazu kommt, daß es doch höchſt wunderbar gewefen wäre, wenn Vatinius
in demfelben Jahr, in welchem Cäſar lex Jul. repet. gegeben und gewiß
alles den Repetundenprozeß Betreffende genau beflimmt hatte, nod eine lex
iudieiaria gegeben hätte, vie fich blos auf den Repetundenprozeß bezug. (So
Salm ad Cic. in Vat.) Daß nach lex Vat. der iudex quaestionis hätte re⸗
jteirt werden bürfen (fo Göttling Geil. d. R. Staatdverf. S. 490.) if
unrichtig, ſ. S. 364 f. 3) lex über Eomum gab Cäſar den Auftrag, nah
der von Pompelus Strabo gegründeten Iartn. Colonie (fe. in Cic. Pison.
p.3. Or) Comum, Bd. II. S. 5381. (melde von nın an Novum Comum
bieß), 3000 Goloniften zu ſchicken, App. b. c. II, 26. Blut. Caes. 29.
Nah Suet. Caes. 28. hätte Novum Comum zugleih die Civität erhalten
(fo Drumann II. ©. 218.). — Dagegen Madvig opusc. p. 291. Savignn
in f. Zeitir. IX. S. 312f. Böttling Geh. d. NR. Staatöverf. S. 490.
behaupten, vie Novocomenfer feien Zatiner geweſen und hätten erfl mit ven
andern Iranspadanen die römiſche Civität erhalten. S. no Gic. ad Aut.
V, 11. 4) lex de Vettii indicio, ein Vorſchlag, Gericht anzuorbnen über
Diefenigen, welde C. Vettius ald Verſchworne gegen dad Leben des Pom-
peius anzeigte, dem Vettius aber eine Belohnung zuzuerfennen; Gic. Vat. 11.
und Schol. Bob. p. 320. Or. Die andern Sähriftieller erzählen zwar von
der falſchen Angeberei des Vettius, ermähnen aber nichts von des Batinius
rogatio, was barauß zu erflären iſt, daß die Wahrheit ſchnell entdeckt und ſo⸗
mit ded Vatinius Vorſchlag vereitelt wurde, App. b. c. I, 12. Dio Gafl.
XXXVIII, 9. Drumann G. R. II. ©. 234 ff.
Lex Verria mirb @ic. Verr. III, 49. ver von Verrius gegen ba®
Herkommen (durch welches die lex Hieronica geheiligt war) aufgeftellte Padpı>
fontraft über bie decumae genannt.
Lex Vectibulici (verborbene Ledart, erflärt von Pitiscus h. 1.
dur Vettii Publicii, nemli der Coſſ. Vettius Proculus ugb C. Bublicius
Gertus 97 n. Ehr.), handelte von der Freilaſſung der Sclaven, melde nit
im Gigenthum von Privaten, fondern von Municipien ſtehen, 1. 3. C. de
serv. reip. (7, 9.).
Lex Villia annalis, f. magistratus.
Lex Visellia, von dem Gonful 8. PVifellius Barro 777 d. St., 24
n. Ehr., beſtimmte 1) daß die neuen Latini durch fehejährigen Dienft unter
den milites vigiles (diefer Dienfl war verachtet und wurde meifl von frei»
gelafienen verfehen, Dio Caſſ. LV, 26. Sirah. geosr. V, p. 359 oder 235.)
die Givität erwerben könnten. Gin Sconf. ermäßigte viefe Dienflzeit fpärer
auf drei Jahre, Ulp. III, 5. Zugleich verbot diefes Befeh den Freigelaffenen
'
- Lex Voconla 1005
(d. h. denen, die fi aus ber Latinität der Breigelaffenen zum Bürgerrecht
emporgefhmwungen Batten), ſich die Mechte ver freigeborenen Bürger anzu«
maßen — bei Gelbflrafe und Infamte, ſ. Const. Dioclet. 1: un. C. ad. 1.
Visell. (9, 21.), 1. un. €. quando civ. (9, 31.). I. $. Richter (praes.
A. 3. Rivin.) de lege Vis. Lips. 1736.
Lex Voconia, Plebifcit des Bolfätr. Q. Bocon. Sara (Liv. ep. 41.
Gell. XX, 1.), 585». St., 169 v. Chr. gegeben. Dieſes Jahr ergibt fi
als das mahrfheinlihfte nah einer auf Cic. Cat min. 15. baflrten Lebens
berehnung des M. Porec. Cato, meldher Bel. XVII, 6. (cf. Cic. Sen. 3.
Gell. VII, 13. Feſt. v. recept. p. 282. Non. p.d4. Meyer orat. Rom.
fragm. p. 93 ff.) als suasor dieler lex genannt mird. (So Pigh., Berizon.,
®arat. ad Cic. Verr. p. 300. 302., Zimmern, Hugo, v. Savigny, Sauppe,
Bachofen und jeßt auch Meyer orat. Rom. 1. 1.). Das Jahr 174 nehmen
an Zumpt ad Cic. Verr. p. 189. und Bödh metrol. Unterfud. S. 430.
Am meiteften zurück, nemlid in das I. 576 d. St., ſetzt das Gefeh Kind.
Der Zweck des Geſetzes war, den zu Verſchwendung führenden Reichthum
der Frauen zu vermindern (Gell. XX, 1.), und zwar vorzüglich die gefähr»
lichſte Duelle deſſelben zu verftopfen (indem nämlih die dur Teſtament
erworbenen Reichthümer, als unverhofit kommend, am Teichteften zu dem
größten Mißbrauch verführten). Die lex ging aber über ihren Zweck hinaus,
indem fle alle Erbeinfegung der Frauen verbot und davon nicht einmal bie
nähften Verwandten ausnahm. Die Unbilligkeit war nur Infofern gemilbert,
al® lex Voc. au lex Furia aufhob und den Frauen größere LXegatfreiheit
gemährte, fo daß 3. B. ein Vater feiner Tochter menigftens die Hälfte feines
Bermögend zuwenden konnte, worauf ſich auch Gic. de rep. III, 10. bezieht
(mie Sauppe und Mommfen am einfadhften erklären, während man früher
zu viel in dieſe Stelle Hineintrug). Der Sinn ift: der reiche Vater Tann
feiner Tochter ſehr viel zumenden, wenn er ihr die Hälfte legirt, der Arme
kann ihr nur fehr wenig verfhaffen, da er ihr von feinem Eleinen Vermögen
nur ?/, geben darf. ic. tavelt, daß lex Voc. feinen beflimmten pecuniae
modus (abfoluted Maaß), fondern nur ein relatived Maaß verorbniet habe.
— Das 1. Cap. lautete: ne quis heredem virginem neve mulierem faceret
(cf. Auguſt. de civ. Dei IH, 21.), nemlih wenn ver Teftator im lebten
Cenſus oder auch In einem früheren — nemlich menn er den letzten verfäumt
hatte — auf 100,000 Affes cenfirt war, Eic. Verr. I, 44—45. Alſo nur
der Genfirte iſt der lex Voc. unterworfen, und zwar der, welcher 100,000
As oder mehr hat (bei ganz geringen Erbſchaften war daher die @infegung
der rauen nicht verboten). ine Summe von 100,000 Seft. geben an Die
Gaff. LVI, 10. (denn 25,000 Drachmen find glei 100,000 Seft.) und Bf.
Aſc. Verr. I, 41, p. 104. Or.; dagegen Gai. II, 274. nennt 100,000 aeris,
aljo Affe (', Seſt.). Um dieſe abweichenden Angaben von Seft. und Affen
zu vereinigen, verſtehen Savigny und Hufchfe unter aeris nit asses, ſon⸗
dern nehmen e3 im ganz allgemeinen Sinn für nummus, als die gebräudf.
Geloforte, u. d. i. Sefterz. Zumpt und Sauppe meinen, Dio Caſſ. babe
fi$ bei einem damals außer Gebrauch gemwefenen Inftitut leicht irren können
und Seſt. flatt der Aſſes gefeht. Dagegen Böckh und Bachofen erklären den
Widerfprud fo, ba fle die Summe von 100.000 Affes (ven alten Cenſus
der 4. Claffe) auf die Zeit der lex Voc., die Summe von 100,000 Sef.
auf den fpäter erhöhten Anſatz der J. Claſſe beziehen. Gai. gibt demnach
die alte, Dio Caff. und Pi. Aſc. die neue erhöhte Zahl an. (Doch es iſt
nicht glaublih, daß fon unter Auguftus der Cenſus der 1. Claſſe verdop-
pelt worden ſei.) Mommſen bezieht diefe Definition auf die von Auguflus
aufgeftellte Legalvefinition von Reichen und Armen, nach welder jene über,
biefe unter 100,000 Sefl. gehabt hätten, Theoph. IH, 7, 2, Dio Gaff.
N
.
1006 Lex Vocenia
LV, 25. Diefe Behlimmung fei nun auf auf ben classicus der lex Voc.
angemandt worden (Div Caſſ., Pf. Alc.), Gai. aber babe «8 genau genom⸗
men und bie alte Summe ber lex Voc. aufbewahrt. Der Ausbrud des Bi.
Air. dives oder pecuniosus fpricht allerdings für diefe Erklärung. —
Eine Ausnahme war bie, daß es den Veſtalinnen geflattet war, rauen als
Gräinnen einzufegen, was theils ihrer Würde wegen geflattet war, theils
deahalb, weil die Vefalinnen aus ihrer Samilie berauegetreten waren und
beöhalb nit ab intestato beerbt werben Fonnten, Cic. de rep. III, 10. @ef.
1, 12. Andere Ausnahmen gab ed nicht, obgleich mehre Gelehrte vergleichen
annehmen. — Gap. 2. ne mulieri, Gap. 3. ne cui plus legatorum no-
mine mortisve causa capere liceret quam heredes caperent. cf. Quinct.
decl. 264. @ic. de fin. I, 17. Der Sıeit, ob Gap. 2. de mulierum
legatis beſonders eriftirte (fo Kind, Hafle, Schilling, Nein, Badofen), oder
ob dieſe Beſtimmung in dem folgenden ne cui cett. mit enthalıen geweien
fei (fo Savigny und zulegt Mommfen), ift nur für die äußere Faſſung der
ex von Bedeutung, nit für deren Inbalt; denn Die Verfügung über dad Ver⸗
halimiß der Xegatare zu den Erben galt bei Frauen (und war In der lex nothwen-
dig, indem fonft pas 1. Gap. derjelben durch unmäßige Legate an Frauen leicht hätte
umgangen werden £önnen) jo gut ald bei Männern. Wichtiger ift die Frage,
melches Verhältniß in jenen citirten Worten liege. Gewöhnlich erklärt men:
fein einzelner Legatar dürfe mehr erhalten, als der Erbe, es dürfe aber die
Summe der Legate größer fein, als die dem Erben übrig bleibende, fo Gai.
II, 226. Theoph. II, 22, pr. Dagegen ſtellt Mommſen die fcharffinnige
Vermuihung auf, lex Voc. beflimme, daß die Summe aller Legate nid
mehr als die Hälfte der Erbihaft wegnehmen dürfe, und beruft fi dafür
auf Eic. Verr. I, 43. si plus legarit, quam ad heredem heredesve perve-
niat, quod per legem Voc. ei qui census non sit licet, und de leg. II, 20.,
wo es von der Zeit vor lex Voc. heißt: si maior pars pecuniae legata est
(alio damals Eonnten die Legate mehr beitragen, ald ber Antheil der Erben,
während in Cic. Zeit die Legute nicht mehr als die Hälfte der ganzen Maſſe
betragen bätten, ſ. Cic. de leg. II, 19. qui — testamento tantumdem
capiat, quantum omnes heredes und Il, 20. minus ceperint, quam omni-
bus heredibus relinquatur). So hätte lex Voc. dem Teftator verboten, meht
als die Hälfte feined Vermögens an Legatare zu vertbeilen, lex Falcid. aber
ging noch weiter und beichränfte Diefed Verbot auf den vierten Theil, f. ©.
72. Endlich 4) iſt es ſehr wahrfheinlih, daß lex Voc. eine Grbfchafte:
fleuer (analog der fpäteren vicesimaria des Auguflus) eingeführt hat. So
combinirt Bachofen rihıig aus Plin. pan. 42. und Die Cafſ. LV, 25., i.
vicesima. — Die Anwendung ber lex Voc. mwurbe dur die Anerfennung
ber fideicommissa und durch die Aenderungen des Genfus jehr beichräntt, fa
faſt aufgehoben, und lex Pap. Poppaea ordnete die Erbbefugniß der Frauen
ganz allgemein nad ganz verihiedenen ‘Principien, fo daß die lex unter ven
Kaifern feine praftifche Geltung mehr haben konnte, Gel. XX, 1. Auguft
verniachte der Livia '/, feined Vermögens und ließ fie nur von lex Pap
Popp., nicht von lex Voc. biöpenflren, Dio Caſſ. LVI, 32; Dafumius jegte
fogar ohne Weiteres vier Frauen zu feinen Erben ein, test. Dasum. im Rhein
Muf. I. 3. ©. 249. (1827) und Nuborff in Savigny's Beitichr. für geic.
Rechtsw. XII. S. 325. Literatur: J. F. Gronov. de sest. III, 16., befler
ale F. Perizon. de J. Voc. in diss. trias. Daventr. 1679. (neu von Heinecc.
- Halr 1722). U. Wieling lectt. iur. civ. II, 19—27. Bouchaud recherches
hist. et crit. sur la loi Voc. in |. Comm. zu den XII Xaf. Paris 1803. 1.
P- 526-581. M. Kind del. Voc. Lips. 1820. W. Zimmern über L V.
n Neuſtetel's und Zimmern’3 röm. recht. Unterf. Heideib. 1821. S. 211 -
331. v. Savigny über 1. V. in den Abb. d. Akad. d. Will. zu Berlin
Ansıcpyınor — Kexica 1007
ı (Bi. phil.) 1821. S. 1—20. Haſſe zur T. Voc. im Nhein. Muf. III. ©.
1 183— 214. Zumpt zu Cic. Verr. p. 183 ff. 188 ff. Nein Röm. Privatr.
I ©. 37 ff. H. Sauppe in Orell. index leg. p. 294 ff. I. I. Bachofen
- bie lex Voc. Bafel 1843. (jehr gut) und Rec. von Mommien in Schneiver's
: krit. Jahrbüch. 1845. XVII. S.7ff. [R]
-Anfıapyınor yoauuarsior (x0907 yoruuareioy einmal bei Dem.
; g. Eubul p. 1317. 6. 60.), dad Gemeindebuch, dergleichen in jedem attiſchen
: Demos geführt wurde, und welches der jebedmalige Demarch oder Gemeinde⸗
vorfland in Verwahrung hatte, Dem. a. a. D. Im viele Lifte feines reſp.
Demos mußte jeder atheniſche Bürger nad erlangter Volljährigkeit (davon
der Name: Harpoer. eig 6 eyeypaporro oi relewdirre; or naidor, oig
ebir NöN Ta Narooe oinovoueiv, maO‘O xal Tovvoua yayordımı, dia To
1» Ankemr apyer’ Ankas 0 eioiv oi Te nAnpos nal m ovoia. vgl. Suld.,
Phot. s. v. Pol. VII, 104. und Xu. g. Leofr. 18, p. 189. anadar eig
zo Anbıapyınoy eyyoayam al Epndoı yermrraı) eingetragen werden, waß
unter Bermittelung entweder ded Vaters, wenn biefer noch am Leben war,
oder nach defien Tode eined befreundeten Demoten geſchah (Mefch. de fals.
leg. $. 150.). Eintragung auf eigenen Betrieb, wie fie bei Dem. g. Böot.
I, p. 996. $.5. H, p. 1018. 6. 34. vorfommt, aber au dort nach vor⸗
bergegangener Willenserklärung des Vaters, war nicht verfaffungsmäßig.
Der Einzeihnung felbft ging eine Prüfung ver Legitimität und bürgerlichen
Nechrefähigkeit voraus, worüber von den verfammelten Demoten abgeflimmt
wurde, Dem. 9. Cub. p. 1318. $. 61. Derfelben Procedur mußten fi .
auch Diejenigen unterwerfen, melde durch Adoption aus dem einen Demos
in einen anderen übergingen, Iſäus Apollod. $. 27f. Dem. g. Leoch. p.
1092. $. 38f. Aus beiden Stellen ergibt fih zugleich, daß die Einzeih-
nung in das Gemeindebuch alljährlich nur einmal gegen Ende des Jahres,
87 auyaıpeoiig, vorgenommen wurde. Vgl. Bödh Ind. lectt. Berol. 1819.
Schömann d. comit. Ath. p. 379. u. Antiq. iur. publ. Gr. p. 205. Böhnede
Forſch. auf dem Gebiet. d. att. Neon. I. S. 64 f. [ West.].
AnEiaoyoı, eine athenifhe Behörde von ſechs Dlännern, welche nebft
ihren dreißig &eblifen darauf zu fehen Hatten, daß Fein Unberedtigter fid
in die Volksverſammlung eindrängte und Fein Anweſender dieſelbe verließ.
Poll. VIII, 104. Schol. Aeſch. Tim. 6.18. Heſych. s. v. zoiaxorre. Phot.
lex. p. 599. Bgl. Schömann d. comit. Ath. p. 62 f. [ West.
Lexica, Astes. In der gelehrten Forſchung der Grammatifer des
Alterthums treten dieſe Ausdrücke in ein Verhältniß und feleft in einen Ge⸗
genfaß zu den Gloſſen und Bloffarien, und bilden fomit die andere
Seite des oben Br. III. S. 888. bezeichneten Zweiges einer gelehrten Thä⸗
tigfeit, welche eine ungemeine Ausbreitung im griechiſchen Altertum erlangt
hat, von der jedoch im Ganzen nur Weniges auf und gekommen iſt. Acdıs
bedeutet nad der Erklärung der Stoifer (f. Diogen. Laert. VII, 56.) gorn
Eyyoauarog; im Gegenfaß zu Aoyos (vgl. Ammon. in Aristot. p. 99.),
d. i. Der zufammenhängenden Rede, dem Sape, iſt Addıc ein einfadhes, in
die Sprache der Hellenen zu Bezeichnung irgend eines Begriffs aufgenom-
mened Wort, es fei Nomen, Verbum, Abverbium u. f. w., und dann weiter
auch eine jede Redenéart, an und für fih betrachtet. Wie die gelehrte Thä⸗
tigkeit der Redekünſtler und Philoſophen Griechenlands, zumal der, Stoifer,
einmal der allgemeinen Spradforihung fi zugewendet hatte, jo. erfaßte fie
bald auch die Askarg und rief eine Reihe von Schriften hervor, welde von
verſchiedenartigen Standpunften und Zwecken ans diefen Gegenftand in nähere
Unterfudgung nahmen, insbeſ. einzelne Assas fammelten, in eigens angelegten
Berzeichnifien zufammenftellten, erörterten und erklärten, wobei fie im Age
meinen wie im Befondern die in bie Sprache der Hellenen aufgenommenen,
4008 Lexiphänes — Ark
in dem fchriftlichen wie mündlichen Vortrag gebräudlichen ımb anwendbaren
Ausdrücke und Nebendarten berüdfichtigten, mit Einfluß der Synonymif
u. der Biymologie, wie der eigentlichen Worterklaͤrung oder Exegeſe, bald auch
die für die einzelnen Gattungen der Rede und des Vortrags paſſenden Aus⸗
drücke oder die zu einzelnen Zwecken und Bedürfniſſen des Redners beſonders
geeigneten, oder auch die beſonderen Mundarten und Dialekten zugehörigen
in's Auge faßten; ober auch die Ausdrücke und Redensarten eines einzelnen
Schrifiſtellers, als die ihm befonderd eigenihümlichen, zufammenftellten und
fo eine Neibe von Wörterbüchern der verfhiedenflen Art, nad Inhalt
wie nah Form und Unlage Fieferten, welde und die Lexikographie des
Altetthums, zunächſt des griehifhen, in einem Umfang zeigen, ber jekt
meift nur noch aus einzelnen Bruchſtücken und den Titeln fo vieler verloren
gegangenen Werke noch erkennbar if. So maren ed namentli die Dichter und
Scriftfleller der älteren Zeit, welche auf dieſe Weile lericograrhiih behan⸗
delt wurden, wie 3. B. die Asseıs Oungmai und ähnliche Lexita, wie fie
faft zu jedem beveutenden Autor vorhanden waren, beweifen; indbelondere
waren es aber unter den Proſaikern, neben den Philoſophen, die Redner.
welde zur Anlage folder Wörterbücher, die auch zugleich für die Bedürfniſſe
Derer, welche zum Redner ſich felbft bilnen, ober in Abfaffung ſchriftlicher
Vorträge fih üben wollten, berechnet urd angelegt waren, Beranlaflung
gaben. Die Ordnung und Folge der einzelnen Worte mar nad dem Vlan
‚und den Zmeden, vie der Berfaffer mit feinem Werke verband, beflimmt;
es kommt auch ſchon die alphaberiihe (xar« azosyeior) vor, bald mehr, bald
minder fireng feitgehalten. Die gewöhnliche Bezeihnung dieſer Schriften
hält an dem Ausdrucke Acfeuıs mit geringen Moviftcationen fehl: neben Aszeı;
fommen auch epi Askeor, oder ovsayayn Asseom u. dgl. vor. Der Ge⸗
brauch des Wortes Assınov, beffen Anwendung vor der Zeit des Biymologic.
magn. (f. Bo. III. ©. 246.) nice flattgefunden haben fol, iſt der älteren
Periode und jedenfalls auch noch den erfien Hriftlichen Jahrhunderten fremd:
wenn daher Werke diefer Urt aus diefer Zeit unter dem Namen Assıxor auf«
geführt werden, fo fcheint der. iparer aufgefommene und gebräuchliche Aus»
druck Hier auf eine Ältere Zeit von fpäter lebenden Autoren der Bequemlich-
feit halber übertragen zu fein. Vgl. Diann Praefat. ad Philemon. p XIX.
Semfterhuf. ad Polluc. Onomast. T. I. p. 33. Ranfe De Lex. Hesych.
p. 1 ff. Ueber die in dieien Kreis fallenden Schriften |. Lerſch Sprachphi⸗
loforhie IH. S. 63 ff. Gräfenhan Seid. der klaſſiſch. Philol. I. S. 526 fi.
Größe Lehrb. d. Lirerärgeih. 1.2. S.729 ff. S. au Zahric. Bibl. Graec.
vi, 227 ff. 628 ff. ed. Harl. und inöbef. die Programme von Meyer: Com-
mentat. sextae de Andocid. Orat. contr. Alcibiad. Part. Iiff. Halae 1843 #.
Bol. au unten den Art. Onomasticon. [B.]
Lexiphänes, komiſcher Dichter Griechenl., Alciphr. Epist. III, 71. [B.)
Anfıs, ſ. v. a. Eyrärum, die bei der Behörde eingegebene Klagichrift,
aber beide von öſſentlichen Klagen faft nie gebraudt (2. bei Demon. c.
Aristog. I, p- 787, 9. Ang. id. c. Boeot. p. 999, 14.).. Für Privarklagen
iR A. ganz allgemeine Bereihnung (Dem. p. Phorm. p. 950, 27. 951, 1.
c. Steph. II, p. 1116, 28. Timoer. 727, 6. vgl. Pol. VII, 28. Sans
Ankıg einav 6 vis nalovuerog Tunog — formula, actio), während &. nur
von perjönlihen, nicht aber von dinglihen Privatklagen gefagt wird (Dem.
c. Zen. p. 883, 4. 889, 24. Phorm. 912, 5. 22. pro Phorm. 950, 21.
ec. Pant. 973, 1. 27. Nausim. 488, 27. 989, 5. Boeot. 1006, 16. 1013,
11.). Wirklich Heißt A. rne dns Erlangung (Grloofung) des Rechts, d. h.
der Sihritt, den man thut, um (in ber vom Loofe beſtimmten Ordnung)
Recht zu befommen, alfo das Anhängigmaden ber Klage; daher Ankır mor-
«icdes eine Klage anhängig machen (vgl. Dem. c. Apat. 908, 25. Wei.
Lexokli — Libanias 1008
c. Tim. 85. Sfä. Nicostr. 69.) und eyerorro ai Anbeıs e8 wurden Klagen
angefellt, z. B. Iſä. Hagn. p. 275, 18. (Die ältere Erklärung bezieht Ankıc
und Aaygaveı auf das Looſen der Richter) Vgl. Meier u. Schömann att.
Prob S. 594—597. -Ansıs Tod nAnpov h. der Antrag beim Archon, um
durch richterlichen Ausſpruch in den Befitz einer Erbſchaft geſetzt zu werben,
f. ib. ©. 462. 596. und oben Bd. II. ©. 1198. Daher Heißt au vie
Erbſchaft felbft und dad Vermögen überhaupt Aräıc (Pollux VII, 104. 7
zarowne ovale xal Ansıg enakeiro, Etymol. M. 369, 18. SHarporr., Suid.
u. A. s. v. Ans. yo. [W.T.]
Lesobil (Anboßıo:, Strab. IV, p. 189. :Asıbovßor, Ptol. II, 8.
Gäf. B. G. III, 9.) oder Lexovii (An koovior, Strab. IV, p. 194. Gäf.
B. 6. VII, 75. Plin. IV, 18, 32.), Volk in Gallia Lugdunenſis am
Deean, weftl. von der Mündung der Sequana, mit der Hauptfladt Vovio⸗
magus (f. Lifleur), alſo im Depart. Calvados der Normandie [F.]
Linda (It. Hieroſ. p. 573.), Ort in Bithynien, 8 Mill. nördl. v. Ricäa. [F.]
Lianum (Aeiarorv, Btol. AI, 5.), Ort der Satarhä im europälichen
Sarmatien, an der Nordweſtküſte ver Palus Mäotid bei dem Fluſſe Byces.
Bel. Mannert IV. ©. 233. [F.]
Liba 1) Stadt Mefopotamiend, wahrſch. an der Straße von Niffibin
ah Mofiul; nur bei PBolyb. V, 51. — 2) Infel des Indiſchen Meeres,
Btol. VI, 8. [E.]
Libäna (Aare, nach anderer Lebart AoiBara, Ptol. II, 6.), Stadt -
ver Geltiberes im Hispania Tarraconenfld, im Süden ihres Gebietd. [F.]
Likanesia Phoenicia, der fpätere, wahrſch. feit-Diocletian üblich
zewordene Name einer Provinz des roͤmiſchen Reichs, welche Eölefyrien und
Bhönicien, ee u Emeſa zur Hauptſtadt hatte. Vgl. Malal. Chron.
XIII, p. 16. IEF.
Likanies, der bedeutendſte und fruchtbarſte griechiſche Sophiſt des
ierten Jahrh. na Chr., über deſſen Leben wir zum Theil etwas näher
mterrichtet find durd eine feinen Werken beigefügte Kr. I. p. 1 ff. ed. Reisk.)
5elbftbiographie (Bios 7 Aoyog nepi rne &avrov urn), nah welcher in
zerbindung mit dem, was fonft in feinen Schriften vorkommt und was
5uidas (s. v.) und Eunapius (Vit. Sophist. p. 130 ff.) überliefert haben,
sehrere Gelehrte in neuerer Zeit Darftellungen feines Lebens gegeben haben
f. 3. G. Berger De Libanio Disputt. VI. Viteberg. 1696 fj. 4. I. 3. Neisfe
or f. Ausgabe T.I. F. C. Peterſen Comm. de Libanio soph. P. I. Havn.
827.4. vgl. Fabric. Bibl. @raec. VI, p. 750 ff.). Hienach war Lib. zu An»
ochta am Qrontes von einer angefehenen Familie geboren, bie Zeit feiner
zeburt ſchwankt zeigen 314—316; in Antiodia erhielt ex auch feine erſte
rziehung, begab ih aber von da nach Athen und beichäftigte ſich hier
auptfächli mit den Schriftftellern der Altertbums, und warb bald fo bes
ınnt, daß eine Ausficht auf ein öffentliches Lehramt fi ihm eröffnete, was
doch nachher niht in Erfüllung ging. In Conftantinopel hielt er dann,
seh den Mhetor Nicorled bewogen, einige Zeit fich auf, bis ihn ber Neid
7 Gegner, welde den großen Beifall, mit dem Xib. lehrte, nicht ertragen
mnten, daraus vertrieb, indem man ihn der Magie beſchuldigte und durch
n Präfekten Limenius aus Conftantinopel wegweiſen fieß,. um 346 n. Chr:
6. wandte ih nun nad Nicomebien, wo ex bald mit gleichem Beifall
hrte, und nah Berlauf von fünf Jahren wieder nach Gonftantinopel zurüds -
zufen ward. Müde der bortigen Kämpfe und Streitigkeiten, auch einen
uf an eine Lehrſtelle zu Athen ablehnend , wirkte er fi vie Erlaubniß der
üdfehr in feine Baterftadt vom Cäfar Gallus aus, und blieb auch nad
8 Gallus Tode (354) daſelbſt bis an das Ende feines Lebens, das wohl
ch bis in die Zeit des Arcabius und gegen dad Ende des Aten Jahrhund.
Bauly, HReal-Encyelop, IV, 64
- 41010 . Libanlas
reiht, von Peterſen um 393. angefegt wird, da er (nad Ep. 941.) um
391 noch gelebt Hat. In Julianus verehrte er einen befondern Gönner und
gleichgefinnten Bewunderer: cr ward aud von dieſem Kaifer zum Ouäftor
ernannt und ftand in Briefwechſel mit ihm; unter Valens anfangd verfolgt.
wußte er Doch auch dieſes Kaiferd Gunft zu gewinnen; er ſchrieb auch eine
Lobrede auf ihn und wußte ihn zu einem Geſetze zu beilimmen, welches ven
natürlichen Kindern ein gewiſſes Erbrecht fiderte, wobei Lib., der in feine
ordentlichen Ehe lebte, perfünlich betheiligt war. Lib., obwohl Helleniſt un:
in dieſer Hinfiht des Julianus Anfihten und Pläne vollkommen theilenz.
zeigte doch ſtets eine löbliche Toleranz gegen die Chriften; er war der Lehrer
des h. Baſilius und des Johannes Chryſoſtomus, und blieb mit ihnen flets
in freundſchaftlichem Verhältniß; von einer gemifien Gitelkeit, vie ihn aud
in mandherlei Streitigfeiten verwidelte, ſcheint er nicht frei geweſen zu fein.
— Unter den Schriften des Lib. nennen wir zuerft die in das Gebiet der
rhetorifhen Technik einfhlägigen TIpoyuvuraouaror rupadeiyuare, d. i.
Mufterftücde zu rhetorifchen Vorübungen in vreizehn Abſchnitten, zu welchen
Morell noch einige andere Abfchnitte hinzufügte, welche jeht aber dem Nico-
laus (ſ. Walz Rhett. Graec. I. p. 394 ff.) und Severus (ibid. I. p. 546.)
zuerkannt find; von den Neben vefielben finden fih in Reiske's Ausgabe
(T. I—II.) in Allem fünf und ſechzig, zu welchen noch eine von Siebenkees
zu Rom entdeckte und in feinen Anecdd. Graec. (Norimb. 1798. 8.) heraus:
gegebene hinzukommt, fowie eine andere, welde A. Mai feiner zweiten Aus:
gabe des Fronto (Rom. 1823. 8. p. 421 ff.) beigefügt; dazu fommen weiter
die ueAszau oder Declamationen, Reden über fingirte Gegenſtände u. Schil⸗
derungen verſchiedener Art, at und vierzig in Reiske's Ausg. (T. IV.), wozu
noch zwei von I. Morellius zu Benebig (1785. 8.) und eine von Voiſſonade
(Anecdd. Graecc. I. p. 165 ff.) herausgegebene Hinzufommen ; ferner bas
Leben des Demofthened und die Inhaltdanzeigen zu deſſen Neben (bei Reiske
T. IV. p. 266 ff., auch in den meiften Ausgaben des Demoſthenes beigedruckt)
In diefen Neven zeigt ſich Lib. ald einen glüdliden Nachahmer ver Redner
der befien Zeit, namentli des Demoſthenes; feine Sprache ift möglich rein
gehalten und nad attifcher Eleganz möglihft firebend (vgl. Phot. Bibl. Cod.
XC: p.67. B.); doch geht ihm, bei allem Streben nah Anmuth und Krafı
der Rede, die Einfachheit und Natürlichkeit ab, welche den Charakter der
Meisterwerke älterer Zeit ausmacht, feinem Zeitalter aber fremd war; dem
Beifte dieſer Zeit ift 2ib., fo fehr er au fonft aus ihr hervorragt, aller:
dings auch unterlegen: eine gefuchte Darftelung und Kunft, woburd oft
‚unbebeutende und geringfügige Gegenflände gehoben werben follen, währen:
fie des innern Lebens entbehren, tritt nicht ſelten hervor und benimmt dem
Vortrag feinen wahren Gehalt. Lebrigend enthalten namentlich feine Reden
gar Vieles, was zur näheren Kenntniß der politiſchen und literäriſchen Ber:
hältniffe jener Zeit von großer Wichtigkeit iſt, wie 3. B. außer der oben
erwähnten, im fechziaflen Jahre feined Lebens abgefaßten und wahrſcheinlich
fpäter noch mit Zufägen verfehenen Rede, in welcher Libanius feine eigenen
Lebensſchickſale ausführlid erzählt, die Lobreden auf Conſtantius und Con⸗
fand (Baoıdırog), die Reden an und über Julian (f. oben ©. 412.), ferner
mebrere auf Antiochia und deſſen Berhältniffe bezügliche Neben, darunter
au eine (vnmip Tor Grzropav) über vie Gehalte, melde den Lehren der
Redekunſt ausgeſetzt werden follten, mehrere wider Marius, den Comes
orientis um 384 ober 385, und andere zahlreiche Gegner, vie er in feiner
politiſchen Sandlungsweife unter den höheren Beamten oder in feiner Lehr⸗
thätigfeit fi zugezogen batte, wie 3. B. die Rede gegen Diejenigen, welch
ihn zwar einen guten Nebner, aber einen mittelmäßigen Lehrer genamıt hat-
ien (mpog Tov; eig vr nmbsiar avıod aroomaweartag); auch finden fi
Libanias 1011
wunter mehrere Meben moralifcgen Inhalts, wie file bei ben fpätern Red⸗
m Griehenlands wie Home fo beliebt maren, 3. B. rrepi pılmv, mepi
lovror, mei nerias, repi unAnoriag u. f. w. Baft no wichtiger in
n bemerkten Baiehungen find die Briefe des Libanius, von welchen und
ve große Anzahl (1605 bei Wolf nebft zwei von Bloch In Münter Miscell.
fn. I, 2. p.139 ff. edirten in Griechiſcher Sprade, zu weldden noch 522,
6108 in lateiniſcher Vieberfegung, von Ir. Zambicari, vorhanden find,
zukommen) noch vorliegt, einem namhaften Theile nach gerichtet an die
itiſch oder literariſch bedeutendſten und angefehenften Männer jener Zeit,
3. Julian, Athanafius, Bafllius, Gregorius von Nyſſa, Johannes Chry⸗
omud u. A.; neben welchen auch viele ganz kurze Briefe, mit Empfeh⸗
zen oder Höflichkeitsbezeugungen oder perſönlichen Nachrichten u. vergl.
kommen: alle find mehr oder minder durch eine anziebende und zierliche
relbart außgezeihnet. Es gehören dazu noch die von W. Morellus
ris 1551. 1558. 8. Lugd. 1618. 12.) herausgegebenen 'Enioroiroi
rerĩges ober Briefformulare ; andere, noch nicht befannt geworbene Briefe
ı fh noch in manden Bibliotheken finden (vgl. Fabric. 1.1. p. 785.
); ebenio auch Neben vefielben in Mabriter und Denezianer Handſchrif⸗
ſ. bei Weflermann ©. 341.), während andere Reden, welche bier und
erwähnt werden, jeßt verloren gegangen find (f. bei Fabric. p. 789.).
son biefen Schriften des Lib., welche bis jetzt noch nicht in eine Ge⸗
tausgabe vereinigt worden find, erfhienen die Progymnasmata zuerft
er ähnlichen Schrift des Theo und unter deſſen Namen, zu Bafel 1641. 8.
J. Camerarius, dann vermehrt in %. Morel Libanii praeludia ‘oratt.
I, declamatt. XLV et diss. morr. Paris 1606 fol., wozu noch bie von
Natius in den Excerptt. Sophist. herausgegebenen Stücke hinzugekom⸗
dad Ganze jetzt vereinigt bei Reiske T. IV. p. 853 ff.; f. dad Ver⸗
B ber ſämmtlichen einzelnen Stüde bei Weflermann ©. 338 ff. u. vgl.
. &. Beterfen Comment. de Libanio II. III. IV. Hafn. 1827. u. 1828.
even und Declamationen erſchienen zuerſt höchſt unvollfländig zu Fer⸗
517. 4. von Soterianus Capſalis, dann bei Morel am a. O. u. in
XXXVletc. Paris 1627 fol. ; nachdem 3. Gothofredus (Opuscc. Genev.
4. und Opp. juridica minora. Lugd. Bat. 1733. fol.), Babricius
Graec. VIl. p. 145. d. alt. Ausg.) und Ant. Bongiovanni (Venet.
1.) eine nambafte Zahl biäher ungebrudter Reden bekannt gemacht
erſchien bie Alles dieß vereinigende, auch mit einigem Neuen ver-
e, den Text vielfadh berichtigende und audfüllende Uusgabe von 3. 3.
(Libanii soph. orationes et declamationes ad fid. codd. recens. et
adnotat. illustravit. Altenburg. 1784. arifangs 4., naher 8. IV Voll.
1797, durch deſſen Frau beforgt); ſ. Dad genaue Verzeichniß ber ein⸗
heile bei Weftermann S. 330 ff. Die Briefe finden fi am beften
nii Epp. Gr. et Lat. ed. et not. illustr. J. Ch. Wolf. Amstelod.
J., wo ebenfomwohl die griechiſch gefchriebenen, wie bie blos in Der
en Ueberſetzung vorhandenen zufammengeflelt find; f. die Vorrede
usgebers und vgl. Shöl Geld. d. Griech. Kiterat. III. ©. 122 f.
er die Ausgaben f. bei Hoffmann Lexic. Bibliogr. T. IH. p. 11 ff-;
meinen f. $abric. Bibl. Graec. VI. p. 750 ff. ed. Harl. Wefter-
fh. d. Bererf. in Griechenl. F. 103. nebft Beilage XV. Schloſſer
ift. Ueberficht II. 3, S. 77 ff. — In die Griechiſche Anthologie
igramm des Lib. auf den Tod des Kaiferd Julianus aufgenom-
Anal. II, 404. ober III, 112. ed. Lips. Ueber einige Andere,
r Namen Libanius führen, aber für die Geſchichte der Literatur
r Fjeren Bedeutung find, ſ. Fabric. Bibl. Graec. X. p. 706.
1012 5 Likanus — Libarna
Libänus (0 AiBavos over zo Aldaror , Polyb. V, 43. Gtrab. KVI,
754 f. Dion. XIV, 22. Pol. V, 15. Joſeph. Ant. I, 6. Plin. V, 20.
22. u. ſ. w, m A. T., z. B. Det. 1,7. 3, 25. 1. Reg. 7, 2. 9, 19.
u. f. w. Libanon, und noch jetzt Dijebel Liban), ein fehr hohes und ſchwer
zu erſteigendes Gebirg Phöniciens und Gölefyriend, dad auf feinen Bipfeln
mit ewigen Schnee bedeckt (Tac. Hist. V, 6. vgl. Ierem. 18, 14.), in ben
tiefern Regionen mit dichten Cedernwäldern befeßt (Divd. XIX, 58. Gurt. IV,
2, 18. X, 1, 19. vgl. Deut. 24, 16. Jud. 9, 15. u. f. mw.) und an fei-
nem Fuße mit Neben bepflanıt mar (Hoſea 14,8. vgl. Bolney I. p. 231.) *.
Es begann na Plin. V, 20, 17. bei der Stadt Sidon und erfiredite ſich
in einer Ausdehnung von 1500 Stab. nördl. bis Simyra, während Diod.
XIV, 22. dem @ebirge, minder richtig, eine größere Ausbehnung gibt und
es im N. fon beim Amanus u, den ſyriſchen Pforten beginnen läßt. Sei»
nen Namen hatte ed gewiß nicht von 6 Aßaros, der Weihrauhbaum, fon»
‚ dern vom hebr. 725, weiß fein (vgl. Gefenius’ Neues bebr. Wörterbuch
S.315. und Schulz in Paulus’ Sammlung VII. ©. 201.), entweder megen
des ewigen Schnees auf feinen Gipfeln, oder vielmehr, da diefer nicht im
fo großer Dienge vorhanden iſt, daß er ven Namen rechtfertigen kann, wegen
bes weißen Kalkſteins, der ihm faft überall ein weißliches Anſehen gibt.
(Dal. Robinſon's Paläfins III. S. 723.) Ueber feine Heutige Beſchaffen⸗
beit vgl. außer den ältern Neifenden, welche Büſching Erdbeſchreib. von Aften
S. 211—214. aufführt, Pocode IE ©. 115 ff. IH. ©. 153. Rauwolf
S. 274. Burckhardt Travels p. 17 ff. (oder I. S.40f. der deutſchen Ueberf.).
v. Richter Walf. S.76 ff. Volney I. p. 161 ff. Robinſon a. a. O. Mitter’s
Erdk. II. ©. 445 ff. u. U. Uebrigens vgl. auch den Art. Antilibanus Bd.
I. S. 532. [F.]
Libare, Libatio, griech. Asißerv, onesöer, daB Ausgießeu der erfien
Tropſen einer zu genießenden Flüſſigkeit (bef. Wein), um fle einem Gotte
darzubringen, deſſen Antheil fo gleihfam vorweg abgezogen wird, oder dem
damit dad Ganze gemeiht fein fol. Vgl. Eic. harusp. resp. 10. Birg.
Aen. I, 740. V, 77.. X, 174. Ovid. Met. III, 27. Bat. Fl. I, 666.
Wein, ver nit zu Trankopfern gebraudt werben durfte (aomoröos, im Ge⸗
genſatz zu &romoröog) war der mit Waſſer gemifchte oder fonft unpaſſend
bereitete (Blin. H. N. XIV, 19.). Auch vom Darbringen trockener Begen-
flände, mie dapes (Xiv. XXXIX, 43. vgl. Hor. Sat. II, 6, 67.), pomum
(Tibul. F, 11, 17. 21.), fruges (ic. Legg. II, 8. Did. Met. VII, 274.),
tura (id. Pont. IV, 8, 39.) u. A.; f. Ovid. Fast. I, 389. 588. Gell. N. A.
XI, 8. Die Libation war ein Beſtandtheil ver Sacrificia, ſ. d. Aber au
bei Mahlzeiten wurde ber Uebergang vom deinvor zum moros ober ovuzoaor
durch ein Trankopfer (beſonders für den wyados daiuor) gemacht, f. Bd. I.
S. 1303. Becker Charifled I. ©. 444. Vgl. Ovid. Fast. II, 637. Die
LI, 19 extr. Sor. Od. IV, d, 31. ff. Athen. X, p. 427. D. Au ven
Todten zu Ehren fanden Ribationen Statt, f. Appulej. de mundo p. 367.
Dub. und oben ©. 159. Xrankopfer ohne Wein (alfo beſtehend in Waſſer,
oder Honig, oder Mil, oder Del) nannte man snyyalscı Ivaaı, dergleichen
z. B. Rd der Mnemofyne u. U. dargebracht wurben, f. Suid.
8. v. .T.
Ubarna (Aßcora, Ptol. IH, 1. Plin. IH, 5, 7. und Inser. in
® Daber fagen nah Bolney I. p. 243, arabifche Dichter von Ihm, daß er auf
feinem Haupte ben Winter, in feinem Schooße den Herbſt träge, umb daß zu feinen
Füßen der Sommer ſchlummere.
Livelln — Libeilus j 1013
Montfauc. Diar. Ital. c. 26.) ober Libarnum ($t. Anton. p. 294., wo
Libanum blofer Schreibfehler ift, und Tab. Peut. r vielleicht auch derſelbe
Ort, tm Som. h. ecel. IX, 12. Aißegove moAw zijg Akyovoiaz nennt),
Stabt Liguriend an der Via Aurelia, die von Nom nad Arelate führte,
36 Mil. (?) norbweRl. von. Genua und 35 Mil. ſüdl. von Dertona; jegt
er Flecken Lerma (nur d 9. M. von Genua). [F.]
Libella, 1) eine ber Eleinften römifhen Silbermüngen (libella argenl,
Haut. Pseud. II, 2, 34. Capt. V, 1, 27. vgl. Cas. II, 5, 7. Eic. V
‚2, 10; aber ad libellam bis auf den Kreuzer hinaus, vd. h. genau so
el, Cic. p. Rosc. Com. 4.), über deren Werth und Berbältniß zu andern
arro L. L. V, 36. p. 68. Müll. angibt: nummi denarii 'decuma libella,
ıod libram pondo as (aeris) valebat et erat ex argento parva; sembella,
‘od libellae dimidium qvod semis assis; teruncius a tribus unciis; libel-
2 ut haec qvarta pars, sic qvadrans assis eadem. Hienach waren bie
seen und ihre Ihelle (sembella und teruncius) einmal wirklich gemünzte
eile ded Denard und zwar an Gewicht entſprechend nem Libralkupfergelde, dern
und feinen Iheilen; vgl. Plin. XXXIII, 3, 13: librales (unde etiarn
ıc libella dicuntur) appendebantur asses. Daher auch (heres) ex libella
ex teruncio (Gic. ad Aut. VII, 2.) ald Bruchtheile ('/,, und '/,,) von
asse gelten. Später unterlie$ man (vgl. valebat, erat bei Barro) das
gen berfelben (daher keine auf und gekommen find), aber behielt das
rt im gewöhnlichen Leben halbſprichwoͤrtlich bei, vgl. Blaut. u. Cic. 1.1.
Donatus zu Terent. Phorm. I, 1,9. bezeichnet irrig bie Ib. eis Ri Unze.
Boͤckh metrolog. Unterf. 6. 455 f. und oben Bd. 977f. —
Sedwage, Werkzeug der fabri (vgl. fabrilis lib. bei ii. I, 13, 12.)
'orm eines durchbrochenen Triangels, von veffen Spike ſich an einer
ur ein Stück Blei auf die Baſis ſenkt und jede Abweichung von ber
rechten Linie anzeigt; daher ad libellam aggqvus (Varr. R. R. 1, 6, 6.)
ı eben, und ad lib. neben ad normam (et perpendiculum, Bin. XXXVI,
1.) und ad regulam (ib. 25, 63. Bitrun. I, 6. vol. Xucret. IV,
"). Als Erfinder der norma, libella und des tornus nennt Plin. VII
7. ven Theodorus von Samod. — Den eiymol. Zufammenhang mit
Wage (wie von 1. mit libra Pfund) beutet.auch das deutſche „wage⸗
an; oder bezieht es fi auf libra in der Bereutung Senfblei, ‚Höhe:
‚ vgl. Colum. VII, 17. Eäf. b. c. IH, a0 [W.T.]
ibellms, A. bei bem Prozeß: 1) lib. f. v. a. inscriptio, d. h.
eſchrift im fpätern Griminalprozeß, Juv. VI, das. f. ©. 173.; 2) ib: .
igeſchrift oder Klageanmeldung im Eivilprozeß ber Juftinianeifchen Zeit,
ch libellus conventionis genannt, ſtatt der früheren denuntiatio, gleich⸗
:e in jus vocatio und actionis editio, f. ©. 381. Inst. IV, 6, 24.
. de ann. exc. (7, 40.). Bor Zuftinian hatten auch ſchon Klagen
sarifden Sachen durch libell. angebracht werden können, 1.6. C. Th.
rag. (13, 9.) 1.10. C. Th. off. rect. prov. (1, 16.). Symm. ep.
desgleichen folde Geſuche, welche fogleih "ohne causae cognitio zu
waren, 1.9. 6. 1. D. ofi. procons. (1, 16.); 3) lib. oder peri-
. DaB Concept ded Urtheils, welches der Magiftrat vor der Publi⸗
ieberfgreiben mußte (in ver Kaiferzeit), Cod. Theod. 4, 17. mit
@ommt. Cod. Just. 7, 44. — 1.40. C. Th: de appell. (11, 30.).
V. 11. Appul. Florid. I, 9. 4) lb. werben alle Anpellationd-
ver Parteien genannt (au libelli appellatorii), 1.1. $. A. 1. 3.
.9. $. 4. 1.7. D. de appell. (49, 1.) etc. 5) lib. $. bie Ans
: delatores (®». Il. ©. 896.), 3. B. Plin. ep. VII, 27. Suet.
Xac. Ann. Ill, 44. — B. Lib. in dem Sinn ald Adrefſen,
!
An.
1014 Liheläus — Liber Pater
Bittſchriften, Beſchwerden:zt., namentlich anden Kaiſer oder an den Senat,
Eic. ad Att. XVI, 16. A. p. Clu. 69. Arch. 10. Doflth. Adr. sent.3.6.9. Suet.
Oct. 53. Caes. 81f. Martial. VIII, 31. Hieher gehören auch bie libelli refutatorüi
oder preces refutatoriae, welche die flreitenden Parteien an den Kalfer richten,
um eine günflige Entfheibung zu erhalten, 1. 6. 8. 24. C. Tb. appell.
(11, 30.). S. Bethmann⸗Hollweg, Civilprozeß I, 1. ©.235 ff. 254. Dieje-
nigen, welche die an den Kaifer gerichteten libelli annahmen, beantiworteten 2c.,
h. a libellis, Suet. Dom. 14. Spart. Hadr. 22. Lamprid. Sev. Al. 31. Orelli
Inser. 3215.*— C. Lib. au8 dem gemeinen Leben: 1) als Öffentliche
Anſchläge, mit ver Befanntmahung daß Etwas gefunden oder verloren morben
fei, Plaut. Rud. V, 2,7 ff. Propert. III, 2, 23 f., Verkaufanſchläge, Eic.
p. Quinct. 6. 19 f. Sen, ben. IV, 12. Petron. Sat. 38., f. Bv.1. ©. 996.
und vgl. PBetron. Sat. 28. 2) Programme für die Anordnung öffentlicher
"Spiele, welche ebenfalls angefchlagen wurden, libelli gladiatorum gen., Gic.
Phil. II, 38., ober libellus munerarius, Treb. Bol. Claud. 5. Gen. ep.
119. exc. controv. IV. praef. Lipſ. Saturn. II, 18.*% Solche Auſchläge
haben ih in Vompeji gefunten, Reglaz. degli scavi d. Pomp. im Mus.
Borb. I. p. 4. II. p. 7. Orelli inscr. n. 2556. 2559. 8) lib. als Heine
Handbillets fehr oft, z. B. Cinladungébillet zu einer Neritation, Dial. de
orat. 9. Blin, Ep. III, 8, 4. Vgl. die Lerica. [R.]
Libentima (oder Lubentina), Dea libidinis, Beiname der Venus bei
ben Römern, Barıo L. L. V, 6. Gic. N. D. II, 23, 61. Auguflin. C.
D. IV, 8. Nonius I, 324. Bei Arnob. I, p. 15. Libentini (dü). Die
Form Lubentia fteht bei Plaut. As. II, 2,2. [W.T.]
Liber Pater. Üicero de nat. Deor. II, 24. unterſcheidet einen
doppelten Liber, ten Solm ber Semele, d. 5. ven Gott ver griechifchen
Mythologie, und den, welden die Vorfahren mit der Ceres und Libera in
aller Helligkeit einen Dienft gefliftet hätten, d. h. ven felt dem dritten Jahrh.
d. St. in die römifhe Staatöreligion aufgenommenen. Nach ihm unter»
ſcheiden auch wir, im Betreff des Cultus des Gottes auf den Art. Dionysia
verweiſend:
I. Mythologie des Dionyſos. 1) Geſchichtliche Ueberſicht
des Sagenkreiſes. Die poetiſchen und rituellen Anfänge deſſelben reichen
bis in die Älteflen Zeiten der Nation hinauf, obgleih das Epos einen Mr-
thencomplex wenig zu gebrauchen wußte, der, gerade mie die Mythologie der
Demeter, mehr das Naturleben ald dad Menſchenleben anging. Indeſſen
tennt fon die Iliade die Geburt durch Semele, das Thal Nyoſa und die
Feindſchaft des Lycurgus (VI, 130. XIV, 925., vgl. bie kritiſche Prüfung
der Homeriſchen Stellen über Dionyfod bei Lobeck Aglaoph. p. 285 ff.), und
vollends bei Hefiod finden fi, teils in der Theogonie (940. 947.), theils
in den Bragmenten bie Hauptafte der Dionyfosfage vollſtändig bei einander.
Unter den Homeriſchen Hymnen iſt das Abenteuer mit den tyrrheniſchen See-
zäubern in Nr. VII. zu einem artigen Gedichte verarbeitet ; auch Nr. XXVI. u.
XXXIV. beziehen ſich auf unfern Gott, von welden Gedichten das letztere
indefien nur aus Diobor und der Moskauer Handfhrift bekannt if. Yu
einer allgemeinen Berarbeitung ſcheint es im älteren Epos nit gekommen
Das Geſchaͤſt eines Solchen hieß libellos agere, Dig. XX, 5, 13. — Tie
Antwort ſcheint auf dem libellus ſelbſt ertheilt worden gu feyn; daher subnotare
bei Plin. Ep. I, 10. [W.T.
** And Bezahlung wurde baflır geleitet, vgi. Eic. Phil. U, 38. chiregrapha
tanqvam gladiatorum libellos palam venditant, [W.T.]
‚Liber Pater ü 1015
su fein, e8 fei denn daß ber thebaniſche Sagenkreis, dem jebenfalls die Haupt⸗
momente angehören, eine ſolche herbeigeführt Habe. Bei Schol. N. &, 181.
wird wegen einiger Züge auf die Europla ded Eumelos verwieſen, indeſſen
ift weder das Gedicht noch die Art der Verweiſung darauf ohne Bebenfen.
Unter den Rogographen find verſchiedene, den Dionyſos betreffende Angaben
‚on Vherechdes übrig, f. fr. 46. ver Müllerſchen Sammlung. Deflo mehr
‚satte aber die Lyrik und das Drama Veranlafſung, die verfchiedenen Akte
iefer Mythologie poetifch weiter durchzubilden, auch die bildende Kunft, aus
eren Werken ſich dieſelbe beinahe noch vollftändiger zufammenfegen läßt, als
18 den poeliſchen Neften. Kein Wunder, da fein Gottesbienft und Feine
‚age fo reid an den manchfachſten und anziehenpften Problemen für vie
ormen bildende Bhantafle war, indem nicht allein Dionyſos ſelbſt in feiner
aſtiſchen Berfönlichkeit fo reizend, fondern no dazu von einer abenteuer-
den Menge wunderbarer Geflalten umgeben war, deren jede einzelne, und
ehr no der ganze Zug in feiner Zufammenfegung und Bewegung, an
aſtleriſchen Motiven unerfhöpfliß war. Die Inrifhe Voeſie verfolgte
Dithyrambos, uriprüngli dem Geſange von der Doppelgeburt des Gottes,
» Aufgabe, welche auf der einen Seite dad Drama vorbereitete, auf ver
ern die Rhythmik und Muſik zur freieften und Fühnften Entfaltung ihrer
glichkeiten anleitete. Die Tragödie ging bekanntlich fomohl dem Stoffe
, als in der Form ihrer Darflelungen vom Dionyſosdienſte aus, baber
n dem Ihespis ein Pentheus zugeſchrieben wird; am meiften aber bat
hylus fich auf die bacchiſchen Sagen eingelaflen, ſ. Welder Aeſchyl. Iris
e ©. 318 ff. Nachtrag ©. 103 ff. ©. Hermann de Aeschyli Lycurgia,
ısc. Vol. V. p. 3—30. Er hatte in feiner Lykurgeia die Ankunft des
8 bei den Edonen, bie Feindſchaft ihres Königs Lycurg und den end⸗
ı Sieg des Dionyjos fammt feinen überſchwenglichen Wohlthaten auf
Bühne gebracht, in Pentheus bie Geburt von der Semele, dad Wibers
n und die Strafe des Pentheus. In dieſem zweiten Stoffe find ihm
: @uripide in den Bachen und verfchievene jüngere Dichter gefolgt.
heimiſch Dionyfos und die Seinigen auch auf der komiſchen Bühne waren,
. bie Bröfche des Ariſtophanes und das Verzeihnig Fomifcher Dramen bei
fe Hist. crit. com. Gr. p. 569 ff. In der bildenden Kunft zeigt bereits
tere Periode den Gott nicht felten, als Herme oder bärtig; auch ein
tifhes Bilderbuch feiner Mythologie läßt fi mit Hilfe der zahlreichen
zufammenbringen. Den ganzen Reichthum plaftifher Motive und Die
der üppigen, trunfenen Jugend, der im phnflicden und geiftigen Rauſche
nenden Schönheit. biefem Kreife abzugewinnen, blieb aber dem Zeit⸗
es Brariteles vorbehalten, deſſen Muſterbilder hernach in allen Bat»
der Kunft und unzählbaren Eremplaren weiter fortflilifiet wurben.
). Müller Archäol. 5. 383 ff. mit dem Bilderhefte und eine Auswahl
nter Bafenbilder Hei Gerhard auserlefene Vaſenbilder Ifler Bd. und
ınt unb be Witte, Elite des monumens c&ramographiques, Paris
Mar num auf diefem Wege der Dionyſiſche Kreis in feiner poeti⸗
d plaſtiſchen Bilblichkeit zum Abſchluß gekommen, fo machten ſich
aufe der griech. Geiſtesgeſchichte in Folge von allerlei ſynkretiſtiſchen,
hirenden und pragmatifirenden Richtungen bef. in dieſem Kreife allerlei
> frembartige Momente geltend, welche zuerft einzeln und für ſich
‚ in der fyätern Boefle dann aber mit jenen älteren und urſprüng-⸗
hiſchen Beſtandtheilen verſchmolzen und zu größeren Mythenſyſtemen
:t wurden. Dahin gehört bei. bie Orphiſche Theogonie, welche neben
ılären Dionyſos ihren Zagreus als einen zweiten und älteren Dio⸗
ıflellte, aber wahrſch. auch die Geſchichte von dieſem letzteren ver-
ch umbildete, beſ. dadurch, daß fle feine Jugend unter ver Pflege
1016 Liber Pater
ber Rhea geveihen und ihn ſelbſt von Lydien nach bem tieferen Afien und
yon dort erft zu den Griechen kommen ließ: eine neue Wendung der Fabel,
welche Curipides in den Bacchen ſich bereits ala etwas Herkommliches angeeignet:
bat. Dazu kommen fpäter die Beldzüge Aleranders, welche, wenn fie nid
gerade die erfte Beranlaffung zu dem inbifchen Zuge des Dionyſos gegeben
haben, doch fortan die Mythographen biefen Zug mit befonverer Pflege aus-
zubilden vermochten, zumal ba Alerander ſelbſt den Glauben, daß er im
jenen Gegenden auf ben Spuren des Dionyſos und Herafles, ja brüber
hinaus vorgebrungen fei, begünfligte, |. Arrian V. 3. U. 70ele mıora eiraı
1a Unso roü hromvoov tig nAarıs uvdevousre xıd. So hatte denn auf
bald Geſchichte und Länderkunde an Uebertreibungen zu leiden, welche bef.
an Megafthenes eine Autorität fanden, bahingegen Eratoflhened und fpäter
Strabo energiſch dagegen protefliren, f. Arrian Alex. V, 3. Indica V, 7.
&urt. VII, 10. Strabo XV, p. 686 ff. Ereuzer Symb. I. ©. 456. Wie
die Poefle der helleniſtiſchen Literatur-Epoche diefe neuen Zuthaten in Das
ältere Schema einreihte und mit Hinzuziehung neuer Localmythen unb zeit»
gemäßer Vorftellungen ein Ganzes zu bilden fuchte, iſt bei dem Tüdenhaften
Zuſtande der damaligen Poeſte leider ſchwer zu Überfehen. Schon Antimachos
(wahrſcheinlich in der Thebais) verfehte die Babel vom Lycurg nad) Arabien
(Diod. IN, 64.). Bon dem Dionyjos des Cuphorion pflegt man anzuneh-
men, baß er vorzüglih auf die Dionyflaca des Ronnus eingewirft, obgleich
biefes mit derſelben Wahrfcheinlikeit von den übrigen Dichtungen vieler
Beriode behauptet werden darf. Weiterhin wird einer apokryphiſchen Dovyia
rommg gedacht, in welcher bei. die Thaten des libyſchen Dionyſos beſchrieben
waren und nad welcher der Mythograph Dionyſios von Mitylene unter
andern Sagen auch die Fahrten des Dionyfos befäprieben babe (Diod. III. 68.,
ſ. Bd. IH. 6.1089. vgl. Suid. s. v. Aovuanog — my LJhorvoov nal 'Adr
vs orpauar). Auch der falſche Piſander hatte feinen Geſchichten des Kadmos
ohne Zweifel die Dionyſosſage angeſchloſſen (ſ. Olympiodor bei Wyttenbach
z. Plat. Phaed. p. 251.), und endlich wird von Stephanus von Byz. bänfig
das Baovapıma betitelte Gedicht eines Dionyſius angezogen, welcher nad
Euſtath. z. Dionys dem Perieg. p. 81. ed. Bernh. ver von Games war,
f. Bo. I. ©. 1089. Es enthielt, nad jenen Gitaten bei Steph. zu ur
theilen, bie nun fon ganz zu der Form eines Feldzugs ausgebildeten ben»
teuer des Dionyſos in Indien. Wir müflen und flatt biefer verloren ge
gangenen Schriften an die Bibliothek des Apollodor IH, A. u. 3. und
Diovor III, 61 ff. IV, 1 ff. Halten. Unter den römiſchen Diätern haben
verſchiedene Tragifer, auch Horaz Od. II, 19., Properz IIL 16., Ovid in
den Metamorphofen u. U. den Dionyfos nah griech. Vorbildern befungen.
Endlich das weitihichtige Gedicht des Nonnus von Panopoliß, deſſen Diony-
siaca in den d erften Bädern die Geſchichte des Kabmos Und feines Ge⸗
ſchlechtes behandeln, im 6ten vie des Zagreus, Im 7Tien und Sten bie ber
Semele, im Iten die Jugendgeſchichte des Dionyfos in der Pflege der Aben,
vom 10ten bis 12ten die Geſchichte des Ampelos, vom 13ten bis 14ten vie
Vorbereitungen zum Zuge gegen bie Inder, vom 18ten bis 20ften die Aben-
tener unterwegd (in Phrygien, Syrien, Arabien), vom 2iften bi 39m
den Kampf mit den Indern, vom A0flen bis A3flen die Rückkehr Über Tyros,
Cypern, Kleinaflen, vom 4Mſten bis Abſten die Geſchichte des Pentheus in
Theben (denn nun erſt kommt der Bott zu den Griechen), im 47ſten die
Geſchichte des Ikarios in Athen, ver Ariadne auf Naros, des Berfeus in
Argos, im 48ſten ven Kampf mit ben Giganten, ben Rieſen von Pallene,
die Heimkehr nah Lydien und bie Geburt eined dritten Dionyios von ber
Aura. — 2) Hauptalte nad der volfsthümliden Darſtellung. a) Ge⸗
burt des Dionyfos. Gr iſt Sohn des Zeus und ber Semele, demzu⸗
Liher Pater ‘ 1017
folge eigentli ein Heros, daher er fi, wie Heraklles, ven Eingang zum
Olymp muͤhevoll erfämpfen muß. Auch darin find beide, Herakles und
Dionyſod, von denen Die Sage bed Letzteren in manden Stüden nah dem
Mufter der Herakleiſchen ausgebildet fein mag, einander ähnlich, daß bie
Giferfucht der Hera, fle beftändig verfolgend, die Impulſe zu ihrer Verherr⸗
lichung gibt. Semele, des Kadmos Tochter, vom Zeus geliebt, laäßt ſich
von Hera verlelten, den Zeus in aller ſeiner Majeſtät zu fich zu bitten. Das
enifegte, von den Flammen des Blitzes ergriffene Weib gebiert ſterbend die
ınreife Frucht (mvoryerns), die Zeus aus dem Brande rettet und in feine
Jüfte einnäht (umopdapns, eipagıwrns), wo er fie 6i8 zur Stunde ber
Reife großzieht. „Die Sonne hat ihn fi erkoren, daß ſie mit Flammen ihn
urchdringt.“ Der Schenkel des Zeus iſt für den Bott der Luſt und Ueppig⸗
it, fein Haupt für bie Göttin der Weisheit. Kühlender Epheu, das heilige
aub des Dionyſos, entfpringt bei der Geburt ven Säulen des Saales und
rgt das Knäblein vor der Gluth in feinem Schatten, Schol. Eur. Phoen.
11. Nebrigens vgl. Hom. Hymn. XXIV. Soph. Antig. 1115 ff. Eurip.
oen. 651 ff. Bacch. 89 ff. und über die thebaniſchen Localdenkmäler PBauf.
‚12, 3. 16, 4. Bon Aeſchylus' tragiiher Behandlung dieſes Altes f.
n ©. 1015. Ein Gemälde ted Inhalts ſchildert Philoſtrat I, 14., und
h unſer Vorraih von Kunfldarfielungen gibt Beiſpiele. Ale Berflonen
Babel haben dieſen Theil im Weſentlichen unverändert beibehalten. —
Erziehung zu Nyfa. Zeus übergibt den Knaben dem Hermes, ver
den Nymphen von Nyfa zur Aufziehung überbringt; vgl. Welder, Zeits
ft f. alte Kunfl I, 3. S. 300 ff. u. ©. 515 ff. mit Taf. VI. u. VIE.
: fehr alte, von Orchomenos audgegangene Cpiſode iſt, daß anfängli
bie Pflege gehabt Habe, dann aber von der Hera in Raſerei verfegt
en fei, worauf dad Kind zu den Nyſäiſchen Rymphen gekommen. Allein
Pherechdes am a. D. und bei Nonnus IX, 25. XIV, 147. find jene
ben die erſten Pflegerinnen, und dad mird das Urfprüngliche fein.
ſelbſt war gewiß urſprünglich ein Ort der Phantafle, ein Walngebirge,
: Fühler Berggrotte das Bacchuskind Heranmähst, mie die Nyſäiſche
‚ wo Berfephone Blumen liest, als Pluton fie entführt. Wurde es
ılifirt, fo mag es zuerfi am Okeanos, dem älteſten Orte der Bötter-
gelegen haben. Später, ald bie verſchiedenſten Gegenden Griechen⸗
und bernad auch des Orients darauf Anſpruch madten, daß ber Gott
en geboren (Diod. IE, 65.) oder wenigſtens erzogen fei, gab ed auch
ſa's eine Menge, in Böotien, Phokis, Eubda (morauf fih Sophokl.
v. 1111. bezieht, ſ. Wer), Thracien (Iliae), Karien, Arabien (Kom.
bei Diodor), Aethiopien, Indien (mo Nyfa aber eine von Dionyfos-
Stadt), f. Steph. Byz. v. Nvox und Voß zum H. auf Demeter
Iene Nympben find hier, wie gewöhnlich, our, die Quell
ßnymphen ver grünen Berge, wo das Mebenkind gevich. Phere⸗
nnt file Dodonifhe Nymphen; ihre fpätere Metamorphofe zu Oyaden
fends, welches Wefend fie find; vgl. VBölder, die Mythol. des Japet.
te3 S. 86 fi. Nah dem Thale Nyfa heißt der Bott Aio—vvooc.
teen gibt es genug, aber feine will zureichen, |. Greuzer Symb. I.
f. Ste Ausg. Die fpätere Sage nennt natürlih noch andere Er⸗
n, flellt aud den Ariſtäos oder Silen ala Pfleger an, Leßteren nad
ange ber bildenden Kunft. Uebrigens if nachmals die Meinung
nliche, daß nah wiederholten Nachſtellungen Dionyſod enblih Schug
bea am Iypifhen Amolod gefunden, wo Rhea ſelbſt ihm bie Bruft
a8 Kind in der Waldeseinſamkeit umherſchweifend und wilde Thiere
zum Heldven heranwächst. Zu @runde liegt dabei eine Gleichſebung
1018 Liber Pater _
des vhrygiſchen Bacchus⸗ und griechiſchen Dionyſosdienſtes, welche ſchon bei
Pindar Isthm. VI. z. U. vgl. Strabo X, p. 469. anklingt, bei Euripides
in den Bachen ausgemacht ift und. ausführlid bei Nonnuß lib. IX. (vgl.
I, 20.) durchgeführt wird. Gewiß hatte die Orphiſche Iheogonie der Babel
diefe Wendung gegeben. — c) Meinerfindung und die Züge des
Dionyfod. Groß geworden pflanzt D. den Weinftod, berauſcht ſich und
feine Ammen, und die Walddämonen und mas fi fonft zu ihm gefellt, mit
dem neugewonnenen Erbennectar und beginnt in raufchendem Zuge umberzu-
ſchwärmen, weit und breit, in weichlichem, aflatifchem Aufzuge, aber vol
unwiderſtehlicher Kraft. Denen, bie ihn aufnehmen, gibt er feine Frucht
und feine Weihe, die Widerſacher aber ergreift ſinnzerſtörende Wuth, in
welcher fie durch fi felbft, oder auch durch Heiligen Wahnfinn Anderer,
bacchiſch Degeifterter, graufamen Tod leiden. Immer ift die ſem Dionyfos
die Weinerfindung geblieben; im weiteren Sinne bie der EvAsros napzos ober
der vyo@ Toogpn überhaupt, f. Dem. u. Berfeph S. 320. Nonnus gibt
im 7ten DB. eine alberne Gefhichte, wie Aeon nad der Deufalioniigen Flutb,
durch melde Zeus den Tod des Zagreus geehrt, ven Weltberrfcher für das
arme Menfchengefhleht um ein Stärkungsmittel gebeten, worauf Zeus vie
Semele zu lieben angefangen. Der Weinſtock ſelbſt if bei dieſem Dichter
(im 10ten 518 12ten DB.) zu dem ſchoͤnen Sünglinge Ampelo8 geworben, ven
Dionyfos bei feinem Umherſchweifen auf Lydiens und Phrygiens Eränzen
fennen lernt, innigft Tiebt, der ihm dann durch einen Stier entführt und
getöbtet wird, worauf Zeus, um ven Schmerz des Sohnes zu flillen, aus
feiner Leiche ven Weinſtock entfprießen läßt. Auch die bildende Kunft Fennt
biefen Ampelos als Liebling und Gefellen des Dionyſos, f. Greuzer Symb.
IV. ©. 189. Was feine ſchwärmenden Umzüge betrifft (daher Bpouos). fo
erzählt in einfachfler Beftalt davon der Som. Hymn. XXVI, 7.: Ava
arnudn Tovds Heai noAvvuror 5dosıyar, An tore Gortilsone xaß HAnerrez
&ravAovg Kos xal dagprıy nenvaaousros‘ ai Ö au Enorto Nyugaı, 6
ö sönysiro, Boouog 8’ äyer aoneror vAnr. Denn Berge und entlegene Wald»
tbäler find das eigentliche Revier des Gottes; Hier find au die Geſtalten
feiner Yimgebung, die Satyrn, Silenen, Panisken, die Mänaden (sunä&f
feine Ammen, Asyvoov roogoi bei Aeſchylus) urfprünglih zu Haufe; bier
folgt ihm die Liebe und die Luft; bier Iehrt er die Nymphen und Satyrn.
die Hirten und Weinbauern ; fo ſchildern ihn meiftens die Lyriker, wie Bra»
tinad bei Athen. XIV, p. 617. C.: @7 opsa Huueror uer& Naiador, Ana»
kreon bei Dio Chryſoſt. IE, 31.: wre&, © Sauaine "Eows xal Nuugaı
nvaronıdas noppvoen T Agoodien ovunailovov, smiorpegenm 8 vurnda;
xoovpas opdwr, Sophofles Oed. Col. 678., Horaz Od. II, 19. 3.0. u. f. w.
Bgl. die fhöne Ausführung bei Welder Nachtrag 3. Aeſchyl. Tril. S. 186 fi.
Locale Anknüpfungen aber und die den gegebenen Baden weiter fortfpinnente
Mythendichtung haben gerade in dieſem Theile der Zabel am freieften ge
waltet, haben ihn von der Walveinfamkelt zu den Städten, Ländern und
Bölfern geführt, ven Kreis feiner Züge immer welter gezogen, bis er ſich
zulegt, auch infofern ein zmeiter Herakles, zwiſchen den beiden befannten
Gränzen des Erdkreiſes, zwiſchen Indien und dem Mbeine, bewegt. Das in
ben äfteften Zeugniffen beſprochene Abenteuer viefer Züge if das mit dem
Lkykurgos, I. VI, 130 ff. Gin Local iſt von Homer nit angegeben, aber
Aeſchylus nennt den Lykurg Edonerkoͤnig, und Thracien überhaupt, fo wie
das angränzende Macedonien, war für das ältefte Griechenland der primitine
Sig ded Weinbaus. Die Aeſchyleiſche Bearbeitung biefer Babel, fo weit wir
fle in den Fragmenten verfolgen können, war voll prägnanter Schilderungen
der Erſcheinung des Gottes und des lärmenden Tobens feiner Begleiter. Bei
den Späteren, doch ſchon bei Antimachus (Diod. III, 64. vgl. Nonnus XX.),
Liker Pater 1019
iſt Lyeurg zum Nraberkönige geworben, womit offenbar auch die Anfegung
Nyſa's in jenen Gegenden bei Som. Hymn. XXXIV. zufammenhängt. Baf.
über die ganze Fabel und fie darſtellende Bildwerke Zoöga in den von Welder
berandg. Abhandlungen, Göttingen 1817. S. 1—31. und den Nachtrag des
Heraußg. ©. 393 ff. mit Taf. I. u. I. Außerdem if die Mythe von ber
Beflrafung des Ihebanerlönigs Pentheus fehr alt und in Pocfle und bilden
der Kunfl welt verbreitet, vgl. D. Jahn, Pentheus und die Mänaden, "Kiel
1841. 4.; feltner erwähnt wird das ähnliche Schickſal der Töchter bed Minyas
von Orchomenos, Anton. Lib. c. 10., Ovid Met. IV, 390., und der Piö⸗
tiben von Tirynd, Hefiod bei Apollod. II, 2, 2., flatt deren in ber fpäteren,
durch argiviſche Monumente unterflügten Sage Perſeus dem Gotte bei feinem
Zuge durch Argos feindlich entgegentritt, Cuphorion fr. XVI. Nonnus lib.
LVII. Pauſ. II, 20, A. 22, 1. 23, 7. Vielbeliebt und in ſchoͤner Form,
urch Poeſie ſowohl ald durch die bildende Kunft (das choregiſche Denkmal
es Rufljtratoß; außer den Nachweiſungen bei Müller |. noch Gerhard außs
rfefene Bafenb. Taf. XLIX.) und überfommen iſt ber Triumph über die
iuberifhen Tyrrhener, in dem es zu Tage tritt, daß des Gottes Macht
eichgroß IR auf dem Meere und auf dem Lande (Horaz Od. IE, 19, 17.
ei Paufan. IX, 20, 4. überwindet er den feiner Weihe feinplichen Triton).
ah dem Homer. Hymn. VII. erſcheint Dionyfod am Meeresfirande, auf
rragendem Ufer, als ſchöner Süngling, dunkel umlodten Hauptes und mit
rpurnem Mantel. Tyrrheniſche Piraten ſehen ihn vom Schiffe aus, greifen
ı, führen ihn mit fi und binden ihn. Uber die Bande fallen ab, um
‚Segel foinnt ſich die Weinrebe, Eppich umranft den Maſtbaum, die Bänke
ränzen fid, Dionyfod wird zum Löwen, und unter andern Schrednifien
zen bie Schiffer ſich finnlos ins Meer und werden zu Delphinen. Auf
ripides Cycl. berührt diefe Zabel; Silen und die Satyın find im Schrecken
ihrem Meifter getrennt und nah Sicilien verfchlagen. Vgl. no Ovid
. IHM, 582 ff. u. Hygin fab. 134. Von des Dionyſos durch Mittheilung
Rebe belohnten Verehrern aber ift der befanntefle ber attiſche Ikarios,
er im Demos Ikaria, fpäter in Athen; die Einkehr des @ottes bei ihm
nah attifhem Glauben der Anfang der dortigen Weincultur und der länd⸗
ı Dionyfienfeter, |. oben S. 43. u. Demet. u. Perſeph. S. 288. A. 17. Unter
Runftmonumenten pflegt man auf dieſen Beſuch eine oft wiederkehrende
ellung zu beziehen, wo der bärtige Dionyfoß, von einem Satyr geflügt,
end ein anderer ihm die Schuhe löst, zu einer ruhenden Perſon ins
ch tritt, woran ſich mehrere bacchiſche Scenen anfchließen ; vgl. die der⸗
n Terracotten bei Gampana, opere plastiche Tav. XXIX. u. XXX,
gleich über die fonft befannten Monumente der Art und die verfchies
Deutungen, denn die Beziehung auf Ikarios if fehr mißlich. Auf
8 von Kalydon galt für den, der die erfle Rebe bekommen, Ayollod.
. Sygin fab. 129., und in andrer Weife wurbe baffelbe von Oreſtheus,
Önige der Ozoliſchen Lokrer erzählt, Bauf. X, 38, 1. Nonnus fügt
en Bude noch einen genußreihen Beſuch beim Staphylos und ber
in Aſſyrien hinzu. — Außerhalb Griechenlands wurden in bemfelben
immer mehr Begenden der Schauplag der Dionyfoszüge, als die dor»
hötterdienfte, die des phrygiſchen Bacchos, des ägyptifchen Ofiris, des
ı Ammon, deæds indiſchen Schiva befannter wurden, fo daß zufegt alle
-Idee nad. in gewiffen Bezügen verwandten Gotthelten auch hiſtoriſch
r Perſon zuſammenfloßen. Schon bei Herodot II, 146. iſt von einem
ı fernflen Driente (önto Alyunıov 8 ji Aion) die Rede, vgl.
und G@urip. Bacch. 13 ff., der Nyſa am lydiſchen Tmolus anfegt.
en Ginfluß bes indischen Feldzugs Alexander f. oben S. 1016.
bildet ſich nun allmälig eine feſtſtehende Tradition, wobei bie ein⸗
Pr
10%9 , Liber Pater
zelnen Mythographen die verſchiedenen Ute verſchiedentlich varliren, einzelne
auch den Horizont der Dionyfodzüge noch immer weiter und abenteuerlicher zogen.
Bei Apollodor III, 5, 1 ff. gebt D. von dem aflatifhen Nyfa aus, kommt
zuerfi nad Aegypten, wo er von Proteus aufgenommen wird, dann über
Syrien nah Phrygien, wo Rhea ihn reinigt, ihre Weihen fchrt und ihm
die Stola gibt, die er fortan trägt (oroAn, f. Müller Archäol. $. 383,4).
Bon da zieht er über Ihracien, wo dad Abenteuer mit Lycurg, (durch das
Land der Scythen, f. Ovid Fast. III, 719.) nad Indien, flelt dort Denk⸗
fäulen auf und nun menbet er fh nad dem böotifhen Iheben. Noch an-
berd bie oben angeführte Dovyiax noinas bei Diodor III, 66 ff. Es tritt
ier ein neuer Dionyfod auf, des Ammon und ber Amalıhea Sohn, defien
yia tief in Libyen am Fluſſe Triton Liegt, zwiſchen welchem und ben TJi⸗
tanen e3 zu einem förmlichen Beldzuge kommt, wobei Pallas feine Berbün»
dete ift. In einem andern Zufammenhange iſt bei Diodor IV, 5 ff. bef. von
dem indiſchen Feldzuge die Mebe, der drei Jahre bauert und von mo er
mit großer Beute und als erfter Irtumphator auf indiſchem Elephanten zu⸗
rückkehrt; die befannte Borftelung fo vieler antiken Sarkophagreliefs. Der
Hauptgegner in Indien ift Deriades, auch Morrheus oder Morrhanus. Wie
weit man karin ging, vielen Zug nad ben militärifhen Regeln eines förm⸗
lichen Feldzuges audzubilden, das zeigen bef. die Brudflüde aus dem Bes
dichte Baovapıza bei Steph. Byz. v. Bisuves, Ialos, Inpua, Acpbaı,
"Exges, Zaßıoı, MuAlos,. Ilavöaı, Zißar. Für uns behandelt Ronnus
diefen angeblihen Krieg in einer entfeplihen Breite; fleben Jahre, verficddert
er, habe er gedauert, er aber wolle, nah dem Borgange Homers, nur das
legte ausführlih beilngen. — d) Der bachifhe Thiafos, vgl. Müller
Archäol. 6. 390., Greuzer zur Gallerie des alten Dramatiker Iter Abichnitt,
Symb. IV. ©. 42 ff., und nad Bafenbilvern D. Jahn, Vaſenb. S. 13—30.
Während er urfprünglih blos aus ben Nymphen, vie den Dionyfoß-gepflegt,
den Satyrn und verwandten Geflalten befland, gefellen ſich bei weiterer Aue⸗
bildung des Cultus, der Kunſt, die bier eine unerfhöpflide Duelle von
Motiven audbentete, und der Dichtung immer mehr Geſtalten binzu, fo daß
der Zug zuleht ein kaum überfehbarer wird. Strabo X, p. 468. nennt nur
bie im engern Sinne bacchiſchen Beftalten: Silene, Satyrn, Bachen, Lenen,
Thyladen, Mimallonen, Nafaden, Nymphen und Tityrn. Zur weitern Ber-
solftändigung iſt von befonderem Intereffe die Broceffion Ptolemäus II. nad
Kallirenus bei Athen. V, p. 196 ff. Bei Nonnud werben lib. XIV., nachdem
in dem vorhergehenden Bude von den Völkern bie Rede geweſen, welche
zum inbifchen Feldzuge Hilfe geihidt, die verſchiedenſten Heroen und fonft
göttlide und dämoniſche Weſen aufgezählt (dabei v. 105 ff. eine vortreffliche
Gharafterifit der Satyrn), welde den Dionyfos bei dieſer Gelegenheit be
gleitet. — e) Die Liebe zur Ariadne, die gleihfalls in ber Kunft wie
in der Poeſie fo überaus Häufig gefeiert wurde. Schon die Heſiodiſche Thes⸗
gonie 947—49. kennt Ariane ald Dionyfos Gemahlin, welcher Zeus lin-
fterblichfeit verliehen. (Ueber die ſchwierige Stelle Odyss. XI, 321. ſ. Nitzich
Anmerkungen ter Bd. S. 251 f.) Polygnot Hatte m auf feinem großen
biftorifhen Gemälde zu Delphi unter andern Heroinen gemalt, wie Pionyſos
fle entführte, Pauf. X, 29, 4. Im Mebrigen f. Ariadne, Bd. I. S.740. —
) Des Dionyfod Antheil an ner Gigantomachie. Br wird bier
fammt dem Herakles zu Hilfe geholt und Heide enticheiden ven Sieg. Curi⸗
pides Oycl. 5. berührt dieſen Kampf, Horaz erwähnt feiner in bem ſchönen
Symnus Od. II, 19, 21 ff. Hygin gibt eine komiſche Berfion davon, Poet.
Astr. 2, 23. — g) Seine eigne und det Seinigen Bertlärung.
Geboren von einer Sterblichen bedurfte Dionyſos diefer, um Gott gu werden.
Bereits die Hefiodiſche Theogonie v. 940. Tennt feine und der Gemele Auf-
Liber Pater 1021
safme in den Oymp. Auch Pindar feiert die Semele als eine Selige des
fyape, Ol. II, 27., und bei Sophokles Antig. 1096. find die Worte:
rolvanıı, Kadusias vuupeg ayadur, auf dieſelbe Verklärung beider zu
veriehen. Das von Gerhard herausgegebene Spiegelbild ‚‚Dionyfod und Se⸗
aele'‘ Berlin 1833. 4, wo Semele den ihren Hald umfangenden Dionyſos
Irelih in die Arme ſchließt, erläutert jene Worte vortrefflich. Pauſanias
4 auf dem Throne des Amykläiſchen Apoll unter andern Bildwerken ben
ermed, wie er den Dionyſos noch ald Knaben in den Himmel trug (III,
3, 11.), und im Dionyjostempel beim Theater zu Athen fah man ben Bott,
'e er ben Hephaͤſtos, der ſich als guter Schmied Immer befonderd zu ihm
It (vol. Gerhard, außerlef. Vaſenb. Taf. XXXVIII. S. 151 ff. Taf. LVII.
LVIII. ©. 186. u. 214.), trunfen in ben Himmel zurüdführte. Auch
Semele wird nach fpäterer Mythe von dem Sohne felbft in den Himmel
ührt, Epigr. Cyzic. 1., und zwar nachdem er vorher in die Unterwelt
tiegen und fie diefer abgewonnen, eine Legende der argivifhen Lernaͤen,
hdurch Dionyſos auch in die Reihe der den Hades überwindenden Heroen
t, ſ. Wollod. III, 3, 3. 6 58 arayayav 8b &dov 77 union nal npoc-
vevoas Ovany (dieſes iſt alfo fpeciel der Name ber perflärten Semele;
Boͤckh, des Soph. Antig. ©. 177. käme auch Awrn vor) usT auı7a
ovparov ander, vgl. Diod. III, 62. IV, 25. extr. Paufan. II, 37.
23 Od. II, 19, 29. Demet. u. Verſeph. S. 212. Auch bei der Ariadne
at bie fpätere Vorſtellung eine ähnliche Apotheofe angenommen zu haben,
gſtens zeigte man zu Argos ihr Brab, Pauſan. Il, 23, 8., und bei
per; III, 47, 8. führt Dionyſos felbft auf feinem Luchögeſpann die Ges
: in den Himmel. Ihre Brauifrone, ein Werk des Hephäſtos, glänzte
den Geſtirnen des Himmels, Horaz am a. O. Ooid Fast. II, A59 ff.
id. VI, 115. Theon zu Arat. Phaen. 71. Ja felsft feine Ammen,
Nympben von Nyfa, wurden ald Hyaden an den Himmel verfeht, Hygin
82. Poet. Astron. 2, 21. Iheon zu Xrat. Phaenom. 179. — Eine
Erörterung erfordert ſchließlich die Orphiſche Mythe vom Zagreus und
> daran und an no andre Dionyfosphafen ausländifcher oder fpäterer
anfchließende Unterſcheidung verſchiedner Götter des Namend. Für bie
che Myıhologie Haben die Lobeckſchen Unterſuchungen im Aglaophamus
eberſicht ſehr leicht gemacht. Vorzüglich kamen bie betreffenden Theo⸗
ne in der Theogonie vor. Dionyſos war ‚ver Haupigott der Orphiker,
7 Boeflen ſowohl als in ihren Gulten, daher er bei ihnen in fehr
nen Formen auftrat. Schon dad vantheiſtiſche Urweſen Phanes,
‚ aus dem Weltel geboren, vie erſte intelligible Welt bildet, wirb
rch Dionyfos und Sonne erklärt. Der eigentlich hiſtoriſche Gott aber
t in den BZeugungen des Zeus auf. Mit der Nhea- Demeter zeugt
e Verſephone⸗Artemid⸗Hekate, denn dieſe drei Böttinnen find nad
er Lehre Eine Perfon, ein Eodmifches Weſen, befien Wirkungen durch
> Welt reichen, fo mie auch Zeus Alles in Allem ift und die ver-
en Kräfte und Phaſen bed Weltgeiftes in fich begreift. Bon vielen
ird BZagreud geboren, noch che Perſephone durh Raub des Pluton
ird; Beus wohnt der Tochter in Schlangengeflalt bei, eine Ver⸗
über deren Unzüchtigkeit die Kirhenväter fich gerne ſcandaliſiren.
ifl der Liebling des Vaters, zum Weltregimente beflimmt, der mit
Hand ſchon mit dem Blige geſpielt. Er und ber Bater find eine
ndene Dyad; Zagreus iſt hauptſächlich p002000 und mehr die Alles
Natur— und Weltlebens in feinem Wernen und Bergehn, während
ſt die Dauernde Subflanz der Welt iſt. Zeus aber, heißt ed, machte
Tönig über alle Bötter und verlich ihm pie höchflen Ehren, ob⸗
no jung und unmündig 'war. Gr wird nun erzogen wie das
1022 Liber Pater
Zeuskind, aus Furcht vor der Hera umgeben von Kureten. Da ſchickt Sera
bie Titanen, die den Zagreus beim Spiel überrafägen, wobei fle fi ihre
Gefichter mit Kreide entflellt hatten. Es war ein langer Kampf; das vers
folgte Kind nahm alle möglichen Geſtalten an, che ed erlag. Die Mörber
zerftüdelten ihn, das Herz wird herausgenommen, der Körper zertheilt, ges
kocht (dies kommt auf einem Bafenbilde vor, bei Gerhard a. B. Taf: LXX.)
und von den Titanen aufgegeffen. Das Herz trägt Athene davon unb bringt
ed dem Zeus. Der gibt es der Semele oder verfälingt es ſelbſt, und fo
wird hernach ein andrer Zagreus, ber jüngere Dionyfos geboren, deſſen Fabel
dann, bis auf die vorhin bemerkte Gombination mit der phrygiihen Rhea,
im Weſentlichen viefelbe geblieben” fein mag. Vielleicht war fle in einem
befondern Gedichte behandelt; wenigſtens fypielt die Argonautik auf einen
Befang von den Fahrten des Dionyfos an, v. 795. Wie die Orphifer den
eleufinifhen Jacchos mit dieſen beiden Älteren combinirt, iſt nicht deutlich,
gewiß aber, daß Jacchos nad ihrer Berfion dem Zagreus nahe fland, f. Lob.
Agl. p. 819. Greuger Symb. IV. ©. 95 ff, des Verf. Demet. u. Verſeph.
©. 135. Was aber no jenen älteſten Dionyfos, den Sohn ded Zeus und
der Perfephone betrifft, fo merben die Titanen durch den Blitz des Zeus zu
Aſche verbrannt und in den Tartarus gefloßen. Aus ber Aſche ihrer mit
dem Zagreus gefättigten Körper entfliehen die Menfchen, deshalb Aorunaroı
genannt, fo daß au auf unfer Weſen jener Dualiomus übergegangen if,
der fih in dem Kampfe ded Zagreus und der Titanen darſtellt. Denn as
greus iſt dad gute Princip, die Titanen find dad dem Buten und Schaffenden
in der Natur Feindliche, alles Wüflen und Noben Urfprung. Das Befler:
im Menſchen iſt Dionyſiſcher Abkunft, daher Dionyfos unfer ‘Herr und Bott
beißt (6 deornorns Tumor) und namentlih unfre Intelligenz von feinem Weſen
abgeleitet wird (6 87 Zuiv voüg Arorvonexog 8orır nal ayalua tod Lhowvoov).
Dahingegen pas Böfe in und von den Titanen abflammt, oder um mit Dio
Chryſoſt. zu reden, Or. XXX,550.: 100 109 Tıravor aiuaros Sousy Fuel;
oi ardomnos‘ os Our Exeiror 19007 07707 Toiz Beoic ovös nusig gao:
Souer, aA noAalousda Te vr OUTOr ai Em TIUOPIE JEryorauen dr
gpovoa. 88 iſt Klar genug, daß in ſolchen Vorſtellungen ein ganz anderes
Weſen gegeben ift als jener thebaniſche Dionyſos, der immer hauptſächlich
Weingort geblieben if. Daher denn au in der fpätern Mythologie allerlei
Unterfeldungen, aber nit allein zwifchen dieſen beiden, fondern noch andre
Bormen treten binzu, fo daß man es bis zu fünf verſchiednen Dionnien
bringt. So Cicero de Nat. Deor. III, 23.: Dionysos multos habemus,
primum Jove et Proserpina natum, secundum Nilo, qui Nysam dicitar
interemisse, terlium Cabiro patre eumque regem Asiae praefuisse di-
cunt, cui Cabiria sunt instituta, quartum Jove et Luna, cui sacra Orpbica
putantur confici, quintum Niso natum et Thyone a quo Trieterides con-
stitutae putantur, eine Stelle, mo leider mehrere Ledarten zweifelhaft find,
vgl. den Gommentar von Greuzer, und Welder, Aeſchyl. Trilogie S. 164.
A. 232. Binfacher unterſcheidet Nonnus drei Dionyfe, Zagreus, den Älteften,
deſſen Schidfale vor die Deukalioniſche Fluih fallen, den thebaniſchen Sohn
ber Semele, welcher auch bei Ihm der eigentlich hiſtoriſche und myıbologiige
@ott iſt, und von diefem und der Aura, einer Nympbe der Artemis, nad
feiner Heimkehr in Lydien erzeugt. einen dritten, welchen Pallas gleih dem
Erechtheus aufzieht und welcher als Jacchos in der elenfiniihen Weihe, doch
mit ihm auch die beiden andern, gefelert werde, f. XLVIII, 951 ff. Diodor
Dagegen unterfiheidet III, 62 ff. den indiſchen oder bärtigen (xarawayer)
Dionyfos, ven Sohn des Zeus und der Verfephone oder nad Andern ver
Demeter, welcher mit Hörnern abgebildet merbe und ven er IV, 4. Sabazies
nennt, endlich brittend den Sohn des Zeus und der Semele. Hiezu käme
Käber Pater | 1028
auß bem Gagenfäreiber Dionyſius ib. II, 67. (vgl. Apollod. bei Strabo
VIE, p. 299.) al$ vierter der Sohn des Ammon und der Amalıhea oder ber
libyſche Dionyſos, welcher auch auf Kunftdenfmälern neuerdings nachgewieſen
iſt, ſ. Campana opere plastiche tav. XXVI. Was dieſe für die Dionyſos⸗
nythologie fo überaus wichtigen Quellen betrifft, fo läßt fich auch auf ihnen,
‚on jenem Bachus- Ammon abgeiehen, vie gemöhnliche Dreitheilung verfolgen,
nd zwar fo, daß nach den Alteräftufen unterfchleven werden das Bacchus⸗
nd, der fig: und freubenreihe Süngling, und ber bärtige ober indiſche
ionyſod; eine Abſtufung, auf Grundlage welcher -neuerbingd Braun verſucht
it, ein eigenes Syflem der Kunftmythologie des Dionyſos zu begründen,
ascimento di Jacco, Annal. dell’ Instit. T. XIV. p. 21—32. Derfelbe
elehrte hat eine fehr intereffante, früher nicht beachtete Species der Kunfl=
rſtellung unfered Gottes nachgewieien in dem „geflügelten Dionyſos“ (Ao6-
0% wiAas nah Pauf. III, 19, 6.), Münden 1839. fol. — Bal. aufex
n bereitö Angeführten über das Ganze: Creuzer Dionysus, Heivelb. 1805 _
N. Nolle recherches sur le culte de Bacchus. Barid 1824. 3 Bde. S
H. Voß im Aten Theile ver mythol. Briefe. J. %. Sail recherches suur
nature du culte de Bacchus en Grece et sur l’origine de la diversit&
ces rites. 1821. Greuzer Symbolik u. Mythologie. Ater Thl. Ite Ausg.
3. a. Darmft. 1843. mit Abbildungen.
H. Der römifhe Dienfl nes Liber und der Libera.. Beide
theiten, mit ber Ceres vereint, fcheinen eine befonvere, ven italiſchen u.
ischen Griechen eigenthümliche Gruppe gewefen zu fein, obgleih die nahes
ende Bereinigung des Weingottes mit den beiden Fruchtgöttinnen au in
hen Dienften' des griech. Diutterlandes gegeben war. Der Tempel jener
heiten befand fih zu Rom am Circus unter dem Aventiniſchen Berge,
war von Aulus Boftumius, der im 3. 258 d. St. Gonful war, in
Zeit des Mißwachſes gelobt worden, Dionyi. VI, 17. Xac. Annal. II,
Der Bult flammte von den Griechen des ſüdlichen Italiend, daher auch
eſetzt von bort die Priefterinnen, namentlih aus Velia und Neapel,
t und mandhe Eigenthümlichkeiten griechifcher Religionsſitte beibehalten
n, Cic. de Leg. TI, 9, 21. 15, 37. pro Balbo 24, 55. Baler. Mar.
1. Erſt im 3. 621 d. St. wurde die Ennäifche Geres von Sicilien
Hf als die ältefte anerkannt, Cic. Verr. IV, 43. V, 72. Ueber bie
ı Liber und Libera und ihr Verhältniß unter einander und zur Gereß,
blo8 das ideelle der Gruppe oder ein verwanbtfchaftliches gemeien, fehlt
genauer Auskunft. Die wahrſcheinlichſte Etymologie iſt a_liberando.
fagt Serviuß zu Virg. Georg. I, 7. Sabini Cererem Panem appellant,
m Lebasium, dictum autem, quia graece Aoıßn dicitur res divina,
velhen Zuſatz man auf Asıßew, libare geführt wird. Allein Lebasius
vebasius ſcheint nur eine ältere Form von Liber zu fein, vgl. Paul.
p. 121. ed. Müller: Loebesum et loebertatem antiqui dicebant
; et libertatem. Ita Graeci Aosßn» et Asißer. Es ift alfo der gries
Aunog oder 'EAsvdsperg, ſ. Seneca de tranq. an. 35, 15. Liberque
licentiam linguae (bie gemwöhnlihe Ableitung, wegen ver freien
die man an ven Feſten bes Gottes führte) dictus est inventor vini, -
ı liberat servitio curarum animum. In jenem von Seneca abges
Sinne erklärt Paul. Diac. p. 115. v. Liber, in noch anderem
: C. D. V1,9.* Meiftend wird er mit dem der italifchen Götterwelt
igen Zufaße genannt Liber Pater, Varro R. R. 1, 2. Hor. Ep.
u. QM. Wasd die ihm durch ven Namen gepaarte Libera betrifit,
1. MacroB. Sat:I, 18: Liber a Romanis vocatur (Baochus) quod liber
est. [W.T.] .
1024 Liberalia — Liberalie
fo if die natürlicgfte Deutung, fie durch Perſephone ober Kopn Anumtoos
zu, eıflären, fo daß die nanze Gruppe ber eleufiniichen aleiögefegt u. Liber
um Kopog Anumroog würbe. In biefem Sinne fagt Gicero de nat. D. I,
Bu 62. quod ex nobis natos liberos appellamus, ideirco Cerere nati
sunt Liber et Libera. Ovid dagegen, Fast. III, 512., nennt bie Ariadne
Libera, und aud die Anſichten ber neueren Mytbologen find verſchieden, f.
Greuzer Symb. IV, &. 110 ff. Voß mythol. Briefe V. ©. 109. Der Feſte
gab es zwei, die Liberalien und Gerealien, beide im Frühling. Die Libe-
ralien wurden am 17. Dlärz gefeiert, f. Cic. ad fam. XII, 25, 1. m. bef.
Dvid Fast. III, 713 ff., mit Nedereien, wie fle auch an den griech Dio-
npfodfeften üblich waren, Nävius bei Paul. D. v. Liberalia: Libera lingua
Joquemur ludis Liberalibus. Gines andern, aud) von Dvib beſonders her⸗
vorgehobenen Gebrauches gedenkt Barro de ling. Iat. VI, 14. Liberalia dicta
quod per totum oppidum eo die sedent sacerdotes Liberi, anus hedera
coronatae, cum libis et foculo pro emptore sacrificantes. Beſonders be»
deutungsvol mar der Gebrauch, an dieſem Feſte den Jünglingen bie toga
libera oder virilis zu ertheilen (ogl. Eic. ad Att. VI, 1, 12. IX, 9, 4.),
wozu Ovid Fast. III, 771. verſchiedene Erklärungen verfudt. Das iſt eine
politifhe Seite diefed Dienſtes, die fi in dem Gebraude des Tempeld am
Eircus zu allerlei bürgerlihen Zweden wiederholt, und zwar in befonberer
Beziehung zu dem plebelifchen Stande, ſ Liv. 11,41. IE, 55. XXXIII. 25.
Dionyf. Hal. VI, 89. VII, 79. Plin. H. N. XXXIV, 4, 9. vgl. Niebuhr
Nom. Seid. I. S. 690. Die Cerealien begannen am 11. oder 12. Arril
(prid. Id. April.) mit Circuöfpielen und dauerten mehrere Tage. Man ging
weißgefleidet, lud fi gegenfeidig zu Gaſte und die Plebejer ſandten fid
Blumenkränze, mie die Patricier an den unmittelbar vorhergehenden Mega:
Ieflen. Bei den Gircusfpielen wurden Blumen und Kränze unter dad Bolt
geworfen, Ovid Fast. IV, 389 ff. Bell. Noct. Aut. II, 24. XVII, 2, 4.
opus de mensibus IV, 49. Feſtus v. Nuces mitti. Die Datronen aber
feierten die Trauer und bad Umherirren der Gere, indem fie in weißen
Kleivern,, mit Fadeln in ven Händen, gleidh der Göttin ſuchten. Dabei wurde
Rrenge Enthaltfamfeit von Liebe u. Wein geübt, nad Liv. XXII, 36. dreißig
Tage, nad Feſt. v. Graeca Sacra noch länger. Es ift dieſes das fogenannıe
castum Cereris, welches fammt jenen mimetifhen Gebräuchen zu dem von
ben Griechen überfommenen Geremoniel gehört, vgl. die oben angef. Stellen
des Gicero, Bal. Mar. I, 1, 15. Arnob. V, 16. — Auch über das Lund
und die Tatinifhen Provincialſtädte war die Feier dieſer Gotiheiten verbreitet.
Bon der des Liber erzählt Virg. Georg. 11, 385.: Nec non Ausonii, Troia
gens missa, coloni Versibus incomtis ludunt risuque solulo, Oraque cor-
ticibus sumunt horrenda cavatis Et te Bacche vocant per carmina laels
tibique Oscilla ex alta suspendunt mollis pinu. Dazu vgl. Serv. u. Zeil.
v. Oscillantes. Auch der Phalos wurde auf dem Lande auf Wagen herum-
geführt und an den Kreugwegen (in compitis), zulegt auch in ber Gtabt
ausgeftelt. In Lavinium war fogar ein ganzer Monat dem Liber heilig,
wo man nad Varro bei Auguflin. VIE, 21. alle Tage unzüchtige Reden
hörte, bid ver beflänbig umgetragene Phallos über den Markt gelommen u.
wieder in den Tempel des Liber gebradt war, mo bie ehrbarfte Matrone
ihn befränzen mußte. Noch jeßt dauert im Carneval dieſe Liberalienfeier
zum Theil fort, und bei Neapel findet fi eine Art ver Bacchusfeier, melde
noch beflimmter an die alte heidniſche Sitte erinnert. Vgl. Hartung Mel.
ver R. II. S. 135—141. Klaufen Aeneas u. die Penatn II. 6.750 ff. [Pr.)
Liberalia, f. den vor. Art.
Liberalie, römifcher Töpfer, f. Jahrbücher ned Vereins von Alter
thumofreunden im Rheinl. I. ©. 90. [W.]
Liherallias — Liberins 1025
‚Likeralitas, f. Largitio zu Anfang, ©. 776.
Liberalitas Bulia, ſ. Ebora.
Likerstor ald Beiname des Jupiter, Tac. Ann. XV, 64. XVI, 35.
Auguſt baute ihm einen Tempel auf dem Uventin, f. Monum, Anc. col. 4.
I. 6. vgl. Beer röm. Alterth. I. ©. 457. Es iſt Ueberſehung des Zeug
EAevdspsos und owrne, f. oben ©. 602. [W.T.]
Liber (oder libellus) famosms umfaßt alle Arten von Pasquillen
und Schmähſchriften (carmen famos., satira, epigramma, canticum gen.,
Baull. V, 4, 15f.), deren Abfaffung ſchon die XI Taf. und das prätor.
Epift verpönten, f. S. 168 f. In der Kaiferzeit wurde das Abfaſſen und
Verbreiten folder Pasquille zuerſt mit Inteſtabilitas u. einer Geldbuße beftraft,
1.5.%.9.D. de iniur. (47, 10.). ®at. III, 220. Inst. IV, 4. Set Oct. 15.55.
Dio Eaff. LVI, 27. Spätere Sconf. ſchärften die Strafe nach Befinden bis
zur Nelegation und Deportation, Paul. V, 4, 15. 17. — In den legten
Jahrhunderten der Kalferzeit kommt lib. fam. faft nur in der Bedeutung als
anonyme Berläumdungs- und Anklagefhrift vor, welche dem Kaiſer oder ans
dern Magiftraten überfchidt oder irgendwo niebergelegt wird, damit die Schrift
aufgefunden werde und der darin bezeichneten Perſon Verderben bereite, fo
ſtets im C. Th. de lib. fam, (9, 34.) mit Gothofr. Anm. III. p. 260—270;
ebenfalls C. eod. tit. (9, 36.). Gonftantin befahl, daB folde Schriften
Niemand Nachtheil bringen und ohne Weiteres verbrannt werben follien, was
andere Kaiſer wiederholten, welche dem Auffinder einer folden Schmähſchrift
fogar dad Wiederholen Deflen verboten, was er darin gelefen hätte, f. C
Th. — Wenn die Pasquille gegen den Kaiſer gerichtet waren (7. B. Suet.
Tib. 59. Galb. 4. Tac. Ann. XIV, 48f. Dio Caff LVII, 23.), fo galt
dieß als Majeſtätsbeleidigung, Quinct. V, 10, 39. decl. 292. Tac. Ann.
I, 72. 2iter.: C. A. Stockmann de famos. lib. Lips. 1799. Rein Röm.
Crim.Recht S. 378 ff. 331 f. [R.]
Kibertas (ſ. Bo. II. ©. 133.) if der Zuſtand der im Röm. Reich,
lebenden Freien (liberi), im Gegenfaß zu dem der Sclaven, |. servus. lin»
ter den Freien gab es von jeher mehre Mbftufungen, nämlich in der älteften
Zeit den Unterfhied zwifchen Bürgern (d. i. Patriciern als bamaligen allei=
nigen Bollbürgern) und Clienten; feit Serv. Tullius aber, nachdem bie
Glienten au Bürger geworden waren, gab es zmei Claſſen, welche fi bis
in die fpäteflen Zeiten erhalten haben, ingenui und liberti, Gai. I, 10. 1.5.
D. de statu h. (1,5.). Inst. 1,4. ©. auch Pfaut. Mil. glor. IV, 1, 15. iv. XL,
18. Sm.vit.b.24. Suet.Oct.74. Die ingenui find dur) Geburt frei (liberi
nati), die lib. dur Manumiſſlon, ai. I, 11. Iſidor IX, 4,46. Inst. I, 4. Inder
älteften Seit mag Ingenuität (d. h. eigentlich der Zufland Defien, ver zur Frelheit u.
Eivität geboren ift) nur ven Patriciern eigen geweſen fein, worauf Feſt. v. patric,
p. 241 M. und 2iv. X, 8. deuten. Als aber bie Plebejer auch Bürger ge⸗
worden waren, hatten fie daſſelbe Prärogativ, und nad und nach mögen
auch die Söhne der Freigelaſſenen zu den ingenui gerechnet worden jein,
was urſprünglich nit der Kal war. Aus dieſer fpäteren Zeit rühren bie
Definitionen ber: ingenuus fei jeder frei Geborene, ja es reiche bin, daß er
matre libera geboren ſei (jedoch mit mehren geieglihen Cinſchränkungen),
ſ. oben und vgl. Cic. de n. d. III, 18. Dion. XI, 29. — In der Kaifer»
zeit Eonnte die Ingenultät, welche eigenilih nur mit der Geburt zuſammen⸗
hing, ausnahmsweiſe erlangt werden, nämlih durch kaiſerliche Gnade (na-
talibus restitui), Suet. Oct. 74. Dig. tit. 40, 11. de natalibus restit.
Cod. 6,8. de iure aur. ann. et nat.r. ©. annulus aureus Bd. I. ©. 494 f.
Anmaßung der Ingenultät wurbe nad lex Visellia beftraft (f. oben S. 1005.).
Berlor der Bater die Freiheit, 3.8. durch Kriegägefangenihaft, fo war ber
in Rom lebende freie Sohn nicht ingenuus mehr, Liv. XXVII, 21. [R.]
Banly, Real-Encyelop. IV. 65
⸗
1096 Käkerias — Eibertini
Likertas, römiſche PBerfonifleation (vgl. Gic. N. D. II, 23.); auf
Münzen dargeftellt gemöhnlich als Frauengeſtalt ober Frauenkopf mit dem
pileus (ald Symbol der Zreibeit, |. Dio XLVII, 25. ° LXIII, 29. Suet.
Ner. 57. U. B®ict. Epit. 5, 9. und d. Art, Pileus) oder Iorbeerbefränzt,
am vollſtaͤndigſten ale Frau, melde eine Tängliche Mühe in der reiten Hand
Hält (oder fie au auffordernb emporhebt), im linken Arme Lanze ober
Füllhorn. Dal. Ebel D. N. V, p. 184. 212. 236. 341. Auch auf In-
ſchriften findet fi& Libertas unb Lib. Aug. nit felten, f. Orelli 1816 f.
In Rom hatte fie auf dem Aventin einen von Tib. Sempron. Gracchus aus
Strafgeldern errichteten Tempel (Liv. XXIV, 16. extr. vgl. Paul. Diac. p.
121.). Einen gleiden baute Clodius auf dem Areal, worauf Cicero's Haus
geftanden (Dio XXXVIN, 17. XXXIX, 11.), den daher Eic. p. dom. 51.
“ de Legg. II, 17. templum Licentiae nennt. Nach Gäfar’s ſpaniſchem Giege
becretirte der Senat die Errichtung eines Tempels der Lib. aus Gtaatömit-
teln (Dio XLIII, 44.), und nah der Ermordung Sejand flellte man auf
dem Yorum eine Statue ber Lib. auf (Dio LVIII, 12. vgl. die Inſchrift bei
Pighius Ann. IH, p. 559.). Verſchieden vom Tempel iſt pad Atrium
Libertatis, nad Cic. ad Att. IV, 16. (ut forum lararemus et usqve
ad A. L. explicaremus) nörblid vom Forum gegen den Quirinal bin ge-
legen, wahrfeintih auf der Anhöhe, melde vom Quirinal fih nad dem
‘ @apitolinus hinzog (vgl. Liv. XLIII, 16. censores in A. L. escenderunt).
@8 diente den Genforen als Amtölocal (Liv. XXXIV, 44. XLII, 16. XLV.
15. vgl. Merkel zu Ovid Fast. p. CXXX.), au zu Bornahme pelnlidher Lin»
terfuchungen (Eic. p. Mil. 22.), Aufbewahrung von Geiſeln Liv. XXV, 7.),
und als Gaferne (Tac. Hist. I, 31.). Auch Gefehtafeln waren darin aus⸗
gehängt, ſ. Fehl. p. 241. lex fira in atrio Libertatis cum multis alüis le-
gibus incendio consumta est; überhaupt enthielt es ein Archiv, Liv. KLEE,
16. Nachdem e3 ſchon im I. 560 von den Genforen reflaurirt und erwei⸗
tert worden war (iv. XXXIV, 44.), wurde es von Afinius Pollio (etwa
in Folge eines Brandes, vgl. Feſt. p. 241.) neugebaut (exstructum. Sutt.
Aug. 29.), und varein die erfte. Öffentliche Bibliothek verlegt (vgl. Plin.
VII, 30. XXXV, 2. XXXVI,5, 23—25. 33. Ovid Trist. III, 1, 71. Iſidot
Orig. VI, 5, 2.). Als ein Gebäude mit religiöfer Beziehung (vgl. Ovid
Fast. IV, 624.) hatte das A. L. auch aeditui (Liv. XXV, 7.). Bgl. Becker
Handbuch der röm. Altertb. I. S. 457—462. und Zur röm, Topographie
(2p;. 1845.) &. 28-30. [W.T.]
Libertimi, 'Anelevdspos. Die Sreilafiung bei den Griechen umter-
ſchieb ſich von der bei ben Adınem befonders durch den beinahe gänzlichen
gfall aller Förmlichkeit. Sie geſchah entweder von Staatswegen ale Be:
Iohnung für geleiftete Dienfle, natürlich unter Erflattung des Kaufpreifes an
den Seren, Blat. de legg. XI, p. 914; zuweilen auch in Notbfällen zur
Sicherung des Staates na außen, und zwar dann in Mafle, Arift. Pol.
1, i, 10. Plut. vit. dec. ort. p. 849. A., oder privatim, bald bei Leb⸗
zeiten beB Herrn, wozu man gern, um fi zu zeigen, feierliche Gelegenhei⸗
ten und Öffentlide Orte benußte, wie in Athen die großen Dionyflen unt
das Theater, Aeſch. g. Gtef. F. 41., ober Gerichtshofe, Iſaͤus bei Dionxf.
Sal. Is. p. 810., bald durch teſtamentariſche Verfügung, Diog. Laert. EI,
42. V, 14 f. 54. 72f. X, 21. Pörmlicher Freikauf jedoch, fo daß ver Her
den Sclaven gegen Grlegung der Raufiumme auch wider Willen hätte frei⸗
geben mäfen, iſt durch Stellen wie Plaut. Casin. II, 5, 7. Aul. V, 1, 9.,
aus denen ed Petit. legg. Att. p. 259. ſchloß, keineswegs verbürgt, und
besuhte vermuthlich nur anf glei anfangs getroffener gegenfeitiger Ueberein-
Bunft. Bgl. Böller zur angef. Stelle d. Aul. und Curtius Anecd. Delph.
p- 31. Der Breigelaffene ſelbſt wurde jedoch, mindeſtens in Athen, durch⸗
6 su
imma
' Kibentus, Läbenrtinns 3087
aus nicht völlig unabhängig: er trat In die Claſſe der Meidken und zahle
außer dem Schutzgeld noch drei Obolen jährlid an ben Staat (Harporr. 8.
v. naromor nebfl den Grläuterungen bei Böckh Staatsh. I. ©. 354 ff.),
mußte jeboch feinen ehemaligen Herrn auch fernerhin als feinen Patron, oo-
orarns, betrachten (vgl. Plat. d. legg. XI, p. 915.). Die Berfäumung
dieſes Pietätöverhältnifies zog die Klage anoszaniov nad fi, und deren
Verluſt Rückfall in die Sclaverei. ©. unter anooraoiov dinn. Starb ber
Breigelaflene aber ohne Leibeserben, fo flel fein Vermögen an ven ehemali⸗
gen Herrn, Iſäus Nicostr. $. 9. Rhet. ad Alex. I, 16. Kurz bie Frei⸗
gelaflenen blieben, wenn file auch für fich Ichten (weis oinoürzes, Dem.
Phil. I. p. 50. $. 36. g. Euerg. p. 1161. $. 72: ars, Suid., Phot.
8. v. roðe 7Wpis oinoürrag. Bell. Anecd. p. 316, 11. vgl. Bödh Staats⸗
haush. I. ©. 281.), do, wie Ghruflpyus bei Athen. VI. p. 267. B. fagt,
immerfort dovAo, wenn auch nidt oixsraı.” Vgl. Beer Eharifles II. S. 37.
Was die übrigen griechiſchen Staaten betrifft, fo bat ſich eine ziemliche An⸗
zahl von Urkunden auf Inſchriften verſchiedener thefialifcher, phociſcher u. böotifcher
Städte erhalten (dahin gehören die im Corp. inser. er. n. 1607 f. 1699 f. 1725.
1756 f., die bei Xeafe in den Anhängen zu den Travels in Northern Greece,
bei Roß inser. ined. I, 73. 74. 81., die lamiſchen Inſchrr. in der Egynueois
aoyasodoyınn zu Athen 1838, Aug. u. Sept., wieberholt bei Stephani Reife
durch Nordgriech. S. 40 ff., endli die neuentdeckten delphiſchen bei Gurtius
Anecd. Delphica), aus denen für das fpätere Griechenland die ziemlich aus⸗
gedehnte Gewohnheit erhellt, Sclaven unter der Form eines blos ſingirten
Berkaufs an eine Gottheit zu emanecipirn. Vgl. Curtius a. a. DO. p. 18 ff.
nebfl der Rec. von Meier in der Galler Lit.Zeit. 1843. [ West.)
Bei den Spartanern biegen die Freigelafienen Age (Myron bei Athen.
VI, p. 271. F.), über veren Verhältniſſe uns nähere Nachrichten fehlen.
Wenn man aus dem Namen einen Schluß machen darf, fo flanden fie nah
der Freilaſſung in feinem weiteren Berbältnifie zu dem früheren Herrn oder
zu dem Stante, und fie find daher in Bezug auf den Staat in ihren Rech⸗
ten geringer geflellt,, al8 die Neobamoven, was auch Schömann (ius public.
Graec. p. 112, 9.) annimmt. [M.]
Bei den Römern bezeihnen Libertus und Libertinus einen
durch Manumifflon freigetvordenen Bewohner des Roͤm. Heise. Bor Alters
h. Libertus der Freigelaſſene ſelbſt und Libertinus deſſen Sohn, Suet. Claud.
24. Wolf ad 1. I. u. Eafaub. ad c. 25. Iſidor. IX, A. Duf. ad Liv. IX,
46.; allein fehr bald verlor fi vie Iehte Bedeutung, indem man die Söhge .
ber liberti als ingenui zu betrachten begann, und libertus bezeichnete nun
den Breigelaffenen im Verhältniß zu feinem Patronus, während liberiinus
ven Breigelaffenn im Berhältnig zum Staat, alfo feinem Stande nath be-
zeichnete. (So zuerſt Laur. Valla IV, 1. und ſeitdem ziemlich allgemein
angenommen.) I. Die Sreilaffung des Sclaven durch feinen Herrn er⸗
folgte auf eine feierliche oder zunfeierliche Weife, f. manumissio, und wer
vor Alterd in Eeiner Welle beſchränkt, da Fein Mißbrauch mit den Freilaſ⸗
fungen getrieben wurde, Dion. IV, 26. Auch bie durch lex Manlia einge-
führte vicesima (j. beide Art.) ift nicht als eine Beſchränkung der Dianu-
miffton anzufeben, fondern als eine finanzielle Maßregel. Als aber in den
Zeiten des wachſenden Sittenververbniffes die Zahl der Manumifflonen, bie
oft aus gemwinnfüchtigen Nebenabfihten vorgenommen wurden, auf eine beun⸗
ruhigende Weife zunahm (Liv. XLI, 9. Dion. IV, 24. u. ſ. w. Die Gaff. AXKIX,
24. LV, 13,), erfchienen mehre Geſetze, um biefem Uebelftand zu ſteuern,
zuerft lex Aelia Sentia, dann lex Furia Caninia, endli lex Junia Norbana,
welche letztere aber nicht ſowohl die Freilafſungen befchränkte, als vielmehr
die Rtechte der Freigelaſſenen in engere Grenzen z0g, f. dieſe logos. Aber
41028 Kibertas, Libortinus
nit 5108 die Privaten manumittirten Sclaven, fonbern auch ber Gtaat.
Wenn fi nämlih Sclaven durch allerlei Verbienfte, die fie fih um ben
Staat erworben, 3. B. durch Anzeige (als indices) von Verſchwörungen u.
andern Verbrechen, durch Tapferkeit sc. der Breibeit würdig gemacht hatten,
fo wurden fie ex Sconsulto au8 Staatsmitteln von ihren Herren loßgefauft,
und erhielten ſowohl Freiheit als Civität, oft fogar eine Summe Geldes.
Zuerft geſchah dieſes nach lex Valeria de Vindicio 509 v. Ehr. (f. d. Art.),
und fpäter fehr oft, Cic. p. Balb. 9. p Rab. perd. 11. Xiv. IV, 45. 61
XXI, 33. XXIV, 14 ff. XXVI, 27. XXVII, 3. Bal. Mar. VI,5, 7. Dion.
fr. XII, 6. Blut. Sull. 10. Auch Stäpte u. a. Tleinere Gorporationen Eonn-
ten -Sclaven manumtittiren, f. lex Vectibulici S. 1004. u. Orelli inser. n.
3017 fi. — No ift bier zu bemerken, daß Preiheit der Sclaven ımter ge-
wiffen Bebingungen fogar ohne Manumiffion entfliehen konnte, jedoch
erft in den Kaiferzeiten. Diefed geſchah unter Augufl durch das Scons. Si-
lanianum , welches denjenigen Sclaven die Freiheit verlieh, welde bie Mör⸗
der ihres Herrn entdecken und anzeigen würben, Tit. Dig. de Sc. Sil. (29, 5.).
Claudius gab dem Sclaven die Freiheit, welden fein Herr um feiner Krant-
beit millen verftoßen‘ würde, Suet. Claud. 25. I. 2, D. qui sine manum.
(40, 8.). Veſpafian beftimmte, daß eine Sclavin, welde von ihrem Herrn
unter der Bedingung gekauft, daß fie nicht proftituirt würde, doch profituirt
worden wäre, frei fein folle, 1.7. pr. D. deiure patr. (37, 14.) u. f. mw. Auch
war Freiheit als Belohnung auf die Anzeige mehrer Verbrechen geſetzt, Die.
tit. qui sine manum. (40, 8.) Cod. tit. pro quib. caus. (7, 13.). Sim:
mern Röm. R.Geſch. I. ©. 772. W. a Loon, de manum. IV. c. 1. —
II. Folgen der Freilaffung. Der Breigelaffene wurde Nöm. Bürger
(fo werden fle in allen Quellen bezeichnet, ſ. Bo. II. S. 395.), wenn fein
Manumiffor Bürger war, unter der Boraudfegung, daß die Freilaffung eine
feierliche geweſen (Liv. II, 5.) und daß der Herr den Sclaven in vollem Gi-
genthum befefien hatte, disp. fori de manum. $. 6. @at. I, 17. Ulp. I, 5. 6.
Bei unfelerlicder Freilaſſung entfland nur ein faktiſcher Zuſtand der Freibeit
(in libertate morabantur), ebenfo wenn ver Herr den Sclaven nur in bonis
(Br. I. S. 1199., Bd. I. S. 1149.) beſeſſen Hatte, 618 lex Jun. Norb.
aus folchen Libert. den Stand der Latini Juniani machte (f. beide Art., fe
wie manumissio und lex Ael. Sent.), ®ai. I, 17. 35. HI, 56. Ulp. I, 16.
23. Dofith. 6. 11. Theoph. I, 3, A. Hatte der Herr nur nudum ius
Quiritium (Bd. II. ©. 1199.), fo war die Freilafiung wirkungslos; des⸗
‚ leihen, wenn der Sclave mehren Herren gemeinſam war (Drelli inser. n.
3008 ff.) und von einem verfelben freigelaffen wurve, in weldem Kal ven
andern Herren der Antbeil des Freilaſſers zuflel, Gai. I, 167. Ulp. I, 18.
Paul. IV, 12, 1. — Der Freigelafiene erhielt als Zeichen feiner Givirät
einen Nöm. Namen, Quinct. decl. 311. Inst. VII, 3. Juv. V, 120.,
nämlich den Bentil-, oft au den Bornamen jeined Freilaſſers, und fügte
ale Cognomen oft feinen früheren Namen oder einen andern aus irgend einer
Urfache Herrührenden hinzu, 3.8. M. Tullius Tiro, 2. Cornelius Chryſogonus,
2. Arrius Peregrinus, M. Vipſanius Narciffuß u. a., f. Zactant. IV, 3.
Goͤnlling S. 142 f. Beer ©. 79 f. Die vom Staat Freigelaffenen erbiel-
ten den Namen des Magiftratus, von dem fte freigelafien waren, früßer 6.
fie Romanus, z.B. Servius Nomanud, Liv. IV, 61. Barro-i. 1. VIII, 41.
Dio Caff. XXXEX, 23. — Als äußere Zeichen ber Civität nahm der Libert.
die Röm. Toga an und trug das Haupt gefchoren, welches er entweder mit
einem Hut (pileus) bedeckie oder mit einer meißen wollenen Binde umwand;
laut. Amph. I, 1, 306. 2iv. XXIV, 16. XXXIV, 52. XLV, 44. Dio Gafl.
exc. 162. App. Mith. 2. Petron. Sat. 41. Gero. ad Virg. Aen. VIII,
964. Non. XIL 38. 3. Milzow pileus Libertatis — index, Hafn. 1689.
Kibertus, Libertinus 1029
W. a 2oon de manum. IV. c. 3. — Da bie Libert. gewöhnlich keinen ober
nur fehr geringen Grundbeflg hatten, fo konnten fie feinen Aderbau treiben,
Sondern wurden Handwerker, Krämer (liberti und opifices, Sal. Cat. 50.
cf. Jug. 73. @ic. de off. I, 42.), oft auch Diener der Magiftrate (appa-
ritores, . lictor). Nicht felten beforgten ſie die Gsichäfte ihrer Breilafler,
ſo 3. B. wird Dof. Adr. sent. 8. da8 Halten von Buben dur die Lib.
erwähnt. Bon den dur die verſchiedenen Arten und Beſchränkungen der
Freilafſung entſtehenden verſchiedenen Elafien der Libertinen, nemlich 1) cives,
2) Latini Jun., 3) dediticii, 4) statu liberi, deren Freiheit von einer Be⸗
Dingung oder Zeit abhängig war, betrachten wir jegt nur bie erſten, über
die andern f. die cit. Artt. und Gebauer exc. IH. ad-ord. Instit. p. 190—
225. Blos die Patronatöverhältnifie beziehen fi auf alle Arten von Kibert.
Ihr Zuftand war folgender: 1) in ſtaatsrechtlicher Beziehung: a) Theil»
nahme an den Tribus und Genturien.. Der Zreigelafiene wurde feit Serv.
Tullius Bürger, denn die Xibert. vor Serv. Zul. fonnten nit Bürger
werden (ba ed damals nur Aftbürger in gefchloffenen gentes gab), ſondern
waren Glienten. Daß aber Serv. Tullius den Breigelaflenen die Civität mit
Stimmrecht verlieh und fle in die Tribus aufnahm, fagen Dion. IV, 22 ff.
Son. VU, 9. cf. Inst. 1, 5, 3. Dagegen behaupten Niebuhr R. Geſch. I.
&. 521 ff. I. ©. 359. II. ©. 346 ff. und Walter Nöm. R.Geſch. 1. Aufl.
©. 118., die Libertinen ſeien Aerarii geworben, und zwar nach Niebuhr
bis anf die Zeit der XII Taf. oder fogar bis auf den Cenſor App. Glaub.,
nah Walter afl nah den XII Iaf. (f. Bd. 1. ©. 173.); in der 2. Aufl.
©. 112. nennt Walter die Libert. zwar nicht mehr Aerarier u. räumt ihnen
von Anfang Pla in den trib. urb. ein, aber läßt fie nur als Bürger ohne
suffragium gelten. @öttling Geh. d. R. Staatöverf. S. 141 f. bezeichnet
bie Liberti bis auf die XII Taf. als Clienten ihrer Sreilaffer, bis fie durch
die XII Taf. die Halbe Civität, nämlich sine suffragio erhalten Hätten; wad-
lich Puchta Inflitut. I. 214. glaubt, daß die Freigelaffenen von jeher Bür-
ger untergeorpneten Rechts geweſen wären, mit Theilnahme an den Gentu-
riateomitien, aber audgefchloflen von den Tribus, natürlid au von Ma⸗
giftraten ꝛc. Alle dieſe höchſt abmeihenden Anſichten flimmen aber darin
überein, daß die Libert. erft durch den Cenſor App. Glaud. 442 aus ihren
gedrüdten Derhältniffen erlöst und zu wirffihen Bürgern mit suflragium in
Gent. und Tribus ernannt worden wären. Es ift jeboch weit wahrſcheinli⸗
her, daß fih das Verhältniß der Breigelaffenen von Serv. Tull. an bis auf
den Genfor App. Claud. nicht geändert hat, daß fie vielmehr von Anfang
an Bürger in den fläntifchen Tribus waren, mit vollem Sıimmredt in Cen⸗
turiat⸗ und Tributcomitin, — wenn au ihr Einfluß in venfelden höchſt
gering war, denn die vier ſtädt. Tribus waren übervol und fonnten ben
andern Tribus gegenüber nichts ausrichten; in den Genturiatcomitien aber
flimmten die Libert. ihrem Vermögen nad In der letzten Claſſe, Hatten alio
auch bier Feine Bedeutung; allein das Recht, mitzuflimmen, if ihnen des⸗
halb nicht abzufprehen. Die Tribus waren eine rein Lokale und das ganze
Rom umfafjende Einrihtung, deshalb iſt fein Grund vorhanden, warum
die Libertinen davon ausgefchlofien gemeien wären, fobald fie anfäßig waren.
Narürli gehörten fie nur den tribus urbanae an, da ihr Grundbeſit jeden-
falls fehr unbeveutend war; ja es tft ſogar wahrſcheinlich, daß die Kibert:
auch gefeglih nur in den trib. urb. eingefchrieben werben durften. So
blieben fie in venfelben 6i8 auf den Genjor App. Claud., welder allen
Bürgern (er meinte aber vorzüglid die Xibertinen) geftattete, fih in eine
jeve der 30 trib. urb. oder rusticae ohne Rückficht auf Grundbeſitz nad
Belieben eintragen zu laſſen. Hätte aber App. Claud. bie biöher des suffrag.
entbehrenden und von den Tribus ausgeſchloſſenen Libertinen zuerfi zu Bür⸗
= >
1080 KLibertas, Likbeortämnus
gern "gemacht und ihnen Tribus und Stimmrecht gegeben, fo wäre es ein
unerbörter Gewaliſtreich geweſen und es hätte nicht fehlen können, daß der
nächſte Eenfor die ganze Neuerung wieder aufgehoben und bie Libertinen in
ihr früheres Verhältniß zurücgefegt hätte. Dad geſchah jedoch nit, ſondern
die optimatifhen Genforen wollten nur die frühere Einrichtung wieder Ber-
flellen, nach welcher die Libert. blos in den vier trib. urb. gewefen waren
S. Nee. von Walterd R.Geſch. in Jahn's N. Jahrb. f. Phil. XVII. Heft 7.
©. 288 f. u. Rec. von Böttlingd Staatöverf. in Allg. (Hall) Lit.eit. 1841.
Mr. 90. Was die Zeugniffe der Schrififteller betrifft, fo ift ſchon bemerkt.
daß des Serv. Tull. Einrichtung von Mehren übereinflimmend dargeſtell
wird; aus ber folgenden Zeit wird nichts berichtet, bi8 auf des App. Claud
Neuerung; es ift aljo auch infofern unwahrſcheinlich, daß mittlerweile eine
Aenderung gemacht worden ſei, um fo mehr, ba die Schrififleler, meld:
erzählen, daß App. Elaud. die Libertinen in alle 30 Tribus aufgenommen
habe, nicht jagen, daß die Lib. vorher ohne Tribus geweſen wären, f. Liv.
IX, 46. Diod. XX, 36. Nur Plut. Popl. 7. ſcheint zu widerſptechen, in-
dem er fagt, App. Claud. habe ven Lib. zuerſt das Stimmrecht verliehen —
doch dieſe Notiz ift leicht ſo zu verftehben, daß Plut. nur das fakriiche
Verhältniß, nicht dad rechtliche in's Uuge fahte, und faktiſch war das
Stimmredt ber Lib. allerdings vor App. Claud. fehr menig beveutend. —
Dur diefen Cenſor Hatte ſich die politifhe Stellung ver Libertinen ehr
umgeftaltet, die turba forensis ergoß fi über alle tribus und forum eı
campum corrupit, Liv. 1. 1. Diejed flaatögefährliche Uebergewicht der xib
unterorückte der Eenfor DO. Zabius Rullianus Marimus 304 v. Ebr., f. Br
III. ©. 388 f., indem er die Libert. in den vier fläbtifchen Tribus vereinigte,
ja Liv. bemerkt, daß dieſe vier Tribus erfi von ihm den Namen urbanae
befommen hätten. So waren die Tribus und bie Tributcomitien wieber ge
remigt; Mommfen Röm. Trib. S. 155 f. vermuthet fogar, Fab. fei zur
Unterbrüdung ber Lib. noch‘ weiter gegangen und habe fie aus den Genturien,
welche militärifh und politifh gleih wichtig waren, ausgeſchloſſen. Dafür
fpricht wenigſtens, daß nach diefer Genfur bie Libertinen als nit militär-
pflichiig oder berechtigt ermähnt werben (denn Liv. X, 24. werben fie nu
in der höchſten North aufgeboten).-. Auch märe diefe Maßregel ganz politiig
und zeitgemäß gewefen. Indeffen wir koͤnnen daſſelbe Reſultat zugeben, ohnt
e8 ats eine Bolge der Fabianiſchen Maßregeln anzuerkennen, indem ke
Ausſchluß der Kibertinen von den Genturien und vom Kriegsbienft ebenfogs:
ein faktiſcher als ein rechtlicher fein Tomnte. Die meiften Lib. waren Damalt
gewiß ganz arm, Eonnten alfo megen mangelnder Oualififation (nicht wege⸗
mangelnden Rechts) nur in der legten und 6. Clafie Plab finden, Lam
mithin nicht zum Abftimmen und wurden Außerft felten zum SKriegedient
verwendet. — Die Einrichtung ded Yab. wurde aber von andern Genfores
wieder aufgehoben und die Lib. abermald dispersi per omnes tribus, fir
ep. 20., bis die Genforen 2. Aemilius und C. Flaminius 220 v. Chr. mu
Babtan. Ordnung wieder berfleflten, und alle liberti in bie 4 Ir. urb. (2iv. 20.) in
die 6. Clafſe fliehen. Es wurde jedoch eine Ausnahme au Gunſten der lib. gemacht,
melde einen natürliden Sohn über 8. Jahr alt Hätten, und welde Grund⸗
ftüde von 30,000 Set. Werth (f. v. a. 75,000 Aſſes, Cenfus ver 2. Glafſe)
befäßen, Liv. XLV, 15. Worin ihre Begünfligung befand, ift nicht be
flimmt zu fagen, doch iſt wahrſcheinlich, daß die Zweiten mit der 2. Glem
flimmten und die Erften behielten die Stelle, die fie vorher im Genfns ein-
genommen hatten, auch nah ber neuen Gintheilung und müflen ebenfallt
mit zu den Genturien gehört haben, denn fie werden Liv. XXII, 11. als
Dienſtihuende genannt, Huſchke Berf. d. Serv. Tufl. ©. 554. Mommſen
Roͤm. Tribus ©. 167. Darauf wurde nah Walter Meinung bie jex Te-
Kibertas, Libertinus 4031
entia gegeben (f. S. 1001.), welche bier aber eniſchieden zu verwerfen unb
uf ben Senat zu beziehen iſt, |. Senatus. Da aber die Libertinen ſich
wmer wieder in bie tribus rusticae eindrängten ober vielleiht von andern
Senforen wieber darin eingefrieben worden waren, gab ihnen der Genfor
gib. Sempr. Gracchus 168 v. Chr. fogar nur eine durch dad Loos zu be»
timmente tribus urbana, in ver fle ihre Stimmen abgeben dürften, Liv.
KLV, 15:, ungenauer Cic. de or. I, 9. N. Vict. vir. ill. 57. Die Een
oren konnten übrigens feit diefer Zeit nit mehr willkürlich über bie suflra-
ia Der Liberlinen didponiren, indem fie Durch Volksgeſetze bindende Inſtruk⸗
ion erhielten. So führte lex Aemilia ded Aemilius Scaurus 115 v. Chr.
sie alte Weiſe zurück, daß bie Lib. in ben vier trib. urb. ſtimmen follten,
u. Bict. vir. ill. 72., und dieſe Ginrihtung blieb biß in ven Anfang der Kais
'erzeit im Ganzen dauernd (Dion. IV, 22.), indem fie flegreih aus allen
Kämpfen hervorging, welche die neuerungsjüchtige demofratiihe Partei mit.
ben Optimaten begonnen hatte. Der Sieg der Optimaten war um fo ſchwe⸗
rer, da die Italifer mit den Libertinen gemeinfame Sache machten und beide
auf vollſtändiges Bürgerreht drangen. Zuerſt wurde bie Emancipation dies
fer beiden Claſſen und Bertheilung unter alle 35 Tribus durch lex Sulpicia
58 v. Chr. beantragt (f. S. 1001.), welche aber fogleih bei dem erflen Sieg
Sulla’8 wieder aufgehoben wurde, App. b. c. 1,59. Nah Sulla’s Abreife
erneuerte Ginna den Sulpic. Vorfhlag 87 v. Chr., entweder unter feinem
eigenen Namen (ſ. lex Cornelia ©. 967.) ober unter dem des Sulpiciuß, was nicht
beftimmt zu fagen ift, aber au feine Bedeutung hat. Der Senat gab nad
und die Libertinen mit den Italifern flegten, Liv. ep. 84. Indeſſen die Freude
dauerte nit lange, denn Sulla mußte nad feiner Nüdfehr viefe Neuerung
feinen Grundfägen gemäß aufheben, Sal. fr. hist. p. 939. Cort. Die
Kämpfe der Xibert. begannen von Neuem, und zwar auf ihre eigene Sand, .
denn die tal. Neubürger hatten ihre Wünſche erreiht, fo daß vie Kibert.
nun wieber allein flanden. Lex Manilia 67 v. Chr. von dem Volkstr. ©.
Manil. (f. lex Manil. S. 986.) feßte dur, daß die Lib. in allen Tribus
flimmen vürften, und zwar wahrfheinlich jeder Lib. in der Tribus feines
Patronus (wryiowoder uera Tor eselsvdspovrrwr), Div Caſſ. XXXVI, 25.
Afcon. in Cornel. p. 64 ff. Or. Doch aud dieſes Gefeß wurde vom Senat
wieder aufgehoben, und die Libertinen erhielten erſt durch lex Clodia 58 v.
Chr. neue Hoffnungen (f. lex Clod. ©. 966.), die mit Clod. Tod feheiterten,
und lex Manlia deſſelben Jahre, von dem Volkstr. En. Manlius, melde
lex Clodia erießte und die Vertheilung ver Lib. in alle 35 Tribus aufs Neue
beantragte, ging nit durch, Aſc. in Cic. p. Mil. 8. p.44 f. Orell. (Ma:
nut. und Garat. ad h. I. $errat. ep. III, 6., fowie Mommfen Tribus ©. 172.
leſen Manilius ſtatt Manlius und verändern noch ein anderes Wort, quaestura
Ratt praetura, um diefe Stelle auf die oben genannte lex Manilia defielben
Inhalts beziehen zu können. Nothwendig iſt dieſe etwas flarfe Emendation
aber nicht, denn warum Sollte Manlius nicht den Vorſchlag des Clod. nad
defien Tod aufgenommen haben? Auch könnte Dianlius ſogleich von 'Unfang
der eigentlie lator legis gemefen fein, ber auf des Clodius Veranlaſſung
feinen Namen dazu bergab, |. Oreli ad Asc.) Nachdem dieſer legte Veiſuch
fehlgeſchlagen war, wurde kein weiterer gemacht, und vie Ribertinen befanden
fi nun fortwährend in ven vier trib. urbanae, wie au aus den Inſchrif⸗
ten hervorgeht, obglei nit zu verfennen iſt, daß die Tribus im Ganzen
felten bei den Namen der Libert. auf den Infchriften vorkommen, weshalb
Marini atti II, 482. Hagenbuch, Gori u. U., f. Orelli inser. n. 3105.
annabmen, die Breigelafienen Hätten gar keine Tribus. S. dagegen Beifpiele
bei Dommfen Tribus ©. 174. und deffen Darftellung über dieſe Verhältnifje
ber Libert. überhaupt, S. 193 ff. 166-176. Vgl. Huſchke Serv. Zul. ©.
-
1034 Läiböthra — Liböthrius
Schũller de necess. cum morali tum civili inter patron. et libert. Trai. ad Rh,
4838. 3. ®. F. Bierregaarb de libertin. hom. conditione lib. rep. Rom.
Haun. 1840. — Das PBatronatöverhäftnig erlofh unter gewiſſen Bebingun-
gen noch bei Lebzeiten des Patronus: 1) wenn ber Lib. durch natalium resti-
tutio die Ingenuitätäredite erhielt, Tit. Dig. de nat. rest. (40, 11.); 2) wenn
ber Patron. durch cap. deminutio die Givität einbüßte, 3. B. durch Depor⸗
tation, 1. 10. $. 6. D. de in ius voc. (2, 4.) Tac. Hist. II, 92., 3) wenn
der Batron. feinem armen Lib. nicht Alimente gewährte, 1. 5. 6.1. D. de i.
patr. (37, 14.) 1. 33. D. bon. lib. (38,2.), ober wenn er ihm bie Heirath
unterfagte, 1. 6. 15. D. de i. patr. (37, 14.), oder wenn er ihn eines
Capitalverbrechens angeklagt hatte, 1. 10. 11. 17. D. de i. patr. (37, 14.),
4) wenn der Lib. von einem Ingenuus aboptirt wurbe, 1.32. D. ritu nupt.
(23,2.)u.f.w. — II. Beränderungen durch Iufinian. Juſtinian
ſchaffte theils den Unterfhieb zwiſchen feierlicher und unfelerlicher Manumifflo
ab und machte alle Libert. zu Bürgern, fo daß bie Latini und dediticii meg-
fielen, theils verlich er allen Lib. bie Ingenultät, 606 alfo das Patrenat faft
auf, indem er nur bie Pflicht des obsequium übrig ließ, Cod. Tit. 8. 6.
Inst. I, 5. 6. 7. Nov. 78. Q. G. Shader, Justinianus manumiss. fautor,
Lips. 1735. Literatur: ©. a 2oon, Eleutheria sive de manumiss. ser-
vorum apud R. Ultrai. 1685. und in Polen. ıhes. IH. p. 359 - 413.
Goͤſchen, Bemerk. in Bez. auf d. Freilafl. dv. Nöm. in Savigny Zeitiähr.
IN. S. 242—288. Zimmern, Röm. R.Geſch. I. S. 736—801. Rein,
Röm. Privatredt S. 270-237. Walter, R. R.Geſch. S. 495 —H16.
Böttling, Geſch. d. Röm. Staatöverf. S. 137—146. Puchta, Inflitut. IL
©. 411—430. Beder, Röm. Altertd. S. 65—89. und die oben cit. Schrift
von Bierregaard. [R.]
Liköthra (ABr70pa, Pauſ. IX, 30, 5., bei Strab. IX, p. 410. u.
x, p. 471. AtibyOgor), alte thraciſche Stadt in Pieria (Macedonien)
auf dem Olympus (Pauf.), ſüdweſtlich von Dion, die nach einer feltfamen
Erzählung bei Paufan. am a. D. ſchon frühzeitig durch den in Folge eines
Wolkenbruchs audgetretenen Waldſtrom Sys vernichter wurde. Krufe ſucht
ſie an der Stelle des Heut. Neſivo. (Bon ihr aus wurbe wahrſch. der Gulıns
"der libethriſchen Nymphen nad Böotien verpflanzt. S. Libethrius.) [F.]
Liböethrides, Außndeiösc, Nymphae Lib. (Birg. Ecl. 7, 21.) heißen
die Muſen von der ihnen heiligen Quelle Libethra, Mela ll, 3. oder nad Gtrabe
p. 410.471. von dem thrak. Berg Libethrus (mo eine ihnen heilige Grotte),
nad Serv. zu Birg. 1.1. von einem Dichter Libethrus. Pauſ. IX, 34, 4.
bezieht den Namen auf den Berg Libeihrius (f. d.) und fagt: ayafuare u
avıo Movowr za ai Nuugas sozir arninAnoır Aßndoior. Bol. Varro L. L. VII.
2. kycophr. Alex. 275. O. Müller, Orchomen. ©. 34. 47. 381. [W.T.]
- Liböthrias (zo .I.Brdgıor opos, Bauf. IX, 34, 4.), Berg in Bon
tien, 40 Stad. von Goronen, mit Bildfäulen der libethriſchen Mufen uns
Nymphen, der Grotte biefer Nymphen (Strabo IX, p. 410. X. p. 471.
Serv. ad Virg. Ecl. VII, 21.) und zwei Quellen, Libethrias (ABrögses)
und Petra (Ilszo«), vie ver Form nach weiblidden Brüften ähneln und aus
ein der Milch ähnliches Waſſer ausftrömen (Pauf. am-a. D. Bol. auch den
Milchbach bei Plut. de Orac. Pyth. 29. Vol. IX. p. 296. und den Apoll⸗
Galaxios des Proclus bei Phot. p. 989.). Der Berg iſt unftreitig ber
wetlicde Theil des Helicon (wohin au Strabo die Grotte der libethriſchen
Nymphen ſetzt), und ber heut. Braniga, in deſſen Eraterförmiger Geftalt und
mehreren Quellen, namentli einer beißen, mit der fi weiterhin eine kalte
vermiſcht (vgl. Dobwell Class. Tour. I. p. 204. u. Gell It. of Gr. p. 122.),
benen das Kalfgeflein des Gebirges früher vielleicht eine milchweiße Farbe
mitgetheilt babe, Kruſe Hellas II, 1. S. 471 ff. auch die Angaben des Pau⸗
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faniad beflärigt zu finden glaubt. Mela I; 3, 2., Plin. IV, 9,16, und
Solin, c. 8. gebenfen auch der Duelle Libethra (za ABndor bei Gonon
in Phot. Cod. 186. p. 452.), verfegen ſie aber nad Pieria in Macedonien
(Mela) oder Magnefia in Thefialien (Plin. u. Solin.), vermuthlich mit
Rückficht auf die Stadt Libethra. Heyne de Musarum relig. p. 44. in den
Commentt. Soc. Gott. T. VII. glaubt deshalb zwei Quellen biefed Namens,
eine ältere in Pierien und eine jüngere in Böotien unterſcheiden zu müflen. [F.]
Libia (It. Ant. p. 394.), Stadt im Norden von Hifpania Tarrar.
Ufert IE, 1. ©. 445. theilt fie den Autrigones zu, und Hält ſie wohl mit
Recht für das Heut. Leyva, Florez aber Cantabr. p. 195. für Remelluri.
Lieber ihre Münzen vgl. Seftini Med. Isp. p. 147. [F.]
Libtiei, f. Lebecii. "
Likisosöna (Plin. HI, 3, 4., auf einer Infärift bei Gruter p. 260.
Col. Libisosanorum, im $t. ‘Ant. p. 446. Libisosia, auf Münzen bei Seftint
Med. Isp. p. 168. Libisona, unftreitig auch das ABıoosxa, des Ptol. II, 6.
und das Lebinosa des Geogr. Ravenn. IV, 44.), Stadt der Oretaner in
Hiſpania Tarrac., 14 Mill. öftlih von den Quellen des Anas (It. Ant.), °
eine Golonie mit fatein. Rechte und dem Beinamen Foro-Augustana (Plin. y.
No jetzt finder fih Hier (in Neu-Eaftilien) ein Flecken Lezuza, und babei
die Lieberrefle einet alten Stabt. [F.]
Libissönis Tarris (1ßioowro; nvoyoc, Ptol. III, 3. VIII, 9., bei
Blin. III, 7, 13. Turris Libysonis, beim Geogr. Ravenn. V, 26. Turris
Librisonis, im It. Ant. p. 83. blos ad Turrem), Stadt an der Norbküfte
Sardiniens und nah Plin. am a. DO. die einzige römiſche Kolonie auf bei
Infel, wahrſch. der gemöhnliche Landungsplatz für die aus Corfika kommenden
Schiffe. Ihre Ruinen zeigen fid auf einer Anhöhe fllih neben dem Fluß
Gavino und ein etwas nörblih davon liegender Hafen beißt noch immer
Porto Torre. [F.]
Libistus, Stadt der Scythae Aroteres (Aporüpes, d. i. Aratores)
im öſtlichſten Striche von Moesia inferior (Ihracien) zwiſchen dem Ifter und
der Küſte des jhwarzen Meeres; nur bei Plin. IV, 11,18. ; vieleicht (na
Miedl und Baudoncourt) das Heut. Oliben oder Aliben (Alibey⸗Kdi). [F.
Kibitina, altitalifde Göttin, in der hellenifirenden Zeit ibentifitirt
theils mit Perſephone (wegen ihrer Beziehung auf dad Tobtenweien), theile
mit Aphrodite; Letzteres wohl urſprünglich in Folge der Ableitung des Na»
mens. von libere, libido, vgl. Libentina; wenigftens weist Plut. Numa
p- 67. E. ober T. L. p. 269. R. darauf, daß dieſe Identification won ben
Gelehrten ausgegangen fel; eine Ausbeutung der vermeintlichen Identität
zwifchen der Böttin der Jeugung und ber des Todes gibt Plut. Qu. Rom. 28.
In ihrem Tempel war Alles zur Beerdigung Erforderliche niedergelegt und
wurbe fauf» oder miethweiſe ausgegeben, Blut. 1. 1. Daher hieß der Leiter
der Beerdigungen, in deſſen Dienft z. B. die pollinctores flanden (Ulp. Dig.
XIV, 3, 5. $. 8.), Libitinarius (Sen. de benef. VI, 38. vgl. Bo. HI.
S. 343.) und fein Handwerk geradezu Libitina (Libilinam exercere, Pal:
Mar. V, 2, 10. facere, Tab. Heracl. bei Mazochi p. 415. 420.). Daher
Libitina funeribus non sufficiebat (Xiv. XL, 19. XLI, 21.) für: fle konnten
nit alle begraben werden. Auch dad aus dem Tempel der Lib. entlehnte
Geräthe, namentlih das Todtenbett, worauf bie Leiche verbrannt wurde,
wird libitina genannt, f. Plin. XXXVI, 8, 11, 2. Martial. X, 97. (dum
levis arsura struitur libitina papyro) u. vgl. Ascon. arg. or. Milon.: fasces
ex lecto Libitinae. Nah Dionyf. IV, 79. traf Servius Tullius, um die
Zahl der Geflorbenen zu erfahren, die Cinrichtung, daß für jeden Geftorbenen
ein nummus im Xempel ver Lib. niebergelegt werden mußte, vgl. Sueton.
Ner. 39. triginta fanerum millla in rationem Libitinae venerunt. Die röm.
4086 : Libna — Liben
Dichter gebrauchen in Folge dieſer Besiehung der Böttin auf den Tod ihren
Namen für den Tod ſelbſt, ſ. Hor. Od. III, 30, 6. Sat. II, 6, 19. Ep. II,
- 4,49. Suven. XIV, 122. Phadr. IV, 19. exir. [W.T.]
Libnz (in der LXX. Aeßr& und Aoßr«, bei Joſeph. Ant. X, 5, 21.
Aoßıra und bei Cuſeb. Aoßasra), eine Kevitenflant (Sof. 21, 13. 1 Er.
6, 57.) in der Ebene des Stammes Juba (Sof. 15, 42.), früher ein cana-
‚ nitifcher Königeflg (Sof. 10, 29. 12, 15.). Nah Paultre's (und Klöden's)
Karte von Baläflina findet fi hier Immer noch ein Flecken Namens Libna. [ F.]
Libmlus (Aißvioc, Ptol. II, 2.), Fluß der Weſtküſte Hiberniens,
wahrſch. die heut. Sligo-Bay. [F.]
Libo, 1) f. Livia, Marcia und Soribonia gens. — 2) Arditeft aus
Elis, melcher ven Tempel des Olympiſchen Zeus In ber Altis in borifhem Stil
aus Porosflein erbaute, Bauf. V, 10, 3. Der Tempel murde um DI. 86
vollendet, und ſonach war Libon ein Zeitgenofie des Ictinus und Phidias. [ W.]
Liböra (ABopa, Ptol. I, 6.), Stadt der Garpetaner in Hiſpania
Tarrac., welche Biſchoff für das heut. Talavera de la Meina am Tajo, in
der Prov. Toledo, Hält, die aber wohl nicht verfhieden fein bürfte von dem
Aebura ded Livius und Stepb. Boyz. (vgl. Bd. I. ©. 81.) oder dem heut.
Guerva in derfelben Provinz. JF.
- Libra, 1) das Pfund, die Einheit des römischen und überhaupt des
italiſchen Gewichtes; ihm entipricht im Gelde der As, welcher uripränglic
pfündig war. Die libra wurde in 12 uncias, bie uncia in 2 semuneias
ober 3 duellas, oder A sicilicos, oder 6 sextulas, ober 24 scriptula (Gcrupel,
yeaunara) geiheilt, jo daß 288 Scrupel auf das Pfund kommen. Die
(wie es ſcheint) in das Kleinfte getriebene Bintheilung ber libra iſt in 1728
siliquas (xegarır), da man auf das scriptulum (Scrupel) 6 siliquas rech-
nete. Die Namen und Verhältniſſe ver Eleineren Gewichte waren alfo ganz
die der Theile des As im Allgemeinen; nur daß man nod für den achten
Theil der uncia ober die Hälfte des sicilicus die von den Griechen entlehnte
Benennung drachma, und für ben britten Theil ver uncia oder für zwei
sextulae den Namen duella hatte. — Die Römer nennen 11 uncias deunz,
10 uncias dextans, 9 uncias dodrans, 8 uncias bes, 7 uncies seplunz,
6 uncias semis, 5 uncias quincunx, 4 uncias triens, 3 uncias quadrans
aber (früher) teruncius, 2 uncias sextans, 1'/, uncias sescunx oder ses-
cuncia. Hundert Pfund heißt centum-pondium (und fpeciel beim As: Cen-
tussis), ven Stalern die hoͤchſte Gewichteinheit, wie den Griechen das re-
Aavror. Der in der geſchichtlichen Zeit geltende Werth des roͤm. Pfundes
wurbe in den Selten des Servius Tullius beflimmt, von welchem die allge-
meine Weberlieferung dahin lautet, er habe Maaß und Gewicht beflimmt und
put Geld gemünzt, d. 5. Kupfer in Formen gießen laſſen, welche (obglei
iebuhr R. G. I. 506. dies in Abrede zu flellen ſucht) einen beflimmten
Typus Batten; Aurel. Vict. de virr. ill. lin, H. N. XVIIL, 3. ZXXIN, 13.
Gefflod. Varr. VII, 32. Daß aber das romiſche Pfund, nachdem «8 einmal
eine feite, in die Geldmünzung übergegangene Veſtimmung erhalten hatte,
als Münzgewit: Pfund mit Abſicht verändert worden ſei, läßt fi nice
nachweiſen. Das Münzgewiät- Pfund des. vierten Jahrh. n. Chr. if auch
das des Freiſtaates; dad Muͤnzgewicht⸗Pfund ſcheint aber ziemlich auch das
gewöhnliche, im Verkehr gangbare Pfund geweſen zu ſeyn. Wir haben
nämlich aus dem Alterthum, beſonders unter ven Fundſtücken aus Hercula⸗
num, noch eine große Anzahl römifcher Gewichtſtücke übrig, welche Bödh,
metrol. linterf. ©. 168 ff., aufzählt und behandelt. Sein hieraus gewon⸗
nened Reſultat geht nun dahin, daß er zugibt, man habe zwar in Rom und
im römischen Reiche, wie in unfern Zeiten, etwas verfhlebene Pfunde ge»
habt, das Hauptpfund aber fel jedenfalls das Mänggewicht- Pfund (zuglei das
P.
Lihen 100
Pfund ber aurariorum et argentariorum) geweien, welches, wie’ er nad
forgfältiger Berechnung und Abwägung der Münzen: beftimmt, 6165 Parifer
Stan oder 5053.28 Engl. Gran betrug. Daraus folgt dann 1) für die
Unze der Werd von 513.75 Pariſer Gran, 2) für zwei Unzen d. W. v.
1026.5 Bar. Gr., 3) für die balbe Unze d. W. v. 2567), Par. Gr., 4) für
die Biertelunge d. W. v. 1287/,, Bar. Gr., 5) für den Scrupel d. W. v.
21.40625 Bar. Gr. oder 211°/,, Engl. Gran. Ebenſo zeigt Böckh, daß
das griechiſche, zunächſt äginäiſche Pfund 1%, des römiſchen Münzgewicht⸗
Pfundes betrug. Unſere neueren Pfunde find etwa um ein Drittheil ſtärker
als das römifhe. Außer dem Pfund ald gewöhnlichen Verkehrsgewicht, und
dem Pfund als Münzgewicht, hat man übrigens noch ein drittes Pfund zu
merken, nämlid das ſowohl als Einheit ala auch in der Linzen-Eintheilung
auf das Körpermaß (7. B. Del, Wein, Honig) übergetragene Pfund, welches
man deshalb das metriſche (ded Umfangs) nennt und von bem flatherifchen
ober dem des Gewichtes und ver Wage unterſcheidet. [| A. Baumstark.]
2) Cvyos, die Wage, ein Sternbild im Thierlreife, ſteht zwiſchen
der Sungfrau und dem Skorpion, da wo ber Uequator die Ekliptik durch⸗
ſchneidet. Befindet fi die Sonne an diefem Punkte, fo entfleht die Herbfl-
Tag» und Nachtgleiche (Birg. Georg. I, 208. Libra die somnique pares
ubi fecerit horas, Macrob. in Somn. Scip. I, 18. 2c.). Bei den Altern
griechiſchen Schriftftellern findet fich dieſes Sternbild nicht. Sie geben nämlich
nur eilf Zeichen im Thierkreiſe an und verlängern die Scheeren des Skorplons
fo, daß das verlängerte Ihier den Raum von zwei Sternbildern ausfüllt;
daher usy« Hrpior bei Aratus (Phaenom. v. 85.). Bei ihm kommt gemöhne
U der Rame ynAn oder yrAal zur Bezeichnung dieſes Sternbildes vor
(v. 89. 231. 437. ıc.). Eratoſthenes fagt (Cataster. VII), daß der Skorpion
wegen jeiner Größe in zwei Zeichen zerfalle (Ssmspsiraı), und daß die Scheeren
(Rai) das eine, der Leib und der Stachel dad andere einnehme. Geminus
nennt biefes Sternbild Lvyos (Eioay. e. z. gasou. c. XVI.) und fagt, daß
die Sonne 30 Tage in ihm vermeile. Ptolemäus nennt e8 ynAn (de Ap-
parent. Mens. Toth, Paophi, Pharmuthi, Pachon), ven nämliden Namen
führt es bei Hipparch (ad Phaenom. Arat. I, 9.). Bei einigen Spätern
beißt es au Arge. — Bei ven Nömern Heißt dieſes Sternbild gewöhnlich
Libra, fo bei Macrobius (Somn. Scip. I, 18. Saturn. I, 12. u. 21,),
Blinius (H. N. XVII, 24, 25. 26, 46. XXX, 10, 46.), Mart. Gap. (VIII,
829, 832. 839. Kopp) u. f. w. In einigen Stellen findet ſich auch ber Zufaß,
daß viefed Sternbild das nämliche ſei, welches die Griechen Chelae nennen
(Libra i. e. Scorpii chelae, Macrob. in Somn. Scip. I, 18., „cui Lvyos
apud Graecos nomen est, nos Libram vocamus‘‘, Saturn. I, 32., „totus
Scorpius, in quo Libra est“, ib. 1,22.). Hyginus fagt (Astron. Poet. II.),
daß das Sternbild des Skorpions wegen feiner Größe in zwei Bilder ein»
getheilt werde, und daß die Roͤmer das eine „Wage“ genannt haben (quo-
rum unius elfigiem nostri Libram dixerunt). Die Dichter der Römer nennen
biefed Sternbild bald Libra, bald Chelae (Birg. Georg. I, 33. 208. u. f. w.).
Hält man nun diefe Ihatfahen zufammen, fo iſt man wohl zu dem Schlufie
berechtigt, daß im Alterthum der Ihierkreis allgemein in zwoͤlf Theile (Zeichen)
tingeiheilt wurde, daß es aber bei ven Griechen eine Zeit gab, wo man für
diefelben nur eilf Bilder hatte, und man das zmölfte (die Wage) dur uns
verbaltnigmäßige Verlängerung der Scheeren ausfüllte und erfehte, und daß
man in fpäterer Zeit als zwölfies Zeichen die Wage einführte, oder wenn
ꝛs ſchon früßer befannt und in Bergefienheit gekommen war, wieber ein⸗
übrte. Daß die Wage ein altes und wahrfcheinlich eines der älteſten Stern»
ilder ift, läßt fly kaum bezweifeln. Hiefür ſprechen die Darftellungen vieles
Sternbildes in dem Tempel zu Tentyra. Denn wenn dieſe Zeichnungen auf
1040 Libri
Athen, fo bildete nun Mom für den Weſten ven Mittelpunkt des literari ſchen
Betriebes. Hier traten zuerſt bie neuen Bücher auf, dann pflegten fle im den
Provinzen vertrieben zu werben, in deren Hauptſtädten gleichfalls der Buch⸗
handel betrieben wurde. So ſagt Horaz A. P. 345. trans mare currit, umt
Epiſteln I, 20, 13. aut fugies Uticam aut vinctus mitterisllerdam. Martial
wird in Gallien und Britannien gelefen, Plinius fehreibt ep. IX, 11. Biblio-
polas Lugduni esse non pulabam ac tanto lubentius ex litteris tuis coe-
novi venditari libellos. Schlechte Bücher verloren fih in die Schlupfwintel
der Maculatur, zu den Cauponen und Hökern, Horaz ep II, 1, 269. Perfius
I, 43. Martial. VI, 60. Natürli daß es bei fo Iebhaftem Betriebe weder
an Büchernarren no an Betrügereien fehlte. Jene trifft die Schrift Lucians
700; anaidsvror nai nola Bıßlin arovueror und der Spott Seneca's de
trang. an. 9.; ein merkwürdiges Beiſpiel von dieſen iſt die Nachricht von
ben Bieudopstöagoreifien Schriften, die man dem Libyer Jobas, der unter
Auguſt zu Mom- lebte, anzuhängen wußte, vgl. David in Categ. Arist.
p. 28, A. Schol. Aristot., wo auch noch von andern Arten und Anläffen der
VBücherverfälſchung die Rede if. Was bie Anfertigung und Cinrich⸗
tung der Bücher betrifft, fo waren mit dem Geſchäfte des Abſchreibens
wohl meiftens nur Sklaven oder höchſtens Libertine-beichäftigt, ensweber im
Dienfte Bücher Tiebenver Privaten, oder in dem des bibliopola, ber zu ſolchen
Arbeiten gewiß eben fo gut feine familia hatte, mie ber lanista, ber leno zu
ihren Gewerbe. Ueber Athen f. Diog. Laert. VII, 386. undnrai 8 Zırer-
voc noAloi utv, Erdoßoı 88 Ilevoaiog Anuntgiov Kıruevs, 07 oi uby yru-
0109 avrod, ol 68 oinseny &r0 709 sic BußAsoypapier meunouereor aure
rap Aytıyorov, vgl. Bendixen am a. DO. p. 12. In Rom war e8 bie
Klaffe ver librarii, welche als Vorleſer, Schreiber von Briefen und Büchern,
Buchbinder, Bibliotheksverwalter vienten, f. Beier Gallus I. S. 122. 163.
173. 175 ff. Auch antiquarii wurden die librarii, welche für Bibliotheken
abſchrieben, genannt, Cod. Theod. IV, 8, 2. Ifidor. Orig. VI, 14., na
Beer erft un die Zeit, als die Gurflvfchrift anfing allgemeiner zu werben,
fo daß die antiquarii ed ſpeciell mit der Uncialſchrift zu thun gehabt Härten.
Seltner werben die Bücherverfäufer librarii genannt (ic. lege. III, 20,
taberna libraria, Philipp. Il, 9.), als deren techniſche Bezeichnung vielmehr
das griechiſche bibliopola beibehalten wurde. Der Art find die Gebrüver
Sosii bei Soraz Epist. I, 20, 2. Ars poet. 345., und der Tryphon, an
welchen Dutntilian fein Werk richtet (f. zu Anfang, mit Spaldings Rote),
und ben man fi nothwendig ald einen wifienfhaftlih gebildeten und ge-
finnten Mann zu denfen bat. Die Sofler hatten ihren Stand im Vicus
Tuscus und beim Janus (Ep. I, 20, 2.); Martial nennt beſenders das Ar⸗
giletum als einen Ort der Bücher; auch der Vicus Sandalarius wird wieber-
holt in diefer Beziehung genannt, Gel. XVHI, 4. in Sandalario forte apud
librarium fuimus. @afen. de libris suis T. IV. p. 361. 4 yap 10 Zar
driapiv nad’ 6 dn nAsiore or &r Poun PBißkonwisior aorir. Meiftens
waren die Läden in Portico's, an deren Pfellern dann bie Titel der Schriften
aushingen, Horaz Sat. I, 4, 71. Nulla taberna meos habest neque pila
libellos. Ars P. 372. Martial. I, 118. Argi nempe soles subire letum:
Contra Caesaris est forum taberna, Scriptis portibus binc et inde totis,
Omnes ut cito perlegas poetas. Wie der Schrififtefler ſich zum bibliopola
verhielt, ob er namentlihd etwas Sonorazartiged erhielt, iſt dunkel. Da
manche Bücher viel einbrachten, Hor. A. P. 345. Mart. XIV, 194. Sulpic.
iun. 18. Sereno Sammonico — carus usque ndeo, ut omnes libros Bereni Sam-
monici patris sul, qui oensebantur ad LX ot duo millia, Gordiase minori mo-
riens ille relinqußret.
Libre 1044
Sev. Dial. I, 23., fo iſt wenigſtens eirfe Quote des Ertrages ſehr wahr⸗
ſcheinlich und allerdings deuten verſchiedene Stellen Martials auf baare Ein⸗
nahmen des Dichters von ſeinen Publicationen, beſonders XI, 108. Quamvis
tam longo etc. Die Bücherpreiſe ſcheinen im Ganzen gering geweſen zu
fen, |. Martial. I, 117. De primo dabit alterove nido Rasum pumice
purpuraque cultum Denariis tibi quinque Martialem, wo vom. erfien Buch
mit 119 Epigrammen bie Rede iſt, und noch niedriger flellt der Preis fig
I, 67. und vollends XII, 8. Dafür ſchrieb der librarius aber’audh raſch
genug, Wartial. II, 1. Haec una peragit librarius hora, und nadläßig,
worüber die Schriftfteller nicht felten Klage führen, 3. B. Martial. II, 8.
Si qua videbuntur chartis tibi lector in istis Sive obscura nimis sive la-
tine parum, Non meus est error, nocuit librarius illis, Dum properat
versus annumerare tibi. Daher der Scährififteller auch eine Korrectur zu
machen pflegte, Martial. VII, 11. u. 16.* Auch fonft waren bis zum fer-
tigen Buche und zum Ladenariikel noch manche andere Vorbereitung und Aus⸗
flattung nötbig. Was zunächſt den Stoff betrifft, fo wählte man meiſtens
ven ägyptiſchen Papyrus, aus deſſen feinem Bafte (liber) man ein treffliches
Material zu bereiten wußte, f. Blin. H. N. XIII, 12, 23. u. I. 9. Kraufe
in der Hal. Allg. Encyclop. IM, 11, 231—247. Aus dem Papyrus ent»
fand die übliche Bücherrolle (volumen), indem man die ſchmalen Streifen
(schedae, phillyrae, paginae) dieſes Papierd zufammenleimte und das Ganze
ver Länge nad um einen vermurhlih am Iehten Streifen befeſtigten Cylinder
aufrollie. Die Breite und Länge der Rollen war verfieben; die Hercula⸗
niſchen find in der Negel einen Palm breit; der auf der Infel Efephantine
gefundme Papyrus, welder den Schluß der Ilias enthält (Philological Mu-
seum Nr. I. Nov. 1831) ift zehn Sol breit und acht Fuß lang. ** Das
nächſt dem angewendete Material ift dad Pergament, membrana, durch die
PBergamenifden Könige in Folge eines NAusfuhrverbotes des Papyrus aus
Aegypten nit ſowohl erfunden als vervollfummt, fo daß bie Bergamenifchen
Fabriken es fortan als Handelsartikel lieferten. Es Hatte bei den Alten ſelbſt
einen beſchränkteren Gebrauch als fpäter und wurde in Blättern (quaternio,
quinternio) zufammengelegt, fo daß codices s. libri quadrati entſtanden.
Da es theurer zu ſtehen Fam, murbe es nicht allein auf beiden Seiten bes
fchrieben, fondern nicht felten au zum zweitenmale benußt und zu dem Ende
mit Bimſtein abgerieben, was man nur bei einigen recht flarfen Papieren
gleichfalls anmenden konnte. Solde Schriften hießen Balimpfefte ((nadır
und wao, rado), f. Cic. ad div. VII, 18. quod in palimpsesto, laudo
parsimoniam tuam etc. Baummollenyapier iſt erſt mit dem Iten Jahrh.
aufgefommen und herrſchte bis zum 14ten, 2einenpapier felt dem 13ten Jahr⸗
yıundert. Man ſchrieb für gewöhnlich mit einer eigens zu biefem Zwecke zu⸗
bereiteten Schwärze, atramentum librarium, vie fehr viel Koͤrper Hatte, daher
fich die Buchflaben in den verfohlten Serculanifhen Rollen fehr gut erhalten
yaben, f. Blin. XXXV, 6, 25. XXVI, 7, 28. Vitruv. VII, 10, 197. und
yerr “Art. Atramentum. Statt der Feder diente der calamus, wozu Aegypten,
Rrridos, der Analtiihe See das beſte Rohr lieferten, und ber mit dem
;calprum zugefänitten murbe. Die Schrift war meiftend in Columnen (na«-
saypayai) abgetheilt, die durch ſenkrecht gezogene Linien getrennt zu fein
flegten, und bei melden der leere Raum dazwiſchen oeAlg over aeAidıor hieß,
* Bl. J. F. Eckhardt de editione librorum apud veteren, @ifenach 1717; 4.
[W.T.
Bei einer im 3.1752 gefundenen herculaniſchen fyeprasroue iſt der Streifen
2 Pariſer Fuß lang, f. Ausland 1835, Nr. 116f. [W.T.]
Bauld, Real-Eucyelop. IV. 66
1042 Libri.
ein Wort, welches dann aber auf für das ganze Blatt gebraucht wurde,
f. Ptol. Geogr. II, p. 99, 21. ed. Wilb. &0 nal rag napadsoau; zer
u000r 89 Exaotov Toig Extög span or Galıdiay_NapeÖnnausr navorior
zoonor. ine ganze Rolle enthielt nicht fo gar viel; jene Role won Gie:
phantine enthält 677 Serameter in 16 neben einanderftehenden Kolunmen.
wovon jede 41 bis 43 Verfe umfaßt; jedesmal beim 100fen Verſe ſlud die
Berszahlen angemerkt. Sie enthält in dieſer Weije Il. o, 127— 804, u. 41 folder
Rollen würden nah Parthey Alexandr. Muſ. S. 80 ff. nothwendig fein,
um die ganze Ilias zu umfaſſen. Aber allerdings wurde indgemein beim
Papier nur die eine Seite befchrieben, wovon man nur aus Dekonomie oder
bejonderer Dringlichkeit eine Ausnahme gemacht zu haben fcheint, f. Juven.
I, 6. Dart. VII, 62. Die Rückſeite pflegte zu werthlofen Schreibereien
benußt (opisthographa, daher auch adversaria) und den Kindern Preid ge:
geben zu werden, Mart. IV, 86. Blin. ep. III, 5. Den Gebrauch ver
fertigen, zum Stubium beflimmten Bücher erleichterten fehr die zuorpegai,
kurze Inhaltöregifter, welche ven-einzelnen Büchern vorausgefäidt wurden,
mie noch bei Diodor, Div Caſfius, Aulus Gellius und andern Scriftfkellern
dergleichen erhalten find, f. Polyb, excerpt. Vatic. p. XI, 1. mit der Note
von Zucht p. 10. Der Titel wurde zu Unfang und zu Ende angegeben.
Hinten pflegte man überbied die Zahl ber Reihen, oziyos, versus, zu n®
tiven, ſowohl bei profaifhen als poetiſchen Schriftwerfen, das iſt die foge-
nannte Stichometrie der Alten, die Ritſchl durch Zufammenftellung zahlreicher
Beifpiele erläutert bat, Alexandrin. Biblioth. S. 91—136. und prooem
3. index lectt., Bonnae 1840-41. Doch mag bergleihen erſt bei fortge
fäprittenem Bücherweſen und im Zuſammenhange mit einer Art von Biblio»
thekwiſſenſchaft entflanven fein, namentlih bei den Aleranbrinern und Ber:
gamenern. ben dahin gehört auch der wiederholt vorfommende, aber nod
nicht genügend erklärte Unterſchied zwiſchen Bıßkia ania und ovummte, eins
fachen und Miscelanrollen,,, f. Blut. Anton. c. 58. yapioaadaı uär aurı
za; 8x Ilseyauov Bißliodnnas, 87 ais sinom uvgwwöde; Bıßlior ariar 10ar,
Anonym. de comoedia bei Cramer Aneod. Paris. I. p. 3 ff. und Meincket
fragm. Com. Gr. II. p. 1238. 150 88 109 avaxıopmr arıog (sc. BBAuodı-
ung) ovumyar ur BidAmr dpıduog Teovapaxorıa uvpaöes, duyar de mu
anAor uvoades srrec, |. Ritſchl Alerandrin. Biblioth. S. 28, Corolla-
rium dazu (Bonn 1840.) p. 84. Wahrfcheinlih find die einfachen Mollen
bie nad) den Negeln des Bibliothelweſens innerlich georbneten und digerirten,
die gemifchten viejenigen, wie fle aus ben Händen der Schreiber und Biblie-
polen hervorgingen, womit freilich der Brund jener Benennung noch nidı
aufgellärt if. Zu biefen das Innere der Bücher beirefienden Einrichtungen
kam dann dem Schönbeitäfinne der Alten gemäß eine zterlide Äußere Aus-
Rattung. So wurde beim Papier gemöhnlih die Rückſeile gefärbt, mir
Cedernoͤl, welches zugleih die Büchermürmer fern hielt (Vitruv. U, 9.), oder
au mit Safranfarbe. Auch der am legten Blatte (soyaroxoidor, Matt
II, 6, 2.) befefligte, der Role zur Haltung dienende Eylinder hatte feine
Verzierung; es wurde nämlich durch denſelben ein Stäbchen gefledt und an
beiden Enden befielben elfenbeinerne, goldne oder gemalte Knöpfe befeftigt,
auf welche Beder den nach ihm gleihbebeutenden Ausbrud cornua oket
umbilici bezieht, während man gewöhnlich umbilicus (davon ad umbilicum
adducere, d. 5. zu Ende bringen, Horat. Epod. XIV, 8. pervenimus ad
umbilieum, Mart. XI, 107. u. dgl.) von jenem Schlußcylinder, cornua
aber von den vorſtehenden Knöpfen verfieht. Auch die Ränder der Rolle
wurben forgfältig mit Bimflein geglättet (Ifivor. Origg. VI, 12, 3. circum-
cidi libros Siciliae primum increbuit. Nam initio pumicabantur) und
ſchwarz gefärbt, ſ. Catull. I, 22, 6. Hor. Epp. I, 20, 2. Mart. 1,118, 14.
©. Yibe — Librla : - "00: 4048
VI, 72, 1. u. a. Diefe beiben Seiten der zufammengetwidelten Rolle find
bei Tibull. I, 1, 9 ff. und Ovid Trist. I, 1,8. unter ben geminae frontes
zu verſtehen, in deren Mitte ſich die cornua befinden. Endlich gehörte zur
vollftändig ausgezierten Rolle das Futteral von Pergament, das äußerlich
mit Purpur oder Gelb (lutum) verziert war; oft au eine Lade von Cy⸗
prefſenholz, Horaz A. P. 332. linenda cedro et levi servanda cupresso
und dazu ber Comm. Crug. An biefem Zutteral wurde ber Titel auf einem
ſchmalen Streifen mit hochrother Barbe, coccum oder minium, gejchrieben:
Auf Herculaniſchen Gemälden hängt der Titel ala bloſer Zettel an ver Rolle;
nah Tibull. III, 4, 9 ff. aber, Ovid Trist. I, 1, 5. und andern Stellen,
wo von der Ausflattung der Bücher im Ganzen die Rede iſt, ſcheint dieſe
Cinrichtung nicht die gewoͤhnliche geweien zu fein. Daß auch dabei eine be=
fondere Zierlihfelt beobachtet wurbe, fieht man aus Eicero ad Att. IV, 4. h.,
wo er um Gebilfen für Tyrannio, der feine Bibliothel ordnete, bittet und
binzufügt: iisque imperes ut sumant membranulam, ex qua indices fiant,
quos vos Graeci, ut opinor, oAvßov; appellatis, vgl. ib. IV, 8. a, wo
er fi über bie hergefteite Ordnung höchlichſt freut und hinzufegt: nihil
venustius quam Ma tua pegmata, postquam mi sillybis libros illustrarunt. *
Gilt dieſes Alles nun fpeciel von Bapterrollen, fo Hatten doch auch die
pergamentnen Bücher ihre eigenthümlichen Decorationen. Namentlich Tommt
bier eine purpurne Färbung ded PBergamentes vor (floor. Orig. VI, 11, 4.
u. 9. Membrana autem aut candida aut lutea aut purpurea sunt. — Pur-
purea vero inficiuntur colore purpureo, in quibus aurum et argentum
liquescens patescat in literis), auf welches dann mit filbernen oder goldnen
Buchſtaben geſchrieben wurde, Prachteremplare, melde in älterer Zeit bes
ſonders zu Weihgeſchenken angefertigt wurden (f. Polemo fragm. p. 55. vgl.
Suet. Nero 10.), fpäter zu dem Gebrauche fürfllicder Perſonen, Jul. Capi⸗
tolin. Maximin. iun. 5. quum grammatico daretur, quaedam parens sua
libros Homericos omnes purpureos dedit aureis literis. Auch jebt if
Manded der Urt erhalten. Dazu gehört nothmendig ein pradtvoller Ein-
band, als deſſen beſondere Zier In ven Zelten des finkenden Neiches die Ein⸗
laffung von foflbaren und gefääntttenen Steinen vielbeliebt war. Auch vie
Verzierung der Blätter mit Miniaturen iſt den Pergamentbüchern weſentlich:
Porträts der Dichter waren früh üblich, Martial. XIV, f86. Virgilius in
membrana: Quam brevis immensum cepit membrana Maronem, Ipsius
vultus prima tabella gerit; wohin namentlih auch die viel beſprochene und
noch immer nicht ergründete Erfindung Varro's gehört. Plinius XXV, 2,4.
führt zwei botanifde Werfe an, in denen bie Pflanzen abgebildet waren,
und ähnlich hielt man es mit gengraphifhen Werken. Für uns find bes
fannıli bie äfteften Beifpiele von Mintaturen die Ambrofianiſche Ilias, der
Vaticaniſche Virgil und einige andre Mſſ. — Vgl. über das Ganze Eſchen⸗
bad) de scribis und von Schöttgen de librariis et bibliopolis antiquorum,
beide in Polen. Suppl. Thes. Graev. T. III. Schwarz diss. de ornamentis
librorum, Leipz. 1756. 4. Beder Gallus I. S. 165-179. mit den Ab»
bildungen auf Taf. IH. [ Preller.] |
Libria (jo ale Codd. bei Plin. IH, 4, d., vulgo Liria), Küften-
flüßchen in Gallia Narbonenſis, öſtlich vom Arauris (f. Herault). Dem
Namen nach ſcheint er der heut. Livron zu ſein, der aber weſtlich vom He⸗
rault fließt. [F.]
Libri acheruntici, ſ. ®b. I. ©: 31, II. S. 1159.
Es ſcheint nach den von Beder S. 171. citirten Stellen (befonderd Heſych.
v. osrrußos) Bittybis zu lefen und am Futterale zu denken zu feyn, fo daß ed an ber.
erſtern Stelle heipen müßte et quos vos Graceci etc. j
\
40M. kei sugucales -— Kiburmia
Libri augurales bei Gic. de Divin. I, 38, 72. vgl. TI, 18, 42.
Bep. I, 40, 63. II, 31, 54. Varro L. L. V, 4. 10. VII, 3. ©. Bd. II
&. 1180 f.
Libri censorii bei Gell. N. A. II, 10. S. ®». II. ©. 255 f.
Libri Etrusci, f. ®b. II. ©. 1158.
® Libri fatales, f. ®b. II. ©. 1189.
Libri fulgurales, f. ®». II. S. 1158.
Libri haruspicini, f. ®b. II. ©. 1138.
Libri lintei, f. Lintei libri.
Libri magistratuum, f. Lintei libri.
Libri ostentarii, ſ. ®b. Il. ©.:1159. 1162.
Libripens, f. mancipatio.
Libri pontificales ober pontificii, f. indigitaments, ©. 147.
Beer, röm. Alterth. I. ©. 11—13. u. den Art. Pontifices.
Libri rituales, vgl. Bd. U. ©. 1158 f.
Libri Sibyllini, f. Sibyllae u. ®b. II. ©. 11551137.
Libri Targvitiani, f. ®. I. ©. 1159. ]
Librosus, Hügel in Taurien mit drei Quellend abſolut töntlien
Waſſers, nur bei Plin. II, 103, 406. [F.] . .
Libe, Any, entfprehenn dem xöm. Africus, Gel. II, 22. Auſon.
ee de Deis 12. Plin. II, 47, 69. Vgl. Bp. I. ©. 220. U.
Libwi (Liv. V, 35. XXI, 38.), celtiſche Voͤlkerſchaft in Gallia Cie⸗
alpina, der früher die Städte Briria und Berona gehörten, bie aber von
den Genomani aus biefen Wohnflgen verbrängt wurde, vielleicht dieſelbe,
bie wir fpäter unter dem Namen Lebecii (Bolyb. 11,17.) ober Libici (Plin.
In, 17, 21.) weiter weRlih in der Umgegend von Vercellä finden. Bal.
Zeuß Die Deutfhen sc. ©. 169. .[E.
Likbum, Fladen, deſſen Teig aus geriebenem Käfe, Weizenmehl und
Giern bereitet und gebaden wird (Gato R. R. 75.; adorea liba bei Birg.
Aen. VII, 109.). Na Serv. ad Aen. VII, 109. find liba placentae de
farre, melle et oleo, vgl. Iflvor. Orig. XX, 2, 17. placenta sunt qvae
funt de farre qvas alii liba dicunt, then. III, p. 125. extr. nAanovc u
YaAaxsog, irpioy 16 nal uslszos und libo infusa mella bei Ovid Fast. III,
761 f. Bald roh bald gebacken wurden ſolche liba den Goͤttern bargebradı
(libantur, vgl. Varro L. L. IV, 22.), 3. B. an Geburtötagen, f. Barre
L. L. II, 8, 1. ®irg. Ecl. VII, 33. Georg. III, 394. Hor. Sat. I, 7,
102. Ep. I, 10, 10. Ovid Fast. III, 795. Amor. I, 8, 94. A. A. 1,429.
Tibull. I, 7, 54. 11, 23. IL 2, 8. Suv. IH, 187. XVI, 38. Mart. X,
24, 4. Ovid Trist. III, 13,18. Vgl. Gerv. 1. 1. (placentae) sacris a
Aber au als gewöhnliches Efien kommen fle vor bei Dvin Fast. II, 670.
Mart. III, 77,3. Der Verkäufer von liba heißt libarius, Sen. Ep. 56. [W.T.]
Libum (A:Bor, Liban. vit. suae p. 24. It. Ant. p. 140. It. Siero!.
B- 573.), Ort in Bithynien nach dem K Ant. 23., nach dem It. Hler. nur
0 Mid. nördlich von Nicäa. [E.]
Libunca (Aßovyna, Ptol.II, 6.), Stadt ber Callaici Lurenfli oder
Zucenied in Hifpania Tarrac. [F.
Liburnia (Aßovoria, Ptol. U, 17. VIII, 7. Plin. II, 22,26. Tab.
Peut.), dad Küftenland Illyriens, zmifgen Hifria und Dalmatia, weldes
vom Geh. Albius (j. Alben, ver oͤſtlichſten Spige der Alpen) im N. und
dem Fluffe Arſia (ji. Ara) im W., der e8 von Hiſtria trennte, den Sinus
Flanaticus (ij. Meerb. Quarnero) umgebend, fünlih bis zum Fluſſe Titius
$. Kerka) reichte, der es von Dalmatien fhied, im D. vom eigentliden
rien, im W. aber vom Abrlat. Deere umgeben mwurbe, und jegt den
%
Libya —- Libya Inserior 1045
ı wehtligern Theil von Groatien und ben nörblidern von Dalmatien bildet.
Es war ein raubed Gebirgsland von geringer Fruchtbarkeit, dad nur etwas
Weinbau und Schafzucht (Plin. VIII, 48, 73.) trieb, und deſſen Bewohner
ſich größteniheild von Handel und Schifffahrt näfrten. Die Liburni (A-
Bugroi, Scyl. p. 7. Straß. VI, p. 269. VII, p. 317. Appian N. 12. Steph.
Byz. p. 421. Schol. Nicand. 607. Liv. X, 2. Mela II, 3. 12. 13. Plin. IH,
14, 19. 21, 25. Flor. II, 5. u. f. w.) nämlich, eine alte und meit verbreitete
illyriſche Völkerſchaft, waren ſchon feit alten Zeiten ald Seefahrer berühmt
(meshalb auch eine eigene Art fchnelljegelnder Schiffe den Namen Liburnicae
führte, Apylan. I. 3. G@uftath. ad Dionys. 384. *) und daß erfle Boll,
welches das Adriatiſche Meer beſchiffte, und fi daher auch auf allen Infeln
deſſelben bis na Corcyra hinab (Strab. p. 269 f.), und felbft auf der Weſt⸗
fühle, im nördlichen Stalien (wo ihnen nah Plin. III, 14, 19. Adria gehörte)
feſiſetzte, fpäter aber von feinen Nachbarn. 'namentli den nörblicdern Japy⸗
den und ben ſüdlichern Dalmatiern, auf die engern Grenzen beſchränkt murde,
innerhalb deren wir es in ſpätern Seiten finden. Mit diefer ausgedehnten
Schifffahrt war natürlich aud ein Tebhafter Handel verbunden, und es ſcheint,
vaß die Liburner felbft an dem Bernfteinhandel der Deneter Antheil genom-
men haben (vgl. Mannert VII. ©. 285.). Noch zu Scylar Zeiten (a.a. OD.)
waren fie ein mächtige8 und blühendes Volk, das aber unter einer Weiber-
herrſchaft fland. Später fcheinen fle von ihren immer mächtiger werbenden
Nachbarn fehr beſchränkt worden zu fein, und fi daher früßzeitig den Rö⸗
mern in die Arme geworfen zu haben, um bei ihnen Schug gegen fie zu
finden; woher e8 au wohl fommt, daß mehrere Stämme berjelben unter
den Römern (denen die Blotte der Liburner fehr zu Statten fam, vgl. Cäſ.
B. Civ. II, 5.) immunes waren (Plin. III, 21, 29.). Die Namen mehrerer
folder einzelnen Stämme berfelben, größtentheils nach ihren Städten benannt,
finden fih bei Plinius 1.1. Blüffe find außer den Brenzflüffen noch ver
Deneus und Tedanius oder Tidanius. Die Städte, faſt ſämmtlich Küſten⸗
ſtaͤdte oder nur in geringem Abſtande vom Geſtade gelegen, waren: an der
Weſtküſte des Sinus Flanaticus: Alvona, Flanona (j. Fianona); an der
Oſtküſte deſſelben: Tarsatica, Senia, weiter ſüdlich Lopsica, Ortopula, Ve-
gium, Argyruntum, Corinium, Aenona, Blandona, die Golonie Jadera,
Arausa und Scardona, die Hauptfladt des Landes und Sig des Obergerichiö»
hofs, wo nah Plin. a. a. O. die Japydes und 14 Städte der Liburner fi
Recht holten. Binige andere, unbedeutendere Ortſchaften im innern Lande
f. bei Ptol. II, 17. (Seylar a. a. D. nennt at ganz andere Städte der
Ziburnier, die in fpäterer Zeit nicht mehr vorkommen.). Das gebirgige und
unwegfame Land wurde von wenigen Straßen durchſchnitten, nur von Senia
Tief eine in's Innere defielben und von Jadera aus eine andere füdl. an ber,
Küfte hinab. Zu Liburnien gehörten enblih noch eine Menge Infeln vor
feiner Küfte (ABvorides 700, Strab. U, p. 124. VII, p. 319. 317. Li-
burnicae Ins., ®lin. III, 26, 30.), und zwar nad Strab. p. 315. vierzig
an der Zahl, worunter auch mehrere ziemlich bebeutende, wie Apsorus, Cu-
ricta, Scardona, Crexa, Lissa u. f.w. [F.]
Libya, |. Africa.
Libya Apionis (Sext. Ruf. c. 13.), Landfhaft in nördlichen Cy⸗
senaica, die Piolemäud Apion den Nömern vermachte. Vgl. Eutrop. VI, 9.
und Ammian. XXI. extr. (Bd. II. ©. 826. Anm.) [F.] "
Libya Interior (ABun 7 &rrog) nennt Ptol, IV, 6. 8. dad ganze
innere Land Afrika's im Begenfage zu den Ländern ber Nord u. Oſtküſte,
® Auch Liburnae. Val. im Ulgemeinen Veget. Mil. V, 7. Suet. Aug. 17.
Calig. 37. Xac. Garm. 9. Susan. II, 534, Sit. XIU, 240. Plin. X, 23,32, [W.T.]
1046 * "Libya Interlor
d. 5. alle jene ausgedehnten Ländereien, die im W. an das Allantiſche Meer,
im N. an Mauritanien, Numidien, die Provinz Africa‘, Syrtica, Cyrenaica
und Marmarica und im D. an Aegypten und Aethiopien grenzten, im ©.
aber ſich in einem den Alten völlig unbekannten Lande unterhalb des Aequa⸗
tor8 verlieren. Beſchreibungen deſſelben geben und Strab. XVII, p. 835 fr.
Mela I, 4. Blin. V, 5, 5., befonders aber Ptol. a. a. D., der und bie
genaueflen Nachrichten darüber mittheilt, und deſſen Kenntniffe des Landes
auf der Weftfeite bis zum Hippodromus Aethiopiae, d. 6. bis Senegambim
und der Küfte von Sierra⸗Leona, auf der Oftfeite aber bis Timbuctu und
Bornu reichte. Den nörvlidern Theil deſſelben kannte ſchon Herodet II,
32. IV, 181. (vgl. Strabo p. 824. und Mela I, 8, 3.) als eine große,
jedoch von mehreren Dafen durchbrochene Wüfle Am nördlichen Rande der⸗
felben aber zogen fi auch mehrere Gebirge hin, nämli im D. der M. Ater
oder Niger (noch jegt Die Schwarzen Berge oder der ſchwarze Haruſch), ber
die Wüfte Phazania von der röm. Provinz Africa trennte, und weiter weſt⸗
lich ſodann der Ufargala (jegt Adamer⸗Kozuel⸗-Vegiad⸗ und Gadames⸗Geb.),
ein weit audgebehntes, ſich enblid an den großen Atlas anſchließendes Ge⸗
birge im Lande der Baramanten, mit dem nörblidhen Nebenzweige M. Gir⸗
giri (jeßt Geb. von. Tibefti?). Länge ver Weftküfte ziehen fi, parallel mit
diefer,, vom Atlad aus die Gebirge Sagapola, Manvdeus, Caphas, Moſſa⸗
dius und endlich dad Hohe, feuerſpeiende Gebirge Theon Ochema (mahrid.
das heut. Konggeb. oder Sierra-Leona) hinab, und bilden Hier auch mehrer:
Vorgebirge, nämlich in der Orbnung von N. nad S. dad Prom. Sannaris
(jet Cap Non?), Soloentia (Cap Bojador), Arfinartım (Gap Coroeiro),
Ryſſadium (Gap Blanco), Earharon (Cap Darcha oder Terem), Heeperium
(Cap Verd, mit welchem die ältern Beographen nad ihren irrigen Borftel-
Tungen von der Geflalt Africa's die Sdküſte dieſes Weltiheil beginnen Taffen)
und Notium (Cap Roxo oder rothed Borgeb.), der ſüdlichſte Punkt, bise zu
welchem Hanno auf feiner Entdedungsreiie gelangte. Auch im Innern Xi-
byens nennt und Ptolem. noch mehrere, größtentheild wohl ſehr willkürlid
angefeßte, Gebirge, nämlich in den ſüdlichſten Striden, unterhalb des Ae⸗
quators, den M. Barvetus, weftlih vom Mondgebirge in Aethiopien, unt
dann immer welter gegen W. den Meſche, Zipha, Ion und Dauchis; nörk-
lich von diefen aber, in der Parallele de8 Iheon Ochema, den Arualtes u
Öflicder den Arangas, nördlich von diefem aber den Thala, weſtlich vom
Cophas, und melter Ööftlih die Valid Garammmtica, nörbl. vom Arangas.
Bon Flüfſen nennt uns Ptol. IV, 6. längs der Weſtküſte in der Richtung
von N. nah S. den Subus (jet Su), Salathus, Ehufarius, Ophioded,
Novius, Maffa (noch immer Mefla oder der weiße Fluß), dann den großen
Strom Davadus (unftreitig den heut. Mio de Duro), den Stadir (HIER
wahrſch. den St. Antonio-Yluß oder Rio de Guaon), den Nia (wabrich.
den SenegaT) und endlich den Mafltholus (ohne Zweifel den heut. Gambia),
von benen mehrere, jedoch unter andern Namen, auch fon bei Hanno,
Skylax, Polybius u. A. vorkommen. Auch im Innern des Landes kennt
Ptol. ein paar große, jedoch nicht die See erreihende, fonvern fi in Land⸗
feen verlierende Ströme, den ®ir (wahrſch. den heut. Yaou oder Deu in
Bornu) mit zwei Nebenarmen ‚den Nigie (den heut. Niger) und den Ba⸗
gradas (vielleicht den heut. Fluß von Agades). Die von Ptol. erwähnten
Seen find, in der Richtung von W. nah O, der Clonla, am öÖftliden
Abhange ded Geb. Ryfſadion, der Nigritts, in ben der Niger fließt, die
Libya Palus, die ebenfalls mit einem oͤſtlichen Nebenfluffe des Nigir in
Verbindung fleht, der Nuba, in welden ſich der Fluß Bir ergießt (höchſt
wahrfcheint. der gewaltige Tſchad⸗See oder Nou in Bornu) und die Lacus
Chelonides, in melde fi ein anderer Arm des Bir verliert (vielleicht ver
}
\
Libyne Nomos — Libyei Montes 1047
heut. Tittre). Den norbweRliääflen Theil des innen Libyens (bie ſüdlichften
Stride von Marokko und den größern, weſtlichen Theil der Wüſte Sahara
mit ihren Oaſen) bewohnt das große Nomabenvolf der Gätuli in ver nad
ihnen benannten Landſchaft Gätulia, deren Hauptprobuft Purpur war, ber
von den an ber Küfte des Atlant. Ozeans in großer Menge vorhandenen
Purpurfchneden gewonnen wurde. Die Gätuler,. eine im Ganzen rohe und
‚ größtentheild von Jagd und Raub lebende, doch auch etwas gebilbetere und
ı
j
bandeltreihende Stämme umfafjende Völkerſchaft, zerfielen in folgende Haupts
ſtaͤmme: Autololes, füblih vom Atlas, an der Weflküfte, mit ber Stadt .
Autolola; Pharuſfii, die weſtlichen Nachbarn der Vorigen, an ber Grenze
von Mauritanien und am nörblichen Abhange des Geb. von Sagapola, ein
mächtiges Handelsvolk, das ſelbſt bis Girta in Numidien Handelsgeſchäfte
trieb, Dark au dem Steppenfluſſe Dara, und Melanogätuli, eine Vermi⸗
jung der Gätuler mit ihren fühlihen Nachbarn, den Nigritä, alfo Im
ſüdlichſten Theile des Landes, öftlih bis zum Geb. Ufargala. Die öſtlichen
Nachbarn der Gätuler, von den Quellen des Bagradad und dein Geb. Ufar-
gala an, Waren bie nicht minder mädtigen und weit verzweigten Garaman⸗
te3,, die bei. die fruchtbare Dafe Phazanla bewohnten, fi aber auch weiter
gegen Süben auf beiden Seiten des SI. Bir bis zur Valis Garamantica
verbreiteten (aljo im Lande der Tibbo's und einem Theile von Soudan und
Bornu bis nah Darfur hinüber) und mit der Carthagern in lebhaftem Han»
delsverkehr flanden, wahrſch. auch ſtarken Sclavenhandel trieben. Zweige
verfelben waren unftreitig die Hammanientes, wefllid von den Macä und
der großen Syrte, und die vier Tagereifen weſtlich von biefen wohnenden
Troglodytä, die ſtarken Handel mit Evelfteinen, dem Hauptprodukte des Lan⸗
des, trieben, und ihnen gehörten die Hauptſtädte Garama und Gira am
Fl. Bir. Süplih von den Baramanten wohnten um den I. Nigir her die
Nigritä oder Nigretes mit ber Hauptſtadt Nigira. Weniger bekannte, aber
nah Biol. doch große und bedeutende VWölferfchaften waren die Daradä an der
Weſtküſte um die Mündung ded Daradus her; die Perorfl, ſüdlich von den
Borigen an derſelben Küfle und um dad Geb. Iheon Dchema ber, und im
Innern die Odrangitä Aethiopes, zwiſchen den Geb. Caphas u. Thala, bie
Mimaces, weiter öſtlich, unterhalb des Geb. Ihala, die Pyrrhäi Aethiopes,
ſüdlich vom I. Bir, die Nubä, am See Nuba und weſtlich von ber Gara⸗
mantica Vallis, und die Derbiccä, weiter gegen S., weftlih vom Geb. Aranga.
An der äußerſten Weftfüfte finden fi wieder Aethiopes, und zwar nörblider
Ichthyophagi, fünlicher aber, um ven großen Meerbufen her, Hesperii Aethiopes,
und öſtlich neben ihnen Athack Aethioped. Das ganze unbekannte Südland unter
dem Aequator aber faßt Ptol. unter dem Namen Agifymba zufammen. [F.]
Libyae Nomos (Aßuns vouos, Btol. IV, 5. Libycus Nomos, Plin.
V, 9.), ein Difrift an der Nordküſte Libyen, zwiſchen Aegypten und Mars
marica, der diefen Namen führte, weil er unter den Ptolemäern einen Gau
(Nomos) Aegyptens bildete. [F.]
Libys Palus (Aßvun An, Ptol. IV, 3. 6.), See in Libya Inter.,
der mit einem Öflliden Arme oder Nebenfluffe des Nigir in Verbindung flehen
folte. Uns if jetzt außer, dem See Dibbeh oder bem ſchwarzen See ſüd⸗
weſtlich von Timbuctu (der aber der Nigritid des Ptol. zu fein ſcheint) Fein
zweiter mit dem Niger in Verbindung flehender See in den öſtlichern Ge⸗
genden des Nigerlandes bekannt. [E.]
Libyarchae (Aßvaoyaı, Ptol. IV, 5.), Völkerſchaft an ber Küfle
von Marmarica. I[R]
Libyca ostia, {. Rhodanus.
Libyei Montes (ro Aıßvxor ögos, Herod. II, 8. Sirab. XVII, 789. 819. -
Ptol. IV,5.), Gebirge längs der Weftgrenze Aegyptens, jetzt Dſchebel Silſili. [E.]
. -
1048 Libyeuri Mare — Lichse
Libycum Mate (10 ABvxör nerayos, Strab. 11, p. 122 f. X, p.
475. 488. Agathem. I, 3. II, 14. zorrog Aßuns, Dion. Per. v. 104. Mela
1,4, 2.4. 11,7, 17. Plin. V, 1,1. Flor. IN, 6, 10.), derjenige Theil des
Mittelländ. Meeres, der fi meftlid vom ägyptiſchen Meere längs der Küfte von
Africa Hinzieht, die beiden Syrien umfaßt u. nörbl. bis zur Infel Greta reicht. [F.]
Libye, Aßun, in der mythologiſirenden Geographie 1) Tochter des
Epaphos und der Memphis, Namengeberin von Libyen; dur Poſeidon
Mutter des Agenor, Belos und Lelex. Pauf. I, 44, 3. — 2) Schweſter der
Afia, Tzetz. Lycophr. 1277. — 3) Tochter des Palamedes, von Germes
Mutter des Libys, Hygin. fab. 160. [W.T.]
Libyes Aegyptii (Mela I, 4, 4.) ober Libyaegyptii (Afvayvarrım,
Ptol. IV, 5. Blin. V, 8, 8.), Völkerſchaft im W. von Libya Interior. [F.]
Läbyphoenices (Liv. XXI, 22. XXV, 40. Plin. V, 4, 3. vgl. Sall.
Jug. c. 18.; Aßvgoinzes, Steph. Byz, bei Polyb. II, 33. und Diod. XX,
55. ABogorrxes) nannte man die aus Phoͤniciern u. Eingeborenen gemifdhte
Bevölkerung ber von den Phönicern an der Küſte Libyens und namentlich
des Carthagiſchen Gebietes gegründeten Seeſtädte, nah denen au vieler
ganze Küftenftrid Liby- oder Libophoenicia hieß. Plin. a. a. D. beſchränkt
den Namen blos auf die Oſtküſte von Byzacium, mo freilih bie meißlen
jener Städte Jagen. An eine befondere Voölkerſchaft aber hat man bei dieſem
Namen nit zu denken. [F.]
Libys, Lyſander's Bruder, f. d.
Libyssa (Afßvooa, Plut. Flam. 20. Steph. By. p- 422. Plin. V,
32,43. Ammian. XXH, 9. @utrop. IV, 11. Itin. Anton. p. 139. Itin. Sierof.
p. 572., bet Ptol. V, 1. ABıooa), Stadt Bithyniens an der Norpfüfle des
Aftacenifhen Meerb. und an der von Nicomedia nad Chalcedon führenden
Straße, berühmt durch das hier befindliche, von allen oben genannten Schrift:
flelern erwähnte, Grabmal des Hannibal. Dan häft fle, durch eine leichte
Namensähnlichkeit verführt, gemöhnlich für das Heut. Dſchebſe, welches aber
zu weit weftlich liegt und vielmehr das alte Dacibyza if. [F.]
Lihystint (Aßvorivo, Steph. Byı.p. 422.), Völkerſchaft in ber Näde
von Koldis. [F.] .
Libystinus, ber Libyſche (vgl. Eatull. 60, 1. montes Libystini), als
welchen die Sicilier ven Apollo verehrten, weil er eine gegen Sicilien gexo-
gene libyſche Flotte durch eine Peſt verderbte, Macrob. Sat. I, 17. [W.T.]
Licatil (Axarıo, Ptol. II, 13 , bei Strabo IV. p. 206. Axarııos)
oder Licäates (auf einer von Plin. III, 20, 24. mitgetheilten alten Inſchrift),
ein Zweig der Vindelici am untern Laufe und Öflliden Ufer des Licus (i.
Licia), woher der Name. Nah Sırabo a. a. D. waren fle einer ter grau-
famften und übermüthigften diefer Näuberflämme. [E}
Lichades (Aıyaödes, Strab. I. p. 60. IX, 426.), eine Gruppe Heiner
Infeln zwiſchen Eubda und der Küfte von Locrid, von benen nad Straße
p. 60. mehrere durch ein Erdbeben zu Grunde gegangen und fpäter nur noch
drei übrig waren, die Plin. IV, 12, 20. Scarphia, Garefa und Phocarta
nennt; vielleicht die Heut. Ponticoneſt. [F.]
Lichas 1) Diener des Herakles, bringt diefem das töbtlide Gewand
und wird dafuͤr von ihm in’8 Meer geflürzt (davon angeblich die Lichaden entſtanden
und benannt, Strab. p. 426. 447.), Ovid. Met IX, 155. 211 ff. Hygin. fab.
36. — 2) Ein Latiner, den Aeneas erfhlägt, Dirg. Aen. X, 315. [W.T.]
3) Spartaner, der unter der Negierung des Königs Anaxandildas die
Gebeine des Drefles mit Schlauhelt von Tegea nach Sparta brachte, Ger.
1, 67 f. Bauf. III, 3, 6. — 4) Des Arcefllaus Sohn, ein reider Spartaner,
der durch feine Bewirthung ber an ben Gymnopädien {f. d.) in Sparta
anweſenden Fremden fi einen Ramm erwarb (Xen. Mem. 1,2, 61. Blut.
Ayas — Leu * 4049
Cim. 10. reip. ger. praec. c. 31.). Auch zum Wagenlampf in Olympia, _
I fiellte er ein Geſpann, welches fiente (DI. 90, 420 v. Ehr.); als er aber
ı fi als den BVeflger defielben zu erfenmen gab, murbe er gegeifelt, weil ven
ı Gpartanern die Theilnahme an den olsmpilchen Spielen von ben Eleern
! verboten worden war; biefe8 Berfahren galt fpäter als einer ver Gründe
' zur Belriegung der Cleer dur König Agis (f. Bo. J. ©. 252.). Thuc. V,
' 50. Zen. Hell. III, 2, 21. (Asiyas.) Pauſan. VI, 2, 2f. (Aiyas.). Gr wurde
mehrmals zu Beiandtichaften verwendet: im. 421 u. 4183 nach Argos (Thuc.
V, 22. 76. vgl. Rother Leben, Wirken u. Zeitalter des Thucyd. S. 435, 1.);
zu Ende des I. 412 ging er. ald Mitglied des Kriegärarhes für den fpartas
niſchen Flottenführer Aſtyochus nach Kleinaften (Thuc. VII, 39.). Er bewies
ih damals gegenüber von dem Satraven Tiffapbernes als einen Bann von
ehrenhafter Gefinnung und Freimüthigkeit (Thuc. VIE, 43, 52.), und ließ
fi in Milet nit dur Furcht vor dem Unmillen einer aufgereaten Volke- "
menge abhalten, zu befonnenem Handeln aufzufordern, Ihuc. VIII, 86. In
Tegea fand er die Gebeine des Dreftes auf, Pauſ. II, 3, 5f. [K.]
Ayas, dos, verwanbt mit Aryasos, Beinefinger (von Asiyo, Arge,
leden, eigentlih ver Ledfinger), nad Pollur Onom II, 157. die Weite,
Die man mit dem Daumen und dem Zeigefinger beipannen kann, bie Spanne,
und, als beflimmied Längenmaaß, — 10 danrvlcıs — 21, nalnıwraic =
5 xorövioıs; denn ein xordvAog iſt fo lang, als zwei Finger zufammen breit
find. So beſtimmt Heron in dem Fragmente mapı avOvueronor bei Greaves
Discourse of the roman foot and denarius p. d. Die Aryac I alfo um
einen darzulog Fleiner, als das Opdodnpor, welches, bie Länge der Vorhand
(xa@pros) bie an die Bingerfpigen,, eilf daxrvAovs faßte. Bon biefer Aryac
fcheint nal Ideler (Abhandlungen der Berliner Akad. v. 3. 1812—1813
S. 169.) zu unterfiheiden zu fein bie dıyas (Iıyas und Aus find leicht
zu verwechſeln), die Hälfte, nämlih des nous —= NMunodına (Theophr.
Plantt. H. 11,7.) = 2 naiaorei —= 8 danrvroı, nach Hero 1. 1. aud nor
vooropor genannt. Schneider im Lexicon kennt dieſes Maaß nicht, fondern
trägt dieß Alles auf die Aiycie über. [A. Baumstark.)
Licia (Auxix, Ptol. II, 13.), Fluß in Bindelicien, j. Lech; bei Benant.
Vit. S Mart, IV, 641. Licus. [F.] -
Lieiniäus (Axıriora, Ptol. IE, 5.), Ort im S. von Lufitanien. [F.
Licin! Forum, Ort in Gallia Transp., 6fo8 bei Blin. III, 17, 21. IF.
Liciuiä, ein plebefliches Geſchlecht, deſſen Name in der ſpäteren Zelt,
zumal durd bie Crassi und Luculli, den glänzendften des römifchen Freiſtaa⸗
tes fich anreihte. Der Urſprung deſſelben läßt ſich nicht mit Sicherheit be⸗
ſtimmen; allein zu vermuthen iſt, daß es fich gleich manchen andern Geſchlech⸗
tern aus Etrurien übergefiedelt habe. Denn eine inscriptio bilinguis bei
Zanıi (Saggio di lingua etr, Rom. 1789. T. II. p. 342.) bemeist, daß
der Name der Lecne, von welden ein Familiengrab im Senefliden gefun⸗
den warb (Lanzi 1. I p. 360 f.), und melde auch in anderen Orten Etru⸗
riens, wie in Peruſia, Volaterrä, Gluflum, Capena verbreitet waren (Ranzi
p. 434. n. 367. *), dem roͤmiſchen Namen Licinii entfprad. Run begegnen
® Die Bermuthung Fr. Dini’s in ber Schrift de situ Clankrum (7), von Lanzi
a. a. O. mitgetheilt, daß bie Ortfchaft Lucignano (im W. von Siena und N.
von Ehisfi), Die von @inigen lat, Lieinianum genannt fei, ben Namen bed Ber
ſchlechtes bewahre, wird durch andere Analogien (5. B. von Marciano, unweit vom
Zuciguans, im Bal di Eplana) befiätigt. Schon im Alterthum werben zwei Städte
Manliana in Etrurien (Eiuver, Ital. ant. p. 476. und 569., der Lage nad) nicht mit
Den castra Manliana des Eatilinariers E. Manllus, Sal. Cat. 36. Eic, in Cat. I,
22. 30., zu vermechfeln) erwähnt, und baß ſelbſt Grundſtuͤcke, die im Alterthum
mach ihren Befigeru genaunt waren, bis in dad Mittelalter hinein a be⸗
IV.
2
1050: | LAcinii’
wir biefem Namen - zwar auch in Tuſculum, wo er mit dem ber Porcii ver»
bunden if, und von den Handſchriften theils in der Form des cognomen
(Licinus),, theil8 in der Form des Gentilnamens (Licinius) gegeben wird:
und ebenfo finden wir benfelben in Lanuvium, wo nad Cicero p. Mur. 40f
bie Lieinii Muraenae (vgl. Plin. H. N. IX, 54. Plut. Cic. 35.; in an
dern Stellen find fle, wie ed ſcheint, nirgends mit ihrem Gentilnanen ge
nannt) zu Haufe waren. Hiernach war jedenfalls der Name durch Latium
wie durch Etrurien verbreitet; und wenn fi aus einer vergleihenden Prü-
fung der von Lanzi in reiher Fülle mitgetheilten etruſtiſchen Grabinfchriften
- ergibt, daß viele Geſchlechternamen ebenfo unter ven benachbarten Stämmen,
wie unter den Etruſkern verbreitet waren, ohne daß jedesmal eine Ueberſie⸗
belung der einzelnen Geſchlechter voraudzufeken wäre, fo fünnten wir uns
mit diefer. Thatſache auch in unferem Falle beruhigen. Da jedoch das Gon-
fulat des C. Licinius Calvus Stolo 390 d. St. (364 v. Chr.) durch Be
zufund etruſtiſcher Schaufpieler und Binführung ver etruffifden Bühnenfpiele
bezeichnet iſt, fo dürfte die Annahme, daß das liciniſche Geſchlecht aus
Gtrurien flammte und auch nach feiner Ueberfiedelung mit diefer feiner Dei⸗
math in Verbindung blieb, zur Erklärung jener Nachricht geeignet fein.
Zur Zeit der Könige wird Fein Lieinter In der römiſchen Geſchichte genamt,
und die Einwanderung Tönnte alfo zur Zelt der Gründung ber Republik,
da aus Anlaß des Zuges, den Vorſenna unternahm, ohne Zweifel eine
tuftifche Colonie in Nom zurückblieb (vgl. Lartii, S. 789. und Hermini.
Br. II. ©. 1218.), erfolgt fein. Die Bedeutung des Geſchlechtes al
eines der erften plebeitichen wird aus der näheren Betrachtung ber einzelnm
Licinier fi ergeben.
1) C. Licinius, einer der erften Volkstribumen (261 db. St., 493 v.
Chr.), nah Livius II, 33. zuerft mit einem einzigen Amtögenoffen, 2. Al⸗
binus, erwählt,, welche beide fodann drei Amtsgenoſſen nachwäblten, wäh-
rend es nach Anbern bei der Zahl von zwei Tribunen verblieb (vgl. Lin.
1. 1. II, 58. Eyd. de mag. I, 44. Aſcon. in Cic. Cornel. p. 76. mit den
Noten Orelli's). Nach Dionyf. VI, 89. wurden fünf Tribunen vom Volle
erwählt, und unter ihnen waren zwei Licinier, C. und (2) P. Licinius.
Mit ihm flimmt Plutarch Coriol. 7. überein, ohne den Namen von allen
Tribunen zu nennen.
‘ 8) Sp. Licinius, nad Liv. II, 43. Volkstr. 278 vd. St. (481 v.
Chr.), wogegen nad Dionyf. IX, 1. 2. ein Sp. Icilius (für Zrrdpeo; Sı-
iAtoe —, cod. Rom. hat übrigende Er. Zıxiroos, und Lapus in feiner
versio lat. Licinius) anzunehmen wäre. Dal. Ieili, ©. 49. unb Fab.,
Bd. IT. ©. 369. Gegen Sp. Licinius fpridt übrigens, daß der Borname
Sp. fonft im liciniſchen Geſchlechte nicht vorkommt.
4) P. Licinius P. f. P. n. Calvus Esquilinus (Fasti cap.), vielleid:
Enkel (oder Urentel) von Nr. 2., im I. 354 d. St. (400 v. Chr.) als ver
erfte Plebejer zum Kriegätribunen mit confularifher Gewalt ermählt (Air.
V, 12. vgl. VI, 37.), wobel nad Liviud die Gunſt, in welder fein Halb
bruder En. Cornelius , einer der vorjährigen Kriegstribunmn, beim Wolle
ſtand, mitgewirkt haben fol. Nah_Niebuhr (Bd. II. ©. 462.) wäre ſchon
einer ber erflen Gonfulartribunen vom Jahr 310 (444) Blebeier geweſen.
Denn obgleih nah Livius (IV, 6. 7.) bie ſämmtlichen drei in jenem Sabre
erwählten Kriegätribunen dem patriciſchen Stande angehört Hätten, jo fei
’
hlelten, gebt aus ben von Petit Nadel (Annali dell’ Inst. di Corr. Arch. T. IV.
1833. p. 241 ff.) angeführten Beiſpielen fabinifcher Brundfiäle (wie fandas Quineti-
Hianus, Pompejanus, Tullinnus, ferner Terentianum, Catonissum, und castrum
Fundanianum) hervor.
Lieinit (Cavi) 4051
doch 2. Atilius Longus unter den dreien ein unläugbar plebejiſcher Name,
da daß 3. 356 d. St. (355) einen zweiten 2. Atilius Longus, ausdrücklich
„ als Plebejer, habe, Liv. V, 13. Allein daß Livius in der Iehteren Angabe,
g und aljo nit in der erfleren (IV, 6. 7.), fi irre, haben wir unter dem
. Art. Genucia gens, Nr. 6. (Bd. IT. ©. 709.) bewiefen.
9) P. Licinius Calvus, P. f. P. n., Sohn des Borigen, nad
Liv. V, 18. auf dad 3. 358 (396) zum Kriegätribunen erwählt,; und zwar
‚ dem Wunſche und der Bitte feines Vaters zufolge, der, zum zweiten Male
. erwählt, um feines hoben Alters willen von der Laſt des Amtes entbunden
zu werden bat. In ben Fasti cap. liest man: Esquilinus II. (bei Diodor
XIV, 90. blos Tomi. Amivios), und allerdings könnte auffallen, daß Lici⸗
nius ber Vater, wenn er vier Jahre zuvor noch in Eräftigem Mannesalter
zum Kriegötribunen erwählt worden war, nah Verfluß jener Zeit ald abs
gelebter Greis erſcheint (vgl. Liv. 1. 1.: vires corporis affectae, sensus he-
betes etc.). Allein daß der ältere Licinius, der feine erfte Wahl vielleicht
mehr perfönlicher Gunſt zu verdanken hatte, bei einer zweiten Wahl in ber
Abfiht, die Würbe feinem Stande und Geſchlechte zu erhalten, für feine
Perſon zurüdgetreten fei, ift allerdings denkbar.
6) C. Licinius (Calvus) Stolo (8iv. X, 8. Dio fragm., Rel⸗
mar. 33.), wahrſcheinlich Bruder des Vorigen (und nicht Sohn, wie Dru⸗
mann ©. R. IV. ©. 55. annimmt; denn die Tribunate des Vaters 354 d.
St., ded Sohnes 358, des Enkels 376 würben ſich allzuſchnell folgen), Kriegs⸗
tribun 376, 378 (Diod. XV, 57. u. Liv. VI, 31., wo fi der Name Me-
nenius wahrſcheinlich dur Irrthum eingeſchlichen bat, vgl. Pigh. Annal. I,
p. 242.), und 10 Jahre fpäter (386, 368) der erſte Magifter Equitum aus
dem Wlebejerflande, von dem Dictator B. Manlius Gapitolinus, mit mel-
chem er nahe verwandt war, ernannt (Liv. VI, 39. X, 8. Die a.D. vgl.
Fasti cap.). Von Plutarch Camill. 39. wird er mit. dem Folgenven ver-
wechſelt; allein da diefer zur felben Zeit, zu welder der gewefene Kriege-
tribun als Magifter Cquitum erjcheint, das Bolfstribunat bekleidete (Liv.
VI, 39.), fo find nothwendig Beide zu unterfhelden (vgl. Pigh. Annal. 1. 1.
u. p. 259.). Auch die Unnahme Goͤttlings (Allg. Schulztg. 1833. Abt.
11. Ar. 12.), daß der Magifter Equ. nah Nieverlegung feines Amtes zum
Volkstrib. gemählt worden fei, wird durch Liv. VI, 39., worauf fi die
Vermuthung gründet, keineswegs beflätigt (vgl. Huſchke über die Stelle des
Barro von ben Riciniern, de Re Rust. I, 2, 9. Hplbg. 1835. ©. 28.).
Die Verwechs lung Plutarch's beruht übrigens auf der Spentität des Bei⸗
namens Stolo. Welcher Licinier diefen Beinamen (ber fi auf die Ausrots
tung der milden Schößlinge von Bäumen und Neben bezog, Plin. H. N
XVII, 1. pampinatio inventa primo Stoloni nomen dedit, vgl. Varro R.
R. 1, 2, 9.) zuerſt getragen habe, -ift unbekannt. Daß ihn aber ver Volks⸗
tribun (Nr. 7.) ebenfo wie fein gleichnamiger Better ererbte, wird durch
pie Worte Varro's (1.1.): Stolonis illa lex, quae vetat plus D jugera habere
civern R., et qui propter diligentiam culturae Stolonum confirmavit cog-
nomen, quod nullus in ejus fundo reperiri poterat stolo ete. beflätigt.
Denn die Worte qui confirmavit find nothwendig auf den ebengenanntin
Stolo zu beziehen; und die von Niebuhr (NR. ©. Bd. II. S. 20.) ange-
jebene und von Huſchke (a. D. S. 26.) angenommene Interpunction der
sielbefprocdenen Stelle (civem Romanum: et qui — — —, ejusdem gentis
Licinius) ift nicht nur vephalb unzuläßig, meil das Anakoluth: Stolonis illa
ex etc., wenn mit et qui ein neuer Saß beginnen würde, völlig unerflär-
ih wäre, fondern au, weil die Worte qui Stolonum confirmavit cognomen,
venn fle auf ven fpäteren Bolfätribunen Licinius Craſſus gingen (von
1052 Kicini (Caki)
welchem mit Huſchke ber zweite Theil, der Stelle verflanden werben
vgl. Nr. 13.), zum mindeſten geiagt, ſehr ungeſchickt gewählt mären.
7) C. Licinius C. f, P. n. Calvus Stolo (vgl. Fasti cap. ad a.
390. Varr.), wahrſcheinlich frater patruelis der beiden Borign, war als
Eidam eined Fabius (vgl. Fabia gens, Br. II. ©. 381. Nr. 13.) glei
Anderen feines Geſchlechtes mit Patriciern verfhmwägert, und erſcheint in jetlen
Geiegedanträgen, welde er in Gemeinſchaft mit feinem Amtegenofien im
Bolkstribungte, 2. Sertiud, entwarf und nad zehnjährigem Kampfe burd-
> fegte, mehr noch als Mapräfentant der ehrgeizigen, nad Theilnahme an ben
böcuften Würben ftrebenden plebelifchen Geſchlechter, denn ald Bertreter des
beflglofen, von ben Patriciern gebrüskten Bürgerflandes. Der eiſte Anırag,
den die beiden Tribunen im J. 378 (376) ſtellten, betraf die Schulden, und
beftimmte zu. Gunften der verfääuldeten Plebejer, daß, mas an Zinfen ſchon
bezablt fei, vom Gapitale abgezogen und ber Lieberrefi innerhalb breier Jahre
in drei gleichen Theilen entrichtet werden folle.(2iv. VI, 35.). Gine zweite
Mogation beflimmte, daß fein römischer Bürger über 500 Sauderte Ader-
Iandes befigen und an großem Vieh über 100, an Fleinem über 500 Stüde
halten fole (Xiv. VI, 35 ff. vgl. App. b. c. 1,8. Gel. N. A. VII, 3.,
welche beiden allein das letztgenannte Gapitel der Nogation erwähnen, Varro
R.R. 1, 2, 9. Golum. R. R. I, 3. Bell. Bat. II, 6. Blin. XVIII. 2.
Dal. Mar. VIH, 6, 3. Aur. Bict. vir. ill. 20. Gell. N. A. XX, 1, 23.
Plut. Camill. 39. Tib. Gracch. 8. 10.* Nah dem dritten Geſetze aber
follte Feine Kriegötribunenwahl mehr Statt finden, und von ben Gonfula
jedenfalls der Bine ein Plebejer fein (Liv. VI, 35. Plut. Camill. 39. Bal.
Mar., Aur. Pic. a. O. Flor. I, 26, 4. Gel. XVIE, 21. Schol. Bob.
in Cic. pro Scauro p. 375. Or. ZSonar. VII, 24.); und daß der lehtere
Antrag der eigentlide Zweck und die übrigen nur Mittel waren, bewieien
die Tribunen, als fie fpäter fich weigerten, den dritten Antrag von ben
übrigen zu trennen, und vorerfi an der Annahme ihrer Anträge über den
Wucher und die Ländereien ſich genügen zu laflen (iv. VI, 389. Die fragm.,
Reimar. Nr. 33.). Bünf Jahre lang (Liv. VI, 35. Xyb. de mag. I, 36.,
vier Sabre nah @utrop. II, 1. Eafflovor. u. Vopife. Tac. 1.) hintertrieben
‚bie beiden Geſetzgeber, in der Abflcht, die Patricier zur Genehmigung ihrer
Anträge zu nötbigen, die Wahl von irgend welchen curuliihen Magifkraten,
und zehn Jahre lang wurden fle immer aufs Neue Fr Tribunen gewählt
(Xiv. VI, 42. Dionyf. fragm. 1. XII—XX..e. 33., bei A. Mat. Ser. Vett.
Nova Coll., T. II. p. 494.). In ihrem adten Tribunate (355 d. St., 369
v. Chr.) fügten fie den übrigen Nogationen die neue hinzu, daß flatt ber
für den Bötterdienft aufgeftelten Duumvirn von nun an Decemvirn, zur
Hälfte aus dem Plebelerflande, zur Hälfte aus den Bätern gewählt werden
follen (Liv. VI, 37.). Zwei Jahre fpäter, in ihren zehnten Tribungie,
drangen fle mit dem letzterwähnten Antrage durch (Liv. VI, 42.), und unte
Perminlung des Dictators M. Furius Camillus wurden endlich auch bie
übrigen Anträge genehmigt und auf das J. 388 d. St. (366 v. Chr.) 2.
Sextius ald der erfle Conſul aus dem Plebejerflanne erwählt (Liv. a. D.
vgl. Plut. Camill. 39—42. Fasti cap.; bei Aur. Vict. faͤlſchlich Licinius
als des erfie Coſ. genannt). Zwei Jahre ſpäter (auf das I. 390, 364)
mwurbe auch Licinius, ald Amtsgenoſſe des E. Sulpicius Peticus, zum Goi.
gewählt (Fasti np. Liv. VII, 2. Diodor. XV, 95. Val. Mar. II, 4, 3.);
- ® Leber die Streitfrage, ob dad Geſetz des Licinind nad Niebuhrs Auſicht (BB.
II. ©, 161.) nur auf die porsessio agri publici zu beſchränken, oder aber (mit
Aufgte a. a. O. S. 3.) auf dad Maß alles Brundbefiges zu beziehen fei, vgl.
ben Art, possessio.
Lieinil (Vori) 1058
und in bem Gonfulatsiahre biefer beiden wurben aus Anlaß einer ſchon in
das zweite Jahr dauernden Seuche als Sühnemittel des Zorned der Himm⸗
Uſchen die etruſtiſchen Bühnenfpiele eingeführt (Liv., Bal. Mar. I. IL vgl.
: Örof. IN, 4.). Im 3. 393 (361) bekleidete Licinius mit demſelben Amts»
: genofien zum zweiten Male das Gonfulat (Liv. VII, 9. Diod. XVI, 6.),
' zog mit ihm gegen die Herniker ind Feld und eroberte die Stabt Ferentinum
im Sturm (Liv. 1.1). Nah Licinius Macer wurde T. Duinctius Pennus,
Diciator in diefem Sabre, vom Gonful Licinius um der Wahlen willen er-
nannt, um der flrafbaren Ehrfucht feines Amtögenoffen vorzubeugen, der
die Wahlen noch vor dem zu erwartenden Kriege mit den Tiburtinern abzu⸗
haften eilte, um in feinem Gonfulate beflätigt zu werben. Livius (1. ].)
meint jedoch, viele Angabe des Licinius verliere an Gewicht, indem fie fel-
ner eigenen Familie zum Nuhme dienen follte, und erklärt fih deßhalb für
die Annahme, der Dictator ſei um des Balliiden Krieges willen ernannt
worden. Uneinigkeit mit dem patriciſchen Amtsgenoſſen feheint jedenfalls zu
Grunde zu liegen; und wenn fi Licinius durch feine Geſetze mit. dem Hafle
der ganzen patriciſchen Partei belaftet Hatte, fo fand‘ dieſe ermünichte Gele-
genbeit, fih zu rächen, indem der Geiehaeber im J. 397 (357) durh M.
Porillius Länas Fraft feines eigenen Geſetzes angeklagt und zu einer Buße
von 10,000 AB verurtheilt wurde, weil er nebft feinem Sohne 1000 Mor-
gen Felden beſäße und dur Entlaffung feines Sohnes aus der väterlichen
Gewalt das Geſetz umgangen hätte (Liv. VIE, 16. vgl. Bal. Mar. VII,
6, 3. Dionyf. fragm. p. 494. Wal. Golum. R. R. I, 3. Plin. XVIIT, 3.
Aur. Vict. vir. ill. 20. Biut. Camill. 39.). — Nachkommen des Licinius
Stolo erſcheinen nicht in den Falten, obgleih noch In ſpäter Zeit ein C.
Licinius Stolo al& Freund des Varro (deR.R. ]. 1.) und ein P. Li-
cinius Stolo als triumvir monetalis unter Auguflus (vgl. Edhel Doctr.
Num. V, p. 234.) vorkommt.
.8)C. Licinius P. f. P. n. Varus (Fasti cap.), Coſ. 518 (236)
mit B. Cornel. Lentulus Caudinus (Fasti cap. Zonar. VIII, 18. Cenſorin.
d. n. 17.), zog zuerſt mit feinem Amtsgenoſſen ven ron Neuem in Italien
eingefallenen Galliern entgegen (Bonar. 1. 1. vgl. Polyb. II, 21.), und
wurde, nachdem bie Gefahr durch den Zwifl, der unter den Galliern ſelbſt
ausbrach, bejeitigt war, mit einem Zuge gegen Gorflca beauftragt, wohin
er wegen Mangels an Schiffen den Legaten M. Claudius Glicia (vgl. Bo.
II. ©. 408. Nr. 16.; Drumann G. N. Bd. II. ©. 390. N. 28. u. IV.
S. 537. NR. 73. nennt ihn ohne dad Zeugniß eines Schrifſtellers Marcellus)
vorausſandte. Lepterer ſchloß aus eigener Machtvollkommenheit Frieden;
allein der Conſul erkannte denſelben nicht an und bekriegte die Corſen, bis
fie fich unterwarfen (Zonar. 1. 1. Liv. XX. vgl. Claud. Glic., wo zu ben
Stellen von Dio u. Bal. Mar. noch Ammian. Marc. XIV, 11, 32. beizu⸗
fügen). Vielleicht ift diefer Licinius idenrifh mit C. Licinius, welcher im
3. 536 (218) mit vier anderen Geſandten (befahrten Mäpynern) nah Afıica
an die Garthager gefchidt wurde (Liv. XXL, 18.).
9) P. Licinius Varus, wahrfdeinlih Sohn des Vorigen, curuliſcher
Mebile 544, 210 (Liv. XXVIE, 6) und Prätor fhon 546, 208 (Liv. AXVII,
21.), erhielt als ſolcher die ſtädtiſche Nechrörflege und wurde, weil ein Uns
ariff der Carthager quf die Küfte von Italien zu fürdten mar, mit der Aus⸗
rüftung einer Flotte zum Schuge der Hauptſtadt beauftragt (Liv. XXVII, 22).
Mus Anlaß einer Seuche mußte er bei dem Volke darauf antragen, baß bie
apollinariiden Spiele, melde biäher immer nur auf Ein Jahr und ohne
feñgeſetzten Tag gelobt worden waren, auf ewige Zeiten und auf @inen
Beitimmim Tag gelobt werden follten, morauf er felbf fie zuesft mit dieſer
Beftimmung gelobte und am fünften Duincılis, der von nun an beibehalten
-
1054 Temu (Crassi)
wurbe, feierte (Liv. XXVII, 23. ; Die Kalendaria antiqua, Maffaei., Amitern.,
Antiat. bei Orelli Inser. sel., Vol. II. p. '894. geben jedoch den ſechsten
Quinctilis an). Wahrſcheinlich mar es derfelbe, der ale Prätor den Jupi⸗
teröpriefter C. Balerius Flaccus, als dieſer von einem feit vielen Jahren
abgefommenen Rechte der Flamines, im Senate zu erfcheinen, Gebrauch
machte, aus der Eurie hinaudwies (vgl. Liv. XXVII, 8., wo zwar die Les⸗
arten in Beriehbung auf den Vornamen des Prätord ſchwanken, allein ba
weber ein Prätor C. Licinius, no L. Licinius, abgefeben von L. Porcius
Licinus 547». St., um jene Zelt vorkommt, fo iſt wohl die Leßart P. Licin.,
welche Pighius Annal. II. p. 198. vor fi hatte, bie richtige). Ein Wip-
wort dieſes Varus über den älteren Africanus efmähnt Eic. de Or. II, 61, 250.
10) P. Licinius P. f. P. n. Crassus Dives (Fasti cap. ad a.
549 Varr.), der Erfle, der dieje beiden Beinamen trug, wahrſcheinlich frater
patruelis ded Vorigen und Neffe von Nr. 8., gelangte im I. 542 (212),
noch ehe er die höheren Magiflrate bekleidet hatte, und ungeachtet zwei Con⸗
fulare fi mit ihm bewarben, zu der Würbe des Pontifex marimas (Liv.
XXV, 5. vgl. XXVII, 5. 6. 8. 22. XXVIIL, 38. Bal. Mar. VI, 9, 8. u.
f. unten), wozu vielleicht ver Auffhluß in dem Beinamen Dives zu fuden
if. Als curuliſcher Aedile (wahrſcheinlich im folgenden Jahre, vgl. Liv. 1.1.
XXVII, 6.) war er, wie es ſcheint, ver Erfle, der bei feinen Spielen filberne
und goldene Kränze, fo mie goldene lemnisci an denfelben (oben S. 910.)
nach etruffifcher Weife gebrauchte (vgl. Blin. XXI, 3.). Im 93.544 (210)
vom Dirtator Du. Fulvius Flaccus zum Magifter Equ. ernannt (Liv. XXVIl,
5), murbe er, nachdem er nievergelegt Batte, noch in vemfelben Jahre zum
Genfor gewählt, trat aber, als fein Amtsgenoſſe 2. Veturius ſtarb, dem
Herfommen gemäß (Liv. V, 31.) wieder ab (XXVII. 6.). Die Prätur, vie
gleich dem Conſulate fonft der Cenſur voranging, befleivete er erſt im 9.
546, 208 (Liv. XXVII, 21. 22.), und drei Jahre fpäter (549, 205) mit
P. Scipio (Africanus) dad Gonfulat (Fasti cap. Liv. XXVIH, 38. XXXVI,
36. Cic. Brut. 19, 77. Plut. Fab. 25. App. Hann. 55. Orof. IV, 18.
Obſequ. 42. BZonar. IX, 11.). "Während Scipio die Provinz Sicillen mit
der Erlaußnig, den Krieg nah Africa zu tragen, erhielt, fo wurbe dem
Craſſus, der als Bontifer Mar Italien nicht verlaffen durfte (Liv. XXVIII.
38. vgl. Plut. 1.1. Die fragm., Reimar. 62.) der Krieg gegen Hannibal
im Bruttiſchen zugetheilt (Liv. 38. 45 f.). Seine Thärigfeit blieb jedoch,
zumal da fein Heer und er felbft von einer Seuche heimgeſucht wurbe (Kir.
XXVIL, 46. fin. XXIX, 10. Obſequ. 42.), auf die Beobachtung Hannibals (Zon.
1.1.) u. Zurüdführung mehrerer zu Hannibal abgefallener Städte zu den Römern
(App. Hann. 56.) befhränft. Im folgenden Jahre blieb er als Broconful
im Belde (Liv. XXIX, 13.) und trug zu dem Siege, ben der Conſul Sem
pronius Tuditanus in der Nähe von Eroton über Hannibal davontrug, dad
Seinige bei (Xiv. XXIX, 36. vgl. XXX, 1.). Von feiner Wirkſamkeit ala
Pontifer Mar. (vgl. Liv. XXX, 1.: juris pontificii peritissimus) werden
aus der Volgezeit noch mehrere Züge erwähnt (Rio. XXXI, 9. XXXIV, 44.
XXXVI. 2. XXXVII, 51. vgl. Val. Mor. I, 1, 6.). Sein Tod, der erſt
im 3. 571 (183) erfolgte, wurde durch eine glänzende Leichenfeier, bei wel⸗
cher 120 echter auftraten u. nach breitägigen Spielen zulegt auf dem Forum
ein Gaftmahl gegeben wurbe, begangen (Liv. XXXIX, 46.) Zu feinem
Preife gebraucht Livius (XXX, 1.) die Worte: bello quoque bonus habitus
ad cetera, quibus nemo ea tempestate instructior civis habebatur, con-
gestis omnibus humanis a natura fortunaque bonis. Nobilis idem ac dives
erat; forma viribusque corporis excellebat. Facundissimus habebatur,
seu Causa oranda, seu in senatu, ad populum suadendi ac dissuadendi
“ a Dun DE da 3 3 5—
Lieimit (Crassi) 1055
locus esset: juris pontificii peritissimus. Vgl. hiezu Dio fragm., Reimar.
62. Cic. de Or. IN, 33, 134. Brut. 19, 77.
11) P. Licinius C. f.P. n. Crassus (Fasti cap. ad a. 93. Varr.),
wabrfheinlich Neffe des Vorigen, Prätor 578 (176), entzog ih alß folder
der Verpfliätung, nad der ihm beflimmten Provinz, dem biefjeitigen Spas
nien, abzugeben, indem er vor dem Volke einen Eid ſchwur, daß ein fefl-
geſetztes feierliches Dpfer ihn abhalte (Liv. XLI, 14. [18f.] XLII, 32.).
Im 3. 583 (171) of. mit C. Caſſius Longinus (Fasti cap. Liv. XLII, 28,
Drof. IV, 20. Plin. H. N. VII A. Gel. N. A. IX, 4, 15.) erhielt er
die Provinz Macedonien mit dem Krieg gegen Perfeus, für welchen er bei
der Bedeutung, die man dem Kriege beilegte (val. Liv. XLII, 49.) zwei
Legionen mit befonderer Sorgfalt aushob (Liv. XLII, 32 ff. vgl. 31. uw. oben
Lex Licinia Cassia, S. 984.) und außerdem PVerftärfung durch Bundes»
genoffen und Hilfsvölker erhielt (Liv. 35.). Gleichwohl wurde er im erften
Reitertreffen bei Lartffa am Peneusfluſſe von Perſeus gefchlagen (Liv. XLII,
55. 57—62. ' Zonar. IX, 22. Plut. Aem. Paul. 9. DÖrof. IV, 20. Polyb.
Exc. Mai. XXVII, 1. Juſtin. XXXIII, 1., mo der Sof. falſchlich Sulpicius
beißt), und vermochte durch einen fpäteren Erfolg feiner Waffen, den nur
Parteilichfelt zu einem glänzenden Siege aufſchwellte (vgl. Liv. 66. Zon. 1.1.),
die erfte Niederlage nicht vollſtaͤndig gutzumachen. Gefährlider als dem
Perſeus wurde er den Griechen, indem er in Böotien, mo er überwinterte,
mehrere Städte eroberte und die Einwohner als Schaven verkaufte, wodurch
er ſich eine Klage der Mißhandelten zuzog und abgefehen davon, daß ber
Senat die Berfauften für frei erflärte, mit einer Geldſtrafe belegt wurde
(2is. XLII, 4. 6. Son. 1. 1.). Im SI.587 (167) war er, mie es fcheint,
einer der Gefandten, welde ven Attalus CI.) von Pergamus (f. Bd. 1.
©. 929 f.) begleiteten, um den Krieg zmifchen feinem Bruder Eumenes und
ben ®alliern beizulegen (Liv. XLV, 36. vgl. 20.).
12) C. Licinius C. f. P. n. Crassus (Fasti cap.), Bruder des
Borigen, hatte ala at 582, 172 (Liv. XLII, 9. 10.) zufolge der ro-
gatio Marcia aus Auftrag des Senated die Unterfuchung gegen M. Popiltus
Länas zu führen, ver ald Coſ. des vor. I. die Ligurier, welche fl ergeben
hatten, entwaffnet und fammt ihrer Habe verfauft hatte (Liv. XLII, 21.
vgl. 8.), wußte aber die rogatio durch einen trügliden Kunflgriff zu ums
geben, indem er aus Befälligkeit gegen das Popiliſche Geſchlecht den Beklag⸗
ten auf ben 15. März beſchied, an welchem Tage er von feinem Amte ab»
zutreten hatte und folglich kein Lirtheil mehr fällen Eonnte (Liv. 22.) Da
in jenem Jahre die Kriegsrüftungen gegen Perſeus vorgenommen murben,
jo befam Crafſus den Auftrag, die Flotte auszurüſten (Xiv. 27. vgl. Cato
bei Feſt. v. portisculus p. 234. M. und Meyer oratt! rom. fragm., ed. 2.
p. 119 f.). Im folg. Jahre, begleitete er feinen Bruder, den Conſul, als
Legate nad Griechenland, und befehligte in dem unglüdlichen Treffen gegen
Berfeud den rechten Slügel (Liv. XLH, 58.). Er ſelbſt gelangte zum Con⸗
julate 586 (168) mit 2. Aemilius Paulus (Fasti cap. Liv. XLIV, 17.
Sulpic. Seo. H, 27.), und blieb während feiner Umtsführung in Italien,
während Aemilius ben Krieg gegen Perſeus (für welchen Craffus die Aushebung
zu beforgen hatte, Liv. 21.) flegreich beendigte (vgl. Liv. XLIV, 17. XLV, 12. *)
° Die beiden Eof. find im bem angeblichen Fragmenten ber aeta diarna (dei
PigH. Annal. Il. p. 378 ff.) mehrmals erwähnt. ©. über biefe Bb. I. ©. 51. mit
Bergleichung ber neueren Litteratur, von Le Elerc des journanx chez les Rom.,
Par. 1838. (Sur les pretendus fragments du journal de Rome p. 261— 341.)
9. 5. E. Lieberfühn Vindiciae libr. injuria suspectt. I. Ep. crit. de vet. diurn,
act. fragm. Dodwell. data nd Le Clerciam, Lips. 1844. Schmidt d. Beitungsivefen
der Mömer (Beitfchr. ſ. Geſch. Wiſſ. 1844, April, S, 303 ff.).
1056 Eiteinti (Crassi)
Im folgenden Jahre Hatte er mit verlängertem Befehle das eidalpiniſche Gallien
zum Poften, girig aber mit neun Anderen ald Bevollmäditigter nah Mace⸗
bonien, während der Gof. Aelius Pätus Gallten erhielt (Liv. XLV, 17.).
C. Licinius Crassus, wahrſcheinl. Sohn des Borigen, Bolke-
tribun 609, 145 (Gic. Lael. 25, 96.), war ver Eıfte, welcher bei feinen
Reden ſich nicht gegen das Comitium und bie Gurie, fondern gegen va#
Forum zum Volke wandte, und ohne Zmeifel hiedurch andeuten woll'e, daß
beim Volke und nicht beim Senate die höchſte Gewalt ſei (Eic. 1. 1.. vgl. Put.
C. Gracch. 5., der bie neue Sitte fälſchlich auf Gracchus zurückführt). Cine
Antpielung Hierauf iſt au in den Worten Varro's deR.R. I, 2, 9. (vgl.
oben Nr. 6.) zu erfennen: eiusdem gentis C. Licinius, trib. pl. cum esset
post reges exactos annis CCCLXV, primus populum ad leges acci-
piundas in septem jugera forensia e comitio eduxit. gl. Bigb. Annal.
II, p.463 f. Huſchke über die Stelle ıc. S. 33 ff. Die Jahreszahl Barro’s
paßt vollkommen auf unfern Tribunen, und Schwierigkeit liegt nur in ben
Worten in septem jugera forensia, meldhe @öttling in einem Progr. de loco
M. Ter. Varr. etc. Jen. 1831.) neben einer Aenderung der Jahrediahl ae-
waltfam in die Worte in septa forensia umgewandelt bat. Nah Huſchke,
ber feine Auffeffung an die des Pighius (1. 1.) anknüpft, wären „die septem
jugera forensia bei Varro der eigentliche gelehrte Ausprud für das, mas
man gemöhnlich aber uneigentli forum ſchlechtbin nannte.” „Licinius führte
das Volk erftens auf die fieben Markijucherte; damit erinnerte er es gleich⸗
ſam, was eigentlid) feines Ortes fei: nit auf die vornehmen Städter und
ihr patriciſches Nichtsithun auf dem Comitium zu gaffen, ſondern zu geben-
Ten, daß dieſer Marktplatz fon nach feiner Iucherten Zahl den Landbau als
wahren Mittelpunft des Staats darftele* ꝛc. „Er führte es aber vahin
zweitens zur Annahme der Gefege; bamit brachte er eigentlich das erſt
zur Vollendung, was dem Volke mit dem (zu Anfang der Republik ver»
arößerten) Marktplape gewährt worden war. Denn Landbau und Geſetze,
Adler und Staat find bei einander“ ıc. (vgl. ©. 57f.). Diefe ſpitzſindige
Huslegung, auf deren weitere, mit abenteuerlichen Hypotheſen untermifchte
Ausführung wir bier nicht eingehen Eönnen, widerlegt AG ſchen durch Die
Dmtlichkeit des Forums, indem „einige Kenntniß dieſer Oertlichkeit binreicht,
um beflimmt verneinen zu fönnen, daß ein ſolches Forum von fieben Yu-
gera, wozu überbieß noch dad Bomitium und dann die umgebenden Gebäude
tommen müßten, ſchlechterdings zwiſchen Garitol und Palatin nicht Plag
finden kann" (W. U. Beer Handb. d. Möm. Alterth. Bo. I. ©. 272.
Anm. 439.5 vgl. auf einen Aufiag von &. Long gegen Huſchke im Classi-
cal Museum IV, p. 306—332.). Die septem jugera forensia müflen nothwen⸗
dig auf ein Ackergeſez des Licinius bezogen werben, und Niebuhr hat chne
Zweifel das Richtige angedeutet, indem er in der Anmerkung über bie Bar
roniſche Stelle (Bd. II. S. 19 f.) bemerkt: „bei einer ſolchen Aſſignation
wird das Gefeß auch fora und conciliabula angeordnet und über fie beſtimmt
haben.“ Die jugera forensia beziehen fih auf Landanweiſungen an einzelne
Bürger ohne Ausführung von Colonten, und der Name erklärt fih, invem
von eben diefen Landanweiſungen jene Fleineren Ortichaften, fora und con-
ciliabula, ihren Urfprung berleiteten (vgl. Kiene d. röm. Bundesgenoſſen⸗
krieg, Lpz. 1845. ©. 104.). Prägnant iſt allerdings ber Ausprud: ad
leges accip. in sept. jug. f. eduxit (wodurch Varro vie Abficht des Tri-
bunen, die Aſſignation ſolcher jugera zu beantragen, ober auch bie Ausflcht,
welche er dem Volke eröffnete, bezeichnen wollte) ; allein im Stile de8 Barro
Begegnen und noch andere Härten, und ſchwerlich dürfte für die beſprochene
Stelle eine andere vernünftige Autlegung gefunden werden. Wenn übrigens
Eraffus durch das von ihm beantragte Ackergeſetz ein Nachfolger feines
Licinit (Crassi) 1057
Geſchlechtsgenoſſen Stolo murbe, fo erinnert an biefe noch eine andere Ro»
gation, welche ſich auf bie Eollegien ver Priefter bezog und für biefe bie
Voltswahl verlangte. Lebtere wurde hauptſächlich von Lölius, dem Freund
des Scipio Aemilianud, bekämpft (vgl. S. 725., Nr. 2.), und glei dem
Adergeiehe (dad eben deßhalb von Seinem Geſchichtſchreiber erwähnt If)
verworfen.
14) Licinia, C. f. (Cic. pro domo 53, 136.), vieleicht Tochter bes
Borigen, weihte als Veſtalin im 3. 631 (123) ohne Geheiß des Volkes eine
Gapelle, worauf der Senat, einem Gutachten der Bontifices zufolge, die Weibe
wieder aufhob (Cic. 1. 1.). Wahrfcheinlich diefelbe, melde im 3. 641 (113)
von. Caſſius Longinus als außerordentlichem Richter nebft Aemilia, Marcia
und andern Veſtalinnen wegen Inceſts verurtheilt wurde (vgl. Bod. II. ©. 193.
und zu den dort. St. Cic. Brut. 43, 160.).
15) P. Licinius P. f. P. n. Crassus Dives Mucianus (vgl.
Fasti cap. ad a. 623. Varr. ic. de Or. I, 37, 170. Quinctil. XI, 2. fin.),
Veiblicher Sohn des P. Mucius Scävola, Eof. 579 d. St., Bruder des P.
Scävola Coſ. 621 d. St. (f. d.), und adoptirt von P. Crafſus Nr. 10,
(Cic. Brut. 26, 98.), von welchem er vieleicht au den Vornaman Publius
annahın, indem er von Pompontus Dig. I, 2. (de orig. jur.) l. 2. $. 40.
(vgl. Cic. de Or. I, 56, 240.) L. Crassus Mucianus genannt wird, wahre
ſcheinlich mit feinem urfprüngliden Vornamen, ben er zur Unterſcheidung
von feinem leiblihen Bruder PB. Scävola trug, gelangte im I. 623 (131),
da er fhen Pontifer Marimus war (Cic.-Phil. XI, 8, 18) mit 2. Valerius
Flaccus zum Gonfulate (Fasti cap. Gic. a. a. O. u. and. St.), und wurde,
nachdem er zuerft feinen Amtögenofien mit einer Geldſtrafe bedroht Hatte,
menn er mit Vernachläßigung feines Amtes als flamen Martialis nah Aflen
jehen würde (Cic. 1. 1.), fpäter ſelbſt mit Sintanfegung des Herkommens,
‚ufolge welchem bisher Fein Bontifer Marimus Italien verlaffen hatte (iv.
:p. 99.), gegen Ariflonicus (f. d., Bd. I. ©. 772.) nah Aflen gefanbt
vgl. Cic., Liv. I. .). Hier jedoch weniger auf den Krieg, als auf die
Attaliſche Beute bedacht (Juſtin. XXXVI, 4.), wurde er zu Anfang des nächſten
jahres (decedens, Bell. II, A., daher propraetor bei Flor. II, 20. für pro-
:03.) bei Leucä (Strabo XIV, p. 646. vgl. Bell. I, 13.5 die Angabe bei
Bal. Mar. IN, 2, 12. Brontin. Strat. IV, 5, 16., zwiſchen Smyrna und
äa, flimmt biemit überein) überfallen und beflegt, und entging, auf der
Hut von der thracifchen Leibwache des Königs eingeholt, der Demüthigung,
inem Gegner in die Hände zu fallen, nur durch den Tod, den er abficht⸗
ch dur Reizung eines Thraciers, welchem er mit der Reitgerte ind Geſicht
ich, horbeiſührte (Val. Mar, Brontin. U. 1. Oroſ. V, 10. Ascon. in
ic. p. Scaur. p. 25. Or., vgl, jedoch Strabo 1. I. u. Eutropius IV, 20.,
»onach er in der Schlacht fiel; der Lebtere fügt bei, daß der Kopf des Ge»
illenen dem Xriftonicus überbracht, der Körper aber in Smyrna begraben
urte). Aulus Gellius (1. 1.) erzählt ein Beifpiel feiner imperatorifhen
strenge”, und fagt bei diefer Gelegenheit zu feinem Xobe: is Crassus a
>mpronio Asellione et plerisque aliis historiae rom, scriptoribus traditur
ıbuisse quinque rerum bonarum maxima et praecipua: quod esset di-
ssimus, quod nobilissimus, quod eloquentissimus, quod jurisconsultissimus, _
10d pontifex maximus. Auch Cicero räumt ihm ald Nenner und Rechtsgelehrten
ae nicht unbedeutende Stelle ein (Brut. 26, 98. 33, 127. de Or. I, 50, 216.56,
”* Durch biefe gab er ohne Zweifel den Griechen Beranlaffung zu dem von
iſtath. zu Kom, Od. XVII, 7. erwähnten Ausbrude (ano zıvos Amımiov Asxivsen
lousras Idswrinüs 05 —
Pauly, Real-Enchelop. IV. 67
‘
1058 Lieinii (Crassi)
240.; daß er zehn Bücher de jure civili Hinterlaffen haben fol, wie Dru⸗
mann Bb. IV. ©. 61. N. 34. angibt, If Verwecholung mit feinem Bruder
P. Scävola, vgl. Zimmern Geſch. d. Nöm. Privatrets I, 1. S. 278 f.),
und Dalerius Marimus (VII, 5, 6.) lobt feine Kenntniß der griechiſchen
Sprache, auf welde er ſich vor feinem Zuge nad Aflen mit foldem Gifer
gelegt habe, daß er fle mit ihren fünf Mundarten vollkommen in feine Ges
walt befam und jedem Bundeögenofien in der Sprade, die er wünſchte,
Beſcheid von feinem Richterſtuhle zu geben vermochte. In den innern Kämrfen,
welhe Nom um jene Zeit bewegten, erſcheint er als Feind des jüngeren
Africanus (über welchen er bei der Frage, wer den Krieg gegen Ariſtonicus
- führen folle, den Sieg davon trug, Cic. Phil. XI, 8, 18.), fo wie als Bönner
und Freund bed Tib. Gracchus, weldem er nebſt feinem Bruber Scävola
und Appius Glaudius (Bd. II. S. 410. Nr. 26.) das agrarifche Gefek vom
3. 621 d. St. an die Hand gegeben haben foll (Plut. T. Gracch. 9. Cic.
de Rep. I, 19, 31. Acad. 11, 5, 13.). -Auch bet der Ausführung dieſes
Geſetzes war er perfünlih thätig, indem er nad dem blutigen Tode des
Tiber. Grachus an die Stele deſſelben als Triumvir zur Bertbeilung
der Ländereien und Amtögenoffe des App. Claudius und C. Gracchus, feines
Schwiegerſohnes (vgl. Nr. 17.) gewählt wurde (Blut. Tib. Gr. 21. Orelli
Inscr. 570.). — Qgl. über ihn Gronov. Observatt. II, 6. p. 197. Perizon.
Animadvwv. c. 9.
16) Licinia, Toter des Vorigen, vermählt an C. Sulpicius Galba,
des Redners Serv. Galba Sohn, ber im 3. 644 (110) nad der lex Ma-
milia ald Einer von denfenigen, welche Jugurtha beflodden Hätte, verurteilt
wurde (ic. Brut. 33, 127. vgl. 34, 128. 26, 98. de Or. I, 56, 239.).
17) Licinia, Schweſter der Vorigen, Gemahlin des C. Sempronius
Grachus (vgl. Blut. C. Gracch. 17. 21. Dig. XXIV, 3. (sol. matr.) 1. 66.).
48) L. Licinius Crassus, der Redner, nad Drumann IV. ©. 62.
N. 38. von den capitoliniihen Faſten (ad a. 662. Varr.) als L. f. bezeichnet
(was durch die Fasti von Baiter p. L. und Fiſchers Beittafen ©. 171. nicht
heflätigt wird, vgl. jedoch Laurent F. cap. p. 45.) und ebenfo auf der Infchrift
zweier Münzen genannt, welde zwar von Edhel Doctr. Numm. V. p. 232 f.
als Goltziſche (suspectae fidei) außgelafien, in feinem Fall aber von Goltz
ſelbſt erfunden find, indem fle nach Havercamp Thes. Morell. p. 581 f. u.
Raſche Lex univ. rei num. II, 2. p. 1729 f. auf die Autorität des Seb.
Erizzo (Discorso sopra le medaglie degli antichi, Vineg. 1559. 4. und
Öfters) zurüczuführen find, if in jedem Ball der Sohn eines unbefannten
Vaters, da P. Mucianus Nr. 16. (der allerdings urfprünglih wohl Lucius
hieß, vgl. den Cingang zu Nr. 16.) bei Gic. de Or. I, 37, 170. von dem
Redner Graffus felbft als fein Verwandter (propinquus) bezeichnet wird.
Sm J. 614 (140) geboren (Gic. Brut. 43, 161.) trat er ſchon im J. 635
(in feinem 2iften Jahre, Gic. de Or. TII, 20, 74., nad. Zac. Dial. de Or.
34. wohl fälfhlih im 19ten, vgl. Pigh. Annal. III. p. 80. u. Meyer or.
rom. fr. ed. 2. p. 294 f.) mit einer Anklage gegen &. Papirius Garbo
Gof. 634., der den Optimaten als Anhänger bed Tib. Gracchus (Cic. Lael.
41, 39. 12, 41. vgl. ad Fam. IX, 21, 3.) verhaßt war, auf (de Off. II,
13, 47. 14, 49. de Or. I, 10, 39. TI, 40, 170. III, 20, 74. Brut. 43,
159. Val. Mar. IH, 7, 6. VI, 5, 6.), bereute aber fpäter feine Anklage
(Verr. Acc. II, 1, 3.), weil Barby, der vorher die Optimaten vergebli
zu verföhren geſucht Hatte (de leg. III, 16, 35. de Or. II, 25, 106. 29,
165.), fich dem Gerichte durch Selbſtmord entzog (ad Fam. IX, 21,3. Brut
27, 103., vgl. jedoch Val. Mar. TU, 7, 6.). Im folgenden Jahre (636.
118) empfahl er zur Berföhnung bed Volkes die Ausführung einer Golonie«
nad Narbo Martius in Ballien und führte fie feluf über die Alpen (Bell.
—E (Case) 10050
1,15. Gic. Brut. 43, 160. p. Clu. 51, 140. de or. II, 55, 223. Quintil.
v1, 3, 44. de Off. II, 18, 63. vgl. Madvig Opusc. p. 290.). Im 3. 64H,
113 (Mon. December, vgl. Macrob. Sat. I, 10., nad CEic. Brut. 43, 160.
in feinem 27 fen Jahre) vertheinigte er die Veſtalin Kicinia, aber ohne fle
von ber Berurtbeilung durch Gafflus Longinus retten zu können (vgl. oben
Nr. 14. und Cassii, Bd. II. S. 193. 06.).* Ouäflor in Aflen (de Or.
II, 20, 75.,. in unbeflimmter Zeit) hörte er dort den Rhetor und afabes
mifhen Philoſophen Metroporus von Sfepfus (de Or. I. 1. II, 88, 360.
90, 365.) und auf dem Heimwege (zu Lande über Macedonien, de Or. I,
11, 45. vgl. Pigh. Annal. III. p. 119.) den Charmadas und andere Aka⸗
demiker (de Or. I, 11, 45. 13, 57. 20, 93. II, 88, 360.) zu Athen, wo
er übrigens feinen Aufenthalt abkürzte, Indem er den Athenienfern um ifrer
Weigerung willen, die Möfterien zu wiederholen, zu welden er um zwei
Tage zu fpät gefommen war, grollte (de Or. IH, bo, 75.3. Wann er nad
feiner Rückkehr den Prozeb für Confidius gegen C. Sergius Orata (Con-
sidi, ®b. II. S. 1127. Nr. 2.**) und einen andern für Sergius gegen
M. Marius Gratidianus umd beffen Anwalt M. Antonius, einen Hausver⸗
fauf betreffend (de Or. I, 39, 178. de Off. I, 16, 67.), fo wie einem
dritten, nicht näher zu beflimmenden, für Pifo (de Or. II, 70, 285., viels
leit der Eof. 642., der fünf Jahre fpäter ala Legate des Eof. %. Eafflus
in Gallien fiel, vgl. Bo. II. ©. 99. 192.) führte, iſt ungewiß. Sein Tri⸗
bunat (647 d. ©t., vgl. Brut. 43, 160 f.) ging fill vorüber und erhielt
ſich, wie Efkero (1. 1.) fagt, nur dadurch im Andenken, daß er während
biefed Amtes’ bei dem Audrufer Du. Granius (vgl. Bd. III. S. 958, 1,,
wo Graffus fälfhlig mit dem Vornamen Marcus genannt iſt) fpeißte, und
Zucilius dieß zweimal erzählte. Im folgenden Jahre ſprach er für vie lex
Servilia (de8 Coſ. Du. Serviltus Cäpio), wodurd die Senatoren wieder in
bie Gerichte eingefegt wurden (f. Judex, ©. 356., Brut. 43, 161. 44, 164.
86, 296. 87, 298. de Or. I, 52, 225. Paradox. V, 3, 41. Auct. ad He-
renn. IV, 3, 5. Or. 65,219. Quintil. IX, 4, 109. PVriſcian. T. I. p. 411.
de Or. I, 55, 223. p. Clu. 51, 140. Quintil. VI, 3, 44.; daß er in
diefer Rede, wie Drumann Bd. IV. ©. 63. NR. 55. annimmt, gegen C.
Memmius gefämpft habe, Gic. de Or. 11, 59, 240. 66, 267., iſt nach dem
Inhalt der Ausfälle gegen Memmius, und da ber Beweis, daß ber Lehtere
gegen das Serviliihe Geſetz aufgetreten fei, fehlt, zu bezweifeln, vgl. Meyer or.
rom. fr. p. 301.). Die curulifge Aedilität bekleidete ex, wie alle andern Aemter
(mit Ausnahme des Volkstribunats und der Genfur, Brut. 43, 161.) mit
Du. Mucius Scärola (Pontifer), ungefähr im I. 651, 103 (nad der An⸗
nahme des Pighius Annal. III. p. 157., welche auf feinem befimmten Zeug.
nifje ruht). Daß die Aedilität diefer Beiden fehr glänzend geweſen fei, bes
zeugt Gicero (Verr. Accus. IV, 59, 133. de Of. II, 16, 57.), und nad
Blinius (H. N. VII, 16. vgl. Solin. Polyh. 27.) ließ Scävola zum erften
Male mehrere Löwen kämpfen, mährenn Graffus die Scene mit Säulen von
hymettiſchem Marmor ſchmückte, welche fpäter im Atrium feines Haufes auf
“ Wenn Cicero Brut. 1. 1. die VertHeibigung ber Beſtalin vor der Rebe für bie
Eotonie erwähnt, fo ſetzt er fie damit nicht in frühere Zeit (Dramann IV. ©. 62.
N, 46.), fondern nennt fie nur früher, indem er der unmittelbar zuvor erwähnten
Auflage (de$ Earbo) eine Wertheidigungsrebe entgegenfegt. Darum fagt er audh:
defendit postes, quum annos XXVIl. natas esset, und im Folgenden: voluit
adolescens etc.
“> Die Worte des Bal. Mar, IX, 1,1.: causam agens, bezeichnen Erafius als
denjenigen, der bie Klage (gegen Sergins Drata) führte, wofür auch Im Uebrigen
der Zuſammenhang ſpricht, daher bie Auffafung, welcher Meyer folgt (or. rom-
fragm. p. 314, 12.: or. pro O. Berg. Orata contra Considium) eine irrige iſt.
1060 Läcinil (Crassi)_
dem Palatin aufgeftelt wurben (Plin. XVII, 1. vgl. XXXVI, 3. Dal. Mar.
‚4, 4.).* Im 3. 654 (100) ergriff er gegen ben aufrührerifhen Tri⸗
bunen 2. Appulejus Saturninud mit den übrigen Optimaten bie Waffen
(p. Rab. perd. 7, 21. 9, 26.). Wahrfdeinli vor feinem Confulate ver
trat er feinen Freund C. (Vifelius) Aculeo (de Or. II, 1, 2. I, 43, 191.
vgl. Helvia, Bd. IH. ©. 1570.) in einem Prozeſſe mit Marius Bratidianus
vor dem Unterfuhungsrichter (nit Prätor, wie Meyer p. 302. annimmt)
M. Perperna (de Or. II, 65, 262.; die Prätur des Berperna 657 d. St.
(656) wird von Pighius Ännal. III. p. 159. nur voraudgefeßt, da er einige
Sabre fpäter das Gonfulat bekleidete), Auf das I. 659 (95) bewarb er fi
um bas Gonfulat, und unterzog fich bei viefer, mie bei andern Bewerbungen
mit innerem Wiberfireben dem Geſchäfte, auf dem Forum unter dem Volke
bittend bin» und berzugeben und durch Schmeicheln fi die Gunſt des foune
ränen Pöbels zu erfaufen; daher er jevesmal, che er zur Bewerbung aus⸗
ging, feinen Schwiegervater, den ehrmürbigen und weiſen Du. Mucius
‚ Scävola Augur**, bat, ihn zu verlaffen, da er am mwenigften unter feinen
Augen ſich herabwürdigen möchte (de Or. I, 24, 112. Bal. Mar. IV,5, 4.).
Mit PB. Scävola zum Gonful gewählt (Fasti cap. ic. Brut. 64, 229. de
Of. III, 11, 47. Verr. Accus. II, 49,.122. Ascon. in Cic. Pis. p. 14. Or.
in Cornel. p. 67. Bal. Mar. VII, 15, 6. Obfequ. 110., wo er faͤlſchlich
P. heißt) gab er mit demſelben vie lex Licinia Mucia de civibus regundis,
welche den Bundesgenoſſen, vie ihre Eivität nicht nachweiſen fonnten, ohne
fle gerade aus Rom zu verweilen, die Ausübung des Bürgerrehi8 unterfagte
(vgl. Böttling Geſch. d. Nöm. Staatöverf. S. 449., der diefen Inhalt der
lex mit Recht aus Cic. de off. IH, 11, 47. entnimmt; die übrigen St. ſ.
unter lex Lic. Muc., S. 984.). Während feines Confulates vertheidigte er
ohne Erfolg den Qu. Servilius Cäpio, Urheber ber lex Servilia judiciaria,
ber mobl eben um dieſes Geſetzes und nicht um anderer Schuld willen von
ben Rittern veruriheilt wurbe (Brut. 44, 162. vgl. 35, 135. u. & U. 9.
Ahrens, die drei Volkstr. Tib. Gracch, M. Drufus u. B. Sulpic. &.76.).
Als ihm nach feinem Gonfulate die Verwaltung des bieffeitigen Galliens (Bal.
Dar. III, 7, 6. vgl. Gic. de Invent. II, 37, 111.) übertragen wurde, ie
folgte ihm C. Garbo dahin, befien Vater er verurtheilt Hatte, und der ihn
* ine Münze mit der Juſchrift P. Crassus Leg. Pro. Pr. zeigt eine weib⸗
Uche geftügelte Figur mit gefligeltem Caducens in der Rechten und einem GSchilde
in der Linken. Da num ber praeco ber Indi saeculares auf ben Denaren ber gens
Sanguinia (vgl. Eckhel Doctr. Numm. V. p. 299 f.) gleichfalls einen coaducens in
der Rechten und einen Schild in ber Linken trägt, fo wolte C. Eavedoni (Dichia-
razione di alcuni tipi di medaglie di famiglieRom., Annali dell’ Inst. di Corrisp.
Arch. XI. 1839,, p. 305.) eine WBictorta, welche den ‚Herold bei ben Spitlen madhe,
in jener Figur erkennen, unb in bem Typus eine Anfpielung auf bie Gpiele ber
Aedilen P. und £, Eraſſus (Nr. 25. u, 18., Eic. de Off. IL, 16, 57.) iuden. De
aber die Münze von einem Legaten herrührt, und bie Spiele nicht näher augebentet
find, fo dürfte ber Typus eher anf die Verkündigung eines Sieges im Felde zu be
sieben fein. Auf dis Thierfämpfe Dagegen, weiche £. Craſſus wohl gemeinfchaftitch
mit feinem Amtögenoffen Gcävola gab, könnte eine der beiden im Eingaug erwähnten
Münzen fid, beziehen, auf welcher ein Eber, von einem Hunde angebelt und von
einem Jagdſpieße durchbohrt (vgl. Cic. ad Fam. VII, 1, 3, quam — praeclara
hestia venabulo transverberatur) erfcheint,
eo So genaunt zum Unterſchiede von dem Pontifsr Du, Muc. Scaͤv. Uutöge
noſſen ded Redners Eraffus in verfchiebenen Aemtern. Lepterer war Sohn bes P.
Mucius (P. f.), Coſ. 6231, und Neffe bes P. Craſſus Mucianus (Nr, 16,); ber Augur
aber war nicht fein Oheim (und Bruber bes P. Mucius uud P. Muciauns), wie
» 8. Diltbey In d. Einleitung zu f. Ueberf. von Eic. de Or. &. 1749, annimmt,
no ne SIafchrift (bei Pigh. Annual. III. p- 90, vgl. Orelli 5121.) gu Folge war
6 Qu. t.
Lieimit (Crassi) 1061
‚ nun beobachten wollte, um Gtoff zur Anklage zu. fammeln; allein indem
Graſſus ihn nit blos in feiner Nähe duldete, fondern auch zu allen Ge⸗
ſchäften beizog, fo machte er auß dem Beinde einen Freund, welder nun» .
mehr von dem ebeln Charakter des Mannes, den er vorber mit feinem Hafle
verfolgt hatte, und ſelbſt von ver Gerechtigkeit der Verurtheilung jenes
Vaters überzeugt war (Bal. Mar. 1.1.). Trotz feiner edeln Geſinnung dachte
jedoch Craſſus nit groß genug, um über eiteln Ehrgeiz erhaben zu fein.
Denn nicht zufrieden mit bem Ruhme des Redners und nach dem Triumphe
bed Feldherrn ſtrebend, durchſpähte er vie Alpen, ob er nicht einen Feind
in bdenfelben fände; und nachdem er einige Völkerſchaften, weil fle durch
Raubzüge feine Provinz gefährdeten, angegriffen und beflegt Hatte*, fo kehrte
er nah Nom zurüd und forderte einen Triumph vom Senate (Gic. de in-
vent. II, 37, 111. in Pison. 26, 62.). Ohne Zweifel hätte diefer bei dem
großen Anſehen und Ginfluffe des Craſſus das Geſuch bemilligt, wenn nit
Scävola, mehr von der Rüdfigt auf die Geſetze (Dal. Mar. II, 8,1. vgl.
Divdor 1. XXVI. fr, T. X. p. 171. ed. Argent. App. b. c. II, 44.)
als auf daB Interefle feined gemeinen Amtögenofien geleitet, durch fein Gut⸗
achten ven Beſchluß vereitelt Hätte (vgl. Ascon. in Pison. p. 14., ver glei
Gicere in Pison. u. de Invent. von Graffus, wie von Schvofa als Gonful
Sprit, während die Angabe des Dal. Mar., daß Crafſus als Proconful
nach Gallien abgegangen ſei, in Vetracht des Friedens, welcher in dieſer wie
in den übrigen Brovinzen herrſchte — Obſequ. 110.: pax domi forisque fuit,
daher man nicht veranlaßt war, die Gonfuln vor dem Ende ihres Jahres
ins Feld zu fhiden, Drumann Bb. IV. ©. 65. — die größere Wahrſchein⸗
lichkeit hat**). In einem der folgenden Jahre führte er den berühmt ge»
wordenen (Bd. II. ©. 786, 3. von und beſprochenen) Prozeß für M’. Curius.
(In Betreff der Zeit geben nur die Stellen de Or. I, 39, 180. 56, 238.
einen Anhalt, wo Crafſus und Antonius [im I. 663, 91] in Beziehung
auf den Prozeß den Ausdruck nuper gebrauden. Ob Graffus als Cenſor
662 in dieſer Rechtsſache ſprach, iſt zweifelhaft; die Annahme Drumanns,
IV. ©. 65. N. 81., und Meyers, 1. 1. p. 303., daß der Prozeß in das
3. 661, 93 falle, gründet fi auf Pighius Annal. II. p. 206., ber aus
@ic. pro Caec. 24, 69. den Schluß zieht, daß die Sache vor einem Präror
Manilius verhandelt worben fei, welchen er ohne yoflıtves Zeugniß In jenes
Jahr fegt; allein unter dem von Cicero genannten Manilius ift vielmehr der
Rechtogelehrte M'. Manilius [Coſ. 605 dv. St., vgl. Zimmern Rectegeſch.
I, 1. ©. 276 f:] zu verfleben.) Im J. 662 (92) bekleidete er mit En. Do-
mitius Ahenobarbus die Benfur und erließ mit vemfelben ein Cdikt gegen bie
Säulen der lateiniſchen Rhetoren, lebte aber fonft mit ihm in Feindſchaft
und blieb durch feinen Witz bei den häufigen Wortmechfeln meiflens der Sieger
(vgl. Domitii, ®v. I. ©. 1208 f., wo in Betreff der Muräne des Grafiuß
noch Porphyr. de abstin. III, 5. beizufügen if, deſſen Angabe, daß jener.
® uf biefen Sieg bezieht Erizzo (f. oben im Gingaug) bie andere der beiden
Münzen, anf weldyer bie. Siegesgbitin eine Trophäe bekränzt (vgl. Havercamp 9
nhes. Morell. p. 581f.), — Uus Anlaß des Krieges gegen die Alpenvolker ſcheint
übrigens von Eraffas die Stadt Lieini forum gegründet zu fein, welche von Plinius
H. N. IIL 17. ats Stadt der Orobler — angeblih ’Opdß:o, bie in ben Bergen
leben — neben Eomum und Wergomnm genannt wird, nud Demnach jebenfalld am
@ingang der Gebirge Tag. (Ob das heutige Leceo? — Einver Ital. ant. p. 2349 f.
ſucht bie Stadt, wie es ſcheint, mit Uureyt in bem heutigen, bereits in ber Ebene,
au ber alten Heerſtraße zwiſchen Comum und Mediolanum gelegenen WBerlafiue, in
welchem Fall fie wahrſcheinlich von den Stinerarien erwähnt wäre.) j
© Möglih wäre allerdings, daß die lex de civibus regundis den Anlaß zur
Sendung des Confuls nad Ballien gegeben hätte,
4062 Ulelmii (Crassi)
um ben DVerluft der Muräne, nicht aber um ben Tod breier Kinder getrauert
babe, auf einer Verwehälung mit den drei Frauen bed Domitius beruht).
Daß er nit Tange vor feinem Tode (mie Drumann ©. 66. annimmt) bie
Veriheidigung ded En. Plancius (Plancus?) geführt Habe, von welde
Cicero um der Verhöhnung feines Gegners Brutus willen (vgl. Junii, ©.
512, 16.) wiederholt Erwähnung thut (de Rep. II, 54, 220. 55, 222 fi
p. Clu. 51, 140. Quintil. VI, 3, 44.), berußt, wie es ſcheint, auf Feinem
Zeugniß eined Schrifiſtellers; und eben fo wenig läßt fi beflimmen, wann
und aus welchem Anlaß er fein Zeugniß gegen M. Marcelus ablegte, bas
troß feines hoben Anſehend bei den Gerichten erfolglos blieb (Gic. pro Font.
7, 14. Bal. Mar. VII, 5, 3.). Sein Tod erfolgte aus Anlaß der Streitig-
teiten des I. 663 (91). Der Gonful 8. Marcius Philippus (f. d., und
Ahrens, die drei Volkotr. S. 90 ff.) Hatte im Kampfe gegen ben Bolkätrib.
Livius Drufus, welder von Anfang die Gunft des Genated genoß, die
Neußerung getban: „mit einem ſolchen Senate fei ed ihm unmöglid zu res
gieren’’; worauf Graffus, von feinem Landgute bei Tusculum (wo ihn Gicero
in den vorhergehenden Tagen mit Antonius und den übrigen Freunden das
Geſpräch über den Redner Halten Täßt, de Or. 1,7, 24 f.) zurückgekehrt, in
der Sigung des Senates vom 13. September eine. feurige Rede gegen den
Conſul hielt, und als ihn diefer durch Wegnahme von Pfändern und fodann
dur einen dem Lictor ertbeilten Verbaftbefehl zu fchreden verſuchte, den
Iegteren mit den Worten von fi fließ: „für ihn fei ein Mann nicht Conſul,
ber in ihm den Senator nicht achte” (de Or. IH, 1, 1ff. Quintil. VII,
3, 89. XI, 1, 37. Bal. Mar. VI, 2, 2.). Die Aufregung der Scene er⸗
fgütterte feine Geſundheit: mit Fieberfroft kehrte er in fein Haus zurück, und
am flebenten Tage war er tobt (de Or. II, 2, 5 f. Brut. 88, 303.). Sein
Charakter und feine politifhe Richtung tritt in der Gefchichte feine Lebens
zu Tage; im Privatleben warb er von feinen Feinden (wie von Domitius,
f. Bd. II. 1208 f., und von dem Anfläger Brutus, der ihn mit Anfpielung
auf fein prächtiges, auf dem Palatinus gelegenes Haus* die palatiniiche
Venus nannte, Plin. XXXVI, 3.) der Prachtliebe und Ueppigkeit (öl Pin.
XXXI, 2. XXXIII, 11. XXXIV, 3.) bejihuldigt, allein einer fpäteren Zeit
gegenüber bemahrte er auch In dieſer Hinſicht die verecundia (Plin. XXXIII.
11. vgl. Val. Mar. IX, 1, 4.).** Bon Mucia, einer der beiden Toͤchter dei
© Mol, Weder Rom. Alterth. J. S. 423. Die atria Lioinia, welche in fpäterer
Belt zu der Vornahme von Berſteigerungen bienten (Eic. pro Quint. 3, 12, vgl, 6,
25.), mögen Allerdings die Hallen feines Haufes gewefen fein, Bel, über bie Gitte,
in atriis zu verfleigern, Bd. I. ©. 996. u. 925.
°° Unter den Rednern Roms in ber Elcero und dem Glauzpyunkt ber Bered⸗
ſamkeit Roms zunächft vorausgehenden Periode iſt er wohl der bebeutenbfie uud aus⸗
gegeichuetfie : als folcher ſchildert ihn Cicero neben Antonias (f. Sb. I. ©. 575.).
und theilt ihm mit biefem die Hauptrolle in der Schrift De Oratore in einer WBeif
bei, die und wohl erlaubt, in dem Erafiıd ben Träger der eigenen Aufichten md
Ueberzeugungen Eicero’8 zu erkennen (f. meine Geſch. d. Rom. Lit. 5. 379. Not. 4.
ed. 8.). Eraffus, deu Cicero fat noch Aber Antonius felit, Hatte fi in ber Iugend
unter bem Annalifien und Rhetor Edlins WUmtipater ıf. Wb. I. ©. 486. 561.) ge:
blidet; in feiner Laufbahn als Nedner kam ihm eine allgemeine wigfenichaftliche Bil:
dung, wie fie auch Cicero vom Redner Überhaupt verlangt und eine gute Kenutniß
Des Rechts fehr zu flatten; er fprach eben fo fehr mit Würde unb Kraft, wie mit
Anmuth und Eleganz , unb war befonders außgezeichnet dur WBig; von feinen
NReden Hat ſich jeboch Nichts erhalten; f. Eic. Orat. 38. vgl. Brat. 36. De er. IE,
1. 45. und bie andern Gtellen im Onomast. Tallian. p. 344 ff. vgl. mis Meyer
Fregmm. Oratt. Romm. p. 291—317. b. zweiten Ausg. Ellendt Hist. elog. Rom.
5. 26. zweite Ausg. Meine Geſch. d. Rom. Lit, 6. 268. Not. 6. [B.]
Zicknii (Crassi) 4068
! ,
, Du. Mucius Gcävola Augur (Brut. 38, 211. vgl. de Or. I, 7, 24. pro
: Caec. 24, 69. Bal. Mar. IV, 5, 4. VII, 8, 1. Lucil. bei Gic. de Or.
ı 111, 43, 171.) und der Lälie, Tochter des G. Lälins Sapiens (©. 727,3.)
ı hatte er zwei Töchter, nemlid
19) Licinia, vermählt an P. Cornel. Scipio Naflca, Sohn des Scipio
Naflca, Coſ. 643 d. St. (vgl. Comel, gens, ®b. II. ©. 668, 15.), Mutter
von Ar. 21., und
20) Licinia, vermählt an den jüngeren Marius, für deren Sohn ſich
in fpäterer Zeit der von Antonius bingeridhtete Amatius (der falfhe Marius)
audgab (Bic. ad Att. XII, 49, 1. 8, 1. vgl. Mar.). Der ältere Marius
heißt daher affinis des Redners Grafius (de Or. I, 15, 66. pro Balb. 21,
49.) ; der jüngere Marius ſelbſt aber ſcheint als Schwiegerfohn des Crafſus
von Gicero de Or. IH, 2, 8. erwähnt zu fein (exilium generi, vgl. Xiv,
LXXVIE.), obwohl Henrichſen zu d. St. an den andern Cidam Scipio denkt,
welcher wahrſcheinlich in Folge ber lex Varia (noch im 3. 663, 91, dem
Tobedjahre des Crafſus gegeben) mit andern Optimaten verbannt worben
fi. An beiden Liciniae wird von Gicero Brut 58, 211. die Gabe ver
Rede gerühmt, welche fie von väterlier und mütterlicher Seite geerbt hätten.
1) L. Licinius Crassus Scipio, Sohn von Nr. 19. und Enkel
von Nr. 18., von feinem Großvater im Teſtamente aboptirt und zum Erben
eingefeßt (vgl. Cornel., ©. 668, 15.)
22) M. Licinius Crassus, Agelastus (Plin. VII, 19. Solin.
I, 66. Cic. Tuscul. III, 15, 31. de Finn. V, 30, 92. Pfeuboafcon. in
Act. I. Verr. p. 128. Or.), Großvater bed Triumvirs Grafus Nr. 29.
(Blin. 1. 1.), Bater von Nr. 25. und eben baber P. f. und wahrſcheinlich
Enkel von Nr. 14., vieleicht mit dem von Livius XL, 51. (im. 515 d. Gt.)
erwähnten M. Licinius Crassus iden iſch. Ä
23) Licinia, nah dem Zeitverbältnig eine Schwefter bed Vorigen,
wurde zugleih mit Publica beſchuldigt, daß fle ihre Männer, Claudius
Afelus und Poflumius Albinus Hätten vergiften wollen, woburd fie in Folge
eines Spruchs der Verwandten die Tobeöftrafe ih zuzogen (Liv. XLVIII.
Bal. Mar. VI, 3, 8.). |
24) M. Licinius Crassus, wahrſcheinlich Sohn von Nr. 22., von
@ic. de Or. I, 36, 166. als Prätor erwähnt, nah Henrichſen zu d. St.
wahrſch. 627 oder 628 d. St., da Octavius (Cof. 626) Confular, Hypfäus
aber (Gof. 629) nicht ebenfo genannt wird. (Bon Pigh. Annal. III. p. 141
ohne triftigen Grund als Prätor 648 Varr. aufgeführt.)
25) P. Licinius M. f. P. n. Crassus Dives (Fasti triumph. ad
a. 661. cap. ad a. 669. Varr. vgl. Eic. de Off. II, 16, 57. Macrob. Sat,
II, 13.), Sohn von Nr. 22. und DBater des Triumvirs, gab als Volks⸗
tribun oder Prätor unbeſtimmt in melchem Jahre (vgl. Drumann IV. ©. 70.
N. 31.) die lex Licinia sumptuaria (f. sumptus), that fich als Aedile durch
glänzende Spiele hervor (Eic. de Off. 1. 1.) und gelangte im 3. 657 (97)
mit En. Cornelius Lentulus zum Gonfulate (Rasti cap. Plin. X,2. XXX, 1.
Dbfequ. 108.). Während ihrer Amtsführung erfolgte ein Senatsbeſchluß,
welcher die Menfchenopfer verbot (Blin. XXX, 1.). Na feinem Confulate
verwaltete er mehrere Jahre das jenfeitige Spanien, kämpfte dafelbft mit ven
Iufitanifhen Stämmen (Plut. Crass. 4. vgl. Etrabo 1. II. fin. p. 178.,
wonad er ber erfle Römer war, der von Gades aus die Gafliteriven ber
ſuchte) und warb im 3. 661 (93) mit dem Triumphe belohnt (Fasti triumph.
Blut. Crass. 1. @ic. in Pison. 24, 58. u. Aſcon. p. 14. Or. pro Planc.
13, 32. Schol. Bob. pro Sest. p. 229.). Im 663 (92) faßte der Senat,
als der Conſul Claudius über den Aufruhr des En. Carbo (über welden
die näheren Angaben fehlen) berichtete, auf feinen Antrag die Refolution:
Mn.
1064 Kieimts (Crassi) ”
„daß ein Aufruhr wider Willen deſſen, ber mit dem Volke verhandle, fid
nicht ereignen könne, indem ed demſelben freiftehe, eine Verfammlung , fos
bald Einſprache geſchehen und Verwirrung entflanden fei, zu entlaſſen“ (Gic.
de legg. HI, 19, 42.). Im Bundesgenoffepfriege (664, 90) kämpfte er als
Legate des Conſuls 2. Julius Cäſar (vgl. Cic. pro Font. 15, 33) un»
glücklich mit M. Lamponius (f. S. 750.). Im 3. 665 (89) bekleidete er
mit demfelben Cäſar die Genfur (Fasti cap., Blut. Crass. 1. Feſt. v. referri
p. 239. M.), aber ohne daß die Beiden einen Cenſus vornahmen (Gic. pro
Arch. 3, 11. vgl. Kiene d. röm. Bundesgenoffenkrieg ©. 218 f. u. Anm zur
lex Julia, oben ©. 975.). Daß die Genforen die Ginführung auslänpifcer
Salben unterfagten und den Preis der griechifchen Weine beſtimmten, berid-
tet Plinius (XII, 3. XIV, 14. Solin. 46.). Im I. 667 (87) wurde e
mit anderen Optimaten dad Opfer ver Nahe des Marius u. Cinna; nad:
bem fein Sohn (Nr. 26.) von den Meitern bed Flavius Fimbria erſchlagen
war, durchbohrte er fich ſelbſt, um den Händen der Martaner fi zu ent
ziehen (Liv. LXXX. ic. pro Scauro 2, 1. und Xfcon. p. 23. Or. pro
Sest. 21, 48. und Schol. Bob. p. 229, de Or. 111, 3, 10. Tusc. V, 19,
55. Lucan. II, 124. Plut. Crass. 4. vol. Flor. III, 21., wogegen Apvian
- b.c. 1,72. erzählt, er habe feinen Sohn getöbtet, und fei hierauf von ven
Berfolgenden erfglagen worden). Ob Cicero ad Att. XII, 24, 2. von bie
fem P. Erafjus ſpricht und ob daher Benuleja feine Gemahlin war, iſt zu
bezweifeln (vgl. Orelli Onomast. Tullian. p. 348 f.). Zu feinem Lobe ge
braucht Cicero Tusc. I, 33, 81. die Worte: et sapiens et eloquens et pri-
mus homo (vgl. de Legg. 1. 1.: sapientissimus homo). Das Haus, wel
ches er hinterließ, wurde von @icero gekauft (Pfeudo-Salufl. decl. in Cic.
2, 2. Pſeudo⸗Cic. in Sal. d, 14. 7, 20.).
26) P. Licinius Crassus Dives, Sohn bed Borigen, bereits
erwachfen und verheirathet (Blut. Crass. 1.), als er im I. 667 (87) ven
ben Reitern des Fimbria erſchlagen wurde (Liv. 80. vgl. Nr. 25.).
27) P. Licinius Crassus Dives, Sohn des Vorigen und unwür⸗
diger Enkel von Ne. 25. (Cic. Tuscul. I, 33, 81.), verpraßte feinen Reid»
thum und wurde, nachdem bie Gläubiger feine Güter verkauft hatten, zum
Hohne mit dem Beinamen Dives begrüßt (Val. Mar. VI, 9, 12. Blin.
XXXIII, 9., welder letztere fälfplih angibt, er Habe zuerſt den Beinamen
Dives geführt).
28) Licinius Crassus Dives, füngerer Bruder von Nr. 26., war
nad Plut. Crass. 1. A. ſchon zu Lebzeiten feiner Eltern verheirathet, und
entging dem Blutbade vom I. 667 (87), ohne daß weitere Kunde Über ihn
erhalten wäre. [Hkh.]
29)M. Licinius Crassus Dives P.F. (jüngfter Sohn von Nr. 25.,
@ic. ad Fam. V, 8. Plut. Crass. 1. 4. 6. Aſcon. in Scaur. p. 23. Or.)
M. N. (Plin. H. N. VII, 18. Solin. I, 66.), der Triumvir, im J. 699
über ſechis Jahre alt (Plut. 17.), ſomit vor 639 geboren und alſo etıra
10 3. älter als Pompefus (ib. 6.). Al die Marianer mährend Sulla's
Abweſenheit in Griechenland (I. 667) thr Haupt erhoben, entging er Kaum
dem Schidfal, das feinen Vater und Bruder traf (f. Nr. 25. und 26.),
Plut. 4. Zu feiner Sicherheit entfloh er im I. 669 nah Spanien, wo er
fich unter der Statthalterſchaft ſeines Vaters Freunde erworben hatte, wo
aber die Furcht vor den Marlanern fo allgemein war, daß Er. fich in eine
Höhle am Meere verſteckte, in der e8 ihm aber durch die Freundlichkei des
Vibius Paciagecus an Eeiner Annehmlichkeit fehlte (Wlut. 4. 3.). Acht Mor
nate blieb hier Gr. bis zu Cinna's Ermordung, durchzog dann Sranien
mit einem Heerbaufen , ſetzte nach Afrika über und trug fib dem Sulla, ale
er 971 in Italien Iandete, an, um Rache zu üben und Beute zu gewinnen
Eieimil (Crassus Triumyir) 1065
“ (ib. 6. vgl. Ele. off. I, 30, 13.). Gr warb umb kämpfte tapfer für Sulla
‚ unter den Darfern (Blut. 6.), flegte mit Pompelus bei Spoletum über Al⸗
bius Carrinas (f. Bo. II. ©. 158.), eroberte Tuder, wobei er ſich ben
größten Theil der Beute zugeeignet haben fol (Blut. 6. vgl. Pin. TIT, 14,
19), und trug am 1. Nov. vor Rom als Befehlshaber des rechten Flügels
am meiflen zum Siege des Sulla bei (Plut. Crass. 6. Sull. 29. App. I, 93.
Liv. 88. Cutrop. V, 8. Oroſ. V, 20.). In den folgenden Proferiptionen
bereicherte er fih auf ſchmähliche Weile (Plut. 2. 6. comp. c. Nic. 1.
Gic. off. I, 30. extr. Parad. 6, 1. 2.). Der Aufſtand bes Spartacus rief
ihn wieder unter die Waffen; zweimal war der Brätor Barinius, zweimal
bie Coſſ. de8 I. 682 geſchlagen, Nom zitterte und übertrug, den neuen Goff.
mißtrauend, den Oberbefebl an den neben dem abwefenden Bompelus am
meiften bemährten PBrätor Di. Craſſus (App. b. c. I, 118. Plut. 10. comp.
Nic. 3. iv. 96. Vellej. II, 30 extr. Flor. II, 20, 12. Eutrop. VI, 7.
Oroſ. V, 24.). In einer großen Schlacht ſchlug er die Sklaven vollflän»
big, tödtete den Spartacud und beenbigte (f. Vell. II, 30 extr. Jullan.
Caes. p. 323. Sp.) damit den Krieg, f. Servile bellum und Spartacus. '
Sechs Monate hatte fein Feldzug gedauert (App. I, 121.; bis in den Win
ter, Blut. 10. extr.); aber da die Beflegten Sklaven waren, fo erlaubte
der röm. Stolz dem Sieger nur eine Ovation mit dem Lorbeerfranze (Put.
11. ic. in Pis. 24, 38. Plin. XV, 29, 38. Gel. V, 6, 20.), und Pomp.
fuchte defien Ruhm fi ſelbſt anzueignen. Für das folg. I. (684) bemarb
fid Er. mit Pompejus um's Bonfulat; jener bat diefen um feine Verwen⸗
dung beim Volke (Blut. Cr. 12. Pomp. 22.) und Beide murben, obwohl
Beide vor Mom an der Spige eines Heers flehend, gewählt (Plut. 1. 1.
App. I, 121. on. X, 2. Liv. 97. Bel. TI, 31.). Craſſus unterflüßte
verfprochener Maßen feinen Gollegen in feinen demokratiſchen Unternehmungen
(Liv. 97. Aſcon. in Div. in Caec. p. 103.), ſuchte aber auch feinerfeits
das Volk dur das vergänglihde Mittel reiher Spenden für ſich zu gewin⸗
nen (Plut. 2. 12. comp. Nic. 1.). Verſtimmt über feine Verdunklung
Cogl. Sal. hist. 4. p. 230. Berl.) verfühnte er fi erft am Ende bes Jahre
in Folge öffentlier Anregung durch den Ritter &. Aurelius wieder mit
Pomp. (Blut. Pomp. 23. Crass. 12. vgl. Ayp. I, 121.). Nach feinem
Gonfulat blieb er in Rom, mit Verwaltung feined Vermögens und gericht»
lichen Bertheivigungen beihäftigt (Plut. Pomp. 23.). Im I. 689 war Gr.
Genfor mit DO. Lutatius Gatulus, aber aud Uneinigkeit kamen fie zu keiner
gemeinfamen Amtshanvlung (Blut. Cr. 3. comp. Nic. 2. Div XXXVII, 9.).
Auch Cr.'s Bemühungen, ven Irandpadanern die Clvität zu verfähaffen und
Aegypten zur Provinz einzurichten, wurben durch Lutat. vereitelt (Dio 1. 1.
Blut. 13. Suet. Caes. 11. vgl. Eic. de leg. agr. 2, 17. 24). Mit
PBomp.sd Glück flieg zwar Er.’3 Haß gegen ihn (vgl. Sall. Cat. 19. Eic.
ad Att. II, 21, A.); daß er aber deßwegen fih an der catilinar. Verſchwoͤ⸗
rung 691 betheiligt (Salt. C. 17. Plut. 13.) ik von dem Dives unwahr⸗
ſcheinlich, und Er. felbft betrachtete die gegen Ihn aufgebrachte Beſchuldigung
nur als eine Intrigue von Cic. (Sal. C. 48. Die XXXVI, 35. Plut. 13.),
defien Bewerbung um's Gonfulat er entgegengearbeitet hatte (Aſcon. in tog.
cand. p. 83. Or.) und den er nur um fo mehr nun haßte (Plut. 1. 1. vgl.
@ic. Phil. I, 3, 7.: mihi cum M. Crasso-multae et magnae contentiones
fwerunt, und aus fpäterer Zeit ad Fam. XIV, 2, 2. I, 9, 9., wogegen
f. p. Sest. 17, 39. 18, 41.). Bet Pompejus' Rückkehr aus Aften ftellte
Sich Cr., als fürdte er von Ihm Proferiptionem, und verließ die Stadt
( Plut. Pomp. 43. vgl. Cic. p. Flacc. 14, 32.); er muß aber bald zurüd-
gelehrt fein, da er gleih im Ian. 693 im Senat dem Pomp. zum Trotz
ven Gic. aufs Aeußerſte erhob, wodurch er in Cic.'s Augen ſehr gewann
IV. 67
—4
1066 Lieinii (Crassus Triumyir)
(hic dies me valde Crasso adiunxit, ad Att. I, 14, 3f.). Æarnſtlicher
war Gr.’& Verbindung mit Gälar, dem er als Popanz gegen Pomp. unt
als Boldquelle diente, fo verbürgte fih Er. für Cäſars Schulden, ehe dieſer
als Statthalter nah Spanien abging (Plut. 7. Caes. 11. Suet. Caes. 18.
App. II, 8.). Der Betätigung von Pomp.'s aflatiihen Verfügungen wiber-
fegte auch er fih (App. II, 9.), unterflügte aber mit Bomp. Cäfars Wapl
zum Gof. für 695 (Plut. Caes. 14. Pomp. 47. Crass. 14. App. 1. 1.).
Cäſar brachte nunmehr die Verföhnung zwifchen Beiden zu Stande, indem
er Ieden ald zu den gemeinfamen Zweden unentbehrlih darſtellte (App. 1. 1.
Dell. II, 44, 2.), und fie errichteten nım das erfle Triumvirat, f. ©. 435.
Er. beſtand fogleih eine ſchwere Probe, indem er daß jullfhe Adergeiek
(ſ. S. 436.) unterflügen mußte und mit feiner Vollziehung mitbeauftragt
wurde. Auf Gäf. fehte er alle feine Hoffnung für Gewinnung größerer
Macht; er unterflüßte ihn daher in allen feinen Planen (vgl. 3. B. Blut.
Cr. 14.), obwohl diefer ihm die @hre, im Senat ihn zuerft zu fragen, bald
wieder entzog und fie auf feinen neuen Schwiegerfohn Pompejus übertrug
(Suet. Caes. 21.). Während Cäſar's Abweſenheit in Gallien kam beſond
durch Clodius die alte Feindſchaft zwifchen Er. und Pomp. von Neuem zum
Ausbruch (Plut. Pomp. 48. ic. ad Qv. fr. II, 3, 4. ad Fam. I, 1, 3);
aber Gäf., zu dem fih Gr. nach Ravenna begab (ad Fam. I, 9, 9.) ver
föhnte in Luca Beide, und ed wurde beflofien, daß fie für's nächſte Jahr
(699) wieder Gofj. werben ſollen, ſ. ©. 449. Erſt im Februar Fam die
Wahl zu Stande (Plut. Cat. 42. Pomp. 52. Crass. 15. Dio XXXIX.
31. 60. App. II, 18. Liv. 105. Gäf. b.g. IV, 1. Bell. IL, 46. in. Gic.
ad Qv. fr. II, 9, 2. G@utrop. VI, 18 Oroſ. VI, 13. Caffiod. und Fast
Sic.). Wegen der Vertheilung der Provinzen gab es neue Bewaltihätrig:
keiten; im Getümmel verwunbete Er. einen Senator (Plut. comp. Nic. 2.).
Endlich wurde die lex Trebonia (f. ©. 1002.) durchgeſetzt, und Gr. befam
als feinen Antheil Syrien auf fünf Jahre mit dem Rechte über Krieg und
Frieden zugemiefen. Darin war bie Befugniß zum Krieg gegen die Parther
von felbft mitbegriffen, und Caͤſ. ermuthigte noch außprüdlih den Gr. dazu
(Put. Cr. 16.). Erſt im April nahmen die Cofſ. nad einer Erholungt:
paufe die Beihäfte wieder auf (Eic. ad Att. IV, 11.); Er. gab die ke
Licinia de sodalitiis (@ic. p. Planc. 15. 16. mit Sol, Bob. p. 253. Or.
ad Fam. VIII, 2. und vgl. sodalitia). Außer feiner Habgier (vgl. ic. de
fin. III, 22, 75.) noch geflachelt von dem Drange, binter feinen Gollegen
im Triumvirat an Kriegeruhm nicht zurüdzubleiben,. gedachte Er. über die
Parther hinaus bis nad Indien vorzudringen (PBlut. 16.); feine einzige
Furcht war, der Wiverfland möchte zu ſchwach jein, um feinen Ihaten ge
böriges Nelief zu geben (Blut. 16. 18. 20. 21. comp. Nic. 4. Dio XL.
12. App. II, 18.). Sonft aber hatte Niemand in Nom rechtes Zutrauen
zu dieſem Kriege im fernen Dften, gegen ziemlih unbelannte Feinde und
unter einem greifen Feldherrn (vgl. Plut. 17.) Dan ſprach — zum erflen
Mal in Rom — von’ der Unrechtmäßigkeit des Kriegs, man fuchte die Aus⸗
bebungen zu verhindern (Dio XXXIX, 37.), man meldete ungünflige Anzei-
den, und als dieſe nicht verfingen, weihte ber Tribun Atefus den Erafius
dem lintergang (f. Bd. I. S. 892.) und entmuthigte dadurch Volk u. Heer
(Cic. de Div. I, 16, 29.), das nun allenıbalben Unglũckszeichen gewahrte
Cic. de Div. II, 40, 81. Plin. XV, 21. Blut. Cr. 17.). Berföhnt mit
ic. (ad Fam. I, 9, 20.), der fih dann im I. 700 der vorgeſchlagenen
Zurückberufung des Gr. widerjegte (ad Fam. V, 8.), verließ Gr. Italien in
der zweiten Hälfte bed November 699 (vgl. Blut. 17. und Gic. ad Att. IV,
13.). Er verachtete feinen Beind, weil er ihn nicht Eannte, und folgte
einzig den Gingebungen feines Selbſtvertrauens und feines Golddurſtes. Gr
=
Licinfi (Crassus Triumvir) 1067
ı ging über den Euphrat, beflegte ben Statthalter von Mefopotamien, eröberte
Zenodotium und Tieß ſich nun als Imperator begrüßen (Plut. 17. 21. 25.
ı Dio XL, 12. Flor. IIE, 11, 8. Orof. VI, 13.). Darauf plünderte er
die Tempel zu Hierapolis (Strab. XVI, p. 748. 785.. Plut. 17. Plin. H.
:N. V, 19.) und Jeruſalem (Iofeyh. A. J. XIV, 7, 1. vgl. 4,4. B. J. 1,6.
: Hegeflop. I, 21.) und z0g dann dur Diefopotantien gegen Selencia (Plut.
19. Dio XL, 16.). Mit 7 Legionen und 8000 M. Reiterei und Leiche
bewaffneten ging er im I. 701 über den Euphrat (Plut. 20.; übertrieben
App. b. c. 11, 18. Zlor. IT, 11, 2.). "Dur Schilderungen über die
Parther erſchreckt (Plut. 18.) ahnte das Heer nichts Gutes (Dio 18f. Plut.
19. Bal. Mar. I, 6, 11. Blor. 1. 1. Obſequ. 124.). Dem Rathe des
Gafflus zumider (Blut. 20.) ließ fih Er. von dem PVerräther Artamnes, -
Fürſt von Arabien, in die Wüſte Ioden (Blur. 21. Dio 20.), wo er bei
Ind am Fluffe Bilecha (Iflvor. Eharacen. p. 3. Amm. M. XLIII, 3,7.
Put. 23.) auf den Weſfir des Orodes, Surenas (Plut. 21. 24. Dio 16.
ae. Ann VI, 42. Amm. M. XXIV, 2, 4.) fließ und im erſten Schredien
flatt des Purpurs ein Trauergewand anlegte (Plut. 23. Bal.M. I, 6, 11.);
bald aber madßte er jelbft den Angriff; den zurückweichenden Varthern mit
einer Abtheilung nachſetzend, wurde fein Sohn Publius von ihnen umzingelt
und Tieß fih nach Heidenmäßigem Kampfe von (einem Knappen tödten (Plut.
25. Die 21. Liv. 106. ic. Brut 81. Val. Mar. I. 1. Juſtin. XLIE,
4. Flor. II, 11, 10. Orof. VI, 13. @utrop. VI, 18. Sivon. Ay. IX,
252.). Die Parther tragen feinen Kopf voran zu tem Heere des Vaters,
das fie umſchwärmen und, ſelbſt unangreifbar, aus der Ferne niedermaden; .
am Abend ziehen fie fih zurück (Plut. 27.). Da Craſſ. ſelbſt den Kopf
verloren hatte, fo’ beſchloſſen feine Legaten Caſſius und Octavius, mit Preids
aebung der Bermundeten in der Naht den Nüdzug anzutreten; fie erreichten
Garrä (Plut. 27. Dig25. Blor. IN, 11,8.). Im der nädften Nat wollte
Craſſus den Rückzug fortfegen, wurde aber von einem @ingeborenen irre
geführt (Blut. 29.). . Am Morgen wurben die Mömer von Neuem ange-
ariffen; hielten fie ſich bis zum Abende, fo Eonnten fie fi in's Gebirge
urüdziehen und waren gerettet; aber das erfchöpfte Heer nöthigte den Crafſus,
* in Unterhandlungen einzulaſſen; als er ſich zur Unterredung von ſeinem
eer entfernte, wurde er am 8. Juni (Ovid. Fast. VI, 465.) von den Par⸗
thern hinterliftig niedergemadt (Dio 27. Plut. 31. Pomp. 93. App. b. c.
Ir, 18. Strab. XVI, 747. Dionyf. H, 6. extr. Zofim. II, 32. Bon. X,
7. iv. 106. Bell. II, 46. 82. 119. @ic. de Div. I, 16. II, 9. cum
gnominia et dedecore periit. 40. €&äf. b. c. III, 31. u. 9. bei Drumann
[V. ©. 108, A. 66.). Da vom rom. Heer nicht entfloh oder niedergemacht
var, wurde gefangen genommen und zu Sklaven gemacht; Diele flepelten
ich an und verbeiratheten fih mit @ingeborenen (Suftin. XLI, 2. Hor. Od.
III, 9, If. Vell. II, 82. Put. Anton. 41. Blor. IV, 10, A. vgl. LIE,
11, 10.). Crafſus' Kopf wurde dem Orodes gebracht, der ihm gefchmolze-
res Bold fol haben in den Mund gießen Taffen (Div 27. Flor. IH, 11, 11.
5er». zu Virg. Aen. VII, 607. vgl. Plut. 33. Polyan. strat. VII, 41.),
jezeichnnenb jedenfalls für den Eindruck, welchen Erafjus’ Perfönlicgkeit und
Sparafter in Aflen gemacht hatte. Wirklich war feine hervorſtechendſte ‘Bes
zabung die für's Erwerben (vgl. callidus, ic. de fin. II, 18, 57.); fein
An fangs nit großes Dermögen Hatte er durch Plünderungen, Wucher und
Speculationen zum Theil fehr zweideutiger Art ſchon vor feinem legten Feld⸗
uge auf 7100 Talente gebracht (Plut. 2.). Galt e8 zu erwerben, fo hielt
nan ihn für jedes Mittels fähig (ic. off. III, 19, 12. vgl. I, 30, 109.).
Ind zwar war ihm der Befitz nicht Mittel zum Genuß, wie dem Lucullus,
ond ein Selbſtzweck; er gefiel fi im Beſitz und fühlte fih groß ald Beherr-
1068 | Lieinii (Crassi) -
fer von Geldſäͤcken. Er war nit geizig, aber fparlam (Blut. 3.), und -
die Scheu vor dem Verſchwenden oder Eaufmännifhe Kühlhelt war ee wohl,
auf deren Rechnung fein enthaltfamer Lebenswandel zu ſetzen iſt (Plut. 1.
castissima domus, @ic. p. Cael. 4, 9.). Nur feine politiihen Beſtrebungen
ließ er fih etwas koſten; die Siege am Anfang feiner Laufbahn und fein
Reichthum erfüllten ihn mit hohen Begriffen von feiner Bedeutung; Pom⸗
pejuß auszuſtechen fhlen ihm ein Leichtes; je mehr er aber ſich gegen ihn
zurücgefegt ſah, deſto höher flieg fein Ehrgeiz, zu deſſen Befrievigung er
an Gäfar einen theuren Bundeägenofien hatte. Ohne die nöthigen Mittel
des Geifled und Charakters wollte er Andere zu Bactoren feiner Berechnung
machen, fühlte aber ſelbſt das Unzureichende feiner Fähigkeiten und wurde
fo nur mißtrauiſch, eiferfühtig und treulos. Als Redner ſuchte er durch
großen Fleiß und forgfältige Vorbereitung fein Eleine® Talent zu heben (Plut.
3. @ic. Brut. 66, 233. vgl. 90, 308.) und hielt fih dadurch eine Zeitlang
in den Vorderreihen (ib.); häufig Half er auch durch Elingende Mittel feiner
Beredtſamkeit nad, wie dieſe felbft um gleichen Preis Jedem zu Dienften
ſtand (Plut. 7. Sal. Cat. 48. Gic. Parad. 6, 1,42 fi. vol. de of. III, 18,
73.). Vgl. Meyer Oratt. fragm. p. 383 ff. und im Allgemeinen Drumann
IV, ©. 71—115. Bermählt war er nah Plut. 1. mit der Frau eines
seflorbenen Bruders, welche Tertulla genannt wird. Die Genealogen
(3. B. Auguflin. Fam. Rom. p. 72. ®landorp Onom. p. 532.) halten fie
ohne Erweis für die Tochter des M. Licin. Lucullus (unten Nr. 9.). Man
beſchuldigte fie vertrauten Umganges mit Gäfar (Suet. Caes. 50.) und dem
Senator Axius. Sie ſcheint ihren Gemahl überlebt zu haben, vgl. Gic. ad
-Fam. V, 8. Er batte zwei Söhne: M. und P. (Nr. 30. 31.).
30) M. Licinius Crassus Dives, ber ältere, Cäſar's Quäſtor
in Gallien (Cäf. b. g. V, 24. 46. 47. VI, 6.) und im I. 705 Statihalter
im dieſſeitigen Gallien (Upp. b. c. II, 42. Suflin. XLII, 4.). Vielleicht
war feine Gemahlin vie Caecilia Q. Cretici E. Metella, welche bei Drei
Inser. 577. Gattin eines Craſſus heißt. Mit Gicero war er weniger innig
befreundet (ad Fam. V, 8, 4.), als fein jüngerer Bruder:
31) P. Licinius Crassus Dives, biente von 696—699 Gäfar mit
Auszeiinung als Legat in Gallien (CAf. b. g. I, 52. II, 34. III, 7.). Na⸗
mentlih bewährte er feine Tüctigkeit im I. 698 bei feinem Feldzuge in
Aquitanien (ib. II, 20—27. iv. 104. Div XXIX, 46. or. IH, 10,
6. Oroſ. VI, 8). Im Winter darauf ſchickte ihn Cäſ. mit Soldaten nad)
Nom, um bie Wahl des Erafius und Pompejus zu befördern (Div XXXIX,
31. vgl. Cic. ad Qrv. fr. II, 9, 2. Plut. Pomp. 51.) und mit taufend gal-
liſchen Reitern am parthiſchen Kriege feines Vaters Theil zu nehmen (Blut.
Crass. 25.), was er aber erft Ende bes I. 700 oder Anfangs 701 ausführte
(Blut. 17. Cic. ad Fam. V, 8.). Sein Top im 3. 701 iR S. 1067.
erzählt. Er war Augur und an feine Stelle fam nun Cicero (ad Fam. XV,
4.), mit dem er immer im innigften Verhältniß geflanden war. Gr. Holıte
bei ihm Anregung, Belehrung und Rath, und zollte ihm den willfommenen
Tribut aufrichtiger Bewunderung und Anhänglichkeit (magis sum Publio
deditus qvod me qvamqvam a pueritia sua semper tamen hoc tempore
maxime sicut alterum parentem et observat et diligit, ad Fam. V, 8, 4.
Bol. ad Qv. Fr. II, 9, 2. adolescons nostri studiosissimus und ad Fam.
XIII, 16, 1. ex omni nobilitate adolescentem dilezi plurimum.). Er wer
eifrig bemüht, 696 Cicero's Verbannung zu verhindern (Plut. Cr. 43. Cic.
31. 33. Dio XXXVI, 17.) und die häufigen Spannungen zwifhen ihm |
und feinem Vater zu beben (Blut. Cr. 13. extr.). Gic. wollte, er jolle
auf dem Felde der Beredtſamkeit feine Lorbeeren ſuchen, und beklagte fein
8008, als er, des Rathes uneingebent, mit jugendlichen Ungeſtümm ſich in
4
\
Licinit (Crasi) 1069
g flürzte und darin ein frühes, wenn auch ruhmvolles Grab fand
1, 281 ff. Plut. Cr. 23.). Der Umgang mit Cic. und mit feinem
a &reigelafienen Apollonius (@ic. ad Fam. XII, 16.) veranlaßte bei
re Fortſchritte in den Wiffenfhaften (Plut. 13. Cic. Brut. 1. 1.);
b in der Tanzkunft befaß er eine große Fertigkeit (Macrob. Sat. II,
.). Vermählt war er mit der an Körper und Geiſt außgezeichneten
„Tochter des DO. Metelus Scipio, f. Bd. II. ©. 34, 25.
ı M. Licinius Crassus Dives M.F., Sohn von Nr. 30., Coſ.
ijfiod, Dio LI. Oroſ. VI, 19.). Im folg. 3. war er Procof. von
dien und kämpfte mit Glück gegen die Nachbarſtämme, Kiv. 134 f.
', 12, 35. Dio LI, 23. on. X, 32. Sein Sohn
A. Licinius Crassus Dives M. E. (Dio Epit. LIV.) war
J. 740 (Die LIV, 24. Caſſiod., Fast. Sic.).
‚ı Licinius Crassus Dives, Prätor 695, als welder er über
blide Verſchwoörung des 2. Vettius gegen Pompejus zu entfcheiden
yic. ad Att. IE, 24, 4. 111, 24, 5.
‚P. Licinius Crassus, angeblih Prätor 697 und Beförberer
ero's Zurüdberufung, p. red. in sen. 9, 22.
) P. (nah Münzen, f. Vaillant Licinii Nr. 12—14, Raſche II, 2,
.).Crassus Junianus (Cic. ad Qv. fr. III, 8.), feinem Namen
rn Geburt ein Junier, aber aboptirt von einem Graffus. Volkotribun
JO, Cicero ergeben; Pompejus bat ihn, die Uebertragung der Dicta-
ihn zu verhindern, Cic. 1.1. Im Bürgerfriege war er auf Seiten
npejuß, focht dann im J. 708 als legatus propraetore (ſ. die Mün=
ter Metelus Scipio in Afrifa, und entlam von da zur See nad
lacht bei Thapſus, Plut. Cat. 70. extr.
) M. Licinius Crassus Mucianus, durd Adoption aus dem
n Geſchlechte in das licinifche übergegangen. Claudius ſchickte ihn
m weg als Statthalter von Syrien, wo er bis nah Galba's Tod
tar. hist. I, 10. vgl. Raſche II, 2, p. 1732). Jetzt ſchlug er ſich
08 Seite (Tac. 76.), verföhnte fih mit Veipaflan, dem Statthalter
däa, feinem Nachbar und Mivalen (ib. II, 5. Suet. Vesp. 6.), und
n an, fih dem Vitellius als Prätendent entgegenzuflellen (Tac. 76 f.
(V, 8.), verpflichtete auch feine Regionen zur Treue gegen Veſp. (Tac.
Muc. übernahm es, gegen Bit. zu, ziehen (ib. 82 f. Die 9.), und
biezu auf jede Weile Geld zufammen (Tac. 84.) Auf dem Wege
lien dämpfte er in Dacien einen Aufftand (Tac. III, 46.). DBegierig,
uhm allein an fi zu ziehen (III, 8.), kommt er mit-Antonius Pris
em andern Parteigänger von Veſp., in Zerwürfniß (ib. 53.). Zö⸗
üden beine gegen Nom (ib. 78.), wo nun Pit. ermorbet wird;
»ſchreibt M. an den Senat, er ſchenke den vacanten Thron dem
der Senat unterbrüdt feine Empfindlicgkeit und erkennt ihm einen
h zu (ib. IV, 4). M. und Domitian fchalten nun in Rom unbe-
im Namen des Veſp. (Dio LXV, 22. LXVI, 2. Joſeph. b. i. XI,
Tac. hist. IV, 11, 39. vgl. II, 95. II, 49.). Als dieſer ankam,
ı Mur. bis Brundufium entgegen (Dio LXVI, 9.). Seitdem ſcheint
oom Öffentlichen Leben zurüdgezogen zu haben; doch veranlaßte er
p., die Philofophen aus Rom auszuweiſen (Dio LXVI, 13.); au
: Suet. Vesp. 13., daß Veſp. ihm, obwohl er notae impudicitiae
nr leid einen Vorwurf zu machen wagte. Gr war dreimal Gof.
H. N. VIII, 3. u. d.). GCharafterifirt wird M. von Tac. Hist. I,
5. Er fammelte und edirte mit großem Eifer Geſchichtsquellen (Me⸗
und Briefe, f. Dial. de orat. 37.), verfaßte auch ein Werk natur
ven Inhalts, aͤhnlich dem des Plinius, der ed jehr Häufig anführt,
-
4070 , Lieinii (Lueulli)
3. ®. IV, 22. 24. V, 9. 20. 34. 36. VII, 50. VHI, 76. und fonfl. Bal.
@gger examen des hist. d’Aug. p. 181 f., welcher beine Werke des Mur. iden⸗
tifteirt, und im Allgemeinen |. 9. M. Stevenfon, de M. Lic. Cr. Muc.
diss. historica, Erlangen 1841. 8. (gering.)
Luculli.
1) L. Licinius Lucullus, 202 = 552 d. St. «urulifcher Aedil
| mit DO. Fulvius. Sie erneuerten die ludi Romani, Luc. gerieth aber in
\
Verdacht, ald babe er das dazu nöthige Geld aus der Staatskaſſe entwen⸗
den laflen, Lio. XXX, 39.
2) C. Licinius Lucullus, Bolfstrifun 197 — 557, und als fol-
der Urheber ver lex Lic. de epulonibus, f. Bb. II. ©. 209. Im fol-
genden Jahr wurde er ſelbſt mit zwei Andern zu diefer Stelle gewählt, Liv.
XXXII, 42. Im I. 191 — 563 d. St. meihte er ald Duumvir den von
M. Livius Salinator gelobten Tempel der Juventas, Liv. XXXVI, 36. j.
oben ©. 689.
3) M. Licinius Lucullus, Praetor peregrinus im I. 186 — 368
d. St. (Liv. XXXIX, 6. 8.), als melcher er und der ſtädtiſche Prätor nad
einem Senatöbeihluffe ein breißigtägiges Iuftitium Halten mußte, bis die
Unterfuchungen wegen der Bacchanalien beenvigt felen, Liv. XXXIX, 18.
4) L. Licinius Lucullus, L. E. (wahrſcheinl. von Nr. 1.), Goſ.
151 — 603 mit A. Poflumius Albinus (Rast, Cap., Sic., Gafflov., Cic.
Acad. 11, 45, 137. Brut. 21, 81. ad Att. XIII, 32, 9. Bal. M. I, 10,
4. Gel. XL, 8. Blut. Luc. 1.). Beide mwurben von den Volkstribunen
wegen firenger Durchführung des delectus verhaftet (Xiv. Ep. 48. Oroſ.
IV, 21.). Xuc. 506 für Spanien aus, wo er die Vaccher und Gantabrer
und andere Stämme bezwang (Liv. 1. 1. App. Hisp. c. 49—55.). P. Eor-
nellus Africanıs Scipio Aemilianus diente bier unter ihm, f. Bd. MH. ©.
662 f. Auch ald Procoſ. ‚blieb Luc. in Spanien, Plin. H. N. IX, 30, 48.
Bon der Beute erbaute er in Nom einen Tempel der Belicitas, wozu er
Statuen entlehnte und nicht wieder zurüdgab, Strab. VIII, 381. Dio fragm.
81. ic. Verr. IV, 2.
5) P. Licinius Lucullus, Bolfötribun 110 — 644 d. St. @r
und fein College 8. Annius wollten au im folg. I. wiedergewählt werten,
die übrigen Tribune legten aber Einſpruch ein gegen die Wahlcomitien, Sail.
Jug. 37.
i 6) L. Liecinius Lucullus, L. (Rr 4.) F. L. N., Prätor 103 —
651. Im folg. 3. zog er als Propr. mit 17,000 M. nad Sicilien gegen
die Sklaven unter Athenio und Tryphon, ſchlug fie Anfangs, Tieß fie aber
fi von Neuem fammeln, mußte die Belagerung von Triocala aufgeben und
fein Lager ihnen überlaffen (Flor. II, 19, 11. Diod. Sie. fr. 1. 36. vgl.
Dio fr. 101. 104.). Nah feiner Rückkehr wurde er vom Augur Eervilius
der Tinterfehlagung öffentlicher Gelder (nAonrs, Blut. Luc. 1.) angellagt,
und die Schuld war fo offenbar, daß fein eigener Schwager, DO. Metellus
Numidicus, nicht feine Ehre wagte an ein öffentliches günſtiges Zeugniß
für Luc. (Cic. Verr. IV, 66, 147.). &uc. wurde zum Gril verurtbeilt
(Diod. 1.1. U. Vict. ill. 62.). Vermählt war er mit Gäcifia, Toter
des Metellus Calous, f. Bo. II. ©. 34. Nr. 26. Er erzeugte mit ihr zmei
Söhne L. und M.; der ältere (Plut. Luc. 1. extr.) iſt
7) L. Lieinius Lucullus, L. F. L. N., gen. Ponticus, älter ale
Pomrejus (Plut. Luc. 36. Pomp. 31.), fomit vor dem I. 106 — 648
geboren (vgl. Bell. IT, 53, 4.). Seine erfle dffentlide Handlung war ein
Act der Rache für feinen verbannten Bater: in Gemeinfhaft mit feinem
Bruder belangte er den Augur Servilius; die beiderfeitige Erbitterung (vgl
Gic. de prov. cons. 9, 22.) führte zu blutigen Aufırliten und Gero. wurde
Käciall (Laceili) 1071
Een (Bier. Luc. 1. Gic. of. II, 14, 30. Acad. O, 1.). Darasi
ĩeine Stodien im ru. un? ı0m. Lüreratur fort (Plar. 1.1), nahm
I» (a 3 90 anı am mar. Kriege tarieren Anıbeil (Flur. 2.).
: war er ser Eula im eiſten mührineriihen Kıiege mehrere Sabre
Grie&enlur urd Afen (Flur. 2. Cit. Acad L L), uns ware
cm mü nidbrgen Eenturgen berrast. Im I. 667 1. während und
r Belagerung Atbens (1. Br. ILS. 62.) rate er in Sulla's
eıre Blere zrismmen (Arrisn. Mithr. c. 33. 51. 56. Flur. 2)
a, KRerene und Besırtea (Fler 28. rel. Gic. Acad. I, 4, 11.
. de iM. 74.), köüpte He aber zum großen Theil wieder Burd tie
‚er ein (Fler. 2.) Rerdernärkt vertrieb er aus Gkicd ua» Kolorben
'inger des Rübridates, ichlug Die feindliche Floite bei Lectum und
:, licü aber ten Himbria als Mariener ohne linterlügung, und da⸗
Selegenbeit, ten Kıieg ſdon jeht ıu beendigen, unbenügı, Flur. 3.
1 &.466. Im Seletroat tegıe er 670 Eulla neh Alena über
4. Arp. Mithr. 56.), befam nad Abihlup de3 Friedens den Auf⸗
ne Gelasuße sa 20.000 Ialenten in ten Stärten einıutreibes, mas
ın autfäßrıe (Bst. 4. 20. Sall. 25.), uud das Gele umzurrügen
2. 4.). Die Müuslener, vie ihn nidt aufnehmen wollıen, zudıigte
er (Tlet. 4.) und Ideimt baraui ned eine Zeitlang gegen tie See⸗
aefreu:t ‚u haben (vu Ta; er Inc zpases Soedrraz;. Plut. 4.
i. Acad. 1. L qvaesturae diernam tempus — in Asiae peace con-
rat). Dada erıging er Der Gefahr, als Mirwellüreder der ſulla⸗
Froicrigrienen jeine Ghre aufs Spiel ın ſetzen. Rod abweſend
1. exir. Gic LL) erbich er ıngleid mit feinem Bruder (Blut. 1.1.)
: lizät, vie er im 3.79 — 675 Befleivete (Blin. H. X. VIII. 7, 7.).
:ıele Der Brüder mern beionders glänıend (Gic. of. II, 16, 11.):
ven liegen fie mu Stieren fämpien (Blin. L 1.) und aud) eine scena
is richteten fe em (Bel M. II, 4, 6.). Ibm als ieinem fichfien
ver übergab Eulla ieine Denkwürdigkeiten zur Durchſicht (Blut. 4.
eD beftellte ihn zum Vormünder ſeines Sohnes (ib... Ja 3. 77
' wure a Bräter (ic. Acad. U, 1. 2.), vermaltete 678 Afrika
resiigfeit (Ci. LL A Bier. il. 74.) une wurde 74 — 680 Gei.
. Aurelins Cotta (Fast. Cap. und Sic., Caſſiod. Eic. 1.1. Verr. V,
Ciueat. 49, 137. Lıo. 94. Blur. Luc. 5. Pomp. 20. Urr. Mıthr.
Als jolder erhich er Eulla’3 Ginrichtungen aufrecht (Eall. bist. 3.
zu div. in Caec. 3, p. 103. Or. Plut. 5.). Mithridates rüflete
neuem Kriege, aber bad Loos wies Bitherien dem Cotta und dem
is ci8alpin. Gallien zu (Blur. 5. Gic. p. Mur. 15.); ded der Bre-
n Gilicien Hard, Luc. wußte ſich durch Umtriebe feine Sıelle zu ver⸗
(Blut. 6.) uns ward mit dem Land⸗ (Gotta mit dem See) Krieg
Richt. beauftragt (Bic. 1.1. RPlut. 6. 8. Guttop. VI, 7. A. Bier.
Eein Heer belief ſich kei Eröffnung des Feldzugs blos anf 30.000
su Fuß un» 2500 Reiter (App. Mithr. 72. Pur. 7.). Ueber ven
' ded Krieges 1. Drumann ©. R. IV. ©. 129—161. und den Art.
ates. Rab einem Exefiege kei Lemnos oder Lebos im 3. 73 —
St. wurde Bu. Jmperacor (Plin. XXXIV, 19, 35. vgl. Apr. Mithr.
r.). Im 3. 70 — 684 Batte er trog ber ſchlechten Unterlügung
en ımiähigen Cotta alle wigrigen Städte des Mühr. in feiner Hand
ſen ſelbſt gendihigt, fi zu teinem Schwiegeriohn Tigranes nad Ars
zu fliten; während er in Erheius übenwinterte, erwarb er ſich ten
er Provinz, indem er Die maßlofen Gıprefiungen der Pachter und
er beſchränkte (Blut. 20. App. 83.). Dem Zigraned wurbe der
ıtlärt, weil er die Auslieferung des Mithr. verweigerte. Hatte Luc.
1072 Lieimil (Lucalli)
im vorigen Kriege durch Langſamkeit und Vorficht feinen Gegner aufgerieben,
fo führte er jetzt durch Schnelligkeit und Kühnheit einen glänzenden Aukgang
herbei: bei Tigranocerta griff er das zwanzigfach überlegene Heer des Ti»
graned an, und erfhlug mit einem Verluſt von fünf Todten und Hundert
Verwundeten 100,000 Feinde (Blut. 28. — Orof. VI, 3. gibt 30,000 an).
Auch jebt wieder gewann er durch Milde gegen die Eingeborenen Alles Für
fich, nur nicht fein Heer (Plut. 29.). Diefes verlangte, müde der Be:
{werden ded Kriegs, entlaffen zu werben (Blut. 30. 35.), und Luc. fah
fih dadurch genöthigt, von dem beabſichtigten Angriff auf den Barıherfönig
Phrantes abzuflehen; dagegen liegen Tigr. und Mithr. bei Artarata fid
son Neuem in eine Schlaht ein, melde venfelben Ausgang hatte, mie die
bei. Tigranocerta (Plut. 31.). Der Einbruch der übeln Jahreszeit machte
aber fein Heer fo unzufrieden, daß er ih nah Niſibis ziehen mußte, das
er eroberte (Plut. 32. Zofim. III, 32. Entrop. VI, 9, 7. Droſ. VI, 3.
extr.). Entfremdet durch Luculls ariflofratifche Zurüdhaltung und aufgehegt
durch defien eigenen Schwager P. Clodius (vgl. Bd. IE. ©. 415, 43.) er-
zwangen fich die Truppen bas leberwintern in Niſibis (Put. 34. Dio XXXV,
7. extr.). Mithr. benußte diefe Stimmung, um nad) Vontus zurückzukehren
und dem Legaten Triarius bei Zela eine ſchwere Nieverlage beizubringen
(Blut. 35. App. 89. Dio XXXV, 12. Liv. 98. Bell. Alexdr. 72. Blin.
VI, 3, 4.), die den Luc. in die Gegend rief. Ein armeniſches Heer rüdte
heran und Luc. wollte ihm entgegenrüden, aber zwei Legionen meigerten ſich,
unter ihm zu fechten; da er fich allein bereichere, fo möge er auch allein in
den Kampf ziehen.” Auf die flehentliden‘ Bitten Luculle und die Fürſprache
der übrigen Regionen entfhloflen fie fih, no den Eommer über auszuhal⸗
ten (Blut. 35. Liv. 98. extr. Dio XXXV, 14 f.). So gelang e8 dem
Mithrivated, den Pontus wiederzuerobern (Dio XXXV, 17.). Inzwiſchen
Hatten die Nitter au in Nom gegen ihren Todfeind Inc. intrigirt (Plur.
20. 24. 33. Gic. p. Manil. 2.) und e8 dargeſtellt, als ziehe Luc. aus Be»
winnfucht den Krieg abfichtlich in die Ränge (App. 90. vgl. Dio XXXV, 2.
Bell. II, 33); Man. Acilius Glabrio bekam (67 — 687) Bithynien zur
Provinz und ftellte fih ala ven @inzigen dar, welchem bad Heer zu gehor⸗
chen habe, blieb aber felbft unthätig (App. 90. Diol.1. Cic. p. Manil. 2.
Salt. Hist. 5. in.), und ebenfomwenig fonnte nun Luc. feine Plane audführen.
Durch das manilifde Beleg wurde endlich Pompejus mit dem mithridatiſchen
Kriege beauftragt, und flleß die Einrichtungen Luculls, obwohl fie alles Lob
perbienten (@ic. Acad. II, 1.), größtentheild um und ſtellte fi an, als ob
ganz von Neuem zu beginnen wäre. Uber das Schwerſte war fon Alles
von Ruc. getban: die beften Truppen der Feinde waren aufgerieben, die
Slotten vernichtet, die wichtigſten Waffenpläge genommen und zum Theil
zerftört; doch dem Schlauen, Vielgerandten ward der ſchöne Preis zu Theil,
denn gegen Ruc. war der Schein: Mithr. Hatte Ihm einen großen Theil des
Eroberten mieder entriffen und da® Heer war aufgelöst und zuchtlos (Dru-
mann ©. 160 f.). Im I. 66 — 688 d. St. kehrte er nah Rom zurüd
und erbat fih die Erlaubniß zu einem Triumph. Aber Pompejus intrigirte
biegegen, indem er den C. Memmius veranlaßte, ven Luc. wegen Berm-
treuung 'Öffentliher Gelder zu belangen, was nur durch M. Gato u. andere
Optimaten Hintertrieben wurde (Plut. 37. Cato min. 29.). Ueberhaupt bob
ihn der Senat im Begenfaß zu dem übermächtigen Pompejus (Blut. 38.):
dadurch wurde Luc.’3 Triumph eine Parteifrage und zog fl die Entſcheidung
faft drei Iahre bin, bis die Biniprahe der Tribunen befeitigt war. Erſt
im 3. 63.— 691 konnte Luc. feinen Triumpbeinzug halten (vgl. Drei
Inscr. 545.), der äußerlich überaus glänzend war, aber weber in ber Be
geiferung des Heers, noch in ber Sympathie bed Volks eine Gtüße hatte
Lieimti (Luculli) 1073
rumann 6.162 f.). Als im folg. I. Bomp. zurückkehrte und feine Verfügun⸗
ı in Bauſch und Bogen beftätigt Haben wollte, ſchob die Nobilität ven Luc. vor,
ı Oppofltion zu erheben (DioXXXVII, 49. Plut. Luc. 42. Pomp. 46. Cat. 31.
or. IV, 2,8.). Auch dem Geſetze, wodurch Eäfar für die Veteranen des Bomp.
‚gte, widerfeßte ex fi (vgl. Plut. Pomp. 48.), bat aber Eäfar fußfällig
Nichtunterſtützung einer Klage gegen feine Verwaltung (Blut. Luc. 42. Suet.
es. 20.). Immer mehr zog er ſich vom politifchen Leben zurüd u. flarb
: dem 3. 56 — 698 (Sic. harusp. resp. 9.) und dem Ausbruche des
:iten Bürgerkriegs (Bell. IT, 49. Plut. comp. Luc. 1.), tm Wahnfinn,
angeblih durch einen Ihm eingegebenen Liebestrank herbeigeführt wurbe
Iut 43. Plin. XXV, 7, 3. N. Vict. ill. 74.). Sein Tod erregte große
iinahme beim Volke. Beftattet wurde er auf feinem Tusculanum (Blut.
). — ur. iſt dur feinen Reichthum faft ferihmörtli geworden: außer
7 glänzenden Wohnung in Rom befaß er einen berühmt gemorbenen
rten vor der Stadt, die horli Luculliani (Plut.. 39. Tac. Ann. XI, 1.
Frontin. Aqvd. 22, Macrob. Sat. II, 11.), eine prachtvolle Villa bei
Jculum (ic. Legg. III, 13. Fin. II, 2. p. Sest. 43. Plut. 39. 43,
roR.R. HI, 4, 3. Plin. XVIIE, 7.), eine andere in Campanien (Varro
t. II, 17. extr.) u. N. (Blut. 39. @ic. Phil. X, 4. Acad. II, 3. extr ).
batte ihn zu ſammeln angefangen ſchon als Quäſtor, wo er einträgliche
Häfte zu beforgen hatte, wie das Gelpprägen und Flottenrüſten; au
: Seeflege bereiherten ihn. Beſonders ergiebig aber waren bie acht Kriegs⸗
e, die er ald Procoſ. in Aflen zubrachte, durch Beute und Geſchenke,
e daß er jemals etwas Auffallendes getban hätte (Blut. 39. 41. U. Vict.
74. Sen. Controv. IV, 25. Belle. JI, 33, 1.); auch Erbſchaften
m in diefer Zeit no hinzu (Cic. p. Flacc. 34.). ®emalttbätige Er»
ungen waren feiner Natur durchaus zumider, und er dulbete fie an An⸗
fo wenig als an fi ſelbſt. Im Innerfien mild, gemäßigt und Human,
bte er aus falſchen Begriffen von Disciplin nur den Soldaten gegenüber
abflracter Strenge auftreten au müffen. Dagegen bewies er nicht bloß .
a feinen Bruder viel Gemüthlichkeit (Put. 1. extr. Sen. Cons. ad
34.), fondern au gegen Rivalen, Neider und Feinde Verföhnlichkeit
ſt gegen P. Servilius, Cic. de prov. cons. 9, 22.), und alle Provinzen
ıten feine Rechtlichkeit (Plut. 4. 19.23.24. 29. 36. ic. Acad. II, 1.).
fein politiſches Unglüd zu vergeffen und bie in dem langen Kriege ent«
en Genüſſe nachzuholen, beihäftigte er ſich, nah Mom zurückgekehrt,
igsweiſe damit, feine ungeheuren Reichthümer möglicäft gentlemanmäßig "
chrauden (Plut. 38. 39. Comp. c. Cim. 1. Pomp. 48.); Küde und
er, Pallaſt und Barten, Bibliothek und Kunftfammlungen waren von
nie dageweſenen Pracht und Reichhaltigfeit (Drumanı ©. 169 f. 174.).
ieß er feine ausgezeichneten Talente (Gic. Acad. TI, 1. 2.) verkommen.
reng Tunftmäßiger Beredtſamkeit Hatte er «8 nie gebracht (ic. Brut.
22. Plut. 1. 33. Dial. de orat. 37.), weil ihn der Krieg zu früß
iſpruch nahm; wohl aber war er in allem zur feinen Bildung Gehoͤri⸗
»ohl bemwandert; denn nur fo weit, als fie zur Verfhönerung und Er⸗
ıng des Lebens dient, ließ er die Wiſſenſchaft an fi beranfommen.
in feiner Jugend machte er damit einigen Ernft, Indem er eine Geſchichte
arfiſchen Kriegs in griech. Sprache ſchrieb (Plut. 1. vgl. Sie. ad Att.
10.); fpäter beſchränkte er ſich auf Kectüre (Cic. Acad. II, 2. vgl.
II, 2.). Der Dichter Archias (f. d.) verehrte in ihm einen freigebis
Jönner und befang den mithridatiſchen Krieg (Gic. p. Arch. 3. 9. ad
‚16, 15). Bekannt ift Luc. auch dadurch, daß er den erften Kirſch⸗
von Gerafus in Pontus na Europa verpflanzte (Plin. XV, 30, 25.
. 11, 50f. Tertull. Apol. 11.). Vermahlt war er zuerft mit Clodia
(9, Real-Enchelop. IV. 68
107% - Lieinti (Luculli)
(Bo. II. ©. 420. Nr. 46.), von ber er fi ihrer Ausfcämeifungen wegen
nad dem mithribatifhen Kriege ſchied, fobann mit Servilia (Put. 38.
Cato min. 24. 29.), der Tochter des DO. Servilius Caͤpio und Schweſter der
gleihnamigen Mutter des M. Brutus (f. ©. 518. vgl. Eic. Phil. X, 4, 3.).
Sie gebar ihm einen Sohn, war ihm aber gleihfal8 untreu, namentlich
beſchuldigte Cäſar ihren Stiefbruder M. Cato eines flrafbaren Umgangs mit
ihr (Plut. Cat. 54.); Luc. warb es endlich mübe und ſchickte auch ihr einen
Scheidebrief (Plut. Luc. 38. Cat. 24). Bon ihren meiteren Schidfalen
wiffen wir nur, daß fie im 3.705 mit ihrem Kinde ven Cato bis Rhodus
begleitete Fflut. Cat. 54.). Dieſes Kind war (Cic. Fin. II, 2. Blur.
Cat. 24. 94.)
8) Licinius Lucullus; als feinen Vornamen gibt Bal. M. IV,
7, 4. wohl irrig M. an flatt L., was feines Baterd Namen war. Geboren
um's I. 690 erhielt er nad dem Tode feines Baterd und Oheims (Nr. 9.)
u Vormündern und Bermögendverwaltern M. Cato (Eic. Fin. IN, 2, 7.
* R. R. II, 2, 17.) und Cicero (Fin. 1. 1. ad Att. XII, 6.). Cic.
Fin. II,.2, 9. rühmt feine Qutartigfeit und Anlagen; nah Plin. XXXIV,
19, 36. errichtete er dem Hercules, dem fein Vater ven Zehnten feines Ver⸗
mögend geweiht hatte (Diod. Sic. IV, 21. vgl. Plut. Qv. Rom. 18. Aler.
ab Alex. genial. d. III, 22.) seine Statue. Im Bürgerkrieg flug fih Cato's
Pflegſohn auf die Seite der Nepublifaner, und wurde bei Philippi 712 auf
der Flucht ereilt und auf Antonius’ Befehl getödtet; ebenfo fein Freund Vo—
Yuflus, weil er fein Schickſal beweinte, Val. M. IV, 7,4. Bell. II, 71, 2.
9) M. Licinius Lucullus L. F. L. N., leiblicher Bruder von
Nr. 7. (Cic. ad Att. XII, 6. Acad. II, 1. A. Bict. ill. 74. Plut. Luc.
1. 37. 43. App. Ilyr. extr.; unridtig @utrop. VI, 7, 6.: Geſchwiſterkind),
aboptirt von M. Terentius Varro und feitben M. Ter. M. F. Licinianus
Varro genannt (Eic. Verr. I, 23. Murat. Inscr. p. 686, 4.), in ungenauem
Ausdruck aber au noch Lucullus (Gic. ad Fam. I, 1, 2. I, 7. pro M.
Tull. 8. Cluent. 49. de har. resp. 6. vgl. Afcon. zu Cic. p. 84. Or.
Fast. Sic. und @afflod. a. 680.). Ueber die gemeinfame Klage der Brüter
gegen Servilius f. oben S. 1070. Auch er war Sulla's Dudflor (ſchwer⸗
lich fon im I. 666, wie Drumann ©. 176 meint, da er als der jünger:
Bruder kaum vor dem I. 648 geboren war) und wurde in biefer Beziehung
fpäter (688) von C. Memmius angeklagt, aber freigefprohen (Plut. Luc.
37.). Nah dem erften mithrivatifhen Kriege flegte er im 3. 671 über vie
Marianer bei Fidentia (Vell. II, 28. Plut. Sull. 27. Liv. 88, App. b
c. I, 92.). Aedil war er mit feinem Bruber im I. 675 (f. oben ©. 1071.).
Praetor peregr. 678 (Aſcon. p. 84. Or.), ald welcher er primus iudicium
vi bonorum raptorum composuit und dad Waffentragen der Sflaven verber.
@ic. p. Tull: 8.. Coſ. 73 = 681 mit C. Eafflu3 Varus, ſ. Br. I. €
194, 10. und über die von Beinen gegebene lex Terentia Cassia oben ©.
777. Noch als Eof. ging er in feine Provinz Macevonien ab (Eic. Verr
1I, 8.), und wagte im folg. 3. zuerft unter ven Römern einen Angriffstries
gegen die Bellen, flegte über fle, eroberte ihre Städte Ldcudama u. Gabric
und drang bis zum Iſter und Pontus Gurinus vor, an befien Küfle er ſid
Apollonia's und anderer griech. Colonien bemächtigte; es war wie auf bie
Vernichtung der Barbaren abgejehen, fo graufam wurde der Krieg gefübr:
(for. IH, 4, 7. Gutrop. VI, 10, 8. Liv. 97. Oroſ. VI, 3. Ser. m
Pirg. Aen. VII, 605. App. 1. c. 30. Amm. M. XXVIL, 4, 11.). Im
3. 681 feierte er feinen iustissimus triumphus (Gic. in Pis. 19, 44. XA;jcon.
u Cic. Verr. I, 18. Eutrop. 1.1. Plin. XXXIV, 7, 17. Euſeb. Chron.)
m 3. 687 war er einer der zehn Gefandten, welde in den von feinem
Bruder eroberten Provinzen bie Verwaltung ordnen follten (Plut. Luc. 35.
Licimit (Macri) - 1075
‚ XXXVI, 29. Cic. ad Att. XII, 6, 4.). Im 3. 689 irat er mit
zliedern ber Optimatenpartei in dem Proceffe gegen den ehemaligen
C. Eornelius ald Zeugen auf (f. Br. II. ©. 697.), und in Ge⸗
t mit feinem Bruder gegen 2. Aurelius Cotta (Br. I. ©. 1015,
als Ankläger (Afcon. zu Verr. I. p. 151. Or.); er. unterflügte im
den Cic. gegen Catilina (p. dom. 52.) und verwendete ſich bei
erbannung lebhaft für ihn (in Pis. 31, 77.); auch in ver Angeles
eines Hauſes unterflügte er ihn als Pontifex und_Senator (ad Att.
. pro dom. 52. har. resp. 6, 12.). Der Uebermacht des Pom-
chte er entgegenzuwirfen (@ic. ad Fam. I, 1. 5. extr.). Gr flarb
h feinem Bruder, mehrere Jahre vor dem Ausbruch des ziveiten
riegs (Blut: Luc. 43. Dell. TI, 49.). Ein eigentlicher Redner war
nit (®ic. Brut, 62, 222, Dial. de or. 37.), fland im Uebrigen
3ruder an Talenten nad, verſank aber au nicht fo fehr in Meppig-
ro R.R. II, 17, 5. vgl. 3. extr.). In der Ehe theilte er feines
Unglück: C. Memmius fügte zu feinen frübern Kränkungen au
ı feine Frau zu verführen, wofür Luc. ihr den Scheidebrief fehidte;
und Gic. erzählt dieß ad Att. I, 18, 3. mit Tieblofem Hohn. Veber
geblie Tochter Tertulla f. oben Crassi Nr. 29. ©. 1068.
) L. Liecinius Lucullus, Praetor urb. im 93. 687. Der of.
(cilius Glabrio ließ ihm im Vorübergehen ven curulifchen Seflel
en, weil er nit vor ihm aufgeflanden war; ganz ruhig feßte Luc.
eſchäfte flehend fort; auch Iehnte er die Provinz Sardinien ab, weil
Kung ber röm. Statthalter durch die Erpreffüngen derſelben verächte
orden ſei, Dio XXXVI, 24. u
) Cn. Licinius Lucullus, ein $reund von Eicero; im 3. 710
fer bei dem Leicäembegängniffe feiner Mutter in Cumä anweſend,
XV, 1.
. Macri.
C. Licinius Macer L. F. (f. Vaillant Licinü Nr. 21. Eckhel
233. Raſche I. 2, p. 1733, e.; ungenau C.Macer, Cic. ad Att. I,
Brut. 67, ‚238.; Licinius Macer, Non. Marc. p. 52. 63. 259 f.
Priscian. p. 704. P.; Macer Lic. Liv. IV, 20.; C. Lic. Prise.
17.; blos Licin., Dionyf. VI, 11. VI, 1. und fonf), Volkgetribun
581, ald welcher er ven C. Rabirius der Entweihung Heiliger Derter
e (Gic. p. Rab. perd. 2. extr.) und das Volk gegen die ſullaniſche
intung des Tribunats aufreizte (Sal. fragm. hist. IH, p. 232. Gerl.).
ielt die Pratur (Val. M. IX, 12, 7.) und dann eine Provinz. (vgl.
». 259.), wo er Geld erpreßte und deßhalb im I. 688 beim Prätor
belangt und trotz der Verwendung des M. Eraffus veruriheilt wurde,
m Cic. populär machte (ad Att.1,4, 2. Plut. Cic. 9.); Macer aber
: fih auf die Nachricht davon aus Beſchämung und Aerger (Bal. M.
nach Blut. I. 1. erkrankte er plöglih und flarb). Sein Leben nennt
zlitiſche Gegner Cic. (Brut. 1. 1.) turpis, erkennt ‚(ib.) feinen Gifer
ebner zwar an, rügt aber de Legg. I, 2, 7. in feinen Neben multas
ıs (unangemeflene Uebertreibungen des Teidenfchaftlihen Mannes, vgl.
I.1. auctoritate semper eguit). Sein Hauptwerk find feine römifhen
en (ſ. Br. I. S. 486.), an welchen aber Liv. und Dionyſ. öfters
teilichkelt und chronologiſche Ordnung vermifien, |. Lachmann de fontib.
. p. 38. Weidhert Poett. latt. p. 92 ff. [W.T.]
') C. Licinius Macer (Cic. ad Qv. fr. II, A, 1.) Calvus (ic.
81. ad Fam. VII, 24, 1. XV, 21, A.; über den doppelten Zunamen
mann IV. ©. 195. N. 72.) C.E.L.N., Sohn des Vorigen (Bal. WM.
2, 7.), geboren am 28. Mai 672 (Plin. H. N. VII, 50.), geftorben
1076 Lieinit (Murenae)
um 706 (Welichert Poett. latt. p. 108.), perfönli und Titerarifh befreundet
mit Catull (vgl. bei. Catull 50.), mit Cicero aber ſchon um feines Vaters
willen verfeindet. Die Bruchſtücke feiner vorzugsmeife lyriſchen Dichtungen
bat Weichert zufammengeftelt p. 135 ff. Außerdem Haben fi zwei gegen
Caſar und Pompefus gerichtete Epigramme deſſelben erhalten, f. Anthol.
Lat. II, 47. 48. Burm. (Meyer Ep. 71 f.) vol. Suet. Caes. 73. Gbenfo
auögezeicänet war er als Mebner: es war vornämlih die attifde Schule, an
die er fich anſchloß und deren einfach-Flaren Ausprud zu erreihen er ſich
viele Mühe gab (Cic. Brut. 82, 283 ff. Sen. Controv. III, 19. Ouintil.
X, 1, 115. Dial. de oratt. 18. 21. 25.), fo fehr, daß er dabei fogar ind
Extrem gerieth (multae erant et reconditae litterae, vis non erat, Gic. ad
Fam. XV, 21, 5.). Die Nachrichten über feine Reden find zufammengeftellt
von Meyer fragm. orat. p. 474 ff. ed. 2. Vgl. im Allgemeinen A. Wei⸗
chert de F Br Calvo poeta, ®rimma 1825. 4. und Poet. latt. Religg.
p. 89 ff.
Murenae.
Diefe plebejiſche (ie. p. Mur. 7, 15.) Familte flammte aus Lanuvium
(f. oben S. 1050. und Cic. ib. 40, 86. 41, 90.), und war als we⸗
niger rei und von jüngerer Nobilttät meniger angefehen, als die Crassi
und Luculli.
1) P. Licinius, proavus des von Eicero Vertheidigten, Prätor im
3. 598. Gic. pro Mur. 7, 15. Sein Sohn
2) P. Licinius Murena, Prätor im $. 641. Cic. 1.1. Nah Plin.
IX, 34, 80. war er es (fofern er aetate L. Crassi oratoris, ante Marsicum
bellum lebte), der durch feine Fiſchteiche Mufler für die Nobilität wurde
und davon feinen Beinamen erhielt, vgl. Barro R. R. III, 3, 10. Colum. R.
R. VIII, 16, 5. Macrob. Sat. II, 11. Er batte zwei Söhne (Nr. 3. u. 4.).
8) P. Licinius Murena, Zeitgenofie des DO. Hortenflus, von mäßi-
gen Talenten, aber ein eifriger und fleißiger Alterthumsforfher, Cic. Brut.
7, 237. Er fiel im erfien Bürgerkriege gegen die Marianer, ib. 90, 311.
Sein Bruder
4) L. Licinius Murena P. F. P. N., begleitete Sulla in den
Krieg gegen Mithridates und nahm im Jahr 668 an den Schlachten im
Pirdeu8 (App. Mithr. 32.) und bei Ghäronea (ib. 43. Plut. Sull. 17.
19.) rühmlihen Antheil. Als Sulla im Jahr 670 mir Mithrivates Frie⸗
ben ſchloß, fo wurde Murena von bemfelben mit zwei Regionen ala Pro»
prätor in der Provinz Aſia zurüdgelaffen, um die nöthigen Einrichtun⸗
gen zu treffen, fing aber, um zu einem Triumph zu kommen, mit Mi»
thridates Krieg (den zweiten mithridatiſchen) an (App. Mithr. 64. vol
@ic. Acad. I, 1, 2.), wobei er von deſſen abgefallenem Feldherrn Ar⸗
chelaus (App. 1. 1) und den Tleinaflatifhen Städten (Eic. Verr. Acc.
I, 35, 90.) Unterflügung erhielt, wurbe aber von Mithrivated geſchlagen
(App. 65.) und von Sulla im I. 673 zurüdgerufen (Gic. p. lege Man.
8, 8. vgl. p. Mur. 15, 32.: Mithridatem — non oppressum religvit).
Gr übergab feine Provinz dem M. Minucius und triumphirte, ald härte er
ben Mirhr. beflegt (p. 1. Man. 3, 8. p. Mur. 7, 15.). Auch war er im
Kriege Imperator geworben (p. Mur. 5, 12.). Er ſcheint feinen Triumrk
nur kurze Zeit überlebt zu Haben, während feine Gemahlin noch das 3. 692
erlebte (Gic. Mur. 41, 88.). Seine Söhne find Nr. 5. und 6.
5) L.Licinius Murena, L. F. P. N. bildete fi unter feinem Bater
(Nr. 4.) im Kriege gegen Mithr. zum Krieger (p. Mur. 5, 12.). Quäſtor
war er mit Gero. Sulpicius (ib. 8, 18.). Als Aedil verzierte er das Go»
nmitium mit lakoniſchen Steinen (Plin. XXXV, 14, 49. vgl. p. Mur. 18, 37.).
Im dritten mithridat. Krieg war er mehrere Jahre Iang (p. Mur. 9, 21.)
Lieinil (Murenae) 4077
des 2. Lucullus, und fein Abvokat meiß viel von feinen Thaten zu
n (ib. 9, 20. 16, 34.); Plut. Luc. 15. 19. 23. 27. bezeugt feinen
und feine Einfiht, während feine ®egner ihn eines ſchwelgeriſchen
beſchuldigten (Cic. p. Mur. 5, 11f.). Da er im I. 687 In ver nad
geſchickten Berwaltungscommifflon war (Eic. ad Att. XII, 6, 4.), ſo
r fhon vorher nah Nom zurüdgelehrt geweſen feygn. Als Prätor (im
9) Hatte er die Jarisdiction zu beforgen (p. Mur. 17, 35. 20, 41.).
a8 Volk für fi zu geminnen gab er die Apollinarfpiele mit befonberer
: (ib. 18, 37. 19, 38. 40. 26, 53. Plin. XXXIII, 3, 16.). Sur
iſchen Provinz erhielt er das jenfeitige Gallien (p. Mur. 20, 42. 26,
1, 89. vgl. de har. resp. 20, 42), mo er fih durch Billigkeit ben
I fomoHl der Provinzialen als der röm. Ritter zu erwerben fuchte (ib.
2.). u Anfang des I. 691 mar er wieder in Rom (ib. 33, 68.),
ſich, obwohl kränklich (ib. AO, 86.), eifrigft um das Conſulat fürs
2 bewarb und mit D. Junius Silanus als der Erfte feiner Familie
jewählt wurde (f. ©. 528. Nr. 3.). Nun Elagte ihn aber fein durch⸗
ner Mitbewerber Sers. Sulpicius, unterflüht von M. Cato (ib. 2, 3.
. 26, d4. 27, 56. 37, 78. de fin. IV, 27, 74. Blut. Cat. 21. Cic.
En. Poſtumius (p. Mur. 26, 34. 27, 56 f.) und Serv. Sulp. iun.
6, 54. 27, 56.) des ambitus an (Schol. Bob. in Vatin. p. 324.).
ver Verhandlung äußerte Cato in der Curie feinen Unmillen über bie
allenen Beflehungen (ib. 30, 62. 31, 64. 34,72.). Aber Dlur. hatte
eingerichtet, daß man ihm nichts Direktes bemeilen Eonnte und bat ben
r Hortenflus (f. Bo. III. ©. 1503, 12.), den Eof. Cicero (de fin. 1.1.
ıcc. 39, 98. Duintil. IV, 1, 75. Blut. Cic. 35. Cat. 21.), dem
ich Mitiheilungen über die Plane der Gatilinarier gefällig geweſen war
nm. 52, 134.), und den reihen M. Crafſus (p. Mur. 4, 10. 23, 48.)
Vertheidigung zu übernehmen. Im November fand die Verhandlung
(p. Mur. 3, 6. 37, 80. 39, 85.). Cicero war fon durch das Bes
ı den Hortenfluß zu überbieten, zur Anftrengung geflachelt; nun war
ad Factum der Beflehung und damit das WVerfallenfeyn unter Gicero’3
8 Gefeß ſchwer zu befreiten, er ſuchte daher auf gewandte und geiſt⸗
Weife die Aufmerkſamkeit hievon abzulenken und behandelte die ganze
mit Sicherheit, Wig und Humor, al& vertbeivigte er die befte Sache.
na wurde freigefprodden (p. Flacc. 1. 1. Plut. Cat. 21.). Wenige
darauf flimmte er für vie ſtrengſten Maßregeln gegen bie Batilinarier
ad Att. XII, 21.). In feinem Gonfulate gab er mit feinem Collegen
x Junia Licinia, f. S. 982 f. und beihüßte in einem Handgemenge
Gegner M. Cato mit der Toga (Blut. Cat. 28.). Seine fpäteren
ſale find nicht befannt. Seine Gemahlin war früher mit einem Pina»
Natta vermählt geweien, von dem fie einen Sohn L. Natta (p. Mur.
3.) Hatte; fie lebte no im I. 697 (Gic. p. dom. 45. 54.). —
jüngerer Bruder (p. Mur. 41, 89.)
) C. Lieinius Murena, war im J. 690 fein Legat im trandalpi-
Gallien, wo er im folg. I. nad feined Bruders Abgang die Legionen
igte und Senblinge des Gatilina verhaften ließ, Cic. 1.1. Sal. Eat. 42.
Sic. Catil. II, 8.
') Licinia, Belalin, Verwandte des %. Murena, den fle bei feiner
bung ums Gonfulat dadurch unterflüßte, daß fie ihren Pla bei den
tfpielen zu feiner Berfügung fiellte, p. Mur. 35, 73.
) A. Terentius Varro Murena, wahrſcheinlich Sohn von Ar. 9.
eißt L. Murena, Vellej. IL, 91, 2. Licinius Murena, Dio LIV, 3.
us, Sor. Od. UI, 10. Murena, Eic. ad Att. XII, 50, 4 f. Geneca
m. 9. brev. vit. 5.), aber aboptist von U. Terentins Varro, daher
1078 Licinii (Nervae — Sacerdotes)
Barro (Tac. Ann. I, 10.), U. Barry (Gic. ad Fam. XVI, 12, 6.), Barto
Murena (Sueton. Oct. 19. Tiber. 8. Cic. ad Fam. XII, 22.) genannt.
Cicero rechnet Ihn zu feinen wärmften Sreunden (ad Fam. 11. 11.) und war
im J. 709 von ihm eingeladen (ad. Att. 1.1). Als er im Bürgerfriege fein
Vermögen verloren hatte, erfeßte ed ihm der Mitter C. Proculejue, welcher
fein Bruder genannt wird (Dio_LIV, 3. Sor. Od. II, 2, 5 f. Proculeius
— notus in fratres animi palerni, wozu vgl. Porphyr.), ohne daß aber
ihr Verwandtſchaftsverhältniß Elar wäre (weil auch Proc. feinen Namen durd
Adoption geändert zu haben fheint). Im I. 729 ſchickte ihn Auguſt gegen
die Safaffer, die er beflegte (Dio LIN, 25. Strabo IV, 205 f. Plin. IH,
17, 21.). Im 3. 731 wurde er Cos. suff. (Fasti cap.). Uber da er
ANEATW Xu KRTaXOpEL NAOHNOIE MEOG Narıag Öuoiws Eyojro und dadurch
dem Auguft ſelbſt auch beſchwerlich wurde (Dio LIV, 3.), fo wurde er im
3. 732 ver Iheilnahme an der Berfhmörung des Fannius Cäpio (f. Bo. II.
©. 422,14.) beſchuldigt, von Tiberius angeklagt, und zum Tod verurtheile,
was Auguft vollziehen ließ, obwohl feine beiden Geſchwiſter, Broculefus und
Terentia, die Gemahlin Mäcen’s, fi für ihn verwendeten (Dio LIV, 3.
Suet. Oct. 19. 56. 66. Tib. 8. Tac. Ann. I, 10. Macrob. Sat. 1, 11.
Sen. de clem. 9.). Bellel. 1. 1. bezeugt, daß man ihm fonft nichts Uebles
habe nachſagen können. Horaz Od. II, 19, 10. erwähnt feines Augurate
und warnt ihn II, 10. vor den Ertremen.
Nervae.
1) C. Licinius Nerva, C. F., im 3. 586 röm. Geſandter in Illyrien
(Liv. XLV, 3.), im folg. J. Prätor und mit dem jenfeitigen Spanien beauf⸗
tragt (ib. 16.), wurde aber in demfelben Jahre in vie Commiſſion gewäßlt,
welche die thrakiſchen Geiſeln zurüdzuführen Hatte (ib. 42.).
2) A. Licinius Nerva, bed Vorigen Bruber, DBolkstribun im 3.
576, wo er den Coſ. A. Manlius wegen eined unglüdfihen Feldzugs vor
Gericht ſtellen wollte, aber nit durchdrang (Liv. XLI, 6.). Vom Senat
wurde er als Geſandter verfchidt im I. 583 nad Kreta (ib. XLH, 35.),
585 nah Macebonien (ib. XLIV, 18.). Prätor 588, wo et Spanien zur
Provinz erhielt (ib. XLV, 44.). Sein Sohn
3) A. Licinius Nerva war Prätor im I 611 und im folg. Iahr
Statthalter in Macedonien, wo fein Quäſtor 2. Tremellius den faljchen
Philipp flug und dadurch dem Nerva ven Imperatortitel erwarb (Liv. 53.
@utroy. IV, 15. Varro R. R. II, 4.). .
4) C. Licinius Nerva, vielleit der Sohn des Borigen, Volkätr.
ums 3. 633 und politifder Freund der Gracchen, daher von Gic. Brut. 34,
129. civis improbus (non indisertus) genannt.
9) P. Licinius Nerva (Dio fragm. 101.), 651 Proprätor in Si⸗
eilien, wurde Beranlafjung zum zweiten Sflavenfrieg auf der Inſel, indem
er die vom Senat verfügte Breigebung der Sklaven hemmte, Dio 1. 1. Diod.
fr. libr. XXVI.
6) Sext. Licinius Nerva, Genator und Gegner des Marius, der
ihn am_1. Ian. 668 vom tarpejifhen Felſen ftürzen Tieß, Liv. 80. vgl. Blut.
Mar. 49.
7) Licinius Nerva, Quäftor des D. Brutus im mutinenflichen
Kriege (711), Vaillant Licinii Nr. 31.
8) A. Licinius Nerva Silianus, Sohn des P. Silius (Eof. 734),
aber von einem A. Lic. N. adoptirt, von Vell. II, 116, 4. ald Bürger und
Feldherr ſehr gerühmt, Freund des Auguft, jedoch früh verflorben (ib.).
Gof. 760 (Eaffiod., Dio LV, 80.). — Ueber ven Kaljer Nerva f. Nerva.
Sacerdotes.
1) C. Licinius Sacerdos, röm. Ritter. Der Cenſor P. Scipio
Lieinii 1079
ınus Aemilianus erffärte im J. 612 bei der Deufterung, Sac. habe
feierlichen Meineid geſchworen; da ihn aber Niemand anflagte, fo Heß
üpio Hebel bewenben, Cie. p. Cluent. 48, 134. Bal. Dar. IV, 1, 10.
ı Ente
2) C. Licinius Sacerdos C. F. C. N., von Cic. (Verr. III, 50,
92, 214. „pro Planc. 11, 27. vgl. Ascon. in tog. cand. p. 82.) als
ımann gepriefen. PBrätor 679 (Verr. I, 50, 130.), verwaltete 680
en (Verr. I, 10. II, 28. 29. 30.) gerecht und bieder (ib. II, 33. II,
O.), unmittelbar vor Verres (ib. I, 10, 27. vgl. 46, 121. IH, 50,
92, 214.). Um fi au als Krieger auszubilden diente er unter D.
Yu8 GEreticus längere Zeit ald Legat in Ereta (Cic. p. Planc. 11, 27.)
yervarb ſich dann im 3. 690 ums Gonfulat, fiel aber gegen Cicero und
nius durh (Ascon. 1. 1.).
Sonftige Licinier find: A. Licinius Archias, f. Bd. I. ©. 683 f.
tann IV. S. 199—204. — Licinius Damasjppus, pompejaniſch
ıter Senator, im J. 705 im Gefolge des Königs Juba bei feinem Einzug
ica, Cäſ. b. c. II, 44. Im I. 707 wurde er nad der Schlacht bei
fus von dem Bäfarlaner P. Sitius bei Hippo regius getödtet, bell.
36. Seine Kinder begnadigte Gäfar, ib. 89. — Ein anderer Dama-
‚us, ber aus Hor. Sat. II, 3. befannte Kunflhändler, wird bald zum
hen, bald zum Ticinifchen Geſchlechte gezählt ; ſ. über ihn Br. II. ©. 1319.
: Grund aber wird der Marianer Damafippns (f. S. 517, 21.) von
r, Slandorp un. U. zur gens Licinia gezogen. — C. Licinius Geta,
638, im folg. J. von den Cenfſ. Metellud und Domitius aus dem
t geftoßen, aber im J. 646 ſelbſt zum Genf. gewählt, Cic. p. Cluent.
19. Auf ihn kann fich die Münze beziehen, welde auf der einen Seite
Herkules mit der Keule und der Ueberſchrift Roma, auf ber andern
Tropäe darftelt mit der. Inſchrift C. Licinius P. F. Geta, f. Raſche
'. p. 1733. c Verſchieden von ihm ift aber der Geta, den zur Zeit
weiten Profertptionen fein Sohn mit Lift rettete, App. b. c. IV, 41. —
inius Lenticulus, als Spieler verurtheilt, aber von feinem Genoſſen
Antonius im 3. 710 mievereingefeßt, ic. Phil. II, 23, 56. — Lieci-
s Regulus, von Auguſt aus dem Senatorenalbum geftricden, wogegen
bhaft remonftritte, Dio LIV, 14. — L. Licinius Sqvillus, unter
nigen genannt, welde dem O. Gafflus nadftellten (Bb. II. S. 199,
‚ bell. Alex. 52. [W.T.] |
Lieinius Imbrex, röm. Komödiendichter au8 der Zeit des Plautus,
ı Stüd Neaera auf die fab. palliata weidt, vgl. Gel. XV,24. XIM, 22. Bothe
. comic. p.23f. Die auf die Verwandtſchaft der Bedeutung von Imbrex
Tegula gegründete Vermuthung, daß Lic. Imbr. identiſch jet mit dem
Liv. XXXI, 12. als Derfafjer eines Cultusliedes genannten P. Licinius
ıla Hält Ritſchl Parerg. Plaut. I.p. 197. mit Net für fehr problematifeh.
‚icinius Rufinus, röm. Juriſt aus der Zeit des Paulus. Er
b Regularum libri X. Mit Unreht aber hielten ihn Tiltus und Cu⸗
8 (Observ. XIV, 4. XXI, 11.) für ven Verf. der Lex Dei, f. Bp. I.
‚93. u. vgl. Bach Hist. iurisprud. Rom. Lib. III. c. II. sect. 5. $. 39.
. O. König Prol. acad. de Licinio Rufino, Hal. 1772. 4. Ch. A. H.
ius Diss. de Licinio Rufino, praeside J. L. E. Püttmann, Lips.
4. — Hierher gehört vieleiht au no Porcius Licinius, ein
ꝛx Dichter Nomd, welchen Gellius N. Att. XIX, 9. zwiſchen Valerius
tuus und D. Rutatius Batulus nennt, auch von ihm ein Epigramm
‚eilt, welches Nachbildung eines griechiſchen zu ſeyn feheint, während er
‚ 21. die Anfangöverfe eines Gedichts über die Dichtkunft zu Rom, in
üiſchen Tetrametern anführt; f. Anthol, Lat. IH, 215. 246. ed. Burm.,
41080 Licinlus '
bei Meyer Ep. 25. 26. Daß er au ber mit bem Namen Porcius in ber
dem Suetoniud beigelegten Vita Terentii genannte Dichter iſt, von dem bort
Derfe angeführt werben, ift niit unglaubli; daß er aber nicht der Gonful
biefe3 Namens im 3. 570 d. St. geweſen, zeigt Madvig De Attii Didas-
call. p. 20. — Andere Porcii Licini oder Licinii f. unter Porciagens. [B.]
Aus der Kalferzeit find zu erwähnen:
M. Licinius.Crassus Mucianus, f. oben S. 1069.
‚ Licinius Proculus, ®ertrauter des Otho unb von den Prätoria-
nern zu ihrem Befehlshaber gewählt (Tac. Hist. I, 46. vgl. 82.87. 11, 33.).
Er hielt ſich durch Verkleinerung Anderer (ib. I, 87.) in Anſehen (ib. II,
39.), trug aber dur feine ſchlechten Rathſchläge (ib. IE, 33.) und feine
feige Flucht (ib. 44.) mweientlid zu Otho's Sturz bei und erfaufte unter
Vitellius Verzeihung durch die Behauptung, er habe Dibo abfichtlich ver-
rathen (ib. 60.).
Der Kaifer Licinius. In Dacien aus niedrigem Geſchlechte geboren durch⸗
lief 2. allmälig alle Stufen milttäriiger Würde und wurde enbli von dem
öſtlichen Kalfer Galerius am 11. Nov. 307 ald alter Freund zum Kailer an
Severud' Statt erhoben und mit der Megierung von VBannonien und Mhätien
und dem Krieg gegen Marentiud in Nom beauftragt. Ehe ed aber zum Iepteren
kommt flirbt Galer. (Zoflm. II, 11.), nachdem er ihm feine Gemahlin und
feinen Sohn Candidianus empfohlen (Zactant. de persec. c. 35. 50.). Im
3. 313 gibt ihm Gonftantin in Mediolanum feine Schwefter Eonftantia zur
Frau (Eufeb. H. E. X, 8. vita Const. I, 50. 801. II, 17.). Xic. begab
fi$ alsdann nah Illyrien zurüd und wurde bald in eineh Krieg mit Marimiu
verwidelt. Dur ven Bund zwiſchen Conſt. und Lic. eiferfüdtig gemacht rüdte
biefer noch im Winter in Eilmärfhen von Syrien ber; während er ſich aber
vor Byzanz und Heraflea verweilte, zog Lie. gleichfalls ein Heer zufammen.
30,000 flanden ven 60,000 des Mar. bei Aorianopel gegenüber; Anfangs
Sieger (of. 1. 1.) wurde Mar. zulegt völlig gefchlagen (Kactant. c. 45—47.
@ufeb. IX, 10. Const. I, 58.) und floh eiligſt nah Aflen zurüd (30. April
313). Bon Lie. verfolgt machte er zu Tarſus (um die Mitte des Auguf)
feinem Leben durch Gift ein Ende (Lactant. c. 49. vgl. of. 1.1). Nun
war Lie. alleiniger Beherrſcher des Oſtens und neben ibm nur Gonflantin
als Kaifer des Weſtens (Eufeb. Const. I, 49.). Gr beflrafte namentlich in
Antiochia die Gehilfen Maximins def. bei feinen Ehriftenverfolgungen (Euieb.
H. E. IX, 11.), ließ aber bald auch Candidianus, Severianus und andere
Perfonen von Eaiferlihem Geſchlecht aus argwöhniſcher Aengſtlichkeit hin⸗
richten (Kactant. c. 50 f.). Conſt. und Lie. waren einander zu ähnlich in
ihren Beflrebungen, als daß nicht ein Zufammenfloß Hätte erfolgen müffen
(Zoſ. II, 18. u. @utrop. finden die Urſache in Uebergriffen des Conft., Liban.
Orat. III, r. 106. C. u. Eufeb. H. E. X, 8. Const. 1,50. geben ven Bruch
dem Lic. Schuld, Aurel. Vict. heilt letztere). Bet Cibalis in Pannonien
kam es zur Schlacht, einer hartnädigen und blutigen (8. Det. 314), in Folge
deren fih Lic. über Sirmium nad Thrakien zurüdsog (Zof. 18.) und ben
Valens zum Cäſar ernannte (Bof. 19.). Conſt. folgt ihm und in Thrakien
wird eine zweite Schlacht von zweifelhaften Ausgang geliefert (30f. 1. 1.),
welche zu einem Waffenſtillſtand führte; Conft. verlangte vor Allem vie Ab⸗
fegung des unrubigen Valens, melde Lic. bewilligte, und bei der neuen
&heilung des Reichs erhielt Conſt. Illyrien zu dem übrigen Weſten binzu
(of. II, 20. Euſeb. Const. II, 15. Sozom. I, 2.). Im folgenden Jahr
(315) befleiveten Eonft. ‘und Lic. gemeinfam das Gonfulat. Im I. 317
wurben gemeinfam zu Gäfaren ernannt zwei Söhne von Gonfl. und Lici»
nianus, der 20 Monate alte Sohn bed Lic. (Zof. II, 20. Aurel. Bic.
epit. 41, 4.). Au im 3. 318 war Licinius mit Griipus und 319 mit
Lieinus | ‚1061
antin Gof.; von da an aber nit mehr. Denn Lic. zeigte ſich eiferfädtig
ie Bortfchrlite Conſtantins und änderte aus Oppofltion gegen ihn feine
e chriftenfreundlihe Politik (@ufeb. H. E. X, 8. Const. II, 4. Soz.
. Im 3. 323 kamen die Beindfeligfeiten zum Ausbrud. Conſt. fiegie
drianopel über das ſchwächere und weniger gut geführte Heer des Lic.;
0 wurden erſchlagen und Lic. floh and Meer zu feiner Flotte (Zof.
°.). Aber auch diefe wurde von Gonft. trog ihrer Lieberlegenheit im
pont geichlagen (Zof. 23.), und zerfhellte zum Theil am Ufer, fo daß
„der Vpzanz bereit von der Landſeite belagerte, fle nun auch von ber
yer bebrängte (of. 24.). Lic. verließ nun feine Hauptflabt, floh nad
‚ fammelte ein neued Heer und ernannte den Magifter Officiorum Mars
us zum Gäfar (of. 25.). Uber Conft. feste gleihfals herüber und
j in einer blutigen Schlacht einen vollfländigen Sieg. Byzanz und
edon Öffneten dem Sieger ihre Thore, Lic. aber zog fih mit den Neflen
Heeres na Nikomedia (Zof. 26.). Auch dahin verfolgt ihn Gonfl.
relagert die Stadt. Vertrauend auf Conſt's Verſprechen ihn am Leben
ſſen, wirft IH Xic. ihm zu Fügen, überreicht ihm den Purpur und
um Gnade. Martinianus wird bingerichtet, Lic. nah Theſſalonika
ft, wo er troß allen Eiden bald erbrofielt wurde (of. 28.); ebenfo
Sohn (Theophan. p. 16.). Eonft. hob die Geſetze des Lic. auf (Cod.
1. XV, 14, 1. 3.); fle bezogen ſich namentlich auf Kirchliches (Verbot
Synodenhaltens, überhaupt des Verkehrs der Biſchöfe unter einander,
zuſammenſeyns beider Geſchlechter in Einer Kirche, der Untermweifung
Weiber durch Biſchöfe, Gufeb. Const. I, 51. 53.), aber auch z. B.
re Strenge gegen Verhaftete (Eufeb. 54. H. E. X, 8.). Seine Härte
eg Steuererhebung tadeln Eufeb. H. E. X, 8. Const. I, 55. u. Aurel.
; mogegen ber jüngere Bictor (Epit.) von ihm fagt: agraribus plane
sticantibus, qvia ab eo genere ortus altusqve erat, satis utilis, und
. or. pro templ. gent. nennt ihn arng tais moAsoıy ardeir rapeoyr-
Selbſt ein blofer Krieger und aller Bildung ermangelnd zeigte er ſich
als Feind der Wiſſenſchaft (Aur. Vict. Epit. 41,8) und machte ſich dur
Wildheit gefürchtet (Kact. persec. 50.), daher ihn aud Julian (Caess.)
den Göttern und Menihen verhaßt bezeihnet. Münzen f. bei Raſche
.p. 1741. [W.T.
Licinus (fo haben die Dichter Überall‘ und ift nad Madvig opusc.
alt. p. 205. durchgängig zu fchreiben, da die Schreibung Licinius oder
nius, 3. B. bei Div, auf Bermedelung mit dem befannteren Namen
t), ein geborener Ballier, von Cäſar zum Gefangenen und Sklaven
ht und zu feinem dispensator ernannt, fpäter von ihm (Dio LIV, 21.
- 3uv. I, 109.) freigelaffen (nach der ſchlechten Autorität ver Schol. Cruq.
ww. A. P. 30i. gar in den Senat gemähft), vielleicht in feinem Teſta⸗
‚ das Uuguft vollzog, daher er auch libertus Augusti heißt, vgl. Suet.
67. Scol. zu Perf. II, 36. Marrob. Sat. II, 4. u. A. Jedenfalls
8 Auguſt, ber ihn (ums 3. 738) zum Präfecten feined Baterlandes
m madte (Dio 1. 1. Sen. Apocoloc. 6.: Lugduni multos annos
vit), wo er aber feine Landsleute erfinderifh drückie und ausfog, daher
uguft verklagt wurde, deſſen Zorn er jedoch zu beſchwichtigen wußte
1. 1.). Als er endlich nah Nom zurüdfehrte, hatte er fih fo unmäßig
jert, daß fein Name ſprichwörilich wurde für einen Nabob, f. Berf.
. Suv. I, 109. XIV, 306. Macrob, 1.1. Sen. Ep. 119, 10. 120, 20.
. Ep. V, 7. Er wird als Erbauer der Basilica Julia (nah feinem
ligen Seren) genannt, |. Schol. zu Juv. I, 109. Beder, zur röm.
jraphie ©. 32f. Nah dem angef. Schol. foll er unter Tiberius ges
n ſeyn. Auf fein marmoınes Grabdenkmal via Salaria eb ꝑpe urbem
1092 Licitatio — Lictor
ad lapidem secundum bezieht fih das Epigramm in Meyerd Anthol. lat. I
Nr. 77., vgl. deſſen Annotatt. p. 31 f. u. Martial. VII, 3, 6. — Ohne
Zweifel von diefem zu unterfcheiden ift der tonsor Licinus bei Hor. A. P.
301. (irrthümlich auch in Juv. I, 25. X, 226. hineingebentet), f. d. Intpp
und im Allgemeinen ſ. Madvig 1. 1. O. Jahn zu Perfiusp. 128. [W.T.]
Licitatio (liceri, licitari), Anbot bei öffentlihen Berfteigerungen
Mer ein folddes auf dad Ausrufen des Präco bin machte, bob die Finger
empor um fi erfennbar zu machen, @ic. Verr. II, 1, 54. 3, 11. Ein
höheres Angebot machen, daraufichlagen, Hieß contra liceri, Eic. Off. IT, 15.
‚Ef. B. G. 1,18. Dem der das höchfte mat addicitur res, Cic. p. Caec. 6.
Es wurde dabei manchfach Intrigirt, indem der Verkäufer Jemand beftellte,
der hohe Angebote machte um die Vreije zu fleigern, oder ein Kauflufliger
Sole, welche niedere Summen boten, wovor Cic. de off. II, 15. warnt,
vgl. aber ad Fam. VII, 2.: licitatorem (oder illicitatorem) potius apponam
qvam illud minoris veneat. Im Aufſtreich verfaufen beißt ad licitationem
vendere, Snet. Ner. 26. ober ad licitationem rem deducere, Ulp. Die.
X, 2,6. [W.T.]
Lielan, der Einſchlagfaden beim Weben, f. Textur. Auch das auß
Fäden Gewundene. So hatten ein licium (Gurt) die publiti servi bei
Hausſuchungen um bie Lenden, baber per lancem et licium furta concipere,
f. Bd. IM. ©. 561. Gell. XII, 3. licio transverso qvod limum appellatur
qvi magistratibus praeministrabant cincti erant. Häufig fommen aud
licia (mehrfarbig, au Knoten verſchlungen) bei Beſchwoͤrungen u. vgl. vor,
f. Virg. Ecl. 8, 73., wozu Servius: bene utitur liciis qyae ita stamen
implicant ut haec adolescentis mentem implicare contendit. Petron. Sat.
131. Ovid Fast. II, 575. Amor. I, 8, 8. Plin. XXVII, 4 12. Aug
als Haarſchmuck von Frauen, Prubent. in Symm. 11, 1104. licia crinibus
addunt. Lieber das 1. der Lictoren f. Lictor. [W.T.]
“ Lienini (Auixriroi, Ptol. IT, 2.), Völkerf. im Innern von Corfica [F.)
Lietor h. der Diener der höheren Magiftraten, welcher ihnen die Ruthen⸗
bimdel mit den Beilen vorträgt, |. Br. IH. ©. 424f. Die Ableitung des
Worts von ligare (von dem Binden ber Verbrecher) oder von dem grick.
Asızovpyoi f. Blut. quaest. Rom. 67. Rom. 26. Balg. Ruf. bei Gel. XII, 3.
Paul. Diac. v. lictor p. 115. M. Non. Mare. I, 257., von ihrem Gürtel
lieium, ſ. M. Tull. Tiro bei Gel. 1.1. Die Lirtoren waren nit Scharen,
Dio Caſſ. XLVIII, 43. (aljo nigt mit den servi publici zu ideniificiren, 1.
dad Scons. bei $rontin. de aquaed. 100.), fondern Bürger, aber meiftene
Breigelaffene, Liv. 11,55. @ic. in Pis. 23 Verr. I, 26. Xac. Ann. XIII, 27.
(ebenfo die Diener der Tribunen, Blut. T. Gracch. 12.). Sie hatten als
Amtsauszeichnung das licium oder limüs, Gel. XII, 3., und emrfingen Pe:
ſoldung, mie alle apparitores, f. Bd. I. S. 635 f. Daß fie geihlofiere
Gorporationen bildeten und nad ihren verſchiedenen Brandden in decurise
getheilt waren, zeigen bie Infäriften, Orell. n. 2676. 3216. 3217. S. Bo II
S. 497. — Die Dauer dieſes Inſtituts bis in die fpäte Kaiſerzeit iſt bereit!
ermähnt, Bo. III. S. 425. und wird durch die Kaiſermünzen beflätigt. Sogar
die Damen des: Eaiferl. Haufe erbielten zumellen das Recht, fi von Lictoren
begleiten zu laſfſen, Tac. Ann. XIII, 2. I, 14. Dio Caſſ. VI, 46. — Die
Lictoren mit ten fasces wurden zur Königszeit ald insignia imperii (Gıc.
de rep. II, 17, 31. Liv. I, 8.) aus Etrurien in Rom eingeführt, allein
beftritten tft, ob es ſchon Romulus that (f. Put. Rom. 26. on. VII, ı
Lyd. de mag. I, 7.) oder Tull. Hoftilius (Gic. de rep. II, 17. Plin. H
N. IX, 39. Macrob. Sat. I, 6.) oder erfi Tarquinius Priscud. Die be
treffenden Stellen f. Bd. II. ©. 425. Die Könige Hatten 12 Lictoren, |
rex, ebenfo viele die Cofſ. (Bo. IH. ©. 424. Br. I. ©. 628 f.), fo wıe
Licas — Licymnia 1083
er Kviri (Dion. X, 59.), die Dictatoren Hatten 24 (Bd. III. S 424.
I. &. 1005.), der magister equitum hatte 6 (f. mag eq.), ber Brätor
3, urfprüngli aber nur 2 (f. Bd. II. ©. 424 f. und Praetor); der
r hatte feine (Bd. II. ©. 425. Bo. II. ©. 248.), ebenſo wenig ber
or (j. d. Art.), wohl aber die Legaten, menigftend unter Umflänven, f.
4. 06. — Aud die Veſtalinnen Hatten Lictoren, und zwar jede einen,
Faſſ. XLVII, 19. Blut. Num. 10., deögleicgen die Flamines, wie
tend Paul. Diac. v. flaminius lictor p. 93. vom flamen Dialis jagt.
f deutet wahrfheinlid Ovid Fast. II, 23. Sogar die Burien hatten
ctoren, menigflens wird berichtet, daß bie comitia curiata calata durch
res curiati berufen wurden, Gell. XV, 27., und fpäter wurden
mitia curiata dur 30 Lictoren repräfentkit, f. Bd. II. ©. 534. 545 f. .
ar curiatus kommt auf mehren Injriften vor, Orell. inser. n.
2922. 3240. und aufn. 3217. 5. ed: lictori decuriae curiatiae,
sacris publicis apparet. Die Amtsthätigkeit diefer Firchlichen Lictoren
3er den erwähnten Andeutungen nicht näher befannt; bie Geſchäfte der
ben Lictoren waren folgende: Sie begleiten die Magiftraten bei ihren
ngen, und zwar bergeflalt, daß fle einzeln voraudfchreiten (mann fie
onful nadfolgten, |. Bb. II, ©. 628 f.), nie paarmeife, wie theild auf
ꝛn und Inſchriften, tbeil in den Schrififielern angegeben if. Der
dem der Magiftratus am meiften Vertrauen fchenfte, ging unmittelbar
mfelben und 5. proximus, feined Ranges wegen au primus,
XIV, 44. Val. Mar. II, 2, 4. ic. ad Qu. fr. I, 1, 7. Verr. V,
e div. I, 23. Gall. Jug. 12. App. b. c. V, 55. Dion. III, 62.
inser. n. 794. 3218. Uuf dem Wege Haben fie das Gedränge des
zu entfernen und freie Bahn zu maden (summovere plebem), wozu
) der Stimme (date viam, cedite u. dgl.) und der Hand bebienen
der Ruthen, Dion. X, 59. App. b. c. I, 78.), Liv. I, 56. III, 48.
3. VIII, 33. XLV, 29. Hor. od. II, 16, 10. Plin. pan. 61. Feſt.
ironae p. 154. M. Dion. VII, 35. Blut. Rom. 26. Auch forgen
ür, daß Alle den Magiftraten den gehörigen Reſpekt bemeifen (aufs,
vom Sig, vom Pferd herabfleigen u. f. w.), und menn es niebere
trate find, die Honneurd machen. Diefe Sorge h. animadverlere;
ıXIV, 44. Suet. Caes. SO. Sen. ep. 64. DBaler. Mar. II, 2, 4..
11, 2. App. b. c. V, 55. Sie fügen bie Perſon der Magiftrate,
IX, 48., fielen fi am Tribunal auf, Dion. III, 62., und nad) der
br Halten fie am Haufe Wache, indem fie die fasces an die Hausıhüre
(forem virga percutere), |. Bd. III. ©. 425. App. b. c. V, 76.
I, 34. Plin. H. N. VII, 30. Sie bejorgen alle Beſtellungen, Lio.
.,‚ und vollfireden nad dem alten Perduellionsgeſetz (I. perduellio) die
ung und Hinrichtung des verurtheilten Bürgers (nit Anderer), Lio.
II, 5. VII, 7. 32 33. XXVI, 26. Cic. p. Rab. perd. 4. Verr.
Gell XII, 3. Dion. II, 29. IX, 39. Blut. Rom. 26. — Bei
begängniffen ſcheinen die Kictoren auch pollzeilid für Erholtung der
ng mitgewirkt zu haben, Gic. de leg. I, 24. — Literatur: Kipf.
I, 23. Reineſ. epist. ad Hofmann. 61. A. ab Alexandro dies gen.
27. Wieling de furto per lancem et lic. conc., Marburg 1719.
—48. Sranhem. de praest. et usu num. II. p. 93 ff. und in den
üch. d. Antig. von Kirping, Nieupoort, Adam, Creuzer u. A. [R.]
äcus, f. Licia. |
scymmim bei Hor. Od. II, 12, 13 ff. faßt man bald als die Gattin
äcenas, Terentia, womit die Quantität der Silben übereinflimmt,
18 feine amica, am ritigflen aber und dem ganzen Tone und Zus
nhang am entſprechendſten als die amica des Horaz ſelbſt; vgl. die
1084 Lieymnius — Ligarii
Ausführungen in meinem Excurs in Sahne Jabrbb. Suppl. Bo. VI. S. 363.
bis 374. und in der Zeitſchr. f. Alt.Wiff. 1845. Nr. 76. ©. 603f Ueber
bie Schreibung des Namens f. Weichert poet. lat. vit. p. 463f. [W.T.]
Liceymnius, 1) griechiſcher Rhetor, Schüler des Gorgias und Lehrer
des Polus, Verfaſſer einer Rhetorik (zeyrn); ſ. Ariſtot. Rhett. III, 13, 5.
Dionyſ. Halic. Ep. ad Amm. I, 2. II, 2. Dem. 26. Schol. Platon. (ad
Phaedr.) p. 965. der Züri. Ausg. Vgl. Heindorf ad Plat. Phaedr. p. 313.
Spengel Zvrayoy. rexv. p. 88 ff. [B.
2) von Chios, diihyramb. Dichter aus unbekannter Zeit, von Spengel p. 91.
u. Schneidewin Gott. G. X. 1845. St. 112— 114. mit Wr. 1, iventificirt. Bar.
Bergf poet. gr. Iyr. p. 839. W. M. Schmidt diatr. de dithyr. p. 81—66.
Asvurıov Bovnonose aoıdor erwähnt Buftath. zu Hom. Od. III, 267. —
3) Sohn des @lektryon und ber phrygifhen Sklavin Midea, Halbbruder der
Altmene (Bauf. II, 15, 4.), Gemahl der Perimede, Vater des Oeonos,
Argeios und Melas, Freund des Herafles, defien Sohn Tlepolemos ihn aber
erſchlug, nah Pindar O1. 7, 20 ff. abfihrlih im Zorne (vgl. die Schol. dazu
und Boͤckh Vol. II, 2. p. 170.), nad Andern unvorſätzlich (Apollod. 11,8, 2.).
Bol. Som. II. 11, 663. Apollod. II, 4, df. Sein Grabmal - zeigıe man
in Argos, Pauf. VII, 22, 8. vgl. Blut. Pyrrh. 34. [W.T.]
Lide (Aiôn, Herod. I, 175. VIII, 104.), Berg in Carien in der Näbe
von Redaſus. [F.]
Liganira (Anyarsio@, Ptol. VII, 1.), Stadt der Cakpiräl in India
intra Gangem. [F.}
Ligearii, aud dem Sabiniſchen flammend (vgl. Eic. p. Lig. 11, 32.).
Nur drei Brüder vieles Namens find aus ver Zeit der Bürgerfriege befannt;
vielleicht der ältefte verfelben if Q. Ligarius, Legat des Procoſ. C Eon-
ſidius Longus in Afrifa, von dem er bei deffen Abgang im I. 704 provi⸗
ſoriſch die Provinz übernahm (Bd. II. ©. 1298, 2.). Da rer vom Senat zum
definitiven Nachfolger ernannte 2. Aelius Tubero nicht erihien, fo lam ihm
ber im Micenifhen gefchlagene PBompefaner P. Attius Varus, früher Bro-
prätor in Afrika, zuvor, melden Lig. au aufnahm und anerkannte und
den fpäter endlich. eintreffenden Tubero abwies (Eic. Lig. 1. &äf. b. o. I, 31.
Put. Cat. 56 f£E Dio XLI, 41.). Im J. 705 kämpfie er dann auch unter
Varus gegen den Gäfarlaner C. Eurio, und 708 gegen Cäſar ſelbſt, wurde
aber bei Adrumetum gefangen und verbannt, weil er den Widerfland gegen
- Wäfar auch nah Pompejuso' Tod fortgefegt hatte (b. afr. 89. Cic. ad Fam.
VI, 13. p. Lig. 4. 5.). Trotz der Bürfpradge feiner beiden Brüder und
feines Oheims T. Brochus, mit denen fih am 23. Sept. 708 Gic. in einer
Audienz beim Dictator vereinigte, begnabigte Cäſar ihn nicht (Gic. ad Fam.
VI, 14. p. Lig. 5.), ließ fih aber durch DO. Aelius Tubero zu einem öffent⸗
Jihen Schritte veranlaflen. Diefer, ein ftreitiüchtiger Menſch und bitrerer
persönlicher Feind des Lig., belangte Letzteren wegen feines Benehmens in
Afrika (vol. Quintil. X, 1, 23. XI, 1, 78. 80.). Dapdurch erhielt Gärar
Gelegenbeit zu einem öffenilichen Gnadenakte und zugleih den Gıc., der die
Beriheivigung ded Lig. übernommen batte, ıheild zu lauter Anerfennung
feiner Berion und Herrſchaft zu veranlaflen, theils dadurch zu verbinden, dap
er fi ‘von feiner Beredtiamfeit überwunden flellte (mas Plut. Cic. 39. im
Ernſte glaubt). ic. hob in feiner (nody vorhandenen und auf dem Forum
vor Gäjar gehaltenen) Rede bei. hervor, daß Lig. nicht weniger Aniprud
auf Bäjars Milde habe als Cic. und Tubero ſelbſt. Wirklih begnapigie
Gäjar den Lig. (Plut. Cic. 39. Pompon. de or. iur. Dig. I, 2, 2. Tu-
bero non obfinuit apud C. Caesarem) und Eicero’8 Rede wurde bewundert
(ad Att. XII, 12, 2.19,2. 20, 2. 44. extr.). Über Lig. vergaß nicht, das
Gäjar ihn verbannt Hatte (Plut. Brut. 11.), und er war wohl ber Lig.,
Ligauni — Ligii 1085
ı Appian b. c. II, c. 113. unter den gegen Eifard Leben Verſchwo⸗
nennt. Zwei Brüder diefed Namens wurden zur Zeit der Proſcrip⸗
des 3. 711 von Eflaven verraihen und gerödter (App. IV, c. 22 f.),
nen Dritten erreichte bald daſſelbe Roos (ib. 23.). @iner derſelben
ritus (vgl. ic. ad Fam. VI, 13, 2. ad At. Xtll, 44, 3.) und war
Luäftor mir Cäſar in Berührung gekommen (ic. p. Lig. 12, 35. ad
CIII, 44. extr.). — Ein P. Lig. wurde gleihfalls im J. 708 bei Adru⸗
ı von. Gäfar gefangen genommen und bingerichtet, weil et ſchon brei
vorher im erſten fvanifchen Kriege begnadigt worden war (Gäf. b.
34.). — Bal. Drumann Geſch. Roms II. 6. 706—709. VI. ©.
-277. [W.T.]
Ligauni (Plin. III, 4, 5.), Völferfhaft an der Süpfüfle von Gallia
onenfld unmeit der Brünze Italiens.
Ligöa, Ayeie, 1) Nymphe, Tochter des Nereus und der Doris, Birg.
IV, 336. — 2) eine Sirene, Cuſtath. p. 1709, 46. [W.T.
Eiger (Gäf. B. G. 11, 9. VII, 5. 55. 59. Rucan. I, 439. Auſon.
461., bei Strabo IV, p. 189. 191. 193. w. ſ. w. flet8 Aeiyno, bei
. 1, 2. und Steph. Byz. v. Béxeio p. 163. Aiyeio, bei Dio Caſſ.
IX, 40. u. XLIV, 42.’ Atyoog, und bei Steph. Byz. p. 422. Alyvpos),
der Hauptflröme Balliend, den Strabo p. 189. ganz richtig auf den
menen (d. h. dem M. Cevenna) entipringen, das Gebiet der Arverner und
ınten durchſtrömen (p. 191. 193.) und zwiſchen den Wohnfigen der
onen und Namneten in den Ozean münden läßt (p. 190.). Nur barin
er, daß er feinen Lauf ganz parallel mit dem der Garumna und des
nus annimmt und ihm daher an der Norbfüfle, Britannien gegenüber,
: Mündung gibt. Ptolemäus Tennt zwar feinen Lauf richtiger, "nimmt
: die Quelle viel zu weit weflih oberhalb Tolofa an. Er war etwa
O Stab. weit fhiffbar, diente den Roͤmern, namentlich von der einft
yenden Hundeldfladt GBorbilo (j. Couveron?) aus, als ein Theil des
weldweged zwiſchen Vritannien, Maflilia und Italien (vgl. Strabo p.
).), und hatte ein Helles (Plin. IV, 18, 32.), bläulihes (Tibull. I, 8,
) Wafler. Jetzt Loire. [F.} '
Ligil oder Lygii, welche überdies namentlich bei den griech. Auctoren
ier, Luten, &oegen, Logionen und ſelbſt Lutugen beißen (Far.
rm. ce. 43. Ann. XII, 29. u. 30. Strabo VII, 1, 3. Ptol. II, 11. Die
f. LXVO, 5. Tab. Peut.), eine ganze Bamilie von Volfekämmen, die
ten Sueven im weiteſten Sinne des Namens zählten. Denn daß bie
ıen bei diefem Namen ſich ein germaniiches Volk dachten, tft ficher, ob⸗
ich allerdings die Lygier im engflen und urfprünglichften Sinne ein ſlavi⸗
es Volk fein mochten, daB jedoch unter Oberherrſchaft ver Sueven gerarhen
d mit diefen fo fehr in Eins verfämolzen war, daß tie fle beherrſchenden
»viſchen Befolgichaften auch Name und volksihümliche Sitte von ihnen ans
rommen. Das nah der Meinung einiger Yorfcher vem Namen Lygier zu
und liegende Wort Zug, im Altdeutſchen — Wald oder Sumpf (I.
elung, ältefte Gef. der Deutihen S. 229.), heißt noch jegt im Slavi-⸗
en Wiefe oder Sumpf, und bildet eine gute Bezeichnung für die flas
he Berölferung an der oberen Oder und Weihfel von dem ſchlefiſchen
ebirge an bis zu den Karpatben. Es bewohnte aber dieſer mächtige Völker⸗
rein, außer dem öſtlichen Theil von Schleften, die Landſchaften von Klein»
d Großpolen, melde die Weichfel durch ihre Krümmung, von der Quelle
4 Ofen und dann nah Nordweſt, bis an die Nähe von Bromberg, fall
einem Halbkreiſe umfchreibt. — In der Geſchichte wird der Lygier zuerft
8 eined zu dem großen DVölkerverein Marbods gehörigen ebenfalls großen
olkes gedacht, und ihre DBerbindung mit den Marfomannen und Hermuns
1088 Ligüres \
Mittelmeere Heißt bei früheren griech. Särififtelern 7 Ayvazınn (Herot. fr.
22 ff. Sophocl. ap. Dion. Hal. 1, 12. Polyb. II, 31, 4. III, 41,4. Strabo
11, p. 128. IH, p. 165. Ptol. IH, 1. u. f. w., bei Polyb. VII, 9, 6. auf
. x Ayvorivm), bei den fpärern und den Römern aber Liguria (Aryvosa,
Diodcor. 1,7., Ayovoia, Btol. III, I., Plin. IH, 5, 7. XL, 42, 97. XV,
2, 2. Suet. Claud. 17. u. f. w., bei Tac. Hist. II, 15. u. Agr. 7. au
Liguris, vgl. @uftarh. ad Dion. Per. 76.) und wird von Hecatäuß fr. 22.
(aus Steph. Bor. v. Maovaiie) ausdrücklich von dem nörpliern Geltica
unterſchieden. Es reihte nach der Älteften Annahme wefllig bis zur Grenze
Iberiens (na Thuc. VI, 2. Dion. Hal. I, 22. Diod. V, 6. und Silius
XIV, 34 f. feinen fih auch in Iberien felbft Ligyer feftgefeht zu haben, da
fle die Sicaner daraus vertrieben haben follen, nad jener freilih unſichern
Stelle bei Herod. V, 9. aber mohnten fie oberhalb Maflilia), öſtlich aber
Bis zur Grenze Tyrrheniens; fpätere Schrififteller jedoch beichränfen die Aus»
Dehnung des Volkes gegen W., mähzend fie diefelbe gegen D. bin vergrößern.
Nah Polyb. III, 41, 4. vgl. mit II, 16, 1. bemohnen die Ligystini (.%-
yvorıroi — denn mit diefem Namen werben fle, eine einzige Stelle outge-
nommen, von Polyb. ftetd benannt, I, 17, 4. I, 67, 7. II, 16, 1. 111,33,
16. u. f. w., vol. auch Plut. Aem. Paul. 6. u. Plin. X, 24, 34.) den
ganzen Küftenftrihd am Abhange der Apenninen und Seealpen von Viſa bis
Maffilia in einer Ausdehnung von fünf Tagfahrten längs der Küfle, und
haben in W. die Ananed, in N. aber die Boji zu Grenznachbarn (Val.
auch Apollod. II, 5, 10. Dion. Hal. I, 41. u. A) Noch fpätere Autoren
fließen felbit die Gegend von Maifilia, d. h. die Wohnflge der Salyes oder
Salluvii (Strabo IV, p. 178. 203. Liv. V, 35. u. A) vom Gebiete der
Ligurier aus und räumen ihnen blos den Küftenftrib zmiihen den Varus
und Macra (Strabo V, p. 178. 184. 203. V, p. 222. Ptol. IH, 1. Blin.
IH, 8, 7.) und zwar in einer Ausdehnung von 211 Mill. ein (Plin. a. a. O.
vgl. au Flor. IT, 3. u. Tzetz. adLyc. 1312.), fo daß die Ligures (welcher
Name nun der berridende geworben, vgl. Liv. XXI, 26. XXVII, 49. XXI,
19. u. öft. Plin. II, 5. 6. 17, 21. 20, 24. Gutrop. III, 2. 8. Zac.
Hist. 11, 14. %lor. II, 3. Stepb. Bor. p. 422. u. f. w. und zwar fo,
daß der Singular gewöhnlich Ligus [Eic. Sext. 31, 68. Virg. Aen. XI,
715. Berl. VI, 6. Tac. Hist. II, 13.], biöweilen aber au Ligur [ucan.
1, 442.] lautet, vgl. Pritc. VI, 15. p. 716. P. u, ®ofl. de Anal. I, 36.
p- 363.) ganz aus Gallia Transalpina verſchwinden; obgleih auch Spätere
bisweilen noch den alten Meberlieferungen folgen (z.B. Avien. Or. mar. 609.,
der den Rhodanus zur Grenze zwiſchen den Iberern und Liguriern made).
Dagegen finden wir num ihre Wohnflge in der Ebene des Padus, ziemfid
tief ind Innere von Gallia Cisalpina hinein audgebehnt, wo fle auch die Stadt
Ticinum bauten (Plin. III, 17, 21.). Unter Auguftus aber murbe der Um⸗
fang Liguriens, dem die Ite Legion als Garniſon zugemieien wurde, fo fefl-
geftellt, daß im W. der Varus, im N. der Padus bid in die Gegend von
Placentia hin, und im O. der Marra ald Brenze angenommen wurde (Strabo
V, p. 212. 216. 222.) und alfo die Landſchaft, ale die weſtliche Hälfte von
Gallia Cispadana, die beut. Brafih. Nizza, den Süben von Piemont. ganz
Genua und den mefllihiten Theil von Barma und Piacenza umfaßte. —
Alle genaueren Nachrichten von diefem Lande und feinen Bewohnern vers
danken wir den Römern, die, fobald fle den Fuß nad Gallien geieht Hatten,
mit diefer rohen und kriegeriſchen Voͤlkerſchaft, der gemöhnlihen Bundee⸗
genoffin der Ballier (Liv. XXXVI, 33.), ja ſelbſt der Garıhager (Herod.
VII, 195. Polyb. I, 17, 4. III, 33, 16.), feit vem I. 238 v. Ehr. (Fir.
Epit. XX. Flor. II, 5.) in einen langwierigen und blutigen Kampf gerieih
(Strabo IV, p. 202. 205. iv. XX, 7. 17. 18. AXXIV, 55. XXXV, 3. 11.
Liglires | 1089
1.40. XXXVII, 2.57. XXXIX,1. XLVII, 30 f. u. f. w.), da ihnen nicht blos
e Tapferfeit der Ligurier, fondern auf das mit Wäldern und Sümpfen
bedte Gebirgsland an fich ſchon die größten Hinderniffe entgegenfeßte (Liv: _
XXIX, 32. XL, 17.). Nah und nah wurden jebod alle Stämme ber
gured, von denen einige felbft in andre Länder, namentlih nad Samnium,
ergefledelt wurben (Liv. XL, 38. 41. vgl. Blin. III, 11, 16.) und ihr
nd römifchen Koloniften überlaffen mußten (Liv. XLII, 4. 21.), durch bie
bermadt der Nömer bezwungen (Polyb. XXXIII, 4. Dio Eaff. LIV, 24.
3. Epit. LX. Suet. Tib. 9.), und theild zur Provinz Gallia Narbonensis
strabs IV, p. 203.), theild zu: Gallia Cisalpina (Strabo IV, p. 209.)
Klagen, den eigentlich nie ganz unterjodten Bergvölfern aber wenigftend
Tribut auferlegt und ein Falferlider Procurator vorgefegt (Strabo IV,
203 ), der au noch ſpäter als Procurator (Tac. Hist. II, 12. III, 4.)
r Praefectus (Inscr. ap. Wesseling. ad Itinn. p. 290.) Alpium Mariti-
rum vorfommt. Die erfi im J. 14 v. Chr. völlig bezmungenen (Die
f LIV, 24.) Ligures Comati ober Capillati auf den Seealpen erhielten
ich Nero das Jus Latii (Plin. III, 20, 24.). Die Zahl der einzelnen
urifhen Stämme muß fehr groß geweien feyn; doch mögen ſowohl in
en Namen, als in ihren Wohnflgen durch Cinwirkung der Römer manche
ränderungen flattgefunden haben (vgl. Blin. IH, 5, 7.), beſ. da fie iQ
n Theil au mit den ihre Wohnflge im W. immer mehr beiränfennen
ten vermiſchten, fo daß bei Strabo IV, p. 203. u. Ariſtot. mir. ausc. 86. *
f. au Plut. Aem. Paul. 6.) von KeArodsyveg die Mede iſt, und die
luvii in der Gegend von Maffllia bald Ligurier (Plin. III, 5, 7.), bald
Dier (Gelten) ‚genannt werden (Xiv. Epit. LX.). Daher verſchwinden
ber eriheinende Stämme, mie bie von Theopomp bei Steph. Byz. ges
nten Arbaxani, Eubii, Ipsicuri u. a., fpäter gänzlich und andre treten
ihre Stelle. Sie werden im Allgemeinen von Livius Epit. LX. in Li-
es Transalpini und Cisalpini geſchieden. Die auf den Seealpen wohnenben
imme hießen im Ganzen Alpini (iv. XXVII, 96. XXIX, 5.), au von
r Site dad Haar lang wachſen zu lafien, Capillati oder Comati (Die
j. LIV, 24. &ucan. I, 442. Plin. II, 5, 7. 20, 24.), die auf und
ven Apenninen angefledelten aber Montani (ic. Agr. II, 35. Liv. XL, 41.).
Namen und Wohnflge der einzelnen Stämme, unter denen auf der Wefl-
der Alpen die Salyes oder Salluvii, Oxybii und Deciates, auf der Oſt⸗
aber bie Intemelii, Ingauni und Apuani am Abhange der Apenninen,
Vagienni, Salassi und Taurini am obern Laufe des Padus, die Laevi
Marisci nörblih vom Padus, am Ticinus, u. a. die hedeutenberen ges
n zu fein feinen, fiehe bei Ukert IE 2. ©. 288 f. Sie waren ein
iger und abgehärteter Menſchenſchlag (Strabo IH, p. 469. Dion: Haf.
1. Diod. IV, 20. V, 39. Xriflot. mir. ausc. c. 91 ff. ic. Agr. U, 35.
j. Geo. II, 168.), von Fleiner Statur, aber gewandt und ſchnell (Diod.
99. Tac. Hist. II, 12.) und eben jo gute Jäger (Cic. u. Dion. 1. 1.)
tapfere und tuͤchtige Krieger, jedoch faft blos zu Fuße (Strabo IV, p. 202.
ı. Dal. I, 41. Plut. Aem. Paul. 6. for. II, 3.), heſ. gute Schleu⸗
(Ariſtot. am a. D.), daher auf fpäter eine vorzüglihe Pflanzichule
Ergänzung der verweichlichten roͤm. Legionen (Strabo Y, p. 217. Dion
9.). Ueber ihre Waffen, unter denen bei. die ehernen (oder Eupfernen)
[de erwähnt werben, f. Diod. am a. OD. Strabo IV, p. 202. Tar.
II, 12. Silius I, 628. Mit ihren Heinen und ſchlechten Fahrzeugen
n fie doch bis zu der Meerenge an den Säulen des Herfuled hinauf
Tahrt und Seeräubergl (Strabo IV, p. 203. Diod. IY, 40. V, 39.).
Dandel mit den Landesprodukten (f. unten) und ber Ackerbau ber Ligurier
uly, Real⸗Eneyelop. IV. 69
1090 Ligüres
war von Feiner Bebeutung, dagegen war die Viehzucht eine Hauptibeſchäfti⸗
gung berjelben (Strabo am a. D.). Ihre Xebendwelfe war fehr einfach,
Milch ihr Hauptnahrungsmittel (Strabo V, p. 218.); auch brauten fie aus
Gerſte eine Art von Bier (Strabo ebendaſ.). Im Ganzen zeigte fich In ihren
Sitten eine große Aehnlichkeit mit denen der Gelten (Strabo II, p. 128. 180.
vgl. au Diod. V, 89.). Uebrigens werden fie von den Nömern als Hinter»
liſtige und betrügeriſche Leute geſchildert (Serv. ad Virg. Aen. XI, 701.715).
Ihr von den Apenninen und Seealpen durchzogenes Land war größtentbeils
gebirgig (Strabo IV, p. 218.), und daher im Ganzen rauh und unfruchtbar
(Diod. IV, 20. V, 39. Gic. Agr. II, 39. Liv. XXXIX, 1. Tac. Hist.
II, 13.). Die Berge traten fat bis an die ganz Hafenlofe (Strabo IV,
p. 202.) Küfte hervor und Tießen an ihr nur einen ſchmalen Weg offen, bie
Hauptflraße aus Oberitalien nach dem ſüdlichen Gallien (Strabo IV, p. 184.
187. 202 f. 208.). @inen Theil des Landes an den Abhängen der Gebirge
hatte man urbar gemacht (Strabo V, p. 218.), und bier, fo wie jenfeits
der AUpenninen in ber Ebene des Padus wurde einiger Aderbau getrieben,
ja ſelbſt etwas Wein gebaut, der jeboch herb war und einen Pechgeſchmack
hatte (Strabo IV, p. 202. Xiv. XL, 41. Plin. XIV, 6, 8. 20, 25.); im
Ganzen jedoh galt das auch von vielen Sümpfen bevedte Land’ (Gtrabo V,
p. 217. Liv. XXXIV, 48.) für arm und unergiebig. Das Hauptprodukt
. war Schiffs und andered Bauholz aus den zahlreigen Wälbern, die zum
Theil Bäume von ungeheurer Größe enthielten (Strabo IV, p. 202. Dior.
V, 39.), außerdem aber wurden auch Schlachtvieh, Häute, eine Eleine Race
von Pferden und Maulthieren (Tirvoı genannt), Honig, Xeibröde und Kriegs⸗
Mäntel aus der groben Wolle ber bortigen Schaafe (vgl. Plin. VIII, 48, 73.)
verfertigt, ausgeführt (Strabo IV, p. 202.), und zwar von Benua au, bem
Sauptmarfte der Ligurier, wo fie auch ihre Bedürfniſſe, namentlich Del und
Wein, holten (Strabo ebendaf.). Des liguriſchen, befonderd aus Schaafmilch
bereiteten, Käfes gedenkt Plin. XI, 42, 97. Gigenthümliche Produkte Ligu⸗
tiend waren aud das Lingurium, eine dem Bernflein (Strabo ebenbat.)
ähnlige Steinart, die zu Siegelringen geſchnitten wurbe (vgl. Plin. XXXVII,
7, 11. u. Heyn. Excurs. I. ad Aen. VII. p. 128. Wagn.) und das Kraut
Ligusticum (Dioßcor. III, 53. Plin. XIX, 8, 50. XX, 15, 60. Golum.
x, 57, 5. u. Salmaf. ad Solin. p. 899.). Die bebeutndern Ylüffe tes
Landes waren außer den Grenzflüffen Varus (j. Bar), Macra (j. Magra)
und Padus (j. Bo) zwei fünliche Nebenflüffe des Ießteren, ber Tanarus (j.
Tanaro) mit der in ihn mündenden Stura (die noch immer den alten Namen
führt) und Trebia .(j. Trebbia). Bedeutende Städte gab ed nur wenige in
Ligurien, deffen Einwohner mei nur In Fleinen Flecken und Kaflelen (Lie.
XXXV, 11. 21.22. XL,17.), ja zum Theil nur in elenden Hütten, ja felbt
in blofen Hölen und Grotten hausten (Diod. V, 39. Blor. 11, 3. Zar.
Hist. I, 13.). Die witigern Ortſchaften, zum Theil maſſilienſiſche Role
nien, waren: a) längs der Küfte lagen in der Nidtung von W. nad N.
Nicaea.(fj. Nizza), eine Kolonie der Maffilier; Herculis Monoeci Portus
(i. Monaco), ebenfalls eine Anlage und Factorei der Maſſilier; Albium In-
temelium (j. Bintimiglia), die Hauptflabt der Intemelier; Albium Ingaunum
(j. Albenga), die Haupiflabt der Ingauner; Savo oder VadaSabatia (j. Sa
vona); Genua; Segesta Tiguliorum (j. Seſtri); Portus Veneris (j. ‘Ports
Venere); b) im Innern, in berfelben Richtung: Pollentia (j. Polenza);
. Alba Pompeia (noch j. Alba); Augusta Vagiennorum (j. Vasco in der Nähe
von Monvovi?); Asta (j. Ali); Dertona (j. Tortona); Iria (j. Voghera),
die öfllichfle Stabt der Taurini; Aquae Statiellae oder Statiellorum (i.
Acqui) u. f. w. Endlich beſaßen die Ligurier auch einige Eleine Infeln vor
ber Küfle (Ayvor sjoos bei Strabo II, p. 129., Ayvoridsg bei Apollon.
Pa Lilaea — Lilybacum 1091
, 993.), die nah Steph. Byz. p. 617. mit den Stoechades (Zrosyadeg,
trabo IV, p. 184. Dioscor. IT, 31. Plin. XXXI, 2, 11.) ſũdoſtlich
m Maſſilia (d. 5. mit den Heut. Hieriſchen Infeln), und alſo wohl au
it ben Massiliensium Insulae hei Tac. Hist. IH, 43. tbentif$ waren, ob-
eich Strabo p. 129. die Infeln der Ligyer von denen der Maffllienfer und
ſo wohl auch von den Stöchaden, die nad p. 184. von Lebteren bemohnt
ren und ziemlich weit weftlih vom Varus lagen, unterſcheidet. [F.]
Lilaea (Adcız, Som. 11. II, 525. Strabo I, p. 16. IX, p. 407. 424.
iuſ. X, 33, 2. Lycophr. 1073. Stat. Theb. VII, 348.), Stadt in Photis
den Quellen des Cephiſſus. Beim Einfalle der Perſer blieb fie ihrer
ſteckten Zage.megen verſchont, im heiligen Kriege aber wurde fie vermüflet
auf. am a. O.), erholte fi jedoch bald wieder, und fo fand denn Paus
as in ihr no einen Marktplatz, Tempel des Apollo und der Artemis,
iver, ein Theater u. f. w. Ueber ihre Auinen unter dem Namen Valéo—
Iro und die Quelle des Gephiffus vgl. Bell It. of Gr p. 207. Dodwell
ıss. Tour II. p. 133. u. 2eafe North. Gr. U. p. 84. — Ein andered
aea nennt Ptol. II, 16. (mo fih au die Variante Asia findet) in
cadien, und ein drittes III, 15. (mo andre Codd. Adaıor haben) in
vis, wo auch Tzetz. ad Lycophr. 980. ein Lilaeum kennt, dad aber ſonſt
gends vorkommt, und daher wohl nur aus einer Verwechslung mit dem
Phocis hervorgegangen if. [E.]
Lilaeus, Flüßchen in Birbynien, Plin. V, 32, 43. [F.]
Liliam, gried. Asspıor, die bekannte Blume, deren Ausſehen und
genſchaften Plin. XXI, 5, 11. ausführlich beſchreibt und ib. 19, 74. au
er officinelen Verwendung gedenkt. Ihre reine weiße Farbe⸗ iſt ſprich⸗
rtlich bei den Dichtern, ſ. Birg. Aen. VI, 709. XU, 67. Bropert. 1,
, 37. IV, 4, 23. Ovid Met. XII, 411. Tibull. III, 4, 33. Dal. Fl.
‚492. Martial. V, 37. Dog gibt e8 au rothe Lilien, |. Plin. XXI, |
12., bei den Griechen xgir0r, Athen. XV, p. 679. E. 680. F., was aber
&t jelten mit Asigıo» verwechlelt wird, ſ. ib. p. 681. B. 683.D. Auch
ı Salböl wurde daraud gepreßt, Pauf. IX, 41, 7. Athen. XV, p. 689.B.
yn der Uehnlichkeit der Yorm wurde Mil. aud eine Belagerungsmaſchine
ie 6äf. bell. gall. VII, 73. beſchreibt, vgl. Xipflus Poliorcet.
Lilius , vöm. Töpfer auf einer Scherbe des Münchner Antiquariums. [W.]
Lilliam (AAdıor, Arrian. Peripl. p. 13., AdAeor, vgl. Anon. Pe-
1. p. 3. — und Adeov), ein Handelsplatz Bithyniens am Pontus
ixinus. [E.
Lilybaeum (AuAvßaor, Drph. Arg. 1248. Strabo II, p. 122. VI,
265 ff. XVII, p. 834. Btol. I, 12. 11, 4. VIE, 9. Polyb. I, 42.
od. XIII, 54. Steph. Byz. p. 423. Mela II, 7, 15. 16. Plin. IH,
14. VII, 21, 21. Ovid Fast. IV, 479.), Borgeb. an der Südweſtſpitze
:ciliend, nah Polyb. am a. D. (richtig) 1000, nad Strabo p. 834. u.
Ant. p. 494. aber 1500 Stad., nah Plin. VII, 21, 21. 135 Mi.
ji. auch Gic. Acad. IV, 25., wo ed flatt MDCCC wohl MLXXX stadia
Ben fol) von ber nächſten Küfte Afrika’ (beim Cap Bon) entfernt‘, bie
m nach Strabo von ihm aus deutlich fehen konnte (vgl. auch Plin. 1. 1.
Aelian. V. H. XI, 13.); jegt Capo Böo oder di Marſala. An ibm Tag
5 eine gleichnamige Stadt (Strabo VI, p. 267. 272. XIII, p. 608. Ptol.
‚4 Steph. 1. 1. Cic, Verr. IV, 36. %lor. II, 2. It. Anton. p. 89.
. 97. 492. 494. 517. Tab. Beut. u. f. w.), die von ben Garthagern
ı DI. 106 gegründet und als einer der wichtigſten Punkte der Infel gleich
ifangs flark befefligt (Diod. XXII, 14.), fpäter aber, bef. durch Verpflan⸗
ig der Seltnuntier in ihre Mauern (id. XXIV, 1.) noch bedeutend vergrößert
1092 Linia — Limene
und mit einer Garniſon von 20,000 M. verfehen wurbe (Polyb. I, 42. 45.).
Ihre Befefigung beftand in einer flarfen Mauer und in einem 60 F. brei-
ten und 40 8. tiefen Graben (Polyb. und Diod. 1. II.). Daher blieben
auch die Verſuche der Römer (I. R. 504.), fle zu erobern, vergeblih (Po⸗
Igb. I, 42. 47.), und die Stadt Fam erft durch den Frieden in ihre Hände.
Au unter ihrer Herrſchaft blieb 2. ein blühender Ort (Gic. a. a. DO.) mit
gurem Hafen, deſſen norbmeftlier Abſtand von Agrigentum zu Rande 86
Ri. oder 171, 9. M. (It. Ant. p. 89.), zur See aber 750 Stab. ober
18°, 9. M. (ib. p. 492.) betrug. Das heut. Marfala, mit Ruinen einer
zöm. Wafferleitung und einigen wenigen andern Ueberreften, nimmt nur den
fünlichen Theil bed Raumes ein, auf welchem das alte 2. fand. (Vgl. Dor-
vi. Sicula p. 56 ff.) [F.
Lima, angebliß Goͤttin der limina, bei Arnob. adv. g. IV, 9., wenn
dort nicht Jana zu leſen. Vgl. Limentinus. [W.T.]
Limaea (Ayucice, Strab. III, p. 153. Plin. 1V, 22, 35.), Limia
(Mela 11, 1, 8.) oder Limius (Aiuioc, Ptol. II, 6.), ein Fluß in Gallä-
cia zmifchen dem Durius und Minus, der nach Strabo aus dem Gebiete
ber Eeltiberer und Vaccder weſtlich herüberfirömen follte (in Wahrheit aber
ger feinen fo weiten Lauf bat), und fi im Gebiete der Bracari in den
ılant. Ozean ergoß. Gr führte auch ‚ven Namen: Fluß der DVergeffenbeit
(6 zns Andns, bei Strabo und Appian. VI, 71. 72. vgl. Silius I, 235 f.
XVI, 477 f., Oblivionis fluv. bei Mela und Plin. a. a. D., &iv. Epit. LV.
und Zlor. II, 17.), und zwar nad Straby, weil einft die Turduler u. Cel⸗
ten ihren gemeinſchaftlichen Anführer hier verlorm, daher uneind wurden
und ihrer Unternehmung vergaßen (?); und biefer Name machte, daß Junius
Callaicus feine Solvaren kaum bewegen Eonnte, ihn zu überſchreiten (ſ oben
©. 512, 17). Noch andere Namen beffelben waren Aeminius (bei Plin )
und Belion (Bei:wr) bei Strabo a. a. D., welchen letzteren Groskurd 1.
&. 259. nicht für eine blofe Verunſtaltung des Taten. Oblivio Hätte Halten
follen, da fi eine Spur beffelben menigftend in dem Namen des Sees Beon
erhalten hat, aus welchem der Heut. Lima hervorſtroͤmt. (Vgl. Ukert IT. 1
S. 298.) Nah Siltus I, 235 f. vgl. mit Strab. a. a. O. führte er Gold⸗
fand (lucentes arenas) mit fich. [F.]
Limbus, der Saum am Gewand, von bef. reichem Stoffe u. kunſt⸗
voller Arbeit, f. Virg. Aen. IV, 137. Ovid. Met. V, 51. VI, 127. Stat.
Achill. I, 330. Der DBerfertiger hieß limbolarius, Plaut. Aul. II, 5, 45.
und auf einer Inſchrift von zweifelhafter Aechtheit bei Orelli n. 4213. [|W. T]
Kämen, der Balken an der Thüre ober dem Ihore, ſowohl der obere
als der untere (Schwelle). Vgl. Noviuß bei Non. IV, 278. limen supe-
rum, qvod mihi misero saepe confregit caput, inferum autem, ubi ego
omnes digitos (Zehen) defregi meos. Ebenſo flehen I. superum inferum-
qve beieinander Plant. Merc. V, 1, 1. Dom oberen beißt es imponere
limen foribus, Plin. XXXVI, 14, 21. ®ruter 207, 1.,.und auf ibn iR
au vorzugsweiſe vie Bekränzung zu bezieben, Juv. VI, 52. 228. Die Ii-
mina als die Grenzſcheide zwiſchen Öffentlihem und Bamilienleben Hatten
religidfe Bedeutung (vgl. Plaut. I. 1.), und Aberglaͤubiſche fahen ängftli®
barauf, den rechten Fuß zuerft über fle zu feßen (Petron. Sat. 30.). [W.T ]
‚_ Kimenae (Ausroi, Hierocl. p. 672) ober Limnopolis (Ayurwr
rolıs, Not. Episc. und Conc. Chalced. p. 670., im Conc. Const. III, p.
676. aber Avuvaia), Stadt Im nörblichen oder phrygiſchen Pifldien, ver
vielleicht Die Auinen von Balandos, Öftlih vom See von Egerdir, ange»
Dem, Ri: Arunden Discov. I. p. 326. u. Kiepert in Franz fünf Inſchr.
Limeme, ſ. Lemanus Lacus.
N
Limenin — Limiel 1098
Limenia (Aerio, Strab. XIV. p. 683.), Stadt im Innern von
muß, nad der Weſtküfte hin; jetzt Limnat. [F.]
Aıneria, Arpevirng und Asuesirıs, Arueyooxonog, Hafens
füger, Beiname mehrerer Gottheiten, z. B. des Zend (Kallim. fr. 114,
Bentl. vgl. oben S. 601.), der Artemis (Kallim. in Dian. 259.),, der
rodite (Pauf. II, 34, 11. Serv. zu Birg. Aen. I, 724.), des Priapod
ithol. Bal. X, 1, 7.) und Ban (ib. X, 10.) [W.T.
Limentinas, Gott der limina, Tertull. Idol. 15. Coron. Mil. 13.
Arnob. I, 15. IV, 9. 11. Auguftin. C.D. IV, 8. VI, 7. [W.T.]
Limes, Limitis actio ift bie Ziehung der Iheilungslinien auf
r größeren Fläche ager publicus, welche einer Colonie als quiritarifches
enthum zugewiejen werben ſollte. Dieſe Linien beflimmten die Abgren⸗
3 der von den einzelnen Genturien oder Perfonen zu befigenden Parcellen
reinander und waren fo breit angelegt, daß fie zugleih als Straßen
ten. Denn der limes decumanus mar vorihriftsmäßig 40 Buß breit,
cardinalis 20; bie limites actuarii (worauf man mit Vieh fährt) zwölf,
die zunächſt zum Verkehr der Nachbarn beftimmten linearii oder lineales
Italien auch subruntivi genannt) at, Hygin. de lim. p. 152. 181.
3. Die dießfallfigen Verhältniſſe ver Afflgnation waren durch lex Cor-
a, Julia, Mamilia, Sempronia geregelt. Die in den Winfeln der Grenz»
en errichteten Grenzfleine bießen termini, mußten fein ex saxo silice aut
lari, politi, rotundi, crassi pedem, in terram ne minus habeant pe-
as II. S., supra terram sesqvipedem (Hygin. 181.), und die der limites
cimi (dec. und card.) irugen in frontibus Inſchriften (Nummern), die
igen waren muti (Öygin. 156.) oder wenigftend nur auf der Seite be>
ieben (ib. 181.). Ueber ihre verſchiedenen Formen (vgl. Rei Agr. Script.
302— 311. Goes.) und das Verbrechen ter Grenzfleinverrüdung f. ter-
us. Ueber die Limitation im Allgemeinen |. außer Plin. XVII, 33 f.
Hygin. de limitibus constituendis in den R. A. Scr. von W. Goes
150 ff. vgl. Goes' Abh. Antigvit. agrar. p. 68 ff. und oben Bd. I. ©.
'f.— Erſt in der Kaiſerzeit wird Limes auch für die Reichsgrenze ge⸗
ut; vgl. z. B. Tac. Ann. I, 50. II, 7. Germ. 29. Bel. II, i20.
imian. XXX, 9. In der fpäteren Zeit machten die häufigen Einfälle der
nanifhen und flavifhen Völker, andererjeitd der Perfer die Aufftelung
8 ſtehenden Grenzheeres nothwendig, limitanei milites, vgl. Spart. Nigr.
Lamprid. Alex. Sev. 58. Cod. XI, 59, 3. (Theodoſ. und Balentin.)
unten Limites Romani. Es war ihnen in ben Grenzdiſtrikten zugleid
d zum Bebauen angewieſen, f. Lamprid. u. Cod. 1.1. Auch wurde der
rag beflimmter Grundſtücke auf ihren Unterhalt verwendet, vie fundi Ii-
strophi, |. Cod. 1. 1. und Cod. Theod. V, 13, 38. Schon Eonftantin
e die Zahl diefer Truppen vermindert (of. II, 34.); noch mehr that
Sufinian, worüber Procop. Hist. arc. 24, p. 135. (Bonn.) Klage er⸗
W.
- [
Limisa (St. Anton. p. 429. ober Limea beim Geo. Nav. III, 43.),
der Bracari in Galläcia, an dem gleichnamigen Fluffe, (f. Limaea) und
Straße von Bracara nach Afturkca, nur 19 Mill. nordöſtl. von erfterer;
Bonte de Lima. Vgl. Florez Esp. Sagr. XVII, p. 14. [F.]
Limict (Ayuxoi, Ptol. II, 6. Plin. II, 8, 4.), eine nad dem Fluſſe
:a benannte Heine Voͤlkerſchaft Galläciens (Hispania Tarrac.) im Ges
Siprengel von Bracara, denen das von Ptol. a. a. D. erwähnte Forum
icorum gehörte (denn fo fol e8 doch wohl flatt Dopos MAiuiuor heißen).
) jest finden fih bier am Berge Viſo, eine fpan. Meile von Ginzo, an
: Ia Ciudad genannten Stelle Ruinen und Infäriften. . Bgl. Florez Esp.
. T. XII. Praef. und T. XVII. p. 14. [F.]
1096 Lindum — Lingönes
Meyer und dann au in Wernsborf Poett. Latt. minn. T. III. p. 349.
415 f. fi findet. [B.] , |
Lindum (Airö0y) 1) eine nicht unbedeutende Stadt der Coritani (Ptol.
1I, 2. 6. 20.) im füpöftlihern Theile des römiſchen Britannien an ter
Straße von Londinium nah Eboracum (It. Anton. p. 475. 477. 478.),
nad) dem Geo. Ravenn. V, 31. auch römifhe Kolonie; das heut. Kincoln,
defien Name unftreitig aus Lindum Colonia entflanden ifl. — 2) Stadt der
. Damnil im nörblichften Theile des römiſchen Britanniens, öſtlich vom Clota
Aestuarium (Elyde B.), etwa in der Gegend von Stirling (Ptol. ib. $. 9.). [F.]
Lindus (n Aisdos, Som. I. II, 656. Pind. Ol. VII, 137. Thuc.
VIII, 44. Strab. XIV, p. 655. Ptol. V, 2. Mea IE, 7, 4. Blin. V,
31, 36. u. ſ. w.), eine der bebeutendflen Städte der Infel Rhedus auf
einem Berge an der Oftfüfte, fünwefllih von der Stadt Rhodus, in einer
mit Wein und Feigen gefegneten Gegend (Philoftr. Icon. II, 24.). Sie ge-
hörte zu dem Bunde der ſechs borifchen Städte und erhielt ſich durch ihre Wich⸗
tigkeit und zwei berühmte Tempel, einen der lindiſchen Athene (Strab. 1. 1.
Herod. II, 182. Plin XXXII, 23, 4. Dieb. V, 58. vgl. Act. Ap. 17,
17., den nad Diod. V, 58, u. Gallim. fragm. p. 477. Erneft. ſchon Da⸗
naus, nah Herod. 11, 182. aber die aus Aegypten geflüchteten Töchter des»
felben gegründet Haben follten; vgl. überhaupt Meuri. Rhod. I, 6. Taſchuck
ad Mel. Vol. I. P. II. p. 615 f. und Müller's Dorier I. S. 398.) und
einen des Herakles (Lactant. I, 31.), auch nah der Vereinigung der drei
Städte (Lindus, Jalyſus und Camirus, vgl. Eic. N. D. III, 21, 54.) zu
einer Geſammtſtadt durch die Erbauung von Nhodus im J. 4083 v. Chr.,
obgleih wohl die meiften Cinwohner in die neue Hauptflabt ausmwanderten
(Diod. XI, 75.). Ste iſt Vaterſtadt des Cleobulus, eines ber fleben Wei»
fen (Straß. 1. 1. Euſtath. ad Il. II, 656. Athen. VII, 15.). Noch jegt
ift Hier ein Drt Namens Lindo mit Ueberreflen der alten Start vorhanden.
Bol. Dapper des isles de l’Archip. p. 92. Savarı Reifen ©. 29. Has
milton Research, p. 95 f. Rottier descript. des monumens de Rhodes.
Brux. 1828. 4. und Heffter über die allgemeine Geogr. von Rhodus. Bran-
denb. 1828. und deſſen Böttervienfte auf Rhodus. Heft I. Zerbſt 1827
— 1833. 8. Inſchriften vonL., f. Roß im Rhein. Muf. 1845, ©. 161— 199. [F |
Lin£a, der Zwiſchenraum, woburd im Theater die einzelnen Zuſchauer⸗
bänfe getrennt waren, gemöhnlih mehr ald 1 Pariſer Fuß breit. Ovid. Amor.
1, 2, 19. A. A. l, 141. Duintil. XI, 3. Vgl. Stancovich Saggio dell
Anßiteatro di Pola p. 33 ff. [W.T.
Lingönes (Aiyyores, Strab. IV, 193. V, 208. Eäf. B. G. I, 26.
40. IV, 10. u. öfter, Tac. Hist. I, 53. 57. 59. 64. 78 I, 27. u. |.w.
Liv. V, 38. IX, 23. Plin. IV, 17, 31. Claud. II. Cons. Stilich. 9% ,
bei Ptol. II, 9. verfihrieben Aoyyares, und bei Strabo IV, p. 186. vieleicht
auch nur fehlerhaft Ayxaoıoı), ein wohlhabendes (Zrontin. IV, 3, 14) u.
fampfluftige® (Rucan. I, 398.) Volk celtiier Abkunft an der Grenze des
lugdunenſiſchen und belgiſchen Galliens; daher von Eäf. (B. G. I, 26. 40.
IV, 10.) zum cektifgen, von Ptol. und Plin. a. a. DO aber zum belgiſchen
Sallien gerechnet, und bei der fpätern @intbeilung in Eleinere Provinzen zur
G. Lugdunensis I. geſchlagen (Notit. civ. Gall.). Seine Wohnflge waren
am Fuße des Geb. Vogeſus (Lucan. I, 397.) und um die Quellen ber
Matrona und Mofa her (Cäſ. B. G. IV, 10.), nördlich bis zu den Brenzen
der Trevirer (Cäſ. B. G. VI, 44.) und füli bis zu denen der Sequaner
(Gäſ. B. G. I, 40. Tac. Hist. IV, 64. 67.), von denen fie nad Stiabo
p. 186. der Arar trennte. Ein Theil von ihnen zog mit nad Italien auß
“(Kiv. V, 35.). Der Kaifer Otho ſchenkte der ganzen Bölferfhaft das römi⸗
fhe Bürgerrecht (Tac. Hist. I, 78.), und daher erjcheinen fle wohl bei Plin.
Lingus — Linus u 1097
‚D. als foederati. Ihre Haupiſtadt war Andomatunum ( Ptol. a. a. O.)
r Andematunnum (It. Ant. p. 385. 386.), das heut. Langres. [F.]
Lingus, nad Liv. XRXIE, 11. ein Theil der zwiſchen Epirus und
falten fich hinziehenden Bebirgäfette, oder ded Pindus (wenn es nicht
rhaupt blofer Schreibfehler flatt Pindus iſt). [F.]
Linttima (Pfin. VI, 19, 35.), Ort Aethiopiens an der Grenze von
vpten. [R.]
ed lidri hießen in Nom vie in ältefter Zeit, bei ver Seltenheit
Schreibmateriald (vgl. Varro bei Plin. H. N. XIII, 11, 21.), auf Leine
d gefchriebenen Verzeihniffe der höheren Magiftrate eines jeden Jahres
ri Magistratuum), welde auf der capitolinifhen Burg (im Tempel der
ta) aufbewahrt waren und von ben fpäter folgenden Annaliften, nad
n Livius zum Thell arbeitete, wie 7. B. von Licinius Macer, bemugt
ven, f. Liv. IV, 20. 23. vol. 7. fin. * 18. Daß es and Bücher ver
liturgiſchen Inhalts gegeben, flieht man aus Liv. X, 38. [B.]
Linternum;, |. Liternum.
Linaaen, Flachs (linum infectum, Ulp. Dig. XXXH, 68.), über befien
andlung und PBerarbeitung zu Leinwand (linum factum, Uly. 1. 1.) f.
. H. N. XIX. prooem. u. 2, 1. Die Erfindung u. DBerbreitung wurde
Ms zurückgeführt, daher ihr Bild und ihre Priefter nur leinene Kleider
en, f. oben ©. 282. extr. 293 9. &. 296. Als Handwerk wurde bie
höbereituung getrieben vom linarius, f. Plant. Aul. III, 3, 34. Orelli
4. Der Leineweber hieß linteo, Plaut. Aul. II, 5, 38. Serv. zu
g. Aen. VII, 14. Lampriv. Alex. Sev. 24. Gruter 38, 15., gried.
wgns oder Asroügpog oder Aivugog, linyphus, linyphio, Vopiſc. Saturnin.
Cod. Theod. X, 20, 8. 36. Cod. Just. Xi, 7, 13.; fein ®ewerbe lin-
ia ars, Ulp. Dig. XIV, 4, 5. Gruter 639, 4.; der Leinwandhandhker
earius, Ulp. 1. I. Cod. Theodos. X, 20, 16. (lintearierum corpus).
rini fratr. Arv. p. 346. Orelli 8. 4215. Der Leinfaden wird befonders
fi als Umwicklung der Briefe (oder Urkunden) ermähnt; auf den damit
ldeten Knoten drückie man in Wachs dad Giegel; vgl. Blaut. Bacch.
4, 64. 96. Pseud. 1, 1, AO. ie. Catil. III, 5. om. Nep. Paus. 4.
et. Ner. 17. Paul. rec. sent. V, 25. Dig. I, 23. Appulej. Apol. p.
. Oud. Leinene Gemänder trugen in Nom nur übelberüdtigte Perfonen,
fldor. Orig. XIX, 25 : amiculum est meretricam pallium lineum; his
d veteres matronae in adulterio deprehensae induebantur. Vgl. Appul.
1. p. 592. Oud. Durchſichtige trugen pueri delicati, f. Suet. Cal.
Phädr. 11,5, 11. Leinene Tücher (lintea) waren vielfah im Gebraud,
3. als Waſchtücher, Plaut. Most. I, 3, 109.; sudaria, Gatull. 12, 9.
vgl. 14.; Servietten, f.d. Urt. mappa; Segel, Liv. XXVIH, 45. [W.T.]
Linus (Aivos, Strab. XII, p. 588.), ein Ort an der muflichen Küfte
Propontis zwiſchen Briapus und Parium, etwas weſtlich von Pitpia,
die vortrefflichften Schneden gefunden wurden. [R.]
* Hi consules negve in annalibus priscis neqve in Hibris magistra-
m inveniuntur. — — Licinius Macer auctor est et in foedere Ardeatino
in linteis libris nd Monetne inventa. Hienach find bie libri mag.
die lint. libri von einander zu unterfcheiden, obwohl fie c. 20. (gvod vetere®
les qvodgve magistratuum libri qvos linteos in aede repositos Moaetae Ma-
Lieinius eitat identidem nuetores) identificirt werben ; vgl. Becker röm. Alterth.
.16f, Die libri magistr. führt Liv. auch XXXIX, 52. an, vgl. IX, 18. Daß
die ſibylliniſchen Bücher auf Leinwand gefchrieben gewefen feien, deutet an
im. Ep. IV, 34. vgl. Vopiſc. Aurel. 1. 8. MAuch mappae werben Bie anf keins
> gefchriebenen Bücher uud Urkunden genannt, ſ. Cod. Theod. XI, 37, 1.
agr. wcoript. p. 145. 263, 266. @oet, Bront, ad Caes. IV, oe [w.T.}
',
-
‘
4098 Linus
, Linus, eine jener zahlreichen Berfonificationen eine älteften Ratur-
glaubens, welche fi bei der früheflen Bevölkerung Griechenlands, bei ven
Thrakern, Myfern, Phrygern, bis nah Syrien und nad Aegypten Hin fin»
den und fämmtlih venfelben Ausdruck und im Wefentlihen auch viefelke
Beveutung haben. Dahin gehören Hyakinthos bei den Lelegern Lacedämons,
Narkiffos in Böotien, Glaukos auf Kreta, Hylos bei den Bithynen, Bor⸗
mo3 bei den Mariandynen, Lityerſes bei den Phrygern, Kinyros auf Kypern,
Adonis in Syrien, Maneros bei den Aegyptern. Ale waren ſchöne Züng⸗
linge, liebliche Knaben, die ala Königsjöhne oder Hirten (wie Baris) ge-
dacht werben, Lieblinge der Götter, über ver Jagd oder bei ber Heerbe ihrer
Jugend froh. Da werben fle in der Blüthe ihres Lebens durch jähen, grau-
famen Tod dahin genommen (ayarilecdaı); ihr Andenken aber Lebt fort in
NHagenden Volksweiſen, melde die entſchwundene Schöne beſingen, ober in
entſprechenden Gebräuchen, mit denen man meift um die Mitte des Sommers
nad ihnen ſucht, vergeblih, aber immer von Neuem. Das Grundgefühl
bei allen dieſen Geſtalten iſt das des tiefen Wehs un bie Kataflropben des
Naturlebens, wie e8 in feiner fchönften Blüthe dem Tode verfallen if; mög-
lich, daß Hinter fo ſchwermüthiger Naturanſchauung auf noch ein ahndungs⸗
volled Bewußtſein von dem Kampfe des Lebens mit dem Tode aud in ber
fittlichen Welt, des Guten mit dem Böfen anklang. Iene Volkslieder er⸗
zählten in Turzen Klagemeifen das traurige Schidjal der Jünglinge, und
“wurden zunächſt bei den Gultusveranlaffungen, wo viele Leiden gefeiert
wurben, dann aber auch bei fonfligen volksthümlichen Gelegenheiten gefungen.
Nah der hiſtoriſch motivirenden Weife des Mythus Hielt man diefe Lieder
meiftens für Stiftungen eben jener Knaben, bie in ihnen gefeiert wurden
Als eine befondere Klafie von Geſängen hießen fle Honroı oızo. Am wei:
teften verbreitet war unter ihnen der Linosgefang, der ſchon zu Homers Zelt
fih allgemeine populäre Geltung verfhafft Hatte. Am Schilde des Aid
fingt ein Knabe zur Laute den Linos vor, Il. XVIE, 569. mit den Schol,
vgl. Banf. IX, 29, 3. und über vie flreitige Auslegung jener Stelle Spig
ners Exc. XXIX. Einer der Scholiaflen und Buftathiad führen biefe Heſlo⸗
diſchen Verſe an: Ovgerin 8 «0 Ernte Aivor noAungaror vior, "Or dr,
00: Beoroi eins aoıdoi nal möagıorei Ilarres ubr Honvovar &r eilanirm;
ts yopois re, Apyouero: dd Airor nal Anyortes naddovn, durch welche die
weite Verbreitung ber Linosklage, vie felbft bei feſtlichen Trintgelagen (mie
der Maneros in Aegypten, Herod. 11, 79.) und zu Ehortänzen gehört wurde,
mit welcher man anfing und mit melder man ſchloß, vollends beflätigt wird.
Bon Pamphos und Sappho erzählt Paufaniad a. a. Ort, daß fie den 2i-
no8 unter dem Namen OiroAsro; befungen, von Pindar verdanken wir ten
Baticanifhen Scholten zu Rheſus v. 895 ein Bruchſtück, vielleicht ven An⸗
fang eined Threnos, wo Mufen den Tod ihrer Söhne beklagen, darunter
Urania den des Linos, ſ. Bergk Poet. Iyr. p. 253. u. Schneivewin zu Diſſens
Pindar p. 302.; au bei Melanippives, dem Dithyrambendichter, und in
dem Orpbifchen Gedichte Sphära kam Linos vor; f. die Scholl. u. Euftark.
zur Slia8 a. a. O. Die Tragiker endlich gebrauchen nicht felten in klagen⸗
den Ghorlievern den Ruf aidıor, z.B. Aeſchyſus im Agamemnon B. 121.
und wiederholt aidırov aldlıyor eine, zo dev sıxaro, Sopbofles Ajax 2.
627. und oft Euripides, 3. B. Phönifj. 1535. und im Oreſtes B. 1380.,
wo ein Phryger biefen Ruf eine aſlatiſche Weiſe nennt, womit biefe Bölfer
den blutigen Tod ihrer Könige zu beklagen pflegten: AiAvor aidıror goyn -
Bararov Bapßapcı Adyovar, mia ’Amadı para Bamisng Orar aina Or,
aa yaiay Hıpaoır ndapsoıcır "Alde. Unter den fpätern Dichtern f. Kallim
u. Apoll. 20. Moſchos III, 1. Nonnus XIX, 180. Das Lieb ſelbſt aber
befand ſchwerlich in biefem blofen Klagerufe, ven Conon. narrat. 19. paſſend
S
Linus | 1099
uroe nadovg ragerdnen nennt, fonvern hatte wohl au, fo kurz es
weien fein mag‘, den epiſchen Inhalt vom Schidfale des Linos, etwa In
x Weife, wie Schol. Victor. zur Ilias a. a. O. nad der Herſtellung von
erg Poet. Lyr. p. 878. die Anwdi« gibt, obgleich dieſe Worte felbft
hbilich ſpäten Urfprungs find. Fragt man nah dem Linos ſelbſt, jo iſt
e Etymologie ded Namens unſicher. Welder flieht in ihm eine blofe Per⸗
niftcation des Klagelautes li. Wahrfiheinlicher ift die Anficht von Ambroſch,
6 Alvog urſprünglich, glei den innerlich verwandten Jünglingen Hyakin⸗
os und Narkiffos, eine Blume ſei, und zwar eine Art des Narkiſſos,
fen Bebeutfamfet aus dem Gerealculte binlänglich bekannt ift, vgl. Phot.
.p 193. Aivor, xow@g'udr &rdos, Oeopororos 84 vapxıcoos, Myoo1Aog
Asodıanotz etöng ardovs,' vgl. Euflath. zur Ilias a. a. DO. p. 99, 44.
dE ioropie zei resis napadıdaon Atvovg, Toy tüg Kadlıonns ai 107
v ‚ImoAAwvos ai XaAnıönns, nal tov Naonıooor, fo wie Ambroſch auf
rin Recht Haben dürfte, wenn er bie nächſten Sippen bed Linos bei ben
rifhen Thrakern aufſucht. Allzuweit hergeholt ift die Erklärung von La⸗
ılr, der den Namen für die mafceuline Form von Arvor in der alten Be⸗
tung des Lebensfadens erklärt, fo daß Linos Menfchenloos, Lebensſchick⸗
bezeichne und ein mythiſcher Ausdruck des Schickſals der urfprünglihen
enſchheit ſei. Beſtimmte Gebräuche und Traditionen treten uns in Grie⸗
nland beſonders an zwei Orten, zu Argos und in Theben, entgegen, und
ar in zwei verfhiedenen Formen, da ſich in Argos im Zufammenbange
t volksthümlichen Gebräuden mehr die erfte, naive Geftalt der Natur»
igion erhalten hatte, während ver thebaniſche Linos gleih von vornherein
: ausgebildete Geftalt bed Sängers auß ber Urzeit zeigt, welchen bie fpätere
:adition mehr und mehr zur literariſchen Figur ausgebildet hat. In Argos
erte man ein Sühnfefl, von welchem Gonon narr. 19. PBaufan. I, 43, 7.
tatius Theb. I, 557—668. vgl. VI, 64. das Nähere erzählen. Es fiel
den fogenannten Lämmermonat (&preiog) und die Beier felbft hieß gleich⸗
18 Lämmerfeier (@ormis oder koris), aber au Hundetödtung (zuroporzisz,
ben. II, p. 99. C.), weil nämlid Lämmer geopfert und alle Hunde, die '
an antraf, getödtet wurden, vgl. Klearch bei Xelian. Hist. Anim. XII, 84.
ine Procefflion von Frauen und Iungfrauen flimmte, Gebete an und Tlagte
n ben Linos. Diefer felbft hieß ein Sohn des Apoll und ber Königs»
Hier Pſamathe; er fei aus Furcht vor dem Vater von dieſer ausgeſetzt
den, unter den Lämmern ber Heerde aufgewachſen und von den Hunden
riffen. Apoll zürnt und fendet die Poͤne in die Stabt, melde den Mät-
n die Kinder raubt. Sowohl die Zeit ver Beler, als die Symbolik der
figebräudge und der Legende, endlich der Vergleich mit ähnlichen Feſten
d Sagen Iehrt, daß die Unterlage ber ganzen Allegorie das Leiden ber
teren Pflanzen« und der Kinderwelt unter der Gluth der Hundbdtage iſt,
» ter Sirius, ſelbſt als müthender Hund gedacht, am Himmel bominirte
d die Zeit des verwüſtenden xauue heraufbrachte; vgl. Welder über ven
08, %. Schriften 1. Bd. S. 15 ff. Ausgebilneter war dann zweitens
Geſtalt des Linos in Iheben und in einigen benachbarten Ortſchaften.
» fab man am Helikon fein Bild in einer befondern Eleinen Grotte, nannte
ı dort Sohn der Urania und des Amphimarod, und ermies ihm jährlich
r dem Mufenopfer beroifhe Ehren, |. Paufan. IX, 29, 6. In Theben
bſt zeigte man ein Linosgrab und ehrte ihn mit Grabgeſängen (Arwöiaıs),
Schol. 3. Ilias a. a. D. Die gewöhnliche Benealogie wird nun, unter
fen andern, ihn Sohn des Apoll und einer Mufe zu nennen. Gr hat
m Vater bie dreifaitige Laute empfangen (bei Virgil Ecl. VI, 67. iſt er
Imebr SHirtenfänger zur Flöte) und iſt ſelbſt Erfinder neuer Wellen, zus
chſt der Rlageliever (Bonrwr), dann des Liedes und des Rhythmus über-
1100 Lipära
Haupt. Auch zjArgos wollte jpäter ven Ruhm dieſes Urſängers nicht entbeb-
ren; man zeigte au hier, und zwar im Tempel des Lyciſchen Apoll, ein
Grab des Linos und unterſchied nun einen erflen und zweiten Linos, Pauf.
u, 19, 7. Auch in Chalcis auf Eubda war ein Grab von ihm zu feben,
son meldem Diog. %. prooem. 4. die Grabfchrift bewahrt bat, wo Kinos
ein Thebaner heißt, ver in Chalcis den Tod gefunden, obwohl Suidas ihn
einen Ghalcivier nennt. Thebiſche Brabichriften find gleichfalls erhalten:
eine, aus vier Hexametern beitehende, bei Zuftath. 3. Ilias a. a. D. und
font, eine andere bei Schel. Victor. In Iegterer heißt es: zov moAvdpr rt,
z0r Alrov ailırov nde nargwa Doßsiog Bddenny y7 xatsyeı pOlLErOr, N0=
mit die auch fonft (von Philochoros, Heraklides Pontikos) wiederholte Sage
berührt wird, daß Linos mit dem Apoll wettgefämpft und darüber von die
fem den Tod erlitten habe. Apoll felbft Elagt über ven Tod feines Lines
bei Ovid Amor. III, 9, 21. und Martial. IX, 86, 4. Vom Sänger ifl er
dann weiter zum Weifen, Gelehrten, Vhilofophen und Xiterator geworben.
Schon in einem Fragmente Heflods bei Clem. Uler. Strom. I, p. 330. if
Linos zartoins oogins Öedanang, obgleich dieſes Lob nur die Kunft des
Gefanges und des Saitenfpieled einzufchließen braucht. Das Theater madı
ihn zum Lehrmeifter des Herakles, entweder im Kitharfpiel oder im Xeien,
vgl. Theokrit XXIV, 103. Alcidamas Palamedes p. 186. Apollod. II, 4, 9.
und Diodor III, 67. Bel diefen Autoren beflraft Linos den Herakles wegen
feiner Hartköpflgfeit mit Schlägen, der Schüler aber erſchlägt den Lehrer mit
der Kithar, eine Gabel, deren Urfprung Welder aus dem Kinos des Adhäos,
einem Satyrſpiele, ableitet. Vollends drollig If dad Fragment aus dem
Linos des Alexis bei Athen. IV, p. 164. B., wo der Lehrer den jungen
Helden zu einem Vüchervorrathe führt, er möge wählen und damit zeigen,
weß Geiſtes Kind er ſei, Herakles aber ſchnell zu einem Buche über die
Kochkunſt greift. Das alexandriniſche Zeitalter geht einen Schritt weiter u.
macht ihn zu einem apokryphiſchen Schriftflieller, wie den Muſäos, Orpheus
und Anbere, mit denen er auch genealogifch combinirt wird. So beſonders
der Sagenſchreiber Dionyflos bei Diodor III, 66., mo Lines die Ihaten ber
verſchiedenen Dionygfe in Pelaegiiher Schrift befchrieben hat, und bei Diog.
2. Prooem. 3., der ihm, welder bier Sohn des Hermes und der Urania
genannt wird, verſchiedene Gedichte zufchreibt, eine Kosmogonie, über Sonnen
und Mondlauf, Emeugung der Thiere und Früchte. Demgemäß werden aud
die Genealogien immer complicirter und Hilft man fih, wie gewöhnlich,
durch Unterſcheidung verfhiedener Berfonen des Namens. — Dal. Müller
Dorier 1. S. 346. Ambroſch de Lino, Berolini 1829. 4. Welder allgem.
Schulzeitung 1830, Abıh. II. Nr. 2—5. und fleine Säriften 1. Ih. ©. 5
5. Bode Lyrik 1, S. 77—102. E. v. Lajaule über die Linosklage,
Würzburg 1842. A. [Preller.]
Lipära (Anaoa, Strabo VI, p. 275 ff. Scymn. 272. Biol. HIT, 4.
Diodor. V, 7, 10. Polyb. I, 25, 4. Stepb. Byz. p- 425. Mela II, 7, 18.
Blin. III, 9, 14. It. Unten. p. 118.), die größte unter den lipariſchen
Infeln an der Norblüfte Siciliens, früher Meligunis (Medyovris, Callim.
in Dian. 49. Strabo p. 275. und Eteph. a. a. D., bei Pin. au Melo-
gonis) genannt und unbewohnt, fpäter aber von Aufoniern bevölkert, Die
eine gleichnamige Stabt auf ihr gründeten (Diod. V, 7.), melde nachmals
von einer Enibifchen Golonie in Beflg genommen u. vergrößert wurbe (Scymn.
261. Strabo p. 275.). Im Jahr 503 wurde fie von den Römern erobert
(Polyb. I, 39 ), die nah Plin. a. a. D. au eine Colonie dahin fandten.
Das Hauptprobuft der von Öftern Feuerausbrüchen beunrubigten Infel (Strab.
p- 275. Ariſtot. de mir. ausc. c. 35.) war Mlaun (Strab. ebend. Dior.
—
Liparis — Lisae . 4104
10. Plin. XXXV, 15, 52.). Noch jetzt beißt Infel und Stabt Lipari.
rigens vgl. Aeoliae insulae Bo. I. S. 165. [F.] Ä
Liparis “<(Anogıs, Callim. fr. bei Antig. Caryſt. c. 150. Plin. V,
22. Vitruv. VII, 3.), ein bei Soloe vorbeifließendes Küſtenflüßchen
iciens. [F.] |
Liparus, ſ. Valgii. a
Lipasius, ein Steinſchneider, von dem ein Kopf der Stadt Antiochia
ber Inſchrift ALITAZIOT in dem Mus. Worsleyanum p. 143. vorfommt ;
R. Rochette Lettre AM. Schorn p. 33. (p. 122. zweiter Ausg.) aber ifl
zeoiov. zu lefen, ein Name, der auch fonft öfters vorfommt. [W.]
Lipaxus (Ainaſoc), Küſtenſtadt in Croffäa (Macedonien), nur von
atäus bej Steph. Byz. p. 425. u. Herod. VII, 123. genannt. [F]
Lippitado, eine tie die Augenübel überhaupt (daher eigene ocularii
diei, Eelf. VI, 6, 8. Inſchr. bei Fabretti p. 300. n. 274— 277. Drelli 2983,
8.) im Alterthum, bef. Italien wegen des mangelnden Schuges gegen Rauch,
nne und Staub und wegen Unregelmäßigfeiten ver Lebensweiſe fehr ver»
tete Krankheit. Entweder waren Die Augen dabei triefig (fluenter lippire,
. @ic. ad Att. VII, 14. lacrimae, Celſ. I, 9.), oder zwar troden. (dr-
‚Hedwie, sicca lippitudo), aber gefhwollen und entzündet (turgidi oculi,-
it. Mil. IV, 3, 15.), oder Elebten die Augenliver Über Nacht aneinander
1. VI, 6.). Auch ein levis dolor (Celſ. 1. 11.) und Schwädung des
ichts (vgl. Hor. Ep. I, 1, 28 f., daher lippus blödfichtig, Perf. I, 79.
76.) war damit verbunden. Als Heilmittel wurden Ginreibungen mit
Iben (collyria) angewandt (Sor. Sat. I, 3, 25. 5, 30. Ep. I, 1, 29.
. Blin. XXXIV, 11, 24. und die Receyte bei Scribonius Largus und
nnus Theophanes, Gruner morb. antiqq. p. 269.), au Ruhe u. Diät
alten (Hor. Sat. I, 5, 49. Cic. ad Att. VIII, 12.); lumbulos suum
ıstos empfiehlt gegen bie sicca lipp. Blin. XXVIII, 11,47. und als Pro»
‚lacticum ciconiae pullum (XXIX, 6, 37.). Doc galt da8 Uebel für ein
tnädiges, Cic. Tusc. IV, 37. extr. Vgl. Lichtenftädt in Jahn's Jahrbb.
S. 405 ff. Böttiger Feine Schriften. Bo. III. ©. 414—417. [W.T.]
Liguentia (Plin. III, 18, 22. Paul. Diac. V, 39. Serv. ad Aen.
‚ 679. Cod. Theod. XI, 10, 2.), ein Fluß in Benetia (Oberitalien) zmi-
n Altinum und Concordia, der von den Opiterginiſchen Bergen herabkam
> bei feiner Mündung in den Sinus Tergeflinus einen Hafen bilnete;
t Livenza. [F.] | |
Liqvet, non liqvet, f. Ampliatio Bo. I. ©. 444.
Liria 1) f. Edeta. 2) f. Libria.
Kirimiris (Apuuois, Ptol. II, 11.), eine Stadt im nördlichſten Klima
rmaniens zwiſchen Marionid und Cönönum, etwa 2 g. M. nörbl. von
mburg zu fuhen; nah Wilhelm Dipenfelde, minder wahrſcheinlich nad
Werfebe Travemünde und nah Kruſe Wiömar. [F.]
Lirinates, f. Interamna.
Liriöne, Duelinymphe, von Cephiſſus Mutter des Nareiffus, Ovid.
t. II, 342. [W.T.]
Liris (Acibus, Strab. V, p. 233. 237. 238. Ptol. II, 1. Meall,
9. Xac. Ann. XII, 56. #lor. I, 18. Bin. II, 103, 106. II, 5, 9.),.
h Strabo p. 233. früher Clanis (bei Plin. Glanis) genannt, einer der‘
eutendfien Flüſſe des mittlern Italiens, der auf den Apenninen entfpringt
Rerſt durch das Gebiet der Marfer in ſüdöſtlicher Richtung fließt, fi
m bei Sora gegen ©. wendet, fi endlich mit einer ſüdöſtl. Krümmung
Pinturnd in den Sinus Caietanus ergieht (Strabo p. 237.); ſ. ©. 810. [F.]
Lisae (Acc), Stadt an der Küfte der macedoniſchen Landſchaft Croſ⸗
; blos bei Herod. VH, 123. [F.]
1102 Lisia — Areal
Lisia, Drt im Innern von Kreta, nur auf der Tab. Peut. [F.]
Lisinae (Liv. XXXI, 13. 14.), ein Kaftell in Heftiäotis, ſũdweſtlich
ven Tricca. [F.] -
Lissa (Plin. III, 26, 30. It. Anton. p. 520.), eine ber größeren
unter den liburniſchen Infeln, der Stadt Jadera gegenüber; jegt Ifola Broffa.
— 2) Aicoa IScyl. p. 18.) oder Acoog (Btol. III, 17.), der weſtlichſte
Ort der Süpfüfte von Kreta, mit einem Hafen. [F.]
Lissaed (St. Ant. p. 136.), Ort in Thracien unmwelt der Grenze von
Möflen an der Straße zwiſchen Serdica und Philivpopolis; nah Drieſch
S. 113. das heut. Kigfoi (Iungferndorf) an der Marita. [F.]
Lisses (ö Aicons, Strabo X, p. 479. nach der Emendation von Salmaj.
ad Solin. c. 11. p. 118., die dur eine Handſchr. bei Coray T. II. p. 283.,
welde ö .Aioon» zeigt, beflätigt wird [vulgo 'OAvoorv], und Stepb. Byz v.
Baıorös), ein Vorgeb. (dad man ſchon bei Hom. Od. III, 293. erwähnt zu
finden glaubte) und ein Ort von Greta, etwas ſüdweſtlich von Phäſtus an
der Mündung des Lethäus in den Golf der Südküſte. Val. Höcks Kreta 1.
&. 410f. [F.]
Lissus (Aicoos), 1) eine alte Stadt im Sũden Dalmatiens am Fluffe
Srinus (Polyb. IM, 16. VIII, 15. XXVIII, 8. Strabo VII, p. 316. Dior.
XV, 13. Ptol. 11, 17. Steph. Byz. p. 425. Eäf. B. C. II, 26. Liv.
XLIII, 20. XLIV, 30. Plin. III, 22, 26. Tab. Peut.). Sie war von
Dionyflus, dem Tyrannen von Syrafus, DT. 98, 4, angelegt worden (Diod.
am a. D.), lag auf einem ziemlid hohen Hügel unweit der Küſte und ver
Mündung ded Drilon, 30 Mil. von Scodra und 100 von Epidaurus (Tab.
Peut. u. Plin. am a. D.) und war fehr feft, namentlich Hatte fie eine fafl
unerfteiglihe Akropolis, Acrolissus (Strabo am a. O. Polyb. VII, 10. 15.
Liv. XLIH, 20.). Die Römer vermehrten die Zahl Ihrer Cinwohner durch
eine röm. Kolonie (Cäſ. u. Plin. am a. O.), und fie erhielt fih bis in
die fpäteften Zeiten (SHierocl. p. 696. Anna Gontn. 1. XII); j. Alefflo. —
2) Fluß in Ihracien, weflid vom Hebrus, der zwifchen Mefembria und
Strome, mefllih von erflerer, münbete (Herod. VII, 108.). — 3) Meiner
Fluß der Oſtküſte Siciliens, ver bei Leontini vorbeifloß und unmeit biefer
Stadt in den Terias (j. Lentint) fiel (Polyb. VII, 6.). [F.]
Liste (Aioro, Dion. Hal. I, 14.), Stadt der Sabiner ſuͤdlich ron
Neate, früher die Hauptflabt der Aboriginer, aber von den Sabinern durch
einen nächtlichen Ueberfall von Amiternum aus erobert. (Wenn man unter
der eionussn noAıs bei Dionyf., von ver fie 24 Stab. entfernt fein foll,
Reate felbft verfieht, To hat man fie mit Gell Topogr. of Rom. II. p. 865.
für das heut. Fondo di Lefla auf dem Wege von Nieti nah Antroboco zu
halten ; ift aber unter ber augnusen ol, wie wahrfeinlicher, Tiora zu
verſtehen, fo wäre es vielmehr das heut. S. Anatoglia, wie Bunfen Antichi
stabil. ital. Ann. 1834. p. 99 f. annimmt, wo fi noch alte Mauern finden.)
Vgl. Bullet. dell’ Inst. 1831. p. 45. Gel am a. DO. p. 336. u. Abeken
Mittelital. S. 146. [F.]
Lis vindiciae, f. vindiciae, vindicatio.
Litabraum (Liv. XXXV, 22.), eine befefligte und wohlhabende Stadt
in Sifpania Tarrac., wahrſch. im Lande ber Vaccäer. Morales Chron. II.
p. 56. will dafür Britablum Iefen. Vgl. Wefleling zu It. Ant. p. 435. u.
Ufert II, 1. ©. 432. [F.]
Litnene (Aıraioı), nah Apollodor bei Steph. By. p. 425. eine
Stadt Lakoniens. [F.]
Aıtal, Berfonification der reuigen (Ab⸗) Bitten bei Som. 11. IX,
502—512. vgl. Euftaih. ad 1. Sie find die Töchter des Zeus und folgen
ber Schuld (Arn) auf dem Fuße, daB Befchehene gut machend; wer fle aber
Yltäna Silva — Liternuxa 1103
t aufnimmt, der bekommt bie Folgen feiner Verſchuldung ungefähmälert
büßen. [W.T.]
Litäna Silva (%iv. XXI, 24. XXXIV, 22. Frontin. IV, 6.), ein
Ger Wald auf den Apenninen in Gallia Bidalyina, ſüdöſtlich von Mutina,
welchem die Römer unter dem Gonful 8. Poflumius im 3. 216 v. Chr.
sr Niederlage durch die Gallier erlitten; jetzt angeblihd Silva bi
e. [E.
Litanobriga (It. Unt. p. 380.), eine Stadt der Bellpvaci in Gallia
gica, an der Straße von Samarobriva nah Sueſſonä, 18 Mill. ſüd⸗
ih von Cäſaromagus und A Mil. nordweſtlich von Auguſtomagus; jetzt
ıt de Creil an der Dife. (Val. d'Anville ‚Not. p. 418. u. Ufert II, 2.
545.) [F.) |
Litare, Litatio, ſ. Sacrificia.
Literae, ſ. Epistola. .
Literae principis, kaiſerliche gejeglihe Beflimmungen, gewöhnlich
;cripta genannt, f. d. Urt. [R.]
Literarum obligatio, ein möberner Auedruck für Literalobliga⸗
; im römijhen Geift müßte man fagen: expensilatio (db. h. Eintragen
3 Poftens in dad Hausbuh als audgelichened Capital) oder nomen fa-
e, scribere, perscribere u. dgl., f. Bb. III. ©. 458 f. Fruͤher glaubte
a, die Literalobligation fei eine eigenthümliche Vertragsurkunde oder Con⸗
t, zulegt- noch Unterholzner in Savigny’8 Zeitfhr. f. geih. Rechtswifſ.
5. 248—269., während jegt allgemein anerkannt ift, daß das Eintragen
das Hausbuch das Grundweſen des Kiteralcontrafts ſei; fo Salmaj. de
tr. 6. 17. de modo usur. 10. 11. und am überzeugendflen Savigny, in
Abh d. Berl. Akad, hiſt.phil. Claſſe. Berlin 1818. S. 289—306. Ihm
jten mit vielen Abweichungen im ‚Einzelnen U. 3. Hanlo, de nom. oblig.
st. 1825. N. Münden, Cic. or. p. Rosc. Com., Colon. 1829, p. 15—30:
Wunderli, de antiq. lit. oblig., Gotting. 1832. Nein, Röm. Privat:
t S. 320—328. Walter, Rom. Rechtsgeſch. S. 630 fi. Cic. p. Rosc.
n. ed. C. 4. Schmidt, Ien. 1839. p. 14—21. u. Rec. von Huſchke,
Schneiverd Frit. Jahrbb. 1840. Bo. 7. ©. 481—499. H. R. Gnelft,
formellen Berträge, Berlin 1845. S. 321—514. Ueber das Haudbud und
r bie Eintragung in daſſelbe f. Bo. IH. ©. 458 ff. Br. I. ©. 716 f.
ben dieſer eigentlih roͤm. Xiteralobligation befland für die Peregrinen im
ı. Neid die syngrapha (f. d. Art.) und chirographum (cautio), ſ. Bd.
©. 229. 328., welche fpäter au von den Nömern zur Eingehung einer
talobligation vielfach angewandt wurden. [R.]
Eiterati, f. Servus und über literator f. Bd. IH. ©. 47.
Literna Palus (Stat. Silv. IV, 3, 66. Silius VII, 278.), ein See
npaniend unfern ber Küſte, etwas nördlich von ber Stabt Liternum, durch
sen der Fluß Liternus feinen aufnimmt; j. Lago di Patria. [F.]
Liternum (Ateovor, Strabo V, p. 243.; Aecirspror, Ptol.. III, i.
. XXXU, 29. XXXIV,45. Plin. IH, 5, 9. XIV, 3,5. It. Ant. p. 122.
. Pet.) oder Linternum (Mela II, A, 9. Siltus VI, 653. VIII,
Ovid Met. XV, 714., in welchen Stellen jedoch auch die Schreibart
sanft, vgl. Varro L. L. IV, 5.), eine Stadt Campaniens am Ausfluffe
Elanius oder Glanis (Dion. Hal. VII, p. 419. Lycophr. 718. Virg.
. 1, 225. - Silius VIII, 537. Blin. am a. O.), der, wenigftens bei
er Mündung, au den Namen Liternus oder Linternus führte (Strabo
a. O. Liv. XXXII, 29. Flor. I, 16.; j. Batria, aber aud noch immer
nio), feit dem 3. 558 eine römifche, unter Auguft durch Anflevelung von
eranen verflärkte Kolonie (Kiv. XXXIV, 44. 45. Zrontin. de col. p. 105.),
legte Aufenthaltäort des aus Nom verbannten älteren Scipio Africanus
4
1104 Liternus — Lilis contesistio
(Liv. XXXVIH, 52. 53. Sen. Ep. 86. Bol. Bar. II, 10.), deffen Srabmal
man auch Hier zeigte (Strabo am a. D.). Jetzt das Dorf Patria. [E.]
Liternus, f. den vorigen Art.
Aıdnoros, Beiname des Apollo auf Malen, Steph. Byz. s.v. [W.T.]
Ardına, tbeurgifhes Epos in 768 Verſen, unter den drei orphiſchen
Gedichten das beſte und wichtigfie. Der Name bezieht ſich auf ven Inhalt, eine
Schilderung der magiſchen Kräfte verſchiedener Steine, namentli des Magnete.
Diefe fuperftitiöfe Haltung des Ganzen mie einzelne Züge weiſen das Gedicht in
das vierte chriftliche Juhrhundert, bef. die Zeit des Kaiſers Valens. Daneben
bat. aber pas Epos formelle Vorzüge, Gewandtheit, Eleganz und Buß ver
Diction. Epochemachend ift die Bearbeitung von Tyrwhitt: carm. de lapi-
dibus, rec. notasqve adiecit Thom. T., Lond. 1781.8. Vgl. Bernhardy gried.
Lit.Geſch. II. S. 277— 280. und den Art. Orpheus, Orphica. [W.T.]
ArHoßoAıe, Feſt in Trözene zu Ehren kretiſcher Iungfrauen, melde
bei unrubigen Auftritten gefleinigt worden waren, Pauſ. IE, 32, 2. [W.T.]
‘ Lithoeströtum (AıYdoorowmror), Fußboden aus farbigen vieredigen
Stüden (parvulae crustulae, Plin. XXXVI, 25, 60.) von Stein, bejonver®
Marmor zufammengefegt, pavimenta sectilia, Sueton. Caes. 46. ; bei den
Römern feit Sula gebraͤuchlich, Blin. 1. 1. Bgl. Varro R. R. I, 1, 10.
(pavimenta nobilia lithostrata), 2, A. Capitol. Gord. 32. und Musivum
opus. [W.T.]
Lithrus (fi900;, Strabo XII, p. 556.), ein nörblider Zweig des
Gebirges Paryadres in Pontus, welcher, nebft einem andern Zmeige deſſel⸗
ben, dem Ophlimus, nordweſtlich von Amaſia die große und fruchtbare Land⸗
haft Phanarda begrenzt. Nah Hamilton -Research. I. p. 439. heißen dieſe
beiden Gebirgszweige des Kuttag jeht Kemer Dagh u. Oktap Dagh. [F.]
Litis aestimatio, 1) im Civilprozeß |. Bo. 1. S. 194. — 2) im
Eriminalprogeß. Wenn das condemnirende Urtheil der Richter dem Ver⸗
urtbeilten zugleich die Verpflichtung auferlegte, Vermoͤgenserſatz zu leiſten,
‚ fo blieben dieſelben Richter zuſammen, um die ſchuldige Summe zu ermitteln.
Am Häufigften geſchah dieſes bei Repetundar⸗ (wo urfprüngli einfacher,
dann doppelter und zulegt vierfacher Erfah werden mußte, f. repetund.)
und Pekulatöprozefien, auch wenn ein Richter fi hatte beſtechen lafien x.
Cic. Verr. act. 1,13. (uw. Pſ. Aſe, 145 f. Dr.) I, 38 f. H, 18. IV, 10. v,
49. Cic. p. Rab. Post. 4. ad div. VIII, 8. Tac. Ann. I, 74. lex Servil.
c. 18. 19. 20. (mit Behlimmungen über die Zeit der Zahlung). — 88
konnte auch bei diefer lit. aest. wegen anderer Vergehen lis äflimirt werben,
jevoch ſollte dieſes nicht als nadırheiliges praeiudicium für einen etwaigen
Fünftigen Prozeß gelten. Eic. Verr. act. 1, 13. u. Pſ. Aſc. 1.1. Gic. p.
Clu. 41. mit Anm. von Klop. Dirkfen, Beitr. 3. Runde d. Roͤm. Rechit
©. 191 ff. [R.]
Litis contestatio iſt eine feierlide Handlung, mit welcher das Ber
fahren in iure fließt (nur F. W. von Tigerftröm, inn, Gef. dv. MR,
Berlin 1838. S. 180 f. haͤlt lit. cont. no immer für einen Act in iudi-
cio) und dient als Äußeres Zeihen, daß mit biefem Moment der Prozeß
georbnet iſt und fomit alle die Wirkungen eintreten, welde an die ordinatio
iudicii geknüpft find, nämlich 1) daß das Klagerecht confumirt ift (denn über
diefelbe Sache kann nur einmal prozeffirt werden, und wenn mit lis contest.
der Prozeß feftgeftellt ift, fo muß er in der begonnenen Richtung beenbigt
werben und fann weder eine Beränterung, noch eine Erneuerung erleiden),
®at. II, 108 f.; 2) daß die Parteien zu dem verpflihtet find, was das
iudieium beflimmen wird. Diefe Wirkungen fließen fi äuferlih an die
litis contest, an, find aber feine innern Folgen der it. cont,, fonbern der
ganzen ordinatio iudici. (Nah M. ©. Mayer, die Lit. Conteſt, Sturig.
[4
En. -
Litte denuntiatio — Altoa | 1103
0. Tiegen jene Wirkungen in dem Act ber Lit. Eont. ſelbſt, weshalb vie
Cont. als ein förmlicher Contract betrachtet wird, durch welden die
1eien jene Wirkungen hervorbringen, fo fon Donell. comm. de i. c.
‚ 14. und theilmeife Rein, Röm. Privatr. ©. 463 f. Diele Anſicht iſt
- widerlegt von A. H. U. Danz. de lit. cont. quae fuit temp. leg. act.,
1831., f. au Asverus und Vuchta.) Der Alt ver lit. cont. ſelbſt
ınd in einem felerliden Aufrufen von Zeugen, um dad Schlußverfahren
ure, womit ber Prozeß eröffnet und deſſen Wirkung anerfannt wurde,
ın zu bezeichnen. Weil aber beide Varteien Zeugen aufriefen, fo hieß
ontestari, Raul. Diacon. p. 57. M : contestari litem dicuntur duo
plures adversarii, quod ordinato iudicio utraque pars dicere s0- .
testes estote. Die Zeugen waren von Anfang an nur Sollennitäts⸗
en, d. 5. um dem Rechtéakt geſetzliche Kraft zu geben, nit wirkliche
jen, melde das in iure Borgefommene vor dem iudex in iudicio hätien
bten follen (fo Keller, dagegen Mayer. 1, Asverus und Puchta). Diele
ichtung beſtand fon im Legtsaftionenprozeß und wurde aledann in den
nularprozeß übergetragen und nicht erft für den Formularprozeß einge-
t, wie früher von einigen Gelehrten angenommen wurde. Der Aft ver
cont. blieb ald Feſtſetzung des Sireitgegenflanted und feierliche Aner⸗
ung ber Anbängigkeit des Prozeſſes und feiner Wirkungen. Gewöhnlich
3 vom Kläger actor litem cum reo contestatur, Cic. p. Rosc. C 11.
. V, 10., zumeilen auch vom Beklagten, Eic. ad Aut. XVI, 15. Meiftens
: man von diefem: suscipere actionem oder accipere iudicium, Cic. p.
ıct. 26. ai. IV, 87. Feſt. v. reus p. 273.M. Lit. cont. galt alſo
ei bedeutend mit constitutio iudicii, iudicium acceptum, lis inchoata etc.,
ber Name dauerte fort, um dad Berfahren in iure als geichloflen zu
Hnen, nachdem die folenre Form »er lit. cont. länaft erlofchen war,
diefe mußte nah und nad aufhören, da die alten Sollennitäten gar nicht mehr
en freieren Bormularprogeß paßten. Im Juflinian. Recht h. litis cont.
rfte cognitio, d. h. die erfle richterliche Verhandlung oder erſter Termin,
elchem der Beklagte mündlih auf die Klage antwortet, 1. 14. 6. 1. C.
udic. (3, 1.) 1. 2. pr. C. de iureiur. propt. cal. (2, 59.) 1. un. C.
it. cont. (3, 9.). Nov. 53, c. 4. 82, c. 9. 93, c. 1. Das Nähere
. ®. v. ®indler, diser. inter litis contest, Lips. 1751. 93. &. F.
fer (pr. Malblanc) de lit. cont. Rom., Tuh. 1808. %. 2. Keller, über.
conteft. u. Urtbeil, Zürich 1837. (ichr gut). Zimmern, Röm. Givils
RB S. 331 f. 356— 372. 413 f Mayer f. ob. u. Rec. von Ruborff,
yavigny Beirfhr. VII, S. 231—242. Dans, f. 06. Puchta, Inflitut.
5. 161-176. 214. ©. Adverus, die Denunckation der Roͤmer, Leipz.
. ©. 32—68 f. 269 ff. — Daß die litis cont. zumeilen durch interrogatio
re, a und iusiurandum erfegt wurde, f. S. 350. und bie
Art. [R
Litis denuntiatio iſt eine Einleitung des Prozeſſes, welde ſtatt ber
ren in ius vocalio durch M. Aurel auffam und in der ſchriftlichen Auf⸗
g der Klage befland. Dieje Urkunde mußte” von Zeugen unterfhrieben
n und ging fodann durch VBermittlung der Behörde an den Beklagten
ſ. ®b. I. ©. 979. Im Juin. Recht findet denunt. nit mehr Ratt,
ın dafür Bingabe der Klage an das Gericht (libellus conventionis, f.
.). ©. jetzt die Hauptſchrift über diefen Gegenfland von &. Asverus,
JYenunciation d. Möm., Leipz. 1843. [R]
Aitoa, eine bereit in den Zeiten der Verferkriege gäng und gäbe
rdene Benennung (vgl. die Fragmente des Simonives u. Cpicharmos),
der Rechnung der griechiſchen Bewohner Siciliens ein Iheil des Ta⸗
„ und nichts andred ald eine Gräcifirung des römiſchen Libra, gerade
uly, Real⸗Gncyelop. IV. j 70
1100 Litela — Littamuma
wie dies der Fall if, wenn wir leſen, daß ber zmölfte Shell der Litra
ovynie oder Oynie heiße, d. i. uncia. Funf Unzen heißen ven Sikelioten
nerr@ynıory, zwei: ebag, drei: zaroas, vier: zoas, fechs: Nudızuor. GE
iſt alfo ficher, baß bie Litra 12 Lingen Hatte, wie im italiſchen Syſtem.
Was den Mömern denarius (ober decussis d. i. desem asses, as gleid
libra genommen) iR, das Heißt deswegen bei den Sikelioten danaAszpor.
Der Ausdruck Arcg bezeichnete Übrigens, wie ſich aus Obigem verfleht, zu»
gleich Gewicht und Geld (vgl. Pollux IV, 174.); die Sache felbft aber ent⸗
ſtand aus dem Verkehr der Italer und Griechen, und kam nicht blos in Si-
cilien, ſondern auch im ſüdlichſten Italien (Großgriehenland) vor. — Wie
fich diefes frembartige Syſtem zum Tolentfoftem verhielt, hängt von ber An»
zahl der Litern ab, welche auf das Talent gerechnet wurden. Es war aber
die wahre alte Litra des ſiciliſch⸗griechiſchen Syſtems nur eine halbe Mine
defielben Syſtems; es gingen alfo, dba 60 Minen ein Talent maden, 120
Litern auf daß Talent; ober mit andern Worten und eigentlidder geſprochen:
das ſiciliſche Talent Hatte 120 eigene Litren; ven Beweis Tiefern bie aus dem
legten Jahrhundert v. Ghr. ſtammenden Infäriften aus Tauromenium bei
Dorville Sicc. p. 526., vgl. Müller Dorier II. 217. Auch fagt Heſych.
1I, 610. ur&, Aroaı övo. Im Yügemeinen war bie Gewidt-Litra der
Gikelioten — 50 Drachmen Gewicht. Dennoch mußte ih immerhin das
Gewicht der Litra (— !), Mine) nah dem Gewichte ober Wertbe des Ta⸗
Ientes richten. In Rückſicht des Syſtems war fle nämlich freilih italiig
und .italifgen Pfunden nadgebildet, melde einen mehr oder minder nahen
Werth hatten: da fie aber ins Talent eingefügt war, fo beflimmte ſich noth⸗
wendig ihr Gewicht oder Werih aus dem Talente und war keineswegs genau
das Gewicht irgend einer italifhen Libre. — Man muß übrigens im Gelde
- die Kupfer-Litra und’ die Silber⸗Litra unteriheiden. Die fielliſche Litra Sil⸗
berd war ein äginäiſcher Obslos, nad Ariftoteles bei Pollur IV, 174 f.
IX, 80 f. (weshalb auch Heſychius Arrom durch oßoAds erflärt); folglich
waren 10 Xitren, das dexadsepor ober der äsnadızpoc orarno, dem Torinthis
fügen Stater glei, was Ariſtoteles ebenfalls lehrt. Diefen in ſehr frühen
Zeiten gangbaren Stater, im Werthe von 10 äginätfhen Obolen, hat man
alfo in Sicilien auf italifche Art in 10 Ihelle getheilt, welche den Griechen
äginäifhe Obolen, den Sikelioten aber Gilber-Litren waren. Das Delalitron
betrug ‚demnach 228°), Barjfer Gran, bie Litra 22°), Par. Gr. Und biefe,
auf italiſche Weife in Unzen getheilte, Silber-kitra war fo ſehr im Gurs,
daß man die Golbdwecheler dort Arpomonos (Heiy. s. v. u. Photius s.
Aroa) nannte. Außer der Silber⸗Litra wird aud ein ſiciliſcher vouusos
genannt, welcher, nad Ariſtoteles Hei Polur IX, 87., nur °/,, des äginäi-
then Obolos betrug, alfo um */,, geringer war als bie ächte Gilber-Ritra;
ober mit andern Worten: ed gab auch eine, vouuuos genannte, geringhaltige
(= 20.55 Bar. Gr.) Silberskitra; und allgemeiner: Asrp= war ber ur
fprünglie, vom Gewicht herkommende Namen, neben welchem ſich ein
Frivial-Name voüuuog für dieſelbe Sache fehfepte, wie bei den Römern As
für Libra. — Die Litra Kupfer (D. Müller, Etrusker I, 312.) war, wie
urfprüängli in Italien die Libra, gleichviel ob gemünzt oder nicht, ein wirk⸗
liches Gewicht: Pfund Kupfer, und der äginälfhe Obolos der Silberwerth
biefed Kupferpfunde® — 6850 Par. Er. — Eine Litra Gold (Simonid.
frgm. ed. Schneidew. N. 196.) if fo viel Gold, als einer Litra Silber
gleichwiegt. S. Bödh, metrologiſche Unterſuchungen S. 293 fi. 302.
303. Prooem. zum Berliner Borl.Berz. 1843—44. 4. [A. Baumstark.]
Litria (Arroice), Injel vor der Küfte Liburniens, wahrſch. im flana»
tiſchen Meerb. Scyl. p. 7. Bol. Banner VII. ©. 376. [F.
Listtamum (It. Ant: p. 280.), Ort in Rhätien, an der Straße von
[
\ -Liiorgiae — Livia gens 41107
ıilefa nad Veldidena; nad Cluver Ital. Ant. I. p. 123. jeßt Lutach,
, Deannert II. ©. 633. aber richtiger bei Prunecken an der Rienz, und
x nach Muchar Noritum S. 250. St. Korenzen bei Brunneck, [F.]
Liturgiae, |. Astovpyiaı. Ä |
Litüus, 1) Blasinftrument, ala militäriſches Signalzeichen bef. zur
lacht Häufig erwähnt bei Dichtern, f. Hor. Od. II, 1, 18. Ovib Fast.
216. Sen. Thyest. 575. Stat. Theb. VI, 228, Baler. $lacc. VI, 166.
t der tuba, neben welcher ber lit. oft genannt wirh (f. Hor. Od. I, 1,23.
ın. I, 237.), unterſcheidet fie fi einmal durch die Form (pie t. iſt ges
„ der 1. gefrümmt, aduncus, Sen. Oedip. 734.), fobann dur den Ton
t. bat einen tiefen, der 1. einen hohen und ſchneidenden, acutus, Stat.
b. 1. 1.), enbli durch die Beflimmung (die t. eignet der Reiterei, ber
ent Fußvolk), f. Schol. zu Hor. I. 1. Der Bläfer Heißt Liticen,
ro L. L. IV, 16. extr. Stat. Silv. IV, 7, 19. Gell. XX, 2. Ammtan.
‚2. Dreli Nr. 3519— 4105. (liticinum collegium). Bon ber Aehn⸗
eit der Geſtalt iſi gleichfalls ſo benannt (Eic. Div. I, 17. Gel. V, 8.
ol. zu Sor. 1. 1.) 2) der Krummflab (baculus sine nodo aduncus, Liv.
8., incurvus et leviter a summo inflexus bacillus, bef Eie. 1. 1.) der
uen (clarissimum insigne auguratus, @ic. I. 1. vol. Appulef. Apol.
42. Dub. qvod regibus diadema, qvod pontificibus galerum, qvod li-
; auguribus), womit fle regiones dirigunt (Cic. I. 1.) oder determinant
. 2.1), dv. 5. den heiligen Bezirk für die Vogelſchau abſtecken (vgl. Bd.
&.1173.). Schon Romulus folte ſich eines ſolchen hiezu bedient haben,
Vie. 1. 1. vgl. Ovid Fast. VI, 375. u. ®irg. Aen. VII, 187. Qvirinalis
ıs. Blut. Qvaest. Rom. p. 67. u. Camill. p. 321. nennt ihn zo Ar
. — Nah Servo. zu Virg. Ge. III, 183. nannte man fo auf den Stab
Mereur. — Bal. Raſche lex. r. num. II, 2. p. 1774—1779. [W.T.]
Lityerses, Atvsoons und Arvsooas, natürlier Sohn des Midas,
pbebauer zu Kelänä in Phrygien. Er bewirthete vorübergehende Fremde,
ng fle aber ihm bei der Ernte zu helfen, und wenn er file im Wettkampf
Mähens beflegte, fo fehnitt er Abends ihnen ven Kopf ab, barg den
npf in die ®arben und fang dazu. Herakles erſchlug Ihn und warf feinen
hnam in ven Mäander. Die phrygiſchen Schnitter priefen ihn in einem nad
benannten Liebe. Schol. zu Theokr. X, 41. Athen. X, p. 615.B. XIV, 619. A.
tath. p. 1168, 11. Heſych. Phot. u. Suid. s. v. Pollux IV, 54. Val.
ian. V. H. 1,27. Ueber das Scähnitterliev |. Eichſtädt de dramate Grae-
ım comico-satyrico imprimis de Sosithei Lityersa (Lips. 1793.) und
'n de Scoliorum poesi p. 16 ff. Bode, hellen. Dichtk. H,1.©.92. [W.T.]
Liviana (Sidon. Apoll. Ep. VIII, 3. u. Tab. Pent.), Ort ver Volck
ofaged in Gallia Narbon. an der Straße von Tolofa nah Narbe; etwa
ı heut. Capende. (Nah Aſtruc Hist. nat. de Languedoc p. 109. da8
. Marfeillette.) [F.] \
Livias (bei Btol. V, 16. Aıas, bei Strabo XVI, p. 763. aber dur
jehen der Abfchreiber Avaias), eine Stadt des transjordanifchen Paläſtina
Peräa, nad) Bregor. Turon. de mirac. I, 18. 12 Mil. (nah Ptol.
etwaß weiter) öflih von Jericho, vom Herodes Antipas an der Stelle
z ſchon vorhandenen Fleckens Namens Betharamphta zu Ehren der Julia
ı erbaut, und daher au Julia genannt (Joſeph. Ant. XVII, 3. B. Jud.
3 V» * ihrer Naͤhe fanden ſich heilſame Mineralquellen (Gregor.
. I. I. J. IF.
Livia gens. (vae familia qyamqvam plebeia tamen — admodum
ıit octo consulatibus, censuris duabus, triumphis tribus, dictatura etiam
nagisterio egqvitum honorata, clara et insignibus viris ac maxime Sa-
|ore Drusisqve (&uet. Tib. 8.), eine Angabe, welche wir nit mehr
4108 IAvia gons ,
bio ind Einzelne verfolgen Können. Wir Eennen von biefer gens bie vier Bels
namen Denter, Drusus, Libo, Salinator. .
1) L. Livius, Bolfötribun im 3. 433 d. St., ſprach gegen bie Nihtig
Teitderflärung des bei Caudium mit den Samniten gefchloffenen Vertrags,
Liv. IK, 8. extr.
2) M. Livius Denter, vielleicht fein Entel, Coſ. im I. 452 (Lin.
X, 1.), im 3. 454 der erfle nach lex Ogulnia gemählte plebejifche Bontifer
(2iv. X, 9. vgl. 28.).
3) (M.) Livius, der Grfle des Namens Drusus; f. Suet. 1.1. Drusus
hostium duce Drauso (feltif$) cominus trucidato sibi posterisqve suis
cognomen invenit. Traditur etiam propraetore ex provincia Gallia relu-
lisse aurum Senonibus olim in obsidione Capitolii datum. Seine Zeit be⸗
fimmt Suet. ib. dadurch, daß er ten ariftofratifhen Bolkstribun Druius
feinen abnepos nennt. Pighius feßt ihn ale Prätor ins 3. 471, weil ba
ein Krieg mit den Balliern geführt worden ifl; aber theils das cominus
trucidare, theils die ausdrũckliche Unterſcheidung deſſen, was Lin. als Pro:
prätor that, weiſst darauf, daß er. den Draus erſchlug geraume Zeit che er
Prätor und PVroprätor wurde. Gin Praetor (urb.) M. Livius wird vom
Auct. ad Her. Il, 13, 19. genannt (qvod cum herede mandali agerelur
iudicium reddidit, Sext. Julius non reddidit), und e8 if wahrfweinlid,
daß es verfelbe iſt, nach deſſen Ediet Cicero zweien Sflaven bie ihnen ge
ſchenkte Freiheit wieder entzog, ſ. ad Att. VII, 2, 8.: usurpavi velus illod
Drusi, ut ferunt, praetoris in eo qvi eadem liber non iuraret. Ob abe
dieſer praet. urb. Drujuß derjenige ift, welcher Broprätor in Gallien mar,
‚oder der ariflofratifche Volketribun, läßt ſich nicht entſcheiden. Jedenfall—
aber iſt ein Urenkel jenes Proprätors
4) C. Livius Drusus, als Vater ber Brüder C. und M. Drusus
(Cic Brut. 28. 109), & f 607 mit MCGornelius Scipio (C. Lir. bat
Gaiflon. u A., Drusus Cuppinian; voßfländig [Fast cap ] C. Livius Ms-
miliani F. M. N. Drusus). Seine beiden Söhne find
5) C. Livius C. E. Drusus, feinem füngeren Bruder M. an Bereit
famfeit wenig nachftehend (Eic. Brut. 28, 109.). Im Alter eiblindei be
f&äftigte er ſich damit, juriſtiſchen Math zu erıheilen, Gic. Tusc. V, 39. 118.
(C. Drusi domum compleri consultoribus solitam accepimus), vgl. Balt.
Mar. VII, 7, 4.
6) M. Livius C. F. Drusus, von Plut. C. Gracch. 8. geidilder
al8 arne oure yayosag zıros Pouaiwr ovre Tedpauusrog yeipor, du &
xai Ayo zul RÄOVED 87 TOIG naar Tmusrorg au Övsausroig KRO 107
209 srunıAlog. Vir et oralione gravis et auctorilate nennt ihm @ic. Brul
28, 109. Bolfötribun im I. 632 — 122, als welcher er feinem Collegen
C. Brachus fo ſchlau urd energiſch enigegentrat, daß er den Titel palronus
senatus erhielt, |. Cic. Brut. 28, 109. de Orat. IIL 1, 2. Guet. Tıb. 3.
vgl. Gic. Orat. 63, 213. Plut C. Gracch. 8f. App. b. ce. I, 23. &
untergeub den Ginfluß des C. Grachus, indem er im Ginverflännnig mit
dem Senat veſſen bemokratiiche Vorſchläge noch überbot, f. Leges Livise
©. 984. und den Art. C. Sempronius Gracchus. * Pighiug nimmt an,
—
* Meuefiens hat Kiene (der Bunteögenoffentrieg ©. 179 f.) eine Art Ebren
zeitung des älteren Drufas verfuht, Er ment, nur ein Mann, deſſen volkofrenub⸗
Ude Geſiunung anerkannt war, hätte dem Gracchen das Vertrauen des Boles raubes
kbnnen, und daß feine Maßregeln zugleich den vollen Beifall der Ariſtokraten ge
babt, davon liege der Grund darin, daß Lirius nur das unbebant liegende und
als Genceinweide benutzte Gtaattland zur Bertheilung beflimmt, dagegen das eich
pirte und enitivirte Rand dem frübern Befigern gelaffen habe, Uber abaefeben voR
der von Kiene ſeldſt gefühlten Unwahrſcheinlichkeit einer foldyen Befpränfung
Livia gems _ 1109
der von Cic. ad Att. VII, 2, 8. u. Auct. ad Her. II, 13, 19. ermäßnte
t. urb. M. Drusus der gegenwärtige ſei, und feßt feine Prätur mills
ih ins I. 6938. Gof. war er im I. 642, erhielt zur Provinz Macedo⸗
', wo er den Scorbisfen den Uebergang Über die Donau vermehrte, ſ.
c. III, 4, 5. Liv. 63. Dio XXXIV, fr. 93. Baillant I. p. 51f. Auf
ift wohl zu beziehen Cic. p. Rabir. perd. 7, 21.: M. Drusus cum inter;
etur Saturninus (654) pro salute communi arma cepit, und nicht auf
n Sohn (Nr. 7.), den er überlebt zu haben ſcheint, f. ad Herenn. IV,
tuus, o Druse, sangvis — vultum -parentis adspersit.
7) M. Livius M. E. Drusus*, der Volfätribun des J. 663 — 91
Shr. (aud pontifex, f. Cic. p. dom. 46, 120. und vorher aedilis, ale
ber er munus magnificentissimum dedit, Aur. Bict. ill. 66.). Gemäß
Stellung (vgl. App b. c. I, 35.: &mmo emiparsorarog Ex yErovg) und
Srundfägen feiner Familie fland er entſchieden auf der Seite der Optis
npartel (Cic. p. Mil. 7, 16.: Senatus propugnator atqve illis qvidem
poribus paene patronus;, de Orat. 1,7, 24.: eius tribunatus pro sena-
auctoritate susceptus; Pf.Sall. ad Caes. 2, p. 272. Gerl.: M. Livii
si semper consilium fuit in tribunatu summa ope niti pro nobilitate;
of. Bob. p. Mil. .p. 282. Or.: M. L. Dr. cum partes senatus in tri
atu suo contra plebem Buscepisset .. ..; Atcon. in Cornel. p. 68.: Dr.
. pl. cum senatus partes tuendas suscepisset .....; iv. 71.: Dr. trib.
ut maioribus viribus senatus caussam susceptam tueretur .. .; Bell,
13.: cum senatui priscum restituere cuperet decus......). Zugleich aber
er den Forderungen ber Beit fein Obr (vgl. p. Mil. 1. 1. pro tempo-
ıs illis): er fah ein, daß eine reine Varteipolitik für bie Intereffen eine
igen Standed und mit den alten Mitteln niht mehr möglih fei; er
Ite der Zeit Conceſſtonen machen, ein demofratifcher Ariftofrat feyn, um
urch den Ariftokratismus felbft zu retten. Diefe Tendenz if ganz beſon⸗
3 in feiner lex iudiciaria audgeprägt (1. S. 357. 984.): er ga) dem
nate im Brincip den ausſchließlichen Beil des Nichteramtes zurüd, aber
fuchte auch die Ritter-dadurch zu befriedigen, daß er 300 von ihnen in
ı zufammengefcpmolzenen Senat aufnahm, und ben Vorberungen bed Volkes
bte er dadurch zu genügen, baß er die allmälig zur conventionellen Boraus-
ung gewordene Beſtechlichkeit ver Richter ſchwer verpönte (vgl. Exc. Diodor.
127 f. Dind.). Aber durch diefe Vermittlung z0g er ſich den Huß der
ven erfien Stände zu (App. I, 35.): der Senat war ungehalten über bie
villkommenen und gefährliden Kollegen, obwohl er den Drufus ſo menig
en ließ, daß noh am 13. Sept. der eifrige Coſ. L. Marcius Philippus
dem Volk erklärte, mit einem ſolchen Senate könne er den Staat nicht
malten (Cic. de orat. II, 1. Bal. Mar. VI, 2, 2. Duintil. VIII, 3,
); die Ritter (vielleicht durch Livius' Feind DO. Servilius Cäpio noch
en diefe Auffaſſung auch der Umſtand, daß Liv, feine Anträge nicht weiter vers
te, fobald die fi dadurch als Zweck barftellende Befeitigung bed E. Gracchus
icht war, Daß das Volt an feinem mwärmfien Freunde ſich irre machen ließ,
nicht an deu Untecedentien bed Drufus, fondern an dem Derführerifchen feiner
rſchläge und an ber Kurzfichtigkeit und Undankbarkeit des Volkes. Daß Drufus
hweg Parteimann war, beweist ber Zitel patronus Senatus, und der gens,
he unter ibren Ahnen einen Salinator zählte, war von Haufe aus ihr Play auf
Saite der Ariſtokraten angewiefen. Wielleicht auch trieb e6 deu Tribunen, von
icchus fih nicht verbunfeln zu laffen. -
* Eine Inſchrift von zweifelbafter Hechtheit (Orelli 544.) lautet: M. Livius M.
C. N. Drusus pontifex trib. mil. Xvir stlit. iudio. trib. pl. Xvir agris dandis
ignandis lege sun et eodem anno Xvir a. d. a. lege Saufelia (ſ. ©. 998.)
magistratu aocisus est.
1110 Livia gems
beſonders verhetzt, Flor. II, 17, A.) ſahen ein, daß durch biefe Verfügung
- ihnen nur momentan geholfen, dagegen das Senatöprivilegium nur ſanttio⸗
nirt und verewigt fei, und firäubten fih auch gegen die Strafandrohungen
für Beſtechlichkeit (Cic. p. Rab. Post. 7, 16. Cluent. 56, 153.). Ru
das Volk war nit unzufrieden, und auf befien Seite ſah er fi immer mehr
gedrängt. Hatte er ſchon vorher perniciosa spe largitionum (iv. 70. extr.
Div Eaff. frgm. 109.) das Boll gewonnen (vgl. Dio XXXIV, fr. 109.
mpospege Apovoos Ta yaraı xai. zo nÄovzm Tf Te &5 Tovg ei Beoussow;
avzov ayadoc avaimoeı; Aur. Bict, ill. 66,5.: nimiae liberalitatis fuit —
ideoqve quum pecunia egeret multa contra dignitatem fecit), fo mar feine
lex agraria, welche die Ausfendung römiſcher Golonien in Italien umbe
und nah Sicilien, Landanweifungen und Getreivevertbeilungen in großem
‚Mapftabe * verfügte, darauf berechnet, ihn in ber Gunſt deſſelben unerſchüt⸗
terlich fer zu begründen und ihn dadurch für den Verluſt feiner bisherigen
Partei zu entfchänigen. ** Dem Volke gegenüber Eonnte für eine Intelligenz
von feinem Verhälmiß der Gleichheit und Coordination die Rede fenn; Indem
ex zu ihm in Berbältniß trat, wurde er von felbft auf die Bahn des Ehr⸗
geizes geführt. Dieß Iag auch von Anfang an feinem Weſen nicht fern: Dio
XXKIV, fr. 109. fchildert ihn und Cäpio als Syraozsiag emıduuntai ai
gpiAotıuias" anınoro, und beſtätigt wird dieß durch manche Züge von Druſud:
er meinte der Senat könne eben fo gut zu ihm kommen ald er zum Genatt
(Dal. Mar. IX, 5, 2.); er wollte fein Haus fo gebaut haben ut qvidqrid
agam ab omnibus perspiei possit (Bell. II, 14. extr.); ald Quaͤſtor im
Aflen verfchmähte er die äußeren Zeichen feiner Würde und beanfpruchte bie
Hochachtung une den Gehorfam für feine Perfon, nicht für fein Amt (Mur.
Vict. ill. 66, 3.), und flerbenn noch fragte er: ecqvandone similem mei
civem habebit resp.? (Vell. 11, 14, 2.). Und wenn er, der auch vorher nid
dad Staatöganze im Auge gehabt hatte, fondern für die Senatöpartei hatte
wirfen wollen, nun perfönlide Zwede verfolgte, fo hieß dieß ja nur ben
engen Kreid noch. etwas enger ziehen, fo war es ja nur eine coniequenie
Fortbildung feine® Principe. Daß er aber wirklich nachher perjönlihe Ab
fidten Hatte, dieß beweist fein Benehmen gegen die Bundetgenofien.
wollte ihnen auf ihre Bitte (Blut. Cat. min. 2. App. 1. 1.) das Büͤrgn⸗
recht auswirken, wobei er auf die Genehmigung des Senates rechnen burfts,
weil diefer, obwohl grollend, ihn doch noch für feinen Dann anfah und in
den neu aufzunehmenven Bürgern eine Stüße gegen die Anſprüche ver Altter-
ſchaft und des Volkes zu gewinnen hoffte (vgl. Ahrens, bie drei Volkemibb.
S. 102 f.), und wofür er das ihm ergebene Volk leicht beſtimmen zu können
glauben mußte. Aber er verlangte von ben Bundeögenoffen eine Gegen
leiftung: ihm Hatten fle Ihr Bürgerrecht zu banken, ihm follten fle babe
unbedingt ergeben und für immer und in Allem zu Willen feyn; fe folten
fhwören: 209 auzor YiAor nal RoAemor Iyjosodaı Apovoy nal ta Pior
unte zExıwr nal yoramy undepuäs peioacdaı Yugis dar ui ovupeon JEOv®
18 aa TOlg 109 avLor CoxoY Ouocams. 8ur db yarmuas moAtıng 1a 4000
——— — —— —— — —— T———:— —
Wie weit er dabei ging beweist fein Ausſpruch, er habe nichts (Semein⸗
fames) zu vertheilen (an bie bebfirftigen Einzelnen) Abrig gelaffen praeter coe m
et evenum, Vict. illustr. 66. tor, III, 17, 6.
** gegen dieſer Wendung feiner Politik wennt ibn Gen. ad Marc. 16. vaden
tem per Gracchorum veatigin. Bgl. Fior. II, 17, 5.: his motibas (ded Gen“
und der Ritter gegen ihn) ut resisteret Drusus plebem ad se Gracchanis } -
bus evocavit, eisdem socios ad spem oivitatis erexit. ic. p. Plano. 14, 3%,
potentissimus homo sed multa in rep. moliens, worauf fid) der Win
bezog, der als L. ihn auf der Straße mit ber Ablichen Formel: qvid
anrebete, ihm erwiderte: immo vero tu, Druse, qvid agis? (Eic. ib.)
Lvia gens | 1111
vouo rareide Tyroouss 9 “Pounv nei usyıoror avepyaııy Apovoos
„por Exc. Vat. p. 127. Dind.). Die Durchſetzung des Geſetzes follte
nur der Anfang vom Ende, nur das Mittel zum Zwede fen; auf
rſchaftsgedanken Hatte ihn. die Verfennung von ber eigenen Partei -und
Vergötterung durch dad Volk (vgl. Plin H. N. XXV, 21. Dip. 1.1)
acht. Aber als er fih Ende September (vgl. Cic. de orat. II, 1.
111, 18. Calend. Rom.), geleitet, wie gewöhnlich, von einer großen
l Freunde nach Haufe begibt, trifft ihm in der väterlichen Halle der Dolch
Mörders (Cic. p. Mil. 7, 16. N. D. IH, 32, 80. Diod. p. 128. Auct.
Her. IV, 22, 31. &en. Cons. ad Marc. 16. Orof. V, 18. Bell. I,
1. Suet. Tib. 3. extr.). Der zeitlich nächſtſtehende Zeuge, Cicero, nennt
D.111, 33,81.) als Urheber allein den fanatif gegen bie Vürgerrechtser⸗
ung an bie Bunbeögenofien eingenommenen Tribunen DO. Barius; ber
f. der Schriff de vir.. ill. fagt (66. eytr.): invidia sceleris apud Phi-
um (ben auf) 2. Ampelius 19. 26. als Urheber nennt) et Caepionem
(Beide volitiſche und perfönlihe Gegner von Liv., vgl. Eic. p. dom.
120. %lor. II, 17, 4. Dio XXXIV, fr. 109. 110. Plin. H. N.
III, 1. Yur. Vict. ill: 66, 8. Ascon. in Cornel. p. 68.), während
. de brev. vit. 6. berichtet, daß zu feiner Zeit, wo ein dem Kiviergefchlechte
vandte® Haus auf dem Throne faß, man barüber geftritten habe, ob
fich ſelbſt getöntet habe oder erinorvet worben fei (vgl. Flor. 111,17, 2.
ita morte correplus; Aur. Bict. ill. 66, 11. repente ih publico con-
t sive morbo comitisli — vgl. Plin. XXV, 9. Gell. XVII, 15. —
hausto caprino sangvine fvgl. Plin. XXVIN, 9. Drusus trib. pl. tra-
ır caprinum bibisse cum pällore et invidia veneni sibi dati Q). Caepio-
ı insimulare vellet] semianimis domum relatus, worauf erft die Erzaͤh⸗
j feiner Ermordung), und Liv. 71. u. Schol. Bob. p. Mil. p. 282. wer
tend den Mörder nicht Tennen wollen (incerto qvo percussore). (ine
erſuchung darüber wurde niemald weber beantragt noch vorgenommen
c. p. Mil. 7, 16.), weil die eine Partei das Verbrechen utiliter acceptirte,
andere zu lau und vergeßlih war oder auch ein böjes Gewiſſen Hatte.
ne theilweife mit Gewalt durchgeſetzten (Flor. IE, 17, 8. Liv. 71. Bal.
x. IX, 5, 2. Aur. Bict. ill. 66, 9.) Geſetze wurden vom Senat mit
jem Striche wieder abgefchafft (Eic. de Lege. II, 6, 14.) als rechtlich
ntra legem Caeciliam et Didiam, Cic. p. dom. 16, 4i. 19, 50.) und
hlich (contra auspicia latae, Adcon. in Cornel. p. 68.) geſetzwidrig. —
. Dr. war ein Mann von großem Talent: vir nobilissimus (vgl. Eic. p.
. Post. 7, 16. p. Mil. 7,16.), eloqventissimus (vgl. Gic. Brut. 62, 222.
vis orator, ita dumtaxat cum de rep. diceret. Aur. Bict. ill. 66, 1.
ere et eloqventia magnus), sanctissimus, meliore in omnia ingenio
noqve qvam fortuna usus wird er — freili von dem Tiberius-Schmeichler
lejus (II, 13, 1.) genannt, und Eic. Of. I, 30, 9. erwähnt feines bes
ers ernflen Weſens. Seine politiſchen Beftrebungen haben die entgegen-
tzteſten Auffafiungen und Beurtheilungen erfahren. Liv. 71. faßt als
telpunft feines Strebend die Wiederaufrihtung des Senats durch aus⸗
ießliche Uebung des Nichteramted; feine Übrigen Geſetze maren hienach
Mittel, um dad Volk für diefen letzten Trumpf zu gewinnen, den er
r vielmehr zuerſt oder wenigſtens vor feinem Bundsgenoſſengeſetz audfptelte.
Yan dagegen ſtellt (I, 35.) als Cinheitspunkt feiner Bemühungen die
eihung des Bürgerrechts für die Bundögenofien auf, wofür er durd feine
tigen Maßregeln Senat, Nitterfdaft und Volk habe geneigt machen wollen.
end (die drei Volkotribunen S. 33—117.) ſchlägt nur den Gedanken
t, daß Liv. die politiſchen Grundſätze feines Vaters geerbt babe. Höd
G. 1, 1. ©. 56 f.) meint, daß von Anfang an Ehrgeiz feine Triebfeder
1112 Livia. gens
war; biefer brachte ihn „zu Dem wunderlichen Unternehmen, alle Stände ſich
zu verpflichten, um bei allen groß zu fein“, und Kiene (ver Bundetgenoſſen⸗
frieg S. 159178.) faßt ihn gar als einen fentimentalen Staatsmann , der
ale Wunden heilen, ale Schmerzen ftillen wollte und ein Opfer feiner Un⸗
eigennügigkeit und feiner Stellung über den Parteien wurde. Geine Largi⸗
tionen u. f. mw. ſtellt er als Milorhärigfeit dar (S. 162. Anm), und ven
Gin der Bundesgenoffen mißverfteht er auf eine fat lächerliche Weile, indem
er bie Ueberſchrift Spxog Dilinzov auf den Coſ. (663) 2. Philippus bezieht
und alles Ernſtes meint, der Coſ. babe den Etaat und fi ſeibſt fo ſehr
vergeffen, daß er dem Tribunen in spe förmlich babe hulvigen laſſen. — Die
fonflige Xiteratur f. oben S. 984. und Epan's Diatriba über Drusus, 1764.
Srandenftein, M. Livius Drusus. 4. Er batte eine Schwefter:
8) Livia, vermählt an M. Boreus Gato, mit welchem fie den Uti«
cenfis zeugte. Vgl. Cic. Brut. 62. Bal. Mar. III, 4, 2. Aur. B. ill. 80.
Blut. Cat. min. 1. 2. Als Cato früh flarb, nahm ihre Bruder ihren jun»
gen (im I. 659 geborenen) Sohn in fein Haus auf (Blut. Cat. min. 1.
Dal. M. u. Bict.-1.1.), flarb aber ſelbſt ſchon 663. Livia felbft hatte ſich
zur Beit, da ihr Bruder und Cäpio noch Freunde waren (Do XXXIV, fr.
110.) in zweiter Ehe vermählt mit Q. Servilius Gäpio und gebar biefem
die Servilia, welche Mutter des M. Brutus wurde, f. S. 518.
9) M. Livius Macatus wurbe im J. 540 vom Proprätor M. Va⸗
lerius mit dem Commando über Stadt und Burg Tarentum beauftragt und
vertheibigte beide mit Erfolg gegen Hannibal (Liv. XXIV, 20.); aber im
3. 542 verlor er die Stadt in Folge einer Ueberrumpelung an ihn (Lie.
XXV, 9. App. Hann. 32.- Polyb. VIII, 19 ff.), und flüchtete fih auf die
Burg (ib. 10), von mwelder aus er einen unglüdlihen Ausfall made (ib.
41.). Indeſſen hielt fi die Burg, dur ihre natürliche Lage geichükt
(ib. 11. vgl. XXVI, 37. App. Hann. 33.). Abgefehnitten von der Stadt
fitt fle aber bitteren Mangel (ib. XXVI, 39.); doch erfodht Livius, intentus
in omnes occasiones gerendae rei, einen Sieg über die Tarentiner zu Rande,
während zu gleier Zeit die Nömer unter D. Quinctius zur See von ten
Tarentinern gefjlagen wurden (ib.). Im I 545 nahm D. Fabius Maximus
mit Li Tarent dem Hannibal wieder ab (Liv. XXVII, 19.); und nun ent=
fpann fi (3. 546) im Senate ein Etreit parüber, ob man den Liv. wegen
des Berluftes der Stadt tadeln oder wegen feiner Behauptung der Burg
beloben folle (ib. 25.); auh M. Livius Galinator ergriff dad Wort für
feinen Verwandten (ib. 34°); der Senat erklärte fih aber darüber incom-
petent (ib. 25.). Den Freunden des Liv., welche behaupteten, Fab verdanfe
den: Liv. (als Burgbefehlehaber) feinen Sieg, erwiberte Fabius: certe, nam
nisi ille amisisset, ego nungvam recepissem (Liv. ib. 25. Gic. de Orat.
II, 67, 273. Cato 4, 11. Blut. Fab. 21.).
10) M. Livius, ®Bater des Salinator; er war mohl derjenige M. Li-
vius, ber mit anderen legati natu maiores den Kurthagern im 3. 536 den
Krieg anfünbigte, Xiv. XXI, 18., denn fein Sohn war damals mit Triumph
und Proceß beichäftigt und M. Liv. Maeatus no zu jung.
11) M. (Polyb. VIH, 19. irrig C.) Livius M.F.M.N. Salinator,
Gof. 535 (Fast. cap. Wafflov., Plin. XXIX, 1.). Beide Goff. bekommen
Sprien zur Provinz, wo Demetrius fi gegen bie Nömer erhoben batte;
die Eoff. unterwerfen fi die Städte von Neuem; ſchlagen ben Illyrierfürflen
in einer Schlacht, erobern und zerflören bie Feſtung, in die er fich zurüd-
gezogen, und nöthigen Ihn ſelbſt zur Flucht, worauf er fpäter getörtet wird,
Polyb. IN, 49. Zonar. VIII, 20. Vgl. App. Illyr. 8. 2iv. XX. XXII. 35.
Polyb. ſpricht dabei immer nur von dem andern Coſ., 2. Aemilius, ebenio
Juſtin. XXIX, 2.; Zonar. dagegen fpricht von beiden, doch ſcheint Zıriuß
— — — —
— —
Livia gem . . 1818
nbebdeutenbere Rolle gefpielt zu haben. Nah Aur. Bict. ill. 50. trium⸗
e de Ilyriis nit blos Nemilius, fondern au Livius; darauf wurden
‚gen peculatus (Aur. Bict.) oder wegen Verkürzung bed Heeres bei
beilung der Beute (Frontin.) belangt; 2. Aemilius wurde dammatione
e ambustus, Xiviud aber von allen Tribus außer der mäciſchen verur-
: (Xiv. XXI, 35. XXVII, 34. XXIX, 37. Frontin. strateg. IV, 1.
Vict. ill. 50.). Liv. nahm dieß fo zu Herzen, daß er auf's Land zog
mehrere Jahre lang die Menſchen mied (Liv. XXVII, 34.). Aber im
44 führten ihn die Eofj. in die Stadt zurüd: sed erat veste obsoleta
loqve et barba promissa; erft ‚die Genforen nöthigten ihn tonderi et
orem deponere et in Senatum venire fungiqve aliis publicis mune-
Lange aber befhränkte er fi auf flummes Abflimmen ober ganz
Erflärung feiner Beiflimmung, donec cognati hominis M. Livii Macati
9.) caussa ihn im. 546 veranlaßte, fein Stillſchweigen zu breden. Das
wurde man wieder aufmerffam auf ihn und fchlug ihn zum Coſ. für's
te Sahr vor. Obwohl er fih unter Beziehung auf feine frühere Ver⸗
{lung weigerte, das Gonfulat zu übernehmen, ging doch das Volk auf
Vorſchlag ded Senats ein, und er wurde mit C. Claudius Nero zum
für 547 gewählt (Liv. 1.1.). Beide waren alte Feinde, und ber herbe,
Livius, durch fein Unglüd noch bitterer geworden, wollte von ber in
gung gebraten Ausföhnung nichts wifen, wurde aber durch den Senat
genöthigt (Liv. XXVII, 35. Aur. ill. 50.). In die Geſchäfte theilten
ch noch vor Antritt ihres Amtes (ib. 35. 36.), fo daß Claudius in
ritalien den Sannibal, Livius im ci8alpin. Gallien ven Hasdrubal bes
fen follte (ib. 35.). Jeder befam zwei Regionen (ib. 36.). Liv. traute
einigen nit recht und ging daher erſt ab, als er ein befjered Heer hatte,
auch von P. Scivio noch Verflärfung erhielt (ib. 38.). Untervefien war
rubal mit unaufhaltiamer Schnelligkeit über die Alpen in Italien eins
ıngen; es galt fih ihm entgegenzuftellen und feine Vereinigung mit
ribal zu verhindern; die Cofſ. zogen auf ihre Poſten, Liv. noch erfült
roll gegen die Bürger und entſchloſſen, fo bald als möglich eine Schladt
efern (ib. 40. vgl. Val. M. IX, 3, 1.). Gin aufgefangenge Brief des
r. an Dann. bewog den Claud., fih mit feinem Gollegen zu vereinigen
13. extr.). Nachts rüdte Claud. ind Lager des Liv. (ib. 45. extr. 46.).
das Andrängen des Claud. entfchließt man fih, fogleih eine Shladt
sagen (ib. 46.). Uber Hasdr. merkte, was vorgegangen war, und
: audzumeichen (ib. 47.), wurde jedoch von ben Römern eingeholt und
Metaurud oder bei Sena zur Schlacht gezwungen (ib. 48.). Liv. bes
te den linken Zlügel dem Hasdr. gegenüber; ein heißer Kampf entſpann
welcher daburh, daß auch Nero von ber Seite her fih auf Hasdr.
‚ zu Qunften der Römer entſchieden wurde; Hasdr. ſelbſt fällt kämpfend
48 f.). Bal. Bo. II. ©. 423. Noch im Sommer zogen beide Coſſ.
ihtig in die jubelnde Stadt ein, und da in Lio.'s Provinz und an
| Tage, da er die Aufpicien Hatte, der Sieg erfämpft worden war, fo
Liv. beim Triumphe ven Borzug, obmohl die allgemeine Stimme bem.
d. das größere Verdienſt zufchrieb, und auch das eigene Heer des Lio.
Elaud. die größere Liebe zumandte (Liv. XXVIII, 9. vgl. Val. M. IV,
). Liv. richtete der Juventas Spiele ein, die er nebſt einem Tempel
:age der Schladt ihr gelobt hatte (Cic. Brut. 18, 73. Liv. XXXVI,
Zur Wahl der Coff. für's folgende Jahr follte ein Dictator ernannt
n, und aud jet wieder trat Glaub. zurüd, indem er den Liv. zum
tor ernannte, wodurch ſich dieſer aber nicht bewegen ließ, ſeinerſeit
Slaud. zum Cof. zu machen (ib. 10.). Als er feine Aufgabe erfüllt
ie Dictatur wieder niebergelegt Hatte, ging Liv. nad Grrurien ab, um
7
1114 YAvia gens
" erheben, melde Stämme an Hasbr. abgefallen felen oder ed beabfichtigi
tten (ib. 10.). Das Imperium wurde ihm auf ein Jahr verlängert unt
er bekam wieder zwei Legionen (ib.), mit melden der Brocof. dem im 3
549 vom Meer ber in Italien eingefallenen Mago nah Arkminum entgegen
iehen follte (ib. 46.). Er z0g von Etrurien nach Gallia cisalp., vereinigte
1 mit Sp. Lucretiud und hielt den Mago in Ligurien feft (ib. XXIX, 3).
eide erhielten im 3. 550 Verlängerung ihres Imperium (ib. 13.). Als
aber Scipio den Krieg nah Afrika verlegte, wurde Mago dahin berufen und
mit Liv. Fam es daher zu keinem Zufammenftoß (vgl. Mago und Bp. I.
©. 657. 658.). Noch im 3. 550 wurde Liv. Cenfor und zmar wieder mit
Claudius. Neben andern Beweiſen ihrer Amtsthätigkeit (vgl. XXXVI, 36.)
führt Liv. XXIX, 37. die Ginführung einer Salzfleuer auf, mit der das
Bolt Höhlih unzufrieden war und deren Ausbedung fle dem Liv. zuſchrieb,
der damit fi für feine frühere Verurteilung habe rächen mollen; er befam
Davon den fpottenden Zunamen Salinator, der ſich auf feine Nachkommen
fortpflanzte, Bei der Genfur ber Ritter hieß Claudius, als e8 an die tribus
Pollia fam, in qva M. Livii nomen erat, sive ex residua et vetere si-
multate, sive intempestiva iactatione severitatis inflatus, M. Livium qvia
populi iudicio esset damnatus, eqvum (publicum) vendere (vgl. ®b. IN.
©. 211 f. 213. 217.). Als dann beim Verlefen die Meihe an die Tribus
von Narnia und den Namen des C. Claudius fam, item M. Lirius vendere
eqvum C. Claudium iussit, einmal gvod falsum adversus se testimonium
dixisset, ſodann qvod non sincera fide secum in gratiam redisset (Xiv. ib.).
Am Schluffe der Eenfur verlas Claud. den Liv. unter den Aerariern und
Liv. ſämmtliche Tribus, die mäcdjhe ausgenommen, qvod et innocentem
se condemnassent et condemnatum consulem et censorem fecissent , wo⸗
von jedenfalls das Eine ein Fehler fein müſſe (Liv. 1.1. Aur. Vict. ill. 5O.).
Unter den 34 Tribus fei auch C. Claudius mitbegriffen, er würde dieſer
gern boppelt zum Merarier machen und ihn noch namentli ala folden ver
lefen, wenn man bafür einen Vorgang hätte (Liv. ib. vgl. Bal. Mar. II,
9,6.). Diefes frivole und allgemein anftößige Benehmen der Genforen mollıe
glei ein Tribun zu Ausbehnung ber tribunicifchen Gewalt benügen, indem
er beide Genforen vor das Vollksgericht forderte, der Senat ſchlug es aber
Bent. um nicht die Genfur vom Volke abhängig zu machen (ib. vgl. Wal.
. VIL 2, 6.).
12) C. Livius Salinator, im 3.551 eurulifcher Aebil (Liv. AXIX,
88.) und im folg. Jahre Prätor (Liv. XXX, 26.), vieleicht verfelbe, ver
nad) Liv. XXVI, 23. im I. 543 zum Pontifer gewählt wurde, und wahr:
ſcheinlich der jüngere Bruder des Vorigen.
13) C. Livius Salinator, Prätor im I. 563 (Liv. XXXV, 24.),
wobei ihm die Ausrüflung und Führung der Ylotte im Krieg gegen Antio>
chus zufiel (Lv. XXXVI, 2. 3. Appian. Syr. 22. 25.); @of. im 3. 566
t.cap. Liv. XXXVIII, 35.). Er iſt wohl berfelbe, der im 3.584 als
ontifer farb (Liv. XLIII, 11.), und ber bei Gic. Cat. 3, 7. als klagend
über die Beſchwerden des Alters erwähnt wird.
14) Livia, Gemahlin des PB. Rutilius, erreichte ein Alter von 97 Jab⸗
sn, Dal. M. VII, 18, 6.
15) (Livius) Drusus, in Eicero’8 Briefen mehrfah erwähnt: ad
Att.11, 7, 3. (3. 695) heißt e8: illa opima (legatio) ad exigendas pecunias
Druso, ut opinor, Pisaurensi (er hatte fi alfo wohl in Biſaurum Gr-
preffungen ober dgl. erlaubt) — reservatur. Im I. 700 Drusus reus est
fsetus (de praevaricatione, vgl. ad Qv. fr. II, 16, 3.) a Lucretio iudici-
bus reiiciendis a. d. V. Non. Quinct., ad Att. IV, 16, 5.; ib. 8. wird
die Anſicht von feiner Unſchuld erwähnt und 15, 9. von Gic. ber Borjag,
| Lvia gem 1115
ı vertheibigen, ausgeſprochen. Als Nefultat wirb ad Qv. fr. II, 16,
gegeben: qvo die haec scripsi Drusus erat de praevaricatione a tri-
aerariis absolutus, in summa IV sententiis cum senatores et eqvites
assent. Im 3. 704 fcheint er Prätor geweſen zu fein, wenigftens
t Cãälius (ad Fam. VIII, 14, 4.): haec risum veni: legis Scantiniae
ı Knabenliebe) iudicium apud Drusum fieri, Appium de tabulis et
agere, und die Baralkeliftung mit dem ebenfo des Verbrechens, wo⸗
er auftritt, ſelbſt ſchuldigen Genfor Appius, wie auch der Ausdruck
Drusum, auffallend, wenn Dr. nur einer der vielen iudices war, ſpricht
ne Auffaffung. Im 3. 709 wid Dr. feine horti in Rom verkaufen
ıtt. XII, 21, 2. 22, 3.), ic. findet den Preis Hoch (ib. 23, 3.) und
fle daher unter denen, zu welchen er Luft Hat, erft in dritter Reihe
XII, 26,.1.). Im 3. 711 wird er als Miturheber eines Senatäbe-
e8, woburd dem D. Brutus zwei Legionen angewiefen werben, genannt
'am. XI, 19.). Als Glied der Senatöpartei wurde er vom zweiten
ivirate proferibirt (Dio XLVIII, 44.), machte die Schlacht bei Philippi
nd töbtete fih dort in feinem Zelte (ib. Vellej. I, 71, 3.). Suet.
3. berichtet, daß ber maternus avus des Tiberius aus der Claudia (in
r er von Appius — oder vielmehr Publius — Claudius Pulcher, dem
n Sohne bed Appius Caecus — f. ®v. I. ©. 407f. Nr. 15. —
ammt babe) in die Livia gens aboptirt worben fei; er wird alfo den °
n Livius Drusus Claudianus geführt haben (vgl. Vellej. II, 94, 1.). Und
iefer Claudianus der Drusus ift, welder bei Philippi ſich töbtete und
3ater der Julia Augusta, d. 5. der Livia, bezeugen ausdrücklich Die 1. 1.
. I. und 75, 3. vgl. Tac. Ann. VI, 51. Seine Tochter
16) Livia Drusilla (Suet. Aug. 62. Tiber. 4. Dio XLVIN, 15.),
m am 28. Sept. (f. Zetronne Recherches pour servir & l’histoire de
jte p. 171. und Recueil des inscriptions I, 85.) des I. 698700,
ın Tiberius Claudius Nero (f. Bb. IE. ©. 424. Nr. 68.), einen Abs
ling des gleihnamigen vierten Sohnes von Appius Cäcus (f. Suet.
3. und Bd. II. ©. 408, 18.) vermählt (Dell. IL, 79, 2. Dio XLVII,
A. Suet. Aug. 62.). Uber zu Anfang des I. 716 Caesar (Octa-
s) cupidine formae aufert marito incertum an invitam (Tac. Ann.
) und ihr Gemahl trat fie nit eben widerſtrebend an den Triumvir
Sio XLVII, 44. Suet. Tib. 4. Bel. 1.1. U. Vict. Epit. 4.), vor
fe zwei Jahre vorher geflohen war (Dio 15. Dell. II, 75, 3.). Sie
damals ihrem Gemahl einen Sohn geboren, den nachmaligen Princeps
ius (f. d.), und mit einem zweiten war fle ſechs Donate ſchwanger,
e fih mit Det. vermäßlte (Zac. 1.1. Div 43. Suet. Aug. 62. Claud.
eü. II, 94 f.). Der Knabe, den fie darauf gebar, erhielt den Namen
s (j. Bd. I. ©. 1271—1273.) und wurde von Det. alsbald feinem
zugeſchickt, der bei feinem Tode (3. 720) für beide Knaben Det. als
ünder beftellte (Dio 44.), in defien Haufe fie nun erzogen wurben.
le den Det. durch ihre Schönheit gewonnen hatte, fo feflelte fie ihn
einnehmendes Weien und Treue (Bal. Mar. VI, 1. praef. Ovid ex
Iv, 13, 29. Tac. 1.1. sanctitate domus priscum ad morem, comis
qvam antiqvis feminis probstum) neben Nachſicht gegen feine Buhle-
(Dio LVIII, 2. Suet. Aug. 71. Tac. 1. 1. uxor facilis), unb burd
eiftige Bleiartigkeit mit ihm, ihre Schlauheit und Verſtellungskunſt
. Calig. 23. Tac. I. I. cum artibus mariti, simulatione filii bene
ysita), wodurch fie eine eben fo zuverläffige als nützliche Genoſſin ver
Oct.'s wurde. (Sie begleitete ihn au oft, wenn er bie Provinzen
te, ac. Ann. II, 34.). Nur in Einem, aber einem weſentlichen
e kreuzten fich die beiderjeitigen Intereffen fo fehr, daß ein Mißtrauen
*
1116 Livla gens
entſtand, das ihn veranlaßte, die wichtigeren Geſpräche mit ihr immer vor
her aufzuzeichnen (Suet. Aug. 84.): in Bezug auf die Sucteifloen; Auguflt
Ehe mit Livia war Einderlos (Suet. Aug. 63), und fo warm jener be
müht war, feinen leiblichen Nachkommen (von der Julia) die Nachfolge zu
verſchaffen, fo confequent verfolgte Livia in der Stille ihren Plan zu Gun-
fien ihrer Söhne. Dur dieſen Lieblingsplan wurde fie gravis in remp.
‚mater, gravior domui Caesarum noverca (Xac. Ann. I, 10.). Schon ven
Tod des Marcellus (f. d ) war bie Volfömeinung geneigt auf ihre Rechrung
zu fegen (Dio LIT, 33.), und entſchieden ihr Werk war die Vermählung
des Tiberius mit der zum zweitenmale verwitiweten Sulia (Suet. Tib. 7.
Dio LIV, 31. 35.). @in noch meitered Feld der Intrigue eröffnere fi ihr,
als fie der Tod von der Gontrole eined Agrippa und Mäcenad und der
Octavia (f. d.) befreit Hatte, nur Auguſts Iochter Julia fland ihre noch tm
Wege: ihr Tiederliches Leben wurde aufgedeckt und fie verbannt (ſ. Octavia
gens). Jetzt konnte Livia ungeftört ihre Ränke fptelen laſſen. Zwiſchen Ti⸗
berius und der Thronnachfolge ſtanden Julia's beide Söhne aus ihrer Ede
mit Agrippa, Caius und Lucius Cäſar: im Februar 757 ſtarb jener und
im Aug. 755 dieſer, C. in Lycien an einer Wunde, die Niemand für tödt-
ih Hielt, 2. in Marſeille an einer Krankheit, von der man vorher Nichts
gewußt Hatte; der Verdacht der Vergiftung fiel daher auf Livia und Tiberius
(Tac. Ann. I, 3. Dio LV, 11. Plin. H. N. VIE, 46 ). Jett endlich wurde
Tib. von Auguſt adoptirt (f. Tiberius). Als Auguft flarb (767), fo regte
fih miederum der Verdacht, als Hätte Livia dad Lebeneende deſſelben frecent:
fih beichleunigt (Tac. Ann. I, 5. Dio LV, 22. LVI, 30. Aur. V Epit.
1.). In feinem Teſtamente mar Ihr ein Drirtibeil feiner Privathinterlaffen⸗
ſchaft vermacht, außerdem die Aufnahme ins jaliſche Geſchlecht und der Name
Julia Aurusta (ſ. oben ©. 484. und Tac. Ann. I, 8 Drei Nr. 613—
618 1320. 1328. 1724. 2937. Racche II, 1, p 1784—1792.). In dem
neuersicteten Wrieflercoßeglum für ven vergörteruen Anguſt wurte fie vom
Senat zur Oberprieſt in ernannt (Dio LVI, 46.). Xirta beſchenkte den
Senator, der den Auguft Hatte in den Himmel auffleigen ſehen, reichlich
(ib.) und erbaute diefem ein Heiligthum (ib.). Mit der 3 hrontefleigung
ihres Sohnes mar fie am Ziel Ihrer Wünfhe; nun glaubte die Claudierm
Ihr Verlangen nah Herrſchaft flilen und dur ihren Sohn ſelbſt herifarn
zu können. Schon bei den Berarhungen Über die Ehrenbezeugungen für Au-
guf harte fie überall Hand und Stimme gehabt (Dio LVI, 47.), und auf
eine Zeitlang nachher noch wurden die Urfunden von ihr und Tib gemein-
ſchafilich unterzeichnet (manchmal von ihr zuerft, f. Tac. Ann. IH, 64.) und
an fle beide abreifirt, und, ven Beſuch des Senats, der Volfe⸗ und Hreret:
verfammlungen ausgenommen, von ihr Alles gethan, als wäre fie die Derr-
fherin (Dio LVH, 12.). Laut fagte fie, daß fie es ſei, die dem Tib ten
Thron verfhafft Habe, und bald drängte fi aud die Kriecherei mit Statuen,
Ghrentiteln u. dgl. an fie heran (vgl. Tac. Ann. IIE, 71. IV, 14. 15. 16.
96. 37.). Uber Tib., eiferfüchrig auf feine Ehre und Macht, fblug Alles
nierer (Dio 1. 1. Suet. Tib. 50.) und mies fie an, ausfhllehlig ihren
hauslichen Geſchäften nachzugehen (Div u. Guet. 1. 1). Aber au fo noch
fühlte er ſich ſo unbehaglich in ihrer Ne, daß er vor ihr aus Nom fid
(def. na Capreä) zurüdgog (I. Div LVA, 12. extr. Tac. Ann. IV, 57.
“ traditur matris impotentia extrusum, qvam dominalionis sociam asperna-
Batur nec depellere poterat cum dominationem ipsam donum eius acce-
pisset, vgl. I, 4.). Wenn auch Beide bei Vorgängen wie Germanicus' I ov
gemeinfame Freude verband (Dio LVII, 18.), fo flanden fie ſth im Allge
meinen do& fo fern, daß er einmal während drei Jahren nur an @inem
Tag fle ſprach (Suet. 51), und Tib. war, als fle endlich nad mehrjährigen
Livinela gens 1117
nfeln (vgl. Zac. Ann. II, 64. 71. IV, 8.) im I. 782 — 29 n. Er.
ſohem Alter (Tac. A.V,1.; Plin. H. N. XIV, 8. gibt 82, Dio LVII,
ar 86 3. an) farb, fo erfreut, daß er ſich gar nicht die Mühe nahm,
conventionelle Trauer zu beobachten (Tac. 2.). Funus eius modicum,
ımentum diu irritum fuit. laudata est pro rostris a Gaio Caesare pro-
ote (vgl. Suet. Cal. 10.), Tac. 1. Ihr Sohn Hlieb von ihrer Leite
: fo fern, wie von ihrem Kranfenlager (Tac. 2. Suet. Tib. 51. Div’
11, 2.): er lich auf fi$ warten, bis der Leichnam in Verweſung über-
ben anfing, und fam dann doch nit (Suet 1.1.); au erklärte er fi
n ihre Gonjerration, angeblich weil fle es ſich verbeten hätte (ib. Tar.
Dio 1. 1.); erft Claudius führte fle aus (Dio LX, 5.), wie auf erft
igula bie von Tiberius wmierlaffene (Dio LIX, 1.) Auszahlung ihrer
ıte vollzog (Die LIX, 2.). Ebenfo mußte Tib. die Ehrenbezeugungen
hintertreiben,, welche der Senat aus Oppofliionefigel, vielleicht au aus
tung vor ihrem großen Geiſte und ihrer zulegt nur mohlthätigen (Vellej.
130, 5.) Wirfiamkeit ihr zuerkannt hatte (Div LVIII, 2. Tac. 2.).
Heißt fle auf Infchriften, bei Oreli 614., Münzen, Raſche II, 2, p.
3. 1791. Ceres, Oreli 618. Raſche 1784. Juno, ib. 1320. Raſche
784. Artemis, Raſche p. 1792., vielleiht au) Venus, ib. 1328. Als
itia, Salus und Pietas auf Münzen, Raihe p. 1782. 1786. Gin aedi-
; templi Divi Ang. et Divae Augustae Orelli 2446. vgl. 2909.
17) M. Livius L. F. Drusus Libo, Coſ. 739 vd. St., Fast. cap.
LIV, 21. vgl. die Golz'ſche Münze bei Raſche II, 2, p. 1780, b.
18) Livia oder Livilla, Tochter des Drufus und der Antonia,
weſter des Bermanicus (f. Bb. II. S. 1273. und Tac. A. II, 84), in
m elfien Jahre im 3. 753 mit Gaius Cäſar, dem Sohn des Agrippa
der Yulia, verlobt, Tac. Ann. IV, 40. II, 3. ‚Suet. Claud. 1. Sonar.
36. Nachher wurde fie an den Sohn des Tiberius, Drufuß, verheis
et, war aber dem Sejanus, mit weldem fie in ehebrecheriſchem Ver⸗
niß lebte (Tac. A IV, 3.), zur Vergiftung ihres Mannes behilfli (ſ.
11. S. 1274 u. Dio LVII, 22.), überlebte ihn jedoch nicht lange; denn
Sejans Sturz war fle fon todt, vgl. Div LVIII, i1. Auch bei Andern
de die Beiguldigurg fleiſchlichen Umgangs mit ihr ıheild Urfache, theils
rmand zur Hinrichtung. ib. 24. extr. Ihr Anderken wurde verfluht,
Bilder zerfchlagen, Tac. A. VI, 2. Auf Inſchriften wird fie erwähnt
Drelt 693. 1724. 2486.
19) lieber Julia Livilla, bie Toter des Germanicus, ſ. S. 489.
20) M Livius M F. Qvir. Optatus, perpetuus flamen gentis Juliae
usti imp. bei Orelli Nr 618.
21) M. Livius Sabinus, Name eined Sreigelaffenen, Orelli 3001
3002. [W.T.] -
Livineia gens, plebejiſch, bekannt nur durch foldde lieber, welche
Beinamen Negulus führten. Der Livineius Regulus, welcher Unter»
hlehaber Cäſars im afrikaniſchen Kriege (I. 707) war (bell. Afr. 89.),
vohl identif$ mit dem L. (Livineius) Regulus, den Gic. ad Fam. XIII,
feinen familiarissimus nennt, cuius calamitas (@rtl?) me officiosiorem
. in illum. Auf Münzen Tommt fein Name deßwegen häufig vor
Raje II. 2, p. 1792—1798), weil er in der Münzcommifflon war
ıtuorvir auro feriundo und Illvir A. A. A. F. F., f. d. Münzen). An⸗
Münzen deuten auf die cura annonae, heißen einen Regulus Pater und
ıs unterſcheiden, von welchen jener praef. urbi war; andere, eine sella
lis und ſechs Faſcen mit der Inſchrift Livineius Reg. oder L. Liv. Reg.
ellend , deuten auf Bekleidung der Prätur im Felde oder der Provinz. ine
t als volfländigen Titel: L. Livineius C. F. Regulus Illvir A. A. A.
1118 Livias Andronlceus
F. F. (auf der Vorderſeite Caesar Imp. mit den Abzeichen bes Vontiſicats),
ſ. Raſche p. 1796. L. Regulus Hatte einen Freigelaſſenen L. Livineius
Trypho (ad Att. II, 17. Heißt ex kurzweg Livineius), der an Cic. währen
feiner Verbannung mitten im Winter Nachrichten überbradt Hatte und von
jenem baber ad Fam. 1. 1. dringend empfohlen wird. Unter Tiberius war
ein Livineius Regulus Senator und vertheidigte den En. Pifo (ſ. Bd. II.
©. 102.) noch, als Undere ihn verließen (Xac. Ann. III, 11.), wurde aber
fpäter aus dem Senat geflogen und wegen Unordnungen, die bei einem von
ihm gegebenen Schaufpiele ausbrachen, verbannt (Tac. A. XIV, 17.). [W.T.]
Livius Andronicus mit dem DBornamen L. (Gell. N. A. VII, 8.
XVII, 21. Feſt. v. surregit. Caſſiod. Chron. T. I. p. 357. @aret.; in»
deſſen könnte diefer entflanden fein aus dem Anfangäbudftaben von Livius,
wie Ofann Anal. crit. p. 21. und Döllen de vita Liv. A. p. 35. annehmen
und dadurch tabula rasa befommen, um entweder die Beitimmung des Bor»
namens abhängig zu machen von der Entſcheidung über die Perfon bes Frei⸗
lafferö, oder dem Andr. überhaupt den Beſitz eines Vornamens abzufpredden,
was aber dur die Zahl ber für L. ſprechenden Stellen nicht ganz wahr:
fHeinlih wird; unbeglaubigt ift jedenfalls der Vorname M., f. Döllen p. 36.,
und auf Verwechslung mit dem SHiftorifer Liv. beruht das — vielleicht auch
kritiſch nicht fihere — Titus bei Hieronym. in Euſ. Chron. ad a. 1830,
DI. 148, 1.), geboren wohl im griechiſchen Unteritalien (Xarent? vgl. Oſann
Anal. p.9f.), worauf auch der Name Andron. führt (vgl. Terentian. Maur.
. 2425. Putſch.: Livius ille vetus Graio cognomine), auch die Notiz des
Beflus s. v. Solitaurilia (wenn bort mit Dfann I. 1. p. 10—18. Livius
— utpote Graecus Graeco more usus zu leſen ift ftatt Ennius), ebenjo mas
Suet. de ill. gr. 1. vom Griecchiſchſprechen des Andr. erzählt, enblih bie
Angabe des Attius (bei Gic. Brut. 18, 72.), daß 8. bei der Eroberung
Tarentd zum Gefangenen gemadt worden fel, was aber nit (mit Attius)
auf dad 3. 545, fondern auf die erfte Eroberung im I. 482 zu beziehen
iſt (Oſann p. 24 f. Dünger p. 4 f. Döllen de vita L. A. p. 26.). Bon
Tarent brachte der junge Andron. griechiſche Bildung und Literaturfenntnig,
und wenn auch nicht nothwendig ſceniſche Uebung, fo bo Talent zum Schau⸗
fvieleer nah Nom mit (vgl. Dölen p. 23, bei. not. 16.). Gier war er
Sklave eined zur Livia gens Gehörigen, und zwar, menn man den Bor
namen 8. als ſicher annimmt, eines (unbekannten) L. Livius (Dünger p. 3.),
befien Kinder er nad Hieron. 1. 1. unterritete und von dem er zum Dante
freigelafien wurde (ob ingenii meritum, ib.), was um's Jahr 510 Gtaıt
gehabt haben muß (daher kann der Herr und Freilaſſer weder M. Lirius
Macatus gewefen fein, ber im I. 540 Präfert von Tarent war, noch ©.
Livius Salinator, Coſ. 566, — welde Beide Dfann p. 18 f. und Dünger
p. 3. vermechfeln —, noch auch mohl ohne eine Reihe von millfürlihen und
umwahrſcheinlichen Annahmen der fpäter (in der Zeitſchr. f. Alı.-Wiff. IH.
©. 958—962.) von Oſann und dann von Döllen p. 23—32. vorgefchlagene
M. Livius Salinator, Eof. 535 und 547, obwohl die übrigens irrige Nach⸗
richt des Attius bei Cic. 1. I., daß Andron. bei Gelegenheit der von dieſem
Livius gelobten Spiele fein erſtes Stück aufgeführt habe, auf eine Berbin-
dung zwiſchen beiden führen könnte, f. Dfann a. a. O. ©.960.). Denn als
Andr. als Dichter und Schaufpieler in Einer Perfon (vgl. Liv. VII, 2, 8.
Pal. Mur. II, 4, 4. Evanth. de trag. et com. Feſtus s. v. scribas; aud
das Componiren umfaßte damals no die ſceniſche Darſtellung, wenigſtens
rühmt Cic. de Legg. II, 15, 39. die iucunda severitas der modi Liviani)
aufırat, mußte er bereitö frei fein, und jenes gefhah zuerf im J. 514. St.
Gic. Brut. 18, 72. nad Atticus und antiqvis commentariis, v»gf. Cato mai.
4, 50. Tusc. I, 1, 3., wo ungenau 510 angegeben if, ſ. Oſann p. 40.
Livius Andronicus " _ 1119
N. A. XVII, 21, 42f. und im Allgemeinen Oſann p. 39—50. Dünker
—7. Döllen p. 36—44.). Andr. ift fomit der ältefte Dichter der Nds
wie ihn 3. B. indirect Quinctil. X, 2, 7. nennt; directere Zeugniffe
i Bothe poet. sc. lat. V, 1, p. 1—6.). Ob fein erfles Stüd eine
öbie (Ofann Anal. p. 5052.) ober Tragödie war, laͤßt ſich nicht
seiden (Döllen p. 44 f. gegen Dfann) und die Nachricht des Attius (1. 1.),
die Aufführung bei den Spielen zu Ehren ber Juventas erfolgt fei, bes
auf einer Verwechslung, f. Ofann p. 56—59. Döllen p. 45—47. u.
Madvig opusc. I, p. 102 f. ‘Bet feinen Zeitgenofien fanden feine Stüde
en Beifall, daß Andron. von feinem oftmaligen Auftreten heiſer wurde
einen Süngeren mit auf® Theater nehmen burfte, der bie Recitative
"ug, während Andre. fih auf die pantomimifche Begleitung befchränfte,
vH, 2. Bal. Dear. II, 4, 4. Sonft aber fand er in feiner Zeit we⸗
der herrſchenden Geringihäßung der Literatur und feiner niedrigen Stel-
wenig Anerkennung (nur die Belohnung für ein religiös-politifches
icht beffelben, Feſt. s. v. scribas, madt davon eine Ausnahme), und
r wurde er und feine Stüde durch glänzendere Nachfolger verdunkelt und in
zeffenheit gebraht (Dfann p. 2—9. Döllen p. 13—20.), -fo daß Orbilius
ützung feiner Gedichte (Hor. Ep. II, 1, 69 ff.) eine perfönlihe Caprice geweſen
ein ſcheint. Lieber die Lebenẽdauer deflelben berichtet Cic. Cato mai. 14,
daß er aetate processit usqve ad adolescentiam bed im I. 520 ges
nen Gato, mad bei ver Weite bed römifchen Begriffd von adolescentia
[ vereinbar ift mit der Angabe von Liv. XXVII, 37. vgl. XXXI, 12.
.v. scribas, wonach Andr. im 3.547 noch Iebte und fomit um's I. 550
‚ben fein könnte. Andr.'s Titerarifche Leiftungen gehören vorzugsweiſe
dramatifchen Gebiete an: fein Hauptverdienſt war, daß er neben ben
n nationalen Improvifationen ber Saturae eine funftmäßigere Gattung
mmenhängender Stücke aufbrachte (Xiv. VII, 2.: ab saturis ausus est
nus argumento fabulam serere); und mwenn biefe zunächſt au im Ma»
fen von den Griechen entlehnt und im Zormellen ungefäliffen waren
ı dem Hymnus iv. XXVII, 37.: illa tempestate forsitan laudabile ru-
ıs ingeniis, nunc abhorrens et inconditum, vgl. Livianae fabulae non
s dignae qvae iterum legantur, @ic. Brut. 18, 72.), fo war doc ein
ang gemadt, auf den fih weiter hauen ließ. Dem literarifh gänzlich
eübten und gleichgiltigen Wolfe gegenüber wird Andr. felbft die Unter⸗
dung befonderer Arten von Dramen nicht bervorgefehrt haben; erft eine
e Zeit verficherte ausdrücklich, daß Andr. neben Tragödien auch Komö⸗
geſchrieben habe (ſ. Diomed. III, p. 486. Putſch. Cafflod. Chron. I,
357. Schol. zu Hor. Ep. II, 1, 69. Raban. Maur. de atte gramm.
p. 46. B. vgl. &yp. de magistr. I, 40.) und @uanth. de comoed. et
. p. LVII. Wefterh. fagt fogar: Comoediam et tragoediam togatam
ı0 Livius Andronicus reperit, vgl. Dfann p. 44. Dünger p. 10. 12.
kennen noch folgende "Titel von Stüden deſſelben (I. Welder gried.
g. ©. 1368 ff.): Achilles, (Adonis?), Aegisthus (f. Döllen de fabula
i A. qvae inseribitur Aeg. Riga 1838. 4.), Aiax, Andromeda, Antiopa,
tauri, Eqvus Troianus (zweifelhaft, |. Döllen vita L. A. p. 18—20.
ve, de rei sc. or. p.84—89. Dfann Anal. p.3 ff. Zeitihr. f. AW.
967 f.), Gladiolus, Helena, Hermiona, (Ino), Laodamia oder Protesi-
(wahrſch. vielmehr von Lävius verfaßt, f. Oſann geitfhr. S. 970.),
ius, Nummularia, Tereus, Teucer (ober Telamo), Teuthras, Virgo
ifelhaft, f. Dfann Zeitſchr. S. 971 f.); außerdem das oben ermähnte.
it (Liv. XXVII, 37.) und eine latein. Bearbeitung der Odyſſee im fa-
iſchen Verömaße (Bell. N. A. XVIH, 9. vgl. Ofann p. 31. 33—36.
&. Hermann Doctr. metr. p. 617 ff. Dünger p. 13—15. und de
4120 Livieas
versu Sat. p. 40 f.), son welder Cic. 1. 1. fagt: Odyssen letina ost sic
tangyam opus aliqvod Daedali. Die wenigen Sragmente des Andr. find
zujammengeflelt in ven Sammlungen der röm. Dramatiker von R. und H.
Sterhanus, Delrio, Scriverius, Mattaire, 8. 9. Bothe (Tom. V.), im
Theätre complet des Latins par Levee, augment& par Duval, tom. XV.
u. bef. von $. Dünger, L. Livii A. fragmenta collecta et inlustrata. Diss.
inaug. Berl. 1835, 94 ©. 8. vgl. die Rec. von Dfann in Stier. für Alt. Wiſſ.
1836, Nr. 119—121. ; über das Leben von Liv. A. ſ. außer den älteren Werken
von Sagittarius, Lil. Gyraldus (de poet.), bef. Djann Analecta critica
(Berl. 1816) p. 1—28. (de L. A. vita disputalur), Stieve de rei scenic.
ap. Rom. orig. (Berl. 1828) p. 68—90. &. Megel div. vir. doct. de re
tragica Rom. iudicia sub examen vocata (Bött. 1834.4.) p. 35 ff. Dünger
p. 1—18. A. 8. Döllen, de vita Livii Andr. dissertatio, Dorpat 1838.
526. 8. Kraufe röm. Lit. Geſch. IL. ©. 121 ff. Bähr 6. 38. [W.T.]
Livias aus Patavium, jener alten Stadt In dem fruchtbaren Flach⸗
ande des untern Po, welche fih eines mit Rom verwandten lrfprunges
rühmte, die alten tyrrheniſchen Emporien am Audflufie des großen Stroms
bald überflügelte, und zu Strabo's, alfo au zu Livius’ Zeit durch GEin-
wohnerzahl, worunter eine damalige Schätzung 500 Nitter ergeben Hatte,
fo wie durch Iebhaften Handel und Inbuftrie, deren Producte meiftens nad
Nom gingen, blühete. Es hatte damals bie volle Eivität, fo daß alfo Li⸗
vius als römifher Bürger heranwuchs. Gr farb nad Eufebius im vierten
Sabre Zibers, d. 6. im I. d. St. 770 (in vemfelben Jahre mit Ovid), in
einem Alter von 76 Jahren, mar alfo geboren im J. 694; alſo fiel feine
Jugend in die Zeit der letzten Bürgerfriege, fein beſtes Alter In die Regie⸗
sung Auguſts. Wenn Martial fagt Epigr. I, 62. censetur Apona Livio
suo tellus, fo liegt darin, mie ſchon Eluver bemerkt bat, nichts meiter, als
daß er Paduaner war, deren Gebiet in der Aponiſchen Warmquelle (fons
Aponus, Aquae Patavinae) eine vorzüglige Autzeihnung beſaß. Zu ver-
muthen ift, daß feine Familie begütert und angeſehen, vielleiht ritterlichen
Standed war; wenigflens würde ſowohl feine Bildung als feine Unabhängig»
feit und die nahe Stellung, bie er in Ram zu Auguſt hatte, dazu pafien.
Auch darf man annehmen, dag dieſe Familie, wie die Papuaner damals
überhaupt (@ic. Philipp. XII, 4.), der Pompejanifhen d. h. republikaniſchen
Partei folgte, fo daß Livius in den Anſichten groß wurde, bie er bernad,
unter Auguft, in feinem Werke zu bekennen nicht anfland. Was feine Bil-
dung betrifft, fo müflen wir und ihn vorzugsmeife mit rhetoriſchen und phi⸗
loſophiſchen Studien beſchäftigt denken; In beiden nannte ihn die fpätere Zeit
unter den auögezeichnetfien Autoren. Aber auch die Geſchichte nahm ibn
ficher früh in Anſpruch, zunächft wohl bie feiner Vaterflabt *, dann bie rös
mifche überhaupt, melde im Ganzen zu beichreiben bald das Ziel feines
ganzen Ireibend wurbe und bie beſte Zeit feines Lebens in Anſpruch nahm.
Früh muß er deshalb nah Nom gegangen fein und ſich im bie dortigen Zu⸗
fände, Monumente und ben ganzen hiſtoriſchen Horizont der Weliſtadt ein»
gelebt Haben, die unter Auguft nit allein die zu einem folden Werke
nöthige Ruhe, fondern au die manchfaltigſten litteräriſchen Anregungen
darbot. Daß er zwifchen ven Jahren 725 und 729, in den erflen Regie⸗
rungsjahren Augufs, wo er felbft in den Dreißigern Rand, wenigſtens mit
den erflen Büchern befäftigt war, folgt aus I, 19.: Bis deinde (Janus)
clausus fuit — — — iterum, quod nostrae aetati Dii dederunt ut videremus,
® Daß vivlus in der Patavinifchen Befchichte wohl bewandert war, zeigt X, 2.
Yus Patavinifcher Ueherlieferung ober dortigen Urkunden ſtammt vienticht and, ber
ihm eigenthumliche Excurs Aber Die Wefchichte ber Gallier in Italien, V, 34 8.
T. Livias 1121
bellum Actiacum ab Imperatore Caesare Augusto*. Octavian heißt
hm immer Auguſt, welden Namen der Kaijer erfi im I. 727 befam
orin. e. 21. &dhel Doctr. Num. T. VI. p. 83.). Er fland mit dem⸗
ı in freundſchaftlichem Verhältnifie: die Aeußerung IV, 19. Eönnte im
de eines Hiftoriferd beinahe Schmeichelei fein. Indeffen mußte Livius
Inabhängigkeit feiner hiſtoriſchen Anfldhten zu behaupten und Auguſt
anzuerfennen, Tacit. Ann. IV, 84. T. Livius, eloquentiae ac fidei
larus inprimis, Cn. Pompeium tantis Jaudibus tulit, ut Pompeiabum
Augustus appellaret. Neque id amicitiae eorum offecit. Scipionem,
ium, hunc ipsum Cassium, hunc Brutum nusquam latrones et par-
is, quae nune vocabula imponuntur, saepe ut insignes viros nominat.
: wagte von dem götiliken Cäſar, dem auf Öffentlihem Marfte Tempel
Iltar errichtet war, zu fagen: in incerto esse utrum illum magis nasci
blicae profuerit an non nasci, Senera Natur. Quaest. V, 18. G®eniß
er mit allen denkenden Batrioten der Zeit der Uebergeugung, daß das
feiner eigenen Wucht in allmäliden Agonien zufammengeiunfene Rom,
es ald Staat. gerettet merden, der Monarchie bedürfe. Daß ihn aber .
Schmerz über die Gegenwart am Kerzen nagte und er nur in feinem
e, in der Erforfehung und künſtleriſchen Geflaltung der glorreihen Ver⸗
nbeit Ruhe finden mochte, fagt er jelbfi, Prooem. lib.I.: ego contra
juoque laboris praemium petam, ut me a conspectu malorum, quae
a tot per annos vidit aetas, tantisper certe dum prisca tola illa
e repeto, avertam; amd baffelbe liegt wohl auch in der Neußerung,
e der ältere Plintus aus dem weiteren Verlaufe des Livianiſchen Werkes
rt, Prooem. Hist. Nat.: Profiteor mirari me T. Livium, auctorem
errimum, in Historiarum suarum, quas repetit ab origioe Urbis,
am volumins sic orsum: Satis iam sibi gloriae quaesitum et potuisse
'sinere, ni animus inquies pasceretur opere, was Blinius ihm etwas
ıft als Egoismus anrechnet. Es mußie jener Band, den er mit foldhen
ichtungen eröffnete, einer der legten feines Werkes fein, dad er alfo in
nen Abſchnitten hatte bervortreten laſſen. Der Ehre hatte er damals
8 reihlid Genüge geiban, wie wir dieſes auch aus einer gelegemlichen
be bei Plinius Epist. II, 3. wiſſen: Nunquamne legisti Gaditanum
ıdam T. Livii nomine gloriaque commotum ad visendum. eum ab
o terraram orbe venisse statimque ut viderat abiisse? gl. Hieron.
d Paullin. Vol. II. p. 568. ed. Martian. ** Auch if ein Beweis
Anſebens, daß er auf die Iugenpbildung bes nacdhmaligen Kaiſers
tus Ginfluß hatte, Sueton. Claud. c. 41.: Historiam in adolescentia
nte T. Livio, Sulpicio vero Flavo etiam adiuvante, scribere aggressus
Daß er einen Sohn binterlaffen und in welhem Geiſte er —5 — Bils
leitete, fleht man aus Onintil. Inst. X, 1: Fuerit igitur brevitas
ıtissima, quae est apud Livium in epistola ad filium scripta: Legen-
\emosthenem atque Ciceronem, tum ita, ut quisque esset Demostheni
ceroni 'simillimus. Sein Tochtermann hieß Lucius Magius, der als
er feiner Zeit ein Publikum hatte, aber mehr um des berühmten Schwie⸗
'er8 als um feiner felbft millen, Seneca Controv. Prooem. lib. V.
rben ift er, wie Cuſebius bemerkt, in feiner Vaterſtadt, wohin er ſich
Dabei Bann bie Hypotheſe Niebubr’s, Nöm. Geſch. III, 327., Livius babe das
uch nach Druſus' Seldsigen, über fünfjsig Jahre alt, geſchrieben, nicht, wohl
n.
° Yus Suidas v. Kogvoüros pflegt man zu folgern, daß Livins erſt nach feinem
recht zus Aufehen gekommen fel, was aber nicht in jener Stelle liegt. Daſſelbe
: von Horaz im Vergleich mit fchlechtern Dichtern ber Zeit gefagt werben,
ily, Real⸗Encyclop. IV. 71
⁊
1122 T. JArlas
vermuthlich in feinen alten Tagen zurückgezogen hatte*. Im Jahr 1413
wollen die Pabuaner feine Ueberreſte gefunden haben, denen zu Ehren ia
$. 1548 ein Maufoleum des Livius errichtet wurde, wobei aber eine falſch
verftandene Inſchrift zu Grunde liegt, f. Tomafln. T. Livius cap. EX ff.
und Morhof de Patavinitate Liviana cap. III. Bon feinen Schriften if
Im Berbälmig zu dem, was fie urſprünglich gewefen, nur wenig erhalten.
Das Hiftorifhe Werk Hatte 142 Bücher (nicht 140, wie fon Petrarca bes
merkt; im Auszuge ‚gibt es nur 140 Bücher, aber e8 fehlt die Epitoma
von 136 und 137, f. Sigonius und Drafenb. zu epit. lib. CXXXVE.) und
umfaßte die Geſchichte Roms vom Urſprunge der Stadt bis zum Tobde des
Drufus. Der Titel wird gewöhnlig nah Gigonius’ Borgange Historiae ab
Urbe condita gefhrieben, und fo nennt au Blinius a. a. D. das Wert,
Alſchefſski aber ift neuerdings zu der Ueberſchrift Titi Livi Rerum Romana-
rum ab Urbe condita libri zurũckgekehrt. Wenn Livins ſelbſt gelegentlich
XILVIII, 13, 1. fein Werk Annales nennt, fo find dort wohl zunähfl nur
die Sronikenartigen Notizen zu Ende jedes Jahres gemeint. Er ſelbſt citirt
einzelne Bücher oder volumina VI, 12, 2. und X, 31, 10. Die Siniheilung
in Decaden iſt wahrſcheinlich keine urfprünglide; fle rührt entweder von den
Bisliopolen her, melde ed decadenweiſe abſchreiben Tießen, oder von der
unferem Texte zu Grunde liegenden Recenflon des Nicomachus und Baleria»
nu. Auch die andern älteren Autoren citiren nah Büchern; becadenmeiie
citiren zuerft der Papft Gelaflus ep. adv. Andromachum 6. Baron. Annal.
Eccies. 3. 3. 496 und ein altes Martyrologium des h. Sebaſtian: Som»
machus, Sidonius, Wilhelm von Malmesburg und Aponius (in Canticum
Canticorum) kannten no das vollſtändige Werk, aber au die fehr alte
Wiener Handſchrift, die lib. XLI—XLV. enthält, bat no die Unterſchrift:
Titi Livi ab Urbe condita lib. XLV explicit. Incipit lib. XLVI feliciter,
fo daß alfo wenigftens die fünfte Decade vollſtändig war. Für uns aber
find blos 35 Bücher erhalten, vie erfle, dritte und vierte Decade und von
der fünften die erfte Hälfte. Bon einem Wieberauffinden ver verlorenen
Thekle ift zwar-oft bie Rede geweſed; bald wollte man einzelne Theile, bald
das Banze nachweiſen können; aber ed haben ſich folde Gerüchte immer
ungegründet erwiefen, f. bie Notizen bei Morhof de Patavinilate cap. I. **
Erſt in neuerer Zeit, im 3. 1772 if es geglüdt, in der Vaticana ein Frag⸗
ment des Yiften Buches aufzufinden, welches im 3. 1820 vollſtändiger und
verbeffert von Niebuhr Herausgegeben worden ift. Doch geben für das Berlorene
einigen Erſatz Die argumenta von 140 Büdern, melde gemöhnlid dem
Florus zugefäätieben werben, aber nur aus dem Grunde, weil fie in den
ML. und älteren Außgaben dieſem Schriftfteller oder fonft einem der kleineren
Siftoriker angehängt zu fein pflegen. Außer diefem Hauptwerke hatte Livins
* Er. Kruſe de fide Livii $. 16. ſucht nachzumwelfen, daß er fein Bere, wes
nigſtens -Die erfie Decade, zu Patavium geſchrieben. Pighius (bei Tomaſin. T. Liv.
0. 23.) behauptet, daß Livind, wie viele andere berühmte Gchrifiielier Roms, Fa
oft nach Neapel zurüdgegogen babe, ich weiß nicht, aus welcher Quelle.
“ Bol. and das Schreiben des Pogsio bei Oreſſi Ind. lectt. Porio. 1835. p. 10.
Unter den von Morbof gefammelten Rotigen (ed. Drakenb. Vol. XV. Stuttg.) vers
dient die ans Colomeſius reeueil de partionlaritez als characterifiifh für die Urt,
wie alte Handfchriften noch in Zeiten ſchon verbreiteter Bildung zu Grunde gingen,
beſondere Beachtung : Jay oui dire a M. Chapeclain, qu’un de zes ami«, homme
de leitres, avdit joue a la longue paume aveo un battolr, sur lequel ne voyoient
des fragmens de quelques Decades de Tite Live, que nous n’avoas point, et
que ces fragmens venoient d'un Apotecaire, qui, ayant eu en don des Reli-
gieuses de Fontevront plusieurs volames en parchemin da mesme autear, les
aveit vendus par ignorance & un faisseur de battoirs.
— und Dialoge herausgegeben, denen Seneca nächſt ben
pbifchen Schriften Cicero's und Aſinius Pollio's den dritten Plah
't, Epist. 100, 1. Nomina adhuc Livium. Scripsit enim et dialo-
juos non mägis philosophiae adnumerare possis quam historiao, et
fesso philosophiam continentes libros, gewiß in ber moralifirenden
chen Weile, wie fie bei den Roͤmern am beften gedieh. Zur näheren
acteriftik des Hauptwerk faflen mir zunächſt feine allgemeine
fung der geſchichtlichen Aufgabe ind Auge, um baran ferner einige '
kungen über deren Durchführung im Beſondern, über feine Darſtel⸗
veife in oratoriſcher und fliliflifcher Hinficht, und endlich über die hiſto⸗
Studien des Livius, fein Berbältniß zu den früheren Hiſtorikern und
‚ine Glaubwürdigkeit hinzuzufügen, Sein allgemeiner hiſtoriſcher Stand⸗
ift der des pragmatiſchen Geſchichtſchreibers, d. h. es iſt ihm bei der
hte nicht die Objectivitaͤt der Thatſachen die Hauptſache, ſondern das
lariſche derſelben, das Lehrreiche und Vorbildliche, was in den Er⸗
n liegt. In dieſem Sinne ſagt er in dem Vorworte zum erflen Bud:
ı mihi pro se quisque acriter intendat animum, quae vils, qui
fuerint, per quos viros quibusque artibus domi militiaeque partum
tum imperium sit. — Hoc illud est praecipue in cognilione rerum
> ac frugiferum, omnis te exempli documenta in inlustri posita
ıento intueri: inde tibi tuaeque reipublicae quod imitere capias,
vedum inceptu, foedum exitu, quod vites. Die roͤmiſche Geſchichte
er, weil grade biefe Gefhiäte ihm wie feine rei an großen Bei⸗
zu fein fin. Dod ift er frei von jenem Pebantiömus, der fi
er minder ſchwungvollen Geflnunung fo leicht neben der pragmatiſchen
lung einſchleicht. Es fügte ihn dagegen fowohl fein poetiſcher Sinn,
ch die zarte: Züge der Gage dort zu ſchonen wußte, wo bereits ſeit
> ein grober Gußemerismus in der Geſchichte Roms fich eingeniſtet
datar haec venia antiquitati, ut miscendo humana divinis primordia
ı augustiora faciat), als auf feine wohlthuende Sympathie mit allen
n und religiöjen Motiven ver geſchichtlichen Handlung Wenige Hi⸗
: haben einen fo Ichendigen Sinn für jede ausgezeichnete Jadividualität,
"mit Tichevoller Singebung erfaßt, durch alle m: Auftritte vefelg
it lebendiger Gharacteriil vom der Bühne zu entlafien pflegt:
ihon vie Alten dem Lirins nadigeruhmt Haben, f. Seneta Suasor. m
s magni alicums mors ab historicis narrata est, toties fere tolius
nmatio vilae ei quasi fanebris laudatio redditur. Hoc semel stque
a Thucydide fsctam: idem in paueissimis personis 8
io Livius benignius emnibus magnis viris praestitit. Derfeibe furz
— ne ae Aare. du
bes Gefühle, —— ————
dignetur sibi Heredetus aeqmarı T . Liviumm,
Iztie clarissimiqee candorie (ner egmilie Auternd fr Die Zugeab
nüurhe), tum in concienibes supra quam enasrzri potest eloquentem; ia
ır ommia cam rebus tum personis accommedata. Bed allectus quidem,
‚ue ess, qui sunt dulchores, wi parciseime dicam, nemo histericorum
ndavit magis. ara dr ne Genie
[dyer er wuwsrıhaze Zara anumerlen Aeg, gu
Der beit. Eienper EEE Peer een rend ern
n6 Gener (hun. Unser Deu Zatteru 5. WB. Acches de suspecte Lirtl Bde
1124 m Tärlus
fonbern fie aus biefer feiner Gigenthümlichkeit ableiten und für Glaub
nehmen, denn in ſolchen Beiden offenbarte ſich nah römiſchem Glauben bie
über der Geſchichte ſchwebende Gottheit. Liolius ſelbſt wollte in Anfehung
foicher Aufzeichnungen Lieber den Vorwurf eines altfränkiſchen Sinnes aui
AH nehmen, als diefe von den Vorfahren aufs forgfältigfte beobadkteren
Symptome der Vorfehung außer Act laſſen: XLII, 13. ceterum et mihi
velustas res scribenti nescio quo pacto antiquus fit animus ei quaedam
religio tenet, quae illi prudentissimi viri publice suscipienda censuerint.
ea pro dignis habere quae in meos annales referam. lleberhaupt ift dem
Livius Die Geſchichte überall nicht blos Realität, fondern Drama, ein leben»
diger Borgang, den er mit poetifhem Sinne ergreift und allerdings mandmal
In einer -Weife behandelt, die an den hiſtoriſchen Roman ſtreift. Er ſucht
effectuollere Situationen, die er dann mit großer oratorifher Kunſt auszu⸗
malen verſteht, 3. B. glei die Schilderung von der Zerflörung Alba Lon⸗
ga's I, 29. Eben dahin gehören vie Reden, vie er nach der allgemeinen
Weiſe antiker Geſchichtſchreibung feinen Perſonen in den Mund legt, aber
weder im Uebermaße noch dem Gharacter der Zeiten unangemefin, wie Dio-
ayflus, in den fpüteren Zeiten auf gewiß auf Grundlage wirklich gehaltener
Neben, 3. B. wo Gate redet. Duintilians Lob diefer Meben ift ſchon an-
geführt; dem Trogus VBompejus fehlen bei anderer Geſchichtsauffafſſung fo
wohl Livius als Galıft in dem Unterlegen eigner Reden als wirklich ge
baltener zu meit zu geben, Juſtin XXXVIII, 6.* Auch bei feinen Schladcten
iR es mehr auf Schilverung als auf takliſche Genauigkeit abgeſehen. Den
feinen Sinn für Gharacteriftit aber bemerft man bei ihm auch in der Anf-
faffung nationeller Eigenthümlichkeiten 3. B. der galliichen Nation, auf melde
ihn Roms Geſchichte immer von Neuem, zulegt in Kleinaflen führte, und die
er fo treffend aufgefaßt bat, daß ſich noch die jegigen Nachkommen dieſer
Nation oft getroffen gefühlt haben (Morhof de Patavin. c. 2. Joͤcher, de
susp. Liv. fide $. XVIN.). Ginen befonvern Reiz hat das Livlaniſche Weit
endlich noch infofern, als es wie Rom jelbft mit der Stadigeſchichte anfängt,
dann das Theater der Begebenheiten immer größer wird, bis das Werk zu
legt zur Univerfalgefhihte wird, ein Genuß, der uns freilich durch den
Berluft gerade derjenigen Abfehnitte, die der Verfaſſer für die wichtigſten
bielt und wo er feine Kunft am meiften gezeigt haben wird, gar jchr ver
kümmert iſt. Im Ginzelnen iſt der Stoff bekannilich jahresweiſe Diironirt:
bie Begebenheiten im Felde und die bebeutenderen Vorfälle daheim werden
ausführlih beſprochen; zum Schluß bed Jahres chronikenartige Notizen aus
ber Stadt» und Verfaffungsgefhichte. Lieber den Stil des Livius finden mir
bei den Alten, die ihn bald zu den Haffligen Veteres rechneten (Bel. Bat.
I, 17.), Häufige Bemerkungen, zum heil beurtbeifende, zum Theil refe-
zirende. Bezeichnend iſt mas Seneca Controv. XXIV. erzählt, daß Livins
ben Saluft nicht leiden konnte, der im Stile allerdings ebenfo ſehr das
Begentheil von der heiteren und anmwbigen Bülle feines Nebenbublers if,
als er In feinem Charakter, ver ſich nach einem leidenſchaftlichen Leben ge
waltſam geſetzt hatte, von Livius verfieden fein mochte. Widermwärtig waren
diefem, wie dem Horaz und Lucian, überhaupt diejenigen, qui verba 'anti-
qua et sordida consectantur et orationis obscuritatem severitatem putant,
nah Seneca Controv. XXV., was auch auf Afinius Polio gegangen fein
mag. Wer feine Mufler waren, flieht man aus dem oben mitgerheilien
5. VIII. Biel Gutes über die Geſinnung des Livind bei Ebitl, T. Livins im feiner
Geſchichte, Münden 1832. 4,
® Bel. Aber bie Reden bei Lirius Krufe de fide Livii 6.6, Lamann de fon-
tibkus Liv. I. p. 130 ff. AM. p. 11 f.
Tr. Livius 4185
‚fragmente an feinen Sohn. eine Urtheile über feine Eigenthümlich⸗
ı finden ſich bei Quintilian, 3. B. X, -1.: neque illa Sallustiana bre-
‚ qua nihil apud aures vacuas atque eruditas.. potest esse perlectius,
. occupalum variis cogitationibus iudicem et saepius ineruditum cap-
ı nobis est, neque illa Livii lactea ubertas satis docebit eum, qui
speciem expositionis, sed fidem quaerit: wo lactea ubertas die etwas
trömende Yülle, species expositionis aber dad epibeifiiih Oratorifche
Ausdrucks bezeichnet.” Später folgt bie bereit angeführte Parallele
divius mit Herodot, eine Vergleihung, welche infofern nicht zutrifft, als
bei Herodot eine Naiverät und Einfalt findet, welche Livius vermöge
er Zeit und Bildungsmweife unmöglih Haben konnte; abgefehen davon,
Herodots, des Vielgereiſten und Bielverfuchten, Bildung eine weit um⸗
idere mar ald die des Livius. Ferner II, 8. der gute Rath, Livius
Kindern, Salluſt erſt bei vorgerüdterem Alter den Zöglingen in die
ve zu geben. Endlich die oft beiprochenen Stellen über die Batavinität
Bivius: Quintil. I, 9. Peregrina porro ex omnibus prope dixerim gen-
;, ut homines, ut instituta etiam’multa, venerunt. Taceo de Tuscis
ıbinis et Praenestinis quoque; nam ut eorum sermone utentem Vec-
Lucilius insectatur, quemadmodum Pollio deprehendit in Livio Pa-
ıitatem: licet omnia Italica pro Latinis habeam. Und derfelbe VII, 1.:
a anus Theopbrastum hominem alioqui disertissimum, annotata unius
tatione verbi hospitem dixit, nec alio se id deprehendisse interrogata
ondit, quam quod nimium Attice loqueretur. Et in T. Livio, mirae
ndiae viro, pulat inesse Pollio Asinius quandam Patavinitatem. Wir
anfen Dielen Stellen vie audgezeichnete Abhandlung von Morhof de Pa-
‚itate Liviana, zuerfi Kiloniae 1684. Man hat jenen Ausbrud auf
verfchiedenartigfle Weije erklärt, ba doch im Zufammenhange jener beiden
len deutlich Liegt, daß Vollio eine ſtiliſtiſche Eigenthümlichkeit dadurch
chnen wollte. Der Gegenſatz zwiſchen urbanem und provincialem Latein
damals zwar factiſch auſgehoben, da in Rom die Provincialen von allen
en zuſammenſtrömten und gerade dieſe in der Literatur jetzt bie thätigſten
m; aber dennoch müflen dem feineren und von Kind auf an ſtädtiſch⸗
iſche Bamilientradition gemöhnten Beobachter gemwiffe Ipiotiemen tes
achgebrauchs bemerkbar geweien fein, die aber wir, wie Morbof mit
t bemerft, unmöglih noch auefindig machen Fönnen. Uebrigens war
io ein ſcharfer Kriiker, der an ven meiſten Stimmführern der Kiteratur
3 auszuſetzen hatte. Zur fpecielleren Charakteriflik des Livianifchen Stils
Sprachgebrauchs gibt Hand Einiges, Lehrb. des lat. Stils $. 22., vol.
ar Theorie des lat. Stils ©. 8., indeſſen wird fi Hier, beſonders
ı Listinus duch Alſchefeki in einer möglichſt authentiſchen Geftalt vor»
‚ Dandes no genauer beftimmen laflen. Was envlih die Glaubwür⸗
'eit des Livius und feine Quellen berrifft, fo muß man fi hüten, von
m Hiftorifer mehr zu verlangen als er zu geben Willens oder vermöge
r Bildung fähig IR. Diele iſt mehr rhetoriſcher und philoſophiſcher Art
prafiifh; mit Staatögefhäften, Kriegsführung feheint er ſich nie abge»
ı zu baben, felbR größere Reiſen hat er ſchwerlich gemacht, da ihm
lanidauung abgeht. In diefer Beziehung aljo ftiht er gegen Polybius
# parreidt (Joecher) ad Quintil. X, 1. de lacter Livii abertate, Lips. 1746,
aliauta’6 Urtheil Über Livins, nach Sueton Calig. c. 34, er fei verhosus et
storia negligens, kann bei diefer verrückten Majeftät am fo weniger in Bes
: fommen, ale er auch Wirgil und ſonſt noch andere Autoren beinahe aus ben
otheken verwiefen hätte, "
» Auch Thorbecke de Asinio Pollione p. 138 ff, fol über biefe Frage gut ges
ven haben, u
=
1126 T. Livias
und bie befieren Briehen überhaupt bedeutend ab. Auch gelehrte antiqua-
riſche Unterfugungen im Sinne eines Barro lagen nit in feinem Plane;
bie innere Verfaſſungsgeſchichte war ihm weniger interefiant ald die dramaii⸗
fhen Momente der äußerlichen Entwidlung Bine mühſame Quellen⸗ und
Urkundenforſchung mar nit feine Sache: was er. Derartiged anzjeht, ſcheint
er aus zweiter Hand zu haben. Gr mag ſich dabei beruhigt haben, daß die
Zeiten Roms, wo dieſe Studien befondere Ausbeute gaben, bereits aufs
Bleißigfte von feinen Zeitgenofien, einem Varro, einem Verrius Flaccus
durforfcht waren. In manden Stüden war er von Vorurtheilen feiner
Zeit abhängig (Peter, Epochen der röm. Verfaſſungsgeſchichte, Vorwort).
Im Ganzen war ihm mehr darum zu thun, die Werke feiner Borgänger zu
einem künſtleriſch befriedigenden Geſammtwerke zufammenzufaffen und viefes
bis auf Die neueſte Gegenwart fortzujeßen, als ein in hiſtoriſch Erisijder
Hinficht felbfländiges Werk zu Schaffen. Die ihm vorliegende bifkoriiche Lite
ratur aber bat er fleißig benugt und fi mit verſtändigem Uitheil an bie
Befleren gehalten: nur daß es ihm nicht gelungen, bie Spuren ber Ber-
ſchiedenartigkeit dieſer Quellen aus feinem Werke ganz zu entfernen, an welchem
in verſchiedenen Partieen fogar ein verfchiedener Ton wahrzunehmen if.
(Niebubr in der Ausg. der fragm. Ciceronis, Livii etc., Romae 1820.
p. 83.) Bei controverfen Punkten pflegt er mehrere Autoren zu nennen,
mitunter kurze Kritik zu üben, über vie Unficherheit und die Widerſprüche
ber Weberlieferung zu lagen. Die jetige Hiflorie Elagt über Widerſprüche
bei ihm ſelbſt. In der erflen Decade bebauert er VI, 1. den Verluſt der
äfteren Monumente durch den Ballifhen Brand; er hätte inbeflen einige fehr
wichtige Urkunden aus jener Zeit wohl benugen Eönnen. Gr hielt fig hier
außer den alten Annales beſonders an Fabius Pictor, Pifo und DBalrrius
Antias, an dieſe Hiſtoriker au in den fpäteren Iheilen feines Werkes; gegen
Valerius Antiad aber yflegt er mißtrauiſch zu fein. Weiterhin if Polybius
fein Hauptführer; man fagt ihm aber nad, daß er dieſen nicht immer recht
verftanten, ed feheint aus Unkunde des Griechiſchen (Rahmann de fontibus
II. p. 8 ff. u. p. 80.). In den Zeiten, vie ihm am nächſten lagen, wird
er mit wärmſtem Intereffe, fehler Gefinnung, nad eigener Erfahrung und
Erkundigung geſchrieben haben, und es if nicht allein um der Sache, ſondern
auch um ded eignen Rufes des Livius willen nit genug zu bedauern, daß
gerade dieſe Abjchnitte verloren find. Tacitus fagt von Livius: eloquentiae
ac fidei praeclarus inprimis, ein Zeugniß, das mehr gilt ald viele Anfech⸗
tungen, die er feit Unnio von Viterbo bat erleiden müſſen. Früher bat vie
Hiflorifche Sfepfld von Beaufort und Perizonius, hernach vie von Riebuhr
mit der Glaubwürdigkeit der alten Geſchichte Roms auch die des Livius häufig
berabgefegt, neuerdings aber faßt die Forſchung in demſelben Grade miete
mehr Zutrauen zu ihm, als fle fih von der unbeningten Hingebung an Nie
buhr freigemacdht Hat. Weber die Handſchriften, auf denen unfer Text berußt,
und die Geſchichte feiner Behandlung ſeit den erflen Ausgaben findet man
bei Drafenborh und Fabricius ausführligde Notizen. Ginige Mil. ver erfien
Decade (befonderd der Mediceus) und die Ausgabe des Rhenanus, Basil.
1535. Haben und die wichtige Notiz bewahrt, daß unferem Terie des Livius
die Necenflon des Nicomachus Blavianus Dexter zu Grunde liegt, ber gegen
Auégang des vierten Jahrh. lebte. * Neben ihm wird Victorianus genannt,
? Eine Infchrift bei Neinef, olass. 6. m. 92. Kabretti cap. III. m. 3. p. 119.
nennt einen VIRIVS-NICOMACVS FLAVLANVS, mit vielen Würden, au vica-
rius Siciliae un® Historicus disertissimus genannt, den man für den Vater jenes
Nicom. Flav. Derter hält, ber feine Arbeit apud Hennam machte, aber feinen Bas
tes In jenen Gubferiptionen gelegentlich Clementianus neunt (emendavi ad exemplum
F. Livius 1127
eine Recenſion für die Symmachi (Bater und Sobn, vgl. Symmach. ep.
13. und über dieſe ganze Notiz Drafenborh T. XV. p. 616 ff.) beiorgte
wahrſcheinlich etwas jünger als Nicomahus war. Diefe Necenfion nun
den und zugänglichen Handſchriften (gemiß denen ber erften Decade) in
Weiſe zu Grunde, daß die älteften fle am reinften wiedergeben, während
jüngeren fle immer freier behandeln. Für die erfle Decade find. cod.
iceus saec. XI. Plut. 63, 19. und cod. Parisinus saec. X. n. 5725,
Alſchefoki neuerbingd geltend gemacht bat, die wichtigſten, neben ihnen
Ausg. des Rhenanus, wo alte, jet verlorne Handſchriften benugt find,
eianus I. (6108 ‚die act erfien Bücher) und Leodensis I. Für die britte
de it der Puteaneus, n. 5730. der Pariſer Bibl., das befle Exemplar;
ı ibm kommen ver Mediceus Plut. 63, 20., Parisinus n. 5731. und
bergensis, der aber erft bei XXIV, 7. beginnt, am meiflen in Berradt.
Text der vierten Decade beruht nach feiner jeßigen Gehalt zum Theil
Hließlih auf einem alten Mainzer Goder (Moguntinus), der leider ver-
ı tft, fo daß jept nur Ältere Gollationen vorliegen; dann aber au auf
Bambergensis und verf&hledenen jüũngern Mfi. Die vorhandene erfte
te endlich der fünften Decade hat jetzt nur eine und zwar eine lüdenhafte,
fehr alte Quelle, den cod. Vındobonensis, worüber f. die Notiz von
tambectuß bei Drakenb. T. XV. p. 428 ff. Schon Petrarda und Lau
us Valla befchäftigten fi mit dem Stubium bes Livius. Die Autgaben
men mit einer römifhen vom I. 1469 oder 70, auf melde verſchledene
ce zu Rom, Venedig, Paris folgen. Einen Fortſchritt bildete die Mainzer
g. vom I. 1518 oder 19 in Scheffers Officin, wo zuerft die bis dahin
nden Stüde lib. XXXIII, 17, 6. bis zu Ende des Buches und lib. XL,
3. bis zu Ende des Buches aus jenem Cod. Moguntinus ebirt wurden.
n folgen vom J. 1518 an die Aldinen, Juntinen und andere Ausgaben,
im $. 1531 zu Baſel apud Frobenium wieder ein bebeutendes Stud
:, als bieher befannt war, erihien, lib. XLI—XLV., aus einem Mf,
ed mit dem Vindobonensis identiſch iſt. Dann die durh Benutzung
-efflicher Mſſ. (in der erften Decade 2 Wormſer) wichtige Ausgabe des
Rhenanus und GSigiem. Gelenius, Basil. 1935, vgl. Alſcheféki Vol. 1.
X. Um diefelbe Zeit erſchienen die chronologifchen Unterfuhungen des
eanud. Berner die von Sigonius beforgte Ausg. Venet. 1555, ber
tauch auf die Epitomae feine Sorgfalt richtete und die vor ihm ver-
losten Bücher 41—45 emendirte. Seit dem 3. 1608 Francof. ad M.
lusgaben von Gruter, der die Gapiteleintheilung einführte und den Text
soliifirenden Noten begleitete, vie erft durch Gronov wieder befeitigt
en. Der Tert felbft iſt in dieſen Ausgaben theils in Folge der Benugung
Her Mſſ., theils durch willkürliche Behandlung mit vielem Fehlern verſcht,
rft allmälich, beſonders durch Drakenborch, wieder entfernt worden find.
ı eine römiſche Ausg. des 33ſten B. vom J. 1616, wo zuerſt aus dem
Bambergensis lib. XXXIII, 1—17. erſchien, fo daß erſt jetzt ver ganze
8, wie wir ihn jetzt kennen, mit Uusnahme jened Fragmentes aus dem
ı Buche, in den Händen des Publikums war. Seit 1645 die Ausgaben
. Br. Gronov und feines Sohnes Jacob, welche fi durch Vergleichung
ff. (beionders ded Puteaneus) und forgfältige Kritik die namhafteſten
enfte um den Livianiſchen Text erwarben. In der Variſer Ausg. vom
79 erfihienen zuerft die supplementa Freinshemii, eine raſche Arbeit,
tis mei Clementiani). Beide Bearbeiter bed Livind werden genannt beim Gis
poll. Ep. VIII, 3. Apollonii Pythagorici vitam, non ut Nicomacus senior
lostrati, sed ut Taseius Viotorianus e Nicomachi schedis exscripsit, quia
as, misi.
1128 | Lixae — Lixus
von welcher Breinsheim ſelbſt ſich rühmt, 45 Bücher in 14 Monaten troß allerlei
Krankheit und Sorge bearbeitet zu haben, und von welcher der größte Theil
erſt na feinem Tode und in noch mangelhafterer Geſtalt publicirt worden iſt;
1708 Oxonii die Ausg. von Hearne, mit Bergleihung verſchiedener engliſcher |
Dfi.; 1710 Amst. et Traj. ad Rh. 10 Voll. 8. die fehr mangelhafte Ausg.
von Glericus. Endlich Drakenborch, Amst. et Traj. 1735—46. 7 Voll. 4.
und gleichzeitig die Ausg. von Erevier, Paris 1735. 6 Voll. 4. Jene bat
durch eine jorgfältige, auf Grundlage der beiten Miſ., fo weit fie damals
zugänglid waren, und genauer Stubien angeftellte Mecenfion des Textes,
fo wie durd ihre Sammlung von Allem, was biöher geleiftet mar, darunter
vieler biäher unebirter Noten (befonvers von Gebhardus und Duferus), bes
deutende Vorzüge und deshalb lange Zeit geberricht; neuerdings wiederkolt
au Stuttgart 1820—28, 15 Voll. 8. In neuefler Zeit befonders Kreyffig,
Lips. 1828 bei Tauchnitz in einem Foliobande, wo die Drakenb. Mecenflon
hin und mieber durch Vergleichung des Cod. Bamb: und Vindob. verändert
it, und Misenae 1837 u. 1839, eine beſondere Bearbeitung des 3iften ®.
nad) dem Bamberg., mit Hinzufügung der Varianten von lib. XX—IXXII.
u. XXXIV--XXXVIII. Ferner Fabri, der ih gleichfalls dur Bearbeitung
des Cod. Bamberg. beſ. um die dritte Detade verdient gemacht, lib. XXI. u.
XXI. Nürnb. 1837, XXIH. u. XXIV. ib. 1840, u. Emendationes Livianae,
ib. 1842.8. Endlich Alfefsfi, der nad eigner Bergleihung der beſten Hand»
ſchriften in Paris und Florenz zu einer neuen Recenfion geſchritten ift, melde
alien Livianiſchen Studien, ſprachlichen und geſchichtlichen, eine bebeutend ver»
befierte Uinterlage geben wird. Vgl. von ihm: über die kritiſche Geſtaltung der
Geſchichtobb. des T. Livius, Berlin 1839. 4.; T. Livi Rerum Romanarum
ab urbe condita libri, ad codd. mss. fidem emendati Vol. I, Decad. 1, 1.
Berol. 1841. Vol. II. Decad. I, 2. Berol 1843. 8. Zugleich eine Schul⸗
audgabe mit blofem Tert, Berl. 1843. Ngl. Jahn's Jahrbb. XL. S. 25,
und unter feinen Recenfenten Weißenborn ib. XXXV. ©. 355. und XXXIX,
©. 243. Erläuterungsfäriften: über das Leben des Livius G. 3
Vofflus und Tomaſinus bei Drafenborh T. XV.; über feinen Stil und
vieles andere ihn Werreffende Morhof de Patavinitate Liviana, ibid. *;
über Quellen und fides: Joecheri disp. de suspecta Livii Güde, im Ginne
der Skepfis von Beaufort, ibid. Gegen ihn Eſchenbach, Lips. 1773. und
Chr. Krufe (der Vater) de fide Livii recte aestimanda, Lips. 1812. 4.
Auch Meierotto hat in brei Differtationen von Livius gehandelt, Berol. 1796.
bis 1798. fol. Am ausführliften F. Lachmann de fontibus historiaram
T. Livii comm. I., Gotting. 1821., comm. Il. 1822. 4. Bal. au Söätıl
T. Livius in feiner Geihihte, Münden 1832. 4. Zur Geſchichte ter Kruit
uns Viographiſches bei Fabricius Bibl. Latin. T. I. p. 276. Drakenborch
Tom. XV., beſonders die praef. ad lectorem. [Preller.]
Lixae, f. Legio ©. 861.
Lixus, 1) (Atos, Scyl. p. 93. Strabo XVII, p. 829., bei Strato
p. 825. u. Steph. Boyz. p. 422. auch Ans, bei Btol. IV, 1. Aka, bei
Mela III, 10, 6. Lixo, bei Plin. V, 4, 1. Lixos und im Itin. Ant. p. 7.
Lix), ver Haupthandelsplatz an der Weflfüfte von Mauritania Tingitena, an
der. Mündung eines gleihnamigen Fluſſes (Scyl., Ptol. u. Mela 11. 11., 1.
Luccos, Lukos), nah Sırabo 1. 1. 800 Stad., nah Plin. L 1. u. Golin.
» moppo de Intinitate falso aut merito suspeota, Progr. von Erf. a, d. O.
1841. Stange de discrepantin qyadam inter sermonem Cic. et Livinnum, ib. 1643.
Kreisner de proprıa orationie Livianae indole, Progr, v. Habamar 1844.4. Uußerbew
verſchiedene Divinationee, Observationes, Qvaostiones unb Emendationes Livianae
von. W. Dtto (Karler. 1839.), C. W. Fittbogen (Branff, a, DO. 1842.), C. Fäfner
(Eelle 1843.), E. Welg (Brecht, 1844.) u. U. [W.T.]
Lizisie — Loeatie. osmäductie \ 1129
7, 24. aber 112 Mi (ober 896 Gtab.) von Gades, feit dem Kalier
bins auch röm. Kolonie (Blin. u. It. Ant. U. I.). Wan bält es für
heut. Larache ever GI Araiſch. — 2) ein von Genno Peripl. p. 2. ex»
ter Fluß an ver Weflfüfle von Mauritania Tingitana, wahrſch. berfelbe;
Btol. IV, 1. u. Iofegh. Ant. 1,6. Phuth nennen, oder der heut. Tenflft.
re halten ihn für den ſüdlichern Sud, Vougainville gar-für den Gelbfluß.
lin verwechſelt ihn mit dem viel nörbligern Lirus Nr. 1. | F.]
Lisisie (Alois, Ptol. IN, 8.), Ort in Daden, wahrſch. dem Ende
Römerfhanze gegenüber in ver Nähe des heut. Bed. [ F.]
Lebetäni (Aeßntaroi, Biol. II, 6.), iberifge Voͤllerſchaft im Often
Hifpania Iarracen., mit der Stadt Lobetum (Außmor, "Biol. ibid.),
ich. dem bentigen Albarracin in Aragonien. Bal. Münzen bei Seftint
9. Danville T.1. p. 169. Hält fie für das viel füdlichere Requena. [F.]
Loben (Aoßer), aus Argos, Berfafler einer Schrift zepi zomer.
Zaert. I, 34. u. 112. [ West]
Lecatie conduetie if ein Gonfenfualcontralt (Bd. II. ©. 632.), in
m ber Gine Dem Andern Etwas übergibt oder überträgt (locator), währenb
ndre ed übernimmt (conductor). Dem locator fleht die locati actio, dem
ıctor die conducli actio auf Erfüllung des Bertrags zu. Duellen: Gai.
142—147. Baull. II, 18. Dig. tit. loc. (19, 2.). C. de loc. (A,
Inst. I, 24. (25.). — I. Loeatio cond. als Mietbvertrag, im
mm ber Herr einer Sache dieſe Sache einem Andern überläßt, um bavon
ud zu machen (uli, frui), während ber Andre für den Gebrauch eine
je Geldſumme verſpricht. Legterer muß die Sade nad Berlauf ber
machten Zeit zurädgeben und bat für etwaige Verſchlechterungen der»
‚ fobald fie durch dolus ober culpa bervorgebradt find, zu haften,
Marc. IV, 104. 288. Iſidor. V, 25. Gewöhnlid waren die Pacht⸗
Mieıhbebingungen,, unter denen ber conductor die fremde Sade erhielt,
ıer |. g. lex localionis genau verzeichnet, welde von dem conductor
ienbaft befolgt werden mußte, Varro r. r. I, 2. H, 3. 1. 11. $. 1.
‚1. 29. 1. 30. €. 3. 1. 51. 1. 54. 6. 1. D. locat. 1. 63. 6. 8. D. ſurt.
2.) 1. 21. D. de pign. (20, 1.). Die in der lex bebungene Gelb⸗
e (Pachtgeld, Mieihzins) h. merces, Barro V, 44. 178. Eic. ad Att.
32. XV, 17. 20. Iſid. Gai. Inst. Dig. 1. 1., oder pretium, Plaut.
glor. IV, 2, 67. 69. Gatull. 77, 2. Dig. h. t., oder pensio, Golum.
r.r. 5,7. Bart. Ill, 30, 3. u. Dig. mehrm. Sehr oft wurben
Htet unb vermieibet: 1) Srunpflüde, Golum. r. r. I, 7. Blaut. Capt.
‚38. ic. p. Caec. 6, 32. ad div. XVI, 18. Slin. ep. II, I.
7. Tit. Dig. loc. Die Pächter 5. coloni, Varro r. r. U, praef. u.
h. 1, and weldem Stand ih in der fpäteren Kaiferzeit eine gamz
hũmliche Glaffe ven Halbfreien entwidehte, ſ. Saviguy in ſ. Zeitſchr.
. 273—320. u. U. W. Zumpt, über d. Entſteh. u. Hi. Entwickl.
olonats in Welder u. Ritſchl, Rhein. Ruf. f. Phil. 1843. pritter
. 6. 1—69. 2) Häufer, Bäder, Wohnungen, Zimmer (coenacula) ıc.,
ı. Cael. 7. ad Att. XIT, 23. ad Qu. fr. U, 3. Sen. ben. VIE, 3.
Caes. 38. Bell. TI, 10. Plut. Sull. 1. Crass. 2. comp. Nic. c.
1. Doſ. Adr. sent. $. 8. Orelli inser. 4323 f. (wo fi no ein
anſchlag Befindet). — Da die Armen fehr von dem Miethzins gedrückt
n, fo wollte der Prätor M. Cälius Rufus (1. lex Caelia) den Miethern
ins auf ein Jahr erlaflen, Cäſ. b. c. III, 21. Ebenſo trug der Trib.
‚nel. Dolabela in feinem Geſetz de novis tahulis auf Erlaß eines
der Miethe an (f. lex Cornelia). Allein es kam nicht dazu und erſt
und Dctavianus thaten Etwas für bie armen Miether, indem fie felbft
e bezahlten, Sueton. Caos. 38. mit d. Erkl. Die So ZLVIIl, 9.
1130 Lecha — Aoysic
Drumam, ©. R. I. ©. 400 f. Die Verpachtungen und Bermieihunge
wurden gewöhnlih auf eine Zeit von fünf Jahren abgeihloffen, Orelli inscı
4323. Hyg. ed. Goes. p. 205. Plin. ep. IX, 37. 1.9. $.1. 1.13. €. 11
1. 24. $. 2.4. D. loc. Der Untrittötag wurde natürli im Gontraft aus
gemadt und war oft der 1. Julius, Suet. Tib. 35. Mart. XII, 32. Eis
ad Qu. fr. 1I, 3. 1. 60. pr. D. loc. 1. Al. pr. D. contr. emt. (18, 1.)
au der 1. März (vorzüglich bei Grunpfläden), 1. 7. $. 2. D. sol. matr
(24, 3.); die Iden des Jul. und Aug. fleben auf den Inſchrr. bei Orell
4323. U. Uuguftin. emendatt. IV, 14. Gutac. ad Afric. XII,8. F. Brummen
de -loc. cond., Lips. 1664. u. opusc. p. 375452. Seinece. synt. p. 594.
©. überhaupt noch Tit. Dig. de migrando (43, 32.). Vermiethungen von
Kleidern, Eoftbaren Gefäßen, Wagen, Schiffen u. f. mw. erwähnen Inst. III,
24, 5. u. Tit. Dig. loc. 3) Die Verpachtung Öffentliger Grundſtücke und
vectigalia, f. publicanus u. vectigal. 4) Vermietbung von Arbeit, naͤmlich
a) der Herr kann feine Sclaven einem Dritten auf beflimmte Zeit zur Arbeit
vermiethen (loc. cond. operarum), 3. B. Plut. Crass. 2.; ebenfo feine Gla⸗
diatoren, Gai. III, 146. b) Freie Leute Tönnen fi als Tagloͤhner umd
Dienfiboten (obaerarii, operarii, mercenarii) verbingen, unb biefe vermierhen
nur ihre Arbeit, Varro r. r. I, 17. ic. p. Caec. 22. de off. I, 13. &en.
de ben. IT, 22. Plaut. Aul. II, 4, 1. Trin. IV, 2, 2. Asin. prol. 3.
Gell. IT, 3. — H. Loc. cond. operum (auf) operis) if der Gontraft,
durch welchen der Eine dem Andern die Ausführung einer Sade gegen einen
beflimmten Preis übergibt (locator) und der Andre die Ausführung über-
nimmt (conductor, auf manceps, redemptor operis und susceptor)
1) Berafforbirungen Öffentlicher Bauten sc., |. Bb. II. S. 255. 2) Privat-
Akkorde, 3. B. den Bau einer Billa oder Haufes betreffend, Barror. r. 14
Cic. ad Qu. fr. IT, 4. 6. II, 2. Auch bei Privatbauten wurde in der leı
‚operi faciundo (leges aedium, ®Bitruv. I, 1. Plin. h. n. XXXVI, 13.
Alles auf das genauefle beflimmt, mie ver Bau ausgeführt werben folle nat
Arbeit und Material, zugleich über die Zeit ver Ausführung, Bezahlung x
1. 13. $. 10. 1. 24. pr. 1. 30. $. 3. I. 36. 1. 51. 6. 1. 1. 60. — 3. 1. 50
6. 1. D. loc. cf. Barro r. r. 14. — Bu den ökonomiſchen Verakkordirunger
gehört das Verakkordiren des Kalkbrennens, ber Dellefe und Delbereitung.
der Weinlefe, Eato r. r. 16. 144. 137. Au wurde ber Transport ge
wiſſer Saden nad einem beflimmten Ort in Akkord gegeben ‚« 1. 11. 6. 3.
1. 13. $. 1. D. h. t. cf. Bel. 1, 13. ıc. 3) Ein ganz befonderer Alter
war der, in weldem die Beflehung der Richter an mehre PVerfonen ver:
dungen wurde (redemptio iudicii), Cic. Verr. act. 1, 6. u. Klog ad h. I
Literatur: Briffon. de form. VI. c. 64—86. ©. U. Haafe, de oper.
loe. et cond., Lips. 1814. ©. @. Roſt, de loc. cond. ad Plaut. Capt..
Lips. 1810. u. in f. opusc. Plaut. I, p. 34—43. Mein, Röm. Privatre:
&. 333 ff. — Die rechtl. Verbältniffe f. Göſchen, Vorleſ. üb. d. gemeine
Glvilrecht II, 2. ©. 370-397. und die ältere Lit. f. Haubold, inst. i. Rom.
“priv. lin. p. 393 ff. [R.]
Locha (Aoy«a), Stadt des Earthagifchen Gebiets im Innern Lande, nid:
weit von Utica, wahrſch. dur die Römer unter dem äftern Scipio zerfön
(Appian. Pun. c. 15., ber-freifti$ nur von der Plünderung der Stadt und
der und ihrer Einwohner ſpricht) und daher fpäter nirgends mehr
erwähnt.
Morayds, Aöyos, f. Exercitus, ®b. IM. ©. 343. 845.; über den
isoög Aoyos bei den Karthagern f. ib. ©. 334., bei den Thebanern ib
©. 346. [W.T.
Locharna (Aoyapra, Ptol. VI, 18.), Stabt ber Baropamifabä. [ F.]
Aoysia, Kelferin der Gebärenden, Beiname der Artemis bei Kallie.
Lechine -— Leeri | 13
Dian. 19. Blut. Symp. 3, 10. p. 152. Diana Lochia auf einer
rift bei Grat. 1011, 3. Bel. Iithyia ©. 106. [W.T.]
Lochins (.fona; axpe, Etrabo XVII, p. 794.), Landfpige bei Ale⸗
ia in Aegypten. [F.]
Locoritenm (Aoxopırov, Btol. II, 11.), eine dem Ramen nad) cel-
Stabt im Innern Germaniend am Moenus, wahrſch. das Heut. Lohr
ıter-Sranfen (vgl Steiner, Maingebiet S. 125.); nah Mannert IH.
76. aber das 2 M. norböfllichere Gemünden am Ginfluffe der fränf.
: in ben Main, und nah Krufe das noeh A M. weiter gegen RD.
- IE
LE.)
Leexa (Aoxpe, Btel. II, 2.), Heiner Fluß an ver Weſikũſte ron
:a, wahrſch. der heut. Zalaso, nah Andern ver Liamone. [F.]
Leeri, Leezls. Die Locri (.fozpoi, bei ven Römern, 3. B. bei
XXXIII, 34., zuweilen aud) Locrenses) waren ein uralter lelegiſcher
ſtamm tin Griehenlann (Hefled u. Ariſtot. bei Strabo VII, p. 321.
Hal. I, 18. Bin. IV, 7, 12. vgl. Rasul-Rocette I: p. 207 fi. u.
n im Rhein. Muſ. IH. S. 118.), der ih aber nad der Einwanbe-
ver Dellenen wahrſch. mit dieſen vermiſchte, ba nirgends von einer Ver⸗
ng ber 2eleger durch Legtere Die Nebe if, und ſchon von Homers Zeiten
gi. D. 11, 527.) die Lofrer allgemein für Hellenen gelten, ja jelbft der
mvater ber Letzteren, Deufalion, in Lokris (zu Dyus oder Kynos) ge⸗
: haben fol (Bind. Ol. IX, 63 f. Strabo IX, p. 425.) Im virklich
ſchen Zeitalter finden wir die Lofrer als zwei von einander getrennte,
in Sitten und Kultur weientlid von einander verichiedene Saufen (vgl.
. XI, 11, 2.), von benen ber eine, ber eigentlide Hauptſtamm oder
Rliden (epifnemibifhen un» opuntiihen) Lokrer (Strabo IX, p. 416.
an der Oſtkũſte von Hellas, der Infel Euböa gegenüber, der andere
die weſtlichen (ozoliidyen) Lofrer (Strabo ibid.), von jenen durch den
iß umd ganz Doris und Phocis geſchieden (Etrabo p. 416 ff. 425.),
re Süpfüfle ober dem korinthiſchen Meerb. Ihre Wohnftge hatten. Ob⸗
dieſe Trennung ion vier Menſchenalter vor dem Trojan. Kriege unter
Irentel Deufaliond, Lofrus (von weldem nah Plin. am a. D. das
Bolt feinen Namen erhielt) ſtatigefunden haben fol, indem ſich dieſer
age nad mit feinem Sohne Opus (dem Gründer der gleihnamigen
) veruneinige und” deshalb von der Dfifüfte in jene ſüdliche Küflen-
' auöwanserte (Scymn. 587. Guftath. ad Il. IT, 531. vgl. Strabo
7.), die au von Lelegern, alſo von Stammgenofien bewohnt war
cd. v. 70. Scynm. v. 590. Dion. Hal. I, 13.), fo findet fi doch
ymer, ber blos Lofrer ſchlechtweg, und zwar an der Dfifüfle, fennt-
‚927 #. XIII, 686. 712 $. vgl. Strabo p. 426.), hievon nicht bie
He Spur; vielleicht weil er die rohen ozoliſchen Lokrer gar nit für
be Hellenen anflcht. Die Trennung war aber eine vollfommene und
de, ſo daß beide Stämme faſt in gar Feiner Verbindung mit einander
ı, ja joger im Beloponnef. Kriege die Cpiknemid. Lokrer e8 mit den
anern, die Dzolä aber mit den Athenern hielten (Thuc. III, 95.).
‚Alice Lokris (7 Aonpis) erfiredie fi von der Grenze Theſſaliens
m Paſſe ver Thermopylen (Strabo p. 429.) längs der Küfte in einer
nung ven 280 Gtab. (Strabo p. 416. 430. — Scylar p. 23. dringt,
ugungen ber Küfte mit eingerechnet, 400 Stad. heraus) bis ‚ur Grenze
nd. Die Breite von der Küſte nah Phocis Herüber war ungleich,
von SO. gegen RB. Hin zu, und betrug an ber nörbliden Grenze
m ſüdlichen Abhange des Deta etwa 21), g. M. Der ganze Flächen⸗
des ſehr fruchtbaren, gut angebauten und flarf bevölkerten Landes
14-15 O. M., woven auf dad nörplidere Gebirgsland etwa 8—9,
1132 . Loepi
. . »
auf das ſüdlichere Küflenland aber 5—6 kamen. Jenen nörblidern Theil
bewohnten die Epicnemidii (Aoneos Enınmmuidsoı, Strabo VIN, p. 334.
IX, p. 390. 416. 430. u. oͤft. Ptol. IN, 15. Steph. By. p. 307. Blin.
IV, 7, 12. u. f. w.), fo genannt als Anwohner des Gebirges Knemis (ji.
Tälanti, vgl. Strabo P- 416. 425.), den fünlidern aber, um einen nad
ihnen benannten Meerb. ber (Strabo ibid. u. p. 426.), die Opuntäi (A.
Onovsuos, Pind. Ol. IX, 22. 31. Shure. I, 108. 11, 32. III, 89. Strabe
VI, p. 259. VII, p. 322. IX, p. 425. u. oft. Ptol. u. Steph. ame. D.
Rio. XXVII, 6. u. f. w.), die ihren Ramen von der Hauptfladt Opus hatten
(Strabs IX, p. 416. 425.). Die Grenze zwiſchen beiden bildete ver ſchmale
Lanpftrih Daphnus, der früher den Phoceern gehörte, und alfo eine wirf-
lie Trennung beider Theile bewirkte (Strabo p. 4i6. 424 f.), vie ſich
fomit blos auf lokale Beziehungen, Teineswegs aber auf eine wirkliche Stamm⸗
verſchiedenheit gründete. Daher werben denn auch beide Abtheilungen öfters
mit einander verwechfelt (jelb von Strabo p. 416.), und Manche nehmen
den Unterſchied gar nicht, fondern erwähnen entweber bloß epiknemidiſche
(Schol. Pind. Ol. XI. Blin. IV, 7, 12.) oder umgefehrt blos opuntiſche
Zokrer (Herod. VII, 176. VII, 27. Scyl. p. 23. Thuc. am a. D.). Lep-
teres kommt wohl daher, weil bie Epiknemidier eine Zeit lang ben Bhoceern
unteriworfen waren und daher mit zu 'biefen gerechnet werben. Daher flellen
tm Perfertriege nur die Opuntier Truppen zum Corps des Leonidas und
7 Schiffe zur griech. Flotte (Herod. VII, 203. VIII, 1.), und ebenfo fchiden
auch nur fie ein Gontingent von 700 M. Fußvolk (denn Reiter batıen fie
gar nicht) gegen bie in Griechenland einnringenden Gallier (PBauf. X, 20.).
Später erfheinen allerdings die Cpiknemidier wieder als eine ſelbſtändige
Voͤlkerſchaft, ſpielen aber nie eine bedeutende Role. In ihrem Gebietefanden
ſich das Hauptgebirge Cnemis, ein fünöftlider Zweig des Deta mit dem
Vorgeb. Cnemides und dem Berge Phrixion in ber Nähe der Thermopylen,
der Waldſtrom Boagrius und folgende Ortfchaften in der Richtung von NW.
nad SM.: Alpenus beim Eingange in die Thermopylen (vgl. Leale North.
Greece II. p. 38.), Nicaea, weiter SRlih (Leafe am a.D.p.5 f.), Scarphe
oder Scarphia (zwiſchen Andera und Molo, Leake p. 178.), Thronium,
die Hauptſtadt des Landes (bei Romani, Leale p. 178.), Cnemides (bei
Nikoraki, Leake p. 177.), und weiter landeinwärts Tarphe (bei PBun-
donige, Leake p. 179.). Bor der Küfte lagen die Lichades Insulae (f. d.).
Außer Leake vgl. auch die allgemeine Beihreibung des Landes in Branpis
Mittheil. I. ©. 136 ff. — Das Land der Opuntier (über welches im Allge-
meinen Brandis am a. D. ©. 132 ff. zu vergleichen if) hatte in verfelben
Richtung folgende Städte und Flecken: Alope (vgl. LKeake North. Greece 11.
p. 176.), Cynus, die Hafenſtadt ver Opuntier mit dem angeblidden Brabmale
des Deucalion und der Pyrıha (umwelt Livanated, Leafe am a. O. p. 179.
und Roß im Morgendbl. 1835. Nr. 206.), Naryx ober Naryciunf (nad) Ro
am a. D. Nr. 207. bei Talanda oder Talanti, nad Leafe p. 187. weiter
weſtlich bei Kalapophi), Opus, die Hauptſtadt bes Landes (bei Karphenige.
Zeate p. 174.), Halse, Corsia (Ruinen bei Prosfyna, Reale p. 184. Rob
am a. D. Nr. 207. Forchhammer Hell. U. S. 179.) und das wenigflens
früher den Opuntiern gehörige, fpäter zu Böotien gehörige (Ober- und
Unter-) Larymna (f. oben S. 792 f.). Bor der Küfte lag die Infel Ata-
lanta. — Die nad ber Süpküfle von Hellas audgermanderten Lokrer nannte
man Ozölse (Aoxpoi OloAaı, Thuc. I, 5. 103. III, 95. Strabo VI, p. 259.
VII, p. 332. IX, p. 416 ff. u. Öft. Bauf. X, 38. Sieph. By. p. 307.
Plin. IV, 2, 4. u. f. w.), melden Namen bie übrigen Grieden von olar
ableiteten, und dabei entweder auf den übeln Geruch des in ihrem Gebiete
in großer Menge wachſenden Asphobelus (Pauf. X, 38, 1.), oder (was
Leeri - 1133
tcheinlicder IR) der Thier-, beſonders Ziegenfelle, in welche fich biefe
7 kleideten, Rüdfiht nahmen (Plut. Quaest. Gr. 15.; eine dritte my⸗
re Gtymologie des Namens, von dem Peflgerudde des Bluted des Gen-
mn Neſſus, f. bei Bauf. am a. D. u. Strabo p. 427.); während- fie
t ihn vielmehr auf oLos und eine in ihrem Lande auf wunderbare Weiſe
ichſene Weinrebe zurücdführten (Pauſ. ib.). Sie rechneten fi fpäter zu
Metoliern (PBauf. ib.), mit denen fie au in ihren rohen Sitten, ihrem
3e zum MNäuberleben und ihrer Art Krieg & führen große Aehnlichkeit
n (Thuc. I, 5. IH, 97.), und waren feit DI. 116, 2 ober 315 v. Ehr.
Aetoliſchen Bunde unterworfen (Diod. XIX, 54. Pauf. IV, 27,5. IX,
.), nad defien Demüthigung dur die Römer Letztere das Gebiet der
lã, mit alleiniger Ausnahme ihrer Hauptſtadt Amphifſa, welche frei blieb,
im Beloponnes gegenüber liegenden Kolonie Baträ fehenkten (Bauf. X,
5.). Sie zerfielen in mehrere Stämme, die Thuc. III, 101. aufzäple.
Zand ber —5*— grenzte weſtlich und nörblih an Aetolien und Doris,
h an Phokis und ſüdlich an den korinthiſchen, namentlich an ven kriſſäi⸗
Meerb. (Strabo p. 259.). Die Ausdehnung deſſelben längs der Küfte
ıg nad Strabo p. 427. 200, na Scylar p. 14. aber eine halbe Tag⸗
t oder 250 Stad. (vgl. oben). Die Breite war jehr ungleich; an ber
lichen Grenze betrug fie blos SO Stad., nahm aber gegen D. bis an
Stad. zu. Der Blädeninhalt betrug etwa 12 DOM. Das Land war
haus gebirgig, da fi aus Aetolien ver Corax, aus Phociö aber ver
rassus in bafjelbe Hineinzog, und daher im Ganzen raub und unergiebig;;
fanden ih im Innern auch einige fruchtbare Nieberungen. An Orts
ten war das weſtliche Lofris reicher, als das oͤſtliche. && waren längs
Küfle von W. nad) O. zu folgende: Molycria, nicht weit vom Vorgeb.
isrhton (vgl. Brandis Mittheil. I. S. 77.), Naupactus die bedeutennfte
» und Safenflabt (j. Lepanto, vgl. Spon 11. p. 28. Dodwell I. p: 128.
e North. Greece II. p. 607 ff.), Oeneum (bei Magula, Leake ama.D.
316.), Anticyra (?bei Klima, ven Infeln Trazonia gegenüber, Xeafe
43. 618. 622.), Eupalium (2eafe p. 620.), Tolophon (bei Kifeli, Leake
20.), Hessus, Phaestus, Hafen bed Apollo Phäfius (Ruinen bei Vithari
ih neben dem Gap Anphromalhi, Leake p. 621.), Oeanthe (bei Ga»
dhi, Leake p. 594. 621.), Messapia, Ipnos, Olpae (bei Pendornia?
e p. 621.); dann weiter im Innern: Chalaeum (bei Larnafi, Leake
‚94.), Tritaea (vermuthli die Ruinen von Athymia), Ampbissa, Myo-
nörblih von der vorigen, und Hyle im äußerſten NW. an der Grenze
Hu Ir p. 618.). Im Allgemeinen vgl. Brandis Mittheilungen 1.
57#. IF.
Loeri (Aorooi, PBolyb. X, 1, 4. XII, 10,5. 11. Ptol. II, 1. Mela
1, 8. Liv. XXIX, 7, 3. Plin. II, 62, 62. III, 47, 48.), auch mit
Beinamen Epizephyrii (Emlegvao:, Pind. Ol. XI, 15. Pyth. H,
Thuc. IV, 1, 24. VI, 44. VII, 1. Strabo VI, p. 259 f. Steph. Byz.
26. vgl. Plin. III, 5, 10.)* hieß eine ver älteflen griechiſchen Städte
Interitalien, welche bie Zofrer, und zwar nad Strabo's ausdrücklicher
icherung VI, p. 259. nicht die Opuntier, mie Ephorus und andere Schrift»
rt (Polyb. XI, 5, 4 ff. Sf. Schmn. Chius v. 315. u. A., do immer
* Man leitet den Beinamen gewöhnlich mit Plin. III, 5, 10, von ber UUnfiebes
am Worgeb, Zephyrinm her; ba jedoch Pindar O1. X, 17. fie ſchlechtweg Aoxgos
e⸗⸗ nennt und bei Diod. XIV, 34. die hefverifhhen oder ozoliſchen Lokrer in
‚actus Toootoniquo- hießen, fo vermuthet Mannert IX, 2. ©. 188. nidyt ohne
ıd, daß auch der Beiname ’Errsönpugso: nichts weiter bedeute, ald Zupugso:, mit
em Namen man biefe weitlichen Lofrer bezeichnet babe, da ed in Briechenland
fhon Aorgovs “Boregiovs gegeben habe, [F.]
1134 Loczae — Locus Welleis
|
wahrſcheinlicher, vgl. Mannert IX, 2. ©. 187.) annehmen, fonvdern bie Dyola, |
nah @ufeb. Chron. fon DI. 24, 2. (vgl. au Strabo am a. D.) nörblich
neben dem Vorgeb. Zepbyrium an der ſüdlichſten Spige der Halbinfel von
Bruttium gründeten, wo biöher Gikuler gewohnt Hatten (Polyb. XII, 6.).
Bei Dichtern führt fle auch den Namen Narycia (Ovid Met. XV, 705. Birg.
Geo. Il, 438.), fo wie ihre Gründer bei Virg. Aen. IH, 399. Narycii Locri
beißen, ‚weil fie ſich als Nachkommen des Aliax Dileus betrachteten, beflen
Nefldenz (bei den Opuntiern) Naryr hieß. Die Stadt hob ſich, obgleich fie
Teinen eigentliden Hafen Hatte, durch ihren Handel und bie Gunſt des altern
Dionyflus, defien Gemahlin aus ihr flammte (Diod. XIV, 106 f.), wurde
zwar dann vom jüngern Diongflus zerſtört (Ariſtot. Rep. V, 7. Athen. XII,
11), jedoch bald wiederhergeſtellt, und litt aufs Neue viel durch Vyrrhus
(Appian. Samn. III, 12.) und die Römer im zweiten punifchen Kriege (Liv.
XXIX, 8 ff.). Letztere ließen ihr zwar ihre Freiheit und eigene Berfaffung
(Rio. XXIX, 21.), die unflreitig eine demokratiſche (vgl. Polyb. XIL 5 ff.
Strabo XII, p. 600.) und durch ihren berühmten Geſetzgeber Zaleucus ge-
oxonet war (Polyb. XII, 16.), doch blieb die Blüthe der Stadt für Immer
verfhwunden, und fie ſank bald in völlige Dunkelheit herab. Bor der Stadt
befand ſich ein alter und reicher Tempel der Proferpina (Liv. XXIX, 18.
Appian. anı a. D.). Ihre wenigen Ueberreſte zeigen fi beim heut. Motta
di Burzano. [F.]
Locrus (Aorpos), 1) Sohn des Physkios, Enkel des Amphiktyon,
mythiſcher Stammvater der ogolifhen Xofrer, Blut. Qvaest. Gr. 15. Nach
Plut. Hieß feine Gemahlin Kabya und fein Sohn Lokros; nah Ariſtot. bei
Schol. zu Pin. Ol. IX, 86. war jene Tochter des Opus und hieß Kambyie,
nah Andern Protogeneia. Pind. 1. 1. erzählt, Zeus babe die Tochter des
Opus aus dem Epeierlande entführt, in Arkadien mit ie den Opus gezeugt,
und dann fle dem Einderlofen Lokrus zugeführt. Nach Cuſtath. p. 277, 19 ff.
iſt 2. felbft Vater des Opus. — 2) Sohn des Zeuß und der argiviihen
Königstochter Maera, Gehilfe des Zethos und Amphion bei ver Erbauung
von Thebe, Euftath.-p. 1688, 64. [W.T.
8) ein Erzgießer aus Paros, von dem ein Athenebild in dem Tempel
des Ares zu Arhen fland, Pauſ. I, 8,5. [W.
Locäli, Schrank, Käflgen (nit Bädern, vgl. loculatae arculae,
Varro R. R. III, 17.), insbefondere Schatulle zur Aufbewahrung des Geldes
und von anderem Werthvollen (Eoveliteine, Juv. XIE,139., Shlüffel, Blin.
XIV, 13, 14., Ringe, Bal. Mar. VII, 8, 9.), der Größe nad zwiſchen der
erumena (f. ®». II. ©. 1315.) und der arca (Juv. I, 90.) in der Mitte
ſtehend. Vgl. Hor. Sat. I, 3, 17. Ep. II, 1, 175. Juo. I, 90. XI, 38.
Mart. V, 39. Bon Elfenbein, ib. XIII, 139. Ooid Fast. VI, 749. Mart.
XIV, 12., auch gewoͤhnlichem Holz, ib. 13. Daß es yerflegelt wurde, er⸗
beit aus Plin. XIV, 13, 14. (loculos resignavit), vgl. GAf. ad Pis. hei
Eharij. I, 60. locellum tibi signatum remisi. Als Kiſtchen mit Reden
pfennigen fleht es Hor. Sat. I, 6, 74. [W.T.
Locuplötes ift ſynonym mit assidui und bezeichnet die Mitglieder ber
fünf erſten Claſſen, im Gegenſatz zu den proletarii, f. Bd. II. ©. 263.
Gharij. p. 58. ed. Putsch. Xel. bei Cic. Top. 2. Etymologiſch h. locu-
ples begütert, nämlich locis plenus, Ifivor. X, 50, p. 1079. Goth., locorum
multorum domin., Paul. Diac. v. locuplet.p. 119. M. Plin. H. N. XVII, 3.
cf. Non. Marc. VI, 78. [R]
Locus Felicis (It. Anton. p. 234. 246. 248., in der Not. Imp.
Lacus Felicis), eine Zeftung Noricumd an der Donau und an der großen
Heerſtraße von Pannonien nad Gallien, melde eine Bejagung von Noriſchen
Shügen zu Pferd Hatte; nah Mannert IH. ©. 640. das Heut. Arhader,
*
Locusta — Aoyıorai 1135
Muchar Norikum S. 267. aber etwas weſtlicher bei Nieverwallfee im
ye unter ber End. [F.
Locusta, Name eines verberblichen Inſekts (Heuſchrecke) und eines
Ries, worüber f. Plin. H. N. VII, 2, 2. VIH, 29, 43. XI, 29, 35.
30, 50. und im Allgemeinen I. Lubolf, de locustis, Frankf. 1694. fol.
r bie Giftmiſcherin des Namens f. Lucusta. [W.T.]
Loeeanus, O., war nad einer lateiniſchen Inſchrift von Gumä bei
ter p. DEXXXIX, 2. als argentarius, Gifeleur, im Eaiferliden Haufe
ſtellt. N, Rochette Lettre & M. Schorn p. 341. [W.]
Logaricum (Jt. Ant. p. 97.), Bleden im Welten Siciliens, etwa
heut. Balguarnera. [F.]
Aoyesio», f. Scena. .
Logis (Aoyia, Ptol. II, 2.), Fluß an der Oſtküſte Hiberniens, jetzt
in. IF.
Aoyıorai. Dieſe bildeten nebſt den evövr0o., und deren Beifitzern bie
le Rechnungsbehörde zu Athen, vor welden ein Jeder, der irgend eine
von Gerichtsbarkeit geübt oder Staatsgut in den Händen gehabt, inner-
30 Tagen nad) Ablauf feiner Amtszeit ſich zu flellen Hatte, um Rech⸗
j abzulegen ober denjenigen Klagen Rede zu flehen, die etwa In Bes
ıng auf feine Amtsführung erhoben werden würden. S. unt. evdvraı.
Zogiften waren 10, ebenfo viele der Cuihynen (Harp., Suid., Phot. s.
or. u. vd. Pol. VII, 45.), beide jährlih durchs Loos ernannt (Bekf.
cd. p. 276, 17. Etym. M. p. 569, 31. Phot. s. v. evdvrog). Die
eren wurden in ihrem Befchäfte noch von 20 BVeifigern, napedoo:, unter-
t (Corp. Inser. n. 88. Andoc. d. myst. $. 78. Pol. VIII, 100. Phot.
. wdvroc. Schol. Plat. legg. XII, p. 459.), melde vermutblih von
Euthynen felbft gemählt wurden. Ihre Sikungähäufer hießen Aoyıorndı,
oc. am a. O. Harp. s. v. Aoyıorai. Endlich war noch eine Anzahl öffent-
r angebli erlooster Anwälte, ovrnyopo:, beſtimmt, ven Logiſten, na⸗
ih wenn eine Sache geritlih anhängig wurde, im Interefle des Staates
tand zu Teiften, Bekk. Anecd. p. 301, 4. vgl. Schömann d. comit. Att.
108. Ueber das Berbältniß der Logiſten zu den Cuthynen jedoch iſt leb⸗
geſtritten worden: &. Hermann flellte fogar gegen Bödh ven Unterſchied
er in Abrede (über Hn. BVöckhs Behand. d. griech. Inſchr. S. 220 ff.),
ei er fi u. a. auf Photius s. v. svOwrar, Etym. M. u. Zonaras be
welche von den Euthynen fagen, Tusis d8 zovrovs Aoyınrag Asyouer,
r darauf, daß beide, Logiften und Cuthynen, nie neben einander vor⸗
nen, wo fle aber überhaupt vorkommen. ihr ganzes Weſen, ihre Er⸗
ung, Geſchäfte, Anzahl, Verſammlungsörter ganz dieſelben find, und daß
Srammatiter Feinen Unterjhted kannten, 5i8 auf den einzigen Harpoera⸗
„ ober vielmehr Artftoteles, von bem Harp. s. v. Aoyıoral fagt, disi-
aı nsol toveos Apiororiins 89 ı7 Adıpyaior nolreia, Erde deinvuras
diapsoovm zar sudurem, ohne jedoch den Unterſchied näher zu bezeichnen.
es Zeugniß des Ariftoteles jedoch iſt von foldem Gewicht, daß, fo lange
Nothwendigkeit der von Hermann vorgeſchlagenen Einſchaltung der Ne⸗
nm (or oð diapepova) nit andermweit erwieſen iſt, dadurch allein ſchon
zerſchiedenheit der Rogiften und Cuthynen als ausgemacht betrachtet werben
‚ eine Anficht, melde Boͤckh zuerſt in der Staatöh. d. Ath. I. S. 204 ff.
nd machte, dann wieder. gegen Hermann im Rhein. Muf. I. 1827.
38 —97. ausführlih verfohten bat. Namentli$ wird hervorgehoben,
eine und biefelbe Behoͤrde nicht zwei officielle Namen auf einmal könne
rt haben, der Annahme aber, die Namen Xogiften und Cuthynen feien
ichnungen verfelben Behoͤrde in verfchtevenen Zeiten geweſen (vgl. auch
ru. Schömann Att. Proc. ©. 101.), mehrere Urkunden entgegenſtehen:
1136 u ‚doyoypayoı
fo erſcheinen im Corp: inser. n. 70. svövro: um Olymp. 8I—82, ebend.
n. 76. in dem Beichluß des Kallias um DI. 90, 2 Logiften, in dem Beſchluß
ded Patrokleides aus DI. 93, 4 bei Andoc. d. myst. $. 78. Cuthynen,
Corp. inser. n. 149. aus demfelben Jahre Logiften, und wieder n. 88. aus
Ol. 103, 2 ein evövros in dem Befchluffe eined Demos. Auf einen Unter
ſchied führt auch der Gebrauch der entſprechenden Worte Aoyos und avdvraı,
ſowohl auf Infäriften (C. I. n. 76. u. 108.) als au bei den Rednern
(Aeſch. g. Cteſ. $. 11. snardar Adyor xai, vdvras is apxis do, $. 12.
ao Aöyor, noir evduras doüra, $. 15. Aoy0r ai evödvrag Eyypagerr,
$. 20. ayyoageı» Aoyor nai evduras Sdovau); beide verhalten ge ein»
ander wie die Meinung zu den Belegen. Da nun fletd nur die Rogiflen es
find, bei denen die Meldung der Reechenſchaftspflichtigen geſchieht (C. I. n.
76. Aeſch. am a: O. $. 19. 20.), da ihr Herold es if, welcher zu Klagen
auffordert (Aeſch. F. 23.), da nur fle, und nit die Euthynen bie Klagen
in den Gerichtshof einleiten (Dem. d. cor. p. 266. $. 117. d. fals. leg.
p. 406. $.2i1. Ulp. zu Dem. d. fals. leg. p. 246. Schol. Aeſch. c. Ctes. p. 230.
Bekk. Anecd. p. 245, b. 310, b.), und endlich nad ihnen die Amtshäufer
koyornom hießen, fo if mit Bödh das Verhaltniß beider unbebenfli fo
feflzuftelken , daß die Kogiften überhaupt die Abrechnung annahmen als Haupt»
bebörbe, die Cuthynen aber vorzüglich den materiellen Rechnungẽ⸗ und That»
beftand unterfuchten. Die Jurispiction der Kogiften aber erfiredie fi, mwäh-
rend fie, wenn Alles richtig befunden ward, die Deddarge aus eigener Macht
ertbeilten (emoyuaireodnı Tas evdvras, Dem. d. cor. p. 310. $. 250.),
auf die Fälle, menn entweber die Rechnung über verwaltete Gelder mangel-
haft oder bie Darlegung der anberweiten Amtöführung nicht ausreichend fchien,
oder wenn auf die Aufforderung bed Herolds der Logiften ein Kläger auf»
trat, oder enbli wenn megen nicht abgelegter Rechenſchaft Klage geführt
wurde (ſ. aAoyiov ypagn). Alle dieſe Faͤlle wurden auf dem gewöhn-
lien Rechtswege vor einem heliaſtiſchen Gerichtohof von den Logiſten zur
Entſcheidung gebradt. ©. Meier u. Schömann att. Broc. ©. 103. u. im
Adg. dieſelben S. 99 ff. Hermann Lehrb. d. Stantsalt. $. 154. Schömann
antiq. iur. publ. gr. p. 240.* [ West.]
Aoyoyoayos bezeichnet eine Claſſe von Schrififtelern, welche ven
Anfang einer Geſchichtſchreibung in Griechenland bilden, bie bis auf Hero⸗
dotus reichte, mit welchem bie eigentlihe Geſchichtſchreibung erft beginnt.
Diefe Schriftfleller werben bewegen fo genannt, weil fle es waren, welde
die muͤndlich überlieferten und im Umlauf befindliden Nachrichten Über vie
Vorzeit, insbeſondere über Alles, was vie erfle Anlage, Gründung und Gin»
richtung der einzelnen Städte und Landſchaften, mit allen Ihren Tempeln,
Heiligthümern u. dgl., jo wie die einzelnen Geſchlechter. Voͤlkerſtaͤmme oder
Dynaften, deren Abfunft und weitere Geſchichte betraf, fchriftlich aufzuzeichnen
und dadurch der Nachwelt zu erhalten bemüht waren. Denn Aoyoı bezeidinrt
bier alle auf diefe Weile fortgepflanztn Nachrichten, Sagen hiſtoriſcher Art,
in biefer Beziehung ſchon frühe unterfhieden von dem Ausdruck müde,
welcher auf fingirte, erdichtete Erzählungen binwelst, wie fle die Thatigken
der Mythographen fpäter in Anſpruch genommen haben (vgl. über uu9o;
und Aoyog Creuzers Symbolik IV. ©. 517 ff. ed. 3.). Und in biefem Gina
gebraudt ſchon Herodotus Adyo; von feiner eigenen Erzählung mit beren
einzelnen Iheilen (f. T. IV. p. 415. $. 13. in m. Ausg. des Her.). Die
—5398 — der Logographen bezog fich demnach auf die Sammlung aller ſolcher
im Umlauf befindliden Sagen einer Stadt, eines Volles ober eined Geſchlechtes
* Ueber bie Logiften in ber röm. Kaifergeit f. Marquardts Abh. im d. Zeitfer.
f. d. Alt.Eiſſ. 19888. Nr. 118. LW.T.]
Aoyodsen — Leilin gen 4137
auf die forgfältige ſchrifiliche Aufzeichnung des fo gefammelten Stoffe:
diefen Rückſichten verließen fie auch die Borm ber gebundenen Rede, bie
er allein Gebrauch war, und fehten an ihre Stelle bie freie, ungebun-
Form der Mebe, die Brofa, die mit ihnen beginnt und durch fie ein⸗
hrt ward. Daß diefe höchſt einſach und ſchmucklos war, wenn auch bier
dort Reſte und Spuren poetifher Lieberlieferung noch bewahrend, kann
bieier_ erſten Aufzeichnung hiftoriſchen Stoffe nicht befremben ; indeſſen
die Logographen, fe wie fle einerfeitö als die erften Geſchichtſchreiber,
grarben. und Antiquarier Griechenlands anzufeben find, ebenfo auch die
n Bildner der griechiſchen Brofa, noch unberührt von der fpäteren So⸗
if und Rhetorik, die aber fhon bei Herodotus bemerklich iſt, der ſich ſowohl
uch von den Logographen untericheidet, als auch durch tie enlidh- fünfl«
be Behandlung des Stofl8 und die Überall durchblickende Frirtihe Mich»
‚‚ mit welder er bie überlieferten Angaben zu prüfen oder auf deren
fle zurüdzugeben fucht. Veides aber tft den Logogravhen fremb, die ſich
der einfahen Aufzeichnung des überlieferten bitoriiken Stoffe begnüuten.
die eigentlihe Heimarh der Logographie iſt ro'zuadmeiie dad am früheflen
iner höheren Stufe ber Eulrur ſich erbebende Jonien zu beirachten,
In und die Namen der eriten Logegranben, eined Cabmus von Mile -
Bd 11. ©. 21.), Dionyfiud von Mile (Bo. Il. S. 1088) Heca-
8 von Mile (Bo. HI. S. 1083), Hellanicns von Mitpiene (Bo I.
1106.), Damaftes ron Sigenm (Br. 11. S. 549). Charon von
pſacus (Bo. II. S. 291 ) und Andere verweilen; aub Acuſilaus
Argos (i. Bo. I. S. 60 ) kann bier noch genannt werden und Bhere-
es von Leros (f.-d.), mit welchem die Logographie gemöhnli geichloſſen
Zür uns find ſowodl fle ſelbſt als and die meiſten Schrifiſteller, von
yen fle benugt worden find, verloren. S. über die Logographen insbeſ.
zer: die hiſtor. Kunſt d. Briehen ©. 173 ff. Krüger ad Dionys. Histor.
36. — lieber Aoyoyoagos als Werichtöreden.verfafler f. oben ©. 8:0. [ B.]
Aoyodsıng, im byzantiniihen Staateorganismus ö Tois Önmoniog
mois dpeormxid;, Brocov. Goth. IH, 1. Hist. arc. 24. in. [W.T.]
Aoinsos, Erreiter von ber Seuche, hieß Apollo zu Lindos, Macrob.
I, 17. p. 287. Bip. .T
Lollienus, mit feinen volflännigen Namen Lucius Egnatius Victor
ſanus (}. die Inichrifien bei Dfann Corp. Inscr. p. 62. bei Bödh
2. *), ein griechiſcher Sophiſt, gebürtig aus Epheſus, in ver Scule
Aſſyriers Ziäus (ſ. S. 269.) gebildet, wie Suidas und Philoftratus
ben, fällt unter Hadrian und Antoninus Pius und war der Erſte, welcher
then den Lehrſtuhl (Buorog) der Sophiſtik einnahm, nachdem er daſelbſt
r beim Zollmeien angeflellt genefen war. Er wird als Redner aus bem
reif, welcher ih durd eine gute Bemeisführung und Kraft Ted Aue
8 ausézeichnete, von Philoſtratus (Vit. Sophist. I, 23.) fehr gerühmt:
bar fi von feinen Reden und fonfligen Schriften Nichte erhalten; daß
ver rhetoriſche Begenflänve geſchrieben, zeigen mehrere Spuren, auch ber
auch, den antere Abetorifer, mie Hermogenes und Sopater, davon ges
t haben; insbeſondere werten Schrifien: mapi mpooimr nal Ömyiaeor,
' noAırınn) , téxvn nepi apnpuas Ömropena y angeführt; vgl. Weflermann
d. Gilech. Berediſ. F. 95 N.18. Kanfer ad Philostr. p. 261f. [B.]
Lollia gens, ein plebejiihes Geſchlecht, deſſen Urfprünge ſowohl
Samntiüche (f. Nr. 1.) als ins Gabiniide (vgl. unten Nr. 8. init.)
n, zum Cicero's Zeit in Nom ziemlid ausgebreitet; denn außer ben
ern und unbeflimmten Erwähnungen ad Fam. V, 8, 2. Aut. I, 8, 3.
und im Rhein, Maf, N. 8. I, 3, ©. 210, [W.T.]
uly, Real⸗Cucyclop. IV.
1198 - Lollla gons
XIII, 48, 2. (M. Varronis et Lollii Iaudatio Porciae) werben genannt et
‘C. Lollius, @ie, ad Att. XI, 21, 4., ein L. Loll. ad Fam. VIH, 8, 3
App. Mithr. 95. (Legat von Pompejus), ein Loll., unter Gulla proferibü
und getöbtet (Orof. V, 21.), wozu noch kommen;
4) der Samnite Lollius (AoAsos zus ame Zavriım, Bonar. VII
7. in.), im J. 488 d. St. als Geiſel in Rom, entflob aber, fammelte un
fi eine Schaar Lanbeleute, zog fih in einen feften Pla und madte vor
da Raubausfälle in die Umgegenn. Da aber feine Leute meift zufammenge:
laufen und unbewaffnet waren, fo wurbe e8 dem DO. Gallus und E. Fabiut
leicht, ihn ſelbſt ſammt feiner Mannfchaft in feine Gewalt zu befommen, ſ.
Zon. 1. 1. Sram. des Dion. Hal. bei Mai Ser. Vett. nova coll. II. p. 326.
Eyntell. Chron. p. 275. ed. Par.
. 2) Q. Lollius, eqves rom., zur Seit von Verres' Verwaltung in
Sicilien senex prope annos XC natus, von Verres' Gehllfen DO. Apronius
ſchnoͤd behandelt. Gic. Verr. III, 25, 61 f. Beim Proteſſe gegen Berres
trat er aetate et morbo impeditus nit felbft als Zeuge auf (ib. 63.),
wohl aber erfgien fein Sohn M. Loll. (ib. 63.). Sein älterer Sohn Q.,
adolescens et bonus et fortis et imprimis disertus, ‚qvi Calidium accusavit
(ib.), war um Beweismittel gegen Verres zu fammeln, nad Sicilien gereist,
aber unterwegs (vermuthlih auf Anfliften des V.) ermorbet worden, ib.
8) M. Lollius Palicanus, humili loco, Picens (Sall. Hist. 4.
p. 228. Gerl.), Volkstribun im I. 683 — 71. Als folder mlıkte er mit
großem Gifer für die Wiebererweiterung ber von Sulla beſchränkten tribuni-
ciſchen Gewalt (Ascon. zu Divin. in Caecil. 3. p. 103.). Zu diefem Zweck⸗
veranſchaulichte er die Parteilichkeit ver Senatögeridgte durch Öffentlide Vor⸗
flellung eines von Verres gegeißelten Bürgers (Gic. Verr. I, 47, 122. und
dazu Ascon. p. 193. Or.), veranflaltete auch für den aus Spanien zurüd:»
gekehrten Pompejus vor den Thoren eine Volksverſammlung, worin fig
biefer gleihfals für jene Erweiterung ausfprad (id. zu Act. 1, 15. p. 148.).
Ebenſo führte er vor dem Volke über die Berurtbeilung des Sthenius Klage,
Gic. Verr. II, 41, 100. und unterflüßte die lex iudiciaria des 2. Aureliut
(Schol. ron. zu Act. I. in Verr. p. 386. vgl. oben ©. 963.). Dafür
haßten ihn die Optimaten fo bitter, daß G. Piſo im J. 67 —= 687 in de
Gonfulareomitien erklärte, wenn man den Pal. wähle, fo werbe er die Wahl
nicht bekannt machen, woburd feine Bewerbung vereitelt wurbe (Bal. Mar.
I, 8, 3.). Auch im I. 64 erwartete man, daß er ald Candidat auftreten
würde (Gic. ad Att. I, 1, 1.). Parteihaß fpridt aus ben Urtheilen detr
Saluft (1. 1. bei Quintil. IV, 2, 2.: loqvax magis qvam facundus, vgl
Gell. 1, 15, 13.) und des @ic. Brut. 62, 223.: Palicanus aptissimus au-
ribus imperitorum. Vgl. aud Gic. ad Aut. I, 18, 7. Der M. Lollius, der
unter dem Tribunat des Clodius Gicero’8 und Pompejus' Tod verlangte und
nad dem Gof. Metelus mit Steinen warf (pro dom. 5, 13. vgl. 6, 14.
83, 89.), muß jedoch ein Anderer ſeyn, ſchon weil Gic. den Tribun immer
M. Pal. oder blos Pal. nenwt, was die Münzen Palikanus fhreiben, f. Vaillam
. Loll. 4. 5. Eckhel V. p. 236. Raſche lex. r. num. II, 2. p. 1815. Wahr»
fHeinli eine Tochter von Ihm war die an A. Gabinius (Gof. 58) verhel-
rathhete Lollia, die man eines firafbaren Umgangs mit Gäfar beſchuldigte
(Suet. Caes. 50. vgl. Cic. ad Fam. IX, 22, 4., wo eine Lollia al8 übel»
berüchtigt genannt wird). &. Drumann IV. S. 386. U. 78.
4) Cn. Lollius, mit M. Mulvius und 2. Sertilius triumvir (noc-
turnus), als welche fie beim Volksgericht belangt und verurtheilt wurden qrod
ad incendium in sacra via ortum exstingvendum tardius venerant, Val.
Max. VII, 1, 3.
5) M. Lollius Paullinus (vgl. Tac. Ann. XII, 1. Obbariuse zu
®
Lellta gens 0 4134
Ep. 1, 2. p. 133 f.), M. F. (Fast. mag. r. in ®räv. Thes. XI. p. 212,
nt. fast cos. p. 49. vgl. @ruter p. 166, 1., wogegen ib. 169, 2. 9.
‚ alle drei Infehriften zu Ferentinum, vgl. Bob. III. ©. 1379.) ; primus
iam pro praetore administravit, @utrop. VII, 3. Gof. im 3. 733
I mit O. Nemilius Lepidus (Dio LIV, 6. vgl. Vor. Ep. I, 20, 28.),
vir monetalis, Raſche II, 2. p. 1817. Nr. 23. Im). 738 befehligte
Germanien und flegte Anfangs (Obſeq. 131. insidiis Romanorum
ani circumventi sub M. Lollio legato graviter vexati, vgl. Guſeb.
1. ad a.), murde aber naher von ben Sicambern, Uftpetern und Tench⸗
unerwartet in eine Schlacht verwidelt und gefhlagen (Dio LIV, 20.
na clades, Tac. Ann. I, 10. maioris infamiae qvam detrimenti, Suet.
23. vgl. Bell. Bat. II, 97, 1., wonach er einen Legionsadler verlor).
r ſich rächen wollte, zogen die Germanen fich vor ihm zuräd, Diol. 1.
tus eum veluti moderatorem iuventae filii sui (Caii) esse volebat,
11, 102. in., und in diefer Cigenſchaft eines rector (Tac. Ann. III, 48..
; et rector, Suet. Tib. 12.) begleitete er im 3. 752 ben zum prae-
s Orientis (Suet. 1. 1.) ernannten Cajus nah Armenien (Zac. 1. 1.)
r biebel auctor Gaio Caesari pravitatis et discordiarum gewefen ſei,
tet Hei Zac. 1. 1. ein Bartelifher und Bell. II, 102. fpricht von feinen.
ı et plena subdoli ac versuti animi consilia, von welden Auguſt
erhalten habe, womit Bel. den plögliden Tod des 2. in Verbindung
ingen geneigt iſt (vgl. Plin. H. N. IX, 35, 58. hoc fuit qyare M.
s — interdieta amicitia a Caio Caesare Augusti filio venenum bi-
‚ welden er als ein erfreulicdes Ereigniß ſchildert. Bon feinem Cha⸗
fagt derfelbe Bell. (IE, 97.): homo in omnia pecuniae qvam recte.
di cupidior et inter summam viliorum dissimulationem vitiosissimus.
Bin. 1. 1. M. Lollius infamatus regum muneribus in toto oriente.
en rübmt Hor. Od. IV, 9, 80 ff. u. U. ausdrücklich an ihm, daß er
ens ducentis ad se cuncta pecuniae fel (v. 37 f.), daher feine Geldgier
dem verſuchungoreichen Oriente fi entmidelt zu haben ſcheint. Die
Haftligen Aeußerungen von Bell. über Loll. erklären fi$ aus dem
Bernehmen, in melden diefer mit Tiberius fland (vgl. Tac. Ann.
8. Suet. Tib. 12.). Loll. Hatte zwei Söhne; an den ältern berfelben
maxime Lolli, Ep. 1, 2,1.) richtete Horaz zwei Briefe vol guter Lehren:
1.18. Er nennt ihn Ep. I, 48, 1. liberrime Lolli, ermähnt v. 50 ff.
Körperflärke, feiner Theilnahme am cantabrifchen Feldzug, feiner Spiele
‚aterno. u. v. 68. feined Bruders. Ep. I, 2, 2. ift Loll. noch in ver
faule. Auf ihn bezieht fi wahricheinlih Macrob. Sat. II, 6. ine
ı (neptis, Plin. 1. 1.) des Gof, 733, ſomit eine Tochter eine ber.
Brüder (nah Tac. XN, 1. u. Solin. 53. vielmehr M. Lolli consu-
ilia), war Lollia Paullina, an. Memmius Regulus vermähft,
on Galigula plöglih aus der Provinz zu ſich berufen und mit Bewilli⸗
hres Mannes geheirathet (über ihr Hochzeitgeſchmeide f. Plin. 1. 1.),
edoch wieder verfloßen (npogaseı og un zixeovoar, Die LIX, 23.),.
cto cuiusqvam in perpetuum coitu (Suet. Cal. 25. Dio LIX, 12.).
’ Hatte fie Ausfiht Elaudius’-@emahlin zu werden (Suet. Claud. 26.
inn. XU, 1f. Dio LX, 30), und wurde daher von Ihrer flegreichen
n Agrippina ermorbet (Tac. 1. 1.22. Dio 1.1). Erf Nero geflattete
ierliche Beerbigung, Tac. Ann. XIV, 12. — Gin Cos. suff. M. Loll.
us fommt im 3. 846 — 93 n. Chr. vor; viele andere Lollii und
ſ. in Gruter. Index, bei Raſche 1. 1. Echel V. p. 236 f.* Lieber
Sim römischer Töpfer des Namens findet fih anf einer Scherbe bei Kanten,
ſeytral⸗Muſ. rheint,. Inſche. UI. ©. 107. [W.]
'
41140 Loneium — Kondinlam
ein zu Salona enivedtes Grabmal von Lolliern ſ. Jahns Jahrbb. 1829. I.
©. 236. Die Inſchrift eines DO. Lollius Felix, errichtet von feinem gleich“
namigen Breigelaffenen und feiner liberta Lollia f. bei Drei 2690. Bol.
Dbbarius 1. I. p. 130—136. Bayle dietionn. HI. s. v. — Ein Lollius
Urbicus beilegte unter Antoninus Pius die Britannen (Bapitol. A. P. 5.)
und war Statihalter in Afrika, Appulej. Apol. p. 381f. Ond. [W.T.]
WVerſchieden von ihm ift der röm. Geſchichtſchreiber unter Macrin und
Heliogabalus, Loll. Urb., deſſen Schrift Lampriv. Diadum. 9. citirt. —
B
VUeber Lollius Bassus |. ®v. I. ©. 1071.
Lonckum (It. Ant. p. 279.), Ort im ſũdlichen Noricum, am rechten
Ufer des Dravus; feht Lienz in Tyrol am @influß der Iſel in die Drau.
Dal. Muchar Noritum S. 249. Mannert III. S. 632. Hält ihn fälſchlich
für den heut. Badort Zelten. [F.]
Londinieam (Tac. Ann. XIV, 33., fo au Btol. II, 2. u. Eumen.
Paneg. Const. 17. oppidam Londiniense), Lundinium (Anm. Warc. XX, 1.
. XXVI, 8. XXVIII, 3.), Ardonor (Steph. Byz. p. 516.), Longidinium,
Variante im Ft. Ant. p. 471 f., beachtungsmertb wegen der aus der alt»
briniſchen Sprache mit Recht verfuhten Ableitung ded Namens von Lhong,
Schiff, und Dinas, Stadt, für welche u. A. die frühe fon durch jeine
Lage bedingte Bereutung Londons, die analoge Bezeihnung anderer Orte,
z.B Naupactod, Nauſtathmon, beſonders aber bes celtifhen Bologne, Ir
ooppiaxov anireıor bei Pıol. II, 8. in einem brittiſchen Gloſſar Bolung
Zong, und Londons Benennung in der Nänie eined brittiihen Barden:
Lhongporth, zu ſprechen ſcheinen? (Camden, Britannia p. 303. des latein.
Originals, I. p. 370. 9. engl. erweiternden Ueberf. 2. A. von @ibion).
„ Während die dichtende Gage die Lücke über Londons erfle Anfänge mit einem
König Ludd oder ſonſtwie auszufüllen ſucht, dürfen wir jedenfall Brit ter
als ihre erften Gründer annehmen, ſei es nun nördliche Anwohner des unters
Themſelaufs, die Irinobantes (Torwoarzes bei Btol. in dem b. Gifer um.
Middleſex), oder fünlide, die Kanıti (im heut. Kent, jene zu Cäſars Zeiten
einer der Fräfıigfien (B. G. V, 20.), diefe der bei weitem gebildetſte (ebd
14.) unter den briniihen Stämmen; In jenem alle wäre Londons Wiege
ein Haupttheil der heut. Stadt, in biefem im heut. Southwarf zu ſuchen;
zum Gebiet der Karzıos rechnet die Stadt wenigftens Ptol. a. a. O.; vielleidt
kam fie erſt in den Bels von dieſen (N. Henry, The History of Great
Britain T. I. p. 516.), etma dur röm. Machtſpruch, oder überragte eue
urfprünglich blofe, auf das Eenılihe Flußufer vorgeihobene Vorſtadt durch
‚ihre Tebhaftere Sandelsverbindung mit den ſüdbriniſchen Häfen, Rutupise
u. f. f. damals den am Norbufer gelegenen Hauptort, und wirb darum vom
Btol., wenn biefer nicht überhaupt hier fehlgreift, mit defien Namen bezeichnet
(f. über diefe in Britannien häufigen Vorſtädte Wellbeloved, Eburacum er
York under the Romans, nad ver Rec. in den Berl. Iabrbb. f. w. Kr.
1844. 11. &. 397 f.). Gäjar, welcher Britannien der roͤm Nachwelt eher
zeigte als überlieferte (Tac. Agric. 13 ), und wahrſcheinlich bei der Binmündung
des Flüßchens Wey in die Ihemfe ſüdweſtlich von London über den Strom
ging (B. G. V, 18—21. Camden p. 213. Beda, hist. eccl. I, 2.), feımı
nicht nach biefer Stadt gekommen zu feyn; ob Auguflus (i. d. angef. Ber.
©. 392.) oder Claudius, IR noch ungemiffer. Iedenfalld macht ſich von Dei
Lepteren britannifchen Feldzuge an der Einfluß von Noms Macht, Bildung
* Die Abrigen wambafteften Ableitungen erklären bie zweite Sylbe des Wortes
ebenſo, wie die obige, bie erfie dagegen entweber aus dem brittifden Lihwn: Wa,
auf Eaſar (B. Gali. V, 21.) und Strabo 200. fich fiägend, oder von Liya, im Writzis
ſchen „breite WBaflerftäne,“ Leigb6 New Picture of London p. 1 f.- .
Londintem | 1141
Handelsthätigkeit in immer größerer Ausdehnung auf Britannien geltend,
wie diefes die Paläſtra folgender röm. Imperatoren wurde, fo warb auch
: Stadt von biefen und anderweitigen röm. @infläffen mehr oder meniger
k berührt. Zwar nicht röm. Colonie, wie Camulodunum (Xac. Ann.
,s1., j. Malden in Efier, engl. Ueberf. von Camden p. 416 f., vie
Claudius eroberte Reſidenz Cunobelins, Gafl. Dio LX, 21. Ardäol.
tung von Gerhard, 7te Lief. S. 351 f.), noch Municipium, wie Verus
ium (Tac. 33. in der Nähe des heut. St. Albans, Georgii, Alte Geogr.
S. 136 ), erfcheint Londinium dafür in Nero's Tagen als ein Marft«
3, dur Menge der Einwohner, Kaufleute, Ein» und Audfuhrmaaren
. I. S. 1173. Diod. Sic. V, 12. Suet. J. Caes. 47. Plin. IX, 35.),
Hu auch durch Geldverkehr (Caſſ. Dio LXII, 2.), höchſt bedeutend, wurde
re um dieſe Zeit (62 n. Chr.) ſammt den eben genannten Städlen das
fer des Aufſtandes der mehr zum Vortheil Binzelner ald des röm. Staates
»v. praef. 5.) mishandelten Britannier unter Anführung der helden⸗
higen Boadicea (f. d. Art.). Der röm. Feldherr Paullinus Suetoniuß
ie die wie es ſcheint noch nicht, oder nicht gehörig befefligte Stadt trog
Hilferufs ihrer aus Nömern und Provinzialen gemifchten Bevölkerung
i8 geben müſſen (ac. am a. D. 31f. Agric. 14 f. Suet. Nero 39.
. 18. u. 40. Gaff. Dio LXII, 1. 7. 9.). Londiniums erfte Blürhe fällt
‚ in die Zeit der Iulier, feine zweite in bie der Antonine; denn weun
ddurch jenen Aufitand nicht ganz nernitet, fo doch durch Raub und
rd bedeutend geſchwächt, konnte es fi, wohl hauptſächlich unter den
znungen von Agrieola’8 Verwaltung (Tac. 19. 21.), vielleicht aud von
driand orbnender Gegenwart (el. Spartian. 12.), nur allmälig wieder
olen, daher ed bei Blin. IV, 16. (vgl. mit IE, 75. 1X, 35. XXXVII, 2.)
h nicht ermähnt, dagegen wieder unter dem Stäbterohlihäter (3. Capitol.
Antoninus P. ald Hauptſtadt der Kantiee (Prof. II, 2.), und in dem
er demfelben Kaifer in feiner erflen Form wenigſtens erfchienenen Itin.
t. p. 471 f. als der wichtigſte Ort aufgeführt wird, ber zum Mindeften
onnen hatte, für die Britannien durchktreuzenden Straßen (Tar. Agric. 31.
mden p. AA f.) Ausgangs» uud Endpunkt zu werden (f. unten über den
ndon-stone). Die dritte Blüthenzeit Lonbiniums fällt in dad Jahrhundert der
aftanıine, welches auf die für Stadt und Land durch Weckung ded National»
ihls gegenüber von Nom jedenfalld bedeutſame Ufurpation einer britannte
n Katjerfrone durch Garanflus (f. d. Art. und Lappenberg, Geh. von
zland I. ©. 41 f. 56.) folgte, ſelbſt wohlthätig für beide unter Konflan»
Chlorus (f. d. Art.), der durch Neigung und Heirath mit Helena, aus
. Bürftengefhlehte (Rapypenb. S. 44.; dagegen oben Br. I. S. 617.
er im Gögliner Progr. 1844 De primordiis eecles. Britannicae etc.
15 f. #**) enger an Britannien geknüpft, daflelbe und das danfbare Lon⸗
um von Allectus und feinen fränftichen Sölpnern befreite, die plündernd
oppidum Londiniense pervenerant (@umen. am a. D. 17. 19.), fo wie
er feinem Sohne Gonftantinus, einerfettd dur Ummallung der Stabı *
ımden p. 804 f.), anbererfeitö durch Befeftigung des bereits am Ende deö
iten Jahrh. auf den Heer» und Sanvelöftraßen von Gallien aus In die
ubrit. Markt⸗ und Lagerorte vorgedrungenen Chriſtenihums (Müller am
).p.6 f.) dur einen Biſchof von Londinium, den wir unter dem Namen
Hıutus neben zweien von Dort und Lincoln auf dem erflen Goncil von
es (I14.n. Chr.) erbliden (Rappenb. S.4df. Müller am a. O. p. 16f.).
h Gonftantin Hatte auch durch Abberufung der röm. Legionen aus Bri⸗
iien nah dem Oſten jenes den Picten und Scoten blosgeftelit,. fo daß
* Wenn biefe nicht vom Feldherrnu Theobofius herrührt, Leigh am a. D. p 3
\
1142, Londiniam
diefe, nad den Meichthümern des im vierten Jahth. namentlich durch den
Getraidehandel fröhlih anfgeblühten Landes und ſeines Hauptmarfies Lon⸗
dinium (Lappenb. ©. 48 f.), lüftern, über die nörbliden Kaiſerſchanzen ins
Süpdland einbrachen, daher Julian als Lenker des Weftens (360 n. Chr.)
den 2upicinus and Gallien herüberfanbte, der von Londiniunm aus (Anımian.
Marc. AX, 1. XXVI, 4.) zu operiren gefonnen, dort ſchon die Verhältniſſe,
wiewohl nur auf Eurze Zeit, beſchwichtigt zu haben ſcheint. Denn am Ende
bed Decenniums muß dem vom Süden ber durch fränfifhe und ſächfiſche
Seerfäuber, von Norden dur die alten Feinde bedrängten Brit. und Londig
ber legte große, bier aufgetretene röm. Feldherr, Iheodoflus, des gleichna-
migen Kaiſers Vater, zu Hilfe Eommen, und wiederum iſt die genannte Stabt
der Hauptpunkt feines Auszugs und feiner flegreihen Nüdkehr (Henry p. 71 f.
Lavrenb. ©. 55.), und wird von dem Berichterflatter Ammianus zweimal
(XXVII, 8. XXVIII, 3. vgl. mit Claudian. de III. Cons. Honor. v. 52 f.
de IV. Cons. v. 26 f.) mit dem für feine damalige große Bebeutiamfeit
jedenfalls * ſprechenden Namen „Auguſta“ bezeichnet. — Unter der folgenden
angelſächſiſchen Herrſchaft wird das Chriſtenthum als die Neligion der Be⸗
fiegten anfänglih zurückgedrängt und Theonus als der letzte altbritt. Bifchof
Londiniumd genannt; aber trog dem und baß die Stadt, ald Zufluchtsort
der geichlagenen Britten zittern mußte (Lappenb. ©. 72.), blieb fie „„mul-
torum emporium populorum terra marique venientium‘‘ (Beba, hist. ececl.
11, 3.), und SO Jahre nad Vertreibung des Iheonus wird unter Aevilberer,
dem Sacfenfönig von Kent, Mellitus als neuer Biſchof ber „civitas Lun-
donia‘‘ geweiht, in ihr erhebt ſich angeblih über einem Apollo- und Diana»
Tempel St. Petri Kirhe und Abtei zu Weflminfler und St. Pauli Dom
(Camden p. 306 f.), und fie und Eburaca erfheinen ald Metropolen des
{don damals gegen Roms Supremat dort opponirenden Ehriftentfums (Müller
am a. O. p. 36f. 44 f.), dieſes geiftigften Vermächtniſſes ver röm. Herrfchaft
in Britannien. (Beba I, 29. II, 2. 3. 5. 6). Neben ihm verbient jedoch
au die römiihe Anordnung des ſtädtiſchen Weſens unter Decurionen u. f. f.,
fo wie die Beftflelung der Verhältniffe von Handwerkern und Künfllern durch
Einrfätung der Eollegia (Kappenb. ©. 32 f.) in London fo mie in anbern
der 28 röm.britt. Städte al8 ein von den Römern dort binterlaffener Keim
reiher Entwicklung des in den folgenden Jahrhunderten in England fo ein»
flußreihen Municipals und Gildeweſens eine ehrenvolle Stelle. Dagegen find
andere Denkmale der Römerzeit in London mie faſt allenıhalben im röm.
Brirannien meift fpurlos verihmunden (Kappenb. ©. FO f.). Denn, wenn
und auch die engl. Antiquare (f. in Kürze Leigh p. 2 f. Cruchley's Picture
of London p. 2.) die Erftredung des Rechtecks von Londinium in die Breite
zwiſchen Themſe und London Wal, und in die Länge zwiſchen Tower ober
Wallbrook und Ludgate nachzuweiſen fuchen, fo hHafıet doch das Banze an
fümmerlien Spuren ber no unter Epuard V. erhaltenen Mauern, Ahürme
und Thore, in deren Umgebung Münzen Helena’s, dieſer angeblichen Urheberin
der Umwallung durch ihren Sohn Conſtanlin gefunden worben find (Gamden
p 304. @dhel D. N. VUI. p. 142 f.); und obgleih der Bund eines Metall»
Rüds und dreier Goldmünzen von Honorius und Arfablus im Bereich des
Towers auf röm. Anlagen bier ſchließen Iafien mag (Leigh p. 174.), fo iR
doch die jegige Feſte ein Werk Wilhelms I. ; von der altröm. Gebäudepracht,
die, wenn fhon groß zu Jeca Silurum (It. Ant. p. 484.), In dem bo
* Mag nun derfeibe von Lonbiniums angeblicher Gonnerin Helena oder ihrem
Sohne Eonftautin, oder ber dort Rationirten Legio 1]. Augusta (vgl. 06. ©. 873.)
oder davon herrühren, daß es jeut Eolonie (Lapyınd, S. 32.) ober and Hauptort
bes Provinz war (Tamden p. 305 f., engl, Ueberſ. p. 374f. Leigh p. 2.)
Londöhels — Longinus 1148
iger romaniſirten Weſtengland (Lappenb. S. 35 f.) und noch ein Gegen⸗
d gerechter Bewunderung für den Waliſer Girald (Camden p. 489 f.),
‚ in London noch weit größer gewefen feyn muß, iſt hier Nichts, ander»
+8 im Lande nicht viel mehr als Nichts geblieben (Kappenb. S. 49—51.);
von den zahlreichen britt roͤm. Straßen (Lappenb. S. 49.), deren füb-
r Knotenpunkt London für nicht weniger als 8 Mouten war (nah dem
Ant., und dazu Henry p. 519 f. fammt der Karte), bat fi, fcheint es,
aureum milliarium Altlondons in dem vielgenannten London⸗ſtone er» -
en, ber ehemals von größerem Umfang jebt in bie Uußenmauer von St.
ithinochurch in Cannon⸗Street (zwiſchen Tower und St. Paul) eingefügt
und in deffen Nähe Watling- Street nordweſtlich fich Hinzieht, ein Segment
röm. Etraße von Rutupiä (j. Richborough in Kent) nad Segontium
Gaernarvon in N.Wales), vor, wohl vie ältefle und noch erfennbarfle
ır der Nömer im heutigen London (Leigh p. 225 f. Cruchley p. 133. [Cless.]
Londöbrie (Aoröoßois, Btol. II, 5., bei Marcian. p. 43. Acrovngıs).
U vor der Weſiküſte von Aufltanien, im NW. des Prom. Lunarium, jegt
linguas. [F.]
Longänus (Aoyyaros, Polyb. I, 9, 7., bei Died. Sie. XXI, 19.
l fälſchlich Aoirævyòög), Fluß Im Norboften Siciliend zwiſchen Mylä und
daris, zum @ebiete von Mylä gehörig, und merkwürdig durch den Sieg
o's über die Diamertiner (Bolyb. u. Diod. U. II.); wahrſch. der Heut.
Luce. Vgl. Mammert IX, 2. ©. 277. [F.] *
Losgatleum (It. Anton. p. 129. It. Hieroſ. 560. Tab. Peut.),
im Sübden von Pannonia Superior an der Straße von Aquilefa na
na; j. Lohitſch, bei Muchar Norikum ©. 239. Logatecz. [F.]
Longinus (Aoyyivoc), bei Suidas und Photius auch Cassius ges
nt, woraus, in Berbindung mit der Aufſchrift des allein noch von ihm
yandenen Werkes, als vollftändiger Namen Dionysius CassiusLon-
us aufgeflelt worden iſt von Ruhnken $. II. der Diss. (P. J. Schardam)
vita et scriptis Longini, Lugd. Bat. 1776. 4., dann in Ruhnkens
ıscc. ibid. 1807. 8. p. 306 ff. ed. Kidd. r. 306 ff. ed. Friedemann,
nsvig. 1828. II. p. 412 ff. und bei den Ausgaben des Longinus von
p, Weiske (p. LXIX ff.) und Egger. Unbekannt If das Jahr feiner
urt: es wird von Ruhnken ($. III.) nicht unmahrfgeinli auf 213 n.
. angefeßt; eben fo ungewiß iſt der Ort feiner Geburt, den Manche zu
myra, Andere in Syrien ober Bamphylien ſuchen, Ionflus und Ruhnken
IIT.) Tieber zu Athen. Nah feiner eigenen Verficherung (in der von
phyrius De vit. Plotin. p. 127 ff. mitgetheilten Vorrede zu der Schrift
relovg) hatte er fhon in frühen Jahren mit feinen Aeltern ausgedehnte
en gemacht, und bei dieſer Gelegenheit alle in ber Philofopbie bedeu⸗
n Männer, wo fi nur eine @elegenheit bot, fie Eennen zu lernen, aufs
H. Gr nennt und aud eine lange Reihe von Namen, von melden wir
Wenigften näher kennen, es find Platoniker, wie Stoifer und Peripate⸗
‚ die bedeutenpften darunter, Ummeontius Saccas, Origenes und Plotinus.
eſondere ſcheinen die beiden erflen, feiner eigenen Verficherung gemäß,
größten Einfluß auf feine Bildung gehabt zu haben, ohne daß er jedoch
en trüben Myficiemus, dem die Platoniſche Schule jener Zeit fi Hin-
sen, unbedingt hulbigte, wie denn PBlotinus, als er ded Longinus Schrift
axoyör gelefen, ihn kaum für einen Vhilofophen gelten laſſen wollte,
ın (nad Porphyrius Vit. Plotin. p. 116.) audrief, er fei wohl ein
olog, aber keineswegs ein Philoſoph. Sein klarer Verſtand und feine
rfelle Bildung (moAvurdng nal npsrinos heißt er bei Suidas) ſcheint
vielmehr von einem engern Anſchluß an die Neuplatonifhe Lehre abge-
n zu haben (vgl. Ruhnken $. VI.). So gebilpet gewann er bald als
1244 Longisus
Lehrer zu Aiben ein große Anfchen, welches durch fein umfangreiches Wifſen,
das fich in verſchiedenen Werfen fund gab, nit wenig —— er
galt nach dem Ausdruck des Cunapius (Vit. Porphyr. p. 16. oder p. 7.
Boiss.) zu dieſer Zeit ald eine Iebendige Bibliothef und ein mwanbelndes
Mufeum (megınarovy Movoesiory), er war bort der Lehrer des Porphyrius
und vieler Andern (vgl. Ruhnken $. IX. X.). Gine Meife, die er in ben
Diient unternahm, brachte ihn, mie es fcheint, in Berührung mit der Königin
Zenobia zu Balmyra, ald deren Hatbgeber er fortan erſcheint; er ermutbigte
die Königin in ihrem Widerſtand wider Rom, meshalb der Kaiſer Aurelian
nach der Unterbrüdung des Aufftandes ihn Hinzichten ließ, im I. 273 n. Chr.
(f. Zofim. I, 56. Ruhnken 6. XI. Gerb. van Gapelle: De Zenobia Pal-
myren. Augusta, Traject. ad Rhen. 1817. 8. c. VII). Das einzige noch
vorhandene Werk deſſelben iſt die Schrift mepi vwovs, deren Aufichrift in
der älteſten Pariſer Handſchrift (AMimvoiov 7 Aoyyirov, während in einer
Slorentiner ’Aroruuov r. v. fl befindet) den Zmeirel Amati’s (f. in Beiäk:'s
Ausgabe p. 213 ff.) herbeigeführt hat, welcher dieſe Shift, ungeachtet
ihres offenbar fpäreren Charakters in Faſſung und Ausdruck, für ein Vrodukt
des Augufteifgen Zeitalterd halten und dem Dionyſius von KHalicarna Hei»
Iegen möchte, während Weiöfe lieber an den Dionyflus von Bergamum "Sol
an den Dionyflus von Milet denken wid (f. Bd. 11 ©. 1032 nebſt Weſter⸗
mann 6. 98. not. 3.). Diefe Schrift, welde die Ratur des Erbabenen rom
philoſophiſch⸗kritiſchen Standpunkt aus darflellt, und durch gute Beiſpiele
aus dem Alterthum erläutert, zeigt ein durchans gefundes und richtiges Urs
theil und einen fehr correcten und lebendigen Sıil. Seine übrigen Schriften,
von denen wir meiſt nur die Titel mit einzelnen Bruchſtücken kennen (f. Suid.
, v. Ruhnken 6. XIV. Fabric. Bibl. Gr VI. p. 89 ff.), find äußerſt manchfach
und in die verſchiedenen Gebiete der Kritik und Grammarik, wie der Rhetoril
und Philoſophie einfchlägig; auf Homer beziehen flh die 'Aroonuara Our
oıxa, IlooßAnuara Ouneov xai Avoas In zwei Büchern, die Abhandlung
Ei giAdoopos "Ounoos, vier Bücher nepi or napg Ourow rolle onpar
yovonv Assenr; ferner zwei Bücher 'Arrınaor Asseoır, Asse; "Aruuayov mi
Horniswrog u. f. m. ; eine zaym ortopınn, von der wir noch Einiges befigen
(1. Bd. I. ©. 648.), Eis 77 ümrooımı7 'Eouoysrovs und Anderes; Gommen: |
tare zu Platons Timäus und Phädon, dann die durch Porphyrius (a. a. O.)
und betannten Schriften, in denen er vielfah Lehren de®- Plotinus und ves
Porphyrius befiritt: meoi «pyar, mapi Tsiove, nepi Opuns, nepi Tor idser,
repi wugüc. Wenigflend ein und zwanzig Blicer zählte das Wert oi Buo-
Aoyo: (f. Ruhnken 6. X. vgl. Weite in f. Aueg. p. XC.); es enthielt, mir
e8 ſcheint, eine Kritik der verſchiedenen Schrififieler des Alterihums: mar
hat vermuthen wollen, daß die Schrift mepi vyovs nur ein barand eat
nommened Bruchſtück fel. Diele erſchien zuerſt gedruckt zu Bafel 1554. 4.
von Fr. Nobortelus. und minder gut zu Venedig 1555. 4. durch Bauld
Manutius, dann nad) einigen unbedeutenden Abprüden, von Tanaq. Leiebre
zu Saumur 1663. 12., und in einer kritiſch beridıigten und gelchrien Aub-
gabe von I. Toll zu Utrecht 1694. 4., wovon eine Art von. Autzug tur
$. Hudſon zu Oxford 1710. 8. und vermehrt 1718, 1730 erihien. Unter
den folgenden Ausgaben iſt beachtenſswerth die kritiſche Ausgabe von Zac.
Dearce, London 1724. 4. und die eine neue Mecenfion liefernde, mit
Ruhnkens Noten und ber oben erwähnten Diff. autgeflastete Ausgabe von
8. Xoup zu Oxford 1778. 4. 1789. 1806. 8.; fe tft ganz in die von ®.
Weiste zu Leipzig 1609. 8. beſorgte, viekfah vermehrte Ausgabe, bie ber
deutenpfle, die wir beflgen, aufgenommen; ein quer Abdiuck malt einigen
andern Reſten xhetoriihen Inhalto von A. E. Egger zu Paris 4897. 8.
. t
, Longobardi un 1145
Heberfegungen in faſt alle europäiſche Sprachen fehlt es gleichfalls nit;
8 Nährere in Hoffmann Lexie. Bibliogr. IH. p. 19 ff und f. im Allge⸗
en über Longinus: Phot. Bibl. Cod. CCLXV. p. 492. Fabric. Bibl.
VI. p. 79. ed. Harl. Weflermann Geſch. d. Beredſamk. Griechenl.
3 — Ein Cornelius Longinus wirb in der Griechiſchen Antho⸗
als Verfaſſer von zwei in biefelbe aufgenommenen @pigrammen (Anal.
%W. oder II, 184. ed. Lips.) angeführt; f. Jacobs Comment. in An-
Graec. T. XII. p. 912. Ginige Andre deflelben Namens, aber ohne
tung für die Brerärgeichichte, find bei Fabric. am a. D. p. 86. aufs
t. Andere des Namens Cassius Longinus ſ. unter den Cassii, Bb. II.
2—203. [B] -
‚omgobardi oder Langobardi, jenes mehr lateiniſch, dieſes mehr
‚ im Griehiihen ebenjo bald Aoyyoßaodoı, bald Aayyoßapdoı, auf
Zapdas und Aoyyißapdaı (Ptol II, 11. u. Procop. B. Goth.) haben
fivor. Origg. X, 2. Paul. Diac. Hist. Longob. I, 9. u, Etymol.
v. 787807 ihren Namen davon, daß fie die von Tacitus Germ. 31.
te germaniſche National: @igenihümlichkeit des Tangen Bartes vor-
feſthielien. Ihre von Btolemäud, welchem andre Schrififteller wenigſtens
iderſprechen, genau bezeichneten Wohnflge gingen fühlih von Hamburg
en Salzwedel. Lind weil die in jenen Gegenden vom Bolfe der Longos
Zurüdgelaflenen Bardi beißen (Hilmold I,-26.), und vie Landſchaft
ı Bardengowe, ihre Stadt Bardonwic (Barbewif bei Züneburg), To
ı nicht blos daher, und nicht blos von der Börde, einer fruchtbaren
m Elbeufer, fondern namentlih aud von dem Laingau und Barbengau
r Elbe den Namen Langobarden abgeleitet. Als Anwohner der linken
gte zuerfi des Tiberius Zug (Vellej. Bat. IE, 106.) dieſes Volk,
nad auddrücklicher Verſicherung des Alterthums, ausgemacht zu ven
gehörte. Nah Strabo VII, 1, 3. feinen fle fih in Kolge der durch
erlittenen Niederlage auf das rechte Ufer der Elbe zurüdgezogen zu
rſcheinen jedoch nit lange nachher mit ven Semnonen bei dem Bunde
'omannen. Bald fheint übrigens ben Breibelt liebenden -Zangobarden
inonen jene Obergemwalt läftig geworden zu ſeyn, welche fi Marbod
zum Darkomannifhen Bunde gehörigen Völker anmaßte. Erwünfchte
rit zum &reimerben bot ber benachbarte Cheruskerbund, deſſen durch
geführten Krieg gegen Marbod auch die Langobarden und Sem⸗
tmachten, Xac. Ann. Il, 45. Bei dem dur Arminius’ Ermordung
n und zunehmenden Verfall des Gherusfervolfed und der Auflöfun
zkiſchen Bundes erhoben die Langoharben fo fehr ihr Haupt, bob
rtriebenen Gherudfer- König Italus wieder im feine Herrſchaft eins
c. Ann. XI, 17.) und mit Erfolg darin beihügten. Ihre eigene
nd ihr ehrenvolles Anfeben mußten fie zugleih, wenn aud fein
Bolt, obgleich mitten unter fehr mächtigen Völkern mwohnend,
größere Tapferkeit zu wahren, Xac. Germ. 40. Und daß au
ge die Bedeutung dieſes deutſchen Stammed wuchs, zeigt Ptole⸗
> deffen Darſtellung das Langobardengebiet — wogegen bie neuere
eifert — fi vom Ufer des Rheins genau von Weſten gen Often
zeſer nach der Elbe bin ausdehnte, ohne jedoch dieſen Fluß ganz
. Nachdem zulegt ein ganz ifolirt ſtehendes Bruchſtück der Ge⸗
Petrus Patricius, Exc. legatt. p. 124., die Langobarben mit
im Bunde an der Bränze von Bannonien gezeigt Hatte, fo weiß
em bamald noch ganz flüffigen und unentwidelten Zuflande ver
ben und politifgen Verhälmiſſe in der Germanenwelt, bis in
älfte des fünften Jahrhunderts die Geſchichte nicht son biefem
7
“
4
®
1146 Longönes — Longüla
Volke; Hierauf aber erfcheinen fie an ver Rorbfeite ber Donau in Oberungarn
ale Zinspfligtige der Heruler, Procop. B. Goth. II, 15. (der fle Chriſten
nennt). Ob übrigens diefe Langobarden eben jenes Volk an ver Elbe, oder
vielmehr nur ein zu bedeutender Größe angewachſener gefolgſchafilicher Aus⸗
fluß defielben geweſen, muß dahin geflellt Bleiben; obgleich das Leptere das
Wahrfgeinliäfte if. Nach jenem Siege Über den Herulerfänig Rodulf unter»
jochten die Langobarden den Gtamm der benachbarten Quaden ⸗ Sueven, und
treten von nun an längere Zeit hindurch den angrenzenden Voͤllern und dem
römifhen Gebiete (Bannonien) furchtbat und verberblih auf, Baul. Diar.
3, 22. ‚Denn ale das herrſchende Volk in Rugiland auf der Nordfeite der
Donau zogen fle immer mehr oflmärts an dieſem Fluſſe hin, und befepten
die weiten Ebenen des nörbligen Daciens an der Theiß, von wo fie zuerſt
mit den Gepiden in Gonflict kamen und In Pannonien einwanderten, Baul.
Diac. I, 20. Kaiſer Juſtinianus gab ihnen, die er als Gegengewidt gegen
bie Gepiden gebraudte, Land und Gelder (Procop. B. Goth. Ill, 33.).
Unter Unführung ihres Königs Auboin flegen die Longobarden au wuklich
über bie Gepiden (B. Goth. III, 34. IV, 18. 25. Paul. Diac. I, 28.); und
der folgende König, Alboin, führt fie, nah dem durch ihn in Bündniß wit
den Avaren vollbrachten Sturze der Gepidenmacht (Exc. legatt. ed. Bonn.
p. 303. 304.), an dad Ziel ihrer Wanderung (im J. 568), Italien (Mari
Episcopi Chronic. Ronc. If, 412.). Als er nämlih mit den Amaren ein
neues Bündniß gefchlofien, und ihnen fein eigenes Gebiet überlaffen Hatte,
zog er, von Narſes berbeigerufen, mit feinem Volke und was fi ihm ſonſt
angefäloffen, über die Alpen, nahm in furzer Seit das wenig vertheibigte
Land, und gründete dab Reich der Longobarden, dem erſt Karl der Bro
ein Ende machte. Diefenige Landſchaft Italiens, in welcher der Hauprflt
ihrer Macht geweſen war, führt daher no jeht den Namen Lombarbei ®:
Paul. Diae. II, 3. Eginhard V. Car. M. c. 6. — Kaum ſoviel erfahre
wir aus den Nachrichten der griech. und rom. Schriftfieller über dieſes Boll.
Dagegen haben Angehörige des Volkes ſelbſt, nämlih Paulus Diaconus
oder Warnefried unter Karl dem Br. in feiner Geſchichte der Longobarben,
ferner ein ungenannter Longobarde im Anfang des Yten Jahrh. unter ber
Regierung Pippins in Italien, und das Chronicon des Profper Aquitanut
in Zufägen, die Meberlteferungen des Volkes der Vergangenheit entriffen.
Wenn man diefer Zrabition folgt, fo kommen die germaniſchen Longobarben
aus Scancien (mie die Gothen, f. d.), find der dritte Theil ihres bortigen
Urvolkes, hießen urfprünglig Viniler, und haben erft in Germanien ven
Namen Longobarben erhalten, weil fle gar zu lange Bärte hatten; Baul
Diac. 1, 3. u. 8. Verkehrt iſt es jeden Falls, wenn Cuſebius Chron. IE
dieſe hiſtoriſch nit beſtimmbare Auswanderung ind Jahr 380 n. Chr. fegt.
Pol. Reichard, Germanien unter den Römem ©. 66-71. Wilhelm, Ger⸗
manien S. 281—286. Zeuß, die Deutfhen u. ſ. mw. S. 109—112. 471.
bis 476. Türk, Forſchungen auf dem Gebiet der Geſchichte (Roſtock 1825 )
Ates Heft, enthaltend: Geſchichte der Longobarden. F. Dufft, ione⸗
de antiquissima Longobardorum historia, Berl. 1830. 8. Ledebur, vi
Brufterer ©. 62. Koch⸗Sternfeld, daB Neid der Longebarben in Stalicr
(Münden 1839.). F. H. Müller, die deutſchen Stämme und ihre Bürfter
I, 19699. 378—84. 428—30. Bartb, Deutfhlands Urgeſchichte (2:
Aufl.) II, 148 ff. [A. Baumstark.]
Longönes (It. Anton. p. 79.), Ort im Norden Garbinien® an dr
durch die ganze Infel führenden Hauptſtraße. [F.]
Longäla (Liv. U, 33. 99., AoyyoAa«, Dion. Halic. VIII, 36., wi
® Baucpartoleud bezeichnete fogar gang Italien ; |. Gras Diutisla IE, 370.
— —f
Leongum Promenieriam — Longus 1147
x bei Plin. II, 5, 9. Longulani), Stadt der Volbker in Latium,
orioli und zum Gebiete von Antium gehörig, aber ſchon früßzeitig
Römern zerflört. Sie Tag höchſt wahrſch. an der Stelle des heut.
pofo. Bgl. Nibby Topogr. di Roma 1. p. 835. [F.]
ıgum Promentorlam (NMarp07 axgor, Biol. III,4.), Borgeb.
Tepe Siciliens, glei ſüddſtlich neben Soracufä; no jetzt Capo
agwus (Aoyyos aorœuòoc, Biol. II, 3.), Fluß im noͤrdlichen Brise
an der Weſtküſte Schottlands, ber Heut. Linnhe Loch. [F.)
agws (Aoyyos). Mit diefem Ramen wird der und unbelannte Ber-
es noch vorhandenen griehiihen Momand bezeiänet, wenn andert
ie Benennung des Berfaflers aus dem der Aufichrift beigefügten
oyo«, irrthũmlich entſtanden ift (f. Harles Introd. in hist. L. Gr.
358 ff. 360. Seiler Praefat. p. III). Willfürli if der Beiname
hiſten, den ihm Ginige ertheilt haben; das Baterland bes Berfaflers
kebendzeit deſſelben iſt ungewiß: die Annahme, daB das vorhandene
a8 von fpäteren Scährififtelern zuerſt im zwölften Jahrhundert durch
Bugenianus (VI, 429.) angeführt wird, tn das vierte ober fünfte
. Chr. falle, läßt fh kaum näher begründen. 88 führt bie Auf⸗
Tosusrıxa za narz Aaprıs naı Xiömr, in vier Büchern, und flellt
eines Hirten Daphnis zur Chloe in einer Weiſe dar, bie, wenn
ı Erfindung ſchwach, doch in ber Ausführung uns ein freundliches
Land⸗ und Hirtenlebend mit guten Charakterſchilderungen, angenehm
ven Situationen vorführt und und in bie reineren NRaturzuftände einer
Zeit der Unſchuld zurüdzuverfegen ſucht. Dabei ift der Ausbrud
I, Ginzelnes abgerechnet was die fopbiflifche Künftelei der fpäteren
’t verläugnen kann, im Ganzen noch ſehr rein und fließend; eine
Inmuth waltet über dem Ganzen, welches Wahrheit umb Treue bes
n und birtliden Charakters möglihf zu bewahren gewußt hat (ſ.
in der Vorrede f. Ueberfeg. S. 6 ff.). So gilt biefer Roman für
mgenften unter dem was das Altertum aus biefer Art aufzumelfen
iſt daher auch im neuerer Zeit Mufler und Vorbild einer ganzen
‚on Hirtenromanen geworden, bie wir bei den Italienern, Engländern
enfe an Gentle Shepherd von Allan Ramfay), Zranzofen (Paul und
e), und Deutſchen (Beöner) finden. Vgl. Yuet Trait& de loorigine
mans (Paris 1712.) p. 124. Dunlop History of fiction 1. p- 74 ff.
n de la Rochette in d. Mélang. de crit. T. II. p. 37 ff. Villemain
ai liter. sur les Romans Grecs im erflen Bande der Collect. d. Ro-
ırecs, Paris 1822. 12. Manſo Bermifte Schriften II. S. 201 ff. —
t ward biefer Roman zuerfl durch eine franzöflfhe Ueberfegung von
(Paris 1559. 8.), welche öfters in der Folge wiederholt, jetzt dur
: (guet Florenz 1810.8. und dann f. Oeuvres de Courier II. p. 73.)
eitet worden iſt. Der griechiſche Text erſchien zuerft (lüdenbaft) zu
‚1598. 4. bei Junta, dur Raphael Columbanus, und dieſer Tert
t auf in den folgenden Abprüden (3. B. In der Sammlung der Ero⸗
on Gommelinus 1601. 8., in der Ausgabe von Jungermann 1609.
8., in der dur Kritik und einen guten Gommentar auögezeichneten
ve von I. B. C. d'Anſſe de Villoiſon Paris 1778. 8. II Voll., welder
. Mitſcherlich im dritten Bande der Scriptt. erott. Graecc., Bipont.
8. und auch G. H. Schäfer in feiner netten, mit kritiſchen Anmer⸗
verfehenen Ausgabe folgten (Lips. 1803. 12.), bis Gourier im Jahr
us der einzigen Florentiner Sandfchrift, melde den Kongus vollſtaͤndig
‚ die Lüde ausfüllte, zuerfi duch einen befondern feltenen Abdruck zu
1810. 8. und eine ebenfo feltene Ausgabe (ibid.), melde durch die
—
1148 E Lopadurn — Lorica
fpäter von 2. von Sinner (Paris 1829.) beforgte Ausgabe erfeht ward,
während in Deutſchland das neugemonnene Stüd, deſſen Enttedung durch
Gourier zu einem Streit zwifhen ihm und dem Florentiniſchen Bibliorhefar
Del Furia geführt hatte (f. das Nähere bei Schöll, Geſch. d. Griech. Lit.
IM. ©. 164. Not. Gourier Mémoirs I. p. 342 ff. ), theils beſonders ab⸗
gedrudt ward: (in den Heidelb Jahrbb. 1810. X. S. 100 ff. Acta sem.
Lips. 11. p. 187 ff. von Cichſtädt zu Jena 1811. fol., von I. T Kreißig
zu Schneeberg 1813. 8., im Classical Journal VIII. p. 403 ff., auch in den
oben angef. Melanges II. p. 107 ff.), theils in die ven griech. Tert und eine
deutſche Ueberfegung bietende Ausgabe von Br. Paffom zu Leipzig 1811.12.
überging und au in der neueften, vollſtändigſten Ausgabe dieſes Romans
(cum nott. Brunckii, Schaeferi, Boissonadii et suis ed. E E. Seiler, Lips.
1842. 8.) fi finde. Von deutfchen Meberfegungen iſt neben Baffom nod
die von Br. Jacobs (in der Stuttgarter Sammlung 1832. 12. Nr. 125.)
anzuführen. S. das Nähere bei Hoffmann Lexic. Bibl. III. p 25 ff. u. vgf.
im Aligemelnen noch Fabric. Bibl. Graec T. VIN. p. 133 ff. Bayle dic-
tionn. III. p. 154 f. — Ein anderer Longus wird bei Macrobiuß (Sat.
III, 6.) und oft bei Servius ald Erklärter der Aenelde des Virgilius (f. vie
Stellen in Liond Ausg. des Serviuß T. II. p. 382 vgl. Ip. X Eu
tingar Hist. crit. Scholiast. Latt. P. II. p. 184 ff. Teubner: De M. Servũ
vit, et scriptt. p. 47.) angeführt und ift wohl nit verichieden von dem
etwa ein Jahrh. n. Ghr. lebenden Grammutifer Velius Longus, deſſen
Särift De usu anliquae lectionis Gellius (N. Att. XVIII, 9.) auführt; was
wir no unter feinem Namen beflgen, ift eine Abhandlung De Orthogra-
phia in der Sammlung der Grammatt. Latt. von Purfhe p 2214 ff. Bel.
Fabric. Bibl. Lat. 11. p. 412. ed. Ernest. Sare Onomast. I. p. 29.
Die Vermuthung, daß diefer Grammatifer au zu Lucreiius Gommentare
geihrieben (vgl. Suringar p. 145.), läßt fi wenigflens aus der Gıelle det
Charifius p. 187. fchwerlich ermeifen, indem hier eher an eine grammarifde
dritt zu I iR; vgl. Bergk in der Zeitſchr. f. Alterchumsmifl. 1849.
. 117. [B.
Lopadusa (Aonadovca, Strabo XVII, p. 834. Ptol. V, 7. Pin.
. 21, 8, 14. V, 7, 7.), kleine Infel vor der Küfle der röm. Provinz Africa
und der Stadt Thapfus. Der Peripl. bei Iriarte Bibl. Matrit. Codd Graeci
p. 488. gibt die Entfernung von diefer Stadt fällhlih zu SO Stad. an, da
ie — immer den Namen Lampeduſa führt) ganz nahe bei der
üſte llegt. [F.
Lophis (Aogıs), Flũußchen Böotlens im Gebiete von Hallartus,. über
befien Entflehung ſ. Pauſ. IX, 33,3. Es floß wahrſch. In den Gopais:. See. [ F.]
Lophon war nad Plin. XXXIV, 8, 19. einer der Erzgießer, welche
Athleten, Bewaffnete, Jäger und Opfernde bildeten. [ W.
Loposaglum (Tab. Peut.), Ort der Sequani’ in Gallia Zugbun.,
in der Nähe des Dubis (ziemlich an derſelben Stelle, mo das Itin. Anton.
p. 350. Velatodurum nennt): j. Rurlol bei Baume Ie8 Dames, na dAn-
ville Not. p. 419. Baume led Noned. [F.]
Lopsica (Aoyıa, Ptol. II, 16. [17.] Plin. III, 21, 25.), Küften
ſtadt Liburniens, von welcher nah Plin. die Bewohner ber Umgegend ben
Namen Lopsi führten; beim heut. Porto St. Giorgio. [F.]
Lorarius, |. Lorum. —
Lordus, rön. Töpfer, deſſen Stempel fich auf drei fein polirten Vaſen
findet, vie bei Neuß gefunden murben. Jahrbb. des Vereins von Alter
thumsfr. im Rheinl. H. II. S. 126. [W.
Loriea, 1) Panzer, Impa£, f. Arma, ®b. I. ©. 813-816. —
2) Übergetragen auf fihernde Vorkehrungen bei Belagerung, f. Beget.
Lörlum — Lessnne 1149
28.: obsidentes ultra iactum teli fossam faciumt eamqve non solum
o et sudibus, sed etiam turriculis instruunt ut erumpentibus ex civi-
: possent obsistere, — qvod opus loriculam vocant et saepe cum
idio describitar invenitur in historiis lorica urbem esse circumdätam.
I &äf. b. g. V, 39. VII, 72. ac. Ann. IV, 49. Hist. IV, 37. Flor.
18. 13. II, 10, 25. Gurt. IX, 4. extr. Bon ver Umfrievigung eines
£8 braudt es Ammian. Marc. XXIV, 5, 2.. eines Haufe Appul. Met.
extr. [W.T.]
Lorkam (Jul. Gapitol. Anton. Pius c. 12. It. Ant. p. 290. [wo
ia blofer Schreibfebler iſt ſtatt Lorio]. ab. Veut.) oder Lorii (@utrop.
I, 4. Aur. ®ict. Epit. c. 15.), eine Billa in Eirurien, 12 Mill nord»
li von Rom, an der Bia Aurelia, mo nad Jul. Gapitol. der Kaifer
oninus Pius erzogen murde, und nah Eutrop. und Aur. Bictor au
3; noch jeßt das Dorf Lori. [F.]
Lorne, ein von Ammian. XIX, 9. erwähntes Kaſtell an der noͤrdl.
nıe Mefoposamtend auf dem Berge Izala, alfo am ſüdlichen Abhange
M Masius, etwas nordweſtlich von Nifibis. [F.]
Lörum, Riemen, angewendet zum Beffeln von Gefangenen, Plaut.
d. V, 2, 18 iv. IX, 10. ®irg. Mor. 122 ; als Tragband für die bulla,
d Met. X, 114. Juv. V, 165.; als Haleband und Reine von Hunden,
ın. IV, 444. Plin H.N. VII, 61. Sen. Thyest. 497. rat. Cyneg. 213.;
beiyannten Wagen, Liv. XXXV, 34. Virg. Ge. I, 106. Aen. 1,160. V, 156. _
id Met. II, 127. 200. Amor. I, 13, 10. II, 2, 72. u. a.; als Züchti⸗
gemitel für Sckulfnaben und Sflaven, PBlaut. Ps. I, 2, 12. vgl. Mil.
2, 2. 3er. Andr. II, 1, 28. Gic. Phil. VIII, 8. Hor. Ep. I, 16, 46.
1, 10, 3. Juv. VE, 414 f. Dart. X, 62. Ulp. Dig. XLVII, 10, 15.
‚ welcher die Execution vornahm, hieß lorarius, f. Gell X, 3. und
nori de servis p. 9 ff., momit aber auch ein Miemenverfertiger berzeichnet
werden ſcheint, f. die Inſchr. bei Maffei Mus. Ver. 295,3. Der Riemen,
nit wie Schuhe an den Fuß befefligt wurden (f. Bd. II. ©. 57. 60 f.),
t auch corrigia, @ic. de Div. I, 40. [W.T.]
Loryma (1a Adpvua, Hecat. fr. 232. Thuc. VII, 43. Btol. V, 2.
ph. Byz. Liv. XXXVH, 17. Blin. V, 28, 29. Sen. Q. N. II, 19.),
tenfladt Kariens, nad Ptol. an der mefllihen Spige der bier gerade fehr
gen Südküſte (bei Strabo XIV, p. 652. führt diefer ganze felfige Küſten⸗
> den Namen Loryma), ſedoch mit einem Hafen, der nad Liv. XLV, 10.
is über 20 Mil. von Rhodus entfernt war. Sie iſt gewiß auch nicht
hieden von dem Larumna des Mela I, 16, 2. und dem Lorimna ber
. Beut., obgleich Plin. 1. I. neben Loryma aud ein Larymna erwähnt.
e Asia min. p. 223. hält vie ng gleih weſtlich vom Hafen Aplothika
nden Ruinen einer alten Stadt für die Ueberreſte von Loryma. [F.]
Los (As), Infel vor der Küfte Theſſaliens, blos von Artemidor bei
»h Byz. p. 432. genannt. [F.] - |
Loss ch. Ant. p. 456.), Ort der Tarbeli in Aquitanien, an ber
iße von Afturica nah Burbigala, im Heut. Difkrict Leche. Val. d'Anville
p. 419. IF)
Losannensis Lacus, {. Lemanus Lacus.
Losodica (Tab. Peut.), Ort an der längs der Donau durch Rhaͤtien
mden Hauptftraße, nah Mannert IH. S. 617. beim heut. Dorfe Luſtnau,
Reichard Weiltingen oder dad benachbarte Dorf Löpfingen. [F ]
Losonne (Tab. Peut., nah Infchriften wohl Lousonne, vgl Murat.
', 1. u. 2053, 6. Orelli Inscer. Lat. sel. T. I. p. 114. u. Ulert 11,2.
191.), Stadt im Lande ver Helvetier in Ballia Belgica, an dem au
ihre benannten See (dem Lacus Lemanus); nicht ganz an- ber Sielle
‘
41150 Lossonus — Lotus.
bes heut. Lauſanne, fondern dem See etwas näher, beim Dorfe Vidy, we
fh noch Spuren einer alten Stadt finden. d’Anville Not. p. 396. v. Galler
Helvet. 1. ©. 215. u. Ukert am a. ©. Sinner Voy. dans la Suisse T. 1.
p. 317. hält Zoufonne für das heut. Dorf Aleman bei Aubonne. JE.]
Lossomus, f Oloosson.
Lotis und Lotus (Auri;, Awros), eine Nymphe, welde vor ben
Verfolgungen des lüflernen Priapus dadurch geſchützt wurde, daß die Goͤrter
fie in einen Lotusbaum vermandelten, Ovid Met. IX, 347 ff. Fast. 1,415 ff.
Gero. zu Virg. Ge. 11,84. [W.T.]
Lotöa (Aoroa, Ptol. III, 14., bei Plin. IV, 12,19. Letoia), Fleine
Infel des ioniſchen Meeres bei Gephalenia; wahrſch. daB heut. Guarbiani,
unmittelbar vor der Süpfüfle von Gephallonia. [F.]
Lotodos (}t. Sierof. p. 561.), Ort in Pannonia Superior, an ber
Straße son Beleja nah Petovium (am Dravus); vieleicht das heut. Lam⸗
berg in Steiermark (Kreis Cilly). [F.]
Lotophägi (Auzogayoı, Som. Od. IX, 80 ff. XXIII, 311. Nerob.
IV, 177 f. Xenoph. Anab. III, 2, 25. Sceyl. p. 47. Dionyi. Ver. 260.
Agathem. I, 5. Mels I, 7, 5. Plin. V, 4, 4. Siltus III, 310. Hygin.
fab. 125. u. f. w.), eine ſchon felt ven älteften Zeiten befannte*, und nad
ihrem Sauptnahrungämittel, dem Lotos, benannte Voͤlkerſchaft an ber Nord⸗
Tüne Libyens in der Regio Syrtica, um bie Eleine Syrte ber, und nad
©trabo III, p. 197. u. XVII, p. 829. (vgl. Euflath. ad Dion v. 479.)
auch auf der vor dieſer Küfle gelegenen Infel Meninz. (Nur Mela ama.D.
laͤßt ſie weiter oͤſtlich in Gyrenaica, zwifhen ven Borgeb. Boreum u. Phy⸗
cus, wohnen, vgl. auch Artemivor bei Straß. 1.1.) Bon ihnen aus führte
nach Herod. IV, 183. eine Karawanenftraße nad Aegypten. Sie fanden
aljo mir den Bewohnern deB Innern Libyend in Handelsverbindungen, wie
noch bis auf ben heutigen Tag namentli die Anwohner der Syrien die Ka-
zawanen bilden, welche Africa faſt ganz auf vemfelben Wege, den Herodot
beſchreibt, und der dur bie Natur des Landes bebingt wird, durchziehen.
(Vgl. Heerens Ideen II, 1. ©. 188 ff, def. S. 198.) Und daß aud no
in uniern Tagen der Lotos, der namentlih an der .Eleinen Syrte in großer
Menge wächst, ein-Nahrungsnitiel der Einwohner jmer Gegenden bildet,
die au eine Art Wein daraus bereiten (vgl. Dapper bei Herren am a. D.
©. 54.), melden della Cella Viagg. p. 101., Ehaw Travels p. 225 fi. und
andere neuere Reiſende. (Vgl. Hitierd Erdkunde I. S. 949.) Uebrigens
vgl. über die Lorophagen eine Abhandlung von Danetti in Bibl. Itala T. 11.
P. 2. Nr. 9. [F]
Lotophagfitis, f. Meninx.
Lotum (}ı. Ant. p. 382., wo jebod andre Codd. Lolium haben),
Drt der Caleii im SO. von Ballia Belgica, in der Gegend von Caudebec,
wo ih noch im Mittelalter ein Flecken Ramens Logium fand. Vgl. Wellen
in den M6m. de l’Acad. des Inser. T. XIX. p. 634. [F.
Lotus, Awzöc, ſchon bei Homer erwähnt, if bei demfelben offenbar
verſchiedenartig. Denn wenn man Il. XII, 253. die aadia Auzevrza auf
ganz allgemein vom üppigen Pflanzenwuchſe überhaupt ninımt, fo ‚muß man
doch an andern Stellen offenbar nur eine Wieſenpflanze biefed Ramene, welde
als Bierdefutter gebraucht wurde (aljo eiwa eine Kleeart), von einer Baumart
gleichen Namend wohl unierſcheiden. Iene Kleeart (vgl. Dioscor. IV. 171.)
© Yac Homer Fannte gewiß die Lotophagen ſchon au biefer Kühe, und es irren
Voß unb Eiuver Bioil. ant. p. 457., wenn jener auf feiner homerifhen MBeitlarte
eine Jaſel der Loropbagen ſadlich von Gieilien anfegt, dieſer aber Homers Lotoppagen
gar auf ber Güpkäfte von Sicilien ſeibſt ſucht.
Lexa 1151
ſcheinlich trifolium melilotus Linn., d. 5. der nad Honig (nad)
Klee (Blin. H. N. XXI, 9. u. 11.), Steinklee, welcher auch Virg.
394. als vortreffliged, Milch gebendes Fotterkraut ermähnt wird;
er gehört zunäßft au) Amzo; aypıog oder Trigonella elatior Linn.,
lee. Die Baumart dagegen, welche Odyss. IX, 84. fo ermähnt wird,
ein ardıror sidap und ein neiındöng rapnos zulommen, wiıb für
ubens oder Brufbeer-Baum gehalten, Rhamnus Zizyphus, oder
s Lotus Linn., von mweldem es mehrere Gattungen gibt. Die Frucht
ner Dive oder Bohne, iſt entweder fafrangelb oder purruiroth,
n Kern, füß wie Feigen und Datteln, und noch lieblicher von Geruch.
St in Nordafrika der Baum Sidra; und die Giprajufuben behaupten
ste ihren alten Ruhm von den eiten der bomeriihen Lotophagen
IX, 92.), f. Herod. 11,96. 1V, 177. Rennel Geogr. Herod. p. 663 f.
tepubl. XII, 560. Scoll. Blat. Ruhnk. p. 186. Voß zu Birgil.
11, 84. p. 292. u. II, 394. Nach Birgil hatte man den Lotuß«
au in Stalin; doch iR es ungewiß, ob ber italienifdhe eben jene
war, bie ſchon bei Homer erwähnt wird. Der iralieniſche wurde
8 nad) Plin. XVI, 27. vorzüglid zum Schmud der Hänier gezogen (Sen.
2), wo dann fein kurzer Stamm mit ſchöner Rinde die Zreige oft
' die benachbarten Gebäude tried. Jedenfalls muß (f. Hermann in
ghäuſ. Polyb. VIII. p. 121.) ver von Plin. H. N. XI, 17, 32.
fehlte Amro; Socavoo; unterfhleden werden, welder, mit Ebenum
erwanbt, die Höhe eined Birnbaums erreicht und ein ſchwärzliches Holz
, aus welchem man Götterbiloniffe, Tibien, und andre Infliumente
ste, fo daß das Wort Auzos auch die Bedeutung „Flöte“ erhielt.
8 (H. N. XVI, 44, 85 ) Eannte einen Lotos biefer Art, der über 450
alt fegn follte. Die dritte Art Bäume, welche bei den Griechen Auzog
it werden, iſt Celtis Australis, Dioecor. I, 171., obgleich zwiſchen
und dem Awrog Sosnvpoc nit immer fireng unterfticden wird. —
‚en bisher genannten Zotuß-Arten ift aber enpli eine im Alterthum
cähnte Waflerpflanzge (Lymphaea) gleichen Namens zu unterideiden,
‚ na der heutigen Botanit — Nelumbium speciosum ober Cyamus
ii, in ber ägyptiihen Architettur und Sculpiur eine befondere Rolle
und folgende Theile bat: xıBopsor, die Frucht- und Suamenfapfel;
s, bie Bohne, xoAoxanıor, die Wurzel; Awros, die Blume. Die
e (xvæuos aiyvazıoı) dieſer bei Intiern und andern oͤſtlichen Völkern
wie bei den Aegypiiern heiligen Pflanze wurden gegeflen, und waren
en Prieflern verboten, Gic. de Divin. I, 30. Vgl ©. Sprengel,
der Botanik I. ©. 28. u. dort auf Taf. 7. vie coloririe Abbildung.
d in der Description de I’Egypte T I. c. 5. $. 4. p. 20ff. Syl-
de Gacy zum Abdallatif p. 94 f. Heeren, Ideen II, 3 359 f Diefe
ie, aus deren Wurzel man in Aegypien Brod backte (vgl. Hero. IE,
)iod. Gic. I, 34. Athen. III. init. u. XV, 21. p. 677. Cas. nebfl
ꝛigh. Anmerf.), Bat bei. zwei Species: 1) Nymphaea lotus Linn.,
ımphaea Nelumbum Linn., welche Irgtere nun nur noch in I:-bien vor»
. Wenn aber auch bei den Indiern der Lotus eine wichtige ſymboliſche
ve iR (f. Ereuzer, Symb. I, 615. ed. 3.), fo war er ties im hoͤchſten
: bei den Aegypriern, deren heiligfte Pflanze ex war, indem er für
igenthümlichſte Yöpoyorinor omueior galt, als Schöpfungsbild aud den
m, als die vom Nilwafler aufs Neue getränkie Eide; worüber auß»
5 Greuger, Symbol. I, 282 ff. Handelt. — Bol. noch Im Allgemeinen
. XI, 2. ben. XIV, 18. p. 369. Schweigh. Aheophr. H. Pi. IV,
Tzſchucke zu Mela 1,7, 5. mit den Anmerft. ©. 194 ff. [ A. Baumstark.]
Loxa (Ada, Ptol. II, 8.), Bluß im noͤrdlichſten Britannien an der
132 | Loxias — Lucania
Dffüfe Schottlanne, nad Mannert II, 2. S. 201. der heut. Siruthfluß,
nörrlih vom Dornah Firih, nad Andern der Loffin. [F.]
Loxias (Ao&ias), der in dunfeln Orakeln Spredende, hieß Apollo.
Herod. 1, 91. Macrob. Sat. I, 17. p. 291. Eufath. p. 794, 4. [W.T.
Lua, röm. Sühngdtiin (luere), welder man nah der Schlacht zur
Sühnung des vergoflenen Plutes erbeutete feindliche Waffen verbrannte, Liv.
vi, 1. XLV, 33. Gine Inſchrift bei Neinef. I. n. 238. hat Luae sacrum.
Nah Gel. XII, 22. wurde fie in den offiziellen röm. Gebeten Saturns⸗
Tochter genannt. Val. die Differtation: Luam Matrem vindicat T. Hempel,
Zwidau 1805. 40. ©. 8. [W.T.]
Luanei (Aovayaoı) und Lubaemi (Aovßaıroi), zwei nur von Piol.
II, 6 ermähnute, einander benachbarte Völkerſchafien Galläciens im NW.
von Hifpania Zarrac Erſteren wird die Stadt Merva, Lıhteren, die öſtlich
von jenen mohnten, bie Stadt Cambetum zugeichrieben. Sie find beide [don
im heut. Portugal zu ſuchen. [F.]
Lubia, nah Servo. zu Virg Aen. I, 120. f. v. a. Libentina, f. d.
Lubienses (Blin. III, 3, 4.), wahrſch. die Einwohner einer Stadt
‚ Lubia in Hiſpania Iarrac., die zum Gerichtsſprengel von Gäfaraugufla ge-
hörten; denn noch jegt findet fi in diefer Gegend ein Flecken Lubia in der
Prov. Soria etmas ſüdlich von der Hauptſtadt Soria am Fluß Verde [F.]
Lubiam (Aovßor, Piol. V, 10.), Flecken im nörblichften Theile von
serien, am Zuße des Caucaſus. [F.]
Luca (Aovxa, Sırabo V, p. 217 f. Btol. III, 1. Lis. XXI, 59 x.),
eine früher liguriihe Stadt (Zrontin. IH, 2.) Oberitaliend am Fuße des
Arenninus und am Fluſſe Aufus, 50 Mill. norbweilih von Florentia, der
- äußere Bunft der Via Clodia (St. Ant. p. 284.); fon feit dem I. R. 576
röm. Kolonie (Liv. XLI, 13. Bellel. I, 15. Bin. III, 5, 8.), in fpätern
- Seiten aber zugleid auch WMunicipium (ic. ad Fam. XIII, 13.), und feit
Auguflus u Etrurien (wahrſch. zum Gebiete von Pifa) gerechnet. (Zu Cäſars
Zeiien galt fle no ala der ſüdlichſte Punkt Liguriens oder ber Provinz
Gallien, vgl. Suet. Caes. 24.) Schon der Umfang ded noch ziemlih voll»
Rämig erhaltenen Amphitheaters — die größte Merkwürdigkeit des heut.
Lucca's — zeugt für die Größe und den Wohlſtand der alten Stadt. [F.]
Lucania (bei ven Griechen Asvxarın, Sırabo V, p. 250 VI, p. 253.
255 ), eine bedeutende Landfchaft Unteritaliend ober Broßgriegenlands, die
am tyrrhenifhen Meere vom Fl. Eilarus im N. bis zum SI. Laus im ©.
(eitrabo p. 250. u. 255.), und am Tarentiniſchen Meerb. von Metavontum
i8 über Thurii hinaus reichte (Scyl. p. 3. Strabo ibid.). Die Grenz»
länder waren im NR. Gampanien und Samnium, im D. Apulien, und im
S. Brutiilum. Die Landihaft umfaßte mithin etma 210 DOM. Flähenraum,
die Heut. Provinzen Principato Giteriore und Bafllicata im Kgr. Neapel.
Das von den Apenninen durchſchnittene Land ift faſt durchaus gebirgig; nur
nad dem Tarenıin. Meerb. hin verfladhte es fi in eine größere, ungemein
fruchtbare Ebene. Das Gebirge, in welchem fich befonders der M. Alburnus
bei Päſtum audzeichnete, befand größtentHeild aus weißem Kalkſtein (und
daher-fhreibt fih wahrſch. au der Name des Landes, von Asvaog, obgleich
freilich Feſtus v. Lucani benfelben vielmehr vom Latein. lucus [alio ein
Balvland] und Plin. II, 5, 10. gar von dem Namen des fanmitifhen An⸗
führerd Lucius berleitet). @ine weit vortretende Bergipige bildete an ber
Weſtküſte zwiſchen Bella und Burentum das Vorgeb. Palinurus, mit einem
Hafen (j. Borte di Palinuro). Dabei aber war das Land wohl bemäffert
und von mehreren nicht unbedeutenden Flüſſen durchſtrömt. An der Weſt⸗
küſte mündere der nörplihe Grenzſluß Silarus (j. Selo oder Gele), der von
©. der den Calor (j. Galore) und weiter Öflih den Tanager (j.Regro) in
Kuoänus ' 1133
aufnahm, der Helas (j. Salente) und der die ſüdliche Grenze bildende
s (j. Kaino); an der Oſtküſte aber flelen der Sybaris (no jetzt Sibari,
gemöhnliger Eoscile), Crathis (no j. Erafli), Semnus (f. Sinne),
is (j. Agri), und Bradanus (j. Bradano), der Grenzfluß gegen Apulien,
en Tarentinifhen Meerb. Lucanien war ganz vorzüglih zur Viehzucht
inet, die daher aud Den Hauptnahrungszweig der Bewohner des Innern
‚es bildete, fo daß beſonders die Incanifchen Rinder ihrer Größe und
rfe wegen berühmt waren; vgl. Lucas bos. Uebrigens enthielten bie
n Wälder des Landes auch eine Menge wilder Thiere, und Varro L L.
). erwähnt namentlich lucaniſche Bären. Die öſtliche Ebene am Tarentin.
rb. aber Tieferte alle Produkte der übrigen gefegneteren Diftrifte Italiens,
entlich auch trefilihen Wein (Vina Thurina und Lagarina bei ‘Plin. XIV,
. @trabo VI, p. 263. Steph. Byz p. 311. vgl. Oenotria). Die Ein»
ner (Lucani, bei Scyl. p. 3. Strabo V, p. 211. 228. u. f. w. Aev-
i, bei Prof. III, 1. aber Aovxavoi), ein in Folge eines Ver sacrum
. Dion. Hal. I, p. 19.) autgefendeter ſamnitiſcher Stamm, der mit Lu⸗
m zugleich (dad nach Strabo p. 253. früher von Chonen und Denotrern
‚hnt wurde) au Bruttium bevölkerte (Strabo V, p. 228. VI, p. 253 f.),
n Bewohner jedoch fpäter von Yen Rucanern abfielen (id. p. 259.). Sie .
einen in der Geſchichte zum erſten Male ald Bundesgenoſſen des Altern
ıyflus und Gegner der Thuriner um DI. 96 oder 396 v. Ehr. (Diod. -
. 91. 101 f.). Neben ihnen nämlih wohnten in den grieh. Kolonien
der Küfte auch viele Griechen, mit denen file oft in Streit gerierhen
abo p. 252 ff. 263. 280.) und denen fle mehrere ihrer Städte entriffen
abo p. 252. 254.). Seit dem Kriege der Römer mit Porrhus waren
tfteren unterworfen (Eutrop. II, 14.). Bor dem zweiten punifchen Kriege
nd ihre Kriegsmacht aus 30,000 Bußgängern und 3000 Reitern (Volyb.
4.), was auf eine Gefammtbevölferung von höchſtens 180,000 Köpfen
Ben läßt. Bon ven Altern Sitten und Cinridtungen der nod freien
ner erfahren wir, daß eine demokratiſche Verfaffung bei ihnen herrſchte,
Priege aber aus den oberften Beamten ein König gewählt wurde (Strabo
54.). Zu Auguf’s Seiten hatten ſich ſchon alle Cigenthümlichkeiten bes
6, das überhauvt fehr herabgelommen war, verloren (Strabo p 253 f.).
Strabo p. 251. wurben fle fogar von den Mömern (vielleicht feit dem
beögenoffenfriege) als servi publici angefehen und von den Magiſtrats⸗
nen als Boten, Aufmärter u. f. w. benützt. Auch die Städte des Landes
n größtentheils nicht lucaniſchen Urfprungs, fondern griech. Pflanzfläte.
bedeutendern derſelben waren: a) an der Weſtküſte, von N. nad ©.
: Posidonia oder Paestum, Elea oder Velia u. Buxentum; b) an ber
ifte in ver Richtung von S. nad N.: Thurii oder Thurium, Heracleo-
und Metapontum; c) im Innern, welches uns ziemlich unbefannt iſt:
la, Atinum, Forum Popilii, Potentia, Grumentum, vielleicht die anfehn-
Stadt im innern Lande; f. d. Art. [F.] |
Lucämus (M. Annaeus Lucanus), nad Virgil der bebeutendfte Epiker
8, war geboren 38 n. Chr. zu Corduba in Spanien, aus einer ange»
en, dort anfäßigen römifchen Familie; fein Vater war Annäus Mela,
zruder des Phlloſophen Seneca. In Rom warb 2. gebildet, insbeſon⸗
dur den Stoifer Cornutus (f. Bd. II. ©. 712.); durd feinen Oheim,
PHifofophen Seneca, warb er dem Kaiſer Nero empfohlen, ber ihn zur
tur und zum Augurat beförderte, aber bald mit Neid wider ihn erfüllt
„als Lucans poetiſches Talent großen Beifall einerntete. Nero untere
ihm zunächſt die Öffentlichen Borlefungen feiner Bebihte, wie fle damals
waren, und verurteilte ihn dann zum Tode, Indem er in bie Ver⸗
ily, Real⸗Euchelop. IV. | 73 -
1134 Lucänes
ſchwörung des Piſo verwidelt ſeyn ſollie. So flarb 2. im I. 69 n. Ghr.
(f. Zac. Ann. XV, 49 fi. 56 ff. 70. u. vgl. die dem Suetonius beigelegie
alte Vita Lucani). Vermählt war er mit der hochgebildeten Volla Argen⸗
taria. Bon der Bruchtbarkeit feines yoetifchen Geiſtek zeugen eine Reihe kaum
noch dem Namen nad befannter Dichtungen, welche in die kurze Lebenszeit
von 27 Jahren füllen: Hectoris Lytra (Stat. Sylv. I, 7, 54 ff.), fein erfter
poetiicher Verſuch; Orpheus in drei Büchern, vielleicht noch im Mittelalıer
vorhanden (vgl. Br: W. Otto Commentt. critt. in codd. bibl. Giss. p. 101.
103. 105); Iliacon und Catacausmön (libri), vielleiht ein Gericht, das
auf die Eroberung und Verbrennung Troja’ fi bezog, Catalogus Heroi-
dum, Saturnalia, Silvae, Medea eine Tragödie u. ſ. w. Alle dieſe Ge⸗
Dichte, die meift auf griechifche Mythen ſich bezogen, und zum Theil vielleicht
au nur Iugendverfuche waren, ober Improvifationen, find faſt fpurlos ver»
loren (vgl. Nic. Anton. Bibl. Hisp. vet. p. 55 f.); wir beflgen außer einem
Epigramm in ter Anthol. Lat. II. 229. ed. Burm. over Ep. 839. ed.- Meyer
nur noch ein unvollendet von dem Dichter hinterlaffenes Gedicht: Pharsalia,
in älteren Ausgaben auch öfterd mit dem erllärenden, von 2. ſelbſt gewiß
nicht geſetzten Zufag s. de hello civili, und in zehn Bücher abgerheilt. Der
Gegenftand dieſes Epos iſt der Krieg zwiſchen Cäſar und Bompejue, welchen
der Dichter von dem Ausbruche an bis zur Belagerung von Alexandria in
ſtreng chronologiſcher Folge der Ereigniſſe, treu an die geſchichtliche Ueber⸗
lieferung ſich anſchließend, befingt, fo daß fein Gedicht, zumal ba fo viele
andere Schriften, welche dieſe Greigniffe behandelten, verloren gegangen find,
für und große hiſtoriſche Wichtigkeit hat. Dabei find einzelne Scenen biejer
Kämpfe mit befonderer Vorliebe geſchildert, wie denn überhaupt in Veſchrei⸗
dungen und Schilderungen, namentlich auch in den Charakterſchilderungen
der Sauptperfonen, dad poetifhe und oratorifhe Talent des 2. in feinem
vollen Glanze hervortritt. So kann 2. von Seiten ver Erfindung wohl
wenig Anſprüche machen. Dabei zeigt ber in ver Schule ber Stoa aufge:
wachſene Dichter reine über alles Gemeine erhabene Gellnnung, bie darum
au wohl zur Behandlung eined Stoffes griff, welcher Gelegenheit gab,
dad Schmerzgefühl Über den Lintergang der Freiheit bes römiſchen Volfs aus»
zufpreihen. So dringt und der Fräftige Geift und bie ächtroͤmiſche Geflunung
des jungen Dichter Bewunderung ab. Seine Sprache iſt zwar kräftig und
körnig und nit ohne einen gewiflen rhetorifchen Anſtrich, aber die feine Ab⸗
rundung des Birgilius fehlt ihr: und daſſelbe gilt auch im Ganzen von dem
Beröbau. Berühmt wird 2. von Statius (Silv. 11, 7.), Martialis u. A. Eins»
gebenber urtheilt Quintil. X, 1, 80.: Lucanus ardens et concitatus et sententiis
clarissimus, et ut dicam quod senlio, magis oratoribus quam poetis
adnumerandus; es fei Geſchichte, Teine Poeſie, vgl. Gerv. ad Aon. I, 386.
Darauf bezieht IH Martial. XIV, 194.: sunt quidam qui me (Lucansm)
dicunt non esse poetam, sed qui me vendit bibliopola putat. An bieie
fließt ſich an Niebuhr EHistory of Rome ed. by Schmitz IL p. 36. 138.
220.), der in dieſem Gedicht eine fehr untergeorbnete, ja unerträglide Gom-
pofliion finden mil: wogegen Hugo Grotius und Gorneille Bewunderer von
2, waren. Die Unvotflänbigtei bed Gedichts ſcheint zu einzelnen Intervo⸗
Iationen in fpäterer Zeit geführt, auch eigene Mecenfionen des Gedichts (i.
Note 12. meiner Geld. d. Röm. Lit.) veranlaßt zu haben, über bie wir
jedoch nähere Nachrichten vermiſſen. Eben fo wenig Näheres willen wir
auch von den verfchiedenen Erklärern, melde dieſes Gedicht bed Lucanus in
der nachfolgenden Zeit gefunden bat: ein gewifler Polemo wird In einem
fünften Bub eines ſolchen erflärenden Werkes bei Laurentius Lydus De
magistr. III, 46. genannt; wir Geflgen nur noch (in den Ausgaben von
Hudendorp und Weber abgedruckt) einige nit fehr bedeutende Scholien,
Lucanun - Lucas bes 1183
eſer alter Gıllärer; ein Grammatiker Barca fol nad einer Bermulbung
affer diefer Scholien feyn; vgl. Weber in der Schulzeit. 1831. 11.
. S 809. Daß %., wie früher von vielen Gelehrten, namenitlich
Scaliger, V. Vigbius, &. I. Voß angenommen warb, auch Ver⸗
3 Garınen Panegyricum ad Calpurnium Pisonem jei, if unermweislich
erfpricht ver Faſſung und Haltung dieſed panegyriſchen Gerichts, ſ.
eſch. d. Röm. Lit. 6. 80. — inter den Ausgaben ber Pharfalia
yeiten darüber Schweiger Handb. d. clafj. Bibliogr. I, 1. S. 598 ff.)
wir die Editio princeps von Jahr 1469. fol. zu Nom, anf melde
andere Abprüde in Italien folgten; befier zuerft von Ih. Bulmann
serpen 1964. 12. u. 1576. 12., dann von Hugo Grotius ibid. 1614. 8.
sd. Bat. 1626. 8.; eine Art von Collectivausgabe von &. Schrever
Amfterbam 1658. 8. 1669. 8. Londin. 1818. 8.; als Borläufer
Ößeren Ausgabe die von G. Gorte, der einen großen handſchriftlichen
zufonmengebracht hatte, zu Leipzig 1726. 8.; neue Mecenfion mit
dem Commentar von Zr. Oudendory Lugd. Bat. 1728. 4. und von
mann ibid. 1740. 4. Daran fchließen fih die Ausgaben von C. %.
u Leipzig 1821 ff. II Voll. 8. und (mit Corte's Nachlaß) 1828 fi.
8., von B. A. Lemaire (Paris 1830. II Voll 8.) und C. 9. Weiſe
mb. u. Leipzig 1835. 8.). Im Allgemeinen f. über Lucan: Nicol.
Bibl Hisp. vet. 1,10. Fabrit. Bibl. Lat. II, 10. p. 138 ff. ed. Ernest.
Etudes 11. p. 7. Meine Geſch. d. N. Lir. 5.78 79. Nachträge zu
V. 1. S. 16 fl. VH. ©. 344 ff. D. Jahn zu Berfius p. XXXIIff. [B.]
ıBer der Annaea gens fommt ber Beiname Lucanus auch vor in ber
a, 1. db. Gin Q. Lucanus war unter Gäfar in Gallien primipili
o, ſ. Cäſ. b. gall. V, 35. [W.T.]
neanus (lovxaso; morauos, Biol. III, 1.), ein bei Locri im Brut»
iündender Fluß, alfo wohl derſelbe, ven Liv. XXIX, 7. Butrotus
ober der heut. Brucians. FF.)
acar, äris (Charii. I, 65.), das Einkommen von Waldungen (aes
x lucis captatur, Feſt. s. v.). Da das Wort erſt in der Kaiſerzeit
ih iſt (denn Liv. XXIII, 11. ift die Lesart fchr unſicher), fo fcheint
auf einen Theil der Stantseinkünfte zu beziehen (vgl. Gloss. Graec.:
uno Yionov, To Oeuzoınor), und da diefer auf das Abhalten von
ı verwendet worben zu ſeyn ſcheint, fo erhielt dad Wort die Bedeu⸗
ecunia qvae erogatur in ludos et spectacula (ib. v. pecunia). So
Tac. Ann. I, 77. und auf den Inſchriften bei Gruter p. 436, 9.
n Marius Lupercianus dem Staate dad Waldgeld aus feiner Gegend
und ed dann feinen Mitbürgern erläßt) und Orelli Nr. 3882. (in
cum accepisset publice ... . lucarri misso de suo erogationem fecit).
e republikaniſche Zeit meist Feſt. s. v. Lucaris: huiusmodi peeunia
atur ab iis qvi lucos possiderent. Bgl. Tertull. adv. Gnost.8. |W.T.]
moaria, 1) röm. Feſt, gefeiert am 49. Juli Eirchlich und am 21.
pielen (f. Kalendar. het Orelli Inser. I. p. 394. vgl. Macrob. Sat.
lies qvi est Lucarium). Feſtus (s. v.) leitet es ab von lucus und
) fel gefeiert worden in dem großen Walde zwiſchen ber Via Salaria
m Tiber, weil fi die Römer, von ven Balliern geſchlagen, in ihm
zen hätten, womit übereinfiimmt, daß beide genannte Xage nefasti find
I. 1.) und ber 18. Juli der dies Alliensis iſt (ib.). Varro dagegen
.V,8.) leitet da8 Wort von lax ab, qvod propter lucem amissam
» a non lucendo) is cultus institutus. — 2) f. Luceria. [W.T.]
mens bos oder Luca bos, Iucanifder Stier, ältefle roͤm Bereich»
für den Clephanten, |. Bd. IH. S. 80. u. vgl. Kueret. V, 1301.
1156 Luccauus -— Euoseia gems
Sil. IX, 573. Rucil. bei Non. IV, 349. Plin. VII, 6, 6. Barro L. L.
VI, 3. Auſon. Ep. 15. [W.T.]
Luccanus (Jul.), röm. Töpfer auf einer aus Stalten ſtammenden Rampe
des Lcyoner Mufeums. Janſſen Mus. Lugd. Inser. p. 140. [W.]
Luecela gens, plebejiſch. ®enannt werben folgende Glieder:
1) Lucceius, flug mit dem Brätor C. Eotcontus (als fein Legar
oder Boflege) im marflihen Kriege (3. 665) die Samniten, Liv. 77., f.
Br. II. S. 727, 4.
2) Lucceius M. F., Sie. ad Att. V, 21, 13 (3. 704), wonad er
mit Cic. in Gorrefpondenz fland und ein elfriger Gonfervativer war. Auf
ihn bezieht Orelli Onomast. p. 361. folgende Stellen, wo mur Lucceius
ſchlechtweg genannt wird: ad Att. V, 20, 8. (wonach er über O. Gaffins,
f. Bd. II. S. 199, 14., fich leidenſchaftlich ausſprach) und die Andeutungen
ib. VI, 1, 23. VII, 3, 6. (vielmehr find beite Stellen mit Drumann IV.
S. 554. auf Nr.3. zu beziehen, wie die Erwähnung des Tusculanum zeigt,
vgl. ad Fam. V, 15,2.), weil viefe Briefe ziemlich gleichzeitig felen mit V, 21.
8) L. Lucceius Q. F., mit Cicero durch Nachbarſchaft und Gleich⸗
heit der Studien feit Tanger Zeit befreundet (ad Fam. V, 15, 2.). Bel einer
im 3. 686 — 68 zwifhen ihm und Atticus entflandenen Differenz machte
Cic. den Vermittler (ad Att. I, 5, 5. 10, 2. 14, 1.); aber 2. glaubte fig
fo tief beleidigt und zürnte fo ſchwer, daß er darüber au mit En. Sulluflius
(vgl. ib. 11, 1.) zerfiel (ib. I, 3, 3.) und noch im I. 689 die Berföhnung
mit Att. nicht herbeigeführt war (ib. 3, 3.) und fogar im J. 693 ic. noch
den Att. aufzufordern hatte, Schritte zur Berföhnung zu thun (ib. 14, 7.).
In demfelben Jahre bewarb er fih eifrig ums Eonfulat und Gic. unterflügz:
ihn (ib.). Aber trogbem und obgleih 2. mit feinen Mitbewerber Gäfar
einen Vertrag gefchloffen Hatte, monad er, qvoniam inferior gratia essel
pocuniaqve polleret, in Beider Namen Gelbaustheilungen machte und bafür
von Eäjar empfohlen werden follte (Suet. Caes. 19. vgl. Cic. ad Att. I
17, 11. II, 1, 9.), wurde dennoch Bibulus zum Collegen des Gäfar ge
wählt, weil die Senatspartei gegen biefen ein Gegengewicht haben wollı
(vgl. Br. I. ©. 101. IV. ©. 435.). Nun ſcheint fi Lucc. zurüdgezogen
und fich eine Zeitlang ganz den Wifienfchaften gewidmet zu haben. Gr jchriet
eine Geſchichte des marſiſchen und bed erflen Bürgerfriege, welche 698 fall
sollendet war (Cic. ad Fam. V, 12, 2). Das Werk war in mehrere Büder
etheilt, und im Prodmium zu einem berfelben erklärte der Berfafler, daß er
y einer gewiffen Vorliebe für eine beflimmte Sade nicht entfhlagen Tönne
(ib. 3.). 8%. hatte im Sinne, nun die weiter folgenden Begebenheiten zu
beichreiben (ib. 2.9.); aber Bic., welchen L's. Behandlungsweiſe wohlgefel
(ib. 1.), Eonnte es nicht erwarten, bis der Faden der Geſchichte auf ihn und fein
Gonfulat geführt Hätte, fonvern er wollte felbft noch jeinen Huhn Iefen und
mutbete in dem angef. hoͤchſt benfmürbigen Briefe dem 2. zu, nicht bist
qram celerrime und mit Weberipringung alle dazwiſchen Liegenden an bie
Zeit von der catilinarifhen Verſchwoͤrung bis zu Cicero's Zurüdberufung
(vgl. ib. 4.) zu gehen, ſondern dabei auch no der Freundſchaft zu ibm
plusculum etiam qvam concedet veritas, 'largiri und leges historicas ne-
gligere (ib. 3.). Gic. felbft fühlte das Unſtatthafte einer folden Zudring-
licteit (vgl. in. u. 2.) und dachte ſich ven Fall ale wohl möglich, daß 2
ſich nicht darauf einlafle, für welchen Fall er eine Autobiographie in Audſicht
flellt (ib. 8). Luce. antwortet im Allgemeinen bejahend, worauf Cic. no@
einmal in ihn bringt und ihn durch Atticus (mit dem ſich 2. alfo jegt au»
geföhnt hat) zur Eile treiben läßt (ad Att. IV, 6, 4. vgl. 9, 2.), und bie
Sätrift (librum nostrum), welde er im I. 699 durch Atticus dem Lascc.
übergeben Iäßt (ib. 11. extr.), enthielt wohl hiſtoriſches Material zu jenem
Luseela goms oo. 1137
vecke. Auch rühmt ihn Cic. um biefelbe Zeit (im Proceffe des D. Cdliuq —
Br. 11. ©. 478. — In welden 8. verwidelt zu werden In Gefahr war,
Sie. p. Coel. 10. 21. Dio XXXIX, 13 f. Strabo XVII, p. 796.) öffente
h als sanctissimus homo atqve integerrimus (p. Coel. 21,52.), als den
illa humanitate praeditas, illis studiis, illis artibus atqve doctrina (ib.
„54). Wenn aber ad Att. VI, 1, 23. in Verbindung mit VII, 3, 6.
m Berkauf feines Landguts bei Tuseulum zu verfichen if, fo muß ber
iher reihe Mann verſchuldet geweſen feyn und sanctissimus fann dann
ht wörtli genommen werden. Noch im J. 698 reidte L. nach Sardinien,
e es ſcheint ald Nachfolger des DO. Cicero (ad Qv. fr. II, 6, 2 f.). Bald
ich der Bürgerkrieg ausF 8. fland mit Entſchiedenheit auf der Seite des
mpejus, mit dem er ſchon ſeit Langem in freundſchaftlicher Verbindung
r (f. ad Fam. XIII, 41. 42, 1.), und galt mit Iheophanes für deſſen
trauteften Rathgeber (Eäf. b. c. IH, 18. ic. ad Att. IX, 1, 3. 11, 8.).
ber allem Dem fam 2. nit an die Erfüllung des dem Cic. gegebenen
rariſchen Verſprechens, wie Cicero's Stillſchweigen beweist (wenn nit
ben Worten: recordatio rerum earum qyvas te imprimis auctore
ısimus, ad Fam. V, i3, 4. eine Anbeutung liegt, daB er die Ausführung
ıbdeftens begonnen). Der Sieger Cäſar erlaubte dem 2. den Aufenthalt
Rom und biefer fland fortwährend mit Cic. in freundlichem Verkehr:
Tullia's Tod Im 3. 709 richtet 2. an ihn eine ausführliche Troſtſchrift
‚ae eleganter copioseqve collegisti, ad Fam. V, 13, 3.), worin er zu⸗
ih in Bezug auf die polltifgen Verhältniſſe feine Hoffnung auf Beſſer⸗
reden auögefprodhen hatte (ib. 3.). Seiner wienerholten Cinladung, bei
a ſich zu zerfireuen (ib. V, 14.), verfpricht Cic. zu folgen (ib. V, 19.). —
‚Ber dem erwähnten Geſchichtswerk hielt und ſchrieb 2. (im I. 690) auf
den gegen Gatilina (Ascon. in tog. cand. p. 92. 93. Or.) und wirb von
kon. p. 92. (orator) paratus eruditusqve genannt. "
4) C. Lucceius C. E. Pupinia (tribu) Hirrus, wie er in dem
natdconf. bei Eic. ad Fam. VIJI, 8, 5. offlzied genannt wird, Volks⸗
bun im I. 701, als welcher er, wie fhon vor feinem Amtsantritt bes
loſſen war (Cic. ad Or. fr. II, 8, 4. 9, 3.), für Pompejus die Dictatur
intragte, dafür aber mit Abſetzung bedroht wurde (Plut. Pomp. 54., wo
irrig Lueilius beißt). Im I. 702 war "er Gicero’8 Nebenbuhler in ber
werbung ums Augurat und fiel dur (ad Fam: II, 15, 1. VIIL 3, 1.
in.), ebenfo im J. 703, als er fih mir Caͤlius um die Uenilität bewarb
ı Fam. II, 15, 1. VIII, 2, 2. 8, 1. 4, 3. 9, 1.), cbwohl ſich M. Octa⸗
3 für ihn verwendete (ad Fam. VII, 3, 1. extr.), daber fi -Cäl. und
. um die Wetie über ihn luſtig machen (vgl. ad Fam. II, 9, 1. 10, 1.),
. namentlih ihn wegen feines Stammelns Hillus nennt (ib. 10,1.). Nach
em zweiten Durchfall ereiferte er ſich im Senat gegen Gäfar, wohl um
ur für die nächſten Wahlen den Beiſtand der Optimaten zu geminnen
Fam. VII, 9. in.). Im 3. 703 scribendo affuit bei einem Senatusconſ.
8, 9.). Als Gicero im I. 704 einen Triumph bewilligt haben wollte,
Hirrus faft der einzige Senator, den er nit um feine Unterflüßung
(ad Att. VII, 1, 8. extr.); Hirrus flimmte dem Antrag des Cato (auf
—— bei (ad Fam. VIH, 11, 2.), was Cic. als einen Beweis
ed Zornes anfleht (ad Att. VII, 1, 7 ), während Hirrus meinte, er hätte
) die Suppfication hintertreiben Lönnen, babe aber dem Cic. gefällig zu
' geglaubt (ib. 8.), worauf Eic. an ihn ein Schreiben richtet und dem
cus aufträgt, ihn mit Hirrus auszuſöhnen (ib.), der demnach doch nicht
janz unbebeutend geweſen fen muß. Im Bürgerkriege ſchloß er ji an
npeius an (vgl. ad Fam. V, 20, 5.) und ftieß mit fünf Cohorten (vgl.
ad Att, VIII, 11. A. vgl. Gäf. b. c. I, 15., wo Lucceium ft. Ulcillem
1888 Lucceia gem — Emeanses Callaici
zu leſen) zu 8. Domitius (vgl. ad Aut. IV, 16, 3.). SBenipeius ſandie ihn
um Partherfönig Orodes, um biefen zum Bunbeögenoffen zu geminnen ;
r. machte zur Bedingung, daß er Syrien erbalte, und als man darauf
nicht. einging, warf er den Hirrud ins Gefängniß (Dio XLII, 2.); währen»
feines Abweſenheit wurden Prätor-Gomitien gehalten und Hirrus als absens
übergangen (Cäſ. b. c. IH, 82.) Gäfar begnabigte ihn und er fehrte nad)
ber Schlacht - bei Pharſalus nah Nom zurüd, und Plin. H. N. IX, 81.
erzählt: muraenarum vivarium privatim excogitavit C. Hirrius ante alios,
qvi coenis triumphalibus Caesaris dictaloris sex millia numero muraena-
rum appendit (vgl. Varro R. R. 111, 17, 3). Bon den Triumpirn wurbe
ee — wohl wegen feines Reichthums — im 3.711 proferibirt, flüchtete ſich
aber unter dem Beiſtand treuer Sklaven und verflärkte fi fo, daß er in
Bruitium Städte brandſchatzen Fonnte, bie ihn eine überlegene Macht zur
Blut nad Sicilien zu Sert. Bompejus nörhigte (App. b. c. IV, 43., ver
ihn aber Toriocç nennt), mo er mit Andern den Statthalter Bompelus Bi-
thynicus überrebete, dem Sext. Pompejus den Beflg der Inſel nicht länger
fireliig zu machen (App. b. c. IV, 84. extr, wo wieder Zoniog).
Gin Prätor Hirrius wird von Barro R. R. II, 5, 5. erwähnt; der
Voltsiribun Plautius (3. 665) habe Ihn aufgefordert, ſeinen Vortrag im
Senat ungefcheut-zu Halten, er werde ihm freundlichſt antworten. — @in
Lucceius war Mitunterzeichner der Klagichrift des D. Lällus (oben €. 727, 7.)
gegen Flaccus (Cic. p. Flacc. 93, 83.). — Cn. Lucceius, von Cic ad
Att. XVI, 5, 3. (3. 710) ald Bertrauter des D. Brutuß genannt. —
P. Lucceius, bem Cicero von O. Cornifielus empfohlen (3. 711) und
von Gic. meus (ad Fam. XH, 25. A. 6.) und fein necessarius genannt
(ib. 30, 5.). — Q. Lucceius, der zu Rhegium Wechoelergeſchaͤfte trieb,
trat ald Zeuge gegen Verres auf (Eic. Verr. Act. V, 64, 169.).
Aus der Kaiferzeit iR zu erwähnen:
Lucceius Albinus, ums 3. 812. drei Jahre Lang Statthalter in
Judäa ald Nachfolger von Feſtus, Cuſeb. Chron. Joſeph. Ant. iud. XX, 9.
vgl. bell. iud. VI, 5, 3., wobei er fih nad Joſeph. b. ind. II, 14, 1.
durch Beſtechlichkeit und Gewalttaͤtigkeit verhaßt machte, während Zonar. VI.
17. ihn billiger beuriheile. Bei Beiden wird er nur Albinus genannt. Er
ift wohl iventifch mit dem Lucc. Alb. bei Tac. Hist. 11, 58. 59., wonach
er von Nero zum GStatihalter von Mauritania Cäfarienfld ernannt wurde,
und von Galba Tingitana Hinzugefügt erhielt, und dadurch über eine beträcht⸗
lie Macht gebot. Nah Galba's Tod neigte er ſich auf Otho's Seite, ver-
rieth aber bald ſelbſt ehrgeizige Abſichten und wurde daher auf Vitellius
Befehl ſammt ſeiner Frau und ſeinen Vertrauten hingerichtet.
Außerdem kommen auf Inſchriften vor: aus Benevent arbitratu C. Luccei
C. F. Maximi, ®ruter. 986, 12.; und C. Lucceius (ober Luccius) C. F.
Stel. Sabinus Beneventi deeurio, ib. 431, 8.; aus Nom: L. Lueceio L E.
Camil. Aprili, ib. 433, 6.; aus Gaflnum: L. Lucceio L.F. Hibero Ilvir.
iterum etc., ib. 7., und L. Luccio L. FE. Palummidio Secundo Decur. L.
Lucei L. FE. Ter Hiberni Ilviri iter. Q. Q. Patron. Col. Alumno Collegium
Fabrum, ib. 432, 1.; von Auguſta Tautinorum: T. Lucceio T. Fil. Stellae
Petroniano Eq. Rom., ib. 431,8.; aus Ameria: L. Lucceius L. F. Kan ..,
ib. 1104,8.; von Rom: M Lucceius M. F. Claud. Nicostratus, ib. 554, 1.
und Sext. Lucceius Sext. F. Aimil. Trophimus, ib. 2., beide 2egionäre;
und Memoriee M. Luccei M. F. Nepotis, ib. 1123, 7. [W.T.
Lucceius, röm. Töpfer auf zahlreichen Fragmenten im Münchner Unti-
quatium und im Leioner Muſeum, Janſſen Mus. Lugd, Inser. p. 141. [ W.]
Luconses Callniei ( fovsmaoı Kallaimoi, Ptol. U, 6.; Lucenses,
Plin. IU, 3, 4. IV, 20, 34.), einer ber beiden Guuptflämme ber Callaici
Lucentam — Lueöres 1159
er Gallaäͤci in Galläcia an der Nordküſte von Hifpania Tarracon. Der.
deg denrgweis des Volkes waren tie Bracarii. Vgl. Gallaecia, Bd. IM.
Luscentum (lin. III, 3, 4., Aovnsszov, Ptol. II, 6.) oder Lu-
ntia (Mela ll, 6, 6.), Seeftadt der Gonteftani an der Küſte von Hiſpania
ırracon., das heut. Alicante. [F.] |
Luc&res (der Name Lucerenses fommt nur vor bei Plut. Rom. 20.
b Lucereses bei Baul. Diac. h. v. 119. M.) {fl der Name einer der drei
ibus der röm. Urbürgerſchaft. Ramnes und Tities h. die beiden andern
d jebe zerfiel in 30 Gurten, f. beide Art. u. Bo. IH. ©. 780. Der ety⸗
log. Urfprung dieſes Namens war fon bei den Nömern der augufteifchen
it beſtritten (Kiv. I, 13.), doch war die Ableitung von Lucumo die ger
bnlihfle, Jun. Brach. bei Varro 1.1. V,35. ic. de Rep. 11,8. Prop.
1, 29. 2, 51. Paul. Diac. v. Lucomedi p. 120. M. Serv. ad Virg.
n. V, 560. Aur. Biet. il, 1. Unwahrſcheinlich und nur durch die Aehn⸗
feit der Laute entflanden iſt die Biymologie von lucus asyli (Inden bie
in @eflobenen bie dritte tribus der Luceres gebildet hätten), Blut. Rom.
w. Pſ.Asc. zu Gic. Verr. I, 3. p. 159. Or. &o nehmen an Onurhr.
nvin., in @räv. thes. I. p. 260. P. v. Robbe, über Curien u. Blienten,
ee 1838. S. 40 f. Huſchke, Serv. Tull. ©. 32f. Endlich wurde Luc.
b von Lucerus, einem König Ardea's abgeleitet, Paul. Diac. 1. I. p. 119.
r von Lucreiimus, Pf. Asc. 1.1. Vgl. Müller, Etrusk. I. S. 803. Klaufen,
a8 u. die Penaten II. S. 787. Sicher und jet allgemein anerkannt
der etrusciſche Urſprung dieſer dritten Tribus (des großen Niebuhr Bes
ıptung von dem albaniſchen alfo Tatin. Urſprung ber Luc. Bat fo viel
en fih, daß fle nicht näher erörtert zu werben braudt, f. Nieb. I. ©:
ff. 388.); nur fragt fih, wenn diefe in Mom aufgenommen murbe?
den Quellen wird eine dreimalige etrur. Golonifieung erwähnt, und zwar
ft unter Romulus. Als nämlich ein Etrur. Lucumo dem Romulus gegen
Sabiner zu Hilfe gefommen und int Kriege gefallen war, cf. Dion. II,
42. 43., fo erbielten feine Krieger den mons Caelius eingeräumt (ſ.
1 S. 43. Beders röm. Altertb. I. S. 495.), Barro 1. 1. Gic. 1. 1.
»p. 1. 1. (Paul. Diac. nennt diefen Etrusfer, welcher dem Romulus half
den mons Cael. erhielt, Caeles, v. Cael. mons. p. 44. M. u. v. Luceres
rfcheibet er ihn fälfhlih von einem andren Bundesgenoſſen des Romnlus,
König Arbea’8 Lucerus, welcher wahrfcheinlid mit dem erſten identiſch
Dion. II, 86. bezeihnet den Anführer der Colonie, welde ben mons
I. befefien, zwar au als den Gtrudfer Caelius, nicht aber als Anführer
Hilfäheers und fagt, daß biefer Caͤlius ſchon nad ver Eroberung Gruftus
ums nad Nom gezogen ſei, welche Nachricht Leicht durch Mißverſtändniß
alten Nachricht von der etrur. Hilfsleiſtung oder durch doppelte Berichte
ber entfliehen Eonnte. Ueberhaupt £önnen in der Geſchichte eines halb⸗
iſchen Königs die verſchiedenen Zeiten feiner Regierung, namentlich die
fo nahe Tiegenden Momente, nicht jo genau gefchleben werden. Wie
ihend aber bie röm. Berichte über dieſe Eoloniflrung Tauteten, fagt Tac.
. IV, 65., welcher meint, daß Caͤlius Vibenna dux gentis Eiruscae von
J. Priscus Wohnſitz auf dem mons Cael. erhalten habe, wovon der Berg
mannt worden fei, und fegt hinzu: seu quis alius regum dedit; nam
tores in eo dissentiunt. Tacitus legt alio auf feine Nachricht fein
It, fondern fihert nur das Faltum der etrur. Golonie, ohne über bie
berfelben etwas feftfegen zu wollen. Uebrigens heißt es auch in ber
bes Kaiſers Claudius Linie 19 ff. (bei Haubold monum. p. 190 ff.),
ver mons Cael. feinen Namen von dem etrur. Heerführer Cal. Vivenna
‚ welcher ein treuer Freund bed Serv. Tullius gewefen ſei (alfo unter
‘
4160 | Lmelees
Tarquin. Priscus). Bei ſolchem Wiperfprud iſt demnach eniweber bie Go»
lonie unter Romulus und die unter Tarquin. Priécus identiſch, fo daß Tac.
und Cland. Unrecht hätten, ober e8 erfolgte unter Tarquin. Brise. eine neue
etrur. Anfleblung auf dem Cälius, welde dann von den andern Schrifi⸗
ftellern mit der früheren confunbirt worben wäre. — Die lebte etrur. Ueber⸗
flevlung erfolgte nad Porſenna's Abzug, wo ber f. g. Tuscus vicus von
Etruskern angelegt wurde, Liv. II, 14. Dion. V, 36. Feſtus v. Tuscum
vicum p. 355. und Paul. v. tuscus p. 354. M. cf. Varro 1. 1. V, 46.
Beer, röm. Alterth. I. S. 487 f. — Es kann jedoch Teinem Zweifel unter:
liegen, baß dieſe legte Coldnie nicht Beranlaffung zur Gründung der dritten
Tribus gegeben haben Tann, fondern daß dieſes unter Romulus geſchah,
indem alle Nachrichten von dem hoben Altertum der drei Tribus und von
ber Bründung berfelben in ber Urzeit Noms übereinſtimmen. Nicht unwahr-
fheinlig if Niebuhrs Vermuthung (Noͤm. Geſch. I. S. 335 ff.), daß die
Tribus der Luceres in politifher und religiöfer Berechtigung ben beiden an⸗
dern nachgeſtanden babe. Diefe Zurädjegung und allmälige @leicäflellung
der Luc. wird zwar nicht von den Quellen erwähnt, allein man kann fie aus
der Nachricht fließen, daß die Zahl ber Senatoren von 100 nad) und nad
bis auf 300 verniehrt worben fei, |. Senatus. Auch fcheint Die Bermehrung
der Veftalinnen von 4 auf 6 mit dieſer Erhebung der Luc. zufammenzuhängen.
Feſt. v. sex Vest. p. 344. M. Bol. 3. A. Aubroſch, Stud. u. Anbeut. im
Bebiet des altröm. Bodens I. S. 209 ff. 193 f. Beides geſchah unter Tar⸗
quinius Priscus, und wenn die Anfleblung unter ihm nit mit ber Romu⸗
liſchen identiſch if, fo war dies eine gute Gelegenheit, bie Rechte ver dritten
Tribus gleichzuſtellen. Die Nachricht von dieſer Gleichſtellung ober von ver
neuen Anfiedlung gab den alten Schriftftellern zu dem Irrtum Beranlaffung,
dag erſt Tarquin. Briscus dem Etrurer Cälius den mons Caelius einge
zäumt babe, Iac. I. 1. Sie verwechſelten die Zeit der Gründung ber etrur.
Golonie mit dem Moment ihrer Erneurung oder politifden Smancipation,
was Hei der Unflcherbeit der alten Nachrichten um fo leichter geichehen Fonnte.
Wenn Böttling, Geſch. d. Roͤm. Staatsverf. S. 48 f. 54 ff. aus der verſchie⸗
denen Stellung der Namen ber breit Tribus in den Grwähnungen der Alten
Schlüffe auf deren Alter und politifcde Stellung macht, fo 3.8. daß Ramn.
Luc. Tit. die Hiftorifche Folge der Anfievlung in Nom, Tit. Ramn. Luc. bie
politifche Präponderanz ver Sabiner bezeichne, fo iſt das jebenfalld-eine Spig
findigfeit, an melde die Alten nicht daten, abgefehen davon, daß von eine
Bräponderan ber Sabiner nichts befannt if. Außer den gen. Schriften im
noch zu erwähnen: Beder, Röm. Alterth. 11, 1. ©. 30 f. und die Abhandl.
von C. Sell au f. Schr. bie recuperatio der Römer, Braunfhw. 1839
©. 445—489. Sell erfennt die doppelte etrur. Golontfirung unter Romulus
und na Abzug Porſenna's, fo wie die Nichtigkeit der Grym. bed MBortt
Luceres von Lucumo (d. 5. nit von einem beflimmten Lucumo, ſonden
im Allgemeinen ald Merkmal der etrur. Verfaffung) au, will aber unter ven
Golonen nicht die trib. der Luceres verſtanden willen, fonbern meint, daß
Diefe Tribus aus den Urbewohnern der röm. Gegend, etrur. Stämme
(Boreten und Sanaten) befanden hätten. Dieje Ureinwohner ſeien von ven
Aömern unterjocht und zu einer minder berechtigten Tribus vereinigt worden.
Diefe Vermuthung iſt jedoch zu verwerfen, da die Wohnung etrur. Völker
auf dem linken Tiberufer ebenjo unwahrſcheinlich iſt, als der Gedanke, baf
die kleine Schaar der Latiner, welche Rom gründen wollten, einem fo mäch⸗
digen Volk als dem etrur. dur Gewalt ein Stück Land und mehre Bols-
flämme entriffen Hätte. Der eisur. Cinfluß auf Roms Entwicklung bedarf
keiner ſolchen Erflärung, fonbern wird binlänglig durch friedliche etruriie
Ueberſiedlungen esflärt. [R.]
°
u Luceria — Lucorma 4161
Lucerla (Aovxegia, Strabo VI, p. 264.284. Polyb. III, 100. &&f.
C. 1, 24. Plin. II, 11, 16.) over Nuceria (Novxepia "AnovAör,
1. II, 1. Apvian. B. C. II, 38. Tab. Peut.), Stadt im |. von Apu-
Daunia, füdmeftlih von Arpt, auf einer fleilen Anhöhe, mit einem alten
ıpel der Minerva, in welchem ſich no zu Strabo’8 Zeit uralte Denk⸗
er vorfanden. Rachdem fie erfi von den Samnitern (Liv. IX, 2.), dann
den Mömern (Liv. IX, 12. 15) erobert worden war, wurde fle von
eren in Folge eines Aufftandes der Binwohner größtentheils zerflört, aber
3. R. 438 als römifche Kolonie wieder bergeftellt (Liv. IX, 26. Diod. -
,‚ 72.),. und odgleih ſchon im Auguftelichen Beitalter fehr gefunfen und
Theil verfallen (Strabo VI, p. 284), war file doch im dritten Jahr.
fo bedeutend, daß fie der Sig des Prätord von Apulien wurde (Tab.
t.); jeßt Lucera.* [F.]
Lucorna, Avyros. Die Rampen werden von Glem. Aler. Strom. I,
3.806., welchen @ufeb. Praep. Ev. X, 6. ausſchreibt, als Erfindung ber
‚ptier bezeichnet (Aiyuzzıos Auyvovs Te av xalaır noWzo xarsösıker
A.): ohne über diefe Frage zu entfcheinen, finden wir wenigſtens bei
ı einen fehr audgedehnten Gebrauch der Lampen. Im ganzen Lande,
uglih aber in Salt, wurde ein Feſt Auyroxain gefeiert, wobel bie ganze
»t mit Rampen illuminirt wurde (Herod. II, 62.): der Kub, In welder
König Mykerinos feine Toter begrub, murde täglich Rauchwerk darges
rt, und alle Naht brannte eine Lampe bei ihr (I, 130 ); ein emiges
(Avyros aoßeorog) brannte im Tempel des Jupiter Ammon, Blut. de
orac c. 2., und noch in fpäter Zeit war für Antonius bei dem. Fefle
Bleopatra nichts fo überraſchend, als die Menge der Lichter, Blut. Ant,
6. In Griechenland finden wir im heroiſchen Zeitalter die einfache Art
Beleutung durch Späne von trodenen Kienholze; Telemach geht in fein
afgemach daidnr uno Auuroueraor, Od. XIX, 48., Penelope Idst ihr
ebe bei Naht auf, erım daidag napadeiunv, ebd. 150. Val. Duncan
Hom. s. v. da. Selb im Palaſt des Alkinoos, Od. VII, 100.:
wo 6 apa xoüpos Südungwr anı Boumr doraoar, aidousrag Baldac
: 1epoir äyorees. Mit Rüdfiht auf diefe Sitte fagt Athen. XV, p. 700f.:
zaAaıor 5 svonua Avyvog‘ YAoyi Ö or malmıoi rg Te dadog nal ar
vo» EvAor sypwrso. Doc finden wir bereits eine goldne Lampe (Avyros)
er Hand der Ballad, Od. XIX, 34. Wann der Gebrauch der Lampen
mein geworden fei, vermögen wir nicht zu beſtimmen, aber daß ed früh⸗
geſchehen fei, erhellt fon daraus, daß bei Herod. VII, 215. die
dzeit durch den Auedruck neo Avyror dyag bezeichnet wird; vgl. Diod.
31. 43. Dion. A. R. VII, 11. Im Beitalter des Ariſtophanes If
Bebrauh im häuslichen Leben ganz gewöhnlich, Nub. 18. 57., und bie
radel war nur no auf der Straße, namentlih zum SHeimleuchten ges
lid, Bccles. 692. 978. Vesp. 1331. Nub. 608. Eyftas de caede Era-
. p. 27. Uber au zu biefem Dienſt wurbe zu gleiher Zeit vie in
Laterne vor dem Wind bemahrte Lampe gebraucht, Ariſtoph. im Aeolo⸗
bei Pollur X, 116., Empedocles bei Ariſtot. de sensu et sensib. c. 2.
ließe ih ſchon aus dem allgemeinen Bedürfniß verbunden mit ber
inten Kunflfertigkeit der Bewohner des Keramikos ſchließen, daß fle aus
ı verfertigt worden ſeien, wenn wir auch nicht dad Fragment des Kos
8 Arioniloß, des Freundes des Guripides, hätten (Pollux X, 122.),
ı unter den irdenen Geſchirren auch die Lampe genannt wird; daß fie
Val. W. Wahemuth de Luceria Apulise urbe, Pars I. Lips. 1844. P. II.
. 1845, Progr, IW. T.] 73°
1182 | 'Lucerna
.
aber auch aus anderem Material, namenilich and Erz, gemadt wurden, er:
feben wir aus dem am gleihen Ort angeführten Hermippus und aus ber
Schol. zu Ariſtoph. Nub. 1066.: "TneoßoAog Avyvomosös ar — 0 gain
oros xonto adde mv 709 Avyrar xuraonevnv, aa nai uoAıBßöor ar
Tide, ira noAv Bapog &yoyres nAeiorog abıoı dm. Die von Kallimachus fü
ben Tempel der Pallas Polias gemachte Rampe mar aus Gold, und brauchte nur
einmal im Jahr gefüllt zu werden. um Tag und Nadıt fortzubrennen. Baui. I
26, 7. Die gemöhnlide Form mar die, daß ſich an den runden Behälter
des Deld, ver oben eine Kleine Deffnung zum Gingießen Hatte, hinten eine
Handhabe, vorne eine länglighte Naſe anfhloß, aus deren Deffnungen die
Dochte (Bovallis, eAAvgnor, gAouos, Vol. X, 115.) wie aus Najen-
loͤchern (uvnenosg) hervorkamen. In Folge bieſer Vergleichung hieß im ge⸗
meinen Leben eine Lampe mit zwei Lichtern diuvſßoç (Pol. II, 72. Arthen.
XV, p. 700. f), mit drei rosuv&og (Vol. X, 115. VI, 103.), und das Vor⸗
ſchleben des Dochtes (mpoßvous) hieß — * (Bol. H, 72.). Das Wort
ging auch Ind Lateiniſche über: unter der Ueberſchrift lucerna polymyxos hat
Martial. XIV, 41. das Epigramm: Illustrem cum tota meis convivia
flammis Totque geram myxos, una lucerna vocor. Solche große, zur
Beleuchtung ganzer Zimmer und Säle beflimmte Lampen bingen entweder an
Ketten, welche bei vielen in Bompejl und Herculanum gefundenen noch er-
halten find (Ant. di Ercol. T. VII. tav. 49—52.), von der Dede der Wand
herab, wie im Palaſt der Dido (dependent Iychni laquearibus aureis, Birg.
Aen. I, 727.), oder fle murben auf runden dreifüßigen Tiſchchen (Ant. di
Ercol. T. VIII. tav. 39. 60. 61. ), vorzugömelfe aber auf erhabenen fäule-
artigen Behellen aufgeſtellt, welche griech. Avyrix, Avynıor, Intein. candela-
brum (f. d. Art., ®b. IH. ©. 116.) biegen. Dieie Gandelaber, in Diarmor
oder Erz künfiich gearbeitet, gehörten zu den Weihgeſchenken der Tempel und
zu den Prachtflücken der reichen Privathäuſer. Polyclet, ohne Zweifel zu
unterjheiden von dem berühmten Argiver, madte ein bewundertes Stud
diefer Art für einen Perierkönig, then. V, p. 206. e. Die Könige Se
leucus und Antiochus weihten in den Tempel des Didymäiſchen Apollo bei
Miletus Avyriay yalxııy ueryadıı na der Inſchrift bei Bödh C. I. T. H.
p- 550, 14. 61. (vgl. die Indie Inſchrift am a. O. T. 1. p. 668.: Avr
yiay yahaiv oaAmıyyarmv, Avyrıy yakrovy Öiuvbor). Sie murden aber aus
aus edlem Metall gefertigt und mit Epvelfleinen geziert, wie der, welden
Antiochus für den Tempel des Iupiter Bapitolinus beflimmt hatte. @ic. Verr.
IV, 28. Veſonders waren die Tyrrbener in diefem Kunflzweig berühmt
( Pherecrates bei Athen. am a. D.), wovon die zahlreihen, durch bie ge
ſchmackvollſte Manchfaltigkeit ausgezeichneten Candelaber, welche die neueſten
etrusciſchen Grabungen zu Tage gefördert haben, Zeugniß geben, ſ. Micali
Monum. Tav. XL. Mus. Etrusco Gregor. T. J. Tav. XLVIH—LV. Ja
Rom wurde die Beleudtung in älterer Zeit durch Xichter (candelae, f. Bo. I.
&. 116.) von Talg oder Wachs gemadt: erft fpäter wurde die Lampe üblich
(Barro L. L. V, 34.: lucerna post inventa, quae dieta a kıce, aut quod
id vocant Graeci Avyvor. Vgl. Antich. di Ercol. T. VII. p. 1. not. 1.)
und verbrängte die Lichter nicht nur im häuslichen Xeben, wo fie nur noch
von Aermeren angewendet wurden (Sup. IH, 287. Martial. XIV, 40. 42),
fondern auch bei den feftlichen Beleuchtungen der Stadt, welche in der Kaiſer⸗
zeit bei verſchiedenen Beranlafjungen mit ungeheurer Verſchrendung verans
ſtaltet wurden. Gin Beifpiel haben mir bereit bei Cicers nach Umerdiückung
ber catilinariſchen Verſchwoͤrung, Put. Cic. c. 22.: za ö8 para nolla
xarelauns Tovg OTEImROUG, Anunadır aa ddörs iotarzar anı Tais Hr-
om. Andere Falle aus der Kalferzeit f. bei Pafferi Luc. Fict. T.I.p. XX.
Alesander Severus beleuchtete auch die audgebehnten Räume der Ihermen,
Lneerne 1163:
prid. c. 24.: addidit et oleum luminibus thermarum, quum antea non
auroram paterent et ante solis occasum clauderentur. Zu Beleuch⸗
fo großer Räume wurden nad) tem Vorgang des Dionyflus des Jüngern,
den Tarentinern einen Candelaber in ihr Prytaneum fchenfte, an melden .
iele Lampen bingen, ald Tage im Jahr find (Athen. XV, p. 700. d.),
nähnlide Lychnuchen gefertigt, an denen Die Rampen wie tie Aepfel
bhingen. Gin folder, aus Griechenland entführt, fland in dem Tempel
Apollo Palatinus (Plin. H N. XXXIV, 3), der viele Nachahmung
„ſ. Ant. di Ercol. T. VII. Tav. 65. Wie den Chriſten alle dieſe feſt⸗
Beleuchtungen ein Aergerniß waren (j. Tertufl. Apologet.), fo befon=
dieſe Bäume: daher fagt Prubent. c. Symmach. II.: Et quac fumi-
arbor vittata lucernas Sustinuit, cadit ultrici succisa bipenni. @ine
mäßige Beleuchtung der Stadt fand nicht Statt, daher bediente man fi
Ausgehen der Laternen (I. d. Urt, Bb. IV. S.797f. und die Abbil⸗
von zwei in Hereulanum und Pompeji gefundenen Eremplaren aus
ihem Metall, mit dem ausführliden Gommentar in den Ant. di Ercol.
III. Tav. 56. u. 57.). Die Lampen wurben aus verfchiedenem Material
cht: aus Bold und Silber iſt Feine auf unfere Zeit gefommen, dagegen
nan in Hereulanum und Bompell und in den Gräbern Etruriens viele
Bronze gefunden; aus Blei Tennt PBaflert (Luc. fict: T. I. p. XHI.)
Eine in Rom; ein Candelaber aus dieſem Material wurde in Eboli
den, Bullet. dell’ Inst. Archeol. 1829. p. 153.; eine gläferne Lampe
i Paſſeri am a. O. T. II. tab. 83.; in übermiegend großer. Anzahl
ien findet man fle an allen Orten, wo Mömer gebaut: haben, aus Ihon.
für dad Töpfergeſchirr überhaupt (f. d. Art. Fictilia, Bo. III. ©. 473.),
tte man auch für die Lampen fein außgearbeitete Formen, welche von
iguli sigillatores, wie ſich Agatobolus F. L. Pyrrus in einer Infchrift
(Vaſſeri Luc. fict. I. p. X.), gefertigt wurden. Aus dem Umfland,
bie und da ein und baffelbe Gepräge auf Lampen mit verſchiedenen
veln vorkommt, läßt fi fließen, daß dieſe Formen zum Verkauf für
Werkſtärte ausgefegt waren und erft nad) dem Ankauf den Stempel der
imten Officin erhielten. Diefe Stemvel tragen entweder ein Abzeichen,
eine Rofe, einen Halbmond, eine Weinranfe u. Dgl., oder den Namen
öpfers, dem zuweilen der Ort der Officin beigegeben ift, 3 B. C. ICCI.
C. oder den Namen der Werfflätte, Flavia, Bassa, Caninia, oder den
n bed Patrons oder Kaiſers, von deſſen Dienerfchaft die Werfflätte
t murbe, 3. B. Antonini, Commodi, M. Jul. Philippi (Baffert am
T. I. p. XI.). Aus viefer letzten Claſſe ron Werfflätten gingen die
ligen Lampen bervor, die man zu öffentlichen Belenchtungen bei feſt⸗
Beranlaffungen gebrauchte, auf denen daher Gelübde für die Kaiſer,
3= oder Gladiatoren⸗Spiele, Naumadien, Trophäen mit Gefangenen
hnliche Scenen dargeftellt find. Die zu diefem Zweck beflinnmten Lampen
taher häufig feine Handhaben, fondern find auf der Hinterfeite gerade
pnitten, um file an Fenſter und andere Orte, wo fie aufgeflellt werben
„deſto beffer anzufügen, f. Mr. IIII. u. V, auf der unter bie Prole⸗
en eingereibten Tafel bei Paſſeri. An diefe Stempel knüpft fi bie
Tante Bemerkung, daß die Alten damit das Druden mit flereoiy-
Buchſtaben bereitd erfunden Hatten; nimmt man aber dazu, daß bie
iften einer und derſelben Fabrik oft varliven, z. B. CLO. SVC., C.
SVC., CAl. CLO. SVC., und daß, falls dies auf Rechnung mehrerer
‚el gefchrieben werben Fönnte, die Buchflaben oft aus der Kinie heraud-
oder verkehrt find, fo Tiegt die Vermuthung. nahe, daß fle auch mit '
lichen Buchſtaben zu fegen verflanden; daher Eonnte Pafferi (am a O.
. X11.) jagen: mirari non desino, veleres tam proxime typographicam
1164 Lueerns
arten attigisse, imo illam adeo tenuisse, ut integros sensus ex compacti-
libus literis quandoque excusserint, nec tamen ulterius fuisse progressos ;
ut gloriam artis, quam primi Romani invenerant, Germania sibi vindi-
caret. — Es iſt no übrig, über den Gebrauch der Lampen in Gräbern
zu fpreden. Ihr ſeltenes Vorkommen in griediihen und etrurifchen Gräbern
. bat auf die Vermuthung geführt, daß die Griechen fle bier gar nit ange
wendet haben (Pitt. d’Ercol. T. IV. p. 277. n. 21); allein fon an Hi
wäre ſchwer einzufeben, warum in ben mit allen Gerärhfchaften des täglichen
Gebrauchs audgerüfteten Gräbern die Lamre aus Grundfag auegeſchlofſen
fein ſollte, und wirfli haben au die neueren Forihungen in Griechenland
und G@trurien das Ungegründete einer folchen Annahme dargeihan (ſ. M.
Rochette 3. M&moire sur les Antiq. Chrötiennes in den M&moires de FIn-
stitut T. XIII. p. 568.); aber aus dem Umfland, daß die Lampen fi in
ben Gräbern dieſer Völker nicht regelmäßig finden, darf man fließen,
daß. fle au Leine beſondere Bedeutung bei der Beflattung gehabt haben.
Ebenſo muß 28 bei den Römern der früheren Zeit gemein fein, denn
nad der Verfiherung von Pafleri am a. O. T. I. p. XXIV.) finden ſich in
den älteren Gräbern nie Lampen, felt der Kaiferzelt aber kommen fle allge-
mein und befonders zahlreich in den Gräbern der Chriften vor. Dies hängt
zufanımen mit dem durch die Apotheofe* der Katfer und Kalferinnen allge
"mein verbreiteten Glauben, daß die Seelen der Verflorbenen Götter werben
und mit der daran fi Fnüpfenden Verehrung der Manen (f. d. Art.). Zu
diefem Zweck wurden Lampen in den Gräbern aufgeſtellt, nicht um ein erwiges
Lit zu unterhalten, was die von Fort. Kiceto in feinen ſechs Büdern de
Lucernis antiquorum reconditis, Udine 1632. ausgeführte und welt ver-
breitete (f. R. Rochette am a. O. p. 963. n. 4.) Anſicht if, fondern theile
um al! Symbol des Lichtes In dem Grabe zu figuriren, woraus es ſich er-
klärt, daß man oft Lampen, die zu wirklidem Gebrauch gar nicht einge-
richtet find, in den Gräbern findet (f. R. Rochette am a. O. p. 868.), theils
um bei gewifien @elegenheiten wirklih angezündet zu werden. So IR auf
einer Inſchrift im Brittiſchen Muſeum (Brit. Mus. Marbles Part. V. pl. VII.
fig. 2.) den Erben die Verbindlichkeit auferlegt, an allen Kalenden, Nonen
und Iden eine angezändete Lampe mit Weihrauch auf das Grab zu flellen
(OMNIB. K. NONIS. IDIBVS. SVIS. QVIBVSQ. MENSIB. LVCERNA.
LVCENS. SIBI. PONATVR. INCENSO. IMPOSITO. »Diefelbe Glaufel Hat
das Teftament der Mävia, Digest. L. LX, 44.: alternis mensibus lucernam
accendant et solennia morlis peragant. Mit diefem Dienfle wurben eigene
Sclhaven betraut, denen auf mehreren Infchriften die Freiheit unter der Bes
Dingung verfprodden wurde, ut in monumento alternis mensibus lucernam
accenderent (f. R. Rochette am a. O. p. 969. Paſſeri I. p. AXV.). —
Auch von Seiten der Verwandten und Breunde mar es ein lehter Akt ver
Pietät, eine Lampe auf dem Grabe eines Verflorbenen anzuzünden, wie
Petron. Sat. c. 3. von der Matrone von Epheſus fagt: positum in moni-
mento lumen renovabat. Ebenſo äußert ſich eine Inſchrift bei Gruter
p. MCXLVIN, 17.: QVISQVIS. HVIC. TVMVLO. POSVIT. ARDENTEM.
LVCERNAM. ILLIVS. CINERES, AYREA. TERRA. TEGAT. Außer ver
bereitö angeführten Literatur Ifl zu nennen: Det. Ferrari de Veterum Lucernis
sepulcralibus. Veterum Lucernae Sepulcrales, delineatae a P. S. Bartolio
cum observationibus J. P. Bellorii, ex Italico (Rom. 1691. 1729.) in
Latinum sermonem transtulit Al. Dukerus in Gronovii Thes. T. XU. 1707.
Börtiger, Die Silenuslampen, Amalthea Br. III. S. 168. Die Neujabre-
Lampe, Ki. Schriften IH. S. 307. Beder, Gallus IH. S. 200f. [W.]
® Daranf beziehen fi die bäufig vorkommenden Bilder des Plauen, Adblers,
der von einem Adler getragenen KatferPöpfe, des Sceiterhanfens u. f. w.
Luchith — Enelanus . 1165
Luchitts (ef. 15,-5. Jerem. 48, 5., bei Eufeb. Aoveid), eine Stadt
Moabiter in Arabia Peträa, zwiſchen Areopoli® und Zoara. [F.]
Lucetia, nur bei Mart. Gap. II, 149., f. v. a. Lucina, f. b.
Lucetius Jupiter, ſ. oben &. 589.
Lacianus, einer der iIntereffanteften Schriftfiellee des Alterthums,
fo auögezeichnet durch Geiſt und Bildung, ald dur den weiten Kreis
Perfonen und Zufländen, auf welche feine zahlreichen Schifien Licht
en. Da er früh als Feind des Chriſtenthums verfehrieen wurde, fo ift
feine Lebensverbältniffe von Andern wenig überliefert, denn ber
kel bei Suidas v. Aovnıascs beſteht größtentbeild aud Schmähungen.
fen geben feine eignen Schriften eine menigftend in den Grundzügen
tändige Ueberfiht. Bei Suidas heißt ed, er ſei aus Samofata geweſen,
ysyore äni roõ Kaicapog Toaierod nal enenese. Ienen Ort, den
ptort der ſyriſchen Provinz Kommagene und am Euphrat gelegen, nennt
oft ale feine Vaterſtadt, ITos dei c 24., und wiederholt nennt er fi
ı Syrer. Weber dad Jahr feiner Geburt aber if man im Unſichern.
Suidad mag unter Irafan der Kalier Hadrian zu verfleben fein, ber
e Namen führte (Orelli Inser. n. 805 ff.) ; die mahrfcheinlihfle Berechnung,
Reis und 8. %. Hermann ad Luc. de Hist. conser. p. XVII. führt
das 3. 120; nah Struve wäre er 130, nah Dodwell 135 geboren.
‚er it, daß feine Blüthezeit in vie Megierungen ber beiden Antonine und
Commodus fällt und daß er bochbetagt wurde: Bon feiner Jugend be⸗
et er felbſt Einiges im Erunnor. Der lebhafte Knabe hatte ſchon von
feineren Bildung gefoflet, aber bie Dürftigkeit feiner Familie veranlaßte,
er zum Ohm, einem Steinmeben, in bie Xehre gegeben wurde. Dog
prengte die Bande und wußte e8 bei den Eltern durchzuſetzen, daß man
der Rhetorik widmete. Im His aarm. c. 25. erfahren wir den weiteren
lauf. Die Rhetorik erzählt hier, wie fle den Lucian xowmd7 uapamıor
ec, Bapßapor Er m porny nal nororovyi xandvr drdsöunote 85 107
voor Toonor, nepi 79 'Ioriar ninloueror it nal 6 Ti yoroaızo
:0 odx eidore gefunden und ihn, den Aimen und Unfcheinbaren, vielen
ben vorgezogen und zu hohem Glanze und großer Ehre erhoben babe.
Sophiſtik (d. H. die Redekunſt damaliger Zeit) blühte damals In Ionien,
in Smyma* und Epheſus. Suidas fagt: 7» d& ovrog 10 noir dmr-
s (var. 1. Snunyogos) &v Arnogeia zn Zivpiag, und daß ſich 2. eine
ang mit gerichtlicher Praxis befchäftigte, wird im “Adsevg wiederholt
deutet. Uber früh ging er auf Reifen, um ſich in epideiktiſchen Vor⸗
n hören zu laffen, die gewöhnlide Art, wie bebeutendere Redner fi
mt und begütert madten. Die Auszeichnungen, die feiner warteten,
ert er feld im 'Erumnor, und auch In den übrigen Schriften vereinigen
jiele Andeutungen zu einem Bilte großer Berühmtheit (moos 707 &i-
x Ilooundevs ei 87 Aoyoıs und Zeüäe 7) Artioyog) und anſehnlichen
thums (AnoAoyie 15.: 07 mp0 moAMod Möeıs em Öntoginj dmuooie
rag MOdopopRE Ereynauısror, ÖnoTe xara Hier zov Eomepiov Sxeavov
„» KeAuxy7 ua 8nımr Erärvyes Tuiv Toig neyaloniodorg Tor Voyıorar
Iuovuevorg, und Als xarny. 28.: enei 68 iInayoic snenrtioaro). Darf
mit Solanus, 8. %. Hermann u. U. annehmen, was fehr wahrfdeins
t, daß die Epwres eine Jugendarbeit des 2. find, fo würden wir ihn
uf feiner erflen Reife von Antiochia nach Italien verfolgen Fönnen.
zifft an Cilicien, Pamphylien und Lycien vorbei nah Rhodos, von da
Rnidos, um mit den Freunden die Aphrodite des Prariteles zu fehen.
Am wahrſcheinlichſten möchte man fidy ihm als Schuler bed Polemo zu Smyrna
1166 Imciamus
Weiterhin ging ed (wohl Aber Athen und Baträ) über dad Joniſche Meer
(Sig army. 1. c.) nach Italien und Nom, wo er übrigens wiederholt ge-
weien if, da au im Nigrin von einem Aufenthalte in Mom, wegen einer
Augenkranfheit, und im Alerander wiederum von einem früheren Aufenthalte
dort und einer beabſichtigten Reiſe nad Italien bie Rede iſt. Wie genau
er das dortige Leben Eaunte, ſieht man aus neol zur emi mode Ovrorter.
Bei feinem erflen Aufenthalte wahrſcheinlich machte er die Reiſe nah dem
ſüdlichen Gallien, wo damals feine Bildung herrſchte, auf welcher wir ihn
in der Anrede wegi Tov nAenroov den Rhodanus hinauf begleiten können.
Auf die Hoaning betitelte Anrede gibt Einprüde aus diefer galitfchen Reiſe
wieder, und ausdrücklich fpricht er davon Anokoyia c. 15. in ten angef.
Worten. Die Nüdreife von Italien ſcheint er damals auf ber Via Egnatia
gemacht zu haben, da wir ihn in ben beiden Anreden ‘Hoodoros und Zevkis,
wo er gleihfals no jung iſt, do (don berühmt, und mo er gelegentlih
von feinem Aufenthalte in Aihen und in Italien fpricht, zu Theſſalonich,
der damaligen Hauptflant von Macedonien treffen. Gr wendet ih an die
vornehmften Leute der Etabt und wartet eine Beflverfanmlung ab, um auf⸗
zutreten, und fo mag er gewöhnlich verfahren fein, auch zu Olympia, wo
er, mie wir aud dem Peregrinos Proteus erfahren, im I. 165 — DI. 236
fon zum viertenmale war.* Ferner kehrte ew nach feiner erſten Rundreiſe
nad Syrien und feiner Vaterſtadt zurück, wo er damals das Erunrior öffent-
li vortrug. Ob die Neife mit feiner Familie, von welder im Alexander
bie Rede ifl, wo er aud Syrien fommend die pontifhe Küfle, bef.-Amaftrie
befuchte, in diefelbe Zeit faͤllt, iſt under, ba er au fyäter noch einmal
herumreiste, um fih hören zu laffen. Reich an Geld und Ehre zog er ſich
inzwiſchen nad) Athen zurück, um ſich dort für längere Zeit zu fixiren. Dieſe
Stadt war auch damald ein Sig der vielfeitigften Bildung und Anregung,
und Hatte vor Mom, wie 8. diefes im Nigrin ausführt, den Vorzug der
Simplicität ** und alten attiihen Beinheit. Unter ben dortigen Philoſophen
ſchloß 8. ſich beſonders dem Demonar an, in deſſen GHarakteriflit (Anuo-
rartog Biog c. 1) er autbrüdlih fügt: Yarapo de za Anuorarrı nal ami
unmoror Gvreysrouyr, woraus ſich zugleih auf bie Dauer feines dortigen
Aufenthaltes ſchließen läßt. Demonar und Nigrin fagten dem Lucian unter
den damaligen Philoſophen am meiften zu; jener war ein praftifd frommer
und ernfler Mann, ſehr wigig und von feinem Geiſte, ein Beind alles Dog-
mariemus, aller Anmaßung und alles Scheinweiens, der fih in der Mitte
mischen Sofrated und Diogeneß hielt, fo weit fich dieſe Philoſophen in da⸗
maliger Zeit reprobuciren ließen. Er bat offenbar großen Binfuß auf 2.
gehabt, der in ven weſenilichſten Punkten, was Philoſophie, Religion und
allgemeine Lebens anſicht betraf, mit ihm übereinſtimmen mochte. Uebrigens fallen
In dieſen attiſchen Aufenthalt Lucians ohne Zweifel die meiſten feiner Schriften,
namentlich alle diejenigen, welche in dialogiſcher Form die Philoſopie, Rhe⸗
torik, den Olauben und Aberglauben damaliger Zeit im Sinne des Demonar
kritifiren. Wichtig ift in dieſer Beziehung ver Alısug araßsourtes , ein
Nachtrag zur Bio» rouoız, womit er zuerft gegen die Philofophen in Atben
aufyeireten zu jein ſcheint. @r wird in jener Schrift von den gereizten
Philoſophen, unter benen, er ohne Zweifel heftige Beinde hatte, ein gefaͤhr⸗
licher Menſch genannt, ünzwe nal dixarınog xal Rarovpyog &7 Tois Abyos,
.& überhaupt die Kunſtrebner, vgl, Phileſtrat. Hippodr. p. 111, 14.: roẽ
ye unV y0ıräv ds za: 10V Eilnruy zaynyipes ovUn nulle, Al LHapılır de ar-
was dmudrikenc evexa xas ToU un ayvosodas. Die damaligen Sophiſten waren fait
ohne Aususbme weitgereidte Leute,
»Pphiloſtr. Prool. p. 100, 10,: eyv Adnryaw Houriay nonaoarto.
Lusianus 1167
her ſich im Gerichtsweſen ausgebilpet habe und nur bie auf dieſem Wege
connene Gewandiheit benüge, um die Philoſophie In übeln Geruch zu
ngen. 2. verantwortet ih, die Rhetorik habe er aus Verdruß über al
ı Berrug, die Unverfhämtheit, dad Geſchrei, welches dabei vorfalle, aufs
jeben, und fei nun zur Philoſophie geflüchtet, um dort Schuß und Ruhe
finden. Aehnlich Im Ag narnyopovusvog, wo er c. 31. ald Orund, warum
die Mhetorif aufgegeben, dad kokeite und bublerifhe Wefen der damaligen
defunft angibt. Er fegt in dieſer Schrift hinzu, daß er ſetzt ungefähr
Jahre alt fei, eine Angabe, die er im Hermotim von fi wiederholt.
& Fleinere Reiſen mögen in diefe attifche Periode Lucians follen, nament⸗
die Neife nah Olympia im 3. 165, wo er Augenzeuge ver Selbſtver⸗
nnung des Peregrinod Proteus war, und die für die Schrift mac dei
0. ovyyo., welde um biefelbe Zeit geſchrieben iſt, vorauozuſetzende Meife
Zonien und Achaja. In feinen alten Tagen aber fehen wir ihn dann bie
yer aufgegebene Laufbahn bed reiienden Redekünſtlers noch einmal’ betreten,
ih doch wohl, um fih von Neuem Subfiftenzmittel zu veridhaffen. In
e Veriode gehören die Anreden Asorvoog und Houxnañqg. welde gegen die
yeren Schriften etwas matt find und wo er fich ausorüdlich einen Betes
en nennt. Ginen neuen und letzten Abfchnitt in feinem Leben bilder endlich
: Anflelung, die er in Aegypten fand, und worüber feine Apologie nähere
zkunft gibt. Gr klagt dort über fein hohes Alter und die Laſt der Ge⸗
fie und rechtfersigt fi gegen den Vorwurf der Inconiequenz, da er früher
ver Schrift nepi rar uni modo ovrorzom der Unabhängigkeit fo großes
' gelungen, feßt aber hinzu, daß die Beſoldung ihn keineswegs bewogen.
n feinem Amte erfährt man c. 12., daß er in angefehener und einfluß⸗
ber Stellung def. mit dem Gerichtsweſen zu thun Hatte, fo daß er alio
demfelben Betriebe zurückgekehrt mar, den er in ber Jugend verlaflen
te. Ballen die Gedichte über das Podagra in diefe Zeit, fo hatte er fih
) viele Geiftesfriiche bewahrt, wovon aber auch die Schrift neu: zov er
n000ayopsvası nraiouerog ein Zeugniß ablegt. Ob er bie Hoffnung auf
: noch höhere Beförderung, die er in der Upologie ausſpricht, noch erfüllt
ben, iſt nit befannt; wahrſch. aber flarb er in feinem ägyptiſchen Amte.
8 Suidas erzählt, er ſei von den Hunden zerriffen morben, ift am Ende
ein Misperftand feiner eignen Aeußerung im Veregr. Prot., os xuveg,
Gynifer, wären feines Spottes wegen fo ergrimmt geweien, daß fle ihn
abe zerriffen Hätten. Was Lucians zaählreiche Schriften beriffı, fo
e bei vollſtändiger Unterſuchung die dreifabe Aufgabe zu Löfen, vie uns
en Schriften auszuſcheiden, die übrig gebliebenen der Zeit nad zu orbnen,
ſie zugleih nad ihrem Inhalte zu claifificiren, zu melden Zwecke bier
e Andeutungen genügen mögen. Unädht* ift vor Allem der Philos
ris, melden Geöner in der trefflihen Abh. de actate et auctore Philo-
idis, Ed. Bip. Vol. IX., in bie Zeit Juliane, Niebuhr praef. ad Leon.
:on. (Script. Byz. P. XI.) p. 9. in die Zeit des Nifephoros Phocas,
968, ſetzt. Berner Hat man die beiden, in Herodotiſcher Nachahmung
ioniſchem Dialecte geichriebenen Stücke nepl rjg aorpoloying und regi
Zvoims Yeod neuerdings zwar unter der Voraueſetzung veriheibigt, 8.
fich einmal in diefer Nachahmung gefallen, allein da fle im Sinne der
erftition, alfo dem Streben Lucians gerade entgegengefegt, und geiſtlos
trieben find, fo wird e8 doch wohl bei der Unächtheit bleiben müflen. **.
*Fritzſche erflärt in einer den Quaestt. Lucian. v. 3. 1826 angehängten Thefe
Schriften Lucians für Acht, His auf ben Philopatris und vielleiyt (ut videtar)
Sharidemns,
** lm fo mehr, da er in der Schrift über_die Geſchichtſchreibung felbft die Afifche
abmung bed Herodot lächerlich macht, c. 18.
1168 Emelanus
Der fehr unbebeutende Dialog 'Adrvodr gehört wahrſch. dem Alabemiker Leon,
f. Athen. XI, p. 506. C. Diog. Laert. IH, 62., vgl. Kayfer zu Philoſtr.
Vitt._ Soph. p. 162 f. Die Maxpoßıos find nah Manke’d Unterſuchung
Pollux et Lucianus, Quedlinb. 1831. 4. p. 16—22. unter Ziber gefdhrichen,
wahrſch. son Phlegon von Tarſos. Der Dialog Menippos oder die Nekyo⸗
mantie wird von Wieland, Ueberſetzung 2ter Br. S. 357 f. und F. Jacobs
append. ad Porsoni Advers. p. 288. verworfen, welder Lebtere auch bie
Aechiheit der Todtengeipräde 20. 26. 27. 28., ber Schrift über die Opfer,
bes Icaromenippus und der Götterverſammlung bezweifelt, wodurch und einige
der geiftreihften Stüde Lucians verloren geben würden. Folgende Schriften
envli haben ſchon ältere Kritiker bezweifelt: Adskıs moog Hoiodor, Ar-
nooderovg Syxoııor (worüber vgl. Brauert hiſtor. u. philolog. Analecten,
Münfter 1833. S. 289.), Kumnog, Wevdeoopiotn;, Xapiönuog, Niper,
melche legtere neuerdings Kayfer in Pbilostr. Vitt. Sophist. p. XXXIMH. u.
123—130. dem Philoſtrat vindieirt hat. Endlich Hat man auf bie "Epwres
und Aovnos 7 Orog in Brage geflellt. Im jener Schrift, deren Titel wohl
mit Beziehung auf das ebenſo benannte Gericht des Phanokles gewählt iR,
iſt der Stil allerdings etwas ſchwülftig, allein man kann mit Golan be
baupten, si Luciani opus est, iuvenile est priusque scriptum quam faci-
lem quem in eo miramur et versatilem stilum consecutus esset. Die
Luciade aber dem 2. zu nehmen iſt wirflih fein Grund, da dem Phorius
Bibl. cod. 129. veutli zwei an Umfang und Tendenz fehr verſchiedene Schriften
vorlagen, von denen er die des Lucian für die jüngere, wir aber diefe wit .
befferem Rechte für die ältere erklären werden, |. Wieland, Ueberſ. dter Br.
©. 296 ff — An Seltbeflimmungen fehlt es für eine große Zahl von
Schriften Lucians leider gänzlih, indefien wenn man bie oben angedeutete
Eintheilung feined Lebens in drei Perioden fehält, vie feines erſten rhetori⸗
ſchen Auftretens, die des attifhen Aufenihaltes, und bie des zweiten Auf-
treten® und feiner Unflelung in Aegypten, fo laſſen fi wenigftens die wid-
tigfken Schriften mit einiger Sicherheit in biefed Schema einreihen. Go ge
hören der erften Periode die Eowres an, die er nad feiner erſten Ankunft
in Stalien gefrieben zu haben ſcheint, vermuthlich auch Aovmos 7 Oros.
ferner die Anreden, in denen er ſich noch um die Gunft der Broßen bewirbt,
Hoodoros, Zeũtis, “Apuoriöne, Zeübis 7) Ilposerog, enblid daß 'Erunnor,
wo fein Anſehen bereits feRgeftellt il, und der Niypiros, wo ibm die Phi⸗
loſophie, die ihm zuerſt in der Perſon des Platonikers Nigrinos entgegen-
trat, noch etna® ganz Neues iſt. Auch die rhetoriſchen Uebungsſchriftes
(ueAszaı) Toparroxtorog, Anoxnpvrröusrog und Dalagız a’ ß, von melden
die letztere bei Photius cod. 128. beiproden wird *, find wohl aus ver
früheren Zeit, da er fi fpäter ſelbſt gelegentlih über folche Nebungsfchriften
Iuflig madt. In die zweite Periode fallen ohne Zweifel die meiften und
audgezeichnetften feiner Schriften, namentlich diefenigen, wo die dialogiſche Forn
in der von ihm ſelbſt wiederholt characterifirren Welfe beſonders gepflegt umb
audgebilvet ifl, und wo. eine foRematifche Wolemik gegen die Meligion, gegen
die damalige Bhilofophie, zum Theil auch gegen die Rhetorik der Zeit verfolgt.
Au das Merkmal attiſcher Gcenerie wird mit einiger Sicherheit für dieie
* Der Phalaris Luclans ift bedeutender, als er auf den erfien Blick zu fein
fheint, f. Ebert Zuxedksıuuy p. 102 ff. Es iſt Babel zugleih auf eine Apologie Des
verrnufenfien aller Tyrannen abgefeben, daher Bentiey ihn mit dem Buſiris Bes
Iſokrates vergleicht, und auf eine Paroble bes deiphifchen Orakels, weiches bier nicht
allein dem Tyraunen befreundet erfcheint, was auch in ber Erzählung bes Hera⸗
klides Pont, bei Athenaäus XIII, p. 602. B. der Fall if, ſondern auch mit Dem
famofen Inſtrumente der fhändliyen Tyrannei, dem bekannten Stiere, als Weibgeſchenk
beehrt. das es in pfäffifcher Berechnung feines Jutereſſes nicht weicher fahren Iaffen will,
Lucianus ‚1169
riobe entſcheiden, obwohl nicht ohne Ausnahme, 3. DB. beim Cunucben.
ir beanügen und biefenigen Schriften au nennen, deren Zeit ſich mit einiger
cherheit beflimmen läßt. So die geiftreihe Antwort an Jemanden, ter
ı einen Bromerbeus in der E:myofltion genannt hatte, mo ber ihm eigen
imlihe Dialog als etwas Neues erſcheint. Ferner Bios zpuors und "Adıevg
zraßiorrtes, von denen diefe Shrift durch die Senfarton, welche jene ges
&t harte, veranlaßt war. Man fl-Hr daraus, daß dieje Art von Polemik
obl als dieſe Behandlung ded Dialogs zu Athen noch etwas Neues war
»daß L. die fophiftifche Luufbahn noch nicht lange aufgegeben hatte. Aus
jelben Zeit iſt Ag narryovovuerog, wo 8. ungefähr im 40ſten Lebens⸗
re flond, daher auch Hermotimos, wo er daflelbe von ſich audjagt, fi
- anfhließt. Um das J. 162, bei einem Aufenthalte In Smyrna, murben
beiden zufammengehörigen Schriften Einores und "Trip Tor einorwr
Erieben, um das J. 165 der Peregrinos Preteus, und um biefelbe Zeit
Abhandlung über die Geſchichtsſchreibung. Auch die Schrift zepi zar
nıodo ovrorıoy muß aus dieler Periode fein, da 8. in verielben von
er unabhängigen Lage ſpricht, in der Ayologie aber diefe Schrift als eine
Alters (nudar) erfhienene bezeihnet wird. Die Characteriſtik des De⸗
ar aber wird gegen dad Ende feined Aufenthaltes zu Athen fallen, da
Zeitbeſtimmung für diefe Schift, melde man aus den Macrobiern abs
se, feitbem dieſe nit mehr dem Lucian gehören, feine Giltigfelt mehr
In die driste Periode endlich fallen zunächſt diejenigen ‘Unrenen, wo
on jeinem Alter und erneuetem Auftreten fpricht; ferner der AAdEardopog,
unter Commodus gefhrieben If; der Evrouyog, da nad der Ausſetzung
8 Gehalts für die philojophifhen Lehrftühle zu Athen tur Marc. Anton.
3. 176 fon eine Bacanz eingetreten iſt, fo daß die Schrift um 180
ıfegen fein dürfte; “Prrogav Sdudaonadosg, nad Manfe Pollux et Luc.
chfalls unter Commodus verfaßt, da die Schrift troß der Einreden des
Merbuld auf Polar zielt (vgl. K. F. Hermann, Allgem. Schulzeitung
2. 1. Rr. 6. und Kayfer zu Philoſtr. Vitt. Soph. p. 355 f); endlich
Apologie und die Strift über ein Verſehen beim Morgengruße feines
geiegten, welche wahrſch. die lehte von allen if. — Zur näheren Gh as
reriſtik Lucians if fomohl die Form feiner Schritten ald der Inhalt
elben nad feinen allgemeinen Richtungen und Bigenthümfichkeiten in
re Erwägung zu ziehen: wobei im Allgemeinen zu bevenfen, daß wir
bei ihm im Zeitalter der Antonine befinden, einer Zeit, bie von ben
imſten Gegeniägen bewegt wurde und in welcher der antife Geiſt, ob⸗
h unter der Pflege jener Fürſten und Hadrians noch cinmal eine Art
Reſtauration erfolgte, dennoch feiner Auflöfung mit flarfen Schritten
:genging. * Es galt damals In der Literatur vor Allem an ben klaſſi⸗
Diuftern feilzubalten, was indeſſen Wenigen gelang, da das reine
chiſch im prakiiſchen Gebrauche des Lebens fchon durch ſtarke Beimiſchung
Barbarismen und durch Abſtumpfung der alten Form bedeutend eniflellt
** Lucian nun, obgleich von ſyriſcher Abkunft, gehörte doch in Folge
jer Studien und ſeines langen Aufenthaltes zu Athen zu denjenigen,
re damals die alte attiſche Feinheit und Grazie In Dialect und ganzer
Wgl. Über dieſes Zeitalter Noch, Bemerkungen fiber bie Schrifien des M.
el. Seonto und flber das Zeitalter der Autonine, Rürnb. 1817. 4.
‚Bol. Omperius de oratione Corinthiaca falso Dioni Chrysostomo adscripts,
sv. 1832. p. 6. Selbdſt in Athen war die Sprache fhon fehr unrein und nur
em Lande hatte ſich der reinere Diatect erhalten, nad Philofirat. Pulem.p. 60.
kelian. p. 116. ed. Kayser; gerabe wie jest in ber Imgegenb von Florenz noch
‚ou der alten tookauiſchen Sprache zu finden ifl.
mio, Real⸗Cucyelop. IV. 74
1170 Lullanus
Darflelung am glüdliäften wiebergaben. Zwar Kat Lobedck feinen Dialect
nicht recht wollen gelten laſſen, allein Srigfche hat nachgemiefen, vaß bei
folden Ausftelungen in den meiften Källen der Text noch nicht forgfäfrig
genug behandelt war, de Atticismo et Orthographia Luciani, Rostoch.
1828. 4. Jedenfalls iR fein an den beflen Muſtern attiſcher Literatur ge:
bildeter Stil für jene Zeit bemunderndmwürdig: bei großer Klarheit und Ein⸗
fachheit, die er überall empfiehlt, eine außerordentliche Lebendigkeit, viel WBig
und jene feine Eleganz, die von jeher als vas Characterifliiche artiichen
Geiſtes gegolten bat. Daß ihm dieſe das höchſte Ziel feines ſtiliſtiſchen
Strebens war, fügt er wiederholt 4. B. im Zeväg Arrioxoc, wo er ſich
vor dem Lobe der Neubelt feiner Compoſitionen bedankt, wenn man nichts
Anderes als dieſes zu rühmen wife: ovxous Tovro uovor zagier Toiz aunis
&reotır, Od un ovmOn unds xara To xoıwor Badılaı Toig Mldoıg, OGroua-
107 53 aom neA0y 89 wuroig xl NIDOS TOV Apyaior Kav0ra EUESOT T
roũ 08805 7 nspivoiag Tirog 1, yapırog Artus 7 apuoviag 1 epns TU;
ey nam, Tovıar 8 NOLOw Long Tovuos. Auch iſt er troß jener der
chriftliden Theologie feindlichen Richtung frühzeitig felbft von den chrifilichen
Rednern ald Sprachmufter anerfannt worden (Gregor Naz. laudes Magn Basil
p. 770. ed. Paris. 1778., Photius bibl. cod. 128.), noch mehr natürlidy von
den Atticiſten, unter denen ihn Thomas Magifter bef. Häufig anzieht, |. Ritſchl'e
Thom. p. 431 f. Uber abgefehen davon zeigt fi in feinen Werken überall
ber geiftreihe Mann vol Iebendiger Anfhauungen, reicher Erfahrungen, vie
feitiger Bildung. Dur eine Menge characterifliider. Anekdoten, Mähren.
Sprihmwörter (von denn eine Sammlung bei Jacobi Vol. IV. p. 328 )
weiß er noch jegt das Intereſſe des Leſers eben fo rege zu halten, als er
einft da8 feiner Zuhörer zu ſpannen verfland wenn er rebete ober eine feiner
Schriften vortrug.* Dazu kommt denn der Ihm eigenthümliche Dialog, in
welchem der alte philoſophiſche Dialog, deſſen @infeltigkeiten er zu Ende des
Ag naıny. andeutet, mit der Komddie verſchmolzen I. Wäre er Zeitgenoffe
ves Eupolis und Ariflophanes geweſen, Lucian würbe fider ein Nebenbuhler
diefer Dichter geworben fein, denn er hat in feiner ganzen Gelftetrichtung
- und Genlalität Vieles was jenen Ditern verwandt if. Auch iſt er in
ihren Werfen, wie überhaupt in der attifden Komödie, genau zu Hau'e.
was man an feiner Sprade, häufigen MReminifcenzen, Anwendung gewiſſer
komiſcher Motive merkt. Im feiner Zeit aber blieb ihm zu dem Zwede, bie
- Gntwidlungen der Gegenwart mit aufmerffamer Kritik zu begleiten und aflen
Ausartungen mit ſchonungsloſem Eifer im Laͤcherlichen die Wahrheit zu fagen,
faum etwas Anderes übrig als der Dialog, der fi zwar im Als xarrz.
über Lucian beflagt, der aber in der That außerorbentli durch Ihn gewonnen
bat. DVorzügli bemährt ſich diefe Wahlvermandtfchaft Lucians mit der alten
Komödie auch in jenen phantaſtiſchen Binfleidungen der dramatiſchen Gıflo-
dung, deren fi bei 8. mehrere finden, bie wohl eines Ariftophanes mürtig
wären, 3. B. im Xaowr 7 ammonovszes, Bios npamg, ‘Akıevg 1 araz-
oöryzeg, Orespog ı; Adenzgvor u. a. Dubingegen fi, mas dramatiiche
Lebendigkeit betrifft, da8 Zuunomor 7 Aazıdeg wohl dem Platoniſchen Saſt⸗
mabl an die Seite fiellen Tann, obgleich ſonſt in allen Stücken von dieſem
o verſchieden, daß man fogar eine Varodie deſſelben darin Hat finden wollen.
ened audgezeichnete Talent für pbantaflevolle Erfindung und Ginfleivung
le 60h ihm feine Reitgemofen felten ficht man amd Zeüls gu Unf. un
© 2.: ira xai saurer dv wois Eliner eva Äbyavaım, aut ber Apologie, mo «ö von
der Schrift negi ray ini mod avsirzur beißt 0. 3.: malas nis eudoninyrai em
courꝭ ro osyypanna ai dv nollg minder dusrdie, ds od Tore dnpeaoaamo: dıy-
yoiyro, nad idia apa zois minasdıv
Impanw — u
At Ab bei Lucian dann noch von einer andern Seite in ben roman⸗ und
ihrchenhaften Erzählungen dar, die, obgleih in der älteren griechiſchen
teratur in vereinzelten Erfcheinungen vorbereitet,‘ als ſelbſtändige Gattung
ch erſt dem Zeitalter angehörten, wo der Geiſt des von jeher dem Mährchen
jebeneu Driented mit dem des Occidentes verſchmolz. Lucians wahre Ges
ichten und feine Luciade gehören ohne Zweifel zu den vollendetften Muftern
3 ſatiriſchen Mährchens; er entmidelt darin einen Humor, eine Phantafle
d eine Erfindungägabe der allervermirchften nnd ſeliſamſten Situationen,
: an dad Bedeutendße, was ſonſt der Art bekannt if, erinnern; nur daß
rade für biefe Schriften noch viel zu thun If, bei der Luciade zur Fefl-
Nung feines Autorſchaft und des Berhäftniffes diefer Erzählung zu ähn⸗
yen aus früherer oder fpärerer Zeit, bei ven wahren Geſchichten zur Er⸗
rung der fortgefeßten fatirifchen Beziehungen auf literariſche Abfurbitäten
: Älteren Zeit und ber Gegenwart. Als befondere Zierden und !Berlen in
n Schatze der Lucianiſchen Schriften find endlich no jene kleinen Abhand⸗
igen, Jixn pornérroy und Muiag 8yaouıor, auszuzeichnen, welche das
ißerordentlichfte an Feinheit und zierlicher Grazie find, ſammt ſolchen
hilderungen, wie z. B. der Stadt der Träume in den wahren Geſchichten,
ſche an ähnliche Vartien bei Shakeſpeare erinnern“, endlich die Ausführung
n Phantafiegemälden, wir zu Ende ver Schrift 7. zus eni u. Ovrosıer,
x die Beſchreibung wirklicher Kunftwerke, für melde 2. einen außerorbent»
, empfängliden Sinn beweidt, wie im Herodot, im Zeuris, in ven Eroten,
ı Bildern u. f. w. Lucian hatte feine Anfgauung für graphiſche und
iſtiſche Darflelung in dem Grade geihärft, daß auch feine eigenen Schil⸗
ungen und Charakteriſtiken allegoriiägex oder wirklicher Perfonen und Les
averhältniffe dadurch eine wahrhaft vlaftiſche Ubrundung und Präcifion
: Umiffe bekommen, in weldem Sinne er felbi im Fiſcher c. 38. der
ahıheit diefe Worte Über feine dortigen Characterbilder in den Mund legt:
: ölag übauge ToVG Arögug uragyas nudünep Imi Tirog Joapis T& marın
rotag, oð T& oWuuar« 0707, alla zul Tag Wuyag aviag eis 70 Anpı-
sraror einaoag. Was den Inhalt feiner Schrifien betrifft, fo erſtaunt
n zunächft über den Reichthum an Beziehungen und Mealitäten, ver uns
diefen Schriften erhalten ik. Man ſieht durch fie wie durch ein Glas in
e3 ganze merfwürbige geitalter der Antonine hinein, dad fi mit allen
ıen Bntwidlungsfämpfen und Sonberbarfeiten dem Leſer aufſchließt, je
iter er ſich in Lucian bineinliest, deſto deutlicher und vollſtändiger. Das
ſchon Gesner in der Abb. über den Philopatris F. 16. hervorgehoben,
ıerdingd find alle dieſe verſchiedenen Beziehungen zu einem trefflichen Ge⸗
ımtbilde vereinigt worden von K. G. Jacob, Gharacteriflit Lucians von Sa⸗
jata, Hamburg 1832.8. Wir betrachten L. im Folgenden kurz zunähft im
ıhäftniffe zum-Blauben und Aberglauben ber Zeit, dann in dem zur Philo⸗
bie, dann in dem zur Rhetorik und Literatur überhaupt, endlich in dem
Erziehung und dem gleichzeitigen Sittenzuflande: bei melden Betrach⸗
gen fd zugleih die eigene Perfönlichkeit Lucians nach ihren pofltiven
> negativen Momenten in deutlichen Umriſſen darfielen wird. Lucians
ellung zur Religion der Zeit iſt eine doppelte, fo mie auch das
'giöfe Leben jenes Zeitalters ein zwiefahes war, Indem es theild no an
alten Bopulärmpthologie und dem traditionellen Eultus feftzuhalten ſuchte,
ın aber auch dur Vermengung einbeimijden Glaubens mit audlänpifchem, .
» auf den Wege der Gnoſtik und einer ausſchweifenden Dämonologie mit
iklem Drange nah neuen Meligionsfoflemen fitebte, neben melden das
® Daher einige Engländer in allem Ernſte behauptet haben, Shakeſpeare müſſe
Eucian findirt Haben,
1172 —
Chriſtenthum im Stillen immer mehr Boden gewann, um zuletzt über alle
Nebenbuhler zu triumphiren. Lucian hatte alſo zwei Feinde zu bekämpfen,
die alte Religion und die neue, und er thut es mit denſelben Waflen, denen
der Negation und des Spottes. Seine eigene Anſicht über Meligion läßt fid
nah Alexander c. 8. gut beflimmen: Furcht und Hoffnung find es, welde
die Menſchen in die Tempel treiben. Daß er es fih fo viele Mühe Toflen
läßt, die Innern Wiverfprüde der epiſchen Motbologie aufzumelien, Könnte
auffallen, da dieſes durch Philoſophen und Dichter längſt geſchehen war:
allein es iſt zu bedenken, daß durch Hadiian und die Antonine bei. In
Griechenland und im Oriente noch einmal eine Art von künftlicher Oribo⸗
borie in dieſen verbraudten Formen des Heidenthums benift mar. Auch
haben die dahin gehörigen Schriften, mie die Goöttergeſpräche und Ber:
wandte, im Grunde nur ein untergeorbneted Intereffe; nur mo Lucian ſich
zu dem poetiihen Humor travefliiter Schilrerungen des Olympiſchen Lebens
erhebt, wird er mahrbaft geiſtreich. Dahingegen nimmt ihn bie beiondre
Seite ded populären Glaubens, melche es mit dem Tode und mit dem Leben
nah dem Tode zu thun hat, Im hödflen Grabe in Anſpruch und er yflegt
"dei dahin gehörigen Schliverungen feine allerbeflen Geiſteegaben zu entfalıen;
obwohl folde Schriften fhon mehr In die pofitive Eeite feiner eignen Eebent⸗
philoſophie hinüberſchlagen. Am rüdfichtölofeflen aber fritt er auf, mo eb
einen blinden Aberglauben von der damals modernen Art, Phantaflerei, mie
auch die Philoſophen file fhon häufig trieben, zu züchtigen gibt, vollendt
wenn es gilt, den ſchändlichſten Betrug den es gibt, denjenigen, welcke
auf rankhafte Nihtungen der Zeit’ fpeculirt, zu entlarven. So In der merf:
würdigen Schrift AldSavdpog 7) Wevdonarris, die an den befannten Geliuf,
feinen Freund, gerichtet iſt. X. Hatte diefem Betrüger lange aufgepaßı und
hätte feinen Scharfbli beinahe mir dem Leben gebüßt; doch hatte Aleranveı
fo mächtige Verbindungen, daß er es erft nah feinem Tode magen buıf:e,
das Lügengewebe dieſes Menſchen zu zerreiien. Wie ſchwäclich erfcheint die
Zeit, wo ein ſolcher Berrug fo fehlen Fuß faflen fonnıe! In anderer Br:
ziehung fehr intereffant If die Schrift Über Peregıinos Proreus. Hier ifl ed
fein Betrüger, fondern ein Schwärmer, oder, wie 2. Ihn auffußt, ein toller
Ehrgeiziger,, ein zmeiter Seroflrat, mit dem er es zu thun hat; ein Menſt.
der nad einer Teivenichaftliden Iugend es zuerſt mir dem Ghriflenihume,
dann mit ägypiiſcher Aeketik, enplih mir dem Cynismus verfugte, bie a
auf den Gedanken Fam, dur Selbfiverbrennung dad cyniſche Ideal des He
ralles zu verwirkfigen und den Menihen ein Beifviel der Todesverachtung
aufzuftellen. 2. war Augenzeuge diejed Vorſalls, über den er und fehr enı-
gegengejegte Vetrachtungen mittheilt. Er ſelbſt Eonn’e fogar am Scheiter⸗
baufen fein ſpoͤttiſches Rachen nicht laſſen, mas noch für den Leſer ermas
Verletzendes bat, denn mindeſtens durfte jener Mann Mitleid in Aniprus
nehmen. Auch beweifen andre Stimmen über Peregrinos, daß 2. dieſe feh-
fame Erfheinung, aus der er ein Zerrbild gemacht hat, nicht völlig zu wär»
‚digen verfland, f. Gell. N. A. VI, 3. XII, 11. Sertull. ad Martyr. c. 4.
Ammian. Marcel. XXIX, 1, 39.* Den Synfretismus der Zeit mifft die
Bötterverfammlung,, in melder fid Momos über die Maffe neugebadner
und auslaͤndiſcher Goͤtter beklagt, melde ih auf dem Olgmp eingeihlidhen
haben und auf eine Sawrgeng dringt. Bon der felrfamen Deifidämonie
ber Zeitgenoffen legt der DiAowevörg ein meikwürdiges Zeugniß ab: eine
Geſellſchaft von Philofophen, die fih Beifter- und Spuckgeſchichten erzählen,
garz im Beihmade der Seherin von Prevorſt. Auch von dem Ber hältnifie
Als beiferuber Epniter erfcheint Protens aber auch bei Philchrat V. S.p. 69.
ed. Kayser.
Luelanus ‚ 1173
land zu dem Ghriflenthume iſt hier ein Wort zu fagen. Das richtige
rtbeil iR bier dur den Zelotismus der Scholiaflen und des Suidas einiger -
aßen erihmwert, von denen jene feinbielige Anirielungen und Läfterung
tern au mo 8. gewiß nidt an das Ghriflenthun dachte, während er
I Suidas das Präpicat BAaopruog 7 Svognuos führt, in diefem Leben
n toßen Hunden zerriſſen wird, in jenem aber bei Sıtan im höfliften
ner ſchmachtet. Selbſt die neuere Kirchengeichichte yflege härter zu re
eilen ala billig if; vgl. Tzſchirner, Kal des Heidenihums Thl. I. ©.
14—160. und die übrige Literatur fammt eigner Epitrife bei Jacob am a. O.
. 155 f. Scheiden wir den Philovatris aus, fo bleiben nod bie Haupt⸗
De im Peregr. Proteus c. 11., Vhilopſeudes c. 16. und gelegentlide Er⸗
ihnungen im Alexander, mo der Ghriften und des Chriſtenthumse erwähnt
rd. Daß 8. diefes für eine eben fo verfänglihe Surerfiition hielt, wie
ıflige religidie Bemegungen ber Zeit, verficht fiH bei feiner ſchlechthin
jariven Sıeflung zu der Religion überhaupt und bei feiner Freundſchaft
t Celius und andern @picureern von ſelbſt. Indeffen bemerft Geeêner de
ilopatr. $. 19. u. 20. mit Net, daß Lucians Kenninig vom Ghriflen-
ınıe im Grunde nur eine fehr unvollkommene ift, fo daß er fi Eeineamegs
liffentlich um dafjelbe befümmert, geſchweige denn eine antichrifllicde Polemik
ieiner Aufgabe gemacht haben kann. 2. beſchränkte ſich zu fehr auf das
ben in den höheren und gebilberen Kreifen, als daß er mit ber chriſilichen
‚meinte, bie ih damals noch gröftentheild aus dem gemeinen Dann aufs .
ute, in Gollifion hätte kommen können. Auch iſt bereits bemerkt worden,
ß bei der ausführlicäften Erwähnung diefer Gemeinde im Neregr. Brot.
: Bild von ihr entworfen wird, welches‘, berüdfichtigen wir den befonvern
andpunft des Berichterflatterd, im Grunde ein ganz ehrenwerıbed if; wie
nn auch im Alerander, wo alle Welt fi täufchen läßt, die Chriften dies
gen find, welche von dem Betruge unberührt bleiben, in welcher S ellung
fonderbarer Weile dieemal die Epicureer zu ihren Verbünderen harten —
ber Luciand Stellung zur Philofopbie und zu den gleich—
itigem Philofſophen gibt er felbft wiederholte Andeutungen, z. B.
Fiſcher c. 20 ff. Er Hate, nachdem er der Rhetorik überprünflg gemor-
t, bei ter Philoſorhie Skug und Ruhe geſucht, eifiig geforſcht, aber
btö gefunden ald Sıreit und Zank und den arelifien Contraft zwiſchen der
loſorhiſchen Predigt und dem praktiſchen Lebenswandel. Er Hatte «8
h bier mit zweierlei Eiſcheinungen zu ıhun, die ihm im Grunde jeiner
ee verhaßt und zumider waren, einem jtarren Dogmatismus in der Theorie
einer greßen Frechheit und Zudringlisfeit in der Praxis. Die Energie
» Auedauer, mir welcher er diefem Unmeſen entgegentritt, iſt anerkennens⸗
tb, obwohl die gleichzeitigen Philoſorhen fagen fonnten und geiagt haben
den, daß 2. fi bei weitem nit genug mit der Philoſophie eingelaffen
te, um commpetenter Richter namentlid Über dad Theoreiiſche zu fein.
war zuerfi durch Nigrin, ginen Platoniker, angeregt worden, bann bes
ıbderte er den Dimonar, von dem fhon die Rede gemefen ift, und einen
iffen Softratoß, deflen leiver nit mehr vorhandene Charakteriſtik er vor
des Demonar herausgegeben hatte, ein mit außerorbentliher Leibeskraft
abter Synifer*, der das dieſer Sekte immer vorſchwebende Ideal des
afle8 in der Welle zu verminflihen fuchte, daß er fih an den Parnaß
ickzog, Straßen reinigte, Brüden fhlug und gegen räuberiſches Gellndel
Felde z0g. In feinen fpäreren Jahren ſcheint er ſich ganz den Epricur
feiner Schule ergeben zu baben, von der er im Alerander wieberholt
* Man hält ibn für identiſch mit dem f. 9. Herakles des Herodes (Philoſtrat.
3. p. 59. ed. Kayser).
1174 Lurianup
mit gang befonberer Hochachtung ſpricht. Immer IR es das prabiifke Ber-
halten, worauf er einiehig dringt. Bor der Älteren klaſſiſchen Philoſophie
behauptet er zwar (im Bilder) große Achtung zu haben, allein er konnie
von einem Plato, einem Ariſtoteles unmöglih nähere Kenntnig Haben, da
er fie in der Bios zeuag etwas gar zu obeflihlid abfertig. Die ıhen |
retiſche Philoforhie war ihm am. meiflen in dem damals fehr verbreiteten
Stoicismus entgegen, der ihm wegen feiner pofliiv theologifhen Tendenz
doppelt verdriehlih war. Er wird nit müde, den unverflänpliden Jargon
diefer Schule (Bios neaas), die unfruchtbare Eyllogiflif derfelben (Hermo⸗
timo6), ihre jchwerfälligen und confufen Demonftrationen de natura deorum
(Zevg tonymöoz;), endlid ihre Zankſucht, bei der es zu Schimpfreven und
dann wohl auch zu PBrügeleien, ihre Gewinnſucht, Genußſucht u. f. w. mit
feinem Spotte zu verfolgen; wobei er fi denn freilid häufig an Aeußerlich⸗
keiten gehalten haben mag. Dem Dogmatismus vieler Schule gegenüber
ſucht er im Hermotimus c. 64 ff. eine Art von kritiſcher Meihode zu be⸗
gründen®*, melde Anerkennung verbiente wenn fle nicht doch nieder glei
in abfolute Skepſis umſchlüge, die fo weit gebt, daß er c. 74. felbR Die
Mathematik verwirft: fie fege gewiffe Forderungen und folgere dann darauf
los, aber eben jene Principien feien willfünlih u. f. w. Unter den prafıi-
{hen Richtungen der damaligen Philvfophie Harte er zum Aheil mit ven
VPythagoreein zu ıhun, welde aber als unfhuldigere Phantaften nur ſelien
bei ihm anftauchen (Biw» noang, "Alenıpvor, DiAowsvörg), beionter® aber
mit den GEynifern, welde im populär Praktiſchen damals ebenfo dominirten
als die Stoifer im populär Iheoretiihen. Die damaligen Bekenner dieſer
Secte laſſen ih genau mit den jegigen Betielmönden Italiens vergleigen.
Man uniformirte ſich mit grobem Nod (To:Bwr), mädtigem Knittel und mit
dem Nanzen; vor Allem aber durfte der Bart, das churacteriflifche Abzeichen
des Philoſophen, nicht fehlen, worüber &. fo viele vortreffliche Witze gemacht
bat. So z0g man in der Welt herum, prebigte und fammelte, manchmal
in ebrlider und reiner Abficht, aber es gab Viele unter dieſen freiwillig
- Armen und @infähtigen, melde in ihrem Ranzen noch Undered ale abge»
kochte Bohnen Hatten und bei höchſt triffem Ueußern von Serien ſehr ge
fräßig, wollüflig und babfüchtig waren. Ia 8. will wifien, daß Einige fich
auf diefe Weile im Stillen Haus und Hof erbetiehten, fo daß ſie nachhe:
Parade mahen Eonnten. Diele Lebensmelje gefiel um jo mehr, ald man
dabei nichis gelernt zu haben braudte und nad Herzendluft faullenzen konnte,
fo doß, nie 2. wiederholt zu erkennen gibt, Gevaner Schufler und Schneiser
in Maſſe zu dieſen Bahnen Tief und die Mafle der gänzlichen Unnügen ***
inımer größer wurde. Man finder bei Rucian eine Dienge von Genrebiloern
aus dem Treiben diefer Menſchen; ihre unaueflchlihe Frechheit, Grobheit,
Bemeinheit, Geilheit und Freßſucht find in unvergängliden Farben gemalt,
f Bior neang c. 10., Zuunonor 7 Aamıdeg, Apuneras u. a. ur
‘ älteren Cyniker, Diogenes und beionders feinen Momud ver Unterwelt, den
Menippus nimmt er aus; fie find ihm die liebflen Propheten derjenigen 2e-
bendanfigt, welche man am meiilen ald die perfönliche Ruciand bezeichnen
—
— —— — — —————— (dülin... _
* Der Bpienreer Lepidus, deſſen Alexand. c. 25. gebacht wird, kommt auch .
auf Pontifhen Iufchriften vor, f. Corp. Inser. n. 4149. u. 4150;
9 0.69, eine rigen Arzodemeınn müßte erfunden werben, weiche die Leute da-
Yvwotınous TE nal anpıtınoug nad amodszrınovg Mache, dbgleid and bad wieder
fehr mißlich, Aus yap oder Ar sidılnum daxpivav tor üpıora npirer dıya-
yoY;
, ”°* Icaromenipp. 0. 30.: mo di warcus duvocasor, 60 nndir aucas nqes z0-
wov umte Idroy Änszelnüurtic, all aypsios zas nepırroi sadıüratz novre mer dr
noldup dvagidusoe our‘ Evi Bovid“ ons ar Aldor narnyopeva m. 1. ä
XEC.? 41175
te. Worin beflcht dieſelbe? Vorzüglich auch wieder in der Regation
voſitiven Zebensinhaltes, in der Aneıkennung der Vergänglichkeit und
älligfeit aller Ehre, Schönheit, Macht, altes Reichthums, in einer demo»
ſchen Lachluſt Über Die Eitelkeit jedes menſchlichen Strebens, die manchmal
Ton eined ſchmerzlichen, faſt leidenſchafilichen Humors annimmt, einer
müdlichen, bismeilen faft begeifterten Cinſchärfung jerrer alten Lehre des
ben Driente®, melde die Statue des Sarbanapal zu Tarſos verfündete. *
züglich find Lucians Unterweltsſtücke voll von biefer Brebigt. Jene beiden
ifer der Vorzeit, Diogened und Menippus, frielen unter ben Todten
jo die Recenſenten, wie Momus unter den Göttern. Sie beften ji im
:3 an die berühmten Todten, die ci-devant Reihen, Schönen und Mäch⸗
', umd verfolgen fe mit ihrem Spotte, wie Blagegeifter des Gewiffens,
man hei Rebendzeiten nad fo großen Eitelfeiten geſtrebt. Wie dieſe Cy⸗
: ofen ihre Sache auf Nichts geftellt Hatten, fo befinden fle ſich nun auch
n ganz an ihrer Stelle, fingen und jubeln, mäbrenn Alles wimmert und
elt, verlachen mit cyniſchem Humor die ganze Welt und find in biefem
be des Nidıd und der Gerippe recht eigentlih zu Haufe. Es kommt
rm Lucian bei folten Bilvern auch zu flatten, daß er nad) veränpertem
ıben der Zeir** fine Todten als felettirte Gerippe ſchildern Tonnte,
urch fich ihm die herbften Contrafte zmifhen dem Sonft und Jetzt, der
nd und Schönheit und dem Todtenfopf mit den wüſten Augenhöhlen
je. ergeben, fo daß er bisweilen Scenen gibt, welche an die alideutſchen
ientänze erinnern, in denen dann jene Cyniker die Rolle des witzelnden,
3 verhöhnenden Freund Hain fpielen. In ganz befonderer Schönheit aber
unter diefen Stüden die Schrift Xapao» 7 Enımonovrrag hervor. Iſt
Menipp. ver Lebende zu den Todten gegangen, um ſich nad vergeblichem
sen Verhaliungsregeln über des Lebend Ziel und Weisheit zu bofen,
eigt im Charon der Tod auf die Oberwelt, um daß Leben zu'ecenflren.
nes fährt ihm auf eine Höhe, mo die ganze Eıde vor Ihnen in der
elperfpective ausgebreitet it Nun werben aflerfei Bilder berauegegriffen:
mn von Kroton in der Blürhe der Kraft und bed Ruhmes und boch bald
Todes Beute, Kröfos in Sardes mit ter dreifachen Mauer, im Geipräch
dem melfen Solon und im Begriff, von feinem Golde nah Delphi zu
en; fon figt Cyrus ihm auf dem Naden und viefem wieder Tampriß,
rin Haupt in den Schlau vol Blut werfen wird, Polykrated, wie
ber Ning gebradt wird und das Berberben Im Hintergrunde Tauert.
c. 15. eine wahrhaft ergreifende, ja erigärtternde Schilderung ver Eitel⸗
illes menſchlichen Treibens. ine Stadt vol von Lärm tnd Unruhe, .
jei einem Bienenfhmarme. Hoffnung, Furcht, Unfinn, Wolluſt, Geit,
‚ Daß und andre Ungerbüme flattern umhet und in ber Ferne bie
en, bie Jedem fein Benfum zufpinnen. Und jene dunken ſich frei, fchalten
walten, ftreben und begehren, als wären fle unabhängig! Dabei iſt
od höchſt geihäftig, überall flrid feine Diener zur Hand, Zieber, Gift,
erfprud, Gewaltherrſchaft. Mitten in dem wüſten Treiben bat Keiner
luge für die Eitelkeit des Lebens, wo aber einer fährt, da erſchallt A
Weh! Da bauet einer, das Haus ift fertig, aber ein zieht der lachende
Im Menipyoß, den wir bie auf Werteres noch, fir Luriauniſch halten, gibt Areſias
N, die Lehre, das Leben ded Armen (rür Iderar) fel das belle und vefs
alte; er folle all den Wiſſenskram, Macht u. f. w. Te nichts achten und in
Dingen blos danach fireben, Onwc ro mupor zu Oiuevos Trapadpüun yerıdy
li& xai mepl undiv dorovdanııs. Das Nil admirari Horazend ud Mriftivpd.
* Bot. Difers, Aber ein Orub Yri Auinae und Wie im demſ. enrhaltenen merk
zen Bithrberke, Bert, 1831. 4,
|
um Ladane
mit gang Sefonberer Hochachtung fpridt.* Immer iſt es das praktiſche Ver⸗
halten, worauf er einſeuig dringt. Vor der älteren klaſſiſchen Philefophie
behauptet er zwar (im Fiſcher) große Achtung zu haben, allein er konnt
von einem Plato, einem Ariſtoteles unmöglih nähere Kenntniß Gaben, da
|
er fe in der Bios zeuag etwas gar zu obeiſtächlich abfertigt. Die ıbea ı
retiſche Philoſorhie war ihm am. meiflen in dem damals fehr verbreiteten
Stoicismus entgegen, der ibm wegen feiner poflıiv theologiſchen Tendenz
boppelt verbrießlih war. Er wird nicht mübe, ben unverflänplien Jargon
diefer Säule (Bios agamg), die unfruchtbare Eyllogiſtik derfelben (Hermo⸗
timoo), ihre fchwerfälligen und confufen Demonftrationen de natura deorum
(Zevg Teuypdo;), endlih ihre Zankſucht, bei der es zu Schimpfreden und
dann wohl au zu Prügeleien, ihre Gewinnſucht, Genußſucht u. f. w. mit
feinem Spotte zu verfolgen; wobei er fi denn freilih häufig an Aeußerlich⸗
keiten gehalten haben mag. Dem Dogmatismus dieler Schule gegenüber
ſucht er im Hermotimus c. 64 ff. eine Art von Frisiiher Meihode zu be»
gründen **, melde Anerkennung verbiente wenn fie nit doch wieder glei
in abfolute Skepſis umſchlüge, die fo weit gebt, daß er c. 74. ſelbſt die
Mathematik verwirft: fle fege gemiffe Borberungen und folgere dann darauf
los, aber eben jene Brincipien ſeien willfürlih u. f. w. Unter den prafıi-
fen Ridtungen der damaligen Philoſophie Karte er zum heil mit den
VPythagoreern zu hun, welde aber als unfduldigere Phantaften nur ſelien
bei ihm auftauden (Bios npans, Alsnıpvor, Dilowsvörg), beſonders aber
mit den Gpnifern, welde im populär Praktiſchen damals ebenfo dominirten
als die Stoifer im populär Iheoretiiden. Die damaligen Bekenner dieſer
Secite lafien ih genau mit den jegigen Betielmönchen Italiens vergleigen.
Man uniformirte ib mit grobem Rock (roBor), mädtigem Knittel um mit
dem Nanzen; vor Allem aber burfte der Bart, das characterifliihe Abzeichen
bes Philoſophen, nicht fehlen, worüber 2. fo viele vortrefflide Wie gemacht
bat. So zog man in der Welt herum, predigte und fammelte, mandmal
in ehrliher und reiner Abficht, aber ed gab Diele unter vielen freiwillig
- Armen und @infäligen, melde in ihrem Ranzen nod Anderes als abge»
kochte Bohnen hatten und bei höchſt triſtem Ueußern von Herzen fehr ger
frößig, wollüflig und habſüchtig waren. Ia 2. will wiffen, daß Einige fid
auf diefe Weiſe im Stillen Haus und Hof erbetielten, fo daß fie nachhe:
Parade machen Fonnten. Diefe Lebendmeife gefiel um jo mehr, ald man
dabei nichts gelernt zu haben brauchte und nad Herzensluſt faullenzen Eonnte,
fo daß, nie 2. wiederholt zu erkennen gibt, Gevatter Schufler und Schneiser
in Maſſe zu dieſen Fahnen lief und die Maffe der gänslihen Unnüßen ***
Immer größer wurde. Man findet bei Lucian eine Menge von Genrebiloern
aus dem Treiben diefer Menihen; ihre unaueftchligde Frechheit, Grobheit,
Gemeinheit, Beilheit und Freßſucht find in unvergängliden Karben gemalt,
f. Bios npang c. 10., Zuunonor 1; Aamdsg, Apuneraı u. a. Nur bie
‘ älteren Gpnifer, Diogened und beſonders feinen Momus der Unterwelt, ven
Menippus nimmt er and; file find ihm bie liebſten Propheten derjenigen Le⸗
bendanfigt, welge man am meiſten als die perſönliche Lucians bezeichnen
* Der Epieureer Lepidus, deſſen Alexand. c. 25. gebacht wird, kommt auch |
auf Pontifhen Jaſchrifſten vor. f. Corp. Inser. n. 4149. u. 41504
*# 0.69, eine riyyn anodeneınn müßte erfunden werden, welche bie Leute dıa-
Yraotıxoug TE nai darpıtızovs zas anoduntınoug male, Obgleich auch das wieder
ſehr mißlich, Nuss yag oder Ar ideinnes hhanpivuy rov ägıora agirer dıya-
vor;
‚ ”°* Icaromenipp. c. 30.: #0 di nastus dunssaron, 08 undis auses ngrı z0-
wor unse Idroy Änstelountis, All’ aygsios zai negırros zadıurarzıs „oves mor dr
nollup dvapidusos our dvi Bovlfj“ Ouuc rüy Allur narnyopevae a. 1. 2.
XECEC 1173
te. Worin befleht dieſelbe? Vorzüglich auch wieder in ber Regation
I pofitiven Zebensinhaltes, in der Anerkennung ver Vergänglifeit und
'älligfeit aller Ehre, Schönheit, Macht, altes Reichthume, in einer demo⸗
(en Lachluſt über die Eitelfeit jedes menschlichen Strebens, bie manchmal
Ton eined ſchmerzlichen, faſt leidenſchafilichen Humors annimmt, einer
müolien, bisweilen faft begeifterten Einfhärfung jener alten Lehre des
ben Orientes, welche die Statue des Sarbanapal zu Tarſos verkündete. *
züglich find Lucians Unterweltsſtücke voll von biefer Predigt. Jene beiden
ifer der Vorzeit, Diogene® und Menippuß, frielen unter ben Todten
jo die Necenfentn, wie Momus unter den Göttern. Sie beften ft im
es an die berühmten Todien, bie ci-devant Reihen, Schönen und Mäch⸗
, und verfolgen ſte mit ihrem Spotte, wie Blagegeifter des Gewiffens,
man bei Rebenszeiten nad) fo großen @itelfeiten geflrebt. Wie vieie &y>
: ofen ihre Sache auf Nichts geftellt Hatten, fo befinden fe fih nun au
n ganz an ihrer Sielle, fingen und jubeln, während Alles wimmert und
eft, verlachen mit cyniſchem Humor die ganze Welt und find in biefem
be des Nichis und der Gerippe recht eigentlich zu Haufe. Es kommt
m Lucian dei ſolchen Bilvern au zu flatten, daß er nad) verändertem
ıben der Zeir** fine Todten als fkelettirte Gerippe filtern Tonnte,
irch fi ihm die herbften Eontrafte zuwifhen dem Sonft und Jetzt, ver
nd und Schönheit und dem Todtenkopf mit den wüſten Augenhöblen
ji. ergeben, jo daß er bisweilen Scenen gibt, welche an die alıdeutichen
entänze erinnern, in denen dann jene Cyniker die Molke bed witzeinden,
3 verhöhnenven Freund Hain fpielen. In ganz befonderer Schönheit aber
unter diefen Stücken die Schrift Xaxowr 7 Enımonovrre; hervor. Iſt
Menipp. ver Lebende zu den Todten gegangen, um fi nach vergeblichem
ten Verhaliungeregeln über des Lebend Ziel und Weidheit zu hofen,
eigt im Charon ber Tod auf die Oberwelt, um das Leben zu'recenfiren.
nes führt ihn auf eine Höhe, wo bie ganze Erde vor ihnen in der
elperfrectice ausgebreitet it Run werden allerlei Bilder berauegegriffen:
m don Kroton in der Blüthe der Kraft und bed Ruhmes und boch bald
Todes Beute, Kröfos in Sardes mit ter dreifachen Mauer, im Geipräch
dem weiſen Solon und im Begriff, von feinem Golde nah Delphi zu
en; fon figt Cyrus ihm auf dem Naden und vielem wieder Tamyrid,
in Haupt in den Schlauch vol Blut werfen mird, Wolyfrated, wie
der Ming gebradt wird und das Verderben im Hintergrunde Tauert.
c 15. eine wahrhaft ergreifende, ja erſchütternde Schilderung der Bitels
illes menſchlichen Treibend. Bine Stadt voll von Lärm und Unrube, .
jei einem Bienenſchwarme. Hoffnung, Furcht, Unſinn, Woluft, Geit,
„Haß und andre Ungethüme flattern umber und in ber Ferne die
n, die Iedem fein Benfum zufpinnen. Und jene dünken ſich frei, ſchalten
walten, ftreben und begehren, als wären fle unabhängig! Dabei iſt
'od höchſt geihäftig, überall find feine Diener zur Hand, Zieber, Bift,
erfprud, Gewaltherrſchaft. Mitten in dem wüſten Treiben bat Keiner
‚uge für die @itelfeit des Lebens, wo aber einer fälr, da erſchallt Ach
Beh! Da bauet einer, das Haus ift fertig, aber ein zieht ber lachende
Im Menippor, den wir bis auf Welteres noch fir eucianiſch halten, gibt Tirefiaß
N. Die Lehre, das Leben des Arcnen (rür idrwrur) ſei daS belle und vefs
aſte; er Tolle aU ben Wiſſenskram, Macht u. f. w. Tür nid achten md ik
Dingen bios danach fireben, Orus ro zapor zu Hiuvos napadpäuns yakdy
lila xas nepi undiv danovdanoic. Das Nil admirari Horazend und erfippd.
»Waol. Difers, Aber dia Gran dei Ruinne umd bie in demſ. enthaltenen Mer®
en Bitorberke, Bert, 1871. 4,
1176 Lmcanss
Erbe; fe freien und laſſen ſich freien, freuen fi ber hoffnungsvollen Söhne.
badern um die Grenzen ihrer Ueder, und ift doch Alles eitel und abermals
eirel! Denn das Dienfchenleben ift wie die Blafen im Wafler der ſchäu⸗
menden Quelle; bald größere bald kleinere nirbeln empor, halien ſich längere
- oder fürzere Zeit, aber alle werden forigeriſſen. Charon fragt, ob er nicht in
die Stadt bineingehen und den Leuten ihre Therheit predigen fol, aber Hermes
fagt, es mürde doch nichts helfen, fle willen es ja, aber fie achten das nicht.
Nun bitter Eharon, ihm einige rüber zu zeigen, und Hermes zeigt ihm
jene flolzgen Monumente vor den Ihoren und wie man den PBerflorbenen
Speiſe und Trank vorfegt, als Fönnten fie davon geniehen, bie armen Dinger.
Auch tie Gräber Achills und des Aiax bei Sigeum zeigt er dem Fragenden.
Endlich wil Charon die berühmten Städte der Vorzeit feben, Ninive, Ba-
bylon, Mircenä, Kleonä, Ilion, aber aud diefe find meiſtens dabin, denn
Alles und noch einmal Alles if ja die Beute des Tode, es flerken bie
Staaten nie die Menſchen, und mas das Wunvderbarfte if, auch Flüſſe erben,
nie ver Inachos hei Argos jegt nur ein Graben if. Go geht Charon wieder
an fein triftea Geſchäft, mir großem Dank gegen Hermes, daß er ihn das
Reben der armfeligen Menſchen in feiner nadıen Wahrheit habe kennen lehren.
Mo Lucian auf ſolche Betrachtungen fommt, wird frin Humor ernft, ſehr
enfl. Er if unerſchöpflich an ergreifenden Bildern, um ded menigliten
Lebens Un-erfiand und Armſcligkeit anihaulih zu machen. Wir maden unter
vielen ähnlichen Stellen nur noch auf den Zeug zpermdog auimerfiam, mo
der Stoifer, um die göttlihe Vorſehung zu retten, dad Leben mit einem
Schifſe vergleiht, das doch ohne Steuermann gar nit vorwäris fommen
fönnte, und ter Cpicureer nun dieſes Bild aufgreiit und in feiner Weiie
durchführt: An den Steuermann würde ich fhon glauben, wenn id Sinn
und Ordnung auf dem Schiffe bemerfte.e Nun aber melde Unordnung,
mwelker Unverſtand! Die Freunde Luciand werben freilih jagen, daß er an
ſolchen Stellen nicht immer gerade feine eigne Anficht ausſpricht. Auch mögen
file Recht haben, wenn fle (mie beſonders Jacob) unfern Schrlftfteller gegen
ben Vorwurf Teihtfinnigen Srottes à la Voltaire in Schutz nehmen. 2. ifl
eınft, ja oft bi zur Wehmuth ernfl; er möchte beflern uno lehren; aber e&
fehlt ihm das pofltive Element des Glaubens und der Ueberzeugung; er bat
feine Begeiflerung,, fondern Spott und Gelächter.“ Er gehört zu jenen
negativen und kritiſchen Geiſtern, wie fie in ‚Zeiten des Liebergange® und.
gehetzter Entwidlung fo häufig erſcheinen. Sie reinigen die Luft wie Zrüb-
lingefürme, lodern das Eidreich und bereiten ein Neues vor, indem fie das
Alıe vernitten. Wo aber dad Neue felbft Eommen foll, da bedarf e8 pofl-
tiver Beifter.** Luciand Stellung zur Rhetorik und zur Kite
ratur überhaupt. Auch bier gab es viel zu tateln und zu verfpoiten.
Es war ein ſchreib⸗ und revefeliges Zeitalter, dem die Fürſten mit guiem
Beifpiel und fiberaler Unterflügung vorangingen. Aiben wimmelte von Rhe⸗
toren mie von Philoſophen, ater mas von dieien gelagt ift, gilt auch von jenen.
Wenig reife Biloung, feiner Geſchmack, frenze Schule. Lucian befindet fi
bier im Kreiie feines eigenen Handweiks, daher feine Urtheile um fo competenier
® Yorı dd axgarns yilmros, fagt er von ſich ſelbſt im Pfembologiften.
”. Sn Ganzen beuribeilt Photius Bibl. cod. 128. den Lucian ganz richtig. wo
8,4. ed beißt: ankus, as Epnuev, zonupdia rar Ellnvov doriv aure Yorerön dv Äoyu
eier" Enns dd aurog rar under olus Agsnßerorter siras" Tas yap allur zeup-
dar xai hanailev doSas, auros 77 Beolı ou rißne, zalnv el 15 avrei dolar
dges ro under dotalıım. Damit ſtimmt auch dad Epigramm. was einmal vor feinen
Schrifien find und ibm ſelbſt zuaefchrieden wird: Aoumaros rad‘ iygaya nalııa
ze nupa te eides” Muga yap arlyanos as ra donoirta oopa' Ordir ds ar-
Hyper dianpıdov dor: vonna, AU 4 ov Havpalsıs toid' irdposse yüdax.
KLusianus | 1177
d. Die Gründe, warum er der Rhetorik untren geworben, ſind bereit#
n argegeben ; die damalige Nedefunft ſchien ihm leichtfertig und buhleriſch,
ter ihren Jüngern herrſchte Cabale, Unverſch ümtheit und Betrug. Einen
Sclimmſten unter dieſen Sophiſten züchtigt er im PVſeudologiſten mit
Filohiiber Bitierkeit; der arme Menſch Harte Lucian gereizt und wird nun
feiner ganzen Blöſe, als Redner und Menſch, abgezeichnet, ein Schandbilb
ade Zeiten. Im Prropor Sduorudo; mat er ſich mit einem Meifter
ı Lehrer der Zeit zu fchaffen, nah Nankfe 8 Interfubung mit dem Bollur;
unter Commodus zu hen den Kebrftuhl für Sophiſtik inne hatte, und
welden aub die Schelien viefe derbe Satire beziehen. Es gibt, fagı 2.
m jungen Wanne, der ihn um Rath fiagt, zwei Wege, um zur Rede⸗
R zu gelangen: den mühjamen, firengen ver alıen Schule (c. 9.), was
r jegt veralsete Manier und nicht mehr zu gebrauchen ift, und bie fchnelle
leihte Meibode der jegigen Zeit, mo man in Kırzem zum Ziele fommt
außerordentlichen Effecet macht. Nun wird jener Rhetor ſelbſt geihilpert,
geitertes Weien, seine Dreiſtigkeit, Maulfertigkeit, wobei es auf Sinn
Daftand niht eben ankomimt. Bin Baar Unicidmen und dazu recht
e Feemd⸗ und unverſtändliche Wörter, ein Paar leuch:ende loci commu-
,‚ aud bisweilen beim Vornage ein bischen Belang, vor Allem aber recht
Vathos ud bei den Öffentlihen Borleiungen (87 Tui anpoxoeas) recht
Unverfhämtbeit: fo niros gehen Wegen feiner weichlichen Weife greift
uud den Bha orin an, einen Hermaphroditen (Evrouyng c. 7.), von
bem Demonar (c. 12) gelegenilih mit beißendem Wige opyas fordert.
Armieligfeit der E-findung bei damaligen Rednern wird wiererholt das
) characteifirt, vap man PBroömien vom Demofthenes flichlt (Zevs zog.
4, Ag au. c. 45), oder aud, mie der Bieudoloaifled, mit einer
allerlei Steßen und Reminifcenzen zujammengeflidten Prunfrede wie mit
- Improrifstion auftritt. in andered Uebel der Zeit waren die immer
' einreißenden Soldciemen (Wevdocogiorns 7 Zoiomiorns, fragli ob
Lacian) und vor Allem das Hafchen nah fehwierigen und felmen Auts
en, moron 8. imLexiphanes (d. 5. verborum ostentator) ein jo höLf
zliches Veiſpiel aufgefleltt hat. Es mill Biner das Sympoſion des Plato
ihmen und meiß ron nichts, als von Eſſen und Trinken, Badegeſchirt
m. z erzählen, und das in einer wahrhaft furchtbaren Sprache: ein
ut von lauter veralteten oder ganz neu fabricirten Wörtern, aus Gloſſo⸗
yen und ſchwierigen Schriftftellern zufammengelefen, im Geſchmacke ber
indra des Lycophron. Daß dies ein Uebel der Zeit war, ficht man
Demonar c. 26. und ‘Prrop. Adam. c, 17. Lutiau gibt feinem Lexi-
es c. 22. allerlei trefflihe Regeln, er fole fih an die alten guten
ftſteller Halten, nicht die ſchlechteſten unter den modernen Sophiften
hmen, am meiften nad leiter Anmuth und Deutlichkeit ftreben (um-
„db gap ai oapnreia Boe) und ganz beſonders (c. 24 ) die Wörter
obne Dual und Wahl aufleien und blos nad fremdartigem Klınge
n, fondern nad Provrietät ded Auedrucks, völligen, hellem Verſtänd⸗
jedes Wortd. Das Lächerlichlle fei, daß er trog feiner Meirung vrep-
95 zu fein, ganz arge Schnitzer made, wovon einige Beifpiele folgen.
H gnehören aub die Schriften gegen den Bibliomanen und über vie
ichtichreibung hieher. In fener wird die Scheingelehrfamfeit derjenigen
jelt, welche ſich viele Bücher kauften, ohne fie zu gebrauchen. viceiht
m fich beim Kaiier beliebt zu machen (c. 22. ei Bamksvg uadoı ravıa
: drno al nadeiny ualore tıuor), mit fo ſtharfem Spotte, daß der
ia meint, der arme Dienſch häne lieber dem 2. feine ganze Bibliothet
follen, als dur ven Beflg eines einzigen Buches dieſe, Wepe gegen
1176 Lmeianus
Erbe; fle freien und laſſen fidh freien, freuen fi ber hoffnungsvollen Söhne,
badern um die Grenzen ihrer Aecker, und ift doch Alles eitel und abermals
eitel! Denn das Dienichenleben ift wie die Blafen im Wafler der ſchäu⸗
menden Quelle; bald größere bald Eleinere nirbeln empor, halıen fi längere
oder fürzere Zeit, aber alle werden forigeriſſen. Charon fragt, ob er nicht in
tie Stadt hineingehen und den Leuten ihre Thorheit predigen fol, aber Hermes
fagt, ed mürde doch nidts beifen, fle wiſſen es ja, aber fie achten das nicht.
Nun bitter Eharon, ihm cinine rüber zu zeigen, und Hermes zeigt ibm
jene ſtolzen Monumente vor den Ihoren und mie man den Berflorbenen
Speiſe und Trank vorfept, als könnten fie davon genießen, die armen Dinger.
Auch tie Gräber Achills und des Aiar bei Gigeum zeigt er dem Fragenden.
Endlich will Charon die berühmten Städte der Vorzeit ſehen, Ninive, Ba-
bylon, Mycenä, Kleonä, JIlion, aber aud dieſe find meiſtens dahin, denn
Alles und noch elumal Alles if ja die Beute ded Todes, es ſterben bie
Staaten nie die Menſchen, und mad das Wunderbarfte if, auch Flüſſe erben,
nie ver Inachos bei Argo® jegt nur rin Graben if. Go geht Eharon wieder
an fein sriftea Geſchäft, mic großem Dank gegen Hermes, daß er ihn daß
Reben der armfeligen Menfhen in feiner nadıen Wahrheit habe Fennen lebıen.
Mo Lucian auf folke Betrachtungen fommt, wird frin Humor emft, ſehr
ef. Er if unerfhörflid an ergreifenden Bildern, um des menſchlichen
Lebens Un-erfland und Armſcligkeit anihaulih zu machen. Wir maden unter
vielen ähnligen Stellen nur noh auf den Zeug Tuurwödog aufmerfiam, mo
der Stoifer, um die göttliche Vorſehung zu retten, das Leben mit einem
Stiffe vergleiht, das doch ohne Steuermann gar nicht vormärtd kommen
fönnte, und ter Epicureer nun dieſes Bild aufgreiit und in feiner Weiſe
durchführt: An den Steuermann würde ih ſchon glauben, wenn ich Sinn
und Ordnung auf dem Schiffe bemerkte. Nun aber welde Unorbnung,
melker Unverfland! Die Freunde Luciand werden freilid fagen. daß er an
folden Stellen nit immer gerade feine eigne Anficht ausſpricht. Auch mögen
fle Recht haben, wenn fie (mie beſonders Jacob) unfern Schriftſteller gegen
den Bormurf leichtfinnigen Srottes & la Voltaire in Schutz nehmen. 2. if
einſt, ja oft bi8 zur Wehmuth ernft; er möchte beſſern uno lehren; aber eß
fehle ihm das pofltive Element des Glaubens und der Ueberzeugung; er bat
feine Begeiflerung,, fondern Sport und Belädter.* Er gehört zu jenen
negativen und kritiſchen Geiſtern, mie fle in Zeiten des Ueberganges und
gehetzter Entwidlung fo häufig eriheinen. Sie reinigen die Luft wie Zrüb-
lingsfürme, lockern das Eidreich und bereiten ein Neues vor, indem fie do@
Alıe vernidgten. Wo aber dad Neue felbft Eommen fol, da bedarf es pofl-
tier Beifter.** Luciand Stellung zur Mbetorif und zur Lite
ratur überhaupt. Auch kier gab es viel zu tateln und zu verfponten.
Es war ein fdreib» und vevefeliged Zeitalter, dem die Fürſten mit guiem
Beiſpiel und Tiberaler Unterftügung vorangingen. Aiben wimmelte von Rhe⸗
toren wie von Philoſophen, ater mas von dieien gefagt ift, gilt auch von fenen.
Menig reife Biloung, feiner Geſchmack, firenze Säule. Lucian beflnder fi
hier im Kreije feines eigenen Handweiks, daher feine Urtheile um fo competenter
* Yorı di axparns yiloros, fagt er von fich ſelbſt Im Prfembologiiten.
*. Sm Ganzen beurideilt Photi«s Bibl. cod. 128. den Lucian ganz richtig. we
8.4. es peiſt: ankas, as Eoqur, nonpdia rar Ellnvur dariv auıyı 7 onerdn dv Äoyw
nei)‘ Euıne dd aurog rar under oda agenßruorrer Kras" Ta6 yag alle zuun-
dar nas hanailer dolar, auros 7 Baal ou rißne, ninv ed Ti; aurer dolar
ige: ro ander dofacıe. Damit ſimmt aud dad Epigramm. was einmal vor feinen
chrifien ftand und ibm ſelbſt zuaefchrieben wird: Aovumarog rad‘ Iygaya malası
ze nuga Te elduc" Maga yap ardgunes xai za donourra ooga' Order dr ar-
Hgunascı dsaxgıdorv dar: vonna, AU u ov Yayadlıs tevd Irdpasae yddac.
Luelanus 1177
d. Die Gründe, warum er der Rhetorik untreu geworben, find bereits
ꝛn argegeben; die damalige Redekunſt fchien ihm leichtfertig und buhleriſch,
ter ihren Jüngern herrſchte Cabale, Unverſch ümtheit und Betrug. Einen
Schlimmſſen unter dieſen Sorhiften züchtigt er im Vſeudologiſten mit
d ilochiſcher Bitierfeit, der arme Menih Hure Yuciin gereizt und mird nun
feiner ganzen Blöſe, ald Redner und Menſch, abgezeichnet, ein Schandbild
ale Zeiten. Im Prropor Sıduonulo; macht er ſich mit einem Meifter
ı Lehrer der Zeit zu fehaffen, nad Nanfe'8 Unterfubung mit dem Polur,
unter Commodus zu Arhen den Lrbrftuhl für Sophiſtik inne hatte, und
melden auch die Scholien dieſe derbe Satire beziehen. Es gibt, fagı 2.
m jungen Wanne, der ihn um Ratih fragt, zwei Wege, um zur Rede⸗
ft zu gelangen: den mühjamen, firengen ver alıen Schule (c. 9.), was
r jetzt veraltete Manier ud nicht mehr zu gebrauchen iſt, und die ſchnelle
leichte Metbode der jegigen Zeit, wo man in Kurzem zum iele fommt
‚ außerordenlihen Effecrt macht. Nun wird jener Rhetor ſelbſt geichilvert,
gesiertes Weien, eine Oreiſtigkeit, Maulfertigkeit, wobei es auf Sinn
Veiſtand nit eben ankommt. Bin Paar Anicismen und dazu recht
e Feemd⸗ und unverfländlihe Wörter, ein Paar leucdh:ende loci commu-
„auch bisreilm beim Vortrage ein biochen Belang, vor Allım aber recht
Vathos ud bei den Öffenılihen Borleiungen (8 ruis anooaoen) redt
. Unverfgämiheit: fo niros gehen Wegen feiner weichlihen Weiſe greift
auch den Pha orin an, einen Hermaphroditen (Evrouyng c. 7.), von
hem Demonar (c. 12) gelegenılih mir beißendem Wige opyars fordert.
: Armieligfeit der E-findung bei damaligen Mepnern wirb wiererholt das
ch characteifire, daß man Proõömien vom Demoſthenes fli:hit (Zeus zogy.
14, Ag xaım. ec. 45), oder auf, mie der Bieudoloaiftes, mit einer
allerlei Stellen und Meminifcenzen zufammengeflidten Brunfrede wie mit
r Improrifstion auftritt. Ein andered Liebel der Zeit waren die immer
r einreifenden Solöriemen (Wevdooogiorn: 7 Zoiomiorns, fragli 06
Lacian) und vor Allem dad Haſchen nah ſchwierigen und felme Auts
fen, wonon 2%. imLexiphanes (vd. 5. verborum ostentator) ein jo höLf
tzliches Veiſpiel aufgefteltt hat. EI will @iner das Eympoflon des Plato
yahmen und weiß von nichts, als von Eſſen und Trinken, Badegeſchirt
. m. zu erzählen, und das in einer wahrhaft furchtbaren Sprache: ein
jont von Tauter veralteten oder ganz neu fabrichrten Wörtern, aus Gloſſo⸗
‘den und ſchwierigen Schrififtellern zufammengelefen, im Geſchmacke der
randıa des Rycophron. Daß dies ein Uebel der Zeit war, ficht man
Demonar c. 26. und Prrop. Adam. c, 17. Lutian gibt feinem Lexi-
nes c. 22. alerlet trefflihe Regeln, er fole ſich an die alten guten
riftſteller halten, nit die ſchlechteſten unter den modernen Sophiften
ahmen, am meiflen nad) leiter Anmuth und Deutlichkeit ftreben (um-
wu ö2 apa nal oapmreia Böe) und ganz beionders (c. 24 ) die Wörter
t ohne Dual und Wahl aufleien und blos nah fremdarıiigem Klınge
hen, Sondern nad Provrietät des Auedrucks, völligen, hellem Verſtänd⸗
jedes Worts. - Das Lächerlichlle fei, daß er troß feiner Meirung vmap-
ro; zu fein, ganz arge Schniger made, wovon einige Beifpiele folgen.
lid gehören auch die Schriften gegen den Bibliomanen und über vie
Hichtichreibung bieber. In fener wird die Sheingelehrfamfeit derjenigen
ißelt, welche fi viele Bücher fauften, ohne fie zu gebrauchen, vie lleicht
um ſich beim Kaiſer beliebt zu machen (c. 22. ei Bumkevg uadoı Tavıa
d5 arıp xul nadsiar uadkor« tur), mit To ſcharfem Spotte, daß der
olia meint, der arme Menſch Härte lieber dem 2. feine ganze Bibliothek
n follen, als durch den Beh eines «inzigen Buches dieſe Wepe gegen
r
.
1178 Lucianup
fi reisen. Die Schrift ws dr ioropiar avyypagear fällt kurz nad bem
Parthiſchen Kıiege von 162—165. 2%. hatte eine Meife in Jonien und Adhafa
gemacht umd bei der Gelegenheit eine Menge Hifloriiher Vorträge über wie
Wechſelfälle jenes Krieges mir angehört*, worin die Geſchichte aufs Aben-
teuerlichfte behandelt war. Er gibt eine Lieberficht dieſer verfehlten Verſuche
von hochtrabender Geſchichtſchreibung, worin der Feind mit Schimpfreden
bedient wird, von Geſchichtſchreibung im Thucydideiſchen ‚Stile, wo ganze
Stellen aus Thucydides abgefäärieben waren, von Geſchichtſchreibung im
einfahen Stile, wie fle ein gemeiner Soldat fchreiben würde, von der
pbilofophirenden, mit Syllogisinen und allerlei dialektiſchen Figuren ver
brämten Hiflorie, von ber äffiihen Nachahmung des Herodot, wie ein Anderer
mit allerlei poetifhen Zloßfeln um fi warf, noch ein Anderer auf das
Unverfhämtefte log u. f. w. Darauf folgen wieder c. 27 ff. vortsefflide An-
weilungen, wie die Geſchichte wirklich zu behandeln fei, nämlich mit Wahrheite-
fiebe, praftiicher Cinſicht, freier Beflunung, einem Beifte, der an dem Studium
der Elafflihen Alten gereift fein müfle, in deutlicher, einfacher Sprade, die
nur etwa bei Schilderungen und eingeflochtenen Neben ih höher erheben
dürfe, mit Kritik und nach mühfumen Vorſtudien. — Endlich Lucians
Stellung zum Erziebungswefen und dem ganzen Bildungs
und Sittenzuftande der Zeit. . Die Erziehung mar damals im Lieber:
maße rhetoriſch und philofophiich , letzteres meiſtens mittels der Roiichen Tia-
lektik, welche die populärfte war. Gin Belfpiel, wohin diefe Art von Bil
dung in ihrer Cinſeitigkeit führte, gibt und Lucian theils in der Perſon tes
Hermotimus felbft, der von feinem 40ſten Jahre bis zum 6HOften fudirt,
gehofft und bezahlt hatte und eben fo flug war mie vorher, theils in dem⸗
felben Dialoge c. 80 ff. in der Erzählung von Borfällen, welche ein Sriten-
ftüd zu dem Ariflophaniihen Pheidippides bilden. Welche Früchie tie forbi-
ſtiſche Bildung trug, lehren der Leriphaned und Pr. Söann. Auch die lin»
frudtbarfeit der grammatiſchen Studien wird gelegentlih yerflflirt, Wahre
Geſch. 1. c.12 ff. Ehrenwerth iſt Lucians Streben in der Schrift Arayaoa;
ij nepi yvusaoıov, der in Verfall gefommenen Bymnaflil wieder aufzubelren
und jenen @infeitigfeiten der rhetoriſchen und philoſophiſchen Erziehungsweije
auf dieſem Wege entgegenzuarbeiten. Uebrigens if 2, wie damals dat
Griechiſche Üüberhawrt in der Bilvung vorhetrſchte, mit Leib und Seele Grieche.
Nom ift ihm ärgerlich; im Nigrin entwirft er eine fcharfe Characteriſtik des
dortigen Lebens, welchem er dann daß griechiiche, beionderd das attiſche mit
großer Vorliebe gegenüberſtellt. Sehr merkwürdig aber iſt die Schrift wen:
or eni mod ovrorswr, in weldher 2. eine ebenfo (im griechiſchen Sinne)
nationale, als unabhängige und tüchtige Beflnnung zeigt. Sie ift zur War⸗
nung an einen Zreund gerichtet und handelt über den unfeligen Zufland der
gelehrten Griechen (Grammatiker, Nhetoren, Philofophen), die fih zu Mom
gegen beflimmte Vergütungen (ein Befimmted an Geld und Geſchenke an
den Beften) in irgend ein reiches Haus begeben, um der Unterhaltung zu
Hilfe zu fommen, oder den Herrn oder au tie Dame bed Hauſes weite
auezubilden, oder für bie Bildung der Kinder zu forgen. Nichts fein
häufiger in Rom geweſen zu fein al& folde eri mod avsorres, man machte
es auch darin dem Hofe nad, mie 3.8. im Demonur c. 31. der Philoſoph
Apolonios aus Athen zieht: ueraneuntos og en nadein ro Bamkei ovr
© 0.2.: dp’ ob dn ra dv toos raura nexivnran, 6 molsuog 6 mpoc Toric Pagp-
Ragovs xai ro dv Apuevig zpmüna xas as auveyeis yinas, Ovdeis OOrıK aux ioropiar
Gvyypagss. Die Mehrzahl jener Sefchichtfcyreiber mag es Bei Borträgen Haben bes
weuden laffen, fo baß bei L. micht eigentlich von publicirten Seſchichtebüchern Die
Rede if, Mol. Bernhardy Briech, Literat. I. ©. 436, ”
⸗
Lueisnus 1179
roneros. Wir Eennen dieſe Griechen in Rom au aus den Gatiren Juve⸗
118, der ale Nömer mit ber äußerſten Verachtung von Ihnen ſpricht. Wei
cian aber finden wir da8 nothmendige Complement, die Kebrfeite zu feinem
ilde. Der Grieche ſpricht im tiefften Ingrimm über bie Herabwürdigung,
e feine Landeleute ſich in folden Häufern gefallen laflen mußten. Dan
nne es Freundſchaft, aber es fei Sklaverei Man denke es fi fo ſchön,
it den Zrefllihften Roms zufammenzuleben, in einem ſchönen Haufe zu
ohnen u. f. w., aber «8 fei höchſt mühfam, eine ſolche Stellung zu ges
innen, dann werde man vielleicht beim erflen Zujammenfein audgezeichnet,
rnach aber um fo mehr herabgemürbigt und auf dad Schmählichfte behan⸗
Ir, wie ein ‚freier und einigermaßen gebildeter Mann (nadeın xav an’
«xoror dung) unmögli ertragen könne. Die Wiſſenſchaft und Bils
ng fei blofer Vorwand, in ber That fei es auf DOftentation abgefchen,
t einem Griechen zu prablen, bei welchem ber Bart und ein ehrmürbiges
isſehen die Haupifadhe fel. Das Schlimmſte fei die allgemeine Verachtung
: Nömer gegen die Griechen, welde daraus entflebe*, woran vornämlich
vielen verlaufenen Abentenrer, welde fi zu folchem Dienfle anböten
d zu jedem Zwede gebrauhen ließen, Schuld fein; bei welcher Belegen
t 2. und beiläufig einen Fleinen Blick in die tiefe Verdorbenheit des da⸗
figen römiſchen Lebens eröffnet. Er bat in feiner Apologie wohl Net
tagen, daß feine damalige Stellung von einer folden von Grund aus
fdieden fei, obgleih nad damaliger Weile fon das beſoldete Amt für
e Verkürzung ver perfönliden Breiheit gebalten wurde. In anderer Bes
Jung außzuzeichnen find diejenigen Schrifien, mo 2. dem theoretiſchen
yeinmeien entgegentritt. Braftifche Tüchtigkeit iſt ihm überall das Meikmal
Vollendung, in der Philoſophie bei Männern wie Softratus und Des
nar, in der Kunfl und Wiſſenſchaft bei Männern wie der Architect Hip⸗
8, bem er in ver Fleinen nad ihm genannten Schrift ein ſchönes Denkmal
st bat. Dem Rigoriemus cyniſcher Philoſophen tritt er in der Schrift
s opynoeaog entgegen, obgleich es bier allerdings einiger Ueberwindung
arf, um Lucians eifriger Schutzrede für den Bantomimus in allen Stüden
Ht zu geben. Freilich iſt zu bevenfen, daß das alte attifhe Theater da⸗
[8 in Berfall und nit mehr recht an feiner Stelle war (c. '26.), und
Lucian das römische Behagen an den Gladiatorenfämpfen, welche Pha⸗
in vertheidigt Hatte (Philoftrat. V. S. p. 13 b. ed. Kayser), unmöglich
len Eonnte (c. 71.). So blieb eben nichts übrig als der Bantomimus,
ſich feit Augufl zu einem außerorbentlihen Grade von Vollendung aus⸗
Ivet hatte und dur größere Natürlichkeit im Coſtüm, fhönere Muſik,
rechslung und äußerliden Glanz der Aufführungen vor dem andern Theater
iffe Borzüge gehabt haben mag. Auffallend aber bleibt e8 immer, wenn
‚ei einer Gatung, wo fomohl die mythologiſchen Stoffe (c. 59.) als
ſceniſche Ausflattung einfeitig dem Sinnenreiz huldigten, wieberholt in
n Ernſte den fittliden Cindruck, den dieſe Darſtellungen machten und die
barıige Förberung, melde ven Zuſchauern dadurd würde, anpreist (c. 72.
'9.). Es iR dies ein gewifier ſenſualiſtiſch⸗epitureiſcher Hang Lucians,
für eine Zeitlang der Umgang mit Demonar nievergehalten haben mag,
aber ſowohl in feinen früheren Schriften (’Eowres) als in feinen. fpäteren
ren, mo er mit den Gpicureern zu Amaflris ſehr befreundet war (Ale⸗
ver), unverhüllt hervortritt und in dem Umgange mit der vornehmen Welt
e Nahrung empfangen haben mag; wohin auch noch die Bertigfelt im
” ou ds ’Ellnv mai fddros Tor Tg0nor nal rpos nätar adınlar zUnolos" Tos-
v5 yap ünaveas ynäs slras olovsa, nal pala indguc.
U
1182 Kessiilen ass
| 2 Ausumse hlusı aut rıteridbem Beiblebe: (DE ie TL:ı
beftsuig: vurb die Mugliglen: ı7 ir XXV] € Dem. ser mm Ir J
dat Il 1. 75 uolıa Lucıı consum maumnicker erspeem wer %:
ztjut (hoiplor ac Her. i 1. eiesmm avi: Pompe: serw lei um
ueiße Au: ville: gehört: ii amt NT I 2: 2 ma Fı
gentus muslır Lucılis. weburd der. Da die Rınre: verimer- ze wen \.
beuunnt weiten, wahrrbeiniecher wırt , daft avas master Pommes 1
Lucıli wer, vgl van Deutse p. 35 : Die Angabe ver enen Er!
Unzuverlögigfeit niefer Schafen — ral B: II E 165% — mr-
fein Gegengiunt : falrg nennt Acro ad. 1 tıı uePemprı. 2 :
miachte er (3 620 f.) unier Scırıo Africanus Sen mmaunmüßer Ruc 2
(Belle. 1, 9, 4. eqrer: militarii. was Va mu I En .
due Einteihung in de turma amicorum Bcipionis brauch mm = \|
snüqyva consveludo erinnert, DaB tie incipiens pubertas Rrenzen |
han anfange, vgl Weget. I, 4. BU, 10 Bm. Gracch 53 #2. 21
Gerlache Vrogr. ©. 1%., währen Baule in teimem diekiem ir. :
Jnciius, Beim B. die Angabe des Vell und vie De arte zmeroi
finset ww daher, die lehteie verwerſend, Lucilin @ebur: wur ale: :
deu Atang des flebenten Jahrhunderis jeg) Eeine Vertrautbet =: =
(las zu enen Data Ichfiehen) um 36 Jahre älreren Scope ana
nur (Wa. 1. ©. 662--666.) uns mis Lälins (5. 7251.) been: Dr: Su.
4, 71—74., vg. die Echoll. dazu; Da aber Scipio im J 12 — ı@ ix}
fo foumse dieſes VBerhöltnig nit lange gedauert haben, ir eirli.ne Si
dis geiftige Eatwidlung des Ylnglings fern mußıe. (Daß Aufialns 7’
Mlierevortgisneuhelt veranlaßt Wulner in ter Az. Saul; 182u &
das Weburiafahr des 2. frbher anzuiegen.) Bon Bären, wur !r !
tiridet Höre, IM nirgends eine Rachricht. Rah Akon ad x n
bewohute er in Mom dad Haus, qvae Antiochi regis Miie eis zus |
acdilix ola Auerat. Wenn gleih fein Leben nidt sine Schiel ve":
Hoi Be 1, 1, I f.). fo können wir doch aus den vorbaumemr 8:2
Hüdn vida Dirariged erfennen, und anderweirige Matrituer date :"
ae. Nur nah er eine qiännlide Bildang in der varzıläsmeder ır
heiligen Bıiszaıır Deiap, daß er den vegſten Anıbeil nat ar >.
Bintsa Bes Grgenmarı und einen zablıehen Kreis ron Sremze '7 =
rind, Blind Sıtla und Oranınd) unn Brinden (3. B. Macıni Si :-
E Geindting Hanıniad Bapad, Aat 1 138. Weri. Ser 1,115. 2
A L. Bit Brrud Dar Sm ML, 8 Sohn I
R tet üsıte a 9) Aare, Vünmen wir aat den Bragmensen erfrnnm
he Uns mh he gig, mnafatert Blteng., Yein biojed Saciinb-Berr :
un Minnie neer mu dann erinäinen, Armmerilesen
NR
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elt » Ahbl 9 Bene, worth
= „a un Aemmama in Nine Nitrit.
von “You. da Ga MR
font: „ru Ate welpen Kiffen
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risor Lueiaues on... IE S — —X X
Rau a ci Me ruf kl
Lucifer — Lueilis gems t181
ips. 1926., Dislogi DD. Lips 1829. und mehrere alabemifche Abhantlungen,
‚ostoeh. 1823—31.; G. %. Hermann Luciani lib. quomodo historiam
onscribi oporteat, Francof. 1S23.; A. Pauly, Luciani Somnium, Ana-
harsis, Patriae Eucomium, Tub. 1825. und deſſen Ueberſitz der Werke,
5tiutg. 1828 - 31. 15 Boe. 12. Endlich ©. Jacobitz, Charon, Vilarum
uctio, Piscator, Lips. 1826., Toxaris, Lips. 1832. und deſſen Geſammt⸗
ußgabe, Lucianus ex rec. C. Jacobitz, Lips. 1836—41. 4 Voll. 8.,
elche Autgabe dur eine neue, nach den beflen Miſſ angeftellie Texies⸗
tecenflon, eine vollſändigere Scholienſammlung und neffliche Judices aue⸗
zzeichnet iſt; vgl. Halm in den Berl. Jahrbb. f. wiſſenſch. Kriik 1838.
r. 247 Gin füniter Band mir au'gewählten Noten ſoll noch folgen. ?
eber Reber und Characieriſtik Lucians f. Reitz Sylloge de aetate vita
riplisque Luciani, Ed. Bip. T. I. p. HI—LXIV., Wieland in der tleberi.
bi. 1. ©. I—XLVI, Schoöll, Br. Lit. I. S. 472—500., &. U. Sırure,
> aelate Luc. et vita spec. I. Gerlic. 1629. Spec. 1. 1830., 6. 8.
anke, Pollux et Lucianus, Quedlinb. 1831. 4, 8&_&. Jacob, Characte⸗
ſtik Lutians son Samoſata, Hamb. 1832. 8., G. Weplur, de aetale, vita
‚riplisque Luciani, Marburg. 1836. *%* — Andere Ruciane Der Name
ucianus bat etwas Auffallendes, Da er von dem praenomen Lucius ges
Ider if, während fonft vergleihen Formen nur von Bamiliennamen gebildet
eıden, 3. B. Lollianus, Aemilianus, Cocceianus u. a. Indeſſen war Aov-
og mobl bei den Griechen zu einem foldhen gemorpen, daher Lueianus mit
opelianus und ähnlichen Namen vergliden warden kann. Lucian ſelbſt
bit fih in feinen Dielogen meift unter dem Namen Avxirog ein. Vor ihm
mmt fein Name vor bei Diog. Luert. Vi, 73. Ilaagyarrog rov Aovmmrov,
8 einem Zeugnifle von Bhavorin. In der fpäeren Literatur werden mehrere
cliche Shrififtiller des Namend ernähnt und ein Sophiſt zur Zeit Ju⸗
nd, melden Gekner den Vhilopatris zugeihrieben hat, f. Sabre. Bibi.
. T. V. p. 361 f. [Preller.]_
Lueifer, ſ. Hesperus, Bo. III. ©. 1277.
Lueiföra, Beiname der Kichtgöttinnen, wie Artemis, PBauf. IV, 31,
Cic N. D. U, 27, 68. Sery. zu Virg. Aen. II, 116. Spanh. zu
illim Dian. 11, 204. und öfters auf Münzen, |. Raſche lex. rei numm.
v. Diana Lucifera; der &06, Eurip. Jon 1157., Hekate, @urip. Hel. 569.
d der Kuna, f. tie Münzen mir den Bilde einer Frau, welche eine Fackel
der Hand hält und um den Hals oder anı Kopfe dad Mondszeichen trägt,
iſt der Zuſchrift Luna Lucifera, bei Raſche II, 2. p. 1882 f. [ W.T.]
Luaciiia gens, plebejiſch. Der erſte und lebte bedeutende Dann der⸗
en ift .
C. Lueilius (over Lucillius; über das Schwanken der Handidrr. und
Gebrauchs f. Barges im Rhein. Muſ. 1335 ©. 22-33. Elend: ad
. de Or. III, 43, 171.), geboren im 3. d. St. 606 (— 148 v. Chr.,
ron. in Buseb. Chron. zu DI. 159, 1. Luc. poeta nascitur) zu Sueſſa
runsa in Gampanien (Auſon. Ep. XV, 9. Camoenae Suessae, Juv. Sat.
® Dazu nenefiend bie Aufgabe von Dindorf in der Dibor’fhen Sammlung, Bol.
. I. Barmeiſter delocis qvibusdam Laciani qvaestiones criticae, P.I. Gaſtrower
gr. 1845. 48 S. 8. m. qvaest. in Lac. ver. hist., ib. 1843, 33 ©. 4. [W.T.]
”.3 M. Koramann, theologia athei seu gvi ita iniuste audit Luciani,
2 1697. 4. 93. €, Tiemann, ein Verſuch Aber Luclans Philoſophie u. Sprache,
fi 1804. 8. ©. Ehlebus, de Luciano philosopho, Bert. 1838 €..2, Roth,
‚atira romana, Schönthaler Progr. 1844. 4. p. 12—15. H. Kühn, Luc. a cri-
: librorum sacroram irrisorum liberatur, Grimmaer Progr. 1814. ©. 5. J.
meifter, commentntio qva Luc. scriptis suis libros sacros irrisisse negutuf,
Mmarer Proge, 1813, | W.T.]
1182 Lueilla gens
I, 20. Auruncae äilius) aus ritterlidem Geſchlechte (De. Bat. I, 9, 4.,
beflätigt durch die Möglichkeit in fr. XXVI, 6. Dous.; daher nennt fidh Hor.
Sat. II, 1, 75. infra Lucili censum), mütterlider Großoheim von Vom⸗
pejus (Porphyr. ad Hor. 1. I. etenim avia Pompeii soror Lucilii fuerat,
welche Nachricht vieleiht geihöpft it aus Bell. I, 29, 2.: fuit Pomp.
genitus matre Lucilia, wodurch aber, da die Kinder vielmehr nad dem Vater
benannt werden, wahrfceinlidher wird, daß avus maternus Pompeii frater
Lucilii war, vgl. van Heuede p. 35. ; die Angabe von Vorphyr. if bei der
Unzuverläßigfeit diefer SHolisflien — vgl. Br. HI. S. 1482. — jebenf«Qs
fein Begengrund ; falſch nennt Acro ad 1.1. ihn avus Pompeii). Sehr jung
machte er (3. 620 f.) unter Scirio Africanus den numantiniihen Kıleg mit
(Vellej. II, 9, 4. eqves militavit, mad Varges am a. D. ©. 36 f. auf
die Einreihung in die turma amicorum Scipionis bezieht und an bie
antiqva consvetudo erinnert, daß die incipiens pubertas Kriegerienfle zu
than anfunge, vgl. Beget. I, 4. IH, 10. Plut. Gracch. 5. Lıy. XXV, 5.
Gerlachs Vrogr. S. 13., während Bayle in feinem dictionn. crit. 8. v.
Lucilius, Rem. B. die Angabe des Bell. und bie deö Cuſeb. unvereinbar
findet und daher, die Ichtere verwerfend, Xucilius’ Geburt nur algemein an
den Unfang des flebenten Jahrhunderis ſetzt)) Seine Vertrautheit mir dem
(falls die angegebenen Data feſtſtehen) un 36 Jahre älteren Scipio Alricanus
minor (Bd. 11. &. 662— 666.) und mit Lilius (5. 725 f.) bezeugı Hor. Sat. I,
1, 71—74., vgl. die Scholl. dazu; da aber Scipio im I. 129 — 625 farb,
fo fonnte dieſes Verhältniß nit lange gedauert haben, fo einflußrei es auf
bie geiflige Entwicklung des Jünglings fen mußte. (Das Auffallende dieier
Altersverſchiedenheit veranlaßt Wuͤllner in ter Ally. Schulz. 1830. Ar. 155.
daB Geburtdjahr des 2. früher anzuiegen.) Bon Würpen, welde ac. be
kleidet hätte, if nirgends eine Nachricht. Nah Atcon. ad Cic. in Pis. 22.
bewohnte er in Rom das Haus, qvae Antiochi regis filio obsidi publice
aedificata fuerat. Wenn glei fein Leben nit ohne Wechſel war ıvgl.
Hor. Sat. 11, 1, 31 f.). fo fönnen wir doch aus den vorhandenen Bruch⸗
Rüden nichts Derartiges erkennen, und anderweitige Nachrichten haben wir
nicht. Nur daß er eine gründliche Bildung in der vaterländiſchen und der
helleniſchen Literatur befaß, daß er den regflen Antheil nahm an den Zu⸗
Ränven der Gegenwart und einen zahlreichen Kreis von Freunden (bef. au
Albinus, Aelius Stilo und Braniud) und Beinden (1. B. Mucius Scäoola,
2. Cornelius Lentulus Lupus, Juv. I, 158. Perſ. Sar. 1, 115., X. Aburiue,
D. Gäcilius MeteQus, Hor. Sat. II, 1, 67., &. Hoſtilius Tubulus, Bapie
rius Carbo u. A.) harte, können wir aus ben Fragmenten ertennen, auch daß
er feine unabhängige, intereflelofe Stellung, fein bloſes Lucilius⸗Seyn nicht
veriauſchen mochte mit dem geſchäfiigen, intereifirien Treiben eines publicanus
(fr. XXVI, 6. Dous., wovon Hermanns Erklärung auch nach Leu Einwen⸗
dungen von Petermann in Jahns Jahrbb. 39, ©. 152. vie einzig richtige if).
Ob die Notiz bei Eic. de orat. 11, 70., daß ein Luc. fein Vieh auf einem
sger publicus babe meiden lafien und darüber von Appius farfafliih ver⸗
theidigt worden fei, auf den Saiitiker zu beziehen il, if zweifelhaft; ficherer
iR die Angabe des Auct. ad Her. Ik, 13, 19., daß C. Caelius iudex ab-
solvit iniuriarum eum qvi Lucilium poelam in scena nominatim laeserat.
Ueber feinen Tod gibt Euſeb. zu DI. 169, 2 (103 v. Ghr., 651 d. ©ı.)
an: C. Luc. satirarum scriptor Neapoli moritur sc publico funere (f. DB».
HI ©. 344 ) effertur anno aetalis 46to. Keine der in 28. Eatiren er
wähnten !Berjonen und Facta weist auf eine ſpätere Zeit und der im 9. U1
(= 663) jrielende Dialog Cicero'e de orat. (I, 16. II, 6.) fept den Dichter
als ſchon geforben voraus (abfurd Heusde p. 63.). Richtoteſtoweniger
wurde jened Darum flarf angefochten. Ginmal berichtet nämlid Gell. N. A.
\ Lucilia gem _ 1183
1,24., &. habe pie lexLicinia sumptuaria (f. sumptus) erwähnt; dieſe feßen
Bayle und van Heusde mit Bach ins I. 657 (— 97). in weldem ber lator
egis, P. Licinius Craſſus Coſ. war (1. oben S. 1063, 25.), und folgern daraus
vie inrihtigfeit von @ufebiuß’ Angabe. Aber in diefem Jahre war die lex
‚icinia vielmehr von dem Volketribun Duroniud bereitö wieder abgeſchafft, indem
r gerade damals zur Strafe für jene Abſchaffung (vielleigt nit ohne Ein»
uß des beleivigten Gof. Licinius) aus dem Senase gefloßen wurde, ſ. Bo. 1.
5. 1327.; Xicin. hatte daher dad Geſetz fchon früher, vielleicht als Brätor
ogl. Macrob. Sat. II, 13.) durchgeſetzt (Wüllner am a. O. ©. 1258.),
Ifo jedenfald vor dem Iodedjahr ded Lucilius. Vgl. K. Tr. Hermann,
zött. Bel. Anz. 1843. S. 365—367., Perermann am a. DO. ©. 148 f.
zerlachs Progr. S. 18f. Ebenſoweniq bildet die fr. XX, 4. erwähnte saeva
wegen der hohen Strafanfäge) lex Pisonis (lex Calpurnia, f. repeltund.),
enn man nur barunter nicht bie im I. 687 (—= 67) vom Gof. C. Cal⸗
urnius Piſo de ambitu, fonbern die von dem Bolfstribun 2. Galpurnius
io im 3. 605. de repetundis gegebene verfteht, eine Inflanz gegen Cuſe⸗
ius; vgl. Hermann ©. 367. Petermann S. 150 f. Gerlachs Prgr. S. 16 f.
ag endlih auch vie Bezeichnung des Luc. ald senex (Hor. Sat. II, 1, 34.)
it nothmendig auf ein hohes LXebendalter hinweist, ſondern auch fubjectiv
sfaßt werden und jede Perjönlichkeit aus der Vergangenheit treffen kann, _
ie dur ihre Entfernung von und den ehrwürbigen Gharafter des Alters
kommt, f. Barges am a. D. ©. 43—46. Gerlache Progr. S. 13. Her»
ann 6. 368. — So kurz aber hienach das Leben ded Luc. war, fo rei
t e8 dur dad was er darin geleiftet. Zwar waren feine Satiren wohl
in einziged Werk (denn die Erwähnung von Komödien deſſelben bei Vorphyr.
| Hor. A. P. 238.: Pythias persona comica in comoedia Lucilii, und
ı8 Gitat des Fulgent. de prisc. serm. s. v. Delenificus: Luc. in Numu-
ria beruht bei der Ungaverläßigfet der Handſchrr. und des Mangels an
nfligen beflätigenden Angaben wohl auf einer Verwechslung mit Caecilius,
ie fiber auch die Girare des Nonius: Lucilius in Epodis: Ilymnis und
rrano, das erflere vielleicht auf iambiiche Iheile der Satiren des Yuc zu
sieben, das zmeite richtiger dem Varro beisulegen, vgl. F. Doufa p. 208.
. Pat. Petermann am a. D. ©. 163 f )*, und au von dieien haben wir
r bedeutende Bruchflücke, erbalten bei. durch Nonius, Scholiaflen und
cero, mehr als achihundert an Zahl; aber ſchon hieraus können wir, wenn
ch nicht volftäindig, feine Größe ermefien. Was zuerfl. bad Aeußere bes
ft, fo finden wir dreißig Bücher feiner Satiren ermähnt (nur vom 2iften
ben wir Eeine Fragmente) und müflen daraus fließen ‚ daß bieß die Zahl
felben geweſen fei (miemohl man alddann die beiden Citate des Nonius:
. XXXVI. und XXXIX und das des Chariflus: lib. XLIII. für Verſehen
Abichreiber erflären muß, flatt XXVI. XXIX. XIIII., vgl. ‘Betermann
a. D. ©. 168.). Neben viefer Eintheilung fpuft aber noch eine andere:
Auct. ad Her. IV, 12. citist Lucilius in priore libro und Acro ad
r. Sat. I, 1, 22. fagt: qvos etiam in priore libro Lucilius carpserat,
. Donut. zu Terent. Phorm. I, 2,73. Weist au in der zweiten Stelle
‚n die Stellung von etiam darauf hin, Lucil. zu ſtreichen oder dur
° Die Darfielung ber Perföntichkeit des Soipio Africanus minor nahm, wie
dem Zuſammenhang von Kor. Sat, II, 1, 17. folgt (bie Angabe bes Schol.
q. dazu if ohne allen Werth, and Horaz falſch heranseregetifirt und dem ſortis
erfprechend), allerdings einen eigenen Raum ein, ohne aber darum eine befondere
rife bilden zu müllen; fie war einer ber nichtfatiriihen Theile ber Gatiren des
tue, Vol. Petermann am a. D. ©. 161—166. Cbenfo aus Horaz irrthümlich
Igert if die Angabe von Acro ad Hor. Bat. 1, 1, 30 f.: dieitar Luoilius vitam
m soripsisse et non sibi pepercisse.
1184 Lmueilia gem ’
Horatius zu erfegen, fo ift doch in der erflen nicht ganz unbedenklich mit dem
Cod. Pith. und Gınefli primo für priore zu ſchreiben. Daber vermurben
Seutde (de Ael. Sul. p. 38. Lucil. p. 251 f.), Lerſch (Zeiler. f. die
1.8. 1839. &. 406.), 8. F. Schmidt (Progr.), Petermann (in ir. Diſſ.,
Bıeel. 1842. u. bei Jahn S. 167.), 3. Beer (Zeiifhr. f. d. A.W. 1943.
Mr. 30 f.) und Schönbel (Galle 1841.), urſprünglich felen die Satiren nur
in zwei Vücher eingerbeilt gemeien (durch Maler. Caro), wovon das afle die
berametriihen Bücher D-XX. (Heuede: I—XV., an Ael Sıilo geribtet und,
nad dem erſten, Deorum Concilium überfärichen), das zweite XXKI—XXX.
(Heusde: XVI—XXX mittelä XVI. dem Villicus res Luc, Fundius, ge
widmet und Collyra betitelt nad der Freundin des Luc.) in trochäiſchem und
tambiihem Maße (aber XXX. ift heramerrtih und auch fonft nicht immer Gin
Meirum gleihmäßig burchgeführt, Beterm. S. 156.) umfößte: Einwendungek
gegen dieſe @intheilung f. bei Hermann am a. D. ©. 379 f. und gegen tie
Ueberfärifien und Dedicationen überhaupt Hermann ©. 3SO— 354. u. Beter-
mann (Jahns Jahrbb 39.) S. 161—163. (mährend Lerih, Zeitihr f.A.B.
1837 ©. 1047. und 1839. S. 403—408., dann I. Becker ib. 1843 ©.
- 246 ff. jedem ei: zelnen Buche eine eigene Ueberſchrift vinbiciren). Im Age
meinen ſcheint dieſe ganze Argumentirerei doch auf einer gar zu ſchwochen
Balls (pfiore beim Auct. ad Her.) zu beruhen. — Die Sartre des 2. biloet
den Liebergangdvunf: von dem alten Begriff der Satire zu einem nemen, vor
dem eines Quodlibet (satura) zu dem eihiſchen der neueren Zeit. Daher
Sor. Sat II, 1, 62.: est Lucilius ausus Primus in hunc operis compo-
nere carmina morem, und I, 10, 48. nennt er ihn inventor, ®.66 : Grae-
cis intacti carminis auctor; wonad zu beurtbeifen iſt ib. 4, 6 hinc (von
der alıen Komötie) omnis pendet Lucilius. 2. aab frinen Gedichten Tieim
Namen zunächſt in dem alıen Sinne, wegen der Mandfaltigkeit tes J halis
und der Form, da aber ſchon bei ihm und mehr no bei feinen Nafolgern
das volemiſch⸗ eihiſce Element überwog, fo wurde dieſes allmälig als Haupt⸗
meikmal und Begriff der Satire überhaupt betrachtet. Woher aber dieie
Michtung feiner Satire? Der fachliche Grund Tiegt in dem bereits kegin en-
den Berfslle des öffenıliden und des Privailebens in Nom; daR aber gerade
Luce. dadurd zur Satire veranlaßt murde, folgte aus feiner Perfönlichkeit
und feiner Stellung. Aus erflerer, fofern feine höhere geiftige und flsılide
Ausbildung ihm für das Mißrerhältniß von Ideal und Wirklichkeit das Auge
Öfinete; aus ber zmeiten, fofern Luc. theils durch feine Kenntniß ausmärtiger
Zuſtände, theils tur den Contraſt Scipio's gegen feine Landsleute zur Vers
gleigung und Kritik angeregt wurde (Roth im Sckönthaler Progr. v. 1844.
. 7) Die eigenthümlide Färbung, der Ton von feinen Satriren wurde
Bin viederum dur feine Individualität beſtimmt. Dem Inhalt nad tritt
allenhalben eine ganz entſchiedene temporäre und fpecifiih römiſche Richtung
hervor; zwar bat au Luc. eine ſehr gründliche helleniſche Bildung (vgl.
Stönbel p. 29 f.), aber fein Geiſt ift davon nicht fo Turddrungen und
genänkt wie der des Horaz, es iſt mıhr ein äußerlich hinzukommendes, denn
ein organiſch durchgearbeitetes Element, wie ſich ſchen darin zeigt, daß er
griekiihe Worte, Vhrafen und Gedanken geradezu in feine Gedichte einfügt
(Schönbeck p. 41.). mährend Horaz die ganze Anlage und Durchführung
feiner Satiren helleniſirt. Die Zeit iſt noch republifuniib, Luc. iſt ſelbſt
gleichiam ein Facior des öffentlichen Geifſſes und durch feine Geburt über
Shnierigkiiten binweggehoben, on renen Niviuß ſcheiterte und bie ven @nni.8
über dad Enfomiafliihe nit hinaueließen; zugleich ſteht er in einer bewegten
geit, wo der @inzelne, als Mepräientant einer ganzen Richtung, zu rück⸗
Auıtlefer Kritik um fo berechtigter iſt. Gr rügt daher nit nur viele Gin»
zelne und hoch Gtehente mit Nennung ihres Ramens (eine Bergeliung yafür
Lueilie gons 1185
‚ Auct. ad Her. II, 13, 19.), fondern auch die ganze Stabt (Hor. Sat. J,
0,4. Verl. I, 114 f.), das ganze Volf (Hor. Sat. II, 1, 69.); er rügt
ie einteißende Ueppigkeit (Sol. ad Pers. III, 1.), unnatürlide Wolluſt
3.8. fr. XXX, 19. Dous.), die Geſetzſoſigkeit (XXX, 66.) u. A. ; auch wendet
r ſich an einzelne Stände (XXVII, 14.: proferat iam vester ordo scelera
vae in s6 admiserit). Die Haltung if liebenswürbig naiv, oft geiftreih
nd humoriſtiſch, ungezwungen bis zur Nadläßigkeit, fo daß feine Weife im
Jegenfag zu dem Schwulſt eines Pacuvius als ein Mufter von gracilitas,
xrorne dargeflellt wurde (vgl. Varro bei Gell. N. A. VII, 14.). Leben und
Jiſſenſchaft handhabt er mit gleiher Gewandiheit und meiß beide als Mittel
iner Darſtellung zu verwenden. Als Beiipiele feiner gefunden Anflchten
m Leben und von den Menſchen dienen fr. XXI, 1. XXVII, 32. XXX, 12;
ıd mie er fein eigened Leben bingab in feine Gedichte (Kor. Sat. I, 1,
)—34.), fo finden ſich aud riele Spuren feiner finnigen Aufmerkſamkeit
ıf Die Eleinften Verhältniſſe im Leben (vgl. V, 3. XXIII, 2. XXVH, 2).
ine derbe, oft majfive Kraft, eine tüchtige Geflnnung (vgl. Hor. Sat II,
70.), ein frifder Lebensmuth (vgl. fr. VII, 2.), ein Flarer ſcharfer Ver:
nd (vgl. 3. B. fr. ine. 12.) und eine bewegliche Einbildungskraft, ver-
ınden mit einem vielfeliigen Wiffen (bei. viel Mediciuiſches finder fih In
nen Satiren, aber auch Philofophifches, vgl. fr. V, 1. XXVI, 17. XXVII,
3.), melde ten Strom feiner Berfe unaufhaltfan, wenn auch nit ganz
inli$ (vgl. Hor. Sat. I, 4, 9—13.) dahinführte, dieß find die Eigenthüm⸗
hkeiten von Lucilius als Satiriker. Wollen wir weiter aus feinen Gedichten
ückſichlüſſe machen auf feine Periönlichkeit, fo müſſen wir als einen Beweis
ner Humanität hervorheben dad Diflikon (fr. XXI, 2.), worin er feinem
laven Metrophanes Columella eine Grabſchrift ſetzt; feiner philoſophiſchen
chtung nach ſcheint er in ähnlicher Welle wie Horaz in feinem reiferen
ter eben ſo ſehr im Materiellen den Epicuräismus abgeneigt geweſen zu
n (vgl. fr. I, 4.) wie im Formellen dem Stoicismus, von deſſen mate⸗
lem Gehalte fih bei ihm mande Spuren finden (vgl. Porph. ad Hor. Sat.
8, 124. fr. inc. 1. Dous.), mährend er die Verwerfung der mythologiſchen
rftellungen des Volfed bei. mit dem Epicuräigmus theilte (vgl. fr. XVIE, 1.
„ 3.)- Indeſſen tritt das philoſophiſche Element bei ihm nit fo ſtark
vor mie bei Horaz; vgl. Eic. de Fin. I, 3.: sunt illius scripta leviora,
urbanitas summa (?) appareat, doctrina mediocris; demgemäß wollte er
), ea qvae scriberet, neqve ab indoctissimis neqve a doctissimis legi
u. de orat. 1, 6, 25.). Die doctissimi hätten fih, mie Horaz's Bei⸗
[ zeigt, beſonders an der ungeſchlachten, ungehobelten Form gefloßen ;
3 was Horaz (Sat.-I, 4,.9 ff. 10, 1 ff. 30 ff.) in diejer Beziehung be»
ft, iſt unbeflreitbar Sein chevalereskes Behandeln der Form bezeichnet
elbſt fr. XI, 6. dur den Ausdruck: iam coniicere in versus dictum
sconi’ volebam Grani, und daß er die Verſe aus dem Aermel f&hüttelte,
n VBroben wie fr. III, 6.: verum haec lusus ibi susqve omnia deqve
unt, susqve et deqve fuere, ingyam, omnia, ludu’ iocusqve. Unzählige
lonen maden feine Verſe Holyerig und mit den metriihen Belegen gebt
m als eriflirten fle nicht (vgl. Schmidts Progr. u. Schönbeck p 44f.),
nder8 weit treibt er den Gebrauch der Tmeſis (3. B. deqve dicata, fr.
(, 71. flatt et dedicata), vgl. Aufon. ep. V, 36 ff. Es ift dieß die roͤmiſche
chgiltigkeit gegen das Mittel wenn nur der Zweck erreiht wird. Sonft
n feine Satiren auch in fpradhlicher Beziehung großes Interefle; fle zeigen
die Sprade lebendig, werdend, fl bereihernd und verjüngend, We har -
eine Bildungsfähigkeit, die bald darauf wenigſtens in der Schriftſprache
ren ging, 3. B. große Freiheit in Bezug auf Diminutive (vgl. VII, 21.
m pactolo gannis u. U.). Die letzten Büder der Satiren zeigen in den
auly, Real-Encydop. IV. 75
1186 ' . Luecilia gens
Fragmenten eine Eomödienartige Haltung: da werben Xhüren erbrodden, Lichter
audgelöfht, Weiber aufftehen acheißen; auch die Briefform tritt Hier noch
ſchärfer hervor (vgl. 3. V. XXX, 33. 59.); Einmiſchung von Anefooten
findet fi bei 2. allenthalben. Neben feinem Breimum mag es bef. feine
Rückſichtnahme auf den Geſchmack und Geſichtökreis des Mittelſchlags von
Menichen geweien fen, was den X. fo berühmt (vgl. Hor. Sat. 1,10, 49.)
und beliebt machte, daß noch zu Duintilians Zeit Manche ibn allen andern
Dichtern vorzogen (Quintil X,1,93.). Quintilian ſelbſt ſtellt fid in feinem
Urtheil zwiſchen dieſe Enthuflaften und Horaz und meint: eruditio in eo
mira et libertas atqve inde acerbitas et abunde salis (ib.). Der Berf.
des Dialogs de orat. hebt ed (c. 23.) als ein Merkmal der abftraften
Archaiſten hervor, daß file Lucilium pro Horatio, Lucretium pro Virgilio
legunt. Die fpäteren Satirifer (Perf. T, 114 f. Juv. I, 165 ff.) Heben vie
ethiſche Tendenz des 2. einfeitig hervor. Plin. H. N. praef. urtheilt: primus
Lucilius condidit stili nasum. Früh wurden felne Sariren Gegenfland ge>
lehrter Bearbeitung, f. Suet. de ill. gr. 2.: Laelius, Archelaus, Vectius,
Q. Philocomus Lucili satiras, familiaris sui (diligentius retractabant ac
legendo commentandogve etiam celeris notas faciebant); qvas legisse se
(gleichſam ein Collegium darüber gehört) apud Archelaum Pompeius Le-
naeus, apud Philocomum Valerius Cato praedicant. Weber Gurtius Nicia,
den Zeitgenoffen des Cic., finder fi ib. 14. die Notiz: huius de Lucilio
libros etiam satira comprobat. Anderes f. bei Gell. N. A. II, 24. Gin
Mitfirebender auf demielben Felde mit Luc. war der Epifuräer und Helene»
mane T. Albucius (Varro R. R. III, 2, 17.: cuius Luciliano charactere
sunt libelli). Nahahmer waren außer den originalern Sor., Perf. u. Juv.
Varro (Atacinus), Sävius Nicanor und Lenäuß, f. d. A. u. Caſaub. de
sat. p. 225 f. Ramb. ' Daß Luc. felbft ein Nachahmer des Enniuß fei, dem
er ſich vielmehr kritiſch gegenüberflellte (vgl. Hor. Sat I, 10, 54. &H.N.
A. XVII, 21.: clarior tunc in poematis eorum [ded Pacuvius u. U.) ob-
trectandis Lucilius fuit. Bgl. D. Jahn, Prolegg. zu Pers. p. LVII. un
Hermann de sat. auctore p. 32 f.), it nah Allem was man über die Sa⸗
tire des @. weiß, ungegründet (Hermann de sat. auct. p. 24.); confuß un)
irrthümlich if die Angabe des Laur. Lydus (de mag. I, 41.), daß 2. fit
an Rhinton angeſchloſſen. Die Fragmente find geſammelt am vollſtändigſten
von Ian. Doufa (mit Anm. von Franz Doufa), Lugd. Bat. und Amstel.
1661. 4. Patav. 1735 8. (beforgt von Bulvi), an Harercamp's Cenforinus
(Lugd. Bat. 1643. 1767. 8.), in der Zmeibrüder Ausg. des Perf. u. Sur.
(1784.), in Achaintre's Ausgabe ded Perf. und fonfl. Vgl. van Heusde
p. 154 ff. Nachträge dazu f. bei van Heußde p. 316 ff. (17. fr.), K. Br
Hermann in Gött. ©. A. 1843. ©. 391., Betermann in Jahns Jahrbb.
Br. 39. S. 168 f. Satires de C. Luc., fragmens revus, augmentes, tra-
duits et annotes pour la premiere fois en frangais, par E. F. Corpet, 18
Dog. Paris Pandoude 1845. (ver ganzen Sammlung II. serie, 14. livrais.,
t. 1.) Neue Bearbeitungen haben Barges, Gerlah und I. Beder ver
foroden. Lib. III. iſt beſonders behandelt von Varges, Steitiner Progr.
1836. 4.; Lib. IX. von 2. F. Schmidt, Berliner Progr. 1840. 4. Ueber
Lucilius vgl. außer den allgemeinen Werfen über Geſch. der röm. Lit. und
der Satire insbeſondere (f. Bd. IH. ©. 1474.) bef. Bayle in feinem dic-
tionnaire critique s. v. Manfo in den Nachtrr. zu Sulzer IV. &. 419— 442.
Baiter und Orelli im Onomast. Tull. s. v. Varges, Rhein. Mut. 18395.
©. 15—69. (1. de nomine 21—33.; 2) L. qvo anno natus qvoqve mor-
tuus sit, 34—46.; 3) L. ubi natus sit, 46—49.; 4) a L. neqve maioris
Scipionis neqve minoris vitam privatam scriptam esse contra scholiastas
Horatii contenditur, &. 50—33.; 5) wia satirarum L. frgmta purgata ac
*
Luecilia gens j 1187
stituta, 53— 69.), Patin, cours sur Lucile, Paris 1836., Herm. Schoͤnbeck,
vaestionum Lucilianarum Part. I. Halle 1841. 8. U. Petermann, de C.
uc. vita et carminibus, Bredl. 1842. 8. ‚Dziaded, sat! rom. imprimis Lu--
liana ant. Gr. comoediaenon dissimllis, Gonig 1812. 4. J. A. €. van Heudbe,
tudia critica in C. Lucilium, Trai. adRh. 1842. 321 ©.8. (gelehrt u. ſcharf⸗
ınig, aber phantaſtiſch und abfurd). Vgl. K. Fr. Hermann, Bött. G. 7.
343. Stück 37—40. S. 361— 392. (worauf Heudde replicirte: Epistola ad C.
H., de Lucilio, Trai. ad Rb. 1844. 52 ©. 8.), Petermann in Jahns
ihrbb. Bo. XXXIX. S. 146—169. und Gerlad ib. XLIII. S. 371 - 388.
Becker, über d. Eintheilung der Satt. des 8. in d. Zeitfär. f. A.W.
43. Nr. 30—33. (weitſchichtig und ohne neue Mefultate). F. D. Gerlach,
Zuciliud u. d. röm. Satura, eine akadem. Gelegenheitsſchrift (Bafel 1844. 4.)
. 11-22. Ch. Labitte, les satires de Luc. in der Revue d. deux mondes
45. T. II. p. 721—745. oo |
Andere ded Namens find Sext. Lucilius, DBolfstribun im I. 669
St., im folgenden Jahre von feinem Nachfolger B. Laenas den tarpejis
en Felſen hinabgeſtürzt, Vellej. II, 24, 2. j
C. (oder P.) Lucili (oder Lucilli) Hipri generi tui (ded Coſſinius,
Br. II. ©. 729. a. E.) — nobiles pecuariae in Bruttiis habentur,
irro R. R. 11, 1, 2. .
Sext. Lucilius, T. Gavii Caepionis, locupletis et splendidi homi-
;, filius, trib. mil. im Heer de3 Bibulus, wo er vor Amanus im 3.703
ı Zod fand, ic. ad Alt. V, 20, 4.
L. Lucilius, im 3. 703 mit Appius Claudius Pulcher (f. Bdo. II.
413.) in Gilicten, f. Cic. ad Fam. II, 5, 1. Er if vielleicht der Lu⸗
us, von welchem, wenn bie Lesart ſicher If, Cafflus im I. 711 berichtet
| Fam. XII, 13, 3.), daß er die Flotte des Dolabella (ſ. Bd. II. S. 197.
I.) befehlige und zmifchen Treue und Verrath ſchwankend vor Gafflus in
Hafen von Corycus fi zurüdgezogen habe.
C. Lucilius propter M. Ciceronis familiaritatem amicus erat Miloni,
:on. in Mil. p. 37. Or. Bielleigt iſt es berfelbe, welcher nad Blur.
t. 50. Appian. b. ce. IV, 129. Sonar. X, 20. nah der Schlacht bei
ilippi, ald er Feinde auf Brutus zufprengen ſah, unterflügt von ber
nfelheit fl felbft für Brutus erklärte und ſich vor Antonius führen Tieß,
feine Aufopferung bemunderte und durch Freundlichkeit ihn für immer
fi feifelte (vgl. Plut. Anton. 69.). -
L. Lucilius Balbus, auditor des Nechtägelehrten und Rechtslehrers
Mucius P. F. Scaevola, und ſelbſt Verfaſſer von juridifgen Schriften,
aber nit zu Berühmihelt gelangten, Pompon. de orig. iur. $. 42.
ro (Brut. 2 154.) nennt ihn einen doctus et eruditus homo und als
n Schüler den Serv. Sulpicius Rufus. Bei dem Procefie des P. Quin⸗
war er ber rechtsgelehrte Rath des Richters C Aquilius (Cic. p. Qvint.
53. 17, 54.). Bielleiht fein Bruder ifl
Q. Lucilius Balbus, der Stoifer, und als folder von Cicero de
Deor. revend eingeführt, wie er auch in deſſen Hortensius Vertreter
ſtoiſchen Philofophie war (ſ. Fragm. p. 484. Or.). Er war ein Schh-
de3 Panätius und bradte e8 fo weit in Stoicis, ut cum excellentibus
o genere Graecis compararetur, ®ic. de N. D. I, 6, 15. ®2gl. de
n 1, 5, 9. Der Stoiker Antiohus von Ascalon Hatte eine philoſophi⸗
Schrift an ihn gerichtet, de Nat. D. I, 7, 16. | .
Lucilius Bassus, von Cic. ad Att. XII, 5, 2. faft ſprũchwoͤrtlich
aut für die Wahrheit, daß Jeder, auch der ſchlechteſte Schrififteller, an
n eigenen Schriften Freude habe. |
Sext. Lucilius Bassus (©ruter p. 573, 1.), post praefecturam
1190. Kaciua — Lucits
190.) willfürlig mit dem Satirifer Lucilius ibentifeirt, f. Jahn's Jahrbb.
XXXIX, 2, ©. 159. [B.
3) Ein Maler, welden Eymmadus Epist. II, 2. IX, 47. rühmt. [W.]
Lucina, von ten Nömern ſelbſt (ſ. Ovid. Fast. II, 449 f.) bald von
lucus (Plin. XVI, 44, 85.), bald von lux abgrleitet (gl How gwsgogo;
bei Dionyf. IV, 15. ), bald auch. mit Luna identificirt. Die Erklärung als
Lichtgöttin ſcheint bie richtigſte; wenigſtens läßt ſich daraus auch die Bedeu:
tung Geburtsgöttin (ſofern fie das Kind aus dem Mutterſchooſe ans Licht
bringt, qvod lucem nascentibus tribuit, Murtian. Cap. II, 149. vgl. lu-
cinae horae von der Geburtäflunde bei Prud. adv. Symm. II, 222.) ableiten.
In diefer Bedeutung ift dad Wort bef. häufig mit Juno, ald der Schutz⸗
gönin der Frauen überhaupt, alfo natürlich vorzugämeife in dieſen Ertiiften
Augenbliden, verbunten: Juno Lucina, f. Plaut. Aul. IV, 7, 11. Zerant.
Ad. I11,5.41. Andr. III, 4. Birg. Ecl. 4, 8. Sor. Epod. 5, 5. Carm. saec.
14 ff. Ovid. Fast. VI, 39. Sen. Med. 1. (genialıs tori custos). Vgl. Virq. Ge.
111, 60. IV, 339., Ovid. A. A. III, 785. Mart. Spect. 12,4. 13,4. Orelli Inser.
874. 1295. 1296. 1298. Auguftin. C. D. IV, 2i. Gfaudian. in Eutr. I, 7A.
Nah Serv. zu Virg. Ecl. 4, 63. wurde ihr bei der Geburt edler Knaben im
Atrium des Hauſes ein Zuger bereitet, und Tertull. de an. 39. erzählt, daß
ihr im Geburiszimmer ein Tiſch mit Sreife gedeckt geweſen ſey. Nah Buls
gent. brachten ihr die Gebärenden ein Opfer, dad, wenn Zmillinge geboren
wurden, in einem Mutterjchafe und zwei Lämmern befland. Sie baıte zu
Nom einen Tempel an den @equilien (vgl. Oreli Nr. 3148 = 1294, aus
dem 3. 713.), no fie früßer einen Hain gehabt hatte (Plin. 1. 1. "Orio.
Fast. II, 435. — wenn Ießtere Angabe nit blos eiynrologifirend if). Am
2. März wurden ihr Ferien gefeiert, |. Kalend. Praenest. (Orelli II. p 386.)
zu dem Tage: Feriae Marti, Junoni Lucinae naqvillis qvod eo die aedis
ei [fac]ta est per matronas, qvam voverat Albi... Vel. uxor si puerum
Feſtus identificitt dieied Feſt mit den am 1. Mir gefeierten Maıros
nalien (j. d.). Junonis Lucinae sacra non licet accedere nisi solutis nodis,
Serv. zu Virg Aen. IV, 518. Na einer Einrihtung des Serv. Tullius
mußte, zum Behuf fauftifder Erhebungen, für jedes Neugeborene in dem
Tempel der Juno 2. ein Nummus nierergelegt werden, wie für die Geſtor—
benen in dem ber Libitina, Dionyf. Hal. IV, 15 vgl. oben €. 1035. In
Unteritalien (bei Cortone) ift neueflens eine Injchrift gefunden worden Herae
Lucinae (Allg. Ztg. 1845, Nr. 234.), welde gräcifirende Form auf eine
fpätere Zeit zu weiſen fcheint. Als reine Lichtgottheit erfeint I. &. bei
Tibuſl. III, 4, 13. vgl. Veh. s. v. supercilia: lucem putabant tribuere
. Junonem, unde et Lucina dicta est. In beiden Beziehungen Eonnte au
Diana Lucina genannt merben, vgl. Sor. Od. III, 22, 1 ff. virgo quae
laborantes utero puellas-audis (vgl. Orelli 1295. Junoni Lucinae pro ſilia
partu laborante, aber von zweifelhafter Uechiheit) und Catull. 33, 13 f.,
wo von Diana gefagt iſt: tu Lucina dolentibus Juno dicta puerperis, wo»
bei Juno allgemein zu nehmen if, f. ©. 574. g. E. Vgl. die Stelenfanm-
lung bei Briffoniud de formulis I, p. 59. [W.T.]
Lucinse Oppidum (Ei&dvias nolıs, Strab. XVII, 562.
Ptol. IV, 5. Euſeb. Pr. ev. 1II, 3.), Etadt in hebais, am öffichen Eier des
Nils, mit einem Tempel der Bubaflis, weiber nah Put. de Is. c.73. in
früern Zeiten ſelbſt Menſchenopfer gebradt wurden. Ihre Ruinen und ihre
hoͤcht merkwürdige Nekropolis finden ſic beim Heut. Dorfe El-Kab. Vgl.
Prokeſch Erinnerungen I. ©. 251. Champollion ı 'Egypte I, p- 179.
Seffelben Briefe S. 129. Minutoli S. 394 ff. u. [F.]
Lucius, 2 einer von ben griediiden N klären des Ariſtoteles; «8
werben von ihm arogins zu den Kategorien des Ariftoteled von Eyneflus
Lucopibia — Lucretia geons 1191
ad Aristot. Categ. fol. 15. b. 32. a. ). angeführt. — 2) Ein. Etrurier
‚ucius, ein Anhänger der pyihagoreiihen Xehre, kommt bei Plutarh
Juaest. Symposs. VIII, 7. vor. — 3) Ein Lucius Nero, an welchen Aene⸗
demus (j. Bd. I. S. 163.) feine Pyrrhoniſchen Unterfuhungen richtete,
ei Phot. Bibl. Cod. CCXIH, init. — 4) Lucius von Paträ in Achaja, nach
elchem der bekannte, dem Lucian beigelegte Dialog den Namen trägt (Opp.
I, p. 131. und beſonders $ 55. p. 198. ed. Bip. und dazu Solanus und
jeäner p. 465., |. auch Phot. Bibl. Cod. CXXIX.); ihm wird ein Zaubers
der Feenroman beigelegt unter dem Titel uerauoppwoem» ‚Aoyoı dıapopoı,
a8 welchem Lucian's Schrift ein Auszug, nad Andern eine Nabbildung
yn jol, während Aprulejus aus diefen Zaubermährchen den Stoff feiner
Retamorphofen entnommen haben fol (fiehe Bo. I. ©. 645.). Weil aber
telmchr der Held des Romans (nibt fein Verf.) bei Rufian und Appu⸗
ju8 Lucius beißt, To Hat z. B. Wieland die Eriftenz eined Schrif ſtellers
ucius in Zweifel gezogen , zumal da ſchon Tertullian dad Wort in einem
Igemeinen Sinne von einem finnliden Gelüſten ergebenen Menſchen ges
aut (ji. Apologet. cap. 3.). [B.]
5) Ramrenfabricant, deſſen Name in griechiſcher Form, AOTKIOT,
af einer Lampe von Bartoli's Sammlung (Lucerne T. III. tav. 9.) vor»
mmt. Welder Kunftbl. 1827. Nr. 84. R. Rochette Letire à M. Schorn
. 342. 2te Audg. — 6) Römiſcher Töpfer auf einer Schale im Leidner
"ujeum, Janſſen Mus. Lugd. Inscr. p. 141. und im Münchner Antiqua
um. — 7) Ein Steinſchneider bei Bracci T. II. p. 132. [W.]
Eucopibia (.fovzonudia, PBtol. II, 3.), Stadt der Novantae in Bri-
nnia Barbara, vielleiht der Heutige Marktfleden Newton⸗Stevard in der
ort. Grajihaft Wigtoun an der Mündung des Cree. [F.]
Lucototia, ſ. Lutetia. j
Luerativa res, im Sprachgebrauch der. röm. Juriften etwas ohne
zenes Zuthun und ohne Niflco Gewonnenes, etmad, das mm geffenkt
Eommen bat ober mas als Erbſchaft oder Legat zugefallen ift; vgl. Impp.
reodos. et Val. Cod. X, 35, 1. Daher ex caussa lucrativa acqvirere
iqvid von dieſer Ermerbungsart (Baufl. Dig. XXXI, 89. Ulp. ib. XL, 1,
Tryphon. XLIX, 15, 12 extr.) und bie Ausdraͤcke lucrativa possessio
Ip. Dig. XXIX, 4, 2.) und acgvisitio (ib. XLIV, 4, 4 extr.). [W.T.]
Lucretilis (Horat. Od. I, 17, 1.), ein anmuthiger Berg im Gebiete
e Sabiner, nahe bei der Vila des Horaz, ein Theil des heutigen Monte
mnaro. [F.]
Lucretia gens, pairiciih in ihrem älteflen Zweige, ven Tricipitini.
‚n Ofella (f. Nr. 18.) wird ausdrüdlih angegeben, daß er blos Ritter
vr (App. b. c. 1, 101.), und auch andere Rucreiier betleideten plebejiſche
mter, ſ. Nr. 12. 13. 19.
1) Lucretia, von Numa nad feiner Ermählung zum söm. König
: Semahlin genommen, Blut. Num. 21.
2) Sp. Lucretius Tricipitinus, DBater der Folgenden (Liv. I,
f. Dionyſ. IV, 64 f.), Mitglied des Eenats in Rom (Zonar. VII, 11 ),
ı Tarquinius zum praef. urb. ernannt (Liv. I, 59. g. E.) Tac. Ann. VI,
Dionyf. IV, 82 in.). Im Gonfulat des $. 509 — 245 d. Et. wurde
troß feines hoben Alterd (grandaevus, Oeid. Fast. II, 815.) Nachfolger
2. Junius Brutus, flarb aber nach menigen Tagen noch in demſelben
yre (Cic. de rep. II, 31, 55. Lio. II, 8. Dionyſ. V, 19. Zonar. VH,
Bal. Mar. IV, 1,1.) Nah Dionyi. IV, 76. füprte er auf dad Ins
egnum zwifchen dem Königthum und Gonfulat und war fpäter der erſte
beamtete, er Ar Bunften feines Schwiegerfohng ih zum Bolt
ah, Dionyf. V ) Öffentl
1192 Juoretla gons
3) Lucretia, des Dorigen einzige (vgl. Liv. I, 59. orbitas Trici-
pitini) Tochter, vermählt an 8. Tarquinius Gollatinus. Als vortreffliche
Hauefrau zeigte fie ſich dadurch, daß fie, in Folge einer Wette von ihrem
Manne nebft zwei Prinzen der Königsfamilie überraiht, noch in fpäter Nadı
am Spinnroden fih treffen ließ (Liv. I, 57.). Uber bei diefem Beſuche
ward die Lüfternheit ded einen der Prinzen, Sertuß, gemedt und nad we⸗
nigen Sagen kehrte er heimlih nah Gollatia, wo Lucr. wohnte, zurüd,
wurde als Freund und DBermandter ded Herrn ded Haufed freundlih aufge
nommen, ſchlich ſich aber, als Alles im Schlafe lag, and Bett der Lucr.,
wedt fie, droht ihr mit dem Tode, wenn fie nicht fchweige, und rüdt dann
mit feinem Untrag beraus. Als alles Zureden und Dyoben nit verfüngt,
fo beſtimmt er fle zum Aufgeben des Widerftands endlich dadurch, daß er
neben ihren Leichnam den eined nadten Sklaven zu legen droht, ut in sor-
dido adulterio necata videatur ** (Riv. I, 59.). Am Morgen, als Yary.
die Stadt verlafien, entbietet Lucr. eiligft ihren Vater und ihren @emahl
zu fih: rem atrocem incidisse. (Nah Divnyf. IV, 66. eilt fie — ſehr
paffend — zu Ihrem Vater nah Mom und erzählt vor einer größeren Ver⸗
fammlung — vgl. Eic. de Fin. II, 20, 66. testata cives und Bal. Mar.
VI, 1, 1. in consilio necessariorum — von Zeugen ihre Geſchichte.) Eie
fommen je mit einem Bertrauten (mozu Livius HÖHR unpaſſend den für
* Dionyf. IV, 64, kennt diefe zur Ausmalung bed Charakters ber Lucr. erfen:
nene romantifhe Weranlaffung nicht, fondern läßt nüchterner ben Gert. Tara. bei
Gelegenheit einer amtlichen Anwefenheit in Eollatia der Frau feines Betters Gewalt
antbun; ald Better und Römer Bannte er die Schönheit der Romerin Eucretia längh
auc ohne den abenteuerlichen Nachtritt ded Livins. Ueberhaupt Hält die auch aus⸗
drüdlih anf ältere Quellen ſich berufende Darftiellung des Dionpf. (bie verfificirte
Erzäblung bed Ovid. Fast. II, 719-850 läuft Schritt für Schritt ber Darſtellung
des Liv. parallei) ſich mehrfady näher an die hiſtoriſche und pſychologiſche Wahrfcheins
lichkeit. Nur haben Lucretia's Thürbüter bei ihm einen gar zu ſeſten Schlaf, und
die Rede, bie er den Tarq. Halten läßt, if wie gewöhnlich zu lang und fhufmäfis
Auch ift es fehr unglädlich erfunden, daß er ben Sert. das Dilemma fielen Läht:
entweber ibn erhören und dann feine Braun werden (in legterem Walle hatte es mit
dem Grfteren Leine ſolche Eile); oder ihm nicht erbören und dann fierben. Aut
hätte dad Borhandenfepn eines ſoichen Verſprechens eiuen zwar weniger tragiſcher,
aber mindeſtens ebenfo gründlichen nnd fittlihen Weg zur Sühnung des Frevels gewieſen.
”. An diefem Zuge verräth fih der Urſprung der Darfiellung. Cine Frau vos
foiher spectata onstitas (Liv. I, 58. extr.) durfte nicht fürchten, daß irgend Jr:
mand, und am wenigfien ihr Mann, ſolchem Gerede Glauben ſchenke. Und wer at
einzig und allein der Gemahl hätte ein Recht gehabt, bie Euer, aub wenn er fit
in flagranti ertappt hätte, zu töbten? Wenn Gert. Tara. — und er fonnte ei
allein — fi als ihren Mörder geuannt hätte, fo hätte Jebermann den wahren.
Hergang nicht blos geahnt; benn was hatte erim Schlafgemad, der Ener, zu ſchaffen
Ueberhaupt benimmt fi in ber ganzen Darftellung ber Prinz ziemlich pIumy zu!
ungeſchickt. Aber die Mythe oder ihre Bearbeiter (auch Dionyf. IV, 65. Ovib. Fast
1, 806 f. Zonar. VII, 11. Dio XXXIV, fr. 23, 3. Serv. ad Aen. VIII, 688.
haben diefen Zug) hatten nur das Jutereſſe, Euer. in möglichſt idealem Lichte er:
fcheinen zu laſſen. Durch die blofe Furcht vor dem Tode ſich zu ſchimpflichem Dal
den beſtimmen zu laffen, wäre fehr wenig groß geweien, «6 mußte baber noch der
Hebel ber Furcht vor Schande angefegt werben — und wenn er auc noch fo weni
paffen wollte. Das Factifhe war wonl, daß Euer. am Morgen flärter war, ale is
der Nacht, daß Todetangſt oder Ueberraſchung oder phyfifhe Gewalt (val. Dioayf.
IV, 82. per vim stuprum pati concta, Val. Mar. VI, 1, 1. €ic. de Fin. V, 21
64.) es Über fie gewonnen hatte, Klenze in der Zeitſchr. |. geſchichti. Rechtswigf. VI.
©. 26. denkt fich fogar dieß als möglich, daß Eucr,, vor dem Hausgericht ber Aifiuen
und Cognaten bes Ehebruchs Aberwieſen, um fich ber Streuge diefer Richter zu ent:
siehen , freiwillig ihr Leben geendigt babe. Moralifche Reflexionen flellen über idres
Tob au Diod, fr. 44. bei Mai Nova Collectio II, p. 35 f. und Auguſtin. C. D. I, 18.
ULncretia gone | 4103
3 gehaltenen Brutus wäßlen Iafien muß, um nur das Factum von
ber Betheiligung mit feiner Darflelung zujammenzubringen); nieder»
ı figt fie da, bricht bei ihrem AUnbli in Ihränen aus, erzähl: das
ene und nimmt den Anweſenden den Eid der Rache ab. Als dieſe
tet, erfticht fie fih (Liv. I, 58. vgl. Dionyf. IV, 67.). Brutue
‚mas zunächft perfönlie UAngelegenpeit war, eine politifhe Wen-
) dehnt den Schwur der Made für das, mas ein Pıinz verbrocden,
anze königliche Samilie aus; auch dieſen Eid Teiften die Anweſenden
tia's bluiigem Dolde (Liv. I, 59. Dionyſ. IV, 70 f. Dio Caſſ.
fr. 24, 4., ber fonft den Hergang übereinftimmend mit Livius, nür
ger ſchön, erzählt, läßt die Lucr. ſelbſt geradezu zur Abſchüttlung
ıinitchen Herrſchaft auffordern). Eie ſchaffen ihren Leichnam auf
ft (vgl. Dionyſ. IV, 76.), wiegeln die Collatiner auf und ziehen
der Spite eines bemaffneten Haufend nah Rom, wo Br. die Res
zu Ende führt, f. oben ©. 508. Ein öffentliches Denkmal erhielt
ww nicht (Plin. XXXIV, 13), doch findet file und ihre That auf
ſich Häufig dargeſtellt, f. Lippert Dafıylioth. UI. 1, Nr. 462 f.
r. 10,705—10,713. Die ‚ganze Gruppe bei ihrem Tode iſt nad
Hung des Liv. bargeflellt auf einem neueftend in Rheinpreuden ges
Erztäfelchen, worüber |. &. Lerſch in den Jahrbb. d. Vereins von
den im Rheinlande 1843, II. ©. 107—112. Indeſſen bezweifelt
ird deffen Aechtheit.
[. Lueretius T. F. Tricipitinus (Fast. cap.), Coſ. im J.
246 d. St. (Liv. Il, 8. Dionyf. V, 20.), als welder er bei einem
ı Ausfall auf die Etrusker nor Rom mit befehligee (Liv. II, 11.)
t vermundet wurde (Dionyj. V, 22 f.). Cos. iterum im I. 50%
3. St. mit B. Valerius Poplicola (Liv. II, 16. Dion. V, 40.),
ich en Kampfe mit den Sabinern triumpbirten (Liv. 1. J,
V. 414—43.).
°’, Lucretius (Tricipitinus), von iv. II, 15. in. als Coſ.
07 — 247 d. St. mit P. Valerius Poplicola genannt, während
v, 21. gab die Fast. flatt deö Lucr. den M. Horatiud nennen, f.
. 1462.
„ Lucretius T. F. T. N. Tricipitinus, Coſ. 462 — 292
iv. IE, 8. Dionyf. IX, 69.), ald welcher er einen großen Schwarm
war über die Berge von Bränefte laͤßt, aber die mit Beute Bela⸗
dem Rückweg überfällt und faſt vernichtet (Liv. J. 1.); es wird
r ein Triumph zuerkannt, feinem Collegen nur eine Ovanion (ib. 10.
ayſ. IX, 71.). Bon Livins Darftelung des Verlaufs weit die
vi. IX, 69—71. fo weſentlich ab, daß es fcheint ald fenen nur
Ren Cudpunkte überliefert gewefen: die Bebrohung der Stadt Rom
plündernden Volsker und deren gänzliche Niederlage durch Zucıet.,
end die Audmalung des Detaild, die Motivirung und Uneinanders
Zuthat der Schrififieller if. Im folg. 3. verwendete er ſich Tebhaft
ingeklagten Duintius Caeſo (Liv. III, 12.). Unter den angeſehen⸗
ıtoren, melde im 3. 305 auf Ubihaffung des Decemvirat3 antru>
nt Dioryf. XI, 15 extr. au den 8. Lucretiuß.
P. Lucretius, im 3. 459 — 295 d. St. praef. urbis, 2iv. III,
: Meviceifhe Handſchrift Hat bier p. 1. lucrelius, die Parijer p.
; Nichefsti hat jedoch L. Lucr. in den Text gefegt, mad auf den
au beziehen ‚märe. an
Hostus Lucretius L. F. T. N. (Fast. cons.) Tricipitinus,
3. 429 —= 345 d. St. . IV, 30. n
P-Aucxetius Hazsti goes Vorjgen) F. (Fast. =) „Iriecipi-
x
1198 Lucretin genms
tinus, trib. mil. consul. potest. im 3. 419 — 335 db. ©t. (Liv. IV, 44.
extr.). In diefem Jahr wurde eine gefährlide Sklavenverſchwörung ver»
ratben, T. Liv. IV, 45. Dionyf. Hal. fr. 5. in Mai's Nova Coll. Script.
Vett. II, p. 468. Zum zweitenmal war er trib. mil. (iv. IV, 47.) im
J. 417 — 337.
10) L. Lucretius Flavus Tricipitinus, @of. 393 — 861 ».
St., beflegte vie Aequer, welche Viſellia erobert Hatten, Liv. V, 29. Trib.
mil. cons. pot. im J. 391 — 363 d. ©t., al8 welcher er den Aufırag
erbielt, die Volfinier für ihren Einfall zu züdtigen, mas ihm aud voll⸗
fländig gelang, Liv. V, 32. Er war es wieder im 3. 389 — 366 (Fast.
cap.), zum dritten Mal im J. 383 — 971 d. St. (iv. VI, 21.) und zum
vierten 381 — 373 d. St. (Liv. VI, 22). Nach Plut. Camill. 32. wurde
L. Lucr. gewöhnlid im Senat zuerft aufgerufen (mell er damals G@iner der
Wenigen war, welche dad Gonfulat bekleidet hatten), und flimmte dabei im
3.364, ein Omen ergreifend, gegen die Ueberfiedlung nach Bell (Blut. 1.1.).
11) L. Lucretius, im 9. 218 — 536 vd. St. Quäfter, von ben
Liguriern mit Andern aufgefangen und dem Hannibal zum Zeiden ihrer An»
hänglichkeit an ihn ausgeliefert, Xiv. XXI, 39 extr.
12) M. Lucretius, trib. pleb. im J. 210 — 344 ®. St., Liv. XXVII, 3.
13) Sp. Lucretius, aedil. pleb. im J. 206 — 348 d. ©t., im
folg. 3. Prätor, ald welcher er feinen Poften in Ariminum, d. 5. Galli«
cisalp. (mit zwei Legionen, Liv. XXX, 1.) erhielt, Liv. XXVIN, 38. Im
folg. 3. erbielt ‘er Verlängerung feines Imperiumsd (Liv. XXIX, 13.) und
noch einmal im I. 550, um den Wiederaufbau von Genua zu beforgen,
Liv. XXX, 1. Im I. 200 — 554 d. St. nurde er als Gefandter nad
Afrika geſchickt, Liv. XXXI, 11 extr.
14) C. Lucretius Gallus, im. 181 — 573 d. St. mit E. Ma⸗
tienu8 zum Ilvir navalis gewählt (gegen die Ligurier), Xio. KL, 26. Im
3.383 (171) war. er Prätor (Rio. XLII, 28. 31 extr.) und praef. classis im
Kriege mit Perfeus (Liv. XL, 35. 48. 56. 63. Volyb. exc. leg. 67.
Bonar. IX, 22.), ohne daß es aber zu einer Seeſchlacht gefommen mar
(Bolyb.1.1. extr.); ein würdiger Genoſſe des Gof. P. Licinius (f. S. 1055,
11.) führte er in Hellas den Krieg mit Hubgier und Grauſamkeit; von ber
Beute legte er in Antium eine Wafferleitung an (iv. XLIII, 4). Aber
die Athener (ib. 6.) und Chalkidenſer (ib. 7.) führten bittere Klage über feine
Berwaltung, in Bolge deren Lucr. vom Senat zur Verantwortung aufge:
fordert, von zwei Volkétribunen aber beim Volkegericht angeflagt wurde,
das ihn einftimmig zu einer hohen Geldſtrafe verurtheilte (ib. 8.).
15) M. Lucretius, jüngerer Bruder und Legat des Vorigen (Lir.
XLII, 48. 56.), nachdem er im 3. 171 — 383 d. Et. Volketribun ge:
weien mar und als folder beantragt hatte ut agrum Campanum censores
fraendum locarent (ib. 19.).
16) Sp. Lucretius, Prätor im 3. 172 — 582 d. St. (2iv. ALN,
9 extr.), wobei ihm Hispannia ulterior ald Provinz zufiel (ib. 10.); im
J. 169 — 585 Teiflete er dem of. DO. Marcius Philiprus im Krieg gegen
Perſeus wejentliche Dienfle (ib. XLIV, 7.). Auch war er Mitglied der Ge
ſandtſchaft, welde ums I. 162 — 592 d. St. nad Syrien geſchidt wurbe,
um die Macht des Tortigen Königs zu ıfntergraben, und deren Haupt En.
Octavius war, Polyb. except. leg. 107.
17) Lucretius Vespillo, Aedil im 3.621 (133), vgl. Aur. Bict.
ill. 64, 8: (Tib. Gracchi) corpus Lucretii aedilis manu in Tiberim missum,
unde ille Vespillo dictus.
18) Q. Lucretius Ofella, uriprünglig Marianer (Bell. IE. 27, 6:
Marianarum parlium fautor, wie wohl. ſtatt praetor zu leſen if), gäng aber
Lucretis gens 1195
Eulla über (ib.) und wurde von biefem, obwohl er fi Hi dahin durch
chts ausgezeichnet hatte, aber meil er eben darum williger feinen mochte
io XXXIV, fr. 134.), im 3. 672 mit der Blokade von Pränefle, worin
auch der jüngere Marius befand, beauftragt (App. b. civ. 1,88. Liv. 88.
ut. Sull. 29 extr. Bel. 1.1. Drof. V, 21.). Die Stadt ergab ſich ihm
lich; Marius gab fih den Tod, Lucr fandte fein Haupt dem Sulla und
tete ron den marianifchen Senatoren, welde er in Bränefle traf, den
m Theil, den andern verfparte er dem Sulla (App. I, 94. Aur. Bict.
68, 4. Brontin. strat. II, 9, 3.). Als aber im folg. I. Lucr., obwohl
blo8 Nitter war und die Quäſtur und Prätur noch nicht bekleidet hatte
‚ troß Eufla’8 lex de magistratibus, im Vertrauen auf feine Verdienſte,
t blos aufs Conſulat Anſpruch machte, fondern au nah alter Gitte
angelegentlih beim Volke darum bewarb, gerietb Sulla über dieſe dop⸗
e Unbotmaͤßigkeit in folden Zorn, daß er ihn mitten auf dem Forum
orden ließ nnd fich öffentlih als den bekannte, der den Befehl dazu ge>
en, App. I, 101. Liv. 89. Dio XXXVI, 10. Plut. Sull. 33. comp.
l.c. Lys. 2. As Sulla's Werkzeug bei feiner Ermordung nennt Ascon.
tog. cand p. 92. den 2. Bellienus; er wurbe, bef. auf Bäfard Betreis
‚ wegen biefed Mordes im I. 690 vor Gericht geftelt und veruriheilt,
, XXXVII, 10. Bol. Bo. I, S. 1224. Ob er es if, der von Eicero
t. 49, 178. als Redner concionibus aptior qvam iudiciis charakierifirt
d, if Eritiich wie ſachlich zweifelhaft. '
19) M. Lucretius, Senator, von C. Verres ald Richter nicht res
rt, nodurd auf ihn der Schein von Veftechlichkeit fiel, Cic. Verr. 1,7, 18. -
20) T.Lucretius Carus. Leber fein Leben haben wir bie einzige
iz des Hieronym in Eufeb. Chron. 3. 1918 (Mai N. Coll. VII, p. 364.): T.
r. poeta nascitur; qvi postea amatorio poculo in furorem versus cum ali-
L libros per intervalla insaniae conscripsisset, qvos postea Cicero emen-
t, propria se manu interfecit anno aetatis qvadragesimo qvarto. Siena
e er DI. 171, 2 oder 659 d. Gt. — 95 v. Chr. geboren, fomit 24 Jahre
er als Varro und 11 als Cicero; auch Catull war fein Zeitgenoffe
Ni. War. II, 36, 2. Gornel. Nep. Att. 12, 4.). Geflorben wäre er
tim 3. 703 — FL, mogegen die vita Virgilii dad 3. 699 —= 55 (qvo
Virgilius togam virilem sumsit; — — an sibi ipse manus altulerit in-
am; interiit anno aetatis suae 43.) angibt, daher Lambin willkürlich
Mittelzahl 701 annimmt. Daß Rom feine patria fey, fagt er felbft I,
. Bon unepilurälfger Teilnahme bed L. an der Staatsverwaltung if
is bekannt (unfriegeriich Elingt: svave est belli cerlamina magna tueri
campos instructa tua sine parte pericli, II, I f.), und daß er feine
ſophiſche Bildung in Athen erhalten habe, if nur Murhmaßung. My⸗
lauten die Angaben über feine Najerei und Selbflmorb ; der orthobore
be Eonnte bei dem Gpifurder und „Atheiften“ Feinen anderen Ausgang
ıl8 möglich denfen, und das Poflulirte ward bald Erzählung und Gen
te. So berichtet Pompon. Sabin. ad Virg. Georg. III, 202., 2. habe
»mane getrunfen, und über die Eombination mit Lucilia ſ. oben S. 1188.
n durch das Zufammenfeyn mit der weiteren Notiz von Gicero’8 angeb»
Bearbeitung des luereziſchen Gedichts werben jene verbädhtig; dern da
itle Cic. daron ſchweigt und den Lucr. faſt nie ermähnt, fo kann fih bie
be nur etwa auf ein Giceronifiren des Gedichts beziehen, d. 6. auf eine
e Ueberarbeitung veffelben durch einen Unbekannten, ber die urſprüng⸗
arhalfliihe Diction dem flegreichen ciceronifhen Sprachgebrauche näher
ce. Die Abfaſſung des Gerichts if im Ginflang mit Cic. ad Qvint.
‚„ 11. Lfiche Borbiger’s Abd. p. 116, Note 75.) in die legten Jahre
. saec. zu fegen und demnach Lucr. I, 42—44. auf die clodianiſchen
1196 ‚ Lucretid gens
Parteiungen zu beziehen. Der Titel iſt de rerum natura (vgl. I, 26. und
Zactant Inst. Div. II, 12, 4. Vitruv. de architect. IX, 3.); es ift in
ſechs Büchern vollftindig (der Anfang iſt als folder beglaubigte durch Oeid.
Trist. II, 261. PBıiscian. VII, p. 731. Putſch. vgl. Luer. VI, 938, das
ſechete Buch als letztes durch VI, 92.) — einige Lüden im Gontert aufge:
nommen (au Anführungen von Grammatrikern beweifen, daß die ſechs Bü⸗
ber mehr enthielien, als wir jegt haben, vgl. Eichſtädt p. LIXVf) —
erhalten und an C. Memmius Gemellus gerihtet. Es umfaßt die ganze
Phyſik, Pſychologle und Ethik Epikurs, der Tegtere Theil iR — wohl im
Anflug an fein Original — mehr nur gefegentlih behandelt. Der Zweck
tes Gedichts ift, den Memmius und mit Ihm alle Lefer von der Wahıheit
der epikuriſchen Lehre zu überzeugen und fle dadurch von ber unfeligen Furcht
vor den Göttern und vor dem Tode zu befreien. Daß er für vieien med
die metrifhe Form gemählt Hat, geſchah nur um dadurch die Lehre annehm-
licher zu machen (vgl. I, 935—949, bef. 942— 944.) und fo feinen Zweck
befto ficherer zu erreichen. Hiedurch charakteriſirt fih das Werk ehilich als
Lehrgedicht, und ift fon als ſolches von der Aeſthetik geächtet; aber in
tiefem ale ift der Stoff und die Behandlung überdieß rielfach höchſt ab⸗
flrus, trocken und ungenleßbar. Der Dikter iſt in philoſophiicher Hinſicht
ſelbſt noh Schüler (f. Weber, Horatius S. 33 f.), er ſteht nicht Über fei-
nem Stoffe, kann ihn daher auch nicht frei geflalten, su einem freien Kunſt⸗
werf verwenden, fondern er nimmt ihn nude crude auf und varflficht nur
die überfommenen Säge und Beweitführungen,. die ganz in ter Weiſe einer
Abhandlung numerirt und aneinander gereiht find. Er iſt von feiner Lehre
fo feft überzeugt, daß er mit mirleidigen Behagen dem Irregehen der Ans
bern zufieht (II, 7—13.), und an die Verdienfllichkeit feine® Unternehmens
glaubt er fo fider, daß er Tag und Nacht (T, 143. IV, 966 f.) fi damtt
beſchäſtigt und über alle Schwierigkeiten des Gegenſtandes (IT, 413 ff. 921.)
und ber römiſchen Behandlung (propter egestatem patrii sermönis, I, 140.
832. II, 261.) ſich hinwegſeht aus Hoffnung auf Ruhm (I, 922.), den
er mit feiner liebenswürbigen Naicetät In Anfprug nimmt primum qvod
magnis doceo de rebus et arclis relligionum (vgl. 63 ff. 84 ff. H, &4.,
wo parallel damit mortis timores flehen) animos nodis exsolvere pergo;
deinde qvod obscura de re tam lucida pango carmina, musaeo conlingens
cuncta lepore * (I, 930—933.); au negen der Neubelt feines Beginnent
1, 925—929. vgl. IT, 1023 ff.), welche relativ zu verftehen iſt: für ie
ömer, in der rom. Kiteratur. Denn originell ifl ® nicht: den Stoff Bat
er von @pikur (vgl. IH, 3—6. 9—12. V, 56.; and VI. Beginnt mit einer
Robpreifung deſſelben), die Behandlung Im Ullgemelnen von Empedokles
(vgl. Brunsr p. 35.), die äußere Form von Ennius (val. ih. p. 37—39.);
doch hat er feine Vorgänger mit Friſche und Gewandtheit reprobucirt und
kann eine Bergleigurg mit den etwas ſchwerfälltgen Schriften Cpikurs wohl
ertragen. Da aber von dieſen nur wenig erhalten, fo iſt L. die Hanptquelle
für die Kenntniß des epikuriſchen Syflems. Don diefem Geſicktöpunkt ab⸗
geſehen iſt für und gerade dad, wad ber Dichter nur gefeaentlih gibt und
worauf er weniger Werth Tegt, das Intereflantefle: die Digrefflonen, vie vielen
anziehenden Beihreibungen (vgl. VI, 1143 f.), Bilder und Vergleichungen
[aus dem Bamilienleben I, 938 ff. I, 94 f. III, 907 ff. 9, 223 ff.; Satff-
ru 11,552 ff ), wenn fie ſich auch in engen Kreiſe bewegen, bie lebendigen
* gt. 1, 945, II, SI, uo er vom felutm Avariiügvens cnfmen, feinen svn-
vilugri versus ſpricht, ohRe abet damit eine fwarififene Eigenthamuichkeit ſcner eiges
men Werje, foubern vielmehr eine ige der Werfe Äberhaupt im Gegenfan su
profaifher Ausführung angeben zu wollen. "
Buttetlä gem 4107
gemürhliden Schilderungen (IE, 1163—1169.)- Befonber@ aus ber leb⸗
a Natur (1, 29 ff. 144 ff. 352 ff), worin er mindeſtens von keinem
1. Dichter übertroffen wird (Br. Schlegel, Werfe I. S 107.); auch die
täten am Schluß von IV. find fo ernfthaft und ehrlich geſprochen, daß
feinen gefunden Einn verlegen Tönnen. 2. gehört der Zeit nach zur
oniſchen Periode ber röm. Literaiur; aber er bat die neue Zeit nech
: aneıfannt; er gehört zwar dem Inhalt feined Gedichts nad) ganz zu
aber in der Form zur alten, deren Herbbeit und Härte in Sprache und
bau er beibehält, wohl well ihm die Glätte der neuen Schule no
ſo geläufig war, daß er neben den großen ſtofflichen au tiefe fors
em Schwierigkeiten fih Hätte aufladen mögen; denn daß er abfidılid
n Sıil zurückgeſchraubt hätte (Bruner p. 30, not. 49.) tft von 8. fehr
g glaublid. Als das einzige umfaſſende Werk, welches wir aus der
ı Schule befigen, iſt 2.8 Werk von boprefter Bedeutung. Neben ven
n Wiederholungen, welche 8. in der Weiſe der Epiker begebt (fiche bie
weifungen in Forbiger's Abh. p. IOf Nor. 9.) waren befonders tie
jenmäßigfeiten der Dictien (die fi aber ıheils aus ver Periode ber
dlichen Gährung erflären, in der Xucrerius febte, theils aus Inkonſe⸗
zen der Abichreiber) und Unordnungen in ten Handſchrifen Beranlaffung,
Eichſtädt (S. LXXVITI—LXXXI) und deſſen Andeutungen ausführend
obiger (de Li carmine a scriptore serioris aetatis dehuo pertractato,
, 1824. 8.) eine fpätere licherandeltung des Gedichte annahmen. melde
tipt bald nah Lucr. fißte und als eine wenn au inkonſequente Mio»
rang und Ausfeilung betrachtete, Forbiger aber (p. 121 ff.) ats eine
in der geit des Antoninus Peilofeyhus von einem Epikurder vorge
nene willfürliche und geſchmackloſe Interpolation und Abänderung darftellte,
melde jedoch fo keine rechte Veranlafjung zu entdecken märe und deren
ſhümliche Betreibung einm Mann von ganz beſonderer Ingefchitlicztekt
ıöfegen würde. Man tft daher neuerdings von diefer Annahme abge
in, obwohl die von Drelli und beſonders Madvig (opusc. acad. IH,
. 309.) gemadte Bemerkung, daß alle Codd., vie mir von 2. haben,
inen einzigen Tüdenhaften Cod. als ihre gemeinfame Duelle zurüdneis
— die Möglicgkeit jener Annahme eher vergrößert als mindert. Luer.
e von den nadifolgenden röm. Dichtern ſtark benügt: non verba sola
'ersus prope totos et locos qvoqve Lucretii plurimos sectatum ess®
ium videmus, el. N.A. I, 21. (vgl. Forbiger's Abh. p. 114. Not.
über Catuſl f. Forbiger Net. 71.; Horaz bekundet in vielen Wen⸗
n (bef. cetera de genere hoc; praeterea) und Stellen (f. Forbiger
Not. 73. und dazu Sat. I, 3, 38-40 44 ff. mit Lucr. IV, 1156 ff.
[, 6, 4. mit Lucr. IH, 1040 f.) große Vertrautheit mit 2&. Ein bes
er Verehrer deſſelben war Arnobius, ſ. Eichſtädt p. LXXVIH, Not. 34.
Uterthümler zogen ihn dem Virgil vor (Dial. de oratt. 23.), Voltaire
iderot priefen ibn als eine Art Vorgänger, Moliere und Goeihe (ſ. Kne⸗
Ueberſ. &. XXII. ed. 2) beabfiHtigten eigene Arbeiten über ihn. Ci⸗
immt fehr wenig Notiz von 2. trog feiner fonftigen Borliche für das
hümliche, aber 2. ſteht feiner Zeit zu nahe und der Jüngere hatte
’8 Aratea verrunkelt; nur einmal (ad Ovint. fr. II, 14.) erfennt er
kunſt zu und firicht Originalität ihm ab; Duintil. X, 1, 87. warnt
ler Anerkennung (elegans in sua materia) den Redner, feinen Sprach⸗
aus Luecr. zu fhöpfen, weil deſſen Diction abflract, unporulär und
verſtändlich fey (difficitis). Val. auch O tv. Amor. I, 15, 23. Erst.
1, 7, 76. — Bon Ausgaben gehören biehrr: ed. princeps, Brixiae .
fol. (vgl. Eichſtädi's Prer. Jena 1803 fol). Ald. 1500.4. 1915. 8.
. c. comment. J. B.Pii 15411 fol. €. comm. D. Lambigi, Paris 1564.
1198 Lncreiia gons
1570. 4. Francof. 1583. 8. und oft. c. collectan. Ob. Gifanii, Antverp.
1566. 8. und oft. c. not. Th. Creech, Oxon. 1695, zulegt 1807. 1818.
1.35. c. not. varr. ed. S. Havercamp, Lugd. B. 1725. 4. 2 Voll. ed.
G. Wakefield, Lond. 1796. 4. 3 Bde. Glatg. 1813. 8. 4 Bde. (vgl. Mad⸗
vig 1. 1. p. 306 f.). ed. H. C. A. Eichstaedt, Lips. 1801. Vol. I. (Pro-
legg., Iert, Index); ed.-U. Forbiger, Lips. 1828. 8. (Teubner). c. not.
varr, ed. Lemaire (Paris 1828. S. 2 Voll.), Regnier (Taris 1836. 8).
Neberfegt von K. 2. von Knebel,” Leiyz. 1821 (mit,). 1831 (ohne Tex).
G. F. Schmidt de Lucretio Caro, Lips. 1769. 4. Bayle dictionnaire III,
p. 209—218. (ed 1735), Gichſtädt u. Forbiger vor ihren Ausgg. Nachtrr.
zu Sulzer VI. S. 310-336. Billemain, Nouv. Melanges p. 189— 149.
(ſehr flah und orbinär), Bıuner de carmine didascalico Rom. (Selfingfors
1840 4.) p.20—41. Bähr, ıön. Lit Gel. F. 104—106. (ed. 3.). Madrig
de aliqvot lacunis codicum Lucretii, Opusc. I, p. 305—322. 3. Giebelis
in d. Ziſchr. für Alı.Miff. 1844, Nr. 99—101. und deſſen Qvaestiones
Lucretianae, Lips. 1844. 8. Ueber Lucr. V. 311 ff. ſ. v. Schelling in
den Abhh. ver Berl. Akad. v. 3. 1835. Ueber einige Stellen von Bud 1.
f. 5. W. Alienburg adaotationes ad aliqvot locos Lucretii im Scäleufinger
Progr 1815. 23 ©. 4.
21) Q. Lucretius belangte im I. 700 den Lirind Drufus wegen
praevaricatio, Cic. ad Att. IV, 16. 5, f. oben ©. 1113. Nr. 15. &
mar Eenatömirglied (Cäſ. b. c. I, 18.), fland mit C. Caſſius in freund:
fhafliher Verbintung (Gic. ad Att. VII, 24. vgl. 25., aus dem I. 705),
trat im Bürgerfriege auf die Seite des Pompejus und beiegte für ibn (im
3. 705) Sulmo; als aber vie Thore ber Stadt durch C. A:lus trotz der
fünf Cohorten flarfen Befagung dem M. Untorius geöffnet wurden, fo
floh er (Cic. ad Art. VII, 4, 3.) und nahm fih das Leben, indem «x
fih von einer Stadtmauer herabſtürzte (Cäüſ. b. c. I, 18., wo fend die
narürliche Beziehung ven murus auf die Staptmauer von Sulmo durd die
ausprüdiiche Angabe Cic.'s 1. 1.: Q. Lucrelium Sulmone eflugisse scis —
unmdalih gemacht wird).
22) Q. Lucretius Vespillo, nach Cic. Brut. 47, 178. Zeitgenoſſe
von V. Cethegus (j. Bo. II. ©. 687, 6.) und G. Julius 8. F. (Br. IV.
©. 426, 8.), fomit aus ber fullanifgen Veriode; von ic. 1. 1. als Redner
fo harafterifirt: in privatis caussis et acutus et iuris peritus. Sein Sohn if
23) Q. Lucretius Q. F. Vespillo (Fast. cap.). Bon einem Pom⸗
'pejaner Lucr. Vesp. berichtet Güj b. c. UI, 7. and dem I. 706, daß er
und Minucius Rufus auf Befehl des D. Lilius (5. 727, 7.) mit 18 afla»
ti chen Schiffen in Oricum gelegen feyen, aber es richt gewagt haben, den
Cifar arzigreifen. DO. Lucr. Veſp. wurde im I. 711 proferibürt, hielt ſich
aber von feiner Brau, Namend Ihuria (Mal. Mur. VI, 7, 2.), mit Silie
treuer Sklaven in feinem eigenen Haufe in Nom fo lange verftedt, bis
Freunde feine Streidung aus der Projerikirtenlifte aufgewirft hatten, App.
b. e. IV, 41. Bol. Mar. 1. 1. vgl. Die LIV, 10. «Daher vermutbere
Phil ppus a Turre, daß von der ausführliken Grabſchrift bei Orelli Nr.
4559. Zuer. der Verf und Ihuria der Gegenfland fey, f. Oielli Inser. I.
p. 353.). Im 3. 734 mar er Mitglied der Geſandtſchaft, welche der Senat
an Auzuf nah Athen ſandte, um ihn zur Uebernahme des Conſulate für
ras folg. I. zu beſtimmen. Arguf flug es aber aud und ernannte viel»
mehr ren DO. Lucr. ſelbſt zum Coſ. für 735, Dio 1 1. (wo er im Gontert
D., in ter Inhalisüberſicht aber Lucius genannt wird). vgl. App. b.c. IV.
44 extr. Fast. cons. Eine Münze mit der Inihrift Kuno). S(ospita).
M(agna). R(egina). und auf der Hüdirite Q. Lucreti. Q. F. Vesp:llo führt
Golt auf; ebenfo eine andere Sp. Lucretius Flavus Illvir A. A. A. F. F.
Lucräötus Pagus — Luctus . 4199
E glaubmürbigern Numitmatifern findet ſich folgende: Ti. Caesar Divi
gusti F. Augustus und auf der Rückſeite: Clemente et Lucretio Ilviris;
Raſche II, 2. p. 1849.
Außerdem finder ſich auf Münzen ein Zmelg ber gens mit dem Ramen
o: En. Luer. und (def. häufig) L. Lucrctius Trio, f. Eckhel D. N. V,
23%. Raſche II, 2, p. 1847 f.
Bon ten auf Inſchriften vorkommenden Lucretiern verdienen erwähnt zu
den: L. oder C. Lucretius Fulvianus flamen col. immunium provinc.
tic,, ponlif. perpetuus domus Augustae (®ruter 101, 3. 4.). — M.
r. C. F. Campanae flam. perp. Divi Traiani (ib. 4.). — L. Lucretius
F. Apulus in dem Verzeichniß der Sutriniigen Pontijlces ib. 302, 1.—
Lucretius Q. F. Pal. Qvaest. ab aerario, auf einer zu Rom gefundenen,
p. 1026, 9. [W.T.]
Lucrötus Pagus, nad einer Infährift aus Hadrians Zeiten bei Drei
. 202. ein Gau in Gallia Narbon. an der Gränze des Gebietes von Are⸗
. mit einem Orte Gargarium oder Gargarius; unftreitig bie heut. Ebene
Grau, da Gare. daß heut. Garguies iſt. Vgl. Ufert II, 2. ©. 434. [F]
Lucrina Venus bei Etut. Silv. III, 1, 150. von einem Tempel
Ka elnefee Bol. Martial. XI, 80, 1. litus beatae Veneris
ae. .T. i “
Luerinus Lacus (Mela II, 4, 9. Plin. III, 5, 9. XXXI 2, 18.
9. Geo. IL, 161. Tac. Ann XIV, 3. ®lor. I, 16. u. f. w.), eigenilich
innerfe, nordweKlichſte Theil des zmiichen dem Prom. Misenum und
teoli id tief in das innere Land Campaniens Hineinziehenden Sinus Cu-
us oder Puteolanus, und daher auch von den Griechen Aoxpiros xoAmog
irnt (Strabo V, p. 244. 245.); allein durch einen, urfprünglih wohl
H eine große Naturrevolution entflandenen und fräter durch Menſchenhand
ollſtändigten, 8 Stad. langen Damm, der fih von Baji aus norrönlid
zur gegenüßgiliegenden Küfte 309, vom übrigen Meere getrennt, fo daß
fein Auftern enthaltende Seewaſſer abgerechnet (Strabo am a. O. Hor.
d. II, 49. Martial. VI, 11. XII, 48. XII, 90.), ganz den Gharafıer
3 Landſees angenommen hatte, und daher von den Römern ſteis Jacus,
, (bei Mart. am a. OD.) stagnum genannt wird, obgleih Auguſtus den
nm in der Nähe von Bafä harte durchſtechen laſſen (Dio Caſſ. XLVIII, 50.
t. Aug. 16. Eerv. adVirg. 1.1). Jetzt Ifk der ganze Damm und fomit-
der dadurch gebildete Landſee wieder verfhrmunden, und der Golf von
zuoli bildet nun «in durch Feine Scheidemand unterbrodened Ganzes.
. Mitierl. zu Hor. Od. I, 15, 3. und Heyne zu Birg. 1. 1. Obbar.
vor. Ep. 3, 1, 83. Vol. I. p. 89f. [F.]
Luacrius, leberfegung ded griechiſchen zegdsos, eines Epitheton von
nes; f. Arnob. IV, 132.: qvis est qvi credat esse Deos Lucrios et
drum consecutionibus praesidere ? ®gl. Mercurius. [W.T.]
Leeta, |. Gymnastica und Palaestra.
Luctun. I. Bei ten Griechen, nerdos, merdeir. Leber die ſparta⸗
e Sitte f. Bo. IN. S. 538.; über die attiſche ih. ©. 542. Die ges
ilichſten Zeichen der Trauer waren ein ſchwarzes Oberfleid (Eurip. Hel.
’. Iph. Aul. 1416. %iä. de Nicostr. her. p. 71. Blut. Consol. ad
4.; in Argos jedoch trauerte man durch meiße Kleider, Blut. Qv. Rom.
und Haarſcheeren (Aeſchyl. Choeph. 7. Euſtath. ad Il. II, €. @urip.,
. u. 3jä. 1.1. Athen. XV, p. 675. A. vgl. Plut. Pelop. 33 f. Alex. 72.
d. IX, 24. uf. or. fun. p. 116. Diefe Zeigen wendete man an nit
bei Todesfillen in feiner Familie, fondern überhaupt bei traurigen
iniffen, f. 2of. in Agorat. p. 469. Blut: X oratt. T. IV. p. 365. vgl.
opb. Ach. 1023. — Bei der Kürze diefer Trauerzeit waren Gollifionen
4300 | Luscins
mit etwaiger Wiederverheirathung nit wohl moͤglich; im Algemeinen war |
deuzepos yanog ſchon in den älieſten Zeiten gebräuhlid (ſ. Bauf II, 21,7.)
und geſchah oft in Folge teflamentarifher Verfügung des Mannes oder nad
dem Willen ihres xvoog, vgl. Iſä. de Philoctem. her. p. 149. de Cir.
her. p. 215. Demefth. in Aphob. I, p. 814. ine perfönlide Anſicht iſt
@urip. Troad. 669 f. Nur bei vem Manne welder Kinver hatte verwarf
Charondas dad amıyausir, f. Etob. XLIV, 40. Bol. I. Nicolai, de Grae-
corum luctu, Marburg 1666. 12. [W.T.]
II. Bei den Römern. a) privatus (domesticus, Suet. Tit. 11.).
Ueber den Tod naheflehenvder Familienglieder au Aäußerli zu trauern war
nicht blos uraltes Herlommen, fonbern fogar Geſetz, wie Numa zuerft ver
orbnet haben fol, ſ. Bd. III. ©. 548 f. u. Plur. Ant. 31. Um ſtrengſten
wurde auf bie Trauer der Wittwen gehalten, und wenn eine folde vor Ab»
lauf der 10 Trauermonate heirasbete, fo traf ihren zweiten Gatten und ihren
Bater, fpäter au fie ſelbſt die prätoriihe Iufamie, j. oben S. 150.; es
fei denn, daß dieſe Ehe mit Diipenfation des Kaijerd oder des Senard ge-
Thloffen worden mar, Blut. Ant. 31. Dio Caſſ. XLVIII, 31. 1. 10. D. de
his qui not. (3, 2.). Galigula geftattete das frühere Bingehen eines zweiten
Ghebunded,. wenn die Wittwe nit von ihrem verflorbenen Diann ſchwanger
war, Dio Caſſ. LIX, 7. cf. Paull. I, 21. 13. Vat. fragm. 320. In der
fpäreflen Kaiferzeit wurde die Irauerzeit für die Witwen non 10 auf 12
Monate erhöht, 1. 2. C. de sec. nupt. (5, 9.) Nov. 22. c. 22. G. Dom
©eiffen, ius femin. apud Rom., Trai. ad Rh. 1818. p. 25 ff. Außervem
war von Numa die Trauer um ben Tod ber Eltern und der Kinder verordnet,
f. Bd. III. ©. 549., fpäter auch um die nächſten Cognaten (nit aber um
die Affinen, I. 9. D. de his qui 3, 2.). Die alten Iraueriermine wurden
im Ganzen feflgehalten (1 Jahr d. h. 10 Monate für Eltern und Kinder,
welche über 10 Jahre alt waren), Paul. I. 1.; doch mögen fie unter ben
Kaiſern manche Mopiflcaion erfahren haben, wenigſtens weichen Paull. uns
fragm. Vat. $. 321. in Beziehung auf die Trauer um Kinder von einander
ab; für die Cognaten waren nah Baull.- 8 Monate beftimmt und zwar Alles
bei Strafe der infamia. Allein daß dieſe geſetzliche Strenge nicht praktiſch
geübt wurde, fehen wir fhon aus Gic. p. Clu. 12., und Ulp. I. 23. D. de
his qui (3, 2.) ſpricht jogar die Eltern und Kinder, melde dad Irpuergeieg
Abertreten, von Strafe frei; folglih au die Gognaten. Zwar glaubten
Cuiac obs. XXI, 12. und viele andere bei Schulting ad Pauli. Genanme, die
Stelle Ulp. fei von Tribonian interpolirt, fo daß biefer Die Suafe wegge-
laſſen habe. Allein es if fein Grund, Ulp. Angabe für unächt und Der
fpäteren Zeit angehörend zu erklären, den die Trauer der Gltern, Kinver
und Eognaten war nur ein Belt ver Pietät und des Anflanhes, Map. Ant.
Pius 10., das Trauergebot der Wittwen war für das Civilrecht wichtig.
Darum if es wahrſcheinlich, daß wenn auch die andern Trauergebote nom
Prätor in dad Eoift aufgenommen und mit Infawie belegt mare, fie
doch yprafiiih nicht gehandhabt wurden und daß ſonach Ulpian nen ber
Vraxis ſpricht, während Paul. ſich nur am die Worte des alıen Geſches
hält; f. ©. v. Bynkershoek, obss. iur. Rom. V, 12. Die Männer waren
von jeher nit zur Trauer gerwungen (alio ohne die Strafe der infamia)
und zflegten um Gattinnen, Kinder und Gognaten oft nur wenige Tage zu
trauern, ſ. Bo. II. ©. 549., wo Die Gaſſ. LVI, 43. zu leſen if. ©. auch
Spart. Aut. Ph. 21. u. 1. 9. D. de his qui (3, 2.). Ganz verboten war
bie Ärauer um bie perduellionis dampati (f. memoriae damnatio), um
Feinde und Solche, welche als Angeklagte mala conscienfia Hand an Hd ge
legt hatten ober Überhaupt bie, welche ſich ſelbſt erhängt ‚hattın, Kenn vieje
Kopssart galt für niahrend, 1. 33. D. de zelig. (14, 7.) M. 14. 4. 2.
Luctts 1291
de his qui (3, 2.), Suet Tib 61. Liv. I, 26. Val. Mar. I, 7, 15.
my. ad Vug Aen. XI], 603. Drei inscr n. 4404. M. Tydeman Up.
arcell, Trai. ad Rh. 1762 in Delrichs thes. nov I p 19 ff — Die
Bern Zeiten ver Trauer find: Anlegen ſchwarzer ober sordidae Yestes,
annt lugubria, Varro bei Non Mare. XVI, 13. ae. Ann 111.2 Sur.
‚213. X, 243 ®roper: IV, 7, 27. Tib. III, 2, 16. Dion. VII, 49.
o Guff. XIXXVIII, 14 16. Paul I.T 1 8 D. de his (3, 2.). Als
Mode bunte Bemänder eingerührt Hatte, ware ı and weiße Kleider Trauer»
den, Blut. Qu. Rom 26 (27.). Herod. IV, 2, 6. Stat. silv. III, 3,
f Diefe Art der Trauer bezog ſich auf beine Geſchlechter, das Zerreißen.
Kleider aber vorzugemeiie auf tie Franen doch wird ed euch bei Männern
‚ähnt, 2. B. Enet. Caes. 33. Ner. 42. Dio &-ffj. LVI, 23. Das Ab⸗
en des Schmnckes nift vorzüglich die Fraurn, Liv XXXIV, 7. Dior.
48. VI, 62 ; doch legten au die Männer ihre Rirge ab, Liv. IX, 7.
er. Oct 100 (namentli bei Iuctus publicus) Mid. XIX, 32. Warkien-
en des Baar@ und Bartö hetraf nur Bärner. Suet. Caes. 67. Oct. 23.
24. 2ıv. XXVU, 34. Front strat. IV, 5,6, ebenfo das flrenae Halten
baufe, ohne an Guftmälern Theil zu netmen und ohne Bäder, Iheater ꝛc.
beiden. Cic ad Art. XIE, 13f ac Ann II, 3. IV, 8. Tin. ep.
1? Enmmıd. ep. V.98 IM 21 IX. 11? Pan. I, 21, 14. cf Ener.
. 49. Sen. deck IV, 1. Auch eılo ch daB Feuer des Hrerder, Juo IM,
f. — Neber die Traner der Argellogen f reus. — b) 1. publicus
n. VII, 62 Suet. Caes. 84. Cal 6. 20) wurde het Unglüdzfällen,
de den ganzen Staar betrafen, angeorenet, z. B rah eiıer großen
serlage, Lio. X, 4 IX, 7., nad dem Tod des Kaifers orer kalſerlicher
zen, Cap Ant Phil. 21. Suet. Cal. 24 Xac Ann IV, 8 Dan
en alle öffentliden und PBrinatgeihäite, f. iustitium, die Tabernen waren
Hoffen, Lio. IX, 7., und fpäter fogar tie Iheater, Euſeb. vit Const.
69. p. 169%. Die Coff. ſitzten fi zum Zeiden der Trauer nit auf
rella curulis, fondern anf die gemöhnligen Bärfe, Sac Aon. IV, 8.
@.ff LVI, 31., die Magiftraten legen ihre Inflgnien ab, die Sena:oren
irren in Rittertracht (mutatio vestis; diefed geſchih auch wenn der
at fine Theilnabme an dem Schickſal eines guten Rürgers an den Tag
ı wıllie — gleid jam ala Demorftration und zum Zeichen daß Öflenıliche
ihr drohe — 3 B. als Eicere erilirt werben foll’e f reus) Tac Ann.
1. 2i9. IX,7. Bic.or. p. red. in sen. 5 Dio Gaſſ XL, 46 LVI, 35.
aber eine längere Foriſezung der Öfentliten Trouer von Seiten ber.
mer in vielen Beziehungen höchſt ſtörend genefen wäre, fo wunden nit
ı die Frauen sun dem Senat Beauftrogt, im Namen des Stau'd eine
te Zeit (längfiend I Jahr) au trauern, fo z. B. nab dem Tor des
Fun. Brutuß, det Taler. Borl’cola, des Coriolanie, Liv. IL.7. Dion.
5 VHE, 62. nad der Schiacht bei Cannä, Pir. XXD,A6. Val. Dar.
19., nah Auges und Lvia's Tod u. f m. Bio Euff LVI, 43.
I, 2 — Unter gemifien Umſtänden fonnte ſewehl rie öffentliche als
rirat’rauer unterbrochen nerten. morüber im ius sacrum urd im Her⸗
ıen Beflimmungen erifliten, f. %-fl. v. minuitur luctus p 154. M.;
e öffeniliche, wenn ein Temrel eirgemeibt wurde, wenn das Lufrum
überbaupt hohe reltgiöfe Feierlichkeiten In die Trauerzeit felen. f. Zeh.
auf. v. graeca sacra p. 97. M. Evpart. Ael Ver. 4. Gar. Ant.
21. Tac. Ann Il, 6. cf. Suet. Cal. 6. b) Die Familientrauer
e durch eintretende Häusliche frendige Ereigniffe aufgeboben werden, 3.8.
Geburt eines Kindes, du Rückkehr eines Verwandien aus feindlicher
igenſchaft, Berlobungefeier u. a., ſ. Feſt. v. minuitur. — Die tie
aly, Real-Encyelop. IV. 76
1202 Leoullus — Ludi
Trauer betreffenden Stellen der alten Glafflfer find am volRänrigften ges
fammelt von I. Kirchmann, de funerikus II. c. 17. IV. e. 10—12. ©. au
A. ab Alexandro, dies gen. IN, 7. [F.]
Lueuilas, ſ. Licinii, ©. 1070—1079. und Terentii.
Luctmo, aud Lucomo und fonkopirt Lucmo (Proy. IV, 1, 29.),
etruefifh Lauchme, Bezeiinung der eiruriihen Magnaten, deren nad Serv.
zu Birg. Aen. II, 278. VII, 65. 475. X, 402. zwölf je an der GSrige
eines Staates flanden und von welchen einer über den antern fand. Nach
Varro bei Serv. ad Aen. V, 560. forderte Nomulus Hilfe von ten Lucu⸗
monen, und Genforin. de d. nat. IV, 13. berichtet daß die Lehre des Tages
von den Lucumonen aufgeigrieben morben ſei. Es iR daher Miß erſtändniß
wenn anderswo L. ald @igenname gebraudt wird, wie bei Liv. I, 34.
V, 33. Dionyſ. III, 46. II, 37. vgl. Strabo V, p. 219. Macrob. Sat. 1, 6.
Um das Graffe diefes Mißverflännniffes (vgl. Niebuhr R. ©. I. ©. 419.)
zu mildern vermuthet O. Müller, Etrusk. 1. 6.365 , daß bie ältelen Söhne
der adeligen Familie, weldde durch ihre Geburt einen befondern Anſpruch
auf Beflg und Staatswürben erhalten hatten, vermöge beflen Luchmonen
hießen. — (Nah Feſtus v. Lucumones bedeutete der Räme auch Befeflene.)
Vol. Niebubr R. ©. I. S. 137. ed. 3. und Luceres. [W.T.]
Lucus (Aovxos), der Name mehrerer größtentheil® wohl an heiligen
Hainen angelegter Städte: 1) L. Asturum (A. 'Aorovger, Btol. 11, 6.),
im Norden von Hiſpania Tarrac., höchſt wahrſch. das heut. Oriedo. Bol.
Menulle Esp. anc. p. 154. — 2) L. Augusti (A. Auyovarov, Viol.
IL, 6.), Stadt der Artabri im NW. von Hifpunia Tarrac., am oͤſtlichen Ufer
des Minius und an der Straße von Bracara rad Aflunica (It. Ant. p. 424.
430), Eig eined Obergerichtshofes und wahrſch. söm. Municiplum; jegt
Zuge. — 3) L. Augusti, die zweite Hauptſtadt der Vocontii (Tin. IH,
4, 5.) im Innern von Gallia NRarbonenfls, Öftlid vom Rhodanus, an ber
von Meviolanum über die Cottifhen Alpen nah Vienna und Lugtunum
führenden Heerfiraße (It. Ant. p. 357. It. Hier. p. 556.), ein röm. Muni-
eiplum (Tac. Hist. I, 67.); jet Luc en Die am Drome. — 4) L. Bor
mani (It. Ant. p. 245. ab. Peut.), an der Küfte von Ligwien, 16 Mid.
weſtlich von Albingaunum; vermuthlich das heut. Oneglia. Auf der Tab.
Beut. mündet bei Albingaunum auch ein Fluß Namens Lucus. [F.]
Lucusta (nit Locusta, f. Heimich zu Juvenal H. ©. 62.; gried.
Aovxovor«, Dio u. Zonar.), die Gifimiſcherin, deren ſich Nero und Agrip-
pina bebienten um den Britannicus und Claudius aus dem Wege zu ſchaffen,
&ac. Ann. XII, 66. XII, 15. Gueton. Ner. 83. 47. Die Gafl. LX, 34.
Juv. 1, 71. mit Schol. Galba ließ fie Hinrikten, Die Gaff. LXIV, 3.
Bol. Beckmann, Geiſch. d. Erfind. I. S. 261 ff. — Der Name Luc. findet
fd auch bei Bruter p. 714, 3. 1139, 2. [W.T.]
Ludi. Die Feſtſpiele ter Roͤmer Hatten in der Meligion des Staates
ihre Wurzeln und bildeten einen wichtigen Ihsil bed Cultes. Meligton und
Gultus waren aber mit dem Staarborganiemud der Römer aufs Innigile
verihmolzen. Daher das Ritual der Feſte ebenſo wie dad Grremoniel ver
Dpfer und bed Tempelvienfles ſchen mit der eiſten Eniwicklung des S aa'e#
eine imponirenbe Ausdehnung erlangte und mir jenem Jahrhundert umfaſſender
und glänzender wurde. Bei, ven Nömen zeigte das Heligidie gleih von
Anfang an einen ernfleren Gharafter als bei ven Griechen. Daher aub im
Nitual, In der Ordnung und Function der Prieſter ein feſteres, emfleres
Gepräge. In den fünf erften Jahrhunderten des Staates walırte im Alge-
meinen heilige Scheu und Ehrfurdt vor dem Wöttligen. In ter folgenden
Beit behaupteten wenigften® die alten Satzungen, Inftitute und Bröute ihre
Retige Geltung, wenn au das Bemäh nit mehr in gleicher Weile von
Ladi (Apollinares) | 4203
fem religiöfem Ernſte ergriffen wurbe. Denn ber Gtaat war in jenen
rmen gleihfam aufgewachſen und fein Organismus, namentlih in Ge⸗
ltung und Bfliekerung der Priefterorben, mit jenen durch und durch vers
ıhfen. Go dauern die aften religiöfen Riten und Gäremonien größtentheils
I zur Einführung des Chriſtenthums fort: ja fle ringen noch mit biefem
ige Zeit um die Herrfchaft, bis jene®, als Staatereligion aufgenommen,
n Siege gelangte. Namentlich behaupteten bie Zeftipiele der Roͤmer größten»
ils ihre Geliung bis in die fpätefle Kaiferzeit. — Die römifchen Iudi
blici ® zerfallen zunäckſt in ludi stati, in votivi und extraordinarii. Nach
halt und Local waren fle in circenses, gladiatorii, scenici abgetheilt,
(fe ſich nah und neben einanter in den verſchiedenſten Formen entwidelten.
Betieff des Raumes bat Gicero de legg. II, 15. die ſämmtlichen Spiele
Nömer in die des circus und die der cavea geſchieden: Jam ludi publich,
yniam sunt cavea circoque divisi, sint corporum certationes, cursu et
zilatione et Iuctatione curriculisque equorum usque ad certam victo- -
n in circo: in cavea, canlus voce ac tibiis etc. Bier find die ludi gla-
torii, melde ganz eigentlih der cavea angehören, nit erwähnt. Eine
ıere Abıbeilung biefer Art ift bie des Auguflinus: Voluptates eirci fu-
tis, caveae insanientis, scenae lascivientis (de civit. II, 6. VI, 7.).
r haben mir den circus, bie cavea, die scena, d. b. Gircus, Amphi⸗
er, Theater. Hierin find alle ludi der Römer enthalten. Die wichtigſten
tömitden ludi publici ‚find: |
1) Ludi Apollinares. Ben Ürfprung biefer Spiele erzählt Liviud
[V, 12.) in folgender Wette: Im Verlauf des zweiten punlidden Krieges
en die Echeriprüche eined Marciuß, Carmina Marciana, zu einer befondern
'brirät gelangt. Einer jener Auoſprüche harte fi auf bie Niederlage bei
mä bezogen und war eingerroffen. Man hatte jene® carmen jedoch erft
) den erlittenen Unglück aufgefunden. Gin andered carmen jened Vared
g fih auf die rölige Beflegung und Bertreibung der Punier, wenn die
ner zu Ehren des Apcllo Griele anordnen würten: Hostem Romani si
ere vultis vomicamque quae gentium venit longe, Apollini vovendos
;eo Iudos, qui quotannis comiter Apollini fiant etc. iv. 1.c. — Der
alt dieſes Ausſpruches wurde im Genate berathen und die Bäter bes
'5en Apollini ludos vovendos faciendosque. Liviuß fügt 1. c. zu feinem.
‚&te bınzu: Ludos praetor in circo maximo quum faclurus esset edi
ut populus per eos ludos stipem Apollini quanlam commodum esset
erret. Haec est origo ludorum Apollinarium, victoriae non valetu-
ı ergo, ut plerique rentur, votorum: factosque populus coronatus
tavit: matronae supplicavere: vulgo apertis ianuis in propatulis epulati
celeberque dies omni caerimoniarım genere fuit. Dies geihah 540
st. (214 v. Ehr.). Im folgenden Jahre (541) wurden diefe Spiele auf
Zeiten gelobt: senatus decrevit ut in perpetuum voverentur. Liv.
I, 23. Dennod finden wir ib. XXVII, 11., daß fle im Jahr d. Et 543
Neuem gelobt werben: et decretum ut C. Hostilius praetor ludos
linẽs sicut his annis voti faclique erant voveret facereique. Im 3.
d. St. werben fle jedoch nechmals in perpetuum vovirt, Liv. AXVII, 23.
3. 550 v. St. mußten fle wegen Ausıretung bed Tibers am G.Nini-
JThor bei dem Tempel der Venus Erycina veranflaliet werden. Allein
m feflgefegten Tage ter Simmel fehr heiter geworden, wurbe bie pompa
auf dem gewöhnlien Schauplatze (circus) aufgeführt, Liv. XXX, 38.
Ueber bie ladi privati der Griechen und Nömer f. bie einzelnen Artitel.
alea, Jatrunculorum ludus, ludus XII scriptorum (chen ©, 826.), cottabus
11. ©. 1305f.), par impar ludere, pila, micare u. a. [W.T.]
4204 | Lada (Capitolini, Floroles)
Im 3. 562 d. Et. fand während der Beier bieler Sriele (ante diem quin-
tum Idus Quintiles) eine Sonnenfinfernid Statt, Liv XXAVIL 4. Eie
behaupteten ſich bis in vie ſpäie Kaiſerzeit. Cicero erwähnt viejelben mehr⸗
mule. Als fie vom Prätor 6 Sulriciue Gallus angeorduet wırden, farb
Eunius, nachdem er bei der Beier derſelben feinen Thyeſtes zur Aufführung
bracht harte (I 585 d. ©ı.), Cic. Brut. c. 20. Daß fle zur Zeit des
icero no fiierlid begangen nurren, eihellt aus ad At. XVI, 4., wo er
eine venalio era ähnt / quae postridie ludos Apollinares. futura erat. Daß
mit den ludi Apollinares au Circenses verbunden waren läßt ih ſchou
- daraus abnehmen daß fle im Circus maximus begangen nurben. Gebr bes
fſtimmt gebt Died auch aus einer Bemerkung des Ariſtides kervor, werürer
Bılerger de circo Rom. ludisque Circ. p. 616. Thes. Gron. T IX., und
aud Dio Cafſ. XLVI, 19. Daß fceniihe Spiele Statt fanden erbellt
doraud daß Ennius feinen Thyeſtes bei dieſer Frier aufführte, und aus Cic.
ad Aut. It, i9.: Iudis Apollinaribus Diphilus tragoedus in nostrum Pom-
peium petulanter invectus est: Nostra miseria tu es Magnus, millies
Goaolus est dicere. Da der Beburtdiag des Jul. Gäfar gerade in die ludi
Apoll fiel, fo wurde nah Ermordung deilelben ver Tag vor tiefem Befle
von den Triumvirn zur Frier des bezeihueten natalis beflimmt, weil ein
ODrafeljur ich verbot während ver Feier des apolli ijden Feſles einem andern
Gotie zu Ehren ein Feſt zu begehen, Div Caſſ. XLVII, 18. — Daß die ludi
Apollinares no fpät zur Zeit der Kater Alexanter Sererus, Wariminus,
des Maximus und Balbinus feierlich bega: gen wurden derichten Al. Lam⸗
yrioiuß (vit. Alex Sev. c 37. p. 951. Ser. hist Aug. T. 1) und Jul.
Gapitrlinus (vit. Maximi et Ba!b. ec. 1 p. 138. T. II. Ser hist. Aug.).
2) Ludi Capitolini. Die erſte Erwäbnung derfelben finden wir bei
Liv. V, 20. Nachdem näm:ih Camill is die Gallier keflege und auigerieben
uud Mom niedergemonnen harte beanragıe er unter Anderem daß die ludi
Capitolini eingengt würten, quod Juppit r oplimus maximus suam sedem
alque argem populi Romani in re trepida tulatus esset. Mertwũrdig if
ober daB dieſe Spiele bei Livius nicht wieder zum Vorſchein fommen, da
die ühbrigen älte en ludi jehr oft erwähnt werden. In der Kaiferzeit finden
wir ein certamen Capitolinum, einen agon Capitolinus, welches Feſt aber
mir jenem äleren des Yırtus nichts gemein gehabi zu haben ſcheint. Ob
Tacitus XIV, 22. ſich auf dad Legtere beziehe bleibt unentigieden. Dagegen
erieben wir aus Suet. Dom c. 13. 4 das certamen Capitolinum unter
Domitian mu großer Feierlichkeit begangen wurde. Dieſe Sriele werden
als quinquemales bezeichnet. ch. Genjorin. de die nat. e. 3. Onuphr.
Panvin de lud. Circ. U. p. 289. Thes. Graev. T. VIII. ine genauere
Darftellung dieſes Agond erhalien wir au durch Herodian. I, 9, 2., welcher
eine unter Gommodud begangene Feier erwähnt. Wir fehen aus feiner Dar⸗
Rellung, daß diefe Spiele gymniſche und feenifche oder muſlkaliſhe Weit:
kämpfe umfahten und mic einem der Hauptſtadt mürbigen Glanze begangen
wurden. Auf bdiefelben Spiele bat Gaiaubonus auch eine Stelle des Jul.
Capitolinus bezogen, in welcher die ludi scenici erwähnt werden (vit. Max.
et Balb. ec. 14. p. 156. Scr. hist. Aug. T. I).
3) Ludi Florates. Dieſe Spiele wurden im Jahr d. ©t. 516 ein-
gelebt, und zmar nad einem Ausſpruch der Gibylla, ut omnia bene de-
forescerent. Sie wurden zu Ehren der Flora in den erflen Tagen des Mai
Hefeiert damit die Göttin huldreich das Gedeihen der Blumen oder die
Fruchibarkeit der Pflanzenwelt überhaupt befdrvdern möchte. Sie wurden im
Circus Floralis begangen, von wilden noch einige ileberreſte vorhanden
find. Pıliius XVII, 69, 3. ermähnt drei von ven Vorfahren ringereg:e
Öcfte, die Rubigelia, die Floralia, die Vinalia. Tria namque tempora früc-
. Imdi (Magei) - 1208
us meluebant, prapler quod ınslituerunt ferias diesque festos, Rubi-
ia, Floralia, Vinalia. Vgl. Plin. I. ce, welder aus Baıro weitere afro=
wiibe Mitiheilungen hierüber madı. Während. der K.ierzeit finden wır
Floralia öfter8 erwähnt. Die Kirchenvärer berühren die Ausgelafle beit,
I#e bei dieſen Spielen Statt finden. ©. Buleuger de Theatro b p. 926.
äs. Thes. T. IX. Ueber den Tempel der Blora ſ. Tac. Aun. 11,49. u.
.ıben Bd MI. S 439 f.
4) Ludi Juvenales, f. Juvenalia ©. 687.
9%) Ludi Magni. Livius (II, 36.) ermähnt ihre Beier zuerft im 3.
Si. 2u3, und zwar ex inslauratione, weil bei einer ber its begangenen
re eine Entuſeihung Statt gefunden hatte. Vor dem Bıgın der Spiele
: namlih ein Sclave unter der furca über den Circus Maximus bin ges
ben und mit Schlägen gezüttig: worden. Hierauf war, wie «8 beißt,
piter dem Tib. A inius ım Traume erichieneu und hatte ihm gemelogt:
ludis praesultorem displicuisse: nisi magnifhice inslaurarentur hi-ludi
ieulum urbi fore: iret, ea consulibus nuneciaret (Lio. I. c.). Dieſe
iele wurten nun von Neuem felerlikit begangen. bei weldet Beier eine
nge Volsker gegenwärtig war (Rio. II, 37.). Mit einigen Abmeihungen
cdien dieje Begebenheit Cicero de divinat I, 20. und Bal. Mar. 1,7. 4.
ro bezeichnet jene Sriele ald ludos votivos maximos, Valer. dag:gen
ludos plebeios. Ueber die genannte Beier berfelben ex instauratione
und, Dionyf. ven Hal den ausführlichiten Bericht, weil er darauf auds
z, bei ren Römern überall griekinhe Sitten und Bräuche nachzueiſen
er in deien Spielen jolde zu flıden glaubte. Nach jeiner Angube waren
: Spiele von den Dictator AU Poſtumius im Kampfe mit ven laseinifhen -
fe jdaf.en gelubi worden, welde von Rom abaefallen waren und den
rıebenen Tarquinius Superbus wieder in ieine Eöniglihe Würde einzu»
» fid bemühten. Nach jenem Berichte wandte man jährlid auf dieſe
fe und die damit verbundenen Opfer 9:0 Minen Silber. bie zum Beginn
puniſchen Küege (Dionyſ R. A VI, 66). Den Aufang ver Fefñlich⸗
n bildete ein feierliher Aufug vom Capitol aus über rad Korum nad
Circus Maximus. In tierer Bumpa that ſich die männlide Jugend
or, bie Söhne der Patricier, der Sena'oren und Riſter, weiche zu Nop
erzogen Die übrigen iheilnehme den Bürger waren nad militäritcher
ie in alas, centuriss, classes, ordines abgeiheilt und bildeten io einen
dmeten Zug. Dara:f filg ei Viergeipanne, Zweigeſpanne und Kele:is
25 uächſt vieſen die Athleren für ſchwere und leihte Kampfarten, wit
Öutens Kö:per, nur die Hüften mic einem Perizoma umgärtet. Auf jene
sten folgten Chöre ber saltatores, welche ın drei Ab heilungen getheilt
n, in die des Männer, der Jüuglinge, der Knaben (Dionyfius har bier
ie griechiſchen Chöre der aröpes, dir ayaracı, Der nuidsc gebucht).
R diefen kamen die Flötenbläſer mir altertyümlihen Eurzen Ylöten und
JitHarfpieler mit der Eyra und dem Barbiton. (Dionyjius beſchreibt nun
Drnat Biejer Chöre in Kleivung und Waffen, fo wie die Rhyihmen
Mimik und fiidet aud hierin alıgriegifhe Sitte.) Auf jene Ehöre
n nun wiederum Githariflen und Floötner. Dann traten Andere einber
joldnen und flibernen Weihnauchpfannen und mit den Öffentlichen Heilig⸗
een. Den Schluß diefer Pompa machten die Bildnifje der Bötier, welche
en Säultern getragen wurden. Diele simulacra hatien diejelde Geſtalt
e ihnen die Griechen zu geben pflegen. Nah Vollendung dieſes erſten
Ken Actes wurden in Gegeuwart der Gonfuln, der Briefler und Aruſi ices
Ipferihiere geſchlachtet. Hierauf fanden die eigenilihen Spiele Stait,
Saupubheil im Berennen der Viergeſpanne, Zu eigeſpaune umd ein⸗
204 Lada (Capitolini, Floreles)
Im 3. 562 d. &t. fand während ber Zeiler bieler Spiele (ante diem quin-
tum Idus Quintiles) eine Sonnenfinferuig Statt, Liv XXAVI, 4. Eie
behaupteten fi bis in bie jpäre Kaiſerzeit. Cicero erwähnt viejelben mehr»
mulse. Als fie vom Brator C Suhirtut Galus angeordnet wurden, Raıb
Cunius, nachdem er bei der Beier derſelben feinen Thyeſtes zur Aufführung
ebracht harte (3 585 d. Si.), Cic. Brut. c. 20. Daß fle zur Zeit des
icero noch fFrierlid begangen nurren, eihellt aus ad Att. XVI, 4., wo er
eine venatio erwähnt, quae postridie ludos Apollinares futura erat. Daß
mit den ludi Apollinares au Circenses verbunden naren läßt ſich ſchou
- daraus abnehmen daß fle im Circus maximus begangen uurben. Gebr be»
ſtimm geht Died auch aus eirer VBewmerfung ded Ariſtides kervor, wrrürer
Bıllerger de circo Rom. ludisque Circ. p. 616. Thes. Gron.T IX., und
aud Dio Cafſ. XLVI, 19. Daß fceniihe Spiele Statt fanden erbellt
daraus daß Ennius feinen Thyeſtes bei diefer Feier aufführte, und aus Eic.
ad Aut. Il, 19.: ludis Apollinaribus Diphilus tragoedus in nostrum Pom-
peium pelulanter invectus est: Nostra miseria tu es Magnus, millies
coaclus est dicere. Da der Geburtsiag des Jul. Cäfar gerabe in die ludi
Apoll fiel, fo wurde nad Ermordung deſſelben der Tag vor viefem Hefe
von den Triumvirn zur Beier des bezeichneten natalis beflimmt, weil ein
Orafeliprich verbot mäbrenn der Feier des apolli ijden FeRes einem andern
Gotie zu Ehren ein Feſt zu begeheu, Dio Guff. XLVII, 18. — Daß die ludi
Apollinares noch fpät zur Zeit der Kai er Alexander Sererus, Mariminus,
des Maximus und Balbinus feierlich begangen wurden derichten AL Lam⸗
vridius (vit. Alex Sev. c 37. p. 951. Ser. hist Aug. T. 1) und Jul.
Gapitrlinus (vit. Maximi et Ba!b. e. 1 p. 138. T. II. Ser hist. Aug.).
2) Ludi Capitolini. Die eıfie @rmäbnung derielben finden wir bei
Liv. V, 20. Nachdem nämih Camillis die Gallier teflegı und auiger ieben
und Mom niedergemonnen hate beanragıe er unter Anderem daß die Audi
Capitolini eingengt würten, quod Juppit r oplimus maximus suam sedem
alqus argem populi Romani in re trepida tulatus esse. Mertwürrig ik
ober daß dieſe Spiele bei Livius nicht wieder zum Vorſchein fommen , da
die ührıgen Alte en Audi jehr oft erwähnt werden. In der Kaiferzeit finden
wir sin certamen Capilolinum, einen »gon Capitolinus, welches Feſt aber
mir jenem älıeren des Yırluß nidts gemein gehabt zu haben ſcheint. Ob
Tacitus XIV, 22. ſich auf pad Leptere beziehe bleibt unentichieden. Dagegen
exieben wir aus Suet. Dom c. 13. Wi: dae cerlamen Capitolinum unter
Domitiun mu großer Feierlichkeit begangen wurde. Dieje Sricle werden.
ald quinquennales bezeichnet. ch, Genivrin. de die nat. e. 3. Onurbhr.
Panvin de Iud. Circ. Il. p. 288. Thes. Graev. T. VIII. Gine genauere
Darflellung diefes Agons erhalien wir auch durch Herodian. I, 9, 2. welwer
eine unter Commodus begangene Beier erwähnt. Wir fehen aus feiner Dar⸗
Rellung, daß diefe Spiele gymniſche und feenifche oder mujlkaliige Bett:
kämpfe umfahten und mic einem der Huuptflabt mürbigen Blanze begangen
wurden. Auf diefelben Spiele bat Gaiaubonus auch eine Stelle des Jul.
Capitolinus Bezogen, in welcher die ludi scenici erwähnt werben (vit. Max.
et Balb. e. 14. p. 156. Scr. hist. Aug. T. II).
. 9) Ludi Florates. Dieie Spiele wurden im Jahr d. Gt. 816 ein-
gelegt, und zwar nah einem Ausſpruch der Gibylla, ut omnia bene de-
forescerent. Sie wurden zu Ehren der Blora in den erflen Aagen des Mai
gefeiert damit die Gönin huldreich das Gedeihen der Blumen oder die
Fruchibarkeit der Pflanzenwelt überhaupt bejdrdern möchte. Sie wurden im
ircud Floralis begangen, von wilden noch einige Neberreſte vorbanden
find. Vlinius IV, 69, 3. erwähnt drei von ten Vorfahren ringerepie
Feſte, die Rubigalia, die Floralia, die Vinalia. Tria namque tempora fruc-
Ludi (Msgei) - a
s meluebant, proptor quod ınslituerunt feriss diesqus festor, Rubi-
ı, Floralia, Vinalia. Vgl. Plin. 1. c, welcher aud Baıro weitere adro-
be Ditibeilungen hierüber madı. Während, der K.ierzeit finden wır
Floralia öfter8 erwähnt. Die Kirchenvärer berühren die Auagelafle heit,
be bei Liejen Spielen Statt finden. ©. Bulenger de Theatro b p. 926.
». Thes. T. IX. Ueber ven Tempel der Flora f. Zac. Aun. 11, 49. u.
ıben Bd DI. S 439 f.
4) Ludi Juvenales, f. Juvenalia S. 687.
5) Ludi Magni. Lioius (II, 36.) erwähnt ihre Feier zuerft im I.
t. 203, und zmar ex instauratione, weil bei einer ber its begangenen
: eine Eatweihung Statt gefunden hatte. Vor dem Bıgiun der Spiele
namli ein Sclave unter der furca über den Citeus Maximus bin ges
m und mit Schlägen gezürtige worden. Hierauf war, wie es heißt,
irer dem Tib. A inius um Iraume erſchienen und hatte ihm gemelogt:
Iudis praesultorem displicuisse: nisi magnifice instaurarentur hi- ludi
ulum urbi fore: iret, ea consulibus nuneiaret (Liv. I. c.). Diele
le murden nun von Neuem feierlichſt begangen, bei welcher Beier eine
ze Bolefer gegenwärtig war (Lin. II, 37.). Mit einigen Abweichungen
sen dieſe Begebenheit Cicero de divinat I, 26. und Bal. Mar. I,7.A.
o bezeichnet jene Sriele ald ludos votivos maximos, Valer. dag:gen
udos plebeios. Ueber die genunnte eier verfelben ex instauratione
und, Dionyſ. ven Hal den ausführlichſten Bericht, weil er darauf auds
. bei ren Röuiern überall griediide Sitten und Bräuche nachzuweiſen
r in deien Spielen jolde au fiıden glaubte. Nah feiner Angube waren
Spiele von dem Dictator A Poſtumius im Kampfe mit den laseinifhen -
ſhaf.en gelcbi worden, welde von Nom abaefallen waren und ben
ebenen Tarquinius Superbus wieder in seine Eöniglihde Würde einzu»
fi bemühten. Nach jenem Berichte wandte man fährlih auf bieie
e un» die damit verbundenen Opier 0 Viren Silber. bis zum Beginn
uniten KRuege (Dionyſ R. A VI, 66). Den Anfang ver Feflich⸗
bildete ein feierliher Auf,ug vom Gapitof aus über rad Korum nad
Fircus Maximus. In tierer Bompa that ſich die männlide Jugend
-, zie Söhne der Batricier, der Senaroren und Riſter, weiche zu Nop
wgen Die Übrigen iheilnehme den Bürger waren nad militärischer
in alas, centuries, classes, ordines ubgerheilt und bildeten io einen
tn Zug. Dara:f flyer Viergeipanne, Zweigeſpanne und Kele i⸗
; nächft dieſen die Athleren für ſchwere und leichte Kampfarten, mit
ztem Körper, nur die Hüfıen mi einem Perizoma umgürtet. Auf jene
m folgten Chöre der saltatores, melde ın drei Ab heilungen getheilt
‚ in die der Mänuer, der Jünglinge, der Knaben (Dionyflus har bier
griechiſchen Chöre der aröpeg, dir ayarasoı, der nwiöss geduhs).
biefen kamen die Plötenbläfer mit alterthümlichen kurzen Blöten und
‚Harfpieler mit der Lyra und dem Barbiton. (Dionyjiud beſchreibt nun
nat dieſer Chöre in Kleivung und Wallen, fo wie die Rhyihmen
MNimik und findet aud hierin aligriechiſche Sitte.) Auf jene Chöre
nun wiederum Githariflen und Flötner. Dann traten Andere einber
fonen und flibernen Weihrauchpfannen und Mit den Öffentlihen Heilig⸗
n. Den Schluß diefer Pompa machten die Bildniffe der Bötter, melde
ı Säultern getragen wurden. Dieje simulacra haren diefelbe Geſtalt
ihnen die Griechen zu geben pflegen. Nah Vollendung dieſes erſten
ters Actes wurden in Gegenwart der Konfuln, der Prieſter und Aruſi ices
ferihiere geſchlachtet. Hierauf fanden die eigentlihen Spiele Statt,
daupuheil im Wenmennen der Viergefpanne, Zu eigeſpaune und eine.
24. Lmdt (Capitplini, Floreles)
Im 3. 562 d. Et. fand während ber Beier dieſer Spiele (ante diem quin-
tum Idus Quintiles) eine Sonnenfinfleruig Statt, Liv XXAVIE 4. Eie
behaupteten fi bis in die ſpäte Kaiſerzeit. Cicero erwähnt viejelben mehr»
mul. Als fie vom Brator C Sulrickue Gallus angeorbuet wurden, flaıb
Cunius, nachdem er bei der Feier derſelben feinen Thyeſtes zur Aufführung
ebracht hatte (3 585 d. ©ı.), Eic. Brut. c. 20. Daß fle zur Zeit des
icero noch fiierlid begangen nurren, eihellt aus ad Aut. XVI, 4., wo er
eine venalio era ähnt / quae postridie ludos Apollinares futura erat. Dos
mit den ludi Apollınares auch Circenses verbunden waren läßt ſich ſchou
- daraus abnehmen daß fie im Circus maximus begangen nurben. Gebr be»
ſtimme gebt dies auch aus eirer Bemerkung des Ariſtides kervor, werürer
Bulerger de circo Rom. ludisque Circ. p. 616. Thes. Gron.T IX., und
aud Dio Cafſ. XLVU, 19. Daß fceniihe Spiele Statt fanden erbellt
daraus daß Ennius feinen Thyeſtes bei dieſer Feier aufführte, und aus Cic.
ad Aut. If, 19.: ludis Apollinaribus Diphilus tragoedus in nostrum Pom-
peium petulanter invectus est: Nostra miseria tu es Magnus, millies
coaotus est dicere. Da der Beburtäing des Jul. Cäfar gerade in vie ludi
Apoll fiel, fo wurde nah Ermordung deſſelben der Tag vor dieſem Befte
von den Triumvirn zur Feier des bezeihueten natalis beflimmt, weil ein
Orafelfpr ich verbot während der Beier des apolli iſchen Feßes einem andern
Gotie zu Ehren ein Feſt zu begeben, Dio Gufl. XLVI, 18. — Daß vie ludi
Apollinares no fpät zur Belt der Kater Alexander Sererut, Mariminus,
des Morimud und Balbinus feieslid bega: gen murden derichien Al. Lam⸗
yrioiuß (vit. Alex Sev. c 37. p. 951. Ser. hist Aug. T. I) und Jul.
Gapitrlinus (vit. Maximi et Ba!b. e. 1. p. 138. T. I. Scr hist. Aug.).
2) Ludi Capitolini. Die erfie Erwäbnung derielben finden wir be
Liv. V, 20. Nachdem näm:ih Camillis die Gallier beſtegt und auigerieben
uud Mom niebergemonnen hate beanragıe er unter Anderem daß die Audi
Capitolini eingengt würten, quod Jupjit r oplimus maximus suam sedem
alqus argem populi Romani in re trepida tutatus esset. Merfwürrig if
aber daB dieie Spiele bei Livius nicht wieder zum Vorſchein fommen , da
die ührıgen Alte en Audi jehr oft erwähnt werden. In der Kaiferzeit finden
wir ein eertamen Capitolinum, einen »gon Capitolinus, welches Feſt aker
mir jenem äleren des Yıriuß nichts gemein g.habı zu haben ſcheint. Ob
Tacitus XIV, 22. Ay auf das Legtere beziehe bleibt unentichieden. Dagegen
erieben wir auß Suet. Dom c. 13. I: das certamen Capitolinum unter
Domitiun mu großer Belerlicgkeit begangen wurde. Dieje Sriele werden
ald quinquennales bezeichrer. ch. Genjorin. de die nat. ce. 3. Onurhr.
Panvin de lud. Circ. U. p. 288. Thes. Graev. T. VIII. Gine genauere
Darftellung dieſes Agons erhalten wir au durch Herodian. I, 9, 2., mwelder
eine unter Commodus begangene Beier erwähnt. Wir fehen aus feiner Dar⸗
Relung, daß dieſe Spiele gymnifte und fcenifche oder muillaliide Veit:
Fämpfe umfaßten und mir einem der Hauptſtadt mwürbigen Glanze begangen
wurden. Auf diefelben Spiele hat Caiaubonus auch eine Stelle des Jul.
Gapitolinua bezogen, in welcher die ludi scenici eswähnt werden (vit. Max.
et Baib. e. 14. p. 156. Scr. hist. Aug. T. I).
3) Ludi Florates. Dieie Spiele wurden im Jahr d. Gt. 816 ein⸗
geſetzt, und zmar nah einem Ausſpruch der Sibylla, ut omnia bene de-
florescerent. Gie wurden zu Ehren der Blora in den erflen Tagen des Mai
gefeiert damie die Göttin Huldreih das Gedeihen der Blumen oper Die
Fruchibarkeit der Pflanzenwelt überhaupt beidrdern möchte. Sie wurden im
Circus Floralis begangen, von welchem noch einige Ueberreſte vorhanden
finds. Plinius XVII, 69, 3. erwähnt drei von ten Vorfahren ringereg:e
Beſte, die Rubigalia, die Floralia, die Vinalia. Tria namque tempora fruc-
mdı (Msgpi) - gen’
s meluebant, propter quod ıaslituerunt feriss diesqwe festor, Rubi-
ı, Floralia, Vinalia. Vgi. Plin 1, c, welder aud Baıro weitere aro=
ibe Diitheilungen hierüber madt. Während. der K.ierzeit finten wır
Floralia öfteis erwähnt. Die Kirdenväsr berühren die Auagelafle heit,
de bei dieſen Spielen Statt finden. ©. Bulenger de Theatro bp. 926.
». Thes. T. IX. Ueber den Tempel der Flora f. Tac. Aun. 31, 49. u.
ıden Bd MI. S 43975.
4) Ludi Juvenales, f. Juvenalia ©. 687.
9) Ludi Magni. Lioius (II, 36.) erwähnt ihre Feier zuerft im 3.
t. 203, und zwar ex instauratione, weil bei einer ber.itö begangenen
eine Entweihung Statt gefunden hatie. Bor dem Bıgıun der Spiele
nämlid ein Eclave unter der furca über den Circus Maximus bin ges
an und mit Schlägen gezüttige worden. Hierauf war, wie es heißt,
iter dem Tib. Ainius ım Iraume erfhieneu und hatte ihm gemelogt:
Iudis praesultorem displicuisse: nisi magnifice inslaurarentur hi- ludi
ulum urbi fore: iret, ea consulibus nunciaret (Liv. I. c.). Diele
e wurden nun von Neuem feierlichſt begangen, bei welchet Beier eine
je Bolefer gegenwärtig war (2is. II, 37.). Mit einigen Abweichungen
nen dieſe Begebenheit Cicero de divinat I, 26. und Val. Mar. 1,7. 4.
9 bezeichnet jene Sriele als ludos votivos maximos, Baler. dag:gen
1dos plebeios. lieber die genunnte Beier berfelben ex instauratione
nd, Dionyf. ven Hal den ausführlichtten Bericht, weil er darauf aus⸗
bei ren Römern überall griekiihe Sitten und Bräuche nachzuweiſen
r in deien Syielen ſoldde zu firden glaubte. Nach feiner Angube waren
Sriele von dem Dictator A BoRumius im Kampfe mit den Iareinifhen .
idaf.en gel. bi worden, welche von Mom abaefalen waren und den
:benen Iarquinius Superbus wieder in seine Eöniglihe Würde einzu⸗
fich bemühten. Nah ſeinem Berichte wandte man jährlih auf Diele
: un? die damit verbundenen Dpier JO Minen Silber. bie zum Beginn
iiſchen Kıriege (Duonyi. R. A VI, 66). Den Aufang ver Zeilichs
bildete ein feierliher Auf.ug vom Gapitol aus über rad Korum nad
trend Maximus. In tierer Bompa that ſich die männlihe Jugend
‚ tie Söhne der Batricier, der Senaroren und Riſter, weiche zu Roß
ogen Die übrigen iheilnehme den Bürger waren nad militärischer
in alas, centurias, classes, ordines ubgeiheilt und bilveten jo einen
tn Zug Dara:f figer DViergeipanne, Zmweigeipanne und Kele i⸗
; näbf dieſen die Athleren für ſchwere und leichte Kampfarıen, mit
tens Körper, nur die Hüfıen mis einem Perizoma umgürtet. Auf jene
n folgten Chöre ber saltatores, melde ın drei Ab heilungen getheilt
‚ in die ber Mänuer, der Jünglinge, ver Knaben (Dionyſius hat bier
griechiſchen Chöre ber aröusg, dir ayaraoı, der nwiöse gebucht).
biefen kamen die Flötenbläſer mir alterthümlichen kurzen Wlöten und
barfyieler mis Der %yra und dem Barbiton. (Dionyfius beſchreibt nun
mas dieſer Chöre in Kleivung und Wailen, fo wie die Rhyihmen
Nimik und fiidet auch hierin alıgriegiihe Site.) Auf jene Chöre
nun wiederum Githariflen und Blötner. Dann traten Andere einher
Ionen und flibernen Weihrauchpfannen und Mit den Öffentlien Heilige
n. Den Schluß diefer Bompa machten die Bildnijfe der Götter, melde
ı Säultern getragen wurden. Dieje simulacra hatıen dieſelbe Geſtalt
ihnen die Griechen zu geben pflegen. Nah Vollendung dieſes erſten
en Actes wurden in Gegenwart der Gonfuln, der Prieſter und Aruſi ices
ferihiere geſchlachtet. Hierauf fanden Die eigeunilichen Spiele Stait,
saupubeil im Werttennen der Biergeipanne, YZueiyerpanne und ein⸗
1206 Ludt (Megalenses)
zelnen Reiter beſtand, wie bie in ter älteren Zeit und ro zur Zeit bes
Tionofind bei den Griechen ver Ball mar. Hiebei fanden no zwei alte
Infitute Start, das Dreigefpann und das Wettreunen der anoßuraı (f. Krauie
Gymnaftik I. S. 571. Anm. 11). Waren die verſchiedenen Arten des Wett-
zennens Wurdaeführt. fo traten Die Athleten, die Wetiläufir, Faufikämpfer
und Minger in die Schranken. In den Pauien orer Zwiſchenacien wurden
verdiente Minner belobt und befränzt, nad der Sitte der Griechen in ihren
großen Keftiyielen. So Dionyfius Ant. Rom. VIE, c. 66—73 , teilen ganze
Beſchreibung jedoch ein helleniſirres Abbild römiider Inflitute il. Die Be⸗
freiburg jerer älieſten eier der Iudi magni von einem Mömer würde uns
ein ganz arderes Bild geliefert haben. Bei Liriud finden wir im Berlaufe .
feiner Geſa ichte die Audi wagni oft errähnt Im I d. ©t. 324 bemeift
er (1V, 27.) vom Dicrater U. Boflumind Tiburtur: dictator praeeunte
A. Curnelio pontifice maximo ludos magnos tumultus canssa vovit. Alſo
waren jene im I. d. St 263 ex instauratione begung: nen frine ludi stati,
feine anniversari. Als Camillus im I d Et. 339 gegen Bell auszog,
Iudos magnos ex senatusconsulto vovit Veiis caplis se facturum ?iv. V, 19.
Im 3. d. St. 391 ermähnt Livius VII, 2. zuerft die Judi scenici, nova
res bellicoso populo, nam circi modo spectaculum fuit. Alſo batıen bis
dahin die ludi magni nur in Gircus'pilen beflanden, welde im Circus
Marimus begangen nurten. Im I. d. St. 395 gelebt der Dictator Ser⸗
vilius Ahala ex auctoritate patram im Falle nlüdligen Gıfolgs die großen
©riele, Lio. VII, 11. Im I. 535 d. Sr. ludi magni voti aeris trecentis
triginta tribus millibus, trecentis triginta tribus triente. &ıv. XXI, 10. Im
J d. St. 561 wurde dur ein senatusconsultum dem Gonful Manius Aci⸗
lius aufgetragen, ut ludos magnos Jovi voveret. Die Bormel des @elübres
lautet: si duellum, quod cum Antioıho rege sumi populus jussit, id ex
sentenlia senatus populique Romani confectum erit, tum tibi, Juppiter,
pepulus Romanus ludos magnos dies decem continuos faciet etc. Liv.
XAXXVI, 2. — Daß diefe ludi mit glänzenden Opfern und Weihgeſcheuken
an die Götter (ad omnia pulvinaria) verbunden waren geht aus den beiden
legten Stellen des Livius hervor. Gewiß iſt daß die Iudi rer Roͤmer über»
haupt mit immer größerem Aufrande und größerer Bradt begangen wurden
(Bl. Mar. II, 4, 6.). Licius gibt und über die Beflanttbeile ver ludi
magni rirgends Peridpt. Alıin fhon daraus daß fle im Circus Maximus
Etatt fanden Tann man leicht abnehmen welder Art fle waren. Gie
waren in jener ältern Zeit ohne Zweifel nur circenses im Reßwettrennen
beſte hend, mit weldem dann arhletiihe Wertlämpfe, venationes, verbunden
wurten. Die erflen Aihleienkämpfe läßt Kirius zu Nom erſt im I d. St.
566 eintresen. Daß die Arordnung jener ludi überhaupt mit dem Gulte in
ter in igfen Berbindung fland und vom Vontifex Maximus audgirg zeigt
Gic de harusp. resp. c. 10.: Te appello, Lentale: tui sacerdotii sunt
thensae, curiicula, praecentio, ludi, Iıbationes epulaeque ludorum pu-
blicorum. Unter 3 iberius werden bie ludi magni noch vom Eenate decre⸗
tlır, Sac. Ann. MI, 64.: ludque magni ab senatu decernantur quos
Pontifices et Augures et Quindecimviri Septemviris süunul et Sodalıbus
Augustalibus ederent.
6) Ludi Megalenses. Die Sriele, auch Megalesia, Megalensia
genannt, wurden zu Ehren der mater magna, ueyaAn Beo; begangen, deren
Symbol in Geſtali eines vom Himmel gefallenen Sieines Im J. 548 d. ©t.
nah Mom gebracht worten mar (Riv. XXIX, 14.). wo ihr ein Tempel er⸗
rigter wurre. (Varro L. L. V, 19. feitet den Namen von Megalesium,
tinem Tempel dieſer Göuin zu Peſſinus ab.) Bald darauf wurden aud vie
Lmdi.(plebeii) 1207 -
li Megalenses eirgefebt., Liv. I, c. Anfanqs waren fle nur Spice bes
rend. Weiserhin bemerkt Lirius (XXXIV, 51.) daß die curulichen Aedilen
Atilius Serranus und 2. Gcriboniuß Libo zuerſt tie Megalesia als Iudos
nicos aufgeführt haben. Die Einweihung red tieier Gönin au Rom ers
uen Tempels fand 561 dv. St. Statt, mwobel die Megalen«ia abermals
jangen mınben (XXXVI, 36.). Gine wichtige Nachricht Über dieſe Spice
t @icero-de barusp. resp. c 12.: Nam quid ego de illis ludis loquar,
ns in Palatio nostri maiores ante templum in ipso matris magnae con-
:clu Megalensibus fieri celebrarique voluerunt? qui sunt more institu-
jue maxime casli, solemnes, religiosi etc. Dieje Spiele hatıen dem⸗
h zu Rom eine Helligkeit erlangt und der Cult der magna mater hat fi
c geläutert, da im griechiſch⸗phrogiſchen Bulte dieſer Götnin gerade das
genıheil, eine beraufchende Auegelaffenheit vorherrihend war. Die Feier
«8 Feſtes wird nach feiner myfteridien Geftaltung in ſechs Abfdnitte oder
je abgetheilt. Am erflen Tage wurde ein grünender Fichtenbaum in den
nrel geiragen (arbor intrat), am zwei:en Tage fund das tubilustrium
itt indem nämlich unter Hörnerklang der verlurne Attis geſucht wurde,
dritten Tage wurde des Anis Gurmannung gefeiert (sanguen) Am
ten Tage wurde Attis „gefunden und durch Cybele's Kraft von Neuem
'6t (Hilaria). Der fünfte Tag mar ein Ruhetag (requelio). Am iecheıen
d die lavatio magnae matris Statt. Ju dieier Sıflalı waren die Mega-
a zu ener myflaidien Feier geworden. Allein daß in diefer Weife das
I bei den Mömern Statt gefunden iſt ſchwerlich anzunehmen: wenigflens
t während der Zeit der Rerublik: in der Kaiierzeit, als der Ifilsdienſt
emein verbreitet war, fonnten auch folde myſteriöſe Ceremonieen leicht
gang finden; wenigfens iſt weber bei Liriusl. c. no bei Ovid (Fast.
358 FH) von einer folden Geftalt der Megalesia cine Spur zu finden.
Feier des Feſtes fand noch fyät in der Kalferzeit Etatt. Garacalla
de zur Zeit der Feier deffelben getöptet (VIII Id. Aprilis ipsis Megalen-
is, Ael. Evartian. Carac. 6.). Bol. Galli, Br. III. ©. 643. und Ius
il. XI, 193. Herodian. I, 30. Ammian. Marcel. XXI, 3, 7.
7) Ludi plebeii. Die ludi plebeii maren nad Asconius ad Verr.
1, e. 10. von dem Bolfe entweder nah Vertreibung der Könige oder
der Herflellung der Eintracht zwiſchen den VBatriciern und ber plebs auf
Aventinus eingefegt worden (cf. Bulerger de circo Rom. p. 613. Th.
ww. T. IX) Sie wurden fletö im Circus Flamininus begangen unb
: in den erfien Tagen des Norember. Der Haupibeſtandiheil der ludi
modte alfo ebenfalls in den Circenses beflchen. Lieius ermähnt fie
bäufig und zmar größtentheild in Verbindung oder im &egenfage zu den
Romani. ene wurden von den aedil. pleb., diefe von den aedil. cur.
ordnet. SEie werten gewöhnlich ex instauratione begangen, erffeinen
niemals als ludi voti; fie gehörten alio zu den ludi stati. Li. XXIII,
Plebeii ludi aedilium M. Aurelii Cottae et M. Claudii Marcelli ter
urati. So XXVII, 21.36. Im J. ꝓd. St. 546 werden fie einmal ganz
ırirt: Iudi plebeii semel toti instaurati ab aedilibus plebis. Liv. XXX, 24.:
Romani diem unum, plebeii ter toti instaurati ab. aedilibus. Liv XXIX,
Ludi Romani ter, plebeii septies instaurali. Liv. XXXI, 4 : et plebeil
ter toti instaurati ab aedilibus plebis — et Jovis epulum fuit ludo um
a. Di: epulum erſcheint häufig damit verbunden. ©. Liv. XXXI., 4.
vürbig if daß die instauratio bis auf septies Reigt, wie Liv. XXIX, IL.,
eine außerordenilihe Beſorgniß in religidien Beierlikfeiten vorausſedt.
das instaurare bezmedte die, daß, wenn tie eine Feier aus ıgnd
unbefannıen Grunde der betreffenden Gottheit nicht gefallen Gabe, doch
.
1206 | Ludi (Romani, saeculares)
die Folgende ober eine ber folgenden ihr gefallen würbe. Auf) wurde dadurch
zugleich die Feflid, keit erböht.
8) Ludi Romani, bei Livius fat überall neben ben lodi plebeii
genannt, biloen gleichſam tie patricifche Beier, mährend jeme der Vlebs ans
gefören. Die ludi Romani find durchaus von den ludis magnis zu unter-
ſcheiden, obqleich fie oft genug mit diefen identifichrt worden find, wobei
man fi an vie Worte des Feſtus gehalten Hat. S. Bulenger de circo
p. 611. Thes. Graev. T. IX. Während vie Iudi magni vevirt werden, mie
%o. VII; 11.. fo finden wir die ludi Romanı bei Liv. niemals al® Indi
voti, vielmehr ũberoll als Indi instaurati, mie die plebeii. Liv XXV, 2:
ludi Romani pro temporis illius copiis magnifice facli et diem ımum
inslaurati et congit olei in vicos singulos dati. So &iv. XXVII, 21 : Lndi
et Romani et plebeii eo anno in singulos dies instaurati. Rgl. io XXVII,
36. XXX, 26. Im J. d. St. 547 finden wir die Iadi Romani ter, tie
‚plebeii septies instaurati, Liv. XXIX, 1l. Bann ludi Romani biduum in-
stanrati. Item per biduam plebeii ab aedilibu« P. Aelio et P Villio, et
Jovis epulum fuit ladorum caussa. Im J. d St 596 ludi Romani et plebeii
apparatı magniti.e et ter toti instaurati Im 9. d. Er. 36s ludi Remani
ter, plebe'i quingnies toti instaurati, Liv. XXXVI. 35. Im ‘.d. Sr 966
Ludi Romani scenici eo anno magnifice apparateque facti ab aedilibus
curulibus; biduum instauratum est: alfo mıren bier ludi scenici dazu
geiteten over die Judi Romani beſtanden vorzöglich in tbeat alifchen Srielen
Aus den Angaben des Yirind lad fid Hierüber nis ermitteln. Die arfin
Iudi sLenici wurden nad Li». VII. 2. im J. d St. 301 aufarführ und
werben dann immer nie die ludi Romani von den curul. Aedilen gegeben.
S Liv. XXIV, 43. cf XXXI, 4 XXXIV, 45. XLE, 33. XLII, 10. Gine
wichtige Belehrung über die Judi Romani gibt Gicero in Verr Act. I,c 10:
Decem dies sunt ante ludos votivcs quos En. Pompeius facturus est Hi
Indi dies qrindecim auferent. Deinde 'continuo Romani consequentur:
Ita prope XL diebus interpositis etc. Wir erfehen bieauß, daß die Indi
Romani beinahe ebenfalls 15 Tage in Beſblag genommen bıteı möflen,
mern die 40 Tage heraudfommen ſollten. ine andere Bemerkung gibt der»
felbe in Verr. II orat. V, c 14.: mihi ludos antiquissimos. qui primi
Romani sunt appellati, maxima cum dignitate ac relig’one Jovi, Junoni
Minervaeque esse fariendns etc. Alſo masen die ludi Romani rem Jurpiter,
der Juno und ber Minerva heilig. Die ludi magni dagegen iheinen nur
bem Jippiter allein geweiht geweien zu fein, wie Ab aus Lirins und Dio⸗
nyſt e von Hal. ergibt. Denn nur Invpriter beflagt ſich über den unerfreu-
lichen prarsultor der die Spiele entweiht habe.
Y%)Ludi saeculares. Die Iuti saeculares murben nad dem Zeugniß
ber len von dem Coſ. DM. Valerius Movlicola ergejent (Valer. Anıias
bei En orin. de die nat c. 17. Zeflus Pompelus; Nal. Mur. II, 4,4
©. Veir. Taffinus p 439. de Ind. saecul T. VIIL @rär. thes R Ant.)
Die Feier dieier Spüle war den Römern urſprünglich in den "inllinten
Büchern anbefshlen worden und mın glaubre durch Begehung derfelben all 6
deiien theilhafrig zu werden. was in jenem Orakel verbeißen mworben war,
namertlih der flerigen Herrſchaft über Jralien und der damıt „erbund nen
Vortbeile: rui 00, nun yIwr Iren nei mic Antim nis vRo Onnarun-
ar vanvgarıny Coyır &baı. Hieber qebören auch die Winnie des Gorarind
in dem carmen saecnlıre pro incolumitate imperli B. 11. passis nibil urbe
visere maius. Anfangs follen dieſe Eyiele Judi Terentini gebrigen haben
(Varro de scen. origin. u. Genforin. de die nat. c 17.). Boluflus 9er
ren inus bieß nämlich der Vater des M. Batariıd Poplicola (über die Ab⸗ |
leitung und den Grund diefer Benennung f. Bal. May. II, 6, 4. u. On.
Ludi (saeculares) | 1209
invin. de lud. saecul. p. 1070. Thes. Graev. T. IX.). Ueber das Jahr
: erften Beier waren ſchon die Alten nicht in Uebereinflimmung. Genforin
l. c. 17, bemerkt: Primos ludos saeculares exactis regibus censtat post
ımam conditam annis CCXLV a Valerio Poplicola institutos esse; at ex
indecimvirorum commentariis anno CCXCVIlI M. Valerio, Sp. Vir-
io Coss. Vgl. Feſtus Pompeius bei Petr. Taffinus 1. 1. p. 489. Cine
helle der ludi saeculares. von ihrer erften Keier bis zum J. d. St. 1157,
welcher Zeit Honorius regierte, [bei Taffinus 1. ec. p. 568 ff. On.
nvin. 1. c. p. 1072. läßt die erfle eier im J. d. St. 297 Statt finven,
er den Eonfuln M. Valerius und Sp. Virginius. Die jedesmalige Feier
rde in bie Commentarios der QuindecimViri eingetragen, zu deren
iction die Anordnung diefer Spiele gehörte. Dem Livius konnten biefe
nmentarii nit unbekannt fein, und es iſt daher bemerkenswert, daß
er Hiſtoriker, der eine Menge anderer Iudi und außerben die supplica-
es, expiationes, lectisternia etc. überall erwähnt, der ludi saeculares
en und eıhaltenen Büchern nicht gedenkt. Dan Hatte allgemein ange»
men, daß diefe Säcularia nicht nach hundert Jahren, fondern nach Ver⸗
von 110 Jahren begangen worben find, welcher Annahme aud die
rte bed Horatius im Carm. saecul. v. 21 ff.: Certus undenos decies
annos Orbis ut cantus referatque ludos Ter die claro totiesque grata
te frequentes vollfommen entſprechen.“ Allein Ber. Taffinus 1. c.
76 f. bat dieß zu widerlegen geſucht und behauptet, daß dies blos auf
: Täufhung der Quindecimviri berube, welde die eigentlide Zeit der
: verabfäumt und ihre Bahrläßigfeit dadurch zu verbergen gefucht hätten
fle dem Auguſtus vorgefpiegelt, die Beier erfordere ein Intervallum von
Jahren. Ihrer Angabe habe Auguftus und Horatius beigepflitet und
i unter biefem Kaifer die Beier 110 Jahre nach der Tettbegangenen an⸗
net worden. Taffinus folgert dies p. 478. au daraus daß dies do
Valerius Antiad, dem Beftus Pompeius, dem Terentius Varro, dem
3 Lioiuß (in d. Epitom.) u. A., melde nur 100 Jahre zur Wiederkehr
feier angenommen, nicht Hätte unbefannt bleiben können. Es fei alio
Sheinlih, daß in dem Orakelſpruche eis erews Exatoctor xuxdor
»» geftanden und dies von den Quindecimviri in Ex«zor Ösn« umge⸗
t worden fei. @r führt aus Varro de scen. orig. und aus den vers
1 Büchern des Livius bei Genforinus Stellen an, melde nur vom cen-
us annus reden (l. c.). Jedenfallo war bie runde Zahl von hundert
n bie urfprünglide des annus saecularis, und menn 110 eingetreten
', fo Eonnte dies nur auf befonderen Zeitumfländen beruhen. — ‚Die
der Spiele mwährte drei Tage und drei Nächte: bie nächtlichen Feſilich⸗
waren mit lascivem Treiben verbunden, weßhalb Auguſtus Sünglingen
ıngfrauen verbot diefen Ießteren beizumohnen wenn fle nit von einem
Verwandten biebei in Obhut genommen würden (Suet. Aug. 31.). Vor
3eginn der Feier wurden ben Freien (of. II, 50.) unter dem Volke
en Quindecimviri lustralia vertheilt, welche in Fackeln, Schwefel und
en beflanden. Diefe Vertheilung findet man auch auf einer Münze
omitianud, unter deſſen Negierung die ludi saecul. begangen wurden,
eilt, mit ber Auffärift SUF. P. D. (suffimenta populo data). Vgl. Sun.
7. Plin. XXXV, 50. Auch wurden vor dem Beginn der Feier fru-
‚ nämli& triticum, hordeum und fabae vertheilt, mad ebenfalls auf
Münze jenes Kaiſers veranfhauligt wird, mit ber, Aufigrift —*
. POP. Wenn die Spiele beginnen foßften, verfündigte ein Herold
— —
Gol. Zoſim. II, 7.: zir , inaror inıavrar Ö xE0v0g greir-
0” 0» Bde ınv dogıme nara To vıyonsondvor drohen. „I -T.)
eo
1210 Ludi scemick
dem Volke, fi zu den Spielen einzufinden, quos nunquam quisguam spec-
tasset nec spectaturus esset. Bor der eigentlichen Feſtlichkeit wurden glän⸗
zende Opfer, lectisternia, beforgt und die malronae fleheten zur Juno. Die
Anordnung der Spiele gehörte zur Function der Duindecimviri (Tac. Ann.
XI, 11.), wenigfiend in der Kaiferzeit: in der älteren Zeit mochte die Anord⸗
nung den Decemviri anbeimfallen (cf. Liv. X, 7. 8.) Die Feſtlichkeiten be»
gannen mit einer feierlichen pompa, worauf die Spiele im Circus folgten.
Die spectacula nocturna,- melde Suet. Aug. c. 31. ermähnt, mochten thea⸗
traliihe Vorflelungen umfaffen. Zu den Circenses (j. d. Art.) trat aud
das ludicrum Troiae. Wenigftend berichtet died Tacitus (Ann. XI, 11.) von
der unter Claudius begangenen Beler (sedente Claudio circensibus ludis
eum pueri nobiles equis ludicrum Troiae inirent etc.). Während der
Kalierzeit traten die verfhiedenfien Spiele Hinzu, um die Zeflichkeit zu er-
höhen. Die Iudos circenses bezeugt au Suet. Dom. c. 4. bei der unter
Domitianus angeordneten Feier der saecularia (in bis, circensium die, quo
facilius centum missus peragerentur, singulos a septenis spatiis ad quina
corripuit), und fle bildeten den Haupttheil der Spiele. Nächſt diefen waren
die Judi gladiatorii von Wichtigkeit (f. gladiatores), wozu unter den Kai:
fern die enormflen venationes traten. Jul. Eapitolin. vit. Gordiani IM.
c. 33. p. 132 ff. T. II.: Fuerunt sub Gordiano Romae elephanti XXX et
II, — alces X, tigres X, leones mansueli LX, leopardi mansueti XXX;
belbi (i. e. hyaenae) X: gladiatorum fiscalium paria mille: hippopotamus
et rhinoceros unus: archoleontes X, camelopardi X, onagri XX; equi feri
- XL, et cetera hujusmodi animalia innumera et diversa: quae omnia Phi-
lippus ludis saecularibus vel dedit vel occidit;, — saecularibus ludis et
muneribus atque Circensibus quum millesimum ab urbe condita annum
in consulatu suo et filii sui celebravit. Alſo beging der Kaifer Philivpus
die taufenvjährige Beier der Stadt. Claudius Hatte das achthundertjährige
Beſtehen des Reichs durch ludi saeculares gefeiert (Iacit. Ann. XI, 11.).
Auch Severuß feierte fie im 3. 957 — 204 n. Chr. (Zofim. I, 7.). Die
Seltenheit der ludi saeculares mußte fhon bewirfen daß man ihren Glanz
möglihft zu erhöhen ſuchte. Aber eben dieſe Seltenheit if} auch die Urſache
baß fie bei ven Alten nur felten erwähnt werden und baber eine genauere
Beſchreibung derfelben ſehr ſchwierig iſt. Zwei lange Abhandlungen haben
Onuphrius Panvinius (de ludis sacculatibus Thesaur. Graev. T. IX. p. 1067
—1094.), und Petrus Taffinus (de anno saeculari et ludis saecularibus
Rom., Thes. Graev. T. VIll. p. 473—620.) geſchrieben, weldye jedoch vieles
Fremdartige, zur. Sache wenig oder gar nicht Behörige enthalten und über
ſchwierige Punkte Leinen Aufſchluß gewähren. [Kse.]
Ludi scenick, In Betreff der übrigen Punkte auf die einzelnen Ar-
tikel verweljend behandeln wir Hier nur zwei Bragen: I. In welder
Beziehung handen die Theaterfpiele in Athen und Rom zum
Staate? In Athen bildeten befanntlih die dramatiſchen Aufführungen
einen weſentlichen Theil der religiöfen Beier, mit der man bie Zefte des
Dionyſos beging. Die Tragddie, dad Satyıfpiel, die Komödie waren aus
diefer dionyfiſchen Feſtfeier hervorgegangen, hatten ſich aus ihr herausgebildet
und blieben daher auch immer ein Beftandtheil derielben. Daher konnte auch
ihre Aufführung nie eine Privatſache fein, fondern war und bfich ſtets eine
Sache des Staates, der wie über jede Beftfeier, fo auch Über die fcenifihen
Darflelungen an den Dionyſos⸗Feſten die oberfle Aufficht und Leitung führte,
wenn aud die Ausführung ded Winzelnen dann Privatperfonen überlaffen
wurde. Die Behörde nun melde der Beilfeier des Dionyfod vorfland war
ber Archon. Dan nimmt nad ber Analogie den Bankevs als Borfland
des Religionsweſens an; Pollur Dagegen VIII, 89. macht ohne fonfligen
‘
U}
"Ludi sdeniel 4211
Ieräßremann den Eponymos zum Vorſteher der Dionyflen, ven Baflleus
ım Vorfteher ber Lenden. An den jedesmaligen Archon hatte fih ber Dich-
r, welcher feine Dichtung zur Aufführung bringen wollte, zunädft zu wen-
n und um einen Chor nachzuſuchen (yopor aireir). Diefer unterwarf vie -
ıfzuführenden Stüde einer Prüfung; denjenigen Dichtern, deren Stüde
fielen, wurde ein Chor bewilligt; daher die Medendart 0007 dsdoreı au
viel Heißt, als ein Stüd gutheißen und billigen. Die wirkliche Ausräftung
8 Chors übernahm derjenige, den bie Liturgie der Ehoregie traf, |. Bo. II.
. 335 f. Das ältefte fichere Beiſpiel einer tragifägen Choregie gibt The-
iftofled, der dem Phrynichos für feine Phöniffen den Chor ausrüftete,
[ut. Them. 5. In der Komödie erhielt Ekphantides feinen Chor von
hraſippos; Ariftot. Polit. VIII;6. Schon zu Themiſtokles' Zeit hatte nad)
lutarch a. a. O. die Choregie den Ehrgeiz der atheniſchen Bürger in hohem
rabe angelpornt, fo daß fie dur glänzende Außftattung ihrer Chöre der
ieg über ihre Nebenbuhler und den Beifall der Zufchauer zu erlangen
chten. Dieſer Wetteifer mehrte und fleigerte ſich in der Folgezeit immer
ehr, zumal da die Leiflungen der Choregen nicht als eine Vrivamfade,
ndesn als eine Aufopferung für den Staat angefeben wurden. Seine Berfon
bſt galt Im Dienft des Dionyfos für heilig und unverleglih; Niemand
fe ihn in feinem Amte flören oder beleidigen, Demoflb. Mid. p. 533.
fsk, Und unter den Berdienften die fi ein Bürger in Aihen um dert
ıaat erwerben konnte werden feine Leiſtungen und Siege an ben Zeften
r Götter mit befonderer Auszeihnung erwähnt. Der Aufwand ber bei‘
fen Gelegenheiten gemacht wurde überſteigt faft allen Glauben. Des
‚fihenes (Phil. I. p. 50.) mirft den Athenern vor daß fie auf die Beler
er Befle mehr Geld verwandt Hätten ald anf die Ausruftung ihrer Ge⸗
welhaf.en; ein Lacedämonier behauptete nad) Plutarchs Erzäblung, daß
für die Theaterſpiele mehr Geld ausgegeben als für die Begründung
rer Hegemonie und für die Kıiege gegen die Barbaren. Plut. de glor.
hen. c.6. p. 349. Bergl. Schneider Art. Theaterw. ©. 122, Der Wette
er, ber zwiſchen ben verſchiedenen Choraudflattern flattfand, fleigerte bie
viprüche, die ein jeder einzelner Choreg an ſich ſelbſt machte. Der thea-
life Apparat, ben er dem Chor zu geben hatte, hieß yoanyor, von
n Römern choragium genannt. Sat aber der Chorege feine Leiſtungen
er die Ausftattung des Chores hinaus auch auf die andermeitigen Vorbes |
tungen zur Darftellung eines Stüdes erfiredt, hat er namentlid die Aus-
müdung der Scene und dad Koftlüm der Schaufpieler beſorgt? Wolf
rolegg. zu Dem. Lept. p. 68 ff.) hat diefe Frage bejaht, da bie Griechen,
e er meint, den Chor mit dem ganzen Stüde iventificirt hätten, und das
die Ausflattung des Chores nicht blos dieſe, fondern vielmehr die des
zen Stüdes bezeichne. Doch hat Hiegegen Böckh mit Recht erinnert, daß
Schauſpieler mit Beflimmtheit davon aufzufchließen feien, da fie nur zu
a Staare und dem Dichter, nicht aber zu dem Choregen in einem Ver⸗
tniffe geflanden hätten. Dem Choregen flanden in feinem Amte no
hrere Unterbeamte zur Seite; der haupiſächlichſte war der zogodıdanmaAog,
den Ghor zu untermelfen hatte. Vgl. Schneider att. Theaterw. ©. 115.
te 141. Sommerbrodt Rer. scen. cap. sel. c. 1. Schon aus biefer
oıegie erhellt, daß der Staat über die Thenterfpiele eine Aufficht führte.
5 zeigen aber au noch andere Verhäliniſſe und Einrichtungen. Wie
eits erwähnt, Hatte der Dichter feine Stücke dem Archon vorzulegen und
ı ihm ihre Aufführung zu erbitten. Banden fie Beifall und wurden fie
ſenommen, fo erhielt er aus der Staatskaſſe ein Honorar dafür (f. Ari⸗
‘4. Ran. 367. vgl. Schol. ad -v. 370. ad Eccles. 102. Suid. s. v.
vegiog. Schneider att. Ihenterw. ©. 177. Gryſar de tragoed. qualis
1214 Luadi sceniei
aus einer dreifachen Colonnabe, deren tieffte eine marmorne, bie mittlere eine
gläferne, bie dritte eine vergolvere Wand im Hintergrund hatte. Die Co»
Ionnade felbft wurde von 360 Säulen gebildet, deren jede 48 Fua hoch
war, und zwiſchen biefen flanden 3000 Bilpjäufen, Plin. H.N. XXXVI, 19.
Die mandelbaren Derorationen, scenae versatiles (ſ. d. Urt. Scena) hatten
die beiden Luculus eingeführt, Val. Mar. II, 6. Bür dad Koflüm ver
Schaufpieler wurden oft feltene und theure Stoffe verwendet; phöniziſchen
*" Burpur brachte zuerft Scaurus auf die Bühne (Wal. Mar. I.c). Hieher
gehören auch die vestes altalicae, golngeflidte Kleider (Plin. XXXVI, 24, 7.).
Daher denn auch die peregrinae divitiae, mit denen die Bühne und bie
Scaufpieler bekleidet waren, oft mehr beimundert wurden als das Spiel
ſelbſt, Hor. Ep. II, 1, 165. Diefe fcenifchen Webertreibungen rügt auch
Eicero Divin, VII, 1. — Berner bezahlte der rom. Beamte den Dichtern das
Honorar für ihre neuen Stüde, f. Xerent. Eun. prol. 20. Donat. praef. zu
Xer. Eun. Hor. Ep. I, 1, 175. Ritſchl Parerga I. p. 327 ff. Ebenſo
befolvete er auch die Schaufrieler, welche außerdem noch befonnere Preiſe
und Geſchenke erhielten, & Bd. III. S. 1410 f. Neben vieiem hatte der
curator Judorum au alle zur Aufführung ver Sıüde ndıhigen Vorberei-
tungen zu beauffidtigen. Gr war bei den Probevorflelungen gegennärtig
(er. Eun. prol. 22.) und wahrſcheinlich ging auch eine Öffentlide Ankün⸗
digung der Spiele von ihm aus; f. libellus &. 1014. Diefe Einrichtung
erftredte ſich wohl auf die dramatiſchen Spiele fo gut als auf die gladiato-
rifhen, da ja au der ganz allgemeine Ausdruck libelli munerarii vorfommt.
Diefe Bekanntmachungen, menn fie flattfanden, enıbielten aber gewiß nur
ganz allgemeine Beflimmungen und Notizen. Vgl. hierüber Lipfius Saturn.
II, 18. Bon diefer Ankündigung if aber bie pronuncialio Lituli vor tem
‚ Beginn des Srieles zu unterfcheiden, |. darüber Riiſchl Parerga I. p. 301 ff.
Während der Aufiührung richtete ber Beflgeber feine Aufmerkjamfeit auf die
Zufhauer und auf die Schaufpieler. Gr fah nämlich darauf dag bie Sitze
gehörig vertheilt und alle Störungen und Unordnungen vermieden murten,
Sueton. Octav. 14. Auch über die Schaufpieler übte er eine gewiffe richterlidge
Gewalt aus indem er ihnen Lohn und Strafe ausıheilte, ſ. Bo». IH. S. 1411.
Hiezu hatte der Feſtgeber einige Gehilfen und Linterbeamte: eiſtens die de-
signatores, welde, durch die verſchiedenen Abtheilungen der Sitzplätze
rertbeilt, darauf faben daß jeder Zufchauer in der für ihn beflimmten Ab⸗
theilung Plag nahm und befam. Ste hatten aljo Unorbnungen unter ten
Zufhauern zu verhüten und bevienten fich bei gemaltfamen Zurechtweiſungen
berielben wohl auch der Hilfe der Lictoren, f. Plaut. Poen. Prol. 17 f.
Vielleicht Hatten fie auch die Vertheilung der Preije an die Schaufpieler und
bie Züchtigungen derſelben (coercitiones in histriones) zu vollziehen. Eodann
die conquisitores, welde dur die Eigreihen gingen und Parteiungen
unter den Zufhauern zu verhindern und zuglei diejenigen aufzufinden juch⸗
ten, melde von den Schauipielern beftelt waren um Beifall zu klatſchen,
f. Plaut. Amphitr. Prol. 64. 83. Außer vielen beiten Linterbeamten war
noch ein praeco da, welcher Stille und Aufmerkiamfeit gebot, Plaut. Poenul.
Prol. 11. Asinar. Prol. 4. Linter den Kaiſern wurde bie Zahl der Theater»
beammen noch vermehrt; denn außer der flarfen Abtheilung von Soldaten,
welde gebraucht wurde um der licentia theatri zu fleuern, werben auf
Inſchriften noch ermähnt ein enunciator ab scaena, ein procurator ab scaena,
ein rogator ab scaena, ein Beamter a commentariis rationis vestium sce-
nicarum, f. Oreli Inscr lat. I. p. 457—463. — Die Verpflichtung, ice
niſche Spiele dem Volke zu geben, Tag zwei Magiftraten ob: den curulifchen
Aebifen und dem praetor urbanus. S. über die Aedilen vie Divaskalien
zum Ierenz, Cic. Attic. IX, 12. Bal. Mar. X, 2. Cic. Mur. 19. Sue.
4
Ludi scenicl 1213
35. 10, oben Bb. I. S. 83.; über den Prätor Gic. Brut. 20. Phil. II,
Liv. XXVII, 23. Was die Koften und Auslagen (f. Iucar) betrifft,
(de die Bejorgung der Spiele verlangte, fo wurden in deren Beftreliung
e Magiſtrate vom Staate nicht unterflüßt. Denn wenn aud ein reidherer
ıhiıhaber den weniger vermögenden Beamten biöweilen unterftüßte, fo
B dieſes ald eine Ausnahme gelten. Vgl. Suet. Octav. 45. Caes. 10.
r Bräter Fonnte ſich auch mit Feinem Amtögenofien in die Gefhäfte und
Slagen theilen, die beiden Aedilen dagegen verfuhren hierin nad Belieben.
: gaben und beſorgten daher die Spiele oft gemeinfchaftlich, oft auch jeder insbes
dere, f. die Didadfalien zum Terenz u. Blut. Cat. min. 46. Suer. Caes. 10.
2) Welchen Antheil nahm in Athen und Nom das Publi-
m an den Theaterfpielen? Das attiſche Publikum bat einen
eutenden Einfluß auf die Vollendung des Dramas und auf die Harmonie
gefammten ſceniſchen Kunftmittel ausgeübt. Kein Publikum bat weder
Alterthum noch in den neuern Zeiten mit fo vieler Neigung und zugleich
fo vieler Gründlichkeit die Dramatiker beurtbeift und bewundert, fein
e Zeiflungen fo tief und richtig gefaßt, und Feind iſt wohl auch den Tra⸗
ren und Konifern in gfeiher Weile zugleich anregend und furdtbar ge⸗
jen. „Zwar war dad attifhe Publikum,“ wie Bernhardy in f. Littera⸗
geid. Bd. II. S. 650. Sehr treffend bemerkt, „nit buchgelehrt, nicht
nehm und in den gefhliffenen Sitten der feinen Welt aufgemadien, ja
rt einmal an Äufßerlid guten Ton und gefhmadvolle Gonvenienz gewöhnt.
deſto höherem Grade befuß e8 eine Außerlide Schule, wodurch es zum
tſtändniß ächter Voefle vorbereitet und zum Richteramt über die Meifer
Kiteranur befähigt wurde; dieſe Schule gewann Schwung und Sicherheit,
m fie fih mit den natürlihen Gaben der Attifer verband; aus beiden
menten aber ermuchß eine geniale Bildung ald die Dramatiker einen
htbaren Tummelplatz des Denfend und der ſittlichen Weisheit eröffneıen.
waren im Epos auferzogen und von Kindheit an mit feinen idealen
men, feinen heitern Anfhauungen und goldenen Ausiprüden vertraut,
die unverlöſchlichen Erinnerungen veffelben knüpfte fih ihnen auch ein
rc Begriff vom dichterifden Stil; In reiiern Jahren ermeiterten fle Dielen
zriff und bildeten ihr Gehör an muſikaliſchen Normen fobald fie zu ven
Iıfern übergingen und dort einen Reichthum nationaler Kunſt gewahr
den. Bin folder Eurfus in volksthümlicher Poefle enthielt die geſunde
wung und Auöfteuer womit die Attiker feit den Perferfriegen auf einen
ern Etandpunft traten." Zahl und Klaffen der Zufhauer Wenn
Theater in Aihen gefüllt war, fo mochte leikt ein Publifum von 30,000
ſonen in bdemfelben verfammelt fein, f. Plat. Symp. p. 175. E. Ariſtoph.
I. 1168. Vgl. Leafe Topogr. Athens, überf. von Baiter und Sauppe
331 Ff. Wer waren aber die Zufhauer im athenienſiſchen
:ater? Hiebei fragt es ſich beſonders, ob auch Frauen den Theaters
en zugeſchaut haben oder nicht. Die verſchiedenen Schriften und Auffige
Bötriger, Tr. Schlegel, Böckh, Jacobs, Meier, W. A. Puffow, welse
n Gegenftand ausführlicher befprochen und ſich theils für, theils gegen
Inmejenheit der Frauen entſchieden haben, find aufgezäblt und beurtbeilt
Beer im Charifles Bo. II. S. 249 ff, welcher mit Sorgfalt und Ges
geeit Die Sache nochmals ausführli behandelt und feine Anſicht, na⸗
li auf ein Sragment des Satyrod bei Athen. XII. p. 534. C. geflügt,
ı ausgefproden hat, daß die Frauen vom Beſuch ded Theaters nicht
ausgefhloflen waren, ihre Anwefenheit aber, in früherer Zeit wenig»
‚ auf die Tragödie zu beſchränken fei; bei der Komödie feien fle aber
zugegen geweien. &benfo durften auh Knaben, bei deren Erziehung
der Beziehung auf evxoowia gefehen und bingearbeitet wurbe, unbedenk⸗
4216 Ludi scenlch
lich nicht nur ber Tragödie, fonbern ganz gewiß auch der Komödie beiwoh⸗
nen, Sf. die Belegeftellen hierüber bei Beder a. a. DO. Ob Sclaven ven
Theaterfpielen zugeigaut, läßt ſich mit Beftimmtheit weder bejahen noch
verneinen. Zwar begleiteten die Päpagogen — und diefe gehören dem Scla⸗
venftande an — die Knaben in das Theater; au ließ man fih dur Scla⸗
ven allerhand Bebürfniffe, z. B. ein Kiffen, auf das man ſich ſetzte (Theorhr.
Char. 2. Aeſch. Ctesiph. p. 467.) in das Theater tragen; ob aber biefe
begleitenden und bedienenden Sclaven im Theater blieben, - ob andere auf
ihre eigene Hand ed beſuchen durfien, dieß bleibt zweifelhaft. — Der Eintritt
war, wie bemerkt, nicht unentgeltlih. Ob für gemwifle Klaſſen der Zuſchauer
auch gewiſſe Bläge beflimmt waren, was man nad der Proedrie (f. d.)
und nad den abgeionderten Pläßen der Spheben ermarten könnte, läßt fi
nit mit Beflimmtheit jagen. Becker findet es wahrſcheinlich und flügt fi
auf eine Stelle bei Demofth. Mid. p. 572., wo der zagadoos eined Ardon
einen nicht am gehörigen Plage figenden Menſchen wegjagt. Mit größerer
Beſtimmtheit nimmt Beder an, daß die Pläße der Brauen abgeionvert von
denen der Männer waren, und findet für diefe Annahme eine befondere Un»
terſtützung in den Inſchriften des Theaters zu Syrakus, Über welde Bött-
ling genau berichtet Hat im Rhein. Muf. 1834. ©. 103 ff. Die Vorflellun»
gen begannen frühzeitig; man ging daher ſchon des Morgens ind Iheater
(Aeſch. Ctes. p. 467, Dem. Mid. 538.); man aß und trank auch in dem⸗
felben während des Spieles; Diele warteten nur theilweife die Vorſtellungen
ab, Anvere Famen auch erft fpäter und fogar dann erft wenn der Theater⸗
pächter fein @intrittögeld mehr verlangte und die Kaffe ſchon geſchloſſen war.
&. Athen. XI. p. 464. F. Meinefe Com. Fragm. II. p. 295. Ariſtot. Eih.
x, 5, Theophr. Char. 11. (30. Ast.). Dio Chryſoſt. Or. XXVII. p. 528.
Reisk. Daß es aber während des Spield nicht eben fehr ruhig herging,
daß man Beifall und Mipfallen auf die lauteſte Welle zu erkennen gab, fein
Mißfallen fogar thätlich ausließ, daß endlich dieſe Aeußerungen der Zufrie⸗
denheit und Unzufriedenheit fih nidt allein auf die Schaufpieler, fondern
auch auf einzelne Zuſchauer bezogen und erflredten, die man, wenn fie auß
irgend einem Grunde nicht beliebt waren, mit Pfeifen und Schnalzen ver
Zurge empfing (Dem. Mid. p.586. Aeſch. Ctes. p. 467.): dieſe Thatfachen
geben. au8 vielen Stellen der alten Schriftfteler hervor. Was die Schau⸗
fpieler betrifft, fo legte das gebilpete Publikum hauptſächlich auf würdige
und richtige Declamation, namentlih auf den guten Vortrag der Glanz ⸗ und
Titelrollen Werth und Gewicht. Selbft Kleinigkeiten blieben der geirannten
Aufmerkſamkeit und den feinen Ohren der Athener in den großen Thrater-
räumen nit verborgen, vergl. Hegelochus Bd. IT. ©. 1092. Am ſchlimm⸗
fien erging ed den DBerberbern ber dritten Rollen, an denen man feinen
Murhmwilen und fein Gelüſt in vollem Maaße befriedigte, Dem. Cor. p. 315.
fals. leg. p. 449. Börtiger Opusc. p. 317. Das gewöhnliche Zeichen des
Mißfallens war das Pfeifen; doch gab es noch gar viele andere Formen
der Hentuorparix normou, deren Unfug Plato Legg. III. p. 701. A. ver»
dammt. S. Pollux. I, 197. IV, 122. Plat. Legg. p. 700. C. Athen.
IX. p. 406. F. Theophr. Char. 11. Seinen Beifall dagegen gab man
den Dichtern und Schaufpielern dur Händeklatſchen und Tauten Zuruf zu
erkennen, und dieſes mochte oft mit tobendem Lärm gefchehen, ſ. Arikopb.
Eq. 546. Lucian. de salt. 9. Tom. II. p. 269. vgl. p. 309. 314. Biel
leicht Fam es auch vor, daß durch lautes Aufen (aus, da capo) die Wie
berholung einer Stelle verlangt wurde. Cine Analogie dafür findet fi&
wenigftend in Xenoph. Symp. 9, 4., wo die Wieberholung einer Pantomime
auf dieſe Welfe gefordert wird. In dieſem Benehmen des Publikums, fo
republitaniſch⸗ ungebärdig es auch erfcheint, Tiegt doch zugleich der Bemeik,
Luadi sconiol j 1217
ß man mit gefpannter Aufmerkjamkeit Die Vorftellungen verfolgte, indem
an jedes aoynuoreiv des Dichters oder Schaufpielers mit Unwillen aufnahm
id durch Zeihen des Mißfallens fofort flrafie. Vgl. hierüber noch Plut.
: aud. poet. 12. Sodann ift nicht zu vergeſſen, daß bie Tragöbien jeben-
18 mit mehr Würde, Ernft und Ruhe gefehen und abgemwartet wurden,
8 vie Komödien. Den tiefen Einprud, ven bie tragifchen Spiele auf das
emüth der Athener machten, erfleht man aus Kenoph. Symp. 3, 11. Iſoer.
neg. p. 98. Bekk. Plut. de esu carn. II, 9. Lucian. de gymn. 23.
m. II. p. 903. Dio Chryfofl. Or. XXIII. p. 427. Blut. de fort. Alex.
vit. Pelop. 29. Xelian. XIV, 40. Die Komödie dagegen forberte ſelbſt
: Zuidauer zum Gelächter und lauter Theilnahme auf; und wenn biswet-
ı die Dichter diefen Zweck durch allerlei Späfle, die nit zur Sade ge
ten, wie bush Auswerfen von Nüffen und Feigen unter bie Zuſchauer,
ch beſonders zu erreihen fuchten, jo Läßt ſich Teicht denken, wie unruhig
d luſtig e8 bei den Darflellungen ver Komddie mag hergegangen fein. —
brigens hatte das Publikum, welches oft den ganzen Tag hindurch im
yeater ſaß und zuſchaute, auch fo gut ed geben mochte für feine Bequeme
bfeit geforgt. Bon den Sigfiffen und Polſtern, wie au von bein Eſſen
d Trinken im Iheater if ſchon geſprochen worden; eine große Beläftigung
er für die unermüplichen Zuſchauer mußte nothwendig dad unbedeckte
yeater fein, indem fle der Sonne und au dem üblen Wetter den ganzen
ig hindurch audgefeht waren. Gegen die Sonnenftrahlen ſuchte man ſich
ich Schirmhüte (meraoog, f. Suid. s. v.), gegen übles Wetter durch Män⸗
(f. Suid. s. Aparar) zu fügen. Vgl. noch Beer Charikles Bp. 1.
249 ff. Geppert die altgrieh. Bühne ©. 278 ff. - Bernharby Litteraturs
&. Bo. Il. ©. 649 ff. Schneider das att. Theaterw. Anm. 196. 198. 199.
I. — Vieles, was eben vom att. Theaterpublikum erzählt worden ift,
t auch vom römiſchen, obwohl wir in einzelnen Dingen auch andere
ıhältniffe autreffen. @intritt ins Theater hatten Alle, die dem bürgerlidden
ande angehörten, Männer, rauen und Kinder, ſowohl zu den Tragödien
auch Komödien, Ovid. Trist. IL, 501. er. Hec. Prol. II, 27. Plaut.
en. Prol. 31. Vgl. Bp. II. S. 408, 19. Sclaven aber war ber Tihea-
beſuch nicht geſtattet. Eintrittsgeld wurbe nicht bezahlt; das Schauſpiel
r ja ein Fefigeſchenk des Gebers, und unentgeltlich war auch der Zutritt
ben übrigen Spielen, vgl. Plut. C. Gracch. 12. Nur eine Gintrittd«
fe (tessera), worauf der angewiefene Sig nad) dem gradus und ouneus
I. d. Art. Cavoa) verzeichnet war, mußte Jeder, ber Eintritt Haben weilte,
bringen, damit die designatores ihm ben beflimmten Platz anweiſen konn»
Ueber die Art und Welfe des Bertbeilung dieſer Marken liegen Leine
richten vor; wahrſcheinlich wurden ſie vor den Spielen in ben verſchie⸗
en Ouartieren unter die Bürger vertheilt. Unter den Alterthümern von
mpeji hat ſich ein folches Täfelhen gefunden, welches folgende Aufſchrift
: CAV. II. CUN. III. GRAD. VIU. CASINA PLAUTI (Dreli Inser.
9.). S. Gryſar: Ueber den Zuftand der Nöm. Bühne, Allg. Schulztg.
2. I. Nr. 40. Die Darftelungen ſcheinen au in Mom am’ frühen
rgen begonnen zu haben; unter Galigula wurben fie bei Badeligein bib
ie Nacht fortgeiegt, Sueton. Cal. 15. Do fand es dem einzelnen
&auer frei, das Theater nach Belieben zu verlafien, und Mander mochte
I vor- Beendigung des Stückes fortgehen, f. Horat. Ars Poet. 154. Dont.
ef. ad Ter. Adelph. — In der frübern Zeit faßen wohl alle Zuihauer
e Rückſicht auf ihren Stand gemiſcht durcheinander, Tacit. Ann. XIV, 20,
ın wurden aber zuerft bie Sitze ber Senatoren ımb ihrer Familien von
nn des übrigen Volkes getrennt im 3. 558 durch die curuliſchen Aediles
lud Serranus und Lucius Scribonius, Liv. IXXIV, 44. Wal. Mar. IE
auly, Real-Wnchelop. IV. 77
1248 Luäf sconid
4,2. Ihr Plak war die Orcheſtra, Vitruv. V, 6. Sueton. Oclav. 35.
Daber diefe auch locus senatorius heißt bei Cic. Cluent. 47. Im I. 687
frug dann der Volfstribun Roscius Otho darauf an, daß den Mittern bie
der Orcheſtra zunääft Tlegenden vierzehn Sigreihen als eigenthümlicher Blap
zufommen follten. Dieß iſt die lex Roscia theatralis (f. oben ©. 996 f.).
Daher heißt in quatuordecim 'sedere f. v. a. dem Nitterflande angehören,
Cic. ad div. X, 32. Dieſe Theatergefetze blieben aber nicht ſtets in ihrer
Kraft. Schon unter dem Triumvirat des Antonius drängten ſich gemeine
Soldaten in die Sie der Ritter; dem Antonius wurde es jehr übelgenom»
men, baß er einen ſolchen zudringligen Sofpaten Hatte verjagen laſſen, Suet.
Octav. 14. Auch unter Auguflus verbrängte Willlür und Bermirrung bie
Theatergeſehe. Sueton. Octav. 44. erzählt, es babe Auguftus einmal im
Theater zu Puteoli gefeben daß ein alter Senator babe Feinen Play finden
tönnen. ‚Darauf feien flrenge Verordnungen erfolgt, nad welchen den Se⸗
natoren in allen Schauplägen der Vorrang und erfte Blag, den Rittern bie
frühern vierzehn erflen Sitzreihen, den Veftalinnen (vgl. Eic. p. Mur. 35, 73.) ein
eigener Platz nahe an ber Scene eingeräumt wurden. Auch das Übrige Volk follte
nah Alter, Stand und Geſchlecht abgefondert figen. So waren bie Solda⸗
ten geſchieden von den übrigen Zuſchauern; ebenfo follten die verbeiratbeten
Männer, die Knaben mit ihren Pädagogen abgefondert fiten. Auf dem
oberfien Rande, der um bie Sigreiben Tief (locus superior), Hatten bie
rauen ihren Pla. Nah diefen Beflimmungen darf man annehmen, daß
früher eine Sonderung na Stand, Geſchlecht und Alter nit flattfand. —
Die Ihellnabme und das Intereffe an den Iheaterfpielen erfiredte ſich durch
ale Stände des römiſchen Volkes; das Theater war flets vol. Selbſt die
jenigen Nömer, welche an Bildung ihre Zeitgenoffen übertrafen und baher
an mancher Bolfabelufligung wenig Geſchmack finden mochten, Hatten doch
für die feenifchen Darftelungen Sinn und Intereffe und befuchten Häufig das
Theater. Bgl. bierüber Val. Mar. II, 10, 8. Eic. ad div. VII, 1. ad
Att. IV, 15. post red. ad Quir. 1. Suet. Octav. 44. 45. Bei der großen
Menichenmafle, die das Theater füllte, mußte e8 natürlich ſchwer fein, Ruhe
und Ordnung fletö zu erhalten. Horaz vergleicht die ſtets bewegte Zuſchauer⸗
menge mit dem rauſchenden Walde oder dem braufenden Deere, Epist. 11, 1,
202, vgl. Macrob. Sat. II, 10. Dazu kam daß die Zuſchauer au ihrer
politifhen Stimmung im Theater Luft machten; denn erſchien ein dem Publi⸗
tum mißfäliger Dann, dann erſcholl Zifchen, Pfeifen, Geſchrei und alk
Töne und Zeichen des Mißfallens. WBeifpiele bievon erzählen Gic. ad dir.
VII, 2. 11. pro Sext. 55. Dagegen nahm auch dad Beifallklatſchen fein
Ende wenn ein Nömer erſchien, dem die Gunſt des Volkes zugemanbt war,
Pliu. H. N. XXV, 21. Gic. Sext. 54. 56. ad Att. I, 19, 3. IV, 19.
Phil. 1,12. Hor. Od. I, 20,4 ff. Dieb Beifallklatſchen wurde von ehrgeizi⸗
gen Großen bisweilen erfauft (empti plausus, Gic. Sext.54.). Ebenſo un-
verhalten äußerten die Zufhauer au ihr Lob und ihren Zabel gegen bie
Schauſpleler und gaben in Sachen des Geſchmacks oft fonberbare Lauren
und ein großes Verlangen nah neuen, überraſchenden Erfcheinungen, nah
Wechſel und Mandfaltigkeit zu erkennen. Bol. Ter. Hec. Prol. II, 25.
Gic. ad div. VII, 4. Hor. Ep. II, 1, 185 ff. Geflel das Stück aus dieſer
oder jener Urſache nicht, fo murbe feine Unterbrechung durch Toben und
Lärmen herbeigeführt, Hor. Epist. II, 1, 176. Donat. Praef, ad Hecyr.
Divase. ad Hecyr. Ter. Hecyr. Prol. IH, 30. Dagegen war tas rubige
Ausbarıen ber Sufauer bi8 and Ende ein Zeichen daß das Stück gefalle,
und von Geiten ber Schaufpieler wurde das Publiftum dur den Yuruf
Plaudite zum Beifallklaiſchen aufgefordert, Hor. 1. c. v. 156. Ber Applaus
Der. Zuſchauer war Bedingung des Girges, und nad biefem Beifall richtete
.
Ludias — Ludimagister 1219
auch bie Zuerfennung bed Siege, welche der fpielgebende Beamte aus⸗
ich. Denn in Nom richtete dad Volk, nicht ein Ausſchuß ober eine bes
ders dazu niebergefehte Commiſſion wie in Athen, über die Dichter und
: Stüde.. Daher Donat. Praef. ad Eunuch. diefen plausus ein suffragium
uli nennt. Vgl. Macrob. Sat. II, 7. — Bin befonderes Zeichen des Bei⸗
3, mit dem dad Publikum die Schaufpieler während ber Darflelung bes
e, war daB da capo Rufen (revocare) wenn eine Stelle beſonders
en halte. Zeichen des Mißfallens waren sibilus (exsibilari, explodi),
ricia (f. Bd. II. ©. 1411.) und das bärtefle dad eiicere, das tobenbe
langen, daß ein Schaufpieler von ber Bühne entfernt werde, was nit
Örte bis derfelbe abtrat, Cic. Orat. II, 50. War der Zabel des
likums gegründet, fo flanden dem Schaufpieler noch befondere Züchti-
en vom Spielgeber bevor. Dieß find die coercitiones in histriones,
laut. Cistellar. am Ende. Suet. Octav. 45. Das Recht die Schaus
er mit Geißelbieben zu beftrafen, welches auch außerhalb der Bühne und
n anderer Bergehen an ihnen, die meiflens Sclaven und Zreigelafiene
n, ausgeübt wurde, beihränfte Auguflus auf die ſceniſchen Fehler und
jehen. ©. Suet. I. c. ibig. Casaub. Tacit. Ann. I, 77. Nah ben
en des Theaters waren die Leiftungen der Schaufpieler für Müpiggänger
Damen Begenfland der Tagesgeſpräche (Bor. Sat. II, 6, 7.) und man⸗
Borfal auf der Bühne wurde zur allgemein bekannten Anekdote (Kor.
1, 3, 60.). Abweſende Freunde wurden benachrichtet, wie dieſer ober
Schauſpieler, für den man fich intereifirte, auf der Bühne ſich gezeigt
benommen habe, vgl. Cic. ad Att. IV, 16. II, 19. ad div. VII, 1. —
bie Bequemlichkeit ver Zuſchauer und ihren Genuß war in dem römi⸗
Theater vielfach geforgt. Um widrigen Geruch zu vertreiben, beftreute
verfehiedene Pläge des Theaters mit Blumen und insbeſondere mit dem
riechenden Grocud, Hor. Epist. II, 1,79. Ovid. A. A. 1,104. Martial. V,
. Plin. XXI, 17. Appul. Met. X. p. 748. Oud. Gegen bie Sonnenhige
;en die über das ganze Theater außgeipannten umbracula oder carbasina
von Lentulus Spiniher eingeführt, Plin. H. N. XIX, 6. Bal. Mar.
Eine Beſchreibung derf. ſ. bei Zucret. IV, 73. Pompejus leitete dur
ige der Zuſchauer Kanäle, aus denen eine hydrauliſche Vorrichtung einen
bregen verbreitete, um Hitze und Staub zu mindern, Bal. Dar. II, 6. Eine
;üffet erwähnt Mart. I, 26 (27.). Ueber den Uebergang von den einfachſten
ıgen bis zu dem ungeheuren Aufwande und Luxus des römifhen Theaters
fi Liv. VII,2. Eurz in folgenden Worten aus: Ludorum quoque prima
ponenda visa est, ut appareret, quam ab sano initio res in
‚ vix opulentis regnis tolerabilem insaniam venerit.
us führlicher Hat über das römifche Theaterpublikum gehandelt Gryſar
bereits angeführten Abhandlung: Leber den Zuftand der römiſchen
: u. f. w. Schulztg. II. 1832. Nr. 40 ff. [ Witzschel.]
Ladies, ſ. Lydias.
‚udimsgister (auch magister ludi, Cic. divin. in Caec. 14. magist.
um, Bopisc. Tac. 6.), yoruuntodıdaonadog, yeaupenorng (ij. Bd. II.
D.), der Unternehmer und Vorſteher einer Clementarſchule (vgl. Adcon.
l. magistri ludi dicuntur qvi primas literas docent, daher au pri-
nagister, Augußin. Confess. 1, 13.), eines ludus (Blaut. Pers. I, 1,
ic. ad Qv. fr. III, 4extr. ad Fam. IX, 18. Or. II, 22 extr., Hor.
‚6, 72. Gornel. Nep. Aut. 10.; nad Feſt. v. schola ift der Name ,
ft um die Kinder anzuloden; vgl. ludus fidicinus, Plaut. Rud. prol.
ladiatorius, vgl. Br. II. ©. 865 f.). Das Schulgeld war bie Gin-
nöquelle des Ludim., vgl. Eic. N. D. I, 26, 73. Juſtin. XXI, 9.
chule begann früh Morgens, daher matutinus magister, Martial. IX,
1220 Ludie — Lagäumum
80, 7. vgl. 69, 3 ff. Die Discipfin wurde mittelf des Stockes gehandhabt, vgl.
plagosus Sor. Ep. 11, 1, 70. ferulae tristes, sceptra paedagogorum, Martial. X,
62, 10. Im Allgemeinen vgl. Bo. IH. ©. 47. und das eine Säule dar»
ftellende Pompejanifche Gemälde, Pitture d’Erc. III, 41. [W.T.]
Ludito over ludius, f. Histrio Bd. IH. S. 1409.
Ludius, römijher Maler aus ber Zeit des Auguſtus, der die Land⸗
ſchaftsmalerei erfand, wie wir fle auf den herculaniſchen und pompejaniſchen
Wänden finden. Bine anſchauliche Schilderung feiner Darflellungsweife gibt
Blin. XXXV, 10, 37. non fraudanda et Ludio Divi Augusti aetate, qui
primus instituit amoenissimam parietum picturam, villas ac porticus, ac
topiaria opera, lucos, nemora, colles, piscinas, euripos, amnes, littors,
qualia quis optaret, varias ibi obambulantium species aut navigantium,
terraque villas adeuntium cisellis aut vehiculis; jam piscantes aucupantes-
que, aut venantes aut etiam vindemiantes. Sant in ejus exemplaribus
nobiles palustri accessu villae succollatis sponsione mulieribus labantes
trepidique: feruntur plurimae praeterea tales argutiae facetissimi salis.
Idemque subdialibus maritimas urbes pingere instituit, blandissimo ad-
spectu minimoque impendio. DBgl. R. Rochette Peintures antiques in6dites
p. 458. — Die Annahme eines älteren Malers Marcus Ludius Helotas,
son dem Plin. a. a. O. alte Gemälde in einem Tempel zu Ardea anführt,
berubt auf einer verborbenen Lesart, für melde Sillig Plautius Marcus Cleoe-
tas mit vieler Wahrfgeinlichkeit reftiiuirt Bat. [ W.]
Ludna (Tab. Peut.) over Lunna (It. Anton. p. 359.), Bleden
der Ambarri in Gallla Lugdun., nörblih von Lugbunum, an der Gtraße
nad Geſſoriacum, fürlih vom heut. Leynes. [F.]
Luentinsm (Aovsrtvor, Btol. II, 3.), Stabt der Demerä im In
nern des röm. Britanniens, vielleicht beim heut. Khandevi-Brevi in Cardigan⸗
fbire, wo fich wenigſtens römifche Infchriften und Münzen gefunden haben.
Bol. Mamert II, 2, ©. 191. [F. _
Lugdonee (? It. Anton. p. 81.), Ort im Innern Sardiniene. [F.)
Lugdunemsis Gallia, . oben Bd. III. ©. 627. 632. und Beorgii
Alte Beogr. II, 1. S. 80.
Lugdunum (häufiger (?), Diefenbach Celtica II. 1, ©. 327 f.), Stabt-
namen in ®allien und &ermanten, und zmar 1) die Stabt in Gallia Lug⸗
dunenfi8 am Zufammenfluß von Arar *? und MNhodanus, das heut. Bon,
-um (Seneca Ep. 91.), -us (Ammian. Marc. XV, 11. XVI, 11.), Aovydovra,
nad einer Lesart bei Steph. Byz. p. 918., die Doppelfladt an den zmei
Ufern de8 Arar; Lugudunum, nad Dio XLVI, 50. vie frühere, doch
auch auf Infchriften der röm. Zeit (3. B. bei Gruter CCCLXXRVIN, 6.
CCCXC, 4) vorkommende Benennung, nad Kleitophon bei Pſeudoplutarch
reoi Tlorauov (in Hubſon's Geogr. min. T. II. p. 13 f. und Annotat. p.
20.), Rabenhügel in ver celtiſchen Sprache bebeutend (Diefenb. Celt. I.
©. 65. 157. 242. Die Ableitung der zweiten Worthälfte aus dem Gelti-
ſchen räumt Thierry Hist. des Gaulois 2. Ed. IN. p. 277. not. 3. ein, bie
der erften beftreitet er, vgl. Weſſeling zum It. Anton. p. 358. Andere Ab»
leitungen f. bei Spon Recherche des Antiquites de la ville de Lyon p. 6 ff.
und lifert Geogr. d. Griech. u. Aöm. U, 2, ©. 463. Anm. 1.). Yür die
erfle Anlage des Orts auf der Anhöhe am reiten Ararnfer durch flüchtige
Belten fpriht außer feinem Namen und ber wenn and durchs Raben-
Augurium (Strabo p. 198.) mythiſch eingekleideten Sage beim genannten
* Auerft Beiyovlos (Pfenbopiut.), ein Act celtiſcher Name (Dieſenb. Celtica I.
©. 213 4.), dann Arar-is bei Griechen und Römern, bei Ammian. Marr. XV, 11.
Sanconna (Diefeny, II, 1, ©, 32.), daher der heutige Name (Game).
—XRXECC 1221
leitophon (vgl. mit Plut. Parall. gr. et rom. histerr. nr. 30.) vie zumal
ir ein celtiſche Anflevlung ſehr geeignete Localität (Schreiber Taſchenb.
Geſch. u. Altertd. in Suüddeutſchl. II. 1, S. 165 ff. 169 ff.). Zu dieſer
rien fam na Dio a. a. D. noch eine zweite Niederlaffung von Balliern,
ie aus Vienna burh die Alobrogen verdrängt worden waren, auf ber
arch den (jet corrigirten, Millin Voyage dans les De6partemens du midi
e la France I. p. 495 f.) Zufammenfluß des „rafchen Rhodanusß und be
fließenden Arar“ (Seneca Apocol. 7. und Nkert &. 134 ff.) gebildeten
albinjel (nit ber Insula bei Livius XXI, 31. ſ. daſ. Fabri). Beide An
lungen fallen vor Cäſar, und die zweite wenigſtens gehörte wahrſcheinl
m unbebeutenden, zu Gäjard Zeit von den Aeduern abhängigen Volks»
amme der Seguflaner (Spon p. 35. 37.) an; woraus fi erflärt, 1) daß
e leßtern bei Cäſar b. gall. I, 10. vgl. VII, 64. extra provinciam trans
hodanum primi beißen; 2) daß Cäſar, der doch in diefe Gegend kam,
g. ama. O. und c. 12. Lugdunum nit erwähnt; und 3) daß dieſe
tadt no bei Strabo 186. moAıs or LZeyoaıarar heißt, während fie
tol. II, 7., wie öfters, fo auch bier (?) fehlgreifenn, ven Aeduern und
cht den kurz vorher von ihm erwähnten Eyovaaror beizählt, vie In ber
wiſchenzeit bei Plin. IV, 18. neben der auf ihrem agro befindlichen Colonia
uedunum frei (von ben Aeduern wohl durch Auguſtus' Gnade, Thlerrh
n a. O. p. 279.) genannt werben. Dieſe gallifhe Anfieblung befam nun
rz nad Cäſars Tode 711 d. St. durch den röm. Golonifationdgeift und
e Politik de8 Senats vom nahherigen Triumrir Lepidus, bejonber® aber
m damaligen Brätor des trandaly. Galliens, Munatius Plancus (Cie.
| Fam. X, 1f. 9. 11.), erft ihre eigentliche ftantmäßige Begründung (Die
n a. D. vgl. mit Dodwell am a. OD. ber Geogr. min. p. 118 f. Seneca
n a. DO. 6. Gruter CCCCXXXIX, 6. Plin. II, 4.), und zwar zunächft
Seneca Ep. 91.) auf der ſchon genannten Anhöhe, dein „duobus imminens
iviis jugum“ (bei Seneca am a. D. 7. und Ep. 91., j. Fourvieres, von
rum vetus? Milin p. 469 f. und ven Plan von Lyon im Woͤrl'ſchen
artenwerk), diefer alıen, an Trümmern reichen Mutter und Beherrſcherin
ons (Schubert, Meife durch das ſüdl. Frankr. 1. S. 45 ff. HS f. 61 f.),
her wegen viefer Lage „ad Confluentes Araris et Rhodani“ oft auf Inſchrif⸗
1, 3.2. bei Gruter XIII, 15. vorkommt, und die Stadt felbft Rhodanusia
I Sivdon. Apollin. Epp. I, 5. und Araria in ©. Lupi Archiep. Lugd.
st. bei Ortelius im Thes. Geogr. Art. „Lugdunum“ Heißt. Nun bes -
nnen die Nömer, um bier fogleih. Alles zufammenzufafien, unten an bem
bt unbeveutenden Hügel (Uno Aogm, Strabo.192.) fich niederlaſſend, das
Nifche oppidum (Schreiber am a. O. ©. 165. Gäfar b. g. V, 21.) in
e röm. urbs umzuſchaffen (f. die lehrreiche Aufzähfung ver Erforberniffe
er ſolchen urbs bei Schneemann im Trierer Progr. 1844. ©. 25 ff.)
ich Anlegung einer noch in ihren Trümmern großartigen Waflerleitung
Anhöhe Hinan (Spon p. 78. Milin 470. 482 f. Schub. ©. 70.
tr deren wohlausgemauerten Sammelort (?) oben ſ. Millin p. 474 f.); eines
eater8 (Dio LXXVII, 21. Spon. p. 44 f. Millin p. 473.), während das
ıpbirhenter in der Ebene zwiſchen ven zwei Flüfſen zu ſuchen (f. weiter
ten und Dio LXV, 1.); verſchiedener Heiligthümer für die trotz der Bes
npfung bes Rom und der Humanität gefährliden Druidismus (Tac. Hist.
54. Thierry H. des Gaulois III, p. 319 f.) einander möglichſt ange⸗
yerten galliſchen und römiſchen Götter (Thierry am a. D. p. 286 ff. und
. Histoire de la Gaule I. p. 299 f. — f. die merfwürbige Altarinfrift
aurobolio Matris D.“ etc. bei Millin p. 453 f.), fo wie für fpäter aus
ı Driente eingewanberte (3. B. Mithras, Spon p. 29.); einer Mänz«
te, fchon auf Müngen des Triumvirs Antonlus, viel hänflger aber auf
1224 . KLagännum
XVI. 13.) raſch zu neuer Blüche gehoben blieb fie wemfelben wider Galba
treu, daher ihre Stabteinfünfte von Legterem zum Fiscus gefhlagen und
ihre vieleicht von Lugd.'s Stiftung ber feindliden Nachbarn zu Bienna
(Strabo 186. Seneca Apoc. 6. Weſſel. zum It. Anton. p. 358 f.), die
ale Förderer des Aufflands von Binder dad Faum wieder erſtehende Lugd.
belagert hatten (Zac. Hist. I, 59. 64 f.), begünfligt wurden, wofür dieſes
wiederum unter dem Ginfluß von Iun. Bläfus, dem Rector der Brovin;,
dem Vitellius zugethan war. Diefer ließ den fanatiihen Freiheitshelden ber
Ballier, Mariccus, den Lugd., au bei fıühera galliihen Auffländen Rom
trenergeben (ac. Ann. II, 40 f. XVI, 13.), zurüdgefloßen hatte (Thierry
H. de la Gaule I, p. 12.), im boriigen Amphitheater töbten (Tac. Hist. II,
50 f. Dio LXV, 5, und hielt eine Zeitlang daſelbſt Hof (Tar. am a. D.
und c. 65.), wie denn die Stadt fortan wieder ald Sig der Provinzial»
regierung und jeweilige Refidenz von Kaifern (Domitian, Tac. Hist. IV,
85 f., wohl au Hadrian, dieſem Bestitutor Galliae, Aferman Boman
Coins I. p. 244. nr. 64, bei feinem zweimaligen Aufenthalte in Gallien,
Al. Spart. Hadr. 10. 12 ) oder zu Kaifern Beflimmten (Septim. Geverus,
einem der beliebteften Legaten ver provincia Lugd.), au noch einmal ala Beburtt-
ftätte eines Fünftigen Kaiſers (Garac., Spart. Sever. 3 f.) erſcheint. In biejer
Veriode ihrer zweiten Blürhe muß die Bedeutung der Stadt und ihr Einfluß auf
Ballien immer größer geworben ſeyn bis auf die Zeiten des Sept. Sererub
am Ende des 2. Jahrh. n. Ehr., theils dur Zunahme ber in ihren Schw
len und durch ihren Buchhandel gerflegten griehifch-röm. Bildung, theils
dur) die nach der Mitte des 2. Jahrh. von Kleinaflen (zum zweiten Male
der Duelle füngalliiger Cultur) aus erfolgte Cinwanderung des Ghriflen-
thums, das bier von würdigen Biſchöfen, wie Pothinus und Irenfäus, deren
Gedächtniß noch an dortige Xocalitäten geknüpft fortlebt, in manchfaltigen
Zügen religidd verflärter Humanüät und großariiger Hingebung an bie bei.
ligfen Ueberzeugungen — Zeuge dad Amphitheater in der Nähe des Au
gufus-Altard (Eufeb. H. E. V, 1, 132. Tillem. Mem. eccl. II, 596.) —
aber freilich auch fektireriicher Sonderbarfeiten und eines umzeitigen Märtyrer:
eiferd, geftügt auf eine fampfrüfige Schule, von Lugb. aus auf Gründung
und Leitung einer galliſchen Kirche und durch dieſe auf die ganze abenplän-
diſche und Ihre Einheit, ja auf die Geſammtkirche bedeutenden Einfluß ge
wann (Thierry H. de la Gaule Il. p. 174 f. 178. 180 f. 187 f. 199.
206 f. 220 f. 252. 293 f. Spon p. 48. 66. 202. Millin p. 478f. 512i.).
Doch diefe erhöhte Bebeutung der Stadt fällt zufammen mit der Kataflropke,
die fie in Folge des Ihronftreited von Sept. Sererus und Albinus, welcher Lip
tere Anfangs flegreih (Spon p. 12 f., wenn acht, eine merfwärbige Infchrift),
in ihr, wieber einer zoAıs ueyaAn nai evöaiuwr (Serovian. IH, 7, 5.), fer
nen Haupiſtützpunkt Hatte und mit jenem feinem Ueberwinder, zweimal in
ihrer Nähe foht (Heimarus zu Dio LÄXV, 6f. Weſſel. zum It. Anton
p. 359 f. Thierry H. de la Gaule I, 411 f.), im Bebruar 197 n. Ghr.
dur Mord, Plünderung und eins jedoch nur theil weiſe Binälcherung
erlitt (Herod. 6.16. Spart. Sever. 11.). Denn in der dortigen Münzſtäut
wurden wenigflend Dlünzen auf diefen Sieg bed Geverus geprägt (bier
am a. D. II. p. 1 f. vgl. die von Millin neu. entdeckte Inſchrift p. 522 f.):
aber freilich erhob ſich Lugd. von da an nie mehr zur Höhe ſeiner erfim
oder zweiten Blüthe, vielmehr drängten 1) die auf jenen harten Schlag tol-
genden Zeiten des 3. Jahrh., erſchütternd fir Gallien durch den vom Ball
Poſtumus — auf mehreren feiner zahlreichen, vielleiäht zum Theil in Lug.
geprägten Münzen Restitutor Galliarum genannt (Aferman am a. O. p. 3.
57. 59.) — erneuten Verſuch, ein ſelbſtſtäͤndiges Imperium Galliaram (Tat
Hist. IV, 59. Thierry am 0. ©. Al, chap. VIII.) aufzurichten, an weldges
Lugdunum 1225
zerſuch auch die Lugdunenſer, der roͤm. Reichkeinheit nicht mehr fo treu
rgeben, wie im 1. Jahrh., lebhaften Antheil genommen zu haben ſcheinen,
aber fie vom Wiederherſteller jener Einheit, Kalier Aurelianus , ſcheint es,
mpfindlih gerüchtigt und von Probus eine neue Züchtigung befürdtend, ben
zroculus Teichtferiig zur Erneuerung jenes Verſuches aufforderten (Bopife.
. Proculi); 2) die hiedurch erleichterten Einbrüche germanifher Barbaren,
men Probus sexaginta per Gallias nobilissimas civilates wieder abnahm
Boplic. Prob. 13.); 3) die namentlich den Städten, fo Auguſtodunum,
erderblichen Bagaudenflreifereien (Thierry p. 474 f.), ſowie andere Unbilden
8 3. und 4. Jahih (Schneemann p 23 f); 4) das Aufblühen von an⸗
ern Siädten Balliend, fo von Augufla Trevirorum (Shneemann ®. 22.
bierry p. 354 f) Im Norden, von Burbigala im Wehen (f. d. Aıt. und
bierrn p. 393 f.), befonders aber vom nebenbuhleriihen Vienna und dem
irch Eonftantinus M. gehobenen Arelate im Süden, melde die Ehre, Sitz
‚n Cäſarn und Imperatoren zu feyn, von Lugd. auf fh gebracht hatten
. d. Art. Arelate und Amm. Marc. XIV, 10. XV, 8. XVI, 1 ff. XX, 10.
x, 1. 9. Bict. Epit. 48. Zoſim. II, 20.), — Lugd. an Macht und Bes
utung immer mehr in den Hintergrund, baher es auch fortan feltener genann
hd, 3. 3. von Amm. Marc. nicht neben andern zu felner Zeit beveuten-
n Städten Galliens, Vienna, Arelate u. f. f. XV, 11., fondern nur geles
ntlih, als die Stadt mit einer dritten Cinäſcherung Durch die Laeti (Schnee .
ann p. 24.). bedroht wurde (XVI, 11., f. die zweite Münze bei Spon zu
18 ), eben fo wenig von Aufonins in feinen Clarae urbes (vgl. Ep. 24,
If.; nur in ber Actio Gratiarum p. 290. ed. Bip. wird einer Schola
unicipalis apud Lugdunum gedacht und der Lugdun. provincia aud «iner
übern Seit, Aufon. Parent. IV, 5.), man mollte denn dieß Schweigen de
hrers Schmerze über die Ermordung feines kaiſerl. Zöglings Oratianus zu
ıgd. zuſchreiben (Panegyrici Vett. ed. Jaeger. II. p. 216. und 327. mit
vind Anm.), endlih noch von Eutrop. X, 7. wieder nur gelegentlich bei
räblung von dem hier verübten Selbſtmord ded Magnentius (f. eine Münze
ſſelben zu Lugd. geprägt bei Syon zu p. 18.). Nur burd das Bortarbeis
ı feiner noch Lange trefflihen Münzflätte (die ſchönen Goldmünzen von
oftumus (Eckhel VIE, p. 445.) His in die Zeiten der Könige von Burgund
d ber Erzbiſchöfe herein (Spon p. 18f) und durch kirchliche Beziehungen,
B. in den Briefen des Sidon. Apollinarls (II, 10. IV, 18. 25. VI, 12.
I, 13. IX, 3) behauptet e8 noch Einiges von feiner früheren Geltung,
I e8 zuletzt durch die 725 verbeerend bis Autun vorgebrungenen Sarazenen
müftet (Schubert p. 693. Schmidt Gel. von Franke. I. S. 130. Sis⸗
mdi Hist. des Francais II. p. 126.), feinen Lauf zu einer britten Griftenz
ten an ben beiden Strömen von Neuem beginnen mußte. Neuere Literatur
Millin p. 428. not. 1. p. 492. not. 1. Mylius maleriſche Fußreiſe
ſich das fünf. Frankreich u.f. f. 1. 2, S 53 ff. v. Quandt Beobachtungen
f einer Reiſe ins mittäg. Frankr. ©. 77 f.
2) Lugdunum in bem zu Aquitanien gehörigen, ſüdlich an die Py⸗
äen gränzenden Lande der Convenae (It. Anton. p. 417. 462 f. Aoyy-
vros, Strabo 190. -05 Ptolem. II, 6.). Diefe Convenae waren ein Ge⸗
ſch von Näubern und anderem @eflnvel, dad wohl ald Ueberbleibiel des
rtorianifhen Krieges Pompejus (Hleronym. adv. Vigilantium, Opp, ed.
ris. T. IV. $. 2. p. 282.) zur Beruhigung des beſonders an ſolcherlei
IE reichen Norbfpaniens (Blut. Pompei. 21. Cäfar b. civ. III, 19.) auf
franzöfliden Seite der Pyrenaen an einem Orte angefledelt (Plin. IV,
‚ daher xoAonia bei Ptolem am a. DO.) und gleichfam als einen vorges
benen Poſten für Cäſars foärere Eroberungen in dieſen ‚Gegenden (b.
I. 11, 20—27.) vielleicht ſelbſt noch (wenn nicht einer der een Kalter,
IV,
42
f. d. unten cit. Moͤm. und Weſſel. gum It. Anton. p. 457.) mit dem Jus
Latii auegeſtattet hatte (Strabo 191. vgl. Plin. ITI, 4.). Bel Hieronym.
am a. D. heißt daher bie Stabt urbs Convenarum, bei Bregor. Turon.
(f. d. Inder zu f. Opp. ed. Ruinart unter „Convenae“), Convenas (vgl.
Sidon. Apoll. Epp. VII, 6.) ober Conveniensis urbs. Die von Giegor.
Turon. geſchilderte Lage auf einem sinzeln lebenden Berge, au deſſen Fuß
eine reihe Quelle (Strabo 190.), die Maaße des Anton. Entnurfs einer
Reiſe von Aquae Tarbellicae (j. Dar oder Daqs, Ufert 382.) über Aquae
Convenarum (j. wahrſcheinlich Bagneres ve Bigorre), wo wie in Luchon
röm. Infhriften, den Nymphen der dortigen warmen Quellen geweiht, auf⸗
gefunden wurden (Milin am a. O. IV. p. 471 f. 490 f., vgl. Cannabich
. @emälde von Frankreich in Schütz's allgem. Erdkunde ©. 465 f. 467.
469. 481. Strabo am a. DO. Kramer zu d. St. und Ufer ©. 394.),
.. Lugdunum, Calagorrae (j. Cazeres oder Dartreß mit vielen Ruinen zwiſchen
St. Gaudens und Touloufe) nah Tolosa, endlich das Fragment (Ufert
©. 406 f ) einer Infehrift mit den Worten: civitas Conven., aufgefunden
bei St. Bertrand de Comminges im Departement de la Haute Garonne
am linken Flußufer und unter einem ber bortigen Stabtthore eingemauert,
läßt in dieſem gleichfalls auf einer ifolisten Anhöhe gelegenen Orte mit hober
Wahrfceinlichkeit unfer Luglunum wieberfinden. Zudem entbedte man bier
‚mehrere andere Inſchriften, namentlih einige auf Geſtorbene, jeht an ker
dortigen Kathedrale befindlich, ſodann Medaillen und Urnen, endlich in dem
faR mit der Stadt zufammenftoßenden Dorfe DBalcabrere (Vallis capraria)
eine Menge von Reſten des Alterihums; die nahe dabei befindliche Kirche
St. Juf if fahr aus lauter antiken Trümmern, Basreliefs, Briefen, Kapi⸗
tälen von fehr gutem Geſchmack erbaut (Mem. de l’Acad. d. Inser. V. p.
291 f. VII. p. 192 f.). Im Jahre 585 zerflört, wurbe urbs Conveniensis
1120 wicber aufgebaut und nah feinem zweiten Erbauer Gt. Bertrand mit
bem aus Conveniensis corrumpirten Zufate: de Gomminges, genannt. Weis
tere Literatur f. bei Ufert S. 260. und S. 384. Anm. 31.
3) Lugdunum CGloatum, im Gibiete der Remi (Cãſ. b. g. I, &f.),
1 zum, im Depart. de l'Aisne; Literatur bei Sickler Handb. ber alten Geogr.
4) Lugdunum, It. Anton. p. 368. Tab. Peut. Segm. 1. Aovyo
84707 Baravor, Ptol. II, 8., in dem obigen Antonin. Entwurfe einer Reiſe
nach Argentoratum, ald Caput Germaniarum, d. h. ald Anfangsyunfı
bezeichnet (Weflel. zu d. St. und Ukert S. 534. Anm. 33.). Die Römer
en auf der Bataverinfel Kaflele und zwei große, Thon zu Veſpafian't
eiten von vielem röm. Kaufleuten begangene Heerfiraßen, woron bie eine
zum Theil der Waal, die andere dem Rheine folgte. Die beiden Endyunktt
derjelben waren Noviomagum, Nymwegen, und Lugd. Bat., wahrſcheinlich
bie alte Burg ber Grafen von Holland in der Mitte von Leyden, mo zmei
Arme des alten ARheind fi wieber vereinigen; die regelrechte Form des Kreiieh
kann wohl Römerwerk feyn. Die Römer hatten von bier aus einen weiten
Ueberblid über das ebene Land ihrer unfreimilligen bataviſchen Bunbet-
genofien. In Leydens Nähe fanden fi Auinen; au wurde unter Ande⸗
zem eine Inſchrift auß der Zeit des Septim. Severus ausgegraben. Diefer
Kalfer und wohl au Hadrianus waren auf ber Infel. II M P. au
wärts von Lugd. il auf der Tab. Peut. ein Gebäude gezeiänet, Praetorium
Agrippinae, jegt etwa Roͤmburg, wo ber Rhein fi in jene beiden Arme
fpaltet und viele Alterihümer gefunden worden find, Ukert S. 534. vun
Kaniyen Geſch. d. Niederlande L ©. 45 f. |
dauridevror, Btol. II, 10., |. Lugidunum. [Cleoss.]
Lugetas — Luna - 1227
Lngetun, römifder Töpfer auf einer in Voorburg gefundenen Scherbe
5 Reioner Muſeums. Sanffen Mus. Lugd. Inser. p. 142. [W,]
Lugtus Lacus (Aovy:07 Moc, Strabo VII, p. 314.), See im Lande
r Japoden in Illyricum; der Heut. Zirkniger See. [F.]
Legi (Aovyoı, Ptol. II, 3.), Völkerſchaft an der noͤrdlichſten Spige '
r ORfüfe von Britannta- Barbara oder im ſchottiſchen Hoclande. [F.]
Lugidünam (Aovyidovrov, Ptol. IE, 11.), Ort im zmeiten Klima
rmaniend, der im heut. Schleflen an ver Stelle von Breslau oder Liegnig
ſuchen if. [F.]
Lagil, Lugiones, ſ. Lygii.
Luegiönam (Aovyioror, Ptol. II, 16.) oder Lugio (Tab. Peut.),
abt im Süben von Pannonia Inferior, Hauptort eines Bezirks; etwa in
Begmb he beut. Fleckens Batta an der Mündung der Sarviz in bie
nau. J
- Luguidonis Portus (It. Ant. p. 79.), Hafen an der Oſtküſte Sar⸗
iend, im noͤrdlichern Theile der Infel; an der Mündung des Fleinen Fluſſes
‚tt. Vgl. Cluver Sard. p. 494. Um ihn her wohnten die Luquidonensii
ovnovidornsano:) ded Ptol. III, 6. [F.] '
Leguvalliam ger Luguvallum (It. Ant. p. 467. 476 ), der
dlichſte Ort des röm. Britanniens unweit des Hadrianiſchen Wales, von
aus die (zum Theil noch vorhandene) große Heerſtraße nad dem Süden
Infel, nah Eboracum und Londinium führte; das Heut. Garlisie. [F) .
Luit (Aovioı), nah Strabo VII, p. 290. ein großes Bolt im Nords
n Sermaniend, neben den Semnonen ımd Eoldulern, das fi Marbod
erwarf; wohl nicht verſchieden von den Rugiern oder Lygiern (f. d.). [F.]
Lulias, röm. Töpfer, auf einem Teller aus Mheinbaiern, im Münchner
iquarlum. [ W.] | Ä
Luma (Aovun, Btol. V, 19.), Stadt im Often von Arabia deserta. IF.]
Lutita (ad Lulia, Tab. Peut.), Ortſchaft bei den Morinern in Ballia
a Hr pee heut. Bailleut bei St. Pol in Artoid. Vgl. Ukert IE 2.
5952.
Lumberitani, nad Plin. IT, 3, 4. die Einwohner eined zum Ges
ts bezirk von Säraraugufta gehörenden Ortes im NO. von Hifpanla Tarrac.,
ei. im Gebiete der Vaocones. Nah Dibenart Not. Vasc. p. 90. gibt
105 in Navarra einen Ort Namens Lambier, ven die Ginmohner Irum⸗
i nennen. [F.] .
Luminis oder Luminuam serritus, |. 2. F. Griefinger, de ser-
te luminum, Tübingen 1819. 8. u. Servitus.
Lumo (St. Ant. p. 296.), Bleden Liguriens, auf der italifhen Seite
Alpes maritimae, noch 6 Mil. von ihrem Gipfel und 10 Mil. weſtl.
Albium Intemelium. [F.] . |
Luna. 1.Beographifch. Aovrg (Strab. V, p 217.222. Ptol. IM, 1.
XLI, 49. XLIII, 9. Siftus VIII, 481. u. ſ. w.), die nordweſtlichſte Stadt
ariens, auf frühes Tigurifckem Gebiete (daher von Strabo am a. D. u. Mela
4, 9. als liguriſche Stadt aufgeführt), am Fluß Macra (It. Ant. p. 901.
an. II, 426.) und der Via Aemilia (Strabo p. 217.). Sie war roͤm.
onie (Liv. XL, 13.) und wichtig als Stüßpunft der Unternehmungen
n die Ligurier, übrigens aber na Strabo doch nur ein Kleiner Drt.
ihrer Nähe befanden fi große Marmorbrüche (Strabo p. 222. Plin.
v1, 5, 4. u. 6, 7.); aud war. ver bier verfertigte Käfe fehr geſucht
in. XI, 42, 97.). Ihre Ruinen Namend Luni neben Sarzana etwad
5 vom Magra. Vgl. Lunae Portus. [F.]
II. Mythologiſch. Learn, Mıfyn (Som. Hymn. 32, 1.), nad der ges
mlichen an bie Raturanfhauung fih am nächften anſchließenden Darflelung
w—
1228 Luna .
Tochter bes Hyperion und der Theia, Scähmefler bes Heliod und der Cos (Deflor.
Theog. 371 ff. Apollod. I, 2, 2. Schol. zu Pind. Isthm: 5, 1., zu Apollon.
'Arg. IV, 35), fomit Enfelin des Titan (Tirmsic, Titania, Apollon. 1. 1
Doid Fast. IV, 963.) und als Schwefler des Sonnengoited Phoebos au
Vhoebe genannt (Virg Aen. X, 216). Na Andern if fie T. des Hy
perion und der Euryphaeſſa (Hom. Hymn. 31, 5.) oder IladMdarzos Iuyarıo,
Mesyaundsidxo araxıos (om. Hymn. in Merc. 100 ) ober des Zeus und
der Leto (Schol. zu Eur. Phoen. 175.) oder des Helios (Eur. I. 1.) oder
des Hyperion und der Aethra (Hygin. praef.). Um den Enpymion (f. Bo.
III. &. 138. u. Latmus oben S. 820.) zu füffen ſenkt fie Schlummer auf
feine Augen (Apollod. I, 7, 9. ic. Tusc. I, 38. Catull. 66, 5 f.) und
zeugt mit ihn nad ber elelihen Sage 50 Töchter (Paul. V, 1, 4.), maß
ih auf die 50 Mondmonate der Ofympiade beziebt (ſ. Böckh Espl. zu Pind.
.O1. 8, 18. p. 138. O. Müller Dorier I. ©. 435.) Nah anderen Dar:
— zeugt fie mit Zeus vie Pandeia (Hom. Hynm. 32, 14 f). die
fa (Alkman fr. 32. in Vergk's Iyrici p. 547.) und Nemea (Sol. Pind.
Nem. p. 425. Bödh) und im Zufammenhang damit ſchon bei Anaragerat
den nemeifchen Löwen (Schol. zu Apollon. 1,498. vgl. Drpb. fr. 9. Earber.
fr. 47. Plut. de fac. Lun. 24. de fluv. 18, 4. u. fonft, f. DO. Mülkr,
Dorier I. ©. 442 f.). Verführung durch Pan ermähnt Virg. Ge. III, 392.
mi Eerv. Der homeriſche Hymnus auf fle (32.) ftelt ‚fie dar ale ramwa-
arepas (B.1.), Asvnwäsrog, sundoxauog (VB. 17f.), die Stirne mit goldnen
Diavem geſchmückt (B. 5 f.), auf einem Wagen daherfahrenn (vgl. Emtir.
Phoen. 152. Virg. Aen. X, 215.), beipannt mit zwei (weißen, Ovid Fast.
IV, 874. II, 110. Rem. Am. 258.) Roſſen (Hymn. 32, 9f.), wofär Auion.
Ep. 5, 8. 19, 3. vgl. Prudent. adv. Symm. 1, 361. Fulgent. Myıh. 1, 1.
Glaudian. rapt. Pr. III, 403. Kühe, Nonn. Dion. VII, 244. Maulidiere hat.
Bol. Raſche lex. rei numm. II, 2. p. 1875. Ihren Wagenienfer nennt
Stat. Theb. XI, 307. allegorifirend den Sopor. Auf einem Bferbe oder
Maulefel reitend war fle in Olympia bargeftellt (Bauf. V, 11, 8.) und in
Elis mit Hörmern (ib. VI, 24, 6.). Verehrt wurde fie (vgl. Straße XL,
p 503. XI, p. 397.) außer den genannten Orten bei. in VPaphes (Bauf
II, 26, 1.). In Rom hatte fie auf dem aventiniſchen Hügel einen X empel
(Eiv. XL, 2. Ovid Fast. III, 884. App. b. c. I, 78.), melden Serzius
Tullius geweiht Hatte (Tac. Ann. XV, 41.) und deſſen Weihfeſt nah dem
Regionarlus Victor (ver ihn in die 13te Megion fegt) am 31. März be⸗
angen murbe. Nah Dionyf. Hal. II, 50. Harte fon Titus Tarius einen
empel der Luna errichtet und nach Varro befand fih auf dem Palatinus
eine Luna Noctiluoa. Auf Infehriften wird die Luna aeterna häufig ermühnt
neben dem Sol invictus (f. Dreli 910. 1925—1929. 4980. 2498, we fe
Losna heißt, und 324.: Soli Genio Lunae), mit welchem zufammen fie in
ber via saora eine Kapelle hatte. Heilig war ihr ber dritte Wochentag (neh
orientaliſcher Sitte vom Gamflig an gerechnet), welder dies Lunae bieh,
f. die Inſchr. Hei Murat. 383, 4. Später wurbe fie mit Berfepbone um
Hekate, bei. aber mit Artemis iventificirt und auch der Kult Beiver jleh
ufammen, f. Spanheim zu Kallim. h. in. Dian. 114. 141. Soph. Oed.
1" 207. Blut. Symp. III, 10. Catull. 34, 16. Serv..zu Birg. Aen. IV,
814. VI, 118. Die Plaſtik unterfchied fle aber von Artemis burd größere
Büle der Geſtalt und des Geſichts und durch vollſtändige Bekleidung; ſ.
Gerhard Ant. Biſdw. ©. 36 ff. Am Triumphbogen Gonftantind war bis
aufe und untergehende Luna bargeflellt, f. Hirt mythol. Bilderb. S. 38.
9, 8, 7. In der nachclaſſiſchen Zeit kam ihr Galı im Bulammenhange
mit dem bed Mihras wieder in Aufnahme. Auf Dlünzen findet fi Die
Luna fehr Häufig, iheils ald Mend, ıheils als Mondgdiin, bei. ald Enmbel
——
Lanz Ä ‘1228
ıd Attribut der Kalferinnen, in vielerlei Stellungen und Verbindungen, f.
aſche II, 2. p. 1874— 1883.
UI. Anziquariſch, das halbmondſörmige Zeichen am Schuh (luna oder
ınula genannt, vgl. Suv. VII, 191. Stat. Silv. V,2,27. Plaut. Epid. V, 1,33.
ertufl. cult. fem. 10. Mart.1, 49, 31. II,29. &yd. de magg. I, 13. mens.
7.), welches den Senator kenntlich made, f. Bo. I. ©. 60f. [W.T.]
IV. Aftronomifd. Der Mondlauf iſt für die Schiffahrt von großer
zichtigkeit. Daher wurde er in ber neueren Zeit befonderd in biefer Bes
bung unterfudht. Den Alten war er widtig, weil die @intheilung bed
ıhred auf Ihm berubte und die Zefle von ihm abhingen. — Der Mond iſt
ı Trabant der Erde und umkreiſet fle in einer Ellipfe, alfo nad den näme
ben Belegen, wonach fi die Erde um die Sonne bemegt. Bliebe die
rde ruhig, mie man bied in frühern Zeiten annahm, fo würde der Mond
ır bie eine, eben genannte Bewegung haben. Da fie aber während vieles
Rändigen Umlaufes felbft in ihrer großen Bahn um bie Sonne, als ihren
entralförper, fortrüdt, fo erhält dadurch der Mond eine doppelte Bewe⸗
ng, die (in Beziehung auf die Sonne) -in einer Schlangenlinie vie Erd⸗
ihn Durchfieu,end und von ber Geſchwindigkeit beiver Körper auf ihren
ahnen abhängend vor fih geben wird. Aus diefen Bewegungen ergeben
H zwei verſchiedene Umlaufßeiten; die wirkliche oder wahre Umlaufs⸗
it des Mondes um die Erde, oder die Rückkehr des Mondes am Himmel
u einem und bemjelben Birflerne, eine Umwälzung von 360°), aud fides
(her Monat genannt, und die ſynodiſche Umlaufdzelt oder die Ruͤckkehr
4 Mondes auf ven Punkt jeiner Bahn, worin er eine Stellung gur Erde
ıd Sonne einnimmt (Zeit ded Neumondes oder Vollmondes). Die eıfte
eit beträgt 27 Iage 7 St. 43 Min. 11'/, Sec.; die zweite 29 Tage 12 Et.
L Dein. 2%/,,.Ser. — Aus der fynodiigen Umfaufszelt und daraus daß
r Mond ein dunkler Körper if, der fein Licht von der Sonne empfängt,
Hären fi die Phafen oder Lichtgeſtalten. Eteht nämlich ver Mond zwijchen
r Sonne und der Erbe, fo daß die Mittelpunfte der drei Körper in eine
bene fallen, fo kehrt er eine Scite der Sonne zu, welde eben deewegen
leudtet wird, und bie andere der Erde zu, melde eben bewegen nidt
leuchtet wird und daher dunkel und nit fichtbar if. Dies iſt die Zeit
8 Neumonded. Nach vieler Zufammenkunft wird der Mond am weltlichen
zrizonte nach dem Untergang der Some fihtbar, rüdı jeden Tag welter
n ber Sonne weg gegen Oſten, zeigt zugleih einen immer größern Theil
r von der Sonne beleuchteten Oberfläche. Die Zeit, an welder man bie
ilfte der beleuchteten Oberfläche fieht (der 7te oder Ste Tag), heißt das erfte
iertel. Kömmt nun der Mond in eine folhe Stellung daß fein Mittels
net, der der Sonne und (zwiſchen beiden) der ber Erde in einer (Ebene
gen, alfo in die der erften entgegengefegte, fo flebt man bie von der Sonne
euchtete Oberfläche des Mondes voAfländig Die Zeit, worin dies ge-
ieht, heißt die de8 Vollmondes. Rückt der Mond in feiner Bahn weiter
t, fo verſchwindet wieder ein Thell ver beleuchteten Oberfläche, er gelangt
eine Stelle, wo nur noch die Hälfte derſelben fihtbar iſt (letztes Viertel),
) er endlich nach meiterem Fortrücken an die oben bezeichnete Stelle zwiſchen
snne und Erde gelangt, von ber er ausgegangen iſt. Die Zeit des erfien
ertels fällt um den Tten Tag, die des Vollmondes fält um ben idten
1dten, die des legten Wierteld um den 2iflen oder 22ften Tag, In
Zeit zwifchen Neumond und Vollmond wird der beleuchtete Theil des
ondes immer größer, daher zunehmender Mond; in der Zeit zwifchen dem
Umond und Neumond wird er immer Feiner, daher abnehmender Mond.
r Neumond führt auch den Namen Eonfunction, der Bollmonb den Namen
ppofition; beide zufammen heißen Syzygien. Das erfle und letzte Viertel
»>
1330. . Tem -,
beißen die Quabraturen. Währenn eines Umlaufs Bringt der Mond tägl
eine beflimmte Seit über dem Horizonte zu, wird aber nicht immer, nament»
lich nicht Hei Tag, wegen feines ſchwachen Lichtes (es iſt 300 000mal ſchwächer
als dad Sonnenlicht) und nur unter fehr günfligen Umftänden gefeben. In
feiner Bahn rückt er durdfähninlih 13° 10° 35,028 täglich vor und zwar
von Welten nah Oſten am Himmel und geht deswegen täglich ungefähr 50
Minuten früher auf. Zur Zeit der Duabraturen iſt er deswegen bie halbe
Naht fichtbar, zur Zeit des Vollmonds aber die ganze Nacht hindurch. Bei
jedem Umlauf dreht fi der Mond einmal um feine Are; dies iſt der Grund
daß man von der Erbe aus immer nur eine und biefelbe Hälfte feiner Ober⸗
fläche flebt und die andre Hälfte nicht Tennt. — Der Mond bewegt fi in
einer Ellipſe um bie Erde, die jedoch nicht viel von einem Kreife verfieben
il. In dem einen ihrer Brennpunkte fleht die Erde. Die große Are ber
Mondbahn iſt der vierbundertfle Ihell von ber großen Are der Erdbahn.
Die Ercentricität der Mondbahn, die jedoch veränverli If, beträgt 0,054844
ihrer halben großen Ure oder 2841 Meilen. Die größte Entfernung des
Mondes von der Erde heißt Erdferne (Apogeum) und beträgt ungefähr
55000 Meilen; die Eleinfle Heißt Erbnähe (Perigeum) und beträgt ungefähr
49000 Meilen. Die mittlere ungefähr 52000 M. Hieraus Täßı fi fchließen,
daß der Mond, wie die Erde, nicht mit gleicher Geſchwindigkeit alle Punkte
feiner Bahn durchläuft. Da aber auf diefen Umlauf nicht allein die Schwer»
kraft der Erde, ſondern au die der Sonne einwirkt, fo ergeben fi hieraus
verfhiedene Mobificationen. Man findet nämli bei Beobachtung des Mondes
daß fein Lauf zur Zeit der Syzygien Tangfamer wird als zur Zeit der Dua-
braturen. Diefe Ungfeichheit wird mit dem Namen @vection bezeichnet und
kann fih bis über einen Brad (1° 18° 2°) erheben, fo daß fih der Ort
des Mondes um mehr als einen Grab auf feiner Bahn ändern kann. Cine
andere Ungleichheit tritt zur Zeit der Dctanten’(Stande des Mondes in der
Mitte zwiſchen den Syzygien und Qnadraturen) ein. Ste führt den Namen
Bariation und iſt nit halb fo ſtark als bie Evection, denn fie belauft
fiH auf etwas mehr als einen halben Grad (37° 5”). Die Evection erklärt
NH daraus, daß zur Zeh der Syzygien Sonne, Mend und Erbe, oder Sonne,
Erde und Mond in einer und verielben Ebene ſteht und die Sonne in diefem
Balle den ihr näher ſtehenden Himmelskörper nad dem Geſetze der Schwere
ſtärker anzieht als den entfernteren, und daß daher in beiden Fällen bie
Diflanz der Erde und des Mondes geändert und insbeſondere vergrößert wird,
wodurch nad eben dieſen Geſetzen eine langfamere Bewegung bepingt if.
In den Quabraturen fiehen beide Körper beinahe gleihweit von ber Sonne
enıfernt, die vorhin erwähnte flörende Urſache iſt nicht mehr vorhanden, «6
tritt bedwegen und ba bie Schwerkraft der Sonne auf beide Körper conver⸗
irend wirft, eine Befchleunigung in der Bewegung ein. Hieraus erllärt
N zugleih noch eine andere Erfeinung, nämlich die, daß bie genannte
Beſchleunigung und Verzögerung unter den gleichen Umftänden im Laufe eines
Jahres nicht glei bleibt. Da fih nämlich die Erde ſelbſt in einet Ellpſe
um bie Sonne bewegt, fo if ihre Entfernung von der Sonne nit gleich,
fondern im Winter (Zeit der Sonnennähe) Fleiner ald im Sommer (Zeit
der Sonnenferne) und die oben genannte Wirkung wird baber zur Zeit der
Sonnennähe ſich am ſtärkſten äußern und fomit wird bie Verzögerung de®
Mondes zur Zeit der Sonnennähe (jebt im Winter) in den Syzygien flärfer
feyn als zur Zeit der Erdferne (im Sommer). Daher wird bei größerer
Entfernung der Erde von der Sonne die Geſchwindigkeit des Mondes auf
feiner Bahn unter dieſen Bedingungen größer feyn als in Efeinerer. Diefe
Erſcheinung If dur den Umlauf der Erde um die Sonne bedingt und hängt
daber von dem Sonnenjahre ab; daher der Name jährliche GSleichung.
- Lunge | 1231
ı fih nun bie Errentrichtät der Erdbahn feit der Zeit der Alteften Beobach⸗
gen jährlih vermindert hat. fo bat ſich auch dadurch die Wirkung der
onne auf die Erde und dadurch bie mittleren Mondéabſtände verändert,
dv es laͤßt fich Hieraus folgern, daß dieſer Abfland und fomit auch bie
nlaufkzeit des Mondes in frühern Zeiten (wenn auch unbedeutend) größer
x old er gegenwärtig ift. Die Variation erflärt fih dadurch, daß bie
chtungen der Schwerkraft, worin die Sonne und Die Erde auf den Mond
fen, einen ſchiefen Winkel machten, durch deren Zuſammenwirkung eine
rıüdung bed Mondes von dem ungeflörten Drte entfleht, welde in ven
zygien und Quadraturen verſchwindet, in den Dctanten aber bervortritt. —
8 dieſen Ungleihheiten erklärt fi noch eine andere Erſcheinung, welde
n unter dem Namen Libration oder Schwanfung fennt. Da fih nämlid-
Mond mit gleihförmiger Geſchwindigkeit um feine Are, auf feiner Bahn
r ungleich geſchwind bewegt, fo kömmt ed, dag man an feinem öflliden
‚ weRligen Randpunkte auf feine Oberfläche ſieht, vie man bei gleich⸗
miger Geſchwindigkeit auf feiner Bahn an ibm nicht hätte wahrnehmen
nen. Dieſe Schwanfung iſt die nach der Länge und beträgt höchſtens
53° auf jeder Selte. Die Lage der Apfipenlinie (Apogeum und Peri-
ım) tft veränderlich. Die Bewegung der Apfidenlinie geht mit der Mond»
n in gleicher Richtung. Baher braucht der Mond längere Beit, um in
Erpnähe zurückzukehren, als fein fiverifcher Umlauf erfordert. Diefe Um⸗
fözeit beißt Die anomaliflifhe. Die Drehung der Apfivenlinie ift fo raſch,
de in 8 Jahren 310 Tagen 13 St. 48 Min. 53 Set. vollendet il, und
die Apfivenlinie nah Verlauf biefer Zeit die nämliche, in der Hälfte der
t die umgekehrte Lage hat, und das Apogeum fofort die Stelle des Peris
md einnimmt. — Die Ebene, worin fih der Mond bewegt, fällt mit
Ebene der Erdbahn nicht zufammen, ſondern durchſchneidet fle unter einem
akel, deffen Mittel 59 8° 49° if. Die Neigung beider Bahnen iſt ver»
rlih und kann bis auf 5° fallen und auf 5° 18° fleigen. Fiele die Ebene
Mondbahn mit derjenigen der Erdbahn zufammen, fo würde der Mond
fommen in der Ekliptik feinen Lauf vollenden. Da dies aber nit der
Lift, fo wird der Mond auf feinem Umlauf die Ekliptik zweimal durch⸗
eiden, einmal im Auffleigen (diefer Durchſchnitt heißt auffleigender Knoten,
us ascendens), einmal im Nievderfteigen (diefer Durchſchnitt heißt nieder⸗
enber Knoten, nodus descendens). Würbe ver Mond in feinem Laufe
: geflört, fo würden biefe Durchſchnitte an beftimmten Punkten vor fi
n. Da aber die Sonne auf den außerhalb der Ervbahn flehenden Mond
t, fo ſtrebt fie ihn auf dieſelbe zurüdzubringen und veranlaßt ihn im
ımmenmirfen mit der Erde früher die Ekliptik zu durchſchneiden als er.
ohne dies durchſchnitten hätte. Hieraus erklärt fi zugleih, daß die
hſchnitte oder Knoten eine dem Mondlauf entgegengeleßte Bewegung haben,
zurüdichreiten. Sie unterliegen einer ziemlich rafchen Veränderung, räden
ı die Ordnung ber Zeichen und vollenden ihren Umlauf in der Ekliptik
3 Jahren 218 Tagen 21 St. 22 Min. 46 Set. Die Umlaufszelt bed
bes zwifchen zwei gleichen Knoten heißt die drakonitiſche. Aus dem Um⸗
e, daß die Ebene der Mondbahn einen fehr ſpitzen Winkel mit der Eklipiie
t, erklärt fih die Erſcheinung, daß der Vollmond, da er 180° von der
ie abfleht, bie ganze Nacht hindurch über dem Horizonte bleibt. — Der
D ift ein dunkler, Tugelförmiger Körper. Sein Durchmeſſer beträgt
234.: von dem Erddurchmeſſer over 468 geograph. Meilen. Sein ſchein⸗
Durchmeſſer kann bis auf 33° 50° Feigen und auf 28° 55° herab-
1. @r Hat feine wahrnehmbare Abpfattung. Die dur Meinung ges
ne iſt gering und bödftens 1000 Fuß. Gr hat Feine Amofphäre,
ſtens wurde bis jet Feine wahrgenommen. Die Axe des Mondes madıs
41232 Luna
mit der Ebene der Ckliptik einen Winkel von 88% 31’ 15. Die Ebene feines
Nequatord iſt gegen die der Ekliptik 1° 28° 45 geneigt. Die Neigung
jener Ebene if} gegen die feiner Bahn veränderli und beträgt zwiſchen 6° 29
und 69 47°. Hiedurch entfleht neben der oben genannten Schwanfung nad
der Länge eine zweite nach der Breite, die man die Libration nad der Breite
nennt, und man fieht deswegen Punfte auf der Oberfläche ded Mondes, bie
man fonft nicht feben würde. Bei allen dieſen Erſcheinungen iſt no bie
Barallare zu berückfichtigen. — Diele Begriffe hat man im Laufe der Zeit
langſam und durch viele mühevolle Beobachtungen und Studien erobert, mie
man ſich aud den hieher gehörigen Achrbüchern über Aftronomie von Ehubert,
Littrow, Bohnenberger, Biazzi, Mäpler* u. f. mw. Überzeugen kann. Geht
man nun auf die erflen Nachrichten zurüd, die man in den Schriften der
Alten aufgezeichnet findet, fo find fie fehr dürftig und unflder, obgleich man
dem Laufe des Mondes fhon in der früheflen Zeit große Aufmerfiamfeit
ſchenkte. — Weber die verſchiedenen Borflelungen, die man im Altertum
von dem Monde Hatte, berichtet Achilles Tatius (Isagog. in Phaen. 21.
Petav. Uranolog.) Folgendes: „Einige meinen, daß gar fein Mond eriflire
(ovd& Boviorsas eiraı oeAnımr), Binige, daß er eine Ausdünſtung der Erde
fei (aę @radvudosas yac), Einige, daß er aus euer, Binige, daß er auß
Luft beſtehe. Einige halten ibn für eine durch euer gereinigte (y7“ namv-
o@ussnr) fefte und von Feuer umflofiene Erde mit bemohnbaren Gegenden
und Flüſſen wie die Erde. Don ihm fol, wie man erzählt, der nemelidhe
Köme gefallen ſeyn. Gmpebofles meint, daß er ein von ber Sonne fodge-
riffener Körver ſei. Nah der Anficht @iniger Hat er eine Kugelgeftalt (oyjre«
opurpomdag), nad ber Anderer die einer Scheibe (dianosıdss).” Plularch
berichtet (de placit. philos. II, 25. 27.), daß Xenophanes ihn für eine ver-
dichtete Wolfe (vepng nenıAnusror) halte, daß er nad der Anſicht der Stoifer
aus Teuer und Luft beſtehe, nah der des Anaragoras (cl. Diog. Laert.)
und Demofritd ein fefter feuriger Körper ſei, welcher Ebenen, Berge und Ihäler
“babe, daß er nah Heraclitd Meinung eine von dichten Nebel oder Dunft
umflofiene Erde ſei, daB er nad der Anfldt der Stoifer die Geſtalt einer
Kugel babe, mie die Sonne, nah der des Empebofles vie einer Scheibe
. (ef. Diog Laert.), nad der des Heraclit die eines Kahns (magosıdn, nad
der Anderer die eined Cylinders (avArröpoeıdn). Bol. Lucıet. V, 278 -384
703 ff. — Den Umlauf ded Mondes und die mit ihm verbundenen Erſchei⸗
nungen beobachtete man frühe. Plinius fagt (H. N. IE, 9, 6) daß Endy⸗
mion benfelben zuerfi (primus hominum) beobadtet habe. Rah Beminus
(Isag. in Phaen. 15.) fannten die Chaldaͤer ſchon die mittlere Bewegung des
Mondes und beflimmten fie zu 13° 10° 35°, alfo ſehr genau. Beroſud er-
Hirt nah Vitruo (Archit. 9, 4.) die Lihtgeflaften des Mondes auf eine ſehr
bürftige Art. Er lehrte daß der Mond eine Kugel (pilam) fei, zur Hälf e
leuchtend (candentem), zur Hälfte von bimmelblauer Farbe. Wenn nun der
Mond zmiihen der Erde und Sonne (Neumond) flche, fo zeige er den nicht
leuchtenden Theil der Erde, welcher, wegen Achnlichkelt der Farbe, dunfel
erfcheine (obscuram videri), alſo nicht gefehen werde. Wenn er ih aber
von der Sonne gegen Dflen entferne, fo zeige ex immer einen größern T heil
ber leuchtenden Oberflähe. Daher merbe diefer geiehen, ber übrige nicht.
Wenn er in einem rechten Winkel von ber Sonne abflehe, fo drehe er die
Hälfte der leuchtenden Oberfläche der Erde zu u. f. w. Dadurch entſtehen
fofort die Lichtphaſen. Go dürftig dieſe Erklärung iſt, fo liegt Ihr Doch ver
Begriff der Kugelgeftalt zu Grunde. — Die Anfiht, daß der Mond ein
® Sgieber gehört beſ. auch P. U. Haufen, fundamenta nova investigationis °
orbitae verae qvam lana perlustrat, Gotha 1838, 4. [ W.T.]
Luns 1233
er, von ber Sonne beleuchteter, Bugelförmiger Körper ſei, findet fi
en Griechen ſchon frühe vor, f. Astronomia. Stand diefer Begriff feR,
zab fih auch bald aus ihm die Erklärung der Lichtgeftalten des Miondes.
indet HG bei Geminus (Isag. in Phaen. 7.), Achllles Tatius (Isag. in
. 21.), Blinius (H. N. II, 9.), Macrobius (Somn. Scip. I, 6.),
. &apılla (VII, 862. Kopp) u. f. w. auf die oben angegebene Art
rt. Geminus folgert aus dieſen Erfheinungen und aus noch andern
ben, daß ber Mond von der Sonne. beleuchtet werde und fügt hinzu, daß
s bie Hälfte Der Mondoberfläche beleuchtet fei, wenn man ſie fon nicht
r und zur Zeit des Neumondes gar nicht: fleht. Die Lichtgeftalten führen
m Griechen bejondere Namen. Sie heißen (Beminus am a. DO.) uy-
:s (fielförmig, concav, gefrümmt, bie Gehalt des Mondes in ben
und legten Tagen des ſynodiſchen Monatd), dsyorouog (in zwei gleiche
e getheilt, erſtes und letztes Viertel), aupixvozor (Einmmgebogen, conver
mmt, Geſtalt zwifchen dem Bollmonde und dem erften und legten Viertel),
Anvros (Vollmond). Dieſelben Lichtgeſtalten zeigt der Mond nicht an
ben Tagen des ſynodiſchen Monatd, fondern an verfchlevenen, benn
nd nach Beminus dur die Ungleichheit der Bewegung des Mondes in
n Laufe bedingt. Er bemerkt hierüber Folgendes: Iſt der Mond fehr
I, fo erſcheint er fihelförmig (krosörs) ſchon am Tage des Neu⸗
es ſelbſt, ift er ſehr langſam, erſt am dritten Tage und bleibt es His
fünften. IA feine Bewegung langfam, fo wird er am 7ten Tage zur
e beleuchtei (dsyoronog), iſt de ſehr langſam am Sten, if fie ſehr ſchnell,
ten. Er wird conver gefrümmt (augixvoros) bei größter Geſchwindig⸗
m 10Oten Tage, bei Eleinfter am 10ten. Vollmond entfleht bei größter
mindigfeit am 13ten, bei Heinfter am 17ten Tage. Zum zweitenmale
nt er conver gekrümmt am 18ten bei größter, am 22ften bei kleinſter
minbigleit; zum zweitenmale halbvoll am Ziften Tage bei größter, am
ı bei Eeinfter Geſchwindigkeit; zum zweitenmale fihelförmig am 25flen
bei größter, am 26flen bei kleinſter Geſchwindigkeit: Die Dauer bes
hen Monats (ano ovrodov sig. ovrodor, ara navosimov ani 10
Anvor) gibt Geminus zu 29*/, und */, Aag an, was übrigens unrichtig
die Mondsfinflerniffe behandelt Geminus c. 9., f. den Art. Eclipsis. —
enauern Unterfudgungen über den Mond bat man hauptſächlich Ariftar
danfen. Die Angaben über Größe und Gntfernung ber Weltkörper
ı in der frügeften Zeit willfärlig angenommen. So fagt Empevofles
3lutarch (de Plac. II, 31.) daß die Entfernung des Mondes von ber
boppelt fo groß als bie deſſelben von der Erbe ſei. Andere nahmen
rbältniß von 3 zu 4 oder 1'/, zu 1 an (Bailly, Geſch. der neuern
TH. J. ©. 16.). Ariſtarch brachte bierein eine beſtimmte Bafls,
an ſich aus feiner - Schrift de magnitudinibus et distantiis solis et
(Wallisii opp. Tom. II. Oxoniae 1699. p. 569.) überzeugen fann.
te, daß zur Zeit der Quadraturen ber Mond in eine ſolche Stellung
daß er einen rechten Winkel macht und daß alfo dieſe drei Körper
en ein rechtwinkliges Drei bilden, deſſen ſpitzige Winkel an ber Erbe
snne liegen. Mißt man nun ben fpigen Winkel, welchen bie Erde
s Monde und der Sonne bildet, fo kennt man einen zweiten Winkel
m Dreieck, folglich auch ben dritten. Gr gibt ven Winkel an ber Erbe
an und folgert nun, daß die Entfernung zwiſchen ber Sonne und
e von ber zwiſchen dem Monde unb ber Erbe größer ald bad 18fache
iner als das 20fade ſei (Propos. VII). Die nämlide Beſtimmung
für das Berhältniß zwiſchen dem Sonnen» und Mondsdurchmeſſer an.
jagt er (Propos. XI, p. .585.), daß ber Durchmeſſer bed Mondes
6 ?/,, und größes als '),, vom bes Entfernung fei, welche zwiſchen
Beal-Enchioy. IV. Ä 78
4232 Luna
mit der Ebene der Ekliptik einen Winkel von 88° 31’ 15. Die Ebene feines
Aequators iſt gegen die der Ekliptik 1° 28° 45° geneigt. Die Neigung
jener Ebene iſt gegen die feiner Bahn veränverli und beträgt zwiſchen 6° 29
und 6° 47’. Hiedurch entfleht neben der oben genannten Schwankung nad
der Ränge eine zweite nach der Breite, die man bie Libration nad) der Breite
nennt, und man flieht deswegen Punfte auf der Oberflähe des Mondes, die
man fonft nie feben würde. Bei allen diefen Erſcheinungen iſt noch bie
Barallare zu berüdfihtigen. — Diele Begriffe hat man im Laufe der Zeit
langſam und durch viele mühevolle Beobadptungen und Studien erobert, wie
man fi aus ven hieber gehörigen Lehrbüchern über Aftronomie von EQubert,
Littrow, Bohnenberger, Viazzi, Mäpler* u. f. mw. Überzeugen kann. Geht
man nun auf die erflen Nachrichten zurüd, die man in den Schriften ber
Niten aufgezeichnet findet, fo find fle fehr dürftig und unflder, obgleich man
dem Laufe des Mondes ſchon in der früheflen Zeit große Aufmerfiamfeit
ſchenkte. — Ueber die verſchiedenen Dorflelungen, die man im Altertum
von dem Monde Hatte, berichtet Adilles Tatius (Isagog. in Phaen. 21.
Petav. Uranolog.) Folgendes: ‚‚@inige meinen, daß gar fein Mond eriftire
(ov8& Bovloraı eivaı oeAnrmv), Einige, daß er eine Ausdünſtung der Erbe
fe (eE &advmaoswng yas), Einige, daß er aus Feuer, Einige, daß er aus
Luft beſtehe. Einige Halten ihn für eine durch Feuer gereinigte (y7/“ nenv-
o@usrn) feſte und von Beuer umfloffene Erde mit bemohnbaren Gegenden
und Flüffen wie die Erde. Don ihm fol, mie man erzählt, der nemeiſche
Lowe gefallen feyn. Empedokles meint, daß er ein von der Sonne losge⸗
riffener Körper ſei. Nach der Anſicht Einiger hat er eine Kugelgeftalt (oyju«
Opuposödsg), nah der Anderer die einer Scheibe (diaxosıdas). Plutarch
berichtet (de placit. philos. II, 25. 27.), daß Xenophanes ihn für eine ver»
dichtete Wolfe (vepog nenıAnusror) halte, daß er nad der Anſicht ber Stoifer
aus Feuer und Luft beflebe, nad der des Anaragoras (cf. Diog. Xuert.)
und Demofrits ein fefter feuriger Körper fel, welcher @benen, Berge und Thäler
" Habe, daß er nah Heraclitd Meinung eine von dichtem Nebel oder Dunſt
umfloffene Erde fei, daß er nah der Anſicht der Stoifer die Beftalt einer
Kugel babe, mie die Sonne, nah der des Empedokles die einer Scheibe
. (ef. Diog. Laert.), nad der des Heraclit die eines Kahns (ragyosön, nah
der Anderer die eined Cylinders (avAsrdpoeıön). Bol. Lucıet. V, 575— 934.
703 ff. — Den Umlauf des Mondes und die mit ihm verbundenen Erſchei⸗
nungen beobachtete man frühe. Wlinius fagt (H. N. II, 9, 6) daß Endy⸗
mion benfelben zuerfl (primus hominum) beobadtet Habe. Nah Geminus
(Isag. in Phaen. 15.) fannten die Chaldaͤer fon die mittlere Bewegung des
. Mondes und beflimmten fie zu 13° 10° 35°, alfo fehr genau. Beroſus er-
Härt nah Vitruo (Archit. 9, 4.) die Lihtgeflalten des Mondes auf eine fehr
dürſtige Art. Er lehrte daß der Mond eine Kugel (pilam) fet, zur Sälfe
leuchtend (candentem), zur Hälfte von bimmelblauer Farbe. Wenn nun der
Mond zwilchen der Erde und Sonne (Neumond) fiche, fo zeige er den nicht
leuchtenden Theil der Erbe, welcher, wegen Achnlichkeit der Farbe, dunkel
erſcheine (obscuram videri), alſo nicht geſehen werde. Wenn er fi aber
von der Sonne gegen Dften enıferme, fo zeige er immer einen größern Theil
der leuchtenden Oberflähe. Daher werde dieſer gefeben, der übrige nicht.
Wenn er in einem rechten Winfel von der Sonne abflehe, fo drehe er die
Hälfte der leuchtenden Oberflähe ber Erbe zu u. f. w. Dadurch entfichen
fofort die Lichtphaſen. So dürftig diefe Erklärung If, fo liegt ihr doch ver
Begriff ber Kugelgeftalt zu Grunde. — Die Anfiht, daß der Mond ein
® Sieber gehört beſ. auch P. A. Ganfen, fundamenta nova investigationis
orbitae verae qvam luna perlustrat, Gotha 1838, 4. [ W.T.]
Luna ’ 1233
aller, von der Sonne beleuchteter, Eugelfärmiger Körper jet, findet fi
ven Griechen ſchon frühe vor, f. Astronomia. Stand diefer Begriff fefk,
ergab fih auch bald aus ihm bie Erklärung der Lichtgeſtalten des Mondes.
ie findet ih bei Seminus (Isag. in Phaen. 7.), Achilles Tatius (Isag. in
sen. 21.), Plinius (H. N. II, 9.),. Macrobius (Somn. Scip. I, 6.),
art. Capella (VII, 862. Kopp) u. f. m. auf die oben angegebene Art
tert. Geminus folgert aus biefen Erfheinungen und aus noch andern
ünden, daß ber Mond von der Sonne beleuchtet werde und fügt hinzu, daß
ner die Hälfte der Mondoberfläche beleuchtet fei, wenn man fie ſchon nicht
ner und zur Zeit des Neumondes gar nicht: fleht. Die Lichtgeftalten führen
den Griechen befondere Nanıen. Sie heißen (Geminus am a. D.) uy-
söns (ſichelfoͤrmig, concav, gekrümmt, bie Geflalt des Mondes in ven
en und legten Tagen ded ſynodiſchen Monats), dsyozouog (in zwei gleiche
eile geteilt, erſtes und letztes Viertel), augpixvgzor (Einmmgebogen, conver
rümmt, Beftalt zwifchen bem Vollmonde und dem erſten und letzten Viertel),
voAnvos (Bollmond). Diefelben Lichtgeftalten zeigt der Mond nicht an
felben Tagen des ſynodiſchen Monats, fondern an verfchiedenen, benn
find nah Geminus durch die Ungleichheit der Bewegung des Mondes in
ıem Laufe bedingt. Er bemerkt hierüber Folgendes: If der Mond fehr
iell, fo erſcheint er fihelförmig (nrossdrs) ſchon am Tage des Neu⸗
ndes ſelbſt, ift er ſehr langſam, erſt am dritten Tage und bleibt es Hi6
ı fünften. IR feine Bewegung langfam, fo wird er am 7ten Xage zur
Ifte befeuchtel (degoromog), If fie ſehr langſam am Bten, iſt ſie ſehr ſchnell,
bten. Er wird conver gekrümmt (aupixvorog) bei größter Geſchwindig⸗
am 10ten Tage, bei Eleinfter am 18ten. Vollmond entfleht bei geößter
chwindigkeit am 13ten, bei kleinſter am 17ten Tage. Zum zweitenmale
heint er conver gekrümmt am 18ten bei größter, am 22fen bei kleinſter
chwindigkeit; zum zmeitenmale halbvoll am 2iflen Tage bei größter, am
:en bei kleinſter Geſchwindigkeit; zum zweitenmale fihelförmig am 2öften
je Hei größter, am 26flen bei Kleiner Geſchwindigkeit: Die Dauer bes
diſchen Monats (am0 ovrodov eig ovrodor, ano narssArrov Ani 10
osAnsor) gibt Beminus zu 29*/, und '/, Tag an, was übrigens unridtig
Die Monvöfinkterniffe behandelt Geminus c. 9., f. den Art. Eclipsis. —
genauern Unterfuhungen über den Mond bat man hauptſächlich Miſtarch
verdanken. Die Angaben über Größe und Gntfernung der Weltkörper
ben in der früheften Zeit mwilllürlig angenommen. So fagt Empedokles
Plutarch (de Plac. II, 31.) daß die Entfernung bes Mondes von ber
ne boppelt fo groß als die defielben von Der Erbe ſei. Andere nahmen
Verhältniß von 3 zu 1 oder 1'/, zu 1 an (Bailly, Geſch. der neuen
on.- Shl. I. ©. 16.). Ariſtarch brachte hierein eine beſtimmte Balls,
man fih aus feiner. Schrift de magnitudinibus et distantiis solis et
e (Wallisii opp. Tom. Ill. Oxoniae 1699. p. 569.) überzeugen fann.
ieigte, daß zur Zeit der Quadraturen ber Mond in eine ſolche Stellung
nt, daß er einen rechten Winkel macht und daß alfo dieſe drei Körper
nmen ein rechtwinkliges Dreie bilden, deſſen Ipitige Winkel an der Erbe
Sonne liegn. Mißt man nun den fpigen Winkel, welden bie Erde
dem Monde und ber Sonne bildet, fo fennt man einen zweiten Winkel
efem Dreieck, folglih au ben dritten. Er gibt den Winkel an ber Erbe
7° an und folgert nun, daB die Entfernung zwiſchen ver Sonne und
Erbe von ber zwiſchen dem Monde und ber Erbe größer ald das 18fache
Fleiner als das 20fade fei (Propos. VII). Die nämlige Beſtimmung
er für dad Verhälmiß zwiſchen dem Sonnen- und Mondsdurchmeſſer an.
v fagt er (Propes. XI, p. 585.), daß ber Durchmeſſer des Mondes
x als ?/,, und größes als *,, von bes Entfernung ſei, welche zwiſchen
nig, Beal-Euchdey. IV. 78
‘
1234 Lana .
und und dem Mittelpunkt des Mondes iſt (Propos. XV.), baß ber Sonnen⸗
durchmeſſer zu dem Erddurchmeſſer it einem größern Verhältniſſe als 19 zu 3
und einem Pleinern als 43 zu 6 (Propos. XVII.), der Erddurchmeſſer zu dem
Monddurchmeſſer in einem größern Verhältniſſe ald 108 zu 43, in einem
Heinern als 60 zu 19 ſtehe. Diefe Beflinimungen find zwar alle unrichtig
(die Beſtimmung des Verbältniffes zwiichen Mond⸗ und Erddurchmeſſer [1720
Meilen] liegt der Wahrheit am nähen), waren aber doch von großer Widtig-
keit, denn ſie beruhten auf richtiger Unterlage und führten, wie ein Weg⸗
weiter, auf den Pfad der Unterſuchung und find deswegen als ein großer
Foriſchritt in der Wiſſenſchaft zu betrachten. Alle dieſe Beſtimmungen find
nur relativ, nicht abfolut. Plutarch fagt in feiner Schrift de facie in orbe
Iunae (p. 925. C. Xylander), nachdem er die Angaben des Ariſtarch aufgeführt
bat, daß diejenigen, welche dem Mond die geringfle Entfernung geben, fie
auf 56 Erdhalbmeſſer ſchätzen. Diele Angabe fett die Entfernung des Mondes
auf 56 . 860 — 48160 Meilen, alfo ziemli genau. Daß biefe Beſtimmung
von Ariſtarch herrühre, wie in Bailly's Geſchichte der neuern Aſtronomie
Thl. I. S. 83. vermuthet wird, läßt fich aus Plutarchs Worten durchaus
nicht folgern. Eratvſthenes beftimmte die Entfernung des Monds von ber
Erde nah Plutarch (de Placit, Philos. II, 31.) zu 780000 Stad. — Die
Neigung der Mondsbahn gegen die Ekliptik Tannte ſchon Cudoxus und des⸗
wegen auch die Bewegung feiner Knoten. Hipparch beflimmte biefe Neigung
u 5° (Almagest. V,8.) und verfolgte den Umlauf ber Knoten in ber Ckliptik
le Uingleihhelt der Bewegung des Mondes In feiner Babn war ſchon frühe,
wahrfheinlih ſchon von den Chaldäern gekannt; denn .fle beflimmten ſchon
die Sröße der mittleren Bewegung. Man fragte jeboch nicht nad den Ur⸗
ſachen, fonbern fuchte nur bie durch fle bedingten Erſcheinungen zu erklären.
Dies geſchah auf zweierlei Art, durch den excentrifhen Kreiß und durch bie
Spicykeln. Bei dem excentriſchen Kreife erflärte fih die ungleiche Bewegung
dadurch, daß man den einen Körper in den ercentrifchen Punkt feßt und von
ihm aus ben bewegten Körper auf feinem Kaufe in der Beripherie bes Kreiſes
beobachtet. Beide Körper haben fofort in ihren verſchiedenen Stellungen
verſchiedene Entfernungen von einander, während ber bewegte die gleidhe Ge⸗
ſchwindigkeit auf feiner Bahn beibehält. Zur Zeit des geringern Abſtandes
Teint jedoch, und gerade deswegen, ber bewegte Körper eine größere, zur
Zeit des größeren Abſtandes eine‘ Fleinere Geſchwindigkeit zu haben. Zur
Grflärung der ungleihen Bewegung durch die Epicgkel Hat man zwei Kreife
noͤthig; einen Hauptkreis mit großem Durchmeſſer, deferirenber Kreis
genannt, und einen oder mehrere Eleinere Kreife, Cpicykeln genannt, mit
einem Durchmefſſer. Die Mittelpunkte letzterer liegen immer in der Beri-
pherie des beferirenden Kreiſes. In dem beferirenden Kreife hat der bewegte
Körper immer eine gleiche Geſchwindigkeit; gebt er aber in den Cpicykel über,
fo behält der Mittelpunft des Iehtern bie gleihe Geſchwindigkeit bei, ber
Körper ſelbſt aber erhält eine größere, wenn er ſich in dem einen Halbkreis
bes Epichkeld befindet und in der Richtung des Haupikreiſes fi fortbewegt:
eine Eleinere, wenn er ſich im anbern Halbkreiſe befindet und in entgegen
gefegter Richtung mit dem deferirenden Haupikreis bewegt. Sie wirb gleidh-
förmig, wenn er in ben beferirenden Kreis eintritt. Aus dem Verhältniß
bed Radius des deferirenden Kreiſes zum Gpichkel ergibt fi bie Große ber
Beſchleunigung und Berzögerung. Diss muß fo beflimmt werben,- daß fi
die Erſcheinungen baraud erklären laſſen. Bailly ſchreibt vie Erfindung ber
GEpichkel dem Apolloniuß zu. Hipparch benugte beide Methoden und es wirb
aus den von Ihm angeflellten Unterſuchungen ganz wahrſcheinlich, daß er zuerſt
auf bie Parallare des Mondes aufmerkiam machte. Diefen Borarbeiten hatte
Ptolemäus wenig mehr zuzufügen. Es Hlich Ihm nur übrig bie Beobach⸗
’
Luna Sllva — Lunae Promenierium - " 1285
gen ji wiederholen und zu corrigiren, was er In feinem Werk Almagest
‚dergelegt hat. Ihm Bleibt das Verbienft, daß er bie Evection des Mondes
tvedt Hat. Er beflimmte fle zu 79 40° (Tycho de Brahe entdedte bie Va⸗
ıtion). Ptolemäus beflimmte die Entfernung des Mondes von der Erbe
33,43 Erdhalbmeſſer (mittlere Entfernung in den Quadraturen), au 59
ittlere Entfernung in den Syzygien). Hiezu Fam noch ber Halbmefier des
icykels, den er zu 10,2 Halbmefler beflimmte. Den ſcheinbaren Durch»
fler des Mondes beflimmt er zur Zeit der größten Entfernung zu 31’ 20°
Imag. V, 14.), zur Zeit der Eleinften Entfernung zu 35° 21’ (Almag.
‚9.) u. ſ. w. — Aus biefem Ueberblid Tann man die Fortſchritte der
ıern Zeit mit dem Erbe, welches das Alterthum hinterließ, vergleichen.
iheres in den ahgef. Schr. der Alten, in Bailly's Geſchichte der alten und
ıen QAftronomie, Histoire de mathömat. p. Montucla u. f. f. — Uußerbem
jegnet man noch andern Begriffen und Vorſtellungen über befondere Kräfte
d Ginwirfungen des Mondes, bie fih im Alterthum ausgebildet Hatten.
8 Stellen des Marrobius ergibt fih, daB Sonne und Mond für duces
ai gehalten wurden (Sat. I, 16.); auch wirb dem Monbe eine befonbere
awirkung auf das Leben des Menſchen zugeſchrieben (vitam vero nostram
ıecipue sol et luna moderantur, in Somn. Scip. I, 19.), ferner eine
iche auf vergänglige Körper zugeſchrieben (nec dubium est quin ipsa
na) sit morlalium corporum et auctor et conditrix adeo ut nonnulla
pora sub luminis eius accessu, patiantur augmenta et hac deerescente
auantur), eine Anftcht, die man auch gegenwärtig noch verbreitet findet.
Die Meinung daß der Mond Cinfluß auf das Wetter babe, findet ſich
m fehr früh im Alterthum. Aratus handelt darüber (Phaen. 772 ff.) aus-
rlich. Der Vollmond und Neumond, das erfle und letzte Viertel, ferner
pefächlid der dritte und vierte Tag nach jedem der genannten vier Haupt⸗
te iſt entfcheidend für das Wetter und es läßt ſich auf verichiebene
ndesritungen, Sturm oder Megen fehließen, je nachdem bie Barbe des
indes beſchaffen oder je nachdem er mehr oder weniger bel oder umflort
Hierüber handelt au Virgil Ge. I, 424. Bür hauptſächlich entſchei⸗
b erklärt er ben vierten Tag nad bem Neumond (namque is certissi-
s auctor), denn wenn ſich an. biefem Tage ver Mond rein und mit hell»
nzenden Hörnern zeigt, fo deutet die für den ganzer Monat wind» und
miofes Wetter an (ille dies et qui nascentur ab illo exactum ad mensem
via ventisqgue carebunt). @ine genaue Zufammenfielung hierüber gibt
nius H. N. XVIIL, 35, 79. |[0O.]*
Luna Silva (Aovra vAn, Btol. II, 11. 6. 5. u. 26.), ein Wald»
irge im Süden Germaniens, zwifchen den Sudeti Montes und dem Da-
ius; Öflli$ von ber Gambreta Silva (oder dem Böhmer Walde), welches
Seie r oem von bem ber Quadi ſchied; das heutige Mährifche
irge. | F.
Lumae Portus (Zeig Au, Gtrabo V, p. 222. Liv. XXIV, 8.
KIX, 21.), an der Küfte Liguriens, nad) der in der Nähe gelegenen Stabt
a benannt, als deren Hafen er angeſehen wurde; j. Bolfo di Spezzia. |F.]
Lunse Promontoriam (Zeirrne &x009), 1) an der Küfte Etrus
8, etwas füböflih von der Stadt. Luna (Ptol. III, 1.). — 2) ein als
nem: 6009 Aneor von Ptol. II, 5. angeführte Vorgeb. der Weſtküſte
taniens; nad Ulert II, 1. ©. 283. bei Cintra zu fuchen, mo Reſendius
iq. Lus. p. 92. Ruinen eines Tempeld der Sonne und bed Mondes und
briften fand; nah Andern Cap Roceo oder Cabbueyro. [F.]
° Eine wipfenfchaftliche Kritie diefer Vorſtellungen hat Meufchle gektefert in den _
69, ber Gegenw, April 1845, [W. T.]
.
11565 Leunartaum Eromonterkum -— Lupsrene
Lanarlam Promontorium (Aovra00r7 axoor, Ptol II, 6.), an
der Oſtküſte von Hiſpania Tarrac. im Gebiete der Laetaner, angeblich jet
St. Felix de Buifola.
Lungönes (Aovyyores, Ptol. II, 6.). ein Zweig der Aſtures im NW.
von Hifpanta Tarrac., auf der Halbinfel Afturiens, die mit Sabo de Pennas
enbigt. Ihnen gehörte die Stadt Pelontium (nah Brietius Tab. parall.
T. I. p. 264. das heut. Aplans). [F.]
j Lunns, f. Ludna.
Lanus, Mrv. Die Vorftelung und Verehrung bes Mondes als eines
männliden Wefend ‚mar in dem größten Ihelle von Kleinaften und in Syrien
zu Haufe. Beſ. Earrä wird In dieſer Beziehung genannt (Spart. Carac. 6.:
Carras Luni Dei gratia venit. DBgl. Ammian. Darc. XXIII, 3, 2. Herodian.
IV, 13.) und von da die Meinung berichtet, daß wer den Mond als weiblich
ſich vorflelle und benenne, den Weibern verknechtet fel, wogegen diejenigen melde
an den männlichen Mond glauben, bie Herrſchaft Über die Weiber behaupten.
Auf Münzen kommt Häufig die Darftellung des Aunus vor: ein Mann zu
Buß oder zu Noß, mit einer phrygiſchen Müge und einem Halbmond, f.
Raſche II, 2. p. 18841886. Bol. au Prof. in Tim. IV, 251. Galvtan
de provid. Dei VII. Pythagoras verbot einen Hahn zu töbten als iapos
«od Mmos, Jamblich. Pyth.I,18. Ein Hahn Kiegt aud öfters auf Mänzen
W.T.
. zu den Füßen des Lunus, f. Raſche p., 1883 F.
Lupa, die Wölfin melde nach der. Mythe die ausgeſetzten Säuglinge
Romulus und Remus fäugte ; nad) andern Darftellungen die Frau veö Bauftulus,
Larentia, ald Allen zu Gebot ſtehend (vgl. lupanar). Bgl. Liv. 5,4. Put.
Rom. 4. Dienyf. I, 79. Jedenfalls Romuli nutrix Lupa honoribus est
affecta divinio (Pactant. Inst. 1,20.), und die Darflellung einer zwei Kinder
fäugenden Wölfin als ſymboliſche Bezeichnung der Anfänge Roms finvet fi
daher fehr Häufig auf Münzen (Raſche II, 2. p. 1886—1890.). Bon ylaftis
fen Darftellungen der Wölfin werben aus Mom drei bronzene erwähnt:
1) die ogulnife 457 d. St. von dem Nebilen Gn. und DO. Ogulnius ge-
weiht (Lie. X, 23.), 2) die noch Jet im Gapitolinifhen Balak zu Mom
aufbewahrte Bronzewölftn, welche Niebuhr, Bunfen und au W. A. Vecker
mit der vorigm identificirten, während Koͤhne ſie für die ogulniſche hält
(diefe wendet den Kopf gegen die Säuglinge, die capitolinifhe ſteht theil⸗
nahmlos da). 3) Die alte auf dem Gapitol befinplige, welche im 3. 695
vom Blitz getroffen wurde (Gic. de Divin. I, 20. Die Gafl. XXXVIE, 9.
Da Nr. 2. einen ſtark verlegten Hinterſchenkel hat fo wurde fle für bie vom
Blig getroffene gehalten. Uber dieſe war nach der angef. St. vergoldet, wovon
an Nr. 2. keine Spur HR; auch fcheinen bie Ungaben über den Blitzſtrahl auf
völlige Zerndrung ˖ des Kunſtwerks zu deuten; dahet find Geide zu unterſchei⸗
ben. — Aug auf dem Schilde eines mit Herkules Kämpfenden, welchen Urlidhs
(Jahrbb. des Vereins d. Alt. Fr. im Rheinl. 1842. I. S. 50 ff. nebft If. 2.)
für den Laomedon Hält findet fi die Wölfin mit den Zwilliugen abgebildet;
ebenfe auf dem Grabbenkmal bei Gruter p. 986. [W.T.]
Lapereälis, Cl., röm. Ibpfer, deſſen Name anf einer Lampe vor-
fommt; Paſſeri, Lucernae ictiles T. I. p. Xi. [W.
Lupereus, Luperes, Lapersal, Luperenlin. De Name
wird abgeleitet bald von kıpus und arcere, bald von luo und capra (alfe
eigentlich Iucaprai), f. Gerv. zu Birg. Aen. VIII, 343. Die Ontfichung des
Cultes wirb allgemein auf bie Ältefte Zeit zuruckgeführt; nad) ber einen Ber-
fon bezog He fih auf die Wölfen welche die Gründer Roms fängte (vgl.
enob. IV, 128. Lactant. I, 20.), nad der andern haben jene ſelbſt den
Gult von den arkadiſchen Binwanbssern (Coander) übeıfommen und if Lu-
percus identiſch mit dem lykaͤiſchen Pan. Die fiherfie Anbentung ſcheim
Luperous +- Luppte 1287
rin zu liegen daß das Feſt im Februar gefeiert murbe und fomit eine
;ühn» und Neinigungs- Feier war; f. bie näheren Nachweiſungen über Ger
bite und Bedeutung bed Gultes Bd. III. ©. 366 f. IV. S. 576. Schmend,
Ryibol. ver Römer ©. 140-145. Lupercal heißt eine Höhle im palati⸗
iſchen Berge, melde die Sage ald den uriprängliden Sit des Cults nannte
nd wovon auch fpäter der Zug bei den Ruperralien ausging; der Name
urde von dem Lyfäus-Berg in Arkadien abgeleitet, |. Birg. Aen. VIE,
42 ff. Ovid Fast. II, 3881 ff. Luperci hießen die Priefter ſelbſt (Birg. A.
it, 669. Juv. II, 142.). Ihr Dienk war nicht Iebenslänglih; denn auf .
nföhriften findet fi$ Lupercus iteram und ter (Drelli 2256. 4920.). Bon
er Berbreitung des Gultus über Italien zeugen andere Infchriften; zu Prä-
efte, Nepete, Perufla, Belitsä, au zu Nemaufum werben Luperci erwähnt,
DOrelli 2251— 2256. 2543. Zu den beiden uralten Gollegien der Lupercus⸗
'riefter, den Fabianern und Duintllisnern (f. ®v. II. am a. O.) kamen
it dem 3. 710 als brittes die Julianer oder, Sulier p Ehren Säfard (Suet.
aes. 76. Dio XLIV,6. XLV, 30.), welchen biefer eine Beſoldung gab, der
jenat aber na feinem Tode wieder nahm (Gic. Phil. XIII, 15. Ron. Mare.
. 273. ed. 1828.). [W.T.] .
Lupersus aud Berytus, nah Suiba® (s. v. vgl. Eubocia p. 282.) ein
elehrter Grammatiker, der Eurz vor den Zeiten des zweiten Kaiſers Claudius
'hte; feine von Suidas genannten Schriften, in denen Manches beſſer ala
et Herodian behandelt geweſen, find meiftens grammatiſchen Inhalts: über
ie Partikel av drei Bücher, dann waei Tov Taaıg, nepi Tg napidos, nispi
»v napa IMaron aAenrovorog (Im Theätet), eine xrins der Aegyptiſchen
tabt Arfinvetus, Askas Artınai, Term yoaunarınn, und in 13 Bädern
ber die drei Genera. [B.]
Lupia, |. Luppia.
Lupise (Aovnio, Sttabo VI, p. 282. Mela II, 4, 7. 3. Anten.
118., wo jedoch Lipiae gelefen wird, und im It. Hieroſ. p. 609. vers
jieben Clipeae) oder Luppiae (Aovzniaı, Ptol. III, 1., au Lupia,
fin. I, 11, 16., Luppia, Tab. Peut.), nicht unbedeutende Safenflabt
alabriens zwiſchen Brunbuflum und Hydruntum, nad einer Inſchrift bei
iruter 374, 5. Colonia Lupiensium, röm. Golonie. Mela, Blin. und
tol. ſetzen ſie an bie Küfte, Strabo jedoch vielleicht richtiger weiter ins Innere
8 Landes. Wahrſch. tft nämlich das heut. Lecce, 1 9. M. von der Küfte, aus
ren Trümmern entflanden, ihr Hafen aber ber heut. Hafen St. Cataldo. [F.]
Eupodüänum wird ald ein Ort am Fl. Nicer (Nedar) von Aufon.
»s. 423. und Symmadus p. 16. ed. Niebuhr. erwähnt. Mannert IIL.
‚ 469. vermuibet, es fei die vom Kaiſer Balentinian am Nedar erbaute
fung (Ammian. XXVIII, 2.), die jedoch wohl näher nad dem Rheine zu,
va bei Mannheim zu ſuchen if. Vgl. Greuzer zur Geſch. altröm. Cultur
38. und Ufert III. ©. 288. Rote 23. (Wilhelm ©. 312. Hält fle für
denbeim.) Lupod. ift wahrſch. das Heut. Ladenburg. Bel. Ereuzer am
O. ©. 56. LZamey Pagi Lobodun. descript. in Actis Palat. I. p. 217.
Ukert Rote24. Andere halten ed für Lupf ober Lupfen weiter nach den Donaus
lien hin (Wilhelmi in ven Heivelb. Jahrbb. 80ſter Jahrg. I. ©. 924.). [F.]
Lupphurdum (Aovnpovgder, Btol. II, 11.), Stadt im zweiten Klima
rmaniens am Fl. Albis; gewöhnt. in ver Gegend von Wittenberg oder Meiſſen
ucht, nad Wilheln aber an der Luppe bei Leipzig, nah Mannert III.
457. Königingräg in Böhmen, nah Krufe und v. Werſebe Lemberg. [ F.]
ZLuppiea 1) (Tac. Ann. 1, 60. 11, 7. Hist. V, 22.) oder Lupia (Mela
8, 3., bei den Briefen, Strabo VII, p. 291. u. Dio Gafl. LIV, 39.
4ovsias), ein ven Römern feinem ganzen Lauf nach bekannter fchiffbarer
ic. Hist. 1, 1.) Sluß des nordweſtlichen Germaniens, der nach Bellej. IE,
S
1288 . Eupus — Luasela geons
| 4105. feine Quellen mitter in Germanien Hatte, und fi nach Mela am |
a. D. In den Rhenus ergo. Strabo am a. D. läßt ihn (vielleicht durch
Verwechſslung mit der Emd) durch das Land der Eleinen Bructerer in ben
Dzean fließen und feßt feine Mündung 600 Stad. von ber des Rhenus an.
Tac. Ann. II, 7. gedenkt auch eines an ihr gegründeten römiihen Kaftells.
Jegt Lippe. — 2) Aovania, nad andern Codd. Aourza (Ptol. 1, 11.),
. Drt im Innern Germaniens oberhalb des Melibocus M. zwiſchen den Flüſſen
Bifurgis und Albis, ver nicht unbedeutend gewelen fein Tann, ba Biol.
VII, 6. fein Klima und feine Lage genauer beflimmt. Dan Hält ihn für das
heut. Lupta oder Luthorſt im Calenbergiſchen, oder au für, @imbed. [F.}
Lupus, 1) Steinſchneider auf einet @emme des Berliner Mufeums,
Nachträge zu der Stoſch'ſchen Sammlung, Clafſ. VI, 26. — 2) €. Sovius _
Lupus, Architect auf einer Inſchrift Hei Gruter p. 57, 7. I[W.]
3) Lupus, bei Ovid Ex Pont. IV, 16, 25. genannt als ein Dichter
aus Sicilien, der eine Perſeis und ein anderes Gedicht über bie Rücklehr
ves Menelaus geſchrieben hatte. Wernsdorf (Poett. Latt. minn. T. IV.
p. 383 f.) denkt dabei an ben Rhetor Rutilius Lupus, f. Rutilius. [B.]
4) Ein Inftrument womit die Belagerten Anflürmende abwehren, be»
ſchrieben von Procop. b. Goth. I, 21..9. ©. vgl. Liv. XXVIII, 3. Iflbor.
Origg. XXI, 15. [W.T.]
EKuquido, f. Luguidonis Portus, .
Lura (Tab. Peut.), Flecken der Veromandui in Ballla Belgica, bei
Pont PEvdque und Noyon an der Dife [F.)
Lurco, f. Aufidii u. Perpennae.
Lurinum (Aovowor, Piol. II, 2.), Ort im Innern von Gorfice,
fünmwehlid von Marlana, wahrſch. am Golofluffe. [F.] -
Me. Durlas Agrippa (f. Eckhel D. N. V, p. 239.), im 3. 714 im
Auftrag des Octavian Präfect von Sarbinien, von Menas, dem Apmiral
bed Sert. Bompejus, angegriffen und nad anfänglidem Gieg geſchlagen
und zum Mäumen ber Infel gendthigt, Dio XLVIN, 30. In der Schlacht
hei Actium befehligte er den rechten Flügel von Octavians Flotte, Beil. IE,
85, 2. Auf Münzen der Zeit des Auguſt erfeint er als Illvir A. A. A.
F. F., ſ. Eckhel 1. I. Raſche IL 2. p. 1894 f., der au) Münzen mit ber
Inſchrift P. Lurius Agrippa Illvir A. A. A. F. F. aus ber Seit ſowohl
des Auguft als des Tiberius anführt, welcher P. wohl ber Sohn des M.
war. — Der Name des Lurius Varus bei Tac. Ann. XIH, 32. if kritiſch
nicht iger. Auf Infhriften kommt der Name Lurius öfters vor; fo 6. Lu-
xius Iucundus Essedarius bei ®ruter p. 656, 3., P. Lurius Moderatus, ib.
573, 1. (aus Beipaflans Zeit), M. Lurius Hialissus und M. Lur. Zosimus,
ib. 945, 8. (von Pola), M. Lurius Triarius, ib. p. 240. (aus Beipaflans
Zeit, in Rom). [W.T.
Luxrsonses (Blin. III, 3, 4.), VBölterfgaft in Hifpania Tarrac., zum
Gerichtoſprengel von Gäfaraugufta gehörig. [F.]
. Luscia gens, 1) Luscius Lavinius, ein Zeitgenoſſe des Teren-
tius, als defien Gegner und Nebenbuhler er an mehreren Stellen bezeichnet
wird (vgl. Terent. Eunuch. Prolog. 7. Heautontim. Prol. 30 ff. Phorm.
Prol. 4.) Bon feinen ver Comoedia pallista angehörigen Städen iR ums
nur noch eined, Thesaurus, bem Namen nad bekannt; f. Bothe Fragmm.
Comicc. p. 154 ff. Grauert Analect. I. S. 116 fj. Ladewig Ueber d. Canon
bes Bulcatius (Neuftrelig 1842. 4.) ©. 12 ff. [B.
2) C. Luscius Ocrea, Senator ums 3. 677, Eic.p. Rose. C. 14, 43.
3) L.Luscius, fullan. Genturio, bereicherte ſich Im fullan. Bürgerfriege
und imurbe ums 3. 690 wegen beö Mordes breier Broferibixten wozu er ſich Hatte
gebrauchen laſſen, angeklagt und verurtheilt, Ascon. in tog. cand.p. 91. Or.
Luseinia — Lauänss 1239
Auf Jnſchriften C. Luseius Qvadratus, Gruter p. 802, 9. und. L. Lus-
ıs Vaens, ib. 802, 10. aus Batavium, P. Luscius Celer Imp. Titi Vesp.
b., ib. 101, $., P. Luscius P. L. Cinna, ib. 983, 7., Q. Luscius Philo,
. 601, i1., P. Luscius Maximus und P. Lusc. Zosimus, ib. p. 241.
us Beipaflans Zeit), fümmtlih in Rom gefunden. [W.T.]
Laseinia oder Luseinius (Phädr. IL, 18, 2. SEeneca Ep. 76.).
dor, die Nachtigall, über welche f. die claſſiſche Stelle Plin H. N. X, 29, 43.
8 theurer Lederbiffen wird ſie erwähnt von Hor. Sat. 11,3, 245. [W.T.]
Luseinus, f. Fabricia gens.
Luscus, |. Annia und Furia gens.
Lusi (Aovoor, Polyb. VI, 18. Pauf. VIE, 18., bei Stepb. Byz.
427. Aovoooi), ein zum Gebiete von Klitor gehöriges Städtchen im nörd⸗
en Arcadien jenſeits bes Gebirges Aroania; zur Zeit des Pauſanias ſchon
nz vernichtet. Es Tag an ber Stelle des heut. Sudhena. Vgl. Leake Morea
p. 110. und Boblaye Rech. p. 155. [F.] ' |
Lusil, plebejifß. 1) C. Lusius, trib. mil., Schweſterſohn von €.
arius, machte im cimbrifchen Kriege auf einen Soldaten einen unkeuſchen
agriff und wurde dafür von biefem getöbtet, Cic. p. Mil. 4, 9. Schol.
vb. bau p. 279. Or.
2) Lusius Geta, unter Glaudius praef. praet., Tac. Ann. XI, 31.;
gen feiner Anbänglichkeit an Meſſallina im I. 804 — 51 von Agrippina
gefeßt, ib. XII, 42. Vielleicht identifh mit dem Lusius Saturninus ber
XIII, 43. unter den Opfern des Suillius (unter Claudius) aufgeführt wird.
3) Q. Lusius Qvietus, ein maurifcher Fürſt (our ex zig Unnaoov
Buns, all eb adokov xai anwmousrmg Soyatıas, Ihemiſt.) und Reiterei⸗
ſehlshaber unter Trafan, machte fich einer Chrlofigkeit ſchuldig und wurde
gefegt (Die LXVIH, 32.); als aber Ir. im I. 854 mit ben Dafern Krieg
jann ſtellte ſich Luſ. von ſelbſt, war willkommen und zeichnete ſich aus
. u. c. 8. extr.), noch mehr im J. 807 f. im Partherkriege (ib. 22. extr.
. 32.), wo er namentlich auch vie Juden unterwarf (ib. 32.). In Folge
fen wurbe er Coſ. (868) und erhielt als kaiſerlicher Statthalter von Pas
tina eine glänzende und beneidete Stellung {ib., @ufeb. H. E. IV, 2,
ceph. IE, 22. Themiſt. in feiner Dankfagungsrede an Theodofius für den
ieden und das Conſulat des Saturninus). Auch auf der Trafansfäule
Heint diefer Liebling Trajand an der Spite feiner Mauren; nach Themifl.
| Zr. fogar daran gedacht haben ihn zu feinem Nachfolger zu ernennen.
an Baläfiina aus ſcheint 2. in feine Heimath zurüdgefehrt zu ſeyn, wo
Hadrian, weil er als Urheber der damaligen Bewegungen in Maure⸗
ien den ehrgeizigen uf. betrachtete, entwaffnen ließ (Spart. Hadr. 5.).
3 Theilnehmer an einer Verſchwoͤrung gegen Hadrians Leben wurde er auf
natobefehl, troß des ſcheinbaren Widerfirebens von Hadr., unterwegs ge⸗
tet, Spart. Hadr. 7.; Dio LXVIII, 32. extr. LXIX, 2. deutet aber an
Neid und Intriguen die wahren Urfachen feines Todes waren. Lieber feine
itäriſche Tüchtigkeit Im Allgemeinen f. noch Ammiqn. Mare. XXIX, 5, 4.
turit. Tact. IX. de circuit. noct.
Andere Lusii kommen auf Infchriften vor: C. Lucius Lucifer, Gruter
13, 3. (aus Ameria), L. Lusius Felix, ib. 241. und Q. Lusius Apollo-
s, ib. 240, (aus Veſpafians Zeit, in Nom gefunden), N. Lusius, ib.
8, 37. (aus Amerla). [W.T.]
Lusitamis, f, Hispania, ®». III. ©. 1396.
Luasomäns (Tab. Peut.), Ort in Pannonia Inferior. [F.]
Lusönes (Aovowreg, Strabo II, p. 162. App. Hisp. c. 42. 49.),
Zweig der Geltiberer in Hiſpania Tarrac., an den Quellen bed Tagub,
ſüdweſtl. Nachbarn der Numantiner. Die franzöf. Ueberſetzer bed Strabo
120 Kumspazis — Lasteatis
T.L p.475. glanben eine Spur verfelben in dem Namen ded heut. Fleckens
Luce am Bl. Ziloca in Aragonien zu finden. 1
Lusparia (Aovonegie, Btol. II, 6.), Ort der Oretaner im Suũdw.
von Hifp. Tarrac. [E.]
Lussomism (Aovovosor, Btol. II, 16. und Notit. Imp.) ober Los-
sunium (St. Anton. p. 254., auf der Tab. Peut. Lusione), Ort in Panno⸗
nia Infertor, mit einer Garnifon von dalmatiſchen Reitern; nörblid vom
heut. Vals. [F.]
Lustratio. * Das Vorhandenſeyn des Schuldbegriffes im Bolfähe-
wußtieyn zeigte ſich im Alterihume durch die Vorſtellung bieffeitiger und
jenfeltiger Strafen; naturgemäß war das Berlangen von bieier und jener
befreit zu werben, und weil bie moraliſche Schuld auf finnliche Weiſe als
ein Flecken der Seele aufgefaßt wurde, fo Hüfte fi der Begriff der Reue
und Beſſerung in die ſymboliſchen Handlungen der Äußeren Reinigung. Daß
diefes einer gefunden Auffaffung nicht widerfirebende religiäfe-Inflitut der
Meinigung in bloſes leeres Formweſen Üüberging und daß ber uripränglide
"Sinn beffelben erlofäg, daran waren vorzugdweife bie Priefter ſchuld. Neben
den Dpfern flehen deßhalb als einer ber wichtigſten Theile des alten Cultus
die Neinigungen-und Entfündigungen, die bei den Griech en xadagpuo: und
äysıouoi, Aarouos und zeisrai u. f. w., bei den Römern aber piacula,
piamenta, cerimoniae unb beſonders lustrationes genannt werben. Die
Gottheit verlangt Reinheit; daher reinigie man ſich nicht blos wenn man
ein Opfer bringen wollte (Homer. Iliad. I, 449. @urip. Blect. 791.), fon»
bern häufig felbfl dann wenn man überhaupt in ein Heiligthum zu treten
im Begriffe war (Curip. Jon. 94 ff. Juſtin. Martyr. Apol. II, p. 94 ff.)
- “und ein Gelübde thun- ober ein Gebet verrichten wollte (Gopb. Oed. Col.
460. @Eurip. Alcest. 157. Homer. Il. XVI, 230. Macrob. Sat. I, 3. Perf.
I, 18f.). Deswegen ſah man auch fireng darauf, daß bei allen biefen Hand⸗
lungen nur bona omina erichienen; be&halb wurden an den Gingängen in
Die Tempel Gefäße mit Weihwafler (aqua lustralis) geſtellt, bamit die Prie⸗
fler dad eintretende Volk befprengten, mepayrilur ax nepipoarsnpiov oder
85 iepäs.ysgrıßog ovr Said. (Ruf. adv. Andoc. 255. Gurip. Herc. fur. 930.
Plin. H. N._XV, 30.). Doch auch die Gintretenden ſelbſt kannten dieß an
fi$ verridten (vgl. Gurip. Herc. fur. 928. Aıben. IX, 409.), wobei ein
vom Altar genommener Feuerbrand, in dad Keil. Waſſer eingetaudt, bie
Meinigung verflärkte, biöweilen aber wuſch man ſich vor dem Gintritt in
den Tempel ſowohl Hände als Füße (vgl. Homer. U. VI, 266. Penelope
wuſch ehe fle ihr Anliegen ben Göttern vortrug fogar bie Kleider, Odyss. IV,
759.), und das Weihwafler wurde wohl au unter der Menge herumges
tragen, ®irg. Aon. VI, 226. — Ganz unerläßlih aber war bie Meinigung
für Solche, die in die Myfterien aufgenommen wurden, Gleu. ler. Strom.
V, p. 582. VII, 714. Scholl. zu Ariſtoph. Plut. 846. Arrian. in Epict.
BI, 21. Ariſtoph. Pax 373. Die Myſterien felbR galten für eine Meini-
gung der Seele. Unter allen Göttern, an die man fi} der Reinigung wegen
befonder8 wenbete (Dii Averrunci, Osot? rponaroı, Avaoı, zadapmoı, aymi-
za, gvSıoı, anonounaioı, Pollux I, 24. Anecd. Bekk. I, 433.), And
beshalb, ſelbſt den Zev; Meuiyios, Ila)apraıs, Kadapgnos, Duos ober
ben Jupiter Parificus et Prodigialis nicht ausgenommen, vorzüglich bie in
den Myfterien verehrten Gottheiten zu nennen. ©. Serv. zu Birg. Ge. 1, 166:
Liberi Patris sacra ad purgationem animae pertinebant, vgl.3. Ge. II. 200. Aen.
© eher die etymologiſche Ableitung des Wortes von laere — lavare f. Döbers
In’6 Etym. u. Sonon. IV. 316. Leber die Sache ſ. J. Eoıneler de veterum gen-
tlium lustrationihus, Zutphanine 1200,
Lastratio 1241
I, 741: In sacris Liberi omnibus tres sunt istae purgaliones: aut taeda
sulphure purgantur, aut aqua abluuntur, aut aëre ventilantur, quod
at in sacris Liberi. Pfato Cratyl. 405. A, flimmt alfo über die Arten
r Reinigung faſt ganz mit Servius überein, wenn er 1) xadugasıs und
dapuoi, 2) negıdewoss und 3) Aovrga xui nepipparoas nennt; vgl.
roclus ad Plat. Crat. p. 106. Linſen und Salz, deſſen reinigende Kraft
ich dem Meerwaſſer einen Borzug verlieh (Euſtaih ad Iliad. I, 314. Apoli.
bob. Arg. IV, 662.) ermähnt in gleicher Beſtimmung überdieß noch Me⸗
ınder in Disidaem. B 42. Abreiben mit Sand und Erben in Erdlöcher
aren bie Arten der Reinigung mit dem vierten Elemente. Nächſt ven les
mten fihrieb man ferner ſolche Kraft den heiligen Zweigen bes Lorbeer⸗
ums, des Oelbaums, der Eiche, Myrthe, dem Rosmarin, Wahholder
f. w. zu, was man Alles bei den Roͤmern verbena nannte; f. Servius
Aen. XII, 120. Scholl. zu Apoll. Rhod. IV, 156. Leber die heilige Kraft
e @ier ſ. Lobeck Aglaopham. 251. 477. iv. XXXIX, 13. erzählt, Frauen
n Stande feten bei den nächtlichen Bacchus⸗Feſten als Bacchantinnen gekleidet
t brennenden Fackeln zum Tiber Hingelaufen, hätten diefe in den Fluß
taucht und brennend wieder herausgezogen, denn fie ſeien mit Schwefel
b Kalk befirihen geweien; vgl. Matthäus Aegyptius in Poleni Suppl. ad
res. Antgq. I, p. 777. Dies iſt die Justratio per ignem (in Bezug auf
n Schwefel mepıdeioong genannt, f. Heindorf zu -Plat. Cratyl. 409. B.),
i meldder, wie es fheint, die Fackel mefenılig war, daher au die Dio⸗
108-.Weihen yarai Baryiov oder paraı Mvornoios (Eurip. Jon 550. Rbes.
3.) genannt wurden. Auf die Beuerreinigung, welcher Hartung das
rbum februare vindiciren will, bezieht ſich auch die Bemerkung des Jam⸗
chud (de Myster. Aegypt. V, 12.), daß das Beuer, die Schladen der
aterie audbrennend, zur Gemeinſchaft mit Gott führe; und wie Winkels
nn in der Allegorie S. 557. dargethan bat wurde biefe Beuerreinigung
- Seele au dur die häufig auf Todtenurnen u. f. w. vorkommende Gis
tion dargeflellt, wo Amor einen Schmetterling über eine brennende Fackel
t. Auf diefe Beuerreinigung deutet vielleicht auch das hin, daß In ben
ifchen Lenäen der Fackelträger mwefentlih iſt und daß der attifhe Jacchus
t einer Fackel in der Hand abgebildet wurde und zwar in dem Tempel
myſterioͤſen Göttin Demeter neben biefer Goͤttin felbft und ihrer Tochter,
uf. 1,24. Ueberdieß befand auch darin eine Beuerreinigung, daß man zwiichen
jreren Feuern durchging oder über biefelben hinweg prang unb den Rauch der
keln gegen das Object ver Sühnımg richtete. Ein Beifpiel’der in dionyſ. Weihen
ichen Reinigung durch Wafler gibt Pauf. IX, 20, 4., wonach ſich die Frauen von
agra bei ihrer Aufnahme und Zulaffung zu den Dionyſos⸗Orgien im Meere
eten; vgl. eine Infehrift aus Eyzicus bei Caylus Rec. T. II. PI. 39.; und
n bei Homer 11. 1, 314. kommt Wafferreinigung vor; vgl. Curip. Iphig.
ır. 1193. Die Kraft det lustratio per aquam (durch Baben, Abwafchen
Beirrengen) ward nicht felten mit ber ver Weuerreinigung verbunden.
in nicht nur durften bie Symbole beider Reinigungen faft bei keiner reli⸗
en Handlung fehlen, fondern beide wurben auch bei den Brautführungen
eordnet, indem dabei Badeln und Weihwaſſer unentbehrli waren. Und
Mitiheilung beider Clemente galt al8 Zeigen Inniger Verbindung, wie
Entziebung oder Berfagung Feinbfeligfeit anzeigte (aqua et igni inter-
re). — Die berühmtefte Art der Meinigung dur die Luft iſt ebenfalls
nder& in ben Myſterien bie Anwendung der muftiihen Wanne des Jacchos,
He ſchon in der Geburtsgeſchichte des Dionyfos ihre Rolle fpielt. Dahin
Iren ferner die fogenannten Oscilla, Schaufelbilder, worüber f. Serriud
Birg. Georg. II, . Nach Servius waren alſo bie Oscilla eine Süß»
3 vurch ſymboliſches Stellvertreten, von welcher Gattung u no ändere
r.
Kılegöbelchl gegen Lepinus, welder ned 677 ». Er. beſſegt warb (App. b.
dr. 1, 105, 107. Gall. bist. I, 15, 19—21 , Wei. 19. a @. od. Gerlach.
Blut. Pomp. 16. Xiv. ep. IC. Gatr. VI, 5. Drei. V, 22. ler. IH, 23.
Die Mäßigung mit weldger die Optimaten nad dieſem € hren w
zum Xbeil das Werf dı6 Put. (Drof. V, 22.) Wahrigeinlih gleich na
Diefer Zeit verwaltste Lut. eine Provinz (Gic. im Verr. act. II, I. HE,
211.); welge winen wir nicht. Ben 677 ». St. en treffen wir ihn fe
weit es Rh verfolgen läßt beſtändig in Rom, beinahe bi an
ale Haupt der Optimaten (Die XXIXVI. 14. Git. in Pis ID, 6. Belle.
Bat. II, 43, 3. princeps senatus) und bei den widtigen innen Fragen oft,
gegen ben Opimius ıhäarlg welcher als Belfetribun dem corneliſchen Geiek
zuwider intercedirt hatte (Aſcon. ad Cic. in Verr. act. II, 1. I, 60, 153.
p. 200. ed. Or.). lm 683 d. St. beigüßte er ven Gariline als vieſer
wegen Incefld mit einer Veſtalin angeflagt war (Drei. VI, 3. vgl. Sall.
Cat. 34, 35.). 694 ». St. ertlärte er bei Gelegenheit des pompelaniicen
Antrags auf Wiederherſtellang der tribunicia potestas: „die fdhledhte Ver⸗
waltung des Richteramts durch die Senatoren fei Schuld daran daß die
tribun. pot. zusüdgenüufägt werde⸗ (Cic. in Verr. act. I, 15, 44.); in
demſ. Sabre war er Richter In tem Prozeß gegen Verres (Cic. in Verr.
—— 80 — IV, —— Fir et. reihe er den
capitoliniſ⸗ emp en Wiederherſte na tande von 671 d.
©t. ihm vermuihlich feit 676 (Zar. hist. II, Plut. Publ. 19.) übertragen
Katatik 1248
ir, ein(Gafllod. b.a. Liv. ap. XCVIII. Tas. hist. IH, 72. Gutt. Oct. 9. Orell
ser. nr. 31. Gell. 11,10. Plut. Publ. 15. Daher führte Lut. auch ven Bei⸗
men Capitoliaus; vgl. @ic. in Verr. act. II, 1.1V,31, 69 ff. DioXXXVIT, 44.
‚11, 14. Bal. Mar. VI, 9,5. Plin. H.N. XXX, 18. XXXIV, 19, 16.),
gleich derielbe noch nicht ganz vollendet war (Suet. Caes. 15. Dio XXXVIT,
. vgl. XLIII, 14.). Die Feſte welde er bei dieſer Gelegenheit gab zeich⸗
en fich dadurch aus daß er ein leinenes Schirmdach über die biäher offenen
eaterfige ziehen ließ (Plin. H. N. XIX, 6. Bal. Mur. II, 4, 6.). 687
St. fol Lutat., obgleih er in früheren Jahren wo von Vompejus no
niger zu fürchten war zur Erhöhung der pompejauniſchen Macht beigetragen
te (Cie. pr. I. manil.-XX, 61. XXI, 61—63.), gegen das gabiniſche
ſetz weldes dem Pompejus den Befehl gegen die Seeräuber übertrug ger
ochen haben (Div XXXVI, 14—19, mit der Ergänzung aus Ziphilinus,
ıt. Pomp. 25. Vell. Pat. II, 32. erzählen ale von dem Widerſtande
Lut. gegen das gabin. Geſetz; da aber Gic. pr. 1. Man. 17, 51 - 21,
‚ während er doch der Rede des Hortenflus gegen das gabin. Geſetz er⸗
bnt, von einer dergl. Rede des Zutat. ſchweigt, da er J. c. 20, 59.
ugeben ſcheint daß die von Xiph, Plut. u. Bell. I. U. angeführte Anek⸗
e bei Gelegenheit des maniliſchen Geſetzes vorflel und da endlich Cic. 1.1
ibt, Zutat. babe gegen das manil. Geſetz geſprochen, fo ift es wahr⸗
inlih daß Die, Plut. und Vell. 11. I. das manil. Geſetz mit dem gabin.
vechſelt Haben). 688 d. St. ſprach Lut. gegen dad maniliſche Geſetz
ches dem Pompejus den Oberbefehl im mithridat. Krieg übertrug (Cic.
l. Man. 17, 51. 20, 59. Plut. Pomp. 30., mit welcher letzieren
De aber Cic. ı. 1. 17, 51. 52. verglichen werden muß). 689 d. St.
Lut. Genfor, dankte aber ab weil er mit feinem Collegen Grafjus in
eit gerietb (Plut. Crass. 13. Cato min. 16. Die G. XXXVII, 9); in
felben Jahr vertheidigte er einen Schabbeamten deſſen Schuld er einſah
n Gato, obgleich er fonft ein Freund des Leuteren war (Plut. Cato min.
); in demf. 3. legte er Zeugniß gegen Cornelius ab, ber wegen feines
optimatifchen Tribunats (687 d. St.) angeklagt war (Aſcan. p. 60. 79.
ed. Or. vgl. &ic. frg. p. 483. Or.). Auch griff er 639 d. St. den
ar wegen der Wiederherſtellung der marianiſchen Büſten und Bilder I
at an (Blut. Caes. 6.). 691 d. St. bewarb er fih um bie Stelle d
ıtifer maximus, jedoch wurde Cäfar Ihm vorgezogen (Suet. Caea. 13. .
. Bat. 11, 43. Plut. Caes. 7. Sal. Cat. 49.)5 in demſ. 3. flimmte
ı der Senatsfigung über die Catilinarier für deren Hinrichtung (Plut.
;. 8. Cie. 21. Gic. ad Att. XII, 21, 1.); 692 d. St. wurde er ohne
Ig von Gäfar in Betreff feines Capitolbaues angegriffen (Die XXVII,
Suet. Caes. 15. vgl. Cic. ad Att. II, 24, 3.). 693 v. St. flarb er
» XXXVII, 46.). Als Mebner wird Lut. von Cicero, den er nad ber
inariichen Verſchwörung parens ober pater patriae genannt hatte (Cic.
is. 8, 6. pro Sest, 57, 421.), ſehr niedrig geflellt (Gic. Brut. 35,
62, 222. de ofl. I, 97, 133.). Sein Haus grenzte an dad dea O.
ellus (Con. 694) der wenigſtens in ber Tegten Zeit jein Freund geweſen
sin ſcheint (Cic. pr. Coel. 24, 59.). &8 wird das unter Nr. 8. erwähnte
fen fein. Bon feinen mehreren Kindern (Sal. Cat. 35.) iſt keines
hmt geworben. Ob SG Varro R. R. IH, 5, 12. auf einen Sohn von
bezieht iſt ungewiß, und wenn Golum. de re rust. J, praef. 6. 30. ed,
ıer ein Medner Catulus unser mehreren jüngern Heitgenofien bed Cicero
führt wird fo-ift das wohl nur eine falſche Lesart für Calvo. Zu felnen
fommen weiblicher Seitö gehörte der 822 d. St, geftorbene Kalſer Sul
5 Galba (Suet. Galb. 2. Zac. hist. I, 15.), und da vie Sattin bet
d. St. geftorbenen Kaiſers Alexander, bie Tochter bed Coyſularg Sul⸗
lg, Real@nchelop. IV. 79
1250 Lmtetia — Aovroomopos
picius, von Lamprid. v. Alex. Ser. 20. als „Catuli neptis“ Gezelchnet wird,
fo muß ed noch nad Galba's Zeiten Lutatier gegeben haben.
00) Lutatius Daphnis, ein berühmter grammaticus, der na uns
gefähr 654 d. St. von O. Gatulus fehr theuer gekauft und bald barauf
freigelaffen wurde (Suet. de ill. gramm. 3.). Vgl. O. Jahn's Prolegg. zu
Perfius p. CXLII, not. 2.
11) Q. Lutatius Diodorus erhielt auf des DQ. Gatulus Betrieb
von Sulla dad röm. Bürgerret und wurde von Verres in Lilybäum be-
ſtohlen (Eic. in Verr. act. II, 1. IV, 17, 37.). [Bröcker.]
Lmtecia Parisioram (Gäf. B. G. VI, 3. VII, 57. 58., au ohne
ben Zuſatz des Volkdnamend, Ammian. XV, 27. XVII, 2. XX, 4., im St.
Anton. p. 368. und 384. Lutitia, bei Strabo IV, p. 194. Aovxosoxie,
bei Biol It, 8. Aovnozexie Ilapıoiwr, bei Zoflm. III, 9. Ilapimor und in
der Not. Imp. c. 65. Parisii), die Hauptfladt ver Parisii,. auf einer Inſel
der Sequana, in Gallia Lugbunenfls; der wichtigfte Schiffeplag an ber Se
quana (Not. Imp. 1. 1.). Die Hauptftele über die Stadt iſt Julian. Mi-
sopog. p..340. [F. . j
Lutöva (Lutevani, Plin. III, 4, 5. Civitas Lutevensium in ber Not.
Civ. Gall.), Stadt der Volcae Arecomici in Gallia Narbonnenfl3, das
heut. Aodeve am Buße der Sevennen im Dep. Herault (Niever-Langueber).
Bol. Aftruc Hist. nat. de Languedoc p. 53. Nah Plin. 1.1. hieß der Ort
au Forum Neronis, während Ptol. 11,10. Dopos Nepwros als eine Stadt
der Memini aufführt. [F.]
Lutia (Aovrie, Appian. Hisp. c. 93. 94.), eine nit unbebeutenve
Stadt der Arevaci in Hispania Tarrac., welche aber die fpätern Geographen
nicht mehr kennen und deren Lage nicht genauer zu beſtimmen if. [F.]
. & Lutorius Priscus, eqves Romanus (ac. Ann. III, 49. Bio)
AA; Ta udya En) Moos PpoHwr nal enıragıor eni zo [epuarına exı-
payn (celebre carmen qvo Germanici suprema defleverat, Tac., alfo eine
egie) ovyroawag (Die LVII, 20.), wofür er von Tiberius reich beſchenkt
worden war (Die, 2ar.) Nun traf es ſich aber daß im I. 774 — 21
Drufus, ber gerade mit Tiberius Coſ. war und dem man daher Unglück weiſſagte
(Div), Erant wurde. Da fertigte Lut. im Voraus in der Hoffnung auf noch
zeichere Belodnung (Tar.) ein Gedicht auf ben Tod des Dr. und hatte die
Gitelkeit e6 im Kreife ebler Frauen vorzutragen. Er wurde benuncirt unb
ber Senat fprach ohne zuvor bei Tib. anzufragen auf den Antrag des Gof.
bef. Haterius Agrippa das Tobesurtheil über ihn aus und lieh es ſogleich
vollziehen (Tac. 51.). Tib. war empfindlich darüber (ib.) um fo mehr als
durch die Mafregel Vorliebe für Dr. hindurchſah. — Plin. H. N. VIE, 39.
ent It von 2. daß er dem Sejan den Gunuchen Parzon pretio immani
(I Mil. Gulden) abgekauft Habe. [W.T.]
Aovrgogyogos hieß diejenige Perſon welche das Waſſer zum Babe,
insbeſ. zu dem am Xage vor der Hochzeit (f. Nuptiae) herbeifpaffte Um
dieſes gleihfam nachzuholen wurbe auf das Grabmal unvermählt Geſtorbener
ein Aovroop. geſetzt (Demoſth. in Leoch. p. 1086.). Ohne Zweifel war
bieß eine weibliche Waſſer tragende Figur, vgl. Dem. 1.1. 1089. 7 Aovre.
und Pollur VII, 66.: zar ayauor Aovrpowogos z& urmuası dpistazo xoom
Gyyeioy Eyovoa dEoopopor 7 böpies # nooyovr 7) xpwooor 7 naimır. Bol.
ib. III, 43. Aovrpanıg xouilovon, Aovroopopos. Damit flimmen aud die
Darftelungen auf Vafenbilvern überein. Das Gefäß das fie trug mar ſchwarz
und hieß daher Arßus; von Guſtath. ad Il. XXIII, 141. wird es allein
enannt: Toig 700 yauov Televram» 7 Aovzpogopos anstidero xainıc eis
dubıy Tod Or aÄovrog Ta wugına nal ayovog aneın. Im Widerfprud
mit dieſen beſtimmten Angaben Frist Sarporrat. 8. v. Aovrpopöpos von
Luttemägus — Lyenen 1251
er männlichen Figur: EHos 77 nel Teig Eyapoıs dnoderoin Aovrgogo-
iv nad ini To una spiosaodes Toüro db 77 naig Übgiar äyar. Val.
ecker Gharifles II. S. 460—462. [W.T.]
Euttomägus, nad Gluverd Vermuthung (Gallia ant. H, 27.) der
ame einer Stadt der Merini im Wellen von Gallia Belgica, die auf der
ı6. Peut. Lintomagus heißt. Cluver ſelbſt Hält fie für das heut. Mon»
eul, d'Anville aber Not. p. 430. für Xacre, und Ulert II, 2. ©. 552.
r Pr ae Pas de Calais, wohin eine alte Straße von Caſſel
8 rt. .
Luxsia (Plin. III, 1,3.), Küftenfluß in Hiſpania Bätlca zwifchen dem
ätis und Anas; der heut. Odiel. [F.]
Laxorius, ein röm. Dichter welcher in Africa unter dem Vandaliſchen
dnig Ihrafamundus (496-523), dann aber auch noch unter deſſen Nach
Igern Hilderich (23 —830) und Gelimer (530—534) Iebte, wie wir aus
r von ihm binterlafienen Spigrammenfammlung (vgl. bei. Ep. 45. 94.
3.) erſehen; in einer Handſchrift beißt er Vir clarissimus et spectabilis.
ir befigen von ihm no eine Sammlung von nicht ganz hundert Cpi⸗
ammen theilmeife obfeönen Inhalts. Diefe Epigramme zeigen viele Manch⸗
Itigfeit und Abwechslung, au im Metrum, in welchem jedoch ber Dichter
8 fünften und fetten Jahrhunderts fi ſchon manche Breibeit erlaubt bat,
e wir bei feinem Vorbild Martialis nicht finden. Der beſte Abdruck diefer
pigramme in der Anthol. Lat. von Burmann T. II. p. 579 ff., bei Dieyer
n mehrfach berichtigter Geſtalt) Ep. 296—384.; nah der Vermuthung
fielben (ſ. Praefat. p. XXXIII.) würden aber au noch mehre andre in
e Raten. Anthologie aufgenommene Poefien dieſem Zur. zuzuweiſen fein. [ B.]
Luxoviem (ober. Lixovium), nah alten zu Zureu im Depart. Ober⸗
one (Franche Comté) gefundenen Inſchriften (vgl. d'Anville Not. p. 430.),
ne Stadt der Sequani im Süden von Ballia Belgica, mit warmen Minerals
tellen. Vgl. au Ann. Hincm. Rem. a. 870. Ann. Mettens. a. 687. Paul.
3arneft. Ann. Longob. IV, 43. u. Valeſ. Not. p. 310. [F.]
Lyneus, Avas, Sorgenlöfer, Beiname ded Bacchus, Cuſtath.
. 108, 9. Virg. Aen. IV, 58. Ovib Met. IV, 11. Amor. Ill, 15, 17.
uch auf den Wein felbft übergetragen, Hor. Od. I, 7, 22. Epod. 9, 37.
td. II, 3870. Ovid Amor. II, 11, 49. Prop. IH, 3, 43. . Auch davon
ird die Benennung abgeleitet qvod corpus solvit. [W.T.]
Lybon, Ort in Syrien, It. Ant. p. 198. [F.] |
Lycäbas, 1) ein Lapithe, Ovid Met. XII, 302. — 2) ein Eirusker,
r den Bacchus entführen wollte und dafür in einen Delphin verwandelt
urde, ib. II, 624 f. — 3) f. ib. V, 60. [W.T
Lyecabettus (Auxaßneos, Zen. Oec. 19, 6. Etrabo IX, p. 399.
„p. 454. Suib. b. v. Stat. Theb. XI, 622. Blin. IV, 7, 11. u. f. w.),
n zu der Bergkette des Pentelicuß gehöriger Berg (Belienkegel) Attica’e
ft unmittelbar vor den Mauern Athens, im NO. ver Stadt, links von
x nah Marathon führenden Straße, jet St. Georg, deſſen Lage Bord»
ammer zuerſt ficher beſtimmt Hat (zur Topographie Athens ıc. von P. ©.
orchhammer u. K. O, Müller, Götting. 1833. 8.), während man ſonſt
ewoͤhnlich den Kleinen Felſenhügel nördlich von der Pnyr für den Lycabettuß
nd den heut. St. Georg für den Andesmus der Alten bielt. _T[RF.]
Lycaea (Avuaia, Iheop. fr. 271. aus Steph. Byz. p. 428.), ein
Iter Flecken in Arkadien unmelt Megalopolis, defien Einwohner mit Gewalt
ı diefe neu entflandene Hauptflabt bed Landes verpflangt wurben (Pauf. VIII,
4.). Der Ort lag an ber. Nordfeite des Berges Lycäon In ber Gegend
es heut. Palatu oder Tragomano. Vgl. Boblaye Rech. p. 160. [F.]
1283 Eyonous — Eyesmuia
Lycaeus (rd Avncıor öpoc Bd. 6 Analog, Bimb. OL. IX, 145. xI. 158.
Theokr. I, 123. Strabo IV, p. 208. Birg. Geo. IH, 314. Plin. IV, 6, 10.),
Berg Arcadiens nordweftlih von Megalopolis, von deſſen Gipfel man einen
großen Theil Arcadiens überſchauen Tonnte (Bauf. VIIE, 38.). Er enthielt
vie Quelle des FI. Neba (id. VIII, p. 348.) und mehrerer Bäde, bie Den
Alpheus bilden helfen. Jetzt führt er den Namen Dhioforti und zeigt noch
Ueberreſte des alten Hippodroms u. f. w. Bal. Dodwell IH. ©. 391 f.
Boblaye Rech. p. 162. Roß Reiſ. I. ©. 91 ff. u. Aldenhoven Itin. de la
Gr. p. 246. [E.]
Er mar der Hauptfig des arkadiſchen Zeusecultes; Zeus Hatte auf ihm
Altar, Heiligthum und (die lykäiſchen) Beftfpiele (Strabo VIII, p. 398.
Bin. u. Pind. 1. 1.) und wurde auch nah ihm Avnaiog benannt (Pant.
IV, 22, 7. VII, 2,1. 30, 2. 38, 6 f.), vgl. oben S. 589 f. Aber auch
Dan batte darauf ein Heiligihum, follte darauf geboren ſeyn und wurde
danach benennt, f. Pauf. VI, 88, 5. Pind. frgm. 64. Böckh. Birg. Aen.
VIH, 844. Ge. I, 16. u. Servius dazu. Bol. Ovid Met. I, 698, VIII, 317.
Fast. II, 424. Val. Flacc. VI, 538. [W.T.]
ı Lysambes, der wortbrüchige Vater ber Neobule, f. oben ©. 8.
Lyeäon (Avncor), 1) Sohn des Pelasgos und der Melibda oder
der Kyllene (Schol. Eurip. Or. 1462.), König der Arkadier. Mit mehreren
Brauen zengte er 50 Söhne, welche Apollod. HIT, 8,1. aufzählt, vgl. Baur.
VII, 3, 1. (lauter Städtegründer und perfonificirte Städtenamen, welde
bon biefem mythiſchen Stammvater Arkadiens ausgehen). Steph. Byz. v.
Hyperes, Perrhasos, Psophis. Dionyſ. Hal. I, 11. zählt nur 22. Außer
bem nennt man noch Dia, Kallifto (Muiter des Arkas, d. 5. des arkadiſchen
Volkes, der au Lykaon genannt wirb, Ovid Fast. VI, 285.), mb Helike
ale Täter von ihm. Diefe Söhne waren durch ihren Uebermuth fo be-
rüchtigt daß Zeus fle zu verfuchen beſchloß. Er beſuchte fie in bürftiger
Geſtalt, wurde zu Tiſch geladen und es wurde ihm auf Anſtiften des ältefſen
von ihnen, des Mänalos (alfo war Mänalon Haupifig des Gultus mit
Menſchenopfern oder fein Ausgangspunkt für Arkadien), die Eingeroeite eines
geſchlachteten Knaben vorgefeht; Zeus aber fließ als es an dieſes Gericht kam
den Tiſch um (daher der Ort Trapezus genannt wurde) und erfchlug ben
Pater und alle Söhne bis auf den jüngften (bei Pauf. VII, 9, 1. if er
der Ältefte), Nyktimos, für melden fih Ge verwendete, mit feinem Blitz⸗
ſtrahl, Apollo. 1. 1. Tzetzes Lycophr. 481. nimmt den Nykt. nicht aus
und läßt alle in Wölfe verwandelt werden. Nach Andern war ihre Bott:
loſigkeit Schuld an der beufaltonifgen Fluth, Apollod. I1,8,2. Rad Ovid
Met. I, 198 ff. vgl. Ib. 433 f. war es Lykaon felbft der dem Zeus die mit
Menſchenſleiſch gemiſchte Speife vorſetzte; nad Gratofih. Cat. 8. ſchlachtete
Eye. feinen Enkel Arkas, den aber Zeus wieder zuiammenfehte und unter bie
Stans aufnahm. Ale diefe Verſionen der Sage haben bie Dienfchenopfer zu
ihrem Mittelpunkt; fo namentlich au Pauf. VIII, 2, 1., wonach Lyf. dem
vs Lyfäoe vin Kind opferte, aber noch während des Opfers in einen Wolf
(Avnog) verwandelt wurde. Lyk. fcheint daher ven Wendepunkt jened Greuels
. zu bezeichnen. — 2) Sohn des Priamos und der Laothoe, Druder des Po⸗
oros, von Achilleus getöbtet, Som. II. XXI, 35. XXII, 46 ff. Apollov. IH,
12,5. — 3) Vater des Bandaros, aus Lykien, Som. 11. 11,826. V, 197. [W.T.]
Lyvaonia (7 Avxaoria, Xen. Cyr. VI, 2, 20. An. I, 2, 19. IH,
2, 28. Polyb. KXXVH, 45. Strabe TI, p. 130. 134. Diomyf. v. 857.
£ivo. XXXVil, 44. XXXVIH, 89. 56. u. f. w.; eine mytholog. Ableitung
bet Ramens f. bei Cuſtath. ad Dionys. 1. 1.), eine Landichaft im ſuͤdlichern
- helle von Rleinaften, weſtlich neben Gappabecien, von ber ums Gtrabe XII,
p- 968 ff. Ptol. V, 6. Plin. V, 27, 25. Hierocl. p. 675 f. u. 9. genauere
—— — Lrobsten 2%
achrichten geben. Im Perfiſchen Zeitalter, wo wir fie zuerſt kennen lernen,
mfaßte fle zugleich den größten Theil des ſpätern Cataoniens; ſie war im
5, durch den Taurus von Gilichen getrennt und erftredte fi von Iconlum,
em Endpunkte in W., aus 23 g. M. weit gegen D. (Zen. An. I, 2, 19.
nd Strabo p. 568.). Nachdem aber die Mömer das Land dem Untiohuß
ıtriffen und ben größten Theil deſſelben dem Gumenes überlaffen, dagegen
ber auch wieder andre benachbarte Diftrifte dazu gefchlagen hatten, erbielt
I andere Grenzen, bie obendrein Häufig wedielten, da bie Nömer ein»
Ine Theile des Landes bald an diefen bald an jenen Fürſten Aflens
erfchenkten, während fle das Hauptland zur Provinz Cappadocien ſchlugen
zu welder e8 daher auch Ptiol. rechnet). Die Landſchaft in ihrer Ge⸗
ımmtbeit grenzte in D. an Gappabocien (und Gataonien), in ©. an einen
‚heil von Cilicia aspera, an Iiaurien und an Phrygia parorios, in W. an
sroßphrugien und in N. an Galatien. Lycaonien war ein größtentheils
bened, jedod in S. und N. von Gebirgen umgebened ' raubed und Tahles
and, das ſich jedoch fehr gut zur Viehzucht eignete und daher eine Menge
on Schaafheerden hatte die aber nur eine harte flarre Wolle lieferten, deren
Ibſatz jedoch dem König Amyntas große Summen einbrachte (Strabo p. 969.).
Rod jetzt finden fih in jenen Gegenden, der Brovinz Karaman (von welder
a8 alte Lycaonien einen Theil bildet) zahlreiche Schaafheerden, namentlich
uch von Schaafen mit Fettſchwänzen. Bgl. Texier's Bericht im Ausland,
Ipril 1836. S. 384. Außerdem war L. auch reich an milden Bjeln (Strabo
m a. D.). Das Saupiprobuft des Mineralreichs war Salz; denn ber
Boden des Landes if bis zu einer ziemlichen Tiefe hinab mit Salztheilen
ſeſchwängert und bat daher Mangel an guten Trinkwafler, welches aus fehr
iefen Brunnen gefihöpft werben muß, während daB falzige Quellwaſſer ven
Schaafen, die befanntlih das Salz lieben, fehr gut befommt. Die. von den
Bergen herabkommenden Quellen vereinigen ſich ohne Ylüffe zu bilden fehr
ald zu mehreren Lanbfeen, unter welden ver Saljfee Tatla (j. d.) an ber
örbliden Grenze des Landes der größte und wichtigfte if. Die Einwohner °
ed Landes (Aunzorss, Strabo p. 680. Ptol. I. I. Dienyf. v. 857. Mela
‚2,5. Plin. 1. 1.) foßen einer griech. Sage nad (f. Euftath. ad Dionys.
. 1.) vom Artcadier Lycaon abflammen, aljo helleniſchen Lirfprungs fein,
Ind aber unftreitig Ureinwohner. Sie galten für Eriegäfundig und namente
ich für rüdtige Bogenfhühen (Dionnf. v. 857. Pride. v. 806. Abien.
. 1020.). Ihre größeren Städte waren Iconium im ſüdlichern Theile Ly⸗
aoniens, ziemlich in der Mitte feiner Länge oder Auodehnung von NW.
ad SD., die fpätere Hauptſtadt, aber doch nur von mittlerer @röße;
‚aodicea Combusta, nordweſtlich von der vorigen; Derbe (nit bie Ruinen
ei Kara dagh ſvgl. Bo. II. S. 981.] fondern, wie Hamilton Res. H. p. 31 f.
igt, das heut. Divls am See von AR Ghieul), 5 g. M. ſüdlich von Ico⸗
ium, bie Saupiflabt bes fünlih von Iconium gelegenen Difriltö, Antio
hiana und Laranda. Die Eleinern Städte des Landes find in-ber Richtung
on NE. nah SO.: Tyriaeum, Vasata, Soatra, Ilistra und Coropassus
ber Coropissus, f. bie einzelnen Artikel. [F.]
Lyearötus, Bruder des famifhen Iyrannen Mäandrius, bes Nab-
»Ugers von Polycrates (Herod. II, 143.), ftarb als Perflicher Statthalter .
uf Lemnos. Herod. V, 27. [K.]
Lyenstms (Auxaocos, Seyl. p. 33., Lycastum bei Plin. VI, 3, 3.,
ycasto bei Mela I, 19, 9.), eine fehr alte Stadt in Pontus (denn ſchon
IHerechdes beim Schol. Apollon. II, 373. vgl. mit Schol. ad II, 1001.
ennt eine von Amazonen bewohnte Stadt Avnaoria neben Themifcyra u.
halybia), an einem gleichnamigen Bluffe (Scyl. u. Plin. U. 1. Marcian.
. 74. Pesipl. Pont. Eur. p. 10.).: [FE] .
1254 Lyoöns — Lyekutläus
2) Stadt auf Kreta, Mela II, 7. Plin. IV, 12. Im der myihelog.
Darftelung ift Lyc. Sohn des Minos und der Itone, Bemahl ber Ida,
Vater ded Minos und König von Kreta. Diod. IV, 60. vgl. Hist. de !’ Acad.
des Inscr. IH. p. 49. — 3) @in Kreter, welcher mit Bulimme, ver. bes
Kydon und Braut des kretiſchen Königs Apteros geheimen Umgang pflog.
Als Kydon auf Geheiß des Orakels den einheimifchen Heroen eine Jungfrau
opfern wollte, um ven Sieg über Feinde zu erlangen, traf bad 2008 feine
eigene Tochter. Um fle zu retten geflanb Lyc. wie wenig fie mehr Jungfrau
ſei. Tropdem wurde fle geopfert und ale fi Cul. wirklich als ſchwanger
auswies, erfhlug Apteros den Bye. und entflob nad Termera. Parthen.
Erot. 35. [W.T.]
Lycödas (Avnsac), 1) von Naufratis, ein nachchriſtlicher Schriftſteller
der ein Werk über Aegypten ſchrieb. Athen. XII, p. 960. E. (3. Bud).
XIV, p. 616.D. Plin. H. N. XXxVI, 13. [ West.
2) Dichter, von Pauf. II, 19, 6. 22, 2. 23, 8. genannt. [B.]
Avunyerns, Beiname des Apollo, I. IV, 101. 119. Bgl. Avnssoc
und Lycius. [W.T.]
Avxsia, Beiname ver Artemid zu Trözene, Bauf. II, 31, 6.
Avnssog, Beiname des Apollo (Sopb. Oed. R. 203.), abzuleiten
und abgeleitet entweder von Avxog Wolf (vgl. Aeſchyl. Sept. 145.) ober von
Avrn, lux. Vgl. D. Müller, Dorler I. &. 303. Heiligthümer des Ap. 2. zu
Athen, Pauf. 5,19, 4., Argos, ib. II, 19, 3., zu Sifyon, ib. II, 9, 7. [W.T.]
Lyceum, eined der drei alten Gymnafien zu Athen, befannt theils ale
gemnotiiser Mebungsplag theils als Stubienfig der Schule des Ariſtoteles
en Namen Hat man 3.8. von dem benachbarten Tempel des Apollon Lykeios
abgeleitet. Auch fprach der Bolemar im Lykeion bei der Statue eines Wolfes
Net. ©. Suid. v. aoyaor. DBeller Anecd. I, 449. Heſych. v. smıAumor,
dazu die Intpp. Ueber bie Beziehung und Deutung des Avxos und Auxeos
ſ. D. Müller Dor. I. 245. 247.2. — Weil es das Ältefle und wichtigſte
Gymnaſion Athene war fo läßt Lukianos zepl yuvuraciov den Solon unb
Anacharſis bier auftreten, die gymniſchen Uebungen der Epheben in Augen»
fein nehmen und befpreden. Dur Sulla wurben ſowohl die ſchoͤnen An⸗
lagen ber Akademie ald des Lykeion zerftört. Plut. Sulla 12. — Lieber bie
Lage des 2. ſ. O. Mülfer Allg. Eneycl, Ser. I. Bd. 6. ©. 238f. und oben
Br. I. ©. 957. — Nah Photius Lex. v. wurden bier auch bie argarım-
zıxal essraosıg abgehalten. Vgl. Suid. v. und Schol. zu Ariſtoph. Triede
B. 353. — In Beziehung auf die Hier verweilenden Phllofophen und ihre
Säulen vgl. Themiſt. Orat. IV, p. 72. XX, 288. XXI, 310. XXIII, 348.
356. XXVI, 394. XXXII, 432. ed. Dindorf. [Kse.]
Lychnidus (Avyndos, Strabo VII, p. 323. Ptol. IM, 13. Stepb.
Byz. p. 431. is. XLIN, 9. XLIV, 21., im It. Ant. p. 818. 329. und
auf der Tab. Beut. Lignidus, bei Polyb. XXXIV, 12, 7. auch Avyndor,
u. XVII, 30, 12. Avyris), Stadt in Illyricum, an ber egnatifchen Gtraße
(Strabo u. It. Ant. 1. 1.), die alte Hauptflabt ber Deflaretier (Ptol. L 1.
Liv. XXVII, 34.), und fon zur Zeit des Königs Gentius in Beſitz wer
Römer (Liv. 1. 1.). Sie lag auf einer Anhöhe, war fehr feſt und enthielt
innerhalb ihrer Mauern viele Quellen (Malchus in exc. de legat. p. 64.).
Im Mittelalter bekam fie, ald Sit bulgarifer Könige, den Namen Achris
oder Achrita (Anna Comn. p. 371. Cedren. II. p. 713.) und Heißt daher
noch jeht Achrida oder Ochrlda. Der gleichnamige See, an befien noͤrd⸗
lichem Ende fie Tag, erfcheint fhon bei Polyb. V, 108,8. unter dem Namen
n Avyriöia Adam, heißt aber bei Diod. XVI, 8. und Scymn. Chius v. 429.
. Aygping. Nach Steph. 1. 1. Heißt er bei Herodian. Auyresos. Er war
ziemlich groß und nah Strabo VII, p. 327. (der Übrigen mehrere Seen
Lychnitis Lasus — Eyeia 1255
ei 2, gebenkt) fehr fſiſchreich. Aus ihm entfprang ber Fluß Drymon, ber _
ch bei Liffus ins Meer ergoß (Anna Gomn. p. 371.). Au er führt jegt
en Namen See son Achrida und liegt an der Grenze von Albanien und
Nacedonien. [F.]
Lyehnitis Lacus (Avpius, Ptol. V, 13. Steph. Byz. p. 432.),
n mit dem Fluſſe Arared in Verbindung flehender See in Armenia Minor;
gt * Goktſchai, auch blos See von Erivan. Bgl. Chardin
l. p. 22. .
" Lyehmmeinne und Lychnus, f. Candelabrum und Lucernae.
Lyela (N Avxia, beichrieben von Scylarp. 39. Strabo XIV, p. 664 ff.
ttol. V, 3. Mela I, 15. Plin. V, 27, 28., im Stadiasm. maris magni
. 205 ff. und von Hierocl. p. 683 ff.) hieß die Salbinfel an der Shofüfle
Teinaflens, welde gegen W. und NW. von Garten, gegen N. von Phrys
ten und Pifldien, gegen NO. und D. von Bamphylien und gegen ©. vom
[are internum umſchloſſen wurde. Die wefll. Grenze bildete das Geb. Dir
ala und der Fl. Glaucus, die nörbl. der Taurus und die Öff. das Geb.
limar. Die Ausdehnung Tängs der Küſte beitrug, die Krümmungen der»
[ben miteingerecgnet, nach Strabo p. 664. 1720 Stad. oder 43 g. M. (mährenp
er gerade Durchſchnitt nur einige 20 Meilen beträgt), vie Breite aber war
ex vielen tiefen Buchten wegen ſehr ungleich, Im Ganzen jedoch etwas größer
[8 die Länge. Der ältere Name des Landes war Milyas (N MiAvas, Herod.
‚ 173.), welchen jedoch Homer nit kennt (vgl. Strabo XII, p. 554. XIV,
. 667. 678.), bei welchem vie alten Cinwohner, wahrſcheinlich Autochthonen
nd zum forifchen Volksſtamme gehörig, Solymer heißen (I. VI, 180. X,
30. Od. V, 282. u. f. w.). Diefe murden aber von ben Termilern, einem
arbartfhen, zur Zeit des Minos aus Greta nad Kleinafien eingewanderten
zolkoſtämme, aus ven Küſtenſtrichen verdrängt und Letztere nahmen nun von
em Athener Lykos, dem Sohne Pandions II., ber von feinem Bruder
legeus vertrieben bei ihnen einen Zufluchtsort gefunden Hatte, den Namen
yeier (Avmoı) an (Strabo XIE, p. 573. XIV, p. 667.), unter welchem
e fon Homer kennt (Il. VI, 184. 430. XII, 330.). Der Name der So⸗
‚mer, mit denen Anfangs die Lycier noch eine Zeit lang zu kämpfen Hatten
dom. U. 11), verlor fich nah und nad gänzlid, der Name Milnas aber
hielt fi wenigftens in dem nörblidden Gebirgolande, wohin wahrſch. die
tefte ber Solymer zufammengebrängt worden waren, bie nun bier den Namen
Lilyä führten (Strabo p. 667.). Die Lyecier behaupteten allein unter
Ien benachbarten Voͤlkerſchaften ihre Freiheit gegen Gröfus (Herod. I,28.),
lagen aber fpäter ber Berfligen Uebermacht (id. I, 176.) und theilten fo»
nn alle Schiäfale des perfiſchen, macedon. und fyrifchen Reiches. Die
ömer ſchenkten das Land zuerfi ben Rhodiern (Polyb. exc. de leg. c. 36.),
‚ben ihm aber nah dem Macevon. Kriege feine Freiheit wieder (Polyb.
KX, 5, 12. Liv. XLV, 25.) und e8 folgte nun das goldene Zeitalter der
ıcier, das erft während der röm. Bürgerkriege, beſ. durch Innere Uneinig«
it (Appian. B. C. IV, 65. Bio Cafſ. XLVII, 34.) fein Ende erreichte,
orauf Claudius Lycien zur röm. Provinz machte und der Präfeciur Pam⸗
9lien einverleiste (Dio Gaff. LX, 17. Euet. Claud. 25. vgl. au eine
iſchr. bei Gruter p. 458, 6. u. Cod. Theodos. L. II. de censu). Erſt
heodofius trennte Lyeien wieder von Pamphylien (Malala L. XIV. sub
ıe0dos. iun.), und fo eriheint es denn bei Hierocles p. 682 ff. wieder als
ıe eigene Provinz mit der Hauptſtadt Myra. Zur Belt feiner Breiheit
[dete es einen aud mehreren ſelbſtſtändigen Nepublifen beftchenden Städte⸗
nd, an deſſen Spike ein Generalftatthalter (Avmsapyns) ftand. Die Zahl
e Städte betrug 23, von denen die 6 größten (Xanthus, Patara, Pinara,
lympus, Myra und A108) auf den allgemeinen Landtagen 3, bie Mittels
v
41256 Lyeln
ftädte 2 und die Fleinern nur eine Stimme hatten. Die Bundebverſamm⸗
Iungen waren an feine beſtimmte Stabt gebunden, fonbern wurden, wie es
gerade am paffendften ſchien, bald in biefer bald in jener gehalten. Die
Berfaffung mar eine fireng geregelte und im Ganzen fehr vorzügliche (Strabo
XIV, p. 664 f.). Die Lycier waren ein friebliebenbes wohlgeſittetes Volk,
das an der Seeräuberei feiner Nachbarn feinen Antheil nahm (Strabo ib.),
auf einer nicht ganz niedrigen Stufe der Cultur fland und namentlidh in ver
Baukunſt recht Tüchtiges leitete. (Leber das ganz Cigenthümliche des Inci-
ſchen Bauſtils und die höchſt merkwürdigen und zahlreichen Liebertefte deſſel⸗
ben, die ſich von den weit roberen Bauwerken ver Milyer im nerböflichen
Schirgäftrihe des Landes weſentlich unterſcheiden, vgl. bei. Fellows Disco-
veries in Lycia, Lond. 1841. gr. 8. p. j04f.) Die Sitten und Gebraͤuche
des Volks waren theils eretiſche theils carifche (Herod. I, 133.). Die Kriegs⸗
Heldung und Bewaffnung beſtand na Herod. VII, 92. in Hüten mit Feder»
büfchen, Beinſchienen, Dolchen und Sichelſchwertern. Leber bie dem Zend
nahe verwandte Sprache und das Alphabet ver Lycier vgl. Cockerell Obserr.
sur les Inscriptions Lyciennes decouvertes, im Journ. des Savans, Arr.
1821., ef. aber den Appendix B. zu Fellows Discov. in Lycia p. 427 |.
Was die Beſchaffenheit und Topographie Lyciens betrifft fo war zwar ganz
Lycien Gebirgsland, indem ber fich an der nörbliden Grenze binziehente,
mit dem Gadmud in Phrygien zufammenhängende Zweig des Taurus aud
mehrere fünlihe Arme durch dad Land Hin fendet, die, ſich nad der Küfle
zu immer mehr abdachend, enblih als Bergebirge in bie See auslaufen
(Strabo p. 691. 666.); deshalb aber doch nicht unfruchtbar und erzeugte
Wein, Betreive und die übrigen Produkte Kleinaflens, auch Safran (Etrabe
XIV, p. 671. Plin. XXI, 6, 17.), bei. aber zeidäneten fi die ungemein
hoben und ſtarken Zedern, Tannen und Blatanen bes Landes auß (Plin.
x, 1, 5.). Ihm eigenthämfiche Produkte waren eine befonbers weiche Art
von Badeſchwamm bei Antiphellus (Blin. AXX. a. E&.) und eine eigne Art
von Kreide (beſ. bei Bubon), von ber au in ber Medicin Gebrarch ge
macht wurde (id. XXXV, 17, 57.). Auch hatte es Naphthaquellen (id. II,
106, 110.) und verrierh deutli feinen, wenigſtens fräber, vulkaniſchen Cha⸗
takter. Die Gebirge Lyciens waren ber Daodala M., welcher bie Weſt⸗
grenze des Landes gegen Garten bildete, ber Cragus, ber das Land in füp-
weſtlicher Richtung durchzog, fi in zwei Arme, den Cragus und Anticragus
theilte und als einfliger Vulkan verrufen war (daher Sik der Chimära), der
Massicytus und ber Climax (: Deliktagh, vgl. Hammer in d. Wiener Zahrbb.
Bd. CVI. S. 90.) an der oͤſtlichen Küfte, das Brenzgebirge gegen Pamphy⸗
- Shen mit dem Solyma und dem mehr iſolirt erfcheinennen Bulfan Olympus
oder Phoenicas (j. Ianartagh, vgl. Hammer am a. D.). Die Borge
birge waren im W. Telmissis oder Telmissiass, am Sinus Telmissicus und
der Stadt Telmiffus, ſodann dad Prom. Cragi, auf das Heilige Borgebirge
genannt (daher no j. Cap Iria), ferner im Außerften ©. die Landſpitze bei
Batara, melde das Cariſche und Lyciſche Meer trennte, und endlich im D.
ein zweites heilige Borgeb., auf) Prom. Chelidonium genannt, mit welchem
man gemöhnli den Taurus beginnen läßt, weshalb es bei Mela I, 15, 1.
u. Plin. V, 27, 28. auch Prom. Tauri heißt. Diefe ins Meer hervormre⸗
tenden Sandfpigen bilden auf drei große Meerbufen, an ber weſtlichen
Grenze den Sinus Glaucus, in den ſich der Fluß Glaucus ergieht, etwas
Öflider ven Sinus Telmissicus (j. Meerb. von Maeri), nad der Stabt Tel»
miffus benannt, und an ber Öfllihen Brenze den Sinus Pamphylicus (j.
Meerb. von Adalia). Die daB Land durchſtromenden Fläffe (in ber Mid»
tung von W. nah D.) hießen Hei den Alten Glaucus, ber Grenzfluf gegen
Garien, Xanthus und Limyrus; Meinere Käftmfläßigen waren bie Adesa oder
Lyeidas — Lyeima | 1237
edesa unb der Morus. Die wichtigeren Städte Lyciens maren: a) Alften-
ädte in der Richtung von W. nad O.: Telmissus oder Telmessus, Patara,
ntipbellus (vgl. Bd. I. S. 552. und über ihre Ruinen auch Leale Tour
ı As. min. p. 127. 185. Fellowo Asia min. p. 219 f. u. Lycia p 185 ff.
exier Descr. de l’Asie min. auf 11 Blättern), Myra mit dem Hafen
ndriäca (vgl. Bd. I. ©.475. u. Beaufort Karam. p. 26. Beaujour T. I.
. 170. u. Leake Asia min. p. 183.) und Phaselis; b) im innern ande:
inara, Tlos,-Xanthus und Phellus. Die Eleineren Städte und Flecken Ly⸗
ens |. in meinem Handb. d. alt. @eogr. IE. ©. 259 ff., überhaupt aber
jl. über bie Heutige Beſchaffenheit des Landes (das den weſtlichern Theil
rt Landſchaft Tekeh in Anadoll bildet) und bie großartigen und yrädtigen
eberrefle feiner alten Städte beſonders die neueften Hauptwerke von Fellows
ixcursion in Asia min., Lond. 1839. gr. 8. u. Discoveries in Lycia,
ond. 1841. gr. 8. mit vielen Lithograpbien), u. Texier (Description de
Asie mineure. Vol. J. Paris 1838. gr. fol., eine Dienge ver trelidhften
belloungen; vgl. Hammers Weberfiät in d. Wiener Jahrbb. Bd. CVI. vom
‚ 1844.). IE.
Lyeldas, 1) ein Athener, Mitglied des Rathes der Fünfhundert,
n feinen Mitbürgern zu Tode geſteinigt als er zur Annahme des von Mar⸗
nius im I. 479 angebotenen perfiſchen Bündniſſes rieth; gleiches Schickſal
Den fein Weib und feine Kinder durch die atheniſchen Weiber erlitten haben.
erod. IX, 5. — Rehnliches erzählen Demoſth. de cor. p. 296. Gic. de
I. III, 11, 48. von einem Athener Cyrſilus, ver im 3. 480 darauf anirug
5 dem Zerxed zu unterwerfen. Valcken. bemerkt daher zu Herod. am a. O.:
em si fatum ante decem menses subierat Cyrsilus, mirum est hujus
emplo non fuisse Lycidam deterritum. Bol. Bähr zu Her. am a. O. —
)bukoliſcher Dichter, Moſch. 3, 96. [K.]
Lycinus, 1) von Pallene in Attica, im 3. 362 Schiffsführer. Dem.
PolycL p. 1223. Antiph. 5, 60. Ein Lye. aus Pallene kommt au
den Urf. des att. Seew. XVI. b. 219. c. 113. vor; es iſt aber wohl
Hi derſelbe mit jenem, da die Urkunde fich auf die Uebergabe der Auficher
vr Werfie von‘ OT. 114, 2. 323 v. Chr. bezicht. S. Böckh ©. 243. 509. —
in Lycinus aus dem Demos Gargetius, Urf. X. e. 110. — 2) ein itali⸗
ver Flüchtling, welchen Antigonus Gonatas nah feinem Siege Über Athen im
263 zum Phrurarchen daſelbſt ernannte. Tele ap. Stob, Flor. II. p. 72.
. Lips. DBgl. Niebuhr HM. Schr. I. S. 461. Droyfen Geſch. des Helen.
S. 206. 222. 275. .[K.]
3) ein SKrotoniate, flegte DOT. 49 Im Wettlaufe; African. bei Eufeb.
A. OAvur. p. AO. ed. II. Scalig. Bol. Scalig. sorop. ovray. p. 310.
rfini F. A. IH. p. 85. — 4) aus Heräa in Arkadien, Sieger im Wett-
ıfe der Knaben, PBauf. VI, 10, 2. — 5) aus Elis, im Fauflkampfe ber
ıaben, Bauf. VI, 7, 3. — 6) Spartiate, im ÜWettrennen ausgewachſener
ie. Wahrſch. war e8 ein Wettrennen mit dem Viergeſpann, welches zu
lympia früher (DI. 99) eingeführt wurde als das Zweigeſpann ber Sohlen.
uf. V, 8, 3. VI, 2, 1. Er weißte zwei Siegerflatuen nad Olympia,
erte des Myron, Pauf. 1. c. [Kse. |
Lycirna, Bleden an ver Küfte Aetoliens in der Nähe von Bleuron
d Calydon (Strabe X, p. 459.). Allein es iſt kein Zweifel daß flatt
pre oder Ainvora zu lefen iR Aliıuore, unter welhem Namen Steph.
z. P. 68. dieſen Ort aus Straße anführt, der auch bei Plin. IV, 2, 8,
ter bem Namen Halicyrna (nah ber gewöhnl. Lebart freilich Halisarne)
kommt, während er bei Scylax p. 14. in Munaer« verunflaltet wis».
ſcheint an der Gtelle des heut. Hafens Capouro Limni geſacht werben zu
ffen. Vgl, Kruſe's Hellas II, 2. ©. 263. IF. „9.0
IV.
1288 "Lyels — Lyeomödes
Lyols (Aunıg, auch Avxoc), Komdobiendichter, von Ariſtophanes Ran. 14.
f. dv. Sol. u. Suid. s. v.) zugleich mit Phrynichus u. —** genannt. [B.]
Lyciseus, 1) einer der Demagogen welde den Juſtizmord an ben
Siegern bei den Arginufen berbeiführten. Zen. Hell. I, 7, 13. — 2) von
Gaffander im 3. 316 zum Gtrategen in Epirus ernannt (Diod. XIX, 36.),
unterftüßt im I. 814 die Ncarnanen gegen bie Netolier (Diod. XIX, 67.),
kaͤmpft im 3. 312 als Stratsge von Acarnanien mit dem epirotiſchen Fürſten
Alcetad. Diod. XIX, 88. — Senführr bed Agathockes, f. Br. 1. ©:
230. — 4) in Hetolien, f. = 1. &. 212. — 5) Archon DI. 109,
(344), Demofih. 58, 28. Beil. (Kl
: 6) Lyciscus Lagonem puerum subdolae ac fucatae vernilitatis (sc.
fecit), Plin. XXXIV, 8, 19. Er war Grigießer. .
Lyeium Mare, ber Theil des Mare Internum der die Küfte Lyciens
Befpält, ac. Ann. II, 60. Plin. V, 27, 31. Ptol. V, 8. VII, 17. [F.]
' Lyelus, Amos, 1) ber Lukier, Beiname des Apollo, der in eafien
(Patara) ein Heiligthum mit einem berühmten Drakel hatte, Mela I, 15.
Propert. III, 1, 38. Stat. Theb. VIII, 200. Bing. Aen. IV, 143. "346.
977. Oft ibentifleirt mit Aunsiog, Adrarog u. f. w., f. Serv. zu Virg. Aen.
IV, 377. Macrob. Sat. I, 17 Pauſ. I, 9,7. 19, 3 polo. Her. 10, 4.
Guftath,. p. 354, 16. [W.T.]
2) aus Gleutherä in Böotien, Sohn (then. XI, p. 486. d. Baur. I,
23, 7. V, 22, 2.) und Schüler (Plin. XXXIV, 8, 19.) ves Moyron, blühte
um DT. 90. Plinius erwähnt von ihm eine Gruppe der Argonauten und
einen dad Feuer anblafenden Knaben. Auf der Acropolis in Athen fah
Paufan. I, 28, 7. einen Knaben aus Bronze, ber ein Gefäß hielt. Gine
große Statum-Bruppe von feiner Hand Hatten die Apolloniaten nad Olympia
eſchenkt: auf einem halbfreisförmigen Unterbau waren Thetis und Eos, wie
e ben. Zeus um das Leben ihrer Söhne baten, vargeflellt (man vgl. dab
Gemälde auf der agrigentinifhen Bafe, welche R. Politi 1841 bekannt
machte). Auf den beiden Eden beö Halbkreiſes landen Achilles und Memnon
rinander kampfgeruͤſtet entgegen, in der Mitte ſaß Zeus, von den beiden
Mürtern angeflebt: in den Zwifchenräumen waren auf der einen Seite vier
Griechen, auf der andern vier Trojaner fo aufgeflellt daß Odyſſeus dem He⸗
lenus, Menelaus dem Paris, Aeneas dem Diomedes, Deiphobus bem telas
moniſchen Ajas gegerüberftand, Pauf. V, 22, 2. Ueber das Cigenthũmliche
feines Kunſtſtiles geben die alten Berichte nichis Näheres an; wir dürfen
daher wohl annehmen daß er mit den durch die Entwidlung der Kunſt von
ſelbſt gegebenen Mopiflcationen dem ei feines Vaters gefolgt fein werde.
S. Meyer Geſch. d. bild. Künfte I. S. 9. [W.
Lyco ober Lycon, Fleden der Bafletaner in Hifpania Bätica, blos
bei Liv. XXXVII, 47., vielleicht das heut. Lobon in Eftremadura. [IF]
Lyoöa (Ace, Bauf. VII, 36, 5.), ein Städtchen Arcadiens am
Zuße bes Berges Mänala, zu Baufanias’ Zeiten ſchon zerflört, mit einem
Tempel der Artemis Lycoatid. Es lag im nördlichern Theile des Diſtrikis
Mänalia, in der Ebene von Davia, vgl. Xeafe Morea II. p. 52. u. Boblaye
Rech. p. 171., 1. jedoq auf Roß Reif. I. ©. 120. [F.
Avnontorog, ‚Wolftöbter, Beiname des pc us Sirtengottes,
Soph. Bl. 7. Philoſtr. Her. 10, 4. mit el
. ILycoldon, ein Atheniſcher Meiner, © er de ——* Von ſeinen
Reben iſt und jedoch nur eine einzige vmd Koßoien aus Ariſtoteles Rhett.
BI, 10, 7. bekannt, Ay fait nad Ruhnkens (Hist. crit. oratt. p. LXIV.)
Berehnung in DI 1 B.]
Lycomödes, ) "Sohn des Apollo und ber Paribenope, Bauf. VII,
4, 2. — 2) König der Doloper auf Skyros, Baier ber Deidameia, Apollod.
Lycomedis Lnous — Lycomidae 1259
11,13,8. Er beherbergte ven Achilleus bei ſich als er ſich verſtecken wollte
m nicht gegen Ilium mitziehen zu müfjen und Achill. verführte bei biefer
delegenheit feine Tochter, ſ. Bd. I. S. 32 f. vgl. Gtat. Theb. I, 207. Gie.
ımic. 20. (ber irrig den Neoptol. flatt des Achill. nennt). Als Theſeus
u ihm kam fließ er ihn einen Bellen hinab entweder aus Herrſchereiferſucht
der um midi deffen auf Skyros gelegenen Güter herausgeben zu mäffen,
ber dem Meneſtheus zu Gefallen, Blut. Thes. 35. Pauf. I, 17. extr. ze.
yc. 1324. Soph. Phil. 243. — 3) ©. des Kreon, z0g mit gegen Ilion,
om. 1. IX, 84. Bon Polygnot mar er in der Leſche zu Delphi verwundet
argeſtellt, Bauf. X, 25, 2. [W.T.
4) aus Athen, Sohn des Aeſchreas, der erſte von ben Hellenen ber
ei Artemiflum ein feindliches Schiff nahm. Herod. VIII, 11. Plutarch
hem. 15. läßt dies in der Schlacht von Salamis gefhehen. — 5) aus
Rantines, ein Dann von edler Herkunft und audgezeichnet ſowohl dur
deichthum (Xen. Hell. VII, 1, 23.) als durch politiſche Cinficht und Unter»
ehmungsgeiſt, betreibt nah ver Schlacht von Leuctra (f. Weſſel. zu Diod.
V, 72. Schneider zu Zen. Hell. VI, 3, 6. Manſo Sparta HI, 2. &. 82.
5teverd, Geſch. Griech. S.393. 6.16. Wachsm. Hell. Alterth. Ate Ausg. E.
5. 282, 54. Vater im Archiv f. Phil. u. Päd. VII. S. 360, 55. 56.)
ie Bereinigung ber Arcadier und die Gründung von Megalopolis. Diod.
V, 859. ®Bauf. VII, 27, 2. — (Bon Diodor um a. D. wirb er Tegente
enannt, ein Irrthum — vgl. Schneiv. zu Zen. VII, 5, 3. Glint. F. H.
. 418. — ber von ihm ſelbſt c. 62. verbeflert wird und vielleicht darin
inen Grund bat daß Lycom. auf der von Xen. VI, 5, 6. angebeuteten con»
ituirenden Verfammlung zu Tegea dad Wort führte.) Als im 3. 370 fi
ie Spartaner in bie arcadifchen Angelegenheiten miſchten, flegte Lycom. über
a8 Söldnerheer des Polytropus, welcher ſelbſt ftel (Xen. VI, 5, 13. 14.
)iob. XV, 62.); im 3. 369 nahm er die laconiſche Stadt Pallene ein. No
urch einige andere glüdlihe Unternehmungen wie durch feine Beredtſamkeit
uchs dad Selbftgefühl der Arcabier ; geehrt durch das Vertrauen bed größten
heils feiner Landsleute gab er fich, nachdem Sparta’ Macht gebrochen
ar, ale Mühe nit blos die Unabhängigkeit Arcabiend von Theben zu
ehaupten ſondern auch die Hegemonie im Peloponnes zu erringen. Xen. VII,
‚23 f. Theben gegenüber bielt er eine Berbindung mit Arhen für
ünſchenswerth, ohne jedoch dadurch ſich Sparta zu nähern; daher berebete
: den Ausẽſchuß des arcadifhen Volkes, die Myrivi, die Stimmung der
Ithener nad dem Berlufle von Dropus (366 v. Chr.) zu benügen, und
ing nachdem fein Plan Beifall gefunden felbft als Geſandier nah Athen.
ir brachte einen Vertrag zu Stande; auf ber Rüuüͤckreiſe fiel ex arcadiſchen
erbannten in die Hände, die ihn ermorbeten. Zen. VII, 4,2f. Nicht lange
2 gonen 5 entſtanden Spaltungen unter den Arcadiern, ſ. Bd. III.
. 7.
Lycomedis Lacus (Avxourdovg Am, Ptol. IV, 5. Plin. V,
‚4.), Zandfee im Süden Marmarica's. [F.]
Lycomidae (häufig Avnoundaı gefchrieben, wad Paffow ad Mus.
. 53. billigt und Lobeck Aglaoph. p. 982. Jacobi myihol. Handwoͤrterb.
>. 989. auf einen mythiſchen muflerlöfen Ahnherrn Lycomedes beziehen
ollen, während Avrowidas durch eine auf dem rariſchen Feld gefundene
nfchrift bei Boͤckh C. Inser. I. n. 386. beftätigt und von Meurſ. Att. Lect.
[, 19., Siebelis ad Paus. I, 22, 7. u. Steph. Byz. vertheibigt wird), ein
ſtattiſches Prieſtergeſchlecht (Eros Oæyercõꝝ, Heſych. mit den Anm.) das im
Yemod Phly& eine mit dem Dienſt der eleufinifchen Böttinnen in Verbindung
ehende Weihcapelle (zeAsorrpıor) hatte, welche Themiſtocles, der aus dieſem
zeſchlecht ſtammte (Plut. Them. 1. Pauſ. I, 37,1.) wieder herſtellte, aber
1260 - Kyeöne -- Lyeöphron
amd in anderen Demen, Phrearroi, Adarnä, Hagnus, Maraibon, und im
der meſſeniſchen Refidenz Andania (Bauf. IV, 1, 7.) Nieberlafiungen hatte
und noch zu Pauſanias' Zeit (IX, 27, 2.) eriflirte. Ihr Geſchlechtsregifter
f. bet ©. Müller de Min. Pol. p. 44 f. und bei Bödh C.I.p.441f. | W.]
Lycou, 1) aus Sfarphe, ein komiſcher Schaufpieler aus Alexander
bed Großen Zeit bei Plut. De fort. Alex. p. 334. E. vol. Vit. Alex. 29. Bol.
Meinefe Hist. crit. comicc. Graecc. p. 327. — 2) Ein Pythagoreiſchet
Philoſoph Lycon aus Tarent bei Jamblid. Vit. Pythag 36. — 3) aus
Safos, fchrieb über Pythagoras, Athen. X, p. 418. F. II, p. 47. A. —
4) Der in dad Zeitalter des Ariftoteles fallende Lycon, ebenfalls ein Py-
thagoreer, bei Cuſeb. Praep. Evang. XV, 2. Diogenes von Xaerte (V, 69.)
hebt vier dieſes Namens bervor, einen Pythagoreer, einen epifchen und einen
epigrammatiſchen Dichter, und ben Peripatetifer, von dem er felbfi (V, 65 ff.)
nähere Nachricht gibt, vgl. mit Athen. XII, p. 947 ff. Diefer war der Sohn
des Aflyanar, aus Troad, Nachfolger ned Strato (DI. 127) und Haupt
der Veripatetifgen Schule über 44 Jahre Tang, befreundet mit Antigonus
Bonatas, dem Könige von Macebonien, mit Antiochus, dem Syriſchen Kö⸗
nige, der ſich vergeblich bemühte ihn an feinen Hof zu ziehen, wie mit ben
Pergameniſchen Fürflen Attalus und Eumenes, ein Wann von einem ge
funden Eräftigen Adrper, den er durch athletiſche Uebungen zu flärken ſuchte,
bis er in einem Alter von 74 Jahren an einem Anfall von Podagra flarb.
Daß er den Arhenern große Vortheile zugebracht, bemerkt Diogenes, der
außer Strato auch einen Dialektifer Panihoedes als feinen‘Xehrer bezeichnet.
Als Lehrer wie als Redner zeichnete ſich L. durch eine feltene Anmuth des
Vortrags aus (vol. auch Cic. De Finn. V, 8.), weshalb man Ihn auch
GIycdon zu nennen pflegte. Er ſcheint in ähnlicher Weiſe wie Xheophraftus
Gharakterfäilderungen abgefaßt zu Haben (f. Mutil. Lup. De Figg. II, 7.
und dazu Ruhnken p. 99 f.); au eine Schrift De Finibus (Gic. Tuscc.
I, 82. Glen. Alex. Strom. II, p. 497.) und eine andere De natura ani-
malium (Apulej. Apolog. p. 42.) fol er gefärieben haben. In feinem
Zeftament, welches Diogenes von Laerte (V, 69 ff.) aufbewahrt bat, ſpricht
er ($. 73.) von feinen Schriften, fowohl den fhon durch Vorleſen befannt
geworbenen als den noch nicht herausgegebenen, ohne jedoch deren Inhalt
oder Titel anzugeben. Vgl. Fabric. Bibl. Gr. I. p. 851. III. p. 498. ed.
. Harl. Greuzer in d. Wiener Jahrbb. LXI. ©. 209 ff. [B.]
Lyeöne (Avxomm, Pauf. II, 24, 6.), ein Eleiner mit Cypreſſen be⸗
feßter Berg in Arcadien an ber Straße von Argos nad Tegea. [F.]
Avxogpavog, ein erwärmenbes Kraut welches wie jungen Spartiaten bed
Winters ihrem Lager beimiften. Plut. Lyc. c. 16. Gefy&. v. T. I. 810. 4.
Avnöogaror, 109 syıronoda Meoommos; wonach auch in Meffenien dieſes Kraut
gewadfen und zu gleichem Zwecke verwendet worden zw feyn fiheint. [ Kae.]
Lycophontes, 1) Sohn des Autophonos, Ihebäer, Som. IL IV,
395. — 2) Troer, ib. VIII, 275. [W.T.]
Yıyeöphron, 1) Sohn des Maflor, mußte aus Kyibere wegen sined
Morde flüchten und z0g mit dem Telamoniden Aias gegen Ilium, wo ihn
Hektor erfhlug, U. XV, 430 ff. [W.T.]
2) Sohn des Tyrannen Periander von Korinth; über das Zerwürfniß
mit feinem Bater f. Herod. II, 50—53. — 3) Tyrann von Pherä (früher
vielleicht zum vermittelnden Archonten, doyaor ueoidsog, gemählt, wad häufig
Tyrannis zur Folge Hatte, Ariftot. Pol. V, 5. vgl. Wahsmurh Helen. Alt.
2te Ausg. I. S. 713.), flrebt nach der Herrſchaft über ganz Theffallen und
fiegt über feine Gegner, die Dynaften in Lariſſa und andern Stäbten (Aleuaden
und Scopaden), in offener Feldſchlacht am 3. Sept. 404 v. Ehr. Zen. Hell.
IE, 3, 4. inter dieſe Gegner gehörte ohne Zweifel Wriftippus, ein Aleuade
‚, Lyecöpksenm 1281
6 Larifſa (Plato Men. in.), welcher Unterflägung von Cyrus fi erbat. Zen.
nab. I, 1, 10. Da 2yr. von den Spartanern begünfligt wurde ſchloßen
& feine Feinde an die Ihebaner an; daher fehickte im 3. 395 das Syne⸗
ion von Korinth dem Mebius, der in Befle der Herrſchaft über Larifja
efommen war, 2000 Bann, durch deren Unterflüßung derſelbe das von den
acedämoniern beſetzte Bharfalus einnahm. Diod. XIV, 82. S. Schneider
ı Zen. Hell. am a. D. Von Lye. wirb Nichts weiter berichtet. Er if
ahrſch. der Vater des Jafon (f. oben S. 29.). — 4) einer der Schwäger
nd Mörder des Tyrannen Alexander von Pherä, f. oben S. 32. |[K.]
5) aus Chalecis in Eubda, der Sohn des Socles, nach Andern (oder,
ie Suidas fagt, dur Adoption, Sohn) des Lycus aud Rhegium (f. d.),
lũhte als gelehrter Grammatiker und Dichter, als folder auch in bie Plejat
ufgenommen, zu Alerandria, wo ihn Ptolemäus Philavelphus mit Anord⸗
ung der Schriften komiſcher Dichter, melde in der dortigen Bibliothek
& befanden, beauftragt Hatte: ein Auftrag ver wohl auch zu Abfaflung
er verlomm Schrift nel xwuwding, von der ein neunte Bub an⸗
eführt wird, bie Beranlafiung geoeben hatte, worin nicht blos über- bie
omiſchen Dichter, fondern au über Entflehung, Ausbilvung, Weſen unb
harakter der Griechiſchen Komödie gehandelt war (! Meineke Hist. critic.
omicc. p. 10 f.). Bon ben übrigen Xebensverbältniffen des 2. iſt uns
dichts weiter befannt: nach einer Nachricht wäre er weniger als Dichter denn
[8 geſchickter Anagrammatift zu Anſehen gelommen. Bon feinen VPoeſien
ennt Suidas zwanzig Tragödien mit Namen, die faft fpurlos verſchwunden
nd, nad Tzetzes Härte fich die Zahl noch weit höher (eiwa 64—66) ber
fen (vgl. Bernhardy Geſch. d. griech. Lit. 11. ©. 613.); aus einem Satyr⸗
viel Menedemus, deſſen Gegenſtand die Berfon des gleichnamigen Philos
»phen der Megarifden Sekte war, ber übrigens (nad Diogen. II, 133.)
en 2. als Tragiker fchägte, find ebenfalls noch einige Verſe erhalten, vol.
'abric. Bibl. Gr. Ill. p. 759. Allein erhalten bat fih noch ein Gedicht
(aovardoa ober "Alskardon, {Kon bei GSuidas ald morevor molnur bes
ichnet, was es auch in der That ift, beſtehend aus 1474 regelrecht ger
uten iambiſchen Senaren, melde eine ununterbrochen fortlaufende Weiſſa⸗
ung der Kaflandra enthalten über den Untergang Troja's und bie Schiejale
er verſchiedenen barein verflochtenen Trojanlichen wie Achäiſchen Helden, ge⸗
bloffen mit Alexander dem Großen, aber nah Welfe der gelehrten Dichter
lerandria’8 auch vieles Andere aus ven reichen Gebieten der —
id Geſchichte hereinziehend, indem ver Dichter bis zu der Entführung der Jo
ıd Europa, iv ben Argonauten, wie zu den Amazonen zurüdgeht, und fo
n Gericht gellefert hat das allerdings einen Schaf der feltenften Mythen⸗
nde, eiuen großen Reichthum von geographiſchen und hiſtoriſchen Nachrichten
Idet, aber vom poetifden Stanppunfte aus betrachtet wenig anziehend iſt,
mal da au die Form, Sprache und Ausdruck eine oft kuͤnſtlich geſuchte
id ſchwerfaͤliige HR, melde das Verftänbniß des Gedichts, dem daher fruͤh⸗
tig ſchon gelehrte Erflärer zu Hilfe kamen, nicht wenig erſchwert. ©. die
ıhaltsüberfiht bei Shöl Gel. d. Griech. Kiterat. II. S. 48 ff. Wegen
iger darin enthaltenen Berfe die auf des Aeneas Ankunft in Italien und
oms Gründung fih beziehen (1226 fi. vgl. 1446 ff.), kam Riebuhr (I.
bein. Muſ. [1827.] 1. S. 102 ff. u. Kleine Hift.philol. Sr. I. S. 438 ff.)
f die Vermuthung daß vieles Gedicht dad Product eimer fpäteren Zeit ſei
d wohl nit vor DI. CXLVII, der Zeit des Blamininus, babe entfliehen
nnen, während Welder (bie Griech. Tragif. S. 1259 ff.) bier Lieber an
terpolation und ſpätere Cinſchiebſel denken mil. Unter den verſchiedenen
en Erklärern der Kaffandra werden Theon, Dection, Orus u. U. genannt,
8 deren jet verlorenen Gommentaren die beiden Tzetzes ihren in vielen
N.
1262 Lyoopelis — Lycortas
Beziehungen für und wichtigen Commentar (ZyoAa) geſchdpft Haben (f. Fa⸗
brie. 1. 1. P 752 f.). Die erfle gebrudte Ausgabe iſt eine Aldiner vom
J. 1513. 8. (mit Binder und Callimachus), worauf Paul Lecifius zu Bafel
1546. fol. einen weiteren Abprud mit Hinzugefügtem Gommentar der beiden
Tzetzes Lleferte; unter den folgenden Außgaben Tann die von F. Meurflus
(Leiden 1597. u. 1599. 8.) mit einem weitfcäweifigen Gemmentar ausge⸗
flattete, die berichtigte von I. Potter zu Oxford 1697. fol. nebft Der mit einem
ertlärenden Commentar verfehenen Ausgabe von H. ©. Reichard zu Leipzig
1788. Il Voll. genannt werden; Hauptaudgabe ift die von Eh. &. Müller (mit
den Scholien der, Tzetzes) zu Leipzig 1811. 3 Voll.8., woran ſich die kritiſch
wichtige neuefte Ausgabe von 2. Bachmann (Leipj. 1828. 2 Voll. 8.; ſ.
auch deſſen Anecdota Graeca, Lips. 1828. 8. Vol. II. und vgl. G. Hermann
Opusec. V. p. 230 ff.) anſchließt. Ein Mehreres Über die Ausgaben f. bei
Soffmann Lexic. Bibliogr. III. p. 64 ff. Im Allgem. f. Fabric. Bibl. Gr. IH.
p. 750 ff. Bayle dictionn. III. p. 104 ff. Bernbarby am a. O. II. ©. 1026. [ B.]
Lycopolis (7 Avxor noAs), 1) Stadt in Oberägypten (Strabo XVII,
p. 813. Btol. IV, 5. Agatharch. p. 21. Xelian. h. an. X, 28., bei Blin.
V, 9, 11. Lycon, im $t. Ant. p. 197. Lyco), die Hauptflabt des Nomos
Lycopolites, am weſtl. Ufer, ſuͤdoͤſtl. von Hermopolis. Ste batte nach Diod.
I, 88. ihren Namen davon weil hier einſt ein Haufe von Wölfen das Heer
der Aethiopier verjagte, beißt jetzt Syouth und zeigt in ihrer Nähe merk⸗
würbige Zelfengräber. Bgl. Denon p. 96. Minutoli ©. 243. Ghampollion
I. p. 276 ff. u. Jallois in der Descr. de I’Egypt. TI. ch. 13. p. 1fi. —
2) Stäpihen In Unterägypten im Nomos Sebennytes (Steph. Byz. p- 430.)
unweit Mendes, von Strabo XVII, p. 802. Auxovzolss genannt. [ F.]
Lycorea, ſ. Lycoreus Mons. .
Lycoreus, Avswgevg, 1) Beiname des Apollo, abgeleitet von der Stadt
Lycorea (f. den folg. Art.),Apollon. Arg. IV, 1490. Orph. hymn. 83, 1.
Kali. h. in Apoll 19. Vielleicht identiſch mit Lykios, f. O. Müller, Der.
I. ©. 212. — 2) Sohn des Apollo und ber Nymphe Korykia, Pauf. X,
6, 2. Hygin fab. 161. — 3) ein Aſylgott, Serv. zu Virg. Aen. II, 761.
— 4) Diener des Amykod, Apollon. Arg. II, 51. .T.
Lycoreus Mons (vgl. Zuctan. Tim. 3.), die ſüdlichere, Delpbi zu»
geehrte Spike des Berges Parnafſus in Phocis, die fi über der Coryci⸗
fen Höle erhob und fo fleil war daß fie kaum erfliegen werben Eonnte (Pauf.
X, 6, 32.). An ihrem Buße fol in früherer Zeit vie Stadt Lycorea
(N Avnopse), der urfprünglihe Sit des Deucalion (Marmor Parium Ep.
2. u. 4.) geftanden Haben (Strabo IX, p. 418. 423. Bauf. X, 6. Gtepk.
By. p. 430.), von mo aus erſt fpäter Delphi gegründet wurde; benn Del-
phos, der Erbauer des Letzteren, war nah Pauſ. am a. D. ein Urenfel des
Zyforos und nah Strabo p. 418. wohnten die Delphier früher oberhalb
Delphi in Lycorea. Der Berg führt noch immer ben Namen Liakura (Turner
Voy. I. p. 305. 308. Glarfe Trav. VIE. p. 173.); der Ort aber wo bie alte
Stadt geftanden haben konnte, iſt noch nicht ermittelt. Krufe Hellas 11,2. S. 69.
fucht fle an der Stelle des heut. Dorfes Diagorea oder Jogorea bei der ge-
nannten Höle (vgl. Gel It. of Gr. p. 190.), Gell am a. D. ©. 186. aber
in der Gegend des heut. Arracoba 1°/, St. norböfl. von Delphi. [F.]
Lycorlas, DMeernymphe, Tochter des Nereus und ber Doris, Birg.
Ge. IV, 339. Hygin fab. praef. [W.T. -
Lycöris, |. Cyiheris, ®». II. &. 1318 f. und bazu Propert. II, 94, 91.
Dvib Trist. II, 445. A. Am. II, 537. Eoae novere Lycorida terrae. Martial.
VIII, 73, 6. ingenium Galli pulchra Lycoris erat. [W.T.]
Lycormas, f. Ev
enus,
Lycorias, ſ. DB». 1. ©. 26. und Polybius.
Lyeosüra — Lycurgus | 1263
Lyeosürs (Avxooovpe), ein Staͤdtchen im fühlichen Arcadien am
ordweſtlichen Abhange des Geb. Lycäus und in der Nähe bes Flüßchens
lataniſton (Pauf. VIII, 39.). Sie war nah Pauf. VIII, 2. vie ältefte
stadt in ganz @riechenland und von Lycaon dem Sohn bed Pelasgus und
jeitgenofien bed Cecrops gegründet, aber zur Zeit jenes Schrififlellers ſchon
erödet (Bauf. VIII, 38.), da ihre @inwohner mit nach Megalopolis ver-
Hanzt worden waren. Ueber ihre Nuinen Namens Paleoframbanos ober
idhirokaſtro bei Stala fiche Roß Heil. I. S. 85 ff. vgl. mit Dodwell
. 2. p. 269. &eafe II. p. 312. und Boblaye p. 162. [F.]
Lyctas (Avxroc) gehörte zu den älteflen und bedeutendſten Städten
on Greta (Polyb. IV, 54. erklärt fle ſelbſt für die allerältefte) und war
bon dem Homer befannt (El. II, 647. XVII, 611.), der jedoch nad Strabo
‚ p- 476. den Namen Avrrog ſchrieb, während unfere Codd. au in jenen
jtellen de8 Homer Avxzos zeigen, obgleih die Einwohner allerdings auch
ei Polyb. IV, 53. in einer Inſchrift bei Gruter p. 1085. Nr. 5. und auf
ren Münzen Avzzsos heißen (vgl. Groskurd zu Strabo Bd. II. ©. 377.
tote 2.). Die Geographen (Scyl. p. 19. Strabo a.a DO. Biol. II, 17.
.f. w.) ſchreiben flets Avnzos. Die Stadt Tag im öftlidern Theile der
nfel auf einer Anhöhe (Stepb. Byz. p. 430.) unflreitig des Berges Argäus
sgl. Blut. de fluv. T. X, p. 774. Meist. und HdR J. ©. 409.), 120 Stab.
idöſtlich von Gnoſſus und ebenfo weit fünlih von ihrem Hafen Eherfonefus
Strab. p. 479. Btol. 1.1. Guſtath. ad Hom. 1. T. II, p. 667. ed. Pol,
teph. Byz. p. 719.), SO Stab. von ber Südküſte (Strabo p. 476.) und
alt allgemein für eine Kolonie der Spartaner (Ariftot. Pol. II, 7. Ephor.
. ed. Marx p. 166. Pol. IV, 54. vgl. Hoͤck II. ©. 431 f.) fo wie ihre
inwohner für die Eräftigflen und tapferften Männer auf der ganzen Infel
Bolyb. a. a. O.). Obgleich einmal dur die Gnoffler, denen fi die
tadt nicht unterwerfen wollte, zerflört Wolyb. IV, 33 f. vgl. Höck III.
. 465 f.), wurde fie doc ſpäter wieder bergeftelt und war no im 7ten
ahrh. vorhanden (Bierocl. p. 650.). Ihre Ruinen find 'bis jetzt noch nit
ıfgefunben. [F.]
Lycurgion, ſ. Lyrcea.
Lycurgus, 1) ©. des Dryas, König der Eponer, verfolgte auf bem
ꝛiligen Berge Nyfelon die Ammen des Dionyfos; fie flohen vor ihm, 2
ver wurde mit frühem Tode beflraft, f. oben S. 1018. g. @. und i019.
zelcker Ah. Tril. S. 320 ff. In einem Dionyſos⸗Tempel zu Athen war
ı Gemälve, die Beſtrafung des Lyk. darſtelſend, Pauf. I, 20, 2. Er bat
f Kunftwerken ein Bell — ald Werkzeug der Verfolgung — in der Hand,
Welder am a. D. S. 327. — 2) ©. des Aleos und der Neära, König
n Arkadien, Gemahl der Kleophile oder Curynome oder Antinoe, DBater
3 Ankäos, Epochos, Amphidamas, Jaſos (nah Apollod. I, 8, 2. au
3 Kepheuß, nad Steph. Byz. s. v. Baarayidaı des Jokrites), Apollod. III,
1 f. Schol. zu Apollon. Arg. I, 164. Den Keulenträger Areithoos töbtete
mit ber Lanze und trug Hinfort deſſen Keufe ſelbſt, Hom. Il. VIE, 142 ff.
iuſ. VIII, 4, 7. Gein Grabmal zeigte man zu Lepreoß, Pauſ. V, 5, 4.
3) ©. des Pronax, Schwager des Adraſtos, nahm am Zuge ber Sieben
gen THebä Theil, wo er mit Ampblaraos in einen Kampf gerieth, wel«
n Tydeus und Aoraflos trennten. Diefe Scene war m Amyilä am Apol⸗
brone dargeftellt, Bauf. TIE, 18, 12. Apollod. I, 9, 13. Er wurde durch
klepios von den Tobten erwedt, alfo dur aͤrztliche Hilfe aus töntlicher
anfheit gerettet, ſ. Steſich. bei Apollod. IH, 10, 3. Schol. zu Pind.
th. III, 96. Sol. zu Cur. Ale. 1. — 4) ©. des Pheres und ber
riffgmene, König von Nemea, Bruber des Admet, Gemahl der Eury⸗
e, Bater des Ophelted, Apollod. I, 9, 14. II, 6, 4. Sein Grabmal
⁊
1264 Lyourgus
befand ſich im Haine des nemeifhen Zeus, Bauf. I, 15, 9. — 35) Freier
der Hippodamia, von Denomaos getöbtet, Pauf. VI, 21, 10. [W.T.]
6) Lycurgus der Spartaner gehört nur zur einen Hälfte der Ge⸗
fSichte, zur Anderen und vielleicht größeren noch der alten Gagenwelt an,
und iſt mie andere hervorragende Perſoönlichkeiten in der Zeit der Entwicke⸗
fung der griechiſchen Staaten mehr als Träger und Mepräfentant einer ganzen
Gulturepode denn als einzelne geſchichtliche Perſon zu betrachten. Den hiſto⸗
riſchen Kern völlig rein herauszuſchälen dürfte nicht Leicht möglich fein. In⸗
dem mir daher in diefer Beziehung beſonders auf die Andeutungen von K.
D. Müller, Dorir 2. Ausg. Th. I. ©. 137 f. verweifen, begnügen wir
and mit einer kurzen Zuſammenſtellung des Leberlieferten. — Die Angaben
über dad Zeitalter des Lycurgus find äußerſt unfider. Um des angeblichen
Xenophon (de rep. Laced. 10, 3. vgl. Blut. Lyc. 1.) ganz vage Notiz,,
welche ihn in die Zeit der Wanderung der Heracliven feßt, ju übergeben, fo
findet fi die erfle genauere Angabe darüber bei Thucyd. I, 18., weicher vom
(Ende des peloponnefifchen Krieges, 404 v. Chr., bis zur Gründung ber noch
damals beſtebenden Staatsordnung von Sparta, alſo bis zur Geſeßgebung
kycurge, rückwärts etwas über 400 Jahre (kry uadıora rerpaxome vui
Ayo mAsio) rechnet und fomit die Iehtere an das Ende des Iten Jahrh.
vor Chr. rüdt. Wie viele Jahre man für die OAiyo zrAsio zu nehmen habe,
iſt unbeftimmbar. Nähme man mit Clinton 13 m (404 413 — 817)
fo würde diefe Berechnung ziemli genau mit ber bei Cyrill. adv. Jul. p. 12.
übereintreffen, welcher vom trofan. Kriege, vermuthlih nad dem Kanon des
Gratofihenes (1183 v. Ehr.), bis auf Lycurgs Gefepgebung 365 Sabre red»
net, alfo 1183 — 365 — 818. Nähme man hingegen eine geringere Zahl
an fo mürbe des Thucydides Angabe genauer mit der des Apollodor flim-
men, welder nad Syncell. chron. p. 185. die Gefehgebung bes Lycurg in
das Ste Megierungsjahr ded Alommenes oder 805 v. Chr. feht; wiewohl bie
Nachrichten über Apollodors Berechnung äußerſt ſchwankend find (nad ber
latein. Ueberf. des Eufeb. Chron. II, a. 1218. ſetzt er Lycurgs DBerfaffung
in das 15te Negierungsjahr ded Alcamened — 798, nad @ufeb. ed. Ven.
in das 18te — 795, nad) demf. p. 326. ed. Rom. in das 191e — 794),
ja na Eufeb. Chr. I, p. 139., was auch Plut. / Lye. 1. anzunehmen ſcheint,
derfelbe genau mit Eratoſthenes übereinflimmte. Gratofth. aber rechnet von
der Olympiade des Coroebus rũckwärts His zum Antritt der Vormundſchaft
de Lycurg über Charyllus (nit wie von Binigen fälfhlih angenommen
worden ift bis zu feiner Gefeßgebung, ein Irrthum welcher vermutbli auch
der Angabe bei Pauſ. IE, 2, 4. zum Grunde liegt, Lycurg Habe feine Geſete
unter Agefllaus gegeben, defien Negierungszeit doch nad Apollodor menig-
flend in die Jahre 930—886 fiel) 108 Jahre, läßt alfo die Vormundſchaft
884 beginnen, Clem. Aler. strom. I. p. 145. Sylb. Dieb fällt fo ziemlich
mit der Berechnung bed Soflbius ebendaf. p. 141. zufanımen, welder vem
Charillus 64 Jahre gibt und bie erfle Olymp. im Säften Jahre ber Regierung
des folgenden Königs Nicander anfegt (64 + 33 + 776 — 873). Hriiden
dem Antritt der Vormundſchaft aber und der Geſetzgebung des Lycurg muß
"eine geranme Zeit verfloffen fein (vgl. Ephorus bei Strab.X, p.482. Plat.
Lye. 3. comp. Agid. et Cleom. cum Gracch. 5. Lucian. Anach. 39.),
man Tann wohl annehmen 30 Jahre, fo daß Cratoſth. die Gefehgebung dei
2. ungefähr ums I. 854 angefegt hätte, was gegen Thucydides immer noq
eine Differenz von 30—50 Jahren ergeben mwürbe. Die meiften Schriftfteller
der folgenden Zeit fließen fi, fo allgemein au zum Theil Ihre Angaben
gehalten find, doch offenbar an die Berechnung des Eratoſth. an. So ber
rechnet Diod. XV, 1. die Kegemonie ber Spartaner von der Schlächt bei
Reuetra 871 rũckwarto auf &r7 mA zor nerraxonnn (371-313 == 884)
Lycurgas . 1265
db aͤhnlich wieber XV, 50. ır. 65. Plutarch's Angaben ſchwanken zwiſchen
n Jahren 900 und 870, f. Lyc.7.29. comp. Lyc. et Num. 4. Ages. 31.
popbth. p. 194. B. Inst. Lacon. p. 239. F. (vgl. Clinton fast, Hell. II.
. VID). Liv. XXXVIII, 84., die Gefeßgebung mit der Vormundſchaft ver⸗
echſelnd, rechnet von der erfteren 700 Jahre bis zum Gonfulat des M.
ulvius Nobilior und des En. Manlius Bulfo im I. 189 (— 889), bet»
eichen Eicero de rep. II, 10. (nam 108 annis postquam Lycurgus leges
ribere instituit prima posita est olympias) und Tatianus or. ad Graec.
140. von der erfien Olympiade 100 Jahre rüdwärts (1- 776 — 876). ’
ufeb. enblih bemerkt a. 1133 (— 884): Lycurgus insignis habetur, 05»
ohl nad demſelben erft a. 1197 (= 819) Lycurgus Lacedaemoniis iura
mponit, viel zu ſpät wenn ber erftere Anfat richtig ift,fo daß Eufeb. beide
eren nur anzuführen füheint ohne ſich für eine derſ. beſtimmt zu eniſcheiden.
ie ganze Differenz biefer Berechnungen beruht, um andere no höhere Da⸗
ungen (wie die des Dieudivas bei Glem. Aler. strom. I, p. 141. welcher
ıf dad 3. 893, und des Clemens felbft I, p. 133. welcher auf das I. 926
mmt) zu übergeben, auf dem Anfag der Stiſtung der olympifchen Spiele
ch Ipbitub. Daß biefe vor einem Zuſammenwirken des Iphituß mit Bye.
ıögegangen fei, war im Alterthum bie allgemein herrſchende Auficht (Athen.
[V, p. 633. F. u. folg. S.): Eratofhenes und mit ihm die meiften Chro⸗
logen zäblten von der erflen gezählten Olympiade 776 bis auf jenen
ꝛitpunkt rüdwärts 28 Olympiaden, Callimachus hingegen nur 13 (Syncell.
196.). Der Letztere kam ſonach anflatt auf das J. 884, wie Eratoſth.,
:Imehr auf Das J. 828 als das der Olymp. des Iphitus, und auf einer
nlichen Berechnung feheint auch die Angabe des Thucydides zu beruhen.
n, wie es ſcheint, beide Angaben zu vereinigen nahm Timäus zwei Eycurge an,
ut. Lyc. 1., und ihm folgte Cic. de rep. II, 10. (wogegen die Stelle im
ut. 10. mit Unrecht hieher bezogen worden if). Zu noch größerer Ver⸗
rung biefer Daten aber mußte die in ber fpäteren Zeit häufig vorkommende
d wohl durch bie Griftenz zmeier Iphitus veranlaßte Verwechſelung der
ten Olymp. des Iphitus (884: oder 828) mit der erften gezählten Olymp:
76) führen, wie ed. Thrafyllus ‘bei Efem. Aler. strom. I, p. 145. Strab.
1, p. 354. - Bhlegon olymp. p. 148. @icero de rep. II, 10. Belle.
8. Golin. I, 28. und au Plut. Lyc. 1. begegnet iſt, welder L2egtere
: Angabe, daß Lycurg ein Zeitgenoß des Iphitus geweien ſei, die des
atoſth. und Apollod. welche doch verfelben Meinung waren entgegenflellt.
über biefe chronol. Berhäftniffe bei. Clinton fast. hell. I, p. 140 ff. II,
409. Fiſcher griech. Beittafeln S. 33—42. und die übrige Literatur bei
rmann Lehrb. d. gr. Staatdalt. 6. 23, 9. — Lycurgus gehörte den ſpar⸗
iſchen Königshauſe der Procliven an, doc find über den Grab ber Ders
ndtſchaft die Nachrichten night einflimmig. Die Angaben des Simonided
Blut. Lyc. 2. (Phlegon Olymp. fr.), des Herod. VIII, 191. u. Baufan.
‚7, 1. (ogl. Ael. var. hist. XIII, 23. Schol. Plat. Rep. X, p. 419.
, oı nAeioros bei Plut. Lyc. 2.) verhalten fi zu einanber folgenver-
Ben: Simonidbes: Procles; Sous; Curypon; Prytanis; Cunomus,
urgus; Charilus. Herodot: Brocks; Eurpphon; Prytanis; Poly⸗
tes; Cunomus, Lycurgus; Charillus. Pauſanias: Procles; Gouß;
rypon; Prytanis; Eunomus; Polydectes, Lycurgus; Charillus. In fo
t jedoch ſind alle Zeugen einig, daß Lycurg der Oheim des Charillus
r Charilaus (vgl. über die verſchiedene Namensform Böckh 3. Corp. Inser.
I, p. 887. Keil spec. onomatol. gr. p. 66 f.) war und über dieſen bie
rmundſchaft führte; vgl. noch Ariſt. Pot. II, 7, 1. Gphor. bei Strab. X,
482. Dionyf. Hal. Ant. Rom. I, p. 339. (wo nur aus Verſehen Cu⸗
nus flatt Charillus genannt ift, wie auch bei Heron. 1,65. Leobotas flatt
Bauly, Real⸗Cucyelop. IV. 80
1266 . Lyoargüs
Charillus, ein fehr alter Fehler wie aus Pauſ. 311,2, 3. erhellt) u. Suibas
Als Polydectes, fo erzählt Plut. Lyc. 3.. nicht Tange nah dem Antritt de
Regierung verflorben war, kam biefelbe an feinen Bruder ycurgus. Seh
bald jedoch ergab fi daß Die Wittwe des Polydectes gefegneten Leibei
war: fofort erflärte Lycurg fi nur für den Derwefer bes Reichs im Kal
ein Knabe geboren werden würde, und als dieß in Srfüllung gegangen war
er ber Erſte welcher den Neugeborenen ald König begrüßte. Bei weitem
das wichtigſte Ereigniß- das wenigſtens nad Eratofh., welcher Iphitus unter
dem I. 884 mit Eye. zufammenflellt, in bie Zeit der Vormundſchaft fiel,
iſt Lyc.'s Theilnahme an der neuen Stiftung der olympiſchen Spiele und des
eliſchen Gottesſriedens (exsyespia), des Inhalıa daß Bits für immer von
Einfällen und Verwuͤſtungen verſchont bleiben und auch im übrigen Peloponnes
für die Dauer bed Feſtes die Waffen ruben follten, eine Gtiftung melde
offenbar auf eine friedliche Vereinigung ber Beloponnefler berechnet war und
daher als der Anfangspunkt eines georbneteren Standes der Dinge im Be-
loponnes betrachtet wernen Tann. Dal. Müller Dorier I. ©. 139 f. Das
Zuſammenwirken des Lye. dabei mit Ipbltus (zu welchem Phlegon u. Sol.
zu Plat. Rep. V, p. 405. noch den Eleer Cleoſthenes Hinzufügen) fand Ariſtot.
bei Plut. Lyc. 1. dur& den zu Olympia befinblidden Didcus des Iphitus
beftätigt, melden noch Pauſ. V, 20, 1. dort fah und auf welchem im Kreife
die Friedensformel gefchrieben war, worin Lyc. Name mit vorkam. Mag
auch dieſe Inſchrift, deren Aechtheit Müller a. a. D. ©. 130. zu bezweifeln
feinen Grund findet, erſt ein oder ein Paar hundert Sabre fpäter auf ven
Discus gefeht fein (vgl. Böckh 3. Corp. Inscr. I, p. 63.), fo ändert das
in der Hauptſache nichts da Die Erinnerung an dieſes folgenreihe Greigniß
fich leicht His dahin unverfälfcht Iebenbig erhalten haben kunn. Sonft gedenken
ber Sache noch Hermippus bei Plut. Lyc. 23. Heracl. Pont. fragm. 2., ber
aber diefelbe erft nach Lyc.'s Ruͤckkehr von feinen Meilen anſetzt und alfo
wohl mit Callimachus die Olymp. des Iphitus weiter herabrädte, Bauf. V,
4, 5. Athen. XIV, p. 635. F. Syncell. p. 196. — Die Trefflichkeit ver
Gtantsverwaltung bed Lye. Eonnte, fo fehr fie von den Befleren anerfennt
wurde, doch nicht Kindern daß aus Neib und Eiferfucht, beſonders angeregt
- von der Königin Wittwe die ſich perfönlih verlegt fühlte, eine Partei ih
bildete : welche ihm bei jeber Gelegenheit feindlich entgegentrat unb enblid
durch fortwährenne gehäffige Infinuationen es dahin brachte daß Lyc. Das
Sand verlieh, in der Abſicht fo Tange in ber Fremde zu vermeilen bis Cha⸗
rillus herangewachſen wäre und fi einen Ihronfolger gezeugt haben würbe,
Cphor. bei Strab. X, p. 482. PBlut.Lyc.3. Sein. Weg führte ihn zuerſt nad
Greta wo er im Umgang mit den Gebildetſten des Volks und im Anfchauen
der dortigen Staatsverfaffungen ben erflen Plan zur Umgeftaltung ber Ber:
faffung feines Vaterlandes faßte. Schon damals jedoch foll er den cretiſchen
Sänger Ihaletad (Thales) nad Sparta gefanbt Haben, um durch die Macht
der Mufll und Poeſie den Geiſt der Zwietracht zu beſchwören und bie auf-
geregten Gemüther zu beruhigen (Blut. Lyc. 4.), wodurch diefer in ein
aͤhnliches Verhaͤltniß ale Vorläufer zu der Iycurgifchen Berfaflung tonımt,
wie Cpimenides in Athen zu ber folonifchen. Andere dagegen laffen Thale:
tas auf Geheiß des pythiſchen Orakels als Erretter von eine v
Krankheit nach Sparta kommen, Pauſ. I, 14, 3. Plut. de mus. 42. Eyc.ð
Umgang mit Thaletas aber bezeugen auch Arifl. Pol. II, 9, 5. Ephor. bei
Strabo X, p. 482. Plut. philos. cum princ. 4. Xelian. var. hist. XII, 50. Gert.
Enpir. adv. math. II, 21. Div Chryſ. or. 2. 9.87. Bon Greta Füßt die Sue
ben Lyc. nad Ionien gehen, bort bei ben Rachkommen des Greopbplus die
Gedichte des Homer, von denen bei ven Griechen nur eine buanfle Rebe ging
oder hoͤchſtens Hier und ba einzelne Rhapfopien bekannt warm, vollländig
=
.
Lyoungma j 1267
finden und bavon eine Abſchrift nehmen, f. Blut. Lyc. 4. Heracl. frgm. 2.
'. var. hist. XIH, 14. Dio Ghryf. 2, p. 87. vol. Wolf Prolegg. in
m. p. CXXXK. Müller homer. Borfule, 2te Ausg. S. 59 ff. No
Säritt weiter führte zu der Behauptung daß Bye. mit Homer felbft auf
i08 zufammengetzoffen fei (Cphor. 5. Strabs a. a. O.), wofür allerdings
von vielen Chronologen angenommene Gleichzeitigkeit Beider geltend ge»
Ht werden konnte. So feht Herod. I, 53. Homer ind I. 854, Goflbius
Glem. Alex. str. L p. 141. ins 3.866, Apollov. bei Zatian or. ad Gr.
108. Glem. a. a. D. und Syncell. p. 180. läßt Homer im 3. 943 ges
en werben und betrachtet Lyc. als deſſen jüngeren Zeitgenoſſen, ein Da»
ı an welches mebr oder weniger annähernd auch Eic. de rep. II, 10.
t. 10. Zusc. V, 3. Gorn. Nepos Hei Gell. noct. Att. XVII, 21. Dell.
. Vorphyr. bei Suid. s. v. Ounoos und Marm. Parium epoch. 29.
anfdließen. Bgi. Glinton fast. hell. I. p. 145 ff. Fiſcher griech. Zeittaf.
46 ff. — Bon biefen Reifen welche Andere au auf Aegypten (Ephor.
. O. Blut. Lyc. 4.), Ariflocrated der Spartaner gar auf Libyen, Ibes
und Indien außbehnten (Blut. a. a. O.), Tehrte Luc. endlich nad wie⸗
yolt an ihn von Gelten der Gpartaner ergangener Aufforderung zurüd,
‚dem Gharillus wahrſcheinlich ſchon feit geraumer Zeit die Regierung felbft
etzeten hatte (f. oben), ohne jedoch aus Mangel an Energie und Einfit
föniglige Bürbe anders als nur dem Namen nad behaupten zu können
ut. Lyc. 3. 6. vgl. Ariſt. Pol. V, 10, 3. Heratlid. fragm. 2.), unb
: fefort Hand an die Umgeftaltung ber fpartan. Berfaflung. Der erfle
ritt war daß er von Delyhi die Sanction für fein Vorhaben einholte
tod. I, 69. Diod. Eic. exc. Vat. p. 1. Blut. Lyc. 5. vgl. Ephor. a.
). Bauf. II, 2, 4. Zenoph. Apol. 15. Plat. Legg. I, init. Valer.
t. I, 2, 3.), obwohl fpätere Hiſtoriker, wie Müller Dorier I. ©. 13.
(her auch bie fortwährende Oberaufſicht des Orakels Über bie Berfaffung
h die Pythier, wosdıos, gelten mat, vol. Phot. lex. p. 322.) fi
rückt, aus einfeitiger Aufllärung den ganzen Verkehr für eine Lüge und
ı Betrug Lyc.s hielten (Polyän. I, 16. Juſtin. TIL, 3.). Dur bie
immung ber Vythia ermuthigt verfammelte er die Gleichgefimten von
n bie Vieberlieferung beſonders einen Arthmiadas nennt und führte mit
Banf. IH, 48, 1. cd. var. hist. XII, 23. Baler. Bar. V, 3, 2.),
Erfolg Der namentlih dem Umſtande zu verbankten war daß dieſelbe
8 Zrembartiges enthielt, nichts was nit in dem voriſchen Gharalter
6 Gutfyreigendes gefunden hätte; bean wie viel auch davon Dem Lycurg
} angehören mag, fo war fie fa in ber Hauptſache eben nur theils eine
srbelchung ber alten erſchlafften voriihen Zucht und Gitte, theils eine
mmäle Sextbilbung ber berifchen Gultur, in welcher Ichteren Hingſicht eine
wirfung von bem verwandten Greta aus immerhin nicht ganz in Abrede
am fräßeften ickelt
1268 . Lyomugus
welchen er feinen Landélenten fchriftlich mittheilte, brachte er dur einen
freimilligen Hungertod fein Leben dem Wohle und ber Ruhe feines Bater-
landes zum Opfer. Bol. Ephor. bei Uel. var. hist. XIII, 23. Bon einem
förmlicden Exil welches verfelbe anzubeuten ſcheint, offen aber Bal. Mar. V,
3, 2. ausfpriät, findet fi fonft Feine Spur. Der Schauplak feines Todes
wirb, mie Plut- 31. erzählt, bald nad Cirrha verlegt, bald nah Wis,
bald nah Greta ?, und bier wurde na Ariflorenus im Gebiete ver Stadt
Pergamum noch fein Grab gezeigt, wogegen Ariſtocrates behauptete es fei
daſelbſt feinem letzten Willen gemäß feine Aſche ins Meer geflreut worden,
bamit nicht etwa feine flerblidden Ueberrefte nah Sparta gebradt würden
und bie Spartaner fid) Ihres Eides für entbunden halten möchten. Gleichwohl
läßt eine andere Sage feine Bebelne nad Sparta gebracht und dort Heigefekt
werben; in fein Grabmal fol ver Blitz geſchlagen haben, Plut. a. a. D.
Aber ein Heiligthum errichtete man ibm in Sparta und erwles ihm alljähr-
lich göttlide Ehre, Herod. I, 66. Ephor. bei Strab. VIIE, p. 366. Plut.
Lyc. 31. Pauf. III, 16, 6. vgl. Corp. Inser. gr. I, nr. 1256. 1362. 2ycurg
hinterließ nur einen einzigen Sohn, Eucosmus nach Pauf. III, 16, 6., Antiorus
nah Plut. Lyc. 31. genannt, mit welchem fein Geſchlecht ausflarb. [West.]
7) Lycurgus ber Athener. Hauptquelle: Blut. vit. dec. oratt. p.
surf. PHot. Bibi. cod. CCLXVIH. Del. Taylor praef. ad Lyc. 1743
(Reiskii orr. gr. t. IV.). Bödh Staatöh. d. Ath. Ih. I. ©. 468 ff. ©.
Pinzger Ginlelt. zu Lyc. Rede g. Leorr., Lpz. 1824. 9. 5. Niffen de Ly-
curgi vita et rebus gestis, Kiel 1833. G. U. Blume narr. de Lycurgo
or., Bote. 1834. U. Weſtermann Geſch. d. griech. Beredſamkeit 6.55. —
2. war ein Sohn bed Lycophron aus dem alten Geſchlechte der Eteobutadä
und bem Demos Butadä. Leber fein Geburtsjahr fehlt es un genauen
Angaben, nur Libantus bemerkt im Argum. zu Demofth. I. Rebe g. Ariflog.
p. 768. daß er älter geweſen fei .ald Demoſthenes. Man wirb wohl von
der Wahrheit nicht weit abirren wenn man fein Geburtsjahr innerhalb ber
XCVI. Olymp. 396—393 anſetzt, jedenfalls zu früh ift die XCIII. Olymp.
408—405 melde Taylor annimmt, was auf dem Mißverſtändniß beruht dag
nicht der Großvater des Redners, wie Blut. vit. p. 841. B. fagt, ſondern
defien Vater Lycophron unter den Dreißig getöbtet worben fei. Seine Iw
gendbildung Täßt die Ueberlieferung von Plato begonnen und von Iſoerates
vollendet werben, Diog. Laert. III, 46. Plut. p. 841. B. Den Umgang
mit dem Letzteren ſcheint jedoch fein Liebertritt ins öffentlide Leben nid:
unterbrochen zu haben, wenn man auf ihn die Erzählung bei Plut. p. 842. C.
beziehen kann welche auf wiſſenſchaftlichen Verkehr mit den atheniſchen Rebe
fünftlern auch noch in fpäterer Zeit hinweist; umb nicht nur bierin, fonbern
au in dem Schutze melden Lyc. fpäter dem Philoſophen Zenocrated ange
beihen ließ (ib. p. 842. B.), In dem Aft ner öffentlihen Anerkemung welde
er den gefelerten Tragikern Aeſchyſus, Sophocles und Curipides erwirkte
(p. 841. F.) und felbft in dem etwas gelehrten Anſtrich feiner Rhetorik
fpricht fich ein fortwährend für Wiſſenſchaft und geifliged Leben reger und
offener Sinn aus. Die erfte Hälfte feines Mannebalters läßt fig nothdürftig
und nur vermutbungsmeife mit rebnerifgen Beihäftigungen ausfüllen. Gr
von ber Zeit an mo das Zermürfniß ber griechiſchen Staaten, durch Bhilippd
von Macedonien Ränke gefhürt, jenem bebrohlichen Gharafter annahm und
die Kataſtrophe ſich vorbereitete welche der Unabhängigleit Athens ein Ende
machen foltte, erfi da trat Lyc. in den politifchen Vordergrund und zwar,
* Die in vielfacher Beziehung auffallende Angabe bes Heraklid. Pont, Polit. 2:
Avsovoyos iv Zaugp örslevrnoe hat 8, J. Hermann im Rhein. Muf. 1843, ©, 600 1.
au Befeitigen gefucht durch die Emendation drzedinnoe. [W. T.]
Lyourgus ‚1269
‚on dem Mann tüchtiger Geflnnung nit anders zu erwarten war, -
ger Bertreter der vaterländiſchen Interefien und als entſchiedener Ans
ber antimacedoniſchen Bartei in einer Reihe mit Demoflhenes und
8. Gleichwohl ericheint feine Theilnahme an ben äußeren Angeles
als eine ſehr beſchränkte; nur einmal wird er ald Befanbter mit
vened und Polyeuctus nah dem Peloponnes unb einigen anderen
. DI. CHR, 2. 343 von Plut. vit. p. 841. E. genannt, eine Notiz,
vermuthlich aus Dem. Phil. III, p. 129. 6. 72. entlehnt iſt, wo
et nach den beiten handſchriftlichen Auctoritäten der Name bed Lyc.
und fomit die ganze Nachricht etwas verdächtig, obgleich keineswegs
blich worden if. Mit um fo größerer Energie aber wandte Lyc. feine
feit den inneren Angelegenheiten zu und bier war er es ohne Zweifel,
cch beffere Ordnung und gewifienhafte Verwaltung der Finanzen, durch
fung der zu ber Toflfpieligen Kriegführung erforberlidden Mittel und
ſtrenge Handhabung der Gefeße und Eräftige Aufrechthaltung der Öffent-
Zucht feiner Bartei und dem Vaterlande die wichtigften Dienfte erwies
ır DBerzögerung jener Kataſtrophe mindeſtens ebenjo viel beitrug als
eichgeſinnten Freunde im Belde und auf ber Rednerbühne. Der eigent«
Hanze und Mittelpuntt feiner politiſchen Thätigkeit iſt die zwölfjährige
zuerwaltung welde er ald Staatsſchatzmeiſter (Tauies Ts Kowijg 7000-
oder erri 77 Srömmoes) führte, nur unter ber Beſchränkung daß er für
fie Finanzperiode von vier Jahren für feine eigene Perfon zu dieſem
ernannt wurde, für bie beiden folgenden aber, ba mittlerweile ein
‚ erlaffen worden war daß Einer nicht länger als vier Jahre diefes Amt
ilten folfe, zwar fortwährend noch an der Spike der Verwaltung blieb,
ffietellen Charakter jevo beide Male an einen Anderen und zwar einem.
n feiner Partei, vefien Wahl er durchzuſetzen wußte, abtrat. Plut. vit.
41. C. Der Form war fomit Genüge geleiflet, der Sache nah war
blieb pe. zwölf volle Jahre hindurch anerfanntermaßen die Seele ber
valtung. S. dad Derret bei Plut. p.'852. B. (yerousvog Tüg nowic
7080 Tauiag Ti MoAsı dni Tpeig nerzaernoidac). Diod. XVI,88. Aeußerſt
ierig iſt es jedoch dieſem zwölfjährigen Zeitraum feine richtige Stelle
weiſen. Vöckh Staatsh. d. Ath. II. S. 245. (vgl. Urkunden dad att.
weien betreffend S. 72.) ließ die Wahl zwiſchen DI. CIX, 3—CAII, 3,
—329 und DL. CX, 3 - CXIII, 3, 337—325; für das Erſtere erklärten
Kießling Lye. frag. p. 77 ff. Niffen vit. Lyc. p. 14 ff. und Droyfen,
e die Urk. in Dem. Rede vom Kranz S. 20., für dad Lehtere O. Müller
nunim. Athen. eomm. II, p. 28 f., ohne jedoch die Sache zu völliger Cvidenz
bringen, ja eine ganz abweichende Anficht ftellte zulegt Böhnede Forſch.
d. Geh. d. att. Mebner Th. I. S. VIIL.. auf, indem er Lyc.'s Ver⸗
Itung bereits Ol. CVH, 3. 349 beginnen und bis CX, 3. 337 reichen
t. Die ausführlicde Begründung dieſer Hypotheſe iſt noch nicht erfolgt ;'
h dürfte derſelben Folgendes entgegenſtehen. Endete Lyc.'s Verwaltung
on DOT. CX, 3. 337 ſo müßte, da er dieſen Zeitpunkt weit überlebte, vie
age warum er nicht aud ein vierte Mal zu diefem Amte gewählt wor»
1, ohne Zweifel mit Böhnede S. XH. dahin beantwortet werben daß das
nporkommen ber macebon. Partei hindernd dazwiſchentrat. Gleichwohl finden
it in der neuentdeckten ben Bau der Feſtungswerke der Stadt und des Peiräeus
treffenden Inſchrift 3. 36. (bei Müller a. a. D. p. 34.) den Sohn bed Lye.,.
abron, an der Spiße der Verwaltung. Breilih fett nun Böhnede ©. AL.
eſen Bau ins 3. 845 DI. CVIH, 3., jedoch mit fehr geringer Wahrfcheins
chkeit. Denn auch abgefehen davon daß Habron damals ſchwerlich ſchon
18 Alter und das Anſehen beim Wolle erreicht hatte, welches ihn zur Ueber⸗
ahme eines jo wichtigen Amtes befählgte, fo darf weder bie flüchtige
180 Lyaugams -
im Senat gefägehene Erwähnung eines Mauer⸗ und Thurmbaus aus jener
Zeit bei Aeſch. g. Tim. $. 80, noch Die nad Unterjochung der Phocier durch
Philipp von deu Athenern im erſten Schreck befchlofiene eilige Befefligung
des Peiräeus bei Dem. de fals. leg. p. 379. $. 125. mit jener Infchrift in
-DVerbiudung gebracht werden wo von einer gründlichen Wiederherſtellung ber
gefanmten Feſtungswerke die Mebe iſt, melde auf nit weniger als fünf
ahre bereignet war, ganz entſchieden alſo in einer Zeit Rattfand wo nit
der Feind vor ben Ihoren fland, fonbern auf einen längeren Frieden zu
reinen war. Es kann Eein anderer Bau gemeint fein. ald der von De-
mofihenes zuerſt am Schluß des 3. 337 DL.CX, 3. beantragte (Acid. g.
Kieeſ. 6.27. vgl. Droyfen Urk. ©. 20.), und fonah muß bad Schagmeifter-
amt des Habron DI. CK, 8.— CXI, 3. 337—333 fallen. Da nun aber
Le. in der erften der brei Finanzperioden das Amt in eigener Perſon ver-
waltete, dieſes bis DI. CVIIE 3. 845 jeboch zurüdzunerlegen bie Geſandt⸗
ſchaft im Peloponnes DI. CIX, 2. 343 nit mohl geflattet, fo ſcheint in
der That nichts übrig zu bleiben als die Annahme, daß jene drei Perioben
von DI. CIX, 3.— CXH, 3. 341-329 zu redhneu jeien, unb babei wird
man ih um fo mehr berubigen können, da Lyc. aller Wahrſcheinlichkeit nad
bereitö vor DI. CXIIE, 8. 326 flarb (f. unten), alfo das Ende ber Periode
von DI. CXII, 3.— CXIII, 3. 329 - 325, wenn man biefe als bie dritte
betrachten wollte, gar nicht erlebt haben würbe während doch die Zeugnifie
von zurücgelegten vollen drei Pentaeteriden der Verwaltung ſprechen. Die
Sauptquelle über Lyc.'s gefammte politifge Thätigkeit iſt das auf Antrag
des Stratocled DI. CAVIIE, 2. 307 abgefaßte Ehrendecret welches von Put.
hinter den Vit. dec. orr. p. 851 f. erhalten ik. Es laßt fich vorausſetzen
dag in biefem officiellen Actenſtücke bei Aufzählung der Verdienſte des Lyr.
ber natürlihe hiſtoriſche Zuſammenhang feftgehalten fein wird. Diefer Um⸗
ſtand iſt jenoch von mehreren Biographen des Lyc. Häufig in fo weit außer
Acht gelafien worden als man alle oder doch bie meiften feiner Anordnungen
ala Ausflüfie feines Schagmeifleramtes betrachtete (vgl. Kießling Lyc. fragm.
p. 77. Blume narr. de Lyc. p. 7.). Dieß gefattet jedoch bie Faffung der
Urkunde nit. Es find in derſ. vier Punkte befonbers beruorgehoben, welche der
Reihe nad. zu betrachten find. Gleich der etfle, TMoAsrevousrog rououg Kol-
Aovg nal nadous ähnme 7 nerpidı, bat mit jenem Amte nichts gemein.
Plutarch gibt dazu den Commentar p. 841 f., indem er folgende fünf Geſetze
des Lyc. anführt (vgl. Niffen de Lyc. p. 77 ff.). Das erfle betraf die
Miebereinführung des in Vergeſſenheit geratbenen Wettſtreites der komiſchen
Schauſpieler an den Chytren, mit der Beſtimmung daß der Sieger ohne
Weiteres (angıros, Phot. lex. p. 293. Guild, Seſych.) zum Auftzsten an
den ſtädtiſchen Dionyflen zugelaffen werben follte (vgl Fritzſche de Lenaeis
comm. 2. p. 92 f.); bad zweite bie Grrichtung eherner Standbilder bes
Aeſchylus, Sophockes und Euripives und die Nieberlegung einer beglaubig-
tem Abfchrift ihres Dichtungen (welche fpäter Btolemäus Cuergetes unredlicher
Weiſe an ſich brachte, Galen. in Hippoer. epid. 3, 2. t. V, p. 412. vgl.
Böckh gr. trag. princ. p. 13.), an welde die Schaufpieler unter Gontrole
des Staatsſchreibers auf das Gewiſſenhafteſte fich Halten ſollten. Diefes Ge⸗
feg ging in feiner erſten Hälfte wenigfiend nicht ohne Widerſtand durch:
Harpocr. s. v. Hempına erwähnt die Rede des Philinus oo; [dioyväov ai,
doch vgl. Bauf. I, 24, 1.] Zogoxidous xal Evgmidon einonnc, mezu bie
Belaflung der Theorikencaſſe mit ben Koſten für jene Bilder die Beranlaffung
gegeben zu haben ſcheint. 3) Das Verbot daß Niemand einen freien Mann
als Sclaven kaufen follte, ein Berbot das nad) ber allerbings eiwas unbent-
lichen Fafſung, under: ebeisuı EAsudeg09 omua mgiandeı ani Souleig Ex
109 Alsonoudraoy arev räs Tou npordgov dermozov yrouys, gewöhnlid auf
Lgourgäs 1e11
bie wegen verfänmter Wlicht gegen ihre früheren Herren gerichteten und wle⸗
ver verfanften Freigelaſſenen bezogen worven iſt, nad unferer Anficht aber
(j. Vit. script. gr. minor. p. 275.) eher auf Uinterbrüdung des aröpamo-
dıonog berechnet war (vgl. Sarpser. 8. v. auögarodıcrns), fo daß der Sinn
des Verbots der geweſen zu feln fdheint: wer einen Sclaven Tanfe, folle,
um nicht in die Gefahr zu kommen einen geraubten Freien zu Eaufen, dabei
jedesmal vie Zuftimmung des friiheren Beſitzers beffelben einholen. 4) Die
Verordnung wegen Aufftelung von mindeflend drei cykliſchen Chöre am
Feſte des Poſeidon im Pträeus und die Beſtimmung von Preifen von zehn,
acht und ſechs Minen für bie Sieger. 5) Das vermuthli auf Cinſchränkung
des überhand nehmenden Lurus gerichtete Berbot daß Frauen bei Strafe von
6000 Dramen an ven Gleufinten nicht nach Eleufls fahren follten (vgl.
Dem. g. Mid. p. 565. 6. 158.). Gerade dieſes jedoch ward zuerfl von
kyc.'s Gemahlin übertreten, Aelian. var. hist. XHI, 24. Dazu füge man
noch zahlreiche Beichläffe welche Lye. zu verfhtenenen Beiten beantragte (Eini- .
ges der Art führt Plut. vit. p. 843. F. an) und bei deren Abfaffung er
ich bed Olynthiers Euclides bedient Haben fol (ib. p. 882. E.). Der zweite
Punkt in der Urkunde betrifft hie zwölfjährige Binanzvermaltung während
welcher 18,908 Talente (nah Plut. p. 841. B. nur 14,000 oder 18,650)
durch feine Hände gingen und überbieg noch 550 (nad Plut. nur 250, vl.
über diefe Gumnten ‚Vit. scriptt. gr. min. p. 271.) von Brivaflenten bei
hm deponirt wurden welche er in Zeiten ber Roth dem Staate umverzindlich
oorſchoß. Welthe neue Häfßquellen er eröffnete (edoe wooovc fagt von ihn
Hyperides bei Apſines [Longinus] t. IX, p. 345. ed. Ahett. Weiz) ift nicht
Har, u. Blut. p. 842.E. bemerkt nur daß er die Einkünfte des Staates auf
1200 Talente jährl. brachte. Das Volk drückte ihm feine Zufriedenheit mit
ver Verwaltung dur mehrmalige Befränzim aus. Bon ber Verwaltung
‘rennt bie Urkunde brittend (dr 58 aipsdeis Uno Tod yuov) duß Lyc. wif
ver Burg große Summen niedergelegt (Pauf. I, 29, 16. bemerkt, er babe
3500 Xalente mehr ala Pericles angehäuft, alfo 14,500, da nach Iſoer. or."
VIII, 6. 126. ber von Periche® auf Her Burg angefanmelte Schaß 8000
yetrug, eine Nachricht die, wie Böckh Staatsh. I. ©: 471 f. zeigt, vermuthlich
zurch ungefähren Ueberſchlag gefunden ift, indem man 1200 jährli einge»
ıommene Talente zwölfmal nahm was genau 14,400 gibt, Überhaupt aber
sicht von eigentlicher Anhäufung eines Schatzes verflanden werben kann, in»
em dad Meifle davon zur Beftreitung des Aufmanded für nie gleich zu
ıennenden Poſten wieber wird verwandt worden fein) und goldene Gieget-
jöttinnen, goldenes und filbernes Feſtgeräth und goldenen Schmuck für hun⸗
ert Kanepboren angeſchafft Habe. Doch Tann man vie Trennung dieſes
Bunftes von der Berwaltung wenigflend zur einen Hälfte nur für eine ſchein⸗
are auf lingenauigleit des Ausdrucks beruhende halten, indem Lyc. in kei⸗
er anderen Eigenſchaft als in ber eines Staatsſchatzmeiſters bie Niederlegung
er erfparten Summen auf ber Burg bewirkt haben kann. Getrennt hingegen
on ber Verwaltung if der vierte Punkt des Decrets zu faffen (vgl. Gyper.
. a.D. Pauſ. I, 29, 16. Blut. p.841. C.): nit als Schatzmeiſter fon-
ern ernannt anı zn7 Tod noAduov negaoneun» brachte Eyc. Waffen in
Naffe und fünf Myriaden Gefhofle auf der Burg zuſammen und flellte 400
‘tieren theils durch Neuban theils durch Ausbeſſerung fegelfertig ber; ferner
ollendete er bie bereitd angefangenen Schiffswerfte, die Skeuothek und das
tionyfifde Theater, bauete das panathenaͤiſche Stadium aus (nach Plutarch
hnete er pie Schlucht in welcher vs befand und ließ die Seiten auf⸗
ıauern), erweiterte dad Gymnaſium im Lyceum (nah Blut. mit einer Pa⸗
iftra und Gartenanlageh) und ſchmückte die Stadt mit vielen anderen Ans
ıgen, von denen Hyperides a. a. D. ein Dbelon und Hafenbauten nennt.
1272 Eyenzgus
Died Alles waren Geſchaͤfte welche ihm nur commifſariſcher Weiſe übertragen
worden fein und welche natürlih nice in die Zeit fallen können, we er
perfönlih dad Amt eined Schatmeifters verwaltete, DI. CIX, 3.— CX, 3.
341—337 (denn mehrere öffentlide Aemter Eonnten auf einmal in @iner
Berfon nicht vereinigt werben), fondern nur in bie beiden Finanzperioden
Ol. CX, 3.— CXIU, 3. 837—829, wo er, obwohl factiſch an ber Spitze
ber Verwaltung flehend, doch nicht eigentlih und förmlich in einer amtlichen
Stelung war. Zwei Umflänbe treffen biemit aufammen: 1) warb nad
Philochorus bei Dionyf. Sal. ep. ad Amm. I, 11. p. 123. Sylb. (p. 76.
frgm. ed. Sıebelis) DI. CX, 2. 339 wegen bed Kriegs mit Philipp ber
Bau der neuen Skenothek und ber Werfte ausgefeht; 2) war nach Aeſch. g.
Ktef. $. 25. (wiewohl dieſer die Sache etwas übertrieben. haben mag, vgl.
Droyfen a. a. D. ©. 21. Bödh Urkunden üb. d. Seew. ©. 53.) unge-
fähr DI. CVII, 4. 345 durch Eubulus’ Einfluß die Kontrole der Verwal»
tung, das Amt der Apodekten und bie Vorſtandſchaft ver Öffentligen Bauten
auf die Theorifenbehörde übergegangen und biefe hatte, wie Aeſchines aus⸗
drüdlih fagt (nah Dobree's ſehr annehmlicher Verbefferung), die Werfte und
das Zeughaus zu bauen begonnen; durch ein Bejeh des Hegemon jedoch
(vgl. Urkund. XIII. b. 155.) war die Theorikenbehörde vermuthlich nad
Eubulus’ Tode, etwa um bie Mitte der CXI. Ol., wieder auf ihr eigentlidyes
Reſſort beſchränkt worden. Bald darauf muß die Vollendung ber Werfte
und bed Zeughaufes dem Lyc. übertragen worben fein, denn es ericheint has
Iegtere in ben dad att. Seeweſen betreffenden Urkunden bereitö DI. CXII, 3.
330 zum Gebraude fertig, f. Böckh dal. S. 69 ff. Hienach wird es wahr-
ſcheinlich daß auch die Übrigen Bauten in biefe Zeit fallen, ja Urt. XI. c. 14.
if eine zum Bau bed Stadiums verordnete Baucommifflon (od eri To ora-
807 nonusvos) genannt, welche Geräth verabfolgt erhielt von Democrates
dem Schatzmeiſter der Gelder des Irierenbaus; dieſe Gommifflon war ver:
muthlih dem Lyc. zur Verfügung geftelt und fällt nad Urf. XII. a. 82.
unter einen Archon NI...... ‚ entweder Nicoerates DI. CXI, 4. 332 ober
Nicetes (Niceratus) DI. CXII, 1. 391, f. Boͤckh S. 72. Die Kriegsröflun-
gen endlich, welche Lyc. Übertragen wurden, gehören vielleidht ins J. 335
Ol. CXI, 2, wo bie Athener dur Alexander Zug gegen Theben fi be⸗
droht glaubten und eine kriegeriſche Stellung annahmen, Diod. XVII, 4.
Arrian. Exp. Alex. I, 10, 2. — In allen diefen amtlichen Stellungen, wozu
Plut. vit. p. 841. D. noch unflarer Weile zoü aureos zny pvlaxıy xai tar
xaxovoywor my ovAAmpır fügt, warb er treu und unbefdholten befunden und
erwarb ſich burd feine patriotifgen Beftrebungen das Zutrauen und die Liche
feiner Mitbürger und den Haß der Macebonier in gleich hohem Brabe. Lyc.
war mit unter der Zahl derer, deren Auslieferung Alexander DI. CXI, 2.
335 als Strafe für den Antheil Athens an den in Böotien zum Ausbruch
gekommenen Umtrieben verlangte; damals jebod war die Partei ber PBatrie-
ten noch mächtig genug ihre Häupter zu ſchützen; das Geſuch warb abge-
lehnt, Alexanders Zorn befänftigt, Pint. vit. p. 841. E. 852. D. Demosth.
c. 23. Phoc. c. 17. Arrian. I, 10, 4. Diod. XVII 15: Die völlige
Nieverlage feiner Partei aber erlebte Lye. nit. Zwar iſt die Zeit feines
Todes nit befannt; da aber Plut. vit. p. 848. F. angibt- daß Lyc. no
vor Eintritt der harpalifden Wirren (DI. CXIH, 4. 325) geftorben fei, fo
fegt Clinton offenbar zu fpät das Ende feines Lebens DI. CXIV, 2. 323
oder kurz vorher an. Denn wenn auch damals der in der Verbannung lebende
Demoſthenes (Epist. 3. vgl. Plut. p. 842. D.) fih für die Söhne bes ver⸗
florbenen Lyc., welche auf Menefihmus’ Anklage verhaftet worden waren,
verwendete, fo konnte doch fo ſchnell die Zuneigung des Volles zu Lyc. kaum
verfliegen, daß es unmittelbar na deſſen Tode an feinen Angehörigen ſich
Lymzm — | 1273
rgriffen hätte (vgl. Niffen de Lyc. p. 15.). Vermuthlich Tagen einige
hre dazwiſchen, ja vielleicht farb Lyc. ſchon fehr bald nah Ablauf der
itten Berlode feiner Binanzverwaltung DI. CXII, 4. 329-—28, wenn man
f diefe die in ihrem hiſtoriſchen Zuſammenhange etwas entflellte Erzählung
Plut. p. 842. E. beziehen Darf daß er als er feinen Tod berannaben
‚te ih in dad Metroon und Buleuterion tragen ließ, uͤm Rechenſchaft
er feine Amtsführung abzulegen und daß er bier in einer Rede bie Ver⸗
mbungen des Menefähmus, des Binzigen welcher ihm entgegenzutreten
gte, zurüdgewiefen habe. In eine fehr natürliche Verbindung hiemit laßt
vie Rede bed Lyc. aroAoyıouös 7 nenoAitevras bringen wenn man
ſimmt daß, nachdem Lyc. DI. CXI, 3. 329 nah Ablauf feines Amtes
e Abrechnung aufgeftelt (Plut. p. 843. F.; von dieſer tft höchſt wahr-
inlih noch ein Meft in der Inſchrift Corp. Inser. gr. I, nr. 157. erhal»
‚vgl. Boͤckh Staatsh. II. ©. 244 f.), Menefähmus, fein Nachfolger in
Berwaltung, ald Kläger gegen ihn aufgetreten ſei, Lye. aber bei bem
ımf eingeleiteten gerichtlichen Verfahren (und dadurch erledigt fi Kießling's
enten Lyc. frgm. p. 73. wegen einer ertemporirten Rede) die Angriffe
Iben flegreih abgemwiefen babe. diefer Zufammenhang der richtige,
virb die Klage und Bertheibigung DI. CXII, 4. 329—28 fallen. Die
fein letztes oͤffentliches Auftreten, er flarb unmittelbar darauf und ward
Staatskoften beerdiget am Wege nad) der Akademie, wo fpäter bed Phi-
‚hen Melanthius Garten lag, Pauf. I, 29, 15. Plut. p. 842.E. Er
rließ drei Söhne Habron, Lycurgus und Lycophron, von benen bie
n erften kinderlos flarben, ver dritte aber das Geſchlecht bis auf fpäte
n fortpflanzte, Blut. p. 843. vgl. D. Müller sacra Min. Pol. p. 43 ff.
b Corp. Inser. I, p. 442. Bofler de gentt. att. sacerd. p.7. Das an
ı Söhnen des Eye. begangene Unrecht (f. ©. 1272. a. E.) machten die Athener
ie Anſprache des Demofthenes (Epist. 3. Plut. p. 842.D. GSuib. s. v.
deyos) und Hyperides (f. die angef. Stelle des Apfines) und auf den
ig des Democles durch Entlafjung aus ber Haft und fpäter OL. CXVIII,
)7 durch Errichtung eines Ehrenbildes im Kerameikos (Blut. p. 843. C.)
genauer auf dem Markte (ib. p. 852. B.) in ber Nähe der Statuen
sponymi (Pauf. I, 8, 2.) und Ertheilung der Speifung im Prytaneion
De Zeiten an den jevesmaligen Welteflen des Gefchlehte wieder gut. —
"be ehrenhafte Gefinnung, diefelbe firenge Rechtlichkelt und Charakter-
eit welche Lyc. als Staatemann dharakterifirt, zeigt ſich auch ſowohl
zelnen ihm naderzählten Handlungen (wie z. B. in feinem Benehmen
den Staatspächter der den Phil. Zenocrates mißhandelte, Plut. vit.
. 842. B. Flamin, c. 12. und bei dem Linterfchleif des Diphilus,
vit. ort. p. 843. D.) und Ausſprüchen (ib. p. 842. B—D.), als
sarız beſonders in feiner redneriſchen Thätigkeit. Obwohl Häufig ge-
h angegriffen unterlag er doch nicht ein einziges Mal (Plut. p. 842. F.);
ft war als Ankläger fehr gefürdtet (ic. Brut. 34. Epp. ad Att. I,
Ammian. Mare. XXI, 9, 9. XXX, 8, 13.), wogegen e8 für eine
je Borbedeutung galt ihn zum Beifland vor Bericht zu haben (Plut.
I. E.). Schriftlih gab es von ihm im Altertbum nur 15 Reben
. 843. C.) welche Suidas s. v. Avxovoyog einzeln anführt, und auß
» vielen gibt auch Harpokration Beifpiele ; doch flimmen Beide nur in
en überein (vgl. Kießling Lyc. orr. fragm. p. 14 ff. Niffen de Lyc.
. Weftermann Geſch. d. gr. Beredi. S. 296 f.): 1) zar! Aioxvoiov
Toyvoiar Suldad). 2) xar' Apıoroyeizoro; (vgl. Plut. p. 843. D.
Arg. zu Dem. 1. Rebe g. Urifiog. Kießling quaestt. Att. p. & ff.).
AvroAvxov (Plut .p. 843. D.). A).moos Amuadnv aroloyia. 5) wegi
sxr70sog. 6) zepl zug ispeing. 7) nara Aemnparovg Blut, p, 843. D.).
1274 Lyewin -— Lycus
8. 9. xara Avnoppovoc sicayysAia a PB (nad Melers Vermuthung im Att
Proc. S. 260. ſprach Hyperides dagegen, vgl. Zeitſchr. f. d. Alt. Wiſſ. 1836.
©. 422.). 9. xara Avomisovg orp&enyoö (nad ber Schlacht bei Chärvnea
DL. CX, 4. vgl. Diod. XVI, 88. Plut. p. 83. D.). 11. sasz Meveowsr-
nov eivayyalia (Blut. p. 843. D.). Dazu rechnet Suidas 12. Into zer
evdvror, nah Pinzgers Vermuthung S. 32. nit verfhtenen von dem oben
befprochenen, auch vom Harpokr. mehrmals angeführten &moAoyıouös &y ze-
noAitevre: (vgl. Kießling p. 69 ff.). 13. war“ Anuadov (Blut.ip. 843.D.).
14. nsol tie ieopwovrng (diefe hält Niffen de Lyc. p. 77. für eins mit Ar. 6.).
15. no0s ras narreiac.. Statt biefer kennt Garpofrat. drei andere: xuru
Asinnov, nata Kryypıoodorov, duadınaoia Koonxwmdor npos Kosgwrläug, von
‘denen er felbft jedoch die erſte und letzte ald zweifelhaft bezeichnet, bie zweite
nah Pinzgers Vorgang S. 34. Kiefling am a. O. p. 109 ff. verbädtigt.
Die Rede ara Avronasovs envli bei Suid. s. v. unAoßoros warb ſchon
von Beer richtig auf Hyperides bezogen; vgl. Kießling p. 16 ff. — Das
Urtheil welches die alten Kritiker über den Gharakter feiner Berebfamfelt
fällen (Dionyf. Hal. vett. scriptt. cens. V,3. Sermog. de form. or. H, p. 00.
ed. Laur. Div Ehryf. or. XVIII, p. 479. Reisk.), findet ſich in ber ein⸗
ztgen und noch erhaltenen Rede, der gegen Leotrates, im Allgemeinen be-
ftätigt. Lycurg war mehr ein Mann der That ale ves Wortes, mehr zum
Staatsmann als zum Mebner geboren, wie fchon fein mühſeliges Meditiren
und. der Umſtand beweist, daß Ihm die Babe des freien Vortrags verfagt
war (Blut. p. 842. C.). Daher bat denn aud in feiner Rebe die Sache
über vie Form daB Viebergewicht ımb die Geſtnnung muß die Mängel ber
letzteren uͤberdecken Helfen. Es fehlt dem Ausprud und der Gompefition an
jener Glätte und Rundung an weldder man fonfl die iſocratiſche Schule erkennt;
bie Anordnung und Darftellung iſt etwas ſchwerfällig, nit ohne Wieder:
bolungen, und dur häufige Abſchweifungen auf das Gebiet des Mythus
und der alten Geſchichte jo wie durch Anführung von Dichterftellen ſchleppend
und überlaben, das Banze jedoch durchdrungen von moraliſcher Kraft und
Wahrheit und von edler Geſinnung getragen und gehoben. — Herausgegeben
it die Rede gegen Reocrated in den Sefammtausgaben ber Rebner von Aldus
1513., 9. Stephanus -1575., MReiske t. IV. 1771., Bekker ı. IH. 1823.,
Balter u. Sauppe 1840., einzeln von 3. Taylor, Cantabr. 1743., 3. 9.
Schulze, Braunfhw. 1789., C. F. Heinrich, Bonn 1821., A. G. Beer,
Magdeb. 1821, F. Oſann, Ima 1821., G. Pinzger mit deutſcher Ueberi.,
Leipz. 1824., U. Koraes, Paris 1826., ©. U. Blume, Stralfund 1828.,
J. G. Baiter u. H. Sauppe, Züri 1834., E. Maͤtzner, Berl. 1836., deutſch
von F. A. Nußlin, Mannh. 1840. Vgl. Weichert, Qvasstionum Lycurges-
rum specimen, Progr. des Bredlauer Glifabethbanum vom 3. 1844. [ West]
Lycurin (Avnovoie, Bauf. VIII, 19. a. @.), ein no jegt fo be
nannter Flecken im Norboften Arcadiens am Bluffe Arsanins. Dal. Leafe
Morea Ill. p. 143. u. Boblaye Rech. p. 156. [F.]
Lycus, Avnos, 1) einer ver fünfzig Söhne des Aeaypius, dem bie
Toter deb Danaus, Agaue, durchs Loos als Sattin zugefallen war, Apollod.
u, 1, 3. — 2) Sohn des Poſeidon und ver Plejade Kelaino, von Poſeidon
auf die Infeln der Seligen verfebt. Apollod. II, 10,3. Wit der Schweſter
der Kelaino, Alkyone, zeugte Poſeidon den Hyrirus und Hyperenor; Hyriens
zeugte mit der Nymphe Klonie den 8) Lyeus und Nykteus Apoleb III,
10, A.; nad anderer Sage aber (III, 5, 1.), welche bie Verwicklang ber
beiden Brüder in Thebens Urgeſchichte erklären zu wollen ſcheint, waren fie
Söhne de Sparten (Pani. IX, 5, 3.) Chthonius. Mad Ermordung des
mann kamen ſie vermittelft ihrer Belannticheft mit Pentheus nad) Theben,
wo fie Bürger wurben (Apollod. II, 5, 3.). Der König Polydorus über-
Lyons 1275
ug dem Nykteusz die Vormundſchaft über feinen Gohn' Sabdacus-und über
3 Reich: ald aber Nykteus, befien Tochter Autigpe an den Cpopeut, König
m Sicyon, verbeirathei war, an den im Kampfe mit Cpopeus erhaltenen
Zunden farb, übertrug er feine Würde an feinen Bruder Lyeus mit dem
uftrag, ihn an Üpopeus und befien Gattin Antiope zu rächen (Pauſ. II,
2.). Als Labdacus erwachſen mar übergab ibm Lycus die Herrſchaft,
ıld farb aber auch Labdacus und fo wurde er zum zweitenmal Vormund
ın deſſen Sohn Laius; er zog gegen Epopeus nad Sicyon, ermorbete ihn
ad Pauſ. IE 6, 3. flarb er an den im Kampf mit Nykteus erhaltenen
Junden), führte die Antiope gefangen nach Iheben und gab fie den Mis⸗
nblungen feiner Gemahlin Dirce Preis, wurbe aber von ben Söhnen ber
ntiope, Zetbus und Amphion, die ihrer Mutter zu Hilfe Tamen, erjchlagen,
pollod. IH, 5, 4 ff. Pauſ. IX, 5, 4. @urip. Herc. F. 27. Die Ruinen
ned Haufe wurden no zu Pauſanias' Zeit (IX, 16, 7.) gezeigt. —
ein Sohn von dem Vorigen (nad) Oyg. lab. 32. ebenfalls von Poſeidon),
r von Cubda Tommend den Herrſcher Thebens, Kreon, ermorbeie und bie
errſchaft an ſich riß. Während Herakles in der Unterwelt war wollte Lycus
ſſen Gattin, Megara, Kreons Tachter, und ihre Söhne Therimahus und
pbites töbten, Herakles kam aber dazwifchen und erfhlug den Aycus, Zur.
erc. F. 32 ff. Hyg. am a. O. — 5) ein Telchine, der ſich in Lycien am Xanthus
fiedelte und dem Lyciſchen Apollo. den erſten Tempel baute. Diod. V, 86.
eſych. 8. v. Avxos. Bol. Creuzer Symbol. II. ©. 536. — Mit dieſem
ielt zufammen 6) Lycus aus Aihen, Sohn des Königs Pandion II., ber
n feinem Bruder Aegeus vertrieben wurbe und nad Nflen in das Land
Hlyas kam, das nah ihm fodann Lycien genannt wurde. Herod. I, 173.
I, 92. Pauſ. I, 19, 4. Bon dieſem L., deſſen Name auch auf der von
. Braun edirten Kodros⸗Vaſe vorkommt, hatte das Lyceum in Athen feinen
amen, Bauf. am a.D.; er verpflanzte die eleufinifgen Myſterien nad Ans
nia in Mefienien, Pauſ. IV, 1, 6.; auch waren Weiflagungen von ihm
Mefienien (Bauf. IV,20,4.) und fonft (Pauf. X,12, 11.) im Umlauf. —
ein Geutaur, welden Pirithous auf feiner Hochzeit exlegte. Ovid Metam.
, 332. — 8) Sohn des Dasfylus, König der Maryandyner, der bie
:gonauten freundlich aufnahm, Apollod. I, 9, 23., und auch von Herakles
f feinem Zug nah dem Amazonenland beſucht und im Kampf gegen bie
ebryker unterflägt wurbe. Apollod. IE, 5, 9. Apollon. II, 777. 782. —
König von Libyen, der die. Gewohnheit hatte alle Fremdlinge feinem Vater
se8 zu opfern. Als Diomedes na der Zerflörung Troja's dahin ver⸗
lagen wurbe, wurbe er durch bie Kiebe ver Tochter des %., Calirroö, ges
tet; als er fle aber treulos verließ, erhängte fie ſich, Plut. Parall. Gr. et
m. 388 0) ein Thraker, welchen Kyknus im Zweikampf befiegte. Pauſ.
7, 7. .
11) aus Mhegtum, mit dem Beinamen Bovoijqug, Bater des Tragikers
kophron (Suid. s. v. Avnogpewr, Tzetz. vit. Lycophr.), Zeitgenofie bed
zmetrius Phalereus, ber ihm nach dem Leben trachtete (Suid.). Er ſchrieb
ch Suidas eine Geſchichte Libyens, woraus vermuthlich das Fragment bei
atig. Gar. 66. vgl. Steph. Byz. s. v. Aßoororo», und ein Werk über
icilien, worauf zu beziehen Antig. 148. 154. 170. 175. 188. Ael. hist.
im. XVU, 16. Agatharchides bei Photius Bibl. cod. CCL. Porphyr. vit.
th. 5. (87 zarapın or iorogiwr). Tyeh. ad Lyc. 615. Steyh. Byz. 5. v.
udgos, auch magl Adskarögov, vgl. Sol. Arifl. Pac. 925. Sol. Theocr.
I, 78. Suid. und Phot. 5. v. Anoıwoi Boss. Wine Schrift magı Onßaior
er Onßor unser Lycuß’ Mamen kennen Schol. Hei. theog. 326. y. Zjeb.
Lye. 1206,, eine aubere nepl Ndaropos, obwohl nit ganz ficher, Schol.
‚eoer. ood. Genar. XVII, 121. ed. Adert. p. 88. Bgl. Mrurflus ad
1276 | Lycus — Lydda
Hesych. Mil. p. 201. ed. Orell. G. 3. Voß d. hist. gr. I, 12. p. 111.
Glinton fast. hell. III. p. 484. [ West.]
12) aus Neapel, nad Galen ein Macevonier, Gommentator ber vipbe-
rismen des Hippokrates. Fabric. Bibl. Gr. IH. p. 600. ed. Harl. [B.
13) u. 14) zwei Olympionifen, a) aus Larifja in Theffalien, flegte im
Wettlaufe Ol. 82., Aeicanus bei Gufee: EM. oAvun.p. 41.; b) aus Mefienien,
flegte im Bentathlon. Pauſ. I, 7, 2. — Aug hrie ein ausgezeichnetes
Kampfroß des Korinthiers Pheivolas den Namen Lykos. Daſſelbe Hatte
mehrere Siege im Roßwettrennen gewonnen. Pauſ. VI, 13, 6. [Kse.
“ Lycus (Avnos), der Name einer Menge von Flüfen, die durch ihren
reißenden Lauf dieſe Vebertragung bes Namens eines reißenden Thieres auf
fie Hinlänglich rechifertigten: 1) Plin. V, 24, 20. nennt einen Fluß biefes
Namens in Armenia Maior, der in den Eupbrat fallen fol, font aber
nirgends erwähnt wird. — 2) ein Strom Affgriens (Molyb. V, 51. Strabo
II, p. 79. XVI, p. 737. Arrian. An. III, 15. Ptol. VI, 1.), über welden Da⸗
rius eine Brüde flug (Gurt. IV, 9, 8. 16, 8.),. unftreitig berfelbe ber bei
Xen. Anab. H, 5, 4. u. III, 3, 6. Zabatus, bei Ammian. XVIIE, 14. Zabas
und bei Plin. VI, 26, 80. Zirbis beißt, d. i. der große ab oder Ulu⸗Su,
der auf dem nörvlichen Grenzgebirge gegen Armenien — und in den
Tigris fällt (vgl. Tavernier T. IE. ch. 5.). — 3) ein kleiner Fluß in Bi⸗
thynien (Scyl. p. 34. Orph. Arg. 724. Arrian. Peripl. p. 14. non.
Peripl. p. 3. Plin. V, 32, 40. Tab. Beut.), der nad Arrian und anne
in der Nähe von Heraclen in ben Pontus Eurinus mündete. — 4) Slüßchen
Siticiend, blos bei Plin. V, 27, 22. — 5) Flüßchen auf Cyprus, Biol.
V, 14. — 6) ein Fluß Lydiend, der nach Plin. V, 29, 31. bei Thyatira
—— und ſich in den Hermuß ergoß, wahrſch. aber nicht unmittelbar
den Hermus erreichte, ſondern erſt in dr Hyllus und mit dieſem in den
Hermus fiel. Dal. Wheler T. IL. lett. 3. p. 253. Paul Lucas 3eme Voy.
T. 1. p. 139. nennt ihn Zär Su, hält iÖn aber faͤlſchlich S ben Sermus
ſelbſt. — 7) ein zweiter Name des Rhyndacus, f. d. — Fluß in
It nicien, der PF zwifchen hohen fleilen a ginmälite un nie Be
rytus und Byblus mündete (Strabo XVI, p. 755. Mela I, 25, 5. BPlin.
V, 20, 17.), jet Nahr el Kelb oder bee Hunberluß,. Bl. Bocode ll. ©. 134 f.
Burkart Travels p. 189. — 9) ein öftlider Nebenfluß des Iris in Bontus,
fat eben fo bedeutend als der Iris ſelbſt; ; feine Quellen find in Armenia
‘ Minor. Vgl. Strabo XI, p. 529. XI, p. 547. 556. Plut. Lucull 15.
Plin. VI, 3, 3. 4, 4. Dvib-ex P. IV, 1. 47. Sierocl. p. 703. Seht Heißt
er Rulei Hiffer. — 10) ein bebeutenber Fluß in Phrygien, der auf dem
öflligen Theile des Cadmus entfpringt (Strabo XII, p. 578.), fi bei Go-
Ioffä in einen Erdſchlund verliert (Herod. VIE, 30. u. Strabo am a. D.),
aus dem er 5 Stab. weiterhin wieber heruorfommt, worauf er Laodicea be>
rührt (Plin. V, 29, 29.) und einige Meilen weſtlicher in den Mäander fälk.
Seht Tchoruk (&fäuruf)- Su. Vgl. Hamilton Research. I. p. 509. (Red
Gurt. II, 1, 5. führte auch ein zweiter Fluß Phrygiens, der Maripab, den
Namen Lycus.) — 11) ein Eleiner Fluß in Sarmatia Europaea, ber auf
den Amadoci M. entfpringt und nad kurzem Öflichem Laufe in bie Palus
Maeotis fällt (Serob. IV, 123. Ptol. IH, 5.); wahrfd. ber heut. Kalmius. [F.]
TE — Vacchodpricfierinnen, Athen. V, p. 198. K. Euſtath.
98
p. Lydda (T& Aöde und % Avdön, 1 Macc. 11, 34. Act. Ap. 9, 32.
35. 38. Joſeph. Ant. XX, 5, 8. Jud. 2, 37. 3, 4.' Btol. V, 16. Blin.
V, 14, 15., auf der Tab. Peut, Ludda und im 9. & T. Lod), Stadt des
Stammes Benjamin in Paläſtina, 32 Mill. norbweill. von Serufalem (St.
Hieroſ. p. 600, St. Ant. p. 150.), in der fh mehrere von ben. Seeſtädten
un
Lydia | 197 _
ach Ierufalem führende Straßen vereinigten.‘ Sie wurde im füpifäden Kriege
durch bie Mömer eingeäfhert (Joſeph. B. Jud. II, 19.), aber bald wieder
bergeflellt (id. II, 3. IV,8.), und fommt von dba an auch unter dem Namen
Diospolis vor (Joſeph. ibid. I, 6. Steph. By. p. 240. Hierocl. p. 718. ıc.
vgl. auch ihre Münzen bei Baillant p. 350. Gdhel TIE. p. 432. u. Mionnet
V. p. 497.), neben welchem ſich aber au der alte einheimifche fortwährend
erhielt, und fo Heißt fie denn no immer Zub ober Lydd. Vgl. d'Arvieux
1. ©. 27. Bolney II. ©. 247. u. Robinfon II. &. 261 ff. [F.]
Lydia” (Avdie, Serod. I, 142. Xen. Cyr. VI, 2, 21. VII, 4, 14.
Anab. 1,5, 6. u. f.w.), jene von Scylax p. 36 ff., Strabo XII, p. 623 ff.,
Bol. V, 2., Blin. V, 29, 30 f. u. U. genauer befchriebene Land an ber
Weſtküſte Kleinafiend, das jeht die Provinz Sarukhan und den nörblidern
Theil von Sighla umfaßt, hieß früher Maeonia (Mnorin, Som. Il. LIE, 401.
XxVIII, 294. vgl. Strabo XII, p. 572. XII, p. 625.), welcher Name fi
auch in fpätern Zeiten, als bie Benennung Lydia längft die allgemein übliche
geworden war, in dem Öfllihern Theile des Landes am oberen Kaufe des
Hermus und ſüdlich vom Imolus erhielt (Ptol. u. Blin. am a. O. Ja
bei Hierocl. p. 670. und in den Kirchennotizen kommt in diefer Gegend noch
ein Stäbtchen Maeonia vor, welches Samilton Research. II. p. 139 f. in
dem heut. Flecken Megns, weſtlich von Sandal wiedergefunden zu haben
glaubt)... Herodot iſt der Erſte weldher uns (I, 7.) melbet daß das Volk ver
Maeones (Mnores) fpäter nad einem König Lydos Lydi (Avdoi) genannt
worben fei; ** mit dem Namen bes Volkes aber wechfelte natürlich auch der des
Landes. Diefes Hatte früher und namentli In der perf. Zeit eine viel größere
Ausdehnung als fpäter, indem es öſtlich bis an ven Lycus, fühlih aber
wahr. bis zum Mäander reichte (vgl. Strabo XII, p. 577.) und fomit
auch einen bedeutenden Theil des fpätern Phrygiens und einen Eleinen Strich
von Garten umfaßte. Im röm. Seitalter aber grenzte e8 gegen N. an My⸗
fien, von welchem es an ber Küfte der Hermus und weiterhin eine Gebirgs⸗
kette des Temnus trennte, gegen O., wo nur eine willfürlich gezogene Linie
bie Grenze bilbete, an Phrygien, gegen S. an Garien, wovon es das Geb.
Mefiogis und das Vorgeb. Mycale ſchied, unb gegen W. an das Ägäifdge
Meer (vgl. Plin. V, 29, 30.); obgleih genau genommen das eigentliche
Lydien vieſes gar nicht erreichte, indem den ganzen Küſtenſtrich zwiſchen ven
Mündungen des Hermus und Mäander in einer Ausbehnung von 800 Stab.
griechiſche Cionifhe) Kolonien inne hatten, weshalb auch dieſes ganze Kuͤſten⸗
land den Namen Ionia führte (vgl. oben ©. 228 ff.). Die ganze Ausdeh⸗
nung bed Landes Innerhalb biefer fpäteren Brenzen beitrug von N. nad ©.
15, von W. nad O. aber zwiſchen 15 (im ©.) und 30 g. M. (im N.),
ver gefammte Flächeninhalt mithin etwa 300 OM. Lydien war, obgleich
m ©. ımd W. von Gebirgen vurchzogen, im Ganzen doch ein frudibared
Band (Xen. Cyr. VI, 2, 21.), da auch die Abhänge. ver Gebirge angebaut‘
waren, und hatte ein gemäßigted und gefundes Klima. Der gefegnetfte Theil
deſſelben war freilich das eben genannte Küftenland Ionien; doch enthielt
auch das eigentliche Lydien einige fehr frushtbare Diftrikte, beſonders die Ge⸗
ide um Sarbes und am Cayſter (Herod. 11, 10. Strabo XIIL, p. 626. 629.
XV, p. 691. GEuflath. ad Dionys. 772.). Die Hauptprodukte Lybiend waren
in guter Weln auf bem Imolus und Mefiogis, fo wie in Katafelaumene
(Strabo XIV, p. 628. 637. 650. Plin. V, 29, 30. Virg. Geo. II, 97.),
Safran ebenfalls auf dem Tmolus (Strabo XIII, p. 610.), Zink und andere
© Bor, Th. Mente, Lydiaoa, diss. ethnographioa. Berl. 1844, 56 6.8. [W.T.]
Dieſer Lydos wird Sohn des Atys und der Kalithen und Bruder des Tyr⸗
:henos genannt, Dionyſ. Sal, 1,27 ſ. Herod. 1,7. vgl.94, Strabo p. 219. [W.T.]
1278 | Eyalin
Metalle (Sirabo ibid. u. p. 680.), Sei. Bolb (Heron. II, 102.), unb zwar
Iegtened teils in den Gruben bed Tmolus ( Strabo XII, p. 594.), theils
in dem Sande des Fl. Pactolus (Dion. Per. 831. Birg. Aen. X, 142.
Plin. V, 29, 80. u. f. w.). Doch find bie Nachrichten ber Älteften Schrift⸗
über den Goldreichtihum des Landes, aus dem man die Schätze des
Gyges und Gröfus herleitete, gemiß übertrieben, da wenigſtens in fpäterer
Zeit ver Bartolus gar Eeinen Goldſand mehr mit fi führte (Strabo p. 626.)
und auch die Ausbeute der Boldgruben des Pactolus kaum no bie BVetriebs⸗
koſten deckte (id. p.391.). Die Hauptgebirge Lybiend waren der zum Tau⸗
ruäfyften gehörende Mesogis oter Messogis M. nörblid vom Mäander mit
dem Mycale, Pactyes, Thorax und Coressus al& einzelnen Zweigen beflelben,
und ber Tmolus, ein nordweſtlicher Hauptzweig des vorigen mit ben Neben-
zweigen Sipylus und Mimas; zwiſchen biefen Gebirgen breiten Ich mehrere
große und fruchtbare Ebenen aus, nämli das Gilbianifche Gefilde (zo Kur-
Biavov neölor, Gtrabo p. 629. Guſtath. ad Dion. 837. Cilbiani agri bei
Pin. XXXIII, 7, 87.) wilden dem Tmolus und Meſſogis, das Cayſtriſche
(za Kaüorpıesör oder Kavorooy nedior, Strabo p. 440. 620. 691. Guſtath.
1.1.), werlie vom vorigen zu beiden Seiten des BI. Cayſter bis nah Cyoheſus
bin (au weldem auch die Aſiſche Wieſe Homers U. II, 461. gehörte), unb
das Hyrkaniſche (70 "Tonanıor nedior, Strabo p. 629. Campus Hyrcanus,
Liv. XXXVII, 88.) zwiſchen dem Tmolus und Sipylus, vom Hermus durch⸗
ſtrömt und vom vorigen nur durch einen ſchmalen Bergrücken getrennt (das
nad Strabo am a. D. feinen Namen von Hyrkaniern hatte bie von ben
Besfern bieher verpflanzt worden waren). Zu biefen brei größeren Thälern
kam enblich noch ein viertes Gefilde, das fogenannte Berbrannte (5 Kara-
xenavusen, Strabo p. 579. 626. 628. 637.), der nörblihfte, nörbli an
Moflen und oͤſtlich an Phrygien grenzende Theil des Landes, der theils von
Lydiern, tbeild von Dinflern bemohnt mar (Strabo p. 579.) und daher bald
zu Lydien, bald zu Myfien gerechnet wurde (id. p. 628.), uuter ber römi-
ſchen Herrſchaft aber der größern füblichen Hälfte na zu Lydien, mit feiner
Tleinern nörblichen Hälfte aber (dem fpätern Mäonien) zu Phrygien gehörte.
Die ganze Gegend zeigte durch drei Krater erlofchener Bulfane, durch eine
Menge Groriffe, durch ihre afchenartige Erde und ihren verbranntn Boben,
daß fle einſt durch unterirdiſches Feuer verwüſtet worben fei, trug aber, wie
vulkaniſcher Boden gemöhnli, fehr guten Wein (Strabo p. 628. 637.).
Au in fpäterer Zeit verrietben noch Häufige Erdbeben den vulkaniſchen Gha-
zakter Lydiens (Strabo I. p.38.). Die Borgebirge, in welche bie oben
genannten Gebirge ausliefen, waren in ber Richtung von N. nad S.: Prom.
Melaena, Argennum (j. Gap Blanc) und Coryceum (j. Koraka oder Kurko),
drei Landipigen der vom Geb. Mimas gebilneten Halbinſel zwiſchen Suyrna
und Chios, ferner dad Prom. Mionnesus (j. Hypfilobunos) in ber Nähe von
Epheſus, der Infel Aspis gegenüber, und enbli Prom. Mycale ober Tro-
gylium (j. Cap S. Marie). Die Klüffe Lydiens waren: ber Hermus (I.
Kadis⸗tſchay oder Ghiediz Chai, vgl. Bo. IH. ©. 1234.), der Haupifirom
des Landes, ber fi in den nad ihm benannten Hermaus ober ——
Sinus (Vit. Hom. c. 2. Strabo p. 645. Steph. By. p. 612. Mela I,
17, 3.), den heut. Golf ven Emyrna ergoß, mit den Nebenflüffen Hiyllus
(mit dem Phryx over Phrygius, j. Deletihaf Su, vgl. mein Handb. d. alt.
Geogr. I. ©. 174. Note 65.) und .Lycus auf dem rechten, Cogamus unb
Pactolus (j. Sarabat) auf dem linken Ufer; ferner vie beinen Käfenflüßchen
Meles bei Smyrna und Hales bei Colophon, und enbli der nit unbeden⸗
tende Caystrus (j. Kara Su ober Kutſchuk Meinver, vgl. Bb. II. ©. 231.).
Lkydien Hatte auch einige Landfeen, unter welden beſonders ber Gygaeca
sher Colos (j. Mermere oder Mammora) in ver Nähe yon Sardes —**
Kies 1279
if; minder bekannt find Ber Salos ober Sale, Pegaseus und bie Selenusine.
Die Einwohner (Lydi, fräher Maeones) waren höchſt wahrſch. thrasifchen
Stammes, fo gut wie die benachbarten Myſier und Garier; voch fallt ihre
Einwanderung in eime vorgeſchichtliche Zeit, wedhalb fie von den Alten für
Autochthonen angefehen werben. Ihre frübeften Könige, erſt aus dem Stamme
der Atyaden (Herod. I, 7. 94.), daun, etwa feit dem I. 1200 v. Chr.,
vom Stamme der Herakliden (Herod. I, 8—12. Juſtin. I, 7.) fanden unter
Phrygiſcher Oberherrſchaft. Erf ſeit ver. Thronbeſteigung einer neuen Dy⸗
naſtie, der Mermnaden, bie ums J. 716 oder 718 mit Gyges zur Regierung
kam, fing fih Lydien als ein ſelbſtändiges Neid zu heben an. Den Grand
zu feiner Größe legte der vierte König dieſer Dynaſtie, Alyattes, der Vater
des Eröfus durch die Vertreibung der Gimmerier aus Kleinafien und durch die
Vernichtung des Phrygifſchen Reiches (Heron. I, 16 ff.), doch erſt unter feinen
Sohne Eröfus erreichte es feinen hoͤchſten Glanzpunkt, aber auch fein frühes
Ende. Dieſer glückliche Eroberer wurde bekanntlich der Stifter eines mäch⸗
tigen Reiches, welches ganz Kleinaſien bis zum Halys, außer KLilicien und
Lycien, und ſelbſt die an der Küſte deſſelben gegründeten griechiſchen Pflanz⸗
ſtädte, mit einziger Ausnahme von Miletus, umfaßte (Herod. E23. Juſtin.
1, 7. 9.). Als dieſes anſehnliche Reich aber ſchon im I. 546 v. Chr. durch
Cyrus vernichtet und ber Perſiſchen Monarchie einverleibt worden war und
darauf alle Schickſale des vordern Afiens unter perfiſcher, macedoniſcher,
ſyriſcher und römifcher Herrſchaft theilte, verloren die Einwohner des eigent⸗
lichen Stammlandes Lydien, die ſchon früher Vieles von den Sitten und
Gebräuchen der auf ihrer Küfte angefiedelten Griechen angenommen hatten,
immer mehr und mehr ihre Nationalität, fo daß zu Strabo's Beiten (XAII,
p. 631.) felbR ihre Sprache Thon gänzlich verſchwunden war. Bor ihrer
Unterbrüdung dur) die Berfer waren bie Lydier ein. tapfered und ſtreitbares
Bolt, deſſen Reiterei beſonders für die trefflichfte der baamaligen Beiten galt
(Herod. I, 79.) und das als Erfinder der gymnaſtiſchen Kampffpiele ange-
fehen wurde (Herob. I, 94., fo daß Einige ſelbſt die römijhe Bezeichnung
diefer Spiele dur Ludi von dem Namen ihrer Erfinder berleiteten, Dion.
Salic. Ant. I, 2. p. 130. Sylb.); Cyrus aber verniihtete ſyſtematifch den
kriegeriſchen Geiſt des Volkes, verbot ven Lydiern dad Tragen von Waffen,
ließ file flatt in den Waffenübungen im Singen und Tanzen unterrichten
(Serob. I, 154. Suftin. I, 8.), und legte fo ven Grund zu jener unmänn-
lihen Weichlichkeit, durch welche das Volk fpäterhin verrufen war. Seine
Betriebſamkeit, beſonders im Handel, dauerte jedoch ſelbſt unter ber. perfijchen
Oberherrſchaft fort und warb bie Duelle eines Glühenden Wohlſtandes (Herod.
I, 14. 25. 51. u. f. w.). Die Sitten der Lydier waren ans dem fon
oben angedeuteten Grunde von benen ber Griechen nur wenig verfieden,
obglei fie allerdings im Ganzen auf einer viel tieferen Stufe der Kultur
flanden; wofür fon der einzige Umſtand zeugt daß ihre Töchter fi ihre
Ausflattung durch Öffentliche Preisgebung ihrer Reize verdienen Tonnten ohne
ihrem Hufe dadurch zu ſchaden (Herod. I, 93 f.); wie benn überhaupt bie
Sittlichkeit der Lydierinnen übel berüchtigt war (Strabo XI, p. 933. XIII,
p. 627.). Ihr religiöfer Eultus beſtand beſonders in ber Verehrung ber
Cybele (vgl. Herod. V, 102.), während Athen. XIV, p. 636. au vom
Cultus der Diana und Dionyf. Per. v. 842. von dem des Bachus in Lydien
ſprechen (vgl. Bernhardy zu d. St.); wenigſtens herrſchte daſelbſt ver Phallus⸗
dienſt, va ſich noch jett faſt auf allen alten Grabhügeln Lydiens rieſige
Phalli aufgerichtet finden (vgl. v. Prokeſch Denkwärb. HI. ©. 49 f. und
Hamilton Researches I. p. 145.). Künſte und Wiſſenſchaften ſcheinen unter
den Lydiern nie beſonders geblüht zu haben, da nur Handel und Verkehr es
war woruuf fie ihre Aufmerkſamkeit richteten; und in dieſer Beziehung wird
1280 XXXX
ihnen auch der erſte Gedanke von ein paar wichtigen Cinrichtungen zuge»
ſchrieben, nämlich der Gründung von Baflhöfen und des Gebrauchs von ge⸗
prägtem Gelde (Herod. I, 94.). — Die wichtigern Städte des Landes
waren (außer den ©. 230. aufgezählten ioniſchen Pflanzſtädten an ber Küfte)
folgende. Ortſchaften des innern Landes: a) in ber wefllihern Hälfte in ber
Richtung von NR. nah ©.: Thyatira am Fl. Lycus, Apollonia, an der Grenze
von Moflen (vgl. Bd. I. ©. 623., vielleicht die Ruinen bei Quelembo
oder Ielömböh,, vgl. Paul Lucas 3eme Voy. I. p. 135. und v. Prokeſch
Denkwürd. HI. S. 67 f.); Apollonis, etwas weſtlicher (vgl. Bb. 1. S. 625.);
Magnesia am Sipylus; Sardes, die Haupt und Reſidenzſtadt am Pactolus;
Hypaepa im Cilbianiſchen Gefllde (vgl. Bo. III. ©. 1545., wo fie für das
heut. Irepa oder Tapaja erklärt wird, während fle Andre wohl richtiger für
das heut. Birghe over Bereki Halten, vgl. Chandler c. 76. S. 362 f. und
Leake Tour in Asia min. p.256.); Metropolis u. Larissa. (&. 787, 6.) im
Cayſtriſchen Geſilde. b) in der Öflichern Hälfte, in ver Richtung von ©.
nah N.: Philadelphia und Termere, ver nördlichſte Ort Lydiens. Ueber die
kleineren Ortfchaften f. mein Handb. d. alt. Geo. H. ©. 192 ff. [LF.)]
Lydiädas (Plut. Aunadns, vgl. Schweigb. zu Polyb. T. V.p. 449.)
brachte als junger Mann die Tyrannid von Megalopolis an fi, ungefähr
244 v. Chr., nachdem er nah Pauf. VIII, 10, 6. mit Leocydes fon früher
ben Befehl über die Streitmacht feiner Vaterſtadt in einem Kriege gegen ben
fpartanifhen König Agis geführt Hatte. — Sein Streben nad ber Herr
ſchaft war nit aus gemeiner Selbſtſucht Hervorgegangen, ſondern aus ber
Usberzeugung von den Borzügen einer monarchiſchen Ütegierungsform und
aus einer nicht unebeln Ruhmbegierde. Plut. Arat. 30. PBauf. VIII, 27, 12.
Des Aratus Bemühungen, allenthalben gegen die Tyrannen im Peloponnes
aufzumiegeln, fcheinen auch ben 2. bedroht zu Haben; er Fam daher einer
ungünftigen Geflaltung feiner Berhältniffe durch Nieberlegung feiner Macht
und Vereinigung feiner Stabt mit dem Achäiſchen Bunde zuvor (Plut. am
a. O. Cleom. 6. Polyb. II, 44.), wurde aber glei darauf, im Fruͤhling
233, zum Strategen erwäßlt, fei es daß bie Achder feine Entjagung bewun⸗
derten und ebrten (Plut. am a. D.), oder daß ein Vertrag es fo beftimmte,
wie auch dem Tyrannen Ariſtomachus von Argod fpäter als er die Tyrannis
nieberlegte und dem Bunde beitrat, bie Strategenwahl zugeflddert wurde.
Blut. Arat. 35. — Seiner Leitung der Bundesverhältniffe.wirkte Aratus jo
viel er konnte entgegen, vergeblich aber ſuchte er den 2. ganz in den Hintergrund
zu flellen; derſelbe wurde, wechſelnd mit Aratus, im I. 231, 229 zum
Strategen ermählt. Da jedoch Aratus dur Erinnerung an bie frühere Ty⸗
rannis bes 2%. die Verdächtigung fortfehte, fanden die Klagen des 2. gegen
Aratus wegen offenbarer Pflitverlehung jo wenig Beachtung daß Bei der
nächſten Strategenwahl Aratus über feinen Gegner flegte, 226 v. Chr. Blut.
Arat. 30. 35. In biefem Jahre brach der lacedämoniſche König Cleomenes
. in das Gebiet von Megaloyolid ein. Der Strateg Aratus ellte zum Schute
ber Stadt herbei; da er aber trotz der Kampfluft der Achäer und eined ſchon
gewonnenen Vortheils feiner leichten Truppen zu einem allgemeinen Angriff
ih nicht bewegen ließ, fprengte 2., ver Befchlähaber ver Reiterei, ohne
Befehl des Strategen gegen den rechten Zügel des Feindes an und brängte
ihn zurück, gerieth aber in ver Verfolgung auf ungünftigen Boben; da Aratus
feine Hilfe Ieiflete wurben 8. und ein Theil feiner Reiler niebergebauen, bie
übrigen flohen zu ben Schwerbewaffneten zurüd, wodurch eine Berwirrung
entfland die eine ſchwere Nieberlage zur Folge hatte. Cleomenes ehrte den
tapfern 2., indem er feine Leiche mit Purpur und Kranz fihmädte und bis
an bie Thore von Megalopolis geleiten ließ. Gegen Aratus wurde allge-
meine Erbitterung Iaut und ihm vorgeworfen ben ihm verhaßten L. abſichtlich
Lydias — Lydus 1281
Preis gegeben zu haben. Blut. Arat. 37. Cleom. 6. Polyb. II, 51. cf.
Pauſ. VII, 27, 15. I[F. .
Lydias (Avöins, Herob. VII, 127., Avdias, Gurip. Bacch. 565. Scyl.
p. 26. ®tol. II, 13, 15.) ober Ludias (Aovöiag, Strabe VII, p. 330.),
ein Fluß Macedoniens der nad Strabo aus bem (von einem Nebenarme des
Artus gebildeten?) See bei Pella Hervorfließt und von dieſer Stat an 120
Stab. weit bis zur Küfte ſchiffbar if. Herodot am a. D. nimmt eine Verei⸗
nigung beffelben mit dem Haliagemon (j. Judjekara oder Viſtritza) an, wäh-
rend bie andern Schrififteller richtiger jedem biefer Flüffe feine eigene Mündung
geben und den Lydias fich etwas öfllicher,- aljo weiter nad ber Mündung
bes Axius Hin, in den Thermäiſchen Meerb. fich ergießen laſſen. Es ifi
böhft wahrſch. derſelbe Fluß weldgen Arrian Anab. I, 5,5. in feinem höhern
Raufe durch Cordäa den Eopdaixos morauog nennt, und ber heut. Karadımak
oder Mavroneri, der fih mit dem Fluſſe von Moglena ober Karadia verei-
nigt. Bgl. Leake Trav. in North. Greece HI. p. 270. [F.]
Lydus, mit feinem vollfländigen Namen Ioannes Laurentius
Lydus, geb. 490 n. Chr. zu Philadelphia in Lydien (daher der Name
Lydus, unter dem er jet am befannteften ifl) von vermögenden und ange-
ebenen @ltern, kam ſchon 511 nad Gonflantinopel, wo er feine Laufbahn
m Dienſte des Kalfers begann und dabei aud ‚mit wiflenfchaftligen Stubien
Ih beſchäftigte. Unter Anaſtafius und Juſtinian ſehen mir ihn in amtlicher
Würde und Stellung, er befleivete insbeſondere das einträglide Amt eines
sornicularius (ſ. 8b. IH. S. 709.), kam aber 551 um ben Genuß viefer
Bortbeile und erhielt 552 feinen Abſchied (f. das Nähere bei Hafe Comment.
le Jo. Lyd. $. 2. 3.). Wie weit er noch von biefer Zeit an gelebt, wifien
vir nit; jedenfalls fällt in dieſe Zeit des Rüdtritts die Ubfafjung der no
sorhandenen Schriften: in bie frühere Periode fallen bie verlorne Lob⸗
ede auf Botifus und den Kaifer Juftinian, der ihn auch auffordern ließ
te Geſchichte des früheren, im I. 533 geenbeten Kriegs mit ben Perfern zu
chreiben, ohne daß wir jedoch wiſſen ob Lydus dieſer Aufforberung wirklich
folge geleiſtet Bat (ſ. Safe $. 4.). Wenigſtens if davon durchaus keine
Spur vorhanden, da wir nur die drei, auch von Photius (Bibl. Cod. 180.
gl. Suld. s. v.) noch gefannten Schriften, und auch dieſe nicht ganz voll»
tändig mehr beflgen. Denn die Schrift mepi unsor, in welcher 2. bie im
aufe bed Jahres eintretenden Feſttage mit Ungabe des Grundes unb ber
Irt ihrer Beier von den älteſten Zeiten an aus vielen griechiſchen und
ömifchen, jegt meiſt verloren älteren Autoren gefchilvertzhatte, iſt nur
ı Auszügen auf und gefommen, welche Nic. Schom (Leipzig 1794. 8.)
nd W. Möther (mit einem Sommentar, Darmſtadt 1827. 8.) Herausgegeben
aben; für die Kunde der Mythologie und der Antiquitäten bietet die Schrift
andhes Werthuolle, obwohl es bei dem Mangel einer forgfältigen Kritik
on Seiten des Lydus, mit Vorfiht zu benutzen if. Eine no größere
lufmerkſamkeit verdient die Schrift über die Magifirate des alten Roms:
epi apyr rüc Poueaiwor roAteiag, lange Zeit für verlosen erachtet, bis
n 3. 1784 in ber Bibliothek des Fürften Conſtantin Diosufl eine (jetzt zu Paris
efindliche) Handſchrift des zehnten Jahrhunderts entdeckt wurde, nach welcher
. B. Safe eine Ausgabe veranflaltete zu Parts 1812. 8.; ſ. 3. D. Buß
ji C. B. Hase Epistola etc., Bonn. 1821. 8. und Reuvens Collect. Litt.
2eid. 1818. 8.) c. IV. p. 20 ff. Auch dieſe Schrift if meiſt aus älteren,
rößtentheils verlornen Quellen zufammengetsagen und gewinnt eben dadurch
ne größere Bebeutung, inbem fie mande feltene, unbekannte und bad) beach⸗
nöwerthe Notiz über die älteren Magiftrate Roms enthält; doch wirh man
5 aud Hier vor einer gewiſſen Ueberfpägung, wie fle zum Theil in neuefter
Bauly, Real-Eucyeiep. IV. 8
⸗
1282 Lygaämis
Zeit ven Angaben des 2. zu Theil geworben ift, wohl zu hüten haben, da
Mangel an Kritik und an gefundem Uriheil, Einfeitigkeit und Befangenbeit
des Blicks, Beſchränktheit des Geifles, vie auf äußere unb minder bedeu⸗
tende Dinge Werth Iegt während fie das wahrhaft Wichtige, wad das Weſen
eined Amtes ausmachte, überfleht, überall hervoriritt und auf die ganze Dar⸗
ſtellung einen Einfluß ausgeübt bat, ver und zur Genäge zeigt wie wenig
diefer Byzantiniſche Staatäbeamte fähig war das Weſen ber altrömifgen
Inſtitutionen richtig zu würdigen (f. H. E. Dirkfen, Berm. Schriften, Berlin
1841. 8. 1. ©. 50—77.*). Die dritte Schrift mepi dıoomueior, von welcher
früher au nur einige Bruchſtücke bekannt waren, iſt jet aus berfelben
Handſchrift ebenfalls von C. B. Hafe zu Paris 1823. 8. przaußgegeben
worden; fle handelt von den Zeichen am Himmel und flellt aus Älteren,
etruriſch⸗ römiſchen Quellen, unter denen namentlich die verlorenen Schriften
des Nigivius, Claudius Tuscus und Labeo, wie die Bücher des etrurifchen
Tages erfheinen, die Lehre von der Wiffenfchaft der Auguren zufanımen,
wobei von Sonne und Mond und deren Lauf am Himmel, von Donner und
Blitz, Erdbeben u. dgl. gehandelt, au ein Kalender, der ſich auf bie Cin⸗
wirfungen und Folgen des Donners an jedem einzelnen Tage bezieht (c. 27 ff.),
eingefalter If. Im Uebrigen gilt von der Schrift daſſelbe was von den
beiden übrigen Schriften; wir befigen jet eine Geſammtausgabe berfelben
in der Sammlung der Byzantiner (ex recognit. Imman. Bekkeri, Bonn.
1837. 8.), in welcher auch Haſe's Commentarius de Lydo ejusque scriptis
aus der Parifer Ausgabe aufgenommen ift. Vgl. auch noch Fabric. Bibl. Gr.
IV. p. 155 ff. [B.]
Ly is, 1) Anführer der Trerer bei ihren @infällen in Lydien;
fle eroberten Sardes, brangen dann gegen die ioniſchen Eolonien vor und
bedrohten das Heiligthum der Artemis in Cpheſus mit Plünverung. Aber
eine Niederlage melde der thätigen Hilfe der Artemis zugefchrieben wurde
(Kallimach. hymn. in Dian. 252 ff.) warf fle von. dort zurüd in bie killki⸗
fen Gebirge wo Lygd. mit feiner ganzen Schaar umfam. Strabo IH. p. 61.
—106. Plut. Mar. 11. Peripl. Pont. Eux. p. 12. Heſych. v. Ayydauız.
@uftath. zur Odyss. I, p. 397, 12. Ariſtot. Pol. V, 5, 1. [W.T.
2) Tyrann von Narod. Er flammte aus adeligem Geſchlechte, nahm
aber in ven Parteikämpfen zwifchen ben Oligarchen und dem Volke die Partei
bes letztern und flegte. Ariflot. Pol. V, 5. Athen. VITI,4O.p. 348. Bolyän.
I, 23, 2. Dadurch gewann er Mittel und Mannſchaft zur Unterflügung der
dritten Ufurpation des Piflftratus, Herod. I, 61. Zur Belohnung verfchaffte
ihm Pifiſtratus (um 540 v. Ehr.) die Tyrannis auf Naxos, indem er die
Gegner durch Waffengewalt übermand; auch übergab er ihm zur Bewachung
biejenigen Athener, die er als Geißeln genommen hatte. Herod. 1,64. Um
332 v. Ghr. war Lygd. dem Polycrates zur Tyrannis über Samos be-
hilflich. Polyän. I, 23, 2. — Unter den Tyrannen welche von den Lacebä>
moniern geflürzt wurden, wird auch Lygd. genannt (vielleit 525 v. Ghr.,
bei dem Zuge ber Lacedämonier gegen Polyerates); einer Befanbtfaft ber-
felben Hatte er früher kein Gehör gegeben. Plut. apophth. Lac. 64. —
3) Vater der Artemifle I. (Bd. I. ©. 842.). Herod. VII, 99. Bauf. II,
11, 3. — 4) Enfel verfelben von ihrem Sohne Pifinvelis, ſ. Bb. IM.
©. 1242. 1243. [K.)
3) aus Syrafud, Olympionike im Pankration, welcher DI. 83 flegte. Nach
feinem Fuße gemefien betrug die Länge des Stadium zu Olympia nur 600 F., ba e
nad dem Fuße eines Menfhen von gewöhnlicher Größe 625 F. zählte, Pauſan.
* Mongez, sur le traitö de Lydus conoernant les magistratures Romaines
in Den Mem. de PAoad. des Insor. XIL p. 303-306. [ W.T.]
Lygäinus — Lyncous | 1283
7, 8, 3. Afrikan. bei @ufeb. ‘EAR. 02. p. 40. Sealig. iozop. avsay. ibid. p.
19. : Sract war ihm vor den Lautumien ein Denkmal errichtet, Pauf.
‚ec. [Kse. J
Lygädinus, ſ. Marmor.
Lygii, |. Ligii. '
Lyginus —— Fluß Thraciens im Gebiete der Triballer, drei
kagereiſen vom Iſter entfernt, alfo wahrſch. mit eigener Mündung in ven
Zontus Burinus; nur bei Arrian. Anab. I, 2, 1. IF. |
Avyodsoue, die von Weiden Umfchlungene, Beiname der Artemis,
3auf. IN, 16 extr. [W.T.]
Lymax (Avucs, Pauf. VII, 41, 2), Fluͤßchen im Südweſten Ars
ıdiens das fi bei Phigalia in den Neda ergoß. [F.]
Lyncestis (Avyanoris, Strab. VII, p. 326. ®PBtol. III, 13.), eine
u
andſchaft Macedoniens an der fübmeflliden Brenze des Landes nörbl. vom.
luſſe Erigon, bewohnt von der illyriſchen Völkerſchaft der Lyncestae (Avyy-
noras, Strab. p. 323. 326 f. Liv. XLV, 30. u. f. w.), welche früher eigene
ürften aus dem Geſchlechte ver Bakchiaden batten (Thuc. U, 99. IV, 83.
24.), welche ſich aber nach mehreren Kriegen mit den macedoniſchen Königen
erſchwägerten (Strab. p. 326.) und fo bie endliche Vereinigung ber Pro⸗
nz mit Macedonien herbeiführten. "Die alte Hauptflabt derſelben war un«
reitig der bei Thuc. IV, 83. 124. 129. 132. Liv. XXIV, 25. XXXI, 33.
tepb. Byz. p. 425. a. E. und fonft vorfommende Ort Lyncus (7 Avuyxos),
8 jpäterer Hauptort des Diſtrikts erjcheint aber bei Ptol. III, 33. Heraclea
ge. Bob. IM. S. 1130. Nr. 5.). Mebrigens wird au von Theopomp.
i Athen. II, p. 43. Orid. Met. XV, 329. (Lyncestius amnis) und Plin.
‚ 103, 106. (Lyncestis aqua) in dieſer Landſchaft einer Duelle gedacht
ven Waſſer gleid Wein berauſchte. Ueber die Urſache diefer Erfheinung
I. Seneca Qv. Nat. IH, 20. [E.]
Lymoeus, Avynevs, 1) Sohn des Aegyptos und ber Argyphia. Wähs
nd alle Übrigen Danaiden ihre Männer morben wird allein L. verfchont
tweder weil er die Hypermneſtra nicht berührt hat (Schol. zu Pind. Nem. X,
).) ober im Gegenteil weil Hyp. ihn liebgewonnen und allein unter ihren
chweſtern ſich ihm hingegeben (Schol. zu Eur. Hec. 869. zu Pind. Pyth.
200.). Sie Hilft ihm zur Flucht nah Lyrkeia, von wo er ihr mit einer
ickel das Zeichen von feiner Mettung gibt da8 fie von der Burg Lariſſe
3 erwidert (Paufan. II, 25, 4.). Danaos flellte feine Tochter vor daB
olksgericht das fie aber freifprach (vgl. Bauf. I, 19, 6. 20, 5. 21, 1.).
päter aber gab er fie dem 8. zur Frau und dieſer wurbe fein Nachfolger
Argos, Apollod. IE, 1,5. 2,1. Pauſ. IE, 16, 1. Apollon. Arg. I, 125.
oid. Her. 14. Nach Andern übte 2. an Danaos und allen Schweſtern
: Sup. Blutrache, Schol. zu Eur. Hec. 869. vgl. Servo. zu Birg. Aen.
497. Au nah Archilochos (ſ. Malal. Chron. IV, in.) eroberte 2.
von und Tochter bed Danass In offenem Kampfe (molsurons zo Aura
5tov Eporevae nal ölaße 7» Banıksiar ai ıny Hvyareoa avrov). Hyp.
sar ihm den Abas. Lynk. und Hyp. Hatten ihre Grabmal in Argos uns
it des Altares des Zeus Phyrios (Pauf. IE, 21, 2.), au dafelbfi ein
neinfames SHeiligthum (Hygin. fab. 168.). Die Argeier flifteten vie Bil
: Beider nah Delphi, Pauf. X, 10, 2. — 2) ©. des Aphareus, "Bruder
Idas, |. S. 57f. Zu ſprüchwörtlicher Berühmtheit iſt 8. gelangt durch
Schärfe feines Gefichts, wonach er z. B. durch die Erbe hindurch habe
en können, was man auf Anlegen von Metallgruben bezieht, f. Plin. II,
. VII, 21. Hygin. fab. 14. Val. Mar. I, 8, 14 extr. Bal. ZI. I, 462 ff.
rt. Ep. I, 1, 28. Sat. I, 2, 90. Cic. ad Fam. IX, 2. Appulej. Met.
p. 101. Lucian. Hermotim. c. 20. Pind. Nem. X, 115. Orph. Argon.
-
d
4
x
\ Monumenti I. p. 31. zu Nr. 39. Cine Abbildung biefe® dreieckigen und
dreiſaitigen ägypt. Infiruments bei Kircher Oedip. Acaıpt. T. I, c. 13.
Amphion
1284 | Lyneus — Lyra
182, vgl. Lynx. — 3) ©. des Theſtiss, Thellnehmer bei bee kalydoniſchen
Jagd, von Melenger getötet, Hygin. fab. 173 f. — 4) Begleiter bed Aeneas,
von Turnus getödtet, Virg. Aen. IX, 768. .T]-
5) Aus Samos, bes Hiſtorikers Duris Bruder und Ten Shü-
ler, Grammatiker und Komiker und in Iegterer Hinfiht Menander'd Nebenbuh⸗
ler (Athen. VIII, p. 337..D. Suid.), ſchrieb Ayvmuaxa, Athen. IV, p. 190. B.
'Arournuovevuara, 1d. VE, p. 248. D. X, p. 434. D. XII, p. 583. F.
'Anogdtyuare, Id. VI, p. 245. A:D. 248.D. VIH, 337.D. 'Enorolai
(denrnrxei, Id. IV, 128. A.), woraus zahlreihe Notizen bei Athenäus,
vgl. Plut. Demetr. 27., eine .Romöbie Kerravoos, Id. IV, p. 131. F.,
vgl. DMeinefe com. gr. fragm. I. p. 458. mepi Meraröpov, Athen. VI, p.
242. B. (2te8 Buch), zayn owornzıun, Id. VI, p. 228.C. VII, p. 313. F.
Bol. G. J. Vofſ. d. hist. gr. 1,15, p. 134. Clinton fast. hell. III, p. 196. [West.]
6) Zeitgenoffe des Propertius welcher gegen ihn fich eiferfüchtig anflellt,
EL. U, 34, 9ff. L. ipse meus seros insanit amores, ib. 25. Leber feine
philoſophiſche Bildung ib. 27—30. Si ff. Er war felbf auch Dichter und
zwar ſcheint er den erflen Zug gegen Theben in einer Tragödie behandelt zu
haben, ib. 399—42. Prop. forbert ihn auf, Liebeselegien zu dichten, ib.
43 ff. Leber feine Perfon und ob 2. fein wahrer Name war iſt nichts bes
fannt; Ponticus aber ift e8 nicht, ſ. Herkberg’s Propert. I. p. 20. [W.T.)
Lymeus, 1) König von Scythien (Sicilien, Hyg. F. 259.), nahm den
Triptolemus melden Ceres zur Ausbreitung des Betreives audgefandt hatte,
freundlich auf, gedachte ihn aber zu ermorden um den Ruhm der Erfindung
fie „gusnelgnen; daher verwandelte ihn Ceres in einen Luchs, Servo. in Aen.
I, 923. Op. Metam. V, 650. — 2) f. Lyncestis. [W.}
Lynx, Avys, Luchs, vantherartiges Thier mit geflediem Welle (vgl.
Virg. Aen. I, 327.), im Alterthum berühmt theil® wegen feines ſcharfen
Geſichts (Plin. XXVIII, 8, 32.; damit fteht wohl aud in Berbindung der
Name Lynceus, ſ. d.) theils als Zugthiere vor dem Wagen des Diennfos
(Birg. Ge. II, 264. und dazu Voß. Hor. Od. II, 13, 40. Ovib. Met. II,
668. IV, 25. Propert. III, 17,8. Perf. I, 101.), bet Sor. Od. IV, 6, 33.
au) der Artemis. Bei Hor. beißen fie fugaces und timidi, bei Stat. Ach.
II, 406. imbelles. Ihre Heimath iſt Indien und Aethiopien, in Europa ber
Norden, |. Zenoph. venat. 11. Kallim. h. in Dian. 89. vgl. Birg. Bel.
8, 3. mit Voß's Anm. [W.T.]
Lynzamatae (Avysaucre:, Ptol. IV, 6.), eine Volkerſchaft im In⸗
nern Libyens nörblih vom Fl. Gir und dem Lacus Chelonides, mit ber
Sauptfladt Lynxama —— ibid.); etwa im Offen des heutigen Son⸗
dan, in Borgu und Dar Salei zu ſuchen, wenn wir nämlich den Gir für
Pi F rn Ghazal und den Chelonides 2. für den Tittre-Gee zu halten
aben.
Lyra, das häufigft genannte muſikaliſche Saiteninftrument ber Griechen
und Mömer, dur deſſen Nennung eben darum mandmal and überhaupt
ber Ton ber Saiten im Gegenſatze von avAo;, mehr oder weniger unter
dem Nebenbegriffe ver Bereinigung der Stimme mit den Klängen, ſelbſt ohne
Räackficht auf ein befonderes Saiteninſtrument bezeichnet wird (fo 3. B. fehr
häufig bei Pindar), iſt nach der mythologiſchen Tradition eine Erfindung bes
GSottes Hermes. Aegypten erkannte nämlih in feinem Thoth⸗Hermes den
Erfinder der Lyra, welche derſelbe finnreih ans einer am Nilufer liegenden
und beim Antreten tönenden Schilofrötenfäänle bildete; f. Eufeb. Praep. Er.
I, p. 29. und bilbl. Darftellungen in Betreff dieſes Fundes bei Winkelmann
d. 426. Der griechiſche Hermes welcher feinem innigften Verehrer
es
\ Lyıa Ä 1285
ms Theben (vgl. Unger Theban. Paradozxa I, 36.) eine wunderbare Kunft
ver Byra ſchenkte (Panf. IX, 5. Hor. Od. IH, 2, 1. ff.), erfand biefes In⸗
Arument, wie ſchon der homeridiſche Hymnus auf Hermes 8.51 ff. erzählt,
bei Belegenheit feines an Apollo verübten Rinderdiebſtahls in Arcadien, dem
Schildkroͤtenlande (Pauſ. VII, 17, 4. 23, 6. 54, 5.), trat daſſelbe jedoch
an den entzücten Apollo ab, woraus die Verwirrung entflanden zu feyn
Meint, wenn nicht blos die Erfindung ſondern auch die Vervollkommnung
ber Lyra andern helleniſchen Sagen gemäß nur dem einen Apollo vinbicirt
wird (Unger Theb. Par. I. passim, bei. p. 474. 492 f.); zwei Ertreme
veren Mitte angebentet Fit wenn Pauſ. V, p. 126. von einem Altar ſpricht,
welcher dem Apollo und Hermes gemeinfchaftlich geweſen ſey well diefer die
Lyra, jener die Kitbara erfunden habe, und wenn es heißt Apollo Habe vie
von Hermes erfundene Lyra zuerſt vortreffli zu fpielen gewußt, Diod. HI.
39. — Schon die Lyra des hellen. Hermes joll nad) dem Homeriden fließen
Saiten gehabt haben, während des ägypt. Thot⸗Hermes Erfindung nur drei⸗
faitig war. Doch verliert die hellen. Sage deshalb an Kraft, weil na
zahlreichen Notizen eben dieſe Vermehrung der Saiten bis auf fleben au
Andern und zwar Menſchen ver fpäteren Zeit beigelegt wird. Wir geben
bie alten Nachrichten über biefe Entwicklung möglisft chronologiſch und in
Beziehung auf alle Satteninfirmente in Furzer Ueberfidt. Sieben Saiten
hatte au die Lyra welche Orpheus, der zuerft dazu fang (Plut. de Mus.
1132.) und ganz zauberiſch wirkte (Hor. Od. I, 12. A. poet. 391. Orb.
Argg. 264. 1272. Apoll. Rhod. IV, 904. Ovid. Met. X, in.), von Apollo
ſelbſt erhielt; verfelbe vermehrte fie aber bis auf neun, Eratoflh. Catast. 24.,
obgleich viele Stellen der Alten ver Orphiſchen Leier nur fieben Saiten laſ⸗
fen, Virg. Aen. VI, 645. Auch Linus, bald Schüler Bald Lehrer des Orpheus
genannt, erhielt feine Lyra von Apollo, und der Gott nahm eine Bervoll-
fommnung dieſes Geſchenkes fo übel daß er den Linus beshat6 tödtete (Eu-
Rath..zu Som. H. XVIII, p. 1163. Rom.). Dieſer Hatte nämlich die drei
Zmwirnfaiten (Cenforin. c. 12.) der von Apollo erhaltenen Lyra mit fihöner
Elingenden Darmfatten vertaufcht. Auch des Muſäus Lyra Hatte fleben Sat»
ten (Caſſiod. Varr. II, 40.). Nach Plin. H. N. VII, 56. ermeiterte Am-
pbion die Kithara von vier Saiten auf fieben. Die bei Homer erwähnte
Raute muß nah Hymn. in Merc. 51. fiebenfattig gedacht werben (mie noch
dei Horaz Carm. III, 11.), wobei die Saiten ausdrücklich Darmfalten genannt
ind, Odyss. XXI, 8. Choröbus der Sohn eines lydiſchen Königs Athys
ügte der vor Ihm nur mit vier Saiten bezogenen Kithara eine fünfte bei,
Boeth. de Mus. I, 20. Hyagnis fügte die ſechſste bei, Boeth. 1. 1. 1, 2
Terpandros, Zeitgenofie des Lycurgus, fol die Lyra, welche um jene Zeit
ur vier Saiten hatte, mit drei meiteren vermehrt haben, Strabo XTII, 425.
Fuclid. introd. harm. p. 19. Meib., was Forkel fo nimmt daß Terpanbeos
tefe Neuerung in Sparta eingeführt habe, mo er deshalb auch jur Reben»
haft gezogen wurbe (Marm. Oxon. Ep. 35.), während die übrige Hellad
Kon längſt darüber hinweg war; Marpurg aber nimmt die Nachricht fo, .
aß man nicht fleben Saiten’ fondern nur ſieben Töne verliehen mäfie. Daß
n Bezug auf Terpandros Irrthümliches unterlief if gewiß. Dem auf der
inen Seite fol ihm die Erfindung der Oktave zukommen welche ſich bei der
Finrichtung der älteren griechiſchen Inftrumente nur auf fieben Saiten aus⸗
ühren ließ; auf ber andern Seite dagegen wirb ihm bee mit lydiſcher Muſik
ehr bekannt war, dennoch die Künftlicgkeit und Vielſaitigkeit fo beflimmt
bgeſprochen, daß er nach Plutar de mus. 18, 1187. A. und B. ein in
taum und Saiten fehr beſchränktes Inftrument (oreroywgie nat OAıyoyopdi«)
nd zwar fogar nur ein Trichordon gehabt Haben fol. Ueberdieß (Plut. 1. 1.
140. F.) Iegte man dem Terpandros die doriſche vrzn, d. 5. bie unterfie,
1286 Lyra
bei und höchſte Satte des älteften Trichords bei, indem ſich die früheren
Mufiter au diefer Saiten nicht bevient hätten. — Ein fonft nicht bekannter
Schüler des Terpandros fol nah Plutarh die Form ber Kithara verändert
und fie die aflatifde genannt haben. Die Kithara war auch das Inftrument
‚ bed Arion, während Alkäos und Sappho die Lyra behandelten und insbe»
fondere Sappho das Plektron und die Pektis erfunden und mit beionderer
Vorliebe das Barbiton gefpielt haben fol, Athen. XIV, 9. Nah Suidas
vermehrte Simonided die Lyra mit der dritten Saite, nah Plin. VII, 56.
mit der achten; die neunte fügte Timotheus (geb. 446 v. Chr.) hinzu, wäh⸗
rend Baufan. III, 12, 10. diefem Künftler die Vermehrung der Saiten bis
auf zwölf aneignet; Suidas dagegen ehrt daß Timotheus das vorher mit
fleben oder neun Saiten bezogene Inftrument mit zweien vermehrt habe. Als
Timotheus auf diefem Inflrumente bei den Karneen zu Sparta um den Preis
ftreiten wollte, näherte fi$ einer der Ephoren mit einem Mefler und befahl
ihm die Saiten über fieben abzufchneiden (Plut. Instt. Lacc. p. 238.); ja Zi-
motheus wurde aus der Stadt verwiefen, Boeth. de Mus. c. 1. Plut. de
Mus. p. 1141. Nah Nicomahus bat Theophraſtus aus Pieria die Lyra
des Hermes mit der neunten Saite vermehrt. Nach Athenäus fpielte Aleran-
dros aus Alexandria beſonders vorzüglih das Trigonon und Alexandros
aus Cythera vervollfommnete das Pijalterion, welches er fo wie die Harfe
mit mehreren Saiten bezog. Die Erfindung des fon bei Sappho und Al-
“ 7808 vorkommenden Barbiton wird namentlih auch dem fpäteren Anacreon
zugefchrieben. Epigonus erfand dad nach ihm benannte Epigonium, Bollur
IV, 9. Die Sambuca erfand Ibykos. Lyſander aus Sikyon veränderte die
einfache Infirumentalbegleitung beim Gefang In eine Tünfllidere und erfand
das Inflrument Magadis. Simmicus ſchuf ein mit 35 Saiten bezogenes
Inſtrument, welches nad feinem Namen Simmicium genannt wurbe, eine
Erfindung welde Plutard dem Pythoklides zuſchreibt. — Die vier Saiten
der früheften Lyra waren nah Boethius fo gefpannt, daB die erfle mit der
zweiten und bie dritte mit der vierten eine Quarte, bie erſte mit ber britten
und die zweite mit ver vierten eine Duinte, die beiden mittelſten aber eine
Secunde und die beiden äußerſten eine Octave unter ſich machten, nad fol
gendem Schema (mit den Namen unferer Tonbezeichnung):
e hoͤchſte Saite,
h die beiden mittleren Saiten,
e bie tieffte Saite.
Begen diefe Erklärung des Boethius fpricht aber die Bemerkung des viel
älteren Nikomachus, wonach bis zur Zeit des Pythagoras noch Feine Quinte
auf der Leier audgevrüdt warb. Die vierfaitige Lyra gab eine Zonleiter,
welche ebendeshalb von den Griechen Vierſaiter oder Tetrachordon genannt
wurde. Die flebenfattige Lyra hatte dagegen zwei Tonleitern, welde, nad
ber Orbnung unferer Intervallen betrachtet, aljo verbunden waren:
7. mm e
6. napasıın A| Die Höhere Tonleiter, melde aus dem Umfang einer
d. nagauson € Quinte befland
4. uson a
2 —R © Die tiefere Tonleiter, welche aus dem Umfang einer
( zagvmaem _ Duarte beftand.
. N
Wenn nämlich zwei folder Tetrachorde aufeinander folgten, fo Bingen fie
entweder durch einen gewiffen mittleren Ton, welcher der höchſte des tieferen
Tetrachords und der tieffte Ton des höheren Tetrachords mar, zufammen (ver⸗
bundene Tetrachorde), oder fie hingen nicht miteinander zufammen (umver-
Lyra 00.4287
bundene Tetrachorde). Ein Beifpiel von zwei verbundenen Tetrachorden iſt
das eben mitgetbeilte; das erfte Beifpiel ver unverbundenen Tetrachorde gab
nach Nikomachus zuerſt Pythagoras, deſſen Lyra -den Umfang von acht Tönen
hatte, welche man Octochordon Pythagorä nannte. Pythagoras ſchob näm⸗
lich zwiſchen der ueon und napauson des vorhin gegebenen Schemas einen
achten Ton ein, der von ueon einen ganzen Ton und von rapaueon einen
halben Ton abfland und rapauson genannt wurde, indem man der napauson
bes biäherigen Heptachords den Namen zoizn gab. Alſo:
8. 777m 1)
7. napasım d
6. zoien 1 bad oberſte Tetrachord.
5. rapauson h
4. ueon a
3. Ayaros 8
2. napunden f dad unterſte Tetrachord.
1. vnarn e
Die nad der Zeit bes Pythagoras anwachſende Zahl der Saiten brachte
auch neue Namen derfelben; die neuen Töne wurden nah dem Mufter der
beiden älteren Tetrachorde befländig Hinzugefügt und die daher entflandenen
neuen Tetrachorde mwurben ebenfalls mit ben vorigen bald verbunden Halo
nicht, die neuen Tetrachorde aber zuförberfi unten angefeht. Das Nähere
j. im Art. Musica. — Die bejaiteten Inftrumente ver Griechen und Römer
maren von zmeierlei Art: 1) ſolche welche offene Saiten hatten und auf
beiden Seiten gefpielt werden Eonnten, und 2) ſolche deren Saiten auf einem
hohlen Körper befefligt waren, alfo nur auf @iner Seite berührt werben
konnten, welde® offenbar bei der allerälteften testudo der Fall war. Um
bei den Inftrumenten ber erſten Art nicht allein ben Ton der Saiten: flärfer
uind voller zu machen, fondern auch bei einigen Battungen berfelben durch
‚a8 Auffegen der Singer, fo wie bei unfern Geigen, die Saiten zu verfürzen
ınd fle mehrer Töne fähig zu machen, bebiente man ſich eined Reſonanz⸗
odens (nxeior), den man beim Spiele in den Rahmen einſchob. Zu biefer
rften Art von Inftrumenten, die mit dem allgemeinen Namen Lyra bezeichnet
vurden und unter fih nur dur Figur, Größe und Anzahl der Saiten
verfhlenen waren, gehören: I. Die Lyra im engeren Sinne des Worted
ind in ihrer fpäteren vollfommeneren Form und Entwidlung. Denn das⸗
enige Inftrument, welches Hermes aus der Schildkrötenſchale bildete, ge⸗
örte gewiß zu den Saiteninflrumenten der zweiten Art. Die vollfommen
usgebildete Lyra der Hiftorifchen Zeit, von welcher als zur erften Gattung
ebörig Hier die Rede iſt, war aber folgendermaßen befchaffen. Ihren hauptſäch⸗
‚hen Körper bildeten die. einander gegenüberſtehenden mafflven Seiten, melde
ben in ver Richtung von Hörnern auseinander fanden und au Hörner
xepaza) genannt wurden, nad unten aber gebogen fich wechfelfeitig begeg⸗
eten und vereinigten, deshalb ayxores genannt; die Mitte dieſer zwei Sei⸗
m zwifchen dem oberen und unteren Ende hieß nyyvs over im Plural uıjxews,
wifchen welchen oben und unten die xaAauoı ober doranes, arundines, als
ebracht wurden und oben Luro» oder Zuyaur, jugum, unten aber UnoAv-
ıov Ober wayes und uayadıor genannt wurben.-. Im ünoAvg.or waren bie
satten völlig befefligt, im Zuyaux waren file um xoAdlones oder xoAAaßor,
Birbel, angefnüpft, durch welche man fie vermittelft des yop6öozoror, Stimm⸗
blüffel, ſpannte. An vie Schilofrötenfchale erinnerte der unterfle Theil oder
oden der Lyra, welder rund war, fo daß diefelbe nicht aufrecht geftellt,
ndern beim Spielen zwiſchen ben Knien gehalten werden mußte. Testudo
ver znAvc (Unthol, Pal. VII, 23. u. 24.) ift alfo nicht blos die ganz alte”
yra und eine Species dieſes Inftruments, ſondern auch der unterfle Theil
n
1288 ' | Lyra
berfelben in feiner vollfemmeneren Ausbildung. Die peryenbicular herunter⸗
gehenden Saiten nahmen alfo nicht die ganze Länge des Inflrumentes eim,
fondern es wurde etwa noch ein Dritttheil Raum gelafien, der zum Reſo⸗
nanzboben diente. Bon dieſer Lara IR die I. Kithara (Ulcman freg.
14, p. 31. Weld. u. Anthol. Val. VIL 29.) wefentlih in Nichts unterſchie⸗
den, als daß viefe einen gewöhnlich ehernen Fuß Hatte, auf weldem fie
zugleih als ihrem Refonanzboben Gekane) ruhte *, fie Eonnte alſo ſtehend
gefpielt werben und if ſonach die Borläuferin unferer Harfe, während bie
Lyra unfere Laute vermittelt. Wie auf der Lyra welde ſich entſchieden an
ben Befang anſchloß, fo war au auf der Kithara bie fi mehr zur Muſik
ohne Geſang eignete die Anzahl der Saiten verfäienen, und beide Inſtru⸗
mente wurden in den älteften Zeiten nicht unmittelbar mit den Fingern, ſon⸗
dern befonderd um den Ton zu flärken mit einem Werkzeuge gefpielt, das
man Schlagfeder nennen kann und von den Griechen deu auch bei ben Rö⸗
mern geltenden Namen mAzaroor (Perizon. zu Ael. V. H. II, 32.) erhielt;
dünn und Tlein wurde baflelbe gewöhnlich aus feinem Holze oder auch aus
Elfenbein gemacht, von dem Muſiker aber mit ver redten.KHand gehalten. Erſt
fpäter kam durch Epigonus (Athen. IV, 25. PBollur Onom. IV, 9, 59.)
das Spiel mit den Fingern felbf auf, nachdem vorher, wie Plutarch erzäßlt,
bie am Alten hängenden Lacedämonier einem Lyriſten für biefe Neuerung eine
Geloftrafe auferlegt Hatten. Aus alten Monumenten und aus einigen Stellen
der Schriftſteller —* man übrigens daß gewiſſe Lyren auch mit zwei Han⸗
den gefvielt wurden; man riß nämli die Saiten mit den Fingern ber linken
Hand (intus canere) und flug fie zugleich durch das Plektrum mit ber
rechten Hand (foris canere) **. Daß übrigens wie gejagt fein wefentlicher
generifher Unterſchied zwiſchen Lyra und Kithara flattfanb ***, fieht man
bon aus Homer, bei welchem beide Inftrumente In gleiher Beflimmung und
Weite alfo genannt werben, daß man im Hymnus auf den Hermes fogar
den Ausdrud Avoy nıdagilar trifft, während in der Ilias XVII, 570. der
Ausdrud Yogmpyı nıömgilev. vorkommt. Dennod Kat man zu bemerken,
daß III. die 200 uıy$ (Suidas: udupa 7 zo wuoıg Pegoussn Popuy:)
nicht ſowohl Lyra ald Kithara war. Daß Homer dad Spiel auf berjelben
als unwAenıor nıdapilers bezeichnet und daß ausdrücklich erwähnt mirb, ber
Sänger habe diefelbe mit einem über den Müden Laufenden Bande an ib
gehalten, deutet jedenfall! an daß die Phorminr, über deren Gaitenzafl
nichts Beſtimmtes bekannt iſt, ein nicht ſchweres oder gar ſchwerfaäͤlliges In-
ſtrument war. Nichtsdeſtoweniger war daſſelbe, wie der Charakter der be
treffenden homeriſchen und pindarifchen Stellen zeigt, ein ernſtes und wür⸗
diges und wurde ebenfalls mit dem Pleftron behandelt. Wie aber bie Nhor⸗
minx entſchieden zur Species Kiihara gehörte, fo umgefehrt IV. zur Species
Lyra das Inftrument welches, am melften aus Anafreon (vgl. Critiae free.
ed. Bach. p.50. Anthol. Pal. VII, 25,10.) und Horaz befannt, Barbitos
* Die Abbildungen In Panofka’s Bilbern antiken Lebens, If. IV, 6.8. (vgl. Xigchbein
Colleetion I, 24. III, 7. IV, 3.) verglihen mit den Lyren ib. 1. 2. 5. (m. i
H, 12.) und dem Barbiton, ib. 3. 7., zeigen daß die Kithara wicht nur ſchwerer
war wm s fondern auch in Form und Einrichtung von ihnen mehrfach abs
wid. -T.
*’ Bol. die Abbildung bed Wettſtreits anf dem Barbiton zwifchen Alkaus umb
Sappho auf der Bafe In Panofla’s Bildern ant. Leb. Taf. IV. 7. u. bie Wilder im
Xifcybein’® Collection of engravingse Sb. I. Tf. 80. IH. 5. [W.T.
“.. Bun mau auf die Gattungen ber Poeſte fieht, fo ſchließt ich bie Byra ber
Igrifhen (melifhen) an, bie Kithara aber mehr dem Epos; baber denn auch Wis
Sisharbbifche Erik, f. Wobe Geſch. d. griech, Dichtte. I, 362.
Lyra 1289
gen. comm.) unb Barbiton * genannt wurbe und mei aus Cifenbein
jefertigt mar **. Das Barbiton gehörte alfo zu jenen Eunftreideren Ton⸗
verfzeugen, welche Plato de legg. VII, 8i2. D. aus ſeinem Staate ver-
yanat wiffen will, da er nur bie gleihflimmigen Melodien billigte. Das
esbiſche (d. h. der lesbiſchen Poefie und Muſik beſonders eigene) Barbiton,
nit welchem zuerſt Terpandros (Athen. 635. D.), nach Andern aber Ana⸗
reon (Athen. 175. E.), der lydiſchen Muſik huldigend, die Griechen befannt
nachte, war aber nad Pindaros nichts Anderes als eine Nachbildung ber
ydiſchen V. Pektis (Athen. XIV, 635 B. 626 A. Pinbar. frgg. 91. p.
17. Aelian. V. H. XV, 50. Weſſel. ad Diod. II. T. p. 639.), und ebenfo
ennt Didymus bei Athen. 654 F. VI. die Magadis (Alcman frgm. 81.
3gf.) ausbrüdlich eine Erfindung der Lydier, zu welder man feine Zuflucht
ei den Griechen erfi dann nahm ald man die Symphonie und Antiphonie
ı der Muflf zu bewundern anfing, fo daß die flehenfaltige einfachere Lyra
ba® Heptachordon) nit mehr genügte. So Lange alſo die griechiſche
aute auf vier Saiten beſchränkt war, iſt deshalb buchſtäblich weder
on Barbiton, noch Pektis, Magabid, Sambyfe u. a. die Rede, welche
ah Strabo X, p. 471 C. barbarifchen Urfprungd waren und in Sparta
erboten wurden. Die Magadis welche fpielen zu können fi Anakreon
ühmte und melde Sophocles (Athen. p. 637 A. vgl. Poll. IV, 61.) zu
en füßtönenden Inflrumenten zählt, welcher ferner auch Teleſtes (Athen.
26 A.) als einer helltönenden bie fünffahe Zahl der Saiten (d. 1.5 x 4
alten) beilegt, gab den Achtklang am reinflen (Athen. 636 B. Ariſtot.
roblem. 19, 18.) und umfaßte zwei Dftaven, indem bie linke Sand bie
eferen Saiten, die rechte aber bie denſelben im Achtklange entſprechenden
dheren Saiten griff (das Plektron war alfo hier nidät anwendbar), während
n doppelter Chor im antiphonifen Gefange ven tieferen-und höheren Tö⸗
en der Magadis gleihftimmig folgte (Athen. 635 B.). Lydiſche und baktri⸗
be Iungfrauen fpielten (Athen. 1.1.) die Magadis, die ver Bildhauer Les⸗
„theniis felbi einer der Diufen in die Hände gab (Athen. 635 A.), ſogar
ı ben antiphoniſchen Klängen der Pektis, und ließen die Flöte in ven Ge⸗
ng der Ghöre gleihftimmig einfallen. Menächmos hielt vie Magapis und
‚eftis für einerlei Inflrument, deffen Erfindung er der Sappho zufchrieb.
nbere hingegen unterfchieven Beide, Athen. 636 A. u. C. vgl. Plato Rep.
I, 399 B. Jedenfalls war die Pektis, welche felbft alte Lyriker wie Ana»
eon behandelten (Athen. XI, 472 F. XIV, 646 C.), ein der Magadis, die
B. Alkman, Sappho und Binder erwähnen, fehr ähnliches Tonzeug.
dagadis, Pektis, Barbitos müflen wir alfo für Inftrumente der nämlichen
rt halten, welde ſich vielleiht nur durch Linwefentlies in Beftalt und
erzierungen von einander unterſchieden. Nah Pindar wenigſtens (Athen.
V, 635 B.) war das lesbiſche Barbiton eine das antiphoniſche Spiel moͤg⸗
h machende Nachahmung ver großen lydiſchen Pektis, und ebenfo gewiß if
daß andrerjeitd Anakreon's Barbiton namentlih in ben Tonverhältnifien
t der Magadis (die ausdrücklich Barbiton genannt wird) einerlei war und
anzig Saiten hatte, obgleid — was zugleich zeigt wie trüb im Allgemei-
® Ned) Athen. 182 E. 636 B. wurde auch Baromos u. Barmos gefagt; vol.
bo. Ariſtoph. Thesm. 144,
*. Daß Übrigens bad Barbiton nicht immer fieben Saiten hatte, beweist nicht
e When. 183. A. (Bappirovs zesxöpdous), fondern auch das Bafengemälde bei
noffa, Bilber ant. Leb. IV. 3., mo ein dreifaitiges, u. Tiſchbein Collection Sb. 1.
50., wo etw vierfaitiges, ib. IV. 38,, wo ein fechöfaltiged Barbiton ſich findet,
ws ber Lyra unterfchsidet ſich dad Barbiton nur durch ungleich größere Länge der
iten und bes Juſtraments; f. Panofea ib. 7. u, XIX, 3. Aiſchb. N 33. [W.T.]
IV.
1290 Lyra
nen bie Nachrichten bes Alterthums über unſern Gegenſtand find — Bofl-
dontus (Athen. 635 C.) der Anakreontifgen Magadis 21 Saiten zufährieb
und die Nennung von blos 20 Saiten ald eine poetiſche Abweichung in
sunder Zahl erflärte; vgl. Böckh de metr. Pind. p. 264. Wegen ihrer
Beſtimmung für das Antiphonifche Heißt Übrigens bie Magadis arzigdoyyos,
urrionaoros, artilvyos, und dad Wort uayadıleır bedeutet die gleichzeitig
Bereinigung eines höheren und eines tieferen Tones bie fi in ven Zwiſchen⸗
räumen einer Oktave entſprechen; Böckh 1. 1. 262. Wenn alfo aud eine
Flötenart Magadis erwähnt wirb (Athen. 151 D. E. 182 D. 634 E. Bollur
IV, 61. Heſych. s. v. @uftath. ad Diad. T. IV, p. 90, 11. Lips.), fo iſt dieß
eine der Magabis in Höherer und tieferer Oktave entſprechende Ind. Doppels
flöte, weldje den antiphonifhen Saitenklang harmoniſch zu begleiten pflegte
und auch kithariftiſche ober beſſer allgemein lyriſche Zlöte genannt werben
tonnte. — VII. Apollodorus Hei Athen. XIV, 636. fagt daß vorzůglich vie
uayadıs au) weaAznpıo7 genannt worben fei, wad, von wailsr abflam-
mend, Saiteninflrument überhaupt und indbefondere das vollendetfle Saiten-
inftrument recht gut bezeichnen fonnte. Es wirb aber dennoch nit unpaffend
fein, weArnoror auch als ein ganz eigenthämliches Infteument aufzuführen,
da auch das zoiywror ober der zpiymros mit verfelben Benennung „wein-
0:07“ bezeichnet wurbe (Athen. IV, 23, p. 275. und 25, p. 288.), obgleich
freilich auf der anderen Seite bie uayadıs geradezu ald roywros, breiedig,
wie unfere Harfe geſchildert wird; f. Etym. M. p. 715, 52. — VII. Dat
Trigonon (im engeren Sinne des Wortes) war übrigens na Plato Rep.
1. 1. wie die arnrig ein noAvapuorıor, und bei Porphyrlus Über Ptolem.
Harm. p. 217. heißt es, feine Saiten ſeien gleih vi aber ungleich an
Zänge geweſen, fo daß die Türzeflen an ber Spike, die längſten an ber
Bafis des Inftruments faßen. — IX. Eine fefte Unterſcheidung verdient ferner
dad ’Erıyorsıor, von feinem Erfinder dem Muflfer Cpigonos alſo benannt,
welches mit vierzig (doppelt laufenden) Saiten befpannt mar und eine dop⸗
pelte Magadis genannt werben kann, mit welcher es fonft in Allem über⸗
einſtimmte. — X. Das Zıuinıor, ebenfalls von feinem Urheber fo be
nannt, hatte 35 Saiten (Pollux IV, 59.); ebenfalls vreiedig war XL bie
Zaußenn* over ZaußvE&, sambuca, deren Namen auch eine gleiägeflal-
tete Belagerungsmafchine trug (Polyb. VIII, 6. — XII. Ein ähnlides, uns
aber nicht genauer bekanntes Inftrument, das namentlih auch Orvidius ale
füßtönend erwähnt, hieß NaßAa oder Naßias; f. Bald. Callim. p. 17.
— Die Lyra war das Organ der älteften Religionslehre (Eyra des Orpheus)
im Gegenfaß gegen die rauſchende Muſik des fpäter aufgefommenen Orgiat-
mus. Die orphifhe Lyra erfheint deshalb als tägliche Beglelterin des ſteti⸗
gen Lebens, ald Ausdruck und Serftellerin der inneren Seelenharmonie; da⸗
ber die glänzenden Sagen über bie Wunderwirkungen dieſes Inftruments,
Greuzger Symb. III, 153 fi. 197 ff. Ste iſt aber au, beſ. Hei den Dr-
phikern und Pythagoreern, Symbol aſtronomiſcher und kobmiſcher Lehren,
iyra mundana, worüber fehr gut Lobeck Aglaoph. p. 941-947. handelt,
vgl. Ereuzer Symb. II. 197 ff. III, 170. Dahin zielt wenn der Somen⸗
coloß Memnon bei Sonnenaufgang Toͤne hören läßt, die dem SHalle eine
zersifienen Lyraſaite ähnlich find, Paufan. I, 42, 2. Die vreifaitige Lyra
(mie au den Dreifuß) bezog man auf bie drei Jahreszeiten des Aleſten
Kalenders, Greuzer TI. 200. Gleichmäßig wurbe die vierfaitige auf die vier
Jahreszeiten ausgelegt und ſelbſt auf die vier Weltgegenben, Macro. Sat. 1,
19. 317. Lactant. II, 9, 9. Die fleben Saiten ber volllommeneren Lyra waren
® Etwas ganz Anderes in "Inußunn, ein Iufırnment zum Wortvag ber iamit:
fen Poefion; f. Phallis bei Hrn. 636 B. Gut, nu, Heſpch. s. v. Wei. oden S. 8 in.
Lyramnas — Lyrmesms 1291
re fliehen Planeten, Scholl. zu Arat. Phaen. 296. Ma Eratofih. Catast.
». 24. und Hygin. Poet. Astr. I, 7, p. 439. ſah der göttliche Erſinder
Hermes bei den fleben Saiten auf bie Siebenjahl der Plejaden, unter wel-
ben feine Mutter Maja die ältefle war. Die von Apollo erhaltene und
dem Orpheus gefchenkte Lyra erweiterte diefer Sohn ber Muſe Kalliope nad
er Zahl der Mufen bis zu neun Saiten, und nad Porphyr. Vit. Pyth.
). 42. Küst. pflegte Pythagoras vie Pleias Leier der Muſen zu nennen.
Rah Orpheud' Tod wurde alfo feine Leier als Iyra mundana unter bie
Sterne verfeht *, Hyg. u. Gratofib. 1. 1., und geht nad Varro (vgl. Lyd.
le menss. B; 125.) um den Anfang des November mit der Sonne auf. —
Die vorzäglicgfte Literatur über dieſen Gegenſtand if: Cine Abhandl. von
Burette im 4. Band ver M&moires de l’acad. des inserr. v. 3. 1728.
Doniud Iyra Barberina @ugpiyopdog im 1. Bd. feiner Werke, Florenz 1763.
ol. Martini storia della musica, Bologna 1757. 4. Forkel allgemeine
Zei. ver Muflf, Leipzig 1744. Marpurg Erit. Ginleit. in d. Geſch. und
tehrfäge der alten u. neuen Mufll, Berl. 1758. Drieberg Aufichlüffe über
ie Muſik d. Griechen, 1819; bei Spanheim zum Gallim. p. 466 ff. (vgl.
eſſen Römarques sur les Cesars de Julien p. 117 ff. Hemfterbuf. zu Lucian.
I, 271. Bip. und bie Außleger zu in. Poet. Astr. II, 7.) und Perizon.
u Aelian. V. H. II, 32. findet man Adtsantife Abbild. einzelner hier bes
prochener Infirumente, wozu noch bie Abbild. bei Forkel und Marpurg
ommen. Die ältere Literatur verzeichnet Sabric. Bibl. antiq. p. 526., am
usführliften aber Forkel S. 472 —474.; f. auch E. Krüger de musicis Graec.
rganis circa Pindari tempora florentibus, ®ött. 1830. 4. [A. Baumstark.
Lyrammus ein Pythagoreer aus Pontus, Jamblich. Pythag. 36. [B.
Lyrka (Avoßn, Btol. V,5. — wo vulgo Avoorn editt wird — Dion.
Ber. v. 858. und Not. Eecl., bei Hierocl. p. 682. verſchrieben Außen), ein
Städtchen Biflviens im der Nähe von Termeſſus (nach Ptol. im Innern von
ilicia aspera). [E.]
Lyreea (7 Avgxsıe, Bauf. I, 25.) oder Lyrceum (Avoxsior, Soph.
p. Strab. VI, p. 271. und Strabo ſelbſt VIII, p. 376., wo in unfern Audgg.
Uichlih Avnovpyıor ſteht, vgl. Grotkurd II. ©. .92.), ein Stadtchen in
Ixgoliß, nah Strabo an dem gleichnamigen Berge auf welchem der Inachus
VIH, p. 370.) und Gephifjus (IX, p. 424.) entipringt, von Baufan. am
. D. Artemiſium genannt und 60 Stad. von Argos (Paufan.). Es fol
adh.früheren Angaben noch jetzt Lurka ober Lurkaki beißen. Die neueften
teifenden aber glauben feine Ueberreſte beim heut. Sterna gefunden zu haben.
3gl. Bohlaye Rech. p. 45. u. Roß Reif. I. S. 138. [F.]
Lyreus, unädter Sohn des Abas, von welchem Lyrkeia, das früher
oynkeia hieß, feinen Namen erhalten Haben fol. Pauf. I, 25, 4. [W.]
Lyrlck, ſ. Melici.
Kyrmessus (v0770005) 1) eine fon von Homer (Il. IL, 690. XIX,
D. XX, 92. 191.) öfter genannte Stadt im Innern von Moflen, die nad
trabo KU, p. 612. (wozu vgl. Groskurd II. ©. 595 f.) im Gefilde von
hebe 80 Stab. von Adramyttium Tag, zu feiner Zeit aber ſchon längſt
röbet war. Vgl. au Diod. V, 49. Strabo XIII, p. 884 f. Plin. V,
0, 32. Sellows Exours. in Asia min. p. 39: glaubt ihre Ruinen 4 engl.
°* Das Sternbild ſteht nördlich vom Yequator zwiſchen dem Herkules, dem Dras
en und dem Gchmwane rat, Phaen. 268, nennt es zöluc, die Römer Fiden,
idis, Fidioula (Plin. H.N. XVIII, 26, 54. 27, 57. Eoium. R. R. XI. 2.1. Nach
eminus (eisay. 16.) Bannte ſchon Euktemon baffelbe. Der helle Stern weichen Eratofh.
atast. 24, neben acht anderen dieſem Sterndilde zumeldt Ift Bega, ein Stern erſter
söße. Ptolem. de app. zählt in dieſem Bitd zehn Sterne, [O.]
%
1292 Lyras — Lysander
M. von Karavaren entdeckt zu haben. — 2) ein von Strabo XIV, p. 667.
676. Dion. Per. 875. und Plin. V, 27,26. ermähntes, im Stadiasm. mar.
magni $. 204. Avpvas genanntes Kaftell an der Küſte Pamphyliens, nad
Strabo von trojaniichen Ciliciern gegründet, die aus dem Geſiübe von Ihebe
dorthin eingewandbert waren (und alfo den Nanen von Nr. 1. anf Nr. 2.
übergetragen hatten). Vgl. auch Gail. ad Stadiasm. 1. I. p. 560. — Endlich
führte nad Plin. V, 31, 39. au die bekannte Infel Tenedus vor der Küſte
von Troas den Namen Lyrnessus. [F.] j
Lyrus (Avoos), Sohn des Aeneas und der Aphrodite, Apollod.
n1, 12, 2. [W.
Lysa, Stadt in Arabia Petraea, Ptol. V, 17. [F.]
Lyjsander (Avo-aröoos), 1) der lacedämoniſche Feldherr. Sein Bater
Ariſtocritus (Pauf. X, 9, 7. VI, 3, 14. V, 6, 5., f. Bödh GStaatsh. II.
©. 298. Corp. Inscr. n. 60., nit Aristocrates wie die Codd. bei Bauf.
IN, 6, 7., oder wie Put. Lys. 2.: Aristoclitus) fol zwar nidt aus fönig-
lichem Blute entfproffen fein, aber dem Geſchlechte der Heracliven angehört
Haben, er fland mit einem cyrenaiſchen Fürſten in Verbindung, nad welchem
ein Bruder des Ruf. (Zen. IV, 2, 28.) den Namen Libys erhielt. Diop.
XIV, 13. (Im Widerſpruche biemit ſteht die Angabe bei Aelian. V. H.
XI, 43., daß uf. Mothake geweſen fei, was als Sage au Phylarchus bei
Athen. VI, 102. p. 271. anführt.) — Im I. 407 v. Chr., nad den Giegen
der atheniſchen Flotte unter Alcibiades (Bd. I. S. 309.), erhielt uf. den
Oberbefehl über die peloponneflfhe Flotte. Im ihm fandten die Gpartaner
einen Mann aus, dem an politiidem Scharfblide, Verſchlagenheit und
Schlauheit fein anderer Spartaner gleich fommt. Don Jugend auf beobachtete
er fireng die vaterlaͤndiſchen Bebräude und behielt fletö vie einfachfle Außen-
felte; er trachtete weder nach Reichthum für ſich ſelbſt noch gab er ſich finn-
lichen Vergnügungen Hin (Theopomp. ap. Athen. XII, 61. p. 543. Plut.
Lys. 30. vgl. Ael. V. H.XIH, 8.), dagegen bemühte er ſich raſtlos bie unbe⸗
ftrittene Herrſchaft über Griechenland für Sparta zu gewinnen, aber nidt
aus Vaterlandsliebe, Tondern um feined eigenen Ruhmes willen, zur Be
friedigung eines maßlofen perſönlichen Ehrgeizes; dazu erlaubte er ſich jebes
Mittel: nad Umſtänden mar er flolz,; hart, graufam, ober hatte er das
geſchmeidigſte Benehmen, bewies einſchmeichelnde Dienftfertigkeit und ließ ſich
ohne Widerrebe ben Uebermuth ver Machthaber gefallen. Plut.-Lys. 2.
Kriege ſuchte er das Meifte durch Lift und Trug zu erreichen, und was Gewinn
brachte ftellte er über das Net. Die Anficht daß die Nachkommen des
Herafles den Krieg ohne Trug führen follten, erflärte er für eine lächerliche
Thorheit, denn wo die Loͤwenhaut nicht hinreiche müſſe man noch den Fuchs⸗
pelz daran nähen. Ein anderer Wahlſpruch von ihm ſoll gelautet haben:
Kinder müfle man mit Würfeln, Männer mit Ciden betrügen (Plut. Lys.
7. 9. Apophth. Lys. 4. ic. de off. I, 80.). Die nädfle Aufgabe für
Ruf. war Vergrößerung der Seemacht. Zu feinem Waffenplage wählte er
Epheſus, das für die Spartaner günftig geflimmt war, Ihm aber au bie
Erneuerung feiner Handelsblüthe verbankte. Put. Lys. 3. Eine ergiebige Gelb⸗
quelle eröffnete er ſich bei Cyrus, dem jüngern Sohne des Königs Darius,
“ven er in Sardes befuchte und ganz für fi einzunehmen verfland. Er wurde
durch ihn in Stand gefegt ohne eine Schlacht zu wagen bie Flotte der Athener
zu ſchwäͤchen (f. Bo. I. S. 310. Br. II. ©. 832.). Der an fi nit be⸗
deuiende Sieg, zu dem er in Abweſenheit des Alcibiades durch die Unvor⸗
fichtigkeit feines Stellvertreterd Antiochus gelangte, wurde für Lyſ. beſonders
dadurch wichtig daß bie Unzufriedenheit ber Athener mit Alcibiades genährt
und der Ausbruch bes Unwillens gegen ihn herbeigeführt wurde. Bin wieber-
holtes Sufammentreffen mit ber atheniſchen Flotte vermied Lyſ., Dagegen war
Lysander 1298
er ſehr thätig (na) Diod. XIII, 70. noch vor der erwähnten Schlacht Hei
Notion), die Einleitung zu den fpäter unter feiner Leitung entflanbenen Um⸗
wälzungen und oligarchiſchen Regierungen in den Eleinaflatifhen Städten zu
treffen, indem er folde Männer u fih nad Ephefus berief die dur Kühn⸗
heit und Selbfägefühl am meiften über die Dienge emporragten, ſie zur Bilbung
politifher Verbindungen aufforverte und ihnen verſprach daß mit dem Sturge
Athens die Volksherrſchaft aufhören und ihnen die höchſte Gewalt zufallen
werde. So viel er Eonnte verichaffte er ihnen jetzt ſchon mancherlei Vor⸗
theile und Tnüpfte fie durch ihr Intereſſe an feine Berfon. Daher war ihnen
auch Gallierativad, Kyſ. Nachfolger (406 v. Ehr.) im Oberbefehl über vie
Flotte, eine ganz unwilllommene Erfheinung. Plut. Lys. 5. Im Einver-
fländniß mit Lyſ., der den Spartanern feine-Unentbehrlichkeit fühlbar machen
wollte, fuchten fie die Hilfäleiftungen ihrer Städte dem Callicatridas zu ent«
ziehen und Lyſander ſelbſt benahm fich gegen ihn auf eine äußerfi gehäffige
Welfe indem er fogar den Lieberreft des ihm von Cyrus für die Flotte ge⸗
gebenen Geldes wieder nach Sardes zurüdichicdte und den Callicratidas großen
Berlegenheiten ausſetzte (ſ. Bd. II. S.84.). Nachdem diefer in der Schlacht
bei den Arginufen den Tod gefunden, famen aus den Eleinaflatiichen Städten
Geſandte nach Lacedämon und erbaten fih den Lyſ. wieder als Befehlshaber;
au Eyrus äußerte den gleichen Wunſch. Da den Spartanern ein Geſetz
verbot denfelben Mann zweimal zum Nauarchen zu wählen, gaben fie einem
gewiffen Aracus den Zitel, dem Lyſ. aber, der zu feinem Gebilfen ernannt
mwurbe, übertrugen fie die volle Gewalt. Zen. H. 11, 1,7. Dieb. XIII, 100.
Plut. Lys. 7. Gegen den Anfang des 3. 405 traf Lyf. in Ephefuß ein.
Er traf die nöthigen Anflalten zur Wienerherfiellung und Bereinigung der
Flotte und verfolgte zugleich feinen Plan, überall Oligarchien zu gründen,
die Volkshäupter jet und fpäter durch Lift und Verrath aus dem Wege zu
räumen (Blut. Lys. 8., diefelbe Thatſache auf c. 19. Polyän. I, 45, 1.4.).
Cyrus mar wieder fehr gnäbig gegen ihn, er wied ihm fogar, als er zu
feinem kranken Vater berufen murde, die Ginkünfte der zu feiner Verwaltung
gehörigen Städte an. Xen. II, 1, 11 ff. Diod. XI, 104. Plut. Lys. 9.
Pauf. IX, 82, 7. — of. erhielt feine Flotte durch minder wichtige Unter⸗
nehmungen in Thätigkelt, wi aber den Utbenern fo lange aus bis diefe
mit 180 Schiffen ihm in ben SHSellefpont, mo er Rampfacus erobert hatte,
folgten und an der Mündung des Aegospotamos Gelegenheit zu einem Ueber⸗
falle boten, durch welden ex ſich faft fämmtlicher feindlichen Schiffe mit
leichter Mühe im Sommer 405 bemädtigte. (Die Zahl der genommenen
Schiffe geben Demoſth. adv. Aristocr. p. 691., Uel. V. H. V, 10. in runder
Zahl an; unter Eonons Führung retteten fi 8 Schiffe, die mit ihm nad
Cypern flohen, und bie Paralos welche die Nachricht von der Niederlage
1a Athen brachte, Zen. H. I, 1, 29. Plut. Lys. 11.. Alcib. 37. Juflin.
V, 6., außerdem noch drei einzelne, 2uf. de crim. largit. p. 197. F. Iſoer.
ıdv. Callim. c. 23. cf. Diob. XIII, 106. Pauf. III, 11, 5.) Die Zahl der
Befangenen belief ih auf 3000 (nah Pauf. IX, 32, 9. auf 4000); ein
Rriegögericht verurtbeilte fle zum Tode und Auf. beging den Religiondfrevel,
te unbeerbigt zu laſſen (Pauf. am a. D.), nur der Verräther Adimantus
f.d.) blieb am Leben. Bevor Lyſ. gegen Athen fegelte wandte er ſich gegen
ie von den Athenern abhängigen thraciſchen und kleinafiatiſchen Städte und
Infeln; überall erhoben ſich die von ihm geflifteten oligarchifchen Hetärien
mb bie Berfaflung in verbündeten wie biäher feindlichen Städten wurde oft
nter blutigen @reueln, an welchen Lyſ. Theil nahm, dahin geändert Daß
Jligardien von Zehnmännern (Dekarchien oder Defadardien, ſ. Bo. II.
5. 870. Hermann, grieh. Stantsalt. 6. 39. u. Schömann Antiq. iur. publ.
r. p. 433. 9. 7.) eingefegt wurben. Bei ver Wahl biefer Benm nner
⸗
r
1294 Lyannder
fragte Auf. weder na Geburt noch nah Reichthum, fonbern er übergab bie
Gewalt den ihm fchon vorher am meiften befreundeten Mitgliedern der oli-
| den Klubbs; ihnen gefellte er theils zum Schu theils zur Beauf-
tigung einen lacedämoniſchen Harmoften mit einem Haufen Sölbner zu.
Zen. H. II, 2. Plut. Lys. 13. Diod. XIV, 13. Nah wenigen Monaten
fland Athen allein; nyr auf Samos behielten die Democraten die Oberhand.
2of. ließ vorerfi die Infel unbellegt in feinem Rücken, verbeerte, nachdem er
früheren Bewohnern von Aegina, Melos und andern Vertriebenen die Be⸗
fitzungen zurüdgegeben Hatte, das ben Athenern befreundete Salamid und
ſperrte mit 150 Trieren den Piräeus. Schon vorher war nad Lyſ. Wunſch
König Pauſanias mit einem peloponneſiſchen Heere in Attica eingerüdt, um
in Verbindung mit König Agis, der feit dem I. 413 Dekelea befegt hielt,
die Stadt, von ber Landſeite her einzuſchließen. Da Lyſ. für Mebervölferung
der Stabt dadurch geforgt hatte, daß er alle Athener die er in ben von ihm
eroberten Drten oder fonft irgendwo traf, nad Athen zurüdzufehren nöthigte
(&Zen. I, 2, 2. Blut. Lys. 13.) und die Einführung von Getreide Bei
Todesſtrafe verbot (Sfocr. adv. Callim. c. 23.), fo trat bald Hungersnoth
ein; gleichwohl Hielt die Stadt winer Erwarten lange aus. König Baufa-
nig8 zog mit feinem Heere wieder ab, auch Lyſ. ließ wahrſcheinlich nur bie
nöthige Anzahl Schiffe zur Bewachung des Pirdeus zurüd und fuhr inzwiſchen
mit der übrigen Flotte nach foldden Städten in welchen feine Gegenwart zur
Befefligung der neuen Ordnung wunſchenswerih war, begann vielleicht auch
jetzt fon bie Belagerung von Samos. Plut. Lys. 14. Diob. XII, 107.
Ungefähr vier Donate nachdem Lyſ. von Athen ſich entfernt hatte erklärten
bie Athener, von ber höchſten Noth gezwungen, fi zur Annahme ber Frie⸗
densbebingungen bereit. Die Bedingungen vetteten die Stadt vor gänzlicher
Vernichtung, welche die Korintber und Thebaner beantragten; bie Spartaner
waren für milnere Maßregeln, hauptſächlich nah dem Mathe des Lyſ., ber
fon damals Yon Iheben Gefahr befürchtete und in nem feiner Selbfländig-
keit beraubten und durch eine oligarchiſche Verfaffung an Sparta gefnüpften
Athen eine Bormaner gegen Theben erkannt haben fol. Polyän. I, 49, 9.
Bon Einführung einer Dligarchie mar zwar in den Bedingungen NihtE ent»
balten, allein Lyſ. hatte der oligarchiſchen Partei, mit der er ſchon vor ber
Schlacht von Aegospotamos in Verbindung fland (2yf. in Eratosth.p. 101. T.),
Befriedigung ihrer Wünſche verfprodden (Kyſ. in Eratosth. p. 109.). Dur
infegung von fünf Ephoren nad jener Seeſchlacht (Kyſ. in Erat. p. 103.
vgl. Böckh Stantsh. II. 264. Hermann griech. Stanidalt. F. 168. Waché⸗
muth hell. Alterih. I, ©. 639.), die Rehabilitirung der Atimen, worunter
viele oligarchiſch Geſinnte waren (Andocid. de myster. p. 34 fj. R. vgl. Pa-
woclides) und ven Prozeß gegen Cleophon (f. d.) und andere Democraten
war bie Auflöfung ber Democratie vorbereitet, vollendet wurbe fie durch
Einſetzung der Dreißig. Die Zeitbeflimmung dieſes Ergebniſſes iR ſchwierig
(vgl. Scheibe, die oligarch. Ummälzung S. 161 ff. Dagegen Welßenborn in der
Abh. „das Ende des peloponn. Kriegs und bie dreißig Tyrannen“ S. 197 ff. in
feinen Beiträgen zur genauern Erforſchung ver altgrieh. Geſch.). Nah Blut.
Lys. 13. erfolgte die Uebergabe Athens an Lyſ. im Frühjahr 404 (am 16.
Munychion); die Dreißig aber Finnen, da bi8 zu Ihrer Entfernung nad) Gleufls
ihre Negierung acht Donate währte (Xen. II, 4, 21.), Thrafgbul im Winter
Phole befegte (Xen. H. II, 4, 3.) und zur Zeit bes Sturzes ber Dreißig
fon die befiere Jahreszeit eingetreten war (en. H. II, 4, 25.), nicht ſchon
Im Srühjahr, fondern erſt im Auguſt eingefegt worden fein. (Xen. H. II.
8, 4. erwähnt eine Sonnenfinfterniß die kurz nach Ihrer Ginfegung ſich ereig-
nete, 3. Sept. 404.) Gleichwohl erzählen alle Schriftfieller, die Schleifung
ker Mauern und bie Einfegung der Dreißig fei nad Lyſanders Ankunft im
, Lysander 1295
Athen erfolgt. Xen. H. H, 2, 23. 9, 11. Eyſ. c. Agorat. p. 124. Plut.
Lys. 15. Die Seitangabe bes Plutarch (Lys. 15.) iſt daher entweder unrichtig
(wie auch feine Angabe, der Tag der Mebergabe von Athen fei ber Jahredtag
der Schlacht von Salamis, unridtig iſt, da diefe Schlacht nit im Muny⸗
Sion, fondern im Boedromion geliefert wurde, f. Ipeler Chronol. Bd. I.
S. 309.) oder bezieht fich diefelbe nur auf ven Act der Annahme ver Fries
dens bedingungen und bie Deffnung det Thore für die Belagerer, was als’
Ende des Krieges betrachtet wurde (vgl. Thuc. V, 26. II, 2.), die Schleifung
der Mauern und Einfehung der Dreißig aber verzögerte fich mehrere Monate,
während welcher Lyſ. vor Samos blieb, indem er zumwartete biß die Oligarchen
obne feine Cinmiſchung die bedeutendſten ihrer Gegner, die den Umflurz ber
Berfafiung erſchweren konnten, aus dem Wege geräumt Hatten; darauf von
Theramenes berbeigerufen (uf. in Eratosth. p. 109. vgl. Diod. XIV, 3.)
eilte er nah Athen und ließ die Mauern, was von ben Athenern felbft
innerhalb einer beftimmten Friſt hätte gefchehen follen, unter Muſik und lautem
Jubel der Seinigen fchleifen. In der Volksverſammlung, in welder bie
künftige Verfaſſung beflimmt werben follte, brachte er den Widerſpruch gegen
den Vorſchlag des Dracontidas, 30 Männern die Staatövermaltung zu übers
geben, dadurch zum Schweigen, daß er erklärte die Athener haben ben Frie⸗
densvertrag gebrochen weil fie nicht innerhalb der feſtgeſetzten Friſt bie
Mauern nievergeriffen hätten; es bleibe ihnen nur die Wahl zwiſchen ber
Annahme jened Vorſchlags und dem Berlufte von Freiheit und Leben. Lyſ.
am a. D. Plut. Lys. 15. Diod. XIV, 3. Nachdem Lyſ. feine Abficht fo
erreicht, fegelte er wieder nad Samos, um die Unterjochung durch Einſetzung
einer Decarchie zu vollenden. Zen. H. II, 3, 6. 7. Nah Xenophon Fehrte
er jetzt nach Lacedämon zurüd, Plutarch (16.) läßt ihn noch nah Thracien
jegeln und durch Gylippus den Reſt der ibm von Eyrus angewieſenen Gelber
und was er fonft.im Kriege dazu geivonnen batte, fo wie bie Kronen melche
er von den Städten zum Geſchenk für ſich empfangen, nad Sparta bringen.
Nah Xen. H. II, 3, 8. betrug die Summe, die von den perſiſchen Beiträgen
übrig geblieben, 470 Zalente; Plut. Nic. 28. ſpricht im Allgemeinen von
1000 Zalenten, die Lyſ. nah Sparta ſchickte, Diodor (XIII, 106.) fogar
von einer Summe von 1500 Talenten, melde Lyf. Thon nad der Schlacht
von Aegodpotamod und der darauf erfolgten Einnahme von Seſtos außer
der übrigen Beute dem Gylippus zum Transport nah Sparta übergeben habe.
Bol. Boͤckh Stantsh. I. S. 32. Die Unterfäleife des Gylippus veranlaßten bie
Gonfervativen in Sparta, fi gegen die Einführung fo großer Geldſummen
zu erheben, allein die Freunde Lyſ. fehten ven Beſchluß dur, zum Gebrauch
des Staates Geld aus edlen Metallen zuzulafien, einen Privatmann aber,
ver in ſolchem Beflg gefunden würde, mit dem Tode zu beſtrafen. “Blut.
Lys. 16.17. Comp. -Sull. c. Lys. 3. Lyc. 30. ®auf. IX, 32,10. Xelian.
V. H, XIV, 29. Bon der Beute errichtete Lyſ. ſich und jedem der Flotten⸗
führer eine eherne Statue zu Delphi. Plut. am a. O. vgl. Pauſ. X, 9, 7.
Außerdem weihte er dem delphiſchen Gotte noch mehrere Kunftwerke. Plut.
am a. D. Bödh Staatsh. II, 298. Corp. Inser. n. 150, 12. 151. 192.
Daß er auch Geld, wie berichtet wurve, in Delphi niebergelegt babe, hält
Plut. für widerſprechend mit den einftimmigen Beriten von der Armuth des
Mannes; übrigens wäre die Summe fehr unbedeutend geweſen und es war
damals nicht felten daß Spartaner Geld, zum Gebrauche außer Landes,
auswärts 3. B. in Arcadien nieverlegten. Athen. VI, 24. p. 233. Mehr
Meiz als Geld Hatte für Lyſ. fein Einfluß auf die Verhältniſſe in Griechen⸗
fand und bie Verehrung die er Überall genoß. Die Dichter Chörilus, Anti⸗
lochus, Antimahus von Golophon, Niceratnd von Heraclen befangen feine
Thaten, und er war der Erſte unter ven Griechen welchem Städte nicht blos
1296 Lysander
Statuen ſondern wie einem Gotte Aktäre errichteten, opferten, Päane fangen
unb Feſte feierten. Plut. Lys. 18. Pauſ. VI, 3, 14. 15. Athen. XV, 52.
p. 696. Gefo. v. Avamrögıe. Im Beflge unumfchränkter Macht und im
Senuffe folder Ehren lebte uf. natürlich gern außerhalb Sparta, wo feine
Willkür Schranken fand. Nah Beendigung bed Krieges ſcheint er nur kurz
in Sparta verweilt zu Haben. Im diefer Zeit Famen von Athen Geſandte
der Dreißig, welche von den Lacedämoniern eine Beſatzung ſich erbaten; uf.
unterftügte ihr Geſuch und wirkte aus daß demſelben entiprodden wurbe (Zen.
II, 3, 13.), betrieb au während feines darauf folgenden Aufenthaltes in
‚Aflen den Untergang ded von den Tyrannen gefürchteten Alcibiabes; f. Bb.1.
S. 310. Dur die Huldigungen aber bie man ihm auswärts barbradte,
wurden die Beſorgniſſe und der Neid, befonderd ver Könige in Sparta ges
nährt. Sie wuͤnſchten feine Demüthigung. Schon früher waren feine Anord⸗
nungen in Beziehung auf Seflos in Sparta verworfen (Blut. c. 14.), feit
dem aber feine Klagen über feine furchtbare Härte mehr beachtet worden,
Dagegen bewirkte jeßt vie Beſchwerde des Satrapen Pharnabazus, deſſen @ebiet
er geplündert hatte, feine Zurüdberufung und eine Rückſichtsloſigkeit gegen
ihn war die Hinrichtung feine® Freundes und Genoſſen Thorar, den man im
Privatbeilg von Geld betraf. In großer Beſtürzung fuchte er von Pharna⸗
bazus ein verfühnendes Schreiben an die ſpartaniſche Regierung zu erhalten;
derſelbe erfüllte ſcheinbar feine Bitten, händigte ihm aber liſtiger Weile einen
Brief ein welcher die frühere Anklage erneuerte und ihn nad feiner Ankunft
in Sparta in nicht geringe Verlegenheit brachte, Plut. Lys. 20. Corn. Nep.
Lys. 4. Polyän. VII, 19. Mit großer Mühe erhielt er von den Cphoren
die Erlaubniß zu einer Meife nah dem Tempel des Zeus Ammon, dem er
die Löfung eined Gelübdes ſchuldig zu fen vorgab. Go entging er yerfön-
lich zwar dem Gerichte, aber die von ihm allentbalben angeordneten Cin⸗
richtungen, auf welchen fein Ginfluß berubte, fellten umgeflürst werben.
Die Erhebung ber Demoeraten unter Ihrafybul gegen die Dligarden in
Athen verhinderte bie Ausführung diefer Maßregel und erleichterte bem Lyſ.
bie Rückkehr nah Sparta. Auf feinen Antrag murbe zur Unterflügung
der Oligarchie ein Darlehen von 100 Talenten und, um die Zufuhr abzu-
ſchneiden, eine Flotte von AO Schiffen bewilligt; das Geld war zu Ans
werbung eines Söldnerhaufens beflimmt, deſſen Anführung Lyſ. übernahm,
während fein Bruber Libysé die Flotte befehligte. Plut. Lys. 21. Zen. H.
IL, 4, 28. &yf. in Eratosth. p. 106. T. Diod. XIV, 33. Dem. c. Lept.
p. 460. R. Iſocr. Areop. c. 28. — Kurz nachdem Lyſ. Sparta verlafien
hatte bewirkte ver König Paufaniad im Einverftänpnig mit drei Cphoren ben
Beſchluß, auch ein Heer ſpartaniſcher Hopliten und Bunbesgenofien nad Athen
zu fenden, dem Vorgeben nad um die Oligarchen zu unterflügen, in ber
That aber wollte Paufaniad durch Verfühnung der Parteien und Beendigung
des Kriegs dem Ruf. die Gelegenheit entreißen einen zweiten Triumph über
Athen zu feiern und die Stabt ganz von fi abhängig zu machen. Zen. H.
11, 4, 29. Plut. Lys. 21. Indem er fo zur Wieverberflellung der Demo-
cratie half (403 v. Chr.), wurden Lyf. Entwürfe vereitelt. Thatenlos ver-
Iebte jeßt diefer eine Neihe von Jahren und wohl mag es die Zeit geweſen
fein in der er in eine melandolifhe Stimmung verfiel (Plut. 2). Nach
dem Tode des Königs Agif (397 v. Chr.) trat er in dem Streite über bie
Erbfolge für Agefllaus auf, deſſen Liebhaber er früher geweien (Plut. Ages. 2.
Lys. 22.) und verhalf ihm zu dem Thron (f. Bd. I. ©. 244.). Doch Hatte
er Si zu viel von der Dankbarkeit feines Schützlings verſprochen: als er
als einer ver 30 Symbulen, vie ben König auf dein Felbzuge nad Aflen
begleiteten, in Berbindung mit ven ihm längft befreundeten Oligarchen in
den Städten daſelbſt diefelbe Rolle wie früher fpielen wollte, trat ihm
Lysander — Lysanias 1297
Agefllaus planmäßig entgegen ‚fo daß er tief gekränkt um Anmelfung eines
andern Poftens bat, den er auch als Unterbefehlohaber im Helleſpont erhielt.
Hier wurde er der Sache feines Vaterlandes noch dadurch nüglih, daß er
den Spithridates, einen Unterbefehlähaber des Pharnabazus, zum Abfall
bewog und ihn den Spartanern zuführte: Zen. H. III, 4, 7 ff. Plut. Ages.
7. 8. Lys. 23 f. Bald darauf kehrte er, voll Erbitterung gegen Agellaus
und die Könige überhaupt, die wiederholt feinen Ehrgeiz verlegt Hatten, nad
Srarta zurück, feſt entichloffen zur Ausführung des längft entworfenen
Planes, das erbliche Königthum umzuflürzen und die Würbe allen Heracliden
oder gar allen Spartiaten zugänglih zu machen. Blut. Lys. 24. Ages. 8.
Diod. XIV, 13. Nep. Lys. 3. Cic. de divin. I, 43, 96. Damit fein Ans
trag , welchen er in einer von Kleon von Halicarnaß verfertigten Rede ent»
wickeln wollte, weniger Widerſpruch finde, wollte er zuvor durch Drafel auf
bie Bürger wirken laffen; allein weder in Delphi noch in Dodona noch bei
bem ammonifchen Zeus waren feine Verſuche, Orakelſprüche zu erhalten,
von @rfolg; auch andere Umtriebe (Plut. Lys. 25 f.) mißlangen. Die
Spartaner waren fogar von Lybien aus auf die Entwürfe des Lyſ. aufmerk⸗
am gemacht worden, allein ex rechtfertigte ſich gegen die Anſchuldigung und
wurde bei dem Ausbruch des fogenannten böotiichen Krieges zum Befehls⸗
haber ernannt. Zunächſt erhielt er den Auftrag in Phocis ein Heer zw
ſammeln und mit diefen bei Haliartus ſich aufzuftellen, wo ſich mit ihm König
Pauſanias mit den Lacebämoniern und übrigen Bundekgenoſſen vereinigen
ſollte. Allein Paufanias erſchien nidgt zu rechter Zeit vor Hallartus, ba ein
Schreiben &yf. an ihn von den Thebanern aufgefangen worden war; gleich⸗
wohl rüdte &yf. gegen die Mauern der Gtabt an, fiel aber unter den Vor⸗
berften bei einem Ausfalle der Befahung, während zu gleiher Zeit die Haupt⸗
macht der berbeigeeilten Thebaner fein Heer angriff und in bie Flucht ſchlug.
Xen. H. II, 5, 6 ff. ‘Blut. Lys. 27. 28. Diod. XIV, 81: Bauf. 11,3, 3.
x, 32, 5. (Gewoͤhnlich wird angenommen daß die Schlacht in den Juni
394 v. Chr. fiel, aus der Anordnung Xenophons aber, ber III, 5. bie
Schlacht von Haliartus vor dem erzählt was Agefllaus mit dem Anfang des
derbſtes 395 v. Chr. in Aflen gethan hat, IV, 1.in., Tann man jedoch fließen
aß vie Schlacht von Kaliartus no im Sommer oder Herbſt 395 geliefert
vurde; f. Sieverd Geſch. Griech. S. 384. 6.6.) Lyfander wurde, nachdem
Rönig Pauſanias die Gefallenen vermittelſt eines Vertrags erlangt hatte, bei
ver Stadt Panopeus in Phocis beftattet, wo noch zu Plutarchs Zeit am
Wege von Delphi nad Ehäronen fein Denkmal zu ſehen war. Plat. Lys. 29.
Bauf. IX, 32, 3. erwähnt ein Denkmal Rofanderd bei Hallartus). Lyſ.
darb arm; feine Thchter wurden deshalb von ihren Freiern, bie viel beweg⸗
iches But von ihm gehofft hatten (f. Müller, Dor. Il. &. 192, 4.), vers
aflen, wofür bie Cphoren fie flraften. Blut. Lys. 30. Apophth. Lys. 15.
el. V. H. X, 15. VI, 4. Die Umtriebe der Anhänger Loſ., die ſich auch
ad feinem Tode als Partei erhielten (Blut. Ages. 20. Apophth. Ages. 52.),
eranlaßten eine Nachſuchung in feinem Haufe (vgl. Plut. Lys. 30. Apophth.
4.), bei der bie oben genannte Rede Cleons aufgefunden wurde; Anehlaue
sollte fle befannt machen, wurde aber davon zurüdgehalten weil man ſich
or ber Kraft derfelben fürdtete. — Ein Nachkomme (Pauſ. IH, 6, 7. vgl.
Ranfo’8 Spurta II, 1, 278, g. Müller, Dor. II, 192, 4. 2te Autg.)
panbere 7 der Freund des ſpartaniſchen Könige Agis III., |. Bo. I.
5.
Lysandra, ſ. ®Bb. I. ©. 227.
Lysanias, 1) athenifher Archont DI. 78, 8. (Died. XI, 67.), ein
Inderer DL. 84, 2. (ib. XII, 24.). [W.T.] Ä
Banty, Neal· Eucyelep. IV. 62
1298 Lysanoridas — Avcus
2) aus Gyrene, Grammatiker und Lehrer des Eratofibenes (Suib Ss. v.
Eoatoodsrng), Berfafler einer Schrift zepi inußonowwr, Arhen. VII, p: 304. B.
XIV, p. 620. C. vgl. XI, p. 504.B. Vielleicht iventiih mit dem von Diog.
Zaert. VI, 23. ald Sohn des Aeſchrion und Schriftfleller genannten Lyi. —
3) Einen Lysanias aus Maloß, der mepi Eperviag ſchrieb, Kennt Blut. de
mal. Herod. 24., von dem wohl ver 2. im Eiym. M. p. 779, 10. nid
verſchieden if. [ West.]
4) Ein Bildhauer Lys. aus unbeflimmter Zeit, iſt und durch eine Infdrift
. auf der Bafe von einer Statue des Dionyfod befannt. Sie lautet: Asvarıaz
(sic) Avorvoov 309 Arörvoor zareorneveos. Winkelmann (Geſch. der Kun
xt, 26.) erbielt die Inſchrift von der Infel Scio und vermuthet daher daß
dort auch die Baſe fih befinde. Der Künfller wurde alfo durch den Namen
ſeined Vaters veranlaßt den Dionyfos zu bilden. Es iſt übrigens nicht zu
' leugnen daß das Wort xaremsvaoe zur Bereihnung der künſtleriſchen Aus-
hrung ungemöhnli iſt und fich eher auf die Bezahlung ber Keftın bezichen
Önnte, oder auf die Wieverherſtellung, wie smonxevaleır gebrautt nird
3. B. in der Inſchrift über einer Niide am Thor von Meilene: Koirroz
IMonog Evgnuior eneonevaoe, Expedition scienüf. de Moree T. L. pl 47.
mit, der Anmerkung von Lebas. Willkürlich ſcheint die Verbeſſerung ron
NM. Rochette Lettre A M. Schorn p. 343. 2ıe Audg.: Avcarıag Atorvniov
20 Aovvo0r xaremevaoe, bat einen Tempel des Dionyfod errichter. Ueber
Dionyſos ale Name von Menſchen f. Brigiche zu Ariſtoph. Ran. 389. [W.]
Ly»anoridas (Avoaropidas), einer der drei (vgl. Xen. H V, 4, 13.)
lacedãmoniſchen Harmoſten welche im I. 379 die Gapmea übergaben. Zei
berfelben, Sermippidas und Arkeſos, wurden bingeridtet, Ayf. aber, für
welchen feine Abmeienheit von der Burg in der Nacht des Auffiandes (Plut.
de gen. Socr. c. 9. 17. 24.) ein mildernder Umfland gemefen zu fein fdeint,
wurde zu einer für ihn unerſchwinglichen Geldſtrafe veruribeilt, der er durch
freiwillige Verbannung entging. Blut. Pelop. 13. de gen. Socr. 33. Died.
XV, 27. Bon Arhen. XIII, 89. p. 609. wird nach Iheopomp erzählt daß
ein Lyſandridas — vielleicht dieſer Lyſanoridas — von feinem Feinde Agefl-
laus aus Sparta vertrieben, feine Mutter und Mutterſchweſter naher jogar
getödtet worben feien. [ K.]
Lyse, eine der Thespiaden, die in Folge von Heracles’ Umarmung den:
Evueiöng gebar, Apollod. I, 7, 8. [W.]
Avosıs, Avtrınoi. Schon frühe war zunächſt bei Gaſtmahlen, dann
aber au fonft bei andern Zufammenkünfien in den Kreiſen gebilveter Griechen
bie Sitte aufgefommen, einzelne Fragen aus dem Gebiete der Willenicaft
(rooßinuare, anopies, Innuare) vorzulegen und deren Löſung (Avu;)
entmeder felbft zu geben oder doch durch die andern Arlmelenden zu veran⸗
laſſen, und es f&eint ſchon früber, wie wir aus Arifoteles erſehen können
(vgl, z. B. Topic. I, 10 ff. Poetic. 25 fj.), diefed ganze Verfahren bei
der Behandlung wiſſenſchafilicher Begenflände auf diefe Weije, durch be⸗
fimmte Regeln und Vorſchrifien georpnet worden zu feyn, um-fo auch
für die Wiffenfhaft ſelbſt wahrhaft fruchtbar zu werden und nidt im
ein bloſes Wortipiel oder Woriftreit audzuarten. In Alexandria, wo dad
grammarlfhe Studium alsbald zu befonderer Blürhe aelangıe, fand auch
diefe Eine, die in dem ganzen Leben der Hellenen ihren Grund hat, bald
Gingang, ja fie gewann eine immer größere, mit tem dortigen gelchtten
Leben zufammenhängende Binri&tung, welche fie mit den mündlichen Difru-
tationen der Scholuflifer und des Mittelalters, wie mit den ähnlichen ſchritt⸗
lichen Diatriben derfelben in einigen Zuſammenhang als eine verwandte Er⸗
ſcheinung bn ingen läßt. (Vorphyr. in Schol. ad Hl. I, 69.: er zo Movaıw
ed nat Meburdusar Fouog 17 ngoßullsodu Imtiuara xal Tug yırouasus
_ Lysiades — Lyslas 1299
Avoas arayoayeodeı. Vgl. Fr. Ritter ad Aristotel. 1. 1. p. 261.) Da
man in Alerandria fi befonders mit der Kritit und Erflärung der älteren
Meiftermerfe der Poeſie, eines Homer, Heſtod u. f. w. und mit Allem was
darauf fi bezog, beihäftigte, fo war In den nun regelmäßig gewordenen
Zufammenfünften und Diiputationen der gelehrten dort wohnenden Gramma⸗
tifer der Stoff um den die Verhandlung fih drehte aus den alten Dichtern
genommen, und bier irgend ein biefelben betreffender Punkt oder aud eine
für die Erklärung dunfle oder ſchwierige Etelle als Problem vorgelegt, auf
welches die Löfung zu ‚geben‘ war, in der durch das Herfommen beflimmıen
Weiſe und Ordnung. Infofern haben zwar dieſe Mebungen förderlich auf die
Behandlung der Eregefe der älteren Dichter, namentlih bed Homer einge-
wirft, aber fle arteten balo au aus; denn während man anfangs Stoffe
die ein wahrhaft wiffenſchaftliches Intereffe Hatten ergriff, fo kam man bald
auf grammatifche, ſprachliche oder rhetorifhe Gegenflände oft von fehr unters
geordneter Bedeutung, und bie Sitte wurde zu blofer Spielerei. Aus ber
mündligen Behandlung folder Gegenflände ging bald aud eine fchriftlidhe
hervor, in welcher nun Vieles mas zunächft Kritik und Exegefe der älteren
claffiichen Werke der Natton betraf oder In den Kreis der ſophiſtiſch⸗rheto⸗
riich⸗grammatiſchen Forſchung überhaupt gehörte, auf ähnliche Weiſe wie in
den mündfiden Diſputationen und nach derſelben Form behandelt wurde;
daher die Menge von Schriften mit dem Titel Abotiç aus der Alerandıini»
ihen Beriode (3. B. Avosıs Ounoixci u. dgl.), wovon diejenigen gelehrten
Grammatiker melde vorzugsmeiie in diefer Art thätig waren, den Namen
Avrıros erhielten; es werden unter ihnen auch audgezeichnete Dlänner genannt,
wie 3. B. Sofibins (ö Havuawnog Avrıxog bei Aihen. XI, p. 493. D.),
Eratofihenes und andere Coryphäen Alerandrinifder Gelehrſamkeit, au
Calliſtratus (f. Br. IE ©. 97) und Andere. Mehr darüber f. außer
in *. Lehrö Aristarch. Stud. p. 200 ff. inebeſondere in Gräfenhan Geſch.
d. claff. Philolog. 1. 6. 42. ©. 201 ff. II. $. 106. ©. il ff. [B.
Lysindes aus Catana, Pythagoreer, Jamblich. Pythag. 36. [B.]
Lysianassa, 1). eine Nereive, Heſ. Th. 258. Apollod. I, 2, 7. —
2) Zocıer des Epaphus, von Poſeidon Mutter des Buflris, Apollod. 11,
5, 11. Izeb. Chil. I, 368. — 3) Tochter des Polybos, mit Talaos, K.
on Argos, vermählt, Bauf. II, 6, 6. [W.]
Ly-ias, 1) atheniſcher Feldherr, f. Leon, S. 916. Nr. 5. — 2) einer
Der großen Attiſchen Redner, über deffen Leben fih noch einige Nach⸗
nichten bei Dienyflus von Hılicarnaß, Plutarch (Morr. p. 835.) und Suidas
(s. v.) erhalten huben, welche Weftermann (Vitt. Scriptt. Graecc p. 240 ff.)
zufammengeftelt bat; |. auch Phot. Bibl. Cod. CCLXII. u. vgl. die Vita
Lysiae von Taylor (bei ſ. Ausg. und bei Reièke Orr. Gr. VI. p. 100 fi.),
und Branz in f. Ausg. des 2. p. 35 ff. Gr war der Sohn eined Syracus
fanerd Cephalus, welcher feine Heimath verlaffen und in Athen ſich ange»
fledelt Hatte, nad einer Angabe vertrieben durch Gelo, ven Herrſcher von
Syracus, nah Andern angezogen von der damals fo blühenden Stadt Athen
und eingeladen von Pericles (f. Blut. 1. 1). In Athen ward 2. geboren
DI. 80, 2., wie Plutarch auedrücklich angibt (f. au Wehermann $. 46.
Not. 2.; nah Water Rerr. Andocc. II. in Sahne Jahrbb. dv. Philol. Euppl.
IX. p. 167 ff. Olymp. 87, 1.), ſchloß fi aber 15 Jahre alt (DI. 84, 1.)
zugleich mir feinem älteren Bruder Polemarchus der Kolonie an, welde von
Athen zur Gründung ron Thurii an der Stelle des zerflörten Sybarid ab»
ging und führte Dort zwei und breißig Iahre ein behagliches Xeben, benußte
auch den Unterricht des Tiflas in der Redekunſt. ber der unglüdliche Aus-
gang der Aihenifchen Expedition nah Sicilien und die nun in den Griechi⸗
‚Then Städten Italiens entſtandenen Bewegungen nöthigten Ihn, den attiſch
1300 Lysims .
Gefinnten, Thurii wieber zu verlaffen und nad) Athen zurüdzulehren Olymp.
92, 2., wo er wie es ſcheint alsbald eine Rednerſchule eröfinete. Unter der
nachfolgenden Herrſchaft der Dreißlg warb er feines Vermögens beraubt und
rettete ſich kaum nah Megara. Hier unterflügte er, fo weit es ihm möglid
war, mit Geld das Unternehmen bes Ihrafybulus zur Wiebergewinnung ber
Freiheit Athens, konnte aber nachher doch nicht das Bürgerrecht erhalten,
und Iebte fo zurüdgezogen von aller Iheilnahme an dem Öffentlichen Leben
(old wworeinc) bis an fein Lebensende, das im achtzigſten Jahre (Dlomp.
100, 2.) erfolgte, beſchäftigt hauptſächlich mit Abfaffung von gerichtlichen
Meden und mit xhetorifchem Unterricht (vgl. Eic. Brut. 12.). Daher auf
die große Zahl der Reden welche das Alterthum ihm zuſchrieb; nicht weniger
als vierhundert zwei und zwanzig, von welden jevo nur zwei⸗
hundert drei und dreißig (ſ. Plut. p. 836. A. bei Weflerm. p. 242.
VPhot. p. 488. B.) für Acht anerkannt wurden. Bon dieien haben ih jedod
nur fünf und dreißig, und auch diefe nit ganz vollflänvig, nebſt den
Brudfüden von vielen andern erhalten, ſo daß (bei Weſtermann Geſch. d.
Beredſamk. Beil. III.) an hundert acht und fechzig Neben in Allem ſich jekt
noch herausſtellen, wozu noch andere Bruchſtücke, die unter gewiflen allgemeinen
Namen angeführt werden (3. B. Aoyoı amıdamzıno!, Aarnyvpınoi, ERITagOr,
sowzinoi u. f. w., eyxayım, |. Weflerm. am a. D.), fo wie amıorolei, die
jedoch zweifelhaft find, und eine verloren gegangene Rhetorik («eyrr7) hinzu
fommen. Bon den no vorhandenen Reben ſcheint nur die wider Grarofthenes,
des in der Aufſchrift enthaltenen Zuſatzes wegen, wirklich gehalten; die
übrigen fcheinen für Andere geichrieben zu ſeyn (f. oben S. 370.) und in
bie fpätere Periode feines Lebens zu fallen, gehören auch meiſt der geriät-
lichen Gattung an, obwohl einige von ber epideiktiſchen Gattung barunter
find, wie z. B. ber viel beſprochene, in feiner Aechtheit angefochtene Em
zagsoc (f. die Riteratur bei Weſterm. am a. D. ©. 278 f.), und andere,
die als Mufterreden nicht für beflimmte einzelne Zälle verfaßt worden find.
Dabin würde auch der Adyos spwznoc in Plato’s Phädrus p. 230 fi.
gehören, wenn es, wie Hänifh (Lysiae Amator., Lips. 1827. 8. Prael,
welden Wehtermann $. 47. Not. d. beittitt) darzuthun ſucht, wirkli er⸗
wiefen wäre daß wir hier ein wahres Product bed Luflad vor und haben,
und nicht vielmehr eine in der Manier des Lyflas gevichtete Rede des Plato,
wie K. 5. Hermann (Gef. d. Platon. Philoſ. I. ©. 518. 675.) gezeigt
Bat. Noch befigen wir eine Beurtheilung des Lyſias von Dionyflus von
Halicarnaß (V. p. 452 ff. ed. Reisk., auch in ben Ausgaben des Lyſtas von
Taylor, Reiske, Franz), welche von der Bebeutung und dem Werth zeugt,
welchen bag Altertbum auf die Beredſamkeit dieſes Mannes legte, welchen
Gicero (Brut. 9.) einen volllommenen Redner nennt und deſſen Schriften ſchon
im Alterthum zahlreiche Erfläres fanden (Cäcilius von Ealacte, Zoflmus,
Beno u. A., f. Weflerm. 6. 42. Not. 6.). Hervorſtechende Eigenſchaften find
bei Lyßas ebenfo der methodiſche Bang und bie ſtreng logiſche Behandlung
des Stoffs, ald die durchaus einfache und natürliche, in der fchönften Rein⸗
heit des Attiſchen Ausdrucks gehaltene Sprache, welche, wahrhaft mufler-
siltig, weder an Tredenheit und Dürre noch an Ueberladung leidet, wohl
abgerundet in Allem, mit eben fo viel Klarbeit als Anmub fi bewegt und
dur Treue und Wahrheit ver Darflellung einnimmt. Bel. auf bie Urtheile
Gicero'8 im Onomast. Tullian. p. 370. und des Quintil. Inst. Or. X, 1,
78. X11,10, 24. Die Neben des Loflas finden fih in den (Bd. II. ©. 172 f.
genannten) Sammlungen der Oratt. Graecc. von Aldus, Stephanus, Reieke
(T. V. VI), Dukas, Bekker (T. 1.), beſonders zuerſt zu Hannover 1618.
cur. A. Schott, mit Noten von F. Vanderheid; in einer neuen Recenfion
mit Gommentar von I. Taylor, London 1739. 4. (au in Meisfe Oratt.
Lysikius — Lysientos 1304
Gr.), dann von A. Auger zu Paris 1783. 2 Vall. 8. (mit franzöf. Ueber»
feßung) ; beſſer von C. Förtſch zu Leipzig 1829. 8, (kritiſch berichtigter Tert
mit frit. Noten), von 3. Franz zu München 1831. 8.; ver Tert jept am
beften (na der älteften Pfälzer, jetzt Heidelberger Handfchrift) in Oratt. Att.
von Balter und Sauppe zu Züri 1838. 4. und abgefondert in 8.). S, über
die Ausgaben Hoffmann Lex. Bibliogr. II. p. 69 ff. und über Luflas im
Allgemeinen Zabric. Bibl. Gr. II. pı 760 ff. und beſ. Weftermann Geſch.
d. Beredſamk. in Griechenland $. 46. 47. u. Beil. II. — Einige Andere
welde im Griechiſchen Alterchum unter demfelben Namen Lysias vorfommen
find bei Fabric. 1. 1. p. 761. not. angeführt; auch der irrigen Annahme
Taylors von einem andern Lysias, welchem vie verfchievenen Aoyoı sowzınos
des Redners Luflad beizulegen feten, ift dort erwähnt. [B.] .
3) ein Bildhauer, von welchem Auguftus ein ſehr hochgeſchätztes Werk —
Apollo und Diana auf einem Wagen mit Viergeſpann, aus Cinem Stein
gearbeitet — in einer beſondern Gapelle’ des palatinifchen Palaſtes aufgeſtellt
hatte, Plin. XXXVI, 5, 4. [W.]
4) Avads, eine Stabt in Phrygien zwiſchen Prymneſſus und Synnaba
(Steabo XII, p. 576. Ptol. V, 2. Plin. V, 29, 29. Sierocl. p. 677.
Münzen bei Eckhel III. p. 167.); vielleicht die von Terier aufgefundene Ne⸗
tropole Stirfhinn bei Khoßsrew Paſcha. Vgl. Ausland 1815. Nr. 19. 6.75. —
5) eine befefligte Stabt Syriens nördlih von Emefa, am See bei Apamea
(Strabo XVI, p. 752.), viedeiht das heut. Sehgur. — 6) eine der Raub⸗
feften Iudäa’d, die von Pompejus zerſtoͤrt wurden, deren Lage fi aber nit
genauer beilimmen läßt (Strabo XVI, p. 763.). — 7) ein Flecken Arcadiens
unweit Liläa, nur bei Ptol. II, 16. [F.]
Lysikius aus Tarent, ein Pythagoräer, Jamblich. Pythag. 36. [B.]
Lysicles, 1) Bater ded 'ABownyos, Ihuc. I, 91. (Gero. VII, 21.
ABowrvyog). — 2) der atheniſche Demagog, f. Bo. I. ©. 868. oben. —
Ueber feinen Top auf einem Zuge dur die Mäanprifhe Ebene im I. 428
f. Thuc. II, 19. — 8) einer der Anführer des atheniſchen Heeres bei Chä-
ronea (338 v. Ghr.); nah dem unglüdliden Ausgange der Shlacht auf
eine Anklage des Redners Lycurgus zum Tode verurtheilt. Diod. XVI, 85. 88.
Plut. X orat. p. 154. Tauchn. Harpocr. in ewi Andio u. Asußadeıe, [K.]
Lysicrätes (Avouparns), 1) atheniſcher Archon DI. 81, 4. (Diod.
XI, 83.). — 2) Choragiſches Monument des 8. in Athen. Zur Aueſtattung
der tragifchen und komiſchen Ehöre beftellte jeder Stamm einen Ehoragen,
über deſſen Leitungen wir auf den Art. zoonyia verweifen. Wie die Dichter
ſelbſt, deren Stüde aufgeführt wurden, jo wettelferten auch die Choragen
mit einander um den Preis, der In einem ehernen, fünfllid gearbeiteren
Dreifuß befand (aus zo vunnzıigıov 8v Ahorvoor roinovg, Athen. Deipn. II,
p- 37 f.). Dieie Dreifüße hießen daher yognyınos zeimodes (Blut. Aristid. 1.:
or vinng aradnuaTe xopnyınovs toinodag 87 Aorvoov nureluner, Ol Hai
od quẽg sÖsiKvumo Toavıyy eniygagpns Sraawlorısse' ANTIOXIE
ENIKA. APIZTEIAHZ EXOPHTEI APXEZTPATOZ EAIAAZKE.
vgl. Blut. Nic. 3.) und wurden entmeber einer Gottheit geweiht oder von
Solden, melde das Andenken an biefen Sieg verewigen wollien, auf einem
eigend dazu aufgeführten Gebäude aufgeftelt. In Athen gab es eine fo
große Anzahl folder Monumente, daß eine vom Prytaneum audlaufende
Straße daher ven Namen Toinodes führte, Pauſ. I, 20, 1. Niclas erbaute
eined auf dem Plage des Dionyios, Plut. Nic. 3., und zmei derſelben find
ziemlih wohl erhalten auf unfere Zeit gefommen. Das eine am Buß ber
mittäglihen Geite der Burg gelegene weihte nach der Infchrift auf dem
Architrav Thraſyllus von Dekelia, der unter dem Ardon Neächmos Olymp.
115,1. mit dem Chor der Männer firgte, ſ. Stuart und Reveit Alterıhüm.
430% Lyside — Lystmachia
von Athen Bb. II. S. 23 ff. der deutſch. Vieberfeh.; baß andere, welches
nad der Lage an der öftliden Seite der Burg in der alten Straße der Tri»
poden geflanden zu haben ſcheint, wurde von Lyflcrated unter tem Archon
Euänetos DI. 111, 2. geweiht und eine auf dem Architrav angebrachte In»
ſchrift berichtet uns außer dem Namen des Ehoragen Lyficrates und des
Archon Euänetos, daß die Afamantifhe Phyle im Ebor der Knaben ge
fliegt, Theon die Recitation der Schaufpieler mit der Flöte begleitet, Lyfiades
aus Arhen das Siück aufgeführt habe. Das zierlihe Monument beileht in
einem auf einer hoben vieredigen Grundmauer aufgeführten Rundbau, deffen
ſechs Säulen eine flache Kuppel aus Einem Marmorfteine tragen. Auf der
Mitie dieſer Kuppel, deren Siegel in der Form von aufgeſträubten Blättern
(die vieleiht mir Beriehung auf den Gegenfland des Frieſes Meerekwogen
darflellen) gearbeitet find, erhebt fi ein in Form einer Blume geſchnitzier
Unteriag, auf dem bereinft der eherne Dreifuß aufgeflellt war, mie noch jept
deu liche Spuren zeigen. Die ſechs Säulen flehen nicht frei. fondern in die
Zwiſct enräume find Platten von Marmor nad der ganzen Höhe eingelaflen,
fo daß der Bau ganz geſchloſſen if und die Säulen eımad über die Hälfte
vortreien. Die Baſe if atrifh, das Capitäl corinthiſch; zwiſchen den Gapi-
tälen find flach auf den Platten je zwei Dreiſüße geſchnitzt, von der Form,
welde Homer und Heilod roinndas wrwerreg, Dreifüße mit Ohren, nennen.
Der Architrav hat drei Streifen von gleiher Höhe: der Fries ſtellt in einem
trefflihen Relief den Dionyfos mir feinem Gefolge und bie in Delphine ver
wandelien Iyrrheuer dar. Das Krangeflmie erſcheint mit ſchön geformten
Zahnſchnitten, und über den Kranzleiften laufen anflatt der Rinne am Rande
zierliche Erhöhungen umher, ähnlich den Zinnen über einer Kcflungemaner.
Das Volk nennt das Gebäude 6. 3. T. To gparapı roü Anuoodersos, die
Laterne des Demoflbened und hat die Sage, daß ed von dieiem Medner er
baut worden fei, um daſelbſt in der Einſamkeit zu ſtudiren; allein das Innere,
welches man wahrſcheinlich in der Erwartung Schätze zu finden erbroden
bat. Hatte urfprünglich feinen @ingang und war ganz bunfel. Es mit nur
5 Buß 11", Zoll und kann deswegen niemald zu einer Wohnung oter
felbft zu irgend einem Behälter beflimmt geweſen fen gl. Stuart unt
Meveit, Alierthümer von Athen Bo. I. S. 139 ff. Hirt, Bel. d. Bauf.
kei den Alten Bo. II. S. 25. und in Brmanglung diefer Werfe Horner,
Bilder des griech. Alterthums Nr. L. Am richrigfien nad nen angeftıLıen
Meffungen bei I. M. Mauch, Neue vergleichende Darflelung der ardıtec»
tonischen Ordnungen der Griechen, Römer und neuern Baumeifter, Zie Aufl
Taf. 54 -97. [W.]
Lyside, Tochter des Lapithen Koronos, von Aias Mutter des Phi⸗
laius, von dem der att. Demos Dilxidus (ſ. Steph. Byz. s. v.) feinen Namen
haite. [W]
Lysidice, 1) eine der Theepiaden, von Herakles Mutter des Teled,
Apollod. IE, 7,8. — 2) Tochter des Pelops, die mit Neflor vie Hirpoihoe
zengte, Apollod. II, 4, 5. Nah Andern war fle Gattin des Alcäus und
- Munter des Amphirryo, Pauſ. VII, 44, 2.; nad Andern Gattin des Eiec-
ityon und Dimpeer der Alcmene, Diod. IV, 9. Schol. Pind. O1. 7,49. | W.)
Lysimäche, Tochter des Abas, Gattin des Talaod, Diutter des Aoroftıe,
Parthenopäue, Pronax, Mefifleus, Ariſtomachus und der Eriphyle, Apollod.
I, 9, 13. — 2) Tochter des Priamus, Apellod. III, 12, 9. [W.]
Lysimachia (Avnueyie), I) eine rur von Pin. V,. 30, 32. er
mwöhnıe und zur Zelt deſſelden fon untergegangene äoliſche Etadt an der
Küſte Dinfiend zwiſchen Atarneus und Canä. — 2) eine bedeutente von Pol
machus erbaute und mit den @inmwohnen der zerſtörten Städte Gardia und
Pacıya bevölkerte Stadt und Feſtung auf dem thractihen Cherſones Im RD.
-
—X
| Lysimachides — Lysimachus 4303
des Sinus Melas (Volyb. V, 34. Strab. II, p. 134. VII, p. 331. Pauf.T,9 8.
Died XX, 29. Ptol. II, 11. Mela Il, 2,6. Flor. 1,8. vgl. unten ©. 1305 ),
die zwar nad den Tode des Lyſimachus von den Ihracieın zerflört, aber von
Antiochus wiedeihergeflelt wurde (Diod. de virt. et vit. p. 374. Liv. xxhii,
38. XXXVIII, 40.). Unter den Roͤmern verfiel fle mehr und mebr (Plin.
IV, 11, 18.), und bei Ammian. XXII, 8. erſcheint fie zum letzten Male
unter ihrem ulten Namen. SJuflinian aber flellie fie ala eine ſtarke Feſtung
wieder ber (Procop. aed. EV, 10.) und feitdem führte fie den Namen Heras
milium ‘'ESauidor, bei Symeon Logoth. p. 408. u. A., auch in einer
fpiteren Gloſſe bei Ptol. 1.1.). Noch jetzt liegt Hier der Flecken Efiemil;
die eigentlichen Ueberrefte von Lyſimachia aber glaubt man beim Dorfe Baus
Iar gefunden zu haben. — 3) Etadt im Südw. von Hetolien (Lis. XXXVI,
9.), an einem See gleiched Namens, der früher Hydra hieß und ſich zwi⸗
ihen Pleuron und Conope audbreitete, etwas öftlich von legrerer und nörde
lid von Chalcis (Strabo X, p. 460. Polyb. V, 7.), zu Strabo’8 Zeiten
ſchon vernichtet. Leake North Gr. I. p. 122. u. 153. fucht fie beim heut.
Paraphated. Doch vgl. auh Pouqueville Voy. III. p. 179. Mannert VII.
S. 107 f. und Krufe Hellas II. 2, ©. 259. [F.]
Lysimachides, Zeigenofle bed Grammatikers Cäcilius, an melden
er nah Ammon. s. v. deapoz ein Werk nroi zur napa rois "Artıxois &0pTo9
ſchrieb (fo corrigirte Valdenaer d Bulg. unroger), daß jedoh nah Harpoer.
s. v. onigor vollfländig ven Titel zepi rar 'Adnrya 8opr@r. Ta nai unros
gehabt zu haben ſcheint. Vgl. denſ. s. v. Muerroiwr, Meruyarro»,
Sol. Soph. Oed. Col. 56. [West.]
Ly:imächu«, 1) Sohn des Agathokles, eined durch des Könige
Philippus Gunſt gegen-den ſchmeichleriſchen Boffenreißer großgewordenen und
dann in Pella eingebörgerten Veneflen aus dem thrffulifchen Krannon (Theo⸗
pomp bei Arhen. VI, 259 f. 260 a. Poiphyr. beim armen. Eufeb. ed. Aucher.
I, p. 329. Juflin. XV, 3. Arrian. Exp. Alex. VI, 28. *), geb. wahrid.
361 v. Ehr. (Rucian. Macrob. 11.) einer ver Begleiter Alexanders auf ſei⸗
ner aflatiichen- Heeresfahrt, wird vor dem indiſchen Feldzuge nur felen er.
mwähnt; fo, wie er auf einer Jagd in Syrien einen Rönen, wiewohl bis aufs
Bein von ihm zerfleiiäht, erlegt, wie ihn fpäter der König in gleicher Gefabr
in den Wäldern bi Maracanda mit feinem Beiltand zurüdgemieien, endlich
wie er bei einem ber mit folden Jagden wechſelnden Gaftmale in derjelben
Gegend nebit Andern Alexanders Wurh gegen den ſchwarzen Klituß zu ent⸗
.
waffnen geſucht Habe (Euriius VII, 2, 14 f. 9, 46.). Deſto bedeutender _
tritt er auf und nad dent indiften Zuge hervor als einer der fieben (von
dieſem Zuge an acht) Föniglihen Leibwächter höhern Ranges, tiefer erlaude
ten, den König im Lager und im Kampfe begleitenden limgebung. die zudem
Öfterd mit geringerem oder größerem Heerbeſehl betraut wurde (Mügell zu
Gurt. VI, 31, 19). Dort fegt er auf dem Königefhiffe mit über den Hy⸗
da'ped und wird unter den vielen bei Sangala's Eıftürmung jenfeitd ded Hy⸗
draotid Verwundıten genannt (Arrlan. V, 13, 24. Gurt. V, 3, 14f. Ritter,
Erdk. V. ©. 461 f). Obgleich wegen feiner Iheilnahme am Geſchicke des
von ihm gerne gehörten Philoſophen ** Callifthenes (i. Bo. 1. ©. 93.)
* Das Monum. Adalit. fcheine ihm, dem Mitbezwinger Indiens, dem Beherrſcher
Thraciens (Bisconti Icon. gr. 1, p. 102, 105.) eine mythiſche Abkanſt von Dionpius
beizulegen (Eckhel Num. vet. p. 63.), wenn dieß nicht etwa auf die müttertihe Abs
ſtammung feiner Tochter Urfinoe von der Obrpfierin Mekrida (Polyän. ‚Sırateg. VI,
12.), vieleicht einem thracifchen Farſtenkinde, zu beziehen iſt (Coll, Nova Paır. Il,
p. 140 f. ed. Montfauo. Wo. jebody Aber diefe Stelle Butimann in feinem u, WBolf’s
Muſeum der Altern. Wiſſ. U. 1, G. 123 f.),
”” Bug den indiſchen Philofoppen CTalauus ehrte er wegen feine Weiöhelt an,
1904 - Lysimackus
auf des Könige Befehl mit einem Loͤwen zufammengefyerrt, für deſſen riefen»
fräftige Beflegung er allerdings fovann von Alerander nur um fo höber ges
halten wird *, beweist er bemfelben doch bei Verfolgung von Feinden
durch unermeßlihde Sandflächen Indiens, zulegt allein no zu Fuß ihm zur
- Seite fib Haltend, feine edelmürbige Hingebung **, und wird für biefe und
andere Großthaten vor der Einſchifſung auf dem Hydaſpes mit einer Trierardie
(Arrian. Indica 18. 20.) ſowie gleih den andern Leibwächtern beim Sieges⸗
fefte zu Berfepolis mit einem goltenen Kranze für Tapferkeit beehrt von
demielben Fürften, ver nach feiner damaligen Stimmung und feiner ganzen
©telung (Gurt. VI, 3, 18. VIII, 51, 46. Sal. Cat. 7, 2.) bereitwilliger
zu Anerkennung audwärtigen als einheimiſchen Verdienſtes, ihm hinm iederum
wegen ſeines Feldherrntalentes gram geweſen fein fol (Aelian. V. H. XII,
16.). Uber eben wegen des letztern ſcheint nun nad des Koͤnigs Tode der
Reichsverweſer Perdikkas 323 v. Chr. bei der erſten Theilung dem feiner
Perſon wohl ergebenen Manne als ſtreitfertigem Beobachter des mit ihm
geſpannten Antipater in Macedonien, die Statthalterſchaft über den Cher⸗
ſones, Thracien und die angrenzenden Stämme bis an die Oſtküſte nament-
ih um das durch Uebung des thraciſchen Strandrechtes bei den Ponms⸗
-ſchiffern berufene Salmydeſſus zugetheilt zu haben (Derxippus und Arrian.
bei Photius p. 202. u. 219. ed. Hoeschel. Diod. Sic. XVII, 3. Entt.
‚30, 4. Strabo 319. 541. Mannert, Beogr. d. Griechen u. Roͤmer VII,
S. 148 f. Droyfen, Gel. des Hellenismus I. ©. 46 f.), wo er auch fleben
Jahre lang durch Hartnädige, nicht immer flegreihe Kämpfe bei. gegen den,
ſcheint es, nie ganz und auf immer bezwungenen Odryſen⸗Koͤnig Seuthes II.
(? Vieconti Icon. grecque 1. p. 108f. Diod. XVIH, 14. Banner ©.
57 f. Flathe, Geſch. Maced. I. S. 514 f.) fo viel zu fchaffen befam, daß
er unter ben indeſſen von den Satrapen durchgefochtenen Streitigkeiten nur
Bei der zwiſchen Antigonus, Polyſperchon und Caſſander als Bundsgenoſſe
des Letztern im Vorbeigehen erwähnt wird (Diod. XVIII, 73. f. Bo. 1.
©. 189 f. u. 402.). Im J. 815 trat jedoch auch er in den durch Piole—
mäus und Seleucus geſtifteten Bund wider den übermächtigen, Ihn namentliqh
bedrohenden Antigonus ein (Diod. MX, 96. Pauſ. J, 6. ſ. Bd. J. ©. 328f.)
dem er inebeſondere durch Vereitelung ſeines projectirten Bündniſſes mit dem
ſeemächtigen Bozanz ſchadete (Diod. 77. Droyfen S. 862.), der aber auch
ihm durch Aufwieglung feines alten Gegners Seuthes zu einem neuen blu⸗
tigen jedoch flegreiden Kampfe bein Hämusübergang, ſowie der mit den
Thraciern am untern Iſter vermiſcht wobnenden Scythen (Strabo 296.) mt
der freiheitsliebenden Briehmftänte an Thraciens Oſtküſte, die überbieß von
dem nach der Herrſchaft Uber alle Bontuscölfer trachtenden Eumelus, Fürflen
bed Eimmerifchen Boeporus (Vieconti am a. D. p. 121 f.), unterlügt wur⸗
ben, als deſſen Bundegenofie ein anderer von Lyſimachus, feheint es, noch
unabhängiger Thracierfürſt Arlopharnes auftritt, ein heißes Ringen um ten
endlichen Steg bereitete (Diod. XIX, 73. XX, 22 f.), welcher erſt dur den
Frieden mit Antigonus (3. 311, Diod. XIX, 105.) ihm möglih geworden
murbe deshalb von Ihm vor feinem Feuertode mit feinem Nofe, einem Fönigficen
von den Npiäifchen, beſchenkt, Urrian. VII, 3,
® Diefen von Curt. VIII, 3, 17. ohne beſtimmte Neunnng eined genligenden
Grundes angezweifelten Sug aus einer freilich and fonfk verfchieden erzählten Ges
ſchichte (Dropfen, Gefch. Alex. des Br. S. 357. Uum. 89. Mutzell zu Eurt. VIII,
29, 21.) geben auch Juſtin. XV, 3, Seneca de Clem. I, 25. de Ira HI, 17.
Pin, H.N. VIII, 16, 31. War, Mar, IX, 3, Ext. 1. Pauf, I, 9. Plut. Demetr.
97. 2* Tot er. "
uſtin. „8. Appian. Syr. 64. — Sein Bruber Phillppus mußte friiher
06 cine Apurlpen Werfuche fein junges Erben in des Kbnige Urmen anühanchen,
Lysimachus 1305
®
feun mag, J. 310. Aber diefer Friede war — dieß Tag in der Cigenthüm⸗
Iıhfeit und in der Stellung der Kämpfer — im Grunde nur ein dur wies
derbolte Beindfeligkeiten, fo die Unterflügung des von Demetrius Poliore.
belagerten Rhodus durch Ptolemäus, Gafjunder und Lyſimachus (Diod. XX,
96), unterbrochener Waffenflillſtand vor dem legten Entſcheidungskamrf (Droys
fen ©. 389 fr Flathe S. 496 f.), auf den ſich Lyſ. namentlich auch durch
Anlegung der Start Lyſimachia (f. Examili) auf der den ihraciſchen Cher⸗
fones mit dem Continent ve:bindenden Landenge zur Sperrung der S:rafe
nad den feßtern, I. 309, rüfıte (Droyien ©. 409. 740 f. Diod. XX, 29.
Strabo 331. Pauſ. I, 9. mit dem Beiſatze, er habe dafür Kardia zerftört
und in die neue Stadt ertleert, daher nach ihm die Mißſtimmung ded Hilo»
tikerd Hleronymus von Kardia gegen Lyſ., Droyfen S. 670 f. f. Br. IH.
S. 1333 f. — Die Diünzen diefer Kriegscolonte mit ſprechenden Sumbolen,
bei. dım Korf ihres Stif ers mit Diadem oder Lömenhaut ſ. bei Mionnet,
Deser. etc. I, p. 428. Suppl. II, p. 534 f.). Nachdem die nebenbuhlerlicken
Satraven zuvor noch alle — Caſſander mit Beſchränkung — und fo namentlich
auch Xyi. Königötitel Diadem angenommen und diefer fih nad dem Zeite
aeichmude mit einem leichtiertigen, Enechtich gefinnten Hofe (Aıhen. XIV, 614. e. f.
@ic. Tusc. Disp. I, 43 ), fväter dem Herde fhweren Jammers für ihn, ums
geben, kam es, beſchleunigt durch den beabfittigten Vernichtungezug des Dem.
gegen Caſſander, der den Lyſ., jegt feiner Echwefler Nicia Gemabl (Droyien
©. 517. Anm. 3), und mit dieſem Piolem. von Aegypten und Seleucus
von Babylon zum Bunde gegen den gemeln’amen Dränger Antigonus aufs
rief, zum allgemeinen Teßten Kampfe mit Demfelben, Diod. XX, 106. 3 302,
in deſſen Sommer 2yi., tur einen Theil des maced. Heeres verfüft —
der Ve mußie den beramziehenden Dem. befleben —, nah Kleinaflen
binüberzicht, den größern Theil dee Halbiniel, befonderd das von Anıigonu
fo Jange ſchon abhängige Phrygien in raſchem Laufe megnimmt und jenen
zu Schneller, Eräftiger Abwehr aus Syrien herbeinöthigt, wo ed demſelben
zwar gelingt, den kühnen thraci chen König bie ins Innere von Birhynien
zurückzudrängen, er aber doch ob ven Herbfiregen und dem Heromüden des
Sel. aud Meiopotamien zulegt vom Verfolgen feines Geqners ablıffen muß,
dem e3 nun von feinen Winterquariieren aus in der Nähe ver bedeutenden
Seeftadt Heraflea (f. Bo. IH. S. 1130.) gelingt, dieie mit Hufen, Vor⸗
räthen, Blotte, und zugleih tie Hand von Amaſtris, der Witwe des legten
Dortigen Dynaſten, einer Nichte von Darius Codomannud und mir ibhr die
oormundſchaftliche Regiexung dajelbft zu gewinnen (Diod. 107—109. Mens
aon Hist. Heracl. bei Phot. p. 711. Cap. 5. "Poleberw de rebus Hera-
:leae Ponti Spec. 1. p. 83 f.). Dafür wurde er nın aber von Dem, ber
ad raſchem Abſchluß eined Friedens mir feinem Gegner Cafſander wider
ven aurückenden Sel. feinem Vater Antig. zu Hilfe eilen mußte, im Rüden
edroht, bei Lampiacus gefchlagen *, eine Siliefendung Cafſſanders größ:en»
heils durch einen Seeſturm vernichtet, gegen 3000 feiner Edipner. enınihen
von dem foldfargen Lyſ. zum voraußbezahlenden Antig. und fo war die Lage
es Erſteren und feiner Berbündeten am Eude des I. 302 mißtih genug,
18 feine im Sommer des folg. 3. glücklich bewerkſtelligte Vereinigung mit
5el. zur entſcheidenden Schlacht bei Ipſus (f. d. Art, wahıfh. Im Süoen
ed großphiygiihen Synnada, Hamilton Reiſ. in Kleinaften U. S. 171 f)
ũhrte, in welder er wohl perfönfid mittämpfte (Flathe S. 312.). Die
mijcgen den zwei Giegern, von welden Lyſ. die meiſte Gefahr beſtanden,
® Nach diefer Niederlage ließ er 5000 Söldner vom ifiyr. Stamme der Auta⸗
zaten (Strabo 313, 315-318.), um fie vom Ueberlaufen gu Demetr, abzuhalten,
238 blutiger Arglit niederhauen (Polpän. IV, 12, 1.) .
IV. . 82 ®
1904 2 Yeyaimekes
auf des Königs Befehl mit einem Loͤwen zufammengefperrt, für deſſen riefen»
fräftige Belegung er allerdings fodann von Ulerander nur um fo höber ge»
halten wird *, beweist er demfelben doch bei Verfolgung von Feinden
dur unermeßlide Sanpflähen Indiens, zulegt allein noch zu Fuß ihm zur
Seite ſich haltend, feine edelmüſhige Hingebung **, und mird für dieſe und
andere Großthaten vor der Einfhiffung auf dem Hydaſpes mit einer Trierardie
(Arrian. Indica 18. 20.) fowie gleih den andern Leibwächtern beim Sieges⸗
fefte zu Berfepolis mit einem golvenen Kranze für Tapferkeit beehrt von
bemielben Fürften, der nach feiner damaligen Stimmung und feiner ganzen
©telung (Gurt. VI, 3, 18. VII, 51, 46. Sal. Cat. 7, 2.) bereitwilliger
zu Anerkennung auswärtigen als einheimiſchen Verdienſtes, ihm hinn iederum
wegen ſeines Feldherrntalentes gram geweſen fein ſoll (Aelian. V. H. XI,
16.). Aber eben wegen des letztern ſcheint nun nad des Könige Tode der
Reichsverweſer Perdikkas 323 v. Chr. bei der erflen Theilung bem feiner
Perſon wohl ergebenn Manne als firelifertigem Beobachter des mit Ihm
gefpannten Antipater in Macedonien, die Gtatthalterfhaft über ben Cher⸗
fones, Thracien und die angrenzenden Stämme bi8 an bie Oflfüfte nament ·
ih um das durch Hebung des thraciſchen Strandrechtes bei den Ponms⸗
-ſchiffern berufene Salmydeſſus zugetheilt zu haben (Dexippus und Arrian.
bei Photius p. 202. u. 215. ed. Hoeschel. Diod. Sic. XVIII, 3. Gurt.
X, 30, 4. Strabo 919. 541. Mannert, Beogr. d. Griechen u. Römer VII,
©. 148 f. Dronfen, Geſch. des Hellenismus I. ©. A6 f.), wo er auch ſieben
Jahre lang durch Hartnädige, nicht immer flegreihe Kämpfe bei. gegen ben,
ſcheint es, nie ganz und auf immer beawungenen OdrpiensKönig Seuthes III.
(? Vieconti Icon. grecque II. p. 108f. Diod. XVII, 14. Mamert ©.
57 f. Ylarhe, Geſch. Macev. I. ©. 514 f.) fo viel zu ſchaffen befam, daß
er unter den indeſſen von ven Satrapen durchgefochtenen Streitigkeiten nur
bei der zwiſchen Antigonus, Polyſperchon und Caſſander als Bundsgenoſſe
des Letztern im Vorbeigehen erwähnt wird (Diod. XVIII, 73. ſ. Bo. 1.
S. 188 f. u. 462.). Im J. 815 trat jedoch auch er in den durch Piole⸗
mäus und Seleucnd geflifteten Bund wider den übermächtigen, ihn namentli&
bedrohenden Antigonus ein (Diod. XIX, 56. Pauf. 1,6. |. Bd. J. ©. 528 f.),
dem er indbefondere durch Vereitelung feines profectirten Bünbniffes mit dem
feemädtigen Byzanz ſchadete (Diod. 77. Droyfen ©. 362.), der aber auf
ihm durch Aufwieglung feines alten Gegnerd Seuthes zu einem neuen blu⸗
tigen jeboch flegreihen Kampfe beim Hämusübergang, fowie ber mit den
Thraciern am untern Ifter vermiſcht wobnenden Scythen (Strabo 296.) und
ber freiheitsliebenden Griechenſtädte an Thraciens Oſtküſte, die überdieß von
dem nach der Herrſchaft über alle Pontusoölker trachtenden Cumelus, Fürſten
bes kimmeriſchen Boeporus (Vieconti am a. D. p. 121 f.), unterflügt wur⸗
den, als deſſen Bundegenoffe ein anderer von Lyſimachus, ſcheint ed, noch
unabhängiger Ihracierfürkt Arlopharnes auftritt, ein heißes Ringen um ten
endlichen Steg bereitete (Diod. XIX, 73. XX, 22 f.), welcher erſt durch den
Brieden mit Antigonus (3. 311, Diod. XIX, 105.) Ihm möglih geworden
vonrbe deshalb von ihm vor feinem Feuertode mit feinem Nofe, einem Löniglicen
von ben Nyfäifchen, beſchenkt, Urrian. VII, 3.
® Diefen von Ener, VIE, 3, 17. ohne beflimmte Neunnng eines genügenden
Orundes angezweifelten Zug ans einer freilich and ſonſt verfchieden erzäbiten Ber
ſchichte (Droyſen. Gefch. Alex, des Br. S. 357. Anm. 869. Müpekıgu Curt. VIIE,
29, 81.) geben auch Juſtin. XV, 3, Seneca de Ciem. I, 235. de Ira HI, 17.
Pin, H.N. VII, 16, 21. Bat. Mar, IX, 3. Ext. 1. Pauf, I, 9. Plut. Demetr.
27. Bei Urrlam. fehlt er.
Juſtin. XV, 3. Appian. Syr.64. — Gen Bruder Philippud mußte früher
00 vinem Ayuilıpen Werfuche fein Junges Erben in bed Könige Armen anöbnuchen,
Lysimachus 1305
®
eyn mag, 3. 310. Aber diejer Friede war — dich Tag in der Eigenthüm⸗
ichkeit und in der Stellung der Kämpfer — im Örunde nur ein durch wies
derbolte Feindſeligkeiten, fo die Unterlügung des von Demetrius Poliorc.
belagerten Rhodus durch Ptolemäus, Caſſander und Lyſimachus (Diod. XX,
I6 ), unterbrochener Waffenflillſtand vor dem letzten Cuſcheidungaskamrf (Droys
en ©. 389 fr Flathe S. 496 f.), auf den fih Lyſ. namentlih au durch
Anlegung der Start Lyſimachia (j. Bramili) auf der den ıhracifhen Cher⸗
ones mit dem Continent verbindenden Landenge zur Eyerrung der S:rafe
ah dem fegtern, 3. 309, rüfıte (Droyien ©. 409. 740 f. Dion. XX, 29.
Strabo 331. Pauf. I, 9. mit dem Betiage, er babe dafür Kardia zerftört
ınd in die neue Stadt ertleert, daher nach ihm die Mißſtimmung des Hiſto⸗
iferd Hieronymus von Kardia gegen Lyſ., Droyfen S. 60 f. f. Br. IM.
5. 1333 f. — Die Münzen dieſer Kriegscolonte mit ſprechenden Svmbolen,
yef. dem Korf ihred Siif ers mir Diadem oder Lömenhaut f. bei Mionnet,
Jeser. etc. I, p. 428. Suppl. 11, p. 533 f.). Nachdem die nebenbuhleriſchen
Satraven zuvor noch alle — Eaffander mit Befchränfung — und fo namentlid
uch Lyi. Königstitel Diadem angenommen und diefer ſich nah dem Zeit⸗
reichmade mit einem leichtfertigen, knechtiſch gefinnten Hofe (Aihen. XIV, 614. e. f.
Sie. Tusc. Disp. 1, 43 ), väter dem Herde ſchmeren Jammers für ihn, ums
(eben, kam es, beicpleunigt dur den beabfittigten Vernichtungezug des Dem.
jegen Caſſander, der den Lyſ., jetzt feiner Echwefler Nicia Gemahl (Droyien
5. 517. Anm. 3), und mit dieiem Piolem. von Aegypten und Gıleucus
on Babylon zum Bunde gegen den gemein’amen Dränger Antigonus aufs
ief, zum allgemeinen legten Kamrfe mit vemfelben, Diod. XX, 106. 3 302,
n teffen Sommer 2yi., durch einen Theil des maced. Hıered vorfiüft —
er Mei mußte den heranziehenden Dem. beſtehen —, nah Kleinaflen
inüberzicht, den größern Theil der Salbiniel, befonders das von Amigonus
9 Jange ſchon abhängige Phrygien in raſchem Laufe weguimmt und jenen
u fhneller, Eräftiger Abmehr aus Eyrien berbeinöthigt, wo es demielben
var gelingt, den kühnen thraciſchen König bis ind Innere von Blrhynien
nüdzudrängen, er aber doch ob den Herbſtregen und dem Seromiüden des
5el. aus Meiopotimien zulegt vom Verfolgen feines Begnerd ablıffen muß,
em es nun von feinen Winterquariieren aus in der Nähe ter bedeutenden
zeeſtadt Heraflea (f. Bo. IH. ©. 1130.) gelingt, dieie mir Hafen, Vor⸗
ithen, Blotte, und zuglei tie Hand von Amaftris, der Wtıtwe des letten
rigen Dynaſten, einer Nichte von Darius Codomannus und mir ibr die
»rmundſchaftliche Regierung dajelbit zu gewinnen (Died. 107—109. Meute
yn Hist. Heracl. bei Phor. p. 711. Cap. 3. " Poleberw de rebus Hera-
eae Ponti Spec. I. p. 83 f.). Dafür wurde er nun aber von Dem, ber
ich raſchem Abſchluß eines Friedens mit feinem Gegner Caſſander wider
n aurückenden Sel. feinem Vater Antig. zu Hilfe eilen mußte, im Rüden
droht, bei Zampiacus gefählagen *, eine Hiliefendung Caſſanders größ:en»
eild durch einen Seeſturm vernichtet, gegen 3000 feiner Edipner enmiden
n dem foldfargen Lyſ. zum vorausbezahlenden Antig. und fo war die Lage
8 Erſteren und feiner Verbündeten am Eube des I. 302 mißlich genug,
8 feine im Sommer des folg. I. glücklich bewerfflelligte Vereinigung mit
ef. zur entſcheidenden Schlacht bei Ipius (1. d. Art, wahrſch. im Süden
3 großphrygiihen Synnada, Hamilton Reiſ. in Kleinafien I. S. 171)
yrte, in welder er wohl perfönlid mittämpftie (Blathe S. 912.). Die
ijgen den zwei Siegern, von melden Lyſ. die meiſte Gefahr beſtanden,
® Mady biefer Niederlage ließ er 5000 Soldner vom Uyr. Stamme der Auta⸗
ten (Strabo 313, 315—-318.), um fie vom Ueberlauſen gu Demetr. abzuhatten,
b Hlutiger Argli nieberhauen (Polpän. IV, 12, 1.), .
ix. 82 ®
—e—- — — —
1306 Lysimachus
Sel. bie Enticheivung herbeigeführt Hatte, gemachte Theilung brachte das
kleinafiatiſche Land meftli von einer etwa durch die Mitte von Großphrygien
gezogenen Linie in den Beflg oder in die Abhängigkeit von kyſ. *, öſtlich
davon jammt ganz Syrien, Polyb. V, 67, 8., in die Gewalt von Gel,
eine Nachbarſchaft, deren Gefahr für den Erfleren durch die kleinen Zwiſchen⸗
ſtaaten von Gilicien, Pontus und Cappadocien wenig gemindert wurde (Ap⸗
pian. Syr. 55. Blut. Demetr. 31. 46 f. Droyfen ©. 548. 554 f. Flathe
©. 513. II. ©. 14f). Wit ver Einrichtung diefer neuen Erwerbungen,
ſcheint e8, befchäftigt brachte er.den Winter von 301 auf 300 noch in alıer
Zuneigung zu feiner edlen Gemahlin Amaſtris mit diefer in Sardes Hin
(Diemnon c. 5.); aber darauf eingetretene Abnahme vieler Neigung zu
Amaftris, die fi fofort in Ihr Fürſtenthum Heraklea zurückzog, wobl mehr
aber noch NRüdfihten ver Politik gegenüber von dem kühnen Verwüſter des
Cherſoneſus, Dem., fowie von dem für das thrac. und aͤgypt. Mei furcht⸗
baren Gel. beflimmten den Lyſ. zur Schließung eined engeren Bundes mit
Pol. J., defien Tochter Arfinoe zu heirathen, was die zwei zuvor genannten
Fürſten gleichfalls zu innigerer Verbindung trieb (Iußin. XV, 4.); daher die
Kriegöflamme im J. 297 zwar nit, wie befürdtet wurde, zwiſchen allen,
aber doch zunädft zwifchen den erbittertflen Gegnern (Blut. Demetr. 20. 25.)
Dem. und Lyſ. loebrach, welcher Letziere Aihens damalige Gewalihaber wider
dad Dräuen des Erſteren jedoch nicht mit nachhaltigem Erfolge unterſtützie
(Blut. Demetr. 33 f. Polyän. IH, 7, 2. 3.), demſelben, der nahe daran
war ganz Griechenland in feine Gewalt zu bekommen, inzwiſchen feine kleinaſ.
Städte namentlich Epheſus entriß (Plut. Demetr. 35. PBolyän. IV, 7, 4.
V, 19. &rontin. Strateg. III, 3, 7.), dur Vermählung feiner Tochter
Curydice mit dem jungen König Antipater von Macedonien, Caſſanders
Sohne, dieſes Land und Ihracien zu feRerem Bunde wider Dem. aneinander
fettete, I. 296, und zwiſchen Antipater, feinem jüngern Bruder Alexander
und Pyrrhus von Bpirus, Aleranders Tänderfüchtigem Bundesgenoffen, einen
auf Ihellung Macevoniens lautenden Frieden dur Betrug vermlitelte, ohne
jedoch dem verhaßten Dem. den durch Aleranderd bald darauf erfolgte Er⸗
mordung gewonnenen Raub Macedoniens wehren zu Eönnen (ſ. Bd. I. ©.
355 f.), in deſſen Beflge er vielmehr, troß des wiederholten Drängend von
feinem zu ihm geflügpteten Cidam Antipater un Belftand zu Wiedereroberung
wenigftend des Öftlihen, ihm zugefchiedenen Macedoniens, durch einen fürm-
lihen Friedenoſchluß den Dem. anerkennen mußte (Suftin. XVI, 1.), weil er
ſelbſt fi inzwifhen mit den Beten, einem auf beiden Seiten des untern
Iſterlaufes haufenden Xhracierflamme (ſ. Bd. IN. ©. 853 ), ungerührt dur
bie von Geſchenken begleitete Zurückſendung feines bei einem frübern Einfall
gefangen genommenen ee Agathokles, vol unerfätrlicher Ländergier in
einen neuen Kampf (3. 292) eingelafien hatte. Gleichfalls beflegt und ge»
fangen genommen wurde er zwar nach Abſchließung eines Freundſchaftsbun⸗
bed ** vom Getenkonig Dromicdätes ebenio klug als edelmũthig wiederum
entlafien (Polsberw p. 86. not. 2. Plut. Dem. 52. Droyien S. 588—
592. Maaswyk zu Bolyän. VII, 25,3.), war aber doch durch dieſen Schlag
fo geſchwächt, daß einerjeitd ohne den Abfall der Böotier im Rücken des
Dem. und einen gleichzeitigen Angriff des mit Aegypten eng verbündeten
* Bis anf dad von Dem. behamptete Enhefus nebft einigen andern nicht gewann:
ten Städten ber dortigen Küfte (Plut. Demetr. 30. 31. Polydu, IV, 7, &.).
©° Auf weichen öfters in berMoldan gefundene Münzen mit Erf. Namen aufpielen
ſellen, Georgii, alte Geogr. II, 2. S. 361. Des Lyſ. Aeußerungen bei feiner Gefaugen aeb⸗
mung ſ. bei Wyttenbach gu Pint. de sera naminis vindiota p. 57. — Der Ort Ing.
im Norden des Iſter, wo auch Darius in bie Scythennoth kam, Strabo 306,
Lysimachus 4897 -
Pyrrhus auf denſelben jener Immer neu fi emporarbeitende Abenteurer (f. Wr.
ji. &. 929. und BDroyfens vortrefflicde Charakterifiil von ibm ©. 584. 616.
629.), der inzwiſchen in Tihracien eingebrochen, dieſes Reich ſicherlich erobert
hätte, andererfeitö Lyſ. jeßt weniger als je zuvor im Stande war, feinen '
Eidam Antivater mieber in Macedonien einzufegen, vielmehr von dorther
Alles für ih ſelbſt befürchten mußte, weshalb er mit den Königen von
rn)
Aegypten und Syrien, die durch Dem.'s neue Broberungsplane wider da6 -
von ihm eingebüßte Aften gleihfals bebroht waren *, zu einer neuen Goa⸗
fition negen Antig.’8 Sohn gedrängt wurde. Nah einem für Lyſ. ungün-
fligen Anfang bei Amphipolis wird Dem. doch in Folge einer Diverfion des
Pyrrhus und des raſchen und allgemeinen Abfalld der Maced. aus dem
Lande getrieben **, deſſen größten Theil Pyrrhus, ven Reſt, vie reichen
Gegenden um den Fluß Neſtus ***, Lyſ. erhält, welcher den läfligen Mahner
Antipater aus dem Wege räumen T, beffen Gemahlin aber, feine eigene
Tochter Eurydice einfperren läßt, und fein Reich im Weften der neuen maced,
Erwerbungen dur Berrarh an einem Päonierfürften noch vergrößert TF.
Nach neuen Kämpfen in Griechenland, wohin er geflüchtet, und raſchem
Briedenafhluß mit dem ihm dorthin gefolgten Pyrrhus war Dem. inzwiſchen
nach Kleinaflen aufgebroden, wo er nad raſchen, glänzenden Eroberungen
in Lyſ. Landſchaften Lydien und Garien von deſſen heribergefandtem Sohne
Agathokles, trotz augenblicklicher Bortheile über denſelben, ſowie von Mangel u.
Seuchen gedrängt, unter abenteuerlichen Entwürfen zu Eroberungen im entfern»
tern Often fi zuletzt an feinen Schwiegerfohn Sel. ergeben mußte. Unterdeffen
hatte Pyrrhus, auf Lyſ. Anfliften wider Dem.'s Sache von Neuem in Waffen
jetreten, demſelben beinahe ganz Thefiallen meggenommen, als der thraciſche
Rönig deffenungeadhtet, weil nun fiher vor Dem., den Pyrrhus in Maceb. um-
singelte, ihn und feinen neuen Bunddgenofien Antigonus, Dem.'s Sohn, belegte
und ihm durchs Schwert, nicht minder aber durch Beſtechung und Beſchwatzung
»es maced. Volks und Adels die nur fleben Monate getragene Krone Aleran-
»ers d. Sr. entriß (Blut. Pyrrh. 12. PBauf. I, 10, 2.177); und nun, nach⸗
yem er durch Beraubung der Bamilien Antig. d. Ae., Caſſander's und Pyrrhus
zröher als je geworben, und Macedonien, Thracien, einen Theil wenigſtens
yon den Infeln des ägäiſchen Meers und Kleinafien nad ber oben bezeichnes
en Begrenzung unter feinem Scepter vereinigte, Nichts mehr fürdhtete, als
‚ie eben wegen feiner dem Sel. immer bedenklicher erſcheinenden Macht und
vegen fo vieler Fürbiten von Antig. d. J., von Städten und Fürften nicht
* Den Bund mit Wegppten verfiärkie er durch Verheirathung feines Sohnes
Ugathokles mit Ptol.'s Tochter Eyfandra, ber Gemahlin des von Dem, gemorbeten
naced. Alexander (Dropfen ©. 555. Anm, 3. u, S. 610.).
»* So etwa Tießen ſich bie Angaben von Pauf. I, 10, 2. Plut. Demetr. 44,
na» Pyrrh. 11. vereinigen, vgl. Polyän, IV, 12, 2,
or Golite nicht Pauf. I, 10, 2. ſtatt Neariov nal Manedörun?! nad Neariow
Monedovar, bie Macedonier um den Neſtus, gelefen werden ? Dann brauchte man
em Pauf. Leine ungenaue Darfiellung auſzubürden (Dropfen ©. 613. Aum. 12.)
‚och unit dem Abbe Gedoyn (Goldhagen, Ueberf. bed Pauf. zu d. St.) bie Neflier gar
n Ilprien zu fucden, Strabo 323. 331. Liv. XLV, 29. Xafel, de via milit. Rom.
sgaatia p. XXVIIE, *** u. p. XLIV.
T Eoufiruction uud Inhalt der zwei leyten Satze des Fragments bei Diod. XXL.
sol. VII, p. 490. legen die Frage nahe: folite nicht beim zweiten, rafdı anders ges
vendeten Gage Avoiuayos ale Subject ausgefallen ſeyn?
Tr Bähr zu Heros, V, 13f. und Addenda p. 811. Tafel fragm. Libri VIE.
Ioogr. Strab. p. 30 f. Nott. 81. 85.
ttr Iegt, oder was nad) Pauſ. I, 9, 9 J. wahrſcheinlicher, etwas fpärer fiel
nf. auch In @pirus ſelbſt ein. Die von Hieronymus von Kardia ffammende Notiz,
e habe dabei die Gräber epirot. Könige umgewählt, fcheint mie wenigſtens durch
kauf. Declamation wicht entkraͤftet gu ſeyn. ,
- 1808 Eysimachus
unwahrfcheinliäe Lollaffung ſeines Todfeindes Dem., und daher für beffen
Tödtung dem Sel. das ron demielben mit Unwillen zurückgewieſene Aner⸗
bieten von 2000 Ialenten madte (Bfut. Dem. di. Diod. XXI. Exc. de
Virt. et Vit. p. 561.). Weiterer Unterhandlungen überhob Dem.'s Top
(3. 233) feinen unverföhnlihen Widerſacher. Dem Hofe von Luflmadia,
der ſomit bereits in waciender Spannung mit dem von Antiochia fland,
drohte, als Bıolem., wegen feined ungeſchlachten, tofloreiften Wefens Keraunus
genannt und durch feinen Vater Ptol. I. von der ägyvt. Ibronfolge aufge
ſchloſſen (Memnon c. 9. Pauſ. I, 16, 2.), fich zu Lyſ. flüchiere, mir dem
bisher befreundeten Hofe von Alexandria eine neue, welde durch Verlobung
von Arfince, Lyſ. Tochter erſter Ehe, mit dem nunmehrigen Ihrorerben
Ptol. Philad. (ſ. Bd. 1. ©. 323.) zwar noch abgewendet wurde, aber dech
follte von Alexandria vie Ginliitung zu Lyſ. Verderben, diſſen Vollendung
von Antiohia ausgehen. Der in ver Iekten Anm. angebeutete Einfall in
Grirus, vielleicht auh neue kriegeriſche Entwürfe gegen das noch immer nidt
aanz bezwur gene Thracien (Flathe II. S. 47f.), eudlih ein Zug nah dem
Heraklea feiner Ihm noch immer theuern Amaſtris, um für dieſe eine blutige,
durch vie Ihm geläͤufige Verſtellnngekunſt eingeführte Rache an Ihren muner⸗
mörderifgen Söobnen erſter Ehe, namentlich an Klearch, feinem Begleiter
im letzten unglücklichen Geterzuge zu nehmen (Memnon c. 6 f.), füßten die
eit zwiſchen jener @infeitung und Liefer Vollendung. Jene befand in der
nwefenheit und Intiiganten Wirkſamkeit des Ptolem. Ker. und feiner Halb»
ſtwiſter Arſinoe. Schon hatte Lyſ. diejer feiner herrich⸗ und babilihtigen
Gemahlin das Beflsihum der Amafiris, Heraklea, dem er die Freiheit ge»
geben, auf ihr unaufhörlihes Anliegen zum Geſchenk und Opfer gebracht
(Memn. c. 8.); er bradte aber nun Arfinoe's fliefmätienliker, für ihre
eigenen drei Knaben begehrlicher Biferiuchr gegen Agarhofles, den Sohn ſei⸗
ner eiſten odiyfiſchen Frau Mekrida, vie bereit wohlbewährte Grüße feines
Greiſenalters, die Hoffnung feined Reiched, fonie der Rachgier jener zweien
Phaädra gegen biefen treuen Gemahl ihrer eigenen Halbſchweſter Rofanpra,
auf ihre ſchlauen, gifiigen, mit ihrem Halbbruder Ptol. Ker. verabreberen
‚@inflüfterungen,, al& tradte der Sohn nah des Vaters Krone und Leben ®,
in demielben ein noch größeres Dyfer, und als Gift den Dienſt verfagte,
wurde Ptof. an dem eingeferferten Agath. Vollſtrecker des Blutbefehls, ver
au Anhänger bed Thronerben getroffen haben muß (Juſtin. XVII, 1. Etrabo
623. und Bo. I. ©. 227.). Zurdt.und Haß gegen den zu fpät und ums»
fonft enttäufchten König trieb die unglüdlihe Lyſandra mit ihren Kindern
(und Brüdern? in der, ſcheint e8, unheilbaren Stelle, Pauſ. I, 10, 4.) auf
die Flucht nah Babylon zu Eeleucus, zu dem ihr Alexander, des Agathokles
Teibliher Bruder (Polyän. VI, 12.) und dann auch der Mörder Viol. felbR
folgte **; fo wie Andere, theild Einzelne, 4. B. den bisher dem Lyſ. treu»
ergebenen, aber von Arfinoe bei ihm verbädhtigten Hüter der Burg von
Pergamud und bed dortigen Schatzes von 9000 Talenten, Philetärus (Strabo
623. Bauf. 1, 10, 4. vgl. Aihen. XIV, 616. c. ***), theils ganze Ge⸗
° Mit vielem Scharffinn fucht zwar Flathe II. S. 49 f. das Worgeben Arfinoe’s
geam Agath. als begründet nachzuweiſen, bat aber bie entichiedenften Zeuguiffe für
deſſen Uaſchulid gegen fih, namentlich Memuon, Juſtin. Pauſ. au den a. O., nicht
ſo entſchieden ben Strobo 623., obne Die von feinem Geguer Drepfen ©. 636. Au,
58. angefülirte Stelle Lucian. Icarom. 15. für ih gu beuügen, wo ſedoch muter
dem eigenen Sohne, der dem Lyſ. den lintergang bereitete, viel natärfihher ber oben
genannte Alexander verflanden wird (Panf, 3, 10, 4. Upv. Syr. 64.)
°* Uns Furcht wohl vor dem enttänfchten Lyf. (Panf. I, 10, 3. 16,2. X, 19, 4.
Corn. Rep. de Regg. 3.)
”.. Ginen andern Schat auf der Burg von Sardes mußte sin anderer Wefchibs
Lysimnchus 1309
meinwefen auf bem Fleinaflat. Sefllande und ouf ben Infeln, fo bie Bart
regierten Lemnier (Auhen. VI, 254 f.), zum Abfall. Defto mehr beichleunigte
Loſ. den Uebergang nah Kieinaften, um weitern Abfall zu verbüten oder
jevenfalld die Sade zu raſcher Entſcheidung zu bringen, und fo kam es benn,
nachdem Lyſ. vor Sel. hatıe zurückweichen müflen, zwiſchen diefen zwei Letzten
von Alexanders Heldeniſchaar zum litz'en Kampfe auf der Ebene non Koros
in Phrygien am Helleſpont im Eommer 281, wo-Lyf. nad tapferer Gegen⸗
wehr vollig beſiegt durch den Wurfipieß eines Herakleeten Malakon flel
(Memn. c. 9. Juſtin. XVII. 1. Pauſ. I, 10, 5. App. Syr. 62.° Cuſeb.
an a. DO. p. 330. 124jte Olymp., in der auch Agaıh., Dem., Biol. I.
und Sel. endigen, Polyb. II, 41, 70., ein Jahr ſpäter Ptol. Ker.). Der
Sieger Sel. war jegt 77 Jahre, Lyf. (nad Aprian. Syr. 66.70, nad
Zufin (XVII, 1.) 74, nah Hieronymus. bei Lucian. -Macrob. 11. 80 Jahre
alt, was fih mit fonftigen Angaben über Lyſ. frühern Lebensgang am
benen reimt. Bünfzebn. Kinder waren ihm im Tode vorang-gangen, bie
Stifierin feines Unglüds, Arſinoe, überleb:e ihn (über ihre weitern Schick⸗
ſale ſ. Bo. I. ©. 833.). Sein Hund Hyrfanus bielt bei dem Fönigliten _
Leihnam gegen Vögel und Raubthiere Todtenwache, bis den fton Mer»
werenten ter Pharjalier Ahorer *, nah Anden Lyl. Schn Alexander —
vieleicht Iener auf Diefed Auftrag — am treuen Wächter ** erkannte, ihn
auf dringenved. Bitten von Lylandra erhielt und ihn wohl unter Mimirfurg
der Bürger feiner Stijtung Lyſimachin in dem zur Stadt gehörigen Heilig»
thum anliden Kardia und Paktye beiſezte, mo fein Grab noch zu Bau.
Zeit Htıbar war (Pauf. am a. D. pp. Syr. 64.). Solchen Lebensaus⸗
gang hatte Lyſ., nachdem er, das Earrapenregiment mitgeretnet, genen 40
Jahre gemalter hatte, unter viel Mühſal, wie Ariftander dem mit Alexan⸗
ders eigenem Diadem an der blutigen Sıirne verbundenen treuen Leibwächter
in Indien richtig geweillagt hatte (App. Syr. 64 ); tenn das bezeugen
feine ‘vielen Kämpfe gegen tie doch nie ganz bezwungenen Barbaren des
Innern und bie Griechen der Küfle feines Thraciens, fowie gegen feine alten,
gefürfleten Waffengenoſſen und ihre Angehörigen; das die Sıreitigfeiten im
eigenen Hauſe bis auf die letzte, welde feinem beften Sohne und ihm ſelbſt
das Leben foflete; dieie Mühiale bereitete ihm die geogr. Stellung des Kern⸗
landes feiner Königeherrichaft, die bemegungdvolle Unruhe feiner den Drient
und Occident nen verfnüpfenden Zeit und ihrer energlichen Führer; endlich
der eigene, auch im Greifenalier nicht raftende Vergrößesungsprang; denn
Ehrgeiz und Herrſchſucht, die Umflände übersll ausbentend aber nie mit
geiſtiger Ueberlegenteit leitend, waren bei diefem zu Alexanders Tapfenſten
gezäblien Manne (Iuflin. XV, 3. App. Syr. 64.) überwiegend, und buld
mit den graufamflen Gewalithaten (Seneca de Ira III, 17.), bald mit ſchlauen,
heimliten Künften bet der Hand (Memnon c.7. Vlut. Dem. 12.); dagegen
vom großartig und heilſam organifirenden Herrfcergeifte eined Sel. oder
Brof. Nichts bei ihm zu verfpüren iſt, man wollte tenn die Aufbäufung
jyeveutender, aber wenigſtens nicht erweislih aufs Volkowohl in Kunft und
Wiſſenſchaft vermendeter Schätze, wie auf ber Burg Tirizis an Ihrariend
Dfäfte (Etrabo 319.), fowie auf denen von Pergamus (Strabo 623.)
ber, gedrängt durch menterifche Truppen, dem Gel. übergeben (Polyän, IV, 9, 4.).
— Erheſus kam erfi nah Yyf. Tod im feindliche Gewalt (Polyän, VIII, 57.)
* Gin Thorar von Larıffa fol allein beim gefallenen Antigonus ansgehalten
ben (Pint. Dem. 29.).
*. Der, ald der Leichnam feines Föniglichen Herrn verbraunt wurde, ind Feuer
prang, ſich Über ihn herwarf und mit ihm verbrenuen ließ (Plut. Terrestriane an
quat. anim. sint callid.? 14.).
\
\
1940 Lyiknnchss
und Sardes (Polyän. IV,9, 4.) durch den von Dem.’6 Trinfgenofien „„Schag-
meiſter“ zu feinem Verdruß gefcholtenen (Pfut. Dem. 25. Athen. VI, 261 b.
vgl. IH, 73 d.) Fürſten, den feine eigenen Schmaroger wegen feiner Geld⸗
liebe nedten (Put. Sympos. I, 1. Athen. VI, 246 e.), und ber wohl ge-
rade deömegen vom biffigen Dichter Sotades, wie andere feiner königlichen
Heitgenofien megen anderer Fehler, durchgezogen wurde (Athen. XIV, 620 f.);
over auch neben ber Zerflörung von Stänten wie von dem birbyniichen Aſtakus
(Strabo 563.) oder von Kardia auf dem thracifhen Cherſones vie Stiftung
neuer hleher reinen, wie Lyſtmachia's (f. S. 1302 f. 1305.), oder die &r-
weiterung von. bereitö beſtehenden, wie von Antigonia in Birhynien, von
ihm nad feiner zmeiten macedon. Gemahlin Nicäa genannt (Sırabo 569.
Droyfen II. S. 653 f.), von Ilium und dem nachbarlichen Alerandria Trcas,
das von Antigonus Antigonia benannt, von Ihm Traft jeiner bereitö oben
anerkannten Plerät gegen den großen Alerander ben voranflebenden Namen
erhielt (Strabe 593. 604. vgl. mit 597. 607. Droyfen ©. 592f.), ober
die fläptifche Wieverherftellung des feit der Inpiichen Zerfldrung nur dorf»
artigen Smyrna durch ihn und feinen Gegner Antigonus (Strabo 646.
Oroyſen ©. 673.), oder enbli die mit gewaltthätiger Liſt ausgeführte Ver⸗
‚ Äegung des nad feiner Tochter oder wahrſcheinlicher nad feiner Gemahlin
Arfinoe umgenannten Erhefus (Strabo 640. Bolyän. VIH, 57. Drovſen
®. 673 f. I. &. 572. Anm. 47.; f. den Verſuch eines Planes von dieſem
lyſimachiſchen Cpheſus in Kiepert's Atlas von Hellas und den hellen. Cole⸗
nien Taf. XIX.), ohne daß bei diefer durch Alexanders Vorgang und durch
bie Zeit den Diadochen nahegelegten Maßregel neben bem 3. B. bei Lyſt⸗
machia ausgeſprochenen milttärifhen Zwecke aud Plane der Civiliſation her⸗
vorträten; wie wir denn auch ſonſt (ſ. oben) Nichts von einer die blos
Außerlich aneinander gefügten Theile ſeines Reiches durch Geſetzgebung, Com⸗
manications⸗ und Bildungdmittel u. ſ. f. auch innerlich verkaüpfenden Or⸗
ganiſation zu vernehmen bekommen (Flathe S. 49.).* Zu jenen Alltags⸗
naturen gebörend, bie hier von überlegenen Geiſtern fi heilſam imponiren,
dort verderblich mißbrauchen laſſen, oder ſolche auch hinwiederum mit töot«
lichem Haſſe verfolgen, daneben einen engern Pflichtenkreis zwar ganz löblich
ausfüllen (vgl. das erſte Stadium von Lyſ. Laufbahn unter tem großen
Alerander), aber in einen weitern verſetzt, denfelben, weil au arm an Adel
und nachhaltiger Spannkraft der Seele, im Rauſche ded Uebermuihs (Plut.
de Fortuna Alerandri 11.) dur Schwäden und Verbrechen entehren, bengt
fih Lyſ. vor der Hoheit eined Alerander und einer Amaflıis, läßt ih aber
von einer Arfinoe und ihrem Anhang umfiriden und gängeln und verfelgt den
genialen Dem. bis zum letzten Hauche; iſt er als Leibwächter ein philsſophi⸗
fer Freund und Bewunderer des Eallifibened und des Galanus (1. ©. 1303. @.),
während er als Monarch die Freimürhigkeit des von Pol. an ihn geſchick⸗
ten Philoſophen Theodorus mit dem Tode bedrebt (Gic. Tusc. 1, 43. V, 40.
Valer. Mar. VI, 2, 3. Ext. Plat. de Exilio. An vities. ad infelic. suffi-
eiat? 3. Diogen. Zaert. II, 102.) und vielleigt mehr noch dehalb, alt
weit fie Jugendverderber feien, die Philoſophen aus feinem Reiche vır-
barmt (Athen. XIII, 610. d. e. vgl. mit f. und XI, 546. a.b.), gegen
® Daher curfiren auch Erzählungen Über Lyſ. den Kriegefärften (5.8. Frontin.
Strateg. I, 5, 11.), aber nicht fo ben Freund der Küufte bed Friedens, auogenom⸗
men über fetten vertrauten Umgang mit dem athen. Komiker Philipwpides. einem
Manne, fremd höflfchen Iutriguen und dabe auch im Gtaatöangelogenbeiten Raib-
geber bed Königs, der feinetwegen auch Athen viel wohlthat (f. eine freimärhige
enßerung beffelben wegen &yf. bei Plut. Dem. 12. Reg. et Imperat. Apophth.
De Gerraliente 12. De Curiositate 3. m, Aber ihn ben Index zum chem, ber
Caſaub.).
Lysimasıns — Lyımelia Palus 10
Aeußerungen ber früher bei ven Macedoniern einheimiſchen milltärifg-berben
und fonft noch fe und je von ihm gebuldeten (Plut. Apophih. Lacen.)
Offenherzigkeit Tieber mit barbariſchen Strafen zufährt (Athen. XIV, 618. c.
Plut. de Exilio) und fo für Mandhen, der in feine gefürdtete Nähe kommt,
verbängnißvoll wird, bis ihn ſelbſt das Blutige Verhängniß ereilt (Droyſen
I. ©. 632 f.). — Die Gold⸗ und Silbermünzen des Buf., zu ben treffliche
ften des griechiſchen Stempels jener Tage gezählt (D. Müller, Handbuch der
Archäol. d. Kunſt, U. 2. ©. 161.) und fo zahlreih und gewichtooll wie
von feinem König des Alterthums (Eckhel D.N. I, p.56 f.), was auch beim
Gebieter über jo metallreihe Landſtriche ganz natürlich (Bähr zum Herod. V,
17. Xafel, Diss. geogr. de Thessalonica p. 267 f. p. 286 f.), geigen des
Königs Büfte von auffallender Aehnlichkeit mit ver Aleranbers, nur von
heftigerem Ausbrud, vorzugoweiſe mit Diadem und Widderhorn und auf ber
Kehiſeile Die fitzende Pallas mit einer Eleinen Victoria auf der Rechten und
dem angelehnten Schild mit einem Löwenkopf geſchmückt (Bitconti Icon. gr.
II, p. 101 f. und Pl. 41. nr. 4—9. Mionnet, Deser. de Med. ant. I. p.
437 f. Suppl. II. p. 549 f. u. Pl. VIII. Lyſ. Stammtafel bei Droyfen I.
©. VI. nr. XHL). Vgl. außer den Werken von Droyfen u. Flache, Man⸗
nert’3 Gefch. der unmittelbaren Nachfolger Aler., Schlofler’8 unio.hift. Ueberſ.
1.3,6 11 1,1. Gary, Hist. des rois de Thrace etc. Bisconti am a. O. p. 98 f.
2) Des Borigen und der Arfinge Sohn, wird von Ptol. Ker. verrä⸗
theriſch ermordet, Juſtin. XXIV, 3.
3) Des genannten Königs Enkel von feiner mit Ptol. II. Philad. ver⸗
mählten Tochter Arfinse (Schol. Theoerit. XVII, 128.), wird auf Betrieb
von Soflbius, den Bormünder Prof. IV. Vhilopator's ermordet, Bolyb. XV, 25.
4) und 5) Vater und Sohn des Ariflives (Br. I. ©. 755. 757.),
Athen. XI. 506. b. Plut. Aristid. 27.
6) Hipparch unter ben dreißig Tyrannen, Xen. Hell. II, 4, 8. [Cless.]
7) Aus Alexandria, ein Grammatriker defien Zeitalter fih nad Ahen.
IV, p. 158. D. blos dahin ermitteln läßt daß er jünger ald Mnafeas (DI.
160.) war. Don feinen Schriften werben angeführt Nooroı, das erſte Bud
bei Schol. Apoll. I, 558. Apoſt. prov. XVIE, 25., das zweite bei Blut.
de fluv. 18., da8 dritte Hei Athen. IV, p. 158. D., Anderes bei Sol. Eur.
Andr. 880. Hec. 892. Schol. Pind. Pyth. V, 108. Isth. IV, 104. Schol.
Ancoph. 874. Heſych. Zxrüpos, — ovsrayayn Onßeainor napröoker, aud
deren 13tem Buche ein Bragment bei Schol. Soph. Oed. Col. 91.. vgl.
Schol. Apoll. II, 1179. Schol. Eur. Phoen. 26. Hipp. 545. Auf den⸗
jelben Lyſimachus begieht Voß de hist. gr. III. p. 464. auch Die Notizen bei
Sofeph. c. Apion. 1, 34. 1, 2. 14. 33., angeblih aus einer Geſchichte
Aegyptens entnommen, und in gleihem Sinne fellt Jonſius ser. hist. phil:
1, 2, 2. bei Agathias hist. II, 24. ven Namen Avnuayo für das vermuih⸗
lich verderbte Zuuaro her. Vielleicht au iſt der Cyrenäer Lyſimachus, aus
deſſen Bude zeoi roımor KEiniged in den Prolegg. ad Hes. Opp. p. 30.,
von dem Alerandriner nicht verſchieden. Vgl. Te. Chil. VI, 920. Sonſt
nennt noch Porphyr. bei Cuſeb. praep. ev. X, 3. zwei Bücher eines Ruf.
reps is Epooov nAoniis. Verſchieden aber if der ältere Lyſ., ver Schüler
des Iheophraft, der sol zjs Arzalov naudeiag ſchrieb, Athen. VI, p. 252.
C., unb der Lysimachus Hippocratieus bei Schol. Nic. Alex. 376. Plin.
H.N. XXV, 7.* [West.]
'Lysimelia Palus (7 Avausiea Adum, Ihuc. VII, 58.), wahrſch.
derfelbe See over Sumpf bei Syracufä in Sicilien, der fräher Syraco (Zr-
® Letzteren bält Sabricins bibl. gr. I, p. 129. Harl. auch für denjenigen Epf.,
der als SchriftfVieier Über den Landbau bei Varro, Golumells u, Pimins (H. N.
—
1312 LysinöS — Lysippus
gan) hieß und von dem bie genannte Staht ſelbſt ihren Namen erhalten
haben fol (Scymn. Chius v. 280. Steph. Byz. p. 625.). [F
Kıysind& (Avovon, Polyb. exc. de leg. c. 32. Liv. XXXVIN, 15)
oder Lysinia (Aumria, Btol. V, 5., bei Sierocl. p. 680. Avanyrape),
Stadt in Piflvien ſüdlic vom Astania Lacus des Plinius und weſtlich von
Sagalaſſus, angeblih jetzt Ag-⸗Jalon. [F.}
Lysindenun, Sohn Electryon's u. der Anaxo, Apollod. II, 4,3. [W.]
Lysippe, eine Thespiade, von Herakles Mutter des Eraflppus, Apollod.
H, 7. 8 — 2) Tochter des Proetuß, f. d. Art. [W.
Lysippus j) von den lacedämoniſchen Könige Agie im I. 398 als
- VBefebiehaber einer Beſatzung in Cpitalion zur Verheerung des Bebietes von
Clis zurüdgeluffen, Xen. H. III, 2, 29. Bet Baujan. III, 8, 5. heiße er
Zufifratus. I[K.]
2) Aus Epirus, Verfaſſer eines xazaroyos aneßar, Schol. Apoll. IV,
1093. vgl. Ebert diss. Sicul. p. 107 f. D. &. Mounier de Diagora Melio
(Rotterb. 1838. 8.) p. Al ff. [West.]
3) Komiiher Dichter Athens, erwähnt von Suidas und der Eudocia
(p. 252., wo er aber irrthümlich roayıxos heißt). Bon feinen Stüden wer-
den angeführt Baryaı und Kareyürar, melde Olymp. 86, 2 den Preis
gewannen. In einigen bei Diedard. (p. 10.) erhaltenen Verſen hat 2. ein
fhönes Lob Arhens Hinterlaffen; ſ. Meinefe Hist. critic. Comicc. Graecc.
p. 215 f. vgl. mit Fabric. Bibl. Graec. H, p. 310. 432, [B.]
4) Lysippus aud Sicyon (Analect. T. IH. p. 45. Nr. XXXV.), ter
nach Blin. XXXIV, 8, 19. um DI. 114 lebte, fleht an ber Grenze der groß-
artigen Veriode, welche die griehiihe Kunft von Beriches 618 auf Alerander
den Großen durdlief. Urſprünglich Kupferſchmid bildete er fi ohne bes
ſtimmten Meifler an der Hand der Natur. An viele Lehrerin wies ihn fein
Landemann, der Maler Cupompus, den er einft fragte, am welchen feiner
Vorgänger er fih halten folle. Statt aller Artwort deutete diefer auf einen
Haufen Menſchen bin und fagte, die Natur ſelbſt muß man nachahmen, nicht
einen Meifler. Diele Naturireue aber, tie als fein eigenrbümliher Vorzug
anerkannt wird ®, artete Hei ihm weder in flaviiche Nachahmung noch in bie
den Autodidacten nit felten anflebende Beratung der früberen Kunſt⸗
leilungen aus, er flubirte vielmehr nad Gicero Brut. c. 86. fleißig ven
Ganon bes Polyclet (f. u. d. A.), aber fein feiner Siun für Symmetrie führte
ihn über dieſes Vorbild hinaus; daher er das Sıammige, To Teruayaror,
was man an Polyclets Arbeiten ausfegte, verlieh **, und feinen Geſtalten
dadurch, daß er die Köpfe. Elriner und die Körper ſchlanker und troderer
machte, ein gefülligered und idealeres Anſehen verlieh. In dieſer Hinſicht
verdankt die Kunft dem Lyſippus die Eigenthümlichkeit, die fi an vielen der
vorzüglihflen Statuen, 3. B. dem borgheſiſchen echter, der mediceiſchen
Venus zeigt, daß fle durch einen nad dem natürlichen Verhäfnig Fleinen
Kopf eine außerordentlich Teihte Haltung gewinnen. Auch die Manier des
Moron, der ed an der forgfältigen Behandlung der’ Haare fehlen ließ, ver-
volfommnete er dadurch daß er vielen Fleiß auf dieſen Theil verwandte.
Durch tiefe Idealifirung der menſchlichen Geſtalt, bie er ſelbſt nach den Worien
VIII, 16, 21. 40, 61. XXV, 7, 35. u. Indd. von VII. X. XVII. XVII) ef
genannt umd ercerpirt wird, — Gin Somifcher Dichter Lyſ. ans Bdotien fommt auch
bei Lutian. Jud. Vocal. vor, wenn nicht bie Perfon eine fingisse iR; f. Meineke
hist. cr. comm. p. 493. [B.]
° Quintit. Inst. XII, 10. ad veritatem Lysippam et Praxitelem acoessisse
optime affirmant.
*® Barıo de L. L. IX, 18. fagt von ihn: neque enim Lysippas ertifcum
priorum potius est vitiosa secutab quam artem.
XXDCXe 9:3
des Plinius am a. D. fo außaräklie: ab illis (sc. veteribus) faotos quales-
essent homines, a se quales viderenlur esse*, wurde er von dem Alters
thum als der Vollender der Bilpnerei in demselben Verhäliniß betrachtet.
wie Apelles als Vollender der Malerkunft galt. Daher waren dieſe Beinen
Künftler die unfterblicden und unerreichbaren Muſter für die Nachwelt, was
Nicephorus Chumnus in einer bidher unbeachteten Stelle feiner Abhandlung:
neoi Aoyay xplossg ai spyaciag bei Boifionnade Anecd. T. II. p. 357.
ausdrückt, wenn er von den alten Meiftern der Beredſamkeit fagt; Eor yap
narıag xai R0os za aneivov BovAoudvrovg Tuds 6pRr omovördnaTe xaı
or [HAoy np0s avr& nei naoer 7 0movöNy äysr, To0nov ya ro» loor
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ni lwre; 6n Tas nivanes eivi nal Ankovrres nal Ösdaonorreg Adyot-
Diefeß Leben- unb Seelenvolle ** in ſeinen Bildern trat beſonders in feinen
Bortraits hervor, und wurde von Alexander dem Großen fo umbebingt aner⸗
'annt, daß er fi fonft von keinem Künfller in ver Bilvfäule darftellen ließ.
Arrian. Exp. Al. H, 16. Gic. Epist. V, 12. Horat. Ep. H, 1, 239. Val.
Mar. VIE, 11. Bin. H. N. VII, 38. Apul. Florid. I, 7. Die Gewohn⸗
jet Alexanders, den Kopf auf die rechte Gelte zu neigen und ben Blick
yimmelmärtö zu richten, welde bie Gbrigen Künfller immer nur mit Berluft-
8 heroiſchen Ausdruckes varzuftellen vermochten, mußte Lyſippus auf das
Bortheilhafteſte Dazu zu benügen, daß er ihm einen- fühn zum Himmel ge⸗
ichteten,, gleihfam den Zeuß herausforbernden Blick lich. Deswegen dichtete
Irchelauß auf eine folde Statue dad Cpigramm: Avudacodntı 8’ konn ©
aAneos als Aa Aevooor, Tür un’ äuol ridenen, Zei av 8’ Oiwunoy dya.
3lut. de Alex. M. virt. II, 2. vgl. mit vit. Alex. c. 4. Anthol. Gr. II.
. 58. Brund. Gr bildete den Alexander im allen Altern ſeines Lebensd (a
ueritia eius orsus, Plin. am a. D.) und in den verſchiedenſten Stellungen:
uf Quabrigen, reitend, kaͤmpfend, jagend, thronend, ſtehend. Er ſtand
abei in einem ſtetch Wettſtreit mit Apelles, der, wie Lyſippus in feinem
kunſtzweig, fo unter den Malern das aͤusſchließende Vorrecht Hatte, Aleranter
arzuftellen. wet berühmte Bilder, : der Blitzſchwingende Alexander (6 xe-
avropopog) ded Apelled und der Lanzenteagende (6 dni rije aiyaiic) des
pfilppus wurden einander an die Gelte geftellt (Plut. de fort. Alex. II, 8.):
oftppus aber tadelte feinen Nebenbubler darüber daß er feinem Helden ven
ig in die Hand gegeben babe, während die Lanze, die der feiwige trage,
noergänglich und wahr ſei (Plut. de Is. et Osir. c. 24.). Mt aller Wahr⸗
heinlichkeit darf man annehmen daß die auf uns gekommenen Bülten unb
statuen Alexanders nad Lyflppiſchen Vorbildern gemacht felen; |. Böttiger,:
ndeutungen &. 4191. DO. Müller, Denkmäßer der alten Kunft Taf. 39. u. AU,
r bildete auch den Liebling Alexanders, Hephäſtion, den na Plin. am
f
” Bei diefem Ausſpruch Hatte ex wohl bie trunkene Floͤtenſpielerin, welche
linius am a, D, erwähnt, nicht im Sinne; Übrigens erfcheint der Gegenſtand
inder trivial wenn man dabei an vacchtſche Begeiſterung denkt, deren Ausprud m
n Mänuaden uud Thyiaden von den berühmteſten Meifiern dargeſtellt wurde,
*® Speopert, III, 8, 9. gloria Lysippo est animosa efüngere sigm. -
Pauly, Real-Uuchelop. IV. 83
1814 Lyeigpms
e. O. Ginige dem Polyclet zuſchrieben, ohne zu bedenken, daß biefer Hundert
Jahre früher lebte. Vielleicht liegt aber in dieſer Sage eine Hindentung
darauf daß Lyfippus ſich bei dieſer Statue noch fehler an den Canon des
VPolyclet hielt. Nach einer Inſchrift auf der Baſe einer untergegangenen Statue
in Rom: ZEAETKOZ BAZIAETZ ATXIIINOS EMIIOIEI bildete er
auch den Seleucus. Wenn aber der Königstitel, welchen Seleucus erſt Olymp.
117, 1. 312 v. Chr. annahm, chronologiſche Schwierigkelten erregt weil
8, ſchon DI. 102 die Statue des Troilus machte, fo verweiſen wir einer⸗
felts auf das hohe Alter welches Lyfippus (nad) Agathias Analeet. IH. p. 45.
Nr. XXXV. ayys nor Avaans yagwr) erreichte; andererſeits kann man
aber auch, wenn man ſechdzig Jahre der Kunftübung für zu viel hält, an⸗
nehmen daß biefe Inſchrift erſt auf eine jpätere Gopie von Marmor gefickt
wurde während das Original aus Bronze war (MR. Rochette Lettre à N.
Schorn p. 344. ?te Außg. und Questions sur Il’histoire de l’art (1846 )
. 80.). Auf Alexanders Befehl ſtellte er die fünfundzwanzig macebonifchen
eunde (Szaipovg Maxsdoras), welde In dem hitzigen Reitergefechte am
Granicus an Aleranders Geite gefallen waren, fammt dem Könige felb in
Bortrait-Gtatuen aus Erz dar, und dieſe Gruppe wurde in Dium in Mace⸗
donien aufgeflellt, Arrian. Eıp. Al. I, 16., von wo fie durch Metellus Dia»
cedonicuß nah Rom entführt wurde und die größte Zierde des Porticus '
bildete, den er erbaute, Vellej. J. 11. Noch Eumftreiher war ein Jagdſtück
Das er in Berbindung mit Leochares machte. ALS einft Alexander während
des yerflihen Beldzuges einen großen Löwen erlegte, fagte ein lacedämoni⸗
ſcher Geſfandter der zugegen war: sauce y' Adskaröpe Rp0c Tor Asorza
yamacı rrepl zus Baodeias. Graterus ließ biefe Scene — die Hunde, den
Löwen, Alexander im Kampf mit bemielben, und fich ſelbſt, dem Könige
Hilfe leiſſtend — in Erz darſftellen und weihte fie nach Delphi, Blut. Vi.
AL c. 40. Blin. am a. D., welder davon eine andere Jagd und Hunde
unterfeldet. Ginen gefallenen Löwen von Lufiypus’ Hand brachte Agrippa
non Lampſacus nah Mom, Strabo XII, p. 590.; ein fi bäumendes RPferd
befingt Philiypus in einem Epigramm, Analect. II, p. 225.; es if daher
eine nahe gelegene wenn gleich durch Teinerlei hiſtoriſchen Beweis begründete
Bermuthung daß die vier bron Pferde welche die Markus⸗Kirche in
Venedig zieren, einſt zu irgend einer von Lyſippus gefertigten Quadriga ge⸗
hört Haben könnten, ſ. H. Meyer, Geſch. d. bildend. Künfle II. ©. 120f.
Ben einem bronzenen Stiere, der in Rom vor dem Forum Pacis ſtand,
läßt e8 Procop. b. Goth. IV, 21. uneniſchieden, ob & von Phidiat over
Lyfippus geweien, da viele Statuen diejer beiden Meier auf dieſem Plage
geſtanden haben. — Mit feinen Borträt- Bildern beſchränkte er fi nicht blos
auf feine Zeitgenoſſen, fonbern er machte au die Statuem ber fieben Weifen
na ben über fle vorhandenen Meberlieferungen. An die Spige dieſer Gruppe,
die (zufolge dem Epilog bei Phäbr. Fab. II. Aesopo ingentem statusm _
posuere Attici) wahrſcheinlich in Athen geſtanden Bat, flellte er den Aeſop,
f. Agathias Analect. am a. D. Als die Athener die Berurtbeilung bes
Socrates bereuten, machte ex ihnen eine Erzſtatue deſſelben, welde in dem
Theater in dem Theil, welcher mouzeior hieß, aufgeftellt wurde, Diog. Laert.
IL, 43. Bon feiner Lanbemännin, Prarilla, melde ums 3. 460 dichtete,
machte er eine Erzſtatue, Tatian adv. Graec. 52. Zahlreiche Siegerſtatuen
von Lyfippus ſah Paufanias in Olympia, des Troilus aus Elis, ver um
DI. 102 flegte, VI, 1, 8., des Xenarches, VI, 2, 1., des Polydamas aus
Scotuffe, welcher fih durch übermenſchliche Größe und Körperflärke aus»
zeichnete; daher waren au an ber Bafls der Statue mehrere feiner Kraft»
ihaten abgebifnet, VI, 3, 1. 8.; des Pythes, VI, 14,12., ded Python, VI,
4, &. und des Gallicrates, VI, 17, 2. Zu dieſem Kıeife gehört auch ber
Lyippus A498
Avoryomenos, der von M. Agrippa vor feinen Thermen aufgeflelt und fo
fehr der Liebling des vömifchen Volkes wurde daß es denfelben, als Tiber
ihn in fein Schlafgemach genommen hatte, im Theater mit großem Geſchrei
urüdforderte, was Tiber au gewährte, Plin. am a. O. Diefe audges
reitete Thätigkeit in Bortraitflatuen hinderte aber den Lyſippus nit, auf
Goͤtterbilder zu verferiigen. Unter ben vier ebernen Zeusflatuen, bie von
ihm genannt werden, war der vierzig Ellen Hohe Coloß, welcher auf dem
Martıplag in Tarent ftand, am berühmteflen — nad dem Sonnencoloß auf
Rhodos, den fein Schüler Ehares von Lindos gemacht hatte, ber größte —
Strabo VI, p. 426. Plin. XXXIV, 7, 18. vgl. mit Lucius bei Nonius
s. v. cubitas. Gin zweiter fland auf dem Marktplatz in Sicyon, Pauf. II,
9, 6.; ein dritter mit den Mufen in Megara, Pauſ. I, 43, 6.; ein Zeus
Nemeus in Argos, Pauf. II, 20, 8. Die zwei trefflihen Bronze-Statuen
bes Zeus mit Xorbeer in den Haaren, welche am Ende des vorigen Jahr»
hunderts zu Paramythia In Albanien gefunden wurden und in den Speci-
mens of ancient sculpture aegyplian, etruscan, greek and romain, selected
from diflerent colleclions in Great Britain by the society of Dilettanti,
Lond. 1809. geſtochen find, glaubt Iof. Arneıh (über das Taubenorakel von
Dovona ©. 22.) als Werke des Lyfippus, unentſchieden ob Originale oder
Copien, Betrachten zu bürfen. Gin Poſeidon von feiner Hand fand in Go-
rinth, Lucian. Jup. Trag. c. 9. ; ein Dionyſos auf dem Helicon, Pauſ. IX,
90, 1., zu vol. mit Lucian am a. O. c. 12.; ein Satyr in Athen, Plin.
IXXIV, 8, 19.: ein Cros in Thespiä, Pauf. IX, 27, 3. Gined feiner
gefeieriften Werke war der Gonnengott auf einer Quadriga, den er für bie
Mhodier made, Plin. am a. DO. Cine große Mandfaktigfeit entwickeit⸗
er in der Bildung des Herakles. Cine Coloffal-Gtarue fand in Gorinth,
weile Fabius Marimus Bunctator nah Rom entführte and auf dem Gapitol
weihte, Etrab. VI, p. 426. Plut. Fab. Max. c. 22. Später wurbe er nad
Byzanz gebracht und von Nicetad de statuis Constantinop. c. 9. beſchrieben.
Er ſaß forgenvoll gebeugt auf einem Korbe (in Bezug auf die Reinigung
von Augead’ Stall), worüber die Löwenhaut Tag, und fügte den linken Arm
uf das gebogene Knie, der rechte lag auf dem berabhängenden rechten Beine,
in Motto das D. Müller, Kunftarchäol. 129. 2. und Denkm. der alten
Runft Taf. XXXVIII. Nr. 156. in zahlreichen Gemmen wiebererfannt Hat.
Zine zweite Bronze-Statue fand auf dem Forum In Gicyon, Pauſ. II, 9, 7.
Bine dritte, Heralles vom Eros bezmungen, wird von Geminus in ber An-
hol. Gr. IV, 8. 103. befungen und iſt ebenfalls In Gemmen (bei Lippert
Jactylioth. I, 280. 281. II, 225—227. Supplem. 331. und in den Rad
rägen zu den Abprüden der Berliner Samml. Glaff. IV. Nr. 115.) nade
iebildet, vgl. D. Müller am a. D. Nr. 157. Eine Marmorflatue mit ber
Infehrift Avoınov äpyor*, weldde in Rom auf dem Palatinifhen Berg ges
unden wurbe, flebt unter den Arcaden bed Palafles Pitt in Florenz. Sie
R von derfelben Größe und in derfelben ruhenden, auf die Keule geflügten
Stelung , wie ber farneflfhe Hereules, der fi ale Werl des Glycon aus
Ichen ankündigt. Schon der Umfland daß das Werk aus Marmor if, noch
nebr aber der geringe Kunſtwerth deſſelben verbietet an ein Original des
yfippus zu denfen: aber mit aller Wahrſcheinlichkeit läßt fich annehmen daß
In fpäterer Meifter eine Marmoscopie von einer Bronzeflatue des Luflppus
emacht und mit biefer Infchrift den Urheber des Originals bezeichnet Habe
* Ban Flaminio Bacca (Memorie Nr. 77. p. 32. in der Ausg. von Nibby)
ıgt: mella base vi erano le seguenti lettere: OPVS LISIPPI, fo trug er offenbar
e leberfegung, bie er fi von der Juſchriſt hatte machen laſſen, in fein Tagebuch
u, Die Statue wurde vom Großherzog von Todrana für 800 Seubdi gekauft.
an —XRXRX
(R. NRocheite Lettre à M. Schorn p. 344. u. Questions etc. p. 81,) und daß
jofost auch Glokons und mehrere andere in derſelben Stellung dargektellte Sta⸗
tuen demſelben Original nachgebildet feien (f. Meyer, Geſch. der bild. Künfte L
©. 128.). Visconti („um Mus. Pio-Clem. T. II. p. 66.) macht namentlich
darauf aufmerkſam daß ſich an der Zlorentiner Statue die Verjüngung des
Kopfes finde, welche Blinius als ein eigenthümliches Verdienſt des Lyſtppus
anführt. Bei der Inſchrift iſt an feinen Betrug zu denken, fondern ſie ſoll
nach einer allgemein üblichen. Sitte den Meiſtet des Originals bezeichnen (f.
R. Rochette Lettro à M. Schern p. 344.), wie auf einer Wiederholung des
Barnefligen Sercules im Museo Guarnacci zu Volterra die nad Gerhard
( Neapels ant. Bildw. ©. 31.) unverdächtige Inſchrift Recht: TATKRN
A®HNAIOE. Was für eine Statue Lucian Jup. Trag. c. 12. im Auge
hatte, laͤßt fich aus feiner unbeſtimmten Anführung nicht ermitteln. Gine
‚Eleine nur Cinen Fuß hohe Statuette des Heralles Epitrapezios kennen wir
aus einem eigenen Gedichte des Statius Sylv. IV, 6. und aus zwei GEpi⸗
grammen des Martial IX, 43. 44. Gr ſaß auf einem mit der Loͤwenhaut
bededten Steine, und hielt in der rechten Sand den Becher, in der linken die
Keule, die Gäſte zum frohen Zehen auffordernd. Merkwürdig if die Reihe
großer Männer in deren Beſitz dieſes Bildchen nad einander geweien if.
Zuerſt gehörte e8 Alexander dem Großen, ver ed mit ber größten Devotion
nerehrte, ſtets bei fih führte und täglid um Muth anrief; dann fol es an
Sannibal und von biefem an Sulla gekommen fein, und zur Zeit des Starius
befaß 68 ber große Kunftfenner Nonius Binder, wo es den Statiuß bei einem
Mahle wobei es auf der Tafel aufgeflellt war, fo fehr entzückte, daß er es,
noch ehe er einfchlief, in einem eigenen Gedichte befang. Zweifelhaft ifl bie
Bermutbung von Heyne, Borlefungen über die Arhäol. ver Kunſt S. 194.,
welde 2. Stephani (im Rhein. Mut. 1845. ©. 27.) wieder qufgenommen
bat, daß der Torfo des Hercules son Apolloniod aus Athen nah dieſem
Inßippifhen Vorbilde gemacht fe. Die Arbeiten des Herakles hatte er in
einem Tempel bed Gottes im Hafen von Alyzia in Acarnanien bargeftellt,
von wo fie ein roͤmiſcher Feldherr nach Rom entführte. Strabo X, p. 705. A.
Die Sophiſten der fpäteren Zeit ſetzten die allegoriſche Statue der Gelegen-
heit (nasgog), welche in Sicyon ſtand und fpäter nach Eonflantinopel gebradt
wurde, oben an. Sie wurde von Gallifiratus Stat. VI. und Himerius Eecl.
XIV. befhrieben und in mehreren Sinngebiten ber Anthologie befungen.
Der Karugog war ald Jüngling gebilnet, in voller Blüthe ver Jugend, die
Saure im Winde fliegend , ähnlih den Dionyſos; auf den Gpigen der Zehen
fand er auf einer Kugel, mit beflügelten Füßen: das Saar hing über die
Wangen berab, hinten war er kahl, in der rechten Hand hatte er ein Meſſer
(dies fagt Calliſtratus nicht, aber Himerius und das Mpigramm von Pofl-
dippus), in der linken die Wage. Die Kunft war befonvers dadurch aus-
gezeichnet daß man glaubte man fehe ihn wirklich dayon eilen. Die Be
ag iſt die: die Flügel bezeichnen die Schnelligkeit der Zeit, die Schönheit
hat ex weil die Zeit es iſt welche alle Schönheit gibt; das Verblühte if jenſeits
der rechten Beit ver Natur; das Haar auf der Stine bezeichnet daß man
ihn leicht faſſen kann wenn er berbeifommt: iſt er aber vorüber fo Tann
man ihn nit mehr erreihen. Zum Schluſſe möge no «ine Nachricht bei
Athen. XI, p. 784. c. erwähnt werben, daß Lyfippus für Caſander zur
Ausfuhr Des Mendaiſchen Weines eine eigene Art von Gefäſſen erfunden
Habe. Trotz der großen Sorgfalt bei Ausführung aller feiner Werke, bie
fo weit ging, daß er nad einer bei Petronius Sat. 88. erhaltenen Gage
{Lysippum statuae unius lineamentis inhaerentem inopia exstinxit) über
der Vertiefung in vie Züge einer Statue verhungerte, was bie Anzahl der⸗
jelden ungemein groß; nad ber Höfen Angabe, welche bie beſten Sande
Lrole — Liienltn. Mar.
ſchrifien des Plinius XXXIV, 7, 17. beftätigen, fünßzoehnhundert, nad ber |
niederſten fegähundert und zehn. Diefe Anzahl, welde ſelbſt dadurch daß
vom größeren Gruppen jede einzelne Statue ald eigene Nummer zählte, nicht
geiämälert wird, wurde von feinen Erben dadurch gefunden, daß er für
jedes Stüd, das er gefertigt Hatte, ein Goldſtück in feinem Schatze nieder⸗
legte. Das Wunderbare diefer Nachricht verliert fih wenn wir bedenken
daß ihm eine große Anzahl von Schülern, zu Denen auch drei feiner Söhne,
Daippus, Bedas una Cuthycrates gehören, Hilfreich zur Seite land, fo daß
er in ber Regel nur dad Modell zu fertigen Hatte (vgl. Bröndſted: bie
Bronzen von Siris S. 94.). Die Richtung auf das Golofiale, vie fi in
mebreren feiner Arbeiten ausfpriät, wurde von feinem Schüler Shares aus
Lindos auf tie höchſte Spige getrieben. — 5) Neben dieſem berühmten Namen
tritt der encaufifhde Maler L., welder in Aegina auf: fein Gemälde fehte:
srenaer, Plin. XXXV, 11, 39. ganz in den Hintergrund. — 6) Gin dritter
L., Sohn des Ayfippus, aus Deraclen iſt auf der Bafld einer dem Apollo
geweihten Statue auf der Infel Delos genannt mit der Infhrift: ATTOAASNI
ATXIIIION ATZIIIIIOT HPAKAEIOZ EIIOIEI Welder im Kunſtbl.
1827. Nr. 83. R. Rochette am a. O. p. 345. und Questions de l'histoire
de l’art p. 92. [W.]
Lysis, 1) Schüler des Pythagoras, der ſich bei ber den Pythag. und
feinen Bund treffenden Katafirophe nach Theben rettete und hier des Cpaminondas
Lehrer ward, auch daſelbſt flarb (f. Bo. II. ©. 147. u. vgl. Jamblich.
Vit. Pyth. 35. Diogen. Laert. VII, 7, 39.). Ihm werden Schriften über
Pythagoras und jeine Lehre beigelegt; ob mit Net, wagen wir nicht zu
entfcheiden; daß ihm Einiges was unter Pythagoras' Namen ging, ange⸗
höre gibt Diogenes an (vgl. Suid.'s. v. Ilvday. Eudocia p. 368.); daß
ed die ypvoa Em geweien, wie man früher annahm (vgl. Fabric. Bibl. Gr. '.
I. p. 783.), it mehr als zweifelhaft, eben fo wenig darf auch der unter
feinem Namen laufende Brief an Hipparchus, der mehrmals in ben ver-.
ſchiedenen Brieffammlungen abgenrudt iſt (ſ. bei Fabric. p. 691., bei Drelli
p. 53.) für fein Werk gelten da er offenbar ein Produkt einer weit fpäteren Zeit
if. S. im Allgemeinen Zabric. 1. 1. p. 85.). Auf diefen Lyfis, nit auf
den Mebner Lyfias, mil Wyttenbach das Epigramm beziehen, das Plutarch
(Moral. p. 836. C.) aufbewahrt bat; f. ein Mehreres bei Weſtermann Vitt.
Scriptt. p. 243. not. — 2) Schüler de8 Socrates bei Diogenes von Laerte -
11, 29. — 3) Der Hilardde Lysis, der Nachfolger Simo's in dieſer Dicht-
meife, bei Strabo XIV, p. 648. A. (959. A.) u. Athen. XIV, p. 620.D. [B.]
4) Flüßchen Cariens, wahrſch. ein auf dem Cadmus entipringenber
Nebenfluß des Glaucus; blos bei Liv. XXXVIII, 15. [F.] |
Lösisträtus, 1) attiſche Archonten DI. 78, 2. u. 102, 4. (Diod. XI,
66. XV, 61.). — 2) aus dem attifchen Demos Cholargos. Obwohl er in
feinen Bermögensumflänven fo beruntergefommen war daß Ariſtophanes (Eq.
v. 1267.) ihn ald Gegenſtand des Mitleivens bezeichnet — läßt er ihn doch
Ach. 855. in jevem Monat mehr ald 30 Tage hungern — fo bewegt fid
derfelbe doch immer noch in vornehmer Geſellſchaft. Arif. Vesp. 1301 ff.
Spitzbübiſcher Schlauheit wird er befchulsigt Vesp. 787 ff. vgl. Meineke fr.
Com. 11, 1034. Im Hermokopidenproceß wird er von Andocides ange»
geben; zum Tode verurtbeilt fand er Belegenheit zu entkommen, 415». Chr. -
Andoc. de myst. p. 26. 28. In ber 2ufifirate v. 1105 (411 v. Chr.)
wird er von den Laconen als Zriedendvermittler vorgefchlagen.
[K.]
3) Erzgießer aus Sicyon, Bruder des Lyſippus, blühte um DI. 114.
Wie es die Zeitrihtung mit fi brachte, legte er fid nah bem Vorgange
feine® Bruders Hauptfählih aufs Portrait, firebte aber nicht nad ZWealiſi⸗
rung wie biefer, fondern vorzüglih nah Naturtreue. Zu dem Ende pflegte
x
1318 .Lystöikides — Lysus
er das Geſicht der Berfonen , welche ex abbilden wollte, in Giy6 zu formen,
und half diefen Formen durch Nachguß von Wachs nah, Plin. XXXIV, 8, 19.
Eine Bronze-Statue der weiſen Melanippe erwähnt Tattan adv. Gr. 54. [W.]
Lyrithides (Avosdeiöns), 1) ein Gaſtfreund des Themiſtocles, durch
welchen diefer an den yerflihen Hof Fam. (Bei Plut. Themist. 26. beißt
biefer Freund Nicogenes und mohnt in dem äolifgen Aegä) Del. The- _
mistocles. — 2) ein reicher Athener zur Zeit des Demofihenes, c. Mid. p. 569.
Ein Sohn von ihm ift nach Böckhs Vermutbung der in Urk. üb. d. Geew.
XIV. a. 45. genannte Avomparnsg Avcıfeidov Kırvrsevs, Ghorege Olymp.
111, 2. (Corp. Inscr. Graec. n. 221.). [K.]
Lyrithöus, natürlier Sohn des Priamus, Apollob. III, 12,5. [W.]
Lysius (Avosog), 1) Beiname des Dionyſos, fofern er durch Heiteren
Lebendgenuß Kummer und Gorgen Idst, daher er bei Alcäus fr. 41. Bet.
Aadınnöng genannt und bei Blut. Sympos. III. Qu. VI, 4. mit Terpfiore
und Ihalia als Erbeiterer des Abends bezeichnet wird; vgl. Panoffa Mus.
Blacas p. 13f. Der Name bezog fi aber auch auf die mit dem Dionyios»
dienft verbundene Reinigung von der bacchiſchen Wurh (1. Heſych. s. v. Avcasoı
reisrai und O. Müller, Aeſch. Cumenid. ©. 148. 191.), wie fle x. B. den
Prötiden zu Theil wurde. Daher hatte er au in heben am Pröridenibor -
einen Tempel (Aorvoov vx05 Eorır enininom Avciov, Bauf. IX, 16, 6.),
allein die eubemerifliide Deutung jpäterer Zeit bezog vielen Beinamen auf
bie Befreiung gefangener Ihebaner, die ex belehrt haben fol wie fie die vor
Trunkenheit eingeichlafenen Thraker, von denen fle geführt wurden, ermorden
Könnten, wie Suidas 8. v. Avmos reisen nach Heraclides Pont. und Bauf.
am a. O. berichten. Aus heben brachte Phanes auf Geheiß der Pythia
feinen Gult nad Sichon, wo in dem Tempel des Dionyfos der Lyfloß neben
dem Baccheios (einem bärtigen, melancholiſch audfehenden Moſteriengott) feine
Stame hatte, Vauſ. II, 7, 6. Diefelben zwei Statuen fanden auf bem
Markıplag in Corinih, aus Holz gefhnigt und vergoldet mit rorbgefärhtem
Geſicht. Vgl. Creuzer Synibol. IV. ©. 12. 17. Ausg. 3.
2) Lysius Secundus (C.), ein roͤmiſcher Architert, welcher eine
Bontaine erbaute, bie nach ihm Lysius genannt und von feinem Sohne C.
Lysius Postumus mit Moſaik geziert murde, zufolge einer Inſchrift die bei
Terni gefunden wurde, Orelli Inser. lat. sel. n. 3323. R. Rochette Lettre
à M. Schorn p. 346. 2te Ausg. [W.]
Lysizöna (Avolorm und Avoiloros, Heſych. s. v.), ein Beiname ber
Artemis, Avova yap tac Larag ai new@ra; Tirzovom nal aranıddanr
Agrsudı‘ 0087 xui Avalorng "Aprawdog iepor Er Ada. Schol. zu
Apoll. Rhod. I, 288. Infofern ift diefer Beiname verwandt mit der Apr.
Kram, der eine Wöchnerin ihr Gewand weiht auf einer Metope des Bar-
tbenon, |. Broͤndſted, Neif. in Briehent. I. S. 250 ff. Auch Ilithyia wurde
unter diefem Beinamen von den @ebärenven angerufen, Theocr. XVII, 60. [ W.]
Lyson, wird von Plin. XXXIV,8, 19. unter den Eragießern aufgeführt
welche Arhleten, Bewaffnete, Jäger und Opfernde bildeten. In Athen im Raıh-
haus der Fünfhundert and von ihm eine Bildfäule des Demos. Bauf. 1,3,5. [W.]
Lystra (bei den Griéchen bald 7 Avoren, Btol. V, 5. Act. Ap.
44, 21., bald za Avorga, Act. Ap. 14, 8. Timoth. 3, 11. vgl. auf
Plin. V, 32, 42. u. Sierocl. p. 675.), Stadt Ifauriens, welche Leafe p. 102.
an der Stelle des heut. Wiran Khatoun, 20 engl. M. fünlih von Iconium
ſucht, Hamilton aber Research. MH. p. 313. mit weit größerer Wahrſchein⸗
lihfeit in den Ruinen von Karadagh zu finden glaubt, die man fonfl ges
wöhnlih für die Ueberrefle von Derbe hielt. [F.]
. Lysus, ein Bildgießer aus Macedonien, welcher eine Bildſäule des
Grianius aus Elis machte. Pauf. VI, 17, 1. [W.]
%
Lytae — Lyittus 1819
Lytae find die Rechteſchüler welche den Curſus des vierten Jahres
nahen. Bor Juſtinian fludirten fie die resp. Paulli für fi, nah Juſtinian
befhäftigten fie fich mit dem vierten und fünften Theil der Pandekten, jedoch
au privatim. Im fünften Jahr erbielten fie den Namen Prolytae und
hatten vor Juſtinian die kaiſerlichen Bonftitutionen , nad Suflinian den Juſtin.
Goder zum Begenfland ihres Selbſtſtudiums zu maden. S. Bd. II. ©. 20.
und die dort ch. Artt. Der Name Lytae bedeutet f. v. a. Entlaffene,
Erempte. Hugo, civiliſt. Magazin II. ©. 265 ff. [R.]
Lytaea, eine der Töchter des Hyacinthuse, die in Athen aus Veran
[affung einer Hungersnoth und Peſt auf dem Grab des Cyclopen Geräſtus
jeopfert wurden. Apollod. II, 15, 8 [W]
Lytarmis, nach Plin. VE, 12, 14. ein Borgebirge an der Norbfüfle
Sarmatiens in der Nähe des Fluſſes Carambucis (der au bei Steph. Byz.
o. 259. unter dem Namen Carambycas vorfommt und an melden nad
semfelben p. 355. die hyperboreiſchen Carambycäã wohnten), wo der Gebirgs⸗
rüden ber Riphäen endigt. Harduin Hält den genannten Fluß für die Dvina
und fucht daher das Vorgeb. am weißen Deere (alfo das Gap Onega?);
doch dürfte hier jede nähere Beflimmung fehr gewagt fein. {F.]
Lyterios, Avrnpıog, Beiname des Pan, unter welchem er in Trözen
verehrt wurbe weil er den Magiftratäperfonen im Traum Heilmittel gegen
die Veit angegeben Hatte, Pauf. II, 32, 5. Als Schmerzenlöfer ift er wohl
auch in manden ſchoͤnen Kunfloarftellungen des Dorn ausziehenden Gottes aufs
zefaßt, f. Hirt, mythol. Bilderb. II, 20, 9. Panofka, die Heilgötter ber
GBriechen, Berl. 1845. 4. ©. 12. [W.]
- Jvroe, das Löfegelo der Kriegsgefangenen. Die Höhe defielben ward
wweilen durch gegenjeltige Webereinkunft normirt, zaxzoy ober Omror apyv-
os, wie bei Herod. VI, 79. Thuc. IV, 69. Xen. Hell. VI, 2, 36. Diod.
XX, 84. Plut. quaest. gr. 17. Ammon. s. v. noös&eros, fonft war fie in
sie Willkür des Siegers geftelt und richtete fh für ben gemeinen Mann
zewig immer nad dem jedesmaligen Curs der Sclavenpreife; fo vor den -
Berferkriegen zwei Minen, Herod. V, 77., zur Zeit des älteren Dionyflus
rei Minen, Arifl. Oecon. 2. (nur eine nad Diod. XIV, 111.), im philippi⸗
Gen Zeitalter drei Bis fünf Minen, Dem. de fals. leg. p. 394. $. 169.
döher geftellte Berfonen Hingegen flug man, wenn man nit, wie Philipp
yon Macevonien, aus politifhen Gründen den Broßmüthigen fpielte und die
Befangenen umfonft freigab (Aeſch. de fals. leg. $. 16. 100.), fo niedrig
nicht 108, fondern benügte fie um große Summen zu erprefien; vgl. Xen.
m a. DO. Aeſch. am a. D. 6.100. So mußte fh Nicoflratus nad Dem.
j. Nic. p. 1248. 6. 7. um 26 Minen loskaufen, und den maceboniiden,
Sefandten Amphilochus gab Diopeithed nur um 9 Talente los, Epist. Phi-
ippi p. 159. $. 3. Auch Plato ward um 20-30 Minen von feinen
sreunden Todgefauft, Diog. Laert. III, 21. Plut. de exil. 10. Das Löfe-
jeld an ben, welcher es vorgeſtreckt, zurüdzuzahlen warb in Athen wenigften®
ils eine heilige Pflit angeiehen: im Weigerungsfalle war der Gelöste dem
Andern als Eigenthum verfallen, Dem. g. Nicoflr. p. 1249. $. 11. 2yf.
»x. IV, $. 13. Gemöhnli braten wohl, wenn des Gefangene nit be⸗
gütert war, die Angehörigen und Freunde deſſelben das Löſegeld zufammen,
zſäus Apoll. 6. 8. Dem. am a. D. p. 1248, $. 7., und beförberten es
urch einen Bevollmädtigten an Ort und Stelle, Ach. am a. D.; in ein»
einen Fällen ließ der Staat dad Geſchäft des Losfaufs dur Geſandte over
urch Proxenoi beforgen, Thucyd. III, 70. Diod. XI, 57. Vgl. Bödh
Staatöh. d. Ath. J. S. 77f. Schömann Antig. iur. publ. Gr. p. 369. [ West.]
Lyttus, ſ. Lyctus.
-
x
+
1320 M — Mebey
IM.
m. als Abkürzung bebeutet Magister oder Marcus oder Mensura oder
Mercurio ober Monumentum oder Municipii; MA. matri; MAG. magister
(magistra) oder magistratus oder magistri; MAG. PVB. SC. magister pu-
blicus sacrorum; MAG. Q. Q. magister qvingvennalis; M. A. G. S. memor
animo grato (oder agens gratias) solvit; M. C. monumento cessit; M. CL.
PR. miles classis praetoriae,;, M. D. M. I. matri Deum magnae Idaeae;
ME. memoriae oder merita ober merito oder mensis; MED. medicus: MBL.
meliorjs (fortunae); MER. meridianus (gladiator) oder merita oder meruit
oder Mercurio; M. FE. C. monumentum faciundum curavit; M. H. M.
misso honesta missione; M. I. magna Idaea; MIL. militaribus oder mili-
tavit; MIN. Minerva oder ministri oder minori; MIS. missus; M. L. Marci
libertus oder merito libens; M L. modios qvingqvaginta; M. M. Maris duo
oder meritissimo ober magnae matri oder municipium (3. ®.) mediola-
nense; M. N. millia numero; MON. (triumvir) monetalis oder monumento;
M. P. monumentum (memoriam) posuit oder millia passuum oder Minervia
Pia; M. S. S. E. H. N. S. monumentum sive sepulcrum est: heredem
non seqvitur; MNN. munere ober municipium; M. V. S. memor voti
suscepti. [W.T.]
M = umvös, urmeior, uvgios; MET. META. METAA — usyog,
peyalaı etc., ueyıorog; MH. MHN. — umos etc; MHT —= urmo;
MHTPOII. = umponolseug; MNA. — usyag reos Arorvoo; (C. Inser.
Graec. n, 2278.);, MNH. MNHC. = umuns; MC = uas; MTET.
MTETAP. —= wvorng, uvorapyng; M. X. — umung yagır. Franz Rlem.
epigr. gr. p. 358. 367 f. [’West.] ;
Ma (Mc), wohl die Wurzel von mater und unzyo, vgl. M& Tẽ bei
Aeſchyl. Suppi. 890. Nah Steph. Byz. v. Maoravpa war e8 Name ber»
jenigen Nympbe im Gefolge der Rhea, welder Zeuß den Dionyſos zur
Erziehung gab, oder — was wahrſcheinlicher iſt — der Rhea ſelbſt. Don
ihrem Namen und dem Wort zaügogs leitet Stepb. die Benennung der Statt
Mataura ab. Vogl. Zoega Basrel. ©. 82. Anm, 1. (welcher Ma mit magnus
in Beriehbung ſetzt) und Welder, Aeſchyl. Tril. ©. 187. [W.T.]
Maagrammum ((Moayoauuor, PBtol. VII, 4, 10. VII, 28, 5.),
die Haupt» und Reſidenzſtadt der Nagadibi im Innern der Infel Taprobane,
am Fl. Ganges (vielleiht das heut. Tamancadave; nad And. Gandi). [F.]
Maarsares (Meapoaons, Ptol. V, 20, 1. 6.), einer der Saupıfanäle
bed Euphrat, der weit ndrdlid von Babylon beginnt, immer einige Meilen
weſtlich von demfelben und parallel mit ihm Hinläuft und fl beim Einfluffe
des Gyndes In den vereinigten Cuphrat⸗Tigris im Hauptflrome endigt. Ammian
XXIII, 6. nennt ihn unter dem Namen Marses als einen befondern Fluß.
Er ift no jegt bei hohem Waſſerſtande ſchifſbar. Da er bei Abulfeba
©. 251. auch den Namen Narft führt, fo glaubt Mannert V, 2. &. 256..
daß auch bei Ptol. richtiger Naxpoaons zu leſen ſei, und Bochart Hält ihn
für identifh mit dem Narraga des Plin. VI, 26, 30. [F.]
Mabog, nad Plin. V, 23, 19. (wo freilih die Codd. falſchlich Magog
haben) ein alter, einheimifher Name jener berühmten Stadt Spriens, bie
auch Bambyce (Baußuen, Strabe XI, p. 517. Melian. h. an. XU, 2.
Aypian. Parth. p. 75. Schweigh. Cteſ. fr. 394. aus Eratoſth. Catast. c. 38.)
hieß * (daher noch jetzt Bambig oder Membedſch, Munbedje), von den Griechen
\ I)
? Beide Namen bedeuten ‚„Baummolenftadt.” Abulſeda Tab. Syr. p. 128,
nennt fie Mambach und Mambedj. Nach Eonft. Porphyr. de imag. Edess. p. 51.
ed. Combes ſprachen die Araber den Namen Mepuir, bie Syrer aber Maßovn aus.
-Masae — Maoardae 1824
Hierapeolis genannt wurde (ogl. außer ven genannten Stellen bes
bo, Ael., App. und Blin. auch Lucian. de dea Syr.c.1. Ptol.I, 11,
.V, 15, 13. VII, 20,8. Procop. deaed. IH, 9. Hierocl. p. 712. Ammian.
26.). Sie lag am FI. Sangas und an der von Antiodhia nach Mefos
nien führenden Hauptſtraße, 24 Mil. weftlih vom Euphrat, 2'/, Tage⸗
von Beröa „und I Tagereifen von Antiodia (Zoflm. IH, 12.), war -
ichtigſte Stadt der Provinz Cyrrheſtica und feit Gonftantin dem Gr.
auptſtadt der neu errichteten Provinz Euphratensis (Malal. Chron,
p. 3. vgl. au Ummian. XIV, 8.), überhaupt aber eine der größten
hönften in ganz Syrien. Den Namen der heiligen Stadt führte fie
Jauptfi ber Verehrung der Derceto oder Ütergatis, deren prädtiger
el fo überaus reich war. daß nad Appian. Parth. p. 28 Schweigh. die
aten des Craſſus, die ihm plünderten, mehrere Tage brauchten um nur
olonen und fllbernen Gefäße deffelben wiegen zu Iafien. Vgl. auch Lu⸗
u. Plin. 1.1. Mit Einführung des Chriſtenthums ſank der Wohlſtand
tabt, und Juflinien, der ihre Mauern in viel Eleinerem Umfange wieder
llen ließ, fand fle ſchon theilweife unbewohnt und verfallen (Procoy.
:d. I, 9.). Jett iſt von ihr nichts mehr übrig als ein großer Theil
Rauern. Bol. PBocode II. ©. 242. und v. Hammer In den Wiener
’. Bd. CVI. ©. 66. [F.]
Macae (Maxaı), 1) ein Bolt an der Ofltüfte von Arabia Felix,
ih von ben Afabern bis zum Vorgeb. Maceta bin, von PBtol. VI, 7,
reilich ins Innere des Landes geſetzt, aber auch bis zur Küfte reichend,
heild aus dem gen. Vorgeb., welches Strabo XVI, p. 765. 766. aus⸗-
lich das Vorgeb. der Mafä nennt, theild aus dem Namen der heut.
t Maskat oder Mascate, d. h. des alten Moscha, zu fchliegen ift. Vgl.
Mela II, 8, 6. u. Gtepb. Byz. p. 436. — 2) eine von Herod. IV, 175.
p. 46.f. Diod. III, 48. Btol. IV, 3, 27. u. Plin. VI, 23, 26. er-
te Voͤlkerſchaft Libyens im Innern der Regio Syrtica, daher fle au
3tol. Maxcu Zvprizas heißen. Nah Silius IH, 275. wohnten fie am
en Ufer ded Fl. Cinyps oder Cinyphus. [F.]
Macalla (Moax«Aic, Ariflot. de mir. ausc. Lycophr. 927. Steph.
p. 436., wo fonft freilih MaxedAx edirt wurde), Stadt an der Oſt⸗
von Bruttium, 120 Stad. von Eroton (Arifl. 1.1.), wo ſich nach Tzetz.
cophr. 1. 1. das Grabmal und ein Heiligthum des Philoktet befinden ſollte,
aß Steph. 1. 1. felbft den Namen des Ortes ano rov uulanodinas 87
Gidoxrifem herlettet. Die wirkliche Geſchichte kennt den Ort nit. [F.]
Macanitae (Maxarizaı, Btol. IV, 1, 10., im It. Ant. p. 2. Ma-
es), Völkerfehaft in Mauretania Tingitana am Fleinen Atlas. [E.]
Macar und Macarems, Sohn des Helios (oder des Krinakos) und
Rhodos, flüchtete nach Ermordung des Tenages von Rhodos nach Lesbos,
. D. XXIV, 544. Diod. V, 56 f. vgl. ib. 81. Arnob. IV, 24., Bater
Iſſe, Ovid Met. VI, 124. — 2) ©. des Aiolos, Bruder der Kanake,
. Legg. VII, p. 838. C. Ovid Ib. 564. Her. 11. vgl. Stoß. Floril.
’, 35. — 3) ©. des Lykaon, myth. Gründer ver Stadt Malaria, Bauf.
8, 1. — 4) von Nerilos, Gefährte des Odyſſeus, Ovid Met. XIV,
— 5) Lapithe, ib. XI, 452. — 6) ©. des Jafon und der Meben,
fab. 23. [W.T.]
Macaraea (Maxapeia), Küftenort Africa's zwiſchen der großen und
en Syrte, Stadiasm. maris Magni $. 96. u. 97. [F.]
Macaröae (Moroosaı, PBauf. VII, 36, 6. Steph. Byz. p. 436.)
Macaria (Maxagie, PBauf. VII, 3, 1. 17, 3. u. Steph. 1. L),
en Arcadiend, fhon zu Paufanias’ Zeiten zerflört, nachden ſeine Be⸗
1922 Muckres — Mascahnei
wohner mit nad Megalopolis verpflanzt worden waren. Er muß in Bar-
rhafien in der Nähe von Lycoſura gelegen haben, feine Ruinen aber ſind
noch nicht aufgefunden. Vgl. Boblaye Rech. p. 163. [F.]
IM (Maxxpes, Scymn. Chius fr. v. 199. u. Anon. Descr.
Ponti Eux. bei Hudſ. II. p. 10.), ein neben den Marlandyni genanntes
Küftenvolt am Pontus Eurinus, alſo wahrih. in Bithynien oder Papbla-
gonien zu ſuchen. | F.
Macareus, Derfaffer eines Werks über Koo (Koma), von welchem
ein drittes Buch angeführt wird; f. Athen. VI, p. 262. C. XIV, p. 639.D.
Unter demfelben Namen kommt auch der angeblihe Gründer von Lesbos vor;
ſ. Diod. Sie. V, 82. mit Weflelings Note u. Macar. Bgl. Babrie. Bibi.
Gr. VIII. p. 367 ff, wo noch Mehrere dieſes Namens angeführt find. [B.]
Macarla (Moxapie), 1) gemeinfame, bef. bei den Dichtern vorfommende
Benennung mehrerer Infeln, vie theils unter andern Ramen weit bekannter
find, mie Cyprus, Lesbos, Rhodus (f. d. Artt.), theild aber auch nur
unter diefem Namen vorfommen, wie ein von Ptol. IV, 7, 37. genanntes
Eiland im S. des Arabiſchen Meerbuſens vor der Küfte von Troglodytike
(Hethiopien), etwas nörblid vom Golf von Adule. — 2) Name zweier
Städte: a) in Areadien (f. Macareae), b) an ver Nordküſte der Infel Cyprus
( Ptol. V, 14, 3.). — 3) ein vom Pamiſus durchſtroͤmtes Geſilde Meffeniend
(Strabo VIII, p. 361.). — 4) eine Quelle im Gebiete von Marathon, vie
nad ber gleiänamigen Tochter des Heralles und der Dejanira benannt war
(Pauſ. I, 32, 5. Strabo VIII. p. 377., wo Koray bie falſche Lebart er zz
Koo»do fehr glüdlih in &v Towmopvdao verwandelt hat. Vgl. au Grob-
kurd IH. ©. 93.). [F.] '
Maxaepwrs vücoı, f. Inferi, ©. 161.
Macatus, f. Livii, S. 1112. Nr. 9.
Macatütae (Maxarovzaı, Ptol. IV, 4, 10.), Volkerſchaft im Weſten
von Gyrenaica an der Grenze der Provinz Africa und oberhalb der Velpi
Montes. [F.]
Macca, röm. Toͤpfer, |. Malten, Ergebniffe der neueften Ausgrabungen
in und hei Mainz, 1842. S. 25. [W.
Maccabnel. Der dur) NAleranders des Er. aflat. Feldzug vermit:
telte @influß griech. Religion und Sprade, Bildung, Sitte und Bemeinte-
verfaffung auf den Dften von Kleinaflen an bis nad) den Indusländern follıe
auf die Schranke durchbrechen welche Oertlichkeit des Landes und eine feit
Jahrhunderten tief eingewurzelte, unter perſ. Hoheit noch ſchärfer ausgeprägte
nationale und relig. Cigenthümlichkeit um das jüdiſche Volk gesogen hatten
(Leo, Borlefungen über die Geſchichte des jüͤd. Staates, XVIII. Borlef.). Ra
dem derfelbe unter der für Judäa im Ganzen nit wungünfligen Regierung
der vier, oder, wenn man will, fünf erſten Btolemäer , beſonders aber bes
‚ zweiten, und der zwei erflen Herrſcher aus den Seleuciden, Antiochus HU.
_ und Seleucud IV.* mehr im Stillen und bei @inzelnen gewirkt hatte (Joſt,
allg. Geſch. des iſrael. Volks I. ©. 468 f. IM Maccab. 1, 3.), trat er
unter Antiochus IV. vffener, kecker und in größerem Umkreiſe hervor (1 Bacı.
1, 12 f.). Bet dieſem Fürſten kam nemlich zweierlei zufammen, um ihn
* Mit Ausnahme ber von zwei erflen Eroberern des Laudes Ptolem. I. und
Ant. III. hiebei veräbten , aber durch nachherige Liberalität ausgeglichenen Gewalts
thätigeeiten, Sof. A. J. XII, 1. 8, 1. 3,3, 4,4. ; verfuchtes Attentat von Ptol. IV.
auf bad Allerheiligſte des Tempels gu Jeruſ. wenigfiend nach III Macc. 1. (vgl.
jedoch Winer, bibl. R.W.B. unt. Ptol. IV.), fo wie von dem gelbbedärftigen Gelens
eu6 IV. auf den Ihm verratbenen Schau bed früher vom König beginfligten Xems
De aoenbenartig erzäpit II Macc, 3, 3f., von Sof. XI, 6, 10. nicht einmal
t.
Mascabnei 1328
mit ven Juden in velig. natlonalen Gegenſatz zu bringen, und biefen bei
ihnen felbft noch ausgeſprochener bervorzinufen: Geldverlegenheit und bie
fire Idee, bei der fo verichiedenartigen Bevölkerung feines Reiches den Cultus
uniform zu maden (I Macc. 1, 41 f.). Jene drüdte ihn in Folge des
eigenen großen Kunflaufmanded (Polyb. bei Athen. V, c. 22—24. X, 53.),
fo wie des für Syrien jo nachtheiligen Zriedens mit Nom, morunter fon
jein Vater, Ant. III. (Juſtin. XXII, 2, 1.) und fein Bruder, Set. IV. zu -
leiven- gehabt hatten, und er ließ esſich daher gerne gefallen, daß Jeſus,
oder wie er fi gräcifirend nannte, Jaſon, Sohn bed Hohenprieſters Simon 2.,
mit Berdrängung feined Bruberd Onias von ihm diefe Würde um eine bes
deutende Summe, natürlih aus dem Tempelfchage * eskaufte, fpäter aber durch
Menelaus (feinen Bruder nach Jofephus A. J. XI, 5, 1., nicht fo nad
II Mace. 4, 23 5.) mittelſt einer no größern daraus verbrängt wurbe;
ebenfo, und dieß ift der zweite Punkt, daß Beide das Verſprechen gaben
und erfälten, griech. Sitten und Ginridtungen (4. B. ein Gymnaſium zu
Jeruſalem, Iof. am a. DO. IT Marc. 4, 9. 12. vol. I Macc. 1, 14.) unter
Berbrängung der altjüd. einzuführen, 3. 172 v. Chr. Das ſchon hiedurch
empödrte relig. Nationalgefühl der fireng ober flarr Gläubigen wurde es no
mehr als Ant. IV., biefe feltfame Miſchung guter und fhlimmer @igenfchaften
(Diod. Sic. fragm. 1. XXXIV. T. VI. p. 146. ed. Tauehn.), von feinem
‚meiten ägypt. Feldzuge flegreich heimkehrend (3. 170), über Ierufalem mit
Würgen und Tempeltaub berfiel (I Macc. 1, 20 f.), und zwei Jahre fpäter
nad feinem von Mom erzwungenen Abzug aus Aegypten viel Kriegsvolk nad
jener Stadt ſandte, um ald Befchüger der for. gefinnten neugläubigen Partei
ste alsgläubige, den Ptolemäern ergebene zu bekämpfen und mo möglich aue⸗
urotten. Mord, Brand, Plünderung, wenn au mit Uebertreibungen ge⸗
ſchildert, Beſetzung der Davivsburg, Verböhnung, dann geradezu Aufhebung
ves Icehovavienfled, und anbefohlene Bertilgung feiner 5. Urkunden, dagegen
Erhebung eined ebenfo phantafliich als deſpotiſch für das ganze Reich be-
timmten Zeuscultus, inımer flärkerer Abfall der Juden und hulbdigende An»
yequemung ber Samariter zu dem vom Throne wie. vom Zeitgeifte begän-
tigten, Iebenslufligen Dienfle, und immer ſchärfere Verfolgung der treuen
Nitglaubigen: das Alles mußte endlich die auch anderswo thätige Meaction
‚ed Orients gegen den einfeitigen Sellenisunus ver Seleuciven (Drosfen,
Beſch. d. Hellenismus 11. ©. 66 f.) hier gleigfalls zum Ausbrude bringen
I Mace. 1, 30. HI Macc. $—7. of. A. J. XII, 5, 2—A B. dud. I,
I, 1 f. De Maccab. 4 f., 1. ®d. 1. ©. 343 f.). Und dieß geihah zu Mobin,
inem „ber Ebene” nahe gelegenen Dorfe (1 Macc. 16,4. 5.), nicht weit von
Diospolis (Lydda) an ver Straße die von Joppe gen Ierufalem zieht (Mob.,
Baläftina II. S. 581 f.), no Mattathias "aus prieferlihem Geſchlechte der
esteren Stadt herſtammend, ver Urenkel eines gewiſſen Chasmon (of.
korionid. P- 66. 159. 443., daher Acaumvraios, Joſ. A. J. X, 6, 1. u.
ie Dynaſtie der Sasmonder XIV, 16, 4.), lebte, ein Dann von tiefem
elig.nationalem Gefühl, und zum Handeln und Aufopfern entfchloffen, ver
Bater von fünf gleichdenkenden Söhnen, Johannes, Simon, Judas, Eleazar,
Sonatban. Diefer Ieiflete der auch dorthin gedrungenen lockenden Aufforde⸗
ung, das dem König angenehme Opfer des Zeus (Vaillant, Seleucid. Imp.
. 192 f.) al der Angefehenfle des Orts zu verrichten, nicht nur ſelbſt Feine
folge, ſondern ſtieß auch den erflen abtrännigen jüd. Opferer und ben for.
leberbringer ned koͤniglichen Geheißes am Altare nieder, über beffen Trümmer
in er (3. 167) die Loſung zur Maccabäer-Zeit gab, in Iupäa’s polit. Ger
® €ic, pro Rlaceo 28. Zac. Hist. V, 5. Philo Legat. ad Caj. T. II. p. 578,
dä. Mang. of, B. Jud. I, 14, 6.
43 Maccabaef-
ſchichte der glorreihfien und für das Gefühl anſprechendſten, felbR in Ver⸗
gleih mit der davidiſchen, je preismürbiger es ift, eigene Freiheit zu ver-
theidigen, als fremde zu unterbrüden, und fe freier, gebildeter und, auch
die Greuel eines foldhen Kampfes in Rechnung genommen, milder die Denk⸗
und Handlungsweiſe viefer Zeit gegen das rohe, wilde Treiben jener altifrael.
Groberungäperiode erſcheint. Der muthige Briefter zog fi nun, Alles zu-
rüdlaffend, mit feinen Söhnen in die Eindde des nicht weit hinter Modin
höher und rauber anfteigenden Gebirges Juda, und viele Familien, denkend
wie er, thaten auch wie er; aber während ein Theil dieſer Flüchtlinge ſich
vor einem fur. Ueberfall aus Ieruf. in feinen Höhlenverſtecken aus Mis-
verſtand des Sabhathgefeges wehrlos nieverhauen ließ, erhob der freiflunige
* Brieftergreis mutbigen Glaubenskampf au an Jehovas Ruhetag zum neuen
Geſetze der Patrioten (Chafidäer), und z0g an der Spige der immer zahl-
reicher um ihn fih Echaarenden in der Nachbarſchaft under, die Veſchneidung
vollziehend, Altäre zerflörend, Abgefallene wie Verführer zum Abfall mit
Schwertesſchärfe züchtigend, ſtarb aber fhon nach einjähriger Führung (3. 166)
unter Gebet und Vermahnung zu ritterlihen Ausharren (I Mace. 2. Iof.
A. J. XH, 6. B. J. 1,1,3.). Nach feinem -Tchten Willen (I Mace. 2, 65 f.)
übernahm 1) fein dritter Sohn, Judas, zubenannt Makkabi d. 5. (Feinde⸗
zeriäämetternder) Hammer (Habacuc. 3, 14. Zadar. 2, 3f. de Wette, hebr.-
Jũd. Archäol. 6.59. Winer am a. O. J. S. 749., daher Maccabäer), mit feinem
älteren Bruder, Simon, jener ein ebenfo tapferer Beter als glaubensinniger
Kämpfer, wie dieſer ſtark an Rath war, die Führung des immer mehr vom
Pleinen Krieg und von ber Nothwehr zu größern Wagniſſen für nationale
- Mnabhängigkeit erflarfenden Kampfed, und ſchlug fofort die feleucid. Gtatt-
- balter von Samaria und Cöleſyrien, Apollonius und Geron, dieſen an ber
Spige feiner überlegenen, dur abtrännige Juden verflärften Schaaren bei
Berhhoron im Nordweſten von Ierufalem* durch den relig. Enthuſtasmus
feiner Minderzahl. Unt. aber, entweber zu verblendet über die Bebentung
des jün. Aufftandes, um ihn perfönlih zu bekämpfen, ober durch die bebeu-
tenden armen. , med. und perf. Unruhen in jene Gegenden feines Reichs
erufen, übertrug, nachdem er mit feiner Energie (Schloſſer, univ.Hif. Ueber⸗
cht u. f. f. I, 2. S. 353 f.) noch ein zahlreiches Heer aufgebracht, vie
Leitung feines minderjährigen Sohnes Antiochus V., fo wie den Bertilgungs-
krieg wider die Juden dem Lyſias, feinem Vertrauten. Das von dieſem hiezu
ausgefandte Heer von 40,000 M. zu Fuß (die for. Meberfegung von I Macc.
3, 39. hat 10,000, wie Leo beifällig in der 18ten Vorlefurg anführt, vgl.
dagegen J. D. Michaelis in den Anm. zu feiner deutſchen Ueberfegung von
I Macc.) und 7000 zu Pferd, wurde von den Juden, flatt fie überfallen
u können, theilmeife überfallen, mit großem Verluſte geſchlagen, der Reſt
ber die Philiftäerebene nad Asodod und Jamnia verfolgt, und ale ver nod
unbeflegte Theil freiwillig floh, das reihe Lager geplündert, und im I. 164
einem noch flärferen Heere unter Loflad' eigener Führung bei Beihzur, zwei
Stunden nörblid von Hebron (Mob. I. ©. 360. Anm. 2.) daſſelbe Loos
bereitet. Nachdem dieſer Drt zur jüb. Grenzfefle wider Idumäa gemacht
und in dem bis auf die Burg wieder eroberten Jeruſ. mit großer Sieged- |
freude das Feſt des neu geweihten und befefligten Tempels im December be»
angen worden war, beflanden Judas und feine Brüder Jonathan und Simon
$. 163) gluͤckliche Kämpfe, nar durd die Nieberlage einiger Unterbefchle-
haber bei Famnia verbittert, ‚gegen bie Ioumäer im Süden, bie Philiſtäer im
9 Rent Weit Ur; hieher führte eine alte Hauptſtraße von Lydda und ber See⸗
küſte Aber den Pap nach dem etwa 5 Stunden entfernten Serufalem, Bob, am a. O.
Il. 6, aaa, 273[. _
Macoabael 1925
Wehen, die Ummoniter und andere transjordan. Stämme im Dften, und
verpflanzten von dort und von Galiläa her viele jüd. Familien nah den
ſicher bergenden Höhen des jüd. Süngebirges (1 Macc. 3—5. II Mace. 8.
10. 12. Joſ. A. 3. XII, 7. 8. B. J. I, 1, 4.). Inzmifhen war Ant. IV.
nah seinem Raubverſuch wider einen perf. Temrel (I. 164) geſtorben
(Bol. XXXI, 11.). Dieß, der nahende Ausbruch von Streit zwiſchen Loflas
und Philippus, einem andern Föniglichen Freunde, über Vormundſchaft und
Reichsverweſerei, die Ungewißheit was Rom mit dem in feiner Gewalt be>
ſindlichen eigentlichen Ihronerben Syriens, Demeirius, dem Sohne von
Sel. IV., anfangen werde, lähmte für ven Augenblid vie Xhatfraft ber
antioden. Gewalthaber, ermuthigte aber fammt dem bisherigen, Gottgeſeg⸗
neten @rfolge Judas zu neuen Wagnifien, zunädft einem Angriffe auf bie
gar läftige fyr. Beſatzung der Burg in Seruf. Doch der hiedurch veranlaßte
Nothſchrei der Hellenen und helleniſirenden Juden zog ein fyr. Heer, noch flärfer
als die biöherigen, unter dem jungen König und Lyflas felbf herbei, vor
dem nad einem rühmlichen Borpoftengefechte, in den nad Jeruſ. führenden
Engpäflen, gegen zwei Meilen von Vethzur (Reland, Palaestina ꝑ. 660.
753.), im welchem Judas' Bruber, Eleazar, den Heldentod flarb, worauf Jubas
in die Hauptſtadt zurückwich und eine Belagerung aushielt. Aber eine Qungers-
noth im Sabbathjahr (162), für beine Theile verberbli, die Nachricht vom
Einbruch des Philippus in Syrien und die bercit6 auch in Judaͤa fitbare
Einmifhung ber vermittelnden Nömer brachte einen auf Duldung des jüb.
Blaubens lautenden, von den Syrern freili alsbald dur Zerflörung ber
Befefligungen am Heiligthum verlegten Vertrag zu Stande (I Macc. 6.;
DI Macc. 11. 13. mit einigen Abweichungen und’ dieſem Buche ja überhaupt
eläufigen Uebertreibungen; Sof. A. 3. c. 9. B. J. c. 1, 5. App. Syr. 46.
of. XXXI, 12,9 f.). Doc er gemährte den jüd. Patrioten eine wie ſchon
jene Berlegung bebeutete nur kurze Ruhe; und die Erhebung ded aus Nom
entwichenen Demetrius I. an des Hingerichteten Ant. V. Statt brachte durch,
Binfegung des zweideutigen, felbft für eine Anzahl Chafidäer verführeri-
fen Aleimus als Hohenprieſters, ven alten Glaubenoſtreit, und weil Alcimus
in Folge davon vor dem klarſehenden Judas zu feinen fyr. Goͤnnern fi
flüchten mußte, auch den Krieg wieder zum Ausbruch. Bei feinem Beginne
entreißt zwar Judas abermals in der Nähe von Bethhoron dem fur. Feld⸗
herren Nicanor Sieg und Xeben, fällt aber, nachdem er inzwifchen auch mit
der hoheprieſterlichen Würde geſchmückt fh um nachhaltigere Hilfe bei den
wider Demerrius miöflimmten Römern, die fih das jüd. Ländchen ald Ope⸗
rationsbaſts wider die .Ägypt. und for. Nachbarreiche gerne gefallen ließen,
klüglich umgeſehen (Juſtin. XXXVI, 3, 9.), vor dem Gintreffen von deren
Zufage, an der Spige einer auf 800 Streiter heruntergefhmolzenen Schaar
in erneutem ungleichem Heldenkampfe gegen die for. Uebermadt unter Bac⸗
chides auf der jünifch-philiflätichen Grenze. Unter den gerechten Klagen feines
vermaisten Volkes wurde er im väterlichen Erbbegräbniß zu Modin beigefet
(160 v. Ehr., 1 Mace. 7—9, 22. II Mace. 1f. Joſ. A. 3. c. 10f. B.
J. F. 6.). Diefe Niederlage, vie Belegung Jeruſalems, fofort der blutige
Tod des Johannes, eined zweiten Bruvders, und der Berluft der Maccab.
Familienhabe, melde an transfordan. Feinde verloren ging, waren empfind=
lie Schläge für die jüd. Patrioten, und daher konnte 2) Judas’ Bruder,
Jonathan, von ihnen mit der Häuptlingfchaft bekleidet, ihre Sache
anfangs nur vertheibigungämelfe, oder auf ben Eleinen Krieg ber Raubzüge
beſchraͤnkt, von einer feflen Stellung in der Wüfte Thekoa aus (f. Bo. IV.
S. 350.) in ®emeinfhaft mit Simon führen. Selbſt ald Bacchides, uns
glüdli in einem Gefechte in den Jordansſümpfen, nad) Befefligung mehrerer
Punkte in Judäa, namentlih Jeruſalems, wohin er die Kinder der Vor⸗
1326 Haoscabaei
nehmflen als Geifeln halte bringen Iaffen, abgezogen war, machte Jonathan,
entweber weil der for. Anhang jetzt zu übermächtig oder die Kraft ber Ma⸗
trioten menigflens für den Augenblick erfhöpft war ober er nicht in dem
Grade wie fen Bruder Judas Kriegeiaaren zu organifiren und zugleich zu
begeiftern verfland (Flathe ©. 609.), voch Feine der Rede werthen Fortfchritte,
518 er nach zwei Jahren über den von feinen meuchelmörberifgen Gegnern
berbeigerufenen Bacchides in benfelben Flußniederungen einen noch bedeuten⸗
dern Vorteil davon trug, In Folge deſſen ein für Jonathan unter feinen
Berbältnifien nit ungünfliger Vertrag auf Auslieferung von Beute und Ge⸗
fangenen mit Bacchides abgeſchloſſen wurbe (I Macc. 9, 23 f. Iof. A. J.
XI, 1.) Bon Michmas aus (im NO. von Jeruſ.) Eonnte jegt Ion. als
anerfannter Beamter bed for. Königs um fo ungeflörter auf Wiederherftellung
eines georpneien Rechts⸗ und Religionszuſtandes in feiner Umgebung wirken,
als vom 3. 152 an in Syrien eine Reihe von Mevolutionen eintrat, welche
‚bie raſch fi folgenden Könige Alexander Balas, -Demetrius IE, bes I. Sohn,
147, Antioch. VI., des Alex. Sohn, 145, nöthigten den Beifland des jüb.
Volksführers* durch Verleihung der Würbe eines Hohenprieflers, königl.
Breundes, Hauptmanns und Statthalters über Judäa (?) ** oder Beflätigung
derſelben, fo wie durch Vergabung mehrerer damit verbundener Rechte und
Bortheile an Hauptſtadt, Land und Volk zu gewinnen. Do bie for. Zwei-
beutigfeit (I Macc. 10, 46.), die Unzuverläßigkeit der dortigen Berbältnifie
überhaupt, dad natärlige, immer ausgeprägtere Streben nach völliger Unab⸗
bängigfeit von bem wenn auch nicht mehr relig. verfolgenden, fo doch polit.
widermwärtigen Syrien, legten dem Ion, mie einft feinem Bruber Judas.
die Wieberanfnüpfung des röm. Bündniffes nahe; allein dieſer noch immer
ferne Schild Im Wehen vermodte auch ihn nit zu veden; denn ber for.
Heerjührer — gen. Tryphon (Strabo 668. 752.), beſorgt, feine Ab⸗
fichten auf des jungen Ant. VI. Krone und Leben möchten durch bie ſchon
von deflen Vater erprobte Treue Jon.'s burdpkreuzt werden, zugleich auch
eiferfüchtig auf die durch diefen wachſende Emancipation Judäas, wußte zu
Ptolemais den arglofen jüb. Priefterfürften und fpäter auch deſſen zwei Söhne
in feine Gewalt zu bekommen, und ließ alle drei ermorben (3. 143). Ion.
wurde im Pamiliengrabe zu Mobin beigefeßt, über welchem ber noch
allein überlebende Bruder Simon fleben Pyramiden, für Baier, Butter, vier
vorangegangene Brüber und einſtens auch ihn felbft zum Gedächtniß fammt
anderem Grabesſchmuck, meithin felbfl den auf dem Mittelmeere Schiffenden
fihtbar, errichten ließ (I Macc. 10—13, 32. Joſ. A. 3. XII, 2. 4.5. 6,
4—5. B. J. I, 2, 1. ©. über dieß Denkmal und eine angebl. darauf ſich
beziehende Münze Simons: Michaelis am a. D. ©. 281 f. und Rob. II.
©. 62.). 3) Simon, fon unter feinen zwei Brüdern für des Volkes
Heil und Sieg mit Math u That wirkſam, ber Vollbeglückendſie unter
allen Maccab., zeigte ſich noch während der Befangenfchaft feines Bruders
Jon. dur feine mit Umſicht und Grfolg geleitete Vertheidigung ber jüd.
Weſtgrenze gegen mehrere Berfuhe Tryphons von einem ober dem anbern
ber gemöhnlicden for. Angriffspunfte, Ptolemais, Dora, Joppe (dad ge⸗
nommen wurde), einzubredhen, würbig ber ihm durch Volkezuruf Äbertragenen
Fuͤhrerſchaft. Klug fegte er durch DBefefligung vieler Städte, z. B. Berhzurs,
° on. bleibt bem Alex. Bal. treu bis zu beffen Tobe, I Mace. 10, 47. 11,
17 f. Gein Benehmen gegen Ptolem, Philom. ift bloſe biplom, KHöflichBeitäbezen:
gung, I Macc. 11, 6 f. (gegen Flathe ©. 633., der auch in bed Apollonins Parteis
felung An PR — — Macc. 10, Ka uuba
u u Bruder Simon bekam eine Statthalterſchaft au ber phöniec. e,
durch Antiochus VI (Mic, gm I Macc. 11, 50.). rn “er
Maccabael 1327
die Verthelbigungsanftalten fort, Tnüpfte mit Tryphons Gegenkoͤnig, Demes
trius II., zur Sicherung feiner Stellung fo wie des Landes Verbindungen an,
erweiterte die Landesgrenze durch Groberungen im Norden und Welten, vers
drängte die for. Beſatzung aus ber lange bejehten Burg von Ieruf., forgte
für Gemeindeverwaltung und unparteiifhe Rechtspflege, für Anſchaffung von
Waffen- und Getreivevorrärhen (f. Michaelis zu’I Macc. 13, 33.), für Ge⸗
werbe und Belebung namentlich des Mittelmeerhandels beſonders durch Joppe's
Eroberung, emeuerte das wichtige röm. Bünbnif, und wurde durch die Dank⸗
barkeit von Briefterihaft und Volk, dad mit feinem erflen Negierungsjahre
eine neue, antifeleue. Zeitrechnung begann, zum SHobenpriefler und Fürſten
proclamirt ($. 141. Joſt am a. DO.1,509f. Winer am a. ©. I. ©. 539 f.),
auf fo lange bis ihnen Gott einen beglaubigten Propheten ermweden würde
(I Macc. 14, 41., 1. Mid. 3. d. St.), und bierin auch von Demetr. 1.
aus Scheue vor der Juden röm. Bundesgenoſſen beftätigt. Anfangs in freund»
lichem Vernehmen mit Ant. VII, dem Bruder des inzwiſchen (3. 140) in parth.
Gefangenſchaft geratbenen Demetr. EL., welcher außer den von früheren Seleur.
der Maccab. Familie und dem jüd. Lande gemachten Bermilligungen dem
Simon au noch das Münzrecht ertheilte (Über biefe vielbeſprochenen Münzen
f. Biner am a. O. J. S. 473 f. II. S. 520 f. de Wette am a. D. 6. 186.),
war Simon bereit, ihn gegen den Ihronräuber Tryphon zu unterflügen,
wurbe aber fpäter von dem auf die Vertreibung der ſyr. Beſatzung aus Jeruſ.
und bie jüd. Eroberungen an ver yhilift. Küſte insgeheim erbodten Ant.
(3. 138) mit Vormürfen, Zurüdforderungen und zulegt mit offenem Kriege
heimgefucht , deſſen Führung der greife Fürft feinen zmei Söhnen Judas und
Johannes übertrug (f. über die Differenz in den Berichten von Sof. und
I Macc. Mi. zu I Mace. 10, 16.), welche den Syrer in der Ebene unter»
Halb Modin fhlugen und bis an die Meeresküſte verfolgten. — Drei Jahre
fpäter wurbe er von feinem herrſchgierigen Schwiegeriohne Ptolemäus, dem
Statthalter Jericho's, auf deffen nachbarlicher Burg Dot (einer ber zwei von
Strabo 763. erwähnten Räuberburgen? Rob. II. S. 559.) bei einem herrlichen
Male (3. 136) nah achtjähriger Regierung ermorbet, welcher Blende, fpäter
auch noch mit dem Blute von Simons Gemahlin und zwei Söhnen, Judas und
Mattathias befleckt (ſ. über die abermalige Differenz ber zwei genannten Refe⸗
venten Mid. zu I Macc. 14, 16.), den fur. König zur Durchführung feiner
ehrgeizigen, landesverrätheriſchen Plane um Hilfövölfer anging, aber mit feinen
Entwürfen auf Gaza, Ieruf., den Tempel und feines Schwagers Johannes Leben
purchfiel (I Macc. 13—16. Sof. A. 3. XI, 6, 6.7. B. J. I, 2, 2—4.).
4) Nachdem Johannes Hyrcanus J., außer einem Bruder (Joſ. A. 3.
XII, 8, 3.), ſcheint e8, jegt der einzige Maccab., die Mebernahme ber hohe»
priefterliden Würde durch ein Opfer fanctionirt hatte, trat er einen Rachezug
wider feinen treulofen Schwager Btolem. an, nach deſſen erfolgloiem Verlaufe
noch in demſelben Jahre Ant. VII, eingedenk der unter ber vorigen Regierung
mlittenen Verluſte Syriens und gerufen von jenem Ptolem., dad Rand vers
wütend vor Jeruſ. erihien, und den Job. nit nur durch eine bedrängniß⸗
volle miehrmonatlihe Belagerung, fondern au und vielleicht ebenſoſehr durch
bie hochherzige Milde, womit er trog aller Anmutbhungen feines Freunde⸗
rathes, die menfchenfeinpliden Juben nad Ant. IV. Vorgang relig. und
polit. zu vernidten (Died. Sic. am a. DO. p. 194 f.), vielmehr das bevor»
ſtehende Laubhättenfeft durch Berwilligung eines Waffenſtillſtandes und Ueber⸗
ſendung eigener Opfergaben ebrte, zu einem Brievensvertrage, worin man
unter Anerkennung der kirchlichen Verfaſſung Judäas über Außdlieferung der
Waffen, Nieverreifung von Ierufalemd Mauern, Entridtung eines Tribute
rür den Beflg Joppes und anderer meiſt zu Syrien gehörigen paläflin. Städte,
und flatt der verlangten Aufnahme einer for. Beſatzung in Jeruf. über Stellung
1328 Mliaccabaei
von Geiſeln und Bezahlung von 500 Talenten* üsereinfam, ja zu einem
Bunde und zur Theilnahme an Ant. unglüdlicher Heeresfahrt nah Barthien
(3. 130) als einer Art Lehenspflicht beflimmte, woher fein Name Hyrcanus
ftammt (Derippus ap. Syncell. p. 556. Joſ. A. J. c. 8. B. J. c.2,5. 6.
vgl. Niebuhrs (El. Schriften I. S. 299 f.) doch etwas zu ſcharfe Ausflellungen
gegen Iof. Vericht. Flathe S. 662 f., f. Bd. I. ©. 545.). Bon biefer
zurückgekehrt war er auf die Nachricht von Ant. VII. Untergang in Parthien
alſobald nah allen Seiten Hin thätig, vie Nachtheile des mit jenem abge-
ſchloſſenen Friedens auszugleihen, indem er mit Benühung jemer Trauer:
botſchaft for. Städte im Ofljorbanland wegnahm, ſodann zwei alte Erbfeinde
feines Volks, die Samaritaner, deren Tempel auf Bari;im, fo wie ihre
Hauptſtadt — dieſe ward nad) langer Umlagerung trotz fyr. und ägypt. Entſatz⸗
verfuche erobert — er zerflörte, und bie Ipumäer in Sübjubäa (f. ®p. IV.
©. 62 f.) fi unterwarf und fle zur Annahme von Beſchneidung und andern
jüd. Sitten nöthigte, enbli zur Sicherung des alten und dieſes neuerwor-
benen Beflges nad dem Borgang von Bater und Oheimen den Bund mit
den Römern erneuerte, in allen biefen Unternehmungen geförbert dur die —
indeß zwiſchen dem abenteuerliden aus parth. Gefangenſchaft heimgekehrten
Demetr. II. und dem von Aegypten vorgeſchobenen Alex. Zebina, und ſodann
den Halbbrüdern Antiohus Grypus und Eyzicenus ausgebrochenen — Kämpfe
um bie fyr. Krone (Sof. A. J. c. 9. 10, 1—3. B. J. c. 2, 6.7. Flathe ©. 668 f.).
Don auch relig. Mittel jehte Joh. H. zur Stärkung feiner Herrſchaft in
Bewegung: fo wollte er am Tage mo feine zwei Söhne ein damaſc. Entfaß-
heer unwelt von dem durch fie belagerten Samaria ſchlugen, beim Weihrauch⸗
opfer im Tempel eine geheimnißvolle Kunde hievon vernommen haben, was
er auch bei feinem Austritt dem ganzen Volke mit yprophet. Sicherheit ver-
fündet haben fol; fo hatte ex fich während des größten Theils feiner weltlich⸗
geifiliden Negierung auf bie populäre Phariſäerſekte geſtützt; doch als er
fpäter dur den ihm ſchlau unterbreiteten Rath dieſer Belämpfer fremder
Uebermacht zu Bunften der eigenen, er folle zufrieden mit der fürftliden Würde
die Hohepriefterliche nieberlegen **, auf Einflüfterung eines ſadducaͤiſchen Freundes
zur Aufgebung und Berfolgung feiner alten Genoſſen und ihrer polit.reli«
giöfen Grundfäge fih beftimmen ließ (ums I. 110, Io IL. ©. Sf.) fo
erregte er hiedurch Bei ihnen einen Haß gegen fi und feine Bamilie, ber
zwar von ihm ſelbſt in feinen erſten Ausbrüchen niedergefämpft wurde, dafür
aber fpäter der letztern um fo berbere Früchte brachte, als nun nicht mehr
dur die Noth der Zeiten zurüdgebalten ver kirchlich⸗bürgerliche Begenfag
offen losbrach zwifcden den mehr demokratiſch fi gebärbenden Vertheidigern
ſcharfer Priefterherripaft Über die Volkägemücher und im Zufammenbange
biemit eines mit Irabition zerfegten Judenthums, und den mehr der Arifte-
kratie zugemiefenen Borfämpfern des auf alleiniger Auctorität de U. X.
fußenden Hebraismus und einer baraus hervorgebenden @eiftesunabhängigkeit
von nachweisbar menſchlichen Sagungen, die ſich aber freilich unter dem Einfluß
einer zu Genuß und Spekulation glei aufgelegten Zeit Leit zu Libertinis⸗
mus in Glauben und Leben verflacden Eonnte. Joh. H. farb, nachdem er
gegen 29 Jahre regiert hatte (Alpe. Anm. m. zu of. B. J. I, 2, 8. ed.
® Die augenfcheinliche Fabel von mehr als 3000 Talenten ans dem eröffneten
Davidögrabe, wovon Ant. befriebigt und SB Ib ner geworben worben feien, in wahr:
fheintih zur Maskirung der Größe bes Tempelſchazes ober feiner Piünbderung er:
funden, Joſt ©. 512, Anm. 1,
© Nebenbei lag darin freilich auch das richtige Gefühl, mit Niederkämpfang der
äußern Not) Habe die Bereinigung ber weltlichen und geiftlichen Macht in dem Maceab.
ao an yore Beſtimmung erfült, und fel Daher nicht mehr au ber Zeit (en,
e Borlefg.).
Maccabnei 1929
Iaverc.), und von Gott, wie Joſ. fagt, der drei größten Zierden gemwürbigt
porden war, ber Herrichaft über fein Boll, wobei er zuerfl unter jüd. Fürften
ih auf Söldner fügte (A. 3. XII, 8, 4. B. J. c. 2, 5.), des Hohevrieſter⸗
hums und der Weiſſagungsgabe, Eraft der ex auch den Tod feiner zwei älteften
Söhne als bald nach dem feinigen erfolgend verkündet Haben fol, mit Hintere
affung von fünf Söhnen (Iof. A. J. c. 10, 35—7. u. B. J. c. 2,7. 8.
och pomphafter über feine Prophetie). 5) Der Ueltefle von dieſen Ariſt o⸗
zulus I. nahm zuerft unter den Maccab. das Föniglihe Diadem an; aber
nit diefem auch Herricherargwohn und Eiferfucht wenigſtens gegen drei feiner
Brüder, die er fofort gefangen fehte, und gegen feine Mutter, bie, fcheint
8, durch Ihres Gemahls letzten Willen mit der weltlichen Gewalt betraut,
ım bie Theilnahme an biefer mit ihrem Sohbne:geflritten hatte, und darum
‚on Ihm mit Kerken und Hungeitod beftraft wurde. Nur den ihm an Alter
ächſten Bruder Antigonus würdigte Ariftob. feiner Liebe und gleichen An
beild an den Sorgen und Ehren ber Regierung; aber diefen wußte bie mit
inigen Intriganten gegen ihn verfämworene Königin, als die Saat des Arg-
vohns in des Königs Bruft nicht ſchnell genug wucherte, auf tüdifche Weile
us dem Wege zu räumen. Als Ariſtob. dieſen Frevel inne wurde, brach es
ammt der Folter eines böfen Gewiſſens dem Erkrankten dad Herz. Diefer
‚irecte Abkoͤmmling der entſchiedenſten Bekämpfer des griechiſchen Weſens
eißt wegen feiner Neigung zu griechiſchem Weſen geAsAirr; auch wird
inter ſolcherlei Angaben, wie bie bidherigen, ihm noch nachgerühmt er ſei
on Natur ein billig denkender Mann fittfamen Anſtandes geweſen, und habe
einem Baterlande während feiner nur einjährigen Negierung viel Gutes er»
eigt, wozu wohl aud zu reinen feyn wirb daß er einen großen Strich von
jturda (f. Bd. IV. S. 337 f.) vielleiht weil bereits erkrankt, theilweiſe
urch jenen Antigonnd erobert, und bie im Lande Bleibenden, wie bie Idu⸗
näer fein Vater, zum Judaismus gendthigt Habe (Joſ. A. 3. c. 11. na
limagenes in Strabos verloren gegangenem Geſchichtswerke, und B. J. c. 3.).
in dem und noch erhaltenen Werke dieſes Geographen (p. 762) wird wahrſch.
vegen Ariſtobuls fo kurzer Regierung die Annahme ber Königsmürbe
) feinem Bruder und Nachfolger, Alexander Iannäus zugefhrieben,
en die Königin Wittwe, Salome Alexandra (I. 106), aus dem Kerker auf.
m Thron hob; dieſen befleckte er aber durch Ermordung des einen feiner zwei
och lebenden Brüder, weil denfelben gleihfalls danach gelüftete, während er
m anbern, ber flille Unthätigkeit vorzog, in Ehren hielt. Groberungsluftig
ie Alex. war und zugleih treu der Politik feiner Vorfahren nach ber
indelsthätigen Mittelmeerküfte Paläftinas vorzubringen , fuchte er zuerft mit
enügung des in Syrien fortiobenden Bürgerfriegd bie Trümmer for. Herr»
yaft an dem ihm benachbarten Geſtade, namentlih Ptolemais und Gaza
feine Gewalt zu befommen. Dieß verwidelte ihn mit dem aus Aegypten
rch feine Mutter Eleopatra vertriebenen Ptol. Lathurus, melden pie von
folemais zu Hilfe gerufen wiewohl nit aufgenommen hatten, in Kampf.
iefer wurde in Ballläa um fo erbitterter geführt weil der Aegypt. erfahren
ste, Alex. Babe während augenblicklicher Annäherung zu ihm indgeheim
ne Mutter Gleop. wider ihn aufgerelzt. Zwar erfocht Ptol. über feinen
». Gegner einen blutigen Sieg am Jordan; aber dieſer errichtete dafür mit
an Bhöniciens Küfte erfhlenenen Cleop. unter Vermittlung ihres jün.
foheren Ananias ein Bündnis. Hiedurch im Müden gefichert eroberte
er. Gadara am Hieromiar (Plin. V, 18.) und Amathus nörblih vom
flug des Jabbok In den Jordan, und wandte fih dann raſch, da Ptol.
» Gleop. abgezogen, gegen die fühwerlih von Gaza gelegenen Hafenflänte
thedon und Raphia, die ex beſetzte, worauf Gaza unter ſchwerem Blutver⸗
Bauly, Real Cucyclop. IV. 84
’
1330 Maseshaet
gießen von ihm erobert warb, aber in Blammen aufging. Heimgekehrt von
feinen beuteſuchenden Kreuz: und Ouerzügen mußte Alex. einen beim Laub»
hüttenfefle unter Schmähungen wider ihn losgebrochenen Aufſtand, fehr wahr:
ſcheinlich das Werk der Pharijder, im Blute von 6000 Menfchen erftiden,
und umgab fi wider neue Verſuche mit piflvifhen und cikicifchen Sölpnern.
Nah neuen Heerfahrten wider die tributär gemachten Moabiter und wider
Araber in Gilead, ivo er einem Sinterhalte von Obeide, König von Petra,
beinahe erlag, erwartete ihn zu Haufe ein neuer Aufruhr feines n ider den
unrubigen Groberer natürlich erbitterten und noch weiter abſichtlich bearbei⸗
teten Volkes, dad fogar den Seleuciven Demetr. Cucärus wiber einen Maccab.
zu Hilfe rief. Ihm unterlag zwar Alex. bei Siem; als aber viele Juden
aus Mitleid oder aus Furcht vor einem neuen Seleucivendrude ſich wieder
um ihren angeflammten Fürſten ſchaarten, zog Demetr. ab und überließ ven
Juden und ihrem Könige allein die Kortfeßung ihres einheimiichen Krieges,
der ſich mit Kreuzigung von ungefähr 800 Gegnern Alexanders vor ben
Augen des mit feinen Goncubinen ſchmauſenden Fürften nad fehsjähriger
Dauer endigte, und im Ganzen 50000 (?) Menſchen das Leben gekoflet
haben fol. Gegen 8000 von denen die wider ihn geflritten wanderten frei⸗
willig ind Elend und blieben darin fo lange er lebte. Go hatte er zwar
Grabesruhe im Innern gefhaflt; aber von Außen ber wurde der Reſt feiner-
Negierung no einmal dur einen für ihn nachtheiligen Zufammenflog mit
dem Seleuc. Antioh. Dionyfus und dem Araberfürflen Areas, nachherigem
Beherrfcher von Damadcus, vorübergehend beunrubigt; worauf er feinen legten
GEroberungszug gen Verka antrat*, und obgleich durch feine Trunkliebe in
eine breijährige Fieberkrankheit geſtürzt, ihn bis zu feinem Tode fortfegte.
Als dieſer ihm bei Belagerung des transjorban. Kaſtells Ragaba in den
Bergen der Gerafener nahe trat, vietb Alex. feiner klagenden Gemahlin
Alexandra, fle jolle feinen Tod bis zur Eroberung der feinplihen Burg den
Kriegern verheimlichen, dann im Siegeöglange nad Ieruf: ziehen, dort bie
Vornehmſten der volksmächtigen Phariſ. zu ſich beſcheiden und ihnen Gewalt
über feinen Leichnam und für die Zukunft Ginfluß-auf alle Negierungsange-
Iegenheiten einräumen. So enbigte biefer Fürſt, jedenfalls merkwürdig durch
die raftlofe Energie womit er Judäa, Samaria, Ballläa, das ſüdliche Ufer⸗
gebiet bis Ptolemais und faft ganz Peräa unter felnem Scepter zu vereinigen
wußte, nad 27jähriger Negierung I. 79 mit Hinterlaffung zweier Soͤhne,
des indolenten Öyrcanus II. und des aufbraufenden Ariftobulus IL. (Iof. A. 3.
c. 12—15. B. J. c. 4.). 7) Die eelung jenes Rathes brachte dem Ber»
florbenen, den das Volk zuvor ald Schlaͤchter verwünſcht, großen Nachruhm
und dad glänzennfle Leihenbegängniß, feiner Gemahlin Aleranpra, als
Erbin des Lönigl. Scepter**, während Hyrcanus II. Hoheprieſter wurde,
die Gunſt des Volkes und der Pharifder, dieſen ſelbſt aber bie volle Regie»
rungögewalt ein, welche ſie denn auch zu Gunſten ihrer Partei und zu fo blutiger
Reaction gegen ſadducäiſche Rathgeber Alexanders benuͤtzten, daß einige der
® Sofephus Liefert bei dieſer Gelegenheit A. J. XII, 15, 4. ein Intereffantes
Verzeichniß der von den Inden um biefe Zeit den Syrern, Phoniciern, Idumäeru
nad) allen Seiten hin abgenommenen Gtäbte, unter denen es bei dem uns Ehbrifien
merkwürbigen Pella heißt, es fel von Alex. zerſibrt worden weil bie Einwohner fi
des Uebertritts zum Indenthum gemweigert, Go fehr hatten ſich gegen Die Tage eines
Ant. IV. und Demetr, 1. bis Verhältniſſe verändert, Dazu nehme mau mod die
oben berichtete bewaffnete Bekehrung der Idumaer unb Sturder,
© Man bemerkte Aberhaupt die Einmiſchung von Sranın tn bie Regierungss
Ungelegenheiten im Diefer zweiten Hälfte der Maccab. Geſchichte: 1) Salome Wierams
Due, | © Semahlin von Nrinobuiz; 2) Alexaudra Kies; 8) Alexandra, bie Mutter
Macchida — Haccus "1881
Lehziern den raſchen Ariſtobul an der Spike der Königin Mutter die Ein⸗
raͤumung einer Anzahl Sicherheitöpläge für ihren Anhang abnöthigten, welcher
Erfolg den feurigen Brinzen bei der inzwiſchen eingetreienen töbtlidhen Krank
beit feiner Mutter ermuthigte, die zahlreich ihm zuflrömenpen Anhänger feines .
Vaters unter fih zu fammeln und unbeirrt dur die noch von Alexandra
verfügte Feſtnehmung feiner Frau und Kinder nah der Krone zu greifen.
Indefien farb Alerandra, nachdem fie dem mit Geld⸗ und Streitfräften aus⸗
geftatteten Pharifäerrathe und ihrem Älteren Sohne Hyrc. es überlaffen Hatte,
entſcheidende Mafregeln in biefer Sache zu ergreifen, im I. 70 nad einer
neunjährtgen, kraft⸗ und ruhmlofen Megierung, was auch der Phariſäer
Soferhus dawider jagen mag. Na ihrem Tode wurde zwar 8) ihr Sohn
Hyrcanus II. in Ieruf. zum König außgerufen, mußte aber, in einem
Treffen bei Jericho von vielen feiner Krieger verlaflen, fich zu einem Vergleiche
nit feinem jüngern Bruder verflehen, der dieſem Krone und Hoheprieflerliche
Inful, ihm ſelbſt aber die Ruhe des feiner Paſſivität angemeflenen Privatlebens
einbrachte (Iof. A. 3. XI, 16. XIV, 1,1—2. B. J. c.5.6,1.). Vol. über die
weiteren blutigen Geſchicke dieſer Brüber und ihrer Nachkoͤmmlinge im erften
und zweiten @lieve, in melden das Maccab. Haus unterging, Bd. I.
©. 764 f. Br. IV. ©. 64 f. Don 167 bis 40, dem Jahre der Ernennung
ihres Erben und Vertilgers, Herodes des Idumäero, find die Maccab. an
ber Spitze des jüd. Gemeinweſens geflanden (ngl. jedoch Winer II. S. 60.
Anm. 2.); Brudereintracht und fromme Hingabe an Gottes und des Volkes
Sade, fleghaft in der größten Noıh, Hat fle gehoben; Bruderzwietracht und
ſelbſtſuchtige Verweltlichung, mit dem größten Glücke eingetreten, hat fle ge-
flürzt. — Ihre Stammtafel f. im Anhang zu Heerens Handb. ber Gefch.
der Staaten des Alterrhums. — Literatur: Prideaux, Histoire des Juifs etc.
T. IV. u. V. eo, Borlefungen über d. Geſch. des jüb. Staates, 18te His
21fle Vorleſ. Joſt, allg. Geſch. des iſr. Volks I. ©. 455 f. II. ©. 1—31.
Bertholdt, Cinl. u. ſ. f. I. ©. 1036 f. [Cless.]
Macchilda (Mexyıda, Sofepb. Ant. V, 1, 17.) oder Maceda (Ma-
:da, LXX. in Joſua 10, 10. 17. 21. 28. 12, 16.), eine Stadt bed Stammes
Kuda in Paläfina, nah Hieron. 8 Mill. fünöftlih von Bleutheropolis, etwa
2,M. fübwelih von Jeruſalem. [F.
Maccharöbi (Maxyovonßo:), 1) Völkerſchaft an der Küſte von Mauri⸗
tania Gäfarienfis, äftlih vom &eb. Zalacus um die Mündung des Savus
(ij. Texfiert) Her, Ptol. IV, 2, 20., (bei Plin. V, 2, 1. Macurebi). —
2) Bolt im Innern Libyens, Hflih neben ven Daradä, zwiſchen dem Das»
rabus und Nigir, Biol. IV, 6, 19. [E.] -
Macelus, ſ. Plautus.
. Maeeocalingae, ein Zweig ber zu den Gangarıdae gehörenden Ca-
ingae im öſtlichern Indien am Gangetifchen Meerb. Plin. VI, 17, 21. [F.]
Maceöi (Maxxooı), Bolt im Innern Libyens zwiſchen dem FI. Gir und
em Nuba-See. Btol. IV, 6, 18. [F.]
Macconius, röm. Töpfer, |. Jahrbb. ded Vereins von Alt.&r. im
Rheinl. II. ©. 88. Janffen, Mus. Lugd. Inscr. p. 142. | W.]
Maccürae (Marxovoas, Ptol. IV, 2, 19.), Völkerſchaft im Innern
on Mauritania Gäfarienfld zwiſchen ben Gariphi Montes und dem Geb.
linnaba. [F.
Maccus, in ber Volkskomödie der Atellanen neben bucco (Appul. Apol. .
. 564. Dub.) eine flehende Figur (Diomeb. 111, 488. in Atellana Oscae
ersonae inducuntur ‚ut Maccus) wie der Pulcinell und Arlekin, charakterifirt
urch ergöglide Dummheit, GBefräßigkeit und fonflige Beſtialitaͤt. So ſchrieb
lovius Atellanen, betitelte: Macci, Maccus caupo, Maccus exsul, Pomponius
nen Maccus, Macci gemini, Maccus miles, M. seqvester, Maccus Virgo, |.
133% Maos -— Mincelonis
Munf de fab. Atell. p. 144 f. 172 f. und im Allgemeinen p. 29—31. Gin
M. Annaeus M. F. Esq. Longinus maccus (Schaufpieler) ober Maccus (Bel«
name) findet fi bei Orelli Inser. 2621. — Das griech. uamoar (Ariſtoph.
Egg: 62. Pollur Onom. II, 2. f. v. a. un xo@r, desipere) wird von Guid.
s. v. damit in Beziehung gebracht. Abbildungen des M. find vielleicht die
bei Bicorini de larvis, If. IX, 2. 3. [W.T.
Mace (Maxn), eine von Steph. Byz. p. 436. mit Maenaca (f. d.)
in Verbindung gebrachte unbekannte celtifhe Stabt. [F.]
Maceda, f. Macchida. .
Mac&do aus Heraclea iſt auf einer bei Halicarnaß gefundenen Infrift
als Bildhauer bezeichnet, der ein der Minerva gemeihted Votiv⸗Denkmal
machte, Böckh C. Inser. n. 2660.: [a]zoinoer Maxsdor Aorvoiev “Hoa-
"Asozns. Den Schriftzügen zufolge fee BödH das Denfmal in ein ziemlich
hohes Altertfum. Dol. R. Rochette Lettre AM. Schorn p. 346. 2te Ausg. [ W.]
Macedonia (Maxsdoria). Dieſer erft feit Herodots Zeiten (vgl. V,
17.) vortommende Name (denn ein Bragment des Heſiod bei Conſt. Porvhyr.
1, 2., das ihn enthält, iſt untergeihoben)*, ben die griech. Schrififteller
gemwöhnlih von einem alten Könige Makedon, einem Sohne des Zeus und
der Thyia, einer Tochter bed Deukalion herleiten (Aelian. h. an. X, 48.
G@uftath. .ad Dion. Per. 427. p. 79. Huds. Conſt. Porph. 1.1. Steph. Byz.
v. Mansd.*®), war mit dem wechſelnden Umfang des Landes von verjhie
bener Bedeutung. Das alte Macebonien vor Philipps Zeiten reichte im S.
bis an den Olymp und das Bambunifhe Gebirge, durch welche es von
Theffalten und Epiruß getrennt wurbe, und im D. bis zum Fl. Strymen,
ber die Grenze gegen Thracien bifdete (Thuc. II, 99.), während im N. und
MW. wilfürli gezogene Linien ald Grenzen gegen Päonien und IAyrien an⸗
genommen wurden. Durh Philipp, Alexanders Bater, aber mwurbe der
Umfang bes Landes bedeutend erweitert. Im N. nämlih Fam ganz Päonien
binzu, fo daß nun Hier die Bebirge Scorbus und Orbelus die Örenze gegen
‚ Möflen bildeten (während jedoch die den höchſten Kamm des Bebirgs ber
wohnenden Agrianer und Darvanier zwar von Philipp abhängig, jedoch nicht
eigentliche macebonifche Untertbanen waren); im O. wurde Mac. durch einen
Theil von Thracien bis zum Yluffe Neflus vergrößert (Strabo VII, p. 498.),
welcher einft thracifche Landſtrich gemöhnlihd Macedonia Adieeta genannt
wird; im &. murbe bie Halbinjel Ehalcivice Hinzugefügt und im W. ein
Stüd von Illyrien bis zum See Lychnidus, von nun an Illyris Macedonica
ober Graeca genannt (im Gegenſatze zu Illyris Barbara). Der Flächeninhalt
des Landes in diefer Auspehnung unter Philipp betrug etwa 1200 DOM.
Als die Nömer fih Macedoniens bemädtigt Hatten ließen fie ihm zwar An⸗
fangs noch den Namen der Breibeit, zerlegten es aber, um es völlig zu
ſchwächen und unſchädlich zu maden, in vier von einander ganz abgefonderte
Diſtrikte (Liv. XLV, 29. 30.), von denen ber erfte alles Land zwiſchen dem
° Eine ältere Form bed Namens fol nad Heſych. h. v. Euſtath. ad Dion.
Per. p. 79. u. Gellius IX, 3. (vgl. Gcalig. Leott. Auson. I, 23.) Macetia (Ma-
sıria) gewefen fein; weshalb denn auch die Macedonier bei Stat, Silv. IV, 6, 106.
Silius XIII, 878. XIV, 5. XVII, 415, 633. Auſon. de clar. urb. 2, 9. m. Ge,
l. 1. Macetae heißen, Auch ber fpäter nur einer einzelnen Lanbfchaft (f. unten
©. 1338.) gebliebene Name Emathia wurde früher von ganz Macedonien gebraucht.
Juflin. VII, 1. Plin. IV, 10, 17.
** Mo früher ano Maxsdorias rou Asoe u. ſ. w. edirt und am eine ‚Tochter
des Zens umb ber Thyia gedacht wurde, von ben neueflen Deraudgebern aber auch
Gno Maxsdovos aufgenommen worden iſt. Leber biefen Macebo vgl. auch eine
fpätere alexandrinifche Gage bei Diod. J, 18. 20. Uebrigens hat man neuerlich auch
eine femitifche Etymologie des Namens vom phönisiihen Mäked (d. 1. „berrliches
Land) aufgefslit,
Sirymon und Neflus mit einem Theile von Thraeien oͤſtlich von letzterem
His über den Hebrus hinaus (mit den Städten Abdera, Maronea u. Aenos)
fo wie-Bifaltice und das Gebiet von Heraclen Sintica weitlid vom Strymen,
der zweite dad Land weſtlich vom Strymon bis zum Artus, mit Ausſchluß
ber ebengenannten Diflrifte, aber mit Einfluß des helles von PBäonien
der öftlih vom Artus lag, und der Salbinfel Chalcidice, der dritte alles
Gebiet werlih vom Artus bis zum Peneus (alfo au den auf dem rechten
Ufer des erſteren gelegenen Theil Päoniens und das Gebiet der Städte Edeſſa,
Bella und Beröa, der vierte endlich alles weftliere Bergland, welches durch
da8 Geb. Bora von Illyrien und Epirus getrennt wird, umfaßte Die
Hauptſtädte biefer vier Diftrifte ig der gennnnten Ordnung waren Amphis
polis, Theflalonice, Bela und Pelagonta. Vgl. Überhaupt Diod. frgm. 27.
u. Liv. V, 29. Als aber fpäter nah wiederholten Verſuchen der Mucebonier
ih son Roms Vormundfhaft unabhängig zu machen Macedonien im I. R.
608 oder 146 v. Chr. zugleiih mit Achaja dem röm. Reiche völlig einver⸗
leibt wurde, ſchien es allein zu Klein um eine eigene Provinz zu bilden und
warb daher mit Illyrien und Theſſalien vereinigt, während dagegen die öſtlich
vom Neftus gelegenen Küftenfiiihe wieder zu Thracien geihlagen wurden,
und fo laffen denn die Schriftfieller der röm. Kaiferzeit Macedonien vom
Negäiichen bis zum Apriatifchen Meere (vgl. Strabo VII, p. 329. mit p. 327.)
und ſüdlich bis⸗zur Grenze von Achaja (id. XVII. extr.) reihen, und in
diefem Umfange wird e8 3. DB. von Ptol. III, 13. beſchrieben. Anfangs
wor «8 eine Provincia Senatoria und zwar Praetoria-(Dio Cafſ. LIT, 12.
Strabo XVII. extr.), von Tiberius aber wurde es, mie Achaja, im I. 15
n. Chr. zur Provincia Caesaris gemacht (Tac. Ann. I, 76.), jedoch von
Claudius im I. 45 zugleih mit Achaja dem Volke zurücdgegeben (Div Eaff.
LX, 24. Suet. Claud. 25.). Bel der neuen Eintheilung des Reichs endlich
unter Diocletian und Gonftantin wurde das alte eigentlihe Macebonien,
welches nebft ganz Griechenland unter dem Namen Macedonia die eine Diöcefe
ber Präfeetur Ulyricum bildete, in zwei Fleinere Provinzen zerlegt: Mace-
donia Prima, welches ale Küftenftrige vom BI. Neſtus bis zum Peneus
und bie weftlidern Berggegenden nad Illyrien bin umfaßte, Hatte Theſſalo⸗
nice zur Sauptflabt und einen Consularis zum Staithalter, und Macedonia
Secunda, auch Salutaris genannt, welches blos das alte Päonien und Bela»
gonien, d. h. die nördlichen Gebirgsſtriche zu deinen Seiten des 81. Artus
bis zur Grenze Darbaniens in fi begriff, und worin Stobi Hauptſtadt und
Sig des ihr vorftehenden röm. Praeses war (Not. Imp. Orient. c. 1. u. 3.
Hierocl. p. 638 ff.). Was nun bie phyfifhe Beſchaffenheit des
Landes betrifft von dem und tie Alten (Scyl. p. 26. Strabo VII, p. 329 ff:
Ptol. III, 13. Scymn. Ehius 617 ff. Mela II, 3, 1 ff. Plin. IV, 10, 17.)
nur ſehr mangelhafte Schilderungen geben, jo bildet Macedonien eine große,
auf drei Seiten von hoben Gebirgen amphitheatraliſch umſchloſſene, aber au
von mehreren niebrigern Bergreihen burchzogene Ebene, in welcher fich zwiſchen
leßteren weite Ihäler von der Küfte ber tief ins Innere des Landes hineinziehen.
Alle diefe Thäler wetteifern an Fruchtbarkeit mit den gefegnetften Theilen
Griechenlands, mit welchem Maced. auch faft alle Producte gemein hat.
Beſonders hervorgehoben werden die Barnfräuter des Landes, bie beften biefer
Battung, die man überhaupt kannte (Plin. XXVI, 9, 55.), eine zu Salben
befonder8 belichte Art der Iris (Schwertlilie, id. XXI, 7, 19. u. Theophr.
le caus. pl. VI, 28.), eine eigne Art von Zwergkirſchen (chamaecerasi,
Blin. XV, 25, 0. vgl. Dioscor. I, 154.) u. ſ. w. Die zum Theil fehr kalten
und rauhen Gebirge melde früher auch viele reißende Thiere, ſelbſt Löwen
(Herod. VII, 125.) enthielten, waren wenigſtens zur Viehzucht gut geeignet
und mit großen Waͤldern bedeckt, fo wie fle au einen Reichthum von Mes
183 Maopdemia
tallen aller Art, namentlih auch Gold» und Sibergruben (im Bangäus.
Serod. ‚VII, 112., in der Gegend von Philippi und am Berge Dyforus)
hatten, die nah Plin. XXXVII, 4, 15. felbſt Diamanten enthielten, von
denen jedoch bie Nömer Leinen Gebrauch machten um nicht felbfi ven Mace⸗
boniern ein Hilfsmittel zum Abfall in bie Hände zu geben (Liv. XLV, 29.).
Die Gebirge des Landes maren der Scordus oder Scardus an der Nord-
weſtgrenze gegen IUyrien und Darbanien, und weiter öſtlich nach dem Hämus
hin der Scomius, das nördliche. Orenzgebirge gegen Möflen, vor dem aus
der Rhodope fi in ſüdöſtlicher Richtung herabzog und die Grenze gegen
Thracien bildete. Won dieſen Grenzgebirgen aus ſtrichen auch mehrere für-
lihe Aeſte mitten dur das Land hindurch, nämlich der Barnus (Polyb.
XXXIV, 12, 8.) oder Bora (iv. XLV, 29.), j. Ritje und Big (vgl. Leafe
North. Greece III. p. 275.), in ber Nähe ver Weſtgrenze, Öflih von ven
Duellen des Grigon in ſüdweſtlicher Richiung, von dem wieder bie Canaluvii
. „der Candavii Montes (Ptol. III, 13, 18.) mit den Quellen des Haliacmon
eine ſüdliche Fortſetzung find, während fi von der Mitte des Bora auß ber
Bermius (Herod. VIII, 138. Strabo VII, p. 330. XIV, p. 680., nad Leake
j. Zurla und Dhora, vgl. Leake am a. O. p. 275. 295.) zwiſchen dem
Ludias und Haliacmon in ſüdöͤſtlicher Richtung bid nah Berrhda hinzieht.
Zwiſchen dem Axius und Strymon findet fi das Geb. Cercine (f. Bw. 1.
S. 273.) und als eine fünöfllihe Fortſehung deſſelben bis zur Küfe des
Strymonifhen Meerb. der Dysorus des Herodot V, 17. mit Boldminen (vgl.
Leake p. 211 ff.), noch weiter gegen SO. aber auf ber Landſpitze Acte der
bekannte Berg Athos (ſ. Bd. I. S. 915.). Ienfeit des Strymon, zwiſchen
ihm und dem Neſtus zieht fl ber M. Orbelus, ein hohes @ebirg, ebenfalls
in ber Rihtung von NE. nah SD., und weiter nach ber Küfte zu, Sflid
vom See Praſias, der Pangaeus mit ergieblgen Gold» und Silberbergwerken.
An der Süpngrenze endlich fanden fl$ bie Cambunii Montes (f. ®v. II.
©. 109., j. Boluga) und im D. verfelben ber Olympus. Macebonien
war, wie feine ganze Geſtalt erwarten läßt, au reih an Borgebirgen,
unter welchen folgende in der Richtung von D. nah W. vie befannteften
find: Promontorium Nymphaeum, die Südweſtſpitze der Acte; Ampelus
(f. Bd. I. ©. 419., 1. Cap Falſo), die Güdofl-, und Derrhis (f. Bo. U.
©. 984., j. Eap Drepano) * die Südweſtſpitze von Sithonia; Canastraeum
(bei Scylar p. 26. das heilige Vorgebirge genannt, j. Cap Paliurh), die
Süpfpige von Pallene, Gigonis (Tıymrig, denn fo bärfte wohl bei Ptol. III.
3, 13. flatt Hyorig zu leſen fein; j. Cap Apanomi, vgl. Leake North. Greece
in. p. 452 f.) und Aeneium oder Aenium, beide an der Weflfüfle von Chal⸗
cidice, alfo am Thermäiſchen Meerb. Die Slüffe des Landes waren in
derſelben Richtung der Nestus, der auf dem Gebirge Rhodope entfpringt
und der Infel Ihafus gegenüber ins Aegäiſche Meer fällt; ver Strymon.
ber Echedorus (j. Galliko, vgl. Bd. IH. ©. 9. und Leake p. 439.), ein
kleiner Fluß welcher öflih vom Axius in die öſtlichſte Spige bed Sinus
Thermaicus ſtroͤmt; ber Hauptflrom Axius (vgl. Bb. I. ©. 1030.), mit den
Nebenflüffen Astycus (j. Bravniga oder Fluß von Iſtis, Leale p. 464 f.)
auf der Oſt⸗, und Erigon (j. Tztna, Ijerna, bei ven Türken aud ber Kleine
Karaſu, Leake p. 268. u. 275.) auf der Weſtſeite, welcher letztere wieder
den Osphagus (Liv. XXXI, 39.) und Bevus (Liv. XXXI, 33.) in fi auf
nimmt, und ſich, mie die beiden folgenven, in den Thermäiſchen Meerbuien
ergießt; der Ludias oder Lydias (f. oben S. 1281.) und der Haliacmon
So auch auf Leake's Karte, mit welcher jeboch ber Text p. 119. nicht Äberein-
Pr wo Derrhis und Ampelus bie heut. Vorgeb. Kartali und Ohrepauon fein
ollen,
Macedonia 1885
j. Viſtriha, bei ven Türken Indje Kara, vgl. Bb. III. S. 1050. Pouqueville
. 835. u. 375 ff. Leake p. 292.). Unter den Landfeen Macevoniens
Ind die beiden größte der Prasias und der Bolbe (j. Beſchik ober See von
Beflkta, Leake p. 170. 231.) etwas weiter ſüdweſtlich an ber Grenze zwifchen.
Moygdonta und Bifaltie, mit einem Ausflug in den Strymonifchen Meerb.
Das Aegäiſche Meer bildet nämlih an der Küße Macevoniend vier große
Meerbufen, den großen Sinus Strymonicus öſtlich von Chalcidice, den Sin.
jingeticus zwiſchen Ucte und Sithonin, den Sin. Toronaeus oder Toro-
icus zwiſchen Sithonia und Pallene (j. Meerb. von Kaſſandhra ober
hagios⸗Mamos), und ben bedeutenden Sin. Thermaeus ober Thermaicus,
ud xar' boys Sin. Macedonicus, weſtlich von Chalcidice, nad der
Stadt Thermä benannt (j. Meerb. von Salonichi). Zu Bewohnern
hatte Macedonien, veflen älteſte Geſchichte freilich fehr dunkel IR, urſprüng⸗
lich eine "große Anzahl nichthelleniſcher Völkerſchaften (Plin. IV, 10, 17.),
vie theil® (wie die Pieres, Bottiäl, Bifaltä, Edones u. U.) zu dem thra⸗
cifchen, theils (wie vie Päoned, das alte Hauptvolk des Landes, Agrianes,
Bryges oder Phryges, Mädi, Lynceſtä, Borbi u. f. w.) zu dem illyriſchen
Boltsftamme gehörten. Zu ihnen aber wanderten aud fon frühzeitig
helleniſche Stämme ein, die fi namentlich in ven ebneren Gegenden im
Süden de8 Landes nieberliegen (vgl. Thucyd. III, 94. Polyb. XVII, 5.).
Bine alte Sage’ bei Herod. V, 22. und Thuc.. IT, 99. läßt diefe Einwande⸗
rung unter Anführung ver drei Söhne des Temenus, eines Herakliden aus
Argos, Gauanes, Xeropus und Perbiccad, erfolgen, die etſt nach Illyrien
gezogen wären, dort aber des Landes verwieſen ſich nad Macebonien ges
wendet und zuaft in Emathia am Buße des Geb. Bermius niebergelafien,
dann aber, Indem fle thraciſche Stämme aus ihren Wohnflgen vertrieben,
auch welter verbreitet hätten, fo daß der jüngfle jener Brüder, Perdiccas I.,
ums 3. 730 v. Chr. der Stifter des helleniſch⸗macedoniſchen Reichs geworben
wäre (Herod. VIII, 139.). Cine fpätere Sage, die nen Garanus, ebenfalls
einen Serafliven aus Argos, als Gründer des macebonifchen Reiches nennt
(Bauf. IX, 40. Juſtin. VII, 1. Solin. 9, 14:), Hat noch weniger für ſich.
(Mannert VII. S. 423.. vermuthet fogar daß Garanus blos der macebon.
Name jenes Perdiccas geweien fe.) So erhielt alfo Macevonien in feinen
ſüdlichern und ebenern Theilen ſchon frühzeltig eine helleniſche, freilich mit
Barbaren vermiihte Bevölkerung mit einem eigenthümlichen, dem doriſchen
verwandten Dialekte der griech. Sprache (f. Buttmanns ausführl. Griech.
Sprachl. I. ©. 7. Note 12.), vie jedoch dieſer Vermiſchung mit barbarifchen
Elementen wegen von ben Griechen nie als Achte und ebenbürtige Stammgenoffen,
fondern als Halbbarbaren angefehen wurden (vgl. Thuc. II, 68. Strabo X,
p. 449. u. 9.). In den nörblicden und nordweſtlichen Bebirgägegenden aber
erhielten ſich die urſprünglichen illyriſchen Bewohner sein und unvermifcht,
und blieben fowohl ihren väterliden Sitten als ihrer Mutterſprache treu,
und erſcheinen baber ſelbſt im macedoniſchen Heere von ben eigentliägen ober
helleniſchen Macedoniern getrennt (Diod. XVII, 57.). Ste waren ein roher,
aber Erüftiges, tapferer und kriegeriſcher Menſchenſchlag (Athen. I, 31.), der
ben Römern, au nad der Unterjochung von Macebon., flets furchtbar und
gefährlih blieb; und noch bis auf den heutigen Tag unterfcheiden ſich die
Nachkommen dieſer tapfern Gebirgsvoölker, pie Urnauten, weſentlich von ben
Bewohnern der fühlihern Sbene, die den Sitten und der Sprache nad jegt
ooͤllige Griechen find.® Die alten Macebonier werden uns als fehr aus»
® Ginige nenere Geſchichtſorſcher, wis Ftathe in feiner Bed, Macedoniens 1.
5, 105, aluben aus der Nachricht, daB Emathia früher Melntgia geheißen (Weich.
41336 Masedonis.
bauernde und gegen Strapazen abgehärtete Leute gefchildert (Bolyb. V, 2,
af. III, 6, 12.), die fehr tapfer in der Schlacht, aber zur Kriegsliſt, zu
Nachſtellungen, nächtlichen Ueberfällen u. f. w. weniger geeignet waren (id.
IV, 8, 11.). Ueber ihre Waffen und ihre Art Krieg zu führen, namentlich
über die von Philipp errichtete Phalanx vgl. Polyb. XVIII. 11—15. Die
Staatsverfaffung Macedoniens wird von Ariftoteles Pol. V, 8, 6. der
ſpartaniſchen an die Seite geflelt. Dbgleih Königen unterworfen, welde
die Würden des Oberfeldherrn, Oberprieſters und Oberrichters in ihrer
- Berfon vereinigten (Herod. IX, 44. Arrian. MI, 16. Blut. Demetr. 42.)
genoßen die Macebonier ihren Beherrſchern gegenüber doch einer gemiffen
Freiheit (Polyb. V, 27, 6.), und fo wie bie Könige in allen widtigern An-
gelegenbeiten an die Zuflimmung des Adels (defien Mitglieder äraipos oder
Freunde des Königs hießen, und deſſen Söhne mit ven Fönigligen Prinzen
zuſammen auferzogen wurden, Curt. VIII, 6.) gebunden waren, fo theilte
das Volk mit ihnen die richterliche Gewalt, und hatte überhaupt bedeutende
Vorrechte, namentlih auch das Hecht der Volköverfammlungen (Diod. XV,
19. 61.). Ebenſo übte auch das Heer im Kriege einen bedeutenden Einfluß
auf die richterlide und vollziehende Gewalt aus (Arrian. IT, 17. 111, 26. 27.
Diod. XVIH, 4. 36. 39. XIX, 61. u. f. w.); furz dad macedon. Königthum
war, wentgftend in früheren Zeiten, keineswegs ein abfolutes ober völlig
unumfchränfred. Uebrigens hatten die Eitten und Gebraͤuche der eigentlichen
Macevonier die größte Aehnlichkeit mit denen der Griechen, bef. fett Philipp
und Alexander. — Die Geſchichte Macedon. iſt unter den einzelnen Koͤnigen
abgehandelt, ſ. Alexander, Amyntas, Perdiccas, Perseus, Philippus u. f. w.
Zum Schluffe no. eine Ueberfiht der einzelnen Diftrikte, Voͤlkerſchaften und
wichtigern Städte des Landes, jo weit fie bei unferer noch ziemlich mangelhaften
und unfichern Kenntniß deffelben möglih if. Im Allgemeinen wurbe Maces
bonien ſchon vor Philipps Zeiten und feit der perfiiden Invaflon in Europa
in zwei Haupttheile, Ober⸗ und Niebermacebonien getheilt, von welchen
erfleres die höheren Gebirgogegenden auf der Nord» und Weſtſeite over bie
Landſchaften Belagonia, kynceſtis, Oreſtis und Elimea, letzteres aber vie
ebneren Striche um ben Thermälſchen Meerb. her und oberhalb Chaleldice
umfaßte. Jeder derſelben zerſiel aber wieder in mehrere Landſchaften oder
Gaue. A. Weſtlich vom Axius in der Richtung von N. nach ©. fand ſich
zuerſt die große Landſchaft Paeonia, früher Pelagonif genannt (Strabo
VII, p. 331.), welcher Name fpäter nur dem ſüdweſtlichſten Theile derfelben
oberhalb Lynceſtis am FI. Srigon (oder den heut. Diſtrikten Bitolia und
Prelepe), der Pelagonia Tripolitis ded Strabo VII, p. 326 j. (vgl. Leafe
North. Greece Ill. p. 318 f.) verblieb. Sie erſtreckte ſich oͤſtlich noch weit
über ven Artus hinaus bis zum Strymon und hatte ſich einft au längs bes
ganzen Laufes des Axius bis zu feiner Münbung audgebreitet, da die thraci-
ſchen Paeones das Hauptvolk unter den alten Beruohnern des Landes waren.
Als Hauptflabt der Landſchaft galt Stobi, wahrſcheinlich am Erigon (und
jet nicht mehr vorhanden, obgleich ſelbſt auf den beflen Karten ber heut.
Suppl. 237. u. Juſtin. VII, 1.), ober dag In uralter Zeit am Geb. Kerkine ein yes
laſsgiſches Volk wohnte, weiches in ber Hiftorifchen Zeit mit ben Macebontern ver:
ſchmolz (Herod. I, 67.), aus reingriechiſchen Städtenamen im Gebiete barbarifcher
Wölterihyaften wie ber Stadt Argos im Lande der Oreſten (Strabo VI, p. 326.)
uud andern Umſtänden vielmehr bie Bermuthung rechtfertigen zu können, daß umge:
kehrt in vorbiftorifchen Zeiten ganz Macebonien eine helleniſche Berblkerung gehabt
babe, die erſt fpäter durch barbariihe Stämme aus den udrblichen and weſtlichen
Gebirgsgegenden bed Landes verbrängt mworben fei.
* Deun das beut. Iſtib ober Schtiv an Der Branige (worin Scale North. Greece
IIL p- 475, das Astibon der Tab, Yet, zu finden glaubt, welchen Damen ex fo
Maeedenis 1337
europ. Türkei immer noch ein Ort Stobi an ber Tferna erſcheint, vgl. Schaffarik
in d. Wiener Jahrbb. Bd. XLVI. &. 54., auch Pouqueville Voy. II. p. 364.
und Leake am a. D. ? 440 f.), die alte Meflvenz der Könige aber Bylazora
(Bolyän. Strat. IV, 12. 2iv. XLIV, 26., j. Biljatſch?) am Fluß Aftycus
(d. 5. der Vravnitza oder dem Fluſſe von Iſtib, und daher von Leake am
a. O. p. 470. wohl faͤlſchlich für Valeſa oder Kiupruli am Barbar gehalten).
Andere Orte Päoniens waren Antigonia (Plin. IV, 10, 17. Tab. Peut.,
ohne Zweifel das heut. Tikveſch oder Tikfes am Bardar, deſſen Name ſelbſt
noch einen Anklang des alten zeigt, nicht Demirkapi, wie Leake vermuthet),
Stenae (höchſt wahrſcheinlich der Heut. Paß Demirkapi am Vardar, vgl.
deake am a. O. p. 442), ein wenig ſüdöſtlich vom vorigen, Alcomenae
m Erigon, eine Stabt ber Deurioper (vgl. ®b. I. S. 986. u. Pouqueville
Voy. H. p. 364.), weftlid von Etobi (vgl. Bb. I. ©. 317. u. Leake p. 341.;
sielleicht das heut. Prilapo ober Prelepe, über welches Pouqueville am a.
D. p. 494. zu vergleigen iſt), Stymbara oder Stubera, wahrſch. auch am
Srigon, etwad norbmweftlih von der vorigen (Reafe p. 306.), Pelagonia (I.
Bitolia oder Monaſtir mit Ruinen und Infriften, Leake p. 819 ff.), die
Daupiflabt des vierten Diſtrikts von Macebonien unter ber chmifen Bevor»
nunbung, Andraristus (Ptol. II, 13, 24.) u. A. Suͤdlich unter Belagonia
reitete fich am weſtlichen Abhange des Geb. Barnus oder Bora und länge
er Grenze Illyriens die Landſchaft Lyncestis oder Lyncus aus, bie
on ben illyriſchen Lyncestae bewohnt wurde, und Heraclea (vgl. Bd. IM.
5. 1130.) zur Hauprfladt Hatte (welches von Gäfar B. C. IH, 79. mit ber
leichnamigen Stadt in Sintice verwedhfelt, von Biol. III, 13, 33. aber als
m0Ass Avyanoridos richtig davon unterfhleden wird und wahrſch. nordweſtl.
on Bilurina an einem ſübdlichen Nebenflüßchen ver Iferna zu ſuchen If ®;
enn Prelepe [nicht Perlepe], das gewöhnlich dafür gehalten wird, liegt zu
seit norböflli, vgl. Leake p. 280 f.). Kleinere Drte der Landſchaft waren
cirtiana (Scirtonia?) und Castra oder Nicia (vgl. Xeafe p. 313.) an ber
straße von Lychnidus nad Heraclea, Octolophus (Liv. XXXI, 86. 40.),
eve (Steph. Byz. p. 163.) an dem Flüßchen Bevus (|. Note *), Bryanium
. Bb. I. ©. 1183. und Leake p. 307.) u. A. Südöſtlich von Lynceſtis
nd bem Barnnd lag der bis zum SHaliscmon reichende Bau Kordaoe,
on ber ebenfalls illyriſchen Völkerſchaft der Bordaei bewohnt (vgl. Bo. III.
5. 146.), und von dem Fluſſe Eordaicus durchſtroͤmt mit der Kauptflabt
ordaea, die gewöhnlih für das heut. Ylourina oder Filorina gehalten
ird (vgl. Pouquerile am a. O. p. 366 f. u. 496 f.) und ber Veſte
ellion (nad Pouqueville am a. DO. p. 378. j. Sfetebelea am Indie Ka-
fu ſHaliacmon] unweit feiner Quellen) und den Städten Arnissa (in
r Nähe des Heut. DOfrovo, vgl. Br. I. &. 822.), Begorsa (?beren
riftenz wenigftend ber Lacus Begorritis des Livius XLII, 53.) vorauszus
gen ſcheint; nad Leake p. 316 ff. das Heut. Kallari), Physcus (j. Katra-
ga? vgl. Leake p. 317.), Galadrae (Eycophr. 1342. 1444. I3eꝶ. ad h. l.
Steph. Byz. p. 195.) an der Brenze von Pierien, deren Muinen Pou⸗
ieville p. 425. am Fuße des Geb. Bourenos fünöfli von Chatiſta, zwi⸗
2 dieſem und Kofani, gefunden zu haben glaubt; vgl. auch Leake p. 317.)
. Die beiden zuleht genannten Gaue zufammengenommen führten bei
t wie ben des Fluſſes Astyous In Astypus verwandeln will) bürfte doch zu weit
rböftlich Tiegen, um für Stobl gelten zu Pönnen,
” £eate North. Greece III. p. 311. vermuthet es babe an dem vom Liv. XXXI,
. genannten Fluſſe Bevus gelegen und fel ſelbſt identiſch mit. ber Hier von Livin®
vähnten Gtabt Lyneus. Andere halten Heraolen Lyno. für dad ſpätere Pola-
nia, alfo für das heut, Bitolla.
IV. 8 °*
-
1338 Macedonis
den Byzantinern den Namen Moglena (Gedren. T. II. p.709. Zonaras T. II.
p. 226.), welcher ſich auch jegt noch in dem Striche öſtlich von Vodhene
(dem alten Edeſſa) erhalten hat (vgl. Leake p. 270.). Deſilich von der
vorigen Landſchaft breitete fich um die Quellen des Haliacmon her bis zur
MWeflgrenze der Diſtrikt Orestis oder Orestias aus mit den Städten
Celetrum (f. Bd. II. S. 235.) auf einer Heinen in einen nicht ganz unbe-
deutenden Landſee hineinragenden Landzunge ober Halbinfel (j. Kaftoria mit
Ruinen, vgl. Pouqueville p. 359. u. Leake I. p. 323 ff. III. p. 336.),
Argos, weiter gegen W. (Muinen bei Crepeni, Pouqueville p. 359.), Amantia
u. A.; fünörlih von Dreflid aber im ſüdweſtlichſten Wintel von Macebonien
fand fi die Landſchaft Elimiotis oder Elimoa, bemohnt von ben ept-
rotifhen Elimiotae oder Elimaei (f. Br. II. S. 111.) mit den Städten
Elyma (Ptol. II, 13, 21.) und dem Paſſe Volustana (BoAov orera?) am
Gambunifhen Geb. (Liv. XLIV, 2., nach Xeafe II. p. 338. j. Servia).
Deftlih von Lynceſtis und Eordäa, im ſüdlichern Theile des einft von den
Pieriern bemohnten Landſtrichs (Polyb. XXIV, 8. Liv. XLV, 30.), z0g fi
die Landſchaft Emathia (Huadie, Ptol. III, 13, 39. Liv. XL, 3. Yuflin.
VU, 1. u. U.) vom Axius nah dem Saliacmon herab. Sie war der Theil
des Landes, wo eigentlich die Macebonier ihr Neich zu begründen begannen
(f. oben ©. 1332.), wurde vom Fl. Lydias durchſtroͤmt; und enthielt bie
Refidenz der älteften macedon. Könige, Edessa, auch Aegae genannt (vgl.
Br. I. S. 87.), in der man auch in fpäterer Zeit no die alten Könige
gräber zeigte und in ber bekanntlich auch Philipp ermordet wurde (dat heut.
Vodhena oder Vodina am Karadmaf, vol. Leafe p. 272 ff.), ferner die be-
rühmte Stadt Beroea (j. Beria oder Verria mit Auinen und Infchriften,
vol. Bd. I. S. 1099 f.) im ſüdlichſten Theile der Landſchaft an dinem nörd⸗
lichen Nebenflüschen des Haliscmon, Citiam (wahrſcheinlich die Ruinen bei
Niauſta nordöflih von Verria, vgl. Leake p. 288. u. 470.), Cellne, 25
Mi. weflli$ von Cdeſſa (It. Ant. p. 319. It. Hieroſ. p. 606. vgl. aub
Hierocles p. 638., wo fie Keaan Heißt; höchſt wahrſch. das heut. Oſtrova),
und längs des wefllichen Ufer des Axius Europus *, Alalanta, Gortynia,
Idomene ** (jegt fümmtlich verfhwunden, vgl. Leake p. 444.). Bon Emathia
ſüdöſtlich wandernd kam man nad Bottiaeis oder Bottiaea (f. ®v. I.
&. 1160 f.), eigentlih nur dem nörbligern Theile der Landſchaft Nieria
zwiſchen den Mündungen des Haltacmon und Arius, ber von dem thraci-
fen Stamme ver Bottiaei bemohnt war, und in welder bie alte Stadt
Pella, die fpätere Reſidenz der maced. Könige und daher auch ber Geburtdort
Philipps und Aleranders Tag (deren Ruinen fih unter bem Namen Palatitza
beim heut. Alaklift [Ada Kiliffah] oder Apoflolus [orovg 'Anoozolar;],
faum eine, Stunde fünöftlih von Janitza oder Deninje finden, vgl. Pouque⸗
ville p. 449 ff. u. Leake p. 261 ff. Andere Halten fie faͤlſchlich für das Heut.
Vodina). Kleinere Orte des Gaues waren Jchnae (Serod. VII, 123., voh
feinem Späteren weiter erwähnt) bei Bella, und Alorus (f. Bd. I. ©. 377.;
deren Ruinen fi bei Kapfokhori finden, Xeafe p. 435 f.). Südlich von
Botiiäis zog fich längſt der Weſtküſte des Thermäiſchen Meerb. vom Haliacmon
618 zum Olympus und ber theſſaliſchen Grenze die Landſchaft Pieria hinab,
jener alte berühmte Sig ber Bötter und der Mufen, das Baterland des
Drpbeus u. f. w., welches, von dem thraciihen Stamme ber Pieres bewohnt,
mehrere berühmte Stäpte enthielt, namentlih Methöne, Pydna und Dium
Es gab zwei Städte diefed Namens, bie eine in Emathia, die andre etwas
weiter norbweitlich im Diftrikte Almoxia (über welchen Br, I. ©. 374, zu vergleichen
iſty. S. Wb, III. ©. 306. u. Leake p. 444 f. ⸗
Die foto auch ſchon zu Bottinels gehört Haben kEunen. gl, Br. I. S. 1161.
Macedonia 1339
(j. Ruinen bei Malathria, Leake p. 408 ff. 419.), nicht mit der gleichna⸗
migen Stadt in Chalcivice zu verwechſeln; außerdem Agassa (Liv. XLIV, 7.
XLV, 27.) zwei Tagemärſche nörblih von Dium, Citrus (Strabo Epit. VII,
p. 330. Schol. in Dem. Olynth. 1. Apospasm. Geo. in Hudſ. Geo. Minn,
IV. p. 43. Mannert VII. ©. 509.) nord ih von Pydna (no j. Kitro,
deake p. 428.), Hatera (Tab. Peut., j. Katerina, Leafe p. 424.), an der
Sırafe von Beröa nah Dium, Heraclea ober Heracloum (f. Bd. III. ©.
1131.) am Flüßchen Apilas und am öſtlichen Abhange des Olympus (jet,
wie dad Flüßchen, Platamona, Xeafe p. 405 f.), Libethrium, vermuthlich
ın der Mündung des Flüßchens Enipeus, Pimpleia (Apoll. Rhod. I, 23.
Ineophr. 273., j. Litokhoro, Leake p. 422 f.) und das Kaftell Phila (Liv.
XLIV, 7. 9., noch j. PHili, Pouqueville p. 329. vgl. jedoch auch Leake
3. 422.). — B. Zwiſchen dem Axius und dem Strymon in der Richtung
on S. nah N. begegnet und zuerfi die große Halbinfel Chalcidice (nad
er Stadt Ehalcis auf Cuböa benannt, von wo aus auch nah Maceoonien
ablreihe Auswanderungen Statt gefunden hatten, vgl. Bd. 11. S. 302.) mit
bren drei Zandfpigen oder Fleinern Halbinfeln zwiſchen ven oben ermähnten
Deerbufen, der öflliden, Acte, mit dem Berge Athoo (daher j. Aghion Oros
ſenannt), welche Xerxes durchſtochen haben fol (vgl. Bd. 1. S. 915.), der mitt»
ern, Sithonia (j. Zongo®), und der weflliden, Pallene (früher Phlegra,
derod. VII, 123. Lycophr. 1404., j. Kaſſandhra). Auf Pallene lagen The-
ambus an der Südſpitze ober dem Vorgeb. Canafträum, ferner Scione, ein
Jandelöplag und ver bedeutendfle Ort auf Pallene, Mende, Sana (vgl. Leake
. 144. u. 148) und Potidaea (mo das heut. Pinaka, vgl. Leafe p. 152.)
n der Weflfüfle, und zwar letztere, eine Corinthiſche Golonie, vie von
3hilipp zerflört, aber von Bafjander wieberhergeflellt und Cassandria benannt
vurde (welcher Name jet auf die ganze Landfpige übergegangen if) auf
em Iſthmus Der Eleinen Halbinfel (der jetzt das Thor von Kaſſandhra heißt);
ieapolis aber (j. Bolyfhrono) und Aphytis (ij. Bd. I. ©. 604., bei Scyl.
. 26. vulgo Agvors; j. Athyto, Leake p. 155.) an der Oſtküſte. An
er nörblihflen Spige des Thermäiſchen Meerb., zwiſchen Pallene und Si⸗
yonia, lagen Olynthus (mo jegt Aio Mamas mit Ruinen, Leake p. 154.),
apsa (Sieph. Byz. p. 372.), Spartolus, Scolus, Mecyberna (j. Molivd«
yrgo, Leake p. 155.) und Sermyle (j. Ormylia, 2eafe p. 153 f.); auf
zithonia aber Torone, von melder der Toronälfhe Dieerb. feinen Namen
atte (vgl. Leake p. 155.), Galepsus (vgl. Br. III. ©. 588. und Leake
. 155.) * und Sarta (j. Kartali, Reafe p. 154.) in der Süpfpige, Singus
. Sifia, Xeafe p. 193.) an der Süpoftipige, und Pilorus an ber Oſtküſte.
n der Nordküſte des Sinus Singiticus zwiſchen Sithonta und Acte war
ssa (j. Paläokaſtro, f. Bo. I. ©. 871.) gelegen, und auf der Acte Acro-
oi (ſ. Bd. 1. ©. 48., welches Leake p. 149. an ber Stelle von Lavra
Kt), in der Sünfpige am Athos, vielleiht dad fpätere Uranopolis (vgl.
tannert VII. ©. 453., dagegen aber au Leake am a. D.), ferner Cleonae
. ®b. I. ©. 449., vielleiht an der Stelle des heut. Zeropotami, wo ſich
uinen zeigen, Leake p. 149 ff., beſonders p. 152. vgl. mit p. 116 f.) u.
hyssus (wo jegt Dhokhiari oder Zografu? vgl. Leake p. 152.), wahrſch.
ı der Wehfüfle, Charadriae (Scyl. p. 26.) aber (vielleiht an der Stelle
n Vatopedhi, wo fih Muinen einer alten Stadt finden, Leake ebenpaf.)
ıd Olophyzus (Strabo VII, p. 331., bei Scyl. 1. 1. ORogvsis) an ber
Leake nimmt Hier und p. 178. ohne Hinrdichenden Grund noch ein andres
slepfus an der Küfte von Ebonis, öftli vom Strymon an, und glaubt daß obiges
derſelbe Ort fei, der fpäter Physoella (Melia II, 3, 1. u. Plin. IV, 10, 17,)
beißen Habe, \ . ,
1340 Maovedonia
Dfttüfte, und noch noͤrdlicher (am Heut. Golf von Griffe) Dium (f. ®b. IL
S. 1187., am heut. Borgeb. Blaty? vgl. &eafe p. 151.), Acanthus (Herob.
VI, 44. Thuc. IV, 84., j. Griffe mit Ruinen, Leake p. 147 f.) u. Strato-
nicea (no j. Stratoni, Leake p. 160.). In dem nörblidern Theile von
Chalcidice fanden fi die Städte Caprus (Strabo VII, p. 331., nad Leafe
p. 166. j. Lybjadha), ein Hafenplag an der Oftfüfle in der Nähe von Sta⸗
girus, Arnae (f. Bo. I. ©. 821. u. Leake p. 170.), in derfelben Gegend,
Stagira oder Stagirus, die Vaterſtadt des Ariſtoteles, im nörblichften Theile
der Halbinfel (j. Stavro mit Ruinen, Leake p. 199. u. 168.), Bromiscus
am Ausfluffe des Bolbe⸗Sees (vgl. Bd. I. ©. 1178., wo jedoch Tafel den
Ort Iinfs von der Mündung, alfo fon in Bifaltia anfegt, und Leake p. 170.),
Apollonia (vgl. ®b. 1. ©. 623., wahrſcheinlich das heut. Polighero, Leafe
p. 459.), Miacorus (Theopomp. ap. Steph. Byz. h. v.), Anthemus (ſ.
Br. I. ©. 517., von Leafe p. 450. weiter nörbli nah Bifaltia gefept):
ferner an der Weftfüfle, die den Namen Crusaca (Crusis, Crossaea) führte
(Serod. VII, 123. Thue. II, 79. Steph. Byz. v. Koovois, vgl. au Dion.
Sal. I, 49., j. Kalamaria genannt) *, Antigonia (Liv. XLIV, 10., bei Ptol.
II, 13, 38. Aruyorn Voapapa, vgl. Reale p. 460.), Gigonus (f. ®v. IM.
S. 855., beim Cap Apanomi, Leake p. 452 f.) und Aenea (ji. Bd. 1. ©.
163., am Cap Karaburnu, der Norbweftfpige der Halbinfel, Leake p. 451 ff.)
Nordweſtlich von Ehaleidice und oͤſtlich von @mathia und Bottiäts breiteten fi
die Wohnflge der Mygdones oder die Landſchaft Mygdonia aus, derm
fübwefllicäfter Theil um die Mündung des Echedorus her den Ramen Ampha-
xitis führte (f. Bd. I. S. 420.). In diefer Tag die befannte Stadt Thessa-
lonice, früher Therme, am dftligen Ende des (wie noch jeht) nach ihr be⸗
nannten Ihermälfchen Meerbufens (ji. Salonift mit Ruinen und Inferiften,
Leake p. 244 ff). Kleinere Drte daſelbſt waren Altus (Steph. Byz. p. 66.)
bei Theſſalonice, Cissus (ſ. Bb. I. ©. 387. u. vgl. Leake p. 493.) in der»
felben ®egend, Artemisium, nad Procop. de aed. IV, 3. ein von Juſtinian
an der Mündung des Aluffes Stechius (d. 5. doch wohl des Cchedorus)
erbautes Kaſtell, Apollonia im Dflen der Landſch., füblid vom See Bolbe
(j. Polina mit Ruinen, vgl. Bd. I. S. 623. u. Leake p. 498.), Mellissur-
gis, an der Straße von Iheffalonice nad Apollonia, weſtlich vom See Bolbe,
(2eafe p. 461.), Heracleustes (It. Sierof. p. 605.) an derſelben Gtraße
weiter gegen D. (nach Reichard j. Kliffalt, nach Leake aber öftlicher gelegen),
Aulon, am Nordweſtende des Strymoniſchen Dieerb. (f. Bd. I. ©. 1011.),
Philerus, Strepsa, Sindus, an der Mündung des CEchedorus (vgl. Leake
p. 450.), und Chalastra, bie weſtlichſte Stadt Mygponiens an der Mündung
bed Artus (na Bd. 11. ©. 300. j. Rulafia, welches aber wohl zu weit gegen
N. liegt). Deftli neben Mygbonia lag Bisaltia (f. Br. 1. ©. 1114 f.),
der Diftrift der thraciichen Bisaltae, ber von dem Ylüßchen Bisaltes (Stevh.
an. h. v., d. 5. dem Neofhorio gegenüber In den Strymon mündenden
Flüßchen, Leafe p. 228.) durchzogen wurbe und die Staädtchen Ossa (vieleicht
j. Sofho, Leake p. 230.), Argilus (ſ. Bd. I. ©. 722. u. vgl. Leake p. 172.)
enthielt. Nordweſtlich von Bifaltia gelangte man nad Crestonia mit dem
©efllde Anthemus (vgl. Leale p. 450.), einem von den thraciſchen Cresto-
naei bewohnten Difirikte mit der Hauptflabt Creston ober Crestone (f. ®». 11.
©. 745.), und den Flecken Gallicum (Tab. Peut.), an der Straße von Theſſa⸗
Ionice nad Stobi (ji. Kilkitj, Leake p. 439 f.). Deſtlich neben Greftenia
lag Sintice, der Gau der thracifhen Sinti, mit ber Sauptflabt Heraclea
Ptol. III, 13, 12. u, 38. nennt biefen gangen Küftenfirich bis zur Gädfpige
ber Halbluſel Sithonia hinab Tlapakia, wolle nad) einer ſehr wabrſcheinlichen Con:
jektur Loate’ö p. 460, Ilagadia gu lefen If, .
Macedonia N 1941
Sintica (f. Bo. IH. S. 1130., wahrſcheinlich dem Heut. Zervokhori, Leake
. 226.). Kleinere Städte deſſelben waren Euporia (f. Bd. III. ©. 277.),
Bali von Heraclea am weſtlichen Ufer des Sees Prafias (vgl. Leake p. 228.),
von Ptol. III, 13, 39. zu Bifaltia gerechnet, Berga (ſ. Bd. I. ©. 1098,,
von Ptol. 1. 1. Berta genannt und ebenfalls zu Biſaltia gezogen), vieleicht
beim heut. Takhyno an dem gleichnamigen See, dem L. Prasias der Alten,
Tristolus (vieleiht das Heut. Nigrita, Leake p. 229.), Scolussa (Tab. Peut.)
an der Straße von Heraclea nah Drabescus, u. A. Nördlich von Ereflonta
und Sintice breitete fi ver öftlih vom Axius gelegene Theil von Paeonia
aus und darin Doberus, eine Stadt der Afträi (vgl. Bo. IT. S. 1190.,
nad Leake p. 444... 467 f: etmas füplih von Doiran zu ſuchen. Pouques
ville II. p. 370. Hält Fälfhlih die in einer ganz andern Gegend, im ſüd⸗
weftlihflen Theile des alten Macevoriend, bei Mokreni gelegenen Muinen
Paläochori für die Nieberrefte von Doberud); ferner Tauriana (Tab. Peut.,
j. Doiran oder Doghiran, Leake p. 440.), Astraeum (vielleiht das Heut.
Strumisa, ſ. Bd. I. S. 877.), Astibon (j. Iſtib, f: oben S. 1336. Note *).
Noch noͤrdlicher auf den Brenzgebirgen fanden fi die Wohnflge ver thraci⸗
fhen Maedi (zumeilen fälſchlich Medi gefchrieben) ober ber Diftrift Maedica
mit der Hauptſtadt Jamphorina (j. Ivorina oder Brania, Xeafe p. 473,
wonach Bd. IV. ©. 17. der Urt. Jamphorina zu ergänzen if) und den
Stäpten Petra (Liv. XL, 22., nah Relichard j. Wetrik oder Petriki, das
aber wohl zu weit füböfllich liegt) und Desudaba (wahrſch. |. Kumanovo,
Reafe p. 471 f., aus welchem oben Bd. II. S. 985. der betreffende Art. zu -
bericgtigen ift), und weiter oͤſtlich die Sige der Bessi (j. Bd. I. S. 1104.),
Dentheletae (Strabo VII, p. 318. Ptol. II, 11, 8. Liv. XXXIX, 53., bei
Gic. in Pis. 34. Denseletae), Agrianes (f. Bd. I. ©. 269.) und anderer
barbariſcher Völkerfchaften thracifhen Stammes. — C. Oeſtlich vom Strymon,
zwifcden ihm und dem Neflus finden wir zuerft im N. um das Geb. Drbelus
her den Diflrit Odomantice ober das Gebiet der Odomanti, und darin die
Orte Garescus (ſ. Bd. III. S. 653., nad Leake's Karte vielleicht das Heut.
Nevrofapo), Sirrhae oder Siris (j. Serres mit Ruinen und Infchriften, Leake
p. 205.) und Sarxa (j. Zifhna, Leake p. 227.). Weiter gegen SO. breitete
ſich vom See Praſias an zwifchen dem Strymon und Neflus die von den Edönes
bemobnte und von dem Eleinen Fluſſe Angites, einem Nebenfl. des Strymon
(Serod. VIE 113., no j. Fluß von Anghiſta, Leake p. 183.) durchſtrömte
Landſchaft Edonis aus (vgl. Bd. I. ©. 24.), welche mehrere zum Theil
berühmte Städte enthielt, nämlich Drabescus (f. Bo. II. S. 1258., j. Dhrama,
Leake p. 183.), Philippi, früher Crenides, Scapte Hyle (j. Skiplifar?),
Domeri (t. Hieroſ. p. 604., bei den Byzantinern Deremize, vgl. Nicet.
Chron. E. V. p. 189.), an der Straße von Philippi nah Amphipolis,
Gasörus (Ptol. 111, 13, 31.) oder Gazorus (Steyh. Byz. p. 195.) nord⸗
öſtlich von Amphiyolis und weſtlich von Philippi, am Geb. Pangäus (vgL
2eafe p. 229.), Amphipolis (f. Bd. I. ©. 438 ff., wo noch Leake p. 181 ff.
hinzuzufügen iſt, der e8 für das heut. Neofhorio, bei ven Türken Denikiug,
bält), mit dem Hafen Bion, Myrcinus, in der Nähe der vorigen am Strymon
(vgl. Leafe p. 180 f.), Cerdylium (Thuc V, 6. Leafe p. 172.) in verfelben
Gegend, Phagres (i. Orfana mit Ruinen, Leake p. 176 f.), etwas noͤrdlich
von ber Oftfüfle bes Strymoniſchen Meerb., Pergamus (wahrſch. das heut.
Pravifta im Innern, Leake p. 178.), Tragilus (Steph. Byz. p. 661., vers
murhli das Truilum oder Truilus der Tab. Peut. an der Straße von Phi⸗
lippi nad Heraclea, und derſelbe Ort, melden zu Salonifi gefundene Münzen -
mit der Auffhrift TPAIAION bezeichnen, vgl. Eckhel Doectr. num. II. p. 81.
u. Leake p. 228.), Symbolum im Innern, füpöfllid von Philippi u. nord«
oſtlich von Neapolis (Reafe p. 217.), Neapolis, früher Datum (f. Br. IL.
1844 Hachnereus — Machätas
Machnereus (Mayaıpevs), Sohn des Daitad, aus Delphi, erſchlug
den Neoptolemos in einem Streite über das Opferfleiſch zu Delphi, Strabo
IX, p. 421. Pind. Nem. 7, 62. mit Sol. Das Symboliſche iR ſchon im
Namen (von uayaıpa) angebeutet. [W.T.] Br
Machnaerophört (Mayaıpopooo), nad Thuc. II, 96. ein Beiname
der Dii (Sior), eines thraciſchen Gebirgovolks auf der Rhodope an ber mace-
doniſchen Grenze, das ſich durch feine kurzen Säbel auszeichnete. [F.]
Machserus (Meyaiooüs, Joſeph. Ant. XIII, 16, XIV, 5.), eine
wichtige Bergfeflung Paläftina’8 an der fühl. Grenze von Peräa gegen bas
Bebiet der Nabarhätichen Araber Hin, unfern des todten Meeres (auf deſſen
Sübfeite fie fällig von Plin. V, 16, 15. gefegt wird), und wahrſch. in
. ber Nähe des Fl. Arnon; bie zwar von Bahinius zerfiört (Joſeph. B. Jud.
1,8. 11, 18.), ſpäter aber wieder hergeſtellt wurde, nad der Zerflörung von
Serufalem im Befitz der Sicarli war und fi erft fpät den Romern ergab
(ibid: IV, 7. 9.). In ihr ſoll Johannes der Täufer enthauptet worden fein
(Iofeph. Ant. XVII, 5. @ufeb. h. eccl. 1, 11.). Ihre Ciuwohner Heißen
- bei Joſeph. B. Jud. 11, 18, 20. Maympirau. [F.
Machaetögi (Mayaırnyoi, Btol. VI, 14, 11.), Volterſchaft in Seythia
intra Imaum am nörblihen Abhange des Web. Norofjus, oberhalb ver OR-
fpige des Caſpiſchen Meeres. [F.]
Machanidas, ſ. Bd. I. ©. 25.
Machäon, bei Honer Sohn des Asklepios (Il. IV, 194. 204. XI,
614. vgl. Pauf. 11, 26, 10.), Führer der ans Trikka, Ichome und Didalia
mit 30 Schiffen gegen Ilion Gezogenen (f. II. II, 729—733. IV, 202.),
der «uvumr ineno (chirurgus bei Gelf. praef.) des helleniſchen Heeres (N.
IV, 194. XI, 512 f.). Bon Paris wurde er ſelbſt auch durch einen Pfeil:
ſchuß verwundet, aber durch Neftor in Sicherheit gebracht, I. XI, 905 fi.
598. 833 f. Nach fpäteren Sagen mar er unter denjenigen welche in dem
hölzernen Pferde verborgen waren, Virg. Aen. II, 263. SHygin. fab. 108.
Die Heilung des Philoktet ſchreiben ihm zu Tzeb. Lyc. 911. Propert. II,
1, 59. Getödtet wurde er vor Ilion von Eurypylos, dem S. des Telephod;
Meftor brachte feine Bebeine in die Heimat. Sein Grabmal und Heiligthum
(mit Krankenheilimgen) war in Gerenia in Meffene; Glaukos, S. des
Aepytos, brachte bier zuerft ihm als Heroen Opfer. Auch eine Bildfäule
des M. war daſelbſt aufgeftellt, Pauf. IV, 3, if. 9. III, 26, 9. Bruder
bes Podaleirios und Gemahl der Antikleia beißt er bei Pauſ. IV, 30, 2.,
Bater des Borgafos und Nikomachos ib. IV, 3, 9., des Aleranor, Sphyros
und Polemokrates ib. II, 11, 5. 23, A. 38, 6. (vgl. Apollod. IH, 10, 8.
Hyg. fab. 81.), Sohn der Epione bei Sol. zu Pind. Pyth. 3, 14. ober
der Kronid bei Hygin. fab. 97. oder Arfinoe oder Zanthione; bei Cuſtath.
p. 859, 45. fogar ©. des Poſeidon. Sprühmödrtlih für einen Arzt wirb
M.'s Name gebraugt von Ovid Rem. Am. 546. Martial. II, 16. Stat.
Silv. I, 4, 114. Sidon. Ep. II, 12. extr. Vgl. im Allgemeinen P. Kerk⸗
hoven, de Machaone et Podalirio primis medicis militaribus, @röningen
1837. 77 ©. 8. [W.T.]
Machätas, 1) Vater des Harpalus, f. Bd. IM. S. 1070. — 2) griech.
Bildhauer aus unbekannter Zeit, aber doriſcher Abkunft, der nad einem
von Montfaucon Diar. Ital. p. 425. erwähnten, von Brund in den Anal.
T. III. Ar. CLXXXVII. aufgenommenen Epigranım eine von Laphanes gemeihte
und in einem Heiligthum des Apollo aufgeflellte Status ded Herakles gemadıt
hat. Vogl. Jacobs Animadv. Vol. IN. P. 1. p. 396. ine andere Infärift
(Boͤckh C. Inser. 1794.) erwähnt eine dem Aesculap gemeihte Statue einer
unbekannten PBerfon von demſelben Künftler. R. Rochette Lettre à M. Schorn
- Machelönes — Machktum 1945
p. 846. 2te Ausg. Ueber andere Männer dieſes Namens f. Iacob& Anim.
ad Anthol. Gr. Vol. I. P. 1. p. 112. [W.]
Machelömes (MeysAors;, Xrrian. Per. Pont. Eux. p. 11. Anon.
Deser. Pont. Eux. p. 16.), ein Zweig der Colchi am Pontus Cuxinus
dieſſeits des Phaſis, Nachbarn der Heniochi. [F.]
Machia (Plin. IV, 12, 28.), eine kleine Inſel des Aegaͤiſchen Meeres
zwiſchen Siphnud und Amorgos. [F.] ‘
Machinarli, f. Mensores, 4. Anm.
Machlfes (Serod. IV, 178. Piol. IV, 3, 26. [wo die Leſsart Ma-
zoves wohl aus Herodot u. Plin, in MayAves zu verwandeln fein dürfte],
Plin. VII, 2, 2.), Völkerſchaft in Africa propria, die Nachbarn der Loto⸗
phagen am wefllichen Ufer des Sees Triton, und nad Herodot felbft auch
Xotopbagen. [E.]
Machma (Mayuc, Joſeph. Ant. VI, 6, 1. 2. XIU, 1, 6.) oder
Machmas (Mayuas, 1 Mace. 9, 73. LXX. u. Guſeb. — im A. T.
Michmas, 1 Sam. 13, 2. $. 14, 5, 31. ef. 10, 28. u. f. w.), eine Stabt
ded Stammes Benjamin in Judäa, nad Cuſeb. 9 Dil. von Aelia over Je⸗
rufalem; angeblih das Heut. E&l-Bir. FF. |
Machon, aus Gorinth oder Sichon, lebte zu Mlerandria, wo ihn
Ariftophanes von Byzanz in feiner Jugend als Lehrer hörte und mo er bie
von ihm gebichteten Komödien aufführen ließ, von melden wir nod zwei
dem Namen nad kennen: "Ayroım und 'EmioroAn, bei Athen. XIV, p. 664.
B. C. w. VIII, p. 345 F., der ihn zu einem Seitgenofien des Apolloborus
von Garsflus (f. Bd. I. ©. 620.) macht und ein fhöned auf fein Grab
gebichteted Epigramm mittheilt (f. VI. p. 241 f. XIV, p. 664. A.); wir
ſehen daraus daß die Lebenszeit des Dichters zmifchen DI. OAX—CAXX fällt.
Aus einem andern wie es fcheint umfaflennen Werke in iambiſchen Senaren
(zoeiaı) führt Athenäus mehrfah Verſe an, Denkiprüde u. dgl. enthaltend
(XI, p. 577. D. vgl. Schweighäufer Animadv. in Athen. T. IX. p. 142.).
Bel. Kabrie. Bibl. Gr. II.. p. 452. u. Meinefe Hist. crit. comicc. Graecc.
o. 479. vgl. 462. [B.]
Miacherbe (Plin. VI, 28, 32.), eine Hafenfladt im Oſten von Arabia
Felix am Perſtſchen Meerb., hoöͤchſt wahrfh. das heut. Mascat over Maskiet
n der Provinz Oman. [ER]
Machryes, |. Machlyes. i |
Machüres (Mayovos;, Ptol. IV, 2, 20.), Volkerſchaft im Innern
son Mauritania Gäfarienfis, norböflih von den Maccurä und dem Geb.
Bhrurdfon, SAH vom Fl. Savus. [F.]
Machusii (Muyovaoı, Btol. IV, 2, 18.), ein Volt an der Küfle
‚on Mauritania Gäfartenfis, nörklid vom Geb. Zalacus bis zur Mündung
‚ed Chinalaph Hin, die weſtlichen Rachbarn der Machurebi. | F.]
MachYmi (Mayvro, Ptol. IV, 3, 22. 26.), Völkerſchaft im noͤrd⸗
ichern Theile von Africa propria. [F.] Ä
Maci (Plin. VI, 23, 25., wo andre Codd. Mazi ſchreiben), eine zu
‚m ‚Paropamisadae gehörige, fonft unbekannte Völkerſchaft. [F.
Maelstam ober Macistus (Manoros, Strabo VI, p. 257. VII,
. 346. X, p. 447. Blin. IV, 6, 10.), eine Stadt in Triphylia (EIS),
ordöſtlich von Lepreum und fünmeftli vom Berge Cotylus, die nad Strabo
"BI, p. 345. aud Platanistus (IIozenorovg) hieß und einf den Kaulonen
ehörte, zu feinen Seiten aber ſchon verödet war (VIII, p. 349.). Sie iſt
vahrf&. beim heut. Moptipa zu ſuchen (vgl. Boblaye Rech. p. 135.). Nach
ale Morea II. p. 206. aber Tag fie weiter gegen R., eine Stunde noͤrdlich
on Khalaffa — Macistus hieß auch nad Plin. V, 91, 39. ein Werg
uf der Inſel Lesbos. [F.]
Bauly, Keal⸗ECuchyelop. IV. 85
!
1846 | . Miaean -— Mara
Macna (Mawe«, Btol. VI, 7, 27., nad anderer Leſsart Mara) ein
Ort in Arabia Felix an der Oflfüfle des Sinus Aelanites, mo fih noch jetzt
der Ort Magne oder Magna findet. [F.] ” -
Maco, nad dem Geogr. Mavenn. V, 27. eine Infel an der Küſte
Hifpantens in der Nähe der PBityufen; fonft unbekannt. JF.]
Macolicaum (Maxoiıxor, Ptol. II, 2, 10.), ein Drt im fübligern
Theile der Infel Hibernia anr Fl. Dur, vielleicht da8 Heut. Donneraile in
der Prov. Munfler; nah Andern Kilmallod in Limerid. Mannert II, 2.
S. 228. ſucht es zwiſchen Dublin und der Gallway⸗Bai. LF.]
Macomada (Maxoucd«) oder Macomades, wie die Römer ſchreiben
(beim Geo. Ravenn. V, 6. Macumades), war der einbeimifche Name meh⸗
rerer Orte der Regio Syrtica an ber Norbküfte Afrifa’8, ver wahrſch. „Salz⸗
werk“ bedeutete und ſolche Drte bezeichnete mo fi große Anftalten zum Cin⸗
falgen der Seefſiſche befanden (vgl. Mannert X, 2. ©. 121. und 151.);
weßhalb au die Not. Imp. Occid. c. 59. den ganzen Lanpflrih längs ver
Weſtküſte der großen Syrte Limes Maccomadensis nennt. Man unterfcheibet
namentlich drei verfelben: 1) Macomades Maiores, an ber großen Syrte
(Btol. IV, 3, 14. mo vulgo Kadovuaxovun gelefen wird) nahe beim BI.
Cinyphus, 202 Min. fünörl. von Leptis Magna und 357 Mil. ſũdwefſil.
von Berenice, mit dem Beinamen Syrtis (It. Ant. p. 64. Auguft. c. Donat.
c. 29.), auf der Tab. Peut. Macomada Selorum. — 2) M. Minores (Tab.
Bent.) an der Eleinen Syrie (Ptol. IV, 3, 11.) in Byzacium, 28 Mid.
ſüdweſtl. von Thenä (It. Ant. p. 48.), ein Municipium (It. Ant. p. 99.).
Pol. auch Plin. V, 4, 3. — 3) eine Stabt Numidiens an ber Straße von
Carthago nah Girta, 53 Mill. öftlich von Tekterer und 28 Mil. von Gigus.
(It. Anton. p. 27.) [F.]
Macophisa (Maxogioa, Ptol. III, 3, 7.), Stadt im nörblihern Theile
des Innern Sarbiniend. |[F.]
Macoräbka (Mexopaße, Ptol. VI, 7, 32.), Stabt im Weſten von
Arabia Felix, 25 g. M. nörbl. von Garna, füpl. vom Fl. Betius, höchft
wahrſch. fhon in alten Zeiten die heilige Stadt der Araber, melden Ruhm
fie, unter dem Namen Mekka, noch jetzt behauptet. Denn es ſcheint kaum
zweifelhaft daß Hier der Hauptfig des Kultus der Alitat ober Alitta war,
die nah Mar. Tyr. diss. 38. von den Arabern in Geſtalt eines vieredigen
4%. hoben und 3 F. breiten, ſchwarzen (Meteor- ?) Steined verehrt wurde,
da noch bis auf den heutigen Tag ein folder Stein den Gegenfland der Ber-
ebrung in ver heiligen Kaaba zu Mekka bildet, obgleich freilih die jetzigen
Muhamedaner der Sade eine ganz andere Deutung geben. (Dal. Niebuhr's
Arabien S. 362 ff. und Bertuch's Bibl. ver Meifebeichreib. 54. Br. ©. 194 f.
240 f.) Mannert VI, 1. S. 90. ifk daher au in Zweifel, ob er den alten
Namen durch Mekka rabba, d. i. das große Mekka, erklären, oder von Mach-
rab, d. t. der Tempel, herleiten fol. [F.]
Macoritae, ſ. Mocritae.
Macra (Liv. XXXIX, 32. XL, 41. Plin. III, 5, 7. &lor. II, 3., bei
Strabo V, p. 222. Maxons), ein Keiner, aus den Apenninen berabfommen-
der, bei Luna vorbeifließender und unterhalb biefer Stadt in's Ligufiiche
- Meer mündender Fluß, der die Grenze zwiſchen Ligurien und Ctiurien und
alfo auch zwiſchen Gallia Cisalpina und Italia propria bildete und ned jept
Magra beißt. Ptol. III, 1, 3. nennt ifn Mexgadla und läßt vor feiner
Mündung noch den Boactes (Boaxzov sxzoonr), d. h. den heut. Vara, in
ihn fallen. — 2) Nah Piol. III, 4, 5. führte au der Fluß Mazara in
Sicilien den Namen Maxoa. — 3) eine Ebene Gölefyriens unmelt de6-
Meered (alſo eigentlih Phoͤniciend), worin einf eine Schlange von ungeheure
Macra Oome -—- Macrinus 1847
Größe hauste, * (das Heut. Gefilde el Bkaah, vgl. v. Richter's Wallfahrten
©. 78.) hieß nad Strabo XVI, p. 755. ebenfalld Maxoe oder Maxoac.
— 4) eine Infel des Pontus Eurinus im Sinus Carcinites im Norden der
Chersonesus Taurica (Plin. IV, 13, 27.) — 5) eine Infel des Mare In-
ternum vor der Küfle von Gölefyrien, 60 Stab. nördlich vom Berge Eaflus
und 50 Stab. fühl. vom Nymphäum. Stadiasm. mar. magni 6. 134. 135. [F.]
Macra Come, ein von Liv. XXXII, 13. neben Sperchiae genannter
Drt, den Ginige In Doris, Andere (minder wahrſcheinlich) in Macedonien,
noch Andere aber in Theſſalien ſuchen. [E.]
Maerales nennt Plin. III, 5, 9. unter mehreren anderen und unbe⸗
fannten Gemeinden Latiums. [E.]
Maori (It. Anton. p. 30.), Ort in Mauritania Cäſarienfis an der
Straße von Carthago nach Cäfaren, 78 MI. weftl. von Sitifi. [F.]
. Meaorlänus. Diefe der Kaiſerzeit angehörige Familie, zu welcher Trebell.
Poll. p. 297. der Ser. H. A. au den P. Cornelius Macer rechnet, hatte
Alexander den Großen zu ihrem Schußgotte, f. Trebell. 1. I. p. 296 f. Bes
fannt find geworben ber Kalfer M. Fulvius Macrianus Vater, mit feinen
Söhnen, von Trebell. Pol. unter den fog. XXX tyranni al Nr. 11—13
aufgezählt. Den Vater nennt Zonar. immer Macrinus; ihn forberte nad
Valerian's Gefangennehmung Baliſta (f. Bb. I. S. 1049.) megen feines
Reichthums und anderer Vorzüge auf, den Thron zu übernehmen, mas er in
Gemeinſchaft (f. die Dlünzge bei Raſche HI, 1, p. 58) mit feinen beiden
Söhnen C. Fulv. (f. Raſche IH, 1, p. 59.) Macrianus und Quietus, melde
ſchon von Balerian zu Tribunen ernannt worden waren, außführte. An ber
Spige von 45,000 M. zog er, im Orient den einen feiner Söhne zuräd-
Iafjend, gegen feinen Nebenbuhler Gallienus, fließ aber in IUyrien auf Au⸗
reolus (f. 3b. I. &. 1016.), wurde von ihm und Domitian geſchlagen und
nebſt feinem Sohne Macrianus getöntet; 30,000 M. gingen zu Aur. über
(3. 267). Trebell. Pol. der dieſes Alles (trig. tyr. ec. 12.) berichtet, fügt
and) einen Auszug aus einem Bericht des Valerian an den Senat bei, worin
er die bewährte Tüchtigkeit des Macrianus durch feine ganze lange militärifdpe
Laufbahn hindurch rühmend anerkennt. Vgl. Zonar. XII, 24. Eufeb. H. E. VII,
10. 23. (bei weldem er als angeblicher Chriftenverfolger in Ungnade ift).
Auch der andere Sohn, Quietus (mie er von Trebell. und auf Münzen genannt
wird, während onar. ihn Quintus nennt) wurde na dem Unglüd feines
Baterd und Bruberd von Obenatuß getöbtet, Trebell. c. 13., welcher auch ihn
als einen feines Vaters würdigen Krieger bezeichnet. Vgl. Bon. 1.1. [W.T.)
Macri Campti (Maxvoi Kauno:ı, Xiv. XLI, 22. XLV, 12. Strabo V,
p. 216.), eine große Thalebene zwiſchen Parma und Modena (j. Bal di Mon⸗
tirone mit dem Orte Magraba), mo no zu Strabo's Zeiten jährliche Volks⸗
verfammlungen gebalten wurden. [F.]
Macrini (Maxowoi, Ptol. II, 2, 6.), Völkerſchaft im Norden der
Inſel Corſika. [F.]
Macrinus. 1) Plotius Macr., an welchen Perfius feine Sat. II. richtet,
vom Schol. ded Verf. bezeichnet als homo eruditus et paterno Persium affectu
diligens, qvi in domo Servilii didicerat, a qvo agellum comparaverat in-
dulto sibi (Persio) pretio aliqvanto. 2) Maor. , aus dem numidiſchen @äfaren ges
bürtig, von niedrigem Stand und erſt durch eine Laufbahn als Juriſt (Capi⸗
tolin. Macr. 4.) allmälig praef. praet. geworben, was er unter Caracalla
* Diefe von Pofidon. bei Gtrabo a. a. D. erwähnte alte Gage lebte beFanntlich
ſpäter in den chriftlichen Legenden wieder auf, indem man in berfelben Gegend, nur
etwas füblicher, 1 franz. M. Sflich von Berytus ein ähnliches Ungebener vom heil.
Georg erlegen Tief. Bgl. Pocode II, ©. 133, Turner's Tour eto. II, p. 61. und
Robinfon’s Pardf, II, ©, 732, u
1850 - Maerocephall — MWacrönes
nur aus Biner Handſchrift ſtammt), fondern nad vier oder fünf, f. v. Jan
‚über die urfprünglie Form ber Saturnalien des Macr.” in den Münchn.
Gel. Anz. 1844. Nr. 172 ff. Im Uebrigen vgl. au Schloffer Univerfalpif.
Ueberficht III, 4. S. A ff. 10 ff. Für das Anſehen bes Macr. im Mittel-
alter zeugt die Schrift De differentiis et socielatibus Graeci Latinique verbi,
welche nur in einem Auszug vorhanden iſt welder, zu den Seiten Karl’s des
Kahlen veranftaltet, dem berühmten Johannes Scotus Erigena beigelegt mwird
und in ber Ausgabe der Werke ned Macr. von Pontanus, dann aber aud)
befonderd mit den Noten von I. Obfopdus zu Paris 1588. 8., in Butiche
Grammatt. Latt. p. 1727 ff. und fegt in einer beſſern &eflalt von Endlicher
(Analectt. Grammatt. p. IX. p. 187 ff.) abgedruckt iſt. Die andern Säriften
des Macr. erfchienen zuerft gebrudt zu Venedig 1472 fol. per Nicol. Jen-
son. worauf nach einigen Abprüden zu Breechia (1483 fol. u. f. m.) zuerſt
ein verbeflerter Text von I. Rivins zu Venedig 1513 fol. folgte; eine neue
Texteögeflaltung gab Arnold. Vesaliensis in den von Ihm beforgten Eöllner
Ausgaben von 1521 und 1526 fol., weit befier I. Gamerarius zu Bafel
1535 fol. und mehrmals wiederholt; darauf mit den Noten von I. Meurflus,
von 3. I. Bontanus zu Leiden 1597. und 1628. 8.; in einer Art von Col⸗
lectioausgabe mit den Noten von Jak. Gronovius zu Leiden 1670. 8. Lon⸗
don 1694. 8. und in einem Abbrud von I. C. Zeune zu Leipzig 1774. 8.
Ein blofer Text erſchien Bipont. 1788. 8. II Voll. Für die Kritik des Tertes
f. aud 8. von Jan Symbb. ad Macrobii librr. Saturn. emendand., Schwein⸗
furt 1843. 4. lieber Macr. im Allgemeinen ſ. Funccius De veget. L. L.
senect. IV. 6. 27. ff. $abric. Bibl. Lat. T. III. p. 180 ff. ed. Ernest. A.
Mahul Diss. sur la vie et les ouvrages de Macrob. in: The classical
Journal Vol. XX. (Nr. 39.) p. 105 ff. und jetzt auch vor feiner franzoͤfiſchen
Meberfegung des Macr. (Paris 1845. 8. Sous la direction de Nisard).
Dieine Geſchichte der N. Kit. $. 392. [B.]
aorocephall (Moxpoxngpalor, Scyl. p. 33. Strabo I, p. 43.
xI, 520. Mela I, 19, 11. Plin. VI, 4, 4. u. A.), ein Bolt im Norboften
son Pontus, und zwar nach Anon. Peripl. Pont. Eux. p. 14. daſſelbe welches
fonft Macrönes heißt (f.d.) obgleich Plin. a. a. D. beide Völker neben einander
nennt. Vgl. damit Sippoer. de aer. c. 35., mo von Voͤlkerſchaften des Bontus
die Rede iſt, die den Köpfen der neugebornen Kinder durch Drücken und Binden
eine fole abnorme Form gaben, Goray Notes sur le Traité des eaux etc.
d’Hippocrate T. II. p. 224. und Gail. ad Scyl. 1. I. p. 456. [F.]
Macrocremnii Montes , nad) Plin. IV, 12, 26. ein Gebirg im Sünden
von Sarmatia Europaea zwiſchen dem Borsfthenes und dem Danubius, wo
fih aber freili, die Bergreihe oberhalb Bender hoch Im N. ausgenommen,
in Wirklichkeit Fein folches findet. [F.]
Macrönes (Maxrowre;), ein mächtiger Volkoͤſtamm im Nordoſten von
Pontus, öſtlich neben den Colchern; fig trugen bärene Kleidung und führten
im Kampfe hölzerne Eturmbauben, Tleine Schilde aus Korbgefleht und Turze
Lanzen mit langen Spigen (GHerod. VIE, 78. und Xen. An. IV, 8, 3. Außer-
dem vgl. Hecat. fr. 191. Herod. II, 104. Xen. An. V, 5, 19. VII, 8, 25.
Scyl. p. 33. Dion. Ber. 766. Apoll. Rhod. TI, 22. Plin. VI, 4, 4. und
Jofeph c. Apion. I. 6. 22. (nach welchem bei Ihnen die Befchnelbung üblich
war). Nah Strabo XI. p. 548. waren fle daſſelbe Volk das zu feiner Zeit
Sanni (Zarroi) hieß, ein roher, unabhängiger Volksſtamm (vgl. au Arrian.
Peripl. p. 11.) der fpäter durch Juftinlan civilifirt und chriflianifirt "wurde
( Procop. B. Pers. I, 15. Goth. IV, 2. de aed. II, 6.) Plin. 1. 1. führt
jevod vie Macrones und die Sanni als zwei verſchiedene Stämme auf und
edenkt ver Erfteren au VI, 10, 11. als eines Volkes in Colchis am Fl.
Abjarus. Vgl. au Macrocephali. [F.]
Maeropogönes — Madianiiae | 1391
Macropogömes (Maxponoyares, Strabo XI, p. 492.) Völkerſchaft
in Sarınatia Asialica an ber Nordkuͤſte des Pontus Burinus, ſüdlich von den
Phthirophagen und neben ben Gercetä, deren eigentlihen Namen man wahrſch.
nicht Fannte und die man daher blos nach ihren auffallend langen Bärten
benannte. [F.]
Mactoriam (Moxrtagıor, Herod. VII, 153. Steph. By. p. 438.),
eine Stadt im Süden Siciliend oberhalb Gela, angeblich das heut. Mazzarino.
Pol. Dorvill. Sicul. p. 137. [E.
Macum (Plin. VI, 29, 35.), Stadt im Norden Aethiopiens. [F.]
Macurebi, |. Macchurebi.
Macymina (Mexvri«, Strabo X, p. 451. 460. Plin. IV, 2, 3.) eine
nach der Rückkehr der Heralliven erbaute Heine Stabt im Süden Aetoliens
am Berge Taphyaſſus, öflih von Galybon und dem Evenus, nah Blut.
Quaest. Gr. 15. in einer reizenden weinreichen Gegend. (Vgl. auch Anthol.
Gr. 1, 5.) Pouqueville Voy. II, p. 213. hält fle für das heut. Manaloubi
und Krufe Hellas II, 2. ©. 266. fucht fie noch höher hinauf .bei Apanolongos,
Zeafe dagegen North. Gr. I, p. 111. glaubt die Ruinen weiter ſüdöſtlich an
der Küfle bei Ovriofaflro gefunden zu haben. [F.
Macynium (d. 5. Maxvrov 0g0s), nah Plin. IV, 2, 3. ein Berg
Aetoliens, alfo wohl derjenige, an deſſen Buße Macynia lag, oder der Ta⸗
phyaffus des Strabo, den aber freilih Plinius a. a. D. neben dem Mary:
nius noch beſonders aufführt. [F.]
Mada (Maöc, Ptol. VI, 7, 10.), Flecken der Apramitä an ber Süh-
küſte von Arabia Felix. [F.]
Madassama (It. Ant. p. 48. 49.), Ort im Welten von Byzacium. [ F.]
Madates (Diod. Maöaras, f. Wefl.), fucht vergeblih an der Spike
der Berguxrier Alexander dem Gr. den Durdzug von Sufiana nah PBerfis
(gegen das Ende des I. 331 v. Chr.) zu wehren. Alexander war entfchloffen
die Beflegien in andere Gegenden zu verfegen, jedoch auf die Bitten der Siſy⸗
gambis, der Mutter des Darius, ließ er fie im Beſitz ihres Landes und bes
gnabigte den Madates, an ben eine Nichte der Siſygambis verheirathet war.
Diod. XVII, 67. Eurt. V, 3. [K] |
Madaura (Auguftin. Ep. 49. und Conf. II, 3.), oder Madurus
(Maödoveos, Ptol. IV, 3, 30.), Stadt im nörbliden Numidien, in der
Nähe von Tagafle; nicht zu verwechfeln mit Medaura. [F.]
Meadöna (Sert. Auf. in Lucull. c. 15. @utrop. VIII, 4.), ein Diftrift
in Armenia Minor zwifchen dem Cyrus und Araxed. Man Eönnte dabei an
da8 More des Ptol. V, 13, 9. denken wenn es nicht wahrfcheinlicher
wäre daß hier S2rnvn zu leſen if. [F.]
* Miadethubädus (ro Maöedovßador ogos, Ptol. IV, 2, 15.), ein zum
Atlasſyſtem gehörige Gebirge an der Sübgrenze von Mauritania Cäſarienſis
gegen Libya Interior mit der Duelle des Chinalaph und feiner Nebenflüffe. [F.]
Madia (Maöic, Ptol. V, 10, 6.), Ort im Innern von Colchis, viel
leicht auch das Matium des Plinius VI, 4, 4., (von Mannert VI, 2. ©. 362.
fäliglih unter dem Namen Madius aufgeführt) wenn dieſes nicht etwas ſüd⸗
licher anzufeßen iſt; angeblich das heut. Mais. [F.]
Madiama (Ptol. VI, 7, 27.), Ort im hoͤchſten Norden von Arabia
Felix, nicht allzumelt vom arabifhen Meerb. [F.]
Madianitae (Madaviraı, Joſeph. Ant. IV, 6, 2. V, 6,5. Steph.
Byz. p. 434. LXX., in Lebterer auch Madınvaios und bei Steph. auch Madınvor),
pie Midjanim des A. X. (Gen. 25, 2. 4. 37, 26. 28. Erob. 2, 15 ff. u. f. w.),
ein weit verbreiteted nomabifches Volk im ſüdlichſten Ihelle von Arabia
Petraͤa, deſſen frühefte Wohnflge weſtlich vom Sinai, zwiſchen dem Geb.
Seir und dem arabiſchen Meesb. au fuchen find (Cxod. 9, 1.18, 5. 1 Kön.
1352 Meadiecn — NMasanduer
11, 17.), das fich aber auch auf der Dflfeite des arabiſchen Meerb. bis zu
den Grenzen der Moabiter Hin verbreitete, einen Iebhaften Handel zwifchen
Arabien und Aegypten trieb (If. 60, 6.), und fomohl durd dieſen Kara
wanenbandel ald durch Viehzucht (über die großen Kameel⸗ und Schaafheerben
der Midianiter vgl. Nichter 6, 5. 7, 12. Jeſ. a. a. DO.) frühzeitig zu bedeu⸗
tmdem Wohlſtande gelangt war, weßhalb es auch lange Zeit den Siraeliten
viel zu fehaffen madte, bis ed endlich von Gideon gedemüthigt wurde (Ric.
6—8.). Seit dem Eril verfhwindet fein Name aus der Geſchichte. Joſeph.
Ant. VI, 7, 3. nennt den von ihm bewohnten Diſtrikt an der Oflfüfle bes
arab. Meerb. Madırzsn und erwähnt ibid. I, 11, 1. daſelbſt au eine gleich⸗
namige Stadt deren Ruinen an der Oſtſeite des älanitifhen Meerb. auch die
arab. Schriftſteller (Edrifi Clim. III, 5. p. 3. und Abulf. deser. Arab. p. 77.
ed. Rommel.), »ie fie Madian nennen, no vorfanden. Bal. au ufeh,
Onom. v. Madıau u. Seeßen in Zad8 monat. Eorrefp. XX. ©. 311. [F.)
Meadiecus (Luc.), römifher Töpfer auf einer aus Tunis ſtammenden
Lampe des Leidner Muſtums. Janffen Mus. Lugd. Inser. p. 142. [W.}
‚Medis, f. Madytus.
Madöce (Maödoxn, Ptol. VI, 7, 9.), eine Stadt ver Homeriten an
der Süpküfle von Arabia Felix. [F.]
Maduatenmi (Liv. XXXVIH, 40.), Bolt im Norden von Thracien
unweit des Hämus. [F.]
Madurus, f. Madaura.
Madytus (Maövros, Mela II, 2, 7. Liv. XXXI, 16. XXXHE, 98.),
eine Hafenftabt der Chersonesus Thraciae (vgl. Anna Gomn. XIV. p. 429.),
fünmefll. von Abydus, wohl nicht verfchieven von dem Madıs des Ptol. IIE,
12, 4., obgleich diefer den Ort welter in's Innere der Halbinfel feht. Man
häft ihn für das heut. Maito. JE.)]
Maea (Mai«, Stadiasm. mar. magni $. 74. 75.), Inſel vor der
Küfle von Africa propria, 7 Stab. ſüdlich von der Infel Bontia, dieſelbe
welche Btol. IV, 3, 46. Taix oder Ix x nennt. 2) f. Maia.
Maeander (6 Maiaröoos, Som. 11. II, 869. Hefiod Th. 839.
Serod. VII, 26. 30. Scyl. p. 33. Strabe XII, p. 577 ff. XII, p. 629.
XIV, p. 663. Ptol. V, 2, 8. Dion. Ber. 824. Plut. de flum. 19. Bela I,
17, 1. Plin. V, 29, 31. u. f. w.). Diefer berühmte Fluß Kleinafiens ent»
fpringt unweit Geländ in Phrygien, Zen. Anab. I, 2, 7. Mar. Tyr. VII,
38, 8. (nad en. 1. 1. im Park des Cyrus bei diefer Stadt) und hat nad
Strabo und Mar. Tyr. I. N. biefelden Quellen mit dem Fl. Marfyas
(was jedoch dem Berichte des Zenophon widerſpricht), während ihn dagegen
Pin. 1. 1. Solin. c. 40. $. 7. und Mart. Gap. c. 6. p. 221. aus einem
See auf dem Berge Aulocrene entfpringen lafien; welche ſcheinbar abweichenden
Angaben ſich nad Leake Tour in Asia min. p. 198 ff. dadurch leicht ver⸗
einigen laſſen daß beide Zlüffe ihre eigentlihen Quellen wirklich in jenem
ſehr Hoch gelegenen Eee oberhalb Gelänä haben, aber an verſchiedenen Stellen
bes Berges unterhalb des Sees zuerfi zum Vorſchein kommen. Der M. fließt
mit einer Menge von Krümmungen (die feinen Schlangenlauf zum Sprüd-
wort machten: vgl. Strabo XII, p. 377. PBanf. VII, 41, 3. Ovib. Met. VIII,
162 ff. Liv. XXXVIII, 13. Sen. Herc. fur. 683 ff. Phoen. 605. Pin. 1. L.,
auch Spon und Whelers Meile 1. ©. 68. und Chandler C. 33. ©. 246 fi.
u, A.) in fünmeftlicder Richtung neben dem Geb. Meffogis Hin, nimmt in der
Nähe von Laodicea den Lycus auf und tritt nun fehon als bedeutender Fluß
aus Phrygien nad Garten über, wo er die nad ihm benannte bene
(Strabo XII, p. 577. XIV, p. 648. XV, p. 691.) in weflligem Laufe durch⸗
Arömt, um da zwiſchen Briene und Myus, der Infel Tragias gegenüber,
(nad Plin. a. a. O. 10 Stad. von Miletus) in's Icarifche Meer zu rw
x
+
Hncoatsdein — Hacandrlus 1953
gießen. (Vgl, Dionyf, 1. 1. und: Bau. IE, 5, 2.) Er iſt überall fehr tief
(Nicet. Chonatas p. 125. Liv. 1. 1.), aber nicht fehr breit, To daß an manchen
Stellen die Tiefe der Breite gleihfommt; weßhalb er auch, da er fehr viel
Schlamm mit fi führte (Strabo XII, p. 579. XIV, p. 636.) nur für Eleinere
Fahrzeuge ſchifſbar war. Er verurfachte häufige Ueberſchwemmungen (Bauf.
VII, 2, 7.) und Hat dur den vielen Schlamm, den er mit ſich führte und
ber fh ar feiner Mündung anfeßte, vie Küfle nah und nah um 30—40
Stad. vorgerüdt und ehemalige Infeln zu Theilen des Feſtlandes gemacht
(Strabo XII, p. 579. Pauf. VII, 24, 5. Thuc. VIE, 17. vgl. Chandler
a. a. D.) Einige fabelten au von einem unterirdifgen Zufammenbhange
deffelben mit dem Alpheus im Peloponnes (Bauf. II, 5, 2.). Seine Neben-
flüffe waren rechts der Orgyas, Marsyas, Cludrus, Lethaeus und Gaeson,
links der Obrimas, Lycus, Harpasus und ein zweiter Marsyas. Er heißt noch
immer Meinder ober Bojuk Meinder (d. t. der große M.). [F.].
Maeandria, Stadt in Epirus, Blin. IV, 1, 1. TE.
Maeandrius, bei Polyfrates von Samos Geheimſchreiber, während
der Meife zu welcher Polyfrates dur Drötes von Magnefla verlodt wurbe,
fein Stellvertreter; nachdem bafelbf der Tyrann ermordet worden war, er⸗
bietet er fih den Samiern die Freiheit zurüdzugeben wenn von dem Ver⸗
mögen des Polykrates ihm 6 Talente und ein in feiner Bamilie erbliches
Prieſterthum bei dem Heiligthum des Zeus Eleutherloß, zu dem er den Grund
gelegt, gegeben werde. Da Teleſarchus, einer ver Bürger, vor Allem Rechen⸗
haft über die von ihm verwalteten Schäge verlangte, z0g er ſich in bie
Burg zurüd, bemächtigte fi ber Wortführer des Volkes und hielt die Macht
feft. Als aber Sylojon, des Polykrates Bruder, mit perſiſcher Hilfe ver
Herrſchaft über die Infel fih zu bemädtigen ſuchte, wünſchte Mäandrius
foglei einen Vertrag zu ſchließen, den man ihm bewilligte ; allein fein Bruder
Eharilaus, ein Halbtoller Menſch, machte ihm darüber die heftigſten Bors
würfe, flellte fih an bie Spige der Soͤldner und Überfiel die Perfer; viele
von biefen kamen um, gleihwohl wurden die Shloner durch die Uebermacht
zurückgeworfen und ber peiſiſche Feldherr richtete unter den Samiern ein
furchtbares Blutbad an; Maͤandrius entlam mährenn des Gemehels durch
einen verborgenen Gang, der aus der Burg an das Meer führte, und ſchiffte
mit feinen Schägen nad) Lacedämon, wurde aber von hier nach kurzem Aufent⸗
halt auf Veranlaffung des Königs Cleomenes I. fortgewiefen. Herod. II,
123. 142-148. cf. 2ucian. Necyomant. c. 16. p. 478. Contempl. 14.
p- 510. Vgl. Perizon. zu Aelian. V. H. XII, 53. [K]
Maeandrius, hiſtoriſcher Schriftfieller (ö ouyyoagevs, Athen. X,
p. 454. B., welcher zugleich ein Sragment aus einer Schrift mapayyelua at»
führt, einer Buchſtabenlehre nah Welder Rhein. Muf. 1833. ©. 146.),
Strabo XU, p. 552. Macrob. Sat. I, 17. Jedenfalls ift er der Deilefler im
Corp. Inscr. gr. n. 2905: xara x 87 Tais ovyyoapouerag Meıaröpiov
tod MiAnoiov ioropiag, welche Inſchrift Boͤckh zwifhen Olymp. 140. und
155. anfegt. Mit demfelben iſt mit nicht geringer Wahrfcheinliggkeit von C.
Keil vindiciae onomatolog. p. 9—13. der Acaröpos oder wie er in den
meiften Handſchriften gejchrieben iſt Asarögıos aus Milet identificirt worben,
welcher von Diog. 2aert. I, 28. u. 41., Glem. Alex. protr. p. 29. und
Strom. I, p. 300. VI, p.-629., Sol. Apoll. Rhod. II, 706. Schol. zu
Ariftopb. Pac. 369. (Acasdoos &r devrepn MiAncenar) unter Anführungen
aus einem Geſchichtswerke erwähnt if. Wir fügen nah Meinekes Vermu⸗
thung nod den als Zeitgenvfien bed Kallimachuq bezeichneten Meravdoog,
ober nad einem Madrider Di. MeAaryoros, in der Vita Arati p. 60, 7.
der Vitt. serr. gr. min. ed. Westermann hinzu. Bevenklicher iſt die Aenberung
des Asaröpıog beim Schol. Hom. Odyes. III, 841. der eher, mt bem im
IV.
| 135& Maeandropolis — Maeela tribus
Ei pm. M. p. 426, 9. gendnnten Grammatifer und dem Adardpog 6 Nıxaroo
bei’ Steph. Byı. s. v. Ton eins iſt. Vgl. Leandrius ©. 835. [ West.]
: Miaenandropolis, nach Plin. V, 29, 29. eine Stadt im Innern Cariens,
bog wohl am Diäander, wahrſch. dieſelbe welche Steph. Byz. p. 435. ale
rölıg Maymoias aufführi. [F.]
Maeandrus (Maicröoos, Ptol. VO, 2, 8..10. 11.), ein Gebirge
in India extra Gangem, das ſich als eine füdliche Fortſetzung des Bepyrrus
auiiöen den Strömen Ganges und Doanas (j. Iramabby) nach der Meeres⸗
fte binzieht, und Teßteren nöthigt feine ſüdweſtliche Richtung zu verlafien
und gerabe gegen ©. zu flrömen; jebt Deoma, Doumah Dong oder Romah⸗
Pokong⸗Tong. [F.
Maeatae (Maacraı, Div Caff. LXXV, 7. LXXVI, 12.), Bölterfchaft
‘im Norden von Britannia Romana, nahe beim Vallum Severi. [E.]
Maecenas, |. Cilnii Bd. II. S. 354—357 und dazu jetzt P. ©.
Frandſen, C. Ciln. Maec., eine hiſtor. Unterfuhung, Altona 1843. 8. 5.
I. Matthes, de Cilnii Maec. vita in den holländiſchen Symbolae literariae,
Vol. V. p. 1—36. [W.T.
' Miaeeola gens, wenig bekannt u. oft mit Mettia od. Metia gens verwechſelt.
1) Sp. Maecius Tarpa, von Pompejus im I. 699 mit der Aus⸗
wahl der an feinen Spielen aufzuführenden Stüde beauftragt, vgl. Gic. ad
Fam. VII, 1, 1. Auch Auguf verwendete ihn als offiziellen Geſchmacksrichter
und äſthetiſchen Genfor, f. Hor. Sat. I, 10, 38. A. poet. 386. mit Scholl.
Bol. Weichert Poet. lat. p. 334.
2) M. Maecius Rufus, unter Beipaflan Procof. von Bitbynien, f.
die Münzen bei Raſche II, 1, p. 72.
8) M. Maecius Rufus, @of. nit L. Turpilius Dexter, Gruter
p. 49, 3. (3. 225 n. Chr. ?) |
4) M. Maecius Memmius Furius Placidus Goj. im 9. 343
n. Ghr. (mit FI. Pifloins Momulus) Fast. cons. Vgl. bei Bruter p. 433, 4.
(aus Neapel): M. Maecius Memmius Furius Balburius Caecilianus Placidus,
praef. praet. cos. comes Orientis etc. etc. [W.T.
. Maecius, ein griechiſcher Dichter, muthmaßlich römifher Ab
Eunft, deſſen Namen eilf oder zwölf Epigramme in der griechiſchen Anthologie
(Anal. II, 236. II, 220. ed. Lips.) tragen,’ bie zu ben vorzüglidern Ges
digten der Sammlung gehören. [B. Ä
6) Maecius, P., wird als Architekt genannt auf einer Inſchrift bei
Muratori Nov. Thes. II, p. 831, 8.
7) Maecius Aprilis, ein Bildhauer aus fpäter römifcher Zeit, deſſen
auf dem Kirchhof der 5. Priscilla in Nom gefundene Grabfärift durch den
Beiſatz IN P. (in pace) darthut daß er Chriſt war, und wie Rutropus
(Bd. I. ©. 321.) zu den Künfllern gehört welche die Kriflliden Denkmale
machten, ſ. Bolbetti Osservazioni sopra i sacri Cimiteri p. 316. R. Ro-
chette Lettre A M. Schorn p. 847. 2. Ausg:
Außerdem Q. Maecius Sedatus in Neinef. Synt. inser. el. XIV, n. 128.
(aus Pifa); C. Maeeius Atilianus, bei Gruter p. 838, 3. (Berona); L.
Maecius L. F. Hermagoras u. Rusticus (lanarius ad vicum Fortis Fortu-
nae), ib. 579, 8. (aus Rom); M. Maecius Magunus, ib. 1012, 8. (bei
Brixia). [W.T.]
Maeelanus, f. Volusius.
Maeccia trikus, im J. 332—432 d. St. geſchaffen, iv. VIE, 17.
Bol. Liv. XXIX, 37. Gic. p. Planc. 16, 98. ad Att. IV, 15, 9. Sie war
nad einem Orte bei Lanuvium benannt (Feſtus s. v.) und umfaßte In Italien
die Städte Habria, Neapolis und Brunbuflum; f. Grotefend in Zeitſchr. f.
A. B. 1886, ©. 946. Auch vgl. oben ©. 1118. [W.T.]
Lv
Maeellla gens — Maelis gens 1955
Maeecilla gens, plebejiſch. -
1) L. Maecilius, war unter den Volkötribunen welche im I. 471
— 2383 d. St. zum erflenmal in Tributcomitien gemählt wurden, Liv. II, 58.
2) Sp. Maecilius, zum viertenmal Volkstribun im I. 416 — 338
d. St., Liv. IV, 48. g
3) M. Maecilius Tullus Ilfvir A. A. A. F. F. unter Auguſt, nad
mehreren Münzen, f. Raſche II, 1. p. 73.
Außerdem auf Infäriften aus Mantua: C. Maecilius P. F. Sabinus,
Vivir und M. Maecilius M. F. Sabinus Rufas, VIvir, bei Gruter p. 433, 9.
"465, 1. Weber M. Maecilius Avitus f. Bb. I. S. 1009. [W.T.]
Maedi (Maiöoi, Thuc. II, 98. Polyb. X, 41, 4. Liv. XXVI, 28. .
Plin. IV, 11, 18. Gutrop. V, 7., bei Diod. XX, 19. u. Juſtin. XV, 2.
färfehli$ Medi), eine mächtige Völkerfhaft im Weften Thraciens am weſt⸗
lihen Ufer des Strymon und am fühlihen Abhange des Geb. Scomiuß,
von welcher die Landſchaft Maedica (7 Maıdınn orparmyie, Ptol. III, 11,8.
Liv. XXV, 25. XL, 22.) dafeldft ihren Namen hatte. Sie beunruhigten bie
Macedonier nicht felten dur ihre Binfälle bis fie endlich von biefen über»
wältigt und mit ihrem Lande vereinigt mwurben, ſeit meldher Zeit Maedica
ben nördlichſten Diftrift Macedoniens zwiſchen dem Axius und Strymon mit
der Hauptfladt Jamphorina (}. Ivorina) bildete. Vgl. Polyb. 1.1. Uebrigens
waren fie die Stammväter der Bithynier in Kleinaflen, von denen fi au
ein Haufe unter dem Namen Maedobithyni- in Macevonien niebergelaflen hatte.
Steph. Byz. p. 435. Bol. auch oben S. 1341. [F.]
Maelia gens, ein Nittergefchleht, durch Reichthum emporgefommen.
1) Sp. Maelius, eqvestri ordine, ut illis temporibus praedives (Liv.
IV, 13. in. vgl. 15. frumentarius dives. Sonar. VII, 20. ano innevg
zAovaos), ließ bei der Theurung des I. 314 d. St. aus eigenen Mitteln
Getreide auffaufen und ans Doll vertheilen; dadurch populär geworben
firebte er nad dem Conſulat und ba er fhon hiebei auf Wivderſtand von
Seiten der Patricier fließ fo richtete ee — wenigſtens nach der Darftelung
des Livius — feine Wünfche gleich höher, nad dem Koͤnigthum, veranftaltete
in feinem Haufe geheime Berfammlungen, häufte Waffenvorräthe auf (vgl.
Zon. VII, 20.), beſtach die Tribunen und warb fich eine Leibwache (Bon. 1.1).
Aber feine Anfchläge wurden durch den praef. annon. 2. Minucius entdeckt,
darauf 2. Quinctius zum Dictator, C. Servilius Ahala zum mag. eqv.
ernannt (3. 315 d. St, 439 v. Ehr.). Der Dictator läßt in der Nacht
dad Bapitol und andere fee Punkte befegen (Zon. 1. 1.) und läßt am
Morgen den M. durch Servil. vor ſich fordern um fi) wegen ber Anklage zu
reinigen; da aber M. fich weigerte, das Volk zu feinem Schuße aufrief und
ſich gegen den apparitor mit einem Fleiſchermeſſer wehrte (Dionyſ. Exc: Vat.,
bei Mat Nov. Coll. I, p. 466.: zovs Nxovrag En’ avıov inneig yayapını
xorzidı naiv annAavve), fo ſtieß ihn Gervilius nieder. * Kiv. IV, 13 f. vgl.
ib. 19. Cic. de Rep. II, 27, 49. p. Mil. 27, 72. Cato 16, 56. in Catil.
I, 1, 3. Phil. II, 44, 114: Lael. 11, 36. Varro L. L. V, 32. Flor. I,
26, 7. Niebuhr R. ©. II. S. 470—475. Der Dictator befahl fein Ver⸗
mögen zu conftdciren, fein Haus dem Erdboden gleich zu machen, Liv. IV,
15. extr. Der Plab wurde Aegqvimaelium benannt, ib. 16. in. Cic. de
div. H, 17, 39. vgl. p. dom. 38, 101., wo er eine ſchlechte Erklärung gibt
(aeqvum aceidisse Maelio pop. Rom. iudicavit); viel richtiger Dionyf: 1. 1.
10 ivonedor Ainvunlıov Poyaioı nalovorr' ainor (aeqvum) yap To unde-
° „Das ik Mord. Wer M. auf dem Forum fo erfchlagen konnte, der vermochte -
auch ihn vor das Tribunal bed Dietators zu führen,‘ Niebuhr ©, 4732.
4856 Maenlien
nier 8boynr iyor Asyova. Dal. Val. Mar. VI,3,1. Nah Niebuhr ©. 474.
A. 928. lag es unter dem Gapitol, unfern vom Garcer. Der partelifche
Gic. nennt (Lael. 8, 28.) den M. omnibus exosus. Dagegen folgert Niebuhr
aus dem gefehwidrigen, gewaltihätigen Verfahren gegen M., daß man ihm
feine Schuld nit zu beweiſen vermocht hätte. *MÄl. würde wenn er
folge Plane gehegt Hätte jedenfalls ſich durch dad Bolfstribunat unverleglid
gemacht haben. Nieb. nimmt an daß das wahre Streben bed M. geweſen
fe den Patriciern die Theilung des Gonjulats abzunöthigen. Ein Wink über
den wirkliden Hergang liegt vielleicht auch in den Worten des Zonar. 1. 1.:
engaenoer dy ric moAeng &ı un Mwoumos Avyovpirog — äni vi mrodonie
zerayusrog xal aitımusrog rjj Oırodeig eismyyale ın Bovig 10
aperroneror. Minuc. ſuchte die @rfolglofigkeit feiner Bemühungen durch
die Auffäufe des Mäl. zu erklären und deutete an daß biefer damit ehrgeizige
Abſichten zu verbinden heine. — Gegen die Theilnehmer ber angebl. Ver⸗
ſchwörung — alfo nad Kiv. bef. die Volkötribunen — wurde entfernt Feine
Unterſuchung eingeleitet, im Gegentheil wurben Diinue. und Servil. von brei
Tribunen ſogleich angegriffen, wobei jebod das Bolt, durch die Bertheilung
des dem Mäl. confldcirten Getreides beſtochen, rubig blieb, Liv. IV, 16.
Sonſt aber wird unbeflimmt von einer seditio ex Maeliana caede geſprochen
(Liv. 1. 1. vgl. Bon. 1. 1.), womit vielleicht gemeint iſt was ausführte
2) Sp. Maelius, Voltötiibun im I. 818 d. St.; er beantragte als
folder die Gonfldcation bed Vermögens von Seroilius und lud den Minucius
vor das Volksgericht, falsis criminibus a Minucio circumventum Maelium
arguens, Servilio caedem civis obilciens. Liv. IV, 21., nah weldem das
Volt nicht darauf hörte, während nah Val. Mar. V, 3, 2. (vgl. Gic. de
rep. I, 3. pro dom. 32, 86.) Serv. mwirfli angeklagt wurbe und fi dem
Urtheil durch freimilige Verbannung entzog. Da Übrigens Sp. M. gegen
Servil. gleih vie Güterconfiscation beantragt, nit erft ihn vor Gericht
fordert, bat vieleicht darin feinen Orund daß Servil. ſchon unmittelbar nad
feinee That angeklagt worden war und ber Mache des Volks fi entjogen
hatte und daß fo für ben Volkstrib. Mäl. Nichts übrig blieb als nachträg⸗
lich no die Gonfläcation zu beantragen und die Anklage au auf Minuc.
audzubehnen.
3) P. Maelius, Sp. f. C. n. (Fast. cap.), trib. mil. cons. pot. im
3. 354 d. St. = 400 v. Ehr. Liv. V, 12., wo er zugleih ausprüdlid
als patriciſch bezeichnet wird, was aber ohne Zweifel eben fo gut ein Irrthum
if wie bei dem Titinius und Bubliltus von welden er ib. daffelbe ausſagt.
Zum zweitenmal trib. mil, im 3. 358 d. St. (ib. 18.).
4) Q. Maelius, Bolfstribun im. 433 d. St., 321 v. Chr. Xiv. IX, 8.,
wo er für bie Aufrechthaltung des mit den Samniten (nach der Niederlage
in den furculae Caudinae) geſchloſſenen Vertrags ſpricht. Nach Cic. Of.
III. 30, 109. wurde ex und fein College Ti. Numieius an die Samniten
ausgeliefert qvod eorum auctoritate pax erat facta, mas fi wohl auf ihre
vorhergegangene Amisführung im Kriege (etwa als trib. mil.) bezieht.
Gin C. Maelius Agathobulus findet fi bei Bruter p. 150,4.; L. Mae-
lius L. F. Qvir Flaccus ib. 643, 4. (aus Rom); Q. Maelius Cerdb ib.
201, 1. (aus Fianella im Sabinifhen). [W.T.] °
Haenäca (Maiixn), Stadt im Süden von Hiſpania Bätica, bie
weſtlichſte Pflanzflant der Phocäer (Strabo II, p. 156. Scynm. Chius
145 f.), von QUvien. Or. mar. 426 f. u. A. faͤlſchlich mit Malaca verwech⸗
felt, gegen welchen Irrthum fi ſchon Strabo erklärt, da fle weiter oͤſtlich
* Yu Dionyf. 1. 1. p. 465 f. Bennt Beinen Beweis feiner Schuld als daß er
fi weigerte fi dem patriciſchen Dictator gu fielen, "
Maonädes — Maenia gens 1857
von Balpe gelegen habe. Sie war zu Strabo's Zeiten bereit zerſtoͤrt, doch
ſah man ihren Ruinen noch ſehr deutlich an daß fle eine griech. Stadt ge⸗
weſen war. Mannert I. S. 500. ſucht fie, durch Scymnus verleitet, der fie
allerdings nabe zu der Säule des Herkules rückt, in ver Nähe von Garteja. [F.]
Maenäden (vgl. Som. Il. XXII, 460. Gatull. 63, 23. Juven. VI,
315. u. A.), f. oben ©. 1018.
Meenälus (ro MaivaAor ogog, Strabo VIII, p. 388. Theoer. I, 124.
Schol. Pind. Ol. IX, 88. Birg. Ecl. VIII, 22. la 11, 3, 5. lin. IV,
6, 10., 10 Mewehsor òôooc, Pauſ. VII, 36, 5, Maenala, Virg. Ecl. X,
55), arcabifhes Gebirge, das fih von Diegalopolis bis über Tegen hinaus
erfiredte und als Lieblingsaufenthalt des Pan angefehen wurde (Pauſ. 1. 1.
‘vgl. Ovid Fast. IV, 650.); j. Roinon. Nah ihm gieß das ganze umlie⸗
gende Gefilde Maenalia (Mamekiz, Pauf. II, 11, 6. VII, 9, 2.). Au
gedenken Pauſ. VII, 3, 1. 26, 5. u. Schol. Pind. . 1. einer auf dem Ge⸗
birge gelegenen Stadt Maenalum , von welcher zu Pauſanias' Zeiten no
ein Tempel der Athene und andere Lieberrefte norhanden waren. Roß Reit.
I. ©. 117 ff. glaubt daß die bei Davia befinplicden bedeutenden Ruinen ihr
angaben. Bol. auch Leake Morea II. p. 52. u. Boblaye Rech. p. 171. [F.]
Pauſ. VIII, 3, 4. (vgl. Apollod. III, 8, 1.) Teitet den Namen der Stabt
von einem Sobne des Lykaon, Namens- Mänalos ad. Gin Anderer de
Namens iR Vater ber Atalante, Apollod. III, 9, 2. [W.T.]
Maenarise Insulae (Blin. In, 5, 11.), kleine Infeln im Meerb.
von Palma an ber Süpfüfle der Balearis Maior. [E.}
"Maenia colummna, f. ©. 1358 f.
Maenia gens, plebejiſch.
1) Maenius, Boltätribun im I. 264 (oder 265 d. St.) und als
folder Urheber der lex Maenia bei Macrob. Sat. I, 11.: ex SC. et Maenia
(over Maevia?) lege ad propitiandum Jovem additus est Circensibus dies
is qvi instauratitius dictus est (f. Ludi ©. 1205.). Aber au das I. 264
iſt nicht ſicher; In den Handſchrr. findet fih C0OCCLXXIIII und jened Datum
ift nur dur Vergleichung mit Liv. II, 36. gewonnen.
12 C. Maenius, bei Dionyſ. viii, 87. Bolkstribun im 3. 273». St.,
. Ehr., wollte die Coſſ. feine Aushebung vornehmen laſſen bis fle in
bie "Bertbeihung de8 ager publicus gemilligt hätten, ein Zwang welchem ſich
dieſe dadurch entzogen das fie vor den Ihoren Roms die Ausbebung vor»
nahmen und Über die Winerfpänftigen Geldſtrafen verbängten. Dionyi. bat
Teiog Manog, was Lapus mit Manilius, @elenius mit Maenius wieder⸗
gibt. Die Aehnlichkeit mit dem Verfahren des Folgenden macht ebenfofehr
die Annahme einer eligen Politik als die einer Verwecholung möglich.
Vgl. Niebuhr R. G. II. S. 209
3) M. — Volkoiribun im J. 344 d. St., 410 v. Ehr. und
als folder lator legis agrariae (f. possessio); bis biefes Geſetz angenommen °
und ausgeführt fei wollte er feine Aushebung geflatten ; bei der Dringlichkeit
der Umflände ſchlugen ſich uber die übrigen Bolkötrihunen ins Mittel und
garantirten dem of. Straflofigfeit wenn er von M.'s Intercefflon Feine Notiz
nehme. Liv. IV, 53. Bei der DOvation bed Coſ. gab es dann Demonflras
tionen zu Bunften des M. und der Senat veranftaltet Gonfularcomitien,
bamiı m nit, wenn Kriegstribb. gewählt würden, M. einer berfelben wuͤrde.
v. ibid
4) P. Maenius, neben P. Maelius u. U. unter den Kriegstribunen
bes 3. 354 u. 358 d. ©t. genannt (iv. V, 12.18.)., Aber Diod. XIV, 47.
baben die Handfärr. IlorAsos MoAdıos, Manog Znogpios (Sp. Maenius) u.
ib. 90.: JlonAsog MeAniog, Koivrog Marko; (eine Handſchr. Marsog) ;
Liv. V, 12. zwar der Parifer God. Maenius, aber ein Xeloner P. Manlius,
-
1358 Maenla gens
was Alſchefoki wegen der Uebereinflimmung mit Diod. 47. und der Barianten
Mamilius und Manilius anfgenommen Bat; was auch burd bie Fast. cap.
beſtaͤtigt wird welche a. 353. 357. feinen Maenius aufführen, fonhern das
erfte Mal den P. Manlius M. F. Cn. N. Vulso, das zweite Mal den Q.
Manlius A. F. Cn. N. Vulso. Liv. V, 18. bat der Paris.: p. maenium,
der Medic.: p. moenium. Liv. ſcheint, wenn V, 18. wirklich Maenius zu
leſen ſeyn follte, beides Mal verſchiedenen Quellen gefolgt zu feyn (Diob.
wieder anderen) und eine Bereinigung ift daher nicht wohl möglid. Ohnehin
if, da Liv. den Maelius u. U. unridtig als Patricier bezeichnet, der ganze
Pragmatismus deſſelben bier fhabhaft und es iſt daher überhaupt zu bes
zweifeln 06 wirflih im I. 358 ganz dieſelben Männer wieder Kriegstribb.
waren wie im I. 354. Die Fast. cap. wenigſtens beftätigen die Angabe
des Liv. keineswegs.
5) M. Maenius, in den Älteren Ausgg. bei Liv. VI, 19. als Volks⸗
tribun des 3. 370 d. St., 384 v. hr. genannt, mo jegt Alihefsfi nad
drei der beſten Handſchriften M. Menenius gelebt bat. @benfo iſt ib. VII,
16. in. flatt L. Maenio zu leſen L. Menenio trib. pleb. (3. 397 vd. St.,
357 v. Chr.).
6) C. Maenius (Mainius, Fast. cap.), P. f. P. n. (Fast. cap. u.
triumph.), pleb. "&of. im 3. 416 d. ©t., 338 v. Chr. mit 2. Furius Ca⸗
milus, Liv. VIII, 13. Beide kämpften mit den Zatinern und verbienten fich
einen Triumph und Meiterftatuen auf dem Forum, Liv. 1. 1., der aber ein
feltig von dem Thun des patric. Coſ. berichtet, während nah ven Fasti
triumph. Gamillus IV Cal. Oct. de Pedaneis et Tiburtibus, Mänius pridie
Kal. Oct. de Antiatibus, Laviniis, Veliternis triumphirte. Daher ſcheint er
auch den Beinamen Antiaticus erhalten und auf feine Nachkommen vererbt
zu haben, |. Nr. 8. Vgl. Flor. I, 11, 10.: exstant et parta de Antio
spolia qvae Maenius in suggestu fori capta hostium classe (beflehenb aus
sex rostratae) suffixit. Plin. H. N. XXXIV, 5, 11.: antiqvior columnarum
(celebratio) sicut C. Maenio qvi devicerat priscos Latinos qvibus ex foedere
tertias praedae Rom. pop. praestabat eodemqve in consulatu in suggestu
rostra devictis Antiatibus fixerat a. u. CCCCXVI. Mit der erften Hälfte vieler
Angabe iſt vie columna Maenia gemeint, eine dem C. Män. erridtete
‚ Ehrenfäule. Sie fand am Forum, vgl. Cic. p. Sest. 58, 124.: venit ad
columnam Maeniam: tantus est ex omnibus speclaculis usque a Capitolio,
tantus ex fori cancellis plausus exeitatus, ut etc., woraus fi (mit Beder,
Handb. der röm. Alt. I. ©. 322. N. 585.) folgern läßt daß Die Säule am
Capitolinus (gegen das Ende des Forum) fland, weil bier man ihn zuerft
fah und bier der plausus begann. Nah Plin. H. N. VII, 60. ſah man es
ald Zeichen der suprema hora, der Nühe des Sonnenuntergangd an wenn
die Sonne von der Curia Hostilia aus gefehen von ber col. M. zu dem
carcer fortrüdte.* Weil auch dad Haus des Män. Nr. 11. am Forum
ftand und diefer fein Haus an den Staat verkaufte, fo mochte urfprünglich
ver Volkswitz die col. M. hiemit fo in Verbindung bringen daß er fagte, Din.
babe fi diefe Säule bei feinem Hausverfaufe vorbehalten um von hier aus
* Die beiden Gebäude fanden alfo weftlich von ber Curia Hostilia, und da bie
Sonne nah Mittag immer mehr von Süden wegrädt, fo muß der Punkt wohin fie
fpäter Fam weiter von Suüden entfernt, olfo nörblicher gelegen ſeyn als ein früherer,
der onroer alfo nördlicher als bie col. Maen. Dabei I vorauszufegen dag die Eurie
entweder fo hoch lag daß man tretz bed Eapitolind die Sonne um bie suprema hora
noch fehen Eonnte, oder fo nÖrblich daß die Höhe des Capitols babei nicht hinderlich
war; bie beiden fraglichen Punkte aber mußten jedenfalls zwifchen ber Enrie und
dem Capitolin, weſtlich von der Eurie liegen, (Nach ben Mittheilungen eines
Aftronomen.) [W.T.]
Maenia gens 1359
den Spielen zuzuſchauen; fpäter glaubte man es im Ernſte und fo haben es
uns Schol. Borphyr. zu Dor. Sat. I, 3, 21. u. Bi. Ascon. zu ic. Divin.
in Caecil. 16, 50. p. 121. Or. überliefert. Auf in den Worten des Lu⸗
cilius: Maenius columnam cum peteret, fcheint ſcherzhaft der Schein erregt
gewefen zu feyn als babe die columna Maenia ihren Namen von dem scurra.
lieber die Benügung des Drted f. Porphyr. 1. 1.: fures et servi neqvam
apud Illviros capitales apud columnam Maeniam puniri solent, u. Sol.
Bob. zu ic. Sest. p. 295. 306.: Puteal vocabatur locus in vicinia
fori ubi erat columna etiam Maenia apud qvam debitores a creditoribus
roscribebantur. ©. im Allgemeinen F. Oſann de columna Maenia, ®iefner
Brogt. 1844. 24 ©. 4. — Im J. 434 d.©t., 320 v. Chr. wurde M. zum
Dietator ernannt Behufs fummarifcher Unterfuhung und Beflrafung einer
Verſchwörung unter den angejebenften Bürgern von Capua. Nah Beendi⸗
gung der dortigen Angelegenheit dehnte er die polltiiden Unterfuhungen au -
auf Rom aus. Er richtete feinen Tendenzproceß vorzugsweiſe gegen bie alte
Nobilität. Da diefe die Beſchuldigung gegen vie homines novi und inäbef.
den Dictator ſelbſt und feinen Mag. eqv. M. Foslins (f. Bo. III. ©. 517,2.)
kehrte, fo legten Beide ihr Amt nieder um angeklagt werben zu können,
wurben aber glänzend freigeſprochen, Liv. IX, 26. vgl. ib. 34. u. Fast.
cons. a. 433. Im 9. 436 — 318 v. Chr. war er Cenſor mit 2. Papirius
Crafſus (Fast. cons.) und führte ala folder (Iflvor. Orig. XV, 8, 11.
Maenius collega Crassi), um mehr Raum für vie Zufchauer bei den auf dem
Forum aufgeführten Spielen zu fohaffen, die Sitte von Vorbauen oder Bal-
conen an den Gebäuden (porticus, tabernae) ums Forum herum ein, welde
nad ihm Maeniana (aedificia, Paul. Diac p. 135. Müll.) heißen; f. Iſid.
1. 1.: Maenius ... in foro proiecit materias ut essent loca in qvibus spec-
tantes insisterent; Paul. Diac. I. 1: Maenius primus ultra columnas ex-
tendit tigna qvo ampliarentur superiora; Pf.Aöcon. 1. J., nur mit läder-
lichen Mißverftänpniffen (Beziehung auf Nr. 11. und auf bie columna):
— columna, super qyvam tectum proiiceret provolantibus tabulatis....
Daher Cic. Acad. IV, 22, 70. von Maenjanorum umbra ſpricht. Vgl. Non.
p. 83. 65. Müll. GSueton. Calig. 18. extr. Vitruv. V, 1. Plin. H. N.
XXXV, 10, 113. Bal. Mar. IX, 12, 7. Als freiftehenn werben fle von
Zabeo im Cod, Just. L, 16, 242. 6.1. zu den proiecta gerechnet. Tignum
in maenianum alterius immissum wird ib. VIII, 2, 20. pr. als Beiſpiel
einer Servifut angeführt und ib. XLIII, 8, 2. $. 6. der Fall eines velum
in maenianum immissum erwähnt, wodurch der Nahbar an Helle verliere
und daher defien Met verlegt werde. Die Kaiſer Honorius und Iheodoflus
erließen die feuerpolizeiliche Berorbnung: maeniana (qvae Graeci dfworas
appellant) sive olim constructa sive in posterum in provinciis construenda
nisi spatium inter se per X pedes liberi aöris habuerint modis omnibus
detruncentur. Cod. Just. VIII, 10, 11. Nah Amm. Marc. XXVII, 9, 10.
Hatte ſchon Valentinian Maeniana omnia weggeſprochen (sustulit), fahricari
Romae priscis qvoqve vetita legibus, was fih nur auf die Privathäufer
beziehen Eann; denn in den Monum. fratr. Arval. (aus der Zeit des Helios
gabalus) tab. XXIH. (bei Marint I. p. CXXX. 1. 28. 29. 30. vgl. p. 224.
bis 226.) iſt den Arvales und ihrer Bebienung ihr Plag im Theater ange⸗
wiefen: Maeniano primo, cuneo duodecimo, gradibus marmoreis octo;
Maeniano summo secundo, cuneo sexto, gradibus marmoreis qvattuor;
Maeniano summa in ligneis, tabulatione LIII, gradibus undecim, (Salmaf.
zu Spartian. Pesc. 12. will den Infchriften zumiber moeniana freiben und
dad Wort von moenia ableiten; er bezieht ed auf platte Dächer.) Im I.
440 = 314 v. Ehr. wurde er zum zweiten Male Dictator rei ger. caussa
und. ernannte wiederum zu feinem Mag. eqv. ben M. Boslius (Fast, cap.).
1360 Maeonla gens
7) Maenius, Volketribun im J. 468 d. St. (286) und als folder
Urbeber einer lex nach welcher der Senat vor jeder Bolköverfammlung zu
erflären hatte Daß er den Beſchluß derſelben Geflätigen werde, Gic. Brut.
414, 55. Bgl. Patres. -
8) P. Mae(nius) Ant(iaticus) Me(gellus.oter dullinus),
auf einer Münze deren Meverfe einen Herculeskopf und deren Averſe außer
jener Inſchrift ein Schiffövorbertheil zeigt; auf zwei andern iſt ein geflügelter
Pallaskopf auf der Borverfelte und auf der Nüdfelte P. Mae. nebit ben
Dioskuren zu Roß und Roma und P. Mae. Ant. nebfl einer Siegesgöttin
auf einem Biergeipann; |. Ebel V. p. 240 f. Noch zwei andere ähnliche
ſ. bei Raſche IIT, 1. p. 74 f. — Bon einem P. Maenius erzählt au Val.
Mar. VI, 1, 4. daß er einen ihm theuren Breigelafienen mit dem Tode be»
flraft habe qvia eum nubilis iam aetatis filiae suae osculum dedisse cognoverat,
9) M. Maenius, Bolfötribun, fällt im 3. 551 d. St., 203 v. Gr.
in Infubrien in einem flegreihen Kampfe gegen Mago, Liv. XXX, iS:
10) T. Maenius, ®Prätor im 3. 568 v. ©t., 186 v. Chr. (Liv.
XXXIX, 6.) und zwar urbanus (ib. 8.), als welder er während der Baccha⸗
nalienslinterfugung 30 Tage lang iustitium halten mußte (ib. 18.). Im
3. 573 d. ©t., 181 v. Chr. diente er unter dem Prätor O. Fulvius gegen
die Keltiberer als trib. mil. und murbe von ihm als Befandter nah Rom
geſchickt, Xiv. XL, 35.
11) Maenius, Zeitgenofje des Satirikers C. Lucius (vgl. Sol.
Porph. zu Kor. Sat. I, 3, 21.), berüchtigter Verſchwender (Hor. Sat. I, 1,
101.), welcher nachdem er fein Vermögen verpraßt Batte ale scurra Iebte,
f. Sor. Sat. I, 3, 21. Ep. I, 15, 26 ff. (mo er ganz tyypiſch erſcheint).
Porphyrio 1. 1. führt (aus der Schrift de personis Horatianis) von ihm die
Mnekoote an, er habe post patrimonium abrosum am Neujahr auf bem Ca⸗
- pitolium laut den Juppiter gebeten er möchte machen daß er 4000 Gulden
Schulden habe. Als man ihn nah dem Grunde einer fo feltfamen Blıte
fragte antwortete er: Drum hab’ ih 80,000. Auch beſaß er ein Haus gegen
das Forum, welches ihm Bato ald Genfor (3 970 d. St., 184 v. Chr.) ab»
Faufte, f. iv. XXXIX, 44.: Cato atria duo, Maenium et Titium, in lautumiis
et IV tabernas in publicum emit basilicamgve ibi fecit qvae Porcia ap-
pellata est. Bgl. Pf.Ascon. in Divin. 16, 50. p. 120. Dr. Beder, Handb.
d. r. Alt. 1. ©. 300 f. u. oben Nr.6. ©. im Allgem. Weichert poet. lat.
p. 821. 421. Franke fasti hor. p. 84., welcher aber, einer irrigen Angabe
des Acro folgend, einen M. von ganz demfelben Schlage au ale Zeitgenofien
von Horaz annimmt (was in jeber Beziehung unwahrſcheinlich iſt und zu
der Haltung von Hor. Ep. I, 15, 26 ff. durchaus nit paßt) und ihn mit
Pantolabus identificirt. Vgl. aber vielmehr Bd. IH. S. 1230, 3. extr,
12) C. Maenius, Prätor im J. 574 d. St. (180), ale welder er
Sarbinien zum Boflen erhielt, Liv. XL, 35 Dazu befam er no den Auftrag
ut qyaereret de veneliciis longius ab urbe decem millibus passuum, wobei:
er fo viele (über 3000) Schuldige fand daß er am Ende auf die Unterſuchung
verziten mußte, ib. 43.
18) Q. Maenius, Prätor peregr. im $. 584, 170, vgl. Liv. XLIII, 8.
Auch fammelte er auf Befehl des Senats an der Oſtküſte Italiens eine Blotte
für den macedoniſchen Krieg, ib. 9.
Auf einer Infäprift von Spoletum (Bruter p. 167, 12.) findet fi ein C.
Maenius C. FE. Rufus IVvir, und auf einer von Camerinum au6 der Zeit des
Antoninus Pius bei Meinef. Synt. VI, 128.: M. Maenio C. F. Cor(nelia)
Agrippae L. Tusidio (mie Reinef. liegt) Campestri, Praef. coh. II Fl. Britton.
eqvitat. electo a Divo Hadriano et misso in eıpeditionem Brittannicam,
Praef. classis Britannicae, Proc(uratori) provinciae Britanniae etc, [W. T.]
n
j
”
”
Maeniäna — Maeotis Palus 1361
Maenläna, |. oben ©. 1359.
Maendba (Meiroßa, Strabo III, p. 143.* Mela II, 6, 7. Blin.
111, 1, 3. It. Ant. p. 405., bei Ptol. II, 4, 7. Muroße), Stadt im Süd-
often von Hiſpania Bätica, 12 Mill. öſtlich von Malaca an einem gleich⸗
namigen Flüßchen. Jetzt Velez Malaga am Velez. Höchſt wahrſcheinlich iſt
auch dad von Hecat. bei Steph. Byz. p. 345. als eine Stadt ver Maſtiener
(Maſtianer) angeführte Mawroßogx nicht davon verſchieden. [IE.]
Maenon, Mörder des Agathocles und feines Enkels Archagathus (wie
Bd. I. S. 232. Linie 3. v. u. zu leſen iſt), bringt die Soͤldner des Aga-
thocles auf feine Seite und firebt nad der: Tyrannis üher Syrarus; bie
Syracufaner fenden den Hicetas (Bd. II. S. 1294, 2.) gegen ihn, der in
glücklich bekämpft, bis ſich Mänon an die Garthager wendet, bie ven Krieg
zu ihrem Vortheil beendigen. Diod. XXI, p.493. [K.]
Maeon (Meior), 1) Sohn des Haͤmon aus Thebä, mit Lyfophontes - -
Anführer des Hinterbaltes welder im Krieg der Sieben gegen Theben dem
Typeus gelegt wurde; er war ber Binzige deffen Leben Tydeus fehonte, Hom.
11. IV, 394 ff. Apollod. IH, 6, 9. Zum Dank begrub er den gefallenen
Tydeus, Bauf. IX, 18, 2. — 2) Gemahl der Dindyme, Vater der Kybele,
Diod. II, 58. — 3) Luc. Dem. enc. wird Homer Mäon’d Sohn genannt;
bäufiger beißt er Sohn Mäoniens, vgl. Maeonides bei Ovid Am. I, 15, 9. II,
9, 25. Martial. V, 10, 8., Maconius senex u. dgl., bei Ovid A. A. II, 4.
(praeferor Ascraeo Maeonioqve seni). Pont. III, 3, 31.1V,12, 27. R. Am.
373. Sit. IV, 527. Colum. I. praef.: parens eloqventiae, deus ille
Maeonius. [W.T.] 0
_ Miaeonia (Marc) war früher der allgemeine Name für Lydien (f.
oben S. 1277.), der aber fpäter nur no von einem Diftrikte des Landes
am oberen Laufe des Hermus und den Grenzen von Myſten und Phrygien
gebraucht wurde, in welchem nad Ptol. V, 2, 21. die Städte Saettä, Das
daleig und Kadi lagen. Auch Plin. V, 29, 30. erwähnt noch die Maeonii
als Bewohner eined Landſtrichs zwifhen Philadelphia und Tralles ſüdlich
vom Tmolus, und bei Hierocl. p. 670. und in den Kirchennotizen kommt
bier felbft noch cine Stadt Maeonia vor, welde Hamilton Research. II.
p. 139 f. in dem zerflörten Bleden Megne, 5 engl. M. weitlid von Sandal
wiedergefunden zu haben glaubt. [F.]
Maeonlus Astyanax, röm. Geſchichtſchreiber aus der fpäteren Kaiſer⸗
zeit; deſſen Schriften von den Verfaſſern der Scriptt. histor. Augustae bes
nußt worden find; f. G. I. Voß De hist. Latt. II, 4. [B.]
Maeötae (Mawze:, Scyl. p. 31. Hellan. p.78. Strab. XI, p. 492.
494 f. Dion. Per. v. 683. Plin. IV, 12,26.) oder Maeotici (Mela I,
2, 6. 19, 17. Blin. VI, 7, 7.) war der Kolleftivname für alle an ber
Mädotis mohnende Völferfaften, die Asturicani, Tyrambae, Thaemeotae,
Psessii, Siraceni u. f. w. Sie nährten ſich größtentheild vom Fifchfange,
namentlih vom Handel mit eingefalzenen Fiſchen (Strabo p. 493.), fanden
auf einer ziemlich niebrigen Stufe der Kultur und waren frei, bis fle auf
einige Seit der Herrfchaft der Bosporan. Könige unterworfen wurden. [F.]
Maeotis Palus (r Mars Alumm, Aeſchyl. Prom. 419. Serod. IV,
3.86. Scyl. p. 30. 34. Strabo IT, p. 125. VII, p. 310. u. dft. Agathem.
I, 3. Mela I, 19, 13 ff. Plin. IV, 12, 24 ff. u. f. w.) **, Hatte feinen
* Mac) einer nicht hinlänglich Kegründeten Vermuthung Ukerts II, 1. &, 350,
wäre das Maenoba des Strabo eine ganz andere Stadt und jenfelt der Meerenge
am Dienuba, einem Nebenituffe des Batis, dem Deut. Gnadiamar zu ſuchen.
*> Der Genitiv Tautet bei den Nömern gewöhnlid Maeotidis, nur ſelten auch
Maeotis (Eunius ap. Cic. Tusc. V, 17. Plin, IV, 12, 24. 26, re Latein,
Bault, Reabäncyiop, IV,
— =...
— — —
— — — —
1362 u Miaepa — Mlaora
Namen von dem an ihm wohnenden Bolfe der Maeotae (Schmn. v. 126.
Peripl. Pont. Eux. p. 2. 4. Blin. IV, 12,26.) und fommt auch unter ber
Benennung Cimmerium unb Bosporicum Mare vor (Gell. XVII, 8. Glaub.
in Eutrop. I, 249.). Der einheimifge ſcythiſche Name war nad Blin. VI,
7, 7. Temerinda, nad Tzetz. Chil. VIII, 773. aber Kapzalovx, welde
Namen beide ‚Mutter ded Meeres’ bedeuten follen, wie man aud den
Pontus zuweilen nannte (gl. Herod. IV, 86. Strabo V, p. 214. Dion.
Ber. 169. Plin. VI, 7, 7. mit Ariſt Meteor. II, 1. Euflath. ad Dionys.
v. 17. Avien. de or. mar. 245 f. Plin. IV, 13, 27. u. Al), weil man
gewöhnlih annahm das Meer ftröme von D. nah W. und fluthe aljo aus
der Mäotis und dem Pontus ins Mittelmeer u. ſ. w. Namentli aber be»
tradgtete man die Maotis ale die Mutter des Ponius (Strabo I, p. 125.
Dion. Ber. 165. Agathem. II, 14. Procop. B. Goth. IV, 6.), da ſie aller»
dings ſtets in dieſen fluthet, nie umgekehrt (vgl. Weſſel. ad Herod. IV, 86.
Schrader ad Avien. 245. Wernsd. ad Prisc. v. 155. Tzſchucke ad Mel. I,
19, 16.); weshalb auch Einige ſelbſt den griech. Namen in diefem Sinne
u erklären ſuchen und (höchſt unwahrſcheinlich) von uai« (db. i. 10006)
erleiten. rüber hatte man diefe Meer, wie das Gafpiige, für einen
Bufen des großen nörbliden Ozeane gehalten (vgl. Plin. II, 66, 67. Blut.
Alex. 44. Procop. B. Goth. IV, 6.), welcher Irrthum erft durch Aleranderd
Züge gänzlich beſeitigt wurde; fpäter ſah man es oft für den Außerften Theil
des Mare Internum an (Agathem. I, 3. Mela I, 1, 5. vgl. au Strabo’
II, p. 126.), mit welchem es befanntlih durd den Bosporus Cimmerius
in Verbindung fleht. Leber feinen Umfang waren bie Alten in großem Irr⸗
thum ‚indem fie es fletö für viel größer hielten als es wirkli IR. Herodot
IV, 86. glaubte noch e8 fei nicht viel kleiner als ber Bontus felbfl, während
[Son Scylar p. 30. e® nur für Halb fo groß hielt. Nach Strabo II, p. 125.
VII, p. 310. XI, p. 493. Arrian. Peripl. p. 20. u. Agathem. I, 3. 1, 14.
betrug der Umfang berfelben 9000, nah Polyb. IV, 39, aber (immer noch
übertrieben) nur 8000 Stad., nah Plinius IV, 12, 24. dagegen gar 1406
MIN. (d. 5. über 11,000 Stad.), obgleih er auch der andern Angabe von
1125 Mill. (oder 9000 Stad.) gedenkt. Der gerade Durchſchnitt (vom Bob-
porus bis zur Mündung bed Tanais) wird von Strabo VII, p. 810. zu
2200 Stab. (dA g. M.), von Plin. am a. D. gar zu 388 Mill. (77 . M.)
angegeben, mit welcher Anſicht auch Ptol. übereinftimmt, der dem Meere eine
Höhe von 6 Breitengraden (oder 75 g. M.) gibt, während doch jener Durch⸗
fpnitt in Wahrheit nur 40 g. M. beträgt. Uebrigens glaubten die Alten
die Mäotig fei nah und nad immer ſeichter geworden (Polyb. IV, 40, 8ff.),
weshalb auch Polyb. IV, AO, A. vermutbet daß fle fo gut wie der Pontus
bald ganz mit Schlamm ausgefüllt fein werbe. Ihr Wafler galt für füßer
ale das gewoͤhnliche Seewaſſer (Polyb. 1. 1.) und ihr Reichthum an Fifchen
bildete den Haupterwerbozweig ver Uferbemohner, welche flarfen Handel mit
Salzfiſchen trieben (Strabo VII, p. 311. vgl. Maeolae). Sept beißt fie be⸗
Tanntlig Meer von Aſow oder Zabache. [F.]
1a zuopn Nama) Ort im Süben von Armenia Minor, Piol. V,
‚2. FH.
Maepha (Maiye, Btol. VI, 7, 41.), eine Hauptflabt (wahrſch. der
Mapboritä) im Süden von Arabia Felix am Fl. Brion. [F.
Maera (Moio«), 1) Nereive, Som. N. XVII, 48. — 2) Tochter
bes Proito8 und ber Antela, Gefährtin ber Artemis und von biefer erſchoſſen
Gramm, II, 1. ©. 198.), im Accuſ. aber find beide Formen Macotim, Masrır
(4.8. Pun. X, 8, 10.) und Maeotida, Maswirida (j. B. Mela I, 3, 1. DI, 1, 1.)
obeich Apric, I, Schuelder ebendaf. ©, 213,
Maesa — Mnctöres 1363
als fie dem Zeus ſich bingegeben und den Lokros geboren hatte (nach Andern
Rarb fie als Jungfrau), Som. Od. XI, 326. Guſtath. p. 1688. extr. Bon
Polygnot wurde fle in der Leſche von Delphi vurgeftellt, Pauf. X, 30, 5. —
3) Tochter des Atlas, Gemahlin des Tegeates, deren Grabmal in Arkabien
(zu Tegea und Mantinen) gezeigt wurde, Pauſ. VIII, 12, 7. 48, 7.53, 3.
Haufan. verwechſelt fle übrigens mit der Borigen, ſ. Völder, Myıhol. des
japet. Geſchl. ©. 114. — 4) M., Aegaeae Veneris sacerdos bei Stat. Theb.
vi, 478. — 5) Hund des Ikarius, f. oben S. 43. Nah Ovid Fast.
IV, 439. vgl. Hygin. Astr. II, 4. wäre er das Sternbild (canis maior).
Dal: Ovid Met. VII, 362. [W.T.]
6) ein ſchon zu Paufantas’ (VII, 12, 4.) Zeiten zerflörter Flecken
Arendiend, 30 Stad. von Mantinea, nad weldem ver fübmeflliche Thell des
rings herum von Bergen eingefäloffenen @efllded Argus den Namen Maeras
(Meipag) führte, id. VII, 8, 1. [F.
Maeosa (Julia), Großmutter des Heliogabal, ſ. oben ©. 495, 66.
Miaesanites Sinus (Maoariens xoAnog, Ptol. V, 19, 1. VI, 7, 19.
Marcian. p. 16. 17.), Bucht am obern ‚Ende ver Weſtküſte bes Sinus Per-
sicus, 4 g.M. weſtlich von der Mündung des Tigris; j. Chor Abdilla. FR.]
Maesia Silva (Liv. I, 33. Plin. VII, 58, 83.), Wal im Süden
Etruriens, ſũüdweſtlich von Beil, der nah Plin. am a. D. die Merkwürdig⸗
felt hatte dag ſich nur in einem beflimmten helle deſſelben eine Menge von
Stellmäufen over Siebenſchläfern (glires) fand. [F. ‘
Muaosöoca (Maivor«, Andere Mavoon«), Stadt Hyrcaniens, Ptol.
v1, 9, 8. [F.]
Maesolia (NMaovdıc, Ptol. VII, 1, 15., im Peripl. mar. Erythr. p. 39.
Meaoadie), Landſchaft im Oſten von India intra Gangem an der Weftfüfte
des Bangetifhen Dieerbufens, ſüdweſtlich bis zum Il. Mäſolus reichend
und wahrſch. den Calingä unterworfen, mit ber Hauptſtadt Pitynda und den
Handeloplätzen Contacossyla (vielleicht dem heut. Maſulipatam) und Alo-
synga. Ihre Bewohner hießen Maesoli (MaıooAoı, Ptol. VII, 1, 79. 93.). [F.]
Maesölas (MawwAos, Ptol. VII, 1, 15. 37.), Strom in India intra
Gangem, ber auf den Arnedis Montibus (dem Grenzgebirge zwifchen Gol⸗
Fonda und Dolodabad) entipringt, nah Ptol. gerade gegen S. (in Wirklich»
feit aber ſüdoͤſtlich) fließt und fi unter 134° 2. 11° 30° Br. ins Indiſche
Meer ergießt; jetzt Kiſtnah (nah Laſſen, Ind. Alterth. I. S. 168. Note 3.
jedoch der Heut. Godavery). [F.]
Maesonm (Maicor), ein Schaufpieler der Älteren megariſchen Komöbie,
aus Megara, ale Erfindet der Bebientens und Kochmasken bezeichnet, wie
denn au derbe Späße ober Wise nad Ihm Mäſoniſche genannt wurden;
ſ. Athen. XIV, p. 659. A f. und Anderes bei Meinefe Hist. critic. comicc.
Graecc. p. 22. Gehört Mäfon, wie Polemo (f. Athen. 1. 1.) annahm,
nad bem Siciliſchen Megara, fo würbe er no vor DI. 74, 2. fallen, in
welchem Jahre diefe Stadt von Gelo erobert und Ihre Ginmohner na
Syracus rerpflanzt wurden. [B.]
Maethath (Masdurd, Btol. VI, 7, 10.), ein Flecken der Adramiten
an der Südküſte von Arabia Felix, weflli vom Berge Prionotus. [F.]
Maetöna, Stadt im Süden von Perſis am weſtlichen Ufer bes Rho⸗
gomanis, Ptol. VI, 4, 6. [F.]
Maetonium (Meıwror, Ptol. IH, 5, 30.), Dit im Süben vom
äußerfien Sarmatia Europaea oberhalb des Tyras, der bie Grenze gegen
Dacien bilvet; etwa in der’ Gegend des heut. Halitfh in Galizien. [F.]
Maetöres (Meitooes, Btol. VI, 4, 3.), Volkerſchaft im Süden von Perfls
(in Paraetacene) zwiſchen ven Klüffen Oroatis und Nhogomanis, vielleicht nur
1364 Maevius — Magdölum
en Zweig der wefilicher in Mardyene an ver Grenze von Suflana wohnenden
arber
Maevias, meift mit Bavius (f. ®b. I. ©. 1084.) genannt als einer
ber kritiſchen Neider und Gegner des Virgilius wie des Horatius (f. Virg.
Eclog. III, 90. Serv. ad Virg. Georg. I, 210. Hor. Epod. X, 2. mit den
Scholien) und anderer ‚berühmter Männer, während er felbft in feinen Ge⸗
dichten eine Borliebe für veraltete Ausdrücke u. dgl. gezeigt hatte. Daß er
Antibucolica, im ®egenfat zu Virgils Bucolica, gevichtet, iſt eine nicht
unbegründete Bermuthung von Weichert (Poett. Lat. Religq. p. 314 fj.),
der die auf Mävius Bezüglichen Nachrichten der Alten in ver —E
De Obtrectt. Horat. $. 6. 7. (am a. O. p. 312 ff.) näher unterſucht und
babet auch noch einige andere Männer deſſelben Namens nambaft gemadt
hat; f. p. 312. u. Addend. p. 496. — 2) Der Mävine, der im Bürger:
frieg feinen eigenen Bruder töbtete und dadurch Gegenftand von zmei fdönen
elegiſchen Gedichten geworden iſt, melde In der Lateiniſchen Anthologie I,
131. 132. ed. Burmann. oder Ep. 820. 821. ed. Meyer, und bei Wern&borf
Poett. Latt. minn. T. II. p. 187 258. abgebrudt fliehen. [B.]
Magäba (Liv. XXXVIII, 19. 26. Ruf. c. 11. Flor. I, 11.), Berg
in Galatien, 10 Mid. öflih von Ancyra (Lio. 1. 1.); j. Kurg Da 96. [F.)
Magabüla (Tab. Peut.), Ort in Bontus Polemoniacus an ber Straße
von Comana nad Nicopolis, 21 Mill. von erflerer, unftreitig das Megalula
(Meyarovia) ded Ptol. V, 6, 10. (wo vulgo Meradovda editt wird). [F.]
Magädis, ſ. ©. 1289 f.
'Magaea, Duelle im Gebiete von Smracuff, Plin. II, 8, 14. [F.]
Magaeus, |. Mosaeus u. Bd. I. ©.
Magalöna (Theodulf. Banänef. ad —8 v. 133.) ober Civitas Ma-
galonensium (Not. Civ. Gall,), Stadt (der Volcae Arecomici?) auf einer
Inſel des Mittelmeered vor der Küfte von Gallia Narbonenfi3 in der Nähe
von Forum Domitii; jet Maguelonne im Depart. Heranlt. Afıuc will
auch bei Avien. Or. mar. v. 612. (flatt Naustalo) Magalo gelefen wiflen.
Bol. Ufert II, 2. ©. 413. [F.
Magaris (Mayagız, Ptol. VII, 1,79.), Stadt der Salaceni im Sübs
often von India intra Gangem nörbli von den Orudii Montes und weſtlich
‚vom 81. Tyndis. [F.]
Magarsa ( — Strabo XIV, p. 676.) oder Magarsus (Mae-
‚ yagoos, Arrian. I, 9. Steph. Byz. p. 133. 4 V, 27, 22,, Meyagoos
bei Lycophr. 439. u. Tzetz. ad h. 1.), Fhecken Giliciend auf einem Hügel an
der Mündung bed Tyramuz (i. Gihun), der ald Hafen von Mallus ange=
fehen wurde; Athenecult, f. Arr. 1. 1; j. Ruinen bei Karadash. Val. Leafe
Asia min. p.215f. [F.]
Magase (Plin. VI, 29, 35.), Stadt im Norven Aetbiopiend, die fi
nicht näher beflimmen tät. F.
Magdäta (Maydala, Jofeph. Vit. 6. 24. Matth. 15, 39.), Flecken
Baläflina’8 am See Liberias, in der Nähe von Dalmanutha (Mare. 8, 10.,
das fonfl nirgends vorkommt), und zwar, wenn bie Ledart bei Sofephus
ficher wäre, öftlih vom See in Gaulonttis (Peräa). Da aber hier die Codd.
Tauora haben, und ſich an dem weſtlichen Ufer des Sees noch jeht das
Dorf el⸗Meydel findet, fo If Robinfons (Paläf. II, 2. S. 529 f.) Ver⸗
muthung, daß biefes dad alte Magdala und wabric. au das Migdal-El
(Sof. 19, 38.) im Stamme Naphthali fei, fehr wahrſcheinlich. [F.]
Magdölum (MaydoAov, Herod. II, 159. It. Ant. p. 171., in der
LXX. Mayöwdor), das Migdol des N. z. (Exod. 14, 2. Num. 33, 7.
Ser. 44, 1. 46, 14. u. f. w.), eine Stadt in Unter: Aegypten, 12 MIN.
nordlich von Sile und eben fo weit ſuͤdlich von Peluflum, wo nach Herod.
,
am a. D. ver König Necho die Syrer ſchlug; jetzt von ber füböflichken
Ausbeugung des Sees Menzaleh beim Ras el Moyeh bevedt. Bol. Cham⸗
pollion l’Egypte II. p. 79 f. Roſenmüllers bibl. Alterth. IH. ©. 260. u.
Winers bibl. Mealwörterb. II. ©. 93. Note 2. [F.]
Mageddo, |. Megiddo.
Magella, eine Stadt im Süden der Infel Sicilien, deren Einwohner
(Magellini) von PBliu. III, 8, 14. ermähnt werben. [F.] u
Magelii, nah Plin. III, 5, 7. eine liguriſche Völkerſchaſt vieffeit der
Alpen in Gallia Cispadana. [F.]
Magetobria (64j.B.G. 1,31.), Stadt an der Grenze der Sequaner
in Gallia Belgica, wo die Gallier eine Niederlage dur die Germanen er
litten. Nech jet gibt es bei ‘Bontallier an der Saone einen Ort Moigte
de Broie, wo man auf beiden Seiten des Fluſſes die Trümmer einer alten
(den daſelbſt gefundenen Münzen nach in der Mitte des fünften Jahrh. zer»
flörten) Stadt und die Infehrift Magetob. gefunden hat, die alfo unflreitig
jenes Stadt der Sequaner angehören. Dal. Ehiflet Vesontio P. I. c. 39.
@irault Diss. bist. et crit. sur la position de l’ancienne ville d' Amageto-
bria [denn fo wurde fonft bei Gäjar edirt] et sur l’6poque de sa destruc-
tion. 1810. 8. u. Ufert II, 2. ©. 502f. [F.]
Magi, Mayor. Bei Darftelung des Magismus ift es Hier natürlich
mehr um die Berichte des griechiſchen Alterthums als ber orientaliſchen, bes
fonder8 perfiſchen Quellen zu ıbun. Zudem hat der Zendavefla das Stabium
ber Kritif bis un nur zur Hälfte durchlaufeu, und die Frage über Autentbie
und Hiftorifchen Werih deſſelben für Kenntniß der alten Feuerreligion hat bie
Prüfung erſt noch zu erwarten, welche night, wie die Schriften von Anquetil
(Zendavesta), Kleufer (Zenvavefla, Anhang zu Zenbav., Zendav. im Kleinen),
Rhode (die Heilige Sage des Zendvolks) u. A. m., von den beſonders im
vorigen Jahrhundert übermächtigen Drange zum Voraus eingenommen iſt, in
ber neuaufgeichloffenen Literatur des Orients, den Relizionsſchriften ber Chi⸗
nefen, Inder, PVerfer eine Fundgrube zu fehen für Aufſchlüſſe über eine höhere
Urbildung der Menſchheit, deren Erinnerung dem griechiſchen Alterthum faft
verloren gegangen wäre. Die neuere Kritik, wie file, wiewohl für feine Zeit
wirfung3los ſchon Meiners angeftlagen hat (de Zoroastr. vit. etc. in Com-
ment. Gotling. 1777. 1778. 1779., de var. Pers. relig. convers. in Comm.
Gott. 1780.), wird im Zendaveſta nur ein Convolut von Documenten finden
die auf Einer Linie der Beurtheilung flehen mie den Schriften eined Taaut,
Brahman, Hermes, Orpheus, mit denen ſchon Drigened den Zoroafter freilich)
in feinem Sinne zufammenftellt (c. Cels. I, 16. vgl. Movers, Phoͤnie. J.
©. 351.). Statt in der je weiter herab deſto mehr zunehmenden Ueberein⸗
flimmung einzelner Notizen der Griechen mit den Borftelungen der Zend»
bücher ein Merkmal ded hohen Alterthums der legteren zu ‚finden, wird wan
vielmehr theils in der ſyſtematiſchen Conſequenz womit dieſe übereinflimmen-
den Elemente im Zendaveſta verarbeitet find, theild aber in ben fehr nam»
haften Differenzen beider Quellen ben ſicheren Beweis für vie fpätere Ab⸗
faflung der Zendfchriften fehben. Und auch für bie Form in welcher ber Zenda⸗
veſta feine Kehren vorträgt, fehlt e8 nicht an analogen Erſcheinungen die auf
eine fpätere Zeit hinweiſen. Man vergl. die Geſpräche Zoroaſters mit Ormuzd
3. DB. mit der Unterrebung des Kronos mit der Nacht u. U. m. (Procl. in
Tim. II, p. 63, AD. p. 96, 2... Hermann Orphica p. 471.). Wohl aber
reihen wenn auch nicht diefe Schriften fo doch die lirfprünge des Magismus
in die Vorhallen der Geſchichte zurüd (wie auch der Sangfriiname Maja für
Magie beweist) und verflechten ſich mit ven erflen mythiſchen Anfängen ber
aflatiſchen Cultur überhaupt. Rhode hat es ſich fehr leicht gemacht wenn
er die Sagen des Zendaveſta von der Urzeit des Zendvolks in pleno vor den
Magedde — Magi 1365
1366 Magi
Anfang der fonft bekannten Geſchichte fegt und nun da wo jene ſchließen,
Ninus anreiht, wonach ſich nur für Zoroafter, ver nad denſelben erſt im ber
vierten Periode der perfiſchen Lirgefchichte Tehte, das geringe Alter von 600
Jahren vor Mofe ırgäbe (Heilige Sage des Zendvolks S. 155 f.). Sehen
wir von folden abenteuerliden Anflchten ab jo dürfte e8, nad der Natur
der Zendſage zu urtheilen, wohl überhaupt nicht gelingen fle mit der fonfligen
Geſchichie in Einklang zu bringen. Denn während jene Sagen unläugbar
welt über den Meder Cyaxares I. zurüdreichen wollen, veſſen Beitgenoffe
Zoroafter nah Herren, Tychſen u. A. war (Tychſen de religion. Zoroastr.
in Comment. Gotting. XI. p. 112 f. Heeren Ideen 1, 1. ©. 465.), erkennt
man doc wieder in D⸗ſchem ſchid, dem König des goldenen Alter ber
Zendfage, ficher den Aschäm:enes, den Stammvater der Dynaftle des Carus
und Darius (Wahl, allg. Beſchr. des perf. Reihe S. 209. Herren, Ideen
©. 471. A. 6. Rhode, Heil. Sage S.82. Edermann, Lehrb. d. Rel. Geſch.
u. Mythol. S. 178.), deffen Genealogie Herodot gibt (VII, 11.); ferner
im König Guſtasb, unter welchem Zorvafter nach dem Zendaveſta lebt, ebenfo
fiher den Hyſtaspes, des Darius Vater, oder dieſen ſelbſt, in welche Zeit ihn
auch die Perſer nad Agathias (Histor. IE, c. 24. p. 62.) fegen, fo mie no
in dem Kay Chosrem, der im Schah⸗Nameh, dem Iranifchen Seldenbuch von
Firdufl, als zweiter Vorfahrer des Guſtasb erſcheint, offenbar Cyrus auftritt
(vgl. Goörres, Shah Nameh I. CLXXXX. Wiener Jahrbb. 1820. Bb. I.
©. 14. Stuhr, Rel.Syſt. des Orients S. 354.), eine Eonfuflon hiſtoriſcher
und mythiſcher Blemente, welche ganz die fpätere Sagenbildung verrän. An
jenen mythiſchen Dſchemſchid oder Uhämenes Enüpfen fi nun bie Urgeſchichte
des Magismus und die erften Aufichläffe über ven Kreis feiner urfprüng»
lichen religiöfen Vorflelungen. Denn, wie fon Kleufer bemerkt (And. zu
Sendav. 11. Th. 3.6.33. 150.), derſelbe iſt in der That wieder Fein Anderer
als der erfle Prophet Hom oder Heomo der Zendbücher, der Goldglänzende
(vgl. den Art. Achaemenes, ®b. I. ©. 16 f.), der ald der erfle Magier
erſcheint wenn Ormuzd ihn zuerft mit dem magifhen Prieflergemand, dem
Evangoin und Sadere, bekleidet, der die erfle Offenbarung burd’s Ohr,
d. h. eine trabitionel fortgepflanzte Neligion empfing, der auch ale Schuß⸗
geift der Höhen und der Waſſer auf dem Gipfel Alborbis waltet und als
Lebensbaum Heilung von allem Uebel bewirkt (Rhode, heil. Sage S. 112 ff.
Greuger Symb. I. S. 677.). Denn während die Zendbücher und mit ihnen
Mode und Kreuzer biefen Som in der Weiſe eined fpäteren Cuhemerismus
zum Propheten und erften Magier machen, ift verfelbe, genauer angefehen,
in der That Nichts als der mythiſche Typus jener magiſchen Urreligton, die
mit dem Magismus fig nit nur. über die Völker Oberaflend, fondern au
Vorderaflene und Syriens längſt vor der perfiihen Monarchie verbreitet hat.
Par im Vorbeigehen berühren wir es, wie diefer Hom mit dem Koma, dem
großen Feuer⸗ und Sonnenopfer ber Inder zufammenhängt (Manu II, 69.
Bohlen, das alte Ind. I. S. 269.), wobei man, wie bei den Berfern, ben
DOpferplag mit Gras befireute und ven Saft der Mondpflanze Soma tranf,
wie die Verſer ven Homfaft bei der Darundfeier genoßen (Bohlen am a. D.
Herod. I, 132.), worin die Kirchenväter eine damoniſche Vorbildung des
Abendmahls fahen (Juſtin. Apol. 98.); ferner wie die Hindu und Tibetanen
dem Namen Som nod biefelbe myſtiſche Kraft beilegen die ihm bie Zend⸗
bücher zuißreiben, a. 9. m. (Rhode ©. 124 f. Kleufer, Zenbav. im Kleinen
11. 6. 22. 27 ff. u. dft.). Bebeutender If für uns die Ausdehnung dieſes
Culis nach Weften Hin. Lind hier erkennen wir ihn wieder vorerft In dem
afſyriſchen Feuergott Amynos bei Sandoniathon (Phil. p. 22.), dann in
dem Apollo, den ebenverfelbe in ver babyloniichen Trias (ib. p. 32.), Phi»
loſtratus (p. 104. ed. Olear.) als Bott ber Brachmanen anführt, dem Apollo
Magi 1367:
Komäus, deſſen heilige Lade in Seleucia aufbewahrt wurde, aus der einft
pie Peſt hervorbrach und deſſen Bild der Cäſar Verus in Nom aufftellte
(Ammian. Marc. XXIII, 6. vgl. Jul. Gapitol. vit. Veri c.8.), und der auch
in Naufratid Verehrung genoß (Athen. IE, p.-149.). Er iſt der Apollo
Som, von dem die Sonnenanbeter den Namen Achämenii erhalten haben
ſollen (Rutat. Placid. in Stat. Theb.. I.). Er ifl ferner berfelbe mit dem
Homanes oder Amanus, welchen Strabo mit dem Anandratus ausdrücklich als
perfiichen Dämon verbindet (XI, 8. p. 432. vgl. XV, 3. p. 326.), womit
Movers die aſſyriſchen Feuergötter Adramelech und Anamelech (2 Kön. 17,
24. 31. Movers- Phönic. I. ©. 348.), Rhode aber die Waflergötter Hom
und Havan vergleiät (Heil. Sage S.121f.). Berner kann er nit verkannt
werben in der fmaragb.nen Tempelfäule des ſyriſchen Baal: Hhamman (Theophr.
p. 394. ed. Heins. cf. Pfin. AH. N. XXVII, 19.), dem DBaal-Chammon ber
puniſchen Infriften in Karthago (Befen. Mon. Phoen. p. 170. Movers
©. 343. 617.), den Chanmanim oder Tempeljäulen des iſraelitiſch⸗babylo⸗
nischen Feuercults (2 Chron. 34, 4. el. 17,8. Moverd ©. 44f.).u. A. m.
In enger und faft allgemeiner Verbindung mit diefem magiichen Feuergott
(venn als ſolchen charafterifirt ihn die Ableitung. feines Namens von arı,
Hitze, Moverd ©. 346.), erſcheint ferner eine weiblide Gottheit. Neben
dem Apollo Komäus in Naufratis führt fle Alhenäus als Bella auf CII,
p. 149.) ; bei Strabo Heißt fie Anais oder. Anaitig und wird von ihm nicht
nur als perfifher Dämon fondern fogar als 7 nargıog Yeös der Berfer bes
zeichnet (XI, 8. p. 432. XV, 3. p. 326. XI, 14. p.467.). Als Anaia hatte
fie einen Tempel bei Arbela (Strabo XVI, 1. p. 335.), ald Aneltis in Ek⸗
batana, mo die Geliebte des jüngeren Cyrus, Aſpaſia, ald Oberprieflerin
angeftelt wurde (j. Bd. I. &. 868.), und fie If wohl die Hex modsunn,
welche Plutarch der Arhene vergleiht, und in derer Tempel zu Paſargadä
eine Krönungscerimonie fattfand (Blut. Artax. 3.). Ihr Cult war ‚bei den
Safen (Strabo XI, 8. p. 431.) und den Maflageten zu Haufe (Marim.
Tyr. Dissert. VIII. sect. 8. p. 89), und breitete fi über Medien, Armes
nien und Lydien (Strabo XI, 14. p. 466. Pauſ. III, 16, 6. Dio Caſſ.
XXXVI, 31.), Kappadocien (Strabo XV, 3. p. 326.), Pontus in den Priefter-
fläbten Zala und Komana (Strabo XII, 3: p. 43.), wie nit minder unter
den punijhen Völkern aus, mo fle in Serufalem als Himmeldkönigin (Ier.
7, 18. 44, 17.), in Phoͤnicien als Aflarte, deren Name felbft perſiſch ſeyn
jo (Moverd ©. 607. 625.), in Karthago als Ihanith vorkommt (Movers
S. 617.). Und mo nun bdiefe magifhen Beuergötter auftreten fommen aud
Magier in ihrem Dienfle vor. Wenn dem afiyrifhen Heer die Rauchſäule
zorangeht fo iſt diefe dad ewige euer von Dlagiern gepflegt (Ief. 14, 31.
3er. 1, 13 ), und neben dem aſſyriſchen Amynus fennt Sanduniathon einen
Magus (p. 22.). Im Gefolge der Chaldäer mird Nergal-Sarezer ala Ober⸗
magier genannt (Ier. 39, 3.), ald Diener des Mars-Nergal (Moverd S. 70.).
Magier waren nad Moverd die aY732, welche Ahas und Manafje für ihren
Privatſonnencult beflellten (2 Kön. 23, 5. 12. Moverd ©. 77.) und die
Prieſter welche Czechiel das Angefiht gegen Often richten und das Meis,
dags perfiſche Barfom, an die Nafe halten fleht, beweifen fih dadurch ale
‘ Magier (c. 8, 16. 17.), ‘fo wie das räthſelhafte Volt Magog auf dieſen
[00 2
m
alten aflatiigen Magismus Hinmweist (Gzech. 33, 2. 39, 1. vgl. Ewald,
Propheten II. ©. 348 f). Magier, Pyraͤther genannt, verrichten in großer
Menge den Dienft der kappadociſchen Tanaid und des Homanes (Gtrabo XV,
3. p. 326.); in Olbla in Eilicien hieß der Oberpriefler nad Münzen ein
Magier (Geſen. Mon. Phoen. p. 287. Moverd ©. 240 f.) und in Gelm-
deris weidt der Diegeffares, Vater des Cinyras, auf magiſchen Eult (Apollod.
u, 14, 3, Moverd S. 240.). Bin magifches Inftitut war ohne Zweifel
1368 Magi
die Vrieſterſchaft in Zela und Komana (Strabo XII, 3. p. 43.), und bie
Megalobyzen der epheſlniſchen Artemis beweifen diefen Charafter dur ihren
Namen (Strabo XIV, 1. p. 176. Megabyzus ein perflicher Name, Heron.
Im, 70. Moverd ©. 1. 241.). Freilich erfkeint aber num dieſer Magismus
in einem ganz anderen Lichte ald in den Zendſchriften. Ueberall mo fie
verehrt wurde feierte man nad Strabo der Anais das rohe, wollüflige,
vieleicht mit Sclavenopfer verbundene Feſt der Sakäen (XI, 8. p. 431. 14.
p. 467. Moverd ©. 480 ff.), und in Armenien geben fich ihr zu Ehren wie
im Dienft der babylonifhen Mylitta, vie Iungfrauen preis (Strabo XI,
14. fin.); die arcana Chaldacorum aber, welche die Rabe des Apollo Komäus
barg, waren nah Moverd (S. 356 f.) die Gebeine geopferter Kinder. In⸗
defien haben wir in dieſem Magismus wohl eine Bermifchung des Feuer⸗
eults mit fremden Elementen anzunehmen. Offenbar weiſen ja die der Anais
gefeierten ſeythiſchen Sakäen nah Turan, diefem nördlichen Gegenjag Des
Lichtreichs Iran in der Zendfage, Hin und erinnern an bie feythifhen @in-
brüche in Aflen unter Cyaxares (Herod. I, 103 f. Görres, Schah⸗Nemeh I.
S. CXIV.); nah einer Nachricht bei Strabo aber (XI, 8.) murbe jenes Feſt
erft von Cyrud, in dem die Zendfage den Gegenfat von Iran und Turan
fih verbinden läßt (Görres S. CLVI.), eingeführt. Die Verehrung der
Mylitta-Tanaid aber, welde die Perſer Mitra nennen, erklärt Herobot aus⸗
drüdlih für einen fremden von Affyrern und Urabern empfangenen fabälfchen
Cult (1, 131.), welcher nun mit feinen Menfchenopfern (vgl. darüber Mo-
vers über‘ Tanais) auf den andern, den fühlichen Gegenpol von Iran hin⸗
weist, und an den Araber Zohnf der Sage-erinnert, der von Scham ober
Syrien aus Babel, die Heimath des Mylittencults, gründet, und melden
Ahriman auf die Schultern küßt, woraus dann zwei Schlangen erwachſen
deren Nahrung Menihengebirn iſt (Görres S. VII. CXI. CXXV. ©. 19.).
Und mer an ſolchen Spielereien Befallen bat Fönnte darauf auch die Nachricht
beziehen von dem Kampf Boroafterd mit der aſſyriſchen Semiramis, bie nad
Movers (S. 469 f. 481.492 f.) Tanais ifl, und in welchem jener unterlag
(Theon Soph. fol. 21.). Auch der im frätern Magismus fo beveutende
Mithrasdienſt fucht feine erſte Heimath mohl in Affyrien und Babylon (Mo⸗
vers ©. 69 f. 160 f. 390 f.), und ber Zenbavefla, wenn er nun alle dieſe
Elemente, Hom, Anahid, Mithra dem Ganzen feines Syſtems als untergeort-
nete Potenzen einzufügen weiß. beweidt dadurch rur daß fein Syflem unter
dem Ginfluß fpäterer Entwicklungen fi ausbildete, durch welde jene @le-
mente auch im Magiemis der Perſer ſich eingebürgert hatten. Denn fei es
daß gegen jene unreine Entwicklung des aſſyriſch babyloniſchen Magiemus
eine wirkliche Reaction Nattfand, geknüpft an die Eriheinung Boroaflers,
was die gemwöhnlide an den In ben Zendbüchern geltend gemachten Gegenfat
ber ächten und unäcdten Magie (vgl. Ariflot. ap. Diog. Laert. Prooem VI.
Suid. Mezınn. Apulej. p. 231. 325. ed. Col.) u. A. anſchließende Meinung
Kleuferd u. U. ift (cf. Agaih. hist. II, 24. p. 62.), oder daß in dem hiſto⸗
riſch und geographiſch mehr abgeſchloſſenen Verflen vie Entwicklung des Ma⸗
gismus nur ſich reiner und ſelbſtändiger erhielt, jedenfalls tritt derſelbe auch
als eine andere und edlere Erſcheinung auf, als in jenen rohen Prieſter⸗
ſchaften ſich darbietet. Und zwar knüpft fich dieſelbe an den Namen Zoroa⸗
ſters, des großen Archimagus, des Zerduſcht der Zendbücher, des reinen
Ormugbbieners an, des Zoroados oder Zarades (Agath. p. 62. Theodor.
serm. IX. op. IV. p. 614.), Baßrades (Phot. Bibl. 81.) oder Zaras (ler.
Polyhiſt. ap. Cyrill. IV, 133.), Boromasores (Suid. s. v.) ober Nazaratus
(Clem. Aler. Strom. 1, 357.), oder wie die Griechen ihn fonft nennen.
Seine Geſchichte nun iſt freilich allzumythiſch als daß nicht der Zweifel ſich
nabe legen müßte ob er nicht überhaupt nur, wie ber Prophet Hom, die
, |
_ Magi 1869
typiſche Mepräfentation einer Richtung der Lichtreligion fe. Sein Vaterland
fol bald Baktra fein, wo er auch wohl als König aufgeführt wird, der im
Krieg gegen Ninus trog feiner Zauberfünfte umkommt (Juſtin. I, 1. cf. Arnob.
adv. gent. I, 5. 52. Ammian. Marc. XXI, 6.), bald Medien (Glem. Alex.
Strom. I, 21. p. 399.), balo ift er ein Ghalväer (Porphyr. vit. Pythag..
6.12. Suid. v. Zug. Alexand. ap. Cyrill. IV, 133.), bald ein Perſomeder
(Suid. v. Zug.) oder Perſer (Diog. Laert. I,2.), bald ein Armenier (Arnob.
I, 52.), bald aus Pamphylien (Urnob. 1. 1. Glem. Alex. Strom. V, 14.
p. 710.), bald aus Prokonneſus (Plin. H. N. XXX, 1.). Ebenſo ver»
ſchieden find die Angaben über die Zeit feines Lebens, wonad er bald 500
(Suid. :v. Zug.) oder au 5000 Jahre vor der Zerflörung Troja’s bei
Blin. am a. DO. Diog. Laert. I, 2. 8. Plut. de Is. et Osir. c. 46.), bald
einige taufend Sabre vor Mofe (Plin. XXX, 2.), mit dem ihn Huet identificiren
will (Dem. Evang. p. 91.), bald zur Zeit des babyloniſchen Thurmes (lem.
Recogn. IV, 27.), bald 6000 Jahre vor Plato’3 Tod nah Budorud und
Arikoteles (bei Blin. am a. O.), denen ein unter Hyſtaspes lebender Zo⸗
soafter nicht unbekannt fein Tonnte, bald 500 vor dem Zug des Zerres lebte
(bei Diog. Laert. I, 2.), bald ein Zeitgenoffe des Ninus (Il. cc. Syncell.
p. 315.) und der Semirami® war (Iheon Sopb. c. 9.), ober des Cyrus
(Arnob. I, 52. Nicol: Damasc. in Exc. Vales. p. 460.), des Pyihagoras
(Clem. Alex. Strom. I, p. 357. Apulej. T, p. 329. Fior. II, p. 231.),
des Kambyſes (Apul. J. c.) oder des Hyſtaspes (Agath. Hist. II, 24. p. 62.).
Die von ihm berichteten Lebensumflände aber find nun ganz der Art vaß
bei dem erſten Anblick verfelben der Nefler der Neligionsvorftellungen bes
Magismus in die Augen fpringt. Allgemein wird er als Urheber ber Magie
bald im guten (Plat. Alcib. I, p. 122. Ariflot: bei Diog. Laert. I, 8.
Apulej. p. 231. 325. u. 329. Sul. v. Mayoı u. Zwp.), bald im ſchlimmen
Sinne des Wortes bezeichnet (Origen. c. Cels. I, 24. Arnob. I, 52.
lem. Recogn. IV, 27. Agath. Hist. II, 60.), aber au ala Schöpfer ver °
Aſtrologie (Sufin. 1,1. Plin. XXX, 1. Guib.v. Zop.), woher er den Namen
Aſtrothyted erhielt (Diog.%. 1, 1 f. Plin. XXXVII, 9.), ferner als Stifter der
Muyfterien des Mithras (Porpbyr. de Antr. Nymph. $. 6. vgl. Die Chryſoſt.
Orat. 36.) u. dgl. Gleich bei feiner Geburt babe er gelacht, und fein Ge⸗
hirn fo ſtark puiſirt daß ed eine aufgelegte Hand zurüdwarf, zum Zeichen
feiner Sehergabe (Plin. VII, 16.); zwanzig Jahre lang nährte er fi in ber
MWüfte von einem Käje, der ihn vor dem Gefühl bes Alters bewahrte (Plin.
xl, 42. vgl. Blut. Sympos. IV, 1.), wobei er in einer Höhle wohnte, die
ein Bild der Welt varftelte und von ihm dem Mithras geweiht wurde
(Porpbyr. am a. O.), während er nad Dio Chryſoſtomus auf einem Berge
verweilte, der yplögli durch himmliſches Beuer in Flammen geſetzt murbe,
aus denen Zoroaſter unverfehrt hervorging, um den König und die Perfer,
bie herbeigeflommen waren, zur Anbetung bes bier fſichtbaren Gottes zu er
mahnen (Orat. 36. p. 448.). Sofort ift ex mit dem platoniſchen Er (vgl.
Plato Republ. X, p. 336.) identiſch, der auf dem Scheiterhaufen zmölf Tage
nad feinem Tode wieberbelebt wurde (Clem. Aler. Strom. V, 14. p. 710.),
oder er fagt wohl auch feinen Feuertod vorher und gebietet. feine Aſche als
Talidman des perfliden Reichs zu bewahren, vefien Dauer an diefe Bewahs
rung gefnäpft fei (Geboren. Hist. I, p. 16. Glykas II, p. 129. vgl. Suid.
v. Zwg.); oder enblih Lot er, ein Sohn Cham's, um göttlide Ehre Ir
erlangen, mit Hilfe eines Dämons Funken aus den Sternen, bis endlich
Beuer , das vom Drion ober Nimrod berabfiel, Ihn verzehrte, worauf er als
vivum astrum verehrt wurde (lem. Recogn. IV, 27. Chron. Pasch. ]J,
ı p. 67. Malala p. 18.). IR nun in biefen Zügen Boroafle: offenbar ber
iv. | —
41370 May
mythifche Anknüpfungspunft für die magifhen Vorftelungen vom heiligen
Feuer, ver Auferflehung,, für die Myferten des Mithras, fo wird er vollends
ganz Gott, wenn er mit Berovanes, ber ein baftrifcher König, zugleich aber
Medorum principium ac Deorum pater heißt, offenbar aber nur Berfonifl-
cation des Zeruane Alerene des Zendaveſta ift, identificirt wird (Berofuß
p. 60. vgl. Mofed Ghoronenf. Hist. Arm. I, 5.). Und ein Gott iſt er denn
auch nicht nur auf einer tarfifgen Münze (Geſen. Mon. tab. 36. VII. A,
Movers ©. 352.), ein Feuergott, mie fein Name nad Movers Zohar: After,
„das Leuten des Geſtirnd““ befagt, dem wie dem Hom au ein mwelblicheg
Weſen entſpräche, die Zaretis (Seſych. Zapmus, beide Namen von "=1,
Moverd S. 22. 352. vgl. Greuzer I. S. 667 f.), fondern auch Plato be-
zeichnet Ihn fo wenn er ihn einen Sohn Ormuzd's nennt (Alcib. I, p. 122.
dgl. Agath. Hist. II, 24. p. 62.). Die von ihm angeführten Schriften aber, Aoyız,
‘spot Aoyoı, anmoralvıyazs, BißAoı anonpvpas Zup., Nepi Pvoewg, nrur Ador
. zulor u. f. f. (Hermippus bei Plin. XXX, 1., der zwei Mid. Verfe Zoroufters
commentirte, Nicol. Damadc. ap. Vales. Exc. p. 460. Suid. v. Zup. Glem.
Aller. Strom. I, 15. Glem. Recogn. IV, 27. Anecd. Gr. Villois. Vol. I.
Eudocia v. Zug.) erweilen fi jedenfalls ald von den Zendbüchern ganz ver-
ſchieden, wenn man damit vergleicht mad Clemens, Cuſeblus u. A. daraus mit⸗
theilen (Strom. V, 14. p. 710. Pr. Ev. I, 10. Dio Chryſoſt. Or. 36.), wie
denn ihre Unächtheit au frühe erkannt wurde (vgl. Clem. Aler. Strom. 1, 15.
p. 387. Porphyr. vit. Plotin.). — Was nun das Neligionsfoflem des perfi⸗
fhen Magismus betrifft fo waren die Gegenſtände des Bolldcultus die Ele⸗
mente überhaupt (Agath. Hist. II, 24. Theodoret Hist. eccl. V, 39.), Sonne,
Mond, Erde, Beuer, Wafler und Luft (Serod. I, 131. Gtrabo XV, 3.).
Außerdem nennt Herodot noch als erotiies Element die Urania — Mitra,
Strabo die Aphronite, mährend ihm Mithras die Sonne iſt, beide aber ven
perfifchen Zeus, der den Himmel bedeute (Il. cc.), welchen auch Xenophon Öfters
anführt als Z. usyıorog, Baonıdevg, Tyauor naı ovuuaxos. (Cyrop. VII, 5,
20. VII, 3, 6. I, 3, 11. I, 2.), als Z. zatrpoog (Oyr. II, 8, 11. Blut.
de fortit. Alex. 11.). Außerdem werben genannt die Eoria zarpoa (Zen.
Cyr. I, 6, 1.) und die Heroen oder Schußgötter der Länder mit denen man
in Berührung kam, Perfiens (Herod. VII,53.), Medien, Syriens, Affyriens
(Cyrop. VII, 3, 11. II. 3, 11.), wie denn Xerxed am Sfamander der Atkene
1000 Rinder, die Magier ven trojaniſchen Helden ein Trankopfer opfern
(Herod. VII, 43.). Merkwürdig In der veligiöfen Syumbolif des Dagismus
ft der Heilige Wagen ver Im Zug bed Xerres nad den zeben heiligen niit»
fen Pferden kommt, ſelbſt von acht weißen Pferden befpannt und von einem
Knecht zu Fuß gelenkt meil ihn Niemand betreten darf (Herod. VII, 40.).
Im Zuge des Cyrus aber kommen nad einander vier Opferfliere bed Zeud,
die Opferpferde der Sonne, der Wagen des Zeus weiß, befränzt, mit gol-
dener Deichſel, dann der Sonnenwagen, biefem ähnlich, dann ein Wagen
mit purpurbebedten Pferden, dann das heilige Beuer auf einem großen Herde
(Xen. Cyr. VIII, 3, 6.), während in bem Heerzug bei Gurtiud zuerſt ba@
ewige Beuer auf fllbernen Altären, dann die Magier mit Befängen, dann
der Wagen Jupiter mit weißen Pferden, endlich das grobe Sonnenpferd
auf einander folgen, die Pferve ſämmtlich mit goldenem Geſchirr und weißer
Dede (IH, 3, 8.). Was nun Die Chryſoſtomus von biefem Wagen des
Zeus als dem Symbol der höchſten bewegenden Kraft der Welt, von welcher
- Sonne und Mond nur Theilkräfte darftellen, von ben Füllen der Mufen
und Pofeidons bei demfelben, von den dur den Streit der Pferde bewirften
Erdrevoluionen fabelt, beweist was es mit ben fpäteren Myſterien der
Magier für eine Bewandniß habe (Orat. 36. cf. Meiners de Zor. vita etc.
Comm. Gotting. T. VIII. 1777. cl, hist. et philol. p. 246 f. Kleuter Anh.
Maga 4871
3. Senbav. H, 3. 6. 211. ff.). Die größte Verehrung kam dem euer zu
(Glem. Alex. Protr. c. 5. Agath. Hist. II, c. 25. Procop. Bell. Pers.
II, 24. Gvagrius hist. eccl. V,14.), das nad fpäterer Sage vom Himmel
gefallen war (Dio Ehryfof. am a. DO. Ammian. Marc. XXI, 6.). Jeder
Cult wird mit einem Gebet an dad Feuer begonnen (Strabo XV, 3.), den
Königen wird ed vorangetragen (Ammian. Marc. am a. DO.) und bie römts
ſchen Kalfer nahmen von ihnen dieſes insigne regium an (Herodian. I, 8, 17.
IH, 3, 8. VII, 6.). Den Magiern dient es als Orakel (Ugarh. II, p. 63.
Procop. II, 24.). DBerunreinigung des Feuers iſt eine Todfünde; daher
wird ed nicht mit dem Mund angeblafen, fondern mit Blafebälgen ; feine
Nahrung iſt gefhältes Holz, Sped und Del (Strabo XV, 3. Catull. Epigr.
de Mag.); ebenfo darf nichts Todtes Ind Feuer geworfen werben (Strabo
am a. O. Herod. III, 16.), fo wenig als ins Wafler (Anthol. Gr. III, 4.
bittet ein perfiſcher Sclave Cuphrates feinen Herrn, feine Leiche nicht ins
Beuer oder Waſſer zu werfen), und Darlus ließ den Karthagern durch eine
Geſandiſchaft befehlen, ihre Todten Lieber zu begraben als zu verbrennen
(Suflin. Hist. XIX, 1.). Es wird in eigenen Häufern, den Derimbers bes
Zendaveſta, bie mit Mauern umgeben find, auf einem mit Afche bevedien
Altare (dem Ateſchdan) genährt, vor dem bie Magier täglih, ven Kopf mit .
einer ben Mund verbüllenden Tiara (dem Venom) bebedt, einen Bündel
Mortenzweige (dad Barfom) in den Händen, eine flundenlange Liturgie
halten (Strabo XV, 3. Agath. II, p. 63. Pauſ. V, 27, 8. vgl. Zendav.
Br. IN. S. 202. 237. 241.). Wdbrenn die Jugend mit dem feuerglän«
senden Golo ih ſchmückt, darf es bei Todten nicht gebraucht werden (Strabo
am a. O.). In Aberbidſchan war ein großer Beuertempel (Procop. II, 24.),
außerdem hatten die Könige ihre Privatfeuerhäuſer (Sofrat. hist. ecel. XII, 7.
Eoagr. V, 14.). Gbenfo durfte dad Waſſer weder durh Waſchungen, no
Spuden, noch Piſſen verunreinigt (Herod. I, 138. Strabo XV, 3.), und
nur zum Trinken und Wäflern der Felder angewendet werben (Ugath. H,
p. 63.) und ber Magus Tiridates ging nit zu Schiff damit er nicht ges
nöthigt wäre ind Meer zu fpuden (Plin. XXX, 2.). Wird dem Wafler ein
hier geopfert, wie die Magier dem Fluß Strymon weiße Pferde opfern
(Serod. VII, 113.), 10 darf Nichts vom Blut darein kommen; bad Opfer
wird mit Myrtenzmeigen bedeckt und fo verbrannt, darauf gießt der Magier
eine Libation von Del, Honig und Mil auf die Erve unter langen &e-
fängen (Strabo am a. D.). Xerxes bringt auf der Brüde des Helleſpont
ein Rauchopfer dar; die Brüde ward mit Myrten beſtreut (Herod. VII, 53.).
Die Erde mird durch Libationen und Thieropfer verehrt (Xen. Cyr. III, 3,
11. VII, 3, 11.). Der Sonne, einer mehr untergeorbneten Potenz, tft
das Pferd geweiht, das ihr auch geopfert wird (Xen. Cyr. VIII, 3,6. Philoſtr.
vit. Apollon. c. 31. Juſtin. I, 10, 5. vgl. Ovid Fast. I, 383., Pferdeopfer
auch bei den Maffageten, Herod. I, 216. „dem ſchnellſten Bott das ſchnellſte
hier’). Doch bringt ihr KZerred am Hellefponi eine Libation (Herod. VH,
33.) bar und Plutarch redet auch einmal von einem Rinderopfer (ap. Brisson.
regn. Pers. II. p. 159.). Den Ausſatz fah man als Strafe für Berfündi-
gung gegen die Sonne an (Herod. I, 138.). Als Sonnenthier dient bad
Pferd au als Orakel, wie bei Darius (Herod. III, 87.), und bie Pferde⸗
opfer am Strymon Haben vielleicht vie Bebeutung von Haruſpicien. Die
Opfer ſelbſt aber wurden nur nad Xenophon verbrannt (VIII, 3, 11.),
mogegem fie nah Herodot an reinem Ort unter Gebeten gefhladtet, in
Stuade geiänitten, dieſe gekocht, auf zarted Brad gelegt, dann von dem
Magus dur eine Liturgie (Baoyorinv eraaideı, cl. Pauſ. V,27,8. Strabo
XV, 3.) geweiht, enblih nad Haufe getragen werben (Herod. I, 132.), was
Strabo badurh erflärt, daß die Bötter Nichts verlangen als das Leben
1972 " Nagt
des Thiers (am a. D. vgl. Kleufer Anh. II, 8. $. 133., durch Verbrennen
bes Opfers würde dad euer entheiligt, ib. $. 72.). Der Plak ded Opfers
tft unter freiem Himmel, beſonders auf Hohen Bergen, ohne Mufik u. dgl.
(Serod. I, 131. 132. Xen. Cyr. VII, 7,1. Strabo am a. O. Dinon bei
Elem. Aler. Protr. 5.). Ohne Magier Hat weder Opfer noch Gebet noch
fonft ein Cultudact Kraft (Herod. I, 192. Ammian. Marc. XXI, 6. Xen.
Cyr. VII, 3, 1. u. überall. Diog. Laeri.2.). Außer den bezeichneten Opfern
finden ſich au Spuren von Menfenopfern, wenn Zerred an den Neunmegen
am Girymon neun eingeborne Jünglinge und Jungfrauen lebendig begraben
Täpt, feine Gemahlin Ameſtris aber Aehnliches thut (Herod. VII, 114. vgl.
die Ihat des Kambyſes III, 35.). Wenn nun Herodot das lebendig Begraben
eine perfifhe Sitte Heißt, fo ſcheint viefelbe immerhin mehr auf die fremden
Einflüffe fich zu beziehen, die wir au fonft wahrnehmen. Dahin rechnen
wir, während Xerxes noch bie Bötterbilder wegnahm, 3. B. das des Bel
in Babylon (Herod. I, 183.), die fpätere Einführung von Bdtterbildern, wie
Artarerzes dad der Tanais in den Hauptflädten des Reichs aufftellen ließ
(Berof. bei Elem. Uler. Protr. c.5.p.47., doch führen nah Kteflas fon
die Perfer des Cyrus Idole bei fih, bei Phot. p. 36.), Erbauung von
Tempeln u. dgl., während nad fonfligen Angaben der perſiſche Gultus ohne
Tempel, Altäre und Bilder (Herod. I, 131. Strabo XV, 3.), feine @ötter
nicht geſchlechtliche Weſen (Diog. Laert. I, 8.), feine einzigen Goͤtterbilder
euer und Wafler waren (Dinon bei Elem. Aler. am a. O.). Wenn ferner
Cyrus nah Beilimmung der Diagier Beutetheile den Göttern weiht, fo If
biefer Zug wohl reine Zuthat Zenopbons (Cyr. IV, 5, 16. VII, 3, 1. 5, 18.). —
Wenn fhon diefer Cultus der perfifden Volksreligion unläugbar einen fehr
edeln Gharakter an fi trägt, zumal wenn man damit vie glänzenden Be⸗
ſchreibungen des tugenphaften Lebens der Berfer, Ihre Erziehung, Sitte w. dgl.
zufammenbält (Herod. I, 136.138. Zen. I, 2, 3. 6, 19. VII, 8,7. 1,2,7.
Strabo XV, 3. Plut. zepi T0o9 un deir Bareil. Bal. Mar. II, 6, 16. Stob.
Serm. XLII. Ammian. Marc. XXI, 6.): fo wird verfelbe ſich bei dem
Inftitut der Magier, das den Mittelpunkt des perfiihen Lebens und Cultus
bildet, nicht verläugnen (vgl. Soldan, Beh. d. Herenprocefie S. 18 f.).
Plato befintrt die Magie ald Hewr Hepazeia (Alcib. I, p. 122. vgl. Stall⸗
baum zu d. St. p. 255., ebenfo Diog. Laert. I, 8. Apnlej. I, p. 272 f.
ed. Altenb.), und foll fie Machagistia genannt haben (Ammian. Marc.
XXI, 6.), was fi durch die Bezeichnung uayıry ayıoreia erklärt bei Aga⸗
thias (Hist. II, 24.), und wiederholt ſtellt fih der Magismus dem Goetiomus
gegenüber (Vendidad Fargard 1. Ariflot. u. Dinon bei Diog. Laert. am |
a. D.). Heſych. nennt den Magier Heooeßij xai BeoAdyor nal ispda (8. v.,
ebenfo Porpbyr. de abstin. p. 169. Celſus bei Origen. c. Cels. VI, 80. .
Suid. 5. v.). Ihre Beihäftigung iſt Erforfhung der Natur und des göft-
lihen Wefens (Cie. de Divin. I, 41. Philo q. omn. prob. p. 876. de
spec. leg. p. 792. Dig Ehryf. Or. de fide), doch mit theurgifcher Tendenz,
wie fle denn gewiſſen Formeln wunderbare Kraft zufchreiben (Drig. c. Cels.
I, $. 24.), mit Traumdeuterei (Herod. I, 107. 120.), mit Mantif ſich be⸗
fafien (Aelian. V. H. 11, 17. Amm. Marc. am a. O. Briſſon. II, p. 178 f.),
wozu fle in Babylon Vögel in goldenen Käfigen, Zungen genannt (Rho⸗
digin. Lect. Ant. VIII, 12. Kleufer Anh. II, 1. $. 97. Creuzer Symbol.
L 724. vgl. Dorville ad Charit. p. 560., die ivyyag Über dem Thron des
Königs, VPhiloſtr. Apollon. I, 25. vgl. S. 697.), oder einen Becher der das
Weltall verfinnlichen follte, Kondy genannt, nad Bohlen vieleicht die die Mont
ber Bhavani darftellende Opferſchale der Inder (das alte Ind. I. S. 273.),
gebrauchten (Athen. II, 55. Keuter Anh. II, 3. F. 229. GEreuzer I. ©. 671.
727.5 Über ven Beier des Dſchemſchiv vgl. Strabo XVI, p. 764. Cas.),
Mag! 1078
daher ihnen Mat Über die Pforten des Hades (Strabo a. a. D. Lucian
Menipp. 6. f.), unmittelbare Verbindung mit den Göttern (Diog. Laett.
1, 7.) und Damonen und verberblide Mat über die Menſchen zugeſchrieben
wird (Minut. Bel. Octav. 26. Eyprian de idol. van. ed. Würceb. I, p. 408.
Elem. Aler. Protr. p. 17.) Wenn wir nun in der magiſchen Volksreligion
einen einfachen Naturbienft fanden, fo erſcheint derfelbe in dem fd zu fagen
philoſophiſchen Syſtem der Magier zu höherer Entwidlung gebracht, obgleich
bie Berichte hierüber fehr abweichen. Während fie nach Vitruv. (IV. praef.)
einfach Feuer und Waſſer als die Grundprincipien der Dinge betrachten, nad
Jul. Firmicus aber dem Feuer doppeltes Geſchlecht zufähreiben und es als
ein Weib mit drei Gefichtern von ungeheuern Schlangen umwunden abbilden
(de err. prof. rel. c. 5.), fo. fgreibt ihnen Arifoteles einmal die Annahme
zweier feindfeligen PBrincipien, Zeus umd. Hades oder Dromadbes und Ari⸗
manius (bei Diog. LXaert. I, 8. ebenfo Hermippus und Cudoxus ib.), dann
aber audy die Lehre von dem über Beiden fiehenden Urguten zu (Metaph.
XIV, 4). Und au Theopomp revet von dem Gott, der über dem Kampf
jener Beiden waltet (bei Plut. Is. c. 47.); nah Eudemus aber bezeichnen
die Magier die abfolute Intelligenz bald als Raum, bald als Zeit, die ſich
in Ormuzd und Ariman befondere (bei Damadc. in Wolf's Anecd. gr. II,
p. 2359.) ; Theodor von Mopsveflia nennt diefe Einheit Zaruam, oder au
die Tuyn, einen @ott, der mit dem Hormisdas zuglei den Satan gebiert
(andrdöor, ira tenn etc.), worauf er von ber ainouıdie dieſer beiden ſpricht
(ap. Phot. Bibl. c. 81. p. 115. ed. Hoesch.), wie denn au fonft bie
Magier vom Uriprung ihrer Götter reden (Diog. Laert. a. a. O.) Bei
Euſebius nennt ferner Zoroaſter dieſe Einheit Keöog aydrınros, —RX ote.
(Pr. Er. I, 10.), in ven Orakeln des Letzteren aber iſt ſie der xoovos, bie
Urmonad, der roüs nooros u. f. w. (Kleufer Anh. II, 3. 6. 320 ff.) und
Pythagoras wie au die Neuplatonifer follen die Kehre von der Urmonad ale
Mutter aller Dinge von Zoroaſter empfangen haben (VFoucher im Anh. 93.
Zendav. I, 2. p. 289. Fabric. Bibl. Graec. I. p. 305. Hari. Plut. de
anim. proer. c. Tim. 2. vol. XII. p. 287. Huit.). Sofort findet Ni
bei Plutarch eine Kodmogonie von ganz gnoflifgem Geruch. Oromazes
ſchafft ſechs seine, Arimanius ſechs böfe Geiſter; dann macht fi jener
dreimal größer, ſchafft die Geſtirne und beſtellt den Sirius zu ihrem Wäch⸗
ter; dann fhafft er 24 Goͤtter in einem Ei, welches andere von Ariman
gefchaffene zerbrechen woher die Mifhung des Buten und Böen in ber
Welt, die fi durch alle Weltweſen durchzieht (Isid. c. 46 f.). Wie der
Daum Hom dem Ormuzd, fo iſt dad Kraut Omomi dem Ariman geweiht.
Es wird zerfloßen, mit Wolfsblut gemifcht und an fonnenlofem Ort ausge-
fehüttet unter Verwünſchungen Arimans (ibid.). Bon Thieren iſt dem Ormuzd
Heilig außer dem Pferd der Hund, den man fo wenig ald ben Menfchen
tödten darf (Serod. I, 140.), der Landigel (Put. Sympos. IV, 5, 2. de
Isid. c. 46.), die Vögel (Is. 1. c.) beſonders der Adler, deſſen Kopf ber
Höfe Gott trägt (Eufeb. Pr. Ev. I, 10. vgl. den aſſyriſchen Bott Niſroch
2. Kön. 19, 37. 3 Adler). Arimaniſche Thiere aber find der Wolf,
bie Mäufe (Plut. Symp. IV, 5. 2. de invid. et od. c. 3.), Schlangen,
Ameiſen (Herod. 1, 140. u. U. m.), der Wafferigel (Blut. Is. 46.) u. f. w.
(Vgl. über die magiſche Symbolik, die Wunderthiere des Kteflad, die Figuren
in Perſepolis Heeren Id. I, ©. 250 ff. Creuzer I, ©. 718 fi. 685 f.) In
dieſen Thieren bekämpfen die Magier Ariman’8 Hei und das Tübten ber»
felben wird als frommes Wert angefehen (Herob. I, 140. Plut. 1. cc.),
ja fpäter daraus ein allgemeines Fef der Perſer, zur xaxır araipenıs ges
nannt (Agath. IE, 24. das Feft der Kharfeflers, Zendao. III, ©. 246.).
Der Sieg des Lichtreichs ift au das Ziel der Geſchichte. Nah Theopomp
+;
4
197% .... Mag
regieren Oromazes und Ariman je 3000 Jahre, dann kämpfen fie 3000
Sabre, worauf Ariman unterliegt, die Menfchen wieder aufleben, nur Eine
Sprade reden u. f. m. (bei Plut. Is. c. 47. Diog. Laert. a. a. O.). In
ben Mithrasmpflerien gab es eine imago resurrectionis (Tertull. de praesecr.
c. 40.). Was nun diefes Syſtem betrifft fo find Ormuzd und Ariman
ohne Zweifel ein urſprünglich magifches, nah Agathias erfi von Zoroafter
eingeführtes (Hist. II, 24.) Element, ihr Begenfag die mythiſch ſtxirte Er⸗
innerung an den Kampf der beiden nationalen Begenfähe des Zenboolfs:
Turan und Iran. Götterfämpfe ſiad Stammed- und Völkerfänpfe wie bei
Typhon und Ofiris. Indem Turan unterliegt, wird fein Bott Symbol des
Böſen, der Naht. Daß aber an der Abrundung des Syſtems fpätere Spekulation
den größten Antheil hatte, beweist die Allmäligfeit feiner Entwicklung, bie
fih im Zendaveſta vollendet, fo wie bie Vergleichung mit analogen Erſchei⸗
nungen der ägyptiſchen, griechiſchen Religion u. f. m. geruane Alerene, nah
gewöhnlicher Erklärung die unbegrenzte Zeit, nad Bohlen dag ungeſchaffen⸗
Au (das alte Ind. I, ©. 145.), dad vorror anar bei Damakcius (Wolf
Anecd. III, p. 259.), iſt eine Abſtraktion, die fo gewiß fpäterer Metaphyſik
angehört ald die magiſche Lehre dag die Luft von Bildern erfüllt ſey, bie
den Körpern entflrömen und die wohl ein ſcharfes Auge wahrnehme (BDiog.
Laert. a. a. D.), d. 5. die Lehre ‘von den Ferwers, den intelligibeln Ur⸗
bildern der Dinge, wenn man glei fchon in dem geflügelten Druftbild über
ber Figur des Königs am Grabmal des Darius In Berfepolis den Ferwer
des Königs ſehen wollte (Heeren I, ©. 251 ff.). Ob nun dieſe Priefler-
ſchaft urfprünglih ein eigener Stamm des Zendvolks war, wie Herodot und
Andere angeben (I, 101. Strabo XV, 3. init.), der fi fpäter ermeiterte
und auf dem Land, nicht in ummauerten Städten wohnte (Ammian. Marc.
XXIII, 6. ef. Clem. Aler. Strom. VI, p. 756. vgl. die Braminen bei den
Hindus, die Leviten bei den Juden, bie halbäer bei den Afigrern), ob fie
mit den Indern zufammenbingen (Klearch. bei Diog. Laert. I, 9. Ammian.
Marc. a. a. O. ck. Paufan. IV, 32. vgl. meine Abd. über d. alerandrin.
Rel. Phil. in Illgens Zeitſchr. 1839. I, ©. 36 f.), iſt ſchwer zu fagen.
Den Namen Magier erklärte man durch Mikghoush ober Mijegoush, ein
Menſch mit kurzen, nad Hyde (Hist. Rel. Pers. p. 272.) mit langen Obren,
(Herbelot Bibl. Or. p. 932.) mit Bezug auf die Gefchichte des Pſeudo⸗Smerdes
oder ron ihrem Gemurmel beim Opfer (Bruder Hist. phil. I. p. 161.),
oder als Peueranbeter (Pocode spec. Hist. Av. p. 146. Hyde p. 273.
Bruder Hist. phil. crit. I, p. 160.) ober von Megh groß, auégezeichnet (An-
quet. Z. Av. III, p. 559.), oder von Mog, Prieher im Pehlwi (Kleufer
Anh. II, 3. 6. 30. Apulej. I, p. 272 f.) ober von ven Magufäern (Guib.
v. May.) Im Berfliden beißt mih groß, im Zend meh, indiſch mah, mahe
(Gefen. Hebr. Handwörterbuch v. 3%, Soldan, Geſch. der Herenprogefle S. 17.
Anm. 11.) Die perflihe Form für Magier iſt mugh. (Golden a. a. D.)
Mogbeb oder Mobed iſt Vriekeroberhaupt. Später wenigſtens waren fie in
drei Klaffen getbeilt (Bubulus bei Porphyr. de abst. IV. p. 165), deren
erfte nichts als Mehl und Gemüſe genoß (bei Hieronym. adv. Jovin. 2.
Tom. II, p. 55.), während nad Anbern bie Magier überhaupt nur Pflanzen,
Brod, Käfe, ven fie mit einem Rohr anfaffen, genießen, fich weiß Fleinen, auf
ber Erde ſchlafen, Goldſchmuck verachten u. dgl. (Diog. 1.1.) Diefe drei Briefler-
orbnungen heißen Herbede (Lehrlinge), Mobeds (Meifter), Deſtur Mobeds
(vollendete Meier). Bol. Breuer I, S. 629. Heeren I, S. 480. Die
foäter üblihe Einweihung in den Orden geſchah durch eine Reinigung in
Waſſer welche 29 Tage dauerte, worauf der Schüler nad Lucian ind Todten⸗
reich geführt (2ucian. Menipp. c. 7. ff.), nach Porphyrius über bie Brin-
eipien ber Dinge unterrichtet wurbe (vit. Pythag. p. 15.) Werfwärbig iR
Magt 1375
die Notiz dab fie die Inceflehe mit Mutter, Schweſtern und Töchtern für er
laubt hielten (Strabo XV, 3. Sotion bei Diog. Laert. I, 7. lem. Uler.
Strom. III, p. 185. Sert.-&mp. Pyrrhon. hypoth. I, 5. 152. III, 209.
Agath. Hist. II, 24.). Ihre Todten begruben die alten Perſer indem fie
die Leiche vorher mit Wachs überzogen (Herod. I, 140. Xenoph. VII, 7. fin.
Strabo XV, 3. Cic. Tusc. Qu. I, 45. Lucian de luctu c. 21.), während
die Magier fie den milden Thieren zum Zerfleifhen vorwarfen ehe fie fie
beerbigten, eine Sitte die fle mit den Syrcaniern und andern Völkern ges
mein haben (Herod. 1, 140. Strabo XV, 3. p. 733. XI, 517. ed. Cas.
Cic. Qu. Tusc. I, 49.), die aber nachher allgemein unter den Perfern ein«
geführt wurde (Agath. IT, 23. Iheodoret. Disp. IX, p. 614.). Während no
Cyrus befiehlt feinen Leichnam zu begraben (Xen. VIII, 7.) wirb ben
Chriſten dad Begraben zum Verbrechen gemacht (Agath. II, 60. Procop. I,
11. 12. Affemann. Act. Mart. p. 227.). Der griechifhe Statthalter Aleranders
in Baftrien wurde faft abgejeht weil er das Ausſetzen der Todten hindern
wollte (Porphyr. de abst. IV, 21. Hieron. c. Jovin. J, p. 93.) und nad
Procopius mird ein Perfer ver feine Brau begraben Hatte zum Tode ver»
urtteilt (Bell. Pers. I, 7.). Als Damascius auf einige entblödte Leichen
Erde warf verſchwand dieſelbe immer wieder und ein Geſpenſt nannte ihn
dafür unzoopdooos (Agath. IT, 31.). Im Kriege werben gemeine Leute
wenn file Kant Ad noch lebend bingeworfen, mit einem Stod in der Hand
und einem Stud Brod. Thun nun die Thiere alsbald ihre Arbeit fo wird
der Zerrifiene für Bottgeliebt und felig, wo nicht, für verdammt gehalten.
Kommt Einer Iebend zurüd fo flieht man ihn wie einen Todten, bis ihn
. ein Magier fühnt (Ugath. II, p. 61. cf. Barbefanes bei Euf. Pr. Ev. VI,
ce. 10. Strabo XI, p. 517.). Groß war deren politifger Einfluß. Sie erzogen
die koͤniglichen Kinder vom flebenten Jahr an in der Magie (Plato Alcih. 1.
c. 17. Apul. I, p. 272. Eic. de divin. I, 41. Philo de special. leg.
p. 792.) und Darius gab fih in feiner Grabſchrift no den Titel eines
Mayınor didammarog (Borphur. de abst. IV.p. 165.). Die Todtenflabt ber
Könige, Paſargadä (Heeren I, ©. 257 ff. 318 f. Ereuger I, S. 689.) war
zugleich bie befondere Stabt der Magier, die Prieſterſtadt des Reichs (Solin.
Polyhist. c. 55. cf. Plin. H. N. VI, 26.), wo die Könige mit dem Gewand
des Eyrus angerhan werden (Put. v. Artax. 3.), wohin Eyrus und Darius
wiederholt wallfahren (Xen. Cyr. VII, 5, 11. 7, 1. Kteſ. Pers. c. 19.)
und wo bie Magier noch lange des Eyrus Todtenwache halten (Arrian. VI,
29.). Als Cyrus fein Meich orbnete führte er zür Beforgung der Religion °
die Magier ein (Xen. VIII, 1, 23.). Unter und nah Kambyfes weiß ſich
ein Magier, Sphendanates, der ſich für den ermorbeten Bruder defielben aus⸗
gibt, zum König zu erheben, und eine Zeit lang durch Milde zu behaupten,
bis ihn, den Medier, der perflihe Adel flürzt (Herod. III. 30 ff. Ktef. Pers.
6. 10 ff.), woher ſich das Feſt der Magophonie fhreiben fol (Herod. III,
79. Agath. I, 25.). Bon da an wird ihrer wenig In der Gefchichte gedacht.
Man erkennt ihren Einfluß in der Wegführung der griechiſchen Goͤtterbilder
dur Zerred (Paufan. I, 33.) mie in der Schonung melde die Berfer dem
apollinifhen Cult bewieſen (Herod. VI, 97. 118.). Die griechiſche Erobe⸗
rung drängt fie ganz zurück; aber unter veg Arfaciden machen fle fi wieber
bemerkbar. Nah Boflvontus fanden zwei Senate, mevon ber eine aus den
Magiern befland, dem König zur Seite (bei Strabo XI, c. 9. fin.) und ihr
Ginfluß mochte bei den öfteren Wahlen und Entfehungen der Könige nicht
ohne Belang feyn. Was die Magier nad Kambyſes vergeblich verfuchten
gelang ihnen durch die Magierfamilte Saffan. Babe, der Aelteſte bes Magier»
geſchlechts der Safjantven erhob fih zum König (Sylo. de Sacy Mem. sur
div. Antiq. de la Porse p. 169. 170. Anders Agath. Hist. II, 27.). Sein
x
⸗
1976 Magi
Sohn Ardſchir, Artarares oder Artaxerres I. machte dem Reich der Arſaelden
ein Ende (Nicepb. Hist., Ecel. I, 6. Herodian VI, 2. Dio Caſſ. LXXX.
Agath. II, 26.). Seine Ujurpation hatte vorzüglich die Tendenz einer ſtrengen
religiöfen Reſtauration. Er wird als Wiederherſteller der Lehre Zoroafter’s
geprieien (Sylv. de Sacy 1. c. p. 43. Hyde de rel. Pers. p. 276.) Bekannt
if die große Maglerverfammlung welde Anfangs 80,000 Köpfe betrug, dann
aber nah und nad auf fleben reducitt murde, welche nun die religiöfen An⸗
gelegenheiten ordneten (Hyde a. a. D. p. 277 ff.). Diefer Zeit gehören
wohl die meiſten Schriften des Zendaveſta an, Die Magier waren die Eönig«
lien Räthe in allen- Dingen (Agarh. II, 26.). Als na Hormisdates oder
Sormuzd II. Tod die Königin ſchwanger befunden wurde, wurbe dad Kind,
das nah dem Spruh der Magier ein Knabe fein werbe, im Mutterleib
ſchon zum König eıflärt (Agath. IV, 25.) Ginem König Bacur enthüllen
fie die aufrührerifhen Anſchläge des armeniſchen Königs Arfaces, indem fle
den Boden des Föniglichen Zelts zur Hälfte mit armenifher Erde beſchütten
laſſen, welche betretend derſelbe durch Zaubermacht gezwungen ift, fl zu ver-
sathen (Procop. Pers. I, 5. p. 26 ff.). Als Perofes (T 484) von den Qunnen
eingefchlofien nur unter ber Beringung daß er ihren König anbete und
“ewigen Frieden ſchwöre, Abzug erhalten kann, rathen fie ihm, Jenes bei Auf-
gana der Sonne zu thun, und biipenfiren ihn von feinem Cide (Procop. I,
. p. 18.). Den König Kobad (7531) begleiten fie im Kriege und berathen ihn
bei Belagerungen die er beabſichtigt mit ihrer Mantik (Procor. I, 7. p. 36.
I, 5. p. 172. II, 13. p. 211.). ine große religiöfe Bewegung führte unter
Sapored I. (J 270) der Magier Mani herbei, der an die Magufäer, d. h.
die firengen Dunliften ſich anſchließend, ein aus perſiſchen und chriflichen
Vorſtellungen gemifchtes Syſtem ausbilvete, und nad einem Colloquium mit
den Magiern unter Baraned getöbtet wurde (Mirkhond bei Sylv. de Sacy
l. c. p. 295 f.; Hyde de rel. Pers. p. 280 sq. vgl. die Schriften über
Manichäͤismus). Eine noch Iebhaftere Aufregung verurfachte der Magier
Mazdak der, ohne Zweifel an gnoftiihe Serien anfnüpfend, bei firengem
Dualismus Gemeinſamkeit der Güter und Brauen u. ſ. w. lehrte und deſſen
Principien Kobad praktiſch durchführen wollte, varüber feinen Thron verlor,
nach) deſſen Wiedererlangung aber fie aufs heftigfte verfolgte. (Hyde p. 282.
Serbelot Bibl. Or. II, p. 588. cf. Agath. IV, 27. Procop. I, 5. p. 25.
Gedren. I, p. 639.). — Als ältere Magier werden noch genannt Mehrere
bei Diogenes Laert. a. a. D. melde zazu duadoynr, In ordnungsmäßiger
- Neibe auf Zoroafler gefolgt jeyen. . Zu bemerfen iſt unter ihnen Oſthanes
oder Hofthaned, dur melden die Magie nad Plinius (H. N. XXX, 1.)
die Zauberkunſt im fhlimmen Sinn des Wort, richtiger wohl bie nähere
Kenntniß des reineren Magismus (vgl. Soldan Gef. d. Herenpr. ©. 31.)
in Griechenland verbreitet norben ſey als er den Xerxes dahin begleitet
babe (Plin. XXX, 1.) und dem bie Kirchenväter Erkenniniß des Einen un
fichtbaren Bottes, der Engel und Dämonen u. f. w. zuföreiben (Tertull.
de anim. c. 57. Arnob. I, 52. Min. Bel. Oct. c. 26. Cypr. de idol.
vanit. Auguſt. c. Donat. VI, 44.). @ufebius nennt Demofrit feinen Schüler
(Chron. I, 43.) und legt ihm ein Buch, Dftateuchos, bei (Pr. Ev. I, 10 fin.
Andere Schriften deffelben ſ. Fabric. Bibl. Gr. I, p. 92 sq.). Gin anderer
Hoſthanes wird als Zeitzenofje Alexanders genannt (Plin. a. a. D.). In
diefelbe Kategorie gehört ber Magier Aſtrampſychus mit feinm Schriften
über Traumdeutung und Eſelekur (Suidas s. v. Zabric. Bibl. Gr. II, p. 409.
X. p. 491.). Als Schüler der Magier wird au Pythagoras genannt, ber
ihnen die Lehre verbanfe daß Bott nad feinem Leibe Licht, nad feinem
Belt: Wahrheit fey. (Porphyr. v. Pyth. p. 41.), ferner Plate, Empebofleh
u. A. m. (Diog. Laert. a. 0. ©) [L. Georgi.)
Wagie 1877
Magie (ab. Veut.), Ort in Mhätien an ber Straße von Curia nad
Brigantium, 16 Mil. noͤrdl. von erfterer, etwas nördlich vom heut. Mayen⸗
feld am Lucienfleig in Graubündten. [ F.)
Magin, Meyeix, ars magica. ie fein Volt ohne Religion, fo If
auch keines ohne Magie, die ſich jener in allen ihren Formen wie ihr dunkler
Schatten anhängt. Hat fie in ben Hexenprozeſſen feit dem fünfzehnten Jahr»
hundert ihren Culminationspunkt erreiht, eine raffinirte Vollendung deren
Wirkungen noch faft in unfer Jahrhundert herüberreichen, fo gcht ihr Urſprung
zurüd in bie erfle dunkle Lirzeit der Völker und fällt mit den erften religiöfen
Entwidelungen derſelben zufammen. Suchen wir nah einer Begriffsbeſtim⸗
mung ber Magie fo ift diejelbe von Verſchiedenen Immer fehr verſchieden
gegeben worden, je nachdem die Zeitblldung ſich in Folge unmittelbarer herber
Berührung entweder Ihr feindfelig entgegenftellte und fie ald Wahn und |
traurige Verirrung der Menſchheit betrachtete, oder aber in den Erſcheinungen
der Magie geradezu eine Reihe der tieflinnigften Ahnungen über das Weſen
des Menſchen und fein Verbältniß zu dem Leben der Natur und der über:
ſinnlichen Welt fand. Claſſiſch iſt in legterer Beziehung das Werk von Inne
mofer (Geſch. des thieriſchen Magnetismus 2. Aufl. Ib. 1. Geſch. der Magie
1844.), nach welchem in ver Magie ver alten Welt nur diejenigen Kräfte
des Lebens zur Heußerung kamen, welche dur bie Mesmer'ſche Entdeckung
des thieriſchen Magnetiomus zu wiſſenſchaftlicher Erkenntniß gebracht wurben.
Ueberall Find es „inſtinktive Gefühle, innerer Sinn, inſtinktives Hellfehen,
ſympathiſche und antipathiſche Energie des menichlihen Geiſteslebens, vie
innere Stimme, ein Durchfühlen der Natur mir ihren Kräften‘ u. dgl. (S. 489
u. öft.) was in der Magie zu Tage fommt, vermittelt durch ben geheimniß⸗
vollen Zufammenbang ber Dinge in dem allgemeinen Geifl. Nah Schelling' 8
und Anderer Vorgang wird als Duelle ber Magie im guten und böfen Sinne
ein böberes Urſyſtem angefehen (S. 69. 628.), deſſen Traditionen fih am
Meihfien in der Kabbalah (S. 71 ff.), Übrigens au in den Myſterien der
Griechen erhalten haben (S. 496. 623.), und wie nun die Mythologie hienach
mefentlih nur eine fombolifhe Darftelung folder verborgenen, tiefliegenden
Naturwirkungen iſt (S. 489. 625 ff.) fo fleht fle nicht minder mit den
Erſcheinungen der Philofophie in engem Zuſammenhang und bat in biefen
fortwährend ihren wiſſenſchaftlichen Stütpunkt (S. 544 ff.). Die Magie ifl
hienach etwas durchaus Eodles, ja fo ziemlich die höchfle Spige des geifligen
Lebens des Alterthums, begreift fo gut die Wunder Chriſti und der Apoftel
als die griechiſchen Mythen, und die eigentlihe Zauberei iſt nur eine fpäter
entartete Form dieſer höheren Disciplin. „Ohne die frühere Magie des in⸗
ſtinktiven Hellſehens und des geifligen Wirkungsvermögens würden die Zauber«
fünfte nicht erfunden worben fen” (S. 492.) Mag man nun au bie Art
und dad Maaß diefer Darftellung nicht anerkennen, fo iſt derſelben doch fo
viel nicht au verfagen daß fle einer Entwidlungsfeite des Geiſteslebens ver
Menſchheit, die durch ihre ganze Geſchichte fich Hinzieht und aufs Folgen⸗
reichſte in dieſe eingreift, ein ernſtes Interefie zu-fichern ſucht. Ale Ausgangs»
punkt für die Begrifföbeftimmung des Zaubers nehmen wir die Thatſache ber
Abhaͤngigkeit worin fi der Menſch urfprüngli gegen die Obfectivität ge⸗
feßt findet. Indem das Lehen fort und fort die Erfahrung von Einflüffen
macht welche theils ſtörend theile fürbernd auf fein Befinden wirken ohne
daß ed fi ver Dialektik dieſer Erſcheinungen mächtig weiß, mißt es biefelben
natürlih nur nah dem Maßſtab der ihm in feinem eigenen Selbft gegeben
iſt. Wo Bewegung, Wirkung iſt, da flieht das Ich, je befehräntter fein Ge⸗
ficgiäfreis If, um fo mehr nur individuelles Leben, und es geht ihm die
Ahnung einer überfinnlichen, auf das Sinnlihe eindringenden Beißermelt auf,
Bauly, Neal⸗Cucheloy. IV. -
1378. Magte
pie dann die Wiege nicht minder der Religion als der Zauberei iſt, und nidt
felten wurbe der Glauben an Dämonen daher als die Borantfegung aller
Magie genommen (Mosheim ad Cudworth. syst. intell. II, p. 153. Tiede⸗
mann disp. de quaest. quae fuerit artium magic. origo etc. 1787. p. 10 f.).
MWährenn num alle diefenigen Erregungen religidfen Gharafıer haben, in denen
das Ich fih in feiner reinen Abhängigkeit von den objrfiicen Mächten be-
rubigt, auf Gegenwirkung verziätet, fo ift dagegen bad urſprüngliche Ber
alten des Subjeftd das natürlike Streben des Andrangs der objektiven
acht Meifter zu werden und ihre Kräfte ſich unterihänig zu maden, fle in
den Kreis der eigenen Eriftenz zu ziehen (vgl. die Entwidlung von Wachemuth,
von der BZauberfunft ver Grieh. u. Röm., Arhenäum I, 2. &. 213 ff.),
und fo bildet die Folie ver Religion urfprünglih ein Gebiet zauberifägen
Suchens und Thuns, das im DVerfolg ter Zeit durch Wahn und Betrug ins
Maaßloſe ermeitert wird, aber auch in den ebelften Formen der alten Reli⸗
gionen nicht ganz zurädtritt. Die Wahrnehmung paralyfirender Wirkungen
geroiffer Kräuter, narkotifher Subflanzen auf die menſchliche Geſundheit. das
Dioinatoriiche gewiſſer pathologiſcher Zuſtände, eletıriihe und magnetiſche
Erſcheinungen u. A. m. ſchienen einen Schläffel zu übernatürlichen Wirkun⸗
gen abzugeben; das regelmäßige Zuſammentrefſen aſtronomiſcher, numeriſcher
ober anderer zufälliger Verhaͤltniſſe und Situationen mit Naturwmirfungen
(über Bahlenverhältniffe vgl. Tiedemann 1. c. p. 34 f.) weckten ben Glau⸗
ben daß beide in urſächlicher Beziehung flehen und durch willkürliche Lenkung
jener diefe willkürlich beherrſcht werden können, und bier mag denn auch jener
von Ennemoſer bervorgehobene innere Gentralfinn, jene inflinfiioe Energie,
fo weit Etwas daran ift, nicht wenig zur Vermehrung des magiſchen Apparats
Heigetragen haben. Aber leicht zu ſehen tft wie nun auch nit nur die Re⸗
ligion fondern eben fo die Naturwiſſenſchaft, Aftronomie, Medicin, ja felbſt
die Philoſophie ihre. erflen Keine in ver Magie ſuchen, wie diefe die Urform
alfer jener dur bie fpätere Kultur zu freierer Entwicklung gebradten Lebend-
gebiete war, deren Phänomene dann ebenfalls noch weit herab einen Charakter
des Zauberifchen Haben. Während daher in ber Religion das Berbäftniß des
Subjehts zum Objekt ein rein Teidentliches Verzichten auf Bemältigung des
Dbjefts ift, die Wiſſenſchaft aber dieſes durch Erforſchung feiner natürlichen |
Vermittlungen und Gaufalverhältnifie für die Erkenntniß aufwulöfen fuchr, if
das Weſeniliche ver Magie das Bemühen, das als eine fchlechtbin fremde
Macht aufgefaßre Objekt der freien Willkür des Menſchen ohne Nädfigt auf
natürliche Bermittlung und abgefehen Baron unteribänig zu machen. Die
Zauberkunſt fuhr, fagt Wachsmuth, unabhängig und gehaßt (?) von den
Landeögöttern in den Lauf der Natur einzugreifen und felbR Die Götter zu
zwingen (o. der Zauberfunft der Griech. u. Roͤm, im Athenäum II, 2. ©.
211. vgl. Zucan. VI, 452. 527. Apul. Met. III, 60. Efem. Al. Protr. p. 18.
Jambl. Myst. Aeg. VI, 4.). An dieſe Definition flreift die von Grimm ziem-
lich an, Zaubern fey übernatürlicde Kräfte fepäplih und unbefugt wirfen
laffen, nur daß bie Beſchränkung des Zauberd auf ſchädliche und dämoniſche
Wirkungen wenigftens für die antite Magie nicht yaßt (deutſche Myabol.
S. 579. 2. Ausg. ©. 983.) und, wie Soldan (Gef. d. Hexenproz. ©. 3 f.)
richtig bemerft, 3. B. zauberifhe Heilungen ausſchließt, obgleich auch
Wachsmuth ſeltſamer Weile den Zauber auf Bewirkung von Krankheiten be⸗
ſchränkt (a. a. O. S. 226.). Wenn dagegen Soldan Magie und Religion
fo aufeinander bericht daß jene anfange wo bie herrſchende Religion auf⸗
böre (a. a. ©. S. 35.), oder fo daß die Zauberei das ilegitime Wunder,
bad Wunder die Tegitime Zauberei fey (S. 8. vgl. &. 15.), fo IR Dielen
nicht nur ein blos relatives, d. h. eigentlich gar Tein Unterfheltunge-
mertmal, fondern auch Soldan ſelbſt zeigt naher wie von eins eügent-
t
)
|
!
Maste | 1879
lichen Berbot ber Magie, von einer Illegitimität derſelben als ſolcher bei den
Alten eigenilih nicht die Rede feyn könne (S. 36 f. S. 56 ff.), wie denn
auch vielmehr bie Volfäreligion noch durch und durch von Blementen des
Sauberiihen infieirt war, ſolche Elemente fortwährend in ſich aufnahm (3.8.
in den Bachifchen und anderen Culten), ja fogar von Staatömegen bin und
wieder Zauberkünfte in Anwendung gebracht wurben (ſ. unten). Eben darum
fönnen wir au der Unterſcheidung zwifchen wahrer und falſcher, guter und
böfer, weißer und ſchwarzer Zauberkunft, Magie und Goetie, oder Theurgie
und Goetie (Philoſtr. v. Apoll. V, 12.) nur untergeoronete Bedeutung einräumen.
Ihrer Natur nad gehört dieſelbe jpäterer Zeit an, einer Bildungäftufe auf
melcher das Geiſterleben zu einer feften, fittliden Geftaltung aufftrebte, wie
biefes bei der perflihen Beuerreligion im Zendaveſta der all war, der denn
diefen Unterſchied beſtimmt premirt (Vendidad Fargard I, und öft. vgl. Magi -
&. 1373.). Unter den Griehen findet fih die erfle, jedoch zweifelhafte
Spur des Unterſchieds bei Ariftoteled und Dinon (bei Diog. Laert. I, 7.),
dann -bei Apul. (Apol. p. 30. Bip.), Philo (special. lege. 792.), Suidas
(v. Mayeia) u. f. f. Da der Name Magia mit dem perſiſchen Magismus
zufammenhängt (vgl. d. Urt. Magi ©. 1374., Ennem. ©. 65. Soldan ©. 17,
A. 11. Wachsmuth Athen. S. 229.), jo werben wir mit unferer Darflellung
zunächſt auf ven Orient gewielen, fo wenig wir übrigens gewillt find bie
Magie überhaupt als orientalifches Produkt anzufehen, da fie vielmehr uns
fehlbar ein einheimifches Erzeugniß bei jedem Volke ift (Tiedemann p. 9. 22,
29. 31 u. öft.). Inpem wir aber nun zur Darflellung der orientalifhen
Magie übergeben, fo weit fle aus hieher gehörigen Quellen zu fehöpfen ift,
ſchicken wir noch bie Iheilung bed Begriffs in bivinatoriihe und operalive,
f&auende und wirfende Magie, ober in Mantif und Magie voraus, wovon
jene diefenigen magiſchen Wirkungen begreift durch welche der Menſch eine
Gbernatürlicde Erkenniniß der Zukunft, des Schickſals u. dgl. erfirebt, dieſe
aber ſolche Thätigkeiten durch welche er ohne natürliche Bermittlung auf bie
objektive Welt, die Natur, den Menfhen, vie Götter willkürlich wirkt. —
Indien if das Land des Zauberd, der Magie. Die üppige, lebensvolle
Natur ded Landes reflektirt fich in einer ebenfo üppigen Phantafle feiner
Bewohner. Unter der blühenven, ſtets wechſelnden Hülle der Naturgeftalten
fehienen dem fubjektiven Bewußtſeyn Geifter und Götter verborgen und hinter
bemfelben zu agiren, und Tag nun das Beftreben nahe mit biefen inneren
Kräften ver Eriheinung in Rapport zu treten fo wurde dafjelbe durch Äußere
Reizmiitel, volkethümliche Verhältniſſe, Lebensweiſe u. dgl. weſentlich genährt
(Ennemoſer S. 235 ff.). Die religiöſen Cerimonien, Opfer, Faſten, Büßungen,
Wallfahrten, Gebete, wobei ed z. B. auf Richtung des Geſichtes, geometriſche
Beſchaffenheit des Orts u. dgl. ankommt, haben durchaus magiſchen Charafıer
Bohlen d. alt. Ind. J. S. 266 ff.). Die beſondere Heiligkeit gewiſſer Men⸗
—*2* verleiht dieſen magiſche Kräfte. Ihre Berührung bat die Kraft
unfruchtbare Weiber fruchtbar zu machen, fle bewirken durch Mittel daß
Knaben oder Mädchen geboren werben (Strabo XV, 1. p. 1040. Amstel.).
Auch redet Strabo von Zauberern und Wahrſagern (szwdor) melde bettelnd
umberziehen in Stäpten und Dörfern, von Bergbemohnenden Weifen welde
ſich mit Kräuterkunde, zauberiihen Befhnörungen, Amuleten u. dgl. abr
geben (Strabo a. a. O. Porphyr. de abstin. IV, p. 356.). “Befondere
Zaubergewalt erlangen die Braminen durch ihre theurgiſche Stellung. Dur‘
Opfer, Flüche und Segnungen fönnen fie die größten Wunder der Natur
verrichten (Manu I, 31. ff. Bohlen I, ©. 13.), wozu fe ihre flrenge
Aſkeſe befähigt (Strabo a. a. O. Arrian. Ind. 11. 12.). Mit görtliher
Hilfe Heilen fie Krankheiten (Urrian. Ind. c. 15.), wobei fle ſich zauber-
Eräftiger Sprüche bedienen beren Gebrauch ihnen auch Origenes zuſchreibt
1886 Magia
(e. Cels. I, $. 24), beſchwoͤren Schlangen (Philoſtr. v. Apollon. IH, 8.),
machen fich beliebig unfitbar (ibid. ce. 13 vgl. c. 8.), wandeln zwei Ellen
hoch über der Erbe dur die Luft, find aber doch durch einen Schatten den
fie über fich breiten vor Megen und Hitze geſichert (ib. c. 15.), beichäftigen
fi mit den Wetterzeichen, Regen, Dürre und Krankheiten (Strabo KV. c. 1.),
wie denn Upollonius bei ihnen zwei Fäſſer fand aus denen fle nad Bedürfniß
Regen und Wind ausgehen Taffen (Philoſtr. v. Apoll. II, 14.), führen
einen Ring und Stab durch die fie Alles bewirken können (ib. c. 15.) u.
A. m. Au treiben fie Aftrologte und weiſſagen aus den Sternen (Gtrabe
XV. 1. fin. Philoſtr. v. Ap. II, c. 41.). Vgl. auch Sprengel yragmat.
Geh. d. Arzneikunde 3. Aufl. TH. 1. 6: 45—48. 51 - 52. b. — Mit den
Indiern hängen die perfifhen Magier zufammen (Ariflot. bei Diog. 2.
1, 9.), bei deren Dualiemus nothwendig magifche Tihätigfeiten ſich ausbilden
mußten. Auf dem Gebiet der Mantit war bei den Perſern nah Strabo
Tobtenbefäwörung,, wie 3. B. Darius, jebo mit Hilfe eined Griechen,
feine Frau beſchwoͤrt (Iuflan. Ep. 37.), Schüffel- und Waſſerweiſſagung
(Lefanomantie und Hybromantie) in Hebung (Strabo XVI, c. 2 p. 1106.
762 Casaub.), Künfte bie auch Varro aus Perfien nah Nom unter Rums
gebracht werben läßt (bei Augufl. Civ. Dei VII, 35.). Zur Weiffagung
mwanbten bie Magier au einen Becher, Kondy genannt an, worin Bohlen
die Opferſchaale findet, welche vie Doni der Bhaveni darſtelle (Athen. II, 55.
Bohlen I, 273.), ferner einen Trank aus Theangelis (Blin. H. N. XXIV,
17.). Weber andere Zauberkräuter der Magier vgl. Plin. XI, 12. XXE, 11.
und überall. Aus dem Benehmen des Könige Deus bei Tiſch weiffagen fie
fruchtbare Zeiten und Blutvergießen (Nelian. V. H. II, 17.) und befaffen
fi mit Traumdeuterei (Herod. I, 107. 120.). Mit Göttern und Dämonen
fteben fie in befonberer Verbindung und haben Macht über die Unterwelt
(vgl. Magi S. 1373.), die Geiſter machen flo ſich unterthänig durch Zauber⸗
ſprüche (Glem. Alex. Protrept. IV, 58. cf, Drig. c. Cels. I, 24., über
das Wort Honover vgl. Gerber zur Gef. u. Philof. I, 240 ff.), treiben
den Ariman ab indem fie unter Verwünſchungen das Kraut Omomi zerftoßen,
mit Wolfsblut miſchen und an fonnenlofem Ort ausfhätten (Plut. Is. et
Osir. c. 46.). Bei dem Opfer fingen fie eine eraoıön, Geoyorin genannt,
was offenbar eine Formel zu Beſchwörung ber Goͤtter iſt (Herod. I, 132.
cf. Diog. 2. Prooem. 5.), zu welchem Behuf fie auch das Kraut Aglaophotis
oder Marmaritis gebrauchen (Plin. XXIV, 17.), wie ihnen die Anwendung
von Nyftagretis, um die Brühlingsgleihe ausgewurzelt und vreißig Tage
lang am Monplicht getrodnet, bei ihren Gebeten Erhoͤrung fichert (Blin. XXI,
11). mi den perflichen Magiern zufammenhängend (Ammian. Mare. XXI,
6.) und oft mit ihnen verwechfelt find die Chaldäer welde auf der
Baſis der Anſchauung der Planeten als göttliher Wefen die Aftrologie aus-
bildeten (Stuhr Rel. Syſt. d. Orients S. 428f. Plut. de Isid. d. 48.
Movers Phönic. I, S. 162. ff.). Der theilmelfe Dualismus biefer Stern»
götter kommt dabei nicht, mie Wachſsmuth behauptet, in Vetracht (a. a. D.
S. 233. über dieſen Dualismus vgl. Moverd Vhönie. I, S. 162 f.). Sie
nennen die Sterne spumreis, Dollmetfcher, weil le ihnen die Zukunft anbeutem.
Dur ihre Hilfe fagen fle Stürme, Erdbeben voraus, aber au die Schick⸗
fale des Menſchen nad der Gonftellation unter der er geboren if (Strabo
XV, c. 1. Diodor. Sie. II, 29 f.). Ebenfo geben fie fih mit Deutung bes
Vogelflugs, Auslegung von Träumen, Bropigien, mit Opferſchau u. dgl. ab
( Diodor. a. a. D.). Diefe mantiſche Thaͤtigkeit wird aber dadurch zur ope⸗
rativen Magie daß fie Ihnen die Macht verleiht das Schichſal ſeibſt zu bes
ſtimmen, Gefahren abzuwenden u. dgl. (Nemeſ. Nat. hom. p. 262. GHierofl.
provid. et fat, p. 240. Daniel c. 1. 2. vgl. Weſſeling zu Diodor. q. a. O.
Magen 1881
p. 491. T. I.), wobei fie fich verſchiedener Mittel, Opfer, Reinigungen bes
dienen (Diobor. a. a. D. vgl. Gert. Empir. adv. Astrol. sect. 2. f. Fabri⸗
cius 3. d. St. p. 214.). Auch Zauber mit Pflunzen, Metallen, Thieren,
Todtenbeſchworung wird ihnen zugefchrieben u. A. m. (Stuhr ©. 425. 432.);
Hagel werde 3. DB. dadurch abgewendet daß vier Mädchen auf dem Nüden
liegend unter Zauberfprüden die Füße gegen den Himmel zufammenfchlagen
u. f. w. (Mof. Maimon. more nevoch. p. III, c. 37. Tiedemann p. 15 f.).
Diefer zauberifhe Sterneult verbreitet P nun über bie porberanatiichen,
forifchen und puniſchen Volkoſtämme, mie Movers tn feinem Buch über bie
Phoͤnicier ausführlich nachgewieſen hat. Das Göttliche trägt bier durchaus den
Gharafter einer kalten, fühllofen, unabänderlichen Naturkraft an fich, welcher alles
Leben verfallen iſt und die ihre Rechte an ‚die Weltwefen nur gegen grauen»
volle, blutige Gühnen oder durch Preisgebung in wilder Woluft aufgibt.
in zauberlüflernes Durdfpüren der Natur reflektirt ſich ſelbſt in den carie
Eirten Goͤttergeſtalten, diefen Androgynen, diefen Schlangen- und Ihiergöttern,
fo wie in ben Menſchenopfern, Phallagogien, Unzuchtmyſterien, ben Kaſtei⸗
ungen, Kaftrationen, die in ihrem Eult vorkommen. Bol. Movers Phönte.
©. 403. 682. 457. 292 f. und überall. Indem das Göttliche fi für das
Bewußtſeyn im geflirnten Himmel firirt, die Bewegungen der Planeten bie
Faktoren des Weltfebens find, gelingt es ihm nicht, in jene menſchliche Leben»
biglelt einzugeben welche die griechiſchen Goͤtter an fi tragen. Fuͤhllos in
ihren Bernegungen geben fie ihre Bahn ohne Rückſicht auf menſchliches Leben
und Empfinden, und dieſe Entfrembung ift Quelle der Zauberei, des Ver⸗
fuchs die Wirkfamkelt ber Götter zu heben und willfürlih zu bedingen. -
Zauberifch in diefer Art ift der fabäifhe Sternvienft (Stuhr S. 402.), die
arcana ber gölbenen Lade des Chom oder Apollo Ehomäus (Ammian. Mare.
XXIII. 7. Jul. Gapitof. v. Veri c. 8. Dio Gaff. XXXI, 17. 2. Moverd
©. 347. 355 f.), die Sühnung des Saturn in einem ſechseckigen ſchwarzen
Tempel, des Jupiter in einem dreiedigen pyramidalen Tempel (Stuhr S. 407.),
und ausbrädiig wird in den Büchern des A. Teflaments der blutige Goͤtter⸗
cult mit Zauberei in Verbindung geſetzt (d Mof. 18, 10 u. öft.). Wie aber
das Volksleben auf diefer Grundlage von Elementen des Zauberifihen duch
und durch infieirt war davon gibt das alte Teftament eine Fuͤlle von Belegen.
Hienach finden ſich bei diefen Völkern herrſchend vie Aftrologie (Ief. 47, 13.),
der Klevonismus (1 Kön. 20, 33.), Traumdeuterei (Ier. 27, 9 u. dft.),
Belomantie und GErtifpicien (Czech. 21, 21.), Rhabbomantie (Hof. 4, 12.),
Nekromantie (1. Sam. 28, 7 u. öft.), Schlangenbeſchwörung, Bauberfnoten
u. A. m, In fpäterer Zeit wurbe der Glaube an Zauberdämonen bei den Juden
allgemein. Zahlreich find bie Spuren in den LXX. (Ief. 13, 21. 34, 14.
65, 11. u. f. w.); hieher gehört der Eheteufel des Tobias, die Dämonifchen
des N. T., ferner Joſephus Ant. VI, 8, 2. 11, 3. Als SHauptzauberer
erſcheint Salomo (Ant. VII, 2, 5.) durch deſſen Zauberformeln ein GBleazar
in Begenwart Befpaflans einen Dämon audtreibt und ihn. ein Waffergefäß
umzuſchütten zwingt, der auch mittelft einer ſalomoniſchen Wurzel die Dämo⸗
nen zur Nafe der Beſeſſenen auszieht. Das Nähere diefer Wurzel Baarad
die nur mit Lebensgefahr auszureißen if, beſchreibt Joſephus Bell. Jud. VII,
6, 3. Später find jüdiſche Zauberer fehr verbreitet (Iuven. VI, 542.). Ge⸗
Segentlih erwähnt wird hier was Plinius von einer von Mofe und Lotapead
audgegangenen Zauberfunft (Plin. XXX, 1.), Suidas von ber ber Leviten
fagt (s. v. Elerxias). Bon den Eleinaftatifchen Ländern erſcheinen noch bes
fonders Phrygien und Kolchis als Zauberländer, jened als die Heimath des
duraus zauberiſchen Kults der @öttermutter, der von großem Einfluß auf
die Magie der Griechen war, dieſes als das Hafflide Zauberlanb ber gries
chiſchen Mytbe und Poefle, das Reich der Hekate und ihrer Familie, das
1982 waca
Land der magiſchen Kräuter. — In Uegppten war nach Herodot welchen Lobeck
Beifall gibt (Aglaoph. I. p. 427.) Aftrologie und Nativitätäftellerei zu Haufe
(Ser. II, 82. vgl. Diodor. 1, 50. 81. Ariſtot. de coel. II, 12. Diogen.
Zaert. Prooem. 7.), nad Lucian Fam fie aus Aethiopien dahin (de Astrol. c. 5.).
Eher hat man darin eines der vielen nad Aegypten übergefloffenen ſemitiſchen
Bildungẽelemente zu ſehen (Movers Phönic. ©. 79 f. Joſeph. c. Apion. I, 8.
9. Bohlen 1. ©. 243 f.). In der Proceffion bei Clemens trägt der Horoſcop
eine Sonnenubr und einen Palmzmeig, aftrologifge Symbole (Strom. VI,
P 757. Pott.) und von dem Gebrauch der Aſtrologie zu mebicinifhen Zwecken
ft häufig Die Rede (Balen. III, Dier. Decl. p. 447. PBorpbyr. ap. Stob.
ecl. eih. p. 203. Hephäſtio bei Salmaſ. de Ann. Clim. p. 52. Procl.
Paraphr. I, 23. p. 23. Lobeck Agl. II, p. 928. Diod. I, 81. Weflel.). Von
Proben operativer Magie kommt im Ventateuch die Verwandlung von Stäben
in Schlangen, des Nilmaffers in Blut, Herbeizaubern von Froöſchen vor
(2. Mof. 7. 8.); Vögel werden aus der Luft herab, Schlangen aus ihren
Schlupfwinkeln hervorbeſchworen (Aelian. Hist. Animal. VI, 83.). Den Zauber
ber Aegypter mit Kräutern kennt ſchon Homer bei meldem Aegypten bie
Selmath magiſcher Gewächſe if, und Helena Iernt bie Bereitung des Sram
verſcheuchenden Wundertrants Nepenthes von Polybamna, der Tochter bed
ägyptifgen Könige Thon (Odyss. IV, 220 f.), der deßhalb für den Grfinber
ber Arzneltunft gehalten (Euſtath. ad h. 1.) und mit Taaut in Verbindung
gebracht wird (Sprengel Geld. d. Arzn.K. I, ©. 75.). Zauberfräuter Haben
nicht felten ägyptifhe Namen (Galen. de simpl. medicam. fae. VI. prooem.)
burch welche fie den ägyptiſchen Göttern zugeeignet werden. Die Kynoke⸗
phalia welche fie gegen Gifte brauchen, bie aber nur mit Lebenkgefahr aus⸗
geriffen werden kann, nennen file Ofirytis (Plin. H. N. XXX, 2.), die Meer⸗
zwiebel welder bei PBeluflum ein eigener Tempel geweiht war (Luclan.
Jup. trag. ct 42: Gert. Empir. Hypot. III, 24. Glem. Recogn. V, 20.
Hieron. adv. Jovin. I, 6. G©prengel I, ©. 92.) Typhons Auge (Apulel.
de herbis e. 42.), das Eifenfraut Thräne der Iſis oder Juno (Apulef. c.
8. Noth. Digscorid. p. 466.), den Epheu Dftriöpflanze, Shmoflris (Blut.
Jsid. c. 37.), den Safran Blut des Herkules (Notb. Diosc. p. 441. 457.),
die Artemifia Herz der Bubaflid (Apul. c. 10.), den weißen Unborn oder
Marrubius den Saamen des Horud (Noth. Diosc. p. 498.). Vgl. Sprengel I,
S. 84. Jablonety Proleg. ad. Panth. p. CXXXV. Jamblich Myst. Aeg. soct.
7. p. 150. Sicher gehört auch tie Bereltung des Kyphi, eines Trans aus
ſechszehn vegetabiliſchen Subflanzen, nah magiſchen Vorfchriften (Blut. de Is.
81.). Als Beleg für den Gebrauch von Amuleten wird angeführt daß bie
ägyptifden Krieger den Skarabäus auf einem Ning führten (Blut. Is. 10.
Aelian. Hist. Anim. X, 19.) und daß Viele nah Vorſchrift des Necepfos
einen Ring mit einem Jafpie, auf dem das Bild eines Dradden mit Strahlen
geprägt war, auf dem Unterleib trugen (Aetius tetrabibl. col. 84. Galen.
de simplic. IX, c. 26.). Der ganz magifbe Gharafter der aͤghptiſchen Heil⸗ |
kunde tritt aber befonder& in ven theoretifchen Borausfeßungen derfelben hervor,
wonach wie jedes Ding fo auch die einzelnen Ihelle des Körpers verſchiedenen
Dämonen, 36 an der Zahl, zugetbeilt find, fo daß durch Beihwörung der-
felben körperliche Leiden bewirkt und gehoben werben Eönnen (Orig. c. Cels.
viH, 58. Jul. Firmic. VII, 3.), in mwelder Verbindung au jene Kräuter-
namen ganz magiſch zu nehmen find. Iene Dämonen find die 36 Decane oder
oberen Sterngeifler. Noch gehört Hieher daß Amafls die Ladika, weil er A
mit ihr nicht ehelich vermiſchen konnte, zauberiſchen Cinfluſſes bezüchtigt
(Serod. II, 181.). — Als einzelne Zauberer werben genannt unter ben
Yegypteen: Jannes und Jambres, mit denen Mofed zu thun gehabt haben
Kugün - 1688
fol (Tuſeb. Pr. Ev. IX, 8. p. 411. aus ber Schrift deu Rythagoräͤers Ru
meniuß nagl eov ayadov, 2. Timoth. 3, 8.) und unter deren Namen em
Bub im Umlauf war (ÖDrigen. tract. in Matth. 35. p. 193.). Nach einer
Lesart wird Jannes au bei Plinius gefunden (CH. N. XXX, 1. sect. 2. ed.
Harduin. not. 29.). Berner werden als Schriftftellee angeführt Necepfos
(Iuf. Firm. VII, 3.) und Petofiris über NAftrologie (Marſham Can.
chron. p. 477.), ver heilige Schreiber Jachis oder Jachen über Amulete
und Beihmörungsformeln woburd er eine Peſt geheilt haben fol (Suidae
s. v. und s. iepoyvanuarsis). Plinius führt no einen Apollobeches von
Koptos an (H. N. XXX, 1, 2), in weldem Andere den Apollonides
Horapion finden wollen ber über die Neligion und die Könige der Aegypter
ſchrieb (Theoph. ad Autol. H, 7. Harbuin zu Plin. a. a. O. IE, p. 544.
not. III. Andere leſen Apollonius Captidenus, Tiedemann p. 17.). Altägype
tiſchee iſt an dieſen Urkunden gerade fo viel ald an den 36 oder 36000
Büchern des Hermes, bem Poemander, dem Aſtklepios oder Aoyos TsAsog,
den Jatromathematika, ven boroffopifchen Büchern u. f. w. (vgl. Sprengel
I, ©. 76 ff.). Bald als phönicifcher bald ala chaldäiſcher Zauberer wird
Häufig angeführt Darbanus, deſſen Schriften Demokrit erklärt haben fol
(Blin. H. N. XXX, 1. Golum. R. Rust. X, 858. Apulej. Apol. p. 216.
p. 331, 14. Elm.) und von dem die Zauberkunſt den Namen artes Darda-
niae führt (Golum. a. a. D.). Alae bedeutende yperfliche Zauberer find zu
nennen bie beiden Oſthanes u. U. m. (vgl. d. Art. Magi ©. 1376.), als
babyloniſcher Aftrolog erlangte um Alexanders Zeit Berofud großen Ruhm
(Syncell. Chron. p. 4. Xattan adv. Gr. p. 65. @ufeb. Pr. Ev. p. 493.),
dem Die Athener im Bymnaflum eine Ehrenfäule mit golvener Zunge fehten
( Plin. VII, 37). gl. den Art. Berosus ®b. I. ©. 1101.
Die Magie ve Briehen uns Nömer Wenn Ennemofer a. a. D.
©. 484. 489. daB ganze Griechenthum sine lebendige Magie nennt fo eignen
wir und diefen Ausdruck an, nicht zwar in Ennemoſer's Sinne wonach ber«
felbe eine den Griechen vorzugämelie eigene magnetifche Begabung, ein magi⸗
ſches Durchfühlen der Kräfte der Natur, idioſomnambules Hellſehen verfelben
u. dgl. bezeichnen fol, aber in fofern als die Phantafle durchaus dad Me
dium war wodurch der Grieche mit der Natur verfehrt, jene fchöpferiiche
PBhantafie vie überall in das Objekt Leben bineinfchaute, der auch das Kleinſte,
Zufällige tiefere und geheime Bedeutung in ſich trug, bie der Focus ſowohl
der Neligion als der Magie der Griechen war. Wenn ferner Ennemofer vie
Moflerien und die Mythologie in engfle Verbindung mit der griechifchen
Magie feht fo erkennen mir diefed ebenfalls an, freifih nicht fo ala ob die
Mofterien die Träger und Bewahrer einer höheren, verloren gegangenen Urs
weiöheit, die Myihen aber die in der Mitte des uneingemeihten Volks viele
fach mißverflandene und corrumpirte Symbolik jener urfprünglicden, tieferen
Naturwiflenidaft wären (&. 496. 623 ff.), eine Anſchauung die. ſich für
den heutigen Standpunkt der Religionswiſſenſchaft überlebt hat, wohl aber
erfennen mir jene Beziehung in fo fern an als In einer Fülle von veligiöfen
Lebensformen ber Griechen jenes Streben fi äußert, durch ſubjektives Thun
die Ordnung des Schickſals und der Götter nie die Geſetzmäßigkeit ber
Natur zu bewältigen, ald bie Myihen nur bie im Spiegel der religidfen
Phantafle reflefiirten Typen des Bolfslebens find, dieſe aber von Glementen
des Zaubers durch und durch inficirt erfheinen. Die griechiſche Magie reicht
mit ihren Wurzeln in die erften Anfänge des griechiſchen Geiſteslebens zurück,
fie iſt die elementarifhe Urform feiner Bildungen. Zwei nahe verwanbte
Vorausſetzungen, fe allgemein fle auch biöher angenommen wurden, lehnen
wir hiermit ab. Die eine iſt Die Behauptung daß bie Magie der Griechen
ein fremdes, außlänbifbes Gewoͤcht fei, bie andere ber Sah daß ihr vaß
1884 | KNagia
Merkmal der „‚Segktimirät” nit zukomme, daß fie ein verpöniss Lebens⸗
element geweien ſey. Von legterem reden wir am Schluß. Dean gebt bei
Aufſtellung diefer Säge indgemein von einer falſch verſtandenen Ipealisät des
griehiichen Lebens aus. Wenn Gnnemofer, fih auf Tiedemann beiufend,
der übrigens vielmehr geneigt iſt überall das Gegentheil zu fagen (p. 9 f.
28 fı 31. 32. u. öft.), die Magie und damit auch die Goetie, ihr FZerrbild,
aus dem Orient ableitet fo hängt biefes mit feiner Vorſtellung von einer
orientaliſchen Urweisheit als ber Quelle aller @eiflesentmiclung der Menſch⸗
heit zuſammen (S. 491.) und iſt damit ſchon gerichtet. Aber auch Lobeck
flellt die audländiſche Abkunft der Griechen gelegentlich als eine Thatſache
hin (Aglaoph. I. p. 752, g.), ebenſo Böttiger (Ideen zur Kunſtmythol. 1. ©.
66 f.) und Wadhemurh leitet fie, fogar mit Bezug auf die ganz unkritiſche
Darfiellung bei Plinius (H. N. XXX, 1. 2.) vorzüglih aus yperflichen,
feit Xerxed eingeorungenen Einflüffen ab (Abd. im Athen. I, 2. S. 227 f.
Hellen. Alterthumsk. IH, 95, A. 19. ©. 108 f., Aufl. 2. IE. ©. 442, 9. 19.
454 fi. 780.). Die Unhalibarkeit diefer Behauptung in Bezug auf Perflen
weist Soldan einleuchtend nad (Hexenproz. S. 17 f. 28 f.). Diefer Oſthanes
auf welchen Plinius und Wachsmuth recurrirt, iſt doch eine allzu obfcure und
mythiſche Figur um ihm fo großes Gewicht beizulegen ala Pliniud thut.
Um ferner nit zu reden davon daß dem aus dem Naturleben ſich ablöfenden
Menſchen das Streben nah Zauberwirkungen fi von felbft anbildet, daß
die Magie deßhalb bei allen Völkern gemeinfames Naturpropuft iſt (ovgl.
Tiedemann p. 9 f.), fo findet ſich fon bei Homer und jedenfalld vor den
Perferkriegen über welche die Bekanntſchaft der Griechen mit dem Duallsmus
der perſiſchen Magier nicht Hinaufreicht, eine fo reiche Saat von Entwidlungs-
keimen der Magie, daß man jene fremden Cinflüfſe unmöglih als vie erfte
Duelle der Magie der Griechen betrachten Tann ohne die ganze Natur ber
griechiſchen Volldentwidlung zu verfennen. Der Wundertrank ber Selena
(Od. IV, 220 f.), der Zaubergürtel der Uphrobite welcher Götter und Men⸗
ſchen berüdt (II. XIV, 225 f.), der Zauberſtab des Hermes (Od. V, 47.
XXIV, 3. I. XXIV, 343.), da& Beſprechen der blutenden Wunde des Odyſ⸗
feus durch die Söhne des Autolykos (Od. XIX, 457.), die Berwandlung
feiner Gefährten und Anderer in Schweine, Löwen, Bären, Wölfe durch ven
Stab und Zaubertranf der Girce (Od. X, 210 f. 233 f. 280 f. 316f. 431f.),
ihre Entzauberung (Od. X, 389 f.), der Gegenzauber durch dad Kraut
Moly (X, 302 f.), der Zaubergeſang der Sirenen (I. XII, 40 f.), die
Berheißung emwiger Jugend welde Kalypſo dem Odyſſeus gibt (Od. V, 1395.
vi, 257.), bie Seffelung und Noͤrhigung des Proteus zum Wahrfagen dar
Menelaus (Od. I, 186. IV, 330.), der Bann welchen Poieldon auf Alta»
thous wirft (I. XIII, 435.), endlich die Nekyomantie des Odyſſeus, we bie
Schatten beihworen und Tireſias zu erfcheinen gezwungen wird (Od. X,
510 ff. XI, 22 ff.), das Alles find Wirkungen deren zauberifer Charakter
nur aus vorgefaßter Meinung verfannt werden kann. Daß ed nicht rein
menſchliche Welen find welche dieſe Wirkungen vollbringen thut Nichts zur Sache,
wie Wachsmuth zu glauben fheint (Athen. II, 2. ©. 218.), da aud bie fpätere
Magie nicht durch menſchliche, fondern daͤmoniſche Kraft und Mirhilfe zu wirken
vorgab, Eirce aber ganz wie ein menſchlicher Dämon fo zu fagen erfcheint, jene
mythiſchen Data übrigens jedenfalls nur als Mefler der im Volkoleben herr⸗
ſchenden Vorſtellungen zu betrachten find... Wenn Homer die Girce der Ge
nealogie des Helios einreidt (Od. X, 137 f.), fo flreift fle zwar dadurch ihr
fremdes Gewand ab; aber mit Wachsmuth nun fagen, alſo fey fle Feine
Bauberin, wäre eine petitio principii da vielmehr gerade dadurch Ihr Zau⸗
Ber völlig helleniſirt wird. Werner finbet ſich bei Homer ja fon die ganze
Bauberſprache in. ihren Hauptformen, Odiyar (Il. XIV, 251. Od, V, 47.
" Magia 1985
XXIV. 3. n. XII, 435. XXIV, 943. Od. X, 251. 320. XII, 40. II. XH,
256.), defin Vorkommen bei Homer Ennemofer S. 683. Täugnet, dann
aber S. 697. ſelbſt nachweist und dad von Zaubern im firengfien Sinn
nur der nicht verfichen Tann der einmal nicht will (Wahsmurh, Arhen.
S. 219.), ferner yapuaxı Auen, Od. X, 236. IV, 231 ff., die der Aga⸗
mede I. XI, 734.,: ephyriſche Kräuter Od. II, 323 f. u. öft.), die wo fie
vorfommen auch als Heilmittel zauberiſch zu nehmen find (Il. IV, 218. V,
401.). Uber Zauberformeln braucht Eirce nicht? Es iſt nicht von Ihr aus⸗
drücklich gejagt; dagegen redet Homer vom Zaubergefang ber Sirenen (II.
XII, 40 f.), dur eine anaoıdn wird Blut geftillt (Od. XIX, 457.) und
Dpyffeus zwingt durch eine von Hermed gegebene Eidformel die Circe feine
Befährten zu entzaubern (Od. X, 340. cf. 300.). Im Hymnus an Demeter
wird auch dad Wort aznAvoin gebraudt (ad Dem. 230.). ‚Aber fein
Bötterzwang fomme bei Homer vor, und ber gefeflelte Prometheus fei Bild
des beſtraſten Menſchenfrevels der ſich in Göttliches Eingriffe erlaube”
(Wachsmuth, Athen. S. 217.). Nun, Prometheus gehört nicht in dad Gebiet
des Zauberd; und Goͤtterzwang? ob wohl vie Schatten der Sünglinge und
Bräute und vielduldenden @reife, des Elpenor, Aireflad u. |. w. nur gerade
auf der Promenade begriffen waren als Odyſſeus an das Geſtade des Okeanus
zu den nächtlichen Kimmeriern kam? Die Nekyia der Obpfise if um kein
Saar weniger zauberiih als bie des Menippus vor Lucian, wenn glei
auch Tiedemann den Gebrauch yon Beihwärungsformeln vermißt (am a. D.
p. 29.). Gewiß aber weiſſagt Proteus nicht freimillig wenn ihn Mene⸗
Iaos auf den Rath der Cidoihea erfi durch Feſſelung dazu zwingen muß
(Som. Od. I, 286. IV, 350386. Virg. Georg. IV, 405.).. Sp haben
wir übergenug Haltpunkte in Homer um die Entwidlungdfäden der griechi⸗
fhen Magie faft in allen Formen am Herb des griechiſchen Lebend anknüpfen
zu Eönnen. Wir werben in dem mythiſchen Bauberperional noch mande
Biguren auftreten fehen die nicht minder alt und Acht find als jene homeriſchen.
Zudem bat man nicht zu Überfehen daß die homerifden Gedichte bei ihrer
ariſtokratiſchen Haltung nur feltene und unvollkommene Blide in die niebere
Ziefe des Volkölchens vergönnen, und wer bürgt nun bafür baß nicht ber
blofe Mangel an Notizen die Magie der Borzeit weniger berportreten läßt?
Wie ein Mythus, ein Gult darum allein noch nicht der fpäteren Zeit an»
gehört weil er bei Homer fig nit findet, fo darf man eine Zauberthätig-
keit darum allein noch nicht al& jüngeren Alters anſehen weil fie bei Homer
noch nit geübt wird. Je enger vielmehr, bemerkt Soldan ridtig, der Ge⸗
ſichtokreis des Menſchen iſt, je tiefer er no in ber Mitte ber unbewältigten
Natur ſteht, deſto beſchränkter ift bad Gebiet das er dem Natürlichen ans
weist, deſto mehr füllt fih ihm das Gebiet des Mebernatürlicden an (Hexen⸗
procefie ©. 7.), defle mehr erſcheint das Leben als ein Spiel zauberifcher
Kräfte auch in feinen Eleinften Yunctionen. Die Einflüffe des Auslänpifhen
werden wir baber billig auf blofe Zeitigung und Erweiterung ber vorhane
denen Keime beihränfen müſſen. So gewiß bie große Umbildung welde
dur ſolche inflüffe nad Homer auf dem Boden der Religion vor fi ging
(8obel Aglaoph. I. p. 316.), als Anfnüpfungspunft einen entfprechenden
Entmwidlungstrieb im religiöfen Leben vorausfegt, fo gewiß mußte ein Bereich
magifben Treibens gegeben fein menn dieſes fih durch fremde Elemente zu
der Bülle von Erſcheinungen entwideln ſollie die wir in fpäterer Zeit be⸗
merfen. Zudem beruft das Zurücdgeben auf Fremdes bei den Griechen in
allen Lebendgebieten jo oft nur auf ver ihnen eigenen romantiſchen Sucht
das Gigene dadurch fi obiectiv zu machen und ihm einen Anftiih Höheren
Alters und höherer Quelle zu geben. Dieſe Sucht aber in sem Baubers -
wW.
l
1386 Yiagin
weſen an ſich natürlid. Es erſcheint dem Bolkäfinne ala ein wie in feinen
Wirkungen fo in feinem Urfprung fremdes, als ein unheimliches Element,
das Fremde imponirt Ihm und er ſucht daher die Heimath der Magie na⸗
türlih bei Völkern die ihm ſelbſt noch unbekannt find, für feinen Gefichts⸗
reis no im Dämmerlit der Sage und Babel fleben, wie es binwieberum
im Intereſſe des Zauberer liegt diefe Anſchauung zu nähren. Daher gibt
es für jedes Volk claffiihe Zauberflämme und Zaubervölferr. Nachdem mir
fo dem griechiſchen Zaubermeien fein einheimiſches Hecht geflchert haben, faflen
wir dad DVerbältnig deſſelben zur Religion pofitiv ins Auge. Der enge,
urfprüngliche und fletige Zufammenbang beider @ebiete befteht darin daß die
Magie der dunkle, rohe, in feiner Probuctivität unerfhöpflie Naturgrun
AR aus dem die Bildungen der Neligton erwachlen. Aus dem Boden des
Magiſchen erhebt fi das griechiſche Bewußtſein in die Sphäre ver Religion.
Die erſte Form derſelben if durchaus zauberiſch. Die Götter und Gulte in
ihrer Urform murzeln in dem Streben, bie Räthſel und Bragen desd unbe⸗
wältigten NRaturlebens zu beantworten, bie dunfeln Kräfte veffelben zu binden
und zu zwingen. Das Geheimniß des Naturlebens iſt der mütterliche Schoot
aus dem die Goötterwelt entiprang, bie ihre Geburtshülle nicht verläugnet.
Man denke an vie alten pelasgifhen Götterformen und Gulte, an ben ele-
mentariſchen Apparat, vie Höhlen, Klüfte, die Eiddämpfe, Quellen, Bäume,
Thiere, welche die Drakel umgaben, an bie Feſſelung der heimiſchen Götter
(Athen. XV, 572. Schol. Pind. Ol. VI, 93. Bauf. III, 15.), ihre myſti⸗
fen Namen, das evocare Deos der Römer welches Plutarch amnAncaıs xai
yonreiag Her nennt (Qu. Rom. 61.), u. U. m. (vgl. Lobeck Aglaoph.
I. p. 273 ff.). Die geftaltende Phantafle, die poetiſche Schöpferkraft des
griechiſchen Geiſtes entmwidelte dieſe Zaubergötter zu ver freien Form der
Dlympier. Aber eben damit Töst fi auch das Band das fle urſprünglich
mit dem Naturleben verknüpfte. Gegen die Form geifliger und univerfeller
Lebendigkeit ſtreifte fle ihre Locale und elementariſche Hülle ab, fie waren nicht
mehr die unmittelbaren Quellpunkte des Naturlebens bei benen ſich vas
Bewußtſein über die Geheimniſſe deſſelben beruhigt Hatte, während vieles
mit feinen Räihſeln und Bragen und dem Reize den fie auf den Menſchen
:üben vdaffelbe blieb. Je freier baher die Götter fih geftafteten, je mehr
fie die Beziehung zu dem Naturgrund abftreiften aus dem fie erwachſen
waren, deſto mächtiger mußte fi das Ich zu demſelben zurüdigezogen fühlen
und durch zauberifhes Thun erſtreben mad bie Religion nicht vollbringen
konnte. Diefe Ruͤckkehr zu dem dunkeln Grunde des Naturlebens vollzog ſich
geſchichtlich in zwei Richtungen, für dad Volksleben in der orphiſchen und
bacchiſchen Raferei, für die Sphäre ber Aufklärung in der Phllofophie. Die
Umbildung der Religion, melde jene hervorbrachte, Hat durchaus zauberifchen
Gharafter. Hier nım üben jene ausländifcden, zumal orientaliſchen Elemente
in denen das Bemußtfein fid in unmittelbarem Rapport mit dem Naturleben
zeigte, ihre bebeutende Wirkung. Anzufnüpfen aber if vie Erſcheinung an
Das Naturell des griehifchen Geifles und ihre erfle Erflärung finder fle In
ber excentriſchen Steigerung bed divinatoriſchen Weſens ver Griechen, welche
jenes Zurückdrängen auf das dunkle Naturleben follieitirte. Das Auslanı
gab diefem Drang Nahrung und vermehrten Stoff, die er aber nit minder
in vielen dem voetliſchen Entwicklungoproceß ber Olympier entgangenen Local⸗
eulten fand. In den dionyſiſchen Mufterien, ven, phrygiſchen und ägyptiſchen
Gulten gab fih dad Bewußtſein ganz dem wilden Spiele des unbewältigren
Haturlebend bin, die Olympier felbſt wurben in dieſen Zauberfirubel hinab⸗
gezogen, die Ratur von einer Unzahl dämoniſcher Weſen überfüllt, und dis
ganze Areiben durch Bevölkerung und Syflematifirung des Reiches ber lin:
welt concmtrist, an welchem die olympiſche Goͤtterwelt ſelbſt ſich noch er.
Magie | 1387
Naturſeite bewahrt Halte. Des Hades wurbe zum Zauberrelche der Hekate
(vgl. Wachsmuth, hellen. Alterthumsek. 2te Ausg. I. ©. 452 ff. Glan,
Hexenproc. S. 24.). Die Religion Töste ſich ganz in zauberlihe Sühnen
und Luſtralweihen auf, alle Functionen ſelbſt des ethifchen Lebens und bie
geheimnißvollſten, die des Zeuigungslebens, am meiſten wurden von bem Zuge
ergriffen. — Wenn die Sprade die Zeugung ein Erkennen nennt, fo tritt
die Philoſophie von felbft in Beziehung zu dieſer Richtung bes Volkslebens.
Der Trieb des Ergründens der Natur bildete bie gemeinfame Bafld der
Philoſophie und Magie. Sie gab diefer eine principielle Unterlage in der
Theorie von der geheimnißvollen Bebeutung ber Zahl, von dem Mikrokosmus
und Mafrofosmus, von den fompathiichen und antipathiſchen Bezügen der
einzelnen Dinge unter ſich und zu dem Allgemeinen, von der Seelenmande-
rung (vgl. Lobeck Aglaoph. Orphica P. II. c. 3 ff. ®b. II. p. 795 ff.)
vorzüglih in der Gntwidlung der Dämonologie. (88 liegt hier nahe, au
die Schelling'ſche Naturphilofophie aufmerkſam zu machen, bie in Vielem fehe
tief im Glement eined Zaubers fledt, der au die ihm entwachſene Religion
in feinen Kreis hinabzuziehen fuchte.) Auf Pythagoras weist die erfle Hälfte
jener Iheoreme vorzüglich zutück. Die Bedeutung der Zahl als kosmiſchen
Princips, ald der Ginheit der einzelnen Einheiten, die in der mädtigen
Tetrakiys ihre reale Vollendung Hat, die darauf beruhende dynamiſche Har⸗
monie des Allgemeinen und Ginzelnen, bie Vorftellung von ber zebenfaitigen
Weltlyra (vgl. Nitter, Geſch. d. Philof. 1. S. 400 f. Rixner, Geſch. d.
Philoſ. I. S. 89 f. Macrob. Somn. N, 1 ff. Carm. aur. 147. u. f. w.)
iſt die Baſis der philoſophiſchen Magie. Ihr zauberiſcher Charakter fällt
noch mehr ind Uuge wenn Pythagoras neben Orpheus ald Zauberer auf-
geführt (Apulej. Apol. I, 326. Apollon. Epp. XVI, 390. u. Öft.), wenn
jene Lehre als ägyptiſche bezeichnet (ignot. auct. Collect. Chem. bei Babric.
T. XII. p. 792. Lobeck Aglaoph. II. p. 909.), wenn fie dem Orpheus von
feiner Mutter Kalliope, dem Vythagoras von Aglaophamus auf dem Berge
Pangäus mitgetheilt wird (Iamblid. v. Pyth. 28.), und e8 iſt nur eine
confequente Ausführung diefer Anſchauung wenn bie fpätere Philofopbie bie
Welt als ein hier betrachtet deſſen Augen bie Sterne, bie Sonne bad
Herz, die Leber der Mond, der Magen und die Blafe Erde und Meer freien
(Blut. fac. lun. 15,), ober wenn bie fpäteren Pythagoräer der Welt menſch⸗
lihe Geſtalt geben (Gpiphan. Haeres. 1, 5.), wenn ferner das Einzelne felbft
in befonderen Rapport mit den allgemeinen Potenzen gebraht wird, 3. B
bie Seele des Menſchen zum Mond, ber Leib zur Erbe, der Geiſt zur Sonne
(Blut. fac. lun. 23. vgl. Macrob. Somn. I, 12. Serv. zu Aen. XI, 51.),
das Bordere am Lömen zur Sonne, das Hintere zum Waſſer (Melian. Hist. -
An. X, 8.); ferner das Bold zu der Intelligibeln Welt des Empyräums,
das Silber zu der mittleren, das Gifen zur hyliſchen Sphäre u. f. w. (Proch.
in Crat. 129.). Bon felbft aber leuchtet ein wie nad derfelben über bie
ganze Welt ein Netz von ſympathiſchen und antipathiſchen Beziehungen (vgl.
Phil. de Abrah. p. 360. qu. rer. div. haer. p. 502.) verbreitet war, bei
bem eine Kette von Wirkungen möglich ſchien die, am einen einzelnen nabe
liegenden Punkt angefnüpft, durch jenen muftifchen SufammenSang fh au
auf das Gntferniefle, oder auch von einem Einzelnen auf dad Ganze und
Allgemeine felbft verbreiten. Das vermittelnde Agend dabei ik der Begriff
der Lebendigfeit. Die griechiſche Philoſophie fuchte. in Allem Leben und
Seele. Der Stein, das Eifen Hat nad) Thales eine wuyn (Ariflot. de anim,
I, 2.), auch vie Pflanzen find nad Empebokles beſeell (Blut. phys. phil.
deer. 5, 26.), begeiflet, ja mit Vernunft und Erkenntniß begabt (Arifl. de
plant. I, 1. Sext. &mpir. adv. Math. VIII, 286.), ebenfo nad Unaragoras
(Ari. de plant. I, 1. 2. Plut. Qu. mat. I. init.) u. 9. m. Und zwar ifl
dieſes ſeeliſche Weſen der Dinge völlig homogen mit ber Seele des Menſchen
oder vielmehr identiſch mit ihr, die nur ſelbſt bald als Pflanze bald ale T hier
bald ala Menſch zur Erfheinung kommt. So mar Empebofles ein Baum,
dann Vogel, dann Fiſch geweſen (Diog. Laert. VIII 77. Glem. Alex. Strom.
VI, 627. Athen. VII, 17.), und für den der Aufnahme einer Menſchenſeele
würbigfien Baum wird ber Lorbeer erklärt (Uelian. H. An. XII, 7. Blut.
Symp. II, 1. 2.). Diefe Homogeneität zwifchen dem Inneren Weſen ber
Dinge und der Seele des Menfhen war der Schlüſſel für magifhes Gin»
wirfen von biefer auf jene. Sofort reiht fih daran die Lehre von ver Met>
empſychoſe. Pythagoras zählte feine Einförperungen ſelbſt auf (Schol. Soph.
El. 62. Hieron. c. Rufin. IH, 470. vgl. Lucian. Gall. $. 18.), und ber
myſtiſch⸗ magiſche Charakier diefer Anficht fällt in die Augen wenn fie allge
mein ebenſowohl der orphifchen als der pythagoräiſchen Disciplin zugerignet
wird (vgl. Lobeck Aglaoph. II. p,795 f.). Im Platoniemus hat fie ihren
Antnüpfungspımlt in der Lchre daß das Körperleben ein Gtrafleben für
vorzeirlihe Sünden ſei (Plat. Crat. p. 400. Phaedon. p. 62.) nad dem
Verhaͤltniß ihrer fitilichen Wuͤrdigkeit iſt die Seele bei Plato in ſtetem Wechſel
des Lebens begriffen (Serv. zu Aen. III, 68. Auguft. Civ. D. X, 30.), nad
Pyothagoras gebt fie nur nad beflimmten Zeiten eine neue Geburt ein
(Sav. am a. O.). Daher geben fi vie Pothagoräer viel mit Iobten-
beihwörung ab (Auguſt. Civ. D. VII, 35. VII, 25. Varro fragm. 233,
wie der Pythagoräer Batinius, Cic. in Vatin. c. 6.). Wie aud dieſer
Theorie fi der Begriff von dämoniſchen Weſen in der Natur entwidelt
fällt ind Auge. Schon Thales läßt die Welt von Dämonen erfüllt fein
(Ariſtot. de anim. I, 2. 5.), es find die Seelen die Leinen Denfchenleib
haben. Man erkennt ganz die Zauberfprade darin wenn die Pyıhagoräer
fagen, diefe Seelen werfen Eeinen Schatten und blinzeln nicht (Blut. Qu. Gr.
89.). das Erdbeben werde bewirkt wenn die Tobten Berfammlung halten
(Aelian. V. H. IV, 17.), der Ion des Erzes und das Obrenklingen ſei Doͤ⸗
monenflimme (Aellan. am a. O. Borrbyr. v. Pyth. 41. Euftarh. p. 1062.),
ähnlich wird der Donner erklärt (Ariſtot. in Anal. Post. II, c. 30.), Alles
ift dei ihnen voll Wundern und Befpenftern (Put. Gen. Socr. 9.- Zenorb. Ep.
ad Aeschin. p. 17. Lobeck Aglaoph. II. p. 892 ff.). Das an die Mimwir
kung der Dämonen ſich anſchließende magiſche Wirken erweitert fih fofort zu
größerer Stärke in dem plamnifcken Begriff der Dämonen als höherer,
mädtiger Mittelweſen, von benen Plato auch ausdrücklich mantiſche Begei⸗
ſterung und Zauberwirkungen ableitet (Plat. Conviv. p. 1194. Phaedr.
p. 1220. Ep. 1010.). Sofort gliedert fih das Gebiet diefer Wirkungen
no weiter durch ben Unterſchied guter und böfer Dämonen, den ſchon Gmye
volles aufflelte (Plut. de or. def. c. 17.), Xenokrates in dem Unterſchied
heiterer und trauriger Feſte wieder fand (Plut. Isid. c. 26.), Plutarch aus»
führlih entwickelt (Isid. c. 25 f. u. öft.) u. A. m. So flug die Philo⸗
fophie, indem ſie von ber Volksreligion fich abkehrte und dem Reich des
Naturlebend zumandte, eine durchaus zauberifhe Richtung ein und ſchloß
‚mit der Dlagie einen folgenreihen Bund. Ale Gefäſſe des geſellſchaftlichen
Lebens wurben von magiſchen Elementen durchdrungen und gefättigt, umb
wie einft die olympifche Götterwelt auf ihrem dunkeln Grunde ſich erhoben
Hatte, fo bereitete diefe Nüdkehr des griechiihen Weifles zu dem Naturgrunde
eine neue Lebensgeſtaltung vor welche die @ötter in ihren Tiefen verſchlang.
Und wenn, wie e8 in der Natur ber Sache liegt, die fyätere Zeit der
inflinctiven Bildungskraft entbehrte um die in Ihr liegenden Keime zu einer
bischplinirten Geſtaltung im Volksoleben zu reifen, fo fanden viefelben doch
in der Theurgie der Reuplatoniker einen Brennpunkt, von welchem aus fi
ihnen immerhin ein weiter ſocialer Lebenskreis dffnete und eine fehle Organie
|
. - Wagie Bu 1889
fatton erzielte, und bie alten @ötter ſelbſt konnten enbli vor der mächtigen
Fluth der chriftliden Zeitbildung fich nicht anders retten als in dem Aſyl
das ihnen die Magie durch Verwandlung in zauberifche Dämonen bot. —
Indem wir nun zu näherer Beſchreibung ver Zauberwelt ver Alten über-
gehen, verten wir nicht nur mit Wachemuth auf eine getrennte Darftellung
der griechiſchen und röomiſchen Magie fofern letztere nur fehr wenige eigen»
thümliche Elemente darbietet (Athen. II, 2. S. 210.**), fonvdern auch mit
Lobeck auf eine ſtrenge Ausscheidung des Früheren und Späteren, des Ur⸗
fprünglichen und Abgeleiteten (Aglaoph. II. p. 899.), deren Unmöglichkeit
der von Tiedemann in feiner Abh. gemachte Verſuch auf jedem Blatte that⸗
ſächlich beweist, und begnügen und mit gelegentliden Hinweiſungen im ein-
zelnen Ball, mozu ſchon die Darflelung des magiſchen Perfonals Anlaß
gibt, die wir zunähft verfuhen. Daffelbe zerfällt von jelbft in göttliche,
heroiſche und menſchliche Zauberindivinuen, und wir beginnen, obgleih wohl
bie zweite Form die urfprünglicdere war‘, der leichteren Ueberſicht wegen mit
der erfieren Claſſe. Die Vorſtellung uͤbernatürlicher, goͤttlicher Zaubermächte
liegt in dem Begriff der Magie. Schon bei Homer tritt ald zaubermächtig
Aphrodite dur ihren Zaubergürtel, Hermes mit dem Kraut Moly und
dem zauberifhen Stabe auf (f. oben). Als wuyorounog und Tynzwp Or8igor
iR Hermes der mythiſche Typus der Tobtenbefhwörer (Hymn. in Merc. 14.).
Noch fpärer Heißt Mercur carminum auctor (Apul. Apol. p. 37.). Aphro⸗
bie tritt als Zaubergdttin auch in der Sage von Jaſon auf wenn fie ihm bie
Meden dur dad Rad mit der Iynx und dur Zauberfprüde gewinnt
(Pind. Pyth. IV, 380 ff. vgl. Apul. Apol. p. 37.). Zur eigentliden Zauber»
gottbeit aber geRaltete die Sage die Hekate. Urfprüngli Heilbringende, Uebel
abwehrenne Goöttin (Heflod. Theog. 411:), gab die Verbindung in welde
fie mit der Perfephone In der Demeterfage trat, Anlaß fie zur großen Gott-⸗
beit der unterirbifhen Zaubermelt zu entwickeln, die ald Brimo Fürflin der
Schatten if (Apollon. Arg. III, 862.), von ihnen begleitet ald vußadı
die Gräber durdtobt, mit Fackel und Schwert, Schlangenhaaren, von
Hunden umbellt (Apoll. II, 1212 f. Luc. Philops. c. 14. 22. Hor. Sat.
I, 8, 33. Schol. Ari. Ran. 295. Eccies. 1049.), von den Crinnyen um»
geben (Orph. Arg. 948 ff.) aufıritt, mit drei Häuptern die Kreuzwege bes
wacht, als Arsaia die Dämonen ſendet (Heſ. v. Arraia), deren Myſterien
mit Donner und Blitz und Gefpenflerfpud aller Urt begangen wurden (Bio
Ghryf. Or. IV, 168. Serv. zu Aen. IV, 510.). Sie mwirb bei Bereltung
von Zaubermitteln angerufen, denen fle ihre Kraft verleiht (Apollon. III,
860 f. Iheofr. II, 15. Virg. Aen. IV, 511. Dvid Met. VII, 194. Hor.
Ep. V, 57. Sat. I, 8.), if ſelbſt ein Hausdämon (Heſ. Qachrnos). Bol.
d. Art. Hecate, Bo. III. ©. 1086. Wachsmuth, Athen. II, 2. S. 242 ff.
An fie reiht ſich die durch ihre ſchweifende Art (ooßas, reodius, Phil.
Profug. p. 472. de merc. meretr. p. 862.) und als Mondgoͤnin zur Zauber»
görtin ſich eignende Artemis an melde die Kolchierinnen Zauberfprüche lehrt
(Stat. Theb. IX, 733.), Wahnflnn wirft (Sippofr. de morb. virg. c. 3.
Sor. A. P. 433.), mit Medea (Diod. IV, 51. Dal. Flacc. V, 240.) und
Girce verbunden ift, deren Kräuter Dianae herbae heißen (Claud. XXVI,
441.), wie fle felber 5 uayos (Zatian Or. c. Gr. c. 8.), und nod in der
chriſtlichen Zauberwelt fptelt fie mit Minerva, Herodias und Satan ihre
Mole (Aug. doctr. christ. I, 23. Concil. Ancyr. bei Wierius de praestig.
p. 235. cf. Lobeck Agl. II. p. 1090.). Borzüglih geht vie Zauberei im
Gefolge der phrygiſchen Göttermutter einher. Phrygiſche Priefler
kochen Gift und treiben Zauberei (Phil. spec. leg. 792.), phrygiſche Auf⸗
züge heißen yorzeias nal nayeimı xal megögouei nal tuunanouoi nai nad-
apnos (Blut. Superstit. c. 12.), der Wahnflnn der in ziegenartigen Lauten
1899 Magie
ſich äußert, iſt ihr Werk (Hippokr. de morb. saor. s.2.), und bei ner Thier⸗
beifzauberei fpielt fle eine Hauptrolle ala die Bergmutter (Dio Chryfofl. Or. |
I, p. 61. Diod. I, 57.). Aber auch die anderen Götter zog ber Poͤbel
der Zauberer in feinen Kreis wenn bei Sippokrates das Pferdewiehern im
Mahnfinn von Pofeldon, das Schäumen von Ares, dad jähe Auffpringen
von Hefate u. f. w. abgeleitet wird (de m. sacr. am a. D.). Zulett
werben aud Zeus (Gebren. Hist. I, p. 16.), Hephäſtus (ib. p. 19.),
Kronos (Izetz. Eug. p. 81.) zu Zaubergöttern. Der natürlide Drang der
Magie fih in ihren Vorflelungen felb zu überbieten flellte aber ſpäter
diefe Zaubergötter gegen andere, fchauerlicdere Weſen in ben Sintergrund.
Mit einem folden wird ben unfolgfamen Schatten gebrobt bei Lucan (Phars.
VI, 745.), und die Audleger erfindın für daffelbe den Namen Demogorgo
(Geyne dissert. de Demogorg. s. Demiurgo, Lobeck Agl. I. p. 598.), und
bei Statius droht Tirefiad gar mit der böchflen Dreiheit, quem scire ne-
fastum est (Theb. IV, 516.). Gehen wir,zu beroifhen Zauberweſen
über, fo fleht e8 der urfprüngliden, mehr unbeflimmten Haltung ber Ders
fteßung nahe wenn mit dem Begriff des Heros ſich überhaupt der Des un
heimlichen Zaubers verbindet. Ginem Heros bei Nacht begegnen bringt Leiden
bed Leihes und Geiſtes (Arifloph. Av. 1490. Schol.). Gin folder Heros if
der Iacevämonifche Aftrabarus, der mit der Brau bes Königs Arien in ber
britten Nacht nad ber Hochzeit den Demaratus zeugte und fpäter ale Dämon
ſigurirt (Herod. VI, 61 ff. Clem. ler. Protr. p. 35.), ferner ter Dämon
von Temefla, ein @efährte des Odyſſeud, den die Einwohner fleinigten megen
Nothzucht eines Mädchens, worauf er die Gegend ſchreckte (Pauſan. VI, 6.
Aelian. V. H. VII, 11.), der Dämon Sybaris oder Lamia am Barnof
(Anton. &ib. 8.), der Waſſergeiſt Sintes (Fonar. Lex. p. 1640.) u. U. m.
Dei Homer treten als ſolche Zauberweien die Sirenen Agamede, Helene
und Girce auf (f. oben). Jene kehrt wieder als Perimede bei Iheokit
(ldyll. 11, 15. 16. Schol.), Helene trägt in fpäteren Sagen den Bafllisten-
flein des Panfiſchs im Siegelring ald mächtiges Liebebzaubermittel (Prolem.
Sephäft. ap. Phot. Cod..190.), und in ihrem Heiligihum wird der Frau
jenes Königs Ariſton die Babe aus dem häßlichſten Kinde die ſchönſte Frau
zu werben (Serod. VI, 61.). Girce verwandelt In fpäterer Sage auch bie
Scylla und den Picus, König der Auſonen (Ovid Met. XIV.) und wird zur
Tochter der Hekate (Arollon. Arg. 111, 200. Schol. 7 ucyoc Kipxn, Plotin.
Ennead. I, 6, 8.), welde bie Argonauten durch gauberifche Weihen vom
Morde des Abſyrtus reinigt (Apoll. IV, 689.). An Girce reiht ſich, ihr
verwandt (Apollod. I, 9, 1.), die Medea an. Tochter des Aeetes und der
Hekate, deren Prieflerin fie au iſt (Diod. IV, 45. GEurip. Med. 395. Arol.
Arg. Il, 242. 860. 888.), Iernt fle von ihr die gapnan« Iennen (Died.
IV, 46.), bereitet dem Jafon die Zaubermitiel zu Gewinnung des gelvdenen
Bließes (Apollon. III, 844 ff. Apollod. I, 9, 23.); und fon alt iR die
Nachricht von der Berjüngung des Aeſon dur fle (Phererpp., Simon. und
die Noften ap. Eurip. Med. argum. p. 174.), auch gehört die Geſchichte von
dem Brautfleiv ver Blauce oder Kreufa bieher (Apollod. I, 9,28.). Sofort
wirb Medea in der poetifden Sage gleihfam das Ideal der Zauberei, beren
verfchiedenartigfle Wirkungen ihr zugefchrieben werben. Sie regiert bie Wolken,
bezaͤhmt Schlangen, entwwurzelt Bäume, erſchüttert Wälder und Berge, be
ſchwoͤrt Todte, zieht den Mond herab, veriheucht die Morgenröthe w. f. w.
( Ovid Met. VII, 199 $.). Noch iſt in Berbindung mit der kolchiſchen Zauber⸗
familie Paſiphae zu erwähnen (Apollod. III, 15, 1.) als der Kräuter
Eundig u. U. m. Bon männlien Zauberheroen gehört hieher Berfeuß,
Bater der Hekate (Apoll. Arg. III, 1035.), der durch feine Bauberkunft (zayın,,
swaordias), vie er von Beus lexnte (Chron. Pasch. p. 38.), bie Mebufa, ein
Niagia 4301
ebenfalls magifches Weſen überwand (Rucian Philopatr. c. 9.). Befonbers
bedeutend aber als Zauberberos ift Herakles, der Daftyle, von dem bie
Weiber ihre Zauberfprüde entlehnen und Amulete tragen (Diod. V, 64.),
dem man Xobtenopfer bradte (Gic. Nat. D. III, 16.), der als helfender
Bott mit der großen Mutter und ben Diodkuren verehrt wurde (Arifliv. Or.
in Aesc. p. 32.), auch mit Perſeus combinirt wird (Plat. Alcib. I, p. 221.).
Um Andere zu übergehen erwähnen wir noch ber Kabiren, ber lirheber zau-
beriſcher Gejänge und Weihen (Eufeb. Pr. Ev. I, p. 39.), in deren Namen“
Axio⸗kerſe und Axiokerſos Schelling das Wort wor, zaubern wieder finden
mil (ſamothr. Götter S. 16 f. 63 ff.), und ald der italifhen Mythologie
eigenthümlich der Dämonen Picus und Faunus, welche dadurch daß fie Numa
muß binden laſſen um ſie ſich dienſtbar zu machen, an Proteus, Nereus
und ähnliche Wefen erinnern (Blut. v. Num. 15. Ovid Fast. III, 290 ff.
Valer. Ant. ap. Arnob. V. init. vgl. Virg. Georg. IV, 405. oben ©. 1385.)
An diefe Zauberbämonen reiht fich fofort eine Zahl claſfiſcher Zauberfamilien
von gleihem Charakter an. Im Vorbeigehen find zu ermähnen die Aſkle⸗
piaden (Sprengel, Gef. d. Arzneik. I. 236 ff.) mit ihrer myſtiſchen Dis⸗
eiplin; beftimmter gehören hieber die Korybanten und Rureten fofern
fie mit der Hefate und Cybele in Verbindung gefeht werden (Strabo X,
p. 205. Diod. II, 54. Nonn. XII, 402. Schol. Xrift. Pac. 277.) ale
Urheber der zauberifgen Weihen ; befonders aber die idäüſchen Daktylen
welche, Gefährten der Rhea, ſich mit Zauber, Biften und Begengiften befaflen
(Pherecyd. u. Hellan. ap. Schol. Apoll. I, 1126. 1131. Strabo X, p. 214.
Blut. v. Num. 15.), die epbeflihen Buchſtaben erfinden (Clem. Uler. Strom.
1, 360.) und zanberifche Weihen, Beihmörungen und Diyflerien einführen
(Diod. V, 64.), ferner die Telchinen, ——— xal yontes (Stob. Serm.
XXXVIH, 225. Zenob. Cent. V,41.), deren Name BeAyires von Hurya fie
als Zauberer bezeichnet (Wachsmuth, hell. Alterthumsk. II. S. 454.), melde
Wetter, Schnee und Regen maden, fi beliebig verwandeln (Diod. V, 55.),
mit Aygifchem Waſſer Thiere und Pflanzen verderben (Strabo XIV. p. 601.
Suld.v.98y.). An fie fehliebt fich fofort eine Menge niederen dämoniſchen
Zauberpöbeld an, wie die an Kreuzwegen lauernden Kerkopen (Suid. v.
Evovß.), die Empuſe, die bald ala Einzelmefen, bald in Bamilie auftritt,
bei Ariſtophanes einen ehernen und einen Eſelsfuß und feuriges Geſicht bat,
fig ſchnell in einen Ochſen, ein Maulthier, eine fhöne Frau, einen Hund
verwandelt (Ran. 295. Schol., Eccles. 1049. cf. Philoſtr. v. Apoll. II, 14.),
befonberd aber darauf aus iſt ſchöne Iünglinge zu verführen, um nad ber
Bermählung ihnen das Blut auszufaugen (Blutausſaugen Zeichen von Liebes⸗
luſt, Lucian Musc. Enc. $. 10.). Apollonius entlarvt eine Empufe, die ſich
mit feinem Schüler Menippus verheirathet, an der Hochzeit, worauf fle mit
dem ganzen Beflapparat verſchwindet (Philoſtr. v. Apoll. IV, 25.). Aehnlich
find die Gelluden, die fhon Sappho gekannt Haben foll (Zenob. Prov. III,
3.), nach dem Glauben ver Lesbier frühverſtorbene Sungfrauen, melde Kinder
tödten, ihre Leber frefien, durch die Luft fliegen, durch Schloß und Riegel dringen
(30. Dam. tract. de strig.). Mit ven Empufen verwandt find Die tamien,
bie ihren Namen von ihrer Gefräßigfeit haben (or. Ep. I, 13. Schol.),
und mit der Mormo, wovon uopuoAvoon, uopuoAvneor, Gefpenfter find
mit denen man Kinder ſchreckte (Kucian Philops. 6. 2. Ariftoph. Equit. 690.
Schol. Iheofr. Id. Adonıel. v. 40.). Berner find hieher zu ziehen die
Strigen (striges, oreiy&, von stridere, Dvib Fast. VI, 139.), vogelartige
Zauberbämonen (Ovid Am. I, 12. 20. Met. VII, 269. Kor. Ep. V, 20.
Seneca Med. IV, 731. Plin. H. N. XI, 39.), die den Kindern die Brüfle
reihen welche giftige Milch geben (Seren. Sammon. de medic. 59. 1044.),
ober ihnen Blut und Cingeweide audfaugen, woher man von fchlechten Köchen
%
—
1382 Magie
fagte fie würzen mit Steigen (Plaut. Pseudol. III, 2, 31.). Als fie hen
Vrocas von Alba angriffen, vertrieb fie die Nymphe Grane indem fie das
Haus durdräuderte, die Bingeweide eined Schweind opferte und einen Weiß⸗
born ans Fenſter ſteckte (DOvid Fast. VI, 131 ff.). Männern rauben fie die
Mannedfraft (PBetron. Satyr. 134.). Soldan hält fie nit eigentlih für
Dämonen, fondern für alte Weiber die fi wie die Kupplerin Dipfas (Ovid
Amor. I, 8, 13.), die Bamphile des Lucian und Apulejuß (Asin. c. 12 f.
u. Metam. 1.) in Bögel verwandeln, was auch Feſtus beflätigt (Iragm. e
cod. Farn. L. XVII. Solvan ©. 43 fj.). Endlich find no zu erwähnen
bie vielen ſpuckenden Geiſter Verftorbener, welche die Menſchen quälen,
Zarven genannt (Aug. Civ.D. IX, 11.), 3. B. der Hecuba welcher ven Oppfieud
(Schol. Lyc. 1030. 1176.), des Argos welcher die Io verfolgt (Aeſchyl. Prom.
570.), ded Sehers Carnus (Bonon c. 26.) u. U. m. (vgl. PBaufan. II, 3.
IX, 88. Pind. Pyth. IV, 283. Tʒetz. ad Lyc. 174. Lobeck Aglaoph. 1.
p. 302. k.). — Indem wir zu dem menſchlichen Zauberperfonal äber-
geben, begegnen und auf der Grenze des Mythiſchen gewifje bedeutende Namen
welche nicht ſowohl nach ihrer individuellen Stellung aufzufafien find als
nad der typiſchen Bedeutung die fie für das magiſche Bewußtſein der
Griechen erlangt haben. Wie es ckafflihe Zanberflämme und Zaubervöller
gibt, fo gibt ed auch claſfiſche Zauberindividuen, auf deren Namen das volka⸗
ſthumliche Bewußtfein den ganzen Inhalt feines magiſchen Lebens und Glau⸗
bend aus allen Zeiten übertrug, um ſich barin objectiv zu werden. Der
bedeutendſte Name dieſer Art iſt der des Orpheus, der burd Die Zauber»
macht feiner Mufik die wilden Thiere bändigt, Steine und Flüſſe rührt
(Surip. Iph. Aul. 1211. Apollon. Arg. I, 23f. Ser. Od. I, 12, 7.),
weßhalb auch Ampbion mit ihm ald Zauberer verbunden wird (PBauf. VI,
20.), die Argo dadurch ind Meer zieht (Orpb. Argon. 264.), die Symplegaben
hemmt (ibid. 702.), den Draden beihwört (ib. 999.), feine Frau auß ber
Unterwelt Holt (Ovid Met. X, 40. Virg. Georg. IV, 453. Orph. Arg. 40.),
die Hecate ruft (Orph. Arg. 940.), die Dionpflen erfindet (Apollod. 1,3, 2.),
zauberifche Sühnen übt (Orph. Arg. 570. 614. 1363. Jambl. v. Pyth. p. 191.
Lobeck Aglaoph. I. p. 237.), ein magiſches Drafel fliftet (Eurip. Ale. 969.
Cyel. 640.), dur defien Namen ſich Pythagoräiſche Inflitute und Lehren zu
fanctioniren fuchen (Seelenwanderung, Plat. Crat. p. 400. @urip. Hec. 1267.
Schol., orpbifches Xeben, @urip. Hippol. 953. Lobeck Agl. II. p. 800 f.)
Pythagoras ſelbſt ſchließt fi zunähft an Orpheus an (Apul. Apol. I,
326. Apollon. Epp. XVI.). Seine ganze Erfheinung macht, quch nad) Abzug
alles ſagenhaften Schmudd, durchaus den Gindrud eines großen Magus.
Hieher gehört außer feiner Lehre (f. S. 1387.) der pythagoräiſche Bund, das
pythagoreiſche aſcetiſche Leben, ſtets mit myſtiſchen Beziehungen (Enthaltung
von Hülfenfrüchten, Blut. Qu. Rom. 95., Malven, Jamblich. v. Pyth. p. 109.
vgl. Lobeck Agl. II. p. 899., Siem, Plut. Sympos. II, 3., wollener Kiei-
dung u. f. w.), feine fabelhaften Reiſen (Blin. XXX, 1.), feine Berbindung
mit den Juden, Brabmanen, Galliern (Glem. Alex. Strom. I, p. 357 f.),
mit den Aegyptern, perfiſchen Magiern (Gic. Fin. V, 29.), mit Samothrate
und den Orphifern (Jambl. v. Pyth. p. 139.), dad Alles macht ihn in ganz
befonderem Sinn zum typiihen Magier, ald der er auch durchgängig erſcheint
(Diog. Laert. VIII, 36. Lucian vit. auct. 6. 2. Somn. $. 4. Plut. v. Num.
c. 8. Ariſtoph. Nub. 570. Schol. u. A. m.). Gr geht in den Hades, wo er
die Seele Heſſods an eine Säule gebunden flieht und ſtöhnen hört (Hieren.
bei Diog. Laert. VIII, 21.), befaßt fi mit zauberiihen Geſaͤngen (Jambl.
p. 108. 148. Plut. de mus. c. 37.), Kräutern (Plin. XXIV, 17. u. öft.),
magiſchen Weihen und Gühnen (Jambl. v. Pyth. c. 28. p. 191. Philoſtr.
v. Ap. VI, 5.), Rekromantie und Hydromantie (Aug. Civ. D. Vil, 35.)
|
Magie 4398
Eine ähnliche Zauberfigur if Empedokles, deſſen Schüler in ber Magie
der Leontiner Gorgias war (Diog. Laert. VII, 59.), der eine Frau wieder»
belebte (ib. 67.), zauberiide Gühnen betrieb (Bhiloflr. v. Ap. VI, 5.) und
in feinen Sragmenten zu lehren veripricht, Erregung und Stillung ber Stürme,
Belebung der Todten (Diog. Laert. VIII, 59. vgl. Phil. v. Ap. VIIE, 7.,
und VIII, 60., «wAsbareuog, Jamblich. vit. Pyth. p. 128., xoAvanreupg,
Gtem. Alex. Strom. VI, p. 267., fit eine Bet, Plin. XXXVI, 27., mit
Abaris, Ariſteas u. A. zufammengeftellt, Jambl. p. 110.). Fuͤr die fpätexe
Zeit iſt unter den Griechen eine .foldhe typiſche Figur der Berfer Oſthanes,
mit Orpheus, Pyhagoras u. f. w. zufammengeflellt (Apul. Apol. I, 326.),
son welchem Plinius die griekiihe Magie überhaupt ableitet (H.N. XXX, 1.),
‚der über verſchiedene Zaubermirfungen ex aqua, sphaeris, are, steilis, lu-
‚cernis, pelvibus, securibus, beſonders Todtenbeihn dung durch dieſe Mitel
(Blin. 1. 1.) ferner Über Symparhie und Antiparhie der Dinge (Iarlan
c. Gr. 56.) geihrieben haben toll. Als Schüler des Oſthanes den er als
Dberpriefter in Aegypien kennen gelernt babe (Eufeb. Chron. I,p. 43. Syncell.
Chronogr. p. 198.), wie ala @rftärer der Schrifien des Dardanus (Plin.
XXX, 1.) und fofort als Hauptzauberer wird der fabelbaft viel gereiete
Demotfrit (vgl. d Urt. Democr., B». II. ©. 947 ff.) genannt. Als ma⸗
giſche Schrifien von ihm werden angeführt Chirocmeta (Plin. XXIV, 17.
Vitruv. IX, 3. Galınaf. ad Solin. 69. p. 775.), de Chamaeleante, (Plin.
XXVIII. 8.), vnoronuase (Wolum. V, 5.), nepi arıınadawr u. U. m.
Tiedemann fuhrt feine magiıche Berühmibeit aus Mißverfland feiner Lehre
zu erklären, indem er vielmehr ald Wegner der Magie auftrete und fie durch
den Beweis befireite bag ihre Wirfungen nur auf verborgenen natürliden
Kräften der Dinge beruhen (dissert, p. 38.), wovon Solinuß (c. 3.) ein
Beifpiel erzählt und wofür auch das Urtheil ded Gellius über die Sucht ber
fonderd des Plinius ſprechen kann, ihm falfhe Bücher zu unterihleben unb
Babeln von ihm zu erzählen (Gel. X,12.). In der Richtung. der vulgären
Magie ſchließt IH an Orpheus und Pyıbagoras an Melampus (Plin.
H. N. XXV, 1., uarzoueyog, Gudoc. p. 236.), der Erfinder der yarrımm,
da Yapuarıı nai xadepuor (Apollod. 11, 2, 2. Pauf. VIII, 18. Herod.
II, 49.), dem die Schlangen die Ohren geledt fo daß er die Stimmen der
Vögel verfland (Apollod. 1,9, 11. vgl. Ayollon. I, 118. Schol.), ferner Epis«
menides, mit Orpheus und Pyıhagorad zuiammengeflelt (Apul. Apol. I,
326. Val. dv. Art. Epimenides, Br. II. ©. 192., nadeerns, Jambl. v.
Pyth. 28. Clem. Aler. Strom. VI, 755.). Mufäus (Herov. VII, 6. Plat. -
Protag. p.-316. Theophr. H. Plant. IX, 21. Apollon. IV, 196. Schol.),
Euflue (Bauf. X, 12, 6. 14, 3.). Bafis (vgl. d. Urt. Bacis, Bd. I.
©. 1038., daher Bader, Ariſt. Pac. 1072., mir Mufäus verbunden Herod.
VII, 96. Bauf. X, 14, 3.; über den vulgären Bebrauch feiner Sprüche vgl.
Arift ph. Equit. 997 f. Av. 960f. Börtiger, Ip. 3. Kunflmytb. I. ©. 108 f.
Wachomuth, hellen. U.R. I. S. 596.), ferner Abaris (Oerod. IV, 36.
Plato Charm. p. 158. Bel. d. Art. Abaris, Bo. I. ©. 2. Lobeck Agl. 1.
p. 314. p.), Ariftead (rgl. d. Urt. Bo. I. ©. 754.) u. A. m. Bon
Familien dieſes Charatterd find zu nennen die Jamiden in Elis, Syrakus
u. ſ. w. (Böckh Explic. ad Pind. Ol. 6. O. Müller, Der. I. S. 117. 142.
255 f.). die Klytiven, Nachkommen des Melampus (Pauf. VI, 17, 4.),
bie Telliaden, die alarnanifgen Manten (Wohemub, bel. AR. -
II. ©. 595.); ferner nebören bieber die Sibyllen (vgl. d. Art. Divinatio,
Br. I. ©. 1155 ff. Böniger I. S. 105 f. Wachemuih I. ©. 897.; vul⸗
gärer. Charakier verfelben Clem. Alex. Strom. I, 319. Ariſt. Bquit. 997.,
daher aßvAkar, ib. 61., aßvAdairen, aßvAdorei, cl, Drig._c. Cels. V,
Baniy, Reats@ncyelop. IV. - .. 83
1394 _ Magis
6. 61.). Endlich erweitert ſich der Kreis ind Unbeſtimmte in ben undiſci⸗
ylinirten Schaaren ded gemeinen Zauberpöbeld. Dabin gehören die Droheo-
teleflen, die Agyrten, Menagyrien (nah Börtiger J. ©. 138. Bettel-
priefter des Mrv, vgl. Mrvn, vhryaiſche Böıtin, Lucian Jup. trag. 6.42. eſ. F. 8.,
‚ nah Andern von ihrem monarlich wiederkehrenden Beiteln, Lobeck Agl. I.
p. 845. ĩ. Vgl. d. Art. "Avorms, Bo. 1. S. 230 f.), Metragyriem,
von der großen Mutter benannt (papuanouarseız, iarpouarres, anouaxtel,
nadaprai, BouoAoyor; ihr Treiben beichreiben 3. B. Martial. XI, 85. Gen.
de brev. vit. 26.), deren Anhang befonders alte Weiber bilden (Strabo VII,
723. Iambl. Myst.X,71.: syxvAmiorgia, nspınarıpıas, yoaizs BoouoAoyos,
xaddergiai, äygurpioroms, piatrices, alıe Weiber zaubern bei Theofr. IE, 92.
Ovid Am. 1, K, d. vgl. Fast. Il, 571. tb. I,2, 42., die cantatrices ani-
eulse Apul. Met. II, 38. Xucian Dial. Meretr. IV, 6.1. Philoſtr. v. Apoll.
DI, 43. u. dft.) mit ihren zauberifhen Weiben und, Gühnen (nadapyoi,
dupız, telseei, Rrguayriotuia, EyavÄniozgm, Ta 87 Tais T0L0d0ı: nadappara,
purgamenta in trivio), deren Bauberweien fehr lebhaft geichildert wirb von
DBi.Hippofrated u. A. m. (de morb. sacr. p. 303. Plat. Rep. II, 364.
Bhile de special. legg. II. p. 792. Demoflh. pro Coron. p. 314. Vgl.
Xobel Agl. Orph. P. II. c. VIII. 6. 3f., viele Romdvien über diejen Gegen⸗
Rand, vgl. Lobeck Agl. I. p. 628 f.), und Theilnahme auch in ben hödflen
Gloflen der Geſellſchaft fand (Plut. v. Cleomed. 27. Etym. M.v.TaAdng).
@ie find das Gefolge der Böıter des bacchiſchen und phrygiſchen Dienfles,
wer Aphrodite Koliad, der Genetyllis, Kybele, Bendis, Kolytto, der großen
Mutter (Lobeck Agl. I. p. 629 f.). Berühmt in dieſem Gharakter iſt bie
Glaukothea, Mutter des Heichines, der feld unrgayvornc heißt (Olympiod.
in Alcib. p. 159.) wie feine Mutter reAsorpın (Suid. v. Aloyirne), rvuac
org (Eucian Bomn. $. 12.), fogar Empuſa (Anecd. Bekk. p. 2%0.),
ferner die Ninus und Theoris, welde bingerihiet wurden (Demoſth.
fals.-leg. p. 431. Schol., c. Aristogit. I, p. 793). Zu dieſem Pobel ger |
Selen Ab dann noch die Schwärme von Menſchen bie unter dem Namen
und der Firma der Magier, Babylonier, Chaldäer, Mathemariler, IA
Rieſter (vgl. Lucian. Philops. 34. Ennius ap. Cic. Div. I, 58.) u. f. wm.
Ro Aber alle Länder ergoßen. Habſucht, ſchmutzige Gemeinheit, Xafter und
Berrügereien aller Art waren bie Züge wodurch ſich dieſe Menſchenklaſſe be-
mertlich machten welche Alle verabſchenten und doch Ale brauchten (Soph. Oed.
tyr. B7. von Tireſias, Hippokr. morb. s. am a. O. Plat. am a. O. Legz.
X, R 809. Liv. IV, 30. XXV, 1. Valer. Mar. J. 8. Tac. Hist. I, 22.
u. öft.). Endlich Haben wir noch einige der Volkoſtämme und Völker
zu nennen, bie im Zaubernefen clafflihe Bedeutung erhielten. Das claſſtſche
Bauberland der griech. Urzeit ift Kolchis wo die Zauberfamilie des Aeetes
haust (venena Colcha Hor. Carm. Il, 13,8., herbae Medeae ib. I, 2, 51.,
flammae Colchicae Hor. Ep. V,25. Ovid Rem. Am. 261.). Auch Iberien
wird neben Kolchis genannt (Sor. Ep. V,21.); ein Hyperboräer wir Za⸗
‚molzis (Gfem. Aler. Strom. IV, p. 213.) welder Zauberiprüde anwender, umd
Abaris genannt (Plat. Charm. p. 196.158 f. Glem. Aler. Str. I, p.144. Eucian
Philops. c.14.), und Orpheus mit feinem Zanbercalt wird nah Thracien
derlegt das auch die Äeimath der zauberkundigen Olympias (Blut v. Alex.
ce. 2,) und der mantifden Frau des Spartacus war (Plut. v. Crass. c. 8.).
‚Später if befonders Ihefialien das Rand ver Zauberei, wohin die Sagen
‚von Ghiron, Jafon u. |. w. gehören. Medea bringt eine Kiſte voll Zauber:
Iräuter bahin, wo Fe dann üppig wuchern (Sul. v. Bersaln zur. Ariſt
Nab. 749, Schol. ODold Met. VIE, 224. 264., Zauberſprüche Apul. Met.
N, 26. Sucan. VI, 693., alıe Weiber Luclan Asin. $. 1 ff. u. dft., Monb-
sauberinnen Plat. Gorg. p.513. Anthol. Brunck. IH, 172. Mer. Ep. V, 24.
Magis 1698
Mut. def. orac. c. 18. Ari. Nub. act. I. se. 1.p. 169. Pat. Gorg. p. 349,,
Todtenbefhrrörer Curiv. Alc. 1128. Schol.. Plut.'Ouno. ueler. $. N. XV.
Pp. 817. Hutt., Liebeozauber Blut. conj. praec. p. 418. T. VII. Lucian Dial,
meretr. $.1.). Auch bie Afarnanen f&einen in ſolchem Ruf geflanden zu fen,
Alciphr. III, 44. Lobeck Agl. I. p. 310. m.). Bei den Römern gelten als
Zauberflämme die Etrusfer, Sabiner und Marfen (Sabella carmina,
Marsa Naenia, Hor. Ep. V, 76. XVII, 28. Sat. 1,8. Virg. Aen. VII, 758. Ovid
Art. Am. 11, 102.), ferner nennt Blinius die Biyller in Libyen als Schlangen⸗
beſchw õörer (H. N. VII, 2. VIEH, 25. u. öft. Aelian. H. An. XVI, 27. 28.),
die Thibier in Pontus (Blin. VII, 2. Blut. Symp. V, 1. GStepb. s. v.),
Herodot ein anderes libyſches Zaubervolk (II, 33.). Später führte man
alles Zauberifhe narürlih auf Aegypien, Aſſynien (iheofr. Id. II, 160 f.),
Chaldäa, Babylon, Perſien, Syrien zurück (2ucian D. meretr. 4.). —
Indem wir nun zur Darflelung_dver Magie in ihren einzelnen Erſcheinungen
fortgehen,, und zwar zunächſt der bivinatoriihen Magie oder Mantik, if
bier die narürlihfle Ordnung bes Stoffe die na den Kunftmiteln ſich er»
gebende,, da die Wirkung immer nur bie Bine eines zauberiiden Gıkeumms
il. Wir begnügen uns eine kurze Skizze des Hergehörigen und etwa erfor⸗
derliche Sıgänzungen befien zu geben was ber "Art. Divinatio, ®p. U. .
S. 1113 ff. darüber enthält. Wenn vie Weiffagung 3. B. der Orakel an
den Baum, das Erz, Quellwaſſer, Erbpämpfe, Erdfeuer, thieriſche Lebend⸗
äußerungen, an daB Geſchlecht (Strabo VIII, 402.), die Kamille, an patho⸗
logiſche Zuflände gebunden ift (Divin. ©. 1120 ff.), fo liegt in dieſer Ge⸗
bundenheit des Goͤttlichen an zufäßige Bedingungen die ver Willfür des
Menſchen mehr oder weniger bingegeben find, ein zauberiſches Element. No
mehr iſt dieſes der Ya wenn die göttlide Mitiheilung durch beſtimmte
Mebungen und Vorbereitungen bebingt if, ald Bäder, Räucherungen, Faſten,
Dpfer, Keuſchheit, Trinken von O:pferblut u. dgl. (Wahsmuth, hell. A.K.
11. ©. 585 ff.). Es begegnet und in diefer Ginfiht bei den Orakeln, bes
ſonders dem des Trophonius ein Apparat von Gärimonien ber ganz zeube-
rifhen Charakter hat und dem Treiben der vulgären Magie analog iR (vgl.
Ovid Met. VII, 239 ff. u. Öft.). Berner zeigt fih die Macht ber menſch⸗
lichen Willkür über das Bärtlihe durchgängig darin daß ihr die Deutung
der Sprüde ganz heimfält. Linter den mantiihen Kunſtmitteln iſt zuerſt zu
nennen bie Beobachtung ven Naturericheinungen. Die Aftrologie um
Benethlialogie kam ohne Zweifel vom Drient na Briehenlend, tie
häufig angenommen wird, durch Berofus, einen babyloniichen Priefter, gu
Alezanderd Zeit (f.S. 1383.) ; bie fpätere Sage nennt Orpheus als Ernder
(Zuc. de astrol. e. 10.), und Lobeck bezũchtigt mir Beziehung auf Herch.
I, 82. vie Orphiker fie aus Aegypten gebracht zu haben (Agl. I. p. 427.).
Zagwählerei kennt fon Helen (Op. et D 765 f.), doch ohne aftrologiche
Begründung. Lieber die Disciplin ber Aftrologie (Adoroomonia, Kerm. in
Phaedr. p. 109. Gyncell. Chron. p. 12.; aorepomosia, Artemib. II, 26.;
aoregnononei,, Gert. c. Astrol. V,342.), ihre Berbreitung und Berfolgung
vgl. Divin., Bd. II. ©. 1151 f. 1168 f., Astrolog., ®». I. ©. 878., Bahy-
lonia, ib. ©. 1034. und Mathematici. Das Gerücht der Chalväer, Mathe⸗
matiker, Babylonier, wie die Afrologen und Nativttärzfteller hießen, ver⸗
breisete ſich weit und breit. Viel wird von ihren Wanderungen duuch Griechen⸗
land gefabelt (Kob. Agl. I. p. 426.d.). Chaldäer weifjugen dem Curipides
einen Gieg (Well. KV, 20.), Plato und Theophraſt werden als Freunde
ihrer Philofophie genannt (Unna Bay. Tbeophr. p. 621. Proc. Tim. IV,
285.), welche über Tod und Leben bes Menſchen, Wärme una Kälte bes
FJahreszeiten w. f. w. weifjegt. Unter den zömiichen Gegnern berielben find
zu seumen Gate (B. R. e, 5.), Banind (bei Eic. Div. I, 38.), Ascitus
1896 Magin
(Bist: I, 22.) u. A. m. (Divin. &. 1153.) Tiberius war ihnen Anfangs zus
getban (Zac. Annal. Vi, 20.), Libo Drufus bedient fi ihrer zu feinem
Berverben (Ann. II, 27 ff.), Furius Scribonianus fragt fie über den Tod,
Lollta über die Vermählung des Claudius (Ann. XII, 22. 52.), Aprippina
hält fih an ihre Sprühe (Ann. X, 68. vgl. XIV, 9.), zmei Bürger
follen dem Nero die Nativität geftellt haben (Ann. XVI, 14.) der felbfl der
Magie zugethan war (Blin. XXX, 2.), Servilia fol die Magier über das
Schickſal ihres Baterd und die Dauer feiner Ungnade befragt haben (XVI,
30.), Otho empört ſich in Folge ihrer Welffagungen (Hist. I, 22.) u. A. m.
An die Aftrologie reihe ih die mantiſche Beobadtung von Donner und
Big und anderen meteorologifhen Phänomenen (vepooronia, Sync.
Chron. p. 12.; areuomoria, Voß Idol. II, 14. 2ob. Agl. I. p. 362.;
vgl. darüber Artemidor IH, 41.; Divin. S. 1157 ff.); aber au in Sparta
fand alle neun Jahre eine Himmelsfhau durch die Eohoren flatt (Blut.
Agis c. 11.), in Athen vor Abfahrt der velifchen Theorie dur die Potbaiften
d. Müller Dor. 1. ©. 242. Wachsm. bel. Alterthumok. II. ©. 599.).
teran reihen wir die Mantif aus menſchlichen Zuftländen. zunähfl Traum-
dDeuterei. Die Traumdeuter (coniectores) nennt Wachemuth „orientaliſches
Gezücht““ (11. S. 600.). Allein ſchon nah Homer ift der Traum von Zeus,
nah Pythagoras von Göttern und Dämonen (Diog. Laer. VII, 52.),
ebenfo na Blato u. f. mw. Nah Nemellus follen die Pythagoräer nur
‚ diefe Art von Mantif geübt haben (Nat. Hom. XH, 201.). Eurivides flellt
fie auspıädlich der apolliniſchen Weiffagung entgegen (Iphig. Taur. 1264.),
Denone lernt fie von der Rbea (Parihen. c. 4. Clem. Al. Strom. I, 3384.)
und fo fcheint dieſe Mantik beionderd don dem niederen bacchiſchen und
orphiſchen Zauberoolk geübt worden zu feyn. Bon einem Nachkommen des
Ariflives, Lufimahus, wird erzähle er fry genöhnlid am Jactelon geieflen
und habe fi durch eine Traumoeutertafel ernährt (Plut. v. Aristid. c. 27.).
Was diefe mıranıa Orsiponptina oder ayvorixoi niranes (Blut. Parall. Cat.
c. 3.) gemwefen und wie fie angewendet murden iſt nicht deutlich. Dan Fönnte
an Tafeln denken auf denen die Bedeutungen bie den einzelnen Traumfiguren
ufonmen, verzeichnet find, mie folche alphabetiſch geordnete Onelrofrkika no
unter dem Namen des Aftrampighus, Nicephonud (dem Artemivor beigegeben,
Lutet. 1603.) vorhanden find. Lobeck verweist zur Eiklärung auf Bani. VII,
25, 6., wo von einem Orakel des Buraifhen Herakles die Rede iſt meldes
darin beſtand daß man vier mit Gharafteren beichriebene Würfel auf einen
vor dem Bild des Gottes ſtehenden Tiſch warf, dann die Erflärung ber
Ghorafıere auf einer Tafel (89 ziranı) zufammenbradte. Der vulgäre Cha⸗
rak er diefer Kunft erbellt auch fonft (Acivbron. III. Ep. 59. Menander
Xen. Fr. p. 71. vgl. 2ob. Agl. I. p. 253.k.). Der ſtehende Lohn biefer
Menſchen waren zwei Obolen (Arifl. Vesp. 52. vgl. Lucien. DD. Conc. $. 12.).
In Eicilien werden als Traumpenterzunft die Waleoten angeführt (Gic. Div.
-1, 20.). Das Weitere f. Divin. S. 1122 f. Hieran ſchließt ſich die Weif-
fagung aus Zufäflen, wie Nießen, Obrenklingen, Augenzwiden (Theofr. IH.
37.), Bewegung der Glieder (nalunmonia, maus Epumvevs Constit.
apost. in Hippol. fr. 20. Galland. Bibi. H. p. 508. Divin. ©. 1135 f.),
- die Kunft Charakter und Schidfal aus‘ den Geſichtsügen und anderen Wahr-
zeichen des Körperd zu beflimmen, usrozomonie, wie fie Zopyrus bei So⸗
Trated (Gic. Fat. 5. Tusc. IV, 37.) die parthiſchen Geſandien bei Sulla
übten (Vellej. Bat. II, 24.) ein anderes Belipiel bei Titus (Sueton Tit. 2.),
yupnmoro: und moopomoro: Artemiv. II, 74. Juven. VI, 581., eine Schrift
zupoonommdr olorıoua von Helenus, Guild. ’EAsros, ouypainonomia, ömv-
ouareeia u. f. w.). Nah Prochus hatte auch der kleinſte Körvertheil, jeder
inger, fein ideales Urbild im allgemeinen Geiſt (in Parm. IH, 55.). Euplich
Magis on 1897
‚ gehören Hieher bie dyyaaroiuvHd:, Baudsrebner, von einem Curvkles Evuouxaoĩ-
dar genannt (Schol. Aift. Vesp. 1014. PBhot. Bihl. XCIV, 133. Guf.
Comm. in Jes. c. 45. Heſych. 8. v. eyyaoroiuıvdor), auch Iludoves (Apoftela.
16, 16. Plato Soph. p. 400. Heind. Blut. def. or. c. 9.). Hieran fhließt
fi$ die Mantik welche Thiere und Thieriſches als Kunftmitiel. brauchte,
3.8. Spinnen, Schlangen, Katzen (Divin. ©. 1137. 1143.), Eidehien,
wie die Galeoten in-Sicilien, au) die Jamiden (D. Müller, Dor. I. ©. 344,
6. Bauf. VI, 2, 2. Heſych. TaAsoı), Bilde (iydvouerzeie, Aelian. H. An.
VIII, 5. Plut. de solert. anim. c. 23.), Schaafe (uasıınn &E apror,
Bauf. VI. 2. auromonia; Heſych.), beſonders die Vögel (oprsomonia).
Don Heflod gab «8 eine Oondouerreix (Proc. ad Opp. et D. 824.),
bei Homer erſcheinen als oiwroroAo,, oiamiorai Kaldas (Il. II, 69. XIII.
70.), Salitheries (Od. II, 158.), der Melampodide Iheoflgmenus (Od. XV,
223. 528.), Helenus (ll. VI, 75.), wobei nicht zu überſehen daß dieſe
Manten nicht gerade Vriefler find. Leber die officielle Auebildung dieſer
Mantik bei den Römern vgl. Divin. S. 1170 ff. Bei den Griechen ſcheint
piefelbe mehr undiſciplinirite Wahrfagerei geblieben zu feyn, wie denn ihre
Helmarh Kleinaflen gemefen feyn fol (Gic. Div. I, 42. Nelian. Var. H. II,
31. Plin. VII, 56.), mo Kar und Tireflad als Erfinder genannt werben.
Bei den Arabern war der Mabe, bei den Tyrrhenern der Adler mantiſch
(Borph. de abst. III, A. vgl. Ovid Met. II, 542. Gallim. H. in Apoll. 66.
Clem. Alex. Protr. 11.); ferner der Sperling (Philoſtr. v. Ap. IV, 3.),
beſonders aber die Hühner. Das Krähen des Huhns mar ein böfed Vor⸗
zeichen, befonderd bei Kochzeiten, die man deßhalb verihob (Terent.. Phorm.
IV, 4, 30.). Biel geübt wurde die Uleftryomantie (Zonar. Ann. III.
p. 28. Divin.-©. 1139.). Bgl. Böttiger Io. z. K.M. I. S. 92 ff. Zur
animalifhen Mantik gehört ferner die Eingeweideſchau, Divin. ©. 4138.
1157 f. 1167 f. Die Leber war die Hauptſache, fie heißt zpizovs Tijc nar-
rixñe (Bhilofr. v. Ap. VII, 7.), in extis signum quod Deus appellabatur
( Schol. Stat. Theb. V, 340. Heſych. v. Qeos, Borph. abst. II, 52. Bol.
Börniger ©. 73 ff.), ihre Merkmale werden yAnooaı genannt (Sein. 1.
1. 840.). Weber Berbreitung der Sarufpicin val. Divin. 1138.; zu den
Griechen läßt man fie von Etrurien und Kleinafien kommen (Wachem. 11.
©. 302. 398. DO. Müller Etrusk. II. S. 185 f.). Indeß Eennt fie ſchon
Homer, fo daß fie eber als altrelasgtich betrachtet wird; nad Aeſchylus
lehrt fle Prometheus (Prom. 493.), bei Plintus Delphos (VII, 56.); als
orphiſch erſcheiut fie Argon. 34. und wenn Suidas eine orphiſche Schrift
OynnoAmor anführt. Sie wurde von den Jamiden und Kiyriven in Elis
gebraugt (ic. Div. I, 41.), blieb aber wohl in Griechenland immer mehr
vulgär und undifciplinixt, wie file auch in Rom als Berrieb des Straßen»
pöbel® eriheint (haruspices vicarii, Ennius ap. Cic. Div. 1, 38.). Berühmt
in diefer Mantik waren Silanus, Megiſtias (ein Akarnane u. Melampodide,
Serod. VII, 221.), uflives (Xen. Anab. VIE, 8, 1. vgl. Aelian. H. An.
VIH, 5.). — Gehen wir zu denjenigen Arten von Mantik über, die ihre
Kunftmistel aus dem unendlichen Bereich der zufälligen Dinge (avya) nehmen,
fo werben als ſolche Zeichen angeführt yungidse, Ardoı, vußdor, Evia zurc,
vor, aAgıra (Jambl. Myst. III, 17., ovußoAouarreia Greg. Nyſſ. ep. de
Pyth. p. 869., ovußoAouarzsıs Anna Comn. X; 284., ovußoAodidareng
Const. Ap. in Hippol. fr. 20. Galland II. p. 508., wo Lobeck das Fol⸗
gende unrichtig als Erklärung des Worts nimmt das vielmehr nur andere
Arten von Manıik enthält, Agl. II. p. 828, a.). An den Opfercult fließen
no an die nvponarzein (von Amphiaraus, Blin. VII, 56., Eurvon, YAo-
yıra onuare Aeſchyl. Choeph. A82. Eur. Phoen. 1262. 1270. Wadsm. I.
S. 598.) vgl. Divin. S. 1138., ferner oirouarraix, aus dem Opferwein,
.
1398 . Magie
xarvoueyreia, au bem Hauch, Aıßarouarreic, aus bem Weihrauch (Wachem.
a. a. D.). Ueber den Iegteren Zweig der Mantik fol ſchon Sireflas ge⸗
förieben haben (Zutat. zu Stat. Theb. IV, 468.), nad Porphyrius und Le beck
war fle @rfindung ber Pythagoräer (vit. Pyth. Xt. p. 24. Agl. I. p. 263.
cf. Jambl. v. Pyth. 150. p. 314.), die ſich fogar berfelben einzig bebient
haben follen (Diog. Laert. VII, 19.). Berner gehört in dieſe Kategorie
bie auıdouerzeix (Suld. v. zooprreix, lem. Protr. II. $. 11. p. 4.),
alsvoouartıs (lem. a. a. O. Theodor. Disp. X, 990.), adevpouarzeia
(&uf. Pr. Ev. V, 25.), aAgrrouarng (Cyrill. c. Jul. VI, 198.), «Agero-
nwrtei@ (Anecd. Bekk. p. 52. Pol. VII, 188.-elian. H. An. VII, 5.),
Weiffagung aus der Opfergerfle und dem Orfermehl. Val. Lob. Agl. II.
p. 815. c. Schlechthin in das Gebiet des Zufälligen fält der xAndonouo;,
Wahrfagen aus zufälligen Lauten und Worten (xArdorag, Weich. Prom. 496.
Yiucı, porai, ougai Kom. 1. I, 41. Bind. Ol. VI, 112., die alte Bes
zeichnung vom, sion, Heſ. sion, Guſtath. p. 1160. 2ob. Agl. II. p. 815.).
Bon ber beiphiiten Sibylle, fagte man, wurden aus dem Lufiigen an ihre
iu und xAndores, das Ürtige wurde zu Kräutern, ihre Seele iſt das
Bet im Mond (Blut. c. Pyth. nunc non red. c. 9. lem. Aler. Strom. I.
c. 15. $. 70. p. 131. Blur. de ser. num. vind. c. 22.). Zu einem funfl«
mäßigen Betrieb wird diefe Mamik in Smyrna, wo es einen Tempel ver
„Andores gab (Bauf. IX, 11.), fonft war fle vulgär (uf. Comm. in Jes.
c. 45.). Ueber die difciplinirte Ausbiloung derfelben bei ven Roͤmern vgl.
‘ Divin. &. 1146 ff. In dieſem Zuſammenhang führen wir an daß Begeg-
nung eines Epilepiifchen (Theophr. Char. 16. Theokr. 21, 14.). der Anblick
von Thränen (Eur. Orest. 791.) Unglüd bedeuten (drodım ovußola, anar-
noeıs Schol. Pind. Ol. 12, 10. Aeſch. Prom. 487. Ariſt. Eccles. 792.
Wachsm. Heil. A.K. II. ©. 456.). Die Götter ſelbſt werden zur Erſchei⸗
nung gezwungen durch die zovor@ddlouerzein und Asrarouarzeie (Bell. de
Daem. p. 359. Schol. Lycophr. Alex. 819. dıx Asnarnz uayınnc Iof. lib.
mem. p. 72. Galland. T. XIV.), legtere von Odyſſeus abgeleitet (Tzetz.
ad Lyc. 873.). Hieran ſchließt fih die Hsoouarzein, von Pyıhagorad und
Numa geübt (Aug. Civ. D. VII, 35.), welche ebenfalls die Götter erſcheinen
läßt. Anderer Art war die nmyouerreia (Divin. &. 1139.). Ganz vulgär
war die xoomronertsia (die noonirov Sof. lib. mem. a. a. O.) na dem
Aufzug der Wahrfager mit Zlöten-, Baufen- und Cymbelnſchall (Luc. Alex.
$. 9.), wie fie denn auch bei Viehkrankheiten gebraudt wurbe (Philoſtr. v. Ap.
VI, 18.), womit nad Aeltan no der Gebrauch von Mehl und kleinen
Käfen verbunden murde (H. An. VEIL, 5.), eine Kunft der Aegypter und
alten Weiber der Cybele (Philoſtr. 1. I. vgl. III, 43. Die Ehryf. Or. 1.
p. 61.). Ginen anderen Gebrauch des Zauberfiebs f. bei Theocr. Id. IH.
Divin. ©. 1139. Sehr allgemein verbreiter war bie xAnpouarteie (de wÄg;-
eor, durch Looſe, Pind. Pyth. IV, 337..&chol.) wrgouerreia, uarunn da
vijpor (Zenob. Cent. V. p. 143.), wrpoßoAng, wrgoßoior und dba ber
alte Name Boias war (Zenob. a. a. ©.) HoroßoAos, balo mit Apollo, bald
mit Hermes (Hom. Hymn. IE, 552. Gallim. Ap. 55. Schol. Anecd. Bekk.
p. 265. Apollod. III, 10, 2. Steph. v. Ypia. D. Müller Dor. I. ©. 344,
6.), bald mir Athene in Verbindung gebracht, die dadurch fe berühmt
wurde daß Zeus, um das velphiſche Orakel wieber zu heben, biefe
Mantik zu Schanden machte (Zenob. a. a. D.). Indeß wurben Looöflein-
Sen auch in Delphi gebraucht (Suid. v. IIvdw. Blut. de Ei c. 16. Euber.
p. 109.), ebenfo im Tempel des Buräiſchen Herafles (Pauf. VII, 25. 6.).
Den vulgären Charakter ——ni I Bus ven ee
wadpoı BE ‘Te uaırıaz ardoe; (Zenob. a. a. O. . PB. .
vgl, Tb. I, 8. Juven. VI, 588.). Nur eine befondere Art von Lootmantlk
Magie 1208
war bie oaßdonerreia, (Jambl. Myst. III, 17.), worüber, beſonders über
die Gortilegien von Gäre, Pränefle u. f. w. f. Divin. &. 1154 f., ebenfo
die bawasdouarreie Divin. ©. 1154. Die wooxoniae, wornonıxn befland .
darin daß man ein Ei auf Feuer legte und beobachtete ob es oben oder an
den Selten ſchwite; zerplagt es fo bebeutet es Unheil (Kob. Agl. 1. p. 410.
Suid. Exyvror. of. lib. mem. a. a. D.). Bon den PBythagoräen aus
ging die Aruhmomantie, das Wahrfagen aus Zahlen umd Figuren (Mart.
Gay. IL, p. 25. Lob. Agi. II, 900.). Zahlen drüden das Weſen der Dinge
aus (Themiſt. in Paraphr. Rh. II. p. 32. Agl. I. p. 716.); ebenfo vie
geometriſchen Figuren denen die Namen der Göiter beigelegt werben (Blut.
Isid. c. 76.). Daran fließt fi der Blaube durch dieſe Vermittlung man⸗
tiſch und magifh wirken zu können (Porphyr. abst. II. p. 188.). Später
fommt no vor die Daktyliomantie, welche Hilarius und Patriciuß zu
Befragung über die Nachfolge im Meich anwandten, wobei ein Ning über
einen mit den 24 Buchflaben beſetzten Tiſch geſchwungen wurde und durch
Anſchlagen ver Buchſtaben Aufſchluß gab; daher allerlei Beſchmörungen und
andere Börmlidkeiten. Wie bei der Alektryomantie des Libanius u. Jamblich
(Divin. ©. 1139.) ergeben fih die Buchſtaben Geo, welde die Fragenden
auf einen Theodorus beuteten (Ummian. Marc. XXIX, 1, 2. Soom. H.
Ecel. VI, 35. vgl. Sofs. H. E. IV, 15.). Nicht ſelien wandte die Mantif
Knaben zu Erforſchung der Zukunft an indem biefelben durch Zauberfprüche
bebext wurden. So wahırfagte ein Knabe nah Barro den Trallern über
den Ausgang des mithridatiſchen Kriegs in 160 Berfen, während er ben
Merkur im Wafler fab (Hydromantie), und als einem Fabius 500 Denare
geſtohlen wurben zeigten ihm Knaben welche der Pythagoräer Nigivius bes
zauberte an wie das Geld verıheilt und wo ber Reſt vergraben worden,
und Gato befuß noch einen folden Denar (Apul. Apol. I. p. 165. T. II.).
Hieran reiht ſich die sonmzoouarrein oder xaronrpouarzein welche Divius
Julianus anwandte (fecit quae ad speculum dicunt fieri, in quo pueri
praeligatis oculis incantato vertice respicere dieuntur, Ael. Spartian. c. 7.),
adıaydoomr naar Erortevons, Juin. Apol. I, 18. Tertull. Apol.
c. 23.). Vielleicht hat man auch an Anaben zu denken welche dabei geopfert
wurben (Dio Gaff. LXXIII, 16.) um ihre Seelen als spiritus familiares zu
gebrauden (vgl. über Simon Magus Glem. Recogn. 11, 13.). Jedenfalls
wurden menichlihe Grtiipicien in der Kaiferzeit nicht felten (vgl. ſchon Hor.
Epod. V. u. Gicero gegen Vatinind, in Vat. c. 6. cf. Juv. sat. VI, 550.
angenendet, fo von Seliogabal (Kamprid. v. Hel. c. 8.), Balerian (Euf.
H. Ecel. VII, 9.) na& Anleitung eines ägbptifhen Zauberers; Maxentiud
fhneitet ſchwangere Weiber und neugeborene Kinder auf (Euf. H. B. VIII,
14. 1X, 9. vit .Const. I, 86. vgl. Lucan. Phars. VI, 554 f. Philoſtr. v. Ap.
VII, 9.), Bollentianus chtirt dur eine einer lebenden Frau ausgefchnittene
unreiſe Frucht die Geiſter, um fie über den Nachfolger des Valens zu be
fragen (Amm. Marc. XXIX, 2.). Auch von Sulian wird Gleiches erzäpft.
Als er gegen Perfien zog babe er in der Stadt KRarrä geheime Myfterien
gefeiert, den Tempel aber nachber verichließen, bewachen und verfiegeln lafien.
Nah feinem Tode babe man ihn geöffnet und darin ein an den Haaren aufs
gehängtes Weib aefunden mir aufgeichnittenem Leib, aus deſſen Cingeweiden
er fih einen glüdlihen Feldzug geweiſſagt habe (Eaiflov. H. trip. VI, 49.
vgl. Theodoret. H, E. IH, 21. 22. Niceph. H. E. X, 35.). Vergleicht
man damit den Gharafter und die Tendenz Julians das Heidenthum ſitilich
zu vegeneriren, fo wie die Angabe Ammiand der nur von Ihieropfern redet
(XXV, 4, 17.) fo muß man biefe und ähnliche Norzen für eine chriftliche
füge in. maiorem Dei gloriam anfehen, was auch Gibbon anerkennt (Verf.
u Um.» RR. v. Gehreiter Ah. VI. ©. 64, 99.). Noch wäre zur Mentif
1400 Magia
gehörig die Netromantie u. Theurgie (dia wuyoroumeias und dıa
»Anaog avronzxäig, Iof. ib. mem. a. a. D.) die wir aber, ba in benfelben
zugleih die operative Magie ihre hötfle Spike erreicht Hat, zu biefer
und zwar an dad Ende ihrer Darftellung ziehen. Indem wir zu dieſer über-
gehen werfen wir zunörberfi einen überſichtlichen Bli auf die bebeutentfien
Rebenden Kunftmitiel derſelben (uayyareicı Blat. legg. X1,.933. Galen de
simpl. med. VI. Prooem.). Dahin gehören die bei allen Zaubermirkungen
angewenderen zauberiiden Syrüde und Formeln (srwd«s, carmina, can-
tamina, incantationes, preces, szaoıdoi, incantatores, arioli u. f. m. Hieron.
in Dan. II., susurra maeica Instit. IV. Tit. 18, 5. Plin. XXVIH, 2.). Das
Wort iR das mädıigfle Zaubermirtel und bezwingt felbft die Götter und das
GScickſal (Rucan. Phars. VI, 452. 685. 527. Plat. legg. VI. p. 009 u. öfı.);
:alıe, barbarifche Worte gelten befonders für zaubeıkıäftig, Apul. de mag. p. 87.
Bip. (arona ovouere aui onuare Bapßapına, Plut. superst. c. 3. murmura
dissona, Lucan. Phars. VI, 606. Apul. Met. VIII, 60.. bebräiie, phönicifte
u. ſ. w. Lucian. Philops. 9. Pseudomant. 13. Jambl. Myst. YII, 4.),
heilt: äf ige Foımeln ber Vindar (erwdai vyıig, Clem. Uler. Protr. I, 70.
p. 20. 7 reyın enwöor, Plat. Euthyd. p. 29%. nalarais Eraoıdaiz,
Pyth. III, 91. 42.), Fluchformeln (apa, dirae Blut. v. Crass. c. 16., bie
Brüche des Tribnnis A efus gegen Craſſus, Blor. Epit. III, 11,3. vol. Hor.
Epod. V, 89. ib. II, 5, 125. deprecationes, detestationes, defixiones,
Senec. Ep. 94. de benef. VI, 35. Plin. V, 8. u. öft.). Plato redet von
den Zuuberfpiühen des Abaris und Zamolxis (Charm. 156.), von ver-
derblihen Formeln (de legg. XI. p. 933., drayayal 7 enwdai). Großen
NRuhm Hatten die epheſiſchen Buchſtaben oder Kormeln (eyin« ypauuare
Plut. Symp. VI, 5, 4. Athen. XII. p. 171. 548. Sei. Ey. yo. Cuſtaih.
ad Odyss. XIX, 247.); fle waren am Zußgeftel, im Gürtel und der Krone
der epheflihen Diana eingegraben und ſchon Kröfus habe fie auf dem Scheiter-
haufen gebraukt (Pauf. bei Cuſtaih. a. a. D.). Zuerfi ermähnt fie der-
Komiker Anarilas (bei Arhen. XII. p. 171.) und Menander (Suid. fragm.
p. 132.). Als ihre GEıfinder werden vie idälſchen Dakıylen genannt (Clem.
Alex. Strom. I, 73. p. 132., vgl. Diodor. V, 64. Plut. de prof. virt.
sent. p. 266. T. VII. Hutt.), mir denen fie au dur ihre Namen in Ber:
bindung fliehen. Sie lauten nah Clemens und Heſychius amuor oder dom,
neramıos oder xaraamı, Alb oder ais, Terpng oder rerons, daurausseug
(Name eined iddiſchen Daktylen, Euſ. Pr. Ev. X, 6. Clem. ler. Strom.
1, 73.5; daurauesn, Name eined Zauberfraud, North. Dioscor. IV, 131.);
aaa (Sei. s. v., Clem. Alex. Strom. V, 46. p. 242.). Nach Pauianiae
(bei Cuſtath. 1. 1.) haben fie phyfikaliſchen Sinn und bedeuten nach Clemens:
Finſterniß, Licht, Erde, Jahr, Sonne, wahre Stimme (porm aindns, fo
wird aud das Amulet dad die ſchwangere Iſis ſich umhängt erklärt, Blur.
Is. c. 68.). Eie werden als Amulete getragen, fhüten vor Wefahren, treiben
Teufel aus u. f. w. ine aͤhnliche Formel IR die milefljige des Bramhus:
Beöv, law, xdar, mÄjnzeoor, apiyk, waklßl, yOunens, pisyuög, Soaw.
beftebend aus einem doppelten Alrhabet (Glem. Aler. Strom. V, 49. Anderes
der Art bei Lob. Agl. Il. p. 1330 f.). Bei Drigened haben die Namen Sa⸗
baoth, Adonai, Abraham, Iſaak u. f. w. übernarürlide Kraft, aber nur in
ihrer Wurzelfvrahe (c. Cels. I, 24. V, 45.). Bei den Roͤmern waren
berühmt die Sabella carmina, Marsae voces. An die Zauberforüde reihen
Ah die Zauberfräuter (papnanı, daher papuaxic Zauberin, vonehcie),
"über welde von Orpheus (Apul. Ap. p. 455. Plin. XXV. 8. Qdtius I, 6.),
Dro8 dem Mendefier, Heliodor, Aratos (Balen. de antid. II, 7.), Pothagoras
und Demokit (Blin. XXIV, 99.) Schriften vorhanden waren von denen «0
aber bei Pinto heißt arev zic armdng ovölr Ogelog ein Ton MuAdov
Magie 1401 -
(Charm. p. 153.); das Ausreißen folder Wurzeln iſt ſchwierig, mit Gefahr
verbunden (Som. Od. X, 305. Apollon. Arg. III, 864. Plin. XXX, 2.
Joſeph. B. Jud. VII, 6, 3. vgl. Blin. XXVIII, 7.) ; zu erwähnen find das Bolton
oder Zripolion, fon von Heflod und Muſäus gerühmt (Theophr. H. Pi.
IX, 21. Plin. XXI, 7.), Moly (Blin. XXV, 4. Theophr. IX, 15.), die
Berbena (Plin. XXV, 9.), die Scilla, auch bei Luſtralweihen gebraudt,
baher Epimenidium genus, von Pythagoras gerühmt (Plin. XX, 32.), wie
auch die -Brafflca (Plin. XX, 39.), die Malve und ver Aſphodelos (Lucian.
Ver. Hist. 11,28. Artemid. III, 50. Athen’IX, p. 370.) u. f. w. (Theophr. IX,
21.). Ueber magifche Steine find die orphiſchen Asdına (f. S. 1104.) zu vergleichen
(Tzetz. Exeg. p. 17. daher usyaksyamuiaorog yayırn zap Oopgsi). Ihre
Kraft überwiegt die der Kräuter und iſt nur heilfam (Lith. 399 ff.); fie
find Uerolithen oder aus myſtiſcher Erde gegraben (Vhil. v. Apoll. VII, 85.).
Dal. Pſellus de lapid. virtut. Lugd. B. 1765. Berner gehören hieher bie
Taltömane und Amulete, jene mit Gharafteren befchrieben (amuleta,
Plin. XXXVII, 3. reisouere de8 Apollontus, Juſtin. Qu. ad Orthod. 24.
Chron. Alex. p. 590. Io. Tzetz. Chil. I, 60. Hieron. ad Paul. p. 193.
nepanuaru, Diod. V, 64. megiente, Plat. Rep. IV. p. 426. So. Göcnfo
T. 11. p. 243.; das Bild Alexanders, Trebell. Boll. Quiet. c. 14., Herkules,
Aler. Trall. Therap. X, 1. Sprengel Bei. d. Arznei. II. &. 111. über
bie Amulete des Archigenes, S. 193. 195. 208. über die der Alexandriner,
S. 251 f. über die Bormeln und Phylakterien des Marcelus Empiricus
u. A. m.; dad Kugi, ein Phylakterium Iulians des Chaldäerds, Suid. v.
lovaar.); ferner Ringe (Bhil. v. Ap. III, 15. of. Antig. VII, 2, 5.
Zucian. Philops. c. 17. 24. Navig. c. 42., Ring des Gyges, Plat. Rep. II,
p. 399., der weifjagende Ring des Greceftus, Clem. Alex. Strom. I, 133,
p. 146., Ringe des Eudamus gegen Schlangenbig, Schol. Arifl. Plut. 885.),
Zaubertnoten (xaraddoas, naradsouoi Plat. legg. XI, p. 933.; file
magica Plin. XXVIII, 12. 2ucan. Phars. VI, 460. Petron. 131. Virg.
Eci. VII, 77.; agıxadıar, Heſych. II. p. 348., der circelihe Knoten war
fprühwörtfi, Eufath. p. 319. Od. VII, 448.), @ürtel (BEI. v. Ap. VII,
35.), Kränze (Birg. Ecl. VII, 27.), Muſik (von Orpheus u. Amphion
befannt, Glem. Alex. Protr. 3. PBauf. VI, 20.,. von Melampus Apollov. II,
2., Pythagoras Jambl. v. Pyth. p. 108 f. und Gmpebofles ib. 110. zu
Heilungen gebraudt; die Dakıylen und Korybanten find auch beſonders darin
erfahren, @lem. Strom. 1, 73. p. 132., musici et vates iidem, Duintil.
Inst. I, 10. vgl. Gell. IV, 13. Mart. Gay. IX, 313. Öl. Aurel. I, 5.,
rohe Muſik in den orpbiihen Mufterien Lob. Agl. I, p. 298. ruunzarouoi;
vgl. Börtiger Ideen I. ©. 139 f.), magiſche Zahlen (beſonders ungerade
Zahlen gelten als wirkſam, Virg. Ecl. VII. Ov. Met. VII, 189., drei⸗
malige Wiederholung das Gewöhnliche, Tib. II, 54. Blin. XXVII, 2, 4,
Seren. Sammon. c. 2, 81. 49, 908. 12, 188)., animalife Stoffe
(von der Hyäne, die ganz Zauberthier if, Plin. XXVIII, 8., Fröſchen, X, 49.
Golum. XI. p. 401., menſchliche Gebeine Plin. XXVIIL, 2.) u. a. m. Was
nun die gauberifhen Wirkungen betrifft, fo haben wir zuerſt diejenigen
ind Auge zu faffen, welche fih auf die Natur beziehen. Zufammengefaßt
find dieſelben in der Schilderung der Medea bei Ovid (Met. VII, 199 fi.),
der theffalliden Weiber bei Lucan (Phars. VI, 452 f.). Zaubermirfung iſt
eö die Geſtirne in ihrem Laufe zu hemmen (Apollon. Arg. II, 530 f.
Virg. Aon. IV, 489 f.), die Sonne zu verfinflern (Hippokr. de morb. s. 1.
2.) und bis auf Demokrit hießen die Kinfterniffe zudmıpacas Haar (Scholl.
Apoll. 1. c. p. 216.). ine beſonders bedeutende Mole fpielt im Meich des
Zauber der Mond. Hekate, Artemis find Monpgöttinnen, und wie bie
Ausflüffe des Mondes allen Bauber verſtaͤrken (Lucan VI, 660, Ber. Sat. I,
IV. _
%
1402 | Magie -
8, 22.) fo ift er auch beſonderer Gegenſtand deſſelben. Selene ift Zauber:
göttin (Schol. Theofr. II, 10.). Die Puthagoräer follen behauptet haben,
wenn man einen mit Blut befchriebenen Spiegel gegen den Vollmond kehre
fo könne man die Schrift in der Mondfcheibe leſen (Menag. zu Diog. Laert. VII,
86.). Allgemein war der Glaube Daß der Mond durch zauberifche Beſchwörungen
vom Himmel herabgezogen werben fönne* (Plat Gorg. p. 513. Ariſt. Nub.
748. Sor. Ep. V,45. X16.1,2,45.8,21. Birg. Ecl. VIII, 21. Brunf Anthol.
II, 172. Zucan VI, 420. Sippofr. 1. c.) und Plinius erwähnt von Mes
nander eine Komödie bie diefen Stoff behandelt (XXX, 1.). Umgekehrt läßt
Horaz den Mond aus Schagm und Entſetzen Über die Flüche der Zauberinnen
verſchwinden (Sat. I, 8, 36. vgl. Xucan. VI, 518.). Indem der Mond vers
ſchwand fehlen Helate zu kommen (Rucian Philops. c. 13.). Dabet erfcheint
der Mond in verſchiedener Geſtalt, zuerſt als Weib, dann ala Kuh, dann
als Hündchen (Lucian Philops. c. 14.). Plutarch leitet dieſen Glauben davon
ab daß die aſtronomiſch gebildete Aganika oder Agleonika, Tochter des Theſ⸗
ſalers Hegetor, bei Mondsfinſterniſſen vorgab ſie zaubere den Mond herab
(Plut. def. or. 13. conjug. praec. 48.). Tiedemann erinnert an die Vor⸗
flellung roher Völker daß ein Dämon den Mond verſchlinge (diss. p. 44.),
wie man denn durch Geräuſch mit ehernen Berätben den Zauber brechen zu
tönnen glaubte (Tacit. Ann. I, 28. Ovid. Met. VII, 207. Blin. IH, 12.
Juven. VI, 441.) Dur Zauberſprüche wird ferner die Erde gefpalten
(Bird. Aen. IV, 490. Tib. I, 2, 43.), werben Blüffe gehemmt, Bäume,
Wälder, Berge erbeben, (Birg. a. a. O. Ovid Met. VII, 204.). Durch
feine Talismane erregt Apollonius Stürme, flillt er das Meer (Iuf. Qu. ad
Orthod. 24. Anaflaf. qu. 23. in sacr. sc.). Groß dachte man fi den Zauber»
einfluß auf die Geftaltung der Witterung. Baubergefänge ‚bewirken und
vertreiben Wolken und Winde (Senec. Qu. N. IV, 7. God. Juſt. 1. IX. tit.
48, 6. de malef. et math.), Dürre und Yinfruchtbarfelt (Hippoft. a. a. O.),
Schnee, Sonnenfhein, Regen (Tib. I, 2, 45.). Die Prieflerinnen der Infel
Sena Eönnen dad Meer aufregen (Pomp. Mel. II, 6.) und Empedokles
verſpricht dieſe Künfte ficher zu lehren (Diog. Laert. VIE, 59.). In Kleonä
gab es offlzielle Wetterzauberer (yaAalopvaaxss). Wenn Hagel droht zeigen
fie e8 an; dann opfert der Eine ein Lamm, der Andere ein junges Gubn,
oder wer zu arm iſt rigt fi den Finger mit einem Briffel und libirt das
nachlaufende Blut, worauf ihre Welver verſchont bleiben (Sen. Qu. N. IV,
6. Glem. Alex. Strom. VI, 31. p. 268.); dabei fehlt es nicht an Zauber⸗
ſprüchen, deren auch fonft mit diefer Wirkung gedacht wird (Plin. XVII, 28.
XXVIII, 2. u. öft.) die au durch Räucherung mit Achat erzielt wird (Pin.
XXXVII. 10.). Aehnlicher Art find die veperodırxru: (Iuflin. Bart. Qu.
ad Orth. 31.). Ueber ven etruskiſchen, von Numa nad Nom verpflanzten
(iv. I, 20.), von ihm ſelbſt (Arnob. V, 1.), wie von Porfena (Plin. II, 54.)
geübten Bligzauber vgl. Divin. 1163 ff. (Colum. X, 340.). Gegen Frucht⸗
brand und Blitz opferte man Blut und Eingeweide eined jungen Hundes,
ſteckte Tages einen abgehäuteten Ejeldtopf an die Feldmarke (Golum. 1. c.
vgl. Iuven. XI, 96.). Berner wendet Hagel ab der Ameihyſt (Plin. XXXVII,
9.), ferner eine mulier connudata in mense und zur See au sine men-
struis (Plin. XXVIH, 7.). Der Umgang eines Weibed in diefer Situation
um Feld und Garten wird allgemein als Mittel gegen Hagel, Raupen
und Ungeziefer empfohlen (Aelian. H. An. VI, 36. Plin. XXVIE, 7.
Pallad. I, 35. Colum. X, 358 f. u. äft.). Anders verfährt jener Chaldãäer
bet Luclan, der mittel Reinigung ded Orts dur eine. Fackel und Schwefel
(dur Schwefel, der daher Heior heißt, reinigt Odyſſeus ſein Haus Od. XAU,
481. Plin. XXV, 19. Böttiger Ideen I. ©. 124 f.), Verlefung von fleben
® Bol, dab Wafengemäide bei Tiſchbein Vascs HI, 31. 1W.
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Magia 1408
heiligen Namen, breimaligen Umgang alle Reptilien aus ihren Schlupf
winfeln bervortreibt, eine alte Schlange welche nicht kommen will burd bie
jüngfte nachholen läßt, dann ſämmtliches Geſchwänz durch Anblafen in Afche
verwandelt (Philops. c. 12.). Gegen Beishänigung des Getreide durch
Fascination (Bamraria) bringt Pifiſtratus ein grilenartiges Amulet, zarayıım
(eigentlich „Spott“) genannt, auf der Akropolis zu Athen an (Geſych. s. v.).
Tbendort iſt eine mit Zauberfalbe beſchmierte Vogelſcheuche Muſon. Mosell.
310.). Als ſolche nooßamnarıa anno werden aufgeſtellt Priapen (Plin.
XIX. 4. Lucian Epigr. 32. Hor. Sat. I, 8, 1f.), der Feuerſchröter (Heſ.
v. xegaußnAos), nopnoivxee in Weinbergen (Weflel, ad Diod. IV, 6.
p. 453.), menftröfe Figuren aus Bock und Hirfh, Hahn u. Pferd u. f. w.
(205. Agl. II. p. 970 f. ®esner zu Elaudian XVII, 357.). Hieran reiht
fi$ das excantare, pellicere fruges, daß Leberzaubern des Getreides
von Feld des Nachbars auf das eigene, dad ſchon die zmölf Tafeln ermähnen
(Tab. VII, 2. vgl. Plin. XXX, 1. XXVII, 2. Sene. Qu. N. IV, 7.
Serp. ad Virg. Bel. VIII, 98. Zib. I, 8, 19. u. öft. Gothofr. ad Cod. .
Theod. de malific, Tit. 16. p. 117.). Als Miütel werden gebraudt pon⸗
tiſche Kräuter (Virg. Ecl. VI, 99.),. befonder® aber das Dreben der
Spinvel, verdedt oder offen (Plin. XXVIH, 2. Gothofr. ad Cod. Theed.
de pagan. I. XVI, Tit. 10. p. 251. f.), Patronin des Beld- und Heerden⸗
zaubers iſt die Böttermutter (Div Chryſ. Or. 1. p. 61.). In dieſen Kreis
von Zauberwirktungen gehören Weinftöcke die in menigen Stunden blühen
und Brucht tragen (GEuphor. fragm. CXXXJI. p. 170.), was ber Magier
Simon an Bäumen bewirkt (Cypr. de Rebapt. II, 32.), jenes Kraut das
von einem Vogel hergetragen einen in einen Baum getriebenen Keil austreibt
(Blin. XXIV, 2.), ferner Verwandlung von Wafler in Wein (Athen. I, 34.
Pauf. VI, 26, 1.), Selbſtentſtehung von Raub (Pauf. IX, 18.), von Feuer
(Eolin. XI, 27. Antonin. Lib. 19.), brennendes Wafler (Diear. zu Philofr.
Icon. I, 25. Siebel. zu Pauſ. VI, 26.) wie bei der Taufe Simons des
Magiers (de Rebapt. p. 363. der Zauber bed Anaxilaus; ähnlih vom
Jordan bei dei Taufe Jeſu, Juſtin. Dial. c. Tryph. c. 88.), ferner Statuen
die weder Regen noch Schnee negt (Tſchuck. zu Ampel. 28. Bolyb. XV, 2.),
vgl. ob. Agl. I. p. 122 f. Hieran reiben mir den Zauber welcher Autos
mate bewirkt, wovon der durch einerorphifche Formel in Bewegung geſetzte
Teuerbrand bei Euripides ein Beleg ift (Cycl. 639.). Strabo redet von
tanzenden Körben im Tempel der Artemis von Kolon bei Sardes (Strabo
XI, 4. p. 626. @uflath. p. 1627, 49.) und für Automate der Art halten
Lobeck und Andere (Agl. I. p. 227 f. Beöner zu Glaudian XLVIII, 22.)
die subsdles, ipsullices des Feſtus (p. 939. 295.). Durch minervife
Kunft fertigen die Heliaden Bilpfäulen die davonlaufen (Pind. Ol. VII, 95.
&uftath. zu Dion. 505.) und von einer ald Kobold gehenben Bildſäule wird
bei Lucian erzählt (Pbilops. 19. 21.). Dur geheime Weihen beleben bie
Theurgen Bötterflatuen (Proc. in Tim. IV, 240. 287. Theolog. 28. p. 70.),
ein Tempel der Böttermutter Öffnet ſich Durch preces (Serv. Aen. VI, 52.).
Der memphiſche Briefter Pankrates behängt in Ermangelung fonftiger Diener-
Saft einen Beſen mit Kleivern und verwandelt ihn durch drei Syiben in
einen Bedienten der Waſſer trägt u. dgl. (Rucian Philops. c. 85 f.), Simon
Magus aber formt einen Knaben aus Luft (Clem. Recogn. II, 26.), Andere
Thierphantome (Drig. c. Cels. I, 68. p. 882.). Diefe Wirkungen berühren
den Glauben an die spiritus familiares, wovon fpäter, und werben von ben
Kirhenvätern natürlih als Dämonenwerk hingenommen (Xert. Apol. 23.
de an. 57. Lactant. Inst: II, 14. Orig. c. Cels. I. p. 53.). Gehen wir
zu dem Zauber auf bie animaliſche Welt über fo zähmen Orpheus und
Amphion wilde Thiere, wie befannt, ebenfo Die ovidiſche Meben (Met. VII, 203.),
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1404 Magie "
Apolloniud von Tyana (Jufl. Qu. ad Orth. 24.). Dur Bezaubern ber
Schlangen waren befonderd berühmt die Marien und die Pfgller, die ſchon
durch ihre blofe Gegenwart fie bewältigen (Aul. Bell. N. A. XVI, 11. Plin.
XXVIU, 2. Suet. Aug. 17. Nelian. H. A. XVI, 27. Blin. VIE, 2, 8.
u. Öft.). Auch Plaio redet von diefer Art bed Zauberd (Rep. II, p. 358.
Euthyd. p. 299.); als Mittel gegen den Biß giftiger Reptilien gilt ver
Achat (Plin. XXXVII, 10.), das Orptriphyllion mit der linken Sand vor
Sonnenaufgang gefammelt (Seribon. Larg. c. 42.), Zauberringe (Schol.
Ariſtoph. Plut. 885. Heſych. I, p. 879. Gpanbeim zu Eallim. p. 329.),
mit dem Siderit verfehen kann man gefahrlos durch fie geben (Orph. Lith. 413.)
und bei Lucian wird der Biß durch Sprüche und ein Amulet eines Steine
vom Grab einer Jungfrau geheilt (Philops. 11.). Auf Krokodilen reitet der
Aegyptier Pankrates (Luc. Philops. 34.) und wilde Gtiere bändigt man
dur ein Amulet von wilden Feigenholz (Plin. XXIH, 7., in ben bacdi-
fen Weiten gebraußt, Heſ. ovral. Lobeck Agl. I. p. 783.). Der böfe
Blick ſchadet Lämmern und Schafen (Pirg. Ecl. IN, 103.), dagegen werben
Schafe und Schweine dur ſchwarzen Elleborus mit Zauberfprüchen gefühnt
(Theophr. Plant. IX, 11.). Biebfrankheiten heilt man durch Siebmantik
(PH, v. Ap. VI, 11.). Die Beterinärkunft if ver Rhea heilig (Diod. III,
58.) und wird von alten Weibern betrieben (Dio Chryſ. Or. I, p. 61.).
Gegen den Big würhender Hunde wird Monatblut auf ſchwarzer Widder
wolle in fllbernem Armband getragen, empfohlen (Plin. XXVIH, 7). Die
Sprade ber Thiere verfieht Helenus (Virg. Aen. III, 361.), Melampus
Iernt fie dadurch daß ihm Schlangen die Ohren ausleden (Schol. Apollon.
I, 118. Apollod. I, 9, 11.), Andere dadurch daß fie Herz und Leber ge
wiffer Schlangen verzehren (Phil. v. Apoll. I, 20. 111,9.) ober eine aus dem
Blut gewiſſer Bögel bereitete Schlange eflen (Plin. X, 149. XIX, 4. Gell. X, 2.)
Man Hielt die Vögel für verwandelte Menſchen (Athen. IX, 11. 49. Bel.
Böttiger, Io. I. S. 93 ff.). Im den Bereih dieſer Naturwirktungen gehört
e8 ferner wenn Gyges fi durch feinen Ming unfichtbar macht (Plat. Bep.
II, p. 359. @iec. Of. II, 9, 19.), Simon Magus durch feinen Dämon
(&tem. Rec. II, 32., auch Apollonius, Philoſtr. VIII. 9.), wenn jener fein Geſicht
beliebig Ändert, auch zwei Geſichter ih gibt (am a. D.), von Feſſeln fich
auberiſch befreit (ebenfo Apolonius, Phil. v. Ap. VII, 38.), ja die Beffeln
Teinen Beinden anzaubert, durch Berge und Felſen durchgeht, ſich ins Fener
wirft u. A. m. Auf dem Waſſer gehen die Thibier (Plin. VII, 2.), Andere
auch durchs Feuer (Luc. Philops. 13.). Die Veſtalin Turcia trägt WBafler
in einem Sieb (Plin. XXVIII. 2. Dal. Mar. Mem. VII, 1. n. 5.), ein
Anderer faßt brennende Koblen ohne Schaden (Gil. Ital. V, 176.) u. A. m.
Don unendlidem Umfang iſt dad Gebiet zauberifher Wirkungen auf ben
Menfhen. Wir faflen fie nad den verfhiebenen Seiten des Lebens ind
Ange, fo zwar daß wir die Wirkungen auf den Menſchen als einzelnes Sub»
jeet und bie auf fein focialed Leben und Verhalten unterſcheiden. In erflerer
Beziehung reden wir zunächft von der Bewirkung abnormer Zufände,
dann von ber Hebung und Abwendung berjelben durch Zauberfraft.
Don felbft zerfallen dieſe Zuſtände in phyſiſche und pſychiſche. Zu den vhyſi⸗
fen Abnormitäten welche der Zauber bewirkt gehört die Berzauberung durch
den böfen Blick (fascinatio, Bamaimar, Baoxavia), melde befondere
Weibern mit doppelter Bupille, wie denen der Thibier eigen ift (Plin. VII, 2.
Gel. IX, 4. Plut. Sympos. V,7.). Weiter gehört bieber die Berwand-
lung durch zauberifhe Kraft, z. B. in Kühe, wie Io, die Prötiden (Apollod.
II, 3, 2. Birg. Ecl. VI, 48.), in Bären (an Circe's Wohnung, Kallifto),
in Löwen, wie Nialante (Apollod. III, 9, 2.), in Bögel und Gel (bei
Sucian Asin. 12, 18.) u. 9. m. Gimon Magus verwandelt fi ſelbſt in
t
Magia 1403
ein Schaf ober eine Ziege (lem. Rec. II. p. 92. vgl. Lucian Dial. mort.
28, 3. u. Öft.). Beſonders großen Ruf Hatte die Verwandlung in Wölfe,
die Lykanthropie. Die Neuren follen ch jährlich auf einige Tage in Wölfe
verwandeln (Herob. IV, 105.). Dei Petronius verwandelt fih ein Mann
in einen Wolf, fällt die Herden an, wird am Hald vermundet und mit den
Bunden naher ald Menih wieder gefunden (Satir. c. 61.); dabei werben
vontiſche Kräuter angewendet (Birg. Eci. VII, 97.). In Arkadien iſt ver
Wolfszauber befonders zu Haufe (Plat. Rep. VII, 16. PBauf. VII, 6.
Plin. VIII, 22., von Lyfäus, Lykaon, Ovid Met. 1,214. Ayollod. III, 8, 1.).
Aus dem Geſchlecht des Anthus wird Biner durchs Los beflimmt einen See
zu durchſchwimmen und dann auf neun Jahre In einen Wolf verwandelt,
worauf er wieder Menſch wird wenn er bisher fein Menſchenfleiſch gefreflen bat
(Blin. VII, 22.), dur ſolche Speife wird Demänetus in einen Wolf vers
wandelt (vgl. Pauſ. VI, 8. Aug. Civ. D. XVII, 17. Varro fragm. 862.).
Börtiger und Sprengel betrachten dieſe Verwandlungen ald Bormen bes
Wahnfinns (Weber die Bolfemuth, In Sprengeld Beltr. — Geſch. d. Meric.
I. St. 2. S. 1ff. 45 ff.). Nach chriftlicher Anficht bleibt bei dieſen Ver⸗
wandlungen die Subflanz des Menſchen, nur da8 phantasticum hominis wird
verwandelt, der Eſel des Lucius iſt nur ein Scheineſel, feine Laſten trägt ein
Dämon, der Menſch felbft aber iſt mie in träumendem Zuflande (Aug. Civ.D.
XVIII, 18.). Endlich werben fehr Häufig Krankheiten durd Zauber bes
wirft (Amob. I, p. 25.), 3. B. Fieber auf eiren Andern übergetragen
wenn man die Nägelabfegnitte in Wachs an feine Thüre Flebt (Plin. XXVIII, 7.),
meift dur dämoniſche Vermittlung (f. unten, vgl. Blat. Legg. XI, p. 932 ff.,
wo von dem verberblihen Zauber durch Beſchwörungen, Knoten, wächferne
Bilder an den Hausthüren, Kreuzwegen, Gräbern gerevet wird; von dämoni⸗
ſchem Berpeften der Luft, gapuarrev aeoa ſpricht Plut. def. orac. $. 18.).
Bon Tödtung dur) Zauberei (susurris magicis, Instit. IV. tit. 18, 5. 1.
Cornel.) ift der Mord des Germanicus ein Beiſpiel. Man fand im Boden
feine® Haufes helle audgegrabener Leihname, Sprüde und Flüche, Biel
tafeln mit feinem Namen, halbverbranntes blutiges Gebein wodurch man
Seelen den unterm Göttern weihte (Xac. Ann. 11,69. Dio Caff. LVII, 18.).
Bol. Digest. XLVIII, tit. VIII. 2,4. Paul. sent. V,23. ad I. Corn. Sicher
gehören die Beneflcien der Canidia, Sagana, Agrippina. Hliemit gehen wir
ber zu den Wirkungen dur melde folge Schäden gehoben oder ab⸗
gewendet, das Wohlſein des Menſchen überhaupt befördert wird. Der Achat
Kit den Durft (Plin. XXXVII, i0.), Ringe bewirken Geſundheit, Unver⸗
mwuntbarfeit, Stärke (Kucian Navig. c. 42. 43.). Ein aus dem ixoo des
Prometheus, das der Adler fallen ließ, bereitete® Pharmakon macht unvers
wundbar (Apoll. Arg. IH, 841 f. Vgl. überhaupt die Pharmaka ber Medea).
@ine gute Stimme bemahrte ſich Nero dur bleierne auf die Bruft gelegte
Blättchen (vgl. Laminae, ©. 741.). Durch eine Eſſenz au® der Scilla verlängert .
man das Leben (®alen. Euporist. 4693.. Sprengel H. Bot. I. p. 91 f.),
Jaſon und Aefon werben von der Medea verjüngt (Pherec. bei @urip. Med.
Arg. p. 174. Ovid Met. VII, 240.). infterblicäkelt wird dur "Kräuter
gewonnen (Glaukus, Iylus u. A. m. Vgl. Lobeck Agl. II. 866. u.), nad
den acherontiſchen Büchern ber Etrusker dur Gebet und Opfer gewifler
Thiere (Arnob. IT. p. 62.), fo daß man erfl wieber entzaubert werden muß
um fterben zu können (Serv. zu Aen. IV, 694.). Durch myfſliſche Reinigung
ber Gerle bewirken die Iheurgen den aradararıouog (Procl. Tim. V, 391.
QAuguft. trin. III, 10.). Krankheiten vertreißt man durch Anhauchen ber
Stimme (Plin. I, 28., 700005 anogvoar, Drig. c. Cels. I, 68. Gnnemofer
S. 215 f.), durch Beruhrung (Martial. III, 82. Solon fragm. bei Stob.
v,59—62. GEnnemofer &.593.). Kleomenes braucht bei einer langwierigen
1406 Magie
Krankheit Sähne und Wahrfagung (uarres, xadaprei, Plut. Apophth.
Lacon. s. KAsou. zoü "Araf. p. 213. T. VII), @trusfer Ichren Heilformeln
(Dion. Hal. I, p. 24.), die Scila an Ihürfäwellen aufgehängt wirkt gegen
böfe Heilmittel (Plin. XX, 29.), gegen Batcination menſchlicher Speidel
(ZHeofr. VI, 39. Pin. XXVIII, 4. Berf. Sat. 11, 31.), der Phallus als
Amulet (Barro VII, 6. Bhurnut. 28, 4.), die Wurzel des Satyrion (Plin.
AXVI, 10.), die Formel Praefiscine (Bo. 11. ©. 1142. III. ©. #26f.), das
Pentalpha der Pythagoraͤer, vyisı« genannt (%uc. de laps. 0.5.), ein Narben»
franz (Birg. Ecl. VII, 27. gegen böfe Worte). Vgl. darüber noch Plin. XXIV, 4.
XXVIII, 2. Plut. Symp. V, 7. Sor. Ep. I, 14, 37. Theoreiiſch begründet
wurden zauberiſche —* durch die Lehre daß jeder Körperiheil einen
Genius babe (Procl. Parm. IN, 55.). Als Aerzte die ſich zauberiicher Mittel
bedienten werben genannt der maffllifhe Arzt Krinad der Die Aftrologie zu
Kuren benügt (Plin. XXIX, I. Sprengel Bei. II. ©. 41.), Andrius unter
MPtolemäus Philopator (Balen. de fac. simpl. VI. prooem. Sprengel Gef.
d. A.K. 1. S. 194.), Hermippus unter Ptolemäus Euergetes (Plin. XXX, 1.),
Pamphilus (Galen. I. c. VI. p. 68. Sprengel II. ©. 77.), Xenofrates au
Aphrodifias unter Tiber (Balen. VI. p. 68. Plin. XX, 82. 84. XXI, 109.
Sprengel II. ©. 81.), Archigenes aus Apamea unter Trajan (Galen. eupor.
p. 473. Alex. Trall. I, 15. Sprengel II. ©. 111., über Plimius vgl.
Sprengel IT. S. 93 F.), Seren. Sammonicus (Sprengel II. ©. 244.), Iheovor
Priscian, S. Placitus Papyrienſis, Marcellus Empiricus, Alerander von
Tralles, Aetius u. A. m. (Sprengel II. ©. 248. 251. 288. 285.). Gegen
Zaubergifte für Körper und Häufer wirft dad Polion (Theophr. IX, 21.),
ebenſo der Amethyſt (Plin. XXXVII, 9.). Perikles trug ein Amulet des ihm
alte Weiber umbängten ald er an der Peſt erkrankte (Blut. v. Per. c. 38.).
Plinius if vol von ſolchen Zaubermitteln. Zauberſprüche gegen Brand⸗
ſchäden (XXVIII, 2.), Ginreibung von Menichenblut gegen Salebräune
(XXVIII, 10.); gegen Zriefäugigfeit (lippitudo) trägt M. Servius Nonian
ein Amulet mit den Buchſtaben P und A am Hals, Mucian eine lebendige
Müde in einem Stück Leinwand (Plin. XXVIII, 2.), ein weiblicher S@leier
um den Kopf gebunden iſt fehmerzlindernd (XXVUI, 7.), gegen Zahnweh
ein Amulet (XX, 17.), oder ein vom Blig getroffene Stückchen Holz abge»
bifien, dabei Die Hände auf dem Nüden, dann an den Zahn gehalten
(XXVII, 4. u. U. m.), gegen Harnbeſchwerden ein Gehänge von Bernfein
(XXXVH, 3.), gegen Gicht der Zahn einer Spizmaus mit der linken Hand
aufgehoben, in einem Stückchen Hirſch⸗ oder Aöwenhaut aufgelegt (Lucien
Pbilops. 7.), oder 'ein bomerifcher Vers, ein goldnes Blättcden mit Gharaf-
teren bei abnehmendem Mond befchrieben, eine durd die Namen Sao, Adsnai,
Sabaoth, Eloi beſprochene Pflanze (Alex. Trall. Xi, p. 696.), gegen Kolik
ein Hängfel mit dem Bilde des Herakles, ein Ming mit Charakteren und
dem Diagramma (er. Trall. IX, 4. p.938.), der Schwindſucht als innerer
Aufsehrung dur die Strigen wird durch Benuß von Sped und Bohnenbrei
am 1. Juni gewehrt (Ovid Fast. VI, 170.). in Baralgtifger wird im
Metragyried des Antiphanes durch Beftreihung mit geweihten Del plöglig
gebeilt (Athen. XII, 553. c.78.). Bei Homer wird Blut burg Beſtreichung
geſtillt (Od. XIX, 454.); ein durch einen Splitter verwundetes Auge durch
die Formel carminirt, telune resonco bregan gresso, breimal zu fpredden,
jedesmal dabei audzufpuden, ober os gorgonis basio, ober in mon derco-
marcos exatison (Marc. Emp. c. 8. p. 278. Sprengel I. ©. 250 fi.
Ziebem. diss. p. 88. Soldan S. 49, 62.). Gegen bigiges Fieber Hilft wenn
man einen Span von ner Thüre abſchneidet durch vie ein Verſchnittener
sing und dabei ſpricht: tollo te ut ille febribus läberetur (©. Placit. Rapyr.
c. 38.); -gegen Wechfelfieber ein Amulet von Anemonen (Plin. XXI, 28.),
Meyis 1407
von Pieudadufa mit der linken Hand gepflüdt (XXII, 20.), von Haaren
aus dem Schwanz eined Kameeld am linken Baden (XXVIH,9.), ein Hafen
herz am Hals getragen (S. Placit. Pap. c. 2.), eine Uhuzehe mit Kazenmiſt
(Blin. XXVIII, 15.). Die Kormel Abracadabra, fo oft, je um den legten Buch»
Raben verkürzt, unter einander gefchrieben bis e8 die Figur eines Dreiecks gibt
(Seren. Sammon. c.4. vgl. Plin. ed. Hard. II. p. 483.) u. A. m.; gegen
Hüftweh Zauberfprüde (Plin. XXVIIE, 2.). Varro heilt das Podagra dur
eine Formel, breimaliges Berühren ver Erde und Ausſpucken (Plin. XXVIII, 2.
Varro R. Rust. I, 2.), Cato Rurationen durch den Spruch: huat hanat
hust ista pista sista domiabo damnaustra (Plin. 1. c. Cato R. R. c. 160.),
den man in die Spalte eines Rohrs ſteckt (Plin. XVII, 28.), Pyrrhus die
Milzkrankheit dadurch daB er bie rüdlings nieberliegenden Kranken mit feiner
rechten großen Zehe berührte, die auch bei feiner Verbrennung nicht verzehrt
wurde (Blut. Pyrrh. c. 8.), Beipaflan Blinde und Lahme (Tac. Hist. IV,
81. Suet. Vesp.7.), Hadrian Blinde durch Berührung (Ael. Spart. v. Hadr.
c. 25.). Mittel gegen Augenkeiden-ift die Afche von Uhuaugen, gegen den Staar
das Hirn eines Hundes von fleben Tagen u. ſ. w. (Plin. XXIX, 6.). Gegen
Evilepſie Menſchenblut (Plin. XXVIII, 10.), ein Amulet von Korallen, Gly⸗
cyſides und Solanummwurzel (Al. Aral. I, 15.), das Fleiſch eines Thiers
das ein Pfeil tödtete der auch einen Menfchen getöbtet bat (Plin. XXVIIL, 4.),
Austreibung des Dämons (Luc. Philops. 16.), Sühnen und Beſchwörungen
(Hippofr. de morb. sacr. c. 1. Demoflh. c. Aristog. I, 794.). Gegen
den Bermandlungszauber fichert das Kraut Moly (Od. X, 286.), der Efel
Lucius wird durch den Genuß von Roſen entzaubert (Lucian Asin. c. 54.),
gegen Lykanthropie nach Böttigers Bermuthung Menfchenopfer gebracht (Sprengel
Beitr. 1, 2.68. 31f.). Todte wurden erweckt durch Empedokles (Diog. Laert.
vi, 59. 67.), Aſtlepius (Eratoſth. Catast. 6.), wobei dad Wunderfraut
Balls angewendet wird (Greuzer Symb. II. ©. 409 f.), ſchon halbverbrannte
Leichname belebt Canidia (Kor. Ep. XVII, 79.) und die theſſaliſchen Zau⸗
berinnen (Luc. Ph. VI, 619.), halbvermeste ein Hyperboräer (Luc. Philops. .
13.), Apollonius (Philoſtr. IV, 45.). Pſychiſche Zauberwirfungen und
zwar verderbliche find Beraubung des Gedäͤchtnifſes, wie fie Gurte im
Proceß der Titinia an fich erfährt (ic. Brut. 60.), Verwirrung des Ders
ſtandes (Virg. Ecl. VIII, 64. Plaut. Amphitr. IV, 3, 9.); befonders der
Wahnfinn If zauberifh ale Wirkung der Hefate (Athen. VII, 325.), baber
find ihr die Mänen beilig; ebenfo ver Rhea und des Bacchus (Schul. Pind.
Pyth. III, 139.), des Pan, der Korybanten (Lobeck Agl. I. p. 640 f.), der
Diana (Hor. A. P. 453.) u. U. m. Caligula's (Juven. VI, 614.) und
Caracalla's Wahnfinn wird von Zauberei abgeleitet (Dio Gaff. LXXVII, 15.).
Daher wird er vorzüglich durch religiäfe Sühnen geheilt, wie die famifchen
Weiber durch Depikmo, sinen Agyrten (Blut. Qu. Gr. 54.), die Prötiven
buch Melampus, der auh Tänze, Muſik ımd junge Männer anmandte
(Apollod. II, 2, 2. Bauf. VIE, 18. u. öft.), die Lafenämonierinnen dur
Bakis (Schol. Ariſtoph. Av. 962. Pac. 1069. vgl. Aelian. V. H. XII, 50.).
Diefe Heilart heißt Neinigung ber Seele (anonadaposız ar yuyar, Jambl.
Myst. II, 10.). Sonft fand man auch phrygiſche Geſänge wirkfam (BAT.
Aur. I, 5.), auch ber Diamant vertreibt Wahnſinn und Furcht (Plin.
XXXVIL, 4). Zu den heilſamen pſychiſchen Zaubermirkungen gehört
bie des Tranfes Nepentbes weldhen Helena bereitet (Od. IV, 220 f.). ferner
wenn der Jaſpis Grammatias gegen Trunkenheit ſchützt (Plin. XXXVIL, 9.)
u.a. m. Wie Zauberei ihre Wirkungen au auf das Bebiet des Erhi-
fen außbehnt und durch zauberiſche Sühnen einen Freibrief der Unfiitlich⸗
keit gibt (Plat. Rep. IE, 864 ff.), davon wird unten zu reden fein. Yu den
Zauberwirtungen auf das foctale Leben übergehend fafien wir zuvoörderſt
=
1408 Magin
bie materiellen Grundlagen befielgen ind Auge, da8 Haus, den Herd u. dgl.
Gegen Beuerdbrunft dient die Formel Arse verse (Befl. v. Arse. Plin.
XXVIII, 2.), ferner find griechiſche Sprüde (eicodos ayada Saiuon, Jul.
Or. VI, 100. u. %. m.), Zauberzmeige von Weißporn, Lorbeer über den
Hausthüren heilbedeutend (Kobeck Agl. II. p. 1237 ff. 1330. a.). Gegen
Einſchlagen des Bliges fhügt Tarchon fein Haus durch weiße Neben (Golum.
x, 353.). Da Zaubergefänge die Häfen zerbreden (Plin. XXVIII, 2.),
ein Zauber den ſchon das dem Homer zugeichriebene Gedicht Kauroc oder
Kepaueig kennt (Xobel Agl. II. p. 971.): fo ruft man: deshalb ven Sephaͤſt
dreimal an (Varro fragm. p. 265.), auch gibt ed einen Dfengott 'Erıxdı-
Barıog (Gert. c. Phys. I, 592.), auch werden thönerne Hephäfte an Herden
und Kaminen angebracht gegen Fatcination (Anecd. Bekk. p. 30. Schol. Arifl.
Av. 436.). Thüren ohne Schlöffer öffnen it ein häufiger Zauber (Arnob.
I, p. 25. Simon Magus, Clem. Rec. II, 32., Micyll mitteli der rechten
Schwanzfeder des Hahns, Lucian Somn. s. Gall. c. 28., Timolaus burg
einen Ning, Luc. Navig. c. 42.), Hausteufel werben von Zauberern ge
ſendet (Hefate, Hei. Rrwznpe, andere Dämonen Schol. Eurip. Hipp. 317.),
ein Pythagoräer fäubert ein deöhalb verrufenes und verlaffenes® Haus dur
ägyptifhe Sprüde und Ausgrabung eined Skelett (Luc. Philops. c. 30.).
Hieher gehören au die an Thüren, Kreuzwegen u. f. w. angebradten heka⸗
täifhen Bilder (Hei. Excreic, Plut. Apophth. regg. p. 135. T. VIII. Blat.
Legg. XI, p. 933. Ariſtoph. Vesp. 803. Heſ. Sezzı. Lobeck Aglaoph. 11.
p. 1336.). Berner gehören hieher die Phallen, Todtenköpfe u. dgl., die man
an Werfftätten gegen Fadcination anbrachte (Schol. Ariſtoph. Plut. 944.
Pol. VII, 108.), endlih der Mühlgott Cunoſtus (Heſych., Cuſtath. p.
1383.) oder Epimylinus (Sert. c. Phys. I, 592.). Gehen wir zu bem
Zauber über welcher das Familienleben betrifft, fo wifien wir nur nit
recht ob wir mit der Henne oder dem Gi beginnen follen. Wir verfolgen
den Gegenftand nad den verſchiedenen Stadien deſſelben. Kinderfrank
beiten find Zauberwert wenn die Rhea darüber waltet (Diod. III, 98.).
Gunina ſchützt die Kinder in der Wiege (Lact. I,20.). Simon Magus Tanz
den Kindern einen Bart machen (Glem. Rec. II, p. 32.). Gegen Bakki-
nation fhüpt man fie durch Amulete (turpiculae res, Barry L. L. VE, 8.
ale Skarabien, Gryllen, Heine Monde, Gef. Zeirric), gegen Kinderhuflen
wird Nabenmift in Wolle gebraucht (Plin. XXX, 15.). Ganz dem Zauber
verfällt" dad Leben wenn es in das Stadium der Liebe eintritt. Aphrodite
flößt der Meden Liebe ein indem fle die Ione an den vier Speichen des
unauflösliden Rades Herbeibringt (Pind. Pyth. IV, 214.), viefelbe Wirkung
hat ihr Gürtel auf Zeus (II. XIV, 225.), auch ſonſt Liebedzaubergürtel
(BHiloftr. v. Apoll. VII, 38.). Die Metragyrten wirken Liebe und Haß durch
Sprüche und PBhiltren (Phil. spec. leg. II, 792. Arnob. I,p. 25.). Haupt
fielen für die Procedur des Liebeszaubers find Theofr. II. Virg. Ecl. VI,
64 ff. Juven. VI, 609.- Sor. Sat. I, 8. Lucan VI, 46. ib. I, 2,8. Ovid
Heroid. VI. Amor. I, 8. &ucian Meretr. IV. Brop. 11,5. Zauberknoten,
Weihrauch, wächſerne Bilder am Teuer zerlaflen, Kleiverküde der Perſon
u. dgl. dienen als Geräthe. Binzelne Philtra find Pfeile aus einem menſch⸗
lihen Körper gezogen und ohne die Erbe zu berühren unter dad Kopfkiſſen
gelegt (Blin. XXVIII, 6.), der Stapbylinus (XX, 5.), Steine (Phil. v. Ap.
VIl, 38.), @elerlunge in Kranichhaut als Amulet (Plin. XXX, 15.), Bleder-
mausblut unter den Kopf gelegt (ibid.), dad Hippomanes (vgl. d. Art.,
Br. 11. S. 1376. Juren. VI, 133. Urt. H. An. VI, 22. VIII, 24. Virg.
Aen. IV, 515. Plin. VII, 42. Aelian. III, 17. XIV, 18.), Mast und
Leber eined getödteten Knaben (Sor. Epod. V.). Das männlie contum
capita macht Diänner, das weibliche Weiber unwiderſtehlich, mas Sappho
Ming 1609
erfuhr (Bin. XXU, 8.). Das Amulet einer Sterneidechſe an‘ der Tinten
t Hand wirft bie Liebesluſt, an der rechten hemmt fle dieſelbe (Plin. XXX, 15.).
k Dämpfend wirften Amulete von Bleitäfelchen (XXXIV, 18.), die Lactuca,
k daher evrovyos, genannt (Athen. II, 69.) u. U. m. Bel Lucian mird bie
z Beliebte felbft dur Beſchwörung der Hekate herbeigezaubert (Philops. 14.).
ı Bad das ehliche Leben betrifft-fo wird die Empfängniß geſichert durch
| ein Amulet vom Samen des Elaterium in Wolle (Plin. XX, 1.), ferner
r wenn Schwanzbaare einer Mauleſelin während der Umarmung zuſammen⸗
i sebunden werden (Plin. XXX, 15.). Die Geburt von Knaben fichert der
‚ untere Theil des Satyrion, der obere vie von Mädchen (XXVI, 10. Diose.
ı III, p. 141.), jene Wirkung hat ‚dad Arfenogonon, biefe das Thelygonon
. (XXVI, 19. Diose. III, 140.), jene dad männliche Parthenion, dieſe das
weibliche (XXV, 5.), jene die Wurzel des Carduus (XX, 23.), und wenn
um die Zeit der Empfängniß Kaldfleifg mit Ariſtolochie gebraten genoffen
wird (AXVIII, 19.); Kinder mit ſchwarzen Augen gibt e8 wenn die Dlutter
in der Schwangerſchaft eine Spitzmaus ißt (XXX, 15.). Glückliche Geburt
figert ein Baubergärtel (Tert. An. c. 39. Yeilus Proebia), wenn man einen
Stein oder einen Pfeil welcher drei Thiere tödtete Über das Haus der Bebärenden
wirft (Plin. XXVIII, 2.), Amulete von Aplerftein in Haut von geopferten
Thieren (XXXVI, 21.), von Ghamäleonszunge (XXVIH, 8.); gehemmt wirb
die Geburt durch Berfchlingen der Finger oder wenn man die Knie mit der
Hand umfaßt oder die Füße übereinanverflägt (XXVIII, 6. vgl. die Geburt
des Herakles; Anderes XXX, 15.0. dft.). Gegen Krankheit der Brüfte bient
Malvenfamen ald Amulet (XX, 21.). In viefen Kreis gehört es ferner
wenn ein Trank von Achämenidon oder eine - einem Iebenden Froſch auege⸗
ſchnittene Zunge aufs Gerz gelegt dem ſchlafenden Weib Geſtändniſſe entlockt
(XXIV, 17. XXXII, 5.), wenn bur einen Froſch Abneigung gegen Che⸗
brecher bewirkt Cibid.), aber auch menn durch Zauber der Ehemann ver-
blendet (Tib. I, 2, 55. Lucian Alex. 50.) und anderswie gequält (Juven.
vI, 609 ff.), das ehlihe Band zersiffen wird (Arnob. I, p. 25. Plaut.
Amph. IV, 3, 9.). Impotenz wird bewirkt wenn man bad wädhferne Bild
eined Mannes mit der Nadel durchſticht (Dvid Am. II, 7, 29.), dur
fonfligen Zauber (Herod. II, 181.), geheilt durch Bohnenbrei (Betron. 134.),
anders von Melampus (Apollod. I, 9, 12.) u. A. m. - Bon Zauberwirkungen
melde das gefellichaftliche Leben im weiteren Sinn betreffen find anzufähren,
wenn Zauber plöglihe Gaſtmäler bereitete (Drig. c. Cels. 1, 68. p. 382.),
wie Bafed durch Beſchwörungen (Suid. s. v. Ilaane) und Numa der ein
geringes Mahl ylögli in eine Tafel von den mandfaltigfien Speifen und
koſtbarſten Geräthen verwandelt (Plut. Num. e. 15.). Gegen Unglüd
auf Reiſen diente dem Eäfar eine Formel, dreimal geſprochen, ſeitdem ihm
einmal ein Unfall zugefloßen war (Plin. XXVIIE, 2. vgl. Suet. Jul. c. 37.
Die Caff. XLIII, p. 224.). Ganz bequem iſt der Weg durch die Quft, wofür
<riptolemus, Medea u. A. mythiſche Vorbilder find. Abaris reitet auf einem
von Apollo empfangenen Pfeil oder Spieß (Eudoc. p. 20. Orig. c. Cels.
IM, 31. Anecd. Bekk. p. 145. 178. Herod. IV, 36. Lobeck Agl. I. p.
314. p.), Mufäus (Bauf. I, 22,7.), Simon Magus (Glem. Rec. II. p. 32.)
und Andere fliegen (2uc. Philops. 13. Navig. 42.), Hermotimus aber (Luc.
Musc. Enc. 7.) und Ariſteas (Mar. Tyr. 38. Orig. c. Cels. III, 26.)
verlaffen den Leib und ihre Seele geht auf Reiſen. Aehnliches von Pytha⸗
gorad und Apollonius von Tyana, die wohl an mehreren Orten zugleich
waren (Iambl. v. Pyth. 34. Porphyr. 27. Philoſtr. v. Apoll. IV, 10. VII, 10.).
In großen Gefahren richten die PBythagorder ihr Gebet an eine Malven-
wurzel (2uc. ver. hist. II, 28.), ähnlich wirkt die Brafflea (Athen. IX, 370.).
Baulg, Real⸗Enchelop. IY. 89
—
40 ° 5 Mingin
Im Wettringen flegt man durch die epheſiſchen Formeln (Tiedem. diss. p. 83.),
beim Wettrennen werben die Pferde durch Zauber gehemmt oder geirieben
(Arnob. I, p. 25. Hieron. v. Hilar. p. 8.) und die aurigae und agitatores
waren daher ganz ald Zauberer verrufen (Botbofr. zu Cod. Theod. IX.
t. 16. ı. 11. Clem. Rec. II, p. 33.). Achat macht Kämpfer unüberwind-
lich (Plin. XXXVII, 10.). Vor Gericht wird den Leuten die Sprache ge
saubt (Balen. med. simpl. X, 275. Reiske zu Liban. Or. XXXV, 307.
vgl. Arnob. I, p. 25.), ſelbſt Dad Gedächtniß (Lie. Brut. 60.). Dagegen
beförbert den Gerichtögang die dem lebendigen Chamäleon ausgefchnittene
Zunge (Plin. XXVIN, 8.) und der Jaſpis, Grammatias genannt, macht
beredt (XXXVII, 9.). ‚Bei Yerathungen wirft dad Verſchlingen der Finger
u. dgl. verderblich (XXVIII, 6.). Dur Sprüde bannen bie Veſtalinnen
entlaufene Sclaven (PBlin. XXVII, 2.). Die Gunſt der Leute verſchafft man
ſich durch Ringe (Luc. Navig. c. 42.), dur Salbung mit Löwenfett (Plin.
1. c.), Didius Julianus aber will den Zorn des Volks durch geheime Knaben»
opfer lindern (Ael. Spart. v. Jul. 7. vgl. Die Cafſ. LXXII, 16.). Er
worbened Vermögen wird ald Zauberfahe betrachtet (Phil. v. Ap. VIE, 38.
vgl. Cic. Div. I, 58.) und Zauberer bewirken‘ die Aufnahme in Teflamente
(Zur. Alex. c. 5.). Hieher gehört fofort die Goldmacherei welche Galigula
lebhaft trieb (Plin. XXXIII, 4.). Sie war in Aegypten zu Haufe (Suid.
v. Mioxant. u. Xnusia), mit Aftrologie verbunden (Mat. Birm. Math.
IH, 15.; Demokrits gvonxa ai uvonad, gegen melde Gyneflus Ep. ad
Diosc. ®abric. Bibl. Gr. VII. p. 232.; GStephanud regi xpvoozoias,
Zabric. XII. p. 695. beruft ſich dabei auf Orpheus; Bid der Aldimiften,
Lobeck Agl. I. p. 739 f.). Man ſuchte die Firation des Queckſilbers mittelſt
Magnefla und Arfenif, ver Proceß hieß moadıs (Sprengel Geld. d. A.K.
II. ©..220.). Paſes aber fertigte ein Geldſtück, einen halben Obolus, ber,
‘wenn er ihn auf ausgab Immer wieder vorhanden war (Sul. v. Ilzonc.).
Beinde werden gebannt (Luc. Alex. 5.),, durch Beſchwörungen und Opfer
ganze Völker in Untertbänigkeit erhalten, mie die Marcomannen® (Bopikr.
Aurel. 18. Ael. Lampr. v. Heliog. c.9.), durch den ſchwarzen Aftrobolus,
einen Edoelſtein, werben Städte und Flotten erobert (Blin. XXXVII, 9.). Bon
allgemeinen Krankheiten denen Zauberer fleuerten find zu nennen eine Bei
in Milet welde Brandus dur Befprengung des Volfs mit Lorbeerzweigen
und Bormeln (Glen. Aler. Strom. V, 49. p. 243.), eine in Sparta, welche der
Bortynier Thales durch Muflt und Zaubergefänge (Blut. Music. 42. Pauſ.
I, 14.) und Abaris (Suid. s. v.), eine andere in Selinus, melde Empebofles
(Diog. Zaert. VIII, 70. vgl. Plin. XXXVI, 27.), in Athen, welche Epimenides
(Plut.v.Solon. 12. Diog. I, 111.), in Ephefus, welche Apollonius (Philoflr.
IV, 10.), in Rom, welde Julian der Theurge (Anaſtaſ. Qu. 23. in sacr.
scr.), eine Theurung bei den Hyperborfäern, welche Abaris vertrieb (Eudot.
R 20.). Gegen eine Peft in Italien erließ Alexander von Abonoteichot
rafelfprühe die über allen Thüren angefchlagen waren (Luc. Alex. 36.).
Domitian berief nad der Sage den Apulejus und Apollonius zu Vertreibung
einer Peſt, wovon jener feine Aufgabe in ſechzehn, vieler in zehn Tagen voll-
führte (Unaflaf. Qu. 23.). Epimenides bewirkte Auffhub des perſiſchen
Kriege, Diotima (uayalag Idaonados, Procl. Theol. p. 422.) der Ber zu
Athen um zehn Sabre (Clem. Alex. Strom. VI, 31. p. 268. vgl. Plat.
Legg. p. 642. Conviv. c. 22. p. 201.). — ®ie die Dämonologie im
weiteren Sinn die eigentlide, mehr oder minder bemußte Unterlage aller
Zauberei ift, fo muß biefe, je weiter fie fih entwidelt, aug-um fo mehr
bie Mittel und Zwede ihrer Wirkſamkeit über den Bereih der finnlichen
Gegenwart hinaus fuchen, fo wie fle den natürligen Drang auflommen Laffen
mußte, auch auf das Leben des Menfchen nah dem Tode beſtimmend einzu-
Magie. 11
wirken. Diefes geſchieht in der nächſtliegenden Form dur Nekromantie,
Todtenbeſchwörung (rexvic, vervouaryreie, yuyayoysir, Wvyayayot), der Nds
türliden Mutter der Dämonologie. Varro leitet file aus Verften ab (bei
Aug. Civ. D. VII, 35.). Sie tif indeſſen ein fo natürliches Produkt als
irgend eine andere Form des Zaubers, auch ebenfo allgemein verbreitet. Der
Befpenfterglaube, ver Manen⸗ und Meliquiencult woran fie ih anknüpft iſt
überall natürliches Erzeugniß der Pietät und religiöfen Furcht, auch das
Traumleben mag den Glauben an dad Erſcheinen der Todten befördert haben
(Böttiger Ib. I. ©. 63.). Ob die Sühne von Mord und Blutſchuld mehr
Antecevend oder Conſequens der Piyhomantie mar möchte ſchwer zu fagen
fein (vgl. Lobeck Agl. 1. p. 316.), eher Lebteres, da Homer wohl Nekro⸗
mantie, nicht aber Blutfühnen Eennt (Kobeck Agl. I. p. 300.). Die Seelen-
theorie Blato’8, .diefe8 condimentarius alles Aberglaubens, wondd die Seelen
ber Bottlofen als amoed7 garraouare die Gräber umirren (Phaed. p. 81.),
mußte der Sache ihre volle Würze geben. Als typifche Pigchagogen erigeinen
Bluto (Pind. Ol. IX, 50 f.) mit feinem Stab, ebenfo Hermes (Wurayayog,
VERDOROUTOS, WVYOROHNOS, Tounaiog, zounevs, Zuclan D. D. VII, 4.
XXIV, 1. Mort. XXIII, 3.), die Horen führen die Seele des Adonid zurück
(Theofr. Id. XV. wohl als zum Liebesgeſchäft gehörig). Das claſſiſche Pro»
totyp aller Nekromantie if} die Pſychomantie des Opyffeus, die mit ihren
Opfern und Gebeten, ihren ſchwarzen SOpfertbieren, ihrer Grube zu ber bie
Todten berauflommen, den Blut trinkenden Schatten nit eigentlih, wie
Lobe und Andere wollen, eine Reiſe des Odyſſeus in den Hades iſt, fondern
eine durch und durch zauberifhe Heraufbeſchwoͤrung der Schatten (f.d. A. Inferi
©. 196. 159. u. im Allg. 163 f.), wenn fie glei Hin und wieder auch wohl ale
Eintreten in den Berei des Hades bezeichnet werden mochte (Lobeck Agl. I.
p. 316. vgl. Tievem. Diss. p. 28. 30.). Glafflfche Stellen für die nekro⸗
mantifche Procedur mit den wiederkehrenden Opfern, Gruben u. dal. find
Hor. Sat. I, 8, 24 ff. Lucan Phars. VI, 580. 2ucian Menipp. c. 8ff. vgl.
Ab. I, 2, 45. Seneca Oedip. 547. Sie mar bie Spige und gemwöhnlichfte
Mebung des Zaubers ‘und tritt häufig mit Göͤtterbeſchwörung in Bine Kates
gorie (Plat. Legg. X, 903.). Sie wird geübt von Appius, Cicero's Freund
(Gic. Tusc. I, 16. Divin. I, 58.), Vatinius (ic. c. Vatin. c. 6.), Libo
Drufus (Zac. Ann. II, 28.), Nero (Suet. v. Ner. 34.), Canidia (Hor. Sat.
J, 8.)u.R. m. Zunaͤchſt erſcheint die Todtenbefämdrung an befllimmte Orte
gefnüpft, wie bei Homer. Solche Todtenorafel (rexveouarzsior, wvyonou-
reiov) find das ſchon von Periander befragte am See Aornos in Theiprotien
oder Epirus (Herod. V, 92,7.), wo auch Orpheus, um feine Frau zu holen,
in den Hades hinabſtieg (Pauf. IX, 30, 9.), das von Pauſanias beſuchte
im thraciſchen Heraklea (Blut. Cimon. 6. de ser. num. vind. c. 10.) oder
in Phigalia in Arkadien (Pauf. 111, 17, 7.). Weber das pontifäde Heraklea,
das vielleicht gemeint if, vol. DO. Müller, Orchom. ©. 287. Gin anderes
Todtenorafel war am See Avernus in Unteritalien bei Mifenum und Dich-
archia, das Wahsmuth (Hell. A.K. II. S. 591.) mit dem thefprotifchen ver⸗
wechſelt (Strabo V, 4. p. 244. :mit Bezug auf Som. Od. XI, 15. Diob.
Sic. IV, 22. Cic. Tusc. I, 16. Die Gafj. XLVIII, 50.), bei Babylon
(kucian Menipp. c. 6. vgl. Dio Gaff. LXVIH, 27. fragm. IX.). Wenn
von der vexvie der Tyrrhener geredet wird (lem. Aler. Protr. 11. Theo⸗
boret. gr. affect. cur. X, p. 950. 964. T. IV.) fo erferfnt man barin vieleicht
noch das pelaegiſche Alter ber Todtenbeſchwoͤrung. Vgl. über dieſe Orakel
Freret in den Mé m. de l’Acad. des Inscr. T. XXIII. p. 174 ff. Sodann
aber treten die Nekromanten oder Pſychagogen als eine Art freier Zunft wie
andere Zauberer auf (Plat. X, 909. Burip. Alc. 1128. Plut. Ouno. ueder.
$. 1. fragm. XII. T. XIV. p. 817. Juſtin. Apol. I, 18. Tert. Apol. 0. 23.
1412 Magie
lem. Rec. I, 5. homil. I, 5.). Durd ein Todienopfer von Mil, Honig,
Waffer, Wein, Del, Befängen beſchwört Atoffa den Darius (Aeſchyl. Pers.
609 ff.), dur geſchlachtete Hähne und Zauberfprühe rufen fie nah Belieben
den Orpheus, Phoroneus, Kekropo (Unn. Gaz. Theophr. 24.). Apion ber
Grammatiker befragt zu Plinius’ Zeit den Homer um fein Vaterland, feine
Aeltern, fagt aber feine Antwort nit (Plin. XXX, 2.), Apollonius von
Tyana aber beſchwört ven Abi (Phil. v. Ap. IV,16.). Zur Disciplin ge:
hört es daß eine Seele fo lange umgeht als man ihre Kleider ihr zurück⸗
Halt ſtatt fie mit der Leiche zu verbrennen (Heron. V, 92. Luc. Philops. 27.),
daß man benfelben Schatten nicht zmeimal befragen darf (Serv. zu Georg.
IV, 503.). Der Zwed viefes Zaubers (uvormoe genannt, Schol. Vin.
Pyth. IV, 281. Heliod. Aeth. VI, 14., reierai Ann. Say. 1. c. vgl. Plat.
Rep. Il, 364., inferna sacra, Aug. Civ. D. XVII, 14.) iſt außer der ge
wöhnlichen Todtenbefragung bäufig Sühne der zürnenden Schatten ermorbeter
Todten, wie Paufaniad den Schatten der Kleonice (Il. cc.), Nero den Geiſt
feiner Mutter (Suet. Ner. 34.), Caracalla den feines Vaters und Bruders
(Dio Call. LXXVIL, p. 877. vgl. Serod. IV, 12.), die Lacedaͤmonier durch
theſſaliſche Pſychagogen den des Pauſanias beſchwören und fühnen (Pat.
Oune. ueler. $. 1. fragm. XII. T. XIV. p. 317.). Bon ſelbſt mußte dieſe
Art der Zauberei, fe raflnirter fie betrieben wurde, die Ginführung ber un-
natürliäften Procevuren in die Magie zur Folge haben. Tireflad trinkt bei
Homer Blut, die tbeffalifhe Erichtho gießt den Leichnamen Blut ein (Rucan
Pharsı VI, 554 f.), faum geflorbene Todte ſchienen leichter zu befragen weil
ihre Seele noch nicht im Hades ift. (Rucan. VI, 619. 702.); Menſchen
wurben lebendig ‚begraben, Leichname halb verbrannt geraubt, andere audges
graben um ihre Augen und Nägel zu verwenden, von Kreuzen wird das Biut
abgefragt, bie Nägel auegezogen, Kinder abgeirieben, erbroffelt um das
warme Blut aufzufangen u. dgl. (ucan Phars. VI, 519 f. u. fonf). Um
das Grab eines zu befhmörenden Todten zu finden wird ein ſchwarzer Bed
an einem DBorberfuß oder Horn geführt bis er lebt, wo man dann cirht
(Suid. yuyay.). Enge zufammen hängt mit der Nekromantie der Däme-
nenzauber. Seelen gehören abgeſehen vom Leibe vor und nad bem Tode
in die Kategorie der Dämonen. Diefe alte Bedeutung bed Worts (Heſ. Opp.
et DD. 122. 126. vgl. Plat. Phaedr. p. 251.) erhlelt fich auch fräter, alt
fon die Philofophie ihren Begriff zu zwiſchenweltlichen Iuftartigen Weſen
(Plat. Tim. 40. Epinom. p. 984. vgl. oben, und Creuzer Symbol. HI.
S. 60 ff.), welde die Zukunft enthüllen, Urheber der Träume, der Mantif,
Magie, zauberlihen Weihen und Neinigungen find (Gert. adv. Phys. p. 552.
Diog. Laert. VIII, 21. 32. 36. 52. Euſeb. Pr. Ev. V,5. Apul. deD. Socr.
b: 45. Blut. Conviv. p. 202.), exweitest und in ben Unterſchied von guten und
Öfen Dämonen zerfält Hatte (ſ. S. 1388.). Dämonen bethören den Menfchen
und treiben ihn zu verberblihen Handlungen (Aeſchyl. Pers. 724.). Bei
Gelegenheit läßt man fpäter diefe Dämonen oder Seelen tobter Menſchen
Belt nehmen. von menſchlichen Subjecten, die daher Befeflene (duuonLo-
H5708, &rapyovuesoı, ÖmsmonoAnneos) heißen (Rucian Philops. 16. Juſtin
Apol. I, 18. Porph. Ep. Aneh. p. 5. bei Gufeb. Pr. Ev. IV, 23. vgl.
{don XAriftet. de mirab. 166. ed. Bekk.). Gegen ſolche Beflgungen find
wirkſam die epheflicden Kormeln (Plut. Sympos. VII,5.), Sprüde Saloms's,
Wurzeln, Ringe, Speichel, Nägel, Haare (Joſeph., ſ. S. 1381., Luc. Philops.
16. Guſeb. Pr. Ev. IV, 13. Phil. v. Apoll. IV, 20. Pſellus oper. daem. p. 83.
u. öft.). Ja fle vermifgen fi fogar mit Weibern (Aug. Civ. D. XV, 22.
23. u. öft. vgl. ſchon Herod. VI, 61 f.), fle faugen die Feuchtigkeit ein
woraus fi ein Sperma bildet das fe dann ausſcheiden (Pſellus c. 9.).
Sofort werben file von ben Magiern gebannt (Plin. VII, 27. Lucien
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Magie 1418
Pbilops. 33. Borph. v. Pyth. p. 41. Phil. v. Apoll. VI,27.) 3.2. durch
einen arabifhen Ring aus Galgennägeln (Luc. Philops. 17.), ägyptiſche
Sprüde (ibid. 31.) u. dgl., oder gefühnt durch blutige Opfer (Aug.
Civ. D. II, 11.), ja zur Dienfbarfeit geswungen (@lem. Alex. Protr.
58. p. 17. Jambl. Myst. IV, 1. 2. VI, 5. 7.). Diefer- Dienft böfer Dis
monen beißt nun vorzugsweile Goetie, Im Gegenſatz von Magie (Suid. v.
May. Borph. Abst. Il, 40. Gubec. p. 31. Niceph. Schol. in Synes. p. 369.
Eufeb. Pr. Ev. V, 10. u. dft.), oder wird er auch Goetie und Magie im
Gegenſatz von Heovpyix und zelern genannt (Aug. Civ. D. X, 9.). Den
Porphyrius mäÄfen die Dämonen felbft die Kunft ihrer Vertreibung lehren
(&ufeb. Pr. Ev. V, 11.). Dieſe dienſtbaren Geiſter, beſonders fofern fie
an einen Zauberer gebunden find, beißen zapedgo: oder spiritus familiares,
wie der des Apollonius (Euf. c. Hierocl. 39.), des Plotin (Porph. v. Plot.
c. 10.). Sie waren meifi reine Dämonen und ihre Ipee iſt von der ſchon
älteren Borftelung von Schuggenien des Menſchen abzuleiten (Plat. Legg.
V. p. 732. Phaed. p. 107. 113. ; ‚uvorayoyoi zov Biov, Menander bei Amm.
Marc. XXI, 14. Steb. Ecl. Phys. I, 9. p. 11. vgl. Yor. Ep. II, 2, 188.
Jamblich. Myst. IX, 2, 6. Proc. in Alcib. p. 26.). Später hielt man
hiezu befonderd die Seelm gewaltfam Ermordeter, vorzüglih unſchuldiger
Knaben geeignet, mie fih der Magier Simon einen ſolchen verſchafſte (Elem. -
Rec. Il, 13. vgl. Juflin. Apol. I, 18.). Wan glaubte die Seelen Ermor⸗
beter bleiben noch an den Leib gefefielt, gehen nicht fogleich in ihren Urfprung
zurüd und müflen umgehen (Berph. Abst. II, p. 212., biothanatorum animae
Servo. zu Aen. IV, 386. Lucian Philops. 29. Xert. Anim. 57.). Sie
dienen zu Sweden ver Rache (Tatian c. Gr. 17.), als Hausteufel (f. ©. 1408.),
mũſſen Krankheiten bewirken (önuyoyar er’ eydoois, Xucian Alex. c. 9.,
de merced. cond. 40. Heliod. Aeth. IV, 7. lat. Legg. XI, 933. Rep.
ll, 364.), räume erregen (Juſtin. Ap. I, 18. vgl. Text. Apol. 23. Iren.
I, 24. Arnob. I, p. 25. Galen. simpl. med. X, 275. oreıg0RrouRoi, ay@-
yınocı, uiorzoss). Gin folder Traumgeift gebietet dem Tiber, Iemandem
Geld zu geben, den er dafür hinrichten laͤßt (Dio Caſſ. LVII, 15.). Na
chriftlicher Anficht beruht aller Zauber auf dämoniſcher Hilfe (Juſtin. Dial. -
c. Tryph. 69. Apol. I, 14. 1,5. @uf. H. Eccl. 11,13. Min. Fel. Oct. 26.
Tert. Apol. 22., Amulete und Kräuter, Tatian c. Gr. 17.), wird nur ale
Phantasma (circulatoriae artes, Tert. Anim. 57. Apol. 23. 2act. Inst. Il,
14.), das Übrigens dämoniſche Realität hat, dargeſtellt. Vgl. Soldan, Hexen⸗
proceſſe S. 61 ff. Auch ſchloß man ſchon Bünpniffe mit ihnen (Aug. Doctr.
chr. 1, 20.) und fon verſammeln ſich auch bie Hexen (sagae) reitend mit
ihnen an naͤchtlichen Orten unter Obhut ded Satan, der Diana, Minerva
und Herodias (Aug. 1. c. 23.). — Nahe verwandt mit dem Dämonenzauber,
oft in benfelben übergehend if bie Beſchwörung ber Götter. Don
den Kauniern erzählt Serobot fie haben die fremden Götter aus ber Luft
des Landes Hinausgepeitfcht (Herod. I, 172.). Ein Gegenſtück iſt die evo-
catio der fremden Götter (1. S. 1386.). Urfprünglich zu Haufe iſt die Goͤtter⸗
beſchwoͤrung bei den Etruskern und Roͤmern. Numa läßt bie beiden Dä-
monen Picus und Faunus durch zwölf keufche Jünglinge fangen, bie ihm
dann den Jupiter Elicius befgmören müflen (Urnob. V. init. Plut. Num. 15.
Ovid Fast. III, 321.) und Tullus Hoſtilius büßt wegen eines Fehlers in
der Disciplin der Veſchwörung das Leben ein (Plin. XXVIII, 2.). Bei ben
Griechen tritt die zauberiſche Behandlung der Götter (enayayai xaı nara-
deonoi, Plat. Rep. II, 364. Legg. XI, 933. vgl. Ruhnt᷑. in Timaei Ler.
p. 114.) zunächſt in den orphiſchen Weihen (Talea, nadagnoı, aadupaes,
Avgaıs, anorgomaouoi u. f. w.) auf, melde ganz in dad Gebiet des Zauberd
gehören. Bon Homer noch nicht gekannt (Lobed Agl. I. p. 800.) Tnüpfen
*
-
1414 Magie
fle fih an die Namen Orpheus (Pauf. IX, 30.), Melampus (Apollod. TI,
2, 2. Pauf. VII, 18.), Mufäus (Plat. Rep. II, p. 364.), Epimenides
(@ufeb. Pr. Ev. V, 31.), die idäiſchen Dafıylen (Diod. V, 64.), an diony⸗
fiſche Aufzüge (Plat! Legg. VII, 815.). Der Gegenfland ihrer Wirkfamfeit
find die Götter, vorzügli die unterirdiſchen (Heol zoonaoı, Avmoı, xadızp-
ao, pvkioı, ayritaı, anonouncieo, Plat. Rep. 366. Anecd. Bekk. 433.
Pol. I, 24. Phil. v. Ap. VIII, 7.), welde dur Opfer, Gebete, Formeln,
Aufzüge, Drohungen nah dem Willen der Beſchwoͤrer fih bequemen müffen
(Plat. am a. O. Legg. X, p. 909., Bırorınai uneıAai, Jambl. Myst. VI, 4.
Zucan VI, 730—749., Beihwörung der Hekate, an die Nekromantie des
Odyſſeus erinnernd, Apollon. Arg. 111, 1030 f. Ovid Met. VII, 240.).
Dabei braudt man Sprüde Homers, des Mufäus, Orpheus (Plat. 1. e.),
kretiſche Pflanzen, ägyptiſche Vögel, iberiſche Knochen, lemniſche Erbe (Synef.
de insomn. p. 144. Dioscoriv. V, 113.), die Kurbel an magiihen Fäden
(Zucan VI, 460.), den hekatäiſchen Rhombus, einen goldenen Kreis mit einem
Sapphir, an ledernem Niemen getrieben, mit Charakteren beſchrieben (Pfellud
bei Stanley H. phil. II. p. 289. Tiedem. Diss. p. 69.). Ihr Zweck if
Heilung von Krankheiten (Hirpofr. morb. s. s. 1f. Athen. XI, 553.
Plat. Crat. p. 405.), Bewirkung von Uebeln für Feinde (Plat. Rep. I,
364. Legg. XI, p. 933.), Sühne eigener Sünden und ber Sünden Ber»
flordener, überhaupt jeder Ungerechtigkeit (Pat. Rep. I. c.), Abwehr ves
Zorns und Schadens durch zauberifhe Bötter (Put. Superstit. 3. Aeſop
Fab. 80.), Bereitung von Neihthümern (Plat. Legg. XI, p. 913., Schaf»
gräberei, Lucian Alex. c. 9. Phil. v. Ap. VI, 39.), Bewirkung vori Liebe
und Haß dur Zaubermittel (Phil. spec. leg. p. 792.), befonders aber
Sreuden und Güter nah dem Tode, Rettung aus dem Bopßopos der Unter:
weit, Wohnung bei den Göttern u. dgl. (Pfat. Phaed. p. 69. Rep. II,
p- 366. Plut. Apophth. Lacon. s. Asworvyidov rt. Ag. p. 219. T. VI.
Diog. Laert. VI, 4. s. 'Aruodsrms). Als Uebungen denen die zu Sühnenden
ſich unterziehen müffen nennt Plutar die Meertaufe, taugelanges Sigen auf
dem Boden, Liegen auf dem Geſicht, Faſten, Kotbfalbungen, vaßßarıznoı
u. f. w. (Superstit. c. 3.). Bgl. Lobeck Agl. I. p. 625 ff. Diefe Goͤtter⸗
beſchrorungen haben Anfnüpfungspunfte an die befferen Myſterien, fofern
man auch in diefen die Götter erfcheinen ließ (Athen. IV, 130. Theo Smyrn.
Math. I, p. 18. Plut. Phaedr. p. 250., avropareiaı, avrowyie, Procl. Tim.
IV, p. 266. Simplic. Ausc. IV, 188. vgl. Lobeck Agl. Bleusinia $. 6 ff.),
befonderd aber an Lehren des Platonidmus, daß das höchſte Ziel der Philo-
fopbie die Anfhauung des Abfoluten (7 rar orrwr Hua, Phaedr. p. 250.)
fel, u. U. m. — Aus diefen Elementen nun bildete fih die theurgiſche
Magie der Neuplatoniker. Sie iſt die Spige aller Magie indem fle vie
Bötter ſelbſt ſich willkürlich dienſtbar macht und durch fie, ja durch Ber-
mittlung des Abfoluten ſelbſt jede zauberiſche Wirkung vollbringt. Die Seele
ift ein Ausflug des Abfoluten und daher mit unendlicher Wirkungdfraft bes
abt (Plotin. V, 1, 3. 9, 9. Porph. bei Stob. Ecl. I, p. 822.). IHr
Ännlices Leben iſt ein Zuſtand der Verzauberung (Porph. Abst. 1,28. vgl.
Pat. Phaed. 81.), die Körpermelt ſelbſt nur dad Nichtſeiende, das ſchatten⸗
hafte Abbild der Seele, ein Complex ſympathiſcher und antipathiſcher Ber
ziehungen und Berhältniffe (Plotin. VI, 8, 1. II, 2,1. IV, 3, 8. 9, 2. 4,
13.), mwelche die Bötter den Menfchen felbit bekannt machen, die Durch deren
Kenntniß eine maßlofe Kraft ſelbſt über die Götter befigen (Porph. bei Cuſ.
Pr. Ev. V, 8,9. Jambl. Myst. V,23.). Gewiſſe Thiere und Opfer, Kräuter,
Steine, Weihrauch, ihre Miſchungen, Bilder, Statuen, Zeichen, Worte, be
ſonders barbarifhe, Gebete enthalten hienach verborgene Kräfte, die Götter
anzuziehen ober zurüdzuftoßen (Porph. ad Aneb. p. 5. 6. bei @ufeb. Pr. Ev.
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j
Magis 1415
v, 12—15. Prod. in Rep. p. 371 f. de sacrif. 35. 36. Jambl. Myst. XI,
12. 15. V, 26. VII, 4. 9. Meiners, Beitr. 3. Geſch. d. Denfart d. erſten
Jahrh. S. 87 f.). Dabei gehört zur Disciplin firenge Afcefe (Blotin. I, 4,
13. 6,6. Porph. de abstinentia. Philoſtr. v. Ap. I, 8, 13. VIII, 7.), Abs
fracıion von allem getheilten Sein und endlichen Thun (Plotin. VI, 4, 16.
1,4, 14. V, 3, 13. VI, 9, 3 ſ.), aber auch Begehung ver jedem Bott ge-
bührenden Dpfer, Weihungen, Myſterien (Porph. Abst. II, 38 f. Jambl.
' Myst. I, 16 f. V, 14. 23. VIII, 2. Procl. Alcib.p.9. Marin. v. Procl. 28.:
anoTpoRaIS xal nepipbarrnplios nal Tolg aAloıg nadapnois, örk ur Vogı-
nos, Ord 68 yaldainoız). Dadurch tritt die Seele mit den guten Goͤttern
in Berbindung,, fogar in myſtiſche Einheit (Worvh. bei Aug. Civ. D.'X, 9.
10. 26. Jambl. Myst. I, 3. 4. 21.), ja mit dem Abfoluten ſelbſt in uns
mittelbaren Rapport (Blotin. IV, 4,' 2. VI, 7, 16. Porphyr. Abstin.
I, 39. 57. Jambl. Myst. I, iO. III, 3. IV, 3. X, 6. Damafe. bei PHot.
cod. 242.), fo daß der Philoſoph in der That ſelbſt ein Gott it (Apoflon.
Ep. 16. 17. Phil. v. Ap. VII, 3. 7.), wie denn Apollonius (Phil. v. Ap.
I, 5. VII, 29. Dio Gaff. LXVII, p. 288. &r. v. Alex. Sev. 29.),
Proclus (von Ifivor, Phot. p.566.) göttlich verehrt wurden. Natürlich be»
trachten diefe Philoſophen ihr Wirken nicht als Zauber, fondern dringen ſehr
auf den Unterfihied von Magie und Goetie (Phil. v. Ap. 1,2. IV,45. V, 12.
VI, 12. u. öft., 1. ©. 1413.), ein Unterſchied welchen Andere eben fo natürlich
nit anerfennen (Eufeb. c. Hierocl. 43., felbft Porphyr. ep. ad Aneb.,
vgl. Zucian Alex. c. 5.). Einzelne Wirkungen betreffend macht Apulejus
der Libyer Amulete wodurch er Bäume und Thiere bezaubert, was Julian
der Chaldäer durch bloſe Sprüde thut (Suid. 'Tovasar. Piel. bei Allat. de
gr. opin. XXIX, 177.), durch fein Wort fpaltet diefer einen Stein (Sozom.
H.E.1,18.), Julian der Theurge macht Wetter (Suid. v. 'ZovA.), Sopater
Wind (Eunap. Aedes. p. 39.), ebenfo Proklus welcher Athen von einer Dürre
befreit (Marin. v. Procl. 28. 29.), Erdbeben ftilt, Krankheiten heilt u. f. w.
Jamblich erhebt ſich beim Gebet zehn Ellen über die Erbe und ſtrahlt von
goldenem Glanze (Gunap. v. Soph. p. 22.), was au dem Proklus bei
feinen Borträgen begegnet, der daher von Rufinus, feinem Schüler aborirt
wird (Marin. v. Procl. 23.). Plotin entvedt den Dieb eines Haldbandes
mit einem Blick, fagt dem Polemo feinen baldigen Tod vorher, dem Potphy⸗
rius feine ſelbſtmörderiſchen Gedanken/(Porphyr. v. Plot. 11.), antwortet dem
Amelius auf eine Einladung zu einem Opfer, die Dämonen müſſen zu ihm,
nicht er zu den Dämonen fommen (ib. c. 10.). Sein Genius, den er einfl
vor einem ägyptiſchen Prieſter erſcheinencließ, iR Fein Dämon, fonbern ein
Gott (ibid.), durch deſſen Macht er den zauberifhen Angriff feines Gegners
Dlympius fo zurüdweist daß diefer contract wirb (ibid.). Im Namen d48
Apollonius, der feine Klagſchrift durch unſichtbare Gewalt auslöfht (Phil.
IV, 44.), und durch eine Erſcheinung im Traum den Aurelian von der Zer⸗
ſtörung der Stadt Tyana abbringt (Vopisc. v. Aurel. 24.) u. ſ. w., werden
Teufel ausgetrieben (Cuſeb. c. Hier. 42.). Im Traum heilt Aeskulap dem
Proklus durch einen Kuß auf die Füße das Podagra (Marin. v. Procl. 31.),
zeigen Bötter dem Kaiſer Julian (Amm. Marc. XXI, 2.) und dem Philos
ſophen Aedeſius durch Derfe die ihm auf die Hand gefchrieben werben, ihre
Beſtimmung an (Eunap. p. 46.). Den höchſten Bott ſelbſt ſah Porphyrius
einmal in acht und fechzig Jahren, Plotin in ſechs Jahren viermal (Porphyr.
v. Plot. 18. ug. Civ. D. X, 10.), Soflyatra aber wurde von zwei gött«
lichen Weſen eriogen (Cunap. Aodes. B 51.) und iſt ſelbſt al gegenmÄrtig
(ib. p. 70.). a8 nun die. myſtiſche Disciplin ber theurgiſchen Magie bes
trifft Geoveyic, —— uvorayoyia, Procl. Polit. p. 879., Beovp-
ya apsen, Marin. v. Procl. 28., Beovey. ayayı, ib., Bsooopie; Porph.
1416 on Hagie
Abst. H, p. 210., Hewouos, Eunap. Aedes. p. 46. vgl. Jambl. Myst. IH, 2.,
areyayia, Jambl. Myst. X, 6. etc.) fo werben vier Stufen der Offenbarung
der Goͤtter aufgeführt: entmeber durch belebte Bilpfäulen welge Orakel geben
mußten (Procl. Tim. IV,-240. 287. Theol. 28. p. 70.), oder dur Ener»
gumenen welde von Dämonen (catabolici, Tert. An. 28.) befeffen waren
und ſelbſt deren doyeis genannt wurden (Procl. Cratyl. p. 106. Polit.
p. 380. @ufeb. Pr. Ev. V, 9.), oder durch annuntiatio, wobei ein Dritter
(vHAnzop) den Gemeihten erzählte was er fah (Piel. p. 82. Brock. Cratyl.
p. 106.), oder endlich durch avrowie, nAünns avzonrınm (Joſeph. lib. mem.
p. 72. Simplic. Auseult. IV, 183.), wobei allerlei Proceduren mit feurigen
Erſcheinungen u. dgl. vorkommen (Lobeck Agl. 1. p. 105 f.). Au Nekro⸗
mantie trieben die Iheurgen (Vorph. Abst. II, 88. 39. 41. 43.47.) Dabei
wurde der ganze Apparat von magiſchen Mitteln angewendet, enodai nad
ovoraoas (Bünbpiffe? Jambl. Myst III, 14. Joſeph. lib. mem. 8 72.),
. Wruyias ni Heios nal Apdeynros oroogalos (Marin. v. Proel. 28.), xa-
dagoaıs xal negigberengia (Proc. Alcib. p. 9.), oröparoı, yoauuai m. |. w.
(Porph. Hei Eufeb. Pr. Ev. V, 9. p. 196.). Geſchah ein Fehler in ber
Disciplin (mepi nv Oeovgpyııv réyynv), fo erſchienen bie gernienen anomzına
ayaluara nit (Sambl. Myst. 11, 10.); vielmehr erfcheinen dann flatt ber
beſchworenen @ötter antithei, vie aus dickerem Geiſt (materiis ex crassio-
ribus spiritus, Arnob. IV, 12. Jambl. Miu. IH, 31.) find. So wurde
einft der Kalter Julian nad chriflicder Erzählung bet theurgiſchen Uebungen
von böfen Dämonen fo Üiberrumpelt daß er in der Beſtürzung das Zeichen
des Kreuzes machte, worauf fie verfhäwanden (Sozom. H. H. V, 2.; über
« feine Neigung für die Theurgie vgl. Anım. Marc. XXI, 9. Liban. de ult.
Jul. T. II. p. 56. Eunap. Maxim. p. 90, Lobeck (Agl. I. p. 109. z.) nennt
ihn imperatorum optimum nisi egregiam indolem corrupissent praecepieres
Platonici, führt aber aus Verfehen für die Angabe von Jullans angeblichen
den Neuplatonifern gewiß fremven menſchlichen Extiſpicien Dio Gaff. LXXIII,
16. an, wo von Didius Iulianus bie Rede ift; auch ſtarb Dio Caſſius 120
Sabre früher. Zuweilen kommen die Zauberer auch ſich felb in die Quere,
wo dann die Dämonen dem flärferen folgen, wie einſt ben Borpbyriud ein
anderer Zauberer durch Bindung der Geifter feine Abficht vereitelte (Aug.
Civ. D. X, 9. vgl. Heliod. Aeih. IV, 7.). Lieber die Mittel ven Bert feſt⸗
zubalten oder zu entlaffen durch Figuren (rumos, yoruuai), Kränze,Beiprengung
mit Wafler u. f. w. vgl. Porph. bei Eufeb. Pr. Er. V,9. — Noch wäre
von dem Zauber der Ghriften und Gnoſtiker zu reden; wir übergeben aber
diefen Gegenfland als weniger hergehörig und aus Mangel an Raum (val.
@ufeb. H. E. IV,7. Iren. II, 23. Orig. c. Ceis. VI, 38f. Tiedem. p. 70 fr.).
Stellung bed Staats gegen die Magie. A. Bei den
Griechen. Dan geht bier ziemli allgemein von der Anſicht aus, bie
Magie fei ein geſetzlich verpöntes Lebenselement —5 — Dieß liegt wohl
in dem Auedruck, die Zauberei ſei das Ilegiiime Wunder (Soldan S. 8. 85.),
Uebung der Zauberei flehe als Frevel gegen die Staatsreligion auf Einer Linie
mit Hochverrath, ſei dur Staatögefehe verboten (Wachomuth, hell. A.K. II.
©. 211. 495. Athenäum II, 2. S. 284. Böttiger So. I. S. 66. vgl. auf
Lobeck Agl. J. p. 667.). Die Widerlegung diefer Behaurtung ik nur darum
ſchwierig weil fle in der That gar Feine Inflanzen für ih bat. Die geges
bene Darflellung beweist zur Genüge wie die Magie ein alle Adern des
focialen Lebens der Griechen durchdringendes Blement war, wie fie in den
höchſten und nieberften Claſſen ihre Freunde Hatte, mie alle Lebendgebietin
urfpränglider und fletiger Gontinuität mit ihr flanden, fo daß man verlegen
fein muß ben Punkt zu bezeichnen von wo aus gefehliches Berfahren
gegen fle feſtgefezt werden mochte. Die Dagie als Magie Konnte fo wenig
— —
Magie Mar
illegitim fein als die Mebicin, Philoſophie u. j. w., ja noch weniger, fofern
bie Ungunft welche manchmal auf viefe fiel und welche Immer in Ührer Ente
frembung gegen bad Volkoleben wurzelte, die gerade im Volkoleben vorzüge
lich heimiſche Magie nicht treffen konnte. Wenn daher 3. ®. die Philoſophi⸗
in einzelnen Bormen gegen die Magie reagirte fo war dieſes entweder
eine gegen bie principiellen Grundlagen ber Religion ſelbſt nicht minder als ber
Magie gerichtete rein philoſophiſche That, mie bei Ariſtoteles, Epicur, Demo⸗
erit (Eucian Philops. 32. Alex. 17.25.61. Blut. def. or. 20. Orig. e. Cole.
VII, 45. 1,24.), deren Veſtrebungen zudem nicht eben bie popufären warm,
md IR in dieſem Fall nicht anders zu beurthellen als die Polemik der befferen
Medicin 3. DB. von Hippokrates oder wer der Verfafler der Schrift de morbe
saero If, Soranus von Epheſus (Gäf. Aurel. Chron. V, 1. Sprengel,
Geſch. d. AR. I. ©. 49.), PHilagrius und Bofldonius, feinem Bruvder
(Aet. telral. IE. serm. 2. c. 2. 12. col. 256. III. serm. 4. c. 42. p. 607.
Sprengel II. &. 127. 130.), @alenus (fac. siinpl. med. X. prooem. VI,
p. 68. Sprengel II. ©. 194. u. öft.). Oder aber es ging die Reaction von
ſolchen Vhiloſophen aus welche im Uebrigen ven Principien der Magte felbſt
nahe Randen, und dann war fie keineswegs ‚gegen die Zauberei felber ge»
richtet, jendern mehr nur gegen bie vulgären, gemeinm und flitlich verderb⸗
lien Formen derſelben, wie bei Plate, der fl aber in demſelben Maß,
ja in bemfelben Zuſammenhang in welchem er ſich gegen die Magie klärt
auch den Mytden und Dichtern, der Volksreligion feindſelig gegenüberſtellt
(vgl. Rep. II, 364 ff. die Urtheile Über die Mythen und Dichter dafelbſt),
die bei ihm 3. ®. ganz auf Einer Linie mit der Magie fleht, wenn Ihm
Ovroius, teisrei, snodal, martein: n&oa nal yomzeia zur Kunft ber Priefler
gehören und von den Dämonen berfomme (Conviv. p. 202.). Selb in
feinem Staat iR die Magie nit als folche, fondern fofern fich betrügeriſche
Berführung, Törtung oder Beſchädigung Anderer daran knüpft, verpönt
@. X, 909. Xi, 933.). Jedenfalls aber wäre es mehr als frivel bie
Urtbeile der Vhiloſophen Über die Magie auch nur entfernt für den Aukdruck
der allgemeinen Meinung zu nehmen. Ihrer ganzen Natur na, als rein
privated Treiben lag bie Zauberei als ſolche jenſeits des Öffentlicden Intereffes
und gebörte in die Kategorie derjenigen untergeorbneten, individuellen debenb⸗
thätigkeiten und Betriebe die bei allgemeiner Verbreitung doch nur erſt dann
Gegenſtand der Staatöforge werben Fünnen wenn fle in Verbindung mit einem
den Staat und das Recht berührenden Intereffe treten. Bon einer yoapn
uaysias ober yonzeiag "bei den Griechen iſt uns fo wenig Etwas befannt
als von ben Staatögefegen die nah Wachsmuth (II. S. 455.) ih dagegen
erklärten. Straffälig konnte die Magie werden nur wenn fle burg ihre
Wirkungen unter die Karegorie eines gefegwinrigen Betriebs oder Benehmens
fi dringen ließ. Hier wird nun der Proceß der Theoris oder Theeboriß,
einer lemniſchen Zauberin und Prieſterin in Athen, ver ihre Hinrichtung nad
fi 308, entgegengehalten (Wahemurh II. S. 211. 199.b.). Imbeffen wurde,
wie dabei Wachemuth ſelber bedenklich if, da® Verbrechen der Theorid
nad einer Nachricht unter den weiſſchichtigen Titel der yoayn aosßeing ge
bracht (Harpolrat. v. Oswpis; auch fonfk wird unter biefem Titel Zauberiunemn
der Proceß gemadt, Aeſop. sv. 80, 1.). Hienach konnte Die Klage auf
Verachtung der-Randeögätter oder ungeſetzliche Binführung neuer Culte lauten
(Beier u. Shömann, attiſch. Proceß ©. 801 f.), wie dieſes aͤhnlich bei der
Priefterin Rinas, vie wegen Ginführung ber phrygiſchen Weihen von Mies
nekles angetlagt und hingerichtet worden fein fol, der Ball war (Demoſth.
fals. leg. p. 431. Schol.), und auch Plato ſcheint das Frembe als Verſol⸗
gurigegrund gegen Zauberei anzudeuten (Meno p. 80.). — beden BA
gVv. j
1418 Magie x
waren fich gewiß gleich obwohl in Heiden Der angegebene Nechtägrund eigentlich
nicht zutriftt. Denn wenn Sofrates, Anaragorad, Protagoras u. a. m.
unter diefem Titel verurtheilt wurven fo war ihr Vergehen bie entihiebene
Negation der Volksreligion ſelbſt, während die Einführung ausländiſcher
Gultusformen für eine ſolche Klage bei der entfihiedenen Neigung der Grie⸗
hen für Fremdes noch nicht, wie Wahamuth vorausfegt (Athen. II, 2. ©.
254:) zureidhte, was Lobeck gründlich nachweiſst (Agl. I. p. 663 ff.). Ja
vielmehr kam jene griechiſche Vorliebe für Ausländiſches befanntli gerade
den Zauberkulten der Rhea, des Bachus, der Is u. f. m. vorzugämelie
entgegen (vgl. Athen. 11, 2. ©. 51.), wie denn ber Ninus welche fie hinrich⸗
teten die Athener felbft in der Perfon der ganz zauberiihen Mutter des
Aeſchines, Glaukothea (f. S. 1394.) eine Nachfolgerin geben die ihre Aufzüge
nz offen und ungefheut trieb (Dem. p. Cor. p. 313.), was freili der
ga
Scholiaſt in Folge eines durch die Hinrichtung der Ninus motivirten Orakels
Apollo's gefchehen läßt (vgl. Lob. Agl. I. p. 664 f.), Das Vergehen der
Ninus und Theoris war daher wohl ein anderes, auf die Glaukothea nidı
anwendbares, und zwar iſt wahrfcheinlih daß ihuen der Prozeß auf ben
Titel Der zoayn yapuarwr, d. h. wegen Gifimifcherei, zauberifher X ddtung
oder Bereitung von Philtten melde Tod ober Wahnflnn zur Folge hatten
(Meier u. SHömann, att. Proc. ©. 311.) gemacht wurde. Für die Theorie
folgt vieles direft aus der Stelle bei Demoſthenes (g. Ariftog. I, 793.),
für die Ninus behauptet e8 der Schollaft (Schol. Aug. p. 167. Lob. Agl.
1. p. 666.). Ueber andere Fälle ver Art ſ. Aelian. V. H. V, 18. vgl.
Antiph. 615. Plutarch aber gibt der Theoris noch bie dovkanaria Schuld,
Derführung der Sklaven nebft anderen Verbrechen (v. Demosth. c. 14.),
wofür Lobeck ald Beleg anführt Golum. R. R. I, 8, 6., vgl. ähnliche Be⸗
fQuldigungen der Zauberei Liv. XXV, 1. Die Caſſ. LIE, 36. Daß aber
Zauberei als ſolche nicht geflraft wurde dafür if ein direkter Beleg ba
ber Areopagus eine Frau die einen Mann dur ein Philtrum vergiftet hatte
frei ſprach, meil fie die Abſicht der Tödtung nicht gehabt (Ariſtot. Eıh. I,
17.). Endlich iſt noch auf Bälle aufmerkfam zu machen in denen der Gtast
fogar officiellen Gebrauch von der Zauberei: macht, wem 3. B. die Gprüde
bed Muſäus und Bakis Staatsorakel der Athener waren (Ser. VIEL, 6.
Ariſtoph. Equit. 997.), Epimenided und Andere zu Bertreibung der Bel
nad Athen u. ſ. w. (f. ©. 1410.), theſſaliſche Pſychagogen gegen das Gefpenfl
bed Pauſanias nah Sparta berufen werben u. A. m. [IL. Georgii.]
B. Berhältniß der Magie zum römifhen Staat. De
eigentliße Name der Zauberer iſt magici, fpäter fagte man au ma-
lefici, dem Gebrauch des gemeinenkebend entnommen. Mathematici
(j. d.) iſt der ebenfalls in der Kaiferzeit aufgefommene und zuerſt nur im
gemeinen Leben gebräuchliche Ausdruck für die ausländiſchen Wahrſager
welche die Schickſale aus den Geſftirnen wahrſagen und welche eigentlich
Chaldaei heißen (®b. I. ©. 1191 f.) oder Astrologi, ſ. Gotbofrer.
ad Cod. Theod. Tom. IH. p. 129 f. Das Divinationdmeien war zwar
mit ber röm. Staatsreligion eng verwachſen, aber die auslänbifhe Aftre-
logie gehörte nit dazu fondern war nur zeitweife tolerirt und blieb in
Rom flets ein fremdes Element (Bd. I. ©. 1153.); die Bauberei aber
war niemals geflattet, jedoch auch nit an fich verboten. Der Staat griff
nämlich gegen Zauberei und ausländiſche Wahrfagerkunft nur dann ein wenn
entweder der Staat und bie Stantöreligion dadurch gefährdet ſchien (ſ. Bp. 1.
©. 1153. u. Liv. IV, 80. XXV, 1. XXXIX, 16.) oder wenn bie Staato-
Bürger dur deren Anwendung an Leib und Vermögen Gefahr liefen, wie
on die XI Tafeln Hefinmten. Diefe verboten nämlic fremde Frücht⸗ ober
GSaaten zu beherxen, d. 5. Sagel, Sturm u. f. w. herbeizuzaubern (qui fru-
Magie 1419
ges excantassit, Plin. H. N. XVIII, 2. Gen. nat. quaest. IV, 7. vgl. Dvio
Amor. 111, 7, 81 ff.) und fremdes Getreide auf feinen Adler herüberzugaubern
(nere alienam segetem pellexeris, Serv. zu Virg. Ecl. VII, 99. Aug.
de civ. Dei VII, 10. Appul. Apol. p. 804. Elm). Nah Blin. H. N.
XVII, 6. wurde C. Furius Cresinus von den Aedilen 157 v. Chr. ver
öfonomifchen Zauberei angeflagt, allein von den Tribus losgeſprochen. Die
Sorge für das Vermögen der Bürger ſprach fih auch in ber 139 v. Ghr.
vom Prätor angeordneten Vertreibung ber Chalbäer aus, Val. Mar. I, 3,
2. Ein Beleg gegen Zauberei infofern fie auch das Leben der Bürger ge⸗
fährbete wird aus der früheren Zeit nicht erwähnt; erft 97 v. Chr. erſchien
ein Scons. gegen Menfchenopfer welche zumeilen zu zauberifhen Zwecken an⸗
gewandt wurden, Plin. H. N. XXX, 1. Gic. Vat. 6. Kor. Epod. 5, 29 fi.
Da tur das Ueberhandnehmen der fremden Gaukler und Wabrfager die
alte nationale Divination der Augure und Harufpices gegen. bad Ende bed
Freiſtaats verbrängt zu werben fehlen, fo ergriffen bie Kaiſer allerlei Mittel
zum Schub bed Augurmwefend. Zuerft that dieß Auguſt welcher den Aſtro⸗
Iogen verbot ihr Gewerbe zu betreiben, Dio Caſſ. LVI, 25. LIE 36. und
ihre Bücher verbrennen ließ, Suet. Oct. 31., darauf Tiberius welcher mehrere
Scons. de mathematicis magisque Italia peHendis erließ, Tac. Ann. IH, 32.
Die auslänvifden Gaufler wurden Bingerichtet, die einheimifchen mit Geil
ımb Gonfisfation beflraft, Coll. XV, 2. Dio Caſſ. LVII, 15. vgl. "Suet.
Tib. 36. 63. Die Beflrafung des 2. Pituanius und P. Marcius megen
Zauberei f. Iac. Ann. II, 32. Gin anderes Scons. aus jener Zeit behnte
die Strafe der lex Cornelia de sic. auch auf bie aus welde zum Schaben
Anderer Zauberfünfte anmenbeten, I. 13. D. ad 1. Corn. sic. (48, 8.). Die
folgenden Kaiſer waren den Chaldäern u. f. w. bald günftig, bald verfolgten
fie diefelben und handhabten jene noch immer geltenden Scons. auf das
Strengfte. So ließ Claudius die Scons. noch fhärfen ohne daß bie neuen
Maßregeln zur Ausführung gekommen wären, Xac. Ann. XII, 52. 68. und
nach ihm dauerte das Unweſen fort, Tac. Hist. I, 22. Vitellius wollte die
alten Scons. ausführen, flarb aber vorher, Dio Eafi. LXV, 1. Suet. Vit.
44. Xae. Hist: II, 62. und Befpaflanus, Habrlanus, ja fogar M. Antoninus
toferirten und benußten felbft die fremden Wahrfager, Spart. Hadr. 2.
Ael. Ver. 3. Lampr. Heliog. 9. Gay. Macrin. 3., fo daß biefelben ihr
Gewerbe zuweilen Öffentlih ohne Furcht betrieben, Plin. H. N. XXX, 1.
Bol. XV, 2, 2. Leber die Anklage des Schriftftellers Appulelus f. deſſen Ayo»
Togie. Zu Caracalla's Zeit befland nah Paull. V, 23. und Ulp. in Coll. XV.
folgende Praxis: pie Zaubermeifter ſollten lebendig verbrannt werben, biejer
nigen welche jene für fich zaubern laſſen ut quem obcantarent (beberen),
defigerent (lähmen), obligarent (fefleln 3. B. zur Liebe) follen gefreuzigt ober
wilden Thieren vorgeworfen werben (nämlich personae humiles), bie Bors
nehmen werben nur hingerichtet. Die Wahrfager follten nah empfangener
£örperlicher Züchtigung aus der Stadt gewiefen und wenn ſie nicht folgen,
deportirt ober relegirt werben. Die Wahrfager welche de salute prin-
cipis vel de summa rei publicae Ausfunft geben werben ebenſo wie die
welche danach fragen als Majeftätsverbrecher hingerichtet, ſ. maiestas, bie
welche den Sclaven über die Zukunft ihrer Herrn antworten werben beportirt
ober ad metalla condenmirt, bie fragenden Sclaven aber gefreuzigt. Unter ben
folgenden Kaiſern trat das frühere Schwanfen wieder ein und manche waren
den Chaldaern gar nicht abgeneigt, 3. B. Severus Alexander, Lampr. Sev. 5.
27. 43 f. 62; allein Diocletian erneuerte dad alte Verbot, 1. 2. C. de malef.
(9, 18.) und die chriſtlichen Kaifer waren ſchon durch ihre Religion ges
zwungen bie heinnifche Zauberei und Wahrſagekunſt (natüͤrlich auch bie vorher
vom Staat autorifirte Divination), abgejehen von deren polit. Gefährlichkeit,
1420 . Magla -—- Nagia gens
ganzlich außzureitn. Der yolitiih-Eluge Gowflantin wagte ned nicht ener⸗
gli aufzutreten, ſondern beſchränkte nur Zauberei und Wahriagelunft mög-
tus, ı. 1. 2. C. Th. de mal. (9, 16.); fein Sohn Conſtantius erariff
fon energifere Maßregeln und verbot das Befragen ber Wahrfager bei
Göäwertfirafe, 1. 4. C. Th. eod. Liban. vit. p. 11. Morell. Deögleiben
wurde Zauberei mit dem Tod beftraft, 1. 5. C. Th. eod. Valentinian erlieg
ein neues Geſetz gegen Zauberei, I. 7. 9. C. Th. eod. und Valens bedrohte
fowohl die Wahrfager als die Befragenden mit dem Tod, 1. 8. C. Th. ood.
Strange Strafen, namentl. Hinrihtung über bie der Wahriagefunft u. Magie
asklagten f. bei Amm. Marc. XXVI, 3. XXVIII, 1. XXIX, 1.2. Bet. IV,
13 f. Sokrat. IV, 19. Sozom. VI, 35. Niceph. XI, 45. VBalentinian der |
Jüngere, Theodoſius, Honorius fegten noch manche Ergänzung zu den früheren
Berboten binzu, 1. 11. 12. C. Tb. eod. 1. 10. C. Th. de pagan. (16, 10.).
Juſtinian änderte an dieſen Geſetzen nichts ale daß er die Geſundheit und
Leben bebrohenne Zauberei nad lex Corn. de sic. zu beftrafen befahl (bee
Erfolgs halber), Inst. IV, 18, 5. Der Richter über diefe Vergeben war ber
praefectus urbi, f. die cit. Stellen. Literatur: Gothofted. ad C. Th. 9,
16. Tom. III, p. 122—146. P. Iollogan de malef. et math. Lugd. Bat
1736. und in Delrids thes. diss. J, 8, p. 213—276. Rein ıöm. Grim.
Recht S. 901 -912. [R.]
Magia gems, ein angeſehenes campaniſches Geſchlecht, dort mehrfach
die höchſten Würden (Campanus cos.) bekleidend, vgl. Cic. de lege agr. II,
84, 93 und in Pis. 11, 24. Seplasia audierat Decios Magios ... . in qvibus
si moderatio illa qvae in nostris solet esse consulibus nen fuit, at fait
pompa, fuit species, fuit incessus saltem. Aber auf fonft in Italien verbreitet.
1) Decius Magius, einer ber erfien Männer in Capua zur Zeit des
zweiten punifchen Krieges, Haupt der dortigen römifchen Partei und feuriger
Bekämpfer des Bünpniffes mit Hannibal (Liv. XXI, 7. vgl. Bell. IL, 16,
2. D. M. Campanorum princeps celeberrimus et nobilissimus vir), baher
von biefem gleich nad feinem Ginzuge zur Auslieferung verlangt und nad
Karthago geihafft (Liv. ib. 10.). Aber das Schiff auf dem er war litt bei
Cyrene Schiffbruch, Mag. flüchtete ſch zur dortigen Statue des Königs Bıo-
lemäus ald einem Afyle, wurde daher nach Alexandria gebracht, von Biol.
aus den Banden befreit und ihm anbeimgeflellt zu geben wohin ex wolle; er
zog vorläufig Aegypten vor (Liv. ib. 10.) Auch einen Sohn von ihm
erwähnt Liv. 7.
2) Cn. Magius Atellanus, wohl ein Berwanbter bed Vorigen,
aber auf ber entgegengefegten politiſchen Seite, im 3. 345 d. ©t., 209 n.
Chr. Medix tuticus in Gapua, Liv. XXIV, 19.
3) Minatius Magius Asculanensis, @nfel von Nr. 1. umd
Erbe feiner Anhängliggkeit an Rom, atavus des Hiſtorikers Vellejus; im
Bunbeögenofienfrieg (3. 663 f.) tanlam Romanis fidem praestitit, ut cum
legione qvam ipse in Dirpinis conscripserat Herculaneum simul cum T.
Didio (f, ®b. II. ©. 1009.) caperet, Pompeios cum L. Sulla oppugnaret
Compsamgqve occuparet, ®ellej. II, 16, 2. Ihm dankie biefür dad röm.
Bolt ipsum (den Min. M.) viritim civitate donando, duos filios eius cre-
ando praetores cum seni adhuc crearentur, ib. 3.
4) P. Magius, Volkötribun zu Rom im I. 667 d. ©t., nad Cic.
Brut, 48, 179. mit M. DVirgilius, nah Plut. Sulla 10. mit Virginiue.
Cic. 1. 1. Sarakterifirt Ihn als in dicendo paullo copiosior (als fein College).
5) Magius, unter Piſo Präfekt von Gallien, ver Beſtechlichkeit be-
fQulbigt, Gic. de orat. II, 66, 265.
6) L. Magius, Genofie des. 2. Fannius, f. Br. IH. ©. 422, 10.
Beide gehörten zu ben Reſten des marianiſch gefinnten Heeres des Fimbri«
. : Magie gem 101
(3. 695.), teaten zu Mithribates über und belamen in der Stadt Mynkus
ihre Wohnung (Cic. Verr. Acc. I, 34, 87.). Sie vermittelten die Berbin-
dung deffelben mir Sertorius in welchem ihre Partei eine neue Stutze ge⸗
funden hatte. -Auf dem Wege zu ibm (im Auftrage des Mithr.) kamen fie
über Italien und ber Semat gab Befehl auf fie als Hochverräther (hostes)
zu fahnden, Cic. 1. 1. u. Pſ. Ascon. dazu p. 183. Dr. Später übten fie
gegen Mithr. zu Gunſten der Nömer Verrath und Fehrten in ihre Heimath
zurück, Pi. Asc. 1. I. Dgl. die Stellen urter Fannia gens a. a. O.
7) Co. Magius und Magia, Sohn und Tochter einer Frau in La⸗
rinum, Namens Dinea. Ihre beiden Brüder hießen M. Aurius und Nume
rius Aurlue. Magia war an Oppianicus verheirarhet, ſ. d. und über das
Banze Eic. p. Cluent. 7, 21. 12, 33.
8) Numerius Magius, aud Eremona, praef. fabrum Cn. Pompeii
(Gäf. b. c. I, 24, wo ihn jedoch unfer Text En. M. nennt), im 3. 708
d. St. in Brubiflum von Pompejus an Gäfar abgefandt um ihm Frieden
anzubieten, Gic. ad Att. IX, 13, 8. vgl. Cäſars eigenen Brief ib. 13. A.
Gr wurde wohl deßwegen hiezu gewählt weil Gäf. ihn kurz vorher auf dem
Wege zu Pomp. gefangen befommen, aber fogleih freigelaflen und mit ver»
föhnligen Aufträgen an Pomp. ausgeflattet hatte, f. Ef. b. civ. 1. 1. und
bei Gic. ad Att. IX, 7. C. g
9) P. Magius Chilo over Cilo, familiaris des M. Marcellus (deſſen
velus amicus et Pompeianae militiae eomes nennt ihn Val. M. IX, 11, 4.),
erſtach aber im Mai 709 dieſen in Athen und tödtete unmittelbar darauf
fig ſelbſt; ſ. ven Bericht bei Eic. ad Fam. IV, 12, 2. Cicero ad Att. XIH,
10, 3. vermuthet Daß die Uirfache dieſes Furor des Mag. feine Ueberſchuldung
war und daß Marc. fi weigerte ihm auszuhelfen. Nach Val. M. 1. 1. mordete
er ihn aus Giferfuht: indignatus aliqvem amicorum ab eo sibi praeferri.
10) L. Magius, Schwiegerſohn des T. Livius. Er mar Mebner und
batte eine Zeitlang ein Publikum aus Hochachtung für feinen Schwiegervater,
Sen. Controv. X. praef.
11) Magius Celer Velleianus (alfo urfprüngli zur Velleia gens
gehörig und in die Magia erſt Durch Adoption gefommen), Bruder bed Hiſto⸗
rikers Bellejus, im I. 762 (9 n. Chr.) Legat des Tiberius in Dalmatien
(Bel. II, 115, 1.), nahm im I. 765 an deſſen Triumph Theil (ib. u. 124,
3.). Gerade zur Zeit von Augufl’3 Tod und Tib.'s Antritt des Principatd
(3. 767) wurden beide Brüder candidati Caesaris für die Prätur (ib. 124, 4.).
12) Magius Caecilianus, Prätor unter Tiberius; maiestatis an-
geklagt, aber Fügenbaft; feine Ankläger murden (im 3. 77421 n. Chr.)
beflraft, Tac. Ann. IH, 37.
13) T. Sextius Magius Lateranus, unter Domitian im I. 847
= 94 n. Chr. Coſ. (Fast. Cons.).
Außerdem werden auf Infehriften genannt: L. Magius L. F. Campanus
Aliger (Agviliger) XII Legionis Fretensis und L. Magius M. F. Fal. Vete-
ranus Leg. X Fret. bei ®ruter g. 551, 12. (beide aus Gampanien) ; bei
Reinef. Synt. VIII, 30.; C. Magius Crescentianus Meinef. V, 23. v. 98.
(aus Buteoli und der Zeit des Antoninus Pius); €. Magius C. F. Optatus
bei Gruter p. 1148, 8. (gefunden bei Verona); M. Magius Marsus, Q. Q.
im 3. 172 n. Chr. unter M. Aurelius, M. Magius Justus, und zwei andere
AM. Magius Marsus, ſämmilich auf einer Infchrift aus Golumna bei Gruter
p. 126 f.; M. Magius Messor bei ®ruter 917, 21. (aus Bontanetum bei
Meviolanım); M. Magius M. F. Pob. Mac. Caius Verona, Mil. Leg. XI,
ib. 551, 10. (aus der Schweiz); L. Magius Macianus, ib. 803, 8. (aus
Berona); Ti. Magius Caeninianus Trierarchus, ib. 11. (aus Glemona);
Q. Magius Hilario, ib. 637, 7. (au8 Rom); Q. Magius Valentinus
1422 Magiadaulita — Magister
Vivir sibl et O. Magi 0, ib. 434, 2. (aus Bergamum); L. Magius Phileas
Vivir Agvil., ib. 82, 6. (aud Patavkum).
Einen Q. Magius Chilo machen Syivius und Mahutius aus dem Q.
Manlius Chilo bei ic. Catil. IH, 6, 14. melden man bann weiter identi⸗
fieirt mit dem von Sal. Catil. 17. 50. unter den Verſchworenen genannten
Q. Annius (vgl. Gic. de petit. cons. 3, 10.), mas Alles ſchon deßwegen
unmögli if weil ein Magius keineefalls zum patrichus ordo hätte gerechnet
werben können wie Sal. Cat. 17. gefchieht. Auch eine Berweihälung mit dem
Mörder des Marcelus (ſ. oben Nr. 9), wie Orelli meint, kann ed nicht wohl feon,
ba Beide nit dad Beringfle gemein haben außer den Beinamen Chilo. [ W. T.]
Magindanäta (Meywdarare, Btol. VI, 7, 16., nad anderer Resarı
Matırtara), Stadt der Gerräer im ®. yon Arabia Felir. [FE.]
Magtoviniam (It. Ant. Pr 476. 479.), Stadt in Britannia Nomane:
angeblih das Heut. Aſchwell. [F.]
Magister (f. v. a. Meifter) b. ein Borgefehter, Vorſteher überhaupt,
maior in statione, wie Iſidor X, p. 1080. fagt. Paul. 1.57. pr. D. v. s
(50, 16.): quibus praecipua cura rerum incumbit et qui magis quam ce-
teri diligentiam et sollicitudinem rebus quibus praesunt debent, hi mag.
appellantur. Paul. Diac. v. magisterare p. 126. M.: moderafi. Unde ms3-
gistri non solum doctores artium, sed etiam pagorum, societatum, vicorum
collegiorum, equitum dicuntur, quia omnes hi magis ceteris possunt.
}. Magistri zur Bezeichnung von Staatsämtern. —Magi-
ster admissionum, @eremonienmeifter, f. admissio, ®b. I. ©. 66.
Not. dign. or. c. 10. I. un. C. Th. qui a praebit. Ci 18.).
Magister aeris, |. un. C. de ann. et cap. (1, 92.) iſt ganz ſ. v. a.
rabionelis privatae rei, T. rationalis.
Mag. census h. ber dem praefect. urbi untergeorbnete Vorſteher der
ſtädtiſchen Genfuales (f. not. dign. occ. c. 4. u. ®b. II. S. 256, mo auch die
provinziellen Genfuale® erwähnt find), welcher zuerft nur in Rom war, von
Conſtantin aber au In Conſtantinopel eingefeßt murbe, 2yb. de mag. II,
30. Das Steuer und Schätungsmelen lag ihm natürlih am meiften ob,
1. 11. 12. C. Th. senat. (6, 2.), doch erbielt er aud noch andere Funf-
tionen, theils weil fle mit dieſem Geſchäft zufanımenhingen, theils weil die
Genfualen die Stelle der alten cenforifchen Schreiber vertraten und fomlt ge-
wiffermaßen oͤffentliche Schreiber geworden waren (f. Senatus). So z. ®.
wurden in dem Archiv des mag. cen. (tabularium censuale Orelli n. 155.)
die Teflamente deponirt und in feinem Büreau publicirt, 1. 18. 23. C. te-
stam. (6, 28.) I. 4. C. Th. testam. (4, 4.) und Bothofr. I. p. 381 f., bei
ihm mußten die Schenkungen zu Protokoll gegeben werben, 1. 30. 32. C.
de donat. (8, 54.), bei ihm mußten fih ale melden qui ad urbem dis-
cendi cupiditate veniunt und die nöthigen Papiere vorzeigen, I. 1. C. Th.
de stud. (14, 9.), f. die Erfl. von H. Gonring in Balimgre thes. III,
p. 1199 ff. u. A., 1. 32. C. de episc. (1, 8.). Not. dign. or. e. 3. occ.
c. 4. und Panzirofl. comm. ce. 10. Walter R.R.G. te Aufl. 8 439.
Mag. classis, bei Drelli inser. n. 3624., iſt ſehr Feieltag
Mag. dispositionum, f. v. a. comes dispos., ſ. Bd. I. S. 326.
hatte einen geringeren Rang als die drei anderen magistri Geriniorum. j
Mag. equitum iſt der regelmäßige und aaothtwenbie Gebilfe un
Stellvertreter des Diktator (Bo. II. ©. 1004.), Dion. V, 75. iv. II, 18.
Barro 1. 1. V, 82., 1. 1. pr. D. de off. praef. pr. (1, 1) Diefed Amt
if entfprungen aus dem der alten tribuni celerum, ®&%d. de mag. I, 14., 1. 2.
9. D. o. i. (-2.), ermangelt des imperium, ic. de leg. m, 3. und
verpflichtet den Inhaber zum firengfien Gehorſam gegen ven Hittater, ir.
VIH, 33. 95. 36. (mo fogar die Abſetzung des mag. eq. burd den Dift.
Magieter 1423
erwähnt wird). In Abweſenheit des Dit. aber hat der mag. eq. ganz deſſen
Macht. Nur ausnahmsweiſe kam es vor daß Beide gleiche Befugniß er»
hielten, |. lex Metilia ©. 987 und App. Hann. 12. Die Wahl des mag. eq. \
hing ganz vom Dift. ab, iv. IV, 13. 21. 26. 57. VI, 11. 39. VIE, 17.
19. 28. Eyd. de mag. I, 37. inter befondern Umfländen konnte ver Senat
dem Dift. einen mag. eq. beigeben, Liv. VIE 12 24. Ginmal wurde ver
mag. eq. vom Volk gewählt, weil nämli auch ein prodictator gewählt
werben mußte (in Abmefenheit des Gonful), Liv. XXI, 8. Mit der Amts-
zeit des Diktator hört auch das Amt des mag. eq. auf und ber Diktator
legt fein Amt nieder fobald der mag. eq. auf des Diftatord Befehl ein
Gleiches gethan bat, Liv. IV, 34. VII, 15. XXI, 33. Die mag. eg.
waren gemöhnlid Gonfulare oder geweſene Prätoren, Dion. 1. J., Die
Gafl. XLII, 21. Der erfle mag. eq. plebei. Abkunft war C. Licinius Caivus,
368 v. Ghr., ſ. oben ©. 1051, 6. Die Infignien dieſes Amts waren
wahrſcheinlich wie bie der Brätoren, 6 Kictoren, Dio Cafſ. XLIL, 27. &yp.
de mag. I, 37. vgl. Dio Cafſ. XLIII, 48. Bin einzigesmal fol ein Diktator
ohne mag. oq. gewejen feyn, nämlich M. Fabius Buteo, weil er nur ernannt
war um den Senat zu ergänzen und weil gleichzeitig ein anderer Dift. bei
dem Heer war, welcher einen mag. eq. hatte, 2iv. XXIII, 22. 23. Hüllmann,
röm. Grundverf. ©. 343 ff.
Mag. fontis, zweifelhaft, bei Dr. inscr. 58. 1645. 5018. Grut. 176, 6.
Mag. militum ober militiae (beides im Cod. und Cod. Th. am
bäufigften), auch Mag. armorum gen., Amm. Marc. XXV, 8. XXVI, 5.
XXVII, 12., ebenfall® mag. equitum et peditum, Drelli inscr. 1133. , 1. 30.
C. Th. de cursu publ. (8, 5.) und mag. utriusque militiae, Orelli 2. 1134.
1141. 1152., 1. 44. C. Th. de curs. publ., 1. un. C. Th. de off. iud.
mil. (1, 9.). Diefer Titel wurde im 3. Jahrhundert der Kaiferzeit ven Bes
neralen gegeben, welche vorher consulares und Togati bießen (f. beide Art.),
Beg. de re mil. II, 9. Il, 9. Boy. Aurel. 17.; Gonftanıin aber erhob biefe
Würde zu einer höheren und machte die mag. mil. flatt des früheren praef.
praetorio zu Chefs der ganzen Militärverwaltung ; ſ. Bb. 1. ©. 607.
Er ernannte nämli einen mag. equit. und einen mag. pei., of. I, 82.
33. So wird mag. eq. gen. I. 9. C. Th. de re mil. (7, 1.), mag. ped.
1. 8. C. Th. de tiron. (7, 13.) und oftmals im C. Tb. Bei der Theilung
des Reichs wurde die Zahl der mag. mil. vermehrt und Jedem wurden ſo⸗
wohl equites ald ped. zugeibeilt, Balej. zu Amm. Mare. XVI, 7. Im
abenbländ. Reich waren nur zwei mag. mil. praesentales oder in praesenti,
d. 5. die in ber Nähe des Kaifers blieben, und dazu fpäter ein dritter für
Gallien; im mötgenländ. Reich waren ebenfalls zwei praesentales in Con-
flantinopel und außerdem noch drei für die Provinzen, nämlich für ven Orient,
für Thracien und für Illyrien, Zoſ. IV, 27. Gafflob. hist. trip. IV, 13.
Juftinian ernannte noch einen neuen mag. mil. für Armenien u. Bontus, f. 1.
5. und bie vorbergeb. leges, C. de ofi. mag. mil. (1, 29.), fo wie bie titt.
Cod. de appar. mag. mil. (12, 55.), de re mil. (12, 36.), C. Th. de re
mil. (7, 1.). Unter ihrem Befehl fliehen die duces und comites und bie
Kalſer ertheilem ihnen Prädikate wie illustris, eminentiss., magnificus, ex-
cels. u. dgl., fie gehören alfo zur erfien Rangklaſſe, f. oben ©. 110. Zahlreiche
oflicia u. apparitores ftanden ihnen zu Gebot, f. d. cit. Titt. und Not. dign.
or. c. 4-8. occ. c. 5—7. Banziroll. comm. c. 30. ff. ®othofreb. para»
ut). ad C. Th. dere mil. (7, 1.). B®b. 1. ©. 250 f. Walter, röm. R.Geſch.
2te Aufl. ©. 434. Daß die mag. mil. nicht felten den Titel kaiſerl. comites
bekamen if Bo. II. &. 524. bemerkt worden.
- Mag. morum, ic. ad div. Ill, 13., f. v. a. consor unb praefectus
morum, f. Bo. II. &. 248 f. und praef, mor.
a Magleten-
Mag. officiorum (eingeführt durch Gonflantin), Hofmarſchall ober
Minifter des kaiſerl. Hauſes, von der Rangklaſſe der ilustres und Mitglied
des Gonfifloriums, hat die Aufflht und dad Richteramt über alle zum Hof⸗
flaat gehörigen Perfonen. Er beſorgt die Anmeldung und Borftellung derer
welche Aubienz bei dem Kalfer erhalten (uud ber Geſandten), Zyb. de mag.
I, 10f. 24 ff. 111, 40f. Amm. Marc. XXVE, 5. Gafflod. var. VE, 6.
- Tit. Cod. de mag. off. I, 31. und C. Th. vafl. I, 9. Cod. de quasst.
mag. 12, 6. und C. Th. daſſ. 6, 9. Not. dign. or. 10. occ. 8. Er
dirigirt die Palafttruppen (ſ. scholae), die Waffenfabriten in verſchiedenen
Gegenden des Reicht (fabricae),, bie agentes in rebus oder magisteriani
(f. d. Art.), die mensores et metatores (f. d. Art.), die Lampadarii welde
dem Kaiſer und den andern Oliedern des kaiſ. Hauſes die Kerzen vortragen,
f. den Art., oben S. 748. (für vie Beleuchtung des PBallafles harten fe
nit zu forgen, Ducange h. v. u. A. bei Böcking ad notit. dign. orient.
p. 236.), die vier serinia, ba8 magisterium admissionum, die curiosi
(Aufieber aus den Polizeifoldaten genommen, welche die Provinzen bereifen,
urfprüngl. um das Poſtweſen zu controliren, dann aber au um Verbrechen
nachzuſpüren und bie Thäter abzuliefern, Cod. Th. de cur. 6, 29. Cod.
12, 23. C. Tb. de curs. publ. 8, 9. Cod. i2, 31. u. Goth. ad C. Th.
1. 1.), die Dollmetiher (interpretes) , die Reitknechte (stratores, ſ. C. h.
tit. 12, 25. Cod. Th. 6, 31.), Häſcher (decani, Cod. h. t. 12, 27. C.
Th. 6, 33.) und fpäter auch das Poſtweſen, 1. 8. 9. 22. 35. 49. C. Th.
de curs. publ. (8, 5.) Gaſſiod. I. I. Lob. II, 26. Panziroll. notit. or. c.
68. occ. c. 29. Bulenger, imp. Rom. III, 14. Guther. de’ off. dem. Aug.
1, 20. Salmaf. ad Treb. Poll. Gallien. 17. aber somest. I, 3. p. 28 fi.
3. F. Chriſt, spec. noct. acad. I. p. 7—29. Walter, R.N.Geſch. Ir
Aufl. ©. 435 f.
Mag. populi, f. v. a. dictator, |. ®b. I. S. 1002.
Mag. privatae rei, nur genannt unter Gonflantin und beffen Göhnen,
1. 2. 4. C. Th. de iure fisci (10, 1.), 1. 14. C. Th. de decur. (12, 1.),
Euſeb. VIII, 1. Orelli inser. 3660., war der Titel eines unter Dem comes rer.
privat. flehenden Fiskalbeamten welcher wahrſcheinl. in ben Brovinzen ıhärig
war und zwar ähnlich wie bie rationales, jedoch nicht identiſch, ſ. rationalis.
Magistri scriniorum oder sacrorum scrin. Schon unter ben
erfien Kaiſern begann ſich das kaiſerliche Archiv» und Kanzleiperfonal welchet
meiftend aus kaiſerl. Sreigelaffenen befand, in mehrere Bureaur einzurheilen,
scrinia ober officia: ab epistolis (Orelli inscr. 1641. 2922. und zwar ab epist.
latin. 2997. 3907. u. ab epist. graec. 1727. 2437.), a libellis, a memoria,
a rationibus, d. h. für dad Rechnungsweſen (Orelli 1494. .), welche unter
der Leitung von einem oder mehreren magistri oder principes flanden, Suet.
Claud. 28. Tac. Ann. XV, 35. XVI, 8. Spart. Hadr. 11. Ael. Ver. 4. Pesc.
Nig. 7. 2ampr. Sev. Al. 15. 26. 31. U. Bict. Caos. 20. G@utrey. VIE, 23.
Lyd. de mag. I, 34. III, 5. erwähnt auch ein von Auguftus gefifietes
scrinium operum. Mit der großen Organifation ber Hof⸗ und Gtaats⸗
ämter unter Gonflantin empfingen auch bie scrinia eine beflimmtere Form und
ſchärfere Abgrenzung, 2yb. de mag. MI, 91. 35. Sie h. scrinium memo
riae, epistolarum, libellorum und dispositionum , deren jedes einen magister
(f. ». a. Staatsſekretär) von dem Hang der spectabiles an ber Gpige hatte,
nee einem proximus scrinii (f. v. a. Departementbirefter), 1. 2. 4. 6.
10. 13. 17. 18. C. Th. de prox. (6, 26.) und einem melloproximus l. 16.
17. eod. Orelli inser. 3222. 1) Der mag. memoriao fegt bie vom
Kaifer münvli empfangenen Befehle auf, verfaßr die Antwortfägreiben auf
BDittſchriften zufolge der vom Kalfer empfangenen mündl. Inftruftien (adaota-
tiones omnes diotat et procibus respondet, wis not. dign. fagt). Wahrſcheinl.
Magister. 1425
beforgt ex auch (d. h. durch feine Sußalternen) die Protokollführung in dem
Gonftorium, f. Amm. Marc. XV, 5. XXIX, 2. Orelli inser. 2352. 9192.
2) Mag. epistolarum et consultationum, beforgt bie Gingaben
der fremden Legaten und deren Beantwortung, protofollirt bei Appellationen
und Anfragen der höheren Beamten (beides h. consultatio, die Anfragen
allein 5. relatio, dergleichen wir 3. B. von Plin. u. Symmach. noch beflten;
Cod. Th. de appell. 11, 90. Cod. 7, 62. namentl. 1. 32. $. 2. 1. 37. 39.
und C. Th. de relat. 11, 29. C. 7, 61.) vie Verhandlungen und fertigt
den Beſcheid aus, legationes civitatum, consultationes et preces tractat,
wie Not. fagt. Daß er au die ganze Correſpondenz zu leiten hat liegt
ihon im Worte ſelbſt; f. noch Orelli inser. 2352. I. 3. C. de temp. app.
(7, 63.) Nov. 20. praef. Im morgenländ. Reich gab es auch, wie früher
in Rom, einen mag. epist. Graecar. für bie griech. Correſpondenz, not.
dign. or. c. 17. 3) Mag. libellorum et sacrarum cognitionum
muß bei allen Taiferliden Cognitionen, auch wenn biefelben nicht vor dem
Kaifer ſelbſt, ſondern im Gonflftorium ober durch indices delegati verhandelt
wurden, yprotofolliren laſſen und die Beſcheide audfertigen (cognitiones et
preces tractat, Notit.), f. Orelli 2352. Amm. Marc. XX, 9. 1. 3. pr. C.
ubi senat. (3, 24.) 1. 32. 6.4. C. de app. (7, 62.) Nov. 20. c. 9. Weber
biefe drei mag. f. not. dign. or. 17. occ. 17. l. un. C. Th. de mag. serin.
(6, 11.). Cod. eod. (12, 9.). 4) Niebriger fland der mag. dispositionum
welder eigentl. nur comes ober primus dispos. h. (f. ®b. IL, ©. 526. u.
1. 12. €. Th. senat. 6, 2.) und den Stang der proximi in den andern
scrinia hatte, 1. 2. 10. 12. 14 C. Th. de prox. (6, 26.) I. 4. C. eod.
(12, 19.). Diefes Bureau erbielt auch die Privilegien, deren ſich die andern
serinia erfreuten, nicht foglei, 1. 3. C. Th. de privil. (6, 35.) I. 2. C. eod.
(12, 29.), ®othofr. ad ©. Th. Tom. II, p. 145. und Hatte feine proximi,
fondeın priores disposit., 1. 10. 14. C. Th. prox. Wegen biefer nieberen
Stellung des scrin. dispos. wurde daſſelbe bei Aufzählung der scrinia oft
übergangen, 3. ®. 1. 5. 6. 10. 15. C. de prox., während e& not. dien.
or. e. 10. aufgezählt if; desgl. J. 1. 3. 4. 11. ©. de prox. 1. 7 ff. C. Th.
de prox., f. ®othofr. ad C. Th. de prox., wo die Bedeutung dieſes scrin.
vollftändig gezeigt wird. Dispositio bat hier nicht die Bedeutung von de-
cretum, edictum, wie zuweilen, fondern es heißt kaiſerliche Beſtimmung
überhaupt, welche nicht in das Meffort eined der drei andern scrinia gehört,
z. B. Lampr. Sev. Alex. 45. Gap. Gord. II, 28. Der Kaiſer beflimmt
3. B. über Magiftraturen und deren Befegung , über feine Reifen und Kriegs»
züge und was damit zufammenhängt u. f. w. Der Kalfer war bier ganz
ſelbſtftändig, fertigte auch ſelbſt aus und ver mag. war fireng an beffen
Wort gebunden, darum wirb bei dieſem scrin. nur probitas und strenuitas,
bei den andern aber mehr geforbert, 1. 8. C. de prox. und das iſt der
wahre Grund warum biefed Bureau den andern nachſtand in denen bie
Mitglieder weit felbftfländiger arbeiten mußten. Lieber die vier scrinia war
nit ein befonverer magister gefeht, wie aus mehreren Stellen geichlofien
worden ift, fondern ber DBorgefehte war nur der magister officiorum, wie
die not. dign. Klar angibt; f. Gothofred. ad C. Th. II, p. 94. Lit.: Gothofred.
ad C. Th. Il, p. 92 ff. 144 ff. Guther., de off. dom. Aug. HI, 3—7.
A. Birarbini, comm. ad nov. Theod. iun. et Val. III, p. 209 ff. 469—481.
C. E. Mangelövorf (pr. &. A. Klo) de mag. memoriae, Hal. 1770.
Böcking ad not. digen. or. p. 236 f. 271—276.
Mag. vestis lineae (f. g. not. dign. or. c. 12.) ober linteae ober
lintear. vest., iſt f. v. a. comes lin. vest. (f. ®». II. &. 525.) und flanb
unter dem com. sacr. largit. Auch gab es einem mag. privatae vestis, 1.
Vauld, Real-Eucyelop. IV. ”
N
1 Magister
14. C. de murileg. (11, 7.). Diefer if gemeint in ber not. I. I. wo nad
dem mag. lin. vestis ein mag. privatae sc. vestis (nit rei) genannt wird.
So vermutbhen Gothofred., Banzirol., Böcking ad not. 1. I. p. 253.
II. Magistri ald Beamte u. Vorflehber von Gorporationen,
nämlich theils von ganzen Gommunen theild von einzelnen Eollegien und So⸗
balitäten weltlicder oder religiöſer Tendenz. 1) Die ſtädtiſchen Beamten h.
felten mag., f. magistratus municipal., gewöhnlich aber find bie mag. vico-
rum u. pagorum, f. vicus u. pagus. ®b. II. ©. 496. 2) Nicht klar genug
it die Wirkſamkeit der mag. welche zuerſt bei den Prieſtercollegien (und
zwar bis in der legten Zeit z. B. Oreli 1181. u. 2351.), und fpäter bei
den meiften andern Benofienfhaften erwähnt werben. Sie wurben bei vielen
Gollegien auf fünf Jahre gewählt (bei manchen durch das Loos, Suet. Dom.
4., oder der Reihe nad, vicibus Suet. Cal. 22.), weßhalb fie au magistri
quinquennales und quinquennales ſchlechtwege h., T. Bb. I. ©. 496.
Diefelben find Borfteher des Collegiums und verwalten die nötbigen Ge⸗
ſchäfte nach innen und außen; deßhalb Haben fie mährend ihre® Amts Be:
freiung von allen Beiträgen melde die andern Mitgliever zu geben haben
und erhalten einen voppelten Antheil wenn Geld⸗ oder andere Berfheilungen
unter den Mitgliedern vorgenoinmen werden (Bd. I. S. 501.), ja fle br
kommen fogar nach ntebergelegtem Amt einen größeren Theil ald die Anbern,
lex coll. salut. Dian. et Antin. col. H, v. 18f. 22. bei Mommfen, de
coll. p. 106 f. Mag. quinquenn. ber fabri tignar. kommen vor bei Drelli 820,
ein magister und praefectus decuriae der fabri tign. Orelli 4184., ein mag.
und zugleih quaestor bed coll. der fabri und fullones, Drei 4056. Die
Mag. der älteſten priefterlihen Col. find folgende: mag. augurum, f. Bd.
I. ©. 1171 f.; mag. decemvirorum sacrorum, Plin. H. N. XXVIU, 3.
ac. Ann. VE, 2. (f. Xviri und XVviri); Orelli 2263. wird wenigflens pro
- magistro genannt, vgl. 2430.; mag. fratr. Arvalium, ber Erſte der arv. Brüpder,
f. Orelli I, p. 388 ff. n. 2426. und ®b. III. ©. 318.; mag. publ. haru-
spicum , Orelli 2293. und Bd. 11. ©. 1169. ; mag. sacerdotum, Grut. p.
313, 3.; mag. Saliorum, Orelli 2247. 2419. Bal. Mar. I, 1, 9. Gap.
Ant. Ph. 4., f. Salii. Neueren Urfprungs find folgende mag.: mag. Au-
gustalis, Drei 1660. 2419. 3018. 3310. 3956., iſt der Borfleber des
Coll. der Auguflales freigelafienen Standes, welche ben Cult der Zaren und
Penaten beforgten und davon ihren Namen August. erbielten daß Ihr Stifier
Auguſtus auch als einer der Zaren verehrt wurde, f. Br. I. S. 1004 f.
und Orelli I, p. 315 ff. 2424. Sor. Od. IV, 5, 34 fi. Ovid. Fast. V,
145 f., und Tac. Ann. I, 73. cultores. Augusti, qui per omnes domos
‘in modum collegiorum habebantur. Hertzberg, de diis patris, Hal. 1840.
p. 46. identificirt die Augustal. mit den magistri vicorum, f. vicus. Aus
den verfchiedenen Gollegien der Uuguftaled bilvete ſich allmälig ein beſonderet
ordo Augustalium, Orelli 1167. und 11, p. 197 ff. Mommſen, de colleg.
p. 16. 84. Ueber die andern Auguflaled welche den Cult des Augufus
als eignen Gottes beforgten f. Sodales. — Mag. Herculaneus Augustalis,
Dreli 1754. 3434. (in Tibur zur Verehrung des Herkules), mag. Luper-
corum Juliorum, Dselli 2253., f. Luperci; Mag. Martialis, Orelli 2422,
mag. Mercurialis, Drelli 2420, mag. Minervalis, Orelli 2421. Suet. Dom.
4., mag. Veneris Joviae, Orelli 2487. Ebenſo au meiblide magistrae,
nämlich bonae deae, Drelli 1519 f. 2427., fortanae melioris, Dr. 2428.,
matris Matutae, Drelli 1501, Veneris, Orelli 2429. Zu biefen priefterl.
mag. ifl zu nehmen ber mag. fani Junonis, Orelli 2418. u. a. welche für
ben Schuß ded Tempels einer Gottheit forgten. Auch vie zur Feler von
Spielen gegründeten Gollegien hatten ihre magistri; fo die zahlreichen Gol-
Iegien der Juvenes (f. d. ©. 688.); ferner gab «8 mag. corporis scaenicorum,
®
' Mingister | 1427
Drei 2619.. und mimariorum, Orell. 2631. vgl. Suet. Dom. 4. — Endlich
ift noch ein befonderer Mag. zu erwähnen welder in vielen. Col. gewählt
wurbe, nemlid) mag. cenarum oder ad cenam faciendam. Diefe wurden aus
dem Album des Collegium der Reihe nah allemal auf ein Iahr nusgehoben -
und hatten während biefer- Zeit für nichts ale für die gemeinfamen Mahl«
zeiten zu forgen, f. ®b. II. S. 501. That ein folder feine Pflicht nicht,
fo verfiel er den Statuten feiner Corporation gemäß in eine Geloftrafe, f.
lex coll. sal. Dian. col. Il, v. 8. 15. vgl. 11. 30. bei Mommfen, de
colleg. p. 107. 112f. Huſchke in Zeitſchr. f. geſch. R.Wifſ. XI. S. 218 f..
II. Magistri aus dem PBrivatreht und aus dem gemeinen
2eben. —Mag. auctionis oder bonorum ifl der von den Gläubigern
eined infolventen Schuldners (in Yolge der missio in bona) aus ihrer Mitte
gewählte Geichäftsführer welder im Namen der Andern den Bermögend»
verkauf des Schulonerd zu beforgen bat. Er macht bie Öffentlichen Berfaufss
bekanntmachungen, entwirft bie Jex bonorum vend. u. f. w., f. Bd. I. ©.
1152. 997., missio und Cic. ad Att. I, 1. ad div. XIE 80. (wo fogar
mebrere mag. ermäßnt werden), p. Quinct. 15. Quinct. VI,3. at. III, 79.
1. 5. D. de curat. (42, 7.). Theoph. Inst. II, 12. pr. F. C. G. Stieber,
de bon. emt. I., Lips. 1827. p. 61 ff. Was die lex bon. vend. betrifft
fo war. biefelbe eine Urt von Kaufcontrakt und enthielt die Befchreibung ver
verfäufliden Büter, die Namen der Grebitoren, Beflimmungen über bie zu
Teiftende Zahlung u. A. — natürlih noch nicht den Kaufpreis, wahrſcheinlich
aber den nievrigften Preis, gleichfam als Angebot. Keller, semestr. I. p. 94— 99.
ſtellt Lebteres zwar in Abrede, allein Theoph. ſpricht mit ſolcher Beſtimmt⸗
heit und Sachkenntniß (wie aus dem Ganzen hervorgeht), daß ſich kaum
daran zweifeln läßt. Man darf jedoch ebenſowenig in dad andre Ertrem
verfallen, wie Stieber 1. 1. und Bachofen, in Schneiders Frit. Jahrbb. 1842.
S. 987 ff. gethan haben, Indem fle behaupten daß lex nichts h. als die
T are (pretium) welche durch das in einer Öffentlichen Auktion oder privatim
gegebene Angebot eine Kaufliebhabers entflanden und vom Prätor als lex
gebilligt worden ſei. Abgefehen von biefer engen durch Fein analoges Beifpiel
zu erhärtenden Bedeutung des Wortes lex folgt viefelbe nit einmal mit
Nothwendigkelt aus des Theoph. Darflelung, indem er fagt: nad der von
dem Prätor eingeholten Erlaubniß hätten die Gläubiger eine lex bon. vend.
gemacht und die Taxe den Öffentlihen Bekanntmachungen angehängt. Diefed
kann erflärt werden, die lex bon. vend. beflehe aus dem Inhalt ver Bekannt⸗
machungen (Befchreibung der verkäuflichen Güter, Zahlungöbeflimmungen u. A.)
und aus der nun binzugelommenen Taxe, welches zufammengenommen nichts
Anderes iſt als eine Art von Kaufcontraft, wie oben erklärt worben iſt.
Ueberhaupt trägt Bachofen 1. J. zu viel In die Darftellung bed Theoph. hinein
(3. B. einen Unterſchied zwiſchen einem Privatverkauf und öffentl. auctio
der Maffe, melde letztere gewiß nur allein zuläßig war) und erflärt Cicero's
Worte pretium conficit, qua lege et qua conditione zwar fehr ſcharfſinnig,
aber gezwungen, um Stützen für feine Unficht zu gewinnen. — Mit dem ma-
gister ift nicht zu verwechfeln der curator bonis distrahendis, welcher die Maſſe
vorerft zu verwalten und erft nad Befinden zu verkaufen hatte, 1. +. pr. D.
quae in fraud. (42, 8.). Tit. Dig. de curat. (42,7.). Mill. obss. V, 37.
v. Bynkeréhoek, obss. VII, 14.
Magister oder rex convivii, auf) arbiter bibendi, melder
bei fröhlichen Mahl präſidirt und Gefege vorfchreibt (z. B. wie viel Jever
zu trinken babe, darum leges insanae gen., Hor..Sat. II, 6, 69.). Auch
mag er den Wein, Wahl der Sorten sc. beauffitigt haben, ſ. Bd. II. ©.
1310. 1304. Plaut. Stich. V, 4, 20. Pers. V, 1, 18. @ic. Cat. mai. 14.
Verr. V, 11. Lampr. Hel. 20. Seine Ernennung geſchah durch Würfel
1428 Miagisieatus
(nämli den Venuswurf),.Hor. Od. I, 4, 18. II, 7, 25. CEhriſt, de mag.
vett. in poculis, Lips. 1745. 49. Gilano, röm. Altertb. IV. S. 1128 ff.
. Schub, Privatalterth. d. R. ©. 667.
Mag. navis bebeutet oft f. v. a. gubernator oder au ES hiffscapitän,
f. die Lerica u. Liv. XXIX, 25. XLV, 42., zumellen aber denjenigen welchem
der Schiffärheder oder naviculator ein Schiff välig überläßt, f. Hor. Od.
UI, 6, 31. 1. 1. pr. 6. 1 ff. D. de exerc. act. (14, 1.). 3. 1.6. 2. D.
caup. (4,9.). 1. 11.6.2. D. publicar. (39, 4.). 1. 13.6.2.D. locat. (19, 2.).
Mag. operum, singulorum officiorum, operariorum,
Arbeitsaufſeher, Col. I, 8. 9. XI, 1. find Ausprüde aus dem dfonomifchen
Leben, beögleihen mag. pecoris, Varro r. r. 11, 2. Ser. zu Virg. Aen.
VH, 485. Cic. Verr. V, 7.
Mag. scripturae ober allgemein societatis If ber Vorſteher einer
Steuerpadptgeiellihaft, Gic. p. Planc. 18., f. publicanus,
Mag. als Lehrer, 5. B. rerum rusticarum, Gol. IV, 28. uw. f. w.,
f. die Lexica und ludimagister ©. 1219f. [R.]
| tas. 1. Bei den Griechen. Das Weſen der Behörben
ſteht Im genaueflen Zufammenhang mit der Staatöform und if in feinen
Abmwandlungen für Griehenland am deutlichſten an bem allmäligen Fori⸗
ſchreiten ded atbenifhen Staated von ber Monarchie zur Demokratie nachzu⸗
weifen. Die Monarchie kennt nod Fein Beamtenwefen, im Könige felbt ale
dem Führer im Kriege, dem Vollſtrecker der Staatöopfer und dem Pfleger
des Rechts concentrirt fi bie Staatögewalt (Ariſtot. Pol. HI, 9, 7.). Das
Arhontat welches an die Stelle des Koͤnigthums trat war anfangs nur
eine beſchränkte Monarchie; aud dem Antheil jedoch welden ſich die Bupa-
trivden in Form einer Gontrole an der Staatöregierung anmaßten (PBauf. V,
4, 5.) entwidelte fich nah und nad eine ariftofratiihe Regierungsform,
indem zuerſt die Megierungszeit von Lebensdauer auf zehn Jahr beihränft,
dann der Zutritt zum Archontat, welder biöher nur den Mebontiven und
Alkmaoniden ofen geflanden, allen Adelsgeſchlechtern geöffnet, endlich bie An-
zabl der Archonten von einem auf neun erhöht wurde. Für alle die Behörden
welde zur Zeit der abfoluten Demokratie befanden, bürfte fi der Anfange-
punkt nit wohl durchweg nachweiſen laflen; wohl aber läßt fi für die
Zeit der Ariftokratie, in deren Charakter überhaupt nicht Vielheit der Be-
börden liegt, wie auch bei dem einfachen Organismus des damaligen aibeni-
fhen Staates eine ſolche nicht Bebürfnig war, annehmen daß mit den neun
Achonten der Kreis der Staatsbehörben fo ziemlich erfhöpft war. Gie,
und was es fonft no an Behörden geben mochte, wurden aus der Mitte
der Eupatriden genommen, In ihren Händen war Verwaltung und Juſtiz
vereinigt, zwar unter Gontrole der Gupatriden. doch ohne alle Berantwort-
lichkeit gegen dad Volk (oi «eyorres xupioı nauy ore Tas Öinas avzore-
Asig Rowioda, Suid. s. v. apyar. Bekker Anecd. p. 449.). Drakons
Geſetzgebung änderte im Princip nichts; denn wenn au die Binfegung der
Cpheten auf Bervielfältigung der Behörden durch Ihn Hinwelst fo wurden
doch auch fle apıorivönn gemählt, wogegen bie nur auf einer fehr zweifel-
Baften Etymblogie des Wortes berubende Anfiht daß vie Epheien ein
Appellationegeriht geweien mit dem Gharafter der drakoniſchen Geſetzgebung
faum versinbar ifl. Eine neue Orbnung der Dinge begann mit Solon. Der
Grund auf welchem diefe Orbnung aufgeführt wurde war Aufhebung der
Standes vorrechte, Gleichſtellung Aller vor dem Geſetz und verbältnigmäßige
Betheiligung aller Staatsbürger an ber Staatsregierung. Das Berbältmiß
biefes Antheils felbf aber warb nach timokratiſchem Prinzip feſtgeſtellt: bie
Behörden wurden nicht mehr wie biäher aus ben Cupatridengeſchlechtern,
ſondern and den begüterten Bürgern genommen, in dem Maße jedoch daß
Magistrat u 1429
bie Iehte ber vier von Solon nad Erirag des Vermögens eingefegten @laffen
(f. Census) von allen Staatsämtern ausgeſchloſſen, die Befegung der höchſten
Stelle aber, des Archontats (und demzufolge auch des areopagitifhen Rathé
welcher aus den abgehenden Archonten befegt wurbe), der erflen Claſſe vor-
behalten blieb (Blut. Arist. 1.). Dagegen fland die Wahl der Behörden
dem ganzen Bolfe zu, fo wie biefelben auch dieſem verantwortlich waren
(Ariflot. Pol. II, 9,4.). Ein nicht minder wichtiger und faſt noch entſchie⸗
bener zur Demokratie binführender Schit war die Binrihtung eines In»
ſtanzenzuges. Solon ließ zunächſt zwar tie Juftiz in den Händen ber Be⸗
hörden, errichtete aber biefen gegenüber ein aus allen Glaffen ohne Ausnahme
zu befegendes Volkegericht, an welches zu appelliren einem Jeden geflattet
war ber fih bei dem Sprude einer Behörde nicht beruhigte (Plut. Sol. 18.).
Die Folge mar daß faR alle Nechtsfahen auf dem Wege ber Appellation an
das Volksgericht gebracht wurden, "die Behörden alſo in ihrer Bigenfchaft als
Nichter völig überflüjflg erſchienen und Demzufolge — ein Fall welcher bald
genug eingetreten fein mag — vielleicht freiwillig auf Ihre richterliche Befugniß
verzichteten, indem fle ſich blos bie Unterfuhung und Inftruction des Bro»
ceſſes, kurz Ales mas unter dem Namen ryeuoria dinaornoiwor begriffen
wird, vorbehielten. Uebrigens ordnete Solon feine andere Art der Ernennung
der Behörden an als die durch Wahl (Ariflot. Polit. II, 9, 2.); die Ein-
führung des Loſes rührt aller Wahrfcheinlichkeit nah von Kliſthenes her (vgl.
Wahsmurh, hellen. Altertb. I. S. 547. d. 2ten Ausg.), oder muß, wenn
die Worte des Iſokr. Areop. $. 22. (ovx 8 anarımr tag aoyag xAnpoVr-
Tas, aM zoug PeAtiorovg nal ToVe Inaroraroug dp’ EXaOTOs Tor Epyar
roonpirortss,;, vgl. 6. 16.) auf Klifihened mit zu beziehen und überhaupt
genau zu nehmen find, doch gar bald nad demſelben flattgefunden haben ;
denn ſchon in der Schlacht bei Marathon erfcheint ein durchs Los ernannter
Bolemarh bei Herod. VI, 109. Diefe Erlofung kann jedoch noch Feine .
unbedingte gemefen fein, fondern muß ſich noch auf die an fich wahlfähigen
Bürgerklaffen beſchränkt haben; erſt Ariflives eröffnete nach der Schlacht bei
Platäa, den Anforberungen ded im Siege über die Barbaren erflarkten
Volkes nachgebend, den Zutritt zu den Staatsämtern allen Bürgern ohne
Ausnahme (Blut. Arist. 22.), und mit diefer Mußregel fließt die Demokratie
völlig ab. — Die Behörden ver Demofratie (aoyai, jedoch ohne firenge Unter⸗
ſcheidung bald im engeren bald Im weiteren Sinne, im weiteften bei Ariflot.
Polit. IH, 6, 12., welcher auch Gericht, Rath und Volksoerſammlung mit
unter dieſem Namen begreift, vgl. IH, 1,4 f.) find theils ordentliche, ſtän⸗
Dige, mit wenigen Ausnahmen aljährlih für beſtimmte Berufeékreiſe mit
voller Auctorität gewählt, theils außerordentliche, commifjarifche, welche nur
in vorkommenden Fällen und für ein einzelnes Geſchäft durch beionderen
Boltsbefhluß ernannt und in dem Zul daß ihre Amtsbauer die Zeit von
dreißig Tagen nicht überfchreitet nur als emsieını (curationes, Gommif-
ftonen) betrachtet werden (Aeſch. g. Kteſ. $. 13 f.), theils endlich ünnoedius,
Subalternen, wie Schreiber, Herolde, Amtöboten u. f. w., welche befolvet
waren, gleih von ben Behörben ſelbſt ohne Weiteres ernannt werben Fonnten
(Bol. VII, 92.), ja nit einmal Bürger zu fein brauchten (Mriftot. Polit.
IV, 12, 8.). Bel den orbentliden Behörden zeigt fi ein Unterſchied in
der Mobalität ihrer Ernennung. Der größere Theil ber Staatdämter ward
durchs 208 befeht (Anpwzai apyai), die Kofung felbft, wozu man ſich ber
Bohnen bebiente (rvausverdenı, 0i ano xuauov, nvausvrol aoyorres, Dei.
g. Zimofr. p. 747. 6. 150. Herod. VI, 109.- Zen. Mem. I, 2,.9.), von
den TheömotHeten am Schluß des Jahres im Theſeion vollzogen (Aeſch. g.
Ktei. $. 13.). Wählbar war jeder voljährige, epitime athenifche Bürger;
doch ging die Erloſung nicht, wie Suidas s. v. Ansıapynor fagt, aus ben,
4480 | Magletratus
Gemeindebüchern vor fi — dieſe waren hoͤchſtens eine Garantie für bie
Rechtmäßigkeit der Ernennung — fondern aus der Zahl der Bürger melde
fih zu dieſem Zwecke eingefunden (vgl. Lyſ. g. Andok. 6. 4., g. Philon
6. 33. Harpokr. s. v. enılayar). Dabei vorfonmenber Betrug warb mit
dem Tode beftraft (Dem. g. Böot. v. Nam. p. 998. $.12.). Yür Erledi⸗
gungdfälle aber wurde den erlosten Beamten gleich anfangs eine gleige Zahl
von Erjagmännern zugelost, oi EmiAayorres, Dem. g. Theofr. p. 1331. $. 29.
Harpofr. s. v. amılayor mit Beziehung auf Aeſch. g. Kieſ. $. 62., melde
Stelle fih jedoch nur auf den Math besteht. Die zweite Art der Ernennung
war die durch Wahl, yeoororix (eipeoıs),, Davon yeıporormrui (aipszai)
aoyai. Hieher gehören die fämmtliden Militärbehörden, der Schatzmeiſter
der Verwaltung, der Vorfteher ver Theorikencaſſe, die amıueAnrai der Diony-
fien und Moyfterien, bie ieoorauoi, Bowraı, aOLoderaı, GmppoNoTeIi, yuramo-
70.0 (?). Vgl. Tittmann, griech. Staateverf. S. 314. Welcher Gefichto⸗
punft bei der Beflimmung, gerade dieſe Aemter durch Wahl zu belegen,
obgewaltet,, iſt ſchwer zu fagen; vie Ruͤckficht auf perfänliche Tüchtigkeit reicht
höchſtens für die drei erfigenannten Behörden aus, kann aber auch für dieſe
ſchwerlich als entfcheidend befunden twerben, wenn man auf ber andern Gelte
bei Befegung der meiften und wichtigſten Staatsämter dad 2o8 entſcheiden
fleht. Sonad wird mit C. F. Hermann d iur. magg. p. 16 ff. diefe Er⸗
ſcheinung vielmehr auf Hiftorifhem Wege zu erflären und anzunehmen fein
daß, wie es fa von dem fpäter erft eingefehten Vorſteher der Iheorifencaffe
außer Zweifel ift, fo auch die Aemter der Strategen und des Schagmeifters
der Verwaltung urfprüngli außerordentliche maren, welche anfangs außer-
orbentliher Weife, d. 5. durch Wahl befeht wurden, und biefe Mobalitär ver
Befeßung auch nachdem diefe Stellen in die Reihe der fländigen eingerückt
waren nad wie vor beibehalten wurde, alle bie übrigen oben genannten aber
eigentlid gar Feine Staatdämter waren, wie fte denn aud in ber That
durchaud in feiner directen Beziehung zu Staat und Bürgerfhaft fanden.
Ebenſo beruht auch die Wahl der von den Phylen im Auftrag des Staaté
zu ernennenden Behörden (der emioraraı Tor Önuooior &oyor, wie T&yo-
zoi0l, Tapponoıoi, 6donoroi, zeimponoioi, vgl. Aeſch. g. Ktef. $. 30), ſo⸗
fein fle überhaupt Tänger als dreißig Tage in Ahätigkeit find, auf ihrer
Eigenſchaft als nit fländiger, außerordentlicder Behörden. Daß diefe vor:
zugsmelfe aipsrai aoyai geheißen iſt aus Aeſch. F. 29. nit ganz unwahr⸗
ſcheinlich, obwohl die Unterſcheidung diefer von den yesporormzai Teine allge
meine Geltung erlangt zu haben ſcheint da in ber Urkunde bei Acid. 9.
‚Tim. 6. 24, im Ganzen nur xAnporai und zerporormtai, fo wie bei Bol.
VII, 44. nur xAngorai und ariperai apyai unterſchieden werben. Ihre
eigenen Beamten ernannten Phylen und Demen, wie ed ſcheint, gleichfalls
nit durchs Los, fondern durch Wahl, mie die smıueAnzai 107 puAir nad
Antiph. d. chor. $. 13., die roızvapyoı na Plat. d. rep. V, p. 478. A.,
die pparoiapyoı na Dem. g. Eubul.p. 1305. 6. 23., vermuthlich alſo aud
bie druaoyor. Bol. Schömann d. comit. Ath. p. 378. Die Phylen und Demen
hatten übrigens am Ende des Jahres ihre Wahlverfanminngen, EEKMIHERAz
(Iſäus g. Apollod. 6. 28. Dem. g. Leo. p. 1092. €. 39. vgl. die ayopa
zor apyöreor, ibid. p. 1091. $.36.), fo gut wie das Volt ſelbſt (Xenoph.
Mem. IH, 4, 1.), welches viefelben auch nad Verlegung feiner Verſamm⸗
lungen in das dionyfiſche Theater noch immer in der Pnyx abhielt (Pol.
VIII, 134. Heſych. s. v. Ilsv&). Genauer läßt fi ihre Zeit nicht beſtimmen;
denn mit dem Jahresſchluſſe ſelbſt Fönnen fie nicht völlig zufammengefallen
fein, indem nad der Ernennung der Behörden vor Ablauf des Jahres noch
bie Prüfung verfelben vorzunehmen war. Die Angabe des Berf. des Argum. zu
Dem. R. g. Androt. p.590., die apyaspenias felm auf die vier Ieten Tage bes
Magietratus, | , 1431
Jahres gefallen, ift daher mit Mecht als irrthümlich von Schömann d. comit.
p. 322 ff. befeltigt worden. Der vom Bolt Ermählte war nun allerdings
nicht gezwungen bie Wahl anzunehmen, jedoch mußte er im Weigerungsfalle
feine Gründe eidlich erhärten, edourvra: (Aeſch. d. fals. leg. 6. 94. Dem.
d. fals. leg. p. 379. $. 124. Bol. VII, 55. Harp. s. v. aswuooie).
Keine Behörde aber, mochte fie durch Wahl over durchs Los ernannt fein,
durfte ihr Amt antreten ohne zuvor eine Prüfung ihrer politiihen Berechti⸗
gung beflanden zu Haben (f. unter Somsumoie), deögleihen Leine ihr Amt
niederlegen ohne über deſſen Führung Rechenſchaft abzulegen (f. unter evYv-
von); allein au während der Dauer ded Amtes mar fie bei aller perſön⸗
lien Unverleglihkeit (Dem. g. Mid. p. 524. 6. 32.), ald deren Symbol
ber Kranz galt weldden die Beamten trugen (Kyſ. g. Buand. 6.8. Den. g.
Ariftog. I, p. 802. 6. 5. g. Theofr. p. 1330. 6.27. Aeſch. g. Tim. 6. 19.),
fortmährend einer fcharfen Gontrofe unterworfen (f. unter emıyepororie).
Als fonflige wefentlihe Kigenthümlichkeiten einer apyn wird von Aeſch. g.
Kteſ. F. 14. die vxenovio dixaornpiwr (ſ. iudicia S. 367.), und $. 27. daß
Met des emßolas Emıßaddsır (j. unter emıBoAn) bezeichnet, beides ein Reſt
aus früherer Zeit wo die Jufliz noch völlig in den Händen der Behörden
gelegen. Daß übrigens nicht geflattet war zwei Aemter auf einmal ober
auch nur dad eine öfter ald einmal zu verwalten, ift in ver Formel des
Heliafteneivs bei Demofih. g. Iimofr. p. 747. 6. 150. zu leſen. Daß
Letztere jedoch if in folcher Allgemeinheit nicht richtig; denn daß ein Strateg
immer wieder wählbar war bemerft Dem. prooem. 55. p. 1461., und von
dem Schapmeifler der Verwaltung folgt für die Zeit bis Olymp. 110 ein
Gleiches daraus daß da erſt ein Geſetz erfchlen welches die Verwaltung vieles
Amtes auf eine einzige Finanzperiobe beſchränkte, Plut. vit. dec. orr. p. 841.C.
Do geben auch dieſe Beflimmungen wieder beide Aemter ala urſprünglich
außerordentliche zu erkennen. — Im Allgemeinen f. 6. F. Hermann quaestt.
de iure et auctoritate magistratuum apud Athenienses, Heidelberg. 1829.
Def. Lehrb. der griech. Gtaatdalterth. 6. 147 ff. Schömann Antig. iur.
publ. Graec. p. 235 ff. [ West.]
1. Bei ven Römern bezeichnet magistratus (eiymol. mit magister
zufammenbängend) ſowohl die obrigkeitlihe Würbe als ven Inhaber verfelben,
Paul. v. magisterare p. 126. M.: aut personam ipsam demonstrat, ut quum
dicimus: magistratus iussit, aut honorem, ut quum dicimus: Tito magi-
stratus datus est. In diefem Tegtern Sinn iſt mag. nicht mit blofen Ehren⸗
ämtern zu verwechſeln, mie 3. B. iudex, senator, princeps senatus u. A.
A. Magiftr. der Republik. I. Eintheilung der Magiſtra—
turen: ordinarii und extraordinarii, je nachdem fle regelmäßig und zu bes
ftimmten Zeiten oder nur außerordentlich unter befondern Umſtänden ernannt
werden. Die eıflern find 3. B. coss., praetores, aediles, tribuni, quassto-
res, censores (Lipfius u. A. rechnen die Cenſ. zu den extraord.), zur zweiten
Art gehören: dictator, magister equilum, interrex, praefectus urbi (ber
republ. Zeit), Xviri leg. scrib., IIIv. rei publ. constit., f. d. Urtt, Sodann in
curules und non curules, je nachdem ihnen die Ehre ver sella curulis zufleht
oder nicht, f. g. Cic. ad Att. XII, 32. Vop. Tac.1., f. sella curulis; Die
Erfleren h. coss., praetores, aediles curules, dictalor, mag. equitum; weiter
patricii und plebeii, f. g. Cie. or. p. dom. 14. ep. ad Brut. 1,5. Liv. HI,
39. VI, 11. 41. Die Volkatrib. und Aediles pleb. waren fletd und aus-
ſchließlich pleb. Mag., alle höheren Magifiraturen waren urſprünglich patri-
ciſch fo lange noch Fein Plebejer fähig war dieſelben zu bekleilden; ver Name
dauerte aber wegen der urfpränglich patriciihen Aufpicien auch noch fpäter fort
obgleich die Pleb. längſt den Zutrlit zu denfelben erhalten hatten. Berner
maiores und minores unterſcheiden ſich durch die Höhe der Würde und haben ihren
u Magletrutus
Namen von ihrem ſaeralrechtlichen Standpunkt erhalten, denn die mag. maiores
find die denen die Haltung der maiora auspicia zufteht, während bie min. nur
bie ausp. minora halten dürfen, ſ. Bd. II. S. 1171. Die mag. mai. wurden
in den comit. cent. gewählt, Bv. II. &.535. und he coss., praet., censores,
dictator, mag. equit.; die ordentliden mag. minores mwurden in den Tribut»
Gomitien gewählt, Br. II. S. 547’f. und find: aediles, quaestores, trib.
pieb., die vigintisexviri (nemlich bie IIIviri capitales, Illviri monetal.,
IVviri viarum curandar., Xviri stlit. iudicandis, IIviri viarum außer ber
Stadt, IV praefecti iuri dic., |. ®». II. ©. 548.), triumviri nocturni, ma-
gistri vicorum, curatores cloaearım (j. Roma bei cloacae), curatores trib.
(f. tribus), tribuni aerarii (f. diefe und die andern Artt.); außerorbentlide
magistr. minor. find: praefectus annonae (fpäter regelmäßig), duumviri na-
vales, Vviri muris reficiendis, IIIviri coloniae deduc. (Bb. II. &. 314.),
Hllviri, IVviri, Vviri mensarü; f. d. Artt. Auch die alten quaestores parri-
cidii und duumviri perduellionis gehören zu biefer Gfafle, wurden aber
natärlih nicht in Tributcom. ermählt.
11. Die Gewalt und Amtsbefugniffe der Mag. Im Allgem.
f Cic. de off. I, 84. de lag. IE, 1. Ale Mag. der republ. Zeit (nemlich
bie maiores unb von ben minores bie trib. pleb., aediles und quaestores)
hatten folgende Rechte: 1) das Volk zu einer concio zu berufen, f. Bd. II.
S. 583.; 2) Evifte und Dekrete zu erlaffen welche ſich auf Gegenſtände ihrer
Amtsrhätigkeit bezogen, |. Bd. IH. S. 20 f. II. ©. 883.; 3) dem Genat
vorzutragen und Vorſchläge zu machen (referre ad Senatum), f. Senatus;
4) ungeborjamen und firafbaren Bürgern Geloftrafe aufzuerlegen (nemlich
jever Magiftr. in feiner Sphäre), f. &ic. de leg. II, 3. und mulcta;
5) Aufpicien anzuflellen, Gic. de leg. III, 3., fſedoch Eonnten wie oben be⸗
merkt iſt nur die maior. mag. die ausp. maiora anflelen, die mag. min.
waren auf bie ausp. minora (spectio) beſchräͤnkt. Die mag. mai. hatten
außerdem folgende Befugniffe ausichließli: 1) Kriegsfommando und Juris»
biftion im m. ©. vermöge des ihnen zuflehenden Imperium, ſ. S. 117. 637 f.
und ©. 902 f. Die mag. min. waren ohne imperium (zuweilen magi-
stratus Im e. ©. genannt, Guet. Caes. 54. 75.) und hatten nur eine unters
georbneie Juriödiftion, f. die cht. Artt. Das imperiaum enthält zugleich das
echt Abweſende vorforbern und Anweſende verbaften zu Jaffen (vocatio u.
prehensio); die Tribunen waren zwar obne imperium, hatten aber do das
Recht der prehensio, die Quäfloren u. d. A. hatten keins von beiden,
Gell. Xi, 12., |. Bd. II. ©. 623 f. 805. Dieſes Net and ihnen gegen
Ungeborfame und Wipderfpänftige zu, ja fogar gegen andre Maziftraten; f.
im Allgem. Cic. de leg. III, 3. und in Bezug anf bie Coſſ. f. Dio Gaff.
XXXVIH, 3. Plut. Cat. min. 33. Xiv. VII, 4. Dion. X, 33. (wo die fi
weigernden Militärpflicgtigen von den Coſſ. gefangen gefet merben), von dem
Prätor ſ. Suet. Caes. 17. vgl. Ascon. in Cic. Mil. p. 89. 51. Or. Am
häufigfien machten die Tribunen von dieſem Recht Gebrauch, f. tribunus pleb.
2) das -Mecht ven Senat zu berufen (bo auch die Volkstrib. Hatten dieß), f.
@ic. de leg. III, 4. u. Senatus; 3) Comitien zu halten, ſ. Bb. II. S. 538 f.
551.; 4) die höheren Mag. maren beretigt den niederen zu befehlen, und
zwar bie Goff. allen andern, f. Bd. II. ©. 622. Polyb. VI, 12. Gell.
XIII, 15.; der Dictator tem mag. equit., 2iv. VIII, 36. u. f. w. Auch
mußten bie niebern den höhern honneurs maden, nicht weniger die Brivaten,
ſ. ®. II. S. 629. 629., lictor u. Pfut. apophth. reg. Fab. Mar. 7. Suet.
Caes. 78. 80. In Nothfällen halten ſich die Magiftraten gegenfeltig aus,
fo 3. ®. beforgten die Mebilen einmal fogar die Geſchäfte der Gofl., Lin.
IN, 6., die Iribunen die der Aedilen, Dio Gaff. XLIX, 16. u. f. w. —
VBeſchraͤnkt war die Macht der Magiſtraten 1) dur den Genat als ber vor⸗
Bingletzates 1638
geießten Behörbe derſelben, f. Senatus; 2) durch die Intercefflon der gleich⸗
ſtehenden und der höheren Magiftraten, f. Bd. I. ©. 640. IV. ©. 210. u.
tribunus pl.; 3) durch dad Brovofariondreht der Bürger, f. provocatio;
4) dur die Ausficht nad DBolendung ihres Amtejahres vor dem Volk ans
gellagt zu werben, Polyb. VE, 14. 15. Lio. VII, 4. IX, 26. XXIV, 43.
XLII, 22. XLV, 387. Suet. Caes. 23. Dio Gafl. XXXIX, 18. XL, 55.
Dion. VII, 77. So lange dad Amtejahr dauerte Eonnten die höheren Ma»
giſtratus nicht angeflagt, ja nicht. einmal civiliter belangt werben, lex Servil.
c. 3. Liv. IX, 34., was fogar noch in ver Kalferzelt galt, Dio Eaff. LVII,
21. LIX, 28. 1. 2. D. de in ius voc. (2, 4.). 1. 26. 6. 2. D. ex qu.
caus. (4, 6.). 1. 48. D. de iudic. (5, 1.). 1. 92. pr. D. accus. (48, 2.),
außer wenn fle felbfl es geftatteten, z. B. Liv. XLIII, 16., ober wenn bie
Tribunen bie Anklage erhoben, f. tribunus pleb. Die mag. min. fonuten -
ſowohl civiliter als eriminell während ihres Amtejahrs belangt werden, Gell.
XI, 13. Suet. Caes. 17. ©. Ojenbrüggen In d. Borrebe zu Eier. p.Mil.
S. 37. Drumann, Geſch. Roms II. S. 196 f. Die meiften Amtöverbrechen
fielen unter dte Kategorie von perduellio, maiestas, repetundarum und vis,
ſ. d. Artt. und Nein, Röm. Crim.R. ©. 598 fl. E. Laboulaye, essai sur
les lois crim. des Rom. concern. la responsabilit6 des magistr., Bari6 1849.
Menn, de iure Romano magistratuum accusandorum, Düren 18495. 4.
5) Endlih auch dur das in lex Genucia 342 v. Chr. fankıionirte Verbot
zwei Wagiftraturen von einer Perfon vermalten zu Iaffen, ſ. S. 1439.
IT. Rothwendige Erforberniffe um eine Magiftratur zu
erhalten. 1) Der fi Bewerbende mußte binnen - einer beflimmten Frift
vor den Comitien erfcheinen, Dio Caſſ. XXXIX, 27., und zwar perſoͤnlich,
wie durch das Herfommen und fpäter in lex Pompeia (5. 992.) beflimmt
war, f. ®. J. S. 7. U. ©. 117. u. Blut. Cat. min. 31.; 2) der Can⸗
bibat mußte freigeboren fein (f. S. 1032.) und das gefehliche Alter erreicht
haben. Urfprünglih (d. h. bis zu lex Villia) ſcheint feine Vorſchrift über
das Alter der Magiftr. beflanden zu haben, wie manche Wahlen bezeugen,
z. B. Liv. VII, 27. XXV, 41. XXVI, 18. XXVII, 38., vorzüglig aber
ac. Ann. XI, 22. und Cic. Phil. V, 17. war ſcheins Liv. XXV, 2, zu
wiberfprechen, mo legitima aetas erwähnt wird; allein ber ganze Zufammen-
bang läßt erkennen daß unter dem Wort legit. bier höchſtens das Herkommen
verflanden ift, um fo mehr da Liv. fpäter ſelbſt die lex Villia als erfle lex
annal. bezeihnet. Manche Gelehrte wollen dieſen Widerſpruch dadurch beſei⸗
tigen daß fle ſagen, ed hätten vor lex Villia einzelne geſetzliche Beſtimmungen
über das bei einigen Magiflr. nöthige Alter exiſtirt, allein noch Fein allge»
meined und auf alle und jede Magiftraturen fi bestehendes Geſetz, fo Pigh.
annal. ad an, 573 d. ©t., Lipſ. de mag. c. 4. Merula de leg. c. 24.
6. 384. Grnefli clav. v. leg. ann. Duf. zu Liv. XL, 44. u. A. Un einer
andern Stelle meint Dufer (zu iv. XXV, 2.), vor lex Vill. fei nur beſtimmt
geweſen daß Keiner Magiftrat werde wenn er nicht 10 Jahre Kriegsvienfte
geleiftet hätte. Heinecc. ad 1. Jul. Pap. P. II, c. 7. behauptet, vie aotas
legit. vor lex Villia ſei das 20ſte Jahr geweſen und Bynkerohoek meint
(obss. VI, 17.), für alle Magiftr. fet vor lex Vill. durch Geſetz umd Her⸗
kommen bafjelbe Alter beflimmt gewefen, f. Drafenbor zu iv. XL, 44. u.
A. F. Schott, de lege Villia anneli, Lips. 17659. Auch Plut. Flam. 2.
beutet auf gefegliche Altersbeflimmungen vor lex Villia (mega Tovg vouovs),
allein er Tann damit auch das Herkommen meinen, wenn er nicht etwa einen
Anachronismus begeht welcher zu entſchuldigen wäre da lex Villia bald darauf
gegeben wurde. Dieſe lex Villia iſt die erfle hiſtoriſch fichere oder überhaupt
bie erſte lex annalis (auch annaria gen., Paul. Diac. h. v.p. 7 M. Lampr.
IV,
1484 Magistratan
Commod. 2.), gegeben von dem Volkatrib. 2. Villius 180 v. Ehr., welcher
deahalb — ebenſo wie feine ganze Yamilie — den Namen Annalis erbielt,
Gic. ad div. VII, 8. Liv. 1. 1. Welche Jahre vieles Geſetz Für jedes Amt
vorſchrieb iſt in unfern Duellen nit enthalten, fondern muß durch Combi⸗
nation gefhloffen werden. Für das Gonfulat war dad Ale Lebensjahr
beflimmt, denn ic. Phil. V, 17. fagt, Alerander der Gr. ſei 33 Jahr alı
geftorben, 10 Jahre vor dem confularifhen Alter. Auch wurde Gicero in
diefem Jahr Conſul und zwar, wie er fagt, in dem gefeglichen Alter (suo
anno, de off. II, 17. de 1. agr. II, 2.; anni legitimi, @ic. ad Att. XIII, 32.
vgl. ad div. X, 25.). Für die Prätur war das AOfte Jahr legal, denn in
“ diefem Jahr war Cicero Prätor, Gic. de off. 1. 1., für die curuliiche Aedi⸗
lität das 37ſte Jahr, in welchem Gicero dieſes Amt beileideie, Cic. de off. 1.1.
Daſſelbe Alter hatte PB. Corn. Scipio. Aemll. African. (Numantinus), welder
zum Conſul gewählt murbe als er fih um vie Aerilität bewarb, Liv. ep. 50.,
f. Gerlach, d. Tod des P. Korn, Scip. Aeu., Bafel 1839. S. 47f. Ob
“für die pleb. Aedilen und Volkstribunen ein gemifies Jahr beflimmt war if
nicht zu beweilen. Da beivde-Aemter rein plebejifcher Natur waren fo braudte
ihrer in lex Villia_gar keine Erwähnung zu geſchehen; doch wurde gewiß
eine berfönmlihe Norm beobachtet. Gewoͤhnlich nemlich wurde das Volks⸗
tribunat nad der pleb. ANedilität, alfo etwa im 3Often Jahr bekleidet (jo alt
waren aud die beiden Gracchen, |. Sempronius Gr.), die pleb. Aedilität
nad der Quäſtur und vor dem Volkstribunat, alio etwa im 28flen oder
2Hften Jahr. Sehr beftritten iſt die aetas quaestoria (ſ. g. Duintif. XII, 6.),
denn während Einige das 2äfle Jahr als das geieglihe annehmen (Lipf. exc.
ad Tac. III, 29. Dodwell, prael. Camd. X, 8. 14. Gafaubon., Bulenger.,
Bräv,, Piriseus u. N. ), flimmen Andere für das 31ſte Jahr, weil in —*
Jahr Cicero Quäſtor mar (jo Pigh., Adam, xöm. Alterth. von Meyer I
©. 160. Reiz, r. Alterih. J. S. 408. Böttling, Staatäverf. S. 372. u. 4.).
Allein Cicero's Alter beweist Hier nichts, da er de of. 1. I., wie der Yu-
fommenbang zeigt, nur von ber Heviliät und ben folgenden — nicht von
den vorhergehenden — Ehrenſtellen ſpricht. Darum iſt das 27fte Jahr wabr⸗
Wenige: (fo Sigon. de ant. i. c. R. II, c. 2. Merula.de leg. c. 21.
6. 34. Grub. de com. I, 3. Zamodc. de sen. Beaufort, d. röm. Rep.),
zumal da mit dieſem Jahr die zehnjährigen Kriegsdienſte vollendet waren
welche der Bewerbung vorausgeben mußten (der geſetzliche Anfang der militia
war im 17ten Jahr), f. S. 1000. Bolnb. VI, 19. Liv. XXV, 8. Gel.
X, 28. Auch waren die beiden Gracchen in dieſem Jahr Quäftoren, ‘..
Sempron. Gr. Für bie andern mag. minores war wahrfdeinlid Fein be-
ſtimmtes Jahr vorgefchrieben. Bine neue Jex annalis war lex Pinaria bed
Volkstrib. M. Pinaius Rusca, Gic. de or. U, 65., deren Zeit und Inhalt
ganz unbekannt iſt. S. noch im Allg. Eic. de leg. III, 3. Ovid Fast. X, 69.
Es kam jedoch nicht felten vor daß Ginzelne bei der Bewerbung um daß
Conſulat (feltner bei andern Würden) von der Deflimmung der lex annalis
bifpenfirt wurden (legibus solvi), was urfprünglih vom Bolt auf bed Se⸗
nats Vorichlag, ſpäter einfeitig vom Senat geihah, gewöhnlich mit ber
Bormel, daß der fraglihe Candidat fih 10 Jahre oder 5 Jahre vor-ber geied-
lihen Beit um das Gonfulat bewerben dürfe; f. Br. I. ©. 550. N
uw. lex Cornelia S. 970., ®b. II. ©. 696. ine folde Diivenjarion —*
vor bei P. Scipio Aewii. Numant., Liv. ep. 50. App. Hisp. 84. Pun. 112.
(8. Marius 82 v. Chr., Liv. ep. 86. Vell. 11,26. App. b. c. 1,87. Blut.
Sert. 6. wurde ofne Dilvenf. vor ber Beit Gonful), bei En. Bomp,, Cic.
de l. Man. 21. Dio Cafſ. XXXVII, 23. App. b. c. I, 121., bei 3 Corn.
Oolab., welcher im 2dſten Jahr Gonful wurde, 44 v. Chr. y "Xpy. b .c. al,
429. 182. Dio Caſſ. XLIV, 22. 53., bei Octavianus 43 v. Gpr.,
Maglstentue 1485
Phil. V, 17. App. b. c. III, 51. 88. Bio Cafſ. XLVI, 22. 29. 46., bei
Egnatius, Cic. Phil. V, 19. In der Kaiferzeit galt zwar die lex annalis
noch (Mäcenas rieth eine Modification verfelben, Dio Caff. LIT, 20.), allen
der Senat difpenfirte auf den Wunſch des Kaifers einen Jeden, namentlich
die Angehörigen der kaiſerl. Familie, fpäter difpenfirten die Kaiſer ſelbſt, 3.8.
Dio Caff. LIII, 28. LVIII, 23. LX,d. Xac. Ann. I, 3. III, 29. XII, 41. Ve.
Bat. II, 94. Suet. Cal. 1. Gap. Ant. Phil. 5. Ver. 3. Pert. 2. Lampr.
Commod. 2. Epart. Jul. 1. Sev. 14. Plin. ep. VII, 16. vgl. X,83. 119.
up. 1. un. $. 2. D. de off. cons. (1, 10.). Orelli inser. n. 3131. Au
hatte lex Jul. Pap. Popp. ein Brivilegium für die mit Kindern gefegneten
Candidaten eingeführt, nemlich daß für jedes Kind ein Jahr von ber geſetz⸗
lichen Zahl der Jahre abgerechnet iggrben fole, Ulp. 1.2. D. de min. (4, 4.).
©. überhaupt Schott, de lege Vill. annali. Manut. de leg. I. p. 40 ff. in
Glaufing fasc. II. und Pitiseus Lexicon, v. aetas.- Ueber das fenatorifche
Alter f. Senatus. 9) Bin anderes Erforderniß des Candidaten ſcheint mafel-
loſe körperliche Befchaffenheit gewefen zu fenn, Dion. II, 21. V, 25. IX, 13.
Vorübergehende Krankheiten machten nit wahlunfählg, aber der Kranke
draudte die Wahl nit anzunehmen, fondern Eonnte fi durch abgelegten
Eidſchwur (excusandae valetud.) dem Amt entziehen, Liv. VI, 22. 4) Ferner
war nothwendig daß die Memter in einer gewiffen Reihenfolge bekleidet
werden mußten, das Gonfulat nah der Prätur, dieſe nach der Nepilicät,
diefe nad. ver Quäſtur (deshalb gen. primordium gerendorum honorum
von Ulp. 1. 1. 3. D. off. quaest. 1, 13., primus gradus honor., €ic. Verr.
act. 1, 4. de leg. IH, 3.). Das Volkatribunat welches gewoͤhnlich von
gemefenen Quäſtoren und pleb. Aedilen bekleidet wurbe, lag vor der curu⸗
liſchen Aediliiät. Diefe Stufenfolge war urfpränglich nicht gefeglich beftimmt,
fondern durch dad Herfommen eingeführt, wie 3.8. die Wahl des P. Sulpic.
Galba, Liv. XXV, 41. und des T. Quinct. Flamin. zeigt, Liv. XXXII, 7.
Plut. Flam. 2. Die alte Meibenfolge fchärfte Sulla in |. lex de magistrat.
(f. S. 967.) aufs Neue ein, App. b..c. I, 100. 101. 121. Cic. Phil.
XI, 5. vgl. Blut. Cie. 12.; jedoch Konnte der Candidat auch von bieler
Beftimmung difpenfirt werben (legibus solvi), Cic. Phil. 1. 1. p. Plane. 21.
Die Cenfur wurde immer an Conſulare gegeben, allein in dem@efeg ſcheint
von ihr nicht die Rede geweſen zu ſeyn; f. Liv. XXVII, 6. 5) &8 mußte
aber nicht allein die angegebene Meihenfolge der Magifir. beobachtet werben,
fondern es war aud ein Zwiſchenraum der Zeit zwiſchen den einzelnen Ma⸗
giftraturen vorgeſchrieben. - Bür Solche melde suo anno die Würden beklei⸗
deten mar vieles Geſetz überflüfflg, denn bei ſolchen fand ſchon nad der lex
annalis ein Zwiſchenraum von einer Magiftratur zur andern Statt, nötbig
aber war biefes Geſetz bei denen melde das vorfchrifimäßige Alter über»
ſchritten hatten, denn fonft hätten diefe in menigen Jahren die ganze Stufen»
leiter der Mag. erflimmen können. Allein das war nicht möglich, wie menig-
flens die Andeutung Cic. ad div. X, 25 f. beweist. Ausnahmsweiſe wurde
2. Zucullus continuo nad der Aedilität Brätor, wie Cic. binzufeßt: licebat
enim celerius legis praemio, Acad. II, 1. Gin folder Zwifgenraum mar
auch in Beziehung auf die zweite Uebernahme derſelben Magiflratur vorges
fhrieben, nemli eine Zeit von 10 Jahren; fo verorpnete auerfl lex Genucia,
io. VIE, 42. XXXIX, 39. Son. VII, 25., f. Xiv.X,13. Gic. de leg. III, 3.
Feſt. v. pavimenta p. 242. M. vgl. Blut. Cor. 1., mo eine Grneurung der
lex vorfommt. Schon vorher war e8 Obfervanz daß der Magiftr. nicht zwei
Jahre nad) einander dafſſelbe Amt behalte, Xiv. II, 21., allein ausnahmd»
meife fam e8 zumellen vor ſowohl bei dem Tribunat, Liv. III, 90. 31. 64.,
als auch bei andern Mag., denn ein geſetzliches Verbot eriflirte damals no
nicht, Liv. IV, 57. V, 18. Dion. X, 19. Als aber das Berbot geſetzlich
1436 Maglstnatus
ausgeſprochen war wurden dennoch in dringenden Umſtänden Ausnahmen
gemacht und die betreffenden Magiftraten von dem Geſetz diſpenſtit (legibus
solvi durch Scons. und Volksbeſchluß, Liv. X, 22., fpäter durch Scons. alkkin),
am häufigften geihah «8 bei den Coſſ. welche entmweber zum zweitenmal- zu
Cofſſ. gemählt wurden oder im zweiten Jahr als Procoff. ihr imperium pro»
rogirt d. h. auf ein zweites Jahr ausgedehnt erhielten. Dieſes geihab zum
erfienmal Liv. VI, 26. und war nod häufiger als eine zweite Wahl. Kir.
IX, 41. 42. X, 13. 16. XXI, 22. 34. XXIII, 25. XXIV,.9. 10. XXV, 41.
XXVI, 1. XXVII, 6. 22, XXX, 1. 41. ep. 56. Bell. II, 12. App. b. ce.
I, 14. ©. provincia. Sulla erneuerte auch biefed Geſetz, App. h. c. I, 100.
@Af. b. c. III, 1. Dio Cafſ. XXXVI, 14.; allein e8 wurde nicht felten über-
treten und bie Statthalter erhielten Tr übermäßige Ausdehnung ihrer
Berwaltung, mas Gäjar beichränkte, Gafj. XLIM, 25. S. provincia.
6) Endlich war nothwendig daß die Aufpicien bei den Wahlcomitien ein
günftiged Nefultat ergaben, Dion. II, 81., fonft galt die Wahl nicht, und
wenn die Gewählten ihr Amt bereitö angetreten hatten fo mußten fie. ale
vitio creati wieber abdanken, f. Bd. II. S. 540.
IV. Daues der Magiftraturen. Der Antritt der ordentlichen
Magiftraten erfolgte feit 154 v. Chr. an den Kalenven bes Sanuar, wie bei
den Goff., f. Bd. II. S. 627., der Amtsantritt der außerorbentliden Mas
siftraten war natärlih an Feine beflimmte Zeit gebunden, fonbern erfolgte
wenn es erforberlih war. Dad Ende der orbentl. Mag. war ber Jahree-
ſchluß, das Ende der außerorventl. Mag. trat mit der, Bollendung ded aufge
tragenen Geſchäfts ein. Die regelmäßigen Mag. Hatten alfo ihr Amt ein
Jahr zu verwalten, außer wenn fie nadgewählt waren. Diefe 5. suffecti,
f. ®b. II. ©. 628. 625 f., und ihre Wahl — wenn der Eollege die Gomitien
bielt — 5. subrogare, Liv. III, 19. IX, 34. X, 11. Solche suflecti Tegten
{Hr Amt mit dem gefehlicden Termin nieder und wenn fle baffelbe auch nur
einen Tag verwaltet haben follten, Tac. Hist. III, 37. ic. ad div. VII, 30.
Suet. Caes. 76. Ner. 15. Plut. Caes. 58. Dio Caſſ. XLII, 46. Der
bei Antritt und bei Nieverlegung des Amtes abzulegende felerlihe Eidſchwur
M erwähnt Bd. II. &. 628. und ius iurandum ©. 656. Wine Abijegung
des Mag. wegen feiner Untauglichkeit vor Ablauf feines Jahre durch ben
Senat oder durch das Bolt konnte urſprünglich nicht flattfinden (das Beiſpiel
des Tarquin. Gollatinus beweist nichts dagegen, theils weil es auch freimillige
Abdankung fein fonnte, wie Liv. II, 2. Dion. V, 10 ff. Blut. Popl. 7.
fagen, theils weil, wenn es wirklich geswungene Abſetzung war, dieſelbe
als eine revolutionäre Mafregel anzufehen wäre, vgl. Cic. de rep. I, 40.),
wohl aber konnte der Magifr. zu freimilliger Abdankung gendtbigt werben
(abdicatio), nemlich auf Befehl des Senats, eines höheren Magiftrats (3.2.
des Dictatord) oder der Volkotribunen welche fi bemühten vie Abpication
Bush Strafandrohungen zu erzwingen. Darum fagt Paul. Diac. v. abacli
. 23. M.: magistratus qui coacti deposuerant imperium. Beifpiele f.
Br. II. ©. 628. u. Liv. III, 29. VI, 38. VII, 3. IX, 10. 23f. 38. 34. 42.
epit. 19. Dion. X, 25. Son. VII, 17. Plut. Cam. 39., f. aud Bir. Cat.
I, 6. Mehrmals kam vor daß der Magiſtr. anfangs nicht gehorchte und
arſt nach langem Weigern nachgab, f. die cit. Beifp. PBroconfuln dagegen
Ionnten, weil fle feine WMagiftraten mehr waren, vom Bolf oder Senat ihres
imposium beraubt werben, f. App. de reb. Hisp. 83. Liv. ep. 56. XXVII.
20 f. Erſt Tib. Gracchus verlegte das alte heilige Herkommen und bewirkte
durch Volkobeſchluß die Abfegung (abrogare) feines Gollegen M. Octavius,
eine Maßregel weldge das größte Auffehen erregte, Blut. T. Gracch. 12 ff.
App. b. co. I, 12. Seit dieſer Zeit kam dieſes mehrmals vor, z. B. Ab»
fegung der Trib. Marullus und Flavins, des Gonf. En. Ginne u.A., Die
Magksiraius | 4497
Gaff. XLVI, 49. Jul. Obſ. 130. Vell. II, 20. App. b. e. I, 65. Plut.
Mar. 41. Aus dem Geiſt dieſer Zeit iſt es auch zu erklären wenn bie
Schriftſteller von Abfegung der Mag. in früherer Zeit fprehen, z. B. Liv.
XXI, 25. Rubino, Unterſuch. über R. Verfaſſ. I. S. 6—3. W. A.
Beer, im Rhein. Muf. f. Philol. 1845. 2. ©. 293 ff.
V. Snfignien, Dienerfhaft, Befoldung der Magiſtr. Die
Infignien der höhern Magiflr. f. fasces, lictor, sella curulis und toga prae-
texta, fo mie consul, Bd. II. S. 628., dictator, II, ©. 1005., censor, II. ©. 248,,
praetor, tribunus pl., vgl. Briffon., sel. ex i. civ. antiq. III, 14,15. ‘Das
Dienfiperfonal der republ. Dagiftraten war fehr zahlreih (f. apparitores und
die dort cit. Artt.), wurde aber in der Kaiferzeit von den neuen Dienern ber
neuen kaiſerlichen Magiftraten fehr in den Hintergrund gedrängt. Beſol⸗
dung erbielten die Magiſtraten nicht, allein der Staat lieferte ihnen alles
Nothwendige um der Hohelt Noms gemäß mit Würde und Glanz auftreten
zu können, Gic. p. Flacc. 12. Dion. XVII, 14. So erhalten fie tabulas,
ehartas u. dgl., Frontin. aquaed. 100., argentea vasa, Val. Mar. Il, 2,7.
u. f. w. VBorzüglid wurbe für die geforgt welche außerhalb Nom das
Kommando führten ober einen Auftrag beforgten. Dieſes that der Senat und
der fpezielle Ausdruck für die den Statthaltern gemachten Bewilligungen war
ornare provinciem, Gic. ad Aut. 111, 24. XV,4. Liv. XL, 36. XXXIII, 3.
Suet. Caes. 18. ©. provincia. Die gefammte Ausrüftung berfelben (Kleider,
Zelte, Silbergefirr, Cquipage, Eic. Verr. IV, 5. Plut. T. Gracch. 13.,
mit einem Wort vasarium gen., Gic. in Pis. 35.) wurde gemöhnlid vers
atforbirt, |. Bd. I. S. 255. Suet. Oct. 36. Gel. XV, 4. Dio Caſſ.
LIII, 15., oder dad Geld dafür den Abreifenden aus dem Staatsfhag ge⸗
geben, Gic. in Pis. 85. Sie erhielten Schiffe und zu Land die nöthigen
Transportmittel geliefert, Eic. Verr. V, 18. Fronto ep. ad Anton. 1, 2.
Liv. XLII, 1. App. b. c. IV, 45. Für Quartier, Proviant und Yourage
mußten . die Provinzialen forgen und manche Gelege beflimmten was bie
Statthalter mwirflih zu fordern hätten, 7. B. lex Porcia, Plut. Cat. mai. 6.
Liv. XXXII,27., plebisc. de Therm., 1.52—56., lex Calpurn. repet., ic.
Verr. II, 81., lex Julia repet., Gic, ad Att. V, 10. 16. vgl. Cic. Verrin.,
p. Flacc. u. p. Font. ©. repetund. Außerdem erhielten die Magiſtraten
bei auswärtigen Verwaltungen noch baares Geld aus dem Staatsihag, um
bie Diener, Soldaten sc. zu bezahlen, Cic. Verr. I, 14. u. Pf. Asc. p. 168.
Or. Gic. ad Att. VII, 1. annuus sumptus, welcher vom Senat decretus if.
Bon. VIH, 6.; die triumvirt colon. deduc. bekamen ein Taggeld, Blut. T.
Gracch. 13. Walter, Geſch. d. Röm. Rechts, te Aug. S. 164 f.
B. Magiſtratus unter den Kaiſern. 1) Bon Augufus biß
Diocletianud dauerten die meiflen der alten Magiftraten no fort, wenn
auch die alte Machtbefugniß verfelben fehr beſchränkt war, nemlich die Cofſ.,
Prätoren, Aedilen (nur bis in das dritte Jahrh.), Volkstrib, Quäſtoren
und bie XXVlviri auf XXviri reducirt (da ſchon Auguft die Ilv. viarum und
IV praef. iuri dic. aufhob, Dio Gaff. LIV, 26.). Zu diefen kamen mehrere
nun eiſt von den Kaifern eingeführte Veamte, nemlich praefectus praetorio,
praef. urbi, praef. vigilum, praef. annonae, praefecti aerarii, |. dieſe Artt.,
viele curatores, meift fon unter Auguſt, Suet. Oct. 37., nemlich frumenti
dandi, f. praefectus fr. dandi, alvei Tiberis et riparum, |. Tiberis, cloaca-
rum, f.Roma, aquarum, f. Roma, operum publicorum zur Beauffigtigung
der Bauwerke, locorum publicorum iudicandorum, ludorum, munerum ac
venationum, Suet. Cal. 27. Xac. Ann. XIII, 22., viarum für die Land»
Rraßen in Italien, XIV curatores regionum et viarum, von Sev. Alerander
bem praefectus urbi zugetheilt, Lampr. Sev. Alex. 33., an die Stelle der
alten IVviri viarum in Rom und der von Tiber eingeführten vier curatores
{438 Maglıtratus
vicorum Dio @&aff. LV, 8. Gap. Ant. Ph. 11., procuratores Caesaris ober
fisci, f- ®. Art. Die neuen Provinzialbeamten ſ. bei Provincia. Für bie
alten republifanifchen Aemter beflanden auch die alten Beflimmungen ſoweit
fle nicht durch die neue Verfaſſung antiquirt waren fort, fo 3. B. die alte
Meibenfolge, Dio Caſſ. LXXVIII, 14., bie leges annales f. S. 1435., die Be-
flimmungen über die zweite Bekleidung deſſelben Amts, wenn nicht etwa ber
Kaifer anders verfügte (in ſolchen Bällen wurde zum Titel nicht mehr TI u.
III hinzugefeßt wie in ver republ. Zeit, Dio Caſſ. XLVI, 46), die Inflgnien
f. oben. Auch verlangte man jet daß der Afrirant der Magiftraturen ein
geborner Mömer fey, Dio Eaff. LII, 20. Spart. Pesc. Nig. 7. Abſetzung
der Mag. verhängten die tyrann. Kaiſer ganz willfürlid, namentf. wenn ber
Mag. argeklagt werben follte, 3. B. Dio Caſſ. LIX, 23. Suet. Claud. 29.
Cal. 26. Die erfte Stufe vor dem Quäflor war jetzt immer bad Vigin⸗
tivirat, Dio Gaff. LIV, 26. LX, 5. Tac. Ann. II, 29. Die Ausflatiung
der Magiftraten geihah wie früher auf Koſten wed Staatd und der Kaiſer
beflimmte wie viel Getreide, Wein, Del, Kleider, Diener, Equipagen, Silber:
gefhirre und baares Geld der Magiftratus erhalten foßte (oder Geld um
fſich Alles anzuſchaffen, Dio Cafſ. LI, 15.), wobei fich allmälig fee Nor-
men je nad dem Rang ded Autzurüflenden bildeten, Treb. Bol. Claud. 14.
15. Vop. Prob. 4. Aurel. 9. Das Streben nah Titel und Würden
war troß des geringen Cinfluſſes berfelben und trog der drückenden Spiele
welche die meiften zu geben hatten (f. Consul, Praetor, Quaestor) fo groß,
daß die Kaifer häufig Solchen welche keine oder eine niedere Stelle bekleidet
hatten, den Nang und ben Titel geweſener Coſſ., Prätoren, Tribunen un?
Duäftoren ertbeilten oder durch den Senat ertheifen Tiefen (ornamenta ober
insignia consularia, praet., quaest. decernere oder inter consulares, prae-
torios, trib., quaestorios referre ober allegere, welche beide Ausdruckẽweiſen
A. W. Zumpt. honorum gradus sub imperat. im rhein. Muf. f. Philol.
18413. S. 267— 276. zu unterfhelden verfucht bat), Suet. Caes. 76. Die
Gaff. XLITI, 47. Walter R.R.G. 2te Aufl. ©. 34
9.
2) Bon Divcletian bis Juſtinianus. Cine gänzliche Umge⸗
ſtaltung des Beamtenweſens erfolgte durch Diocletian und Conſtantin (Euſeb.
vita Const. IV, 4.), welche eine großartige, der deſpotiſchen Negierungsform
angemefiene Beamtenariftofratie ſchuſen. Das Hauptfähliäfte von Diefem
fharf geglieverten, wohldisciplinirten Beamtenheer welches nad ver Theilung
des Reichs im Orient mie im Decivent auf gleiche Welfe organifirt wurde
und worüber ein ganzes Werk zu fehreiben wäre, fol hier Eurz zufammen-
gefaßt werben. — I. Eintheilung der Mag. Man unterſcheidet Sof
(dignitates palatinae) und Staatsbeamte, je nachdem fie der Perfon vet
Kaiſers dienten oder Staatdangelegenheiten beforgten, 1. 47. C. Th. de op.
publ. (15, 1.), Civil- und Milttärbeamte (mie magistri militum, comites,
duces), ]J. un. C. Th. de hon. vehic. (14, 12.), 1. 39. C. Th. cars.
publ. (8, 5.), }. un. C. de annon. (1, 52.). Die vornehmflen Cioil⸗
beamten waren: praefecti urbi (in Rom u. in Gonftantinoyel), praef. prae-
torio (für die großen Reichspräfekturen, fomit die Vorgeſehten aller Pro⸗
vinzialbeamten, procoss. etc., f. provincia), praepositus sacri cubiculi,
quaesior sacri palatii, magister officiorum, comes sacrarum largitionum
und comes rei privatae, zwei comites domesticorum eq. et ped., primicerius
notariorum, castrensis sacri palatii oder comes casirensis Bd. II. ©. 526.
(Auffeher des kaiſerl. Dienerperfonal®, f. ministeriales) und magistri scri-
niorum, f. alle diefe Art. Aus mehreren hoben Beamten beftand daß kaiſerl
consistorium, ®b. I. S. 595 ff. Man unterſchied ferner mirflide (in actu
positi, legitimi) und Titularbeamte (honorarii), 1. 2. C. Th. ad I. Jul.
rep. (9, 27.), 1.1. C. Th. de hm. cod. (6, 22.) und Goth. ad h. tit.
Maglstratus 1439
I, p. 115 ff., 1. 2. C. ut dign. (12, 8.). Der Titel wurde ſowohl an
Solche verliehen welche gar Feine Dienſte geleiftet hatten, 1. 1. C. Th. qui a
praebit. (11, 18.), ald an Sole welche gedient hatten und bei ihrer
Entlaſſung zur Belohnung einen höheren Titel erhielten, a- vigilis atque
laboribus, 1. 4. C. Th. de primic. (6, 10.). Auch unter dieſen gab e8
mebrere Abftufungen, 1. 2. C. ut digen. (12, 8). Häufig wurde der Titel
eined Consul gegeben (Bd. II. S. 625 f. 629.) oder comes (Br. II. ©.
923 f.), felten ver eines Patricius, f. d. Art. Zwiſchen den wirkf. und ben
Titularbeamten ſtehen die Vacantes welde halb Titular⸗ halb wirkliche Be⸗
amte find, denn fle Haben einen Titel aber nicht den dieſem zuſtehenden Dienſt,
fondern fie Teilen außerorventlihe ihnen aufgetragene Dienfte, f. Bo. I.
S. 596. und Goth. ad 1. 4. C. Th. de primic. Tom. II, p. 91 f. Oft
waren es audgebiente ‘Leute welche zur Belohnung einen höheren Titel bes
famen, aber nod immer zu außerorbentlihen Geſchäften gebraucht wurden,
Gaffiod. var. VI, 10. 11. Dem Rang na zerfallen die Beamten in mehrere
Klafjen oder Abflufungen: illustres, spectabiles, clarissimi, perfectissimi
und egregüi‘, |. ©. 110 f., ®». II. S. 609. Nicht techniſch für beflimmte
NRangfufen find die in den Rechtébüchern vorkommenden Ausprüde wie
altissimae dignitates, altiores, maximae, maiores, potiores, inferiores,
mediae dignitatis und minimi. Streng wurde auf vorgeföhriebenen Hang
und Meibenfolge ver Mag. gehalten,'C. Th. ut dign. ord. (6, 5.) Cod. eod.
(12, 8.), 1. 13. C. Th. accus. (9, i.), fowie auf Anciennetät, 1. 1. C.
Th. de com. vac. (6, 18.), 1. 1. C. de coss. (12, 3.). Ale Beamten
flanden in zwei Megiflern verzeichnet, im laterculum maius und minus,
jened unter dem primicerius notariorum, dieſes unter dem quaestor sacri
palatii. Dieſe hatten aud die Anflelungsbefrete (codicilli) audzufertigen,
ſ. primicerius und quaestor s. pal. — II. Die Gewalt ber Mag. war
natürlich viel beſchränkter ald in der republifan. Zeit, theils wegen ver Tren⸗
nung ber Militäre und Givilverwaltung, theild wegen der gegen bie: richter-
lihen Sentenzen geflatteten Appellation, theild wegen ber felavifhen Abhän⸗
gigfeit aller Würden von dem Kalfer. Das Specielle iſt bei den einzelnen
Magiftraturen nachzufehen. Die höheren mit vem imperium begabten Dia»
gifr. (im Gegenfag zu den minores welche des imp. ermangeln, 1. 32. D.
iniur. 47, 10.) haben no das Recht Gefängniß zu verhängen und förperl.-
Züdtigung, 1. 2. D. de in ius voc. (2, 4.) f. u. drgl. Die Anklage der
Magifte. f. oben S. 1433. — IH. Erforderniffe um ein Amt zu
erbalten. Die Alterögefege mögen noch bei den übriggebliebenen republifan.
Würden gegolten haben, desgleichen die über die zu beobachtende Reihenfolge in
ber Verwaltung, wenn der Kaifer nicht Diipenfation verlieh. LXibertinen und
Leute des gemeinen Volks waren durch die kaiſerl. ®efege von jeder Bewer»
bung um höhere Stellen ausgeſchloſſen, 1. 3. C. Th. de libert. (4, 10.),
I. 9. C. de dign. (12, 1.), außer wenn fle Faiferlide Günfllinge waren,
Dio Caff. LXXVIN, 14. Später wurden die Beamtenflellen nicht felten
verkauft, Zof. IV, 28. Liban. epit. ed. Morell. p. 292. Chryſoſt. ad pop.
Ant. XVI. — IV. Dauer der Magiftrate. Bei den neuen Stellen bing
die Zeit des Amtdantrittd und der Nieverlegung nur von dem kaiſerlichen
Willen ab, die alten republ. wurden zu den alten Terminen angetreten, aber
niedergelegt wenn es der Kaifer befahl. Die erfteren Aemter wurden meiftend
auf ein Jahr verliehen (was in dem Beſtallungsdekcet angegeben zu werden
pflegte), oft aber verlängert, Caſſiod. var. VII, 2. Lyd. de mag. III, 27.,
ja fogar auf Lebenszeit, Dio Caff. LII, 24. Gute Kaiſer wechſelten nicht
leiht wenn fle mit den Beamten zufrieden waren, Gap. Ant. P. 8,, die
ſchlechten Kaifer deſto häufiger, Lampr. Comm. 4, 14. und am milfürlicäfien
verfuhren fie mit den Hofchargen, Lyd. de mag. II, 27. Diejenigen welche
S
1440 i Magistratus
nah Berlauf ver beflimmten Zeit ihr Amt in Ehren nieberlegten, behielten
ihren Rang, 1. 1. C. Th. de praef. praet, (6, 7.) und fegten vor ihre
Würde dad Wörichen ex, 3. B. expraefectus ete. 1. 15. C. Th. de prae-
tor. (6, 4.). Bei erfolgter Abfegung mußten die Abgeſetzten ihre Defrete
wieder abgeben und verloren nad Befinden ihren Rang gänzlich, 1. 22. C.
Th. de Jud. (16, 8.), 1. 2. C. Th. quaest. mag. (6, 9.), 1. 12. C. de
dign. (12, 1.) — V. Infignien, Dienerfdaft und Beſoldung.
Die Inflgnien der alten Aemter find vie alten geblieben, auf die alten büw
gerlihen Diener, I. 4. 9. 7. C. Th. de hon. cod. (6, 22.), 1. 19. C. Th.
de praetor. (6, 4.). Die neuen Würden erhielten aber beſondere Chren⸗
aukzeichnungen, 3. B. befondere Wagen, 1. un. C. Th. de hon. vehic.
(14, 12.), ein Amtékleid, 1. un. €. Th. de praepos. (6, 8.), 1. 1. C.
Th. de habita quo (14, 10.) mit dem cingulum (meldes die Titular
beamten nit Haben, 1. 2. C. ut dign. 12, 8.), &yb. de mag. IL, 13.
14. Chryſoſt. orat. ed. Savil. VII, p. 115. 117. Gregor. Naz. ep. 69.
Gafflov. var. III, 24. VI, 2. 32. Sivon. ep. 119. I. Valdenär, praes.
DB. Voorda, de peculio quasicastr. Lugd. B. 1780. p. 59 ff. Die fpeziellen
Inflgnien melde in jedem Beftallungspefret abgebildet waren f. bei den ein-
einen Aemtern und notitia dignit. mit Böckings Comm., auch Bödinge Abh.
—* die not. dign. p. 91—105. Die zahlreiche den Beamten beigegebene
Dienerigaft hatte einen militäriiden Charafıer und h. officiales, f. officia
und scholae. Die vor den Beamten zu machenden Honneurs werben er«
wähnt I. 4. C. Th. de palat. (6, 30.), 1. 2. C. Th. de quaest. mag.
(6, 9.), 1. 2. C. de prox. sacr. (12, 19.), 1. 3. C. de off. div. (1, 48.),
1. 16. C. Th. off. vic. (1, 15.). Die Anrede fand in neuen Titulaturen
flatt, wie celsitudo, excellentia, gravitas, magnificentia, praestantia, sin-
ceritas, sublimitas, serenitas, auctoritas. Befoldung erhielten die Beamten
jegt infofern als die Naturallieferungen (annona) je na dem Amt und ber
Stellung deſſelben normirt waren und meiftens in Geld ausgezahlt wurken;
der: Kalfer gab aber aus fpezieller Gunſt zumellen mehr als der Beamte zu
fordern hatte, I. un. C. annon. (1, 52.), 1. 1. 32. 86. C. Tb. de erog.
mil. ann. (7, 4.), 31. 7. 11. C. Th. de palat. (6, 30.), J. 1. 8. 4. 8.,
1. 2. 6. 18. 19. 23. C. off. pr. pr. (1, 27.). Nov. 2480. Au hatten
bie Beamten das Recht fi der Meichepoft zu bedienen (bei manden Aemtern
war eine beftimmte Zahl von evectiones für dad Jahr beflimmt, f. not.
dign. und Böding praef. p. XIV ff.) und genoflen Befreiung von dem De
furionat und von andern öffent. Laſten, 1. 1. C. Th. qui a praebit. (11,
18,) Goth. ad C. Th. de decur. (12, 1.) Tom. IV, p. 966. 148. Die
Hauptquellen für dad Beamtenwefen find außer 3. Lyd. de magistr. u. den
betreff. Titt. in den Codd., die notitia dignitat. — in partibus orientis et
occid., welche die Namen aller Würden aufzäblt ſowie die ihnen unterge-
ordneten Behörden (sub dispositione esse) und officia, mit Angabe der
Inflgnien ꝛc. — Literatur: I. Zür die republ. Zeit: Sigon. de antiq.
iure prov. III. c. 5—14. -Hotoman, descriptio mag. Rom. in ®räv. thes.
I. und in Claufing, ius publ. Rom. IH. J. Qulielm., de mag. reip. Rom.,
Noftod 1557. und in Sallengre thes. III. Prävotius, de mag. pop. R.
Zaufanne 1979. und in Sallengre IH. Lipſ. de mag. vet. P. Rom. in
Glaufing I. Feneſtella, de mag. Rom. ebenvaf. Bompon. Lät. de mag. Rom.
9. Bebel, A. D. Flocc. de potest. Rom. als Anhang an den antiqq. von
P. Garof., Branff. 1670. 3. Perion. de Rom. et Graec. mag. libri HL
in Glaufing III. H. Kiti, de mag. reip. R. in Glaufing II. U. Lyeflama
(pr. Perizonio) de ordinar. et senator. Rom. mag. Franek. 1688. und in
Helrichs thes. diss. beig. II, 2. M. A. Campiani de oflcio et potost.
mag. Rom., Aug. Taur. 1724. und Genev. 1725. H. Bür bie Ralmele:
Magkstentns munieipales 1441
- Banzjroll. u. Böcking's Comment. zur notitia dignit. (leider fehlt Boͤckings
Comm. zur not. dign. occid. no). Gothofred. ad. C. Th. Tom. II, p. 2 ff.
:69. und VI, 2. p. 1—34. 3. @. Bulenger de imperatore et imp. Rom.
Lugd. 1618. p. 281—685. 3. Guther de officiis domus Augustae libri
II. Paris 1628. Lips. 1672. und in Sallengre thes. III, p. 235—624.
Gamriani, 1. 1. Eckhel, doctrina num. vett. Tom. VII. Gibbon, Geſch.
des Verfalls des röm. Neid, oft. Burchardi, Staats» u. Rechtégeſch. v.
Römer S. 276 ff. Puchta, Inftitut. I. S. 376—604. Walter, R.R.Geſch.
2te Aufl. S. 439 ff. 476 ff. [R.] .
tratus municipales, auch magistratus ſchlechtweg, ſind bie
öffentl. ſtäͤdt. Beamten in den rom. Landſtädten in und foäter auch außer
Stalien, f. g. Paull. V, 5a, 1. I, 6a, 4. — I. Die Älteflen Namen ver
höchſten ſtehenden Magiftrate in dieſen Städten waren: dietator (f. ©. 1443 f.)
und praetor (ſ. d. Art.) welche einige Municipien aus der Zeit ihrer früheren
Selbſtſtändigkeit auch unter römifhen Herrſchaft foger no in der Kaifere
zeit beibebielten. Gewöhnlicher wurbe in den meiſten Municipien wie in den
Golonieen (Br. Il, ©. 507.), vielleicht vorzügl. -feit lex Julia, wie Savigny
Geſch. d. RR. im MA. I ©. 29. (5.25. 2te Ausg.) vermuthet, der Name
duumviri over duumv. iuri (iure) dicundo. Nah Bedürfniß wählten dafür
andere Städte IVviri iuri die., vol. Tab. Heracl. 1. 83. 90. 95. 98. ıc.
Cic. p. Clu. 8. ad div. X, 32. Orelli inser. n. 3845 ff. rubr. J. un. C.
de solut. (11, 39.). Nicht ganz fiher find die IIIviri iuri dic. (®b. M.
©. 1233.) bei Orelli 8828 ff., indem wie C. %. Grotefend in Erſch u.
Gruber Encykl. v. duumviri bemerft, theild vie Aechtheit der Inichriften,
theils die der Ledart noch weiterer Beftätizung bedarf. Noch 'unficherer find
die seviri i. d. bei Orelli 3843 ff. In manden Städten verfahen auch Die
Aediles zuglei die Stelle des hoͤchſten Magiftrats (daher summi Aediles bei
Juv. III, 178 f. vgl. Berf. 1,.129 f.) wie zu Arpinum wo weiter feine Magifr.
gewählt wurben, vgl. Gic. ad div. XIII, 11. XV, 15. Orellien. 571., u. übten
die Juritdiction, daher aed. iuri dic. Oreſli 3787., aed. curulis iuri dic. 3979.
und aedilis duumviralis 3433. vgl. Hoͤck R.Geſch. I, 2. ©. 163. Don
ſolchen Aed. ſpricht Spart. Hadr. 19., daß Hadrian die Würde eines Acd.
in Satin. Städten angenommen babe, Eckhel doctr. n. IV, 1. p. 481. Au
finden ſich in Municipien als höchſte ſtädt. Beamte praefecti Orelli 2268.,
raefectus municipii Orelli 3867. 3792. oder volftändiger praef. iuri dic.
Dreüi (121.) 4942. 3868. 3871. 3872. und praefecti i. d. Orelli 4041.
oder duumviri praef. i. d. auf ſpaniſchen Inſchrifien bei Drelli 8818 f., viele
Ieicht auch IVviri praefecti i. d. bei Orelli 3369. Auch praefectus pro
duuınviro over loco duumiviri bei Orelli 311. 4023 ff. vgl. Puchta, Inftitut.
I. ©. 244. 394. &8 find diefes Teine praef. i. d. mie fie früher von Nom
in die Präfekturen gefchict wurden, fondern, wie Puchta fagt, „theils von
den Städten felbft gewählte Beamte mit allgemeiner oder ſpezieller Jurisdik⸗
tion, theils von einer Staatöbehörbe ernannt wenn die Wahl der ſtädtiſchen
Behörden nit zu Stande gefommen oder fonft ein Hinderniß ihrer Funktion
eingetreten war.” Gelten 5. die oberflen Stadtbeumten magistri, wie zu
Mavenna Orelli 3790., dagegen war dieſes der fiehende Name für die Be⸗
amten ber vici und pagi, f. vicus und pagus. Gnplih h. die oberſten
S tadtbeamten auch magistratus ſchlechtweg momit fonft im w. S. oft ſämmtl.
Municipalbeamte bezeichnet wurden, Liv. XLI, 16. XL, 1. ac. Ann. III,
2. u. oft in den Nechräquellen 3. ®. 1. 6. $. 16. 1.15. 6.9. D. de excus.
tut. (27, 1.) u. a., f. Wasteau de iure et iurisd. munic. bei Delriche
B 280. u. Gavigny, Beh. d. MR. Im MA. 1. ©. 29. (©. 51. 2te
usg.), vgl. Vales. zu Amm. Marc. XXXI, 7. Bmeifelbaft or pontifex
Bauiz, Reat@ncuden. IV. .
—EDEI
iari dic. bei Orelli 3722, ebenfo' Augustalis i. d. bei Gruier S. Fr 7.,
mie ſchon Noriſ. Cenotaph. Pis. p. 77. bemerkt hat. Die falſche Meinung
daß diefe höchſten Diunleipalbeamten zuweilen Coss. h., it von Mehreren
' widerlegt, ſ. Bo. II, 1283. und vorzügl. Lorenz de dictat. Lat. et
munic. I. p. 16—23. ——— führt Manut. zu Cic. ad div. XIII, 11.
801. ed. R. die quaestores unter ben höchſten Municipalbeamten an
Indem er, ſich auf Gell. X, 3. beruft, doch dort find fie eben fo niebere Be»
amte wie fonft, wo fle in Municivien vorkommen mit der Aufficht über bie
Gommunalkaffe, vgl. Orelli 3988 ff. u. “le philolog. Abhandl. S. 37 f.
Fu dieſen Ver Veaputen fommen ala Räptlide. Obrigleien. ups, vor:
qnennales, au Iviri quinguenn. oder. IVriri quinquenn, genannt
MAR ben, com, Genfpzen entſprechend auch bisweilen — h., hei
curatpyes, ober, HUNTER wi Annlican und ciyitefis, I 37
(2, ik). 1. 2% 4 3 6 1. D. de. adm, rer. (30, 8,), Fe ei pro-
curatprfes rei n. sin torps, Forum civiſatis, endl. Logielas, 1. & C.
de modo mult, (1, 54,). Diefe Mesprüds find gleichbedeutend und bezeichnen
Pag) Amt nu, in, aim Bauen und, Orten, f. Savlgny, Geſch. des.
m MA, 41 ff. (S. 64 ff. 2te Ausg.), vol. Zuauanı in
Heitichr. f. a, 1843. Nr. 118 f. Hoeck, R.Geſch. L 2. ©. 164f.
MWasteau, de iure et iurisd. munic. bei Oelrichs, p. 304. 3185f. * Quin-
ennales.- 2) Aediles, f. Bb. L ©. 84 f. Hord ©. 162 f. Wastenu p.
89—300. 3) Quaestores, f. oben u. d. Art. 4) Defensores als Pehende
Beamte feit der Mitte des 4. Jahrhunderts n. Chr. f. Bp. II. S. 889. Bon
‚geringerer Bedeutung ſind mehrere andere Municipalämter ohne Chrenrechte
welche bei Drei 3997 ff., 1. 1. u. 1. 18. D. de mun. (50, 4.) und fonft
vorkommen, wie curator annonae ober frumenti, curator calendarii (für vie
Unterbringung ber Öffentlichen Gelber ſorgend), cur. fanorum (Orelli 3963),
eur. operum 'publicorum, cur. balneorum, Limenarchae (Safenbeamte),
Cereales (Oreli 3992 f.), Spsceptores (f, d. Axt.), Irenarchae, militärife
Voligeibeame weldie ben Derbreöten, nachſpüren um. biefe bel den competenten
ehe anzeigen mußten, 1. 6. D. de cust. reor. (48, 3.). Ihre militaͤ⸗
Hr eutung erkannte, Gothofrey. ad I. un, C. Th. de iren. (12, 14.),
Ph ih Wasteau p, 341 f, Platner, quaest, de iyre, crim. Rom. p. 176. u.
Dirkfen, manuale, h, v. Gine andere. Auffaſſung f. bei. Walter, R.R,Weid.
©. 336. u. Gpib, Be R,Crim Proz. S. 528 f. Ueber die Legati der Ma⸗
nicipien f. oben &. 852.f. — II Die Amtsbefugnifie per hochſten gi
ftrate welche Im Lauf der Zeit immer neh befhränft wurben, namentlich in
Beehung. auf 3 Suelebiftlon, f. Bp. 1: . 1283 f,, vgl. Savigny, Geld.
NR im MU. J. S. 30f. (S. 32 Wr Ausg.) u. Puchta, in Sa=-
vigngie Zeitſchr. : geſch. R.W. X. ©. 198 fi. Die Wirkſamktit der andern
Magiſtraten f. an ven angegeb. Orten. — III. Die Erforderniffe zu einem
Municipalamte find im Allgemeinen dieſelben wie bie zur Würde eined de-
curio (Bd. II. S. 885 f.), da in der Katferzeit nur Dekurionen zu ben
Aecemtern gewählt werden Fonnten, 1. 7. 6. 2. D. de decur. (50, 2.) und
wer nit in den Senat gewählt werben Eonnte konnte auch nit Magiſtrat
werden. In der früheren Zeit wurden bie Beamten au aus dem Bürger:
fand gewählt, z. B. Aedilen und Tamen erfk durch ihr Amt in den Gemat,
wie Tab, Heracl. — ſ. Dirkſen obss. ad Tab. Her. part. alt. p. 33 f. 58.
nie: Ayh ählende mußte. nach, Tab, Her. dae, 80fte Jahr erteidk aber dan
ie ae. aelsißg Gaben, 1. Diptien.L. 1. pı 35. 421,
te. der Eintritt in das 2586 Schr Hin, 1. 8. D. de mun. —* 25
‚von, ver © de dB, decurio und, magistratug waren nach
€ praecones, ders tores, libitinarii (Dirkien p, 54 m und
8* burq —2 oder Gewerbe dieſer Steljung Unmwäsbigen, vgl. Diskfen
?
Magistvatus munlelyales 1448
p. 71. 167 ff., 1.17. 6. 12. D. ad munie, (50, 1.). 1. 7.1.6. 8.1.
D. de mun. (50, 4.).- Es wurde bei der Wahl auch Müdfiht auf Die
Abſtammung und auf dad Vermögen genommen, 1. 6. pr. I. 14. $. 8. D.
-de mun. (50, 4.), Otto de aedil. p. 147 f. ine Ablehnung der Wahl
wurde nur in wenigen Fällen zugelafien, ſ. Roth de re munic.:p. 88. und
bie höheren Aemter wurden erft nad ven niederen erlangt, 1. 11. 13. $. 5.
D. de mun. (50, 4.). — IV. Dauer ver Magifir. Rad Tab. Her. wurden
die Municipalbeamten an den Kalenden ded Quinctilis gewählt, fpäter ſchon
an den Kalenven des März, 1. 28. C. Th. de decur. (42, 1.) und traten
inte in Rom an ben Kalenden des Januar mit Ablegung eined Amideides
an, vgl. Dirkfen p. 36 ff. 67., wiewohl hierin nit überall völlige Gleich⸗
heit herrſchte, Dito de aedil. p. 143. Das Amt dauerte ein Jahr, 1. 13.
D. ad munic. (50, 1.) und durfte nicht verlängert werben, 1. 14. 6.5. D.
de mun. (50, 4.); auch das der. Quinquennalen bauerte nur ein Jahr unb
blieb die übrigen. vier Sabre unbefegt, vgl. Savigny, Gef. des M.R. im
MA. 1. ©. 30. (S. 52. 2te Audg.) S. 46. (&. 69.), — V. Die Sufignien
ber Municipalbeamten waren den Roͤmiſchen Ahnlid. Bei dem hoͤchſten
Magiftrat von Fundi (Praetor) erwähnt Hor. Sat. I, 5, 36. als insignia:
praetextam et latum clavum prunseque batillum, vgl. d. Auall. und Otto
de aedil. p. 487 ff. Die Praetexta wird auch bei Liv. AXXIV, 7. u. U.
als Inflgne der Munteipals und Golonialbeamten ermähnt, Otto de aedil.
417. Zwei Liktoren mit Stöden (bacillis) nennt Gic. de leg. agr. IH,
34., flatt meldher die Prätoren der Colonie Capua ſich ſchon damals fasces
angemaßt hatten, melde fpäter gewöhnlich wurden, 1. 53. C. de decur. (10,
31.). Ein tribunal hatten fie wenigftend in früherer Zeit und ed wirb ein
ſolches zu Pompeli erwähnt bei Orelli 3293., vgl. 3219. Suet. de clar.
rhet. c. 6., f. über die verſchiedenen Meinungen Otto de aedil. p. 446 ff.
Die Näm. sella curulis hatten fie. nicht, Otto p. 415 f. und. dad auf Ins
ſchriften erwähnte bisellium (Drefli 4044. 2046 ff.) if ein EHrenfiühl bei
öffentl. Feierlichkeiten welcher verdienten Männett beſonders Juerkannt wurde,
f. Chimentell. de honore bisellü. Als Dienſtperſonal, oficia muanitipalia,
weiche oft Sklaven waren, Plin. ep. X, 80. 31. I. 10, D. ex quib. caus. .
mai. (4, 6.) werden genannt apparitores u. limocincti bei Oreſli 8219.,
bei ben Uebilen lixae, and) lictores genannt, ſ. Ditb p. 480.f., welbae in
miehrere Rlafien getheilt, exceptores (Protofolanten), tabularii ¶ Archivare
und Necnungsfährer) weiche nicht mit bin Tabelliones zu verwechſeluü find,
tit. Cod. de tabul. scrib. leg. (ID, 69.). Wothofr. ad 1.1. C. Ih, de ta-
bular. (8, 2.) und ad 1. 151. C. Th: de decär. (12, 1.3. Wasteaͤu bei
Delrichs p. 316 f. Roth de re munic. p. 112 f. Gavigny ©. 47. Beth⸗
mannsSollmeg Givifproz. I, 1. ©. 193 f. Pr
Dictatura municipalis, (als Nachtrag zu Dictator, Bb. N. ©.
1002 ff.) Hat feine Aehnlichkeit mit der röm. Diktatur, ſondern iſt ein ſtehender
Magifirat in mandhen Municipien, aber nit in Golonien, 3. B. in Linus»
vium, Cic. p. Mil. 10. 17. Orelli 3786., in Gäre, Orelli 3787, ih Ati»
cia, Oreli 1455., in Nomentum, Orelll 208. ıc. Spart. Hadr. 19. In -
der Megel ſtand nur Gin Diktator dem fläntifhen Gemeinweſen vor; zwei
Diktatoren zur Zeit des Kaifers Gallienus werben nur In Fidenä erwähnt,
Drelli 112. Ihre Macht und Würbe war, Jo viel ſich aus den nod vor»
handenen Onkllen fließen Täßt, nit (wie Dirkſen obss. p. 44. ahdeutet)
bedeuteriper als die der Duumvire, fondern ſte Bekleiverin in ihren Seäpten
biefelbe Stelle wie. Jene In Ven Ipeigen. Nur der Mathe welpen Jene Munl⸗
eipien aus der Zeit Ihrer Welbfiländigteit beibehleltm Hatke in der fpätern
Zeit, nadfbert derſelbe In Rom Hinter ſo gtwaltiſen Mag r. ligen⸗ gelreſen
wat, einen ſchoͤnſten Klang, oßl. Hort, R. Geſch. I. 2. S. 160. Lit.
1441 Magistztani — Mague
diefe Dit. f. im der fehr gründlichen und erſchdyfenden Abh. von GE. @.
Lorenz (Brofefior in Grimma) de diet. Lat. et munic., Grimm. 1841. p.
8 f., deren Berf. auch bei viefem Art. freundlich mitgewirkt hat. Die Lit.
über die übrigen Munic.»Magiflr. f. in den Artt. Aedilis, decurio, defen-
sor, duumviri. IR.].
Magistriani ober agentes in rebus waren feit Dioeletian die mit der
Ausführung befonderer Mifflonen beauftragten Bollzeimiligen welde unter
bem mag. offic. flanden und eine schola Bilbeten, not. dign. c. 10. Sie
woren an bie Stelle der früheren frumentarii (&part. Hadr. 11. Gay.
Macrin. 12. Max. et Alb. 10. U. Vict. Caes. 39. Eyd. de mag. II, 10.)
etreten und genofien viele Privilegien, 2yb. de mag. II, 26. MI, 7. 12.
24. 40. Amm. Marc. an vielen Stellen, Cod. Theod. de agent. in reb.
(6, 27.) und de princip. ag. (6, 28.) Cod. ebenvaf. (12, 20. 22.) und de
praepos. ag. (12, 21.). Ihr Anführer 5. princeps (mit ſenatoriſchem Hang),
einmal wird er magisteria dignitate deooratus genannt, const. de Just. cod.
confirm. $. 2. Die agent. felbft hatten folgende Nangordnung unter fib:
ducenarii, centenarii, biarchi, circitores, equites. 2it.: @otb. ad C. Th.
U, p. 163—190 (mo alle Stellen aus den alten Schrififtellern gefammelt fin),
Dü Gange v. magisteriani, Reineſ. obss. in Suid. p. 158. ed. Müll. [R.]
trice (Maeyıoroıxn), nad Steph. Byz. p. 433., eine -Begend
bei den Taurläfern am Buße der Alpen, deren @inw. Magistrices heißen. | F.]
Maglstus, ſ. Macistus.
Magma (It. Ant. p. 484.), Ort (der Silures?) im Weſten bes röm.
Britannien, hoͤchſt wahrſcheinlich die Ruinen von Kemheſter, eine g. M.
weſtl. von Hereford. [F.]
Magnse, nach der Not. Imp. eines der Kaſtelle am ſübdlichen Roͤmer⸗
walle in Britannien, worin bie Cohors II. Dalmatarum in Garniſon lag;
nah Mannert II, 2. ©. 117., das heut. Carrvoran am Tippal. [P.]
. Magna Graecia, ſ. Br. Ill. ©. 947 f. .
Magna Mater, |. Rhe
Magnana, Ort in Klein- Armenien, 32 Mid, von Trapezus, Tab. P. [F.]
Magnarlus, |. Negotiatores. j
Magnata, ſ. Nagnata.
Magnentims (Flavius Magnus, vgl. die Münzen bei Raſche ZU, 1.
. 89 f.), ysrog ulr siror ano Baoßaporr (vgl. Aur. Viet. Caess. 41,
r Epit. 42, 7., nach Bonar. XII, 6. &x Tarpog. yeydsızro Boestarov),
nerownoug 8 sis Astovg (f. Bd. IV. S. 730. 941 f.), nadsias za ric
Acrivoy useaoye (vgl. Aur. Vict. Epit. 42, 7.: legendi studio promptus,
sermonis acer... .., ib. 6. vasti corporis), of. II, 54. Er nahm einem
Iatinifirten Namen an wie fein Verwandter Decentius (f. Br. II. ©. 875.).
Im 3. 330 flieg er ale Anführer der Jovlaner und Herculianer (of. II,
42., nad) Zonar. XIII, 6. Comes von 2 Legionen) in Auguſtodunum mit
Hilfe des Finanzintendanten Marcellinus den verbaßt geworbenen Gonftans
(welcher ihm nad Zonar. XI, 5. bei einem Soldatenauffland das Leben
geretiet hatte) vom Throne, ſ. Bd. I. ©. 598., Zonar. XII, 6. Außer
von Gallien wurde er auch von Afrika und Italien anerkannt, Sof. II, 43.
in. @utrop. X, 10. Oroſ. VII, 29. In Rom machte ihm Nepstianus, der
Sohn von Burropia, der Schweſter Gonflantins einen Augenblid die Herr-
ſchaft freltig, indem biefer mit einem Heer zufammengeraffter Leute den mag»
nentianiſchen Statthalter Aniket flug, dann aber nah nur 27rägiger aber
mit Blut bezeichneier Herrſchaft von dem mag. offic. bed Magn., Warcellinus,
beflegt und getödtet wurbe, f. Zof. II, 43. Aur. Bict. Caoss. 42, 6 f.
ah 42, 8. Drof. 1. 1. Aber Magn. felbft hielt ih nur 8%, 3. auf dem
Ahron (of. II, 54. in.) indem er, im I. 853 von Gonflantius bei Diurfa
Magnes — Magnesia 1445
gefchlagen, fich ſelbſt töbtete, f. VBo, II. S. 619. u. Zonar. XI, Sf. Er
farb 50 3. alt, Aur. Vict. Epit. 42, 6. Vermählt war er mit Flavia
Juſtina, der nachherigen Bemahlin Valentinians. Zoflmus II, 54. (vgl. Aur.
Vict. Epit. 42, 7.) ſchildert Ihn ald übermüthig im Glück, feig im Unglück,
binterliftig bei fcheinbarer Butmüthigfelt und findet eine ausprüdliche Pole»
mit nöıhlg gegen biejenigen welchen ädoker ayadıny aitıog yayarjodaı naza
zöv xaıpor tig avrov Bamleius toi romuaor. Auch nah Mur. Vict.
Caess. 41, 26. erregte er vielmehr Sehnjucht nach Gonfland. [W.T.]
Magnes, ein Dichter der älteren atıifchen Komödie, von Ariftoteles
neben Ghionides (ſ. Bd. II. S. 326.) genannt und wohl au ungefähr um
viefelbe Zeit der SOften Olymp. zu verlegen, um fo mehr da Ariftophanes
Eqq. 518 ff. (aufgeführt Olymp. 89, 1. ober 424 v. Chr.) feiner als eines
Verſtorbenen gedenkt der in jüngern Jahren großen Beifall mit feinen Stüden
eingeerntet, als Greis aber, da ihn ber beißende Witz verlaſſen, purchgefallen
fy. Er war aud dem JIcariſchen Demos und iſt der erfle uns bekannte
Dichter welcher in dramatiſchen Wettkämpfen aufgetreten mar, ber au etlf-
mal (Anonym. de Comoed. p. 585., vgl. Ariſtoph. 1. 1. 521., terig Suibus '
s. v. u. Cudocia p. 302. nur zweimal) den Sieg davon getragen. Rad
derfelben Quelle erhielten fi keine Stücke des M., wohl aber waren neun
unädte unter feinem Namen im Umlauf (vgl. Suid. s. v. Athen. XIV. p.
646. E. IX. p. 367. F. nebft Suivas s. v. Avdoi, Heſych. s. v. Avdılar,
Photius p. 233, 20.). Bon den ächten deutet Ariftopb. 1. 1. zum Theil bie
Namen an: Bapßindess, Oondss, Avdoi, Wrves, Barpayoı, Namen bie
uns an ähnliche Gtüde des Ariſtophanes erinnern; außerdem wird noch ein
Lhovvoog In einer doppelten Recenflon angeführt bei Athen. IX. p. 367. F.
XIV. p. 646. E., vgl. Pollux VI, 79. Spuren einiger andern Dramen hat
Meinete (Hist. crit. comic. Graec. p. 34 f. nachgewieſen; f. überhaupt
über Magnes Meineke's Unterfuhung a. a. D. p. 29 ff. Bode, Wei. d.
hellen. Dichtk. TIL, 1. p. 31 ff. Vgl. no Fabric. Bibi. Graec. II. p. 453. ed.
Harl., wo auch ein eplfier Dichter Magnes aus Smyrna angeführt wird. [ B.]
Magnesia, 1) die öflicäfte Landſchaft (Halbinfel) Thefſallens (Mayrnoin,
Serov. VO, 183. Mayımoia, Scyl. p. 12. .Dickarh. p. 2. Bolyb. V,
99, 3. -XVII, 11,7. Strabo IX. p. 432. 436 f. Ptol. IH, 13, 16. Diod.
XI, 12. Mela I, 3, 4. Pin. IV, 9, 16. u. f. w. Mayritıs, Strabo
p. 829. 437. 441. 443. Mayrmtın napadia, id. p. 430. 437.). Sie hatte
im N. den Beneus bis zu feiner Mändung, im D. das ägdifhe Meer, im
©. den yagafälichen M.B. u. im W. die große Ebene Theffaliend am Fuße
bes Orhrys zu Grenzen, vehnte fich in einem langen, ſchmalen Streifen längs
ber Küfte Hin und war, da fie die Höhen und Thäler des Pelion umfaßte,
größtentbeil® gebirgig. Ihre Einw. hießen Magnetes (Mayrnzes, Herod. VII,
132. Scyl. p. 25. Strabo I. p. 28. IX. p. 429. 436. 441 f. Polyb. XVIII,
29, 5. 30, 6. Scymn. v. 605. u. f. w.) und ihre Städte waren Jolcus,
Ormenium, Methone, Olizon, Meliboea, Rhyzus u. f. w. (Nach dem Schol.
Apoll. Rhod. I, 384. lag in ihr auch eine wohlhabende Seeſtadt Mayrno«
die aber ſonſt Niemand kennt.). Vgl. Leake North. Greec. IV. p. 372 ff.
und den Art. Thessalia. 2) M. ad Sipylum (M. noög ZinvAo ober vo
Ziavio, Strabo XII, p. 621. Ptol. V, 2, 16. VII, 17, 16. Scyl. p.
37. Blin. II, 84, 86. u. f. w.), eine Stadt Lydiens am nordweſtlichen
Abhange des Sipyius und am -füblichen Ufer des Hermus, berühmt geworben
bur den großen Sieg der Scipionen über Antiochus im I. 190 v. Ghr.
(io. XXXVII, 38 ff. Gutroyp. IV, 14.) und eine ber durch das große Erd⸗
beben unter Ziberius hart mitgenommenen Städte (Xac. Ann. II, 47. Plin.
1. 1). Die Nömer bewilligten ihr nach dem mitbridat. Kriege Immunität
(Strabo 1. 1.) um fie war im dten Jahrhundert noch vorhanden (Hierocl.
1446 Magnosiım Pros. — Magaum Prom.
p. 660., wo fie durch Schreibfehler Mayınamzoovnoi; Heißt). Iegt Maniffa
oder Manaſchir mit unbebeutenvden Ruinen, vgl. Chandler &. 80. ©. 375.
v. Richters Wallf. S. 506 ff. u. v. Prokeſch GErinner. II. ©. 124. —
9) M. ad Maeandrum (M. n noos Maiaröpo, Ptol. V, 2,19., M. ewi
Mewröpo,.Diob. XI, 57. Strabo XIV, p. 636. 647., M. Maasdoov,
Hierocl. p. 699. Liv. XXXVII, 45. XXXVIII, 13. Plin. V, 29, 31., Bei
Serod. I, 161. noch ſchlechtweg Mayrnoin), eine &ollihe (Gtrobo p. 647.
vgl. Athen. IV, p. 173.), von Goloniften aus dem theflal. Magnefia auf
cariihem Boden gegründete (Strabo p. 636. Blin. 1. 1.) und nal ihrer
Zerſtörung durch die Gimmerter von den Mileſterne wiederhergeſtellte (Strabe
p. 647.) bedeutende Stadt auf dem nördl. Ufer des Mäander am Lerhäus,
einem Nebenfluffe veffelben, und am füdlichen Abhange des Thorax, 120
Stab. oder 15 Mil. von Epheſus (Strabo p. 663. u. Blin. 1. 1). Sie
wurde nebfl Lampfacud und Myus. von Artarerreß dem Themiſtocles ge
ſchenkt, welcher fle zu feinem gewöhnlichen Aufenthaltsorte machte (Diod. 1.1.
Nep. Them. 10.). Ihre größte Merkwürdigkeit war ber Tempel der Artemis
Eeukophryene, einer der größten und fhönften in ganz Kleinaflen. (Strabo 1.1.
vgl. Leake Tour in Asia min. p. 349 f.). Man Hielt fie früger für das
heut. Ghiuzel⸗Hiffar (Paul Lucas Beme Voy. 1. p. 223 ff. Pococke IM.
©. 80 ff. Chandler E. 61. S. 291. und vr. Richters Wallf. S. 493. u.
536 f.); jegt aber wird fie richtiger für Inek⸗bazar angefehen, wo ſich auf
nod die Trümmer bed Dianentempels finden. Arundell Seven Church. p. 58. 69.
Leake am a. DO. p. 243 ff. u. Hammer in d. Wiener Jahrbb. CV.&.26. [F.]
Magnesium Prom. (Meyrnoi« axpa), nad Ptol. II, 13, 16. ein
Vorgeb. Iheffaliend in der Landſchaft Pelasgiotis, richtiger aber wohl in
PMagnefla. [F.] |
Magniana (Moyriar«, Ptol. II, 14, 6.), Ort im Shooften von
Pannonia Superior, auf dem noͤrdl. Ufer des Dravus. [E.]
Magnopolis (Mayronolıs, Strabo XII, p. 956.), Stabt in Bontus
am Zufammenfluffe des Lycus und Iris, fon von Mithridates Gupator
unter dem Namen Eupatoria begonnen und von Pompejus vollendet, aber
wahrſch. ſchon frühzeltig wieder verſchwunden, da fein fpänrer Schriftßeller
ihrer mehr gedenkt. Samilton (Res. I. p. 340.) hörte zu Somife daß ſich
zwei Stunden weſtlich von da an der Bereinigung jener Fluͤſſe wirklich noch
Auinen einer gliten Stadt unter dem Namen Boghaz Siſſan Kaleh fännen,
was er jedoch bezweifelt da man fle in ber kahlen Ebere von Gonnifa aus
hätte ſehen müflen. [F. ..
Magnum Promontorium, 1) Borgeb. an ber Weftüfte von Luſi⸗
tanien (Mela III, 1, 6.), höchſt wahrſch. daſſelbe welches Strabe III, p. 151.
u. Ptol. II, 5, 4. 10 Bapßagıor anpor nennen, 200 Gtad. ſüdlich von der
Mündung des Tagus (Stiabol.1.), oder das Heut. Cabo Cepichel. Plinius
IV, 21, 35. nennt e8 auch Olisiponense und verwedhfelt e8 mit den Prom.
Antabrum an der Norpmeflipige ber Halbinfel. — 2) (Meya axpwenpıor,
Ptol. IV, 2, 2.), Vorgeb. in Mauritania Gäfar., weſtlich von der Stadt
Siga und der Mündung des gleihnamigen Fluſſes, bei der Mündung eined
im It. Ant. p. 12. Popleto genannten Flußchens (j. Gap Hone oder Ras
Honneine). — 3) nad Ptol. VII, 2,7. ein Borgeb. in India extra Gangem.
die weſtliche Spige ber den großen Meerb. bildenden Küfle, vermutblich das
heut. Cap Ligor oder auch Gap Patani; von Andern für Gay Romanie
gehalten. [F.]
® Leber die für bie Datirung bes Elegikers Kauinos en tſch sthbe at nad
bet Beit don Magnefiard Groberung f. bef. Herkbirg in Prus'e Midrardif. CTaſhend.
1915. ©. 267—272., do er das Bactum zehn Jahte bot Kansamlib’ Th, J. 726
v. Ehr. auſegt. ILW. T.]
Magnus — Mago 1847
Ä Magnus, 1) ein griechifiher Arzı von welchem wir ein Epigramm auf
den Ton des Galenus haben (f. Anal. 11, 304. ober III, 18. ed. Lips.);
indeß faͤllt Magnus in eine weit fpätere Zeit, etwa gegen Ende des vierten
Jahrhunderts n. Chr., indem Lucius (f. oben S. 1189.) auf feinen Tod
ein Gpigramm gedichtet Hat. Vgl. Jacobs Comment. in Anthol. Graec.
XIII. p. 914. — 2) Magnus aus Antiochia oder Nifibis in Diefopotamien,
ein neuplatoniſcher Sophiſt und Arzt, Schüler des Zeno von Eypern, aus
der Zeit des Julianus von Gäfarea (f. oben ©. 417.), kommt bei Eu⸗
napius vor. — 3) Magnus aus Garrä in Mefopotamien, wird als Chroniſt
und als, Begleiter des. Kaiſers Julianus genannt von I. Malala Chron.
T. U. p. 17. [B.] |
As Beiname erfeint M. bei den Fonteii, Pactulei, Pompeii und
Postumii, ſ. d. Artt.
Magnus Portus 1) (Iloprog uayrog, Piol. 11, 4,7. vgl: Marcian.
p- 44.), Dafenplag am Yberifhen Meere in Hifpania Bätica zwiſchen der
Stabt Abdara und bem Proment. Charidemi (j. Golf von Almerla). —
2) (Meyas Auns, Ptol. II, 6, 4.), Hafenbucht im Weften der Norbfüfle
von Hiſpania Tarrac., bei den Callaici Lucenses, an welcher die Stadt Fla⸗
vium Brigantium Tag (ohne Zweifel ver Meerbufen der Artabrer an welchem
Strabo III, p. 154. Häfen ber Artabrer erwähnt, d. h. der Meerbufen von
Coruña und Zerrol. — 3) (Miyag Ayuımv, Ptol. I, 3, 4. u. 33.), Hafen⸗
budt an der Südküſte von Britannien, der Infel Vectis gegenüber, ohne
Zweifel der Meerbufen von Portsmouth. — 4) (TIoprog Mayros, Ptol.
IV, 2, 2. Mela 1, 5, 5. Blin. V, 2, 2, It. Ant. p. 18.), Hafenſtadt in
Mauritania Cäfar., wahrfh. am Laturus Sinus (Mela I, 6, 1.) und an
der Heerſtraße zwiſchen Gilva und Quiza, mahrid. das heut. Oran deſſen
Hafen noch immer Mars el Kibir d. i. der große Hafen heißt. — 5) (Ma-
yag Muijyx, Ptol. IV, 6, 6.), Hafen an der Weflfüfle von Libya interior,
füpli von ber Mündung des Daraus (j. Rio de Duro), zwifchen ihr und
bem Vorgeb. Ryffabium (j. Gap Blanco), alfo wohl an dem Bufen Gon-
calo di intra. [F.] |
us Sinus (0 usya, noAnog, Biol. VII, 2, 1. 7. 3, 1. 4. 9,
10. u, dir., Agathem. I, 11. II, 14. Marclau. p. 28. 29.), ber große
Meerbufen an der Oftfüfte. von India extra Gangem ober bie Chersonesus
aurea, der diefe von der gegenüberliegenden Küſte ber Sinae ſchied und im
S. bei dem Magnum Prom. (f. d.) begann; j. Meerb. von Sione. [F.]
Mago, 1) der Begründer der carthagifhen Macht (I. I50—500), f.
3». I. ©. 162. u. Juflin. XIX, 2. Heerens vermifäte hiſtor. Schrift. XIII
.S. 528. Gefentus Monumm. Phoenic. p. 844., der Vater des Hamilcar,
der wider Gelon kämpfend 480 v. Ehr. in Sicilien fiel (f. Bv. III. S. 1054.)
und gleih dem Vater auch auf dem Gebiete wiſſenſchaftlicher Thätigkeit ſich
verfuht Hatte, ſteht als Schrififteller über den Landbau fehr ho, da
ihn Golumefla (I, 1, 13.) fogar den Vater der Landwirthſchaft nennt, vgl.
Barro I, 1, 10. Sein in carthagifher Sprade abgefaßted, aus acht und
jmanzig Büchern befichendes Werk Über den Landbau warb ind Griechiſche
bertragen in einem Audzug von ſechs Büchern durch. Gafflus Dionyflus
(ſ. Bd. 11. S. 203.) und, wie Columella 1. 1. angibt, in Folge eines Senats⸗
beſchluſſes auch in die lateiniſche Sprache überſetzt. Daß das Werk dieſes
Mago die ſämmilichen Theile einer Landwirthſchaft und Lanböfonomie mit
Einfluß der. Viehzucht und ber Ihierarzneilunde befaßte fehen mir. aus
einzelnen Fragwenten melde davon. bei Plinius. (befonbeis Buch XVII; u.
XVIII.) und, bei den no vorhandenen röm. Schriftfiellern..über. Landbau
vorkommen, ©. die Bufammenftellung dieſer Bruchſtücke bei Herren ama. OD.
S. 328 ff u. vgl. au Cic. de Orat. 1, mit ben Autleg. [B.]
n
18 . Mage
2) Gartbag. Felbherr gegen Dionyfluß I., f. 3b. II. ©. 165. 1075.
1076. — 3) Carthag. Feldherr der fih im Kampfe um Syracuß feig gegen
Timoleon benimmt, darauf aus Furt vor der Rache der Garthager fi feleft
enıleibt, aber noch als Leiche and Kreuz geſchlagen wird. Blut. Timol. 17.
18. 20. 22. vgl. Diod. XVI, 73. — 4) Garıhag. Feldherr der im I. 280
mit einer Zlotte von 120 Schiffen bei Oſtia ericheint und dem Senat Hilfe
gegen Pyrrhus anbietet; der Senat dankte für dieſe Ginmifhung und wies
die Unterflügung zurüd durch welde bie Carthager ven König in Italien
zurückzuhalten wünſchten und Gelegenheit ſuchten auf der italiſchen Küſte N
feſtzuſetzen. Mago wandte fi hierauf zu Pyrrhus um beobachtend ſich über
beffen Plane auf Sicilien zu unterridien. Juftin. XVII, 2. Val. Mar. II,
7, 10. — 5) Sohn des Hamilcar Barcad. Er begleitete feinen Bruder
Hannibal nad Italien und leiflete ihm durch feinen Murh und feine Gemandt-
heit gute Dienfle. Liv. XXI, 47. 36. Nah der Schlaht bei Gannd, in
welcher er mit Hannibal das Mitteltreffen führte (Polyb. IIE, 114. Liv.
XXI, 46. vgl. App. VII, 20.), nahm er zunäcdft einzelne bruttiſche Städte
in Belle und ging dann ald Ueberbringer der Siegedbotfgaft und zu Ver⸗
bandlungen über die Fortführung des Krieges nad Carthago. Liv. XXI,
11 ff. Zonar. IX, 2. Trotz der Oppofltion von Hanno war der Senat ge-
neigt Hannibal zu unterflügen und Mago ſelbſt erhielt den Auftrag in Spanien
20,000 Mann Fußvolk und 4000 Weiter zu werben um bamit bie Heere
ſowohl in Italien als Spanien zu ergänzen. Schon war er Im Begriff
12,000 Fußgänger und 1500 Reiter welde er aus Spanien nad) Gartbago
gebradt, 20 Elephanten und 1000 Talente Silber unter einer Vedeckung
von 60 Kriegeſchiffen nah "Italien zu führen als die Nachricht von ber
Niederlage Hasdrubals bei Himera und dem Abfalle ver ſpaniſchen Bölfer-
fhaften den Beſchluß bewirkte Mago mit feinen Truppen nah Spanien zu
fenden, 215 v. Chr. Liv. XXI, 32. Spanten blieb der Schauplag feiner
kriegeriſchen Ihätiafeit (f. Bd. II. ©. 170. 693. 655 f. und unter L. Mar-
cius) bis 206 v. Chr. In -viefem Jahre erhielt er von Gartbago ven Befehl,
mit der Flotte welche er in Babes Hatte nad Italien zu fegeln, dort möglichſt
viele Ballier und Xigurier zu werben, ſich mit Hannibal zu vereinigen und
den Krieg in Italien nachdrücklich fortzuführen. Die ndıhigen GBelbmittel
dazu erhielt er theil® aus Carthago theild durch Erprefiungen und Beraubung
der Tempel in Gades. Nah einem vergeblihen Verſuche auf Neucarthago
fuhr er nach den balearijchen Infeln wo er übermwinterte. Liv. XVIII, 36. 37.
Bon bier aus feßte er im Sommer 205 auf etwa 30 Kriegs⸗ und vielen
Laſtſchiffen 12,000 Fußgänger und fa 2000 Meiter nach Italien über und
überrumpelte Genua. Gein unerwartetes Erſcheinen und die Nachricht daß
mit jedem Tage fein Heer durch die Ballier wachſe erfüllte die Römer mit
Beſorgniß fle möchten über die Bernihtung Hasprubals und feines Heeres
zwei Jahre früher vergebens ſich gefreut haben. Liv. XXVIII, 46. Au von
Carthago erhielt Mago außer einer großen Belbfumme anfehnlide Verſtär⸗
fung, zugleih den Befehl ſobald als möglih Nom näher zu rüden und mit
Hannibal fich zu vereinigen. Liv. XXIX, 4. App. VIIL 9. Daran aber wurbe
er durch zwei römifche Heere welche fi ihm entgegenftellten verhindert, une
nur indgebeim traten von jeßt an Gallier in fin Heer ein. Liv. XXIX, 5.
App. am a. O. u. VII, 54. Im Sommer 203 endlich kam es im Geblet
der inſubriſchen Ballier zwiihen Mago und ben vereinigten Herren des Prä-
tor8 Quinctilius Barus und des Broconfuld M. Cornelius zu einer Haupt»
ſchlacht In welcher Mago na tapferer Gegenwehr beflegt und ſelbſt vermundet
wurde. Nachdem er in fo großen Maͤrſchen als fein Zufland erlaubte das
Uguſtiſche Meer erreicht Hatte wollte er dem von Carihago ihm zugelommenen
Befehle, faleunigk nach Africa überzuſchen, Folge Icflen; es —* feine
— — —
— — —
— —
> Magoa — Magorum Insuls {449
Zeute ein, verſchled aber ſchon an der Küſte Sardiniens an feiner Bunde.
Liv. XXX, 18f.* — 6) Gartbag. Senator und einer ber drei &efandten
welche zur Belräftigung des zwiſchen Hannibal und König Philipp von Ma»
cedonien geſchloſſenen Bertragd die macedon. Abgeordneten zurüdgeleiteten,
aber von den HNömern gefangen wurden. Liv. XXIII, 34. Polyb. VII, 9. —
7) Sin naher Verwandter Hannibals, im I. 215 in Sardinien gefangen ge»
nommen. 2iv. XXI, 41. und Hasdrubal Nr. 6. — 8) Vertheidiger von
Neucarthago gegen P. Scipio, nah Eroberung der Stadt ald Befangener -
nah Nom geführt. Liv. XXVI, 44. 46. 51. Polyb. X, 12ff. App. VL,
19. 22. — 9) Ein Reiterbefehlehaber in Hannibals Heere, Tegt auf Anfliften
des Lucaners Flavius dem Proconful Ti. Grachus im I. 212 einen Hinter-
halt in welchem tiefer getödtet wird. Liv. XXV, 16. Diod. p. 569. —
10) Reiterbefehlshaber unter Hasbrubal Gisc., App. VIIL, 15. [|
11) Mayo, Ptol. II, 6, 78. Mela 11, 7, 20. Plin. HE, 5, 11.,
eine Stadt (nah Mela nur ein wi an der Sübdoſtſpitze der Infel Balearis
F
Minor, j. Mahon auf Minorka.
Magen, nad Plin. VI, 27, 31. eine Stadt in Suflanı am Culaͤus,
nad Andern (f. ib.) an der Außerfien Grenze Suflana’8 in der Nähe der
MWüfte [F.] |
Magog, ſ. Mabog.
Magen (Mayor, Arsian Ind. c. 4.), ein Nebenfluß des Gange,
vieleicht der Heut. Ramguna auf dent Tinten Ufer, alſo dann in India extra.
Gangem. .
Wegontiäcam (Tac. Hist. IV, 15. 24. 33. 37. 59. 61. 70. Ann.
I, 37. @utrop. VII, 8. IX, 7. Flav. Bopise. Aurel. c.7. It. Ant. p. 359.
374. Tab. Peut., bei Ammian. XV, 11. XVI, 2. Mogontiacus, bei Btol. :
II, 9, 16. Moxortexor, wie bei den Schriftſtellern des ‘Mittelalters Häufig
Mogontiacum, auch Magontia und Mogontia), eine Stadt im Gebiete ber
Bangiones in Gallia Belgica, nah Ammian. 1. 1. ein Municipium, von
Drufus der Mündung des Mönus in den Nhenus gegenüber angelegt (vgl.
Stepb. Aler. Würdtwein, Nero Claud. Drusus Germ. Moguntiaci conditor,
Mogunt. 1782. 8.) oder wenigſtens vergrößert und befefligt, und als Haupt⸗
ſtützvunkt bei feinen Unternehmungen gegen bie Gatten und andre german.
Völkerſchaften gebraudt. Sie wurde nun Hauptquartier ber röm. Truppen
am Oberrhein oder fpäter in Germänia Superior und ſeit Diochetiand und’
Gonftantind Zeiten der Sitz eines eigenen Dux welcher allen Nheinfeflungen
nörblig von Argentoratum vworflanb (Not. dign. Imp. e. 64.). Daher -
fanden ſich In ihr (dem heut. Mainz) eine Menge röm. Inſchr. der Legio 1.
Adiutrix (f. oben S. 869 f.), Legio II. Augusta (ib. 873 f.), Legio IV.
Macedonica (ib. 878 f.), Legio XIV. Gemina (ib. 893 f.), Legio XVI.
Gallica (ib. 896 f.), Legio XXH. Primigenia (ib.899f.) und anderer melde
dott In Garnifon lagen. Sie war der Endpunkt einer von Mebiolanum nad
ihr geführten Etraße (It. Ant. p. 355.) und wurde von der Straße von
Treviri nah Argentoratum berührt (id: p. 874.). Ueber den vom celtifhen
magus, gal. magh, d. i. Feld, Ebene, abzuleitenden Namen der Stadt vgl.
Zeuß, die Deutſchen ıc., Einſ. S. 14. Note. [F.]
-Magoras (Plin. V, 20, 17.), ein Küftenflüßchen Phönictens, bei Bes
rytus mündend, J. Nahr Beirut. FR.
Magorum Insula (Mayor rioos, Ptol. WW, 7, 37.), Infel im
fünlichern Theile des Sinus Arabicus, der Stadt Piolemais Theron ſchräg
gegenüber, wahrſch. das heut. Maſſua. [F.]
4
® Bol. E. E. Hudemann, Mago's Schickſale und die Begebenheiten vor ber
Schlacht bei Zama, Schleswig 1845. 4. [W.T.] . .
| \ Au | \ 91°
%
-
140 .Mageram Sinus — Main
Magerum Sinus (Mayor xoAnos, Ptol. VI, 7, 17.), Meerbufen
im Norden von Arabia Belir an der Küfte des. Sinus Perſicus, wahrſch.
der Capeus bed Plin. VI, 28, 32. [F] _
Magräda (Mela III, 1, 10.), Eleiner Fluß an ber Norblüfle von
Hifpania Tarrac., j. Urumea, nah Undern der Grenzfluß Bidaſſoa. [F.]
Magradis Villa, ſ. Megerthis. '
' Maguda (Mayovöa, Btol. V, 18, 6.), Stabt in Mefopotamien am
Cuphrat, vieleiht dad Heut. Makeſin. [F.]- "
Magaläva (Moyoviave, Ptol. VI, 7, 37.), Stadt im SW. . von
Arabia Felix nahe bei Menambis. [F.]
Magur (Mayovo, Ptol. VII, 1, 91.), Stadt ver Soretä in India
intra Gangem, in der Nähe der Südküſte zwiſchen den Flüſſen Tyna umd
Chaberus. [F.]
. Magura (Mayovor, Ptol. IV, 6, 24.), Ort im SW. von Libya
Interior am Fl. Daradus. [F.] _
Magydus (Mayvöog, Scyl.p.39., wo die Codd. Maondos haben, Biol.
V. 5, 2., wo vulgo Mazviog gelefen wird, Hierorl. p. 679. Münzen mit
ihrem Namen f. bei Raſche lex. rei num. III, 1. p. 124 f. vgl. auch Acta
Conc. Constant. II. p. 189. 241. u. Chalced. p. 646. 672.), Küftenflabt in
Pamphylien (nah Scylar in Lycien, zwiſchen den Flüſſen Eatarracteß und |
Geſtrus, nahe bei der Mündung des erfleren (des heut. Duben-Su). [F.]
Maharbai, Himilco's (vieleiht Nr. 6., Bd. II. S. 1339.) Sohn,
zeigt fh als Unterbefcehlöhaber des Vertrauens das Hannibal in ihn fehte
würbig (Liv. XXI, 12. 45: XXI, 6. Polyb. III, 84. App. VII, 10. 11.).
Nah der Schlacht von Cannä, In welder er nad Livius (XXI, 46. vgl.
Polyb. III, 114. App. VII, 20.) den rechten Flügel befehligte, fol er dem
Sannibal den Rath fogleih gegen Nom zu ziehen erthetlt und gewünſcht
haben mit der Reiterei vorauseilen zu bürfen; auf Hamibals abſchlägige
Antwort entgegnete ex mit Bitterfeit. Liv. XXI, 51. vgl. Bd. III. S. 106. [K.]
Main, Mai«, Mae (Hipponar fr. 14. Bgk.), die ältefte der Pleiaven,
der Töchter der Pleione, mit Atlas erzeugt. Sie ſelbſt zeugte in einer Grotte
des Bergs Cyllene in Arkadien mit Zeus ten Hermes (Maadevg, Moætuorę
neben KvAinnos, Hipponar fr. 10. Bol. Maia natus, Hor. Sat. II, 6, 5.
Virg. Aen. I, 301. Maiugena, Gayell. 1. extr. Jul. Valer. Alex. I, 67.
ed. Mai., vgl. @ic. N. D. III, 22, 56.). Sie zog au den Arkas (Sohn
des Zeus und ber Kallifto) auf. Heſ. Theog. 938. Kom. hymn. in Merc.
3, 4. 23, 4. Apollo. III, 10, 2. 8, 2. Tzetz. zu Lyk. 219. Im Gtern-
bilde der Pleladen, Cic. Arat. 270. Virg. Ge. I, 225. — Die wirren Ueber»
lieferungen und Anſichten über bie römifhe Naturgöttin Maia (ober Maiesta)
und ihren Zufammenhang mit dem Namen und den kirchlichen Gebräuchen
des Monats Mai flellt Macrobius zufammen Sat. I, 12. p. 258 f. Bip.
Darin flimmen faſt alle überein daß fie dad Wort mit -magus, maior in
Berbindung bringen, wobei bei. aud die Erwähnung ber Verehrung eines
Deus Maius zu Tudculum bemerkenswerth il. Maia ſelbſt mir bald als
Gemahlin Vulkans bald als Erde (yaia) bezeihnet, bald mit der Bona Dea.
Fauna, Ops und Fatua identificitt, von ben hellenifirenden Forſchern mit
ber Mutter Merkurs, vgl. Martial. XII, 67, 1. Maiae Mercurium creaslis
Idus, während das Kalend. Venus. (Örelli Inscr. II. p. 391.) den Feſttag
Mercur. Maise auf den Tag nad den Idus (16. Mai) anfeht. Abmeikend
bievon gibt Cincius bei Macrob. 1. I. an dag am 1. Mai der flamen Vul-
canalis der Götiin ein Opfer dargebracht babe und Cornelius Xabeo (ib.)
daß ihr unter dem Namen Bona Dea.am 1: Mai ein Tempel geweiht worden
ſei. Das Dpfer befand nah Angabe deſſelben Labeo in einem trächtigen
Schweine (qvae hostia propria est terrae, Macrob. 1. 1.), nad Iſidor. Gloss.
Maintae -- Malestaa 151°
in einem verfänittenen Schweine das daher maialis hieß (vgl. Varro R. R.
N, 4, 21. 2itin. bei Nonius II, 330. Iſidor. Orig. II, 30.). [W.T.]
Maiatae (Macro, Dio Caff. LXXVI, 12.), Kollektioname mehrerer
Heiner Völkerſchaften ver Oſtküſte des nördlichen Britanniens (oder Schotts
Iande, zwiſchen den Firihs of Forth und of Clythe bis zur Grenze des Heut.
Englands), wahrſcheinlich cchtifken Urfprungs. Bal. Diannert II, 2. ©. 86.
und Zeuß, die Deutſchen ıc. S. 201. n. 567. [F.] -
Maiestas und erimen imminutae malestatis. Mai. (von
maior) if ein Atribut der Perfonen und Gegenflände welche die hoͤchſte
Würde und Hoheit haben, fo 3. B. der Gottheit, des Volks, des Staats
und zuleht des Kaiſers. So erflärt Cic. de or. II, 89. mai. est amplitudo
ac dignitas civitalis, Quinct. VII, 3, 35. mai. est in imperio .atque in
omni populi Rom. dignitate, und in biefem Sinn ftebt mai. in ber ſtaats⸗
rechilichen Formel: maiestatem populi Rom. comiter conservato, ſ. Bo. II.
S. Wi. Wer diefe mai. des röm. Volks (ſpäter des Kaiſers) beeinträchtigt,
indem er die Ehre, die Würde, das Anſehen des Volks oder Staats verlet,
begeht bad crimen minutae mai., welches fich erft 600 Jahre nah Noms
Erbauung entmwidelte ald Noms Macht und Hoheit fhon einen hohen Stand»
punkt erreigt hatte. Daffelbe begriff zuerft bie minder wichtigen Säle der
perduellio, jenes uralten Verbrechens welches gegen die. Eriflenz des Staats
gerichtet war, indem ſich mande Vergeben gegen ven Staat als zu gering .
zeigten um mit der Perduellionsſtrafe belegt zu werben, aber doch zu wichtig
als daß fie ftraflos Härten bleiben fönnen. Für ſolche gegen des Staat
Würde und Ehre gerichtete Vergehen bildete fih das crim. mai. als Aus⸗
hilföverbrecden neben der perduellio aus, nahm aber nad und nach Immer
mehr von ber perduellio auf und brängte biefe envli ganz in ben Hinter⸗
grund; f. perduellio. Das erfte Bei de maiestale imminuta war lex
Appuleia (denn lex Gabinia, wenn fie überhaupt erifliite, bezog ſich nur auf
perduellio, f. S. 973., unb lex Mamilia 110 v. Ehr. nannte wenigſtens
das von ihr zur Unterſuchung gezogene Verbrechen nicht maiestas, f. S. 985.),
von dem Volkstrib. 8. Appuleius Saturninus wahrſcheinlich 100 v. Ehr.
gegeben (In feinem zmeiten Tribunat, nicht In feinem erfin 102 v. Ghr.,
wie oben ©. 961. angegeben ift, f. Saturninus). Dieſes Geſetz war nit
gegen die Feigheit geriäätet (mie Pigh. Ann. Rom. II. p. 163., Erneſti
clav. Cic., Die p. 71 f. u. U. glaubten), denn bie alten Schriftſteller er⸗
wähnen nichts davon, fondern gegen die Störungen ber Tribunen und gegen
Aufruhr, welbe Vergeben als mai. imm. bezeiäänet wurben. Auf dieſes
Geſetz bezieht fich Cic. de inv. II, 17.: maiestatem minuisti quod tribunum
pl. de templo deduxisti, ebenfo die Anklage des Du. Servil. Gäpio wegen
Tumult, ad Her. 1,12. envli die Anklage des C. Norbanus. Diefer wurde
angeflugt weil er als Bolkätribun zwei feiner Eollegen an der Interceffion
gehindert, durch Aufſtand von den Roſtris getrieben und babei allerlei Ges
waltthaten verübt hätte. Sein Vertheidiger M. Antonius behauptete aber
daß durch den von Norban. erregten Aufſtand maiestas populi aufredt er⸗
halten worben fei, Eic. de or. Il, 25. 27. 39. 40. 47—50. Zugleich enthielt
lex App. ein allgemeines Verbot der Majeflärsverlegung welches auf vers
ſchiedene Fälle angewandt werden konnte, aber eine Definition des Verbrechens
ftand ebenfowenig In ver lex als eine volftändige Aufzählung der dahin zu
ziehenden verbrederifgen Handlungen. Durch vielen Mangel einer gefeglihen
Definition erklären ſich die verſchiedenen Definitionsverſuche welche Ankläger
und Vertheidiger bei Majeſtätsprozeſſen allemal in Rückſicht auf ihre Sache
und auf ihren Vortheil vorſchlugen; fo h. es ad Her. II, 12.: mai. is mi-
nuit qui ea tollit ex quibus civitatis amplitudo constat (3. B. suflragia
populi, magistratus consillum und pontes disturbare), währenb ein Anderer
—
—
4492 Malesias
fagt: mai. is minuit qui amplitudinern civitatis detrimento affcit (alfo nur
"wer wirklich ſchadete). Auch ic. de inv. II, 17.18. werden mehrere Defi⸗
nirionen angegeben was mai. minuere bebeute. Bon den Belimmungen
‚Diefer lex über Prozeß und Beflrafung der Majeftätöverbreher iſt uns nichts
Bekannt. Cine ganz andre Seite der mai. behandelte lex Varia welde ber
Volkstrib. Du. Varius Hybriva 92 v. Chr. trotz tribuniciſcher Intercefflon
mit Hilfe ber Ritter durchſetzte. Sie war gegen diejenigen gerichtet welde
die Bunbeögenofien zum Krieg aufgereizt hätten, quorum dolo malo socü
‚ad arma ire coacti essent, Val. Mar. VIII, 6, 4. ober quorum ope con-
siliove socii contra pop. Rom. arma sumpsissent, sc. in Cic. p. Scaar.
p. 22. Or. App. b. c. I, 37. Grmähnungen diefer lex f. @ic. p. Corn. bei
Asc. p. 7%, Tusc. II, 24. p. Scaur. I, 8. Brut. 56. 89. Oroſ. V, 18.
Nach diefem Geſetz wurde M. Aemil. Scaurus der proditio angeflagt und
viele andre Optimaten, 3.8.2. Galpurn. Beſtia, C. Aurel. Gotta, En. Pom⸗
peius Strabo, 8. Menimius, Du. Pompeius Rufus u. A. Die flegente
Partei hielt die Berichte mit der größten Keidenfcaftlichleit, ja fogar noch
dann als der Krieg alle andern Gerichte unterbrocdden Hatte, App. b. c.L
37. 38. ic. Brut. 89. 90. Nach dem marſiſchen Krieg wurde der Urheber
dieſes Geſetzes felbfl angeklagt und verbannt, Cic. Brut. 1. I. Baler. Mar.
VII, 6, 4. A. Kieme, der röm. Bundeögenofienfrieg ©. 182f. Mommfen, |
in Zeitſchr. f. Alt. Wiſſ. 1843. Nr. 104. ine bebeutende Ermeiterung ber
mai. imm. erfolgte durch lex Cornelia des Dictator Sulla 81 oder 80 v. Ghr.,
welcher biefelbe gab ſowohl um feine Verfaſſung vor Neactionen zu fügen
als um überhaupt bie gegen des Staats Ehre gerichteten Handlungen zu
beftrafen. An der Spitze dieſes Geſetzes Aland wiederum der Begriff mai.
imm., jedoch ohne Definition, weshalb die Interpretation einen freiea Spiel»
raum behielt, Gic. ad div. III, 11. Verr. IV, 41. 1. Die ald mai. imm.
verpönten Handlungen waren folgende: 1) Erregung eines Auffkunbg,
Störung eined Magifirats in feiner Amtöverrihtung, namentlich Verhindern
‚der tribunie. Intercefiion, Cic. part. orat. SO. Asc. zu Gic. Corn. p. 60.
Or. (tenn 6. Cornelius wurbe nach lex Corn. de mai. angeflagt, |. Bb. 1.
©. 696f.). Während dieſes Gap. aus lex Appul. in die lex Corn. aufges
nommen worben war waren folgende Beflimmungen zum erftenmal als mai.
imm. bezeichnet, nemli 2) bie Hanblungsweife des Magiſtratus welcher vie
zöm. Hoheit compromittist oder fein Recht nicht behauptet, Cic. Verr. 1,33.
und Pſ.Aec. p. 182. Or. Gin folddes Benehmen wurde dem A. Gabinius
von Cicero zum Vorwurf gemadt, Gic. in Pis. 21. vgl. Een. eontrov. IV,25.
3) Das Ueberfäreiten der Amtöbefugniß von Seiten eined Magiſtratus,
3. B. indem er ohne Auftrag ded Volks einen Krieg führt, wenn er über
die Grenzen feiner Provinz geht oder überhaupt gegen die Befehle nes Volks
und Senats handelt, Cic. in Pis. 21. in Vat. 9. Dio Gafl. XLI, 3 5.
XL, 60. Suet. Caes. 31 ff. Des A. Gabinius Anklage f. Bo. III. ©. 569.
Zu dieſem Gapitel gehörte das Vergehen des Feldherrn, feinplihe Anführer
ober Seeräuber melde er gefangen genommen hatte ohne Strafe zu entlaflen,
was Verres that, Cie. Verr. I, 5. V, 25. 4) Endlich wurde no als
Mojeftätsverbrechen bebroht das Grregen eines Aufſtands im Heer (weshalb
Bulbus, vielleicht M. Atilius Bulbus condemnirt wurde, Gie. p. Clu. 35.)
und bie verrätherifhe Uebergabe eines Heers, Gic. de or. II, 29. Beide
Handlungen Eonnten aber ebenfogut auch als perduellio angefehen und beſtraft
werden. — II. Die Strafe der lex Corn. war aquae et i. interdiclio,
welde Sulla auch bei den andern Verbrechen in Anwendung brachte. —
HI. Die prozeffualifgen Beflimmungen diefer lex find wenig befannt.
Eine quaestio perpetua war natürlich angeorbnet, Sclaven follten als Zeugen
zugelafien werben, Suet. Caes. 90. 1. 7. D. ad 1. Jul. mai. (48, 4.) und
Malcstas | 1458:
Bolter mar bei denfelben geflatiet; Amm. Marc. XIX, 12. 1. 10. $. 1. D.
de quaest. (43, 18.). Die Literatur biefer lex f. S. 968 f. Eine weitere
Ausbildung erblickt crim. imm. mai. durch lex Julia Caesaris, in welder
die Strafe der aquae et ji. interd. beibehalten wurde, Cic. Phil. I, 9. 10.
Paull. V, 29, 1. Bon einer Aufhebung der provocatio konnte nidts in
biefer lex ſtehen da eine foldde ohnehin nie bei ven quaest, perp. geflattet
war, f. Gelb, Sei. d. Rom. Crim Proz. S. 387— 391. gegen Died S. 90.
Drumann, &. R. III. S. 622. u. A. Auf biefe lex Julia Caes. beziehen ſich
wahrſcheinlich bie in den Dig. tit. ad I. Jul. mai. (48, 4.), im Cod. eod.
(9, 8.), Cod. Th. eod. (9, 5.), bei Paul. V, 29. u. f. w. erhaltenen
Ueberrefte einer lex Jul. de mai. (fo Balduin iurisprud. Rom. et Aut.
p. 1005. Gundling I, 16 ff. Died S. 93 ff. Schrader ad Instit. IV, 18,3.
Brugmans p. 33 ff. Zirkler, Hochverrath 6.33 ff. Walter, R. R.Geſch. S. 819.
Wähter, Crim. Recht U. S. 507. u. A.), während Andere behaupten es
babe zwei leges Juliac de mai. gegeben, eine von Cäſar, die andere von
Auguf, von ber erflen ſpreche Gicero, von ber zweiten die Quellen ber
Kaiferzeit (fo Sigon. de iudic. II, 29. p. 633. Heinece. synt. ed. Haub.
p. 778. Erneſti, clav. Cic. Bad, hist. iur. II, 2. Drumann, Geſch. R.
11. ©. 623.). Mit Sicherheit iſt zwar nicht zu beweiſen daß ed nur eine
lex Jul. Caes. gegeben habe, allein e8 ſpricht doch dafür der Umſtand daß
Anguſtus aus Staatsklugheit fi fo viel als möglih an das Ueberliefirte
anſchloß. Auch find alle Fragmente der lex Jul. in den jurifl. Quellen des
Inhalte, daß fie recht gut auf Cäſar und auf bie republifan. Zeit pallen,
einige wenige Punkte auögenommen, 3. ®. 1. 3. D. h. t. qui iniussu prin-
cipis bellum gesserit, welche in fpäterer Zeit hinzugefeßt oder nad der vers
änderten Verfaffung umgewandelt feyn Tonnten. Der Inhalt ver lex Julia
(fe mag nun von Gäfer, oder, was uns weniger wahrſcheinlich bünft, von
Auguſt herrühren) war folgender: An der Spige fland wieberum der Begriff
ber imminuta mai. des Staats und fpäter bed Kalferd (ald der perſonifi⸗
jirten res publica); Ulp. 1. i. 6. 1. D. h. t. mai. crimen illud est quod
adversus populum rom. vel adversus securitatem eius commitlilur. Dies
jenigen alten Perduellionshandlungen welde noch nit ald mai. imm. an⸗
geſehen wurden, gingen durch biefe lex in das crim. mai. über (fo weit fie
noch in jener Zeit vorkommen Eonnten), jedoch nicht unter ihrem früheren
Namen fonvern ald mai. imm., auch nit In einem befondern Gapitel der
lox fondern unter die andern Verbrechen gemifcht, oft in ber heterogenfien
Weiſe, wie 3. B. 1. 1. u. 2. D. h. t. Elar zeigen, fo daß alle Verſuche die
lox nad einem Jogifchen Princip zu reflituicen vergeblich ſeyn würden. Lieber
das völlige Gilöſchen ver perduellio durch lex Julia f. Perduellio. Bolgenve
Anoronung ift nur der Lieberfigtlichkelt wegen gemäblt: I. Die verbotenen
Handlungen. A. Proditio, und zwar a) wirkliche Verrächerei d. h. Vers
bindung mit dem Beind, 1) Vieberlieferung von Land oder Beuten an ben
Seind, I. 10.1. 4. D. h. t. Paul. V, 29,1. 2) Unterflügung des Feindes
durch Ertheilung von Nachrichten, Zufuhr ıc., 1. 1.1.4. D. h. t. 1. 11.
pr. D..de publican. (39, 4.). Ouinet. decl. 11. 272. 323. 334. Bor.
Aurel. 23. 24. Gen. exc. contr. X, 6. contr. 35. Xac. Ann. IV, 13.
3) Gntlaffung der feindlichen Geißeln, 1.1.3. D.h.t. 4) Aufreizung eines
fremden Volks zum Krieg gegen Rom ober cuius dolo malo factum erit
quo rex exterae nationis populo rom. minus obtemperet, 1. 4. 1. D. h. t.
Baull. V, 29, 1. b) Berratb aus Beigheit oder Schwäde. 1) Feiges Zus
rüdziehen des Felbdherrn ober DVerlafien des Heer, 1.2.3. D.h.t. 2) Flucht
eines privatus zum Feind, 1.2. D. h. t., 1.19. 6.8.4. D. de capt. et post.
(49, 15.); 3) Defertion und Ueberlaufen der Soldaten zum Beind, Paul. V,
29, 1., welche aber gewöhnlich ala beſondere Militärverbrechen beſtraft wurden,
-
1454 ' Maiestas
f. perduellio und proditio. B. Handlungen welde den Staat in Beziehung
auf feine Berfaffung gefährden: 1) Bildung von unerlaubten Zufammens
fünften, DBerfammlungen und Klubbs mit ſtaatéverbrecheriſchen Tendenzen
(coetus, concursus, conventus gen.), früher als perduellio angeſehen, f. lex
Gabin. 6.973. 2) Gomplotte und Verſchwoörungen gegen den Staat (factio,
coniuratio, f. Non. Marc. IV, 191. Paul. Diac. v. factio p. 86. M. Suet.
Claud. 13. Gap. Pert. 10. Boy. Aur. 39. Paul. V, 29, 2.1.5. C. h. t
1. 4. pr. D. h. t.). War das Complott nit gegen den Staat gerichtet fo
fiel e8 unter die Kategorie der collegia illicita, Bd. IE. ©. 498. oder wurde
nad NRüdfiht des erfirebten Verbrechens beſtraft, 3. 2. factio latronum als
latrocinium, 1: 16. pr. l. 4. 11. $. 2. D. poen. (48, 19.). 3) Aufruhr
und Volksaufſtand (seditio, tumultus, turba), fobald bie Tendenz eine ſtaats⸗
umwälzende ift, 1. 1. 6.1. D. h. t., 1. 5. C. h. t. Dio Eaff. XXXVII, 30.
Sal. Cat. 22. Die auclores seditionis, concitatores populi, duces factio-
num wurden nach lex Jul. allein beftraft, vie Irregeleiteten Dienfchen blieben
ftraflos, Paull. V, 22, 4. 1. 2. C. de sedit. (9, 30.). War der Aufſtand
aus Feiner majeftätöverbrecherifhen Abficht unternommen fo wurde er als
crimen vis behandelt, f. vis, oder als polizeilide Nuheflörung geahndet,
Vell. Pat. II, 126. Mal. chron. XVI. p. 394. Dind. C. Gefährvung ber
Staatéhoheit durch Magiftraten indem fle fi Hohetißrehte anmaßen u.f.w.,
Sen. contr. IV, 25., 1) wenn der Magiſtrat iniussu principis Krieg führt,
Heere wirbt u. ſ. w., 1. 3. D. h. t., 2) wer als Statthalter nachdem feine
Zeit abgelaufen ift noch in der Provinz bleibt, 1. 3, 2. D. h. t., 3) wer
einen Condemnirten und Gefangenen entläßt, 1. 4. pr. D. h. t. Analog
fonnten Privatleute mai. minuere weni fle ſich die Gewalt von Magiftraten
anmaßiten, J. 3. D. h. t., ebenfo wenn fle einen Magiflratus aus dem Wege
räumten, 1. 1. $. 1. D.h.t. Zu allen diefen Handlungen war dolus malus
erforderli, wie es vft h., auch sciens, f. 3. 1. 2. 3. 4. D. b. t. Gulpofes
Majeflätsverbregen gab ed niht. II. Die Strafe der lex Jul. befland in
aquae et i. i., Paul. V, 29, 1. ac. Ann. III, 38. 50. 68. IV, 42.
III. Bon den prozeffunlifhen Beſtimmungen ift natürli$ wenig |
übrig geblieben, da fie durch das fpätere Ertraorbinarverfahren außer Ge⸗
braud gekommen waren. . Erlaubt war daß fogar famosi, Soldaten, servi
und Srauen als Ankläger gehört werden follten, 1.7. pr. 8.2.1.8. D. h. t.
Kiteratur der lex Julia: A. Contius, comm. ad D. et C. ad 1. J. mai,
Paris 1570. Spir. 1595. und in opp. p. 113—132. Watthäud, de crim.
p. 279—305. v. d. Ghießen, ad 1. Jul. 1716. v. Deventer, ad 1. J. mai.
1705. Died S. 90-—120. Weiske, Hochverrath, oft, und Zirkier, vom
Majeſtätsverbrechen S. 33—40. B
Maiestas der Kaiſerzeit. Die ganze Kaiſerzeit hindurch blieb lex
Julia, jedoch vielfach modificirt und erweitert, die Grundlage ber Beſtrafung
des Majeſtätsverbrechens. Die Verlegung der Perſon des Kaiſers galt nun
für ebenfo flrafbar als die des Staats, ja das erftere Verbrechen wurde für
ftrafbarer gehalten als das Tegtere, namentlich unier den tyranniſchen Kaiſern.
Ueberhaupt bing die Behandlung dieſes Verbrechens vielfad von der Ges
finnung der einzelnen Kaiſer ab welche bald firenger bald milder verführen,
und die von deſpotiſchen Kalfern auf Meinung ded Majeſtätaverbrechens
verübten Braufamfeiten dürfen nicht dem Geſetz angerechnet werden. Der
Begriff der mai. imm. (jet auch laesa, violata, pulsata, appelita gen.)
war noch immer nicht geſetzlich definirt, doch wurde verfelbe regelmäßig auf
auf den Kaifer bezogen, Paull. V, 29, 1. adversus imperatorem vel rem
publ., 1. 11. D. h. t. Iſidor. orig. V,26. 1. Die als mai. verpönten
Handlungen. A. Die Belimmungen ver lex Jul. Über proditio blieben
unverändert, nur ſchärften Gonftantin und Gonflantius bie Strafe derer welche
. "Malostas 1455
die Barbaren bei ihren Angriffen auf das söm. Reich unterflägten, bis zum
Feuertod, 1. 9. C. de re mil. (12, 36.). B. @benfo behielt. lex Jul in
Beziehung auf bie gegen bie Staatöverfaflung gerichteten Angriffe (insidiae
in rem publ., Tac. Ann. VI, 8.) volle Geltung, 3. B. gegen Complotte,
Verſchwoͤrungen, Aufruhr, welde Verbrechen fehr häufig vorfamen und meifteng
mit dem Schwert beftraft wurben, 1. 6. $. 9. D. iniust. supt. (28, 3.).
C. Anmaßung von Hoheitsrechten fomohl von Seiten der Magiftraten als
der Privaten wurde noch nach lex Jul. beurtheilt, doch traten noch Hinzu als
neue Mafeftätsverbrehen dad Prägen von Goldmünzen (dur Heliogabal),
Dio Caff. LXXIX, 4. und die Münzverbrechen überhaupt (durch Theodofius),
1. 9. C. Th. de falsa mon. (9, 21.) und das Errichten von Privatgefäng-
niffen (früßer als vis angefehen) felt Theodoſius, 1. un. C. Th. de priv.
carc. (9, 11.). 1. 1. C. eod. (9, 5.). D. Angriffe auf des Kaiſers Perfon,
1) Lebensnachſtellung (consilia caedis adversum imperatorem, ac. Ann.
VI, 8.) war fon durch lex Jul. verpönt, infofern man bie Beflimmung
durch welche lex Jul. das Leben der republ. Magiftraten geſichert Hatte, auf
den Monarchen übertrug, 1. 1. 6. 1. D. h. t. Arcad. und Honor. erflärten
in der bekannten 1. 5. C. h. t. daß au die Nadftelung gegen bie vor»
nehmſten Taiferliden Beamten als mai. anzujehen ſei. Auch derjenige melder
Zauberer und Wahrfager (f. S. 1419.) über dad Leben bed Kaiſers ober bed
kaiſerlichen Haufe befragte wurde als Majeſtätsverbrecher hingerichtet, Paull.
V. 21, 3. So fon ſeit Tiberius, Tac. Ann. I, 27 ff. IN, 22. XVI,
23. 30 ff. Spart. Sev. 15. Ammian. Marc. XVI, 8. Sozom. hist. ecel. .
VI, 35. 2) Infurien, Quinet. decl. 252. V, 10, 39. &) Pasquille und
Schmähſchriften beſtrafte fhon Auguft, ald mai, Tac. Ann. I, 72. Suet.
O0ct.55. b) Schmähreden wurden nie gefeglih zu der mai. imm. gerechnet,
die guten Kalfer beftraften fle nicht, wie tyrann. Kalfer wandten auf fie bie
Beflimmungen über Pasquille an (3. B. Tiber. bei Dio Eaff. LVII, 19.);
die Iepteren bat Paul. V, 29, 2. vor Augen, bie erfteren aber Modeſt.
1. 7. 6.3. D. h. t.. f. Theodoſ. Conſtit. 1. un. C. Th. si quis imp. (9, 4.).
+ un. C. eod.; c) allerlei Mefpectöwiorigkeiten, 3. B. ſymbol. Injurien in
Beziehung auf das Eaiferliche Bildniß (Einſchmelzen, Verkaufen, Beſchädigen
kaiferlicher Statuen), 1. 5. 6. 4. 6. 1.1.7.6. 4. D. h. t. Auf das Un
ſinnigſte verfuhren in biefer Beziehung Tiberius, Suet. Tib. 58. Tac. Ann.
I, 73. 74. Dio Caff: LVII, 8. 9. 24. Sen. de ben. II, 26., Domitien,
Dio Gaff. LXVII, 12., und Garacala, Dio Gafi. LXXVII, 16. Spart.
Carac. d. Berner war verpönt Meinein bei des Kaifers Namen (S. 655.),
fo von Tiberius, Tarc. Ann. I, 73. Dio Gafl. LVIE, 8. 9.; milder Severuß
Aleranber, 1. 2. C. de reb. cred. (4, 1.), 1.2. C. h. t., f. periurium;
Anmaßung von Faiferl. Ehren, 3. B. dad Tragen von Purpurkleidern (ho-
loverae) welche Auguft nur den Senatoren geftatter hatte, Dio Eaff. XLIX, 16.,
Nero aber und die andern Kaifer den Regenten vorbehielten, Suet. Net. 32.
Bor. Tac. 10. 1. 1. 2. 4. 5. C. de vest. holaver. (11, 8.), 1. 1. 2. 3.
C. Th. eod. (10, 21.); der Gebrauch von PBurpurtinte, Chryfoft. de stat.
ad pop. Ant, hom. 21. u. Leo's Eonft., 1. 6. C. de div. reser. (1, 23.),
dad Binfhreiben des Namens auf Öffentlihe Bauten von Seiten eines Statt«
balters, mit Weglaffung des kaiſerl. Namens, 1. 10. C. de op. publ. (8,
12.) u.f.w. IH. Die Strafen. Das Exil wurde zwar nod immer
auferlegt und zwar in feinen verſchiedenen Grabationen (Bo. III. ©. 364 f.),
f. oben bei lex Julia u. 1. 24..40..D. de poen. (48, 19.), allein viel haͤu⸗
figer mar vie Todesftrafe, ebenfalls in mehreren Abflufungen (Hinrichtung,
Bormwerfen ben Thieren, Lebendigverbrennen), Paull. V, 29, 1. Tac. Ann.
v1, 18 f. ©uet. Tib. 58 ff. Juſt. IV, 18,3. Gonfisfstion folgte regelmäßig,
Tac. Hist. I, 77. Ann. VJ, 29. Plin. pan. 42. Die Cafj. LVII, 16.,
1456 _ Minlostns’
und bei den höheren Graden dieſes Verbrechens au damnatio memoriae
(ignominia post mortem, @ntziehung des ehrlichen Begräbniſſes, Trauer-
verbot für die Sinterbliebenen, wie ſchon Tiberius gebot, Suet. Tib. 61.
ac. Ann. VI, 20., Ausftreichen des Namens in den Faſten und auf öffent»
lichen Infäriften u. A., f. Dio Eaff. LXXII,5. Tac. Ann. III, 17. Suet.
Dom. 23. u. A. Bol. Schrader ad Inst. IV, 18, 3. u. Perduellio). Maje-
fätsanklagen Eonnten fogar nad dem Tod des Beſchuldigten fortgefeßt oder
erft erhoben werben, und e8 trat im Fall der Gondemnation Bonfiscarion
und memoriae damnatio ein, als wenn ter Angeklagte noch am Leben wäre.
So verorbnete M. Ant. Philof. dur den Tod des Drunfanius veranlaßt,
1. 7.8. C. h. t., 1. 11. D. h. t. Inst. IV, 18, 3. Die Strafe der Maje⸗
ftätsverbreher ging — wenigftens In den ſchwerſten Fällen, worüber allemal
die Kaiſer befimmten — auf deren Söhne und Töchter Über, was bei ben
andern Verbrechen nit geſchah, 1. 20. 26. D. poen. (48, 19.). Zum
erfienmal hatte Sulla diefe Maßregel gegen die Söhne der PBroferlbirten er»
griffen (f. Proscriptio) und Tiberius wandte fe wieder an als Seianus con»
demnirt worden war, Dio Eaff. LVIII. 4—16. Suet. Tib. 61. Tac. Ann.
V,6ff., ebenfo Nero, Suet. Ner. 86. u. a. graufame Kalfer. Geſeßtzlich
aber wurde die Strafausbehnung auf die "Kinder erfi durch Arcab. u. Honor.
1. 5. ©. h. t. ausgeſprochen; bie Söhne follten dauernde Bermögeneloftgfeit,
Verluſt ded Erbrechts und Infamie erleiden, die Töchter erhielten wenigflens
von dem möütterlihen Vermögen ven falcidiſchen Antheil, von dem väterlidhen
natürlich nichts. Abegg, Im Neuen Ardiv. des Crim.Rechts (1825.) VE.
S. 141-180. erklärt diefe Conſt. und führt die Gründe an welche nach ben
Anflten jener Zeit bie Strenge gegen die Kinder rechtfertigen konnten.
II. Prozeß. Schon Auguftus lieg vie meiften Majeſtäté verbrecher Ratt ber
bisherigen quaestio von bem Senat richten, worin bie andern Kaiſer folgten.
Dio Cafſ. LI, 23. 24. Suet. Oct. 47. Xac. Ann. I, 73. I, 22. 49 ff.
IV, 28 ff. 34 f. 66. 68 ff. V, 6 ff. ac. Amm. Marc. XXVIII, 1. Oft ride
teten die Kalfer ſelbſt, fpäter fogar regelmäßig, jedoch mit Zuziehung des
Gonftftorium, oder fie gaben dem praelectus urbi (Spart. Sev. 4.) oder
praef. praet. (Umm. Marc. XVI, 8. 3of. IV, 1.) den Auftrag dieſen oker
jenen Prozeß zu übernehmen. Die Antläger wurden durch Belohnungen an«
gelodt,-Xac. Ann. IV, 20. 80. Sclaven und Freigelaffene wurben aber
nit von allen Katfern als Anfläger zugelafien, Dio Caff. LXVIII, 1. Blin.
pan. 42. I. un. C. Th. ad. Jul. (9, 5.). Die Polterung ver Sclaven
dauerte fort, ja allmälig kam «8 ſogar auf: Freie zu foltern, und zwar nidt
blos als Angeklagte fondern auch als Zeugen, Suet. Tib. 58. Dio Gafl.
LX, 15. Amm. Mare. XIV, 5. XV, 3. XVI, 8. XVII, 3, XIX, 12. or.
Baull. V, 29, 2. 8.8. X. Wafſſerſchleben, de quaest. per torm. ap. Rom.
Berol. (1837.). Geib, Seid. d. röm. Crim. Proʒ. ©. 617. Quellen ver
mai. in ber Kaiferzeit |. oben ©. 1454. Literatur Über mai. überhaupt:
MN. H. Gundling, singul. ad leg. mai., Hal. 1720. Francof. 1737. 93. v.
Beufer,. de erim. mai., Franeq. 1729. und in Delrichs thes. nov. diss. II.
p. 75-197. C. G. Sadbold, de leg. mai. pop. Rom. ante leg. Jul.,
Lips. 1786. und in f. opusc. ed. Wenck I. p. 53—146. H. C. €. Grün«
buſch, de crim. perd. et mai., ‚Cell. 1802. 9. W. E. Henke, de vera crim.
laesae mai. ind., Helmst. 1806. 3. C. F. v. Riemsdyk, de crim. laes.
mai., Ulrai. 1807. Ricklefs, über eine Stelle des Tacit., Oldenb. 1821.
G. F. Died, d. röm. Majeſtätsverbrechen, in f. hiſt. Verf. üb. d. Criminalr.
d. Möm., Leipz. 1822. v. Heiden, de varia maiest. signif., Groning. 1834.
3. 3. Brugman®, de perduell. ac mai. crim. ap. Rom., Amstel. 1935.
3. Wetste, Hochverrath u. Majeſt. Leipz. 1836. 3. 9. Hiller, d. gemein-
rechtl. Lehre v. Majeſt. u. Hochveirath, Stuttg. 1836. 9. @. Dirffen, die
Mewaxeng — Meiorlanus 1457
scriptores hist. Aug., Leipz. 1842. Dazu bie Lehrbb. d. Crim. Rechts von
Wächter, Heffter, Abegg, Roßhirt, Feuerbach, von Mittermater, und Hein,
Röm. Crim. Recht ©. 504—597., wo au bie fehr zahlreichen Majeflätä-
Anklagen einzeln aufgezählt find. [R.]
Maıuaxıng, der Stürmiihe, Tobende, Beiname bes attifchen Zeus
welchem zu Ehren bie Maemakterien gefelert wurden, f. oben ©. 598. 599.
und Blut. de cohib. ira 9. extr. .T.
Maior, aus Arabien, ein griechiſcher Sophiſt welcher ein Werk rhetori⸗
fen Inhalts in breischn Büchern nzeoi oraosor ſchrieb, Suid. s. v. Gr
war ein Zeitgenoffe des Apfines (f. Bb. I. S. 648.) und Nilagoras und
lebte unter dem Kaifer Philipp; vgl. Weſtermann Geſch. d. Griech. Bered⸗
ſamkeit F. 96. Note 17. Rhett. Gr. T. IV. p. 304. 324. [B.
Meiorianus (Flavius Julius, f. Raſche IH, 1. p. 130 f.) oder Maie-
zimws (jo Procop und Theophanes), benannt nach feinem möütterlihen Groß⸗
vater (unter Theoboflus Magn.), von feinem Bater, einem Zinanzbeamten
in Gallien und Freunde des Aetius, zum Waffenhandwerk beflimmt. Er ſchloß
fi an Aetius an und zeichnete fi fo fehr aus daß die Gemahlin des Aet.
auf feine Entfernung drang. Grft nad deſſen Top wurbe er wieder befördert.
Als Ricimer am 16. Det. 456 den Avitus (f. Vd. I. ©. 1009.) abgeletzt
hatte und nım Italien unter dem Zitel eines Patriciers beberrfchte, wurde
M. von ihm mit dem Oberbefehl über das Heer beauftragt und fchlug einen
Haufen Alemannen welder über die Alpen eingedrungen war. Endplich
willigte er in dep allgemeinen Wunſch der Nömer (vgl. Sidon. Paneg. 386.)
und übernabm zu Ravenna die Kaiſerwürde. Sein Antrittöfreiben und
Programm ſ. Novell. Maior. 3. (im ‘Anhang zum Cod. Theod.), batirt Id.
Jan. 458. Theophan. p. 183. (Bonn) bezeichnet ihn als arno Yoernonc xai
noAduor äumerpoe, Procop. Vand. I, 7. als Evunarzas rovg nonore 'Po-
uaiay Beßamievaorag Urepaipwr apsız ran und eribeilt ihm ibid. das
hoͤchſte Lob eines abfoluten Herrſchers, daß er nämlich geweſen ſei are za
ner eis Zovg vnnuòhove usTpos, Yoßepos db 1a ds Toug noAswiovg. es
was wir von den Regierungshandlungen M.'s wiſſen iſt nur ein Commentar
zu dieſem Urtheil. 1) Seine Regierungsthätigkeit nach innen. a) Sor
für das materielle Wohl des Volks. Dur Nov. 4. erließ er ſämmtliche
Steuerrũckttände und befelligte damit die Beranlaflung zu tauſend Qudlereien ;
für die Zukunft orbnete er den Gteuereinzug mit der größten Sumanität
indem tr damit ausſchließlich die Localbehörden beauftragte, ihnen Schonung
empfahl und nur gegen Widerfpänfige Strenge zur Pflicht machte. b) Hebung
der beruntergefommenen Städte, zu welchem Behufe er theils durch Nov. 5.
das heilfame Inſtitut der Defenforen (f. Br. II. S. 889.) wiederherſtellte,
ıheild durch Nov. 1. die Rückkehr der Mitglieder von Dlunicipalcorporationen
(curiales) in ihre betreffenden Städte befahl. Auch gehört hicher die zunachſt
aus ethiſchen Beweggründen Hervorgegangene Berorbnung wonach Niemand
zum @intritt in den geiſtlichen Stand folle gezwungen werden bürfen (Nov. 2.)
und das Geſetz (Nov. 8.), das Mädchen niht vor dem vierzigften Jahre den
Schleier nehmen, kinderloſe Witwen unter 40 Jahren innerhalb 5 Jahren
‚bei Geldſtrafe ſich wienervermählen follen; zuglei traf er mehrere Beſtim⸗
mungen zu Gunſten der Erbfolge ber Kinder, bei. ver Söhne. c) Höhere
Polizei... In Bezug auf den Chebruch ſetzte er durch Nov. 9. wieber ſchaͤrfere
Sirafen fefl und dem Vandalismus der Mömer welde für ihre Eleinen Neu⸗
bauten ober Reparaturen dad Material von den glänzenden Dentmalen ber
Bergangenheit nahmen trat er durch das firenge Geſet (Nov. 6.) entgegen,
wonach höhere Beamte welche zu foldem Verfahren Erlaubniß geben um
50 Pin. Bold, Gubalternen aber weldhe ſolchen Befehlen nicht widerſprechen
und fie ausführen "helfen mit Prägeln und ſogar Händeabhauen beſtraft
Bauly, Real⸗Euchelop. IV. 92
x
1458 ‘. Mails — Mällma
werben follen. 2) M.'s Megierungsthätigkeit nah außen. "Die fortmäß-
senden @infälle der Vandaler in Italien forberten Rache; zwar wurben fie
bei einer ſolchen Gelegenheit in Unteritalien gründlich geſchlagen (Sivon.
paneg. Mai. v. 385—440.), aber es galt fie in ihrem Sande aufzuſuchen
und den Berfu zu machen ob man Afrika nicht ihren Händen entreißen und
wieder dem röm. Heiche einverleiben fönne. Da die demoralifirten Italiener feloft
zum Kriege nicht zu gebrauchen waren, ſo ſah ſich M. genöthigt unter ben
‚fremden Nationen zu werben. In den Ebenen Liguriens fammelten fie ſich
zu Taufenden und mitten im Winter zogen file, den Kaifer an ihrer Spige,
über die Alpen (Sidon. 1. 1. 470—552.), nahmen Lugdunum und beflegten
Theodorich, mit melden M. dann ein Bundniß ſchloß. Dur Gewalt umb
Ueberredung bewirkte M. die Bereinigung bes größten Thelld von Spanien
und Gallien (Prisc. Excerpt. Legat. p. 42.) und fammelte unter feinem
Banner die Völkerfchaften des Landes. Aber vor Allem beburfte er gegen
die Bandaler eine Flotte; er fhuf fle in Fürzefter Zeit und 300 große Ga⸗
leeren fammelte er im Hafen von Garthagena (Prisc. 1.1.) Nach Brocop's
(1. 1.) romanhafter Erzählung war er zuvor, fein blondes Haar ſchwarzge⸗
färbt, als fein eigener Geſandter nah Afrika gegangen um bie Streitkräfte
Benferih8 und die Stimmung des Landes Tennen zu lernen. Genſ., der die
Berweihlihung feiner Vandaler und die Abneigung der Landedeingebormen
gegen fie kannte, ſuchte den Frieden, M. verweigerte ihn aber. Da überfil
Genſ., von geheimen Nachrichten aus dem Heer bed M. ſelbſt (vgl. Idatius
Vandales per proditores admoniti) geleitet, die unbewachte. Flotte in ber Bai
von Garthagena und vernichtete fie zum größten Theile. Unmittelbar barauf
erneuerte Genf. feine Friebeneanträge; M. ging vorläufig darauf ein und
kehrte auf demfelben Wege nah Italien zurück. Aber mit bem Unglüd von
Garth. mar der Nimbus ums Haupt des M. zerflört; die durch feine Res
formen in ihren Sewaltthätigkeiten gehemmten Beamten haften ihn, und Ris
simer, eiferfüchtig auf M.'s Ruhm und Selbfllänbigkeit, hetzte die fremden
Truppen gegen ibn auf. So brach im Lager bei Tortona ein Aufftand aus,
dur welchen M. genöthigt wurde auf den Thron zu verzichten und fünf Tage
nachher farb er, angeblid an der Nuhr (Procop. 1. I. Theoph. p. 183.
wogegen ber Zeitgenofle Idatius gerade aus fagt: Maiorianum de Gallis
Romam redeuntem et Romano imperio res necessarias ordinantem Richimer |
livore percitus et invidorum (ober Svevorum) consilio fultus fraude inter-
fieit circumventum), 7. Aug. 461. Bgl. Gibbon Geſch. des Verf. über.
von Sporſchil S. 1181—1189. Säloffer, Untverfalgifior. Ueberſ IH, 3.
©. 250—252. und zur Sittengeſchichte der Zeit ib. ©. 402ff. [W.T.)
Mais (Mais, Near). p. 24. Arrian Per. mar. Erythr.), Fluß in India
intra Gangem, münbenb in ben Sinus Barygazenuß, j. Mahi oder Mybie. [ F.]
Mätüms (oder Maiumas), ein Feſt über welches Suidas s. v. angibt:
Maiovuag navıyvoıs äykrero &r ıj Poup xara or Maior usa; bie vor-
nehmflen Römer feien dabei nad Dflia gezogen und haben einander neckend ins
Meer geworfen. Ebenſo eine Bafllitengloffe: Masovuis soprn Ereisiro er
Poun, und: eneröleoar oi 'Pouaios Maiov unvög eis aus rs Maiag. Daf
in Rom (ober Oſtia) wirfli ein Feſt biefer Art gefeiert wurde wird burd
manderlei Andeutungen beflätigt, ſ. Gic. Fin. V, 24. (Tiberina discursio). p.
Coel 11. Symmad. VII, 23. Aufon. fer. Rom. 1. (Apollineos Tiberina
per ostia ludos). Aethicus Cosmogr. p. 716. (an Gronov's Mela): Tiberis
insulam facit inter portum Urbis et Ostiam civitatem ubi populus rom.
cum Urbis praefecto vel consule Castorum (Castoriorum?) celebrandorum
caussa egreditur solemnitate iucunda. Bgl. die Inſchrift bei Gruter p. 99, 2.:
litoribus nostris qvoniam certamina laetum exhibuisse iuvat, Castor vene-
randeqvo Pollux, munere pro tanto faciem cerlaminis huius — locavi
— — —— wi: ——
—
XEEXECEEEC Br,
urbanis Tatius gaudens me fascibus auctam Neptanoqre patri Tudos fecisse
Sabinos. Daß inbeffen viefes Feſt Maiuma geheißen habe wird von keinent
Schriftſteler fonft angegeben und iſt wegen ber frembartigen Bildung des
Namend uberaus unwahrſcheinlich. Vielmehr ſcheint Suidas und der Bloflator
biefe ludi Tiberini wegen ihrer Uehnlicgkeit mit einem ſyriſchen Feſte des
Namens verwechfelt zu baben und von bier aus auf feine Ableitung des
Wortes und auf die Datirung in den Mai geführt worden zu feyn. In
Syrien wurde nemlich alljährlich im Auguſt (vgl. Julian. Misop. p. 361.)
ein Feſt diefed Namens * gefeiert, nach Theodoret III, 10. fieben Tage lang,
nad Liban. contra Timocrat, rerrs 7 ai mAsiovs Tueons (vgl. Pallab.
Dial. c. 15.), wobei Zügelloflgfeiten der ausfhweifennfen Art begangen
wurden (underog aneysodeı rar aioyoov, Liban. mepi deouarar $. 10. 77
10 MAYER TPON09 AOYNUOTEII &0pTı9 aysır, id. nepi ayyapawr $.7.), wohin
wohl namentlich auch die bamit verbundenen Eoflipieligen Gelage gehörten
(Julian. Misop. p. 362. D.: 14 deinva ou Mawvua). Aus Daphne,
der Vorſtadt von Antiochia, werden fie vornemlih erwähnt; voch feheint das
Feſt auch außer Syrien gefeiert worben zu feyn (vgl. Theophan. Chronogr.
aus dem brüten Jahr des Leo Kopronymos). Wegen feines ausſchweifenden
Charakters wurde es von Bonftantius verboten (vgl. Liban. 11. 11.), was
Julian wieder aufgehoben zu haben ſcheint, worauf Theoboflus es von Neuem
verbot, Arcadius aber im I. 396 wieder erlaubte ita tamen ut servetur
honestas et verecundia (Cod. Theod. XV, 6, 1.), jedoch da biefe Bebingung
nicht erfüllt wurde im 3. 399 von Neuem verbot (ib. 2.: illud qvod sibi
nomen procax licenlia vindicavit Maiumam, foedum atqve indecorum spec-
taculum denegamus). Bgl. ned Paul. Diac. XXIII. Gothofred zum Cod.
Theodos. T. V. p. 405-408. Rivinus de Maiumis et Roncaliis In Grav. Synt.
diss. p. 596 ff. Lobeck Aglaoph. p. 1023 f. [W.T.]
Malus, ſ. Maia.
Malin (Main), nach Scylar p. 32. eine bedeutende Stadt in Colchis,
180 Stad. von der Küfle, der Geburtsort der Meben, als welchen Andere Aea
und Cytara nennen. [F.]
Malacn (NeAaxe), bedeutende Stadt an der Küfte von Hiſpania Bä«
tica, 600 Stad. (nach dem It. Ant. p. 405. 79 Mil.) oͤſtlich von Calpe
(Strabo III, p. 140.) und weſtlich von Menaba (Mela II, 6, 7.), an
einem gleiönamigen Fluſſe (Avien. Or. mar. 426. vgl. Plin. II, 1, 3.
j. Guabalmedina), eine urbs foederata (Plin. 1. 1.)-und Iebhafter Handels⸗
platz mit großen Pöelanftalten (Strabo p. 156.). Strabo fagt hier daB
fie von Ginigen (vgl. Avien. Or. mar. 180. 426.) mit Maenaca verwechſelt
werde, was aber ſchon dadurch widerlegt werde daß bie Ueberreſte von Mä⸗
naca aufs Deutlichfte ven grich. Bauflil zeigten, Malaca dagegen in feiner
Bauart ganz phönizii fe. Uebrigens vgl. Strabo IH, p. 158. 161. 168.
Btol. 11, 4, 7. Step. By. p. 438. Hirt. B. Alex. 64. Geogr. Nav.
IV, 42. u. A. Ueber die zu Malaga noch vorhandenen Alterthümer vgl.
Zlore; Esp. Sagr. XII. p. 275. und Dillons Meife, Brief 11. u. 12. [Fl
Malachath (Maiaycd, Btol. IV, 6, 25.), Stadt der Maelano-@ätuli
im wefllihen Libya Interior in ber Nähe bes Niger. [F.]
Maläche, eine Lemnierin, Mutter des Leucophaned vom Argonauten
Cuphemus. Schol. Pind. Pyth. IV, 455. [Kern.] |
Mahncue, ſchrieb unter dem Titel Zugrior Lgog eine Art von Chronik
von Siphnos, Athen. VI, p. 267. A. vgl. Euftat. zu I. XVII, p. 1093.
® Der Name bedeutet Waſſer des Meeres, Ca" °, Mai-jäm, woraus Mai-jöm
und im griech. Mai-jüm, mit dem aram. Artikel vieleicht fchon mai-jüma =
mäjäma. Bemerkensſswerth if daB ber alte Hafen und bie Hafenſtadt von Gaza
gleihfals Majuma bief, ©, Gaza, Wh. II. ©, 658. 0.4.
1460 | Malave — Malche Emula-
Keinekus will jedoch Kieber an ben von Strabo (XIV, p. 685. 668.) ge⸗
nannten Apollonius, welcher den Beinamen 6 Maranos führte (i. Bp. 1.
©. 628.) denken. Bol. Weſtermann zu G. 3. Voß De hist. Graec. p. 464.
und über Malacus als Beiname auch Weichert Poett. Latt. Reliqq. p. 432 f. [B.]
: Mlalsea, 1) (MaAuie opog, Ptol. VII, 4, 8. vulgo Meise), Ge-
Birge im Süden der Inſel Taprobane (Geylon), auf weldem die Flüfſſe
Soanus, Azanus und Baraces entfpringen; der heut. Adams⸗Pick, der aber
bei den @ingebornen noch immer Adam Malle (Davy Account of the Inte-
rior of Ceylon, Lond. 1821. 4. p. 346. 455.) over Ha-Matel (Knox Re-
lation of. the Island of Ceylon, Lond. 1817. 4. P. I. ch. 1. p. 6.) beißt,
va Mala im Sanskrit die allgemeine Bezeichnung eines Berges if. Bal.
Ritters Erdkunde VI. S. 22 f. und v. Humboldts Krit. Unterf. I. ©. 60. —
2) eine kleine Stadt im Sübden von Arcadien (Pauſ. VII, 27, 3.), in ver Rähe
bes heut. Leondari. Vgl. Leate Morea II. p. 322. u. Boblaye Rech. p. 170. [F.]
Malaei Colen (MoAciov oder nach anderer Lesart MaAsov xaAor
anpe, Ptol. VII, 2, 5.), Vorgeb. an der Süpfüfle der Aurea Chersonesus
in India extra Gangem, das fi ſchwer beflimmen läßt, da Ptol. ver Halb»
Infel eine ganz falfche Geſtalt und Richtung gibt; vielleicht zwiſchen ven
beut. Slüffen Tavoy und Paunlaun. [F.]
Malneta (Maeaie, Ptol. VI, 4, 70.), Oriſchaft bei ven Porsari
in India intra Gangem. [F.]
Malamantas (Malauarroc), nad Arrian Ind. c. 4. ein Nebenfluß
des Cophen (j. Kabul) im nordweſtlichſten Theile son India intra Gangem. [ F.]
- Maläna (MoAora, Arrian Ind. c. 25. Near. p. 10.), die weſt⸗
lichſte Stadt der Dritä an der Küfle von Gedrofien, beim heut. Vorgeb
Malan oder Moran. [F.] -
Malandära (It. Ant. p. 179. u. 214.), Ort in Gappabscien. |.)
Malanga (Melayya, Vtol. VII, 1, 92.), Haupiflabt der Arvarni in
India intra Gangem, vielleiht das heut. Madrad. [F.]
Malso (MeAco, Ptol. IV, 7, 10. [nah anderer Lebart Maisws]
und Arrian Peripl. mar. Erythr. p. 6.), ein fehr lebhafter Hafen- und
Sandelsplag am Sinus Avalites und oberhalb des Geb. Elephas an ver
Nordoſtküſte von Aethiopien (etwa das heut. Berbera, ver Haupthanbelsylap
der Somaulid?). [F.]
Malne, der Stamnivater einer alten auf Chios blühenden Bilphauer-
familie; fein Sohn mar Miociades, fein Enfel Anthermus (ſ. Bb.1. ©. 517.),
feine Urentel Bupalus (f. Bd. I. S. 1196.) und Athenis, Plin. H. N.
XXXVI, 5. Da nun Antbermus um DI. 50 blühte fo Tann fein Großvater
um DI. 35 gefeßt werben. [W.]
Malata , nad einer zu Peterwarbein gefundenen Infchrift (in Marsilii
Danubius T. II. p. 118. Tab. 47.) ein Ort in Pannonia Inferior am Da
nubius, das Milata ber Tab. Peut., welches ebenfalls in vie Gegend des
heut. Peterwardein fällt. -Bgl. Mannert II. ©. 670. [F.]
Malatha (MaAad«, Joſeph. Ant. XVII, 6, 2. Guſeb. v. Aoucu⸗
dauer), ein Kaflel in Ipumäa oder im füblicäfen Striche von Iubda. [ F.]
Malceca (It. Ant. p. 417.), Ort in Lufltanien an ber Straße von
Oliſtpo nah Emerita. Weffeling Hält ihn für dad Malbiste des Geogr.
av. IV, 34. [F.]
Malchie Phileros, Ciſeleur (argentarius), wirb anf einer lateini⸗
fen Inſchrift des Palaftes Mattel genannt, Monum. Mattel. T. IH. p. 122.
R. Rochette Lettre à M. Schorn p. 348. 2te Ausg. [W.]
Malchabil, f. Marchubii.
Malchu Insula (Plin. VI, 29, 34. MeaAyov vjooe, Arrian. Per. mar.
Erythr.), Infel des arab. M.B. vor der Küfle von Aethlopien. [R.]
Maldksas — Maetöiiet 1461
Malchus, 1) carthag. Feloherr zwiſchen 600 —980. v. Ehr. Mmpfte
glüͤcklich gegen die Libyer, unterwarf auch einen Theil von Sicilien; nach⸗
dem er aber in Sardinien eine ſchwere Riederlage erlitten traf ihn und den
Reſt feines Heeres Verbannung. Seine und feiner Genoſſen Bitten um
Wiederaufnahme wurden nit berückſichtigt, deßhalb zog er vor Karthago
und erzwang fich die Aufnahme. Wie er während ber Belagerung ſeinen
Sohn Cartalo, dem er Verlegung kindlicher Pfligt vorwarf, nad feiner
Ankunft im Lager ergreifen und im priefterlihen Schmud and Kreuz beften
ließ, fo veruribeilte er auch nach feinem Einzug in die Stadt zehn Senatoren,
jeine bedeutendſten Beinde zum Tode. Mn der DBerfaflung änderte er vorerft
zwar Nichts, er wurde aber nicht Tange nachher des Strebend nad Allein⸗
herrſchaft beſchuldigt und hingerichtet, Juftin. XVII, 7. [K.)
2) aus Philadelphia in Syrin, nah Suidas (II. p. 498.) Sophift
aus Byzanz, wahrfch. weil er zu Byzanz Iebte und zwar als Chriſt (Photius
Bibl. Cod. LXXVIH.) au bier unter dem Namen Bulorzuaxe in fleben
Büchern eine Geſchichte ver Ereignifie von 474 bis 480 n. Chr. ſchrieb.
Suidas führt ein von Eonftantin bis Anaflaflus reichendes Geſchichtowerk an
in welchem er 3. DB. von dem Brand ver Öffentlichen Bibliothek zn Conſtan⸗
sinopel eine tragiſche Schilderung gegeben haben fol. Wir befigen nur noch
aus dem erfien Werke von weldem Photius einen kurzen Auszug mittheilt zwei
Ercerpte in der Bd. 11. ©. 615 f. genannten Sammlung und daraus auch adges
druckt Hinter dem Derippus ed. Niebuhr p. 231 ff. vgl. p. XXX. ©. Babric.
Bibl. Graec. VII. p. 540. ed. Harl. Ueber Malchus ſ. auch Porphyrius. [B.]
Maleitas nit Diogiton von den Thebanern nah dem Tode des Des
lopidas als Heerführer gegen Alexander von Bherä autgefandt. Plut. Pelop.
35. Nah Paufan. IX, 13, 6. Hieß einer von ben Böotarchen melde mit
a für die Schlaht bei Leuctra flimmten (Bb. IM. ©. 150.)
algis. |K.
Malcöae (Ptol. IV, 6, 17.), Volt im Wellen von Libya Interior. [F.]
Male, 1) f. Mala. 2) Landſchaft an der Weſtküſte von India intra
Gangem die unter einem eigenen Könige fland und reich an Pfeffer war
(MeAs, Cosmas XI. p. 337. 839.), unftreitig die Heut. Küfte Malabar. [P.]
Walde, 1) f. Malaea. 2) (MaAsa, Xhuc. III, 4. 6. Zen. Hell. J,
6, 27. Blin. IX, 45, 69., bei Btol. V, 2, 29. durch Schreibfehler Marıx
exp), Vorgeb. an der Sübfpige der Infel Lesbos, dem Äolifchen Borgeb.
Cane gegenüber, 70 Stab. fünöftlih von Mitylene, j. Gay Maria. 3) (Ma-
‚ea, Herod. I, 82. Straße II, p. 108. VIII, p. 335. 369. MaAda, Scyl.
p. 17. Thuc. IV, 54. Gurip. Cycl. 292. Ptol. III, 16, 9. Apollod. II, 3.
Mela II, 3, 8. 7, 10. Birg. Aen. V, 193. Liv. XXXIV, 32. Plin. Ep.
V, 26. Plin. H.N. IV, 5, 8. 6, 10. u. f. w., bei Stepb. Byz. p. 439. au
Marsa), Vorgeb. im S.O. von Laconica, Hfllih von Nymphäum, bie
' Süboflfpige de ‘Beloponnes welhe den Sinus Laconicus im O. fließt und
ben Anfang jur Weſtküſte des Sinus Argolicus bildet. Sie mar wegen
der ſich bier begegnenden entgegengefeßten Winde fehwer zu umſchiffen und
au der Seeräuber wegen gefürchtet (Gtrabo p. 378. Polyb. V, 95, 4.
101, 1.). Mehrere Diftanzgen zwiſchen Malen und andern Punkten f. bei
Strabo p. 25. 105. 363. 364. 369. 389. 475. Nebrigens enthielt fie nad
Bauf. MI, 23, 1. einen Hain, einen See, Namens Nvᷣußœcor, und zahlreiche
Bewohner. * Jetzt Cap St. Angelo oder eigentlich Malio di &t. Angelo.
Bel. Leake North. Greece III. p. 76. [F.}
Malefici, f. Magici S. 1418.
* Apollo hatte von daher den Beinamen Maleätes unter welchem er auf dem Berge
| Kynortion (Pauf. II, 27. extr.) und zu Sparta verehrt wurde (ib. III, 12, 7.).
Ebenſo hieß Zeus von da Maisaios, Stepyh. Bys. v. Malle, LW. T.]
1462. Melnlas — Malle gans
Minleias, eigmili . Joannes von Antiochien (f. Bo. IV. &. 222.),
da Malelas, unter weldem Namen ex gewöhnlich benannt wird, im Syriſchen
ſoviel als Rhetor, Sophiſt bezeichnen foll, ift Verfaſſer einer Chronik welde
von Erſchaffung des Menſchen bis auf 566 n. Chr. reiht, aber nur zum
Theil noch erhalten ift, bier aber gerade für uns neben manchem Babelhaften
auch ſchätzbare und werthvolle Nachrichten für die Ehronologie der älteren
griechiſchen Zeit auß guten Quellen, namentlid aus Julius Aftikanus (If.
oben ©. 501.) enthält. Einen Aborud gab zuerfl Humphr. Hodius. zu Oxford
1691. 8., und daraus in ber venetianifhen Sammlung der Byzantiner
(1733. fol.) fo wie in einem berichtigteren Texte von 2. Dindorf, Leipz. 1831.
8. Vol. Fabric. Bibi. Graec. VII. p. 446 f. ed. Harl. [B.]
Malöne (MeAnrn), Stadt Muflens, blos bei Herod. VI, 29. [F.]
Maleo (MuAsw axpor, Ptol. VII, 1, 4. bei Nobbe, vulgo Bakaor
und Madaıor), Borgeb. der Landſchaft Larice an der Weſtküſte von India
intra Gangem (j. Gap Dihiga?). [F.]
Maleos, j. Malao.'
Maleventam, f. Beneventum.
Maldöns, 1) Maisos, ©, des Heracled und der Omphale, Erfinder
der Trompete, Schol. zu Som. Il. XVII, 219. Stat. Theb. IV, 224. [WT.)
- 2) MaAeog, eine der ebudiſchen (jetzt hebridiſchen) Infeln ( EBovdu
5004) vor dem nörblichften Theile der Weſtküſte Britanniend (Ptol. I, 2,
11.), no 4. Mul oder Mull. 8) Ein Gebirg im fünliäfien Theile von
India intra Gangem und zwar entweber bei den Dreten (Plin. II, 73, 75.)
ober bei den Suari (id. VI, 19, 22.), bei welchem im Sommer der Schatten
gegen S., im Winter aber gegen N. fiel; vieleiht das heut. Ghats⸗Geb.
(Bol. oben S. 1460. den Art. Malaea.). 4) Maleus Sinus ($lor. III,
6. vgl. Ovid Am. Il, 11, 20.), Golf am Vorgeb. Malea (ſ. d.). [E.\
Malıs (Mei, Appian. Hisp. c. 77.), Stadt in Hiſpania Tarrac.,
in der Gegend von Numantia, alfo im Gebiete der Arenack, nah Reichard
das heut. Malen. [F.]
Maliacus Sinus (MoAaxos xoAnos, Aeſch. Pers. 485. Scyl. p.
24. ihuc. VII, 8. Gtrabo VII. p. 330. IX. p. 426. 430. 432. Biol.
iu, 13, 7. Scymn. v. 601. Pauſ. X, 21, 1. Mela II, 3, 6. Blin. TV,
7, 12. Liv. XXXII, 4, 32. 36. XXXV, 13. XXXVI, 11. 20. u. f. w. bei
Bolgb. IX, 41, 11. XVII, 1, 1. u. XX, 10, 16. MeadAssvs xoAnoc u. bei
Scyl. p. 24. Mnievs, nad Sterb. Byz. p. 439. au Meaisarns, im St.
Ant. p. 926. Maliacum Mare), ein fihmaler gegen nn. geireter Meer⸗
buſen zwiſchen ben Städten Echinus u. Thronium an der Küſte Theſſaliens,
der Nordweſtſpihe der Inſel Eubön. gegenüber, bei ben Thermophlen, der
feinen Namen nach ven Umwohnern, ben Malienses (Maiısic) führte, bit.
weilen aber auch nad) der in feiner Nähe gelegenen Stabt Lamia Lamiacus
(Aamerog noAros, Pauf. I, 4, 3. VIE, 15, 2. X, 1, 1.) genannt wurde und
na Pauf. I, 4, 3. ſehr feicht und ſchlammig war (j. M.B. v. Beitun). [F.]
Maliädes (MaAıades vuugaı), 1) die Nympben der Malier am
Spercheios, Soph. Phil. 725. 2) Dor. flatt Mnisndss (au Mnisses.
Emumndideg), entweder Nymphen der Heerden ober der Fruchtbaͤume, Bald.
zu Iheofr. I, 22. Guftath. p. 1963, 40. [W.T.]
Malis gems, zwar von den Gchriftfiellern nie erwähnt, doch findet
fly Malii in der freilich nicht ſtets kritiſchen Infhriftenfammlung von Reineflus
p. 594. a. E., p. 721. 790., au eine von Edhel, D. N. V. p. 249.
angeführte Münze läßt fi wohl nicht anders Iefen als: Malius, unb in ven
Handſchrr. unferer Schrififteller (ganz bei. der griechiſchen) Fommt zuweilen
bie Bar. Malius (für Mallius, Manlius und wohl auf Manilius) vor. Da
die griechiſchen Schriftſteller zwiſchen Mallii, Manlii und Manilü faft nie ge
.
Maliarpha — Mailia gens - 1468
hörig unterſcheiden (vgl. Mallii), fo IR auch nicht wahrſcheinlich daß fir con⸗
ſequent da wo bie Lateiner Manlii hatten, MaAAıoı ſchrieben, und -Madıos
da wo bie 2ateiner Mallii hatten. [ Br.]
Maliarpha (MeAaoga, Ptol. VII, 1, 14., wo jedoch Nobbe mit
Eratm. Marappa ebirt), eine bedeutende Handelsſtadt der Arvarni an der
Sübdoſtküſte von India intra Gangem; wahrſcheinlich die wundervole, ganz
aus dem Belfen Herausgehauene, jetzt aber veröbete nub zum Theil unter
Waſſer ftehende Stadt Mavallpuram bei Mallapur an ber Küfte Koromandel.
Bol. Heeren’8 Iveen 1, 2. S. 349 ff. Bohlen's Indien II. S. St ff. und
Ritter's Erbfunde VI. ©. 322. [F.
Maliatiha (Malıarda, Ptol. V, 17, 4.), Stadt in Arabia Beträn. [| F.]
Maliba (Maisfa, Ptol. VII, 1, 71.), Stadt der Adiſathri Im Innern
ron India intra Gangem. [F.]
Malichae (Meliyaı, Btol. VI, 7, 28.), Bolt im N. W. von Ara-
bia Felix. [F.]
Malichi Unsulae (MaA:iyov vno0ı, Btol. VI, 7, 44.), zwei Infeln
des Sinus Arabicus vor ber Süpfüfte von. Arabia Felle, nordweſtlich von
Muza. Die Eine derfelben ift nach Niebuhr das Heutige durch einen pi
Berg in bie Augen fallende Sokar: Vgl. Mannert VI, 1. ©. 38. [F.
Mallenses (Melıic, Serod. VE, 132. 196. Scyl. p. 24. 25.
Strabo IX. p. 416. 429. 442 5. Pauf. X, 8, 2.), Völkerſchaft Theſſaliend,
vermuthlich Dorifcher Abkunft, an dem nach ihr benannten Meerbufen (f. Malia-
cus Sinus), der Norbweftipige der Inſel Cuböa gegenüber, welche die Land⸗
fhaft Malis (MyAls yj, Herod. VII, 198. 201.) bewohnte und ſich in bie
eigentlichen Malienses und in die Trachinii theilte. Rah Steph. By. p.
439. hatte fie ihren Namen von einer fonft unbelannten Stadt MaAsvs, die
nad dem Malos, einem Sohne des Amphictyon benunnt war. Schlar-1. 1.
u. Diob. XVIII, 11. unterſcheiden zwiſchen Malienses u. Melienses (MnAısiz,
die auch bei Diod. XI, 3. u. XII, 77. Stepb. By:. p. 465. und fonft vor»
fommen), fo baß vie Melienfes als Bewohner des ganzen vom Sperdeus
durchfloſſenen Küftenfirihs um die Ihermopylen, Trachis, Heraclea her er»
feinen, die Malienfes aber nur ald ein Theil von ihnen um Echinus
und Zamia ber. Vol. Müller's Dorier I. S. 43. Klaufen zu Scyl. p. 294 F
und über die Befhaffenbeit der Landſchaft Leake North. Greece II. p. 20.
®. 2%. Krieg de Maliensibus diss. geogr. Sranff. a. M. 1833. 8. und
Forchhammer's Hellenila 1. ©. 6. [F.] |
Mallaba, Ptol. Vi, 7, 18., f. Leanitae ©. 835. [F.]
Malleölus, 1) feurigeds Wurfgeſchoß um auf einem Schiffe oder in
einer belagerten Stabt einen Brand anzufachen ; ausführlich befchrieben von Amm.
Marc. XXI, 4, 14. vgl. Beg. Mil. IV, 18. Vitr. X, 22. Feſt. s. v. Nom.
XVII, 27. Cic. Cat. I, 13. Liv. XLII, 64. Hirt. bell. alex. 14. und im
Allgemeinen Lipfius Poliorcet. V, 5. 2) Beiname der Publicii, f. d. [W.T.]
Malli (MoAAoi, Arrian. Anab. VI, 7, 8. 14. Strabo XV. p. 701.
Gurt. IX, A ff. Plin. VI, 17, 21.), eine Völkerſchaft im N.W. von India
intra Gangem an beiden Ufern des Hydraotes (j. Navi), eines öſtlichen Neben»
fluſſes des Indus, deren Hauptfladt wahrſch. das Heut. Multaun war, bie
Saupiftabt der gleichnamigen Provinz im Lande der Scheife. [F.]
Mallia gens, deren Griflenz freilich zweifelhaft iſt da ſich weder
auf einer Münze noch auf einer Injchrift (die zweifelhafte bei Orelll Mr.
3697 ausgenommen) der Name findet, wogegen er bei ben Schriftficlern
häufig iſt, bei den röm. jedoch ſtets mit der Variante Manlius ober Manilius,
während die griech. hierin um fo unzuverläßiger ſind je ſchwerer ſich das
nafal geſprochene Manlius für dae Ohr eines Nichtrömers von Malius untere
fchelden ließ. Wir nennen daher Hier nur Folgende:
1468 Zr Mallaen — Mallels
1) Mallius, trib. pl. 555. d. ©t. bei Plut. Flam. 2., offenbar der⸗
jelbe welcher bei Liv. XLII, 7. M’. Curius genannt wird.
2) L. Mallius, röm. Soldat 563 d. St. Hei Plut. Cato min. 13.
3) Bon den beiden Conſuln 649 d. St. heißt der eine P. Rutilius Rufus,
der andere wird in unfern Quellen höchſt verſchieden genannt: C., Cn., M.,.
Manilius, Manlius, Mallius (bei Jul. Obſeq. 102. führt er fogar den
Namen: Corn. Manilius. Nun wird er zwar in einer Inſchrift (Drelli 3697.)
Cn. Mallius genannt, da aber bie Aechtheit derfelben angefochten if (f. Dr.),
fo ift über den Namen keine fefte Entſcheidung möglich. Uebrigens finder
fih auf einer (freilich Golziſchen und daher gleichfalls unzuverläßigen) Münze
ale voller Name Cn. Manlius Cn. F. Maximus, ſ. Raſche Lex. rei num.
1, 1. p. 174, c. Cic. pr. Planc. 5, 12, bezeichnet ihn als iguobilem, sine
virtute, sine ingenio, vita contempta'ac sordida und fpricht daher wicber-
holt (f. p. Mur. 17, 36.) feine Verwunderung darüber aus daß er einem
Mitbewerber wie Q. Catulus vorgezogen worden fey. In feinem Gonfulat
wurbe er von ben Cimbern und Teutonen gänzlich gefhlagen und verlor zu-
gleich feine beiden Söhne (Drof. V, 16.), ein Ausgang an welchem nidt er,
fondern der Procoſ. DO: GServilius Cäpio ſchuldig war, Dio fr. 98. 99.
Liv. ep. 67. Im Allgemeinen vgl. auch no Sal. Jug. 114. Bal. Mar.
JI, 3, 2. Flor. IN, 3, 4. Tac. Germ. 37. Auf einen Proceß in welchem
diefer Ball zur Sprade kam deutet Cic. de Orat. II, 28, 125.
4) Mallius Chilo unter Kaifer Aurelian ſ. Vopisc. v. Aurel. 23. [Br.]
5) L. Mallius, ein xömifcher Maler aus unbeflimmter Zeit. Nah
Macrob. Sat. II, 2. machte ihm einfl Servilius Geminus über feine häßlichen
Göhne die Bemerfung: non similiter, Malli, fingis et pingis, worauf
Mallius erwiderte: in tenebris enim fingo, luce pingo. R. Rochente Letire a .
M. Schorn p. 348. 2te Ausg. fließt daraus daß er Portraitmaler war. [| W.]
Mailoea (Liv. XXXVI, 13.), ein feſter Platz in der theſſaliſchen Landſch
Perrhäbia (Hefttäotis), beim heut. Mologhuſta. Vgl. Leake North. Greoe. IV.
. 311. der den heut. Namen für eine Berunflaltung von Malloea
Hält. (Auf DO. Müllers Karte des nördl. Griechenlands zu weit nördlich.) I F.]
- Malles 1) (MaAdds), eine alte, der Sage nad ſchon zur Zeit ned
trojan. Kriegs von Mopfus u. Amphilochus gegründete (Strabe XIV. p.
675 f. Arrian. II, 3.) Stadt in Gilicien auf einem Hügel (Strabe 1. 1.),
etwas öftlih von der Mündung des Pyramus. Nah Scyler p. 40. mußte
man den Fluß Hhinauffahren um nah Mallus zu gelangen, und Mela I,
13, 1. ſeg Pyramus Mallum praeterfluit, Ptol. V, 8, 4. aber entfernt fie
färfHlih über 2 M. von dem Fluſſe. Vgl. Tzſchucke zum Mela Vol. II.
P. I. p. 405. @ail. ad Stadiasm. p. 545. u. Wannert VI, 2. ©. 39 f.
Ste war nicht unbedeutend, aber durch Feine Merkwürdigkeiten ausgezeichnet.
Als Hafen diente ihre ber Flecken Magarsa (ſ. d.), doch ſcheint fie ſpäter
auch einen eignen Hafen Namens Portus Palorum gehabt zu haben (Geo.
Nub. p. 195. u. Sanut. Secret. fidel. II, 4, 26. Bal. Mannert a. a. DO.)
Mebrigend vgl. au Eallim. fr. 15. Appian. Mithr. 96. Dion. Ber. 873.
Btel. VII, 17, 44. Plin. V, 27, 22. Gurt. III, 7. Stadiasm. $. 151. 152.
u. f. w. Leber die wahrſch. Lage von Mallus auf einer Höhe am öſtlichen
Ufer des Bihun unweit feiner Mündung vgl. Leake Asia minor p. 215 f. —
2) eine Stabt Aeihiopiend unweit Meroö (Bion bei Plin. VI, 29, 35.) —
3) Gebirge der Mali (f. d.) in India intra Gangem, Plin. VI, 17, 21. [F.]
Malodas, nad Avien. Or. mar. v. 535. ein Berg mit zwei Gipfeln
bei den Indigeten. [F.]
Maldsis (MaAoeız), Beiname unter melden Apolle in Müylene auf
einer Ebene vor der Stadt ein Heiligthum Hatte wo ihm ein Ze gefelen
wurde, Thucyd. III, 3. Steph. Byz. 5. v. (wo die Lesart MaAdosı; zu bes
Malsetas — Mamertiam 1465
richtigen iR) Teitet nad Gellanikos Vorgang den Namen von Melos (ddl.
Malos), dem S. der Manto ab. Nriftot. de vent. fagt von dem Winde
| Gäcia: EvoyAsi Toy Mirvinraiwor Auudra, uadıora 68 709 MaAoerra (Asse),
i fo daß Gott und Hafen dem Nämlichen ihren Namen zu verdanken ſcheinen.
| Bol. Plehn Lesb. p. 16. 116. [W.T.]
!
Maloetas (Maloirac, Pauſan. vñi, 36, 1.), ein Flüßchen Arcadiens,
an weldem Orchomenus bie Stadt Methydrium (f. d.) gegründet hatte. [F.]
Malta (It. Ant. p. 518.), f. Melita.
Malthace (Plin. IV, 12, 19.), eine Eleine Infel des ioniſchen Meeres
füblih von Coreyra. [F.]
Maltecorae (Plin. VI, 20, 23.), Völkerſchaft in den nörblichen
Gebirgsgegenden von India intra Gangem. [[F.]
Malthura, ſ. Mareura.
Malva, 1) ein Kraut welches Plin. H. N. XX, 21, 84. (vgl. Athen.
H. c. 52.) beſchreibt und welches als ein laxans betrachtet wurde (Martial
X, 48, 7. vgl. ic. ad Fam. VIE, 26, 2.). Die Pythagoräer hielten es
heilig, genoffen e8 daher nit (Jamblich. Pyth. 109.) und riefen es fogar
an (Lucian. ver. hist. II, 28.). Malvenfaamen diente auch als Amulet,
Plin. 1.1. — 2) f. Mulucha. [W.T.] '
Maluginensis, f. Cornelia gens, ®b. II. ©. 650. Beilage.
Malam;, 1) f. Marium. — 2) f. Poma.
Melus, Sohn des Amphiktyon oder des Böoters Amyrus von welchem
die Stadt Malieus benannt ſeyn follte, Steph. Byz. s. v. MaAısvs. [Kn.]
Mama (PBlin. VI, 29, 35.), Stabt im nördl. Aethiopien. [F.]
Mamäla (Manuela, Ptol. VI, 7, 5.), ein Bleden ver Gaffanitä
an der Weſtküſte von Arabia Felix. [F.]
Mamblia (Plin. VI, 29, 35.), Stadt im Norden Uetbiopiens. [F.]
Mamkbüta (Meußovra, Btol. V, 18, 11.), Stadt im nörbligen
Mefopotamien, an den Quellen des Saocorad. [F.]
Mameecehia (Meusyia, Ptol. V, 12, 5.), Stadt in Albanien am
Sl. Albanus. [F.] |
Mamercus, 1) ein Sohn des Mars und der Sylola, der Ehefrau
des Geytimius Marcellus. Mars gab diefer eine Lanze, an welde das
Lebensloos des Mamereus gebunden war und durch deren Berbrennung
fpäter die Mutter den Tod des Sohnes herbeiführte; der Myıhus ift folglich
Wiederholung des Mythus von Meleager, Plut. par. Gr. et Rom. 26. [Kn.]
2) Der Tyrann zu Gatana (f.. Timoleon), der auf feine Gedichte, bef.
jeine Tragödien fich viel einbilvete. Auf uns gekommen iſt nur ein Epigramm
von ihm, f. Blut. Timol. 31. — 3) Bon dem angebl. Sohn des Pytha⸗
gora® und Stammvater der gens Aemilia (f. Bd. I, S. 148.) kommt M.
au als Zuname in diefer gens vor, |. Bd. I. ©. 154, 3. Bemerkens⸗
werth iſt befonders der Neoner Mamercus Aemilius Scaurus (f. ®b.
1. S. 157.); fieben feiner Reden wurben nad feinem Tode in Zolge eines
Senatsbeihluffes verbrannt, f. Seneca Controv. V. Praef. p. 347., wo
feine Redeweiſe charakteriſirt wird, vgl. II, p. 104. u. Tac. Ann. VI, 29. [B.]
Mamers, Beiname des Mars in der offifhen Sprache, Feſt. s. v.
Varro ling. lat. IV, 10. [Kn.]
Mameresa, Beiname der Athene, vollſtändig Mamersa Laphria, Lycophr.
Alex. 1417. [Kn.]
Mamertinus, |. Bd. IH. ©. 429 f. Nr. 12.
Mamertium (Meausotor, Gtrabo VI. p. 261.), eine von einem
Haufen Samniter, den man unter dem Schuge bed Mamers (oder Mars)
auf guted Glück audfendete, In der Nähe des Silawaldes tum ge⸗
IV.
4466 ’ Mamertas — Mamilil
gründete Stabt deren Lage nicht genauer zu beflimmen if. Ginige Halten
fie für das heut. Oppido in Calabria Ulteriore, Andere für Martorano in
Calabria Eiteriore. Vgl. au den Urt. Messana. [F.]
Mamertus, Beiname des Are, vollftändig Mamertus Candaus oder
Candaeus, 2ycophr. Alex. 938. 1410. [Kn.]
Mamilit (alte Form Mamulii, manchmal no& in Handſchrr. vgl. Ar. 3.
Varro 1. 1. VII. p. 382. Spengel), ein (urfprünglich vielleicht tudculanifches,
fpäter) römiſches Geſchlecht defien Mitglieder fehr fchwer zu beflimmen find.
Da wo in unfern Quellen irgenpwo ein Mamilius genannt wirb fintet
fiH regelmäßig au die Var. Manilii und fehr oft au Manlii. Im Fol⸗
genben werben biejenigen Individuen aufgeführt die entweder gemöhnlidy zu
den Mamilii gezählt werben over doch waährſcheinlich zu ihnen gehören, vgl.
aber auch Manilii.
1) Octavius (mit der Variante Octavus, jedoch ift Octavius vorzus
ziehen, vgl. die Ausll. zu Liv. I, 49. u. Böttling, röm. Staattv. S. 24.
Anm. 13.). Mamilius Tusculanus, ein fehr angefehener Latiner, Schwie⸗
gerfohn (Dion. IV, 45. Liv. I, 49.) und Anhänger des Tarquinius Super-
bus, der in Tusculum (Liv. IH, 15.) wohnte und nad Tarquins Bertrei-
bung demfelben gegen Rom beifland (Liv. II, 19. 18. wo aber belli Sabini
für b. Latini gelefen werben muß, Cic. ad Attic. IX, 10, 3. Flor. I, 11, 1.
Dion. V, 21. 34. 35. 50. 51. 53. 61. 76.). Er leitete fein Geſchlecht ab
von Mamilia, der Tochter des Telegonus und Enkelin des Ulyſſes und ber
@irce (Be. v. Mamiliorum. Dion. IV, 45. Liv. I, 49.). Ueber feinen
Tod f. Nr. 2,
2) Octavius Mamilius Tusculanus, bed Borigen Gohn, nad)
Andern mit ihm identifch (Dion. VI, 4.), Fam in der Schlacht am regilliſchen
See, In der er Mitanführer der Latiner war (255. oder 258. d. ©t.), um
(Dion. VI, 4. 5. 11. 12. iv. IL, 19. Gic. de nat. deor. I, 2, 6. Bat.
Mar. I, 8, 1.).
3) L. Mamilius Tusculanus (iv. MI, 29.) fam 294 db. St.
‚als Diktator von Tusculum den Nömern mit einem Heere gegen Herdonius
u Hilfe (Liv. IN, 18. Dion. X, 16.) und erhielt 296 d. Gt. das römlicde
ürgerrecht (Liv. IT, 29.). Da Livius nicht fagt er fey unter die Patrizier aufs
enommen worden jo möchte man glauben daß er Plebejer ward, beſonders umter
Zeachtung von Nr. 8 u. 12 und ber (allerdings nicht ganz richtigen) An⸗
deutung bei Tac. Ann. XI, 25., daß die patriziſchen Bentes von 245 vd. ©ı.
bi8 auf Cäfar nicht vermehrt wurden. Daß die drei bisher genannten Indi⸗
viduen wirklich der Gens mamilia angehörten wird theils Durch Die Handſchrr
des Feſtus, Cicero, Florus 1. II. wahrſcheinlich, theils dur zwei Münzen
auf denen der Name C. Mamilius Limetanus ſteht und ein Mann abgebildei
it den man nicht unwahrſcheinlich für Ulyſſes hält, ſ. Echhel D. N. V. p.
242 f. Raſche lex. III, 1. p. 164 f
4) L. Mamilius Q. f. M. n. Vitulus wirb von den Neueren ala
Gonful 489 d. St. angeführt, jedoch beruht ver Vornamen auf einer gan;
unbegrünbeten, das Uebrige auf einer wahrfcheinligen Vermuthung. In ven
fasti anon. Nor. und sic. beißen nämlich die Coſſ. des I. 489. Maximus
und Vitulus, bei Zonar. VII, 7.: Q. Fabius und Aemilius, woraus fi als
Name des Zweiten ergäbe: Aemilius Vitulus. Weil aber bei deu Aemilii
der Beinamen Vituli nicht vorfommt während er fich bei den Mamilii findet,
weil Zon. VIII, 10. Aemilius flatt Mamilius gejegt bat und endlich ber eine
Gonful von 492 d. St. Q. Mamilius Q. f. M. n. Vitulus heißt (ij. Nr. 5.),
fo kann man annehmen, der fragliche Gonful von 489 d. St. fey ein Bıuder
jened Q. Mam. Q. f. M. n. Vit. gewefen.
5) Q. Mamilius Q. f. M. n. Vitulus, Gonf. 492. d. ©t. (Iasti
Maunmaon | 4467
capp., vgl. Gaffiob. anon. Nor. fasti sicc. h. a.) während des erften punifchen
Krieges; er belagerte und eroberte 492 d. St. gemeinfhaftlih mit feinem
Eollegen Agrigent (Polyb. I, 17—20. Son. VII, 10., der ihn fälſchlich Q.
Aemilius nennt.).
6) Q. Mamilius (Barr. Q. Manlius, C. Manlius, C. Manilius, M.
‘ Manilius), plebej. Aedil 546 d. St. (Liv. XXVII, 36.).
7) Bei Cic. in Verr. II, 50, 123. wird ein T. Manlius genannt ber
als Prätor aus ſiziliſchen Städten Coloniſten nach Agrigent führte. Er
kann den Umſtänden nach kaum ein anderer ſeyn als der Prätor 547 d. St.
der bei Liv. XXVII. 35. 36. 38. in den Handſchrr. unter verſchiedenen Namen
C., P., Manlius, Manilius, Mamilius) angeführt wird von denen C. Mami-
lius der richtigſte ſeyn möchte, vgl. Orelli onom v. T. Manlius. Vielleicht
it er derfelbe mit Nr. 8. u. 9. Ze
8) C. Mamilius Vitulus (fo ſcheint der Name zu beißen, f. d.
Varr. bei Liv. XLI, 21.) warb 545 d. Et. der erfte plebejiſche maximus
curio (Liv. XXVII, 8.); er flarb 580 d. St. (Liv. XLI, 21.)
9) C. Mamilius (Barr. C. Manilius, Cn. Manlius, T. Manlius) ging
351 d. St. als Geſandter nah Macedonien (Liv. XXX, 26.).
10) Q. Mamilius Turrinus (vgl. Über den Namen d. Ausll. zu
Ziv. XXVIIL,'10. u. unten Nr. 11.), plebei. Aedil 547. d. St. (Liv. 1.1);
als Prätor 548 d. St. wurde er gegen die Galler geſandt (Liv. 1. 1.).
11) C. Mamilius Q. f. Q. n. Turrinus, fo Heißt in den fast.
capp ber eine Eonf. von 515 d. St., was durch eine (freilih Golziſche)
Münze mit diefem Namen unterflüßt wird; au bei Gell. XVII, 21, 43. ift
C. Mamilius vorzuziehen.
12) C. Mamilius Limetanus (bie Handſchrr. Iefen auch Manilius
und Manlius, indeß iſt Mamilius der unter Nr. 3. angeführten Münzen wegen
vorzuziehen), als Volkstribun im I. 644 d. St. Urheber ber lex Mamilia
gegen Jugurthas Freunde, f. oben S. 985. Auch die lex mamilia finium re-
gundorum und die fog. lex mamilia de coloniis wirb Yon Einigen auf Ihn
‚zurückgeführt.
13) Mamilius Sura, ein Scäriftfieller (Blin. H. N. XVII, 42. u.
in dem Gchrififtellerverzeigniß zu 1. VII. X. XVII. XVIIE XIX. vieleicht
auch zu 1. XI). Ob er berfelbe ift ver bei Quiutil. VI, 3, 54. XI, 3,
126. Mallius Sura genannt wird iſt unflder, und no mehr ob er Dio
Caſſ. LXVII, 1. genannt ey.
14) Einige unbedeutende Individuen die wahrſcheinlich zu ben Mamilii
gehörten werden erwähnt: ‚@ic. in Verr. III, 78, 182; ferner Barro 1. 1.
VH. p. 382. Spengel; ferner Gel. IV, 14. (der bier genannte A. Hosti-
lius Mancinus iſt vieeiht der Gonful von 584 d. St.), endlich in ver«
ſchiedenen Infärifien bei Meinefius, Gruter u. U. [Br.]
Mammanea oder Mamaea, wad auf Münzen dad Gewöhnliche ift,
f. Raſche III, 1. p. 142—146. (Julia, f. Bd. IV. ©. 495, 65 ff.), Tochter
ber Mäfa, Gemahlin des Genefius Marcianus, Mutter des Alerander Severuß. _
Sie gab nah dem Tode ihres Mannes ihrem Sohn eine gute Erziehung
(2ampriv. Alex. Sev. 3. Herodian. V, 7.) u. befhügte ihn vor ben Nachſtel⸗
lungen und der Anſteckung durch feinen Vetter Heliogabalus (Hesoblan. V, 8.).
NIS er dann zur Negierung gelangte fo war fie fein Faktotum und beherrichte
ihn fo fehr daß fle fogar defien Gemahlin, obwohl er fie liebte, vom Hofe
vertrieb (ib. VI, 1.). Dieſes ſchmachvolle Verhaltniß trug weſentlich zum
Sturze des Aler. Sen. bei, |. Severus Alexander. Man hebt an ihr außer
ihrer Herrſchſucht auch ihre Geldgier hervor, ſ. Herod. VI, 1, 9. Aur. Bict.
epit. 24, 5. Daß fle Chriſtin war liegt in dem Hsooeßsorarn bed Eufeb.
H. E. VI, 21. vgl. Oroſ. VII, 18. Cedren., Bincent. von Lerin., Abulf.
l
1458 Mammids — Meaikmeockhmus >
w. A. Ihr Berftanb und ihre Moralität wird allgemein anerkannt, ſ. Euf.
1. 1. Sie ſtarb zugleich mit Ihrem Sohne, Herod. VI, 9. Auf den in ben
õoſtlichen Theilen des Reichs Häufig gefchlagenen Münzen heißt fle gewöhnlich
Julia Mamaea Aug. unb Mater Aug., f. Raſche 1.1. [W.T.]
Mammida (Mouuöde, Btol. VI, 4, 7.), Stadt in Perſis. [F.]
Mammisea, nad Plin. V, 23, 19., eine Tetrarchie in Cyrrheſtice
- (Syrien). Harbuin will dafür Minnizea geſchrieben wiffen, da das It. Ant.
p. 193. u. 194. eine Stadt Minniza in Gyrrheflice erwähnt. [F.]
Mammülsa, f. Cornelia gens Bd. II. ©. 698. A.
Mamortha, ſ. Neapolis u. Sichem.
Mampsäri (Mauwaoo:, Ptol. IV, 3, 26.), Völkerſchaft im Innern
von Africa propria unterhalb Byzacitis (Byzacium). LF.]
ampsärus (10 NMaunıaoor öpos, Ptol. IV, 3, 18.), Gebirge in
der Provinz Afrika an ber ſüdlichen Grenze von Byzacitis mit den Quellen
des Bagrada. [F.]
Mammucium, |. Mancunium.
Mamuda (Plin. VI, 29, 35.), Stadt im Norden Aethiopiens. [F.]
Mamüga (Mauoyya, Ptol. V, 15, 16.), Stadt der Landſch. Caſſiotis
in. Gölefyrten.. [ F.]
Mamuriss Veturius, der im Salierliede ale Verfertiger ber Ancilien
gefeiert wurde, war ein etrusciſcher Erzkünſtler der nach Propert. IV (V), 2,
61. das Erzbild des Dertumnus im tusciſchen Vicus verfertigte. Da aber
nah Varro bei Auguftin C. D. IV, 31. Rom in den erften hundert und
flebztg Jahren keine Götterbilder hatte fo Tann er nicht wie gewoͤhnlich ge⸗
ſchieht (Plut. Num. 13. Ovid Fast. II, 260. 389.) in Numa's Zeit geſetzt
werben," fondern In die Tarquiniſche, wo der Bilberbienfi in Rom auffanı.
Es wurde übrigens ſchon im Alterthum an ber Wirklichkeit feiner Perſon
gezweifelt, indem Andere feinen Namen für gleiihbebeutenb mit velus memo-
ria bielten, Varro L. L. VI, 45. Blut. a. a. DD.) Bel. O. Müller
Etruse. II. S. 252. R. Rochette Lettre aM. Schorn. p. 349. 2te Ausg. [W.]
Mamaurra, rom. Nitter aus Formiä in Gampanien ſtammend (Catull.
37, 3. Hor. Sat. I, 5, 37.), lebte mit Gäfar in einem ſchändlichen Ber:
haliniß (Catull. 57.), mar fein praef. fabr. in Gallien (Plin. XXXVI, 6,
7.), wurde von ihm unmäßig bereichert (Gic. ad Att. VII, 7, 6. Gatull.
29, 3 f. 16.) und brachte dieſen Reichthum durch ebenfo maßlofe Verſchwen⸗
dung durch (Iedlere Tafel, Catull. 29, 15., Marmorwände in feinem Haufe
auf dem cöliihen Berge, Plin. 1. 1.). Catull. ſchildert ihn als eruditulus
(97, 7.), als cinaedus und adulter (29, 8. 14. 57, 1. ff.), aleo (29, 2.
6. 11.) und vorax (ib. u. 57, 8.). Daß Eäfar über den bittern Angriff
Catulls nit empfindlich mar berichtet Suet. Caes. 73. Aus dem J. 709
erzählt Cic. ad Att. XIII, 52, 1. von Cäfar: audivit de Mamurra, vultum
non mutavit. : @in dispensator villae Mamurranae fommt auf einer Inſchrift
(Giorn. Arc. Dezbr. 1825. p. 346.) vor. [W.T.]
Manäda (Mardön, Bol. VII, 1, 16. Robbe, vulgo Mardov exßo-
Aa) oder Manda (Marda, ibid. 6. 38.), ein Fluß ver Landſch. Maͤſo⸗
- Ha in India intra Gangem, ber auf dem orudiſchen (oder aruediſchen) Geb
entfpringt und fi in den Sinus Gangetieus ergießt; hoͤchſt wahrſch. ver
beut. Mabhanaba oder Mahannuddy. [F.}
Mansechmus, 1) aus Sicyon, Sohn des Alcibiuß oder Alcibiabes,
aus der Zeit der Nachfolger Alexanders; ſchrieb eine Geſchichte Alexanders,
Suidas s. v. und aus ihm Gudocia p. 299. — 2) aus Alopeconnefus in
Thracien oder Proconnefus welcher über pbilofophiiche Gegenftände ſchrieb
und au einen Commentar zu Platon's Politeia in brei Büchern geliefert
hatte, |. Suidas s. v. und @uboria 1. I. [B.] .
Männ Genlta — Maneipatio 1469
Mänm Gienita, ſ. Mania.
Manusis (Plin. VI, 23, 25.), Küftenfluß in @ebrofien. [F.]
Manapia (Maranic,. Btol. II, 2, 8.), Stadt an der DOflfüfle ber
Infel Sibernia am Fl. Modonus (ji. Liſſy), nicht weit von feiner Mündung;
von ihr führten bie Bewohner der Umgegend, ein aus Ballien berüber gekom⸗
mener celtiider Stamm (vgl. Zeuß die Deutfchen ıc. S. 199 f.), den Namen
Manapii (Maramo:, Btol. ibid. $. 9.); unftreitig das heut. Dublin. [F.]
Manarmanis Portus (Marapuaris Ayım, Ptol. I, 11, 1. bei
Marian. p. 89. ed. Miller Maorourpos Ayımr), Hafenplag im nördl. Ger⸗
manien zwiſchen den Dründungen ver Fluͤfſe Vidrus und Amaflus; nach Eluver
IH, 17. p. 524. bei Geelmuyden, nah Wilhelm der Bufen Marna nordweſtl.
von ®röningen, nad) Andern Ooſt Mahorn an der weftfriefiihen Küfle [F.]
Manarpha, f. Maliarpha.
Manasse (Meorcoontaı, 7 Maraooi;tis, Joſeph. Ant. V, 1. vgſ. Num.
32, 39 f. Joſua 17, 7. 11. Jeſ. 9, 20.), ein in zwei Theile dieſſeit und
jenfeit de Iordan getheilter Stamm des jüdiſchen Volks, von dem ver weſit⸗
liche oder. dieſſeitige Theil öftlih und nördlich an Iſaſchar, weitlid an bie
See und ſüdlich an Ephraim grenzte und vom Bache Kifon und dem Vorgeb.
Karmel ſüdöſtlich bis unterhalb Archelais Hinabreichte; der öftliche oder fenfeitige
aber fih vom Geb. Hermon und ber Grenze Syriens ſüdlich herab bis zum
BI. Hieromiax erfiredte wo die VBeflgungen des Stammes Bad begannen und
die Diftrifte Auranitis, Trachonitis, Gaulonitis und Raneas umfaßte. [F.]
Manntes (PBlin. HI, 5, 9.), die Einwohner einer fonf unbekannten
Stadt in Latium. [F.]
Mianceps h. 1) bei locatio conductio derjenige welcher von dem lo-
cator bie ‚Fertigung ‘einer Sache für einen beflimmten Preis übernimmt
(gleichſam manu capit), if alſo f. v. a, conductor, Cic. Verr. I, 54. III,
7. — 2) bei Berpadtung von Staatögütern und Staatdeinnahmen iſt man-
ceps der im Namen ber pachtenden Gompagnie Abſchließende, Paul. Diac.
v. manceps p. 151. M. ©. locatio cond., publicani, societas.
Manchane (Mayyarn, Ptol. V, 18, 9.), Stadt im fünlichen Meſo⸗
potamien. | F.]
‘ Mlancia, f. Curlii Bo. II. S.800. oben u. Helvii Bb. III. ©. 1121, 6.
Maneinus, f. Hostilia gens Bd. II. &. 1527 ff. w. Manlii VI.
Miancipatio ift ein im altrömifchen Verkehr fehr wichtiger Akt welcher
außer dem eine Sache Uebergebenden (qui mancipio dat) und dem biefelbe
Empfangenden (qui mancipio accipit) in Gegenwart von fünf qualificirten
Zeugen (mündig u. Bürger, ſpäter auch Ratinen, Gai. I, 113. 119. II, 104.
illp. XX, 8. XIX, 3. 4.) und einem Libripens unter Ausfprehung gewifler
Worte vorgenommen wird. Die Handlung befland darin daß der welder
Etwas erwerben wollte die Sache mit altbergebrachten Worten ergriff (nad
Gai. I, 119.: hune ego hominem ober hanc ego rem ex iure Quiritium
meum esse aio isque mihi emptus est hoc aere aeneaque libra) und mit
einem Stud Erz (raudusculi Feſt. v. rodus. p. 265. M. Varro 1. I. V, 169.
IX, 83.), fpäter mit einem Gefterz an bie Wage ſchlug welche der libripens
(Plin. H. N. XXX, 13.) Hielt, worauf er dad Erg oder die Münze an .
ben übergab a quo mancipio aceipit, quasi pretii loco @al. 1. 1. u. II,
104. Die fünf Zeugen vertraten wahrſcheinlich die fünf Claſſen des vom.
Volks (fo Niebuhr, Schilling, Huſchke, Asverus, Walter, Böttling) und
waren durchaus nothwendig, die Wage fihreibt fh noch aus den Zeiten ber
als alle Zahlungen in Erz geſchahen und deßhalb zugemogen wurden. Die
befondern Bedingungen, 3. B. ver Kaufpreis, Beichaffenbeit ver Sade u. a.
wurden mündlid von Selten Seiten ausgeſprochen, was lex mancipii h. und
ſtreng gehalten werben mußte, Eic. de or. I, 39. 57. de of. II, 16. Feſt.
41470 Maneipatie
v. nuncupala p. 173. M. Zuweilen wurde am Schluß des Alts no eine
7te Perfon aufgefordert, in vorkommenden Fällen auf Verlangen zu bezeugen
daß der ganze Akt orbentlih vorgenommen mworben ſey und was bie beiden
Varteien ſpeziell beſtimmt Hätten. Diefe Aufforverung welde fowohl von
dem Empfänger ale dem Lebertragenden autgehen Tonnte 5. antestari ali-
quem (im aftiven Sinn), Priscian. VI, 4. Orelli inscr. 4358. Flavii
Syntrophi donat. instrum. ed. Huschke p. 43 ff. vgl. Br. J. ©. 5318 f.
Diefer aufgeforderte Zeuge felbft H. davon antestatus (im paffiven Sinn),
©ruter inser. 1081, 1. ®ai. epit. I, 6, 3. Clem. ler. Strom. VIII, 8.
Es war jedoch die Zuztehung und Aufrufung biefer 7ten Berfon keineswegs
zur Giltigkeit der Mancipation nothwendig (da bie Hauptquellen Gai. und
Ulp. nichts davon ſprechen) fondern hing von dem Ermeflen der Parteien
ab, ©. ©. Küflner de antestato in manc. Leipz. 1742. E. &. Wald de
antestato in mancipatione Jena 1840. Der ganze Alt ift offenbar einen
Verkauf nachgebilvet, weßhalb er au von al. u. A. imaginaria venditio
genannt wird, und mag in der Urzeit wirflih ein Kauf mit Abwägung bes
Kaufpreifed geweien feyn, allein in ver hiſtor. Seit Tommt mancipatio nur
als eine Form und fombolifge Sollennität vor. Zuweilen bebingte fich ber
Uebertragende in einem Nebenvertrag (fiducia Bd. II. S. 475 f.) beſonders au
daß der Andere die zu übergebende Perſon oder Sache zurüdgeben tolle,
3. B. bei Vormundſchaft, Coömptio und Emancipation. — I. Am häuflgften
fommt mancip. als ftrengrömifhe Gigenthumderwerbung vor welche volles
dominium verſchafft und daher nur unter Bürgern ober Perſonen welde
commercium haben möglih ift, f. Bd. I. S. 45. Br. II. ©. 1199. Gai.
I, 119. Ulp. XIX, 3. Ifidor V, 25. vgl. Gic. ad Div. XIII, 50. XV, 26.
Auch Fonnte dieſe Form nur bei res mancipi (f. d. Art.) angewendet werben,
und zwar mußte bie Sache wenn fie eine bewegliche war bei dem "Alt zu⸗
_ gegen feyn, was bei den unbeweglichen nicht nöthig war. Uebrigens lag in
der. mancipatio noch keineswego die traditio fondern dieſe erfolgte meiſtens
befonder8 in Folge der mancipatio oder war ihr ſchon voraudgegangen,
Gai. IV, 131. Oft gingen geſchenkte Dinge durch mancip. in das @igen-
thum des Beichenften über (Bd. II. ©. 1245.), wo gewöhnlich hinzugeſetzt
wurde nummo oder sestertio nummo uno addicere (d. 5. für einen GSefter:
überlaffen melden ver Beſchenkte dem Schenfenven dieis causa gab, ®. 1. f.
v. a. umfonft, Horat. sat. II, 4, 108. Cic. p. Rab. post. 17. Plin. ep.
X, 3. Sen. ep. 95. Suet. Caes. 50. 1. 46. D. de loc. (19, 2.). Drei
inscr. 4425. 4421. 4358. Grut. p. 956. n. 4. p. 309. n. 9. Flav. Syntr.
don. instr. ed. Huschke p. 39 ff. Bei Beftelung eines Pfandrechts braudte
man auch in der Älteren Zeit bie mancipatio,, jedoch mit fiducia, f. Bo. II.
©. 476. — II. Die auf das Ebereht angewandte Mancip. Form h. coömptio
welche wahrſcheinlich Iatin. Urfprungs war (fo @öttling Geſch. d. romiſchen
Staatöverf. S. 91.) und ebenfo wie confarreatio und usus firengröm. Che
bewirkte. Der Gatte h. co&mptionator welder feine Frau von deren Bater
oder Bormund gleihfam kaufte und dadurch die Frau in feine manus (d. 6.
in feine velländige Gewalt) erhielt. Alle Bormalitäten (erwähnt von Cic. de or.
‚ 96. p. Mur. 12. p. Flacc. 34. Oreli 4859.), Zeugen ꝛc. waren gerade
wie bei Eigenthumsübertragung, Ulp. XI, 5, @at. I, 115. 118. 123. 166.
11, 83. 84. Serv. zu Virg. Georg. I, 31. zu Aen. IV, 103. 214. Ron.
Marc. XI, 50. Botih. zu Gic. Top. 3, p. 299. ed. Orelli. Iſidor V, 24.
Doch haben die Letzteren fehr unklare Anfichten über dad Weſen der coemptio
und erblidien- darin entweber ein gegenfeitiged Kaufen bed Mannes und ber
Brau (fo au d'Arnaud coniect. I, 26. Göttling röm. Gtaatäverf. ©.
90 ff. Becker, Gallus I. ©. 17 f., dagegen Trekell zu Briſſon. de rita nupt.
in befien op. min. Lugd. B. 1749. p. 298 f. unb Grupen p. 227 ff.) ober
Manepntis 1471
verwechfeln coömptio mit einer alten Sollennität welche vielleicht bei dem
Gintritt ter Frau in Dad Haus des Gatten flattfand, namlich daß dieſelbe
drei As mitbracdte, für den Mann, für die Hausgötter und ben britten
compito vicinali resonare (jo Non. Marc.). Diefer Gebrauch war aber,
wenn er überhaupt jemals flatt fand, ganz unabhängig von der coëmptio
und gehörte zu den Bo. II. ©. 598. erwähnten Sochzeitöfeierlichkeiten. ©.
die das. cit. Schriften u. H. Cannegieter, de vet. lege Rom. cuius meminit
Non., &ranef. 1753. und in Bellenberg iurispr. II. p. 69—110. F. ©. v.
&onden spec. exhib. interpret. iurisprad. Tull. in Cic. Top., Lugd. Bat,
1805. p. 21 ff. vorzüglih aber C. U. Grupen, de uxore Romana, Hannov.
1727. c. d. p. 197— 261. u. Eggers altıöm. Ehe mit manus, Altona 1833,
S. 85—94. Zuweilen diente coömptio au zu Wingehung einer Scheinehe
welde eine Frau fhloß um ſich dadurch der läſtigen Tutel der Agnaten u.
des Patronus zu entziehen. Der Scheingatte remancipirt fie namlid an ben
welden fie zum Bormund zu haben wünſcht und dieſer wird Ihr Bormund
nachdem er fie vorher freigelafien hat. Eine ſolche coëmptio h. fiduciae causa
oter fiduciaria well fie im Bertrauen auf die Nemancipation gefchloffen wird
und der fo gewonnene Bormund h. tutor fiduciarius, at. I, 114. 115. 137.
195. Cic. p. Mur. 12 ſpricht von ben durch folde coëmptio eniflehenven
Bormundfäaften und erwähnt noch einer zweiten Urt der durch co&mptio
geſchloſſenen Scheinehe dur welde rauen bie sacra privata ihrer Bamilie
los werben wollten. Der Scheinmann muß nämlich bie sacra ber Frau
übernehmen welde nad defien Tod erlöfchen, die Freiheit und dad Vermögen
aber erhält die Frau einzeln von dem zurüd an den fie ihr Scheingatte
mancipirt bat, Gai. I, 136. Dieſe Erklärung der Stelle Cic. p. Mur. gab
zuerſt Savigny in feiner Zeitihr. Bob. II. S. 387—399;, die wunderbaren
früheren Erklärungen f. bei Brupen 1. I. p. 245—261. u. 3. &. Conradi
de coömt. sacror. interimend. causa factis, in f. parerg. II. p. 149 —162,
‘mit praef. nov. (1740.) p. KXXV ff. Zu einer folden Scheinehe nahmen
die Frauen am liebſten Finderlofe Greiſe (coömptionales senes bei Plaut.
Bacch. IV, 9, 52.), Cic. 1. 1. @ine dritte Scheinebe durch coëẽmptio
beſpricht Gai. I, 115a: testamenti faciendi gratia, indem die Brauen eigent«
HS ein Teſtament fehließen durften und dieſes Recht erſt dadurch erlangten
daß fie fi einem Dann mancipirten welder fie einem Dritten remancipirt
worauf file von diefem manumittirt wurden. Die Scheidung der durch
coömptio geſchloſſenen Ehen erfolgte durch die entſprechende remancipatio,
Ael. Gall. 6. Feſt v. remancipatam p. 277. M. Mein, ıöm. Privatrecht
©. 178 f. Die Zeit in welcher die coömptio eingeführt wurde iſt unbekannt;
unwahrſcheinlich aber ift baß fie erſt nad lex Canuleia auffam (Eggers p.
86. Beder, Gallus I, 18.). Vielleicht wurde fie durch Servius Aufius
oder bald nah ihm eingeführt (menn die fünf Zeugen die fünf Klaſſen res
präfentiren fo Tann es wenigſtens nicht wor Serv. Tulliuß geweien feyn),
vd. 5. nur die Form wurde geregelt, denn der Sache nad muß coömptio
fon früher beftanden haben. GEs fcheint nämlich in ber Urzelt bei den La⸗
tinern das Kaufen der Brauen Sitte geweien zu feyn und ber Ehe gingen
Sponsalia mit Stipulationsform voraus, Sell. IV. 4. Allmälig wurde aus
dem mwirkliden Kauf ein Scheinfauf und diefer wurde unter over nah Serv.
Tullius in eine beflimmte Form gebracht und von den Latinern auf alle
Stämme Roms audgedehnt, eine Maßregel welche auf die Verfämelzung ber
Stämme nit ohne Einfluß bleiben konnte. Daß aber die co&mptio fo alt
it möchte man daraus ſchließen daß die Plebejer fonft Feine Form für die
firenge Ehe gehabt Hätten, und biefe war doch ein altitalifhes keineswegs ven
Vatriziern allein angehörendes Inftitut; die confarreatio aber war zu umſtändlich
und mis zu viel Aufwand verfnüpft als daß ſich der ärmere Plebejer dieſer
’
1472 Manetiptam
Form Hätte bedienen Tönnen, abgefehen davon daß bie Pleb. nicht einmal
das Recht und die Erlaubniß Hatten, die confarr. anzuwenden (Bb. IT. ©.
587.). Nachdem dieſe Fürzere und bequemere Form eine flrenge Che zu
fehließen eingeführt war, madten bald auch vie Batrizter davon Gebrauch
fo daß die confarr. allmälig in den Hintergrund. trat, Bd. I. &. 588. Zu
der Zeit der großen Juriften wurde nur noch die coömptio zur G@ingehung
der obgleich fehr felten geworbenen firengen Ehe angewandt, Sai. I, 112 f.
110. 141. Boeth. 1. 1. sc. — IN. Eine dritte Anwendung der mancip.
fand bei Uebertragung eines Gewaltrechts über eine Berfon flatt und zwar
a)- bei der Adoption f. Bd. I. ©. 69 f., indem der natürliche Vater feinen
Sohn dem Adoptivvater durch Mancipation breimal fheinbar verfaufte, worauf
Rebterer deg Sohn ald den feinigen vor dem Magiftratus vinbleirte, Gell.
V, 19. Eine Andeutung diefer mancip. f. @ic. de fin. I, 7. u. Suet. Oct.
64. b) Ebenſo diente die mancipatio als Form bei der Freilaſſung bes
Kinds aus der väterlihen Gewalt (emancipatio) f. Bd. III. ©. 114. Das
Kind wurde von dem Vater preimal einem Andern mancipirt und fam dadurch
dicis causa in einen ſklavenaͤhnlichen Zuſtand (db. h. nur uno momento)
aus welchem ed dann nachdem es an den Vater zurüd mancipirt werben war,
feierlich manumittirt wurde, f. no @ai. I, 132. 140. 141. Paul. Diac.
v. emancipati p. 77. M. Die vreimalige Mancipation ſchloß alſo Hei der
Adoption mit einer vindicatio, bei der Smancipation aber mit einer vollſtän⸗
digen Freilaſſing. G. Scheltinga de emaneipationibus, Branef. 1730. 31.
u. in Yellenberg iurisprud. II. p. 459—538. c. 3. 4. ©. v’Amaub, var.
coniect. I, 24. Unterholzner, in Savignys Zeitſchrift II. S. 157—164.
Zimmern, R. R.Geſch. I. S. 823 ff. Hein, römiſches Privam. ©. 228 f.
c) Es Eonnte aber auch der Vater feinen Sohn oder der Mann feine Frau
dur maneipatio einem Andern übertragen ohne eine der oben genannten
Abfichten zu haben, fondern damit die übertragene Perfon in dem Zuſtand
der Abhängigkeit (mancipium) auf kürzere oder längere Zeit bleiben folle,
f. mancipium. In allen drei Fällen trat aber eine capitis deminutio mini-
ma ein, weil eine Verſchlechterung des Zuflanbes bei Adoption u. Emanci⸗
patton wenigftend momentan (dur den Alt der mancip.), im dritten Fall
aber dauernd eintrat, f. Bd. II. S. 133 f. u. W. A. Beder, röm. Altertb.
11, 1. S. 115—119. — IV. Dur Anwendung der mancipatio auf das Erb-
recht entſtand das testamentum per aes et libram factum, f. testamentum. —
V. Au auf das Obligationenrecht wurde die mancip. übergetragen, worüber
bei nexum gehandelt wird. Die Mancipatiousform wird in der Kalferzeit
noch Öfter erwähnt, 3. B. bei @igenthumserwerb, 1. 45. C. Th. de donat.
(8, 12.) Hermog. cod. VII, 12., aber im Juſtinianiſchen Recht exifirt fie
niht mehr; das Mancipationsteflament” war außer Gebrauch gekommen,
Inst. IT, 10, 1. und da Juft. den Unterſchied der res mancipi u. nec manc.
aufhob (Cod. 7, 31.) fo mar damit auch die Mancip. ale Bigmthumsüber-
tragung befeitigt. Bei der Ehe und mancipium Tonnte mancip. ohnehin nicht
mehr vorfonmen da ſowohl manus ald mancipium nicht mehr erifirten, uw.
bei Adoption und Emancipation wurde biefe Form ausprüdlih abgeſchafft,
I. 11. C. de adopt. (8, 48.), 1. 6. C. de emanc. (8, 49.). Das Ber.
bältniß zwifchen mancipatio und nexum f. nexum. [R.]
Mancipiam if dad abhängige Verhältniß freier Perſonen welche
buch Ihren Vater, oder ber abhängige Zufland von Frauen weldhe durch ihre
Gatten in die Bewalt einer andern Perfon gekommen find. Dieſes geſchah
vermöge des dem Saudunter Über feine Frau und Kinder zuſtehenden Rechtes
durch die Mancipationdform und zwar nit blos momentan, wie «8 bei
Emancipation der Fall mar (j. mancipatio und emancipatio) fondern auch auf
bie Dauer, indem der Hausvater Die ihm Angehörigen an Andere verkaufen
Mancunlaım — Mandatum 1473
oder denſelben zur Tilgung einer Schuld überlaffen Tonnte (noxae datio);
Paul. Diac. v. deminutus capite — et qui liber alteri mancipio datus est,
p. 70. M. vgl. emancipati p. 77. Müll. 2iv. VIII, 28. XLI, 8. Serv. zu
Birg. Aen. XI, 476. Gai. I, 116—123. 138-141. II, 86. 90. 96. 160.
III, 114. IV, 79. 80. Ulp. XIX, 18. Die in Beziehung auf die Frauen
ſtattfindende Beſchraͤnkung f. manus. Der in das mancipium Uebergegangene
ift zwar servi loco und erwirbt nichts für fi fondern nur für feinen Herrn,
allein er iſt nicht rechtlos, denn da er nur in dem Verhältniß beſchränkter
Freiheit Lebt fo darf ihn der Herr nit mißhandeln, wibrigenfalls er fi
eine Injurienklage zuzieht. Dieſes Abhängigkeitöverbältnig hört auf durch
förmlihe Freilaſſung (manumissio) oder, menn der Mebertragende dem Herrn
etwas ſchuldig war, durch Abtragung dieſer Schuld. Geſchieht dies fo muß
der im mancipium Lebende ſogleich entlaffen werden und gilt nun wieder als
ingenuus, gerade als wenn nichts vorgefallen wäre. Keineöwegs darf ber
Zuſtand derer welche wegen Infolvenz ihrem Gläubiger zugefprochen find
(adiudicati, addicti) oder der der Nexi zu dem mancipium geredönet werben.
Xiteratur: Sand, Scholien zum Gaius S. 151—163. v. Affen, annott. ad
Gai. p. 118-123. Böding, de mancipii causa, Berol. 1826. Zimmern,
NR. R.Geſch. I. S. 8277—833. IN. S. 124—130. Mein, Röm. Privatr.
S. 288 ff. Walter, Rechtogeſch. S. J1S ff. — Ueber die Bedeutung von
mancipium als Sclave f. servus. [R.]
Mamcuntam ($t. Ant. p. 482.), Stadt der Brigantes im römiſchen
Britannim an der Strafe von Gfanoventa nah Medtolanum, unflreitig auch
derfelbe Ort den das It. Ant. p. 469. unter dem Namen Manucium (na
dem Cod. Vat., vulgo Mamucium) an der Straße zwiſchen Eburacum und
Deva aufführt, und ohne Zweifel das heut. Manchefler mo ſich noch Leber»
reſte des alten röm. Kaſtells, viele Inſchriften u. |. mw. finden. [F.]
Mandacada (Meröcxade), ein erft bei Sieroch. p. 663. vorkommender
Drt in Myſten, welcher aber auch ſchon früher vorhanden gemefen fein muß
da Plin. V, 30, 32. in dem nörblidern Stride Myſtens am Helleſpont
Cilices Mandacadeni fennt. [F.]
Maudaöth (Mardard, Ptol. IV, 7, 8.), Stadt an der Küfle Tros
glodytice. [F.] ' j
Mandagära (Murdayapa, Btol. VII, 1, 7.) oder Mandagora
(Mardayopa, Arrian Peripl. mar. Erythr. p. 30.), eine Stadt der an ber
Weſlküſte von India intra Gangem weftlid von Limyrica und öſtlich von
Sinus Barygazenus hauſenden Piraten (vgl. Plin. VI, 23, 26.), weſtlich
vom beut. Niutri oder Niuti. — Ptol. VI, 2,11. nennt auch noch ein zweite®
Mandagara im Innern von Medien zwiſchen den Flüſſen Amardus u. Straton. 8
Mandagarsis (Mordayapois, Ptol. VI, 2, 2.), eine Stadt im noͤrd⸗
lichen Küftenftrige von Medien in ber Nähe der Mündung bed Amandus
(vermuthlih das heut. Meſcheddizar). [F.]
Mandalae (Maröaiaı, bli VII, 1, 72. vulgo Ma»ôgaαα), eine
bedeutende Voͤlkerſchaft länge des weſtlichen Ufers des Ganges mit ber Haupt⸗
ſtadt Palimbothra (dem heut. Patna). [F.]
Mandalem, Ger an der Küſte von Troglodytice, Plin. VI, 29, 34. [F.]
Wandäne, 1) ſ. ®b. II. S. 830. — 2) (Mardarı, Stadiasm. mar.
magni $. 174 f.), Dit an der Küfte von Eilicien zwiſchen Celenderis und
dem Vorgeb. Poſidium, vieleicht identiſch mit dem Myanda des Plin. V, 27.
und bem Mvoog des Scylar p. 40., welche Namen Mannert VI, 2. ©. 82.
und Gail zu Scyl. p. 486. bios für frühere Benennungen ber Stadt Ar»
Anoe halten. [F.]
Mandarei (Plin. VI, 7, 7.), Bolt in Sarmatia Aflatica. [F.]
| Mandatem iſt 1) ein Eonfenfualcontraft in welchem Jemand verſpricht
| Bauly, Real⸗Encyelop. IV. 93
Lu
41474 Mandei — Mandrasius Portus
für eine abweſende ober verhinderte Perſon irgend ein Geſchäft zu beforgen
ohne eine Vergeltung zu verlangen. Jener h. procurator, mandafarius, biefer
mandans oder mandator. Beiden fleht eine actio mandati zu, dem mandans
eine auf Bejorgung des verſprochenen Geſchäfto, auf Auslieferung des dem
Andern zum Behuf feiner Gefhäftsführung Anvertrauten und auf Grfag für
ben Durch dolus ober culpa verurſachten Schaden gerichtele act. m. directa,
dem mandatarius aber eine act. m. coniraria gerichtet auf Erftattung von
Auslagen, Koften ꝛc., melde der Bevollmädtigte für den Auftraggebenden
bei Ausführung des Geſchäfts gehabt bat. Die Condemnation in der Mandat:
klage zieht infamia nad) fi (megen des verlegten Vertrauens). Gic.p. Rosc.
A. 38. 39. p. Caec. 9. tab. Heracl. 111. (37). Quellen: @at. II,
155—162. Paul. II, 15. Inst. III, 26. (27.). Dig. tit. mand. (17, 1.).
Cod. eod. (4, 35.). D. tit. de procurat. (3, 3.). Cod. eod. (2, 13.).
Literatur: X. v. d. Sitraaten, de mand., Lugd. Bat. 1809. Göſchen,
Vorleſ. über d. Civilrecht II, 2. S. 416—444. — Unelgentlih wird aus
im Griminalre&t von Mandatum geſprochen, d. 5. wenn Jemand einen An⸗
dern beauftragt und anftiftet irgend ein Verbrechen zu begeben, 3. B. Mord,
vis, Injurie u. f. w., in welchen Fällen ver Mandant ebenfo flrafbar ift als
der Mandatarius, f. Nein, Rom. Crim. Recht S. 193 f. 2) mand. als
Borm Faljerlider Geſetze. So 5. nemli die Inftruftionen welche der Kaifer
- den Beamten (3. ®. praef. praet. oder urbi), namentlich aber ben Pro⸗
vinzialftatthaltern gab, Dio Gaff. LIU, 15. Plin. ep. X, 64. Die meiſten
betreffen da8 Benehmen und den Dienft des Beamten überhaupt, namentlid
befien Iuriöbiktion, 3. ®. 1. 19. D. de off. praes. (1, 18.), 1. un. D. de
praef. aug. (1,17.), oder enthalten polizeilie, 3.8. 1.3. D. de of. praes.
(1, 18.) und criminalrechtliche Beftimmungen, 3.8. 1. 6. pr. D. deextr. crim.
(47, 11.). In vielen Stüden mochten die mand. der verſchledenen Pro⸗
vinzialſtatthalter übereinftimmen, 3. B. das Eheverbot zwifchen ven Provinzial⸗
beamten und Brauen biefer Provinz, 1. 2. 6. 1. D. de his quae ut (34,9.),
das Geſetz Über die Militärteftamente, 1. 1. pr. D. de test. mil. (29, 1.),
manche criminelle Berfügungen, 1. 27. $. r D. de poen. (48, 19.) ıc.
Aus der fpäteren Belt f. Nov. 17. 24, c. 6. 25, c. 6. 26, c. 2. Briſſon.
de form. Il, 84. Puchta, Infitut. I. ©. 518 f. v. Savigny, Syſt. des
söm. Rechts I. ©. 141f. [F.)
Mandei (Plin. VI, 17, 21.), Bölferfaft in India intra Gangem. [ P.]
Mandi, nad Plin. VII, 2, 2. eine von Clitarchus und Megaftbenes
erwähnte, nicht näher zu beſtimmende BVölkerfchaft Indiens welde fi von
Heuſchrecken nährt, deren Frauen ſchon fleben Jahre alt gebären ıc. [F.)]
Mandonius, fpanijcher Häuptling, hatte fi ua hartem Kampfe nebſt
feinem Bruder Indibilis an die Römer unter Scipio angefchlofien, aber als
biefer erkranft war fiel er von ihnen wieder ab. Genefen unterwarf ibn
Scipio, beftrafte ihn-aber blos mit einen Verweiſe. Liv. XXU, 21. XXVI,
49. XXVII, 17. XXVIII, 24. 33. 84. Alo fi aber ber Abfall wieberholte
murbe er getöbtet, ib. XXIX, 3. Vgl. Bolyb. X, 18. XI, 29. Dio Gaff. I.
p. 26, 92. Reim. Silius IN, 376. bezeichnet ihn ald domitor insignis
equorum. [W.T.]
Mandöri, Völkerſchaft im Innern Libyen, Btol. IV, 6, 17. [F.}
Mandrabulus, ein Samier welder von einem Schatze ben er fand
der Sera im erfien Jahre ein goldnes Schaf melhte, im zweiten ein ſilbernes,
im dritten ein ehernes; daher ſprüchwoͤrtlich wenn es immer ſchlechter gebt:
eri Murögaßoviov ywpsi zo noayua. Lucian merc. cond. 21. Alciphr. 1,
ep. 9. Euib. ent rov Mavög.; f. Luc. ed. Lehm. III, 659. [K.]
Mandracius Portus (Mardoanor, PBrocop. B. Vand. 1,20.), Hafen
an der Küfle von Byzucium ber fpäter als Hafen von Carthago diente. [ F.]
Mandragaeus — Mandres 175
Mandragaeus, nach Plin. VI, 17, 19. ein Bebeutender Fluß bei
den Scythen nörblih von Sogdiana und dem Oxus. [F.]
Mandragöras (ucröpayopas), ein Kraut (Alraun) mit betäubenber
einfchläfeınder Kraft, f. Plin. H. N. XXV, 13, 110. 94. Golum. X, 19.
Lucian Timon 2. mit den Intpp. Zen. Symp. 2, 24. Athen. XI, p.504.C.
Appulej. Met. X, p. 698. Dud. Auch ein Beiname von Zeus mar «8
(Heſych. s. v.). Bol. im Allgemeinen I. Schmivel, de mandragora, Lips.
1655. 4. [W.T.] \
Mandragoritis, Beiname der Aphrodite, Heſych. s. v. [Kn.]
Mandröcies, Arditert aus Samos, welder die Brüde erbaute auf
welcher Darius fein Heer über den thracifchen Bosporus führte. Won den bafür
erhaltenen Geſchenken welche in zehn Stüden jeder Battung beſtanden ver⸗
wandte ex bie Erſtlinge zu einem Gemälde auf welchem er die Brüde, ven
König Darius fitzend und ben Uebergang bed Heeres darftellen ließ, und
ſtellte das Gemälde in dem Heräon von Samos ald Weihgefchenf auf. Herod.
IV, 88. MR. Rochette Lettre & M. Schorn p. 348. 2te Ausg. [WW].
Mandroelidas, |. Bd. I. S. 253. 2. 4. v. u.
‚ Mandeueni (PBlin. VI, 16, 18.), Volk in Bactrlana, benannt vom
&luffe Mandrus ober Mandrum an dem ed wohnte. [F.]
Mandrupolis (Maröoovnoiıs, Slerocl. p. 664. Dionyſ. Byz. p- 7.,
Mardodnoi:z bei Stepb. Byz. p. 440.), ein Ort im ſüdlichen Phrygien, uns
fireitig derfelbe welchen Liv. XXXVIII, 15, 2. unter dem Namen Mandropus oder
Mandrupium erwähnt und an den See Caralitis (den heut. Kaja Göl) Sekt. [ F.]
Mons (ro Mardoor öoos, Ptol. IV, 6, 8. 14.), ein Ges
Birge im Wehen von Libya Interior, dad die Quellen ter Küſtenflüſſe Sa-
larhus, Chuſarius, Ophiodes, Novius und Mafla enthält. [F.]
Mandubil (Mardovßor), ein Volk in Gallia Lugdunenfis mit ber
Stadt Alefia (Cäſ. B. G. VI, 68.), welches Strabo IV, p. 191. irrig zu
Nahbarn der Arveıner macht, da aus Plut. Caes. 27. und EAf. B. G.
VII, 90. hervorgeht daß e8 in der Nähe ver Lingoned, Sequaner und Hebuer
mohnte, alfo norvöflid von den Aeduern, ſüdlich von den Lingoned und
nordweſtlich von den Sequanern, in tem heut. Bourgogne, wie auch bie Lage
ihrer Stadt (unftreitig das heut. Aliſe im Depart. Coͤte d’Or) zeigt. [F.]
Mandücss oder Manduco oder Mando (Non. v. Manduc.), von man-
dere, manducare (Barro 1. I. p. 372. Sp. Non. 1. 1.), eine Maske des
italieniſchen Volkotheaters (Atellanen) mit auffallend großem und meitaufges
riffenem Maule (ald wollte es einen verſchlingen, Lucian Saltat. 12.) und
Elappernden Zähnen (Plaut. Rud. II, 6, 81.) x Vgl. hiatum, Juv. Sat. II,
175. und die clafj. Befchreibung von Feftus s. v. mand. Munk Atellan.
p- 39. [W.T.
Mandaessedam (It. Anton. p. 470.), Stadt (ber Cornavii?) in
Britannia Romana an der Straße von Eboracum nach Londinium, j. das
Dorf Mancefter öftlih von Atherſton. [F.] |
Manduria (Liv. XXH, 15. PBlin. II, 103, 106., auf der Tab. Peut.
Manduriae, bei Steph. Byz. p. 441. Mardvorov und bei Blut. Agis c. 8.
Mardöror), eine Stadt der Salentiner oder Meffapier in Galabrien an ber
"Straße von Tarentum nad Hydruntum und an einem Heinen See ver flet®
bis zum Nande vol iſt und weder zu noch abnimmt man mag Wafler hinein-
gießen oder herausſchoͤpfen (Plin. I. 1.). Hier wurde der ſpartaniſche König
Archidamus von den Meffapiern erſchlagen (Blut. 1.1.). Iegt Eafal Nuovo
in Terra d'Otranto mit Ruinen. Der See beißt immer noch Andoria. [F.]
Manegordam ($t. Anton. p. 142.), Ort in Balatien nordweſtlich
von Ancyra. [F) _
Mantxos (Marsowns), 1) Sohn des erften aͤgyptiſchen Könige, der
4
4476 Mänes
frößzeitig ſtarb und Gegenſtand eines Klaggeſanges, glei dem griech. Sinus,
wurde, Herod. II, 79.; nah Jablonsky, voc. p. 128. bebeutet der Name
Sohn des Ewigen und iſt DVerfinnlihung des ernſten Charakters Altefter
ägypt. Muflf. Vgl. Pauſ. IX, 29, 7. Athen. XIV,p. 620. A. — 2) älterer
Sohn ded Könige Malkandros in Byblod, der vor Schreien flarb ale ihn
Iſis grimmig anfhaute, oder vor Schreden über ihren Klaggefang um ben
Sarg bed Oſiris. [Kn.]
Mänes bedeutet urſprünglich bie Quten, denn bonum antiqui dicebant
manum*, Varro L. L. VI,4., und fo wurde dad nur im Plural gebräud-
liche Wort der eupbemiftifche Ausprud für die Geifler der Berflorbenen.
Demgemäß lautete das Gebet womit man bie Befchügerin der Geburt; Mana
Genita, um die Erhaltung der Haudgenofien anflehte, undsr« gonoror ye-
sscha: (Plut. Quaest. Rom. c. 52.), im Lateinifhen ohne Zweifel: nemi
nem manum fieri, d. h. daß Niemand flerben möge. Daß die Seelen ber
Abgeſchiedenen für Götter gehalten wurden erhellt aus der Sitte welche Plutarch
Quaest. Rom. c. 14. mit Berufung auf Barro berichtet, daß bie Söhne,
fobald fie nad Verbrennung ihrer Aeltern die vom Fleiſch abgelößten Knochen
erblidten, gerufen haben, der Todte fei ein Bott geworden. Diefem @lauben
gemäß ſchreibt Kornelia, die Mutter der Gracchen, in dem unter den Frag⸗
menten be8 Corn. Nepos (c. 12. Bb. 11. p. 875. ed. Bardili) erhaltenen
Brief an ihren Sohn: ubi morlua ero parentabis mihi et invocabis Deum
parenlem. Daß biefer Blauben alt war erhellt daraus daß es ſchon in ben
Geſetzen ver zwölf Tafeln hieß: Deorum Manium jura sancta sunto, sos (i.
e. suos) leto datos divos habento (ic. de Legg. 11,9.); daher Die ſtehende
Sormel auf den römiſchen Grabſteinen: D.M. oder D. M. S. d. h. DisMa
nibus sacrum, und felbft die Ehriften Liegen ſich dur ihre monotheiſtiſche
Religion nicht flören diefe traditionellen Siglen auf ihre Grabſteine überzu⸗
tragen. Die orihoborsrömifhe Archäologie glaubte zwar bei chriflliden
. Monumenten Deo Magno Sancto Iefen zu müffen, aber eine mit voller Srift
abgefaßte Inſchrift Dis Manibus erhob die fhon von dem gelchrien Benedik⸗
tiner Mabillon aufgeftellte Deutung über allen Zweifel (R. Rochette troisieme
Mömoire sur les antiquités chr6tionnes in den M&moires de l’Acad. des
Inser..T. XIII. p. 178.). Den Wohnort der Manen date man fi unter
der Erbe: daher Heißt es von M. Eurtins, ehe er fih in den auf dem
Forum aufgebrodenen Schlund flürzte Habe er die Hände „nunc in coelum,
nunc in patentes terrae-hiatus ad Deos Manes‘‘ audgeftredit (Xiv. VII, 6.):
daher weiht der Conſul Decius fi und das feindliche Heer den Manen
Diis Manibus) und der Tellus zum Beſten der Republik und ber römifchen
egionen (2iv. VII, 9.). Auf dem Gomitium in Nom war eine tiefe Giube
(mundus) deren unterfler Theil den Manen geweiht war: fie war nur an
drei Tagen im Jahr geöffnet (ſ. oben ©. 167.), an welden das was zu
dem geheimen Dienft der Manen gehörte ans Licht gebracht wurbe, Feſt. L.
XI, p. 103. Lind., und der Stein mit dem biefe Grube gefchlofien war hieß
manalis lapie, ®efl. am a. DO. p. 95. Nehmen wir zu den angeführten
Beifpielen den Sprachgebrauch welcher das Wort Manes für bie Unterwelt
felsft gebrauchte (Virg. Georg. I, 243. Manesque profundi. Aen. IV, 387.
Manes sub imos, Peiron. Sat, 120. v. 93. inferni manes), fo ‘if e® klar
daß der alte Volksglaube die Manen in die Unterwelt verfehte, und es IR
° ge. p- 104, £ind.: Manes dii ab auguribus vocabantur quod eos per omnia
manare credebant eosque deos superos atque inferos dicebant. Schwenck Mptbol.
ber Römer ©, 247, leitet manis von magnis und dies von dem Stamm mak — «eb,
fo daß Manes und „axapes derfeibe Stamm wäre. O. Mäller Etrusk. IT. 4, 9.
Halt das Wort für etruskiſch.
®
Mandtkhe 1477
nur ein Philoſoohem ber fpäteren Zeit wenn Martianus Gapella II, 9,1.
ihnen ihre Wohnung In ber Luft anweist. Sie wurden als gütige Geiſter
gedacht, daher flatt der gewöhnlichen Formel D. M. auf einer Infchrift bei
Bisconti Mus. Pio-Cliem. T. Il. p. 82. Mail. Ausg. Diis propitiis fteht.
Die Belehrung über ihre Verföhnung--war fehon von Numa dem Vontifex
übertragen, Liv. I, 21. In ver Alteften Zelt wurden ihnen Menſchenopfer
gebracht welche durch die Lelchenfpiele eriegt wurden (f. Bb. III. ©. 859.);
aljährlich den 21. ober nah O.id Fast. 11, 567. den 17. Febr. wurde zu ihrer
Berföhnung ein allgemeines Todtenfeft, Feralia (f. Bd. III. S. 461.) gefeiert;
pabei war es aber der Pietät des Ginzelnen unbenommen zu jeder beliebigen
Zeit Spenden von Wafler, Wein, Mil, Honig, Del darzubringen oder das
Grab mit Blumen zu befränzen (f. Dd. II. ©. 548.). — Das Berhältniß
der Manes zu den Lares und Larvae finden wir bei älteren Schriftſtellern
nirgends Kar ausgeſprochen, fpätere aber nehmen Manes für den allgemeinen
Namen, wobei noch unentſchieden war ob ed ein guter ober böfer Geiſt war.
Yugufl. C. D. IX, 11. Dicit (Plato) animas hominum daemones esse et
ex hominibus heri Lares si meriti boni sunt, Lemures sive Larvas si
mali, Manes autem cum incertum est bonorum eos seu malorum esse
meritorum: ebenfo Appul. de Deo Socr. Vgl. Guther. de jure Manium
in @räv. Thes. XI. p. 1200. Schömann de diis Manibus, Laribus et
Geniis, Greifow. Progr. 1840. Hartung, Religion ver Nömer I. ©. 43.
Shwend, Mythol. der Römer S. 247. Heffter, Religion der Griechen und
Nömer ©. 576. [W.]
MWandötho, bei den Griechen bald Maveda (mie bei Syncellus) ober
Mavedos und Maredors, au) Maredwg, bald Maredur und Marsdwr, nad
feinem urſprünglichen ägyptiſchen Namen wohl Manethöth d. i. der von Thoth
Gegebene (ſ. Bunfen ©. 91.), aus Aegypten und zwar (Plut. de Isid. et
Osir. 9. 28. over p. 354. C. 862. A. vgl. 73. p. 380.D. Syncellus p.16.D.
p. 18. C. vgl. p. 40. C. Suidas s. v.) aus Sebennytus. Nah den bier
wohl auf einer älteren Tradition beruhenden Angaben von Syneellus 1. 1.
fcprieb er unter Ptolemäus Philadelphus (283—246 v. Ehr.), an melden
auch die hinſlchtlich ihrer Aechtheit jedoch höchſt zweifelhafte Zufchrift gerichtet
if (bei Syncellus p. 40. C.), in welder IHM. als einen Priefter zu Helio⸗
polis und Grammateud bezeichnet. Er fehrieb in griech. Sprache; vgl. über
ihn außer Syncellus, bei dem es (p. 52. D.) 6 mag’ Aiyuntioie emonpo-
zero: beißt, au Aelianus (Hist. An. X, 16.), Joſephus (contr. Apion.
1, p. 1093.) und Gufebius (Praepar. Evang. II. init.). Sein Hauptwerk
deſſen Titel wir nicht genau fennen (Aiyunrıana oder wie Pödh S. 395.
vermuthet droumiuora Aiyuanane) hatte die Geſchichte Aegyptens von ben
älteften Zeiten an bis auf die macebonifche Eroberung zu feinem Begenflanpe,
und beſchränkte fih Hier ſchwerlich auf die und jetzt allein noch bekannte
chronologiſche Seffielung der verſchiedenen Dynaftien und ber ihnen zuges
börigen Könige melde über Aegypten geherrſchi, fondern verband damit auch
die Erzählung der gleichzeitigen Greigniffe (vgl. Roſellini Monum. storic.
I. p. VI). Wenn nun Eyncellus (p. 40. B.C.) ein Werk des Manetho
unter dem Namen Bißlos ns Zudswg (alfo wohl auf die Hundäfternperiobe
und deren Anwendung auf bie Geſchichte, zunächſt vie zukünftige, in Vor⸗
berfagung der Schickſale ver Welt bezüglich) anführt und baraus au eine
Zueignung an den Ptolemäus Philadelphus mittheilt, auch bemerkt daß M.
darin von den Dynaflien gehandelt, fo ſcheint ex, da ſich nicht wohl annehmen
läßt daß jenes biftorifchschronologifche Werk dieſen Namen geführt, ein anderes
Werk niit dieſem verwechſelt zu haben ober einer Täuſchung felbft unterlegen
zu ſeyn, indem die Zueignung dieſes angebligen Buches ſchon aus ſprach⸗
lihen Rückfichten weit jünger iſt (etwa aus dem bitten Jahrh. n. Chr.,
140 Mania.
war. Und demjelben Werke über Aegypten dürfte auch das angehören was
Porphyrius De abstin. II, 15. p. 199 f. ed. Rhoer aus einer angeblichen
Schrift ded Manetho zspl apyaiouov xai evorßeias anführt, zumal da auch
das mad Plutarch aus Maneiho am a. DO. mitthellt, verwandter Art if.
Zweifelhafter iſt eine Schrift über Phyſik, welche bei Diogenes von Laerte
(Prooem. $. 10.: Maredos # Ti Tor gpuanar ermzoun) angeführt und
ihrem allgemeinen Inhalte nad die von Aelian am a. D. benugte jeyn koͤnnte,
auch vieleicht in dem Urtifel des Suidas mit den von dieſem genannten
gvoroAoyına gemeint iſt, obwohl die Verbindung dieſer guaodoyınaz mit den
unmittelbar darauf folgenden drorsAsouarına di unar nal alla rıra aaroo-
vouovuera Ihre Ermähnung infofern verbädtig macht ald Hier an ſpätere,
unter dem Namen des alten Manetho verbreitete Faälſchungen zu denken fehr
nahe liegt. Wir befigen nemlich noch unter des Manetho Namen Anore-
Asouazına, ein Gedicht in ſechs Büchern meldes von dem Einfluß und den
Wirkungen der Geſtirne auf das Schickſal ver Menſchen Handelt und nur in
einer einzigen Handſchrift auf und gekommen ift, nad welcher ed Jac. Gro⸗
novins zu Leiden 1698. 4. herausgegeben bat; ein neuer verbeiferter Abdruck
von C. U. M. Art und F. N. Rigler erfhien zu Coln 1832. 8.; f. auf
F. U. Nigler, De Manethone Astrologo Commentat., Colon. ad Rben.
1828. 4. ber es erfcheint dieſes Gedicht feinem Inhalte wie feiner Form
nad in der harten, ungefügigen Sprache bei Öfteren Verſtößen im Ryſhmus
und Proſodie als ein Probuct eines weit fpäteren Zeitalters, etwa bes fünften
Jahrhundert n. Chr., und als die Arbeit mehrerer griechiſchen Scribenten,
von welden Einer wohl bad zweite, dritte und ſechſte Buch abgefaßt Haben
mag, während das vierte Buch einen noch fpäter lebenden Verfaſſer verräth,
auch gleih dem eriten von den übrigen fi nit zu feinem Vortheil unter»
ſcheidet, das fünfte aber fogar aus verfchlebenartigen Stüden zufammengefcht
erſcheint; ſ. Nigler und Art Commentat. p. III ff., befonder p. AXXIV.
und nebft Heyne Opuscc. I. p. 95. insbeſondere Tyrwhitt Praef. ad Orph.
Lithic. p. XII. G. Seemann Orphic. p. 761 f. Ziegler, N. Magay. f.
Säulfehr. II, 4. S. 99. Bol. au Fabric. 1. 1. IV. p. 135 ff. — Außer
biefem Manetho nennt Suidas noch einen Manetho aus Diendes welcher über
die Bereitung der Kyphi, eines Heilmittels (f. Plut. de Os. et Is. SIT
p.383.D. Galen. Ker. ron. VII, 5.7.) gefäärieben. Bunfen (ama.D. ©. 95.
97.) Hält dieſe Schrift für ein ächtes Werk des andern Manetho, der darin
von ber Bereitung des heiligen Rauchwerkes gehandelt babe. | B.]
Manin, 9) nach Feſtus XI, p. 95. Lind. die Butter oder Großmutter
der Larven, nah Varro L. L. IX, 61. Macrob. Sat. I, 7. die Mutter der
Zaren und — wie ſchon die Etymologie vermuthen läßt — der mit den Zaren
‚nahe verwandten Manen. Ihr und den Laren wurben in Nom bie Compi-
talia (vgl. S. 776.) gefeiert, wobei zu Ihrer Sühnung für das Wohljein
ber Hausgenoſſen Knaben geopfert wurden. Dieſes von Zarquin. Superbuß
wiederhergeſtellte Feſt wurde nach deſſen Vertreibung von Sun. Brutus gemäß
einem Orakelſpruch Apollo’s, man folle flatt der Köpfe Köpfe opfern, dahin
abgeändert Daß man Knoblauch⸗ und Mohn⸗Köpfe opferte und die Bilder
der Mania an den Thüren aufhängte, um die der Kanıilie drohenden Gefahren
abzuwenden. Sie war bemnad eine gefürdtete Unterwelto⸗Goͤttin, für deren
etruskiſchen Urfprung (O. Müller Etrusf. III, 4, 11.) ſchon ber Yimfland
zu ſprechen ſcheint daß ihr Dienſt von dem etruskiſchen König Tarquinius
Superbus wieberhergeftellt wurbe. Wo nicht identiſch fo doch nahe verwandt
mit ihr {ft die Mana Genita, welche man als Vorſteherin ber Geburt ver:
ebrte und bur das Dpfer eined Hundes zur Erhaltung der Angehörigen
bed Hauſes geneigt au machen ſuchte. Plut. Quaest. Rom. c. 52. Diefet
&unbeopfer für die Mana Genita und dag Opfer auf ven Kreuzwegen für bie
Manlaesa -—— Manilii 1481
Mania weifen auf eine ber griehifchen Hecate verwandie Goöͤttin hin Nach
Mart. Capella II, 9, 3. war die Mana und Manuana Vorſteherin der Sub-
manes. In fpäterer Zeit waren bie Mäniae häßliche aus Mehl gefnetete
Masten, auch maniolae genannt, womit bie Ammen bie Eleinen Kinder
ſchreckten. Set. p. 95. u. 100. Lind. Arnob. adv. g. VI. extr. Munt fab.
Atell. p. 43f. [W.]
2) ſ. Bd. II. ©. 982. — 3) attiſche Hetäre, urfprünglich Melitta heißend,
eine der Goncubinen ded Demetrios Poliorketes, Athen. XIII, wir 578f. [W.T.]
4) Borgeb. auf Lesbos, Maria anpa, Piol. V, 9. — 5) ea
in Barthien, Blin. VI, 25, 29. mit Harduind Anm. *
XRXRX (Mariawe , nad) anderer Lesart u, Ptol. VII,
2, 23.), Stadt am linken Ufer des Ganges im Gebiete der Marundd. (F.]
Manicae (von manus), yapides, Aermel, zugleih aber au Hand»
ſchuhe, denn die Verlängerung der Tunica (Birg. Aen. IX, 616. vgl. Iſidor.
XIX, 22.) bedeckte au no die Hände (Plin. Ep. III, 5.) und ſchuͤtzte fie
gegen Froſt (ib.; aus Pelz, Pallad. I, 43.). Namentli trug-man im Selbe
dergleichen (Juv. VI, 255. vgl. Cic. Phil. XI, 11.). Außerdem galten fie
für weichlich, Cie. Cat. II, 10. Auf Infehriften (Marini Iscr. Alb. p. 12.)
fommen auf) manicarii vor, eine Bladintorenart wohl den laqvearüi (Bv. IH.
©. 870. IX.) am ähnlichflen. — Ueber manicae in ber Bedeutung Hand⸗
feſſeln (entſprechend den pedicae) vgl. bie Zerica. [W.T.]
Manicus, Arbeiter in Stud (tector, xoniaens), deflen Name fi auf
ber griech. Infrift einer Moſaik in Nimes findet; f. R. Rochette Peintures
antiques in6dites p. 421. Lettre a M. Schorn p. 349. 2te Ausg. [W.]
Mani (Moro:, Scyl. B 9.), eine illyriſche Völkerſchaft am Sinus
Manius (Mavıos xoAnog, id. p. 8.), in welden fl der Fluß Naro (j. Na⸗
renta) ergießt, fünöflih von den Neſtäi und weſtlich von den Autarlatä (im
heut. Dalmatien). [F.] '
Manilis (alterthümlich Manulii, fehr felten auch Manillii geſchrieben),
ein romiſches Geſchlecht von dem und mit Sicherheit nur Plebejer bekannt
find (vgl. Nr 6.). Da bei dem Zufland unferer Handſchrr. die Manilii nicht
fletö mit Beflimmtbeit von den Mamilii, den Manlii und Mallii zu ſcheiden
‚nd, zumal bei den feltener erwähnten Individuen, fo vergl. biefe gentes.
Wahrſcheinlich find ſchon von unfern Quellenfärififiellern bie Manilii und
Manlii häufig verwechfelt worden; bei Dionyflus findet fi nie Manilius,
noch auch Manlius, fonbern immer nur Mallius oder Malius; vgl. Manlii, VIII.
1) Als 305 d. St. (449 v. Chr.) dad in Sabinis befinbfiche röm.
Heer von den Decemvirm abfiel wurde Sex. Manilius (Liv. III, 51., wo
nur eine Handſchr. Manlius zu leſen ſcheint; eine andere hat Mantilius, Dion.
IX, 44.) als Einer von denen erwählt qui summae rerum praeessent.
2) A. Manilius (2iv. V, 28., wo fi in den gangbaren Terten Man»
lius findet, während bie dandfqhtr. wahrſcheinlich blos Manilius, Manulius,
Mamillius leſen), ging 360 d. St. als Geſandter nad Delphi um dem Apollo
‚einen goldenen Becher zu bringen, warb unterwegs von Seeräubern gefangen -
und wieder freigegeben, Liv. 1. 1.
8)-P. Manilius, war "87 d. 6. einer von ben Männern nach deren
Rath die illyriſchen Angelegenheiten geordnet werden ſollten (Liv. XLV, 17.).
Vielleicht iſt er derſelbe mit dem Senator Manilius der nach Plut. Cato
mai. 17. nahe daran war um 571 d. St. Conſul zu werden, von dem Cenſor
Cato aber 570 d. St. aus einem fonderbaren Grunde aus dem Senat ges
twiefen ward.
| 4) Der Gonf. von 608 d. Et. Er war beſcheiden und wahrfeitsliehend
(3en. IX, 27.), ein vir prudens (@ic. Brut. 28, 108. de rep. 1, 12)
18.), audgezeiöneter Juriſt (ar. de orat, 111, 88, 183. I, 48, FA PBompen.
IV.
z
1482 Hiamiit
ig. I, 2, 39., wo er als einer ber fundatores iuris eivilis genannt wird),
willfährig Jedem Math zu ertbeilen (Gic. de orat. III, 33, 183.), ale Schrift⸗
ſteller tuchtig, aber als Seloherr -untauglih, und als Gonful unfähig fein
Anfeben dem jüngeren Scipio gegenüber aufrecht zu erhalten (App. pun. 102.).
im 601 d. St. wurde er als er ein röm. Heer befehligte von den Lufltaniern
geſchlagen (Schweigh. zu App. hisp. 56.), um 604 d. ©t. wurde er wahr
fcheinlich (jener Nieberlage wegen?) von dem Volkstrib. Libo angeklagt (Cit
ad Att. X, 5, 3.). Als Conful 605 vd. St. führte Manius Manilius P. f.
P. n. (bei ven Neuern wird er auch wohl Nepos genannt, jedoch ſcheint diefer
Beiname nit auf irgend einer Angabe der Alten zu berußen) im britten
puniſchen Kriege in Africa gegen Garthago Krieg ohne es bezwingen zu Eönnen
(Eiv. ep. 49. App. pun. 75—109. Zonar. IX, 26. 27. vgl. Plin. h. n.
XXII, 6. Oroſ. IV, 22. Polyb. T. IV. p. 420. ed. Tauchn. Diob. XXXII.
exc. legg., wo er 6 mosoßurepos rar vnaror heißt, was vielleicht nur
bedeuten fo daß er vor feinen Gollegen gewählt ward). Au zu Anfang
606 d. ©t. befebligte er noch in Africa (Liv. ep. 00. a. E. Bal. Mar. V,
2. extr. 4. vgl. App. pun. 110.). Er lebte no 625 d. Gt. (Kic. de rep.
I, 9, 14. 12, 18. vgl. 13, 20. de amic. 4, 14., flarb aber vermuthlid
fon lange vor 663 d. St. (Cic. de orat. II, 33, 133.). Mit dem jüngern
Scipio und Lällus fand er auf einem freundſchaftlichen Buße (Cic. de rep.
1, 12, 18. vgl. Zonar. IX, 27.). Bon feinen Bermögensverhältniffen bemerkt
@icero (parad. VI, 3, 50.): patrum nostrorum memoria pauper tandem
fuit. Habuit enim aediculas in Cerinis et fundum in Lavicano. Bon
feinen juriftifgen Schriften (Pomp. Dig. I, 2, 39.) hat fi nichts erhalten;
jedoch beziehen fi auf dieſelben folgende Stellen theils gewiß theils wahrs
ſcheinlich: Gic. ad fam. VII, 22. @ell. XVIE, 7,3. Gic. de fin. 14,12. —
Gic. pro Caec. 24, 69. ad fam. VII, 8, 2. de orat. I, 58, 246. (me vie
Bar. Manlianae), Barro r. r. 11, 3, 5. 9, 11. 7, 6. (in allen drei Stellen
die Bar. Mamil.); vielleicht if auf ihn auch Varro 1. 1. VIE, p. 382. ed.
Spengel zu beziehen.
5) P. Manilius, Gof. 634 (Gafflod., fasti sic., anon. Noris.).
6) C. Manilius (bei Dio Cafſ. C. oder Cn. Mallius, Bei Plutarch
fheinen die Handſchrr. — wenigſtens in Plut. Pomp. 30. — meift Mallias
» fefen; jedoch if nad den Handſchrr. des Cicero wohl C. Manilius bei
ihtigere). ein Mann der, ſoweit er aufiritt, als eine unbebeutende und
unfelöfifländige (vgl. Eic. pro 1. Man. 24, 69. und ımten) Perſoͤnlichkeit
erſcheint. Er war Volkstrib. 688 d. St. Nachdem er fein Amt wie ge
wöhnlih am 10. Dec. 687 angetreten hatte feßte er noch im Dee. (wahr
ſcheinlich auf fremden Antrieb, entmweber des Grafinus oder des Cornelius,
des DVolkstrib. von 687 d. ©t., Die Gaff. XXXVI, 25. Ascon. ed. Or.
p. 64.) in einer ziemlich verſtohlen abgehaltenen Bolkeverfammlung eine leı
de libertinorum suflragiis (16. 986.) durch (Die Cafſ. 1. 1. Ascon. p. 66.
65. 64.). Da diefelbe zu Anfang 688 d. St. von den Gonfuln aufgehoben
ward und Manilius nun den Zorn des Volkes fürdhtete (06 darum weil er
jene lex gegeben oder darum weil er ihre Aufhebung geduldet Hatte, if un-
ar, Dio Caſſ. XXXVI, 25.), ſuchte er fi& eine Gtühe an Pompeius zu
verfhaffen (wenn bei Die 1. 1. die Lesart axar der Ledert axorız vorzu-
ziehen iR fo wäre Manilius urfprünglih durchaus fein Anhänger des Bom-
peiuß geweien) und feßte deshalb die fog. lex de beilo mithridatico durch,
duch welche Bompejus mittelbar den Oberbefehl gegen Mithridates erbicht
(f.6.986.; Sonar. X, 4. Plut. Pomp. 30. Cic. pro 1. Man. Dis Gafl.
XXXVI, 26.) Ob er während feined Tribunats au eine anbere lex de
suflragiis al& bie oben erwähnte burcfehte, iR ungewiß (Gic. pro Murena
28, 47.). Raum baite er fein Tribunat niedergelegt fo wurde er (noch im
— —
Manidel 1483
Dec. 688 d. ©t., nad Blut. Cic. 9. wegen xAorn, vgl. Manlii XTI, 10.)
angeklagt (Dio Caff. XXXVI, 27.). Der Prozeß der nım erfolgte und in
welchem Gicero, der zulegt die Vertheidigung des Manilius Abernahm, "eine fehr
zweideutige Rolle fyielte (Blut. Cic. 9. Die Caff. XXXVI, 27. Nonius de
differ. verb. v. confiteri p. 294. ed. Gerl. Ascon. ed. Or. p. 66. O. Gke.
de petit. cons. 13, 50.), wurde von ben Breunden des Manilius, ber
in diefer Zeit mit den Theilnehmern ver fog. erften catilinariihen Verſchwoͤ⸗
sung in ſehr enger Verbindung geflanden zu haben ſcheint (Ascon. p. 66.
Din Gafſ. XAXVI, 27.), gewaltfam unterbrodden (Ascon. 1. I. Bio 1. 1.
vgl. Manlii XII, 10.). Wie er fpäter auslief willen wir nicht: jedenfalls
aber ſcheint dieſe Unterbrechung für den Manilius ſchlimme Folgen gehabt
zu haben (Atcon. p. 60.). Ob diefer Manilius berfelbe iſt der nad Gic.
pro Flacco 37, 93. Schwiegerfohn bed Falcidius war und fi vermuthlich
um 691 d. St. in Aflen ‘aufbielt, bleibt zweifelhaft. Ebenſo ob er berjenige
Manilius Grifpus if welcher zu Pompejus' Zeit von En. Pifo angeflagt |
und von Pompejus Hefhügt wurde (Dal. Mar. VI, 2, 4.).
7) Manilius Antiochus, Tam zur Zeit des dritten puniſchen Krieged
ale Sclave nad Rom und ſcheint hier zuerft pie Aftrologie aufgebradt zu
haben (Blin. h. n. XXXV, 58. und zu biefer Stelle vie Ausll.). Ob er
immer Sclave blieb wiffen wir nit. Vgl. Nr. 18.
8) Ein Proconful Ballen der in unfern Quellen bald Manilius
bald Manlius heißt (ogl. Duler zu Liv. ep. 90. und dagegen Haverc. zu
Orof. V, 23.), wurde ungefähr 676 d. -St., als er mit feinem Heer nah
Spanien gegen Sertoriud zog, von deſſen Unterfeldherrn geſchlagen (Liv.
ep. MO. Oroſ. V, 23. vgl. au die dunkle Stelle Blut. Sert. 12.).
9)L. Manilius, Proconful, warb von ben Aquitaniern vor 698 d. Gt.
geſchlagen, Gäf. b. gall. III, 20. und die Ausl. daf.; Dar. Manlius, Mallius.
10) T. Manilius, Zeuge in dem wahrſcheinlich 677 d. St. geführten
Prozeß des Roscius Eomödus, ein veidher alter Senator. Gic. pro Rose.
Com. 14, 43 ff. Gr fcheint von dem von Gic. in Verr. II, 8, 23. angeführten
T. Manilius verf&ieden zw fein, da dieſer nicht Senator genannt wird.
11) Manilius Cornutus, zu Anfang ber Kaiferzelt o praetoriis
legatus aquitaniae provinciae, Plin. h. n. XXVI, 3. Plin. Baler. IE, 56.
(in der Iegtern Stelle heißt er Manlius).
12) P. Manilius Vopiscus, Eon. 687 d. &t.
13) Manilius, war ab epistolis latinis und von großem Einfluß bei
Avidius Gafflus; als fi diefer 928 d. St. gegen Antonin empört hatte
und geſchlagen war, flüchtete M.; 934 d. St. ward er ergriffen und wollte
darauf bei Commodus den Angeber machen, wurde jedoch von Letzterem nicht
angehört (Dio Gaff. LXXII, 7.).
16) Manilius, früher Senator und Angeber, wurde unter Macrin
970 d. St. auf die Infeln deportirt, Dio Cafſ. LXXVIII, 21. |
15) Einige unbedeutende Individuen die gewiß ober wahrſcheinlich zur
gens Manilia gehören f. Adcon. ed. Or. p. 60. vgl. mit p. 66. ic. pro
Ciuent. XIII, 38.39. Ascon. ed. Or. p. 38. Auct, de bello Alexandr. 93.,
wo nad beinahe allen Handſchrr. ein Manilius Tusculus genannt wirb, deſſen
Name des Tusculus wegen in Mamilius umzuändern ſcheint, |. Mamilii Ar. 3.
Orelli inser. 157. Meinef. inser. Gin lüderliches Weib Manilia f. bei Juv.
VI, 243. Gell. N. A. IV, 14.
16) Manilius Crestus (Barr. Mamilius, Mallius, Cretus), wat
und Bulgent. expos. p. 890. ed. Gerl. Verfafler eines Buches de deorum
ymnis.
17) Manilius, nad Plin. h. n. X, 2. senator maximis nobilis doo-
trinis doctore 'nullo, lebte wahrſch. um 656 d. Gt. (vgl: bie Var. On.
[
'
4484 anti
Cormelio bei Blin. 1.1.); er ſcheint über verſchiedene Segenflände geſchrieben
zu haben, und es beziehen ſich auf feine Werke außer Plin. 1. 1. vielleicht
noch Darro 1. 1. p. 47. ed. Speng., p. 31. ed. Müll., p. 382. ed. Speng,,
p. 161. ed. Müll. Feſtus v. Sexagenar. p. 334. ed. Müll. Arnob. adr.
gent. III, 38. 39. *
18) Unter dem Titel Astronomicon libri V. befigen wir ein nicht gan;
vollendetes lateiniſches Gedicht über Aſtronomie und Aftrologie, defien Beri.
von ben Neuern gemößnlid Manilius, von den jüngern Handſchrr. bald Ma-
nilius bald Manlius bald Mallius genannt wird. Im der älteflen Handſchr
wird er gar nicht näher bezeichnet, in ber zmeitäfteften heißt es: Arati philo
sophi Astronomicon liber primus incipit (f. Bentley's Ausg., Lond. 1739.
p. X f.). Gelebt Hat det Berfafler, wie Bentley 1. I. p. XII. aus eine
grammatiſchen Bigentbümlichkeit des Werks fchließt, wie e8 mehrere Stellen
des Gedichts (I, 798. 920. IV, 765.) und der Umſtand daß die hiſtoriſchen
Aufzählungen des Gedichts nie über Auguft hinausgehen (I. a. @. IV. a. &.)
wahrfheinlih maden, unter Auguſt (f. Übrigens die merkwürdige Stelle
I, 8f.), bat aber vermuthlich in verfchiebenen Jahren die einzelnen Theile
des Gedichts ausgearbeitet (1,897. mird bie Nieverlage des Barus 762 d. St.
erwähnt, während IV, 765. in den Jahren gefchrieben ſcheint als ſich Tibe⸗
rius zu Rhodus aufbielt, alfo zmifhen 748 und 755 d. ©t.).?* Benz
die Verſe IV, 41. 776. echt find fo war der Derf. ein Römer und fdhrieb
in Rom, und ba bie Boff. Handſchr. über ihn angibt: „Marci Mallii An-
tiochi Poeni Astronomicon Divo Octavio Quirino Augusto“, fo war et
vieleiht ein Nachlomme von Nr.7.*** Das Gedicht welches meift in einer
einfahen Sprache gehalten ift hat wenig poetifchen Werth, die in ihm ent»
wickelte biftorifche Gelehrſamkeit iſt wie bei den meiften Dichtern bes auguflei»
[den Beitalters eine fehr wohlfeile. [ Bröcker.]
Der erſte Abdruck dieſes Gedichts erfchlen zu Nürnberg, wahrſch. 1472.
- oder 1473. 4. (vgl. &. G. Schwarz Diss. de prima Manilii Astron. edit.,
/
Altorf 1764. 4.), dann zu Venedig 1499. fol., mit ausführlien erflärenden
Noten und kritiſchen Beriätigungen von Joſ. Gcaliger zu Baris 1379. 8.
1 Voll. Heidelberg 1590.- 8., (beſſer zu) Leiden 1600. 4., mit J. Gcaligers
Noten (von I. H. Böcler) zu Straßburg 1665. 4., in usum Delphini zu
Paris 1679. 4., in einer neuen Necenflon von R. Bentley zu London 1739. 4.,
und danach von El. Stöber zu Stroböurg 1767. 8., fo wie auch mei von
A. ©. Pingrs zu Paris 1786. II Voll. 8. und in der Zweibrücker Ausg.
1783. und (Argentor.) 1808. 8. S. auch Zr. Jacob Specim. quo Manilüi
Astronn. nov. recens. indic., Bofen 1830. 4. und Defielben Programme:
De Manilio poeta P. I. (über Namen, Leben u. dgl.), Lübed 1832. 4. P. Il.
III. IV. (De verss. a Bentlejo abjudicc.) ib. 1833. 1835. 1836. 4. Jert
und deutſche Ueberſetzung bed erflen Buchs von 3. Merkel, Aſchaffenburg
1844. 8. Im Allgemeinen vgl. Iof. Scaliger Prolegomm. in f. Ausg. :
Fabric. Bibl. Lat. I. p. 499. ed. Ernest. G. &. Müller, Einleit. u. ſ. w.
IV.S.421 ff. 2. Eruflus Lebenobeſchreibb. röm. Dichter (von Eh. H. Schmid,
- Sale 1777, 8.) 1. S. 352 ff. Meine Geſchichte d. röm. Lit. 6. 114. —
Unter dem Namen eined Manilius kommen einige Berfe bei Barro De
° Sr if vieleicht mit Nr. 10. ibentifch, Bgl. fiber feine hiſtor. Scheer. Kraufe
hist. rom. frgm. p. 297 ff. Wan hält ihn auch für benfelben der nad Bel. N. A.
II, 3. Indices über die Städe bed Plautus fertigte, ſ. Ritſchl Parerg. p. 242. [ B.]
”. Nach C. Lachmann (observ. crit., Bötting. 1815, c. 1.) Iebte er bald nad
dem Tode des Auguſt unter der Negierung bed Tiberius. [ B.]
eee Bentley wollte in ihm einen aus Aſien nad) Rom gewanberten Srembling
ertennen, Huetius einen gebornen Garthager; für eine Abrunft aus Arten baten
Ad) auch neuerdings Jacob (p. 18.) und Merkel antgeſprochen. (B.]
Manimi — Manlia gens 1485 -
L. L. VII, 3. p. 313. ed. Speng. (130. Müller), vgl. VII, 2. p. 902. ver,
welche daraus in bie Lateiniſche Anıhologie III, 245. ed. Burm. ober Ep. 33.
ed. Meyer übergegangen find und offenbar einem größeren Gerichte an⸗
gehören. [B.)
Mamimi (Tac. Germ. 43.), eine Ingifche Völkerfchaft im Ofen Gere
maniens zwiſchen der Weichſel und Oder, von Binigen ohne gehörigen Grund
für des Ptol. 17, 14, 18. gehalten. Vgl. Zeuß, die Deutfhen zc.
©. .
Manina , ıöm. Töpfer, |. Malten, Mainzer Ausgrab. 1842. ©. 25. [W.]
Maniölae Insulse (Maroiaı ncos, Ptol. VII, 2, 31.), eine
Gruppe von zehn Infeln ſüdlich vom Ginus Gangetieus und der Bonae
Fortunse Insula im indiſchen Dcean, an welchen der Sage nad alle mit
eifernen Nägeln beſchlagenen Schiffe hängen blieben, obgleich fie feine Magnei⸗
berge enthielten. [F.
Manippus, Grammatifer und Rhetor aus fpäter Zeit, ſ. Fabric. Bibl.
Gr. Vi. p. 132. [B.
Manipülus, |. Legio ©. 838 f.
Manitae (Marita, Biol. VI, 7, 23.), Volk im Innern von Arabia .
Beltz füdl. von Fluſſe Betius, vieleiät nur ein Biweig ber Minaei (f.d.). [F.]
Manilus, Sclavenname bei Gato R. R. 191. Dio Gafl. frgm. Peir.
n. 92. (wie Marne bei den Griechen, ſ. Arifloph. Lys. 907. Niben. VI,
p. 263. B. VIII, 336. F. IX, 402. F. XV, 667. A. u. fonfl). Mit veräßt»
licher Rebenbebeutung auch von anderen Menfchen gebraucht wie bei Martial.
x, 20, 5. Berf. VI, 56. Betron. Sat. 45. und in dem alten Sprüdmwort:
multi Mani Ariciae (Fef. v. Manius), das wenigſtens in fyäterer Zeit ſich
auf bie Befunkenbeit ber Stadt bezogen zu haben ſcheint. M. war auch als
Vorname — ohne Nebenfinn — nit feltn. Als Hauptname erfcheint es
bei Manius dem Geſchäftsführer des M. Antonius während feiner Abweſen⸗
beit bei Kleoparra, welcher von Anfang an die Yulvia zum (peruſiniſchen)
Kriege reizte, dann das Feuer fortwährend ſchürte, den Octavian auf die
bitterſte Weiſe angriff und endlich auch das Opfer der Ausſöhnung wſhen
Ant. und Oct. wurde, ſ. Appian b. c. V, 12. 19. 22. 29. 32. 66. T.]
Mantia gens, ein römifches Gechlecht theils patriciſch wan yle
bejiſch über Letztere ſ. Nr. v vi. XII, 9. 10.). Ob man aus der Münze
bet Eckhel doctr. num. V. p. 244. fließen bürfe daß die Manlier in ber
Tribus Sergia fanden, ifl —* zu entſcheiden, vgl. XIV. a. E. Leber bie
Umwandlung des Namens in Mallii bei den Griechen, und bie zuweilen
unauflösbare Schwierigkeit zu beflimmen ob Jemand zu ven Manilii, Manlii
oder Mallii gehöre vgl. Manilii. Bei den und naͤher bekannten Manlii treffen
wir regelmäßig Heftigkeit, Leidenichaftlichkeit und Tühnes Wagen, oft au
energiſche Härte gegen Andere und fi ſelbſt, aber faſt nie eine nennens⸗
werthe aͤſthetiſche oder wiſſenſchaftliche Bildung. Es gab mehrere Zweige der
gens Manlia, die unter ſich höchſt mahricheinlih manchfach verwandt waren,
von denen ſich aber eine Stammtafel nicht wohl entwerfen läßt, ba jo Vieles
bei ihnen unficher if.
1. Die Manlii Vulsones, von denen * ehrere Mitglieder als
Patrizier nachweiſen koͤnnen, ſ. Nr. 1. 3. 5: 9.
1) Der eine Gonf. von 250 d. St. (474 , Chr.) wird in unſern
Quellen (Liv. II, 56. Dion. IX, 36. Diod. XI, 63. Caſſiod., fasti sic.
Anon. Norif.) bald Manlius bald Manilius bald Mallius genannt. Da er
bei dem Anon. Nor. Volsus, bei Diod. 1. I. Ovaomr (nad einem alten
Interpr. Bassus) heißt, und die Manlier öfter den Beinamen Vulso führen,
welcher fi bei den Manilii und Mallii nicht nachweiſen läßt, fo ſcheint der
Gonf. Manlius Vulso geheißen zu haben. Ueber feinen Vornamen finden ſich
1486 Manlia geons
bie Varr. A., C., Cn., M. Neuere halten ihn -oft für dieſelbe Perſon
mit Nr. 2. und nennen ihn daher A.; das iſt aber eine Vermuthung bie
jedenfalls ſchwankend if. Wenn Nr. 2. Decemoir war (f. Ar. 3.), fo war
er vermuthlich Bater von Nr. 8. (vgl. Nr. 2. u. 3.). Nr. 3. war 349
d. St., 352 d. St. und vielleiht auch 857 d. St. trib. cons. pot., tritt
alfo 70 Jahre fpäter als Nr. 1. auf. Unter dieſen Umſtänden if es baber
nicht anzunehmen daß Nr. 1. Bater von Nr. 3. war, eher daß er fein Groß⸗
vater war und alfo Cn. Manlius Vulso beißt. Wie dem übrigens auf
fei, der Conſ. von 280 d. St. zwang bie Beienter ohne Schlacht zum Frieden
und ovirte deshalb. Im folgenden Jahre (281 dv. St.) wurde er von dem
Volkstrib. Genucius vor dem Volke angeklagt weil ex bie lex agraria von
268 d. St. nicht audgeführt habe, ver Bortgang bed Prozeſſes aber ward
durch den plöglicden Tod des Genucius gehindert (Dion. IX, 3638. Zi.
11, 54.). Aus feinem Gonfulat ergibt fi daß er Panizier war.
2) A. Manlius Cn. f. P.n. Vulso (fasti cap. 303 d. ©t.), war
300 d. St. einer von den Geſandten bie man von Mom aus nad Griechen⸗
land und dem griechiſchen Italien fandte um hier zum Behuf ber fpäteren
-. BDecemviralgefeßgebung die fremden Gelege zu flubiren (Liv. III, 32. 33.
Dion. X,52.). 803 d. St. war er — wie es Heißt, vgl. Nr. 3. — Decenw
(fasti cap. iv. IH, 33. Dion. X, 54., aus dem ararra; vrarınol in ber
letztern Stelle hat man auf Identität mit Nr. 1. gefchloffen, aber jene beiden
Worte beziehen ſich mit Wahrſcheinlichkeit nur auf bie 1. I. von Dion. zulegt
genannten drei Individuen, unter denen IH Nr. 2. nicht befindet, im Uebrigen
f. Ar. 1. Ob Nr. 2. auch von Diodor als Decemvir aufgeführt war if
unflder, da Diod. XII, 23. nur neun mit den bei Liv. und Dion. vorkom⸗
menden nicht immer gleihlautende Decemvirn nennt, unter dieſen neun aber
fein Manlius fidy befindet). "
8) A. Manlius A. f. Cn. n. Vulso Capitolinus, trib. cons. p.
349 d. St., aljo (nad Liv. V, 12. VI, 37. wurben bis 354 d. St. nur Patrizier
als trib. cons. pot. gemäßlt, jedoch Hat bie Stelle ihre Schwierigkeiten, ſ.
unten Nr. 6.) wohl Patrizier (fasti cap. Liv. IV, 61. Diod. XIV, 17.);
er begann mit feinen Gollegen die Belagerung Bell’d; zum zweiten Male
trib. cons. p. 352 d. St. (fasti cap. Liv. V, 8., bei Died. XIV, 38. ſcheint
nad) allen Handſchrr. an feiner Stelle Matilius genannt zu fein) mußte er
mit feinen Collegen wegen der ſchlecht geführten Belagerung Veſi's vor ber
Zeit abdanken (Liv. V, 8. 9. Diod. XIV, 43.). Da er von Ar. 2. durch
etwa 50 Jahre getrennt if, bleibt es gewagt ihn für ven Sohn von Ar. 2.
auszugeben, indeß muß man ed unter Berüdfiätigung des A. ſ. Cn.n. doch
wohl thun wenn man nicht fagen will: entweder Nr. 2. war gar nidt Des
cemvir (vgl. unter Nr. 2.) oder Nr. IV, 1. war ein Vulso, hieß Cn., batte
einen Sohn Namens A., und biefer war ber Bater von Nr. 8., oder enblid:
bie capttolinifhen Tafeln haben fi über die Vorfahren von Nr. 3 geist.
Vgl. Nr. 4., ganz bef. aber II, 4.
4) In den bier unvollfländigen capitol. Tafeln wird als trib. cons. p.
für 857 d. St. A. Manlius A. f.C... . aufgeführt; bei Diod. XIV, 85. heißt
e8 an feinee Gtelle Q. Mallius, bei Liv. V, 16. wie es ſcheint in den meiften
andſchrr. A. Manilius, in andern A. Manlius, ohne dag ein tertium beige»
gt wäre; nichtsdeſtoweniger kann bie Anficht Neuerer, Nr. 4. ſei dieſelbe
Perfon mit Nr. 3., richtig fein. Der fraglihe trib. cons. p. mußte mit
feinen Collegen aud religlöfen Urſachen vor der Zeit abdanken (Rio. V, 17.).
5) M. Manlius Vulso, trib. cons. pot. 334 dv. St. (bei Liv. IV, 44.
fSeint in allen Handſchrr. entweder M. Mallius ober M. Manilius zu ſtehen,
da aber die fasti cap. M.Manli... und der Anon. Nor. Volsus haben, fo {fl
a
Manlia gems 1487
ber Name M. Manlius Vulso gefiert), alfo Patrizier (f. Nr. 8.). Ber
muthlich der Vater von Nr. 6., vielleicht ein Bruder von Nr. 2., f. Nr. 6.
6) In den fasti cap. fommt für 354 d. St. ein trib. cons. p. —lius
M. f. Cn. n. Vulso vor, Set Diod. XIV, 47. wird In diefem Jahr ein trib. .
cons. p. P. Mallius genannt, es läßt fi daher annehmen daß die Quellen
diefer beiden Schrififteller einen P. Manlius M. f. Cn. n. Vulso als trib.
cons. p. für 354 d. St. angaben, der ihnen dem Namen und der Zeitnach
als ein Sohn von Nr.5. galt, vielleicht ala ein Enkel von entweder Nr. 1.
oder Ar. IV, 1. Ob damit dad Dafein eines foldden P. Manlius bewiefen
fei das ift eine andere Brage, über melde |. Nr. 7.
7) In den fasti cap. fommt für 358 d. St. ein trib. cons. p. Q. Man-
lius A. f. vor, bei Diod. XIV, 90. wird für dieß Jahr ein Q. Mallius (vgl.
Nr. 4.) genannt, bei dem Anon. Nor. ein Volsus. Hieraus haben die Neuern
einen trib. cons. p. Q. Manlius A. f. Vulso gemadt. Ob mit Net Tafien
wir dabingeflelt und bemerken nur noch daß iv. V, 18. angibt die trib.
cons. p. von 354 und 358 d. St. felen mit Ausnahme eines Binzigen dies
felben Perſonen geweien, daß er aber dennoch V,18. den trib. cons. p. von
858 9. 6t. mehrfach andere Namen beilegt als er denen von 354 d. ©t. V, 12.
gegeben hatte, und daß wie es ſcheint in den Handſchrr. V, 18. ein Manlius _
ger nit genannt wird, in denen von V, 12. ſich bald P. Manlius bald P.
Mamilius bald P. Manilius findet. x
8)L. Manlius A. f. P. n. Vulso Longus. Als Gonf. 498 d. St.
(fasti cap.) im erflen puniſchen Kriege befehligte er mit Regulus die röm.
Flotte welche Africa angreifen follte, flug mit ihm gemeinfhaftli die Car⸗
tbager in der Seeſchlacht bei Heraclea, landete mit ihm in Africa und führte
nad einiger Zeit einen Theil des Heeres fo wie bie gemachte Beute nad
Italien zurück (Polyb. I, 26-29. onar. VIEH, 12. 13. Oroſ. IV,8. Dio
Guff. frgm. peir. 44.). Er triumphirte (fasti triumph.) des GSeefleges bei
Heraclea wegen. 504 d. St. war er zum zweiten Mal Gonful und begann
mit feinem Gollegen die Belagerung von Lilybäum (Polyb. I, 39. 41—48.
Sonar. VII, 15. Oroſ. IV, 10.).
9) L.Manlius Vulso, Patrizier (Liv. XXII, 35.), bewarb fi ver»
geben® um das Eonfulat von 938 d. Gt.
10) P. Manlius Vulso, im zweiten punifcden Krieg 544 d. Et.
Brätor, ging als folder zu Ende des Sommers nad Sardinien (Liv. XXVI,
23. XXVII, 6. 7.).
11) Cn. Manlius Cn. f. L. n. Vulso, Conſ. 565 d. St. (fasti
cap.), war Patrizier (Liv. KXXV, 10. XXXIX, 40.), '557 d. St. curuliſcher
Aedbil (Liv. XXXIII, 25.), 559 d. St. Prätor in Sicilien (Liv. XXXIII, 42.);
561 d. St. führte er als triumvir col. ded. eine Iatinifche Eolonie auf das
thuriniſche Gebiet (Rio. XXXIV, 53. XXXV, 9., wo über den Namen bie
Ausleger bei. zu XXXIV, 53. zu vergleichen find); in bdemfelben Jahre bes
warb er fi vergebens um das Gonfulat (Liv. XXXV, 10.). 564 d. St.
hatte er mehr Blüd; er wurde am zweiten Wahltag für 565 d. Gt. zum
Gonful und zwar zum Gollegen des Fulvius Nobilior ernannt (Liv. XXXVII, 42.
fasti cap.). Darauf wurde er 565 d. St. mit zehn Regaten nad Aflen ges
fandt um bier den fon eingelelteten Frieden mit Antiohus völlig abzu⸗
fließen, und offenbar auch um bie aſlatiſchen Angelegenheiten überhaupt zu
oronen. In Aflen angelommen ſuchte er theild wohl aus Ehrgeiz theils
wohl aus Habſucht Belegenheit zu einem Kriege, und ald er einen Vorwand
gegen die Ballogräfen gefunden Hatte griff er fie an obne von Nom
bazu einen Auftrag erhalten zu haben. Der Krieg den er gegen fie führte
und an den fi Züge gegen benachbarte Völker derſelben anſchloßen, wurde
von ihm im Allgemeinen mit Vorſicht und Unternehmungsgeiſt geleitet, war
1488 Manlie gems
aber eigentlih nur ein großartiger Raubzug durch ben ſich der röm. Staat,
die Truppen des Manlius und, wie wir annehmen dürfen, au Manlius
ſelbſt bedeutend bereicherten. Er Tief glüdlig ab (Polyb. XXI, 7. 16—22.
Liv. XXXVIII, 12—27. 44.45.54. XXXIX, 6. Bonar. IX, 20. App. syr. 39.
42. 43. Aurel. de vir. ill. 54.). Nah dem Kriege welcher im Herbfi 565
d. St. beendet war (Liv. XXXVIII, 27.), bielt ſich M. als Gonful und
. BProconful no bis gegen den Sonmer 566 d. St. (App. syr. 43.) in
- Aften auf, ſchloß den Frieden mit Antiochus und orbnete die aflatifiken An⸗
gelegenbeiten (Polyb. XXII, 24—27. Liv. XXXVIII. 28. 37—40. Honar.
IX, 20. App. syr.42. Diod. 'exc. leg. p. 622.). Im Sommer 966 d. St.
(App. syr. 43.) ging er mit feinem beutebeladenen Heere über Thracien, wo
er mit der Hige und ben Mäubern zu Fämpfen hatte, in die Winterquartiere
zu Apollonia (App. syr. 43. Liv. XXXVIII, 40.41.). 567 d. Et. kam er
vor Nom an und forderte ben Triumph. Obgleich ihm die meiflen ber früher
erwähnten 10 Legaten widerfirebten erlangte er denſelben doch endlich (Liv.
XXXVIII, 44—50.), feierte ihn aber erſt zu Ende des Jahres 567 (fasti
triumph. Liv. XXXIX, 6. 7.), um durch dieſen Aufihub zu vermeiden daß
ein ihm brobender Prozeß ex lege petilia (Liv. XXXVIII, 54. XXXIX, 6.)
vor dem Prätor DO. Terentius Culleo verhandelt werde (iv. XXX, 7.).
Bon dem von ihn im Triumph vorbeigeführten Gelde wurde auf feinen und
feiner Verwandten Betrieb ein heil in einer für uns nicht Klaren Weiſe
einem Iheile des Volkes gefchenkt (Liv. XXXIX, 7. und die Ausll. daf.).
Der Einfluß welchen Manlius, der ſich für 570 d. St. vergebens um bie
Genfur bewarb (Liv. XXXIX, 40.), auf fein Vaterland ausübte war hoͤchſt
verderblich; als Feldherr hatte er unter feinem Heere arge Zügellofigfeit ein⸗
reißen- lafien (Liv. XXXIX, 6.) und durch fein Heer wurde ber aflatifche
Lurus in Nom vet eigentlich eingeführt (Liv. XXXIX, 6. Plin. h. n.
XXXIV, 8. XXXVII, 6.). Bgl. über ihn auch Plin. h. n. XV, 15.
12) L. Manlius, ber Bruber von Nr. 11. (Xiv. XXXVIII, 20. 37.
Bolyb. XXI, 25. 26.); er begleitete und unterflüßte feinen Bruder während
biefer 569 und 566 d. St. in Aflen beihäfiigt war (Polyb. U. 1. Liv.
XXXVII, 20. 22. 23. 37. 39.). Ob er fi bei dieſer Gelegenheit auf
unrehtmäßige Weiſe bereicherte wiffen wir nicht. Er iſt vermuthlich biefelbe
Berfon mit demjenigen L. Manlius Vulso welcher nad) Liv. XXXH, 27. 28.
für 557 d. St. Prätor in Gicilien war.
13) A. Manlius Cn. f. L. n.Vulso, Gonf. 576 d. St. (fasli cap.
Liv. XL, 59. u. dft.; XL, 59. finden fih die Barr. Cn., Atilius; bei &lor.
II, 10., bei Iul. Obſequ. 62. und bei Eafflobor h. a. ſcheint er nach allen
ober doch nad den meiſten Handſchrr. Cn. genannt zu werden: da er num aber,
wenn wir den fasti cap. glauben und nicht unnüß bie Zahl ber Manlii Val-
sones vermehren wollen, bem Namen feine Baterd und Großvaterd nad
ein Bruder von Ny. 11. war, und biefer Cn. beißt, fo iſt e8 wahrſcheinlich
baß unfer Manlius den Bornamen A. führte); er wurde als Gonful ua
Gallien gefandt, unternahm aber eigenmädhtig einen Feldzug gegen vie Ifkrier
der fehr unglücklich ablief (Liv. XLI, i—d. 7. Blor. 11, 10.) und beinahe
eine Öffentliche Anklage gegen ihn veranlaßte (Liv. XLI, 6.). Im folgenden
Jahre ſetzte er eine Zeitlang felbft gegen ven Willen des damaligen Gonfuls
Glaubius den Krieg fort, und zwar mit befferem Glück als früher (Liv. ALI,
10. 11. Jul. Obſequ. 63.).
MH. Die Manlii Capitolini. Des Beiname Capitolinus (über beffen
Bedeutung vgl. unten Nr. 3.) findet Äh bei mehreren Zweigen des manli⸗
fen Geſchlechtes; fo Heißt z. DB. Nr. I, 3. Manlius Vulso Capitolinus,
Rr. III. 1. Manlius Capitolinus Imperiosus, ebenfo Rr. Ill, 2.; ba aber
diejenigen welche neben dem Capitolinus no einen zweiten Beinamen führes
Manlia gen) 1489
unter Ießterem erwähnt werben, fo werben bier blos biefenigen Manlier ger
nannt welche Eeinen Beinamen außer Capitolinus hatten. Sie waren Pas
nizier, f. Nr. 3., den Bruder von Nr. 4. 5., ferner Nr. 6.
1) Kür das Jahr 320 dv. &t. erzählt Xiv. IV, 23.: consules Julium
tertium, Virginium iterum apud Macrum Licinium invenio; Valerius An-
tias et Q. Tubero M. Manilium (fo feinen bei weiten die meiften Handfarr.
zu fefen, unfere Texte haben Manlium) et Q. Sulpicium — edunt; ceterum
in tam discrepante editione et Tubero et Macer libros linteos auctores
profitentur: neuter tribunos militum eo anno fuisse, traditum a scripto-
ribus antiquis dissimulat etc. Bei Anon. Nor. u. fasti sic. wirb für biefes
Jahr ein Capitolinus angeführt, bei Diod. XII, 33. werben brei trib. cons.
pot. angeführt, von benen ber eine wie es fdheint in den Handſchrr. M. Ma-
nius, in den laufenden Texten M. Mallius beißt.
2) Bei Liv. IV, 42. wird in dem faufenden Terten als trib. cons. p.
332 9. St. L. Manlius Capitolinus angeführt; bie Handſchrr. ſcheinen
dort fa alle Manilii zu Iefen, eine auch Mamilii. Da aber bei Anon. Nor.
h. .a. ein Capitolinus genannt wird, und da fi nit nachweiſen läßt daß
die Manilli Capitolini hießen, fo kann man biefen trib. cons. p. immerhin
L. Manlius Capitolinus nennen.
3) M. Manlius’T. f. A. n. Capitolinus (fasticap. zu 362 d. St.,
mo aber das Capitolinus fehlt), war der Zeit nad vieleiht ein Enkel von
Ar. 1, 2.; er war Patrizier (2iv. VE, 11. 20.). Den Weinamen Capito-
linus het er nad ber Angabe des Liv. V, 81. nicht glei urfprünglich ge»
führt, nad ber des Blut. Cam. 36. onar. VIE, 24. u. Tzetz. Chil. IH. hist.
102. dur feine Errettung des Gapitols erhalten, das iſt jedoch unmwahr-
ſcheinlich. Der Beiname Capitolinus welcher 3. B. aud Bei den Quinctii,
Tarpeji vorfommt und für gemöhnlig nur bebeutet: „Jemand der auf dem
Gapitol wohnt’ mar fon vor ımjerem Manlius bei den Manliern üblich
(vgl. Nr. I, 3. I, 1. 2.; aus Dio Caff. frgm. peir. 31., Bal. Mar. VI,
3, 1., Blut. Cam. 36. u. Liv. VI, 20. if es mwahrfcheinli daß vie Manlier
ſchon früh auf vem Gapitol wohnten), und wurde, wie aud Dion. I, 74.
(bier nennt Dion. den Manl.T., was offenbar ein Irrthum ift; XIII, 11. nennt‘
er ihn M.) bervorzugeben ſcheint, unferem Manlius fon 362 d. St. Geis
gelegt. Manlius war ſchon von Jugend auf einer der erſten Krieger feiner
Zelt (Plin. h. n. VII, 29. Liv. VI, 20. Glaubius bei Gel. XVII, 2,14. ;
wahricheinlich bezieht ſich auch die Schilderung des Claudius bei Gel. 1.1. 18.
auf M. Manlius). Als Gonful 362 d. St. (fasti cap. Dion. I, 74., über
deſſen Bar. T. eben geiproden ward, Diod. XIV, 103., wo er A. heißt,
wärend er Diod. XIV, 116. M. Mallius, XV, 36. M. Manilius genannt wird),
beflegte er die Aequer und ovirte deshalb (Liv. V, 31. Diod. XIV, 106.).
364 d. St. reitete er, durch das Geſchrei der Bänfe ermedt, das Capitol
vor den einbsingenden Galllern (Liv. V, 47., wo er triennio ante consul
genannt wird, Dion. XIH, 11. Blut. Cam. 27. Died. XIV, 116. Gell.
XVII, 21, 24.). Binige Jahre fpäter, 369 d. St., vermwidelte er ſich in
eine Unternehmung über bie wir nur fo viel mit bifkorifcher Gewißheit fagen
können: Manlius, ein heftiger, leidenſchaftlicher und fehr ehrgeiziger Charakter,
welcher ih in Rom zurüdgefept glaubte, verband fi mit den Äärmeren Pie»
bejern um Plane durchzuführen die fi mit der beitehenden ariſtokratiſchen
Verfaſſung nicht vertrugen; fein Unternehmen ſtieß auf Widerſtand nit blos
bei den Patriziern fondern auch bei einem Theile der Plebejer (vermuthlich
bei den reihen und vornehmen Plebejern), vgl. Liv. VI, 19.; er wurde von
iinen @egnern vor Gericht gezogen, verurtheilt und Hingerichtet (Liv. VI, 11.
14—20. Gell. XVII, 21,24. Jeſt. v. M. Manlium u. Manlise, p. 125. 151.
ed. Müll. Quintil. V,9, 13. Gi. de rep. II, 27, 49. Phil. I, 44, 114. pro
9
Bauly, RealEnchelop. IV.
,
1480 Manlia gens
dom. 38, 101. (Gicero prüdt ſich — warum iſt nicht ganz klar — zurüdhaltend über
feine Schuld aus). Plut. Cam. 36. Dion. XIV, 6. Died. XV, 35. Die Wafl.
frgm. peir. 31. App. ital. 9. Zonar. VII, 24. Bon den eben genannten
Duellen ift Appian beſonders wichtig weil er wie Xivius von den Planen
des Manlius in Betreff ver Schulden und Ländereien fpriht, Plutarch, weil
er durchſchimmern läßt daß des Manlius Hinrichtung beſonders durch Bamill,,
. alfo vieleicht aus perſönlichen Rückſichten betrieben ward, Zonaras, weil er
in der eben angebeuteten Beziehung mit Plut. flimmt und fonft die Angeles
genheit in einer ganz eigenthümlichen Weile auffaßt die er vieleiht von Die
entlehnt, vgl. Dio 1. c. oindrov aröganodov). Nach dem Tode des Man
lius wurde wie e8 heißt durch Volkoſchluß beflimmt, es folle Fein Patrizier
auf der Burg ober dem Gapitol wohnen (Liv. VI, 20. Dio Caſſ. frgm.
peir. 31. Plut. Cam. 36. quaest. rom. 91. Dal. Dar. VI, 3, 1. un
fein auf dem Gapitol gelegenes Haus wurde niebergerifien, an beflen Stelle
fpäter die aedes et officina monetae kam (Dio Cafſ. I. e., wo auch eu
Gonfiötation feine® Vermögens u. f. w. erwähnt wird, Plut. Cam. 36.
&iv. VI, 20. VII, 28. Gic. pro domo 98, 101.) und enblid wurbe von
der patriziihen Gens manlia (06 ed damals ſchon eine plebejiihe gens manlia
gab iſt ungewiß) beichloffen, es folle hinfort Fein (patriziſcher) Manlier den
Namen M. führen (vgl. Feſtus v. M. Manlium u. Manliae, p. 125. u. 151.
ed. Müller. Eic. Phil. I, 13, 32. Dio Gaff. I. c. Liv. VI, 20. Plut.
quaest. rom. 91. Gell. IX, 2. Ouintil. III, 7, 20.). Gewiß it biefer
Manlius au ber von Liv. VI, 5. unter 867 d. Gt. angegebene interreı |
M. Manlius Capitolinus.
4) A. Manlius, Bruder von Nr. 3 (Liv. VI, 20.); ex verließ feinen
Bruder in der lebten Zeit gänzlih (ib.)., Er war 365 d. St. anfangd
trib. cons. p. (iv. VI, 1. wo die meiſten Handſchrr. A. Manilius leien,
Diod. XV, 22. wo es L. Mallius ober Malius heißt, Macrob. Saturn. I,
16.), Später bewachte er in bemielben Jahre unter Camills Diktatur als trib.
mil. ein vor Rom errihteted Lager (Rio. VI, 2. we auch A. Mallius in den
Sandfäriften flieht). 369 d. St. war er zum zweiten Mal wib. cons. p.
(2iv. VI, 11. wo fich aud A. Manilius, Mallius findet, ein iterum aber
nicht beigefügt ifl). 371 d. St. war er zum britten Male trib. c. p. (Liv.
VI, 21. Hier feinen faf alle Handſchrr. A. Manlio tertio zu leſen, wir
muüſſen daher entweber annehnıen Livius babe fi Bier geirtt, vgl. Nr. 1,
7. 11, 1. ober wir möfien einen A. Manlius finden ber vor 371 d. St. ſchon
zwei Mal trib. cons. p. war; aber einen ſolchen zu finden hält ſchwer, wenn
man nicht ben trib. c. p. von 371 d. St. ſchon 365 u. 369 trib. c. p.
feyn Täßt, ober annimmt, Nr. I, 3. fey 349 d. ©t., 352 d. Gt. und 371
d. ©t. trib. c. p. geweien, was allerdings nit unmöglich iſt, vgl. Nr. I,
8. 4. Bei Diod. XV, 38. findet fi als trib. cons. p. für 371 d. ©ı.
ein Mallius Fabius genannt, der vermuthlich daſſelbe Individuum mit dem
von Liv. VI, 24. genannten A. Mallius feyn fol). Endlich war er 384
d. St. zum vierten Male trib. cons. p. (2iv. VI, 36. wo ein A. Manlius,
Varr. Matilius, Manilius, dem aber keineswegs In den Handſchrr. ein quar-
tum beigegeben if; bei Dion. XV, 76 findet ſich: Paulus Mallius oder Ma-
lius), vertrieb als folder mit feinen Gollegen die Bellterner von Tusculum
und belagerte Veliträ (Liv. 1. 1.).
5) T. Manlius, Bruder von Ar. 3 u. 4 (Liv. VI, 20.) verließ zu⸗
Sept feinen Bruder Nr. 3 (iv. 1. 1.).
6) Im Jahre 388 d. St. war ein P. Manlius A. f. A. n. (alfo ber
Beit und dem Namen nah ein Sohn von Nr. 4.) Capitolinus trib.
©. p. (fasti cap.; bei Liv. VI, 42. heißt er blos P. Mallius ober Manlius)
und zwar nad ben fasti cap. zum zweiten Male; wahrſcheinlich iſt er der⸗
TA u
Manlta gons 1491
ſelbe Patrizier P. Manlius oder Mallius ber na Liv. VI, 30. (vgl. Diob.
XV, 51. wo bie Bar. Manius) fon 375 d. St. trib. c. p. war und damals
mit einem feiner Collegen von den Volskern gefhlagen warb, und auch ber»
ſelbe B. Manlius der 387 d. Gt. zum Diktator ernannt warb, Allem nad
in der DBorausfegung er werbe fi den liciniſchen Gefegen flanphaft wider»
fegen, ber aber dieſe Borausfehung nicht erfüllte (Xiv. VI, 38. 39., vgl. fasti
cap. h. a., Dio Caſſ. frgma. peir. 33.).
III. Die Manlii Imperiosi und die Manlii Torquati, Patrizier
(vgl. Nr. 2. 3. 16.).
1) L. Manlius A. f, Capitolinus Imperiosus war 391 d.
St. Diktator, nad den fasti cap. h. a. und nach Liv. VII, 8. clavi fig. caussa
(vaß er L. Manlius hieß ergibt fi aus Liv. 1. 1. Cic. de off. IIE, 31, 112.
Val. Mar. V, 4, 3. VI, 9, 1., daß ee A. f. war fleht Eic. de off. III,
31, 112., fein Beiname Imper. findet ſich in den fasti cap. 1. 1., über daB
Cap. f. Nr. II, 3. Val. Mar. V, 4, 3. Heißt er au Torquatus, aber gewiß
mit Unrecht, f. Nr. 3.), während Cic. 1. 1. und Val. Mar. V, 4, 3. ans
zunehmen fcheinen er ſey rei ger. c. Diktator geweſen. Er erlaubte fi in
feiner Diktatur Uebergriffe, wurde deßhalb im folgenden Jahre durch den
trib. pl. M. Pomponius angeklagt, und wohl nur dadurch vor einer Ver⸗
urtheilung gerettet daß fein Sohn T. Manlius (Nr. 3.) den Tribunen durch
Androhung des Todes von der Klage abzuftehen zwang (Liv. VIL 3—).
App. samn. 2. Bal. Mar. 1. 1. Cic. 1. 1). Bon feinem rauhen, firengen
Charakter erhielt er ven Beinamen Imperiosus (Xiv. VII, 4. vgl. aber Nr. 3.).
Weſſen Sohn er war läßt fi nicht gewiß ausmaden. Wenn wir annehmen
daß er der Sohn von dem trib. c. p. 371 d. St. U. Manlius war (Nr.
I, 4.) fo müffen wir biefen von dem trib. c. p. 384 d. St. der in Wr. II,
4. erwähnt ift ſcheiden, denn fonft befämen wir folgende Gmealogie: ber
Pater trib. c. p. 384 d. St., der Sohn Diktator 391 d. ©t., der Enkel
(f. Nr. 2.) Conſul 395 d. Gt.
2) Cn. Manlius L. f. A. n. Capitolinus Imperiosus (fasti
cap. ad 395 d. St.), dem Namen des Vaters und Broßvaters jo wie dem
Beinamen nad der Sohn von Nr. 1. Er war Eonful 395 d. St. (fasti cap.
Liv. VII, 12. wo er au C., M., Mallius heißt, Diod. XVI, 19. wo er
Cn., Mallius, Mamelius und Maemilius heißt), und beflegte als Conſul vie
Tiburter (Liv. 1. 1.).. Er war 397 d. St. zum zweiten Male Conſul (Liv.
VII, 16. wo ber eine Conſ. von 397. d. St. Cn., C., Manlius, Mallius beißt,
ihm aber fein iterum beigegeben ift, Diod. XVI, 28., Anon. Nor., bei dem
der eine Conf. von 397 Capitolinus genannt wird, fasti sic., wo baflelbe der
Fall ift, Gaffiod., mo ein Cn. Manlius angeführt wird). Er war 399 d. St.
Interrex (Liv. VH, 17. wo ſich auch C. findet), 403 d. St. Eenfor (Liv.
VII, 22. wo er als Vatrizier bezeichnet wird) und 409 d. St. magister
equitum (8iv. VII, 28. wo er Cn., C., T. Manlius Capitolinus heißt).
Bol. Nr. 3 a. E.
8) T. Manlius, L.f. A.n. Imperiosus Torquatus, der Sohn
von Nr. 1: ein Mann über den fi in unfern Quellen ſchon frühe Irr⸗
thümer und Widerſprüche eingeſchlichen haben (f. unten). Er war Pairizier
(3on. VII, 24), in feiner Jugend und vielleicht auf fpäter noch ſtill und
wie es fcheint von langſamerem Geift (Liv. VII, 4. Bal. Mar. VI, 9, 1.).
Da wo es bie Klugheit forderte Tieh er die Strenge, Rauhheit und Gewalt»
thätigkeit fallen melde nebft großer Entichlofienheit feinen Grundzug gebilvet
zu haben feinen (Dio Cafſ. frgma. vatic. 29., frgma. peir. 34., vgl. Cic.
Tuscul. IV, 22, 49.). Als Feldherr war er ausgezeichnet (Dio Cafſ. frgma.
peir. 34.). 392 dv. St. fland er felnem Vater gegen den Tribunen Pompo⸗
nius bei (f. Nr. 1.) und wurbe deßhalb noch in demſelben Jahre vom Bolt
-
1492 Manlia gen
zum trib. milit. gewäßlt (Liv. VII, 5.). Ungefähr 393 d. St. (Elaubint
Hab an 387 d. St. und mit ihm flimmten mehrere Schriftiſteller, jedoch
verwirft Livius VI, 42. das Jahr 387 d. St. wohl mit Recht, ba fonfl
ſchwerlich Manlius 392 dv. St. die Role hätte fpielen können die er geſpielt
bat; Sonar. VII, 24. nennt au das Jahr 357 d. St.; Liv. VII, JO. wirb
da8 Jahr 393 d. St. angegeben; Oroſ. II, 6. fagt: im Jahr 388 d. Gt.
nennt aber als Feldherrn ben Quinctius diet. der 393 d. St. Diktator war:
Aur. de vir. ill. 28. bezeichnet wahrſch. das Jahr 396 d. St., wie dem
au Liv. VI, 42. andeutet daß einige Quellen den Zweikampf um 397 v.
St. geihehen ließen, j. Liv. 1. I. die Worte: decem aut minus flatt deren
NH freilich im unfern gangbaren Terten ein falſches haud minus findet;
Suidad v. Togxovarog u. Butr. II, 5. in welchen beiden Stellen Manliue
als Senator bezeichnet wird; Claudius bei Bell. IX, 13. Gic. de off. III,
31, 112. de fin. I, 7, 22. II, 22, 73.) tödtete Manlius im Angeſicht des
Heeres einen Ballier im Zweilampf und erwarb fi dadurch den Beinamen
Torquatus {f. d. eben angef. Stellen; über feinen Beinamen Imper. f. si
cap. 407. fasti triumph. 414. Cic. de fin. II, 19, 60.). 407 vd. St. war er
Conſul (Liv. VII, 27. wo er irrigermeife in den Handſchrr. regelmäßig ale
zum zweiten Male Conſ. angeführt wird, f. die Ausll. zu d. St.); 410 d. St.
war er zum zweiten Mal Conſul (Liv. VII, 28. Cafflobor. fasti sic.); 414 |
d. St. zum dritten Male (Eaffiov. anon. Nor. fasti sic. Liv. VIN, 3. Eie.
de off. III, 31, 112. de fin. I, 7, 23. Bonar. VII, 26.). In dieſes britte
Conſulat, in welchem er die Katiner theild mit theils ohne feinen Gollegen fo
entſcheidend beflegte daß er dadurch Noms Macht über fie gründete, wird
meiſtens die Hinrichtung gefegt die er an feinem Schne vollziehen ließ um
die Mannszucht aufrecht zu erhalten und deren Andenken dur den Ausdruck
manliana imperia verewigt warb (Liv. VII, 3—12. Eie. 1.1. Val. Mar.
1, 7, 3. D, 7, 6. Aur. 1.1. Gell. I, 13. Dio Eaff. 11. 11. Bonar. IX, 26.
Nah Sall. Cat. 52. Dion. VIH, 79. ließ er feinen Sohn in einen galliichen
Kriege hinrichten, jedoch willen mir durchaus nicht ob er jemals als Feld⸗
herr gegen die Gallier Krieg führte und es iſt wahricheinlih hier wie bei
einer andern Gelegenheit, f. Nr. 3 a. E. von unfern Quellen Nr. 3 mü
Mr. 8 verwechfelt, wie denn auch Zonar. IX, 3. die Hinrichtung feines Sohnes
Nr. 8 beigelegt wird). Nach ver beflimmten Angabe des Liv. VII, 26. war
unfer Manlius 405 Diktator und nah einer Andeutung bei Liv. VII, 19.
Thon vorher 403 d. St.; jedoch ift das höchſt unwahrſcheinlich da er af
407 d. St. Conſul ward, und die Verf. der fasti cap. ſcheinen über diefen
Punkt anderer Anfiht als Livius gemefen zu ſeyn. Ein Bruchſtück der
fasti cap. zu 405 d. St. (— biit.) deutet darauf bin daß der damalige
Diktator geflorben fey während unſer Manlius noch Tange naher lebte.
Wer der Manlier geweien fey der 403 u. 405 d. St. Diktator war If
ſchwer zu fagen. Endlich wird auch Über unfern Manlius von Dio frgma.
vatt. 29. Aur. de vir. ill. 28. eine Geſchichte erzählt welche ſonſt mit grö⸗
derer Wahrſcheinlichkeit auf Nr. 8 (f. dv.) bezogen wird.
4) T. Manlius, Sohn von Nr. 3, wurde auf Befehl feines Vaters
bingeriätet, |. Nr. 3.
9) T. Manlius Torquatus, Conſ. 455 d. St. flarb zu Anfang
feines Conſulats (Xiv. X, 9. 11. Gafflod. anon. Nor. fasti sic.).
6) L. Manlius Torquatus, 459 d. ©t., Legat bed Proprätors
Scipio (Liv. X, 26.).
7) A. Manlius T. f. T. n. Torquatus Atticus, Cenſor 307 ».
St. (tasti cap.), Conſ. 510 d. St. (fasti cap.); zum zweiten Male Gonf.
513 d. St. (fasti cap., Eutr. II, 28. Orof. IV, 11.) führte er einen kurzen
glüdligen Krieg gegen die Falisker und triumpbirte (fasti triumph., Gute. U,
Manlia geme 1498
28., vgl. aber Zonar. VID, 18. Val. Mar. VI, d, 1. Oroſ. IV, 11.).
Leber jeinen Tod f. Nr. 10.
8) T. Manlius, T.f. T. n. Torquatus, den Zeitverhäftnifien nad
entweder rin Sohn oder ein Bruber von Nr. 7, ſtreng wie alle Manlier
(Xiv. XXI, 60. 61. XXVI, 22.). Als Gonful 519 d. St. befiegte ex bie.
Sarbinier (fasti triumpb., @utr. II, 3. Liv. XXI, 34. Oroſ. IV, 12.
Bel. Bat. 11, 38.), auch war fein Gonfulat deßhalb merkwürdig weil unter
ihm eine Zeitlang der Ianustempel gefchlofien war (Bell. Bat. IT, 38. Liv.
I, 19. Drof IV, 12. Barro 1. 1. p. 4165. Spengel, p. 65. Müller, Blut.
Numa 20.). 523 ®. St. war er Cenfor, mußte aber als vitio factus wieder
abtreten (fasti cap.). 530 d. St. war er zum zweiten Diale Gonful, Fämpfte
mit feinem Gollegen nicht unglüdlih gegen tie Gallier und führte bei der
Gelegenheit nebft feinem Eollegen zuerft die Nömer über den Bo (Bolyb. II,
31. Drof. IV, 13. Liv. ep. 20.). 538 d. St. flimmte er (Liv. XXI, 60.
nobis adolescentibus) gegen die Lookaufung der bei Cannaä gefangenen
Römer; 539 d. St. ward er nah Sardinien geiandt um bier während ber
Krankheit des Prätors DO. Mucius die römifchen Angelegenheiten zu bejorgen
‘und fänıpfte daſelbſt flegreih gegen die Sarder und Pöner (Liv. XXIII, 34.
40. 41.). 542 d. St. bemühte er fi vergebens um bad Oberpontifikat
(Liv. XXV, 5.; darüber daß er Pontif. war, f. d. Ausll. zu Liv. XXX, 39);
für 544 d. St. wollte das Volk ihn zum Gonful ernennen, er aber jchlug
das Gonfulat aus (Liv. XXVI, 22., vgl. Zonar. IX, 5., bei Dio u. Aur.
wird dieſe Geſchichte von Nr. 3 erzählt, |. Nr. 3 a. &.); 546 d. St. war
er dictat. comit. et lud. f. c. (Liv. XXVII, 33.). Er flarb wahrſch. 552 d. St,
(f. d. Ausll. zu Liv. XXX, 39., mo die Handſchrr. theils T. theils L. leſen).
9) T. Manlius A. f. T. n. Torquatus, dem Namen und der
Zeit nah wohl cin Enkel von Nr. 8, mar Gonf. 589 d. St. (fasti cap.,
Gaffiod., anon. Nor., fasti sic., Jul. Obſ. ce. 72.). Als 613 dv. St. fein
Sohn, den er in adoptionem D. Silano emancipaverat, von den miacedonifchen
Geſandten im Senat angeklagt wurde daß er als Prätor In Macebonien
Beld genommen habe, bat er fih vom Senat aus daß Ihm zuerfl die Unter»
ſuchung überlaffen werde. Nachdem ihm das geflattet war verbannte er
feinen Sohn aus feinem Angeficht, worauf diefer fich erhängte (Eic. de fin.
I, 7, 24. Liv. ep. 54. Val. Mar. V, 8, 3.). Wahrfcheinlih ift er derſelbe
T. Manlius’ Torquatus der nah Liv. XLIII, 11. im Jahr 584 d. St. pon-
tifex warb und ebenfo derſelbe T. Torquatus der nah Pol. XXXI, 18, 25—27.
XXXII, 1. un 592 d. St. als Gefandter nad Aegypten ging um die Strei»
tigfeiten zwifhen dem Altern unb jüngern Btolemäus beizulegen, bier aber
nichts audrichtete und fpäter in Mom gegen ven ältern Ptolemäus flimmte.
10) A. Manlius A. f. T. n. Torquatus, Gonf. 590 d. St. (fasti
cap.), den Namen und der Zeit nach Bruder von Nr. 9. Er it wahrid.
berfelbe A. Manlius Torquatug ver als Prätor 587 d. St. nah Sardinien
jollte aber nicht abging, ad res capitales quaerendas ex Scto retentus
(Liv. XLV, 16.). Ob das was Pin. H. N. VII, 58. von dem plößlichen
Tode eined Confularen A. Manlius Terquatus erzählt auf ihn oder auf Nr. 7
geht, if ungewif. -
11) O6 ein L. Manlius Torquatus unter Sulla Broquäflor war, wie
Eckhel doctr. numm. unter Manlia annimmt, iſt zweifelhaft, jedenfalls irrt
Eckhel darin daß er ihn mit Nr. XII, 11 für dieſelbe Berfon Hält, da Letzterer
in den Handſchrr. C. genannt wird. .
12 u.13) A. Torquatus, frater patruelis el socer T. Torquati,
war gegen Ende des 7ten Jahrhunderts d. St. (vielleicht ald Proprätor) in
Afrika, ic. pr. Planc. 11, 27. Der T. Torquatus ift vielleicht derſelbe
+
1498 \ Naulia gens
T. Torqu. T. f. der bei Cic. Brut, 70, 245. ald Senator und berebt aber
träge zum Reden geſchildert wird.
14) Vielleicht dieſelbe Berfon mit Nr. 12 ift ver A. Torquatus bei
welchem Mile 702 d. St. de ambitu angeflagt warb (Mfcon. p. 40. 54.
ed. Or.), der ein Freund @icero’8 war (Gic. de fin. II, 22, 72. ad fam.
v1, 1—4. ad Att. V, 1, 5., wozu zu vgl. 21, 10. VI, 3, 6.), der fid
im Bürgerkriege offenbar nicht für Gäfar erklärte, um 709 d. St. in Athen
lebte und vießeicht noch vor Ende 709 d. St. farb (vgl. ic. ad fam. VI,
j—4. de fin. 1. I. ad Att. VII, 14, 2. IX, 8, 1. XU, 17. XI, 20, 1.
21, 2.). Bgl. Nr. 17.
15) L. Manlius Torquatus, @onf. 689 d. St., ein Mann befien
gravitas, sanctitas, constantia Cicero (pr. Sulla 10, 30. 12, 34.) Iobt.
Er erlangte das Bonfulat für 689 d. St. erft nachdem die ſchon für 689
d. St. deflgnirten Eonfuln nit ohne feine @inwirkfung (f. Nr. 16.) wegen
Ambitus verurtheilt waren (Sal. Cat. 18. Dio Gaff. XXXVI, 27. Aſcon.
p. 74. ed. Or.). Während ſeines Confulats in welchem er genau mit Hor⸗
tenfind fand (Cic. pr. Sulla 4, 11 f.) fiel die fogenannte erfle gegen ihn
und feinen Gollegen geridhtete und von ven für 689 d. St. deflgnirt gemefenen
Conſuln andgegangene catilinarifhe Verſchworung vor, an der er wenigſtens
anfangs Gattlina für unfhuldig gehalten Haben miug da er 669 d. St. dem
Catilina als derſelbe reus de pecun. repetundis war, advocatus fuit (Cic.
r. Sulla 4, 11. 12. 29, 81. Sal. 1. I. Die Cafſ. 1. 1. Liv. ep. 101.
fcon. p. 94.). Nach feinem Conſ. mar er Proconful in Macebonien (ic.
in Pison. 19, 44.), wo er und unbefannte Ihaten verrichtete, um derenwillen
“ibm vom Senat auf Cicero’ Betrieb der Titel Imperator verliehen ward
(@ic. in Pison. 19, 44.). Zur Zeit der catilinarifchen Verſchwörung 691 d. ©t.
war er troß einer Krankheit gegen Gatilina thätig (Cic. pr. Sulla 12, 38.
ad Att. XII, 21, 1.); 696 d. St. fndte er vergebens bie DBerbannung
Eicero’8 abzumenden (Cic. in Pison. 31, 77. 78.). Auf ihn geht wohl auf
Gicero’8 Urtheil Brut. 68, 239.: elegans in dicendo, in existimando ad-
modum prudens, toto genere perurbanus, Bgl. über ihn Nr. 16 a. E.
16) ©. des Vorigen, der Batrisier (Cic. pr. Sulla 8, 23—25.) L.
Manlius Torquatus, als Redner unbedeutend, wenn gleih von großem Ges
dächtniß und von einer summa verborum et granditas et elegantia (Gic.
Brut. 76, 265.), @picuräer, aber vielleicht mehr ver Iheorie al8 der Vraris
nach (ic. Brut. 1. 1. de fin. I, 5, 13. 14.) und Freund bes Brutus
(@ie. Brut. 76, 266.), war der Sohn von Nr. 15 und einer Asculanerin
(Eic. p. Sulla 8, 25.). Noch jung Elagte er 688 d. St. in Gemeinſchaft
mit feinem Vater den für 689 d. St. veilgnirten Gonful PB. Sulla des Am⸗
bitus an und hatte die Genugthuung daß nicht bloß Sulla verutheilt ward
fondern au Nr. 15 für 689 d. St. das Conſulat erhielt (Sic. de fin. II,
19. 62. Dio Caff. XXXVI, 27. Afcon. p. 74. ed Or.). Während Gicero’s
Prätur (688 d. St.) und Confulat (691 d. St.) ſchloß er ſich an dieſen fehr
enge an (Cic. pr. Sulla 12, 34.); 692 d. St. Elagte er den P. Sula —
ohne Erfolg — der Theilnahme an der erften und zweiten catilinarifchen
Verſchwoͤrung an und als Cicero den Sulla vertheldigte machte Torquatus
mehrere höchſt ehrenrührige Bemerkungen gegen Eicero (Gic. pr. Sulla a. m. O.,
ef. 1, 1—3. 3, 10. 7, 7, 23. 14, 40.). 700 d. &t. wollte er den
Gabinius des Ambitus wegen anflagen, warb aber nicht zur Klage jrochfen
(Cic. ad. Att. IV, 16, 11. ad Qu. fratr. II, 3, 2). Im Bürgerkrieg
ftand er auf Seiten des Pompejus: 705 d. St. war er Prätor (Eäf. b. civ.
I, 24.), 706 d. St. wurde er von Caſar gefangen genommen (Gäf. b. civ.
HI, 11.), 707 d. St. wurde er in Afrika in einem Gefecht gegen bie Gäjas
tianer erſchlagen (bell. african. 96. vgl. Cic. Brut. 76, 266.). Auf ihn oder
\
Manlia gens 1493
feinen Bater beziehen fi wohl noch folgende Stellen: Cic. ad Att, VII, 12, 4.
‚3. IR, 8, 1. Ob die Briefe des Cic. ad fam. VI, 10. u. 11. an ihn
gerichtet find ift fehr zweifelhaft.
17) T. Torquatus wird ald optimus adolescens von Eic. pr. Deiot.
11, 32. bezeichnet; vielleiht derſelbe welcher bet. Cie. epp. ad Brut. I, 6.
vorfonmt. Möglicherweife Degiehen Ih auf ihn auch einige der Stellen die
Nr. 14 a. E. angeführt find
18) Bei App. mithr. 95. wird ein Manlius Torqualtus genannt ber
687 d. St. Legat des Pompejus gegen die Seeräuber war; ob er etwa die⸗
felbe Berfon mit einem der Nr. 11—15 Genannten ift, bleibt dahingeſtellt.
IV. Die Manlii Cincinnati.
Im Jahr 274 d. St. war ein Conſul, aljo PBatrizier, der nach dem anon.
Nor. und ben fasti sicc. Cincinnatus heißen müßte, der wahrſch. ein Manlius
war der bei Dion. C. genannt wird, bei Andern Cn., und in einer Schlacht gegen
die Etrusker fiel (Liv. II, 43—47., wo er auch Manilius heißt, und ſelbſt
Mamilius, Dion. IX, 5—13. Diod. XI, 50. Zon. VII, 17. Oroſ. II, 3.).
V. Die Manlü Acidini, Plebejer (f. Nr. 3—5), bie wenigflend zum
Theil in ehrenvoller Armut lebten (Gic. de lege agrar. II, 24, 64.).
1) L. Manlius.Acidinus, 544 d. ©t. praetor urb. (Bir. xxvi.
23. XXVII, 4.). Er ſtand 547 d. St., als Asdrubal in Italien einfiel,
mit einem ‚Heere in faucibus Umbriae (Lio. XXVII, 50. vgl. 48.), befehligte
549 d. St. u. I50 d. St. ale Proconful in Spanien (Liv. XXVIII, 38,
XXIX, 13.), unterbrüdte bier 549 d. St. in Verbindung mit feinem Eollegen
Lentulus einen Aufſtand der Spanier (Liv. XXIX, 2. 3. App. hisp. 38.),
fehrte 555 d. St. aus Spanien zurüd, wurde aber an ber nation bie der
Senat Ihm zugefland durch den trib. pl. Borcius gehindert (Liv. XXX, 7.).
2) L. Manlius L. f. L. n. Acidinus Fulvianus (fasti cap.
575 d. ©t.), der Zeit nah ein Sohn von Nr. 1. Er war ein Sohn des
Fulvius Flaccus der 542 der St. Conful mar und ging durch Adoption in
die Bamilie der Acidini über (fasti cap. 575 d. St. Bell. Pat. II, 8.);
als Prätor warb er 566 d. St. nad Hispania citerior gefandt wo er biß
569 d. St. blieb. 568 d. St. flug er die Geltiberer, 569 d. St. kam er
aus Spanien zurüd und ovirte (Liv. XXXVIII, 35. XXXIX, 21. 29.). 571
d. St. warb er als legatus in ben Angelegenheiten der Ballier gebraugt
(Liv. XXXIX, 54.), 973 d. ©t. half er die Colonie Aquileja gründen
(8iv. XL, 34. XXXIX, 55.). 575 d. St. war er Conful und warb als
Be na Ligurien heſchick wo er nichts Bedeutendes verrichtete (Liv. XL,
35. 43. 44. 33.). Er galt dem M. Scipio für einen trefflichen Bürger
(Cic. de rat. 11, 64, 260.).
3—5) Liv. XLII, 49. fagt: ale 583 d. St. der Conſ. Licinius gegen
Perfeus in den Krieg zog wurben mit ihm gefanbt (res illustres iuvenes,
P. Lentulus et duo Manlii Acidini; alter M. Manlii, alter L. Manlii (ber
Seit nad Nr. 2.) filius era. Da bei dem M. Manlii alle Handſchrr. in
M. zu flinnmen feinen (f. d. Ausll. zu d. St.) ‚fo ergibt- fich daraus daß
die Meibiner Plebejer waren (vgl. Nr. I, 3 a. €.
6) Acidinus, ſcheint fich um 709 d. ©t. in Athen aufgehalten zu
haben, Cic. ad Att. XII, 32, 2. ad fam. IV, 12, 2.
VI. Die Manlii Mancini, Plebeler. Aus einer Zufammenftellung
von Sal. Jug. 73. Gel. VI, 11. und ber bei Meyer oralt. rom. Irgma.
p. 250 angeführten Stelle des Prisclan (VIII, 4. p. 369.) ergibt ſich daß
647 d. St. ein trib. pl. Cn. Manlius Mancinus (Varr. C., L., Manilius,
Mallius, Mancius, Mancilus, Mantinus, Numantinus) war der mit dem
Metellus Numidicus in Streit lag und auf deſſen Antrag dem Marius bes
Oberbefehl gegen Jugurtha übertragen ward.
1496 Menlia gem:
VIT. Ueber bie Manlii Chilones vgl. Mallii ©. 1463, 9. u. &. 1422.
VII. Die Manlii Lentini. Im Jahr 693 d. St. ftanb ale Befehle⸗
haber unter Pomptinus, dem Brätor von Gallien ein Dann welden Die
Gafl. (XXXVI, 47. cfr. 48.) Mallius Lentinus nennt; da aber Dio Gajl.
nie Manlius fchreibt fondern flatt deſſen ſtets Mallius und da das Dafenn
einer Gens mallia etwas zmeifelhaft id_fo zählen wir ihn zu den Manliern.
IX. Die Manlii Maximi, vgl. Mallü 3. ©. 1463
X. Die Manlii Prisci. Manlius Priscus war ein Legat des Pompejus
im mithridatiſchen Kriege, Ummian. Marc. XVI, O.
XI. Auf einer Münze findet ſich als Beinamen eines Manliers: Ser.
worüber vgl. Eckhel doctr. n. V. p. 243 f.
XII. Manlii aus der Zeit der Republik die in unſern Quellen ohne
Beinamen aufgeführt werden.
1) Manlius führte als Prätor 986 d. St. (Liv. XXI, 25. 26.
Vol. III, 40. nah Liv. XXII, 33. müßte man annehmen 535 v. &t. „ jedoch
bat ſich entweder Lioius bier geradezu verſehen, oder das biennio iR deßhalb
nicht zu premiren weil das Conſulatjahr 597 d. St. mit dem bürgerlichen
Jahr 537 d. St. wahrſcheinlich durchaus nicht ſtimmte) einen unglüdlichen
Krieg gegen die Gallier (Liv. 11. I. Bol. 1. 1.) während beffen er Unruhen
in feinem Heere zu beflehen hatte und daher ver Concordia einen Tempel
gelobte (iv. XXII, 33., vgl. XXI, 21.) Ob er verfelbe L. Manlius if
‘ber bei Eato de re rust. 144. erwähnt wird, bleibt zweifelhaft. Val. Ar. 2.
2) L. Manlius warb bei Canna gefungen, ‚fienber ein vornebmer
Römer (Liv. XXI, 61.). Ob er derfelbe mit Nr. 4 tft bleibt dahingeftellt.
3) A. Manlius, Sriegstribun, wurbe 546 d. St. in bemfelben Hin⸗
terhalt mie der Conſul Darcelus von den Puniern getödtet (Liv. XXVII, 27.
vgl. daſ. d. Dar. Manlius für M’Aulius).
4) P. Manlius wurde als PBrätor 559 d. St. (Liv. XXXIII, 42.)
dem Conſul Cato nad) Hispania cilerior als adjutor beigegeben (Liv. xxxũi.
43. xgl. d. Ausll. zu Liv. XL, 16.) und beſiegte 559 d. St. bie Turdetaner
(Liv. XXXIV, 17.); 972 dv. St. war er wiederum Prätor und warb nad
Hispania ulterior geſchickt (Liv. XXXIX, 56. AL, 1. 16. und zu leßterer
Stelle die Ausl.). 572 dv. Gt. richtete er in Spanien nichts aus (Rio. XL,
16.), 573 d. St. kämpfte er mit den Lufltaniern (Liv. XL, 34.), 974 v. ©t.
kehrte er aus Spanien zurüd und flarb (Liv. XL, 42.) Gr war triumvir
epulo (Liv. XL, 42.) und als ſolcher vieleicht 558 6. St. gewählt (vgl.
die Ausll. zu Kin. XXXIN, 42. an welder Stelle fein Name nad einer
wahrfcheinlicgen Vermuthung in vie laufenden Texte aufgenommen iſt, ohne
in den Handſchrr. zu fleben).
5) L. Manlius warb 566 d. ©. den Gartbagern audgeliefert weil er
deren Geſandte pulsasse dicebatur, Liv. XXXVDI, 42. Bal. Mar. VI, 6, 8.
6) L. Manlius, Quäfler 586 d. ©. , wurde dem Miagasbe, bem
Sohn Maſſiniſſas, als diefer nah Mom reiste, während feines Aufenthalte
in Italien zum Begleiter gegeben (Liv. XLV, 13.
7) A. Manlius war 647 d. St. Legat bes — * im jugurthiniſchen
Kriege (Sall. Jug. 86. 100.) und ging mit Sulla als Geſandter zum
Bocchus (ib. 102.).
8) A. Manlius A. f. wird bei Orelli inscript. 3114. in einer Urkunde
ermähnt bie man gemößnlih um 664 d. St. fekt.
9) Q. Manlius (der. Mallius) war als trib. pi. für 685 v. ©ı.
gemäplt (Eie. in Verr. I, 10, 30.); vielleicht iſt er au Gr. pr. Cluent.
18, 39. gemeint.
10) Cn. Manlius, trib. pl. 695 d. “ oder 696 d. 6. ‚(685% Ei.
möchte aus Rückficht auf Asc. "ed. Or. p. 32. sigaißcasse iam u. f. w.
Manltana 1497
vorzuziehen fenn), verfuchte ein Geſetz durchzubringen ut libertinis in omnibus
tribubus suffragium esset. Sein Tribunat war flürmifch, blutig (dc. ed.
Or. p. 46. und daf. Balter 8 Aum.). Ob er im folgenden Jahre causam
de maiestate dieturus mar oder nicht, iſt ungewiß da ſich Schol. Bob. ad
milonian. p. 284. ed. Or. vielleiht auf ihn, vielleiht aber auch auf Mani-
lius Nr. 6 bezieht. -
11) C. Manlius over Mallius. Ein Anhänger de8 Sulla unter
dem er wahrſcheinlich als Centurio (Eic. in Catil. H, 6, 14. Dio Eaff.
XXXVII, 80. vgl. Plut. Cic. 14.) diente und von dem er in eine ber fulla>
niſchen Colonien, vielleicht Fäſulägeſchickt warb (Cic. in Cat. II, 9, 20.
vgl. Sal. Cat. 27.5 05 er diefelbe Perfon mit Mallius Chilo, f. Mallüi 4.
war ift ungewiß, jedoch nicht unmöglih, vgl. Cic. in Cat. II, 6, 14. mit
Sall. Cat. 30.). Obgleih er fih unter Sula große Reichthümer erworben
hatte, verſchwendete er viefelben do wieder (Die Eafl. XXXVII, 30.) und
ſchloß id fpäter an Gatilina an (Blut. Cie. 14.). Bon diefem murbe er
691 d. St. nah Eırurien gefandt um Bier ein Heer zu fammeln (Sal. Cat.
27—29.); ald er dieſes beifammen Hatte empörte er ſich gegen Mom a. d.
VI. cal. Nov. 691 (Sal. Cat. 30. 33. 34. 36. Eic. in Cat. I, 8, 7.
9, 23. 24. 12, 30. Plut. Cic. 16.). In der Schlacht Hei Piſtoja 692 d. St.
befebligte er den rechten Blügel des catilinarifchen Heeres und wurde erſchlagen
(Sal. Cat. 59. 60.). Bgl. Ar. IH, 11.
XIII. In der Kaiſerzeit hat dad während der Republik fo ausgebreitete
manliſche Geflecht noch lange geblüht wie aus folgenden Verſonen erſichtlich iſt.
1) In den Druden wird bei Plin. H. N. XXXVI, 15. zuweilen ein
Manlius als berühmter Mathematiker zu Auguſt's Zeiten genannt, jedoch
fehlt der Name in den Handſchrr., |. Harduin. daſ.
2) Manlius Valens, römifcher Befehlähaber in Britannien 803 d.
St. (Tac. ann. XI, 40.) vieleicht verfelbe der 822 d. St. legatus Italicae
legionis war (Tac. hist. I, 64.); vielleicht auch berfelbe C. Manlius Valens
ber 849 d. St. im YOften Jahre Conſul war und flarb (Dio Eaff. LXVII, 14.).
3) Manlius Patruitus, Senator 823 d. St. (Var. hist. IV, 45.).
4) Manlia Scantilla, bie ®rau bed Kaiſers Didius Julianus (reg.
946 d. ©t.), bei Ael. Spart. v. Did. Jul. 3. wird fie Mallia genannt auf
einer Münze aber heißt fie Manlia.
5) Fi. Manlius Theodorus, @onf. 1191.
6) FI. Manlius Theodorus, &onf. 1237.
7) Anicius Manlius Severinus Boöthius, Conſ. 1262., wohl
identifch mit dem gleichnamigen Gonf. von 1274.
8) Manlius Statianus, römiſcher Senator um 1029, Vopiséc. v.
Probi 12.
9) Manlius Vopiscus, ein Belannter des Statiud, Stat. silv. I, 9.
XIV. Stellen der Alten, in denen Manlier angeführt merben bie ent-
weder ganz unbebeutend find oder deren Berhäftniffe von uns nicht ermittel
werden können, find: Gic. ad Att. I, 16, 16. (Bar. Mallius); pr. Cluent
13, 38. (Bar. Manilius, vgl. aber 12, 9.); in Verrem II, 8, 23. (Bar.
Manilius); ad fam. XII, 22, 1. XIII, 30, 1.; de legg. II, 22, 59.; Zar.
ann. II, 50.; Cato de re rust. 144 (vgl. Nr. XII, 1.). Au werben in
Meineſ. inser. verſchiedene Manlier (Männer und Brauen) genannt, von denen
für und wohl nur die daf. p. 546 Angeführten Interefie haben, weil aus
ihnen hervorgeht daß es fpäter audh in der tribus palatina Manlier gab. [Br.]
Manliana (Markiare), 1) Stadt in Etrurien an ber Straße von
Rom über die Alpes Maritimas nach Urelate unweit Maſſa Beternenfls,
(Bol. IM, i, 49. It. Ant. p. 292. Tab. Bent.) j. Magliana unweit
Siena. Wgl. oben S. 1049. Anm. 2) Stabt der Venone Hiſpania
N.
1498 Manlianas Saltus — Hamsio
Tarrac. (PBtol. 1, 5, 9.). 3) Stadt in Mauritania Gäfarienfld am nörd⸗
lichen Abbange der Gariphi Montes (Biol. IV, 2, nr vgl. au Auguflin.
Ep. 236. Geo. Nub. p. 81. u. Leo Afr. p. 380. bei Lorebach), zwei Tag»
reifen vor Cäſarea u. 20 Mil. von Icoflum, ver Todedort von Einem der
Söhne ded Pompeius; j. Miliana 28 St. füdwefll. von Algier u. 14—15
St. com Hafen Diherdichel und dem Meere, wo die Franzoſen bie es im
3. 1840 einnabmen noch viele Trümmer fanden, bie von der ehemaligen
Bedeutſamkeit des Orts zeugen. [F.]
Menlianus Balteus (Liv. XL, 39.), ein Zmeig des Ipubebagebirges
in Sifpania Tarrac., wahrſch. die Sierra de Molina im N. vom Cuenca
an ber Brenze von Aragonien und Gaflilien, nah Ufert II, 1. ©. 279.
aber die etwas ſüdliche Sierra der Guadeloupe in Aragonien. [F.]
Mannaritiam (It. Ant. p. 369.), Ort auf ber Batavorum Insula
in Ballta Belgica an der Strafe von Lugdunum Batavorum über Colonia
Trafana, Colonia Agrippina u. f. w. nach Argentoratum; j. ber Flecken
Maurit 3 M. von Utrecht (vgl. Cluver II, 36. p. 495. u. d'Anville p. 432.).
Ukert II, 2. ©. 533. ſucht e8 bei Wyk. JF.] "
Manneias und Manneia, ein auf Iyſchriften bei Leuten niedrigen
Standes häufig vorfommenber Name, ſ. bei. Gruters Index p. 212. [W.T.)
Mannes, römifcher Töpfer auf einem bei Neuß gefundenen Opferteller
von Terra sigillata mit ber Auffrift OF. M. Manni. Jahrbb. der ıheinl.
Alterthumsfr. VI. ©. 411. [W.]
Manoba, |. Maenoba.
Manrali (NMasoodoı), 1) Volk im Innern von Colchis, Öfllih von
ben Suant und Gorari (Ptol. V, 10, 5.); ji. Mingrelier. 2) Volk im
Innern Libyens (Ptol. IV, 6, 21. wo fih jedoch auch vie Variante Mau-
vaio. finde). [F.]
Mansa, |. Mesua.
Mansio, (von manöre, bier übernachten, f. Gicero ad Attic. IV, 8.
V, 4. &iv. II, 45. 30.) bedeutet zunähft wohl jedes Verweilen un einem
Drt, jeder Aufenthalt und Aufenthaltsort (daher bei Palladius I, 9. 12.
mansiones aeslivae, hibernae, vernae, auctumnales); dann aber erbieht
das Wort den beflimmteren Sinn eined Ortes wo man auf einer Reiſe
übernadtet, eined Nachtquartiers und weiterhin einer Tagreife, einer Station
(Sueton Tiber. 10. Plin. H. N. XII, 14, 32. VI, 23, 26.) und in dieſem
ſpeziellen Begriff find zu nehmen 3. B. die mansiones Albanae oder ber
Milltärpoften auf dem Albanerberg; vgl. Gapitolin Maximin. 23. Herodian.
VIII, 5, 8. oder die Mansiones Saliorum (bei Öruter p. 183, 5.), die
einzelnen Stationdhäufer in welchen die Salifchen Priefter bei ihren feierlichen
Umzügen mit den ancilifhen Schilden rafteten, au die Nacht wohl mit den
bier aufbewahrten heil. Schilden zubrachten (f. Cuper. Observatt. IV, 2. p. 372.
vgl. Gutberleth De Saliis c. 16.). In der fpäteren römiſchen Kaiferzeit
fpielen aber die Mansiones ald ein weſentliches Glied des über das ganze
Reich audgebreiteten beſonders militäriſchen DBerpflegungs- und Gommunifa>
tionsweſens eine bedeutende Mole. An den verfchiedenen Haupt» und Milinär-
firaßen des Reichs waren in gemeſſenen Entfernungen welche das Maaß einer
Tagreife beflimmen* mansiones erridtet, d. 5. Stationen auf welden alle
die im öffentlichen Dienft reisten, auch die Raijer wenn fie eine Reiſe unter»
nabmen (vgl. Lamprid. in Alex. Sever. 45.), dann bie höheren Provinziaf-
beamten, die Richter, insbeſondere aber bie Militärperfonen das Nadtquartier
zu nehmen Hatten, wo fie baber auch mit allem was zu einem foldhen
„* B. B. von achtzehn Millien, Lactant. de mort. pers. 45. Geminalis manaie-
nibus, in verboppelten Xagmärfchen, ib, | W, T.)
Mansista — Mantelum 1499
Unterfommen nöthig war verfehen werben mußten, und für fi wie für ihr
Gefolge jede Pflege, Beföfligung u. f. w. anzufprechen hatten, namentlich
auch die nöthige Fourage, die Pferde zum weitern Forikommen u. dgl. m.
&o bildeten biefe Mansiones, zumal wenn fie an vielbefuchten großen Heer»
und Landftraßen fi befanden, ausgedehnte, mit Bäulichkeiten jeder Art, ins⸗
befondere auch mit Stallung, Scheunen, wohlverfehene Räume, manche auf
mit eigenen zum Aufenihalt des Kaiferd eingerichteten Zimmern ober Gebäuden
(Palatia); fie Tagen je nad den Diffanzen bald näher Halo ferner den ver:
ſchiedenen die Landftraße berührenden Stäpten, wiewohl ed auf vorkommt
daß biefe in Ihrer Mitte ſolche mansiones anlegten; auch führte einer der
Curiales (vgl. Bd. H. S. 885.) des nächft gelegenen Ortes zu deſſen Terri⸗
torium die mansio gehörte die Dberaufficht über dieſelbe, falls dieſe nicht
feloft Schon fo bedeutend geworden war baß fie ihre eigene Curia, ihre
eigenen Curiales (Praepositi mansionum) und auch ihren eigenen Geiſtlichen
(episcopus) hatten. Dem Gouverneur (rector) der Provinz lag aber vor
Allem ob zu forgen baß dieſe mansiones fletd im gehörigen Stand erhalten
murben ſowohl die Häume zum Unterbringen der Berfonen wie der Pferde
als insbeſondere die Vorräthe zur Verpflegung. Zahlreiche Beflimmungen
über diefe Einrichtung finden ſich in dem Cod. Theod.; in den Stinerarien
warb bie Entfernung nad folgen Mansiones (oraduni, Thom. Mag. p.
807 f.) berechnet von welchen fi$ unterfäheiden die. Mutationes, d. h.
Stationen oder Orte mo ein blojer Wechfel der Pferde ohne weitern Aufent⸗
balt oder Nachtlager flatt fand (vgl. Ammian. Mare. XXI, 9. mit den
Audlegern u. Itiner. Anton. p. 553. 558. ed. Wefleling. Cod. Theod. VIII,
5, 93. XI, 1, 9.), daher oft mehrere folder Mutationes auf eine Mansio
tommen, ohne daß bie wahrfcheinlih durch das jebedmalige Bedürfniß be⸗
flimmte und eben danach wechfelnde Zahl biefer Vofthäufer fich genau bes
ſtimmen läßt, Wefleling zu Anton. Itiner. p. 552. vgl. p. 6. und beſ.
Codex Theodos. I, 7, 4. (mit dem Gommentar p. 51. T. I. ed. Ritter)
und XI, 1, 9. p. 18f. wo fämmtlie Stellen des Codex Theodoſ. anges
führt find. Auch in den erfien Zelten der fränkiſchen Monarchie unter Karl
dem Großen kommen für befien Missi und Legati in ähnlidem Sinne Man-
siones vor; doch fängt das Wort an bier immer mehr die Bedeutung von
Wohnung, Haus, Familie zu gewinnen, wie fie in dem daraus eniftans
denen Wort Maison und au in manden Ortsnamen Frankreichs (3. 8.
Malmaison) fi erhalten Hat; f. das Nähere bei Ducange Lex. med.
Latin. T. IV. p. 425 ff. Etwas Anderes iſt die Mansio mala welde
als Strafe bei Ulpian (Dig. 47, 10, 15. u. 96, 3, 7.) vorkommt und mit
der jetzt beim Militär üblichen Lattenſtrafe vielleiht zufammengeflellt werben
fann, als die üble Aufenthaltäflätte, das böfe Quartier, in welches Sträfs
linge geſteckt wurben, vielleicht auch verwandt mit den bei ic. (pro Milon. .
22 fin. vgl. Feſtus v. robum) genannten arcae in welche Perſonen geworfen
wurden bie in "Unterfuhung genommen und vom Verkehr mit Andern durch
engen Gewahrfam abgehalten merben follten. [| B.]
Mansista, ſ. Mopsuestia.
Mansverine, ſ. Mopsucrene.
Mantala (It. Ant. p. 346. Tab. Peut.), Stadt im Oſten von Gallia
Narbonenfis in der Nähe der Iſara und an der Straße von Mediolanum nad)
Bienna, nad d'Anville p. 433. j. Bourg Evescal, nad Andern Greſſy an der
Iſere (Millin Voy. en Savoye I. p. 58.), ober Gt. Jean Ia Porte (Ukert IT,
2. S. 458.) oder Montmeillan in Savoyen (Reichard Thes. Geogr.). [F.]
Mantelum (Masrreior), Name mehrerer dur) damit verbundene
Orakel berühmter Helligihämer, 1) zu Colophon (Plin. V, 29, 31.), un»
1500 Maniäilse — Mantias
fireitig da8 Orakel des Apollo zu Glarus (f. 2b. 11. &. 398. v. 518.). 2) zu
Tomana Pontica (Blin. VI, 3, 4.). 8) bei Epheſus (Plin. V, 29, 31.). [F.]
Mantöle, Mantelium, Mantelum, gried. zapoueaxzpor weldhes
jedoch eine weitere Bedeutung bat und den Begriff von mappa mit umfaßt
(foflbare yao. Herod. II, 122. Alciphr. Epist. II, 46. Sapph. fr. 50 Bgk.,
wo es Kopfbinve ift si 1. c.); das Tiſchtuch (unterſchieden von der mappa
welche jener Gaſt ſelbſt mitbringt, Martial. XII, 29, il f.; aber au damit
verwechſelt, ſ. Plin. VII, 2.: cutibus pro mantelibus ante pectora uti,
vgl. Petron. Sat. 32.: circa cervices immiserat mappam); gemöhnli auß
Leinwand (f. Mart. 1. 1.) oder einem dicken zettigen Zeuge (vgl. gausape
Br. IH. ©. 657. und Pollur VII, 16, 73.: Acoiæ yeıponarroa' wore ovöcr
xwAve Tas Orouclousras harmlos xaleir ovrag), fpäter auch aus Fofl-
baren Stoffen (Cypria, Bopisc. Aurel. 12., aurata, Lamprid. Alex. Ser.
37.; aurea, Irebell. Gall. 16.; cocco clavata, Zampr. 1. I.; his edulibus
picta qvae apponerentur, Lampr. Heliog. 27.). Urfprünglich wohl zugleich
dazu beflimmt daß die Gäſte ihre Hände daran reinigten erhielt eß davon
feinen Namen (von manus, Varro 1. 1. V, 8. extr. Feſt. v. Manticularia,
vgl. Serv. u. Philarg. zu Virg. Geo. IV, 377. Aen. I, 706.); vgl.
Iſidor. Orig. XIX, 26.: mantelia nunc pro operiendis mensis sunt: qvae,
ut nomen ipsum indicat, olim tergendis manibus praebebantur. ©. aud)
Marini Atti d. fr. Arv. II, p. 397. 574. Auch bei Dpfern diente e8 zum
Händeabwiſchen, Ovid Fast. IV, 933. vgl. Bd. U. ©. 1310. 487. unb
Becker, Gallus II. ©. 152% f. [W.T.
Mantiäna (7 Narsarn, Strabo XI. p. 529., j. Ban ober Vaſpu⸗
rakan), ein See in Armenia Minor, und zwar nad Strabo der größte
überhaupt eriftirende Landſee nähft der Palus Mävıid, der bis Atropatene
reiht und falziges Waſſer enthält‘ (welche Eigenſchaft die neueren Reiſenden
nit Tennen, vgl. Tavernier Les six voyages L. III. ch. 3.) fo daß ſich
auch Salzwerke an ihm fanden. Bei Piol. V, 13, 8. beißt er Arsissa
(Apoiwoe, nad anderer Lesart welche aber troß der Handſchrr. minder
richtig fheint Agenoa), welchen Namen er höchſt wahrſcheinlich von einer
an ihm liegenden Stabt führte welche noch immer Ardſiſch beißt, Der eigent⸗
liche Namen fol nah Strabo „meergrün“ bebeuten, wirb aber trotz ber
ſcheinbaren Achnligkeit mit dem heut. Namen doch vielleicht richtiger Ma-
zıevn geſchrieben. [F.]
Manties wird von den Athenern als Feldherr mit 3000 Schwer⸗
bewaffneten und einer anſehnlichen Seemacht nach Methone geſandt, um den
Argäus der auf den macedoniſchen Thron Anſpruch machte gegen Philipp
zu unterſtüßen; Philipp aber flegt über Argäus beror Mantias felb am
Kampfe heil nahm. DI. 105, 1. 360-359 v. Chr. Diod. XVI, 2. 3.
. Drogfen über die Aechtheit der Urf. in Demoſth. Rede v. Kranz S. 140.
behauptet, dieſer Mantias fey der Mantias von Ihorifos, für deſſen Sohn
Mantitheus Demoſthenes die zwei Meden gegen Böotus ſchrieb; ber Beweis
für dieſe freilich nicht unwahrſcheinliche Behauptung fehlt, wenn glei ber
xhorifiee (in Boeot. I, p. 995. R.) als zoAzevdueros bezeidhnet wird;
Bockh Urt. über d. Seew. S. 23. läßt es dahin geftellt feyn, ebenfo ob ber:
jenige Mantias gegen welchen Lyſias eine Rede fchrieb (Harpocr. in Noxor)
ber Thorikier war (vgl. Hoͤlſcher de v. et scr. Lysiae p. 183.). Sicher
aber ift wohl daß fi Ariftot. Rhet. II, 23., wo ein Redner Mantias der
wegen feines Sohnes in Ungewißheit mar genannt wird auf ben Ihorifier
bezieht. Diefer war an eine Tochter bed Polyaratud aus Cholargos (Dem.
in Boeot. II. p. 1009.) verbeirathet die ihm einen Sohn Mantitheus gebar;
er hatte aber auch ein Verhältniß mit Plango, ber Toter des Pamphilus
welge zwei Söhne gebar. Mantias wurde dur eine Anklage genöthigt
*
Mautica — Mantindn 190
fie als die feinigen anzuerkennen; er ließ den einen unter dem Namen Böotuke,
den andern unter dem Namen Pamphilus einfhreiben. Nah dem Tode des
Mantiad verflagte der ebelihe Sohn in ver erſten Demoſtheniſchen Rede (f.
Bd. II. S. 974, 38.) den Bootus daß er fih den Namen Mantitheus ans
maße, gewann aber nit (f. Böckh, Urk. S. 381.); fpäter gab es mifhen
dem eheliden und den unehelihen Söhnen no einen Bermögenöftreit auf
welchen fi$ Dem. in Boeot. 11. bezieht (f. Br. IL. S. 974, 39.). — 2) ein
Strateg Ted Demetrius Poliorfetes, fällt bei der Belagerung von Rhodus,
304 ve. Ehr. Diod. XX, 98. [K.
3) Einer der Erklärer des Hippokrates, f. Fabric. Bibl. Graec. II.
p. 600. Saıl. | B
Mantion, Ead (zıjoa) mit dem nöthigſten Mundvorrath, welchen
man um ten Hals gebunden (Appulef. Met. I, p. 60. Dub. manticam meam
humero exuo, caseum cum pane propere ei porrigo) bei Fußreiſen auf dem
Nüden mit ſich trug (vgl. Catull. 22, 21. Perſ. IV, 24.), bei Reiſen zu
Pferd hinter fi aufband (Kor. Sat. I, 6, 104. mit Schol. Porph. Sen.
Epist. 87.). Als Geldfäckchen kommt es vor bei Feſtus: manticularum usus
pauperibus in nummis recondendis etiam nostro saeculo fuit. Daher man-
ticularius (Iertull. Apol. 44.), manticulator (Pacub. bei Feſt. mantic.),
Beutelſchneider. [W.T.]
Mastıxn, f. Divinatio.
Manticlus, |. Aristomenes 1.
Mantinta (Marricıa), eine der älteften (Som. 1. II, 607.) und
bedeutendſten (Polyb. 11, 56, 6.) Städte Arcadiens am Flüßchen Ophis
(Pauſ. VIII, 8.) im öftlihern Theile der Landſchaft, fünlig von Orchomenus
und rem Geb. Andifle, der Sage nach von Dlantineus, einem Sohne Lye
caond gegründet, in der That aber aus Bereinigung von fünf Eleineren Orts
fdaften entflanden (Strabo VIII, p. 337.), und fowohl durch die Tapferkeit
ihrer Einwohner (Diod. XV, 12.) als beſonders durch die vor ihren Mauern
im 3. 362 v. Chr. gelieferte Schlacht berühmt geworben, deren Andenken
ein an ber Stelle mo Cpaminondas gefallen war errichtetes Denkmal verewigte
(Bauf. VII, 11.). Nachdem M. eine Zeitlang die Oberherrſchaft über alle
andern Städte Arcaviend gehabt Hatte (Thuc. V, 29.), mußte es ſich der
Macht Sparta's unterwerfen als die Spartaner das Wafler des Ophis gegen
vie blos aus getrockneten Lehmziegeln beſtehenden Mauern leiteten (Xen. Hell.
v‚2f. Died. XV, 5. Pauſ. VIII, 8.). Später ſchloß fich die Stadt, ob»
gleih in ven Achälſchen Bund aufgenommen, eng an das früher fo gebaßte
Sparta an (Diod. XV, 82.) und ward deswegen von Aratus hart gezüch⸗
tigt, welcher die vornehmften Bürger hinrichten ober als Sklaven verfaufen
fieß (Polyb. 11,56. 62. Blut. Arat.c. 45.) und den Wohlſtand Mantinea's
für immer vernichtet. ES führte von nun an eine Zeit lang ben Namen
Antigonia, vielleit weil der macedon. König Antigonusd zu feiner Wieber-
Gerfielung mitgewirkt Hatte (Pauf. u. Plut. 1. I. Biol. III, 16, 19.);
und erſt Habrian gab ber fchon halb verfallenen und vergefienen Stabt (vgl.
©Strabo. VI, p. 388.), die er feinem Lieblinge Antinoud zu Ehren, ver als
Bithynier fein Gefchleht von den Mantinenſern herleitete (Bauf. II, 9.),
wiederherſtellen und verſchoͤnern ließ, ihren alten Namen wieder. Pauſanias
fand daſelbſt noch mehrere Tempel, ein Theater, ein Stadium u. f. w. (II,
9, 10.), und Hierocles p. 647. thut des Ortes noch Erwähnung. Vol.
auch Scyl. p. 16. Herod. IV, 161. VII, 202. Polyb. II, 46. 54. 57.58.
Strabo IX, p. 414. Blin. IV, 5, 9. 6, 10. u. A.). Jetzt find nur noch
wenige Spuren der Mauern und des Theaters unter dem Namen Paleopolt
übrig. Vgl. Zeale Morea III. p. 44 ff. Boblaye Rech. p. 139 ff. u. Roß
Reife 1. ©. 122 ff. ER.)
15300 Mantinlam — Wantes
Mantinfam (Marzinor), Ort in Baphlagonien, blos hei Socrates
H. Eccl. II, 38. [F.]
Mantinorum Oppidum (Maertiror noAıs, Ptol. TU, 2, 5.), Ort
auf Corflca oͤſtlich von dem Fluß Valerius an ber Norbweflfüfte, höchſt
wahrih. das Heut. Baſtia, Hauptſtadt der Infel. [F.]
Mantitheus (Mastideos), 1) in den Hermocopidenproceß verwickelt
(Andor. de myst. p. 98. $. 43. Bekk. 7. Steph.), legt im. 411 in Sarbes
gefangen, entkommt aber mit Alcibiades (Zen. I, 1, 10.), im I. 408 Mit-
glied der Geſandtſchaft melde Pharnabazus zum Großherrn zu geleiten ver-
ſprochen hatte (Xen. I, 3,13. 4,7. vgl. Diod. XIII, 68.). — 2) ein Athener
von ſchlichten Weſen, welcher feine Lebensgeſchichte in der Ihm von Lyſtad
gefchriebenen Vertheidigungsrede (7 BovAn Martıdin Bomumlousro amo-
Aoyia, nad) 894 v. Chr., f. Hoͤlſcher dev. et ser. Lys. p. 85f.) erzählt. —
8) f. unter Mantias. — 4) ein Athener gegen welchen Öyperides ſprach. Athen.
XI, 50. p. 586. [K.]
Mantitter (Mærritrovo, Ptol. VII, 1, 89.), Stadt der Carei ober;
Bald des Sinus Colchicus (j. Deerb. von Manaar) in India intra Gangem. [F.]
Manto (Merro), 1) Toter des thebaniſchen Sehers Tireflas, felbft
Seherin, zuerft des ismeniſchen Apollo in Theben, von wo fle nad ver Ein»
nahme der Etabt durch die Bpigonen dem delphiſchen Apollo als hell der
Beute zugefandt wurde, der fle mit den andern Befangenen nad Kleinaflen
fandte um das Heiligthum des Elarifchen Apollo in der Nähe ter nachmaligen
Stadt Eolophon zu gründen. * Hier nahm Rhakios der Kreter fle zum
Weibe und fie gebar ihm den Seher Mopfus, Apollod. II, 7, 4. Athen.
VII, p. 298. A. Pauſ. VII, 3, 1. IX, 10, 3. 33, 2. Sol. Apollon. NH.
I, 308. Nah Euripides folte fle ſchon früher dem Alkmäon, dem Führer
der Epigonen, den Amphilochns und die Tifiphone geboren haben. Apollod
11, 7, 7. Als dem Apollo angehörig wird file auh Daphne genannt.
Diod. Sic. IV, 66. — 2) Tochter des Sehers Polyidus, die mit ihrer
Schweſter Aftyfratia ein Grabmal zu Megara Hatte. PBauf. I, 43, 3. —
8) Tochter des Herkules, Seherin, nad welcher Mantua genannt fein follte,
»Serv. zu Aen. X, 198., welcher jedoch ebenvaf. auch die Sage anführt daß
Manto Nr. 1. nach Italten gefommen fei und dem Tiberis den Denus ge-
boren habe, der nach feiner Mutter die Stadt Mantua benannt habe. [Kn.]
Mantüa (Narrova), 1) eine alte tukciſche Stadt (Plin. III, 19, 23.
vgl. Virg. Aen. X, 200 ff.) in Gallia Transpadana auf einer Infel in einem
vom Fluſſe Mincius gebildeten See, von geringer Bebeutung, aber Doch fehr
berühmt geworben weil der zu Andes, einem zu Ihrem Gebiete gehörenden
Dorfe, geborne Dichter Virgilius fle als feine Vaterflabt betrachtete (Geo.
III, 12 ff.). Vgl. au Ovid Am. III, 15, 7. Auſon. Mos. 375. Silius
VIII, 594. Stat. Silv. IV, 2, 9. Dart. I, 62. XIV, 195. Btol. III, 1,31.
Paul. Diac. IV, 29. u. A. Sie führt befanntlih noch immer den alten
Namen. — 2) eine Stadt der Garpetaner” in Hifpania Tarrac. (PBtol. IT,
6, 57.), von Einigen falfslih für Madrid gehalten (vgl. D’Anville Geo
anc. I, p. 19.); nad Nonius c. 71. j. Billamarta, nad Ufert II, 1. ©. 429.
vieleiht Mondejar, nah Reichard Mantiel. [F.]
Mantus, der Untermweltögott bei den Etruskern, daher mit Dispater
verglichen, Serv. zu Birg. Aen. X, 199. Der Name gehört zu Einem Wort»
ftamme mit Manes, Mania, Mundus. Vgl. DO. Müller Etrusf. II. S. 96.
Nah Demſ. S. 99. fommt M. nit felten auf etruaf. Todtenfiften vor, damtı
Auf dieſe ihre unfreiwillige Auswanderung beutet Th. Pauofka ein Bafenbift
aus Nuvo in ber Yatta’fchen Sammlung, f. Panofta, ber Mantoflig am Jomenion
su Theben, Archäol. Stg. April 1845, Nr, 28. [ W.T.]
Manitsiclert —- Manuel 1503
beichäfiigt einen Todten abzuholen der gewöhnlich verhält ift und zu Pferde
figt; M. ſelbſt erſcheint als vierfhrötiger Mann mit milden Geſichtszügen
und Satyrohren, gewöhnlich geflügelt, In hochgefhürzter Tunika, bisweilen
mit einem Schwerte, faſt Immer mit einem großen Hammer bewaffnet. Auch
nad ihm (f. Manto) folte Mantua benaunt fein. Creuzer Symb. II. S. 918. [Kn.]
Mantziciert (Marrlıxieor, Conft. Porph. de adm. imp. c. 44. 45.),
eine erſt fpäter entflandene Stadt in Armenia Minor, die noh immer Mas
nazgferb oder Manſigerd heißt. [F.]
Manubilae sunt praeda imperatoris pro portione de hostibus capta,
wie Ascon. erklärt zu Cic. Verr. 11,1,59, 154. p. 199. Or. u. 60, 157. p. 200.
Or.: spolia qvaesita de vivo hoste nobili per deditionem manubias veteres
dicebant, et eratimperatorum haec praeda ex qva qvod vellent facerent. Bon
biefem ihrem Antheil verwendeten bie Imperatoren häufig einen Theil in urbis
ornamenta (Eic. 1. agr. 11, 23.), 3.2. zu Erbauung eined Tempels, Liv. X, 46.
Tac. Ann. 1,53. vgl. Suet. Aug. 18. Plin. VII, 26, 27. Adcon. zu Verr.
II, 4, 59.,; Straßenbau, Suet. Aug. 30. Neben praeda (und aurum coro-
narium, Gic. I. agr. II, 22.) genannt von Gic. Verr. II, 3, 80. und bei
Gel. XIII, 24. Gato bei Fronto ‘ad Ant. Imp. I, 2. und ſonſt. Gellius
1. 1. unterſcheidet e8 davon aber fo: qvi proprie atqve signate locuti sunt
manubias pecuniam (das aus dem Verkauf der Beute in Naturalien erlöste
Baargeld) dixerunt. Später erhielt es allgemeinere Bedeutung und ging in
figürlihen Gebrauch über, f. die Lexica. [W.T.
Manuel, ein in ber fpäteren byzantiniſch-chriſtlichen Riteratur öfters
vorfommender Namen (vgl. Vabric. Bibl. Gr. VIII. p. 82. 92. XI. p. 668
ed. Harl.); erwähnenswerth find: 1) Manuel von Byzanz, ein von Jos
bannes Curopalates genanntet Geſchichtſchreiber welchen Labbé für eine Perfon
mit bem Manuel Protospatharius hält (vgl. &. 3. Voß De hist. Graecc.
p. 464 f. ed. Westerm.); 2) ein anderer byzantiniſcher Geſchichtſchreiber
Manuel oder vielmehr Georgius Malaxus, vielleicht derſelbe mit einem Ma-
laxus aus Nauplia deſſen Geſchichten noch handſchrifilich vorhanden feyn follen
(i. die Nachweiſungen bei Weftermann zu ©. I. Voß am a. D. p. 373.).
Auch die Kaifer Manuel Comnenus (f. Bd. 11.8.9568.) und Manuel
Palaeologus (1391—1425) fönnen erwähnt werben, Xetterer als Ver⸗
faffer mehrerer Schriften, worunter eine Anleitung über die Erziehung kaiſer⸗
liher Prinzen (Trodinaı Bankınnsg ayayis) in Hundert Abſchnitten, eine in
bie Form eines Dialogs eingefleibete Schrift über die damaligen Zuftände
und von ſechs und ſechzig für die Zeitgeſchichte nicht unwichtigen Briefen
welche zu Paris ſich banpfhriftlih befinden (vgl. Safe in d. Notices et Ex-
traits des Manuser. de la biblioth. du Roi IX. p. 177.). In dem Anfang
des vierzehnten Jahrhunderts fhrieb Manuel Bryennius ein Werk über
die Muſik (Apuorına), welches, aus drei Büchern beftehend, in feinem erflen
ala ein Commentar zu der Mufik des Euclives, in feinen beiden folgenden
au ber Harmonik des Ptolemäus, von dem übrigens ber Berfaffer in einigen
Bunften abmeiht, anzufehen iſt, abgedruckt in Ioann. Walid Opera Ma-
thematt. III. p. 359 ff. (Oxon. 1699. fol.); |. Fabric. 1. 1. III. p. 648 ff.
Eine Anzahl von grammatifgen Schriften verſchiedener Art iſt unter dem
Namen bed Manuel ton Kreta oder Manuel Moschopulos (d. i. dad Kälb»
hen, ein Spottname) auf ung gefommen, obmwchl hier gewöhnlich zwiſchen
einem älteren (ber unter Andronicus Paläologus in der letzten Perlode bed
vierzehnten oder nah ige unter Michael VIII. Paläologus, in der zweiten
Hulfte des breizehnten Jahrhunderts Tebte) und einem jüngeren, feinem Neffen
(daher Arsıyıos genannt, einem Theologen und Verfafler einer bei Leo Alla⸗
tius Graecia Orthodox. II. p. 959. abgedruckten theologifhen Streitſchrift)
unterfhleden, von Manchen fogar, obwohl ohne genüigenden Grund, noch ein
1504 | Manumisılo
Dritter diefed Namens aus der zweiten Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderis
angenommen wird. Eo gehören dahin: "Eowrnuare, eine Art von Grammatik
gleich der des Demetrius Chalcondylas und mit ihr zufammen gebrudt (ſ.
Bo. IT. S. 941.); repi yoruuerıxig yuvuraciag unter tem Namen bee
Baftlius früher auch abgedruckt zugleih mit der Syntar des Apollonius Dys⸗
colus (f. Bd. I. S. 628.); dann Auffäge ähnlicher Art über die Vroſodie
und Gonftruction (bei Demetrius Chalcondyl. und in der Albin. Sammlurg
von 1525.), über die Redetheile: mei ayadanr (von Rob. Stepyhanus 1545. 4.
zu Parts Herausgegeben), zeoi nador Assewr (hinter dem Gregorius Go»
rinthius von Schäfer, |. Bo. IH. S. 966.). Aehnliches aus einer Prager
Handſchrift ward von Nic. Tige (Man. Moschop. Cret. opuscula gramma-
tica, Lips. et Prag. 1822. 8.) ebirt, obwohl darunter Ciniges von zweifel⸗
hafter Aechtheit it (vgl. Götting. Gel. Anz. 1823. Nr. 81.); Anderes von
Bachmann Anecdd. Graec. II. p. 351 ff. "und eine Fleine Schrift über bie
Adverbien (nepi erıpönuaror in Boiffonade Anecdd. I. p. 404.). Vgl. im
Allgemeinen Fabricius Bibl. Gr. VI. p. 322 ff. Xige in- der Comment. ſ.
Ausg. Griechiſche Scholten dieſes Manuel Mofhopulus zu den beiden erfien
Büchern des Ilias kamen zu Utrecht 1759.8. c. notis Jo. Scherpezelii und
mit dem Commentar bes Joa. Eamerarius heraus: f. Fabric. 1.1.1. p. 407.
Scholien eines Rhetors Manuel Holobulus, welder in bie letzte Hälfte
des dreizehnten Jahrhunderts fällt, zu Doflades, f. Bv. II. S. 1257. ; andere
Gedichte deſſelben find noch Handicgriftlih vorhanden; vgl. Fabric. Bibl. Gr.
IM. p. 811. XI. p. 669. Schoͤll, Geſch. d. Griech. Lir. III. S. 90. Am
Anfang des vierzehnten Jahrhunderts dichtet Manuel Philes aus Ephefus,
beffen größeres, aus faft 2000 politiſchen Eenaren beſtehendes, mit einer
Dedication an Michael Paläologus den Jüngern (1295—1321) verſehenes
Gedicht über die Eigenthümlichkeiten der Thiere (reg [owr idsozyros) feinem
Inhalt nah Hauptfählig aus Aeltanus, Oppianus und Galenus entnommen
ift; es erſchien gedruckt zuerft Venedig 1533. 8., dann von I. Camerarius
Leipz. 1575. 4., Heidelb. 1596. 8., mit einem berichtigteren Texte von. ©.
de Pauw Utreht 1730. 4. Gin kleines Gericht vom Seldenwurm (wer:
oneomwAnxog) hat d'Orville in den Observr. Miscell. Amstelod. VI. p. 766.,
ein anderes größeres welches eine Beichreibung des Elephanten entbält (eis
10» eAsgarıa) Fabric. Bibl. Gr. VII. p. 699. d. alt. Ausg. Andere Ge⸗
bite von meift geringerem Umfang, theils didactiſcher Art (mie 3. DB. von
den Blumen), theils panegyrifä, wie die wenig anziehende Hoöonroia Sor-
pazınz und ein Lobgedicht auf einen Kaiſer, wahrſcheinlich Anpronicus BI.
Paläologus, ferner Grabſchriften, Epigramme u. dgl. find von G. Werneborf
- in einer alle Poeflen des Manuel Philes, mit Ausnahme des Gedichts von
ben Thieren enthaltenden Gollectivausgabe heraußgegeben worden zu Leip;ig
1768. 8.; zmel Fleinere Gedichte (von denen aber das eine ein Werk des
Theodorus Prodromus if) flehen auch in Birger Ihorlac. Opp. Acadd.
III. p. 49 ff. — Ueber die metrifhen Verhältniffe dieſer Gedichte ſ. K. 4.
Struve, Brammat. u. Erit. Bemerkf. über einige Stellen gried: Sihriftfteler
P. XVI. Königöberg 1820. 8. Im Uebrigen f. Fabric. VIII. p. 617 ff. ed.
Harl. — Enpli$ kann noch Manuel Chrysoloras, der Wiedeiherſteller
ber griechiſchen clafilichen Literatur im Occident, bie er zu Florenz und andern
Orten lehrte (T 1415) genannt werben; feine unter dem Titel Epwzzuare
gelieferte Grammatik erihien Venedig 1484. Vicenza 1490. 4. und if im
fechzehnten Jahrhundert Öfterd abgedruckt worden; ſ. Fabric. Bibl. Gr. VI.
p. 325 ff. wo auch von einigen andern Säriften dieſes in feiner Zeit be⸗
rühmten Gelehrten. H. von der Hardt Memoria Chrysolorae, Helmft. 1718. [B.]
Manumissio d. i. e manu missio. I. Form ber Breilaffung.
Die Freilaſſung des Sclaven durch feinen Kern erfolgte entweber auf feierliche
Manumissio 1505
Weiſe, in melden Fall der Preigelafiene das Bürgerrecht erbiekt, f. li-
bertus, oder auf unfeierliche Weife, wodurch nur ein faktiſcher Zuſtand der
Freiheit entfland (in liberlate morabantur, @ic. p. Mil. 12. ed. Peyron).
Clodius wollte folgen Breigelaffenen die Civität verfchaffen, allein fein Verfuch
mißlang und dad Verhältniß berfelben wurde erſt durch lex Junia Norb.
georpnet welde ihnen eine Art von Ratinität verlieh, f. Latini Juniani
S. 800. und Liberti. Die doppelte Art der Freilaſſung wirb unterſchieden
von Tac. Ann. XIN,27. Sen. vit. beat. 24. Die feierlide Manumiſſio
geſchah auf dreifahe Weile, Eic. Top. 2, 10. u. Boeth. p. 288. Or. Gai.
I, 17. Schol. Erug. zu Sor. Sat. II, 7, 76., disp. fori de manum. $. 6.
nemli: 1) manum. vindicta berubte auf einer fingirten in libertatem vindi-
catio des freisulaffenden Sclaven durch einen assertor (Bd. I. S. 872.)
vor dem Magiſtratus (Dufer zu Liv. XLI, 9.), worauf bie Zreilaffung dur
ben bisherigen Heren folgte. Der Affertor (fpäter inımer ein Lictor) vindi⸗
cirte nemlih den Sclaven mit der Formel: hunc hominem liberum esse
aio secundum suam causam sicut dixi, ecce tibi vindictam imposui (Bal.
IV, 16.) und gab Ihn mit der vindicta (eigentlich festuca gen. ober virga,
beides f. v. a. hasta, Bd. III. S. 1079. Nr. 3.a wo flatt Mancipation
zu leſen ift Vinbifation) einen Schlag auf dad Haupt, Boeth. zu Eic. Top.
l. 1. Sor. Sat. 1.1. Perf. V,88. Plaut. mil. glor. IV, 1,15. Perf. V, 175,
Später mag ein förmliher Badenflreih gegeben tworben feyn, Sidon. ad
Anth. 11, 545. Glaub. cons. IV. Honor. 613. Iſidor. IX, 4. I. X. Malala
chron. p. 182. Dindf. Darauf faßte der Herr den Sclaven bei der Hand
(App. b. c. IV, 135. Paul. Diac. v. manum. p. 159. M.), trebte ihn im
Kreiſe Herum (App. 1. 1. Perf. V, 75. 78. Iſidor. IX, 4. Quintil. decl.
242.) und ließ ihn mit folgenden Worten los: hunc hominem liberum esse
volo, Paul. Diac. 1. 1., worauf der Magiſtratus die Breiheit des Sclaven
erklärte (addicere, Cic. ad Att. VII, 2. Barro 1. I. VI, 30. Liv. XLI, 9.
Ulp. 1, 7.), und der Freigelaſſene empfing die Glückwünſche der Umſtehenden,
Blaut. Men. V, 7, 42. Der Name vindicta rührte von der fingirten Vin⸗
dikation her, nit von dem Sclaven Vindicius welcher nad der Könige Ver⸗
treibung zur Belohnung zuerſt auf diefe Weife freigelafien worden feyn fol,
Blut. Popl. 7. Liv. I, 5. Der dem Sclaven bei biefer Manum. gegebene
Schlag ſollte nidt, mie Unterholzner in Savigny's Zeitſchr. II. S. 151. an⸗
nahm, den Begenfag zwiſchen Freiheit und Sclaverei auſchaulich machen —
denn bann hätte der Herr den Schlag austbeilen müflen — fondern vertritt
die bei der Vindikation des Sachenrechts flattfindende vis civilis, f. vindicatio.
Natürlich Eonnte der Vindikationsakt bei der Manumiffion nicht vollendet
werden, fondern er wurde nur bis. zu dem Moment fortgefegt in welchem
ver Beklagte feine Vindikation hätte ausſprechen müſſen. Statt aber bie
Vindikation vorzunehmen that er gerade dad Gegentheil davon und Tieß den
Sciaven los (manu mittere). Daß in ber manum. vind. feine in iure cessio
anhalten war IR Nein, Röm. Privat. S. 271 f. bemerkt worden. Die
manum. sacrorum causa ſcheint eine befondere Urt ber manum. vind. ges
weſen zu ſeyn, welche nur von Feſtus erwähnt wird, v. manum. p. 158. (ſehr
— —
lückenhaft und von Scaliger und O. Müller verſchleden ergänzt) u. v. puri
p. 250. M. Savigny in |. Zeitſchr. II. ©. 403. glaubt zu gewiffen Arten
ves Gultus fein gerade Freigelaffene nöthig geweſen und biefe hätten auf
eine beflimmte feierliche Weife freigelaffen werden müflen. Scaliger u. Dacier
zu Feſt. fo wie Beer, Röm. Alterth. II, 1. ©. 88. denken an eine Breilaffung
in Zolge deren der Libertus gewifle sacra hätte Übernehmen müflen (nad
Dacier Zamilienfacra welche der Freilafier aufgegeben Habe). — Im fpäteren
Recht fielen bei dieſem Akt. die früheren Bormalitäten ganz weg; ein Aflertor
Yaule, Real·Cucyelop. IV. 95
1506 Manenintio
war nicht mehr nöthig, ebenfowenig die ſollennen Worte, fondein ber Herr
Eonnte dem Magiftratus an jedem beliebigen Ort den Wunſch ver Srelfaffung
mitteilen, worauf der Magiſtratus den Sclaven (deffen Gegenwart allein
noͤrhig war) freifprah, 1. 7. 8. 15. $. 2. 1. 23. D. de manum. vind.
(40, 2.). Es Eonnte dieſes ſowohl ein Gonful und Prätor, als Proconful
und Legat tun (nemlih wenn bie beiden letzten in bie Provinz abgerei£t
waren), I. un. D. de off. cons. (1, 10.). 1. 2. D. de off. proc. (1, 16.).
1.7.8.17. 21. D. manum. vind. (40, 2.), desgleichen Munictyalmagifirate,
si habeant legis actionem, Paull. H, 25, 4. — 2) Manum. censu geſchah
indem der Herr feinen freizulaſſenden Sclaven als Bürger in die Eenfusliften
eintragen und im Luftrum als folden beflätigen Tieß, ic. p. Caec. 34.
Boeth. zu Eic. Top. II, p. 288. Or. Ulp. I, 8. Theoph. I, 5, 4. disp.
fori de man. 6.19. Beftritten war ob ber Sclave ſchon mit dem Eintragen
in die cenfor. Tafeln oder erſt mit dem Luftrum frei würde, Bic. de or. I, 40.
Nah dem Abkommen des Luſtrum Fam auch biefe Sreilaffung ab, wie Ufp. I. 1.
andeutet, obgleich Gai. I, 17. 44. dieſe Form noch als beſtehend erwähnt.
Unwahrſcheinlich iſt Gottlings Anſicht, dm. Staatöverf. S. 140., daß bie
Einſchreibung bei dem Genfus urfprängli nur ein fpäter binzugefommenes
Accidens der manum. vindicta gewefen jet (denn bei vind. wurde der Sclave
fogleid durch die Erklärung des Magiſtratus frei und zuglei$ Bürger),
ebenfo Huſchke's (Serv. Tull. ©. 544.), daß manum. censu die neuefle ge⸗
weſen und erft nach ben XII Tafeln aufgefommen ſei. R. U. v. Beem, de
manum. in eccles. in Oelrichs thes. nov. II, 1. p. 5—35. führt dieſe Form
fogar auf Serv. Tullius zurüd. — 3) Manum. testamento, in den XII Taf.
erwähnt, Ulp. I, 9., befland in ber im Teflament des Herrn außgefproddenen
Freilaſſung des Sclaven, Dion. IV, 24. Boeth. zu Gic. Top. II,p. 289. Or.
Diefes gefhah entweder verbis directis, 3. B. servus meus — liber esto,
liberum esse iubeo, Gai. II, 266 f. Ulp. II, 7. (manumissio directa) oder
verbis precativis, indem der Erbe gebeten murbe bie Sreilaffung zu vollziehen
(manum. fideicommissa, f. ‘Bd. II. ©. 474.). Im erfim Fall wurde der
Breigelaffene Niemandes PBreigelaffener und 5. lib. orcinus, im zweiten Fall
wurbe er des freilafienden Erben Breigelaffener, Gai. H, 266. Ulp. II, 8.
und 5. einfimeilen libertus futurus, Orelli inser. 2980. 5006., wenn fi
biefer Ausdruck nit etwa auf die sub conditione Freigelaflenen bezieht, was
zuweilen in Teflament gefhah, 3. B. unter der Bedingung dem Erben cine
Summe Geldes zu gaben. Bis zur Erfüllung der Beringung 5. fie statu
liberi, f. d. Art. ollte der Herr den Sclaven zum Grben einfegen fo
mußte er ihn ausprüdlih im Teflament freilaffen, venn fonft galt die Erb⸗
einfegung nit. Er war aber ein heres necessarius, d. 5. er mußte fogar
wider feinen Willen die Erbſchaft annehmen (Bo. III. ©. 1201.). Ur.
XXII, 12. 7. ®ai. II, 186 f. 153. Plin. ep. IV, 10. Inst. II, 19, 1.
&. noch im Allgemeinen tit. Dig. de manum. test. (40, 4.) u. tit. Dig. de
fideicomm. lib. (40, 5.).— Die unfeierliche Sreilafiung welde in der bloſe
Privaterklärung des Herrn befland daß der Sclave frei feyn ſolle, Tonnte a
mehrfache Weife volzogen werden: a) manum. inter amicos d. h. indem ti
Freunde Zeugen der Willenserklärung waren, Sen. vit. beat. 24. ®Blin. ep
VII, 16. @at. I, 41. 44. Ulp. I, i0. 18. disp. for. de man. 6.6. Baufl
IV, 12,2. Inst. I, 5,i.; b) manum. per epistolam, Indem ber Herr fein
Willen ſchriftlich erflärte, Paull. 1. 1. Inst. 1. 1.; c) manum. per mensa
eine ſtillſchweigende Erklärung, indem der Herr den Sclaven an feinen Tin,
zog, Theoph. Inst. I, 5, 4. vgl. Zar. Ann. XV, 54. Plin. ep. VII, 16.
d) manum. auf dem Sterbebett entmeber bed Herin (App. b. c. IV, 135.
oder des Sclaven (Martial. I, 102.). ine beſondere manum. adoption
gab es nicht (wie F. A. Schilling, Bemert, über Roͤm. Rechtogeſch, Leipz.
Manusnisio - 417
1829. ©. 36 f. annahm), fondern wenn von Abopiion der Sclaven bis Rebe
it fo 5. es entweder, ver Herr Lönne felnen Sclaven einem Andern in Aboption
geben und in biefem Fall war in der Adoption auch eine Vindikation ent»
halten (3. B. wenn der Adoptivvater fagte: hunc ego liberum ex iure Qu.
fliumque meum esse aio), jo daß Aboption mit manum. vind. zufammen»
ſchmolz (Gell. V, 19. Huſchke, Studien des Nöm. Rechts I. ©. 212,
v. Bangerow, bie Latini Jun. ©. 62. ff. Puchta, Inflit. I. ©. 419.) oder
eö bieß: wenn der Herr feinen Sclaven feinen Sohn nenne fo fei dieſes als
eine unfeierliche Freilaſſung anzufehen, wie unzweifelhaft aus Quintil. decl.
240. 242. hervorgeht und die fpäteren Quellen zeigen, f. Inst. I, 11, 12.
u. Theoph. ebendaf. Bedenken fünnten nur Cato's von Inst. 1. 1. cititte
Worte erregen: servi si a domino adoptati sint ex hoc ipso posse liberari,
weil es doch ausdrücklich adoptati heißt, aljo mehr als filii nuncupalie zu
ſeyn Scheint. Da aber dad Citat aus Cato aus einer fo fpäten Zeit her-
rührt und ba die Gompilatoren des Juſtin. Mechts in ſolchen Anführungen
befanntlich nicht mit gehöriger Genauigkeit verfuhren (Puchta 1. 1. bezieht
darum die Stelle auf den oben erwähnten Fall, wenn der Sclave dur feinen
Herrn einem Audern in Adoption gegeben wird), fo braucht man das Wort
adopt. nit fo zu urgiren und fann bie Stelle von der fpäter nicht unges
wöhnlichen unfelerliden Freilaſſung per filii nuncupationem beziehen, wie
Eavigny, in d. Hall. Lit.Ztg. 1806. N. 251., Dirffen, Verfuche z. Krit. u.
Auéleg. S. SI ff. Zimmern, Röm. R.Geſch. I. S. 739. u. v. Vangerow,
die Lat. Juniani ©. 59 ff. gethan haben. — Die Veränderungen ter Manus
mifflondformen unter den Kaiſern waren folgende: Gonftantin fügte noch eine
neue felerlihe Borm hinzu, nemlich indem der Herr feinen Willen in ber
Kirche vor der Gemeinde und deren Vorſtehern erklärte, welche Ichtere auch
eine Breilaffungsurfunde zu unterfehreiben hatten, I. un. C. Th. de manum.
in eccl. (4, 7.). 1. 1. 2. C. de his qui in e. (1,13.). Sojom. hist. eccl.
1,9. R. A. v. Beem, de manum. in s. s. eccl., Trai. ad Rh. 1756. und
in Oelrichs thes. nov. II, 1. p. 1—74. Es exiſtirten alfo zu Juſtinians
Zeit drei follenne Danumiff., man. vindieta’ ohne Bormalitäten, |. oben,
man. testam., 1. 5. C. de serv. nec. (6, 27.) und man. in ber Kirche; zu
viefen fügte Suflinian mehrere alte und neue unfelerlide Manumiff., denen
er aber biefelbe Kraft verlieh wie jenen, ba er die Latinität aufgehoben hatte.
Er beflimmte nemfi in 1. un. C. de lat. lib. toll. (7, 6.) daß noch fol-
gende Formen als feierlich gelten follten: man. inter amicos, nemlich vor
fünf Zeugen, welche auch eine Urkunde unterfchreiben follten, man. per epist.,
ebenfalls mit Unterſchrift von fünf Zeugen, nominatio filii, weldge vor Gericht
zu Protokoll gegeben werden mußte, Verheirathung und Ausftattung einer
Sclavin fobald ihr Batte ein Freier war, Vernichtung der Urkunde welde
die Sclaverel des Breizulaffenden beweist, aber auch in Gegenwart von
fünf Zeugen, enblih ver Befehl des Herrn daß der Sclave al$ pileatus
(in Kleidung eines Breien) vie Leiche des Herrn begleiten folle. In ben
erwähnten Urkunden mochten oft die Urfachen ver Freilaffung angegeben
worden ſeyn, wie Donat. zu Ter. Adelph. V, 9, 3. fagt: ascribi causas
manumissionis in iure formula est.
11. Das Recht freizulaffen und Beſchränkungen beffelben.
Das Recht der Breilafjung Kat der Eigenthümer und zwar ber ex iure quir.,
nicht ber bonktarifge Cigenthũmer (deſſen Breilafung wenigflens nicht die
volle Wirkung Bat, ſondern nad) lex Jun. Norb. Latinität bewirkt, ſ. S. 800.
und lex Jun. Norb.), no& weniger der Ufufruftuar, I. 4. pr. C. comm. de
serv. (7, 15.). Natürlig muß ver Herr diſpoſitiondfähig feyn (alio nicht
unmüabig), Ulp. I, 17. Paull. IV, 13, 3. fragm. de man. $. 17. 1. 9.
$. 1. D. de auct. tut. (26, 8.). IA der Freilaſſende nur Mlteigenthümer
1508. | | Manus
ded Sclaven fo wirb der Sclave dadurch nicht frei, fondern ber Theil des
Frellaſſers wächöot den andern Miteigenthümern zu, Ulp. I, 18. Paul. IV,
12, 1. fragm. de manum. $. 12. uftiniand milde Beflimmungen über
diefen Fall f. 1. 1. C. de comm. serv. (7, 7.). Inst. II,7,4. Dieſe Säge
abgerechnet war das Freilafſungsrecht der Herrn urſprünglich unbeſchränkt
[au iſt e8 nicht glaublich daß der manumissor nöthig Hatte dem Magie
ſtratus — hei man. vind, und man. censu — die Urſachen der Brellaffung
anzugeben; beiläufig mochte es zumellen geſcheher, Lix. XLI, 9. und nad
lex Ael. Sentia war e8 bei manden Manumiff. vorgefährieben daß die Ur⸗
fachen der Freilaſſung von einem consilium, ®b. II. &. 395. zu unterfudden
feien, ſ. S. 959. und 1. 16. pr. 1. 19. 24. D. de man. vind. (40, 2.).
Inst. 1, 6, A f.], allein der überhandnehmende Mißbrauch der Zreilafjungen
machte Beſchränkungen nothwendig, melde in lex Aelia Sentia, lex Furia
- Canin. und lex Junia Norb. gegeben wurden, f. d. Artt. und libertus.
Yuftinian hob jedoch faft alle dieſe Befchränfungen auf und Tieß nur bie gelten
woburd das Intereffe dritter PBerfonen geſichert wurde, fo die Beſtimmung
daß Manumifflonen in fraudem creditorum ungiltig feyn follten, Inst. I,
6. pr., f. S. 959. — II. Die Wirfungen der Breilaffung f. ©.
1028 ff. — Literatur: &. a Xoon, eleutheria, Ultrai. 1685. u. in Polen.
thes. III. Heinecc. synt. ed. Haubold p. 89 ff. Zimmern, Röm. R.Geſch.
1. ©. 736—776. Gans, Scholien zu Gaius S. 25—84. 6. A. v. Ban
gerow, d. Latini Jun., Marb. 1833. mehrmale. Mein, Nom. Privarrecht
©. 270—279. Walter, Röm. R.Geſch. S. 495—507. Böttling, Geh.
d. Röm. Staatsverf. S. 137 ff. Puchta, Inftlit. II. S. 413—430. W. A.
Becker, Roͤm. Alterth. II, 1. ©. 65-89. [R.}
Manus iſt im w. ©. wie potestas und mancipium bie Beeißnung
der Gewalt melde ber Hausvater über feine Bamiliengliever ausübte (3. B.
Liv. XXXIV, 2. 7. Göttling, R. Staatöverf. S. 51.) und fleht deshalb oft
mit mancipium verbunden, 3. B. Gel. IV, 3. XVII, 6. Ser. zu Birg.
Aen. XI, 476. Uly. XIX, 18.; im techniſchen Sinn aber begreift manus vie
Gewalt des Mannes über feine Frau in der fireng römiſchen Ehe, Gai. T,
109 f. (f. matrimonium), denn In der freiern roͤmiſchen Ehe fam die Frau
nit in die manus des Gatten (quae in manum non convenerit). Deshalb
unterfheiden die Nömer ſtets zwei Arten der Ehe, nemlich mit und ohne
manus, ober mit und ohne in manum conventio, @ic. Top. 3. Quintil.
inst. V, 10. Sur in manus conv. führten drei Bormen ver Ehefchließung:
confarreatio, coömptio und usus, f. d. Artt. u. matrimonium. Wenn eine
Frau durch eine digfer drei Formen in die manus des Gatten trat (in manum
convenit, womit bei coömptio allemal capitis deminutio minima verbunden
war, ®ai. I, 162. III, 82—84. IV, 38.), fo 5. fie materfamilias, f. ven
Art., ging dadurch aus der Gewalt (potestas) ihres Vaters oder Vormunds
heraus (Tac. Ann. IV, 16. Serv. zu Virg. Aen. II, 155.) und in die ihres
Gatten (in poteslatem viri) über. - Sie gehörte ihrem Dann wie eine Tochter
an (filia familias), und wenn der Gatte noch in der Gewalt feines Baters
. fand fo war fie im Verhältniß zu diefem neptis loco, Gai. 11, 159. IH, 3.
Up. XXI, 14. Sie gemann in ihres Batten Familie volftändiges Agna-
tionsredit (familia mutatur, Gai. I, 111. Gel. XVIIE, 6.) und erbte aber
nad des Mannes Tod filiae loco, Gai. I, 139. 140. 159. I, 115. b. 136.
Gell. 1. 1., nahm Theil an den Sacrie, Dion. II, 25. Sen. decl. III, 21.
p. 244. ed. Bip. Gai. I, 136.u.|.w. Dagegen war fie ihrem Mann auch
unterthänig wie eine Tochter, brachte ihre dos und was fie fonft befaß,
ebenfo was fie noch nachher erwarb ihm als Cigenihum zu, fo daß fie
gänzlich vermögenlo8 war, Bat. II, 86. 90. 98. Plaut. Cas. 1, 2,29. Gic.
Top. 4. Up. XIX, 18. 19. Hoffe, Güterrecht der Ehegatten I. &. 80 f
x
-
Manus ferreae — Manus inieetio 1509
Eggers, She mit manus ©. 54 ff. Auch Eonnte der Dann feine Frau einem -
Andern mancipiren, um einen von der Frau verurſachten Schaden durch Arbeit
zu erfegen, d. h. noxae dare (wohl nicht wenn der Gatte felä den Schaden
verurfacht Hatte, in welchem Ball er aber feine Kinder mancipiren durfte),
Gai. I, 115. 118. 141. 166. Diefes kam aber gemiß Außerfi felten vor
und die Diancipation der Brauen wurde am häufigſten in Scheinehen anges
wanbt aus denen file an Andere mancipirt murben, um dadurch allerlei
Zwecke zu erreihen, f. oben ©. 1471. Falſch iſt die Anſicht daß ber
Gadtte feine rau einem Andern babe mancipiren Fönnen um biefem Kinder
zu gebären (io Kaffe, Güterrecht der Ehegatten 1. S. 490.) tenn das einzig,
vorhandene Beiipiel des Cato, welcher feine Frau dem Hortenſtus überließ
und nad teffen Tod zurädnahm (Bo. II. S. 1498.), ift eine Singularität
welche damals dad größte Aufſehen und Inbignation in Rom erregte und
überhaupt hierher nicht paßt. Cato hatte nemlich feine Gattin nicht in feiner
manus, da er, wie Pfut. Cat. min. 25. fagt, nicht ohne Einwilligung Ihres
Vaters hatte verfügen können — alſo iſt die That des Cato nicht ein Ausflug
feiner manus gemefen fondern sine aus und unbekanntem Motiv erbetene und
gewährte Abtretung, nie fle in jeder Ehe vorgenommen werden Fonnte wenn
ſich die betreffenden Perfonen über das Urtheil des Publifums hinwegſetzen
wollten; irgend ein rechtliches Verhältniß ergibt fi aus der ohnehin ſehr
verſchieden (3. B. von App. b. c. 11,99. ganz falfh) dargeftellten Erzählung
nicht, ſ. Bd. 111. S. 1498. Plut. Cat. min. 25. comp. Num. 3. Tertull. Apol.
39. u. a. melde Drumann Geh. R. IH. ©. 108. vollſtändig citirt. Die
Beifpiele von Abtretungen der Frauen in der Kaiferzeit, Dio Gaff. XLVIII,
44. LIX, 12. find ebenfalls anderer Art; theils wurden fie Behufs einer wirk⸗
lichen neuen Heirath vorgenommen, waren alfo wirkliche Scheidungen (denn
font wäre eine Brau an zwei Männer verheiratet gemefen), theils iſt Daraus
nichts zu fließen, da diejenigen melde bie abgetretenen rauen heiratheten
Kaiſer waren. Das Richteramt des Mannes über tie Frau beftand nicht blos
bei den mit in manum conventio gefhloffenen Ehen, fondern aud bei ber
freien Ehe, jedoch immer durch das Familiengericht befchränft, ſ. patria po-
testas. Schließlich iſt noch zu erwähnen daß der Gatte feiner Frau im Teſta⸗
ment einen Bormund beflimmen konnte, gerade wie einer Toter, Gai. I,
148 - 150. — Mit der firengen Ehe erloſch natürli auch die in man. conv.
Up. XI, 13. XXII, 14. XXI, 3. XXVI, 7. XXIX, 1. u. @ai. I, 112 ff.
ſprechen noch von in man. conv. ald einem geltenden Inflitut; jedoch war
fle (don damals felten und verfchmand endlich ganz, |. matrimonium und
oben S. 1472. — Literatur: Gundling, de convent. uxorum in manum
mariti, in Gundlingian. XXXVII. p. 93—125.* und bie meiften der bei
matrimonium cit. Säriften. [R.]
Manus ferreae, eijerne Öafen (puppi rapidos manus inserit uncos,
&ucan. II, 635.) um die feindlichen Schiffe zu entern (Bolyb. VIII, 8. Liv.
XXXVI, 44. Càſ. b. c. I, 57.). Nah Plin. VII, 56, 57. Hatte Perikles
fle erfunden: unter den Roͤmern aber machte C. Duilins zuerfi davon Ger
brauch (Nur. Vic. ill. 38.). Vol. Bd. II. S. 1279. und Harpago, Bd. III.
S. 1070. Im Allgemeinen f. 8. Haltaus, Über die Bnterbrüden (m. f.)
der Mömer, in Jahns Jahrbb. Suppl. Br. IX. S. 533—551. [W.T.]
Manus iniectio war das Ältefte römiſche Exekutionsmittel und zwar
vermittelt der legis actio per manus iniectionem (S. 903.). Diefe war
nicht wie. die leg. actio sacram., per iud. postulationem und per condict.
auf Anordnung eined iudicium gerichtet, fondern diente zur Ergänzung ber
.%, M. van Maanen, diss. de muliere in manu et in lutela secundum Gaii
institatt. principia, Lugd. B. 1823, 8. [W.T.]
1512 Manutlam — Mappe
lege Poet. Pap. p. 71 fj., Huͤllmann, Röm. Grundverfafl. ©. 280.) daß
hereitö lex Petillia Papiria die Perſonalexekution abgefhafft und dafür bie
Mealerefution eingeführt habe, allein dann wäre das nicht abzuläugnende
Vorkommen der addictio lange nad biefer lex ganz unmöglid, f. z.B. Lir.
XXI, 14. Sal. Cat. 33. Cic. p. Flacc. 20. p. Rosc. C. 14. de or.
I, 63. Quintil. VO, 3. Dal. Mar. VII, 6, 1. Plin. ep. II, 39. lex
Rubr. c. 21. 22. Gell. XX, 1. (addici namque nunc et vinciri multos
videmus), ®ai. III, 199. iudicatus meus, Paufl. V, 26, 2. iudicati eliam
et confessi et qui ideo in carcerem duci iubentur, 1. 1. C. qui bon. ced.
(7,71.). LexPetillia bezog fi bauptfägli auf dad nexum und erwähnte
die addictio nur in einer Beziehung, nemlih un ben Zufland der addicti
zu mildern, indem fle die Feſſeln und den Zußblod verbot ausgenommen
bei den zum Tod verurtheilten Verbrechern, ne quis nisi qui noxam me-
ruisset donec poenam lueret, in compedibus aut in nervo teneretur, Liv.
VII, 28. (fo v. Savigny ©. 16. u. Bachofen S. 104 f.). Was den perfön-
lien Zuftand der addieti behifft fo war ein folder servi loco, er war in
die Herrſchaft des Gläubigers gegeben welcher ihn tödten oder verkaufen
konnte, wodurch er wirklicher Sclave wurbe. Erſt fpäter mag er von dem
Gläubiger in eigner Haft behalten und zur Abarbeitung feiner Schuld ange⸗
halten worden ſeyn, wie es bei dem nexus der Wall war. Uebrigens verlor
der addictus fein Vermögen nit durch die Addiktion, denn die XII Tafeln
erlaubten ihm in der Gefangenſchaft von feinem Vermögen zu leben, Gel.
XX, 1.; deshalb Eonnte er auch eine Ufucaplon fortfeßen und vollenden,
1. 23. pr. D. ex qu. caus. n. (4, 6.). Er behielt Namen und Tribus und
wurbe iwieber ingenuus fobald er ſich durch Zahlung die Breiheit wieder er⸗
worben hatte, er konnte nicht beleidigt werden ohne daß fih fein Beleidiger
eine Infurienklage zuzog, Quintil. VII, 3. II, 6. V, 10. Die Kinder des
addicetus blieben frei (fo mie wenn ber Vater in Kriegögefangenihaft flel),
nur bie von einer addicta während der Addiktion geborınen Kinder folgten
dem Stande der Mutter, Quintil. II, 6. Keineswegs darf man den Zufland
des addictus mancipium nennen, wie Auborff, Rhein. Muf. ©. 162. und
Böcking de mancip. p. 82—100. thater, und ebenſowenig iſt der addietus
mit dem nexus zu ibentificiren, f. nexum, u. Badofen S. 40 ff. 94. Sa-
vigny ©. 26 ff. [R.]
Manutium, f. Mancunium.
Maocosmus (Maoxoouos, Btol. VI, 7, 35., vulgo Namoc), eine
bedeutende Stadt (umrpozoAs) der Sabäl Im SW. von Arabia Selir. [F.]
Maogamalcha (Ammian. XXIV, 4. vgl. Zoftm. III, 20.), eine flarfe
Seftung Babyloniens auf einer Anhöhe an der Strafe von Geleucia nad
Gieflpyhon. [F.]
Mapharitis (Magapitis, Arrian Per. Mar. Brythr. p. 13.), ein
Diſtrikt der Homeritä in ver Südweſtſpitze von Arabia Felix, mit der Haupt»
ftadt Save. [F.]
Maphoritse (Magoeires, Ptol. VI, 7, 25.), Bölferfhaft im Süben
von Arabia Felix deren Wohnſltze ſich öſtlich bis zum Weihrauchlande aus⸗
dehnten, vielleicht die Bewohner der Landſchaft Mapharitis, obgleich fle Ptol.
viel weiter öſtlich anſetzt.
Mappa (puniſches Wort, ſ. Quintil. 1, 5,57.), im Diminutio map-
pula, ein Stüd Tuch aus verſchiedenen Stoffen und zu verſchiedenem Gebrauche
als Tiſchtuch, Serviette, Vorhang, Segel, Gewand u. f. w., f. die Haupt⸗
ſtelle Martial. XII, 29.5 in der fpäteren Latinität häufiger als in der Älteren.
1) Das weiße Tuch, mappa cretata, m. Megalesiaca, womit eine hohe Ma-
giftratöperjon in den röm. Rennbahnen das Zeichen zum Ablaufe der Hoffe
gab, wad gewöhnlich durch ven Prätor, bisweilen aud von dem Gonful ober
.... Misps — Maranitae 4513
dem Dictator, ja felbft von dem anwejenben Kaifer geſchah (vgl. Liv. VI,
40. XXVII, 33. Juvenal. XI, 191.: Megalesiacae spectacula mappae_
Martial. x, 29, 9. cretata mappa. Vgl. Suet. Ner. 22. Dio LIX,7.).— |
2) Zu für Mund und Hände bei dem Eſſen, dergleichen au wohl bie
Gaͤſte mitbrachten und nad Baufe zurüdnahmen. Martial. VIII, 59, 8. XII,
29, 31. 21. Hor. Sat. II, 4, 81.8, 63. Juv. V, 27. Vgl. Salmaf,. zu.
Nebeũ. Pol. Gallien. 16. Beer, Baus U. ©. 154. In der mappa
nimmt ein Gaſt die aufgeflellten Gerichte mit nah Haufe bei Martial. II,
37, 7. VII, 20, 8. 13. Berner wurben auch die libri lintei durch mappae
bezeichnet, baber au) mappae linteae genannt. Vgl. Salmaf. zu FI. Vopibe.
Aurelian. 8. So wie nun ein Tuch noch verſchiedene fpeciele Anwendung
geftattet, fo Tonnte auch mappa noch verſchiedene fpecielle Bedeutungen er-
halten. Vgl. Salmaf. zu Vopisc. Aurelian. 12. So erwähnt Plin. XIX, 4.
unverbrennbaren Stoff, ardentes mappas sordibus exustis splendescentes
igni magis quam possent aquis. So finden wir auch mappae villosae,
mappae breves erwähnt. S. Salmaf. J. c. z
16 a sa im Süden von Paläſtina ober in Idumäa, Btel. V
Mapura (Marovor, Btol. VII, 1,17.), Küftenftabt am Sinus Gan-
geticus in India intra Gangem etwas zft lich von der Mündung des Tyndis
(des heut. Godavery N. [F)
Mara (NMooa), Hauptſtadt (der Minãi 7) im Innern von Arabia Felix
(Btol. VI, 7, 37., wo vulgo Bapaße. edirt wird und vie Karten Maraba
haben), welde dem Ptol. fo wichtig erſcheint daß er auch VII, 22, 14. ihr
Klima befilmmt. IF.)
Mazabius (Neooßios, al. Mapovßos, Ptol. V, 9, 2.), ein in die
Mäotis fallender Fluß im aflatifden Sarmatien zwiſchen dem großen Rhom⸗
bites und Tanais. Reichard Hält ihn für den heut. Cgorlik oder Manitſch,
einen Nebenfluß des Don. [F.]
Maracanda (r« Mapaxardce, Strabo XI, p. 517. [ralgo Ileee-
»asdal, Btol. VI, 11, 9. VIIE, 23, 10. Arrian Änab. III, 30. IV, 3.5.6.
Gurt. VIE, 4, 7. 19. 2, 13. ), die Hauptſtadt von Sogdiana im norblichen
Striche de⸗ Landes, 70 Stad. im Umfang haltend (Gurt. VII, 6, 10.), von
Bol. faͤlſchlich nah Bactrien geieht. Gier war e8 wo Alezander ber Gr.
den @litus im Rauſche ermorbete (Arrian Anab. IV, 8. @urt. VIII, 1, 20.).
Man kann in ihr das heut. Sumarfand nicht verfennen. Bol, Burnes I.
p. 264. u. Droyien im Rhein. Muf. N. %. 2ter Jahrg. S. 88., welcher auf bie
jeltfame Namens ähnlichkeit zwiſchen der Stadt Samar's (Samar-fand) und ber
Stadı des heiligen Feuers (Merusfand) aufmerfjam macht und auf bie Mem.
of Sultan Baber. Introd. p. XXXIX. verweist. [F.]
Misraeone, Ort in Phönicien (It. Hierof. p. 582.), welder noch
unter dem Namen Merakiah vorhanden ift (f. Mannert VI, 1. ©. 312.).
Das von ber Anna Comm. Alex. XI, p. 329. erwähnte Kaozoor Mapandüg
ik wohl nicht derſelbe Ort, fondern vielmehr das weiter Giga gelegene
ſehr fefte Bergſchloß Merkab. Vgl. Pococke HI. S. 292. [F.]
Maraces, Vöolkerſchaft Aetollens, Plin. IV, 2, 3. I: 1,
Miaracödra (Meoaxodon, Ptol. VI, 11, 9.), Stadt im Süden von
Bactsiana. [F.]
Münzae, |. Myr
Miarandara (en Ant. p. 206.), Ort in Cappadocien in ber Nähe
vs Halys. [F.]
Marane (Plin. VI, 28, 3%), Stabt der Sabäl in Arabia Felix. ER]
Miaranitae (Magareitas, Strabo XVI, p. 776.) ober Maranenses
(Magaseig, Diod. I, 42.), ein altes, fpäter aber von ben Garindaern
IV.
1514 Marauthbis — Marliiben
völlig vernichtetes, theils Aderbau treibendes theils nomadiſches Volk an der
en Fr Arabia Felix 618 an den Winkel des Aelanitiigen Meerb
auf.
Maranthis (Maoardi:, Ptol. IV, 4, 13.), Ort in Cyrenaica in ber
Nahe der großen Sorte. wehli von den Sandbergen des Herkules. IF.)
Maraphii (Vapagıo), einer der drei vornehmflen Stämme der Perfer,
eben den Pafargadä und Maspii von Herodot I, 125. aufgeführt. [F.]
Mararmanus Portus, {. Manarmanis Portus.
Marasdu (Mapaodov, Ptol. VI, 7, 36.), Drt (der Minder?) im
Innern von Arabia Belir, weRlih von der Hauptfladt Mara. [F.]
Maräta, Ort im Innern von Arabia Felle, Btol. VI, 7, 31. [F.]
Maräthn (Mapade, Bauf. VII, 28. in.), Flecken Arcadiens (in
Cynuria) an den Duellen des Fluſſes Bupbagus und in der Nähe von
Boriys (dem heut. Atzikolo ober Atchicolo, vgl. Leake TI. p. 24. u. Boblane
Rech. p. 161.). O. Müller Dorier II. ©. 444. Häft es für das heutige
Raphthi. [F.) .
Marathe, Tleine Infel des ion. Dieered, fühl. von Corcyra, Plin.
Iv, 12, 19. [F.]
Marathesium (Mapdımor, Scyl. p. 37. Gtrabo XIV, p. 639.
Pin. V, 29, 31.), ioniſche Stadt an der Käfte Lydiens (nad Steph. Byz.
p. 442. Gariens) zwiſchen Cpheſus und Neapoli, welche die Samier gegen
das ihnen näher liegende Neapolis vertaufchten (Strabo 1. 1.). Leake Tour
in Asia min. p. 261. glaubt fie Habe an der Stelle des hent. Scala Rova
gelegen, welches Andere für Neapolis halten. [F.]
Maräthon (NMaoadar, Serod. VI, 107. Strabo IX, p. 399. Bauf.
1, 32. Ptol. 1, 15, 22. Mela II, 3, 6. Plin. IV, 7, 11. Nonn. Dionys.
xia, 153. Schol. Hom. Od. VII, 80. u. A.), Bleden in der Näbe ver
Ofifäfe Attica's, zur attifchen Tetrapolis gehörig (Strabo VII, ». 389.
Step. By. v. Terpanodıs, vgl. au Plut. Thes. 14. u. Schol. Ariſtoph.
Lys. 285.), 60 Stab. fünfih von Rhamnus, nah Pauf. I, 32, 2. ebenio
weit von Gubda ald von Athen, und nad) Nepos Milt. 4. ungefähr 10 Mid.
von Lehterem entfernt (melde Diftanz viel zu gering iſt, vgl. Dodwell Classic.
Jeurn. 31. p. 158.), am fübmwefligen Ende einer von Bergen umſchloſſenen,
etwa 3 g. M. im Umfang haltenden und bie zur Küſte reicdenden Ebene (melde
nad Plin. XXV, 7, 35. die befle Battung der Mebizinalpflanzge Nnmpbäa
hervorbrachte) und an einem gleichnamigen Flüßchen (Blut. de flum. p. 32.
Huds.), in der Nähe eines großen Sees ober vielmehr Sumpfes (Bauf. 1,
32, 6.) gelegen; berühmt dur bie im I. 490 auf dieſer Ebene gelieferte
Schlacht. Er gehörte zur Phyle Leontis (Steph. Byz. p. 442.) Rob
jegt iR an ber Straße nad) Negropont, am rechten Ufer eines Flüßchens (GSell
lt. of Gr. p. 189.), 5 g. M. von Athen, ein armfeliges Dorf Marathona
vorhanden weldes fonft gemöhnlich für das alte Marathon gehalten wurde,
während jeht faſt allgemein Leake's Anſicht für richtiger gehalten wird nach
welcher M. an der Stelle des heut. Brana, etwas füplicher an einem andern
Flüßchen lag. Au die von Paufan. I, 32. beſchriebenen Denkmäler zur
Grinnerung an die Perſerſchlacht (vgl. Herod. VI, 108. 111. 117.) find
groͤßtenthells no zu finden, fo mie auch der große Sumpf am nerböfllichen
Ende der Ebene (im Mücken des perſiſchen Heeres) unter dem Namen Baltos
noch vorhanden if. Val. Überhaupt Gel It. of Gr. p. 60 ff. Turner Tour
im the Levant I. p. 346 ff. Leafe North. Greece Il. p. 431 ff. vw. A., aud
Kruſe's Hellas II, 1. S. 204 ff., Über das Schlachtfeld aber unb die Stellungen
ber beiderfeltigen Heete v. Prokeſch Dentwürb. I. ©. 423 ff. Roß in den
Blätteen f. Hier. Unterh. 1833. Nr. 108 fi. v. Winutoli in ver Heitſchr. ſ
Kun, Wiſſenſch. u. Geſch. des Kriegs, 1839. Heft 6. ©. 246 fſ. Finlay
Marätlus — Marecelli 1985
in d. Tramsact, of the R. Soc. of Lit. 1839. p. 363 ff. (ſaͤmmtlich mit
Zufägen des Herausg. abgebrudt u. überj. in Hoffmann's Schrift: die alten
Geographen ıc. 2. Heft. 1842.). Brandis Mittheil. I. &. 113 f. u. 329 ff,
Südöſtl. Bilderfaal I, ©. di ff. u. A. [F.]
Der Flecken mar benannt nah dem Herde Marathon, Philoſtr. vie.
Soph. U, 7. Nach Pauſ. I, 1, 1. 1, 15, 6. 32, 4. war ex ein Sohn
tes Epopeus, Königs von Sicyon, Durch feines Vaters Gewaltthätigkeit ver»
trieben und nuch Attika gewandert; nad Plut. Thes. 32., wo ex Maratbes
heißt, ein Arkadier, Theilnehmer am Zug der Diodkuren gegen Athen, der
fi vor der Schlacht freiwillig zum Opfer bingab. [Kn.]
Mazräthuas (Mapados), eine einft große und reiche aber ſchon zur
Zeit des ſyriſchen Königs Alexander Balas von. den Aradiern zerſtörte (Diod.
Sic. p. 593. ed. Wessel. u. Exc. de leg. XXIX.) Stadt Phöniciens (ober
nah Ptol. V, 15, 16. ver cöleiyrifhen Landſch. Caſſiotis) der Inſelſtadt
Aradus gegenüber (Urrian. Anab. II, 13. Blin. V, 20, 17.), alfo ganz
nahe bei Untaradus. In ber Umgegend wuchs eine gute Sorte von Styrar
(Blin. X, 25, 55.). Bel. au Strabo XVI. p. 753. Mela I, 12, 3.
Dion. Per. 914. @uftach. ad h. 1. p. 162. Hudſ. u. A. — 2) f. Julius Ma-
rathus ©. 499. [F.) | \
Marathküsa, 1) Stadt im weſtlichen Theile von Greta, Mela U, 7,
12. Plin. IV, 12, 20.) Rah Soed I. ©. 435. vieleiht am Vgeb. Dres
panum, weil fih im Golf von Suda noch jetzt eine Fleine Infel Namens
Marati findet. — 2) (Mapadovo«, Thuc. VIII, 31., bei Plin. V, 31, 38.
Marathussa), eine Eleine Infel des ägäiſchen Meeres vor ber Küfte von
Jonien in der Nähe von Clazomenä. [F.]
Maratiäni, von Plin. VI, 16, 18. erwähnte Nölkerfgaft, wahrſch.
im nördlichen Arachoſien; f. Harduin ad l. [F.]
Marazanse (It. Anton. p. 55.), Ort in Byzacium an ber Straße
von Sufes nah Adrumetum. [F.]
Marbath, ij. Mamortha.
Marca, römiſcher Töpfer auf einer in Voorburg gefundenen Gcherbe
des Leidner Muſeum's. Janſſen Mus. Lugd. Inser. p. 143. [W.]
Narcalla, ſ. Macra.
Marcelll.* Die Claudii Marcelli von denen die Lentuli Marcellini
(vgl. Pſeudoaſcon. p. 105. ei. Or.) einen Ziveig bildeten (über die Claudii
Marcelli Aesernini f. unten Nr. 16. 20. 23. 27., über vie Claudii Marcellini
ſ. unten Nr. 22.) waren ein röm. Geſchlecht über deſſen Verwandiſchaft mit
den patriziſchen Claudiern ih aus Gic. de orat. I, 39, 176. nichts Beſtimmtes
entnehmen läßt. Sie waren plebejiſchen Urſprungs (Liv. VIII, 23. XXI, 31.
Ascon. in Scaur. p. 25. Dr. u. unten Nr. 8) und gehörten in fpäterer
Zeit zu den angejehenern Optimatenfamilien (vgl. Suet. Tib. 1.). Ihr
Beiname Marcellus hängt mit Marcus, Marcii zuſammen. Welder Clau-
dias zuerſt denfelben führte wiffen wir nicht. Bei Blut. Marc. 1. wird bes
bauptet, Nr. 3 fey zuerfl zur ano ic oma; Marcelug genannt werben,
da aber in unfern Quellen fon Nr. 1 Marcelus Heißt fo fann man jene
Behauptung nur dann gelten laflen wenn man annimmt, entweder Nr. 1
war gar nicht mit Nr. 3 verwandt, oder: Nr. 1 erhielt den Beinamen Mars
celus den er Im Leben nicht beſaß erſt lange nad feinem Tode von den
Schriftſtellern, weil er Ahnherr von Ar. 3 war, Annahmen welde beide nit
* Da 8b II. ©. 102 ff. fämmttihe Famillen ber Claudia gens bereits abge:
handen find und S. 425. nur in Betreff der Claudii Mareelli auf Marcelli vers
wiefen ifi fo werben deſe Kiew nachgetragen. Uber auch in andern Genies War
Marcellas als Zuname gebräuchlich, f. gens Asinia, Epria, Granis, Neratis,
Nonie, Pomponie, Quintilia,, Varia, Vettia, Ulpia. [W.T.]
4516 Marcel
wahrfcheinlich Tlingen. Die verwandiſchaftlichen Verhaͤliniſſe der einzelnen
Marceller unter einander find nur felten genau zu beſtimmen. In fpäterer
Zeit (vermutblih ſeit Nr. 3) waren die Marceller patroni Siciliae, und.
faft in allen ficiliſchen Städten befanden fich MNeiterflatuen von ihnen (Gic.
in Verr. III, 18, 45. 1V, 40, 86. vgl. de divin. IV, 13. in Verr. 11,
14, 36. 49, 122. wo ihr Antbeil an ver haleflnifhen Geſetzgebung ermähnt
wird, Plut. Marc. 23.). Zwiſchen Cicero und den gleichzeitigen Marcellern
ſcheint durchſchnittlich ein vertrauliche auf Gleichheit der politiſchen Anflchten
beruhendes Verhaltniß beſtanden zu haben (Cic. ad ſam. IV, 7, 6-11.
XV, 7—11. pr. Sulla 6, 19.). 708 d. St. war ihre Famille ad paucos
redacta (@ic. pr. Marc. 4, 10.). Behandelt find fie von Drumann, Geſch.
Noms u. f. w. II. S. 390—407. Zu erwähnen find aus ihr:
1) M. Claudius Marcellus, Coſ. 423 d. St. (331 v. Chr.), Liv.
VIII, 18. Oroſ. IH, 10. Diod. XVII, 74. Gafflod. an. Nor., fasti sicc. ;
427 d. St. ward er zum Diftator com. c. ermählt, mußte aber (mie vie
Tribunen behaupteten, weil er Plebejer war) als vitio factus abbanfen,
2iv. VII, 23.
- 2) NM. Claudius, M. f. (Blut. Marc. 1. fasti cons. zu 532 d. St.,
triumph. zu 532 d. St.), Bater von Nr. 3. Auf ihn bezieht Drumann
S. 390. die Stellen: Amm. Marc. XIV, 11, 32. Sonar. VII, 18. Bat.
Dax. VI, 2, 3. (Dio Cafſ. frgma. peir. 45.), aber gewiß mit Unrecht,
da 28 bei Zonar. heißt: „Claudius Clineas,“ bei Ammian „Claudius,“ bei
Bal. „M. Claudius,“ bei Dio „Claudius,“ nirgend® aber Marcellus.
3) M. Claudius Marcelius, M. f.M.n. (vgl. Nr. 2), geboren vor
486 d. St. (Liv. XXVII, 27. Blut. Marc. 28), geſtorben 546 d. St. Er
war acer et pugnax (@ic. b. Non. de var. signif. v. lentum, nad Plin.
H. N. VII, 25. signis collatis — undequadragies dimicaverat), einer ver
tapferſten Solvaten (Put. M. 1. 2.) und ein ausgezeichneter Feldherr, zu⸗
glei vorfihtig (Liv. XXIII, 43. XXIV, 17. XXVII, 2. Plut. M. 10.),
te und angrifiäluftig, vol Geifteägegenwart (Blut. M. 6.), vol raflofer
Thätigkeit (Blut. M. 6. 7. 10. 25. Livius passim.); als Sieger im Gefecht
wurde er durch erhöhte Zuverfiht, als Beflegter durch gekränktes Ehrgefühl
unermüdlih zu neuen Kämpfen getrieben (Liv. XXVII, 14. Plut. M. 26.)
und obgleih er wohl nicht frei von QAberglauben war (Blut. Marc. 28.
vgl. Liv. XXVIE, 25.) fo ließ er ſich doch durch dieſen in feinen kriegeriſchen
Unternehmungen ſchwerlich bedeutend flören (Cic. de divin. II, 36, 77.).
Meniger feſt ale das Lirtheil über feine kriegeriſchen Gaben flieht das über
feine fonftigen Cigenſchaften. Wir finden ihn in unfern Quellen fo geſchildert
daß er griechiſcher Sprade und Bildung befreundet war obgleih es ihm an
Muße fehlte in ihnen große Kortfehritte zu machen (Blut. M. 1. 21. vgl. au
feinen Kunſtraub aus Syracus), daß er uneigennügig war (Eic. in Verrem TI,
1, 21, 55. de rep. I, 14, 21.), daß er fi gegen Andere gerecht, leut⸗
ſelig und milde benahm (Put. M. 1. 10. 11. 13. 19. 20. iv. XXIH.
49. 16. XXV, 5—7. XXVI, 29. 32. Dio Gaff. frgma. peir. 51.), daß in
feinem Auftreten vielfah etwas Nitterlihes und menſchlich Cdles Tag was
dem Nömer fonft fern blieb, und gewiß enthält diefe Schilderung ungemein
viel Wahres, jedoch darf bei ihr nicht Überfehen werben daß Plutarch und
Eivius durchſchnittlich den Marcell. eiwas in dad Schöne malen (06 Bolnk.
dem Scipio zulieb den Marcel. mehr als billig herabſetzt IR nicht mit
Gewißheit zu fagen, jedoch wahrſcheinlich daß er e3 that), daß feine Leut⸗
ſeligkeit wenigſtens zuweilen mehr etwas ihm durch die Umſtände Aufge⸗
drungenes als etwas aus feinem innerſten Gemüth Hervorgegangenes gen eſen
zu ſeyn ſcheint (Dio Gaff. frgma. peir. 53. Liv. XXIII, 15. 16. Frontin. strat.
Marveiil _ 1817
ı I, 16, 1.), daß er nicht blos milde fondern auch flreng war, daß feine
Strenge zumellen in Graufamfelt audartete (App. sic. 4. 5. Guòorne,
Liv. XXIII, 17. XXIV, 39.) und daß ihm ba mo es fih um Roms Vor⸗
theil handelte fogar Treuloſigkeit nicht fremd geblieben zu feyn fcheint (App.
sie. d. vgl. Liv. AXIV, 39.). Seine frlegerifhe Laufbahn begann Marcel.
in Stzilien wo er feinem Adoptivbruder Dtacilius im Kampf das Leben
rettete (Plut. M. 2.); fpäter wurde er curul. Aedil (Blut. M. 2. Bal. Mar.
VI, 1, 7.) und Augur (Plut. M. 2. Liv. XXVII, 36. @ic. de divin. I,
36, 77.): Als Medil belangte er den Gapitolinus welcher feinem Sohne
M. Marcellus ſchaͤndliche Anträge gemacht. hatte und ſetzte deſſen Verurtbeilung
durch (Blut. M. 2. Bol. Mar. VI, 1, 7.). Während feines erften Conſu⸗
lates 532 d. St. führte er mit feinem Collegen einen Krieg gegen vie Gallier,
der viclleiht von ihm und feinem Collegen muthwillig hervorgerufen war
(vgl. Bol. II, 34. Blut. M. 6.) ; in dem Kriege felbft zeichnete fich Marcel.
als Soldat und als Feldherr aus, er gewann durch Erlegung des feinplichen
Heerführers die opima spolia und beflegte tie Galler, beſonders bei Claſti⸗
dium (Blut. M. 6—8. Pol. II, 34. Xiv. ep. 20. Zonar. VIT, 20. Cie.
Tusc. IV, 22, 49. Flor. 11, 4, 5. Gutr. IH, 6. Oroſ. IV, 13. Feſtus v.
opima spolia, fasti triumph. h. a. #rontin. strat. IV, 5, A. Propert. IV,
10, 39. u. f. m. vgl. Aen. VI, 855. und dazu Serv.; wenn man Zonar.,
PBlut., Eutr., Oroſ. zufammenninmt fo ergibt ſich daß Diarcell. nach mehreren
Angaben damals auch entweder allein oder in Bemeinfchaft mit feinem Col⸗
legen Cn. Cornelius Scipio Mailand eroberte und es iſt die Angabe bes
Bol. daß Scipio allein Mailand eroberte um fu verbädtiger da durch fie
eben ein Scipione höher geflellt wird). Nah dem Kriege triumphirte Mars
ce. (Blut. Marc. 8. fasti triumph.). Daß er troß bes hierdurch erworbenen
Ruhmes im Anfang ded zweiten puniſchen Krieges Teine bedeutende Molle
fpielte iſt auffallend und erklärt fich vielleicht daraus daß er in Rom Beinde
hatte (vgl. unten das Jahr 544 d. ©t.). Im Jahre 538 d. St. war er
PBrätor und follte ala folder nad Sicilien abgeben, wurde jedoch noch che
er Italien verlafien hatie in Folge der cannifchen Schlacht in Jtalien vers
wendet (App. Hannib. 27. Liv. XXII, 35. 57. Blut. Marc. 9. vgl. Drof.
IV, 16.). Den Reſt des Jahres 538 d. St. brachte er damit zu, beſonders
Nola gegen Annibal zu decken und erwarb fih um Nom jetzt mie in ber
Bolge beſonders das Verdienſt daß er die Römer moraliſch wieder bob durch
fein Fühnes und zum Theil glückliches Auftreten gegen Unnibal, welches ihm
den Beinamen „das Schwert der Römer’ zu Wege brachte (Liv. XXIII,.
14—17. @ic. Brut. 3, i2. Bonar. IX, 2. Plut. M. 10. 11. comp. Pel.
et M. 1.; ob Marcel. jegt oder in der Folgezeit jemals in offener Schlacht
einen Sieg über Annibal davontrug muß dahingeſtellt bleiben, vgl. Bol.
XV, 16. Nep. Hannib. 5. und bei. Plut. comp. Pel. et Marc. 1.; aber
auch die zu den Jahren 538, 539, 540, 545 d. St. angeführten Stellen).
Anfang 539 d. St. erhielt er vom Volke ein proconfulariiches Imperlum
(iv. XXI, 30.), kurz darauf wurde er zum zweiten Male zum Conſul
ernannt, dankte jedoch damit nicht zwei Plebejer Conſuln würden als vitio
factus ab (Liv. XXIII, 31. Blut. M. 12.) und befehligte darauf als Pro⸗
conful ein Heer mit dem er Samnium durdflreifte und Nola nebft Umgegend
tete (Liv. XXI, 32. 41. 43—46. 48. Bon. IX, 3. Blut. M. 12. Cutr.
in, 12.). 540 d. St. war er — wenn man fein Gonfulat von 539 d. St.
mitrechnet — zum dritten Mal Eonful, war ala folder zunächſt in Campanien
beſchäftigt, dann eine Zeit lang frank (Liv. XXIV, 9. 14. 17. 19. 20. Bon.
IX, 4. vgl. Feſtus p. 352. ed. Müller) und wurde darauf nah Sicllien
geſchickt (Liv. XXIV, 21. Bol. VI, 3. Bon. IX, 4. Plut. M. 13. vgl.
Frontin. strat. IV, 1, 44.) wo ein Krieg zwifchen Nom und Syracus brobte.
1520 "Marsellt
8) M. Claudius Marcellus, der Sohn von Nr. 5, folgte 577 ».
St. feinem Bater ald Bontifer, Liv. XLI, 13. Wenn fih Lie. XLI, 32.
XLIII, 11. 15. auf ihn beziehen fo war er 583 d. St. Tribun. BI., 585
d. Et. Praͤtor in Spanten. Vieleicht it er dieſelbe Perſon mit Nr. 9.
9) M. Claudius Marcellus, ver Enkel von Nr. 3, beſcheiden
(Adcon. ed. Or. p. 12.) aber nit ohne Ehrgeiz (App. hisp. 50.) und nad
Cic. in Pison. 19, 44. summa virlute, pietate, gloria militari (über d.
gloria mil. vgl. indeß Pol. XXXV, 3. 4.). Er war drei Mal Eonful: zum
erfien Mal war er ed entweder 570 d. St. oder was wahrideinlider iſt 558
d. ©t., fiele alfo entweder mit Nr. 7 oder mit Nr. 10 zufammen. Zum
zweiten Mal war er 599 d. St. Coſ. und triumphirte (fasti cons. und triumph.,
Eic. acad. pr. 45, 137.) de Gallis Contrubis et Liguribus Eleatibusque ; zum
dritten Mal war er es 602 d. St. und führte einen glüdlihen Krieg in
Spanien (Liv. ep. 48. App. hisp. 48-50. Obfequ. 77. (16.) fasti cons.
@ic. in Pison. 19, 44. Eutr. IV, 9. Pol. XXXV, 2—4.). 606 d. St.
fam er auf einer Gelanbtichaftsreife an Maffiniffa durch Shiffbrub um
(2iv. ep. 50. ic. in Pison. 19, 44. de divin. II, 5, 14. de fato 14, 33.
10) M. Claudius Marcellus fämpfte ald Goniul 588 d. St. mit
Glück gegen bie alpinos Gallos, Ligures u. f. w. (fasti cons., fasti triumph.,
Liv. XLV, 44. Obfequ. 71. (10.) Eic. rep. I, 14, 21. Plin. H.N. I, 9.
Titul. Ter. Andr.). Bol. Nr. 9.
11) In den Berrinen und den dazu gehörigen Schriften ift mehrfach
von Marcellern die Rede die wohl fämmtlich der claudiſchen Familie ange-
hören aber nicht von einander gejhieden werden können. Die Stellen in. benen
ſte ermähnt werben ſind: @ic. divin. in Caec. 4, 13. in Verr. II, 1, St, 135.
‚2%, 3, 8. 2, 21, 51. 3, 16, 42. 9, 91, 212. 4, 40, 86. 4, 17, 37.
4, 42, 91. Pſeudoascon. in divin. p. 105. a. @. u. p. 206. ed. Or.
12) M. Claudius Marcellus, M. f. (Ueberfärift zu Dio Caſſ. XL.),
ein ftarfer Charakter welchen Brutus 708 d. St. bewunderte (Gic. Brut. 71,
250., wo einige Worte aus der von Sener. cons. ad Helv. 9. ermähnten
Schrift des Brutud entlehnt zu feyn fcheinen, Cic. ad fam. IV, 8, 1.), aber
nach des Coelius wohl nit ganz unrichtigem Urtheil tardus et parum efhicax
(Eic. ad fam. VIII, 10, 3. vgl. ad Att. XI, iO, 3.). Er war beredt
(Dio Caſſ. XL, 58. Gic. Brut. 71, 250., vgl. aber Schol. Gron. ad
Cic. pr. Marc. p. 418. ed. Or.), gegen das Geld nicht eben gleichgiltig
(@ic. ad fam. IV, 7,9. 9, 3. 10, 2. ad Attic. XI, 10, 3. vgl. aber
auch Cic. ad fam. IV, 7, 4.) und voll Gefühl für feine dignitas (Gic.
ad fam. IV, 7, 12. 9, 3. Brut. 71, 250.). Ueber fein Berhältnig zu
feinen Bermandten- f. Cic. ad fam. IV, 7, 5. 6. 11, 1. Er war Optimat,
heftiger Gegner Gäfars ohne eigenilih Breund des Pompeius zu feyn.
Während feines Conſulats 703 d. St. trat er gegen Cäſar auf (App. b. cir.
HU, 25. 26. Dio Caff. XL, 59. Suet. Caes. 23. Cic. ad Att. V, 11, 2.
VII, 3, 3. ad fam. VIU, 1, 2. 2, 2. 5, 3. Xu, 15, 2. XV, 9. Blut.
Caes. 29., in welder legteren Stelle er indeß mit Nr. 14 verwedielt wir).
Beim Beginn des Bürgerfrieges hatte ex wenig Zutrauen zu ber Partei Des
Bompelus, gerieih dadurch wie ed jcheint in Mißverſtändniſſe mit ihr, folgie
ihr aber außerhalb Italiens und verlieh fle erft fpät. Nachdem er fle ver-
lofien begab er ſich nah Mitylene wo er Redeübungen vornahm und feine
freiwillige Verbannung mit großer Geiſtesſtärke ertiug (Cäſ. b. civ. I, 2. 6.
Gic. ad fam. IV, 7. VIII, 2, 2. 13-2. ad Attic. IX, 1, 4. Brut. 71,
248—50. Bal. Mar. IX, 11, 4. Senec. cons. ad Helv. 9.). Gier empfing
er 708 d. St. mehrere Briefe von Eicero, vielleicht nicht ohne Cäſars Mit-
wiſſen welche ihn bewegen follten, Cäſars Gnade zu ſuchen (Gic. ad ſam.
IV, 79. vgl. au 11.) Da fie Leinen Eindruck auf Ihn machten fo
BMarcolli 1521
wußte Gäfar welcher ven alten Adel fo vollſtändig ala mögli an feinem
werdenden Hof zu verfammeln wünfchte, um den Marc. nah Rom zu Bringen
fein anderes Mittel ald das daß er dem Senat beinahe mit dürren Worten
befahl derſelbe folle fih für DE. bei ihm verwenden. Natürlich that der
Senat das Berlangte, daraufhin erflärte Gäfar, er begnadige den Marc. (f.
bie beſtrittene Rede des Cic. pr. Marc., bef. 1, 9. @ic. ad fam. IV, 4, 3.
6, 10.; was Drumann ©. 396. von ‚„‚zarter Schonung‘’ meint, iſt gemiß
ganz irrig) und nun konnte fich M. ver Rückkehr nah Nom nicht mehr ent»
ziehen. Er ging dahin ab, warb aber untermegd Im Mai 709 d. St. in
Athen gemeuchelt (f. S. 1421, 9.) und daſelbſt in der Acabemie begraben
(Gic. ad fam. IV, 10. 11. 12. ad Attic. XII, 10. 22. Liv. ep. 115.
Bal. Mar. IX, 11, 4.). Auf ihn bezieht fih die beflrittene Rede des Gicero
die ungenau genug pro Marcello genannt wird.
13) C. Claudius Marcellus, €. f. M. n. Wenn er, wie das
' mahrigeinlih if, frater patruelis von Nr. 12 war (Suet. Caes. 29. App.
b. eiv. I, 26. Die Gafl. XL, 59. beſ. Cic. ad fam. XV, 10, 2. wo nur
von Einem Bruder von Nr. 12 die Rede if, übrigens vgl. Nr. 15 a. E.)
fo wiffen wir Folgendes von ihm: Weil er Cäſars Feind war wurde er
von defien Gegnern zum Gonful für 704 d. St. erhoben, richtete aber als
folder wenig aus; fein Angriff auf Curio, feine eigenmädtige Beftallung
bes Pompejus zum Schirmer der Mepublif Hatte Feinen Erfolg (Cic. ad fam.
VIII, 9, 2. vgl. mit Drumann 1. 1. ©. 400. 8. 9-11 v. 9. XV, 10, 11.
Brut. 64, 229. Dio Gafl. XL, 59. 64. 66. App. b. civ. II, 26. 27.
30. 31. Guet. Caes. 29. Blut. Pomp. 58. 59. Hirt. b. gall. VIII, 48.
53. 55. Plin. H. N. II, 57.). Später, als der Bürgerkrieg ausgebrochen
war, ireffen wir ihn nicht in des Pompejus Lager fondern in Italien (Ge.
ad Au. X, 13, 2. vgl. X, 12, 3. 15, 2.). Wahrſcheinlich if er dieſelbe
Berfon (Die Caſſ. XL, 59.) mit Nr. 14.
14) C. Claud. Marc., Schwager des D:ctavian, Vater von Nr. 17,
flarb kurz vor 714 d. St. (Dio Caſſ. XL, 59. XLVIH, 31. Plut. Anton.
31. Marc. 30. Guet. Caes. 27. App. b. civ. V, 64. vgl. Eic. ad Att.
XV, 13, 8. Phil. IIE, 6, 17.), vgl. Nr. 13 0. @
15) C. Claudius Marcellus, M. E.M. n. (fasti cap. 705 d. St.).
GEifriger Gegner Cäfard war er 705 d. St. Conful (Die Cafſ. XL, 66.
XLI, 1. $irt. b. gall. VIII, 50. 53. Bell. Pat. TI, 49. App. b. civ.
It, 33. Cic. ad fam. VIE, 8, 1. fasti cap. Oroſ. VI, 15.), folgte bei dem
Ausbruch des Bürgerkriegs dem Pompejus außerhalb Italiens (App. b. civ.
. 24, 37. 38 a. ©. 40. Dio Gafl. XLI, 43. Gic. ad Att. VII, 20, 1. 21, 1.
XV, 3, 1. @äf. b. civ. IH, 5.) war 706 dv. St. Prokonful (Dio Eafl.
XLI, 43.), ging aber fpäter, wenn bei @ic. ad fam. IV, 7, 6. 9, 4. 11, 1.
das frater wörtli zu verftehen if (Drumann nimmt e8 ſehr unwahrſchein⸗
licherweife für frater patruelis vgl. Nr. 13), an Gäfars Hof und farb vor
711 d. St. (Eic. phil. XIII, 14, 29.).
16) M. Marcellus Aeserninus, Quäflor 706 d. St., Allem
nad ein Eluger aber zweidentiger Gharalier, Dio Cafſ. XLII. 15. 16.
XLII, 1. 29. b. alexandr. 57. 39 - 64.
17) M. Claudius Marcellus, der Sohn von Nr. 14 und bet
Delavia, der Aboptivfohn Octavian's (Plut. Anton. 87. Serv. ad Aen.
VI, 861. vgl. Tac. hist. I, 15.) war vermuthlich 712 oder 713 d. St.
geboren (Bropert. IH, 16. Serv. 1. 1., vgl. Suet. Oct. 63. und Die Cafſ.
LIN, 28.). 715 d. St. warb er mit der Tochter des Gert. Pompejus
verlobt (Die Eaff. XLVIII, 38. App. b. civ. V, 73. Zonar X, 22.); fpäter
erhielt er viele Beweife von Octavians Zuneigung, u. U. das Pontiflcat,
Bauly, Rtal-Enchelop, IV. | 96
1522 Minzaelit
die curuliſche Aebiltiät, die Aufnahme inter praetorios (Die Caff. LI, 24.
LII, 28. 31. Zac. ann. I, 3. Serv. ad Aen. V, 4. ®Plut. Marco. 30.
Plin. H. N. XIX, 6.) und da er überdieß felt 729 d. St. mit der Julia,
der Tochter Octavian's vermäßlt war (Dio Caſſ. LIII, 27. Blut. Ant. 87.
Marc. 30. Bel. Bat. II, 93. Suet. Oct. 63.) jo glaubte man ziemlich
allgemein, Octavian wänfhe ihm die Nachfolge auf dem Thron zuzuwenden
(Dio Eafj. LIII, 30. 31.92. Vell. Pat.1.}. vgl. Suet. Octav. 66. Tiber. 10.).
Diefer Blaube war vielleiht fein Unglüd, denn ald er 731 d. St. in Baid
flarb vermutheten Einige, Livia Habe ihn vergiften laffen um ihrem Sohne
Tiberius die Nachfolge zu fihern (Dio Caſſ. LI, 30. 33. vgl. mit Zar.
ann. UI, 41. Proyert. 1. 1. Serv. ad Aen. VI, 861.). Auch nad feinem
Tode erbielt er noch manchfache Ehrenbezeugungen von Auguſtus (Dio
Gafl. LIII, 30. LIV, 26. Liv. ep. 138. Ser. 11.1. Plin. H. N. VII, 36.
VIII. 25. Tac. ann. III, 64. Blut. Marc. 30. Suet. Oct. 29. Vespas. 19.;
vgl. au Drumann 1. 1. ©. 402. Anm. 59 und den daf. angef. Vlin. H.
N. XXXVIT, 5.). Tac. ann. IH, 4]. nennt ihn breves et infaustos populi
romani amores, und wenn er alle bie @igenichaften befaß bie unfere min
deſtens der Uebertreibung verdächtigen Quellen an ibm rühmen fo war er
ein höchſt ausgezeichneter Menſch (Well. Bat. IE, 93. Senee. consol. ad
Marc. 2. Propext. II, 16. Virg. VI, 861—885. ib. Serv. Ser. Od. I,
12, 45—48.). Hd, Roͤm. Geſch. I, 1. ©. 347— 352.
. 48) Marcella, die Gäwefter von Nr. 17, mar vermählt mit DM.
Bipfanius Agrippa von dem fie 733 d. St. aus Stantkgründen gefchieben
ward (Dio Cafſ. LI, 1. LIV, 6. Plut. Ant. 87. Bell. Bat. IE, 93.
@uet. Oct. 63.); mit Antonius, dem Sohne des Triumvirn (Blut. Ant. 87,);
06 fie auch mit Ser. Appulejus dem Gonful 767 dv. St. verheiratet war,
wie Drumann 1. 1. ©. 403 annimmt, ift zweifelhaft.
19) Marcella, Schmefter von Nr. 17 u. 18 (Blut. Ant. 87. Gukt.
Oct. 63.). Bgl. über fie Drumann a. a. D. ©. 403.; 0b fie mit Ser.
Appulejus verbeiratbet war (vgl. Nr. 18) ift zweifelhaft.
20) Es finden Äh in unfern Quellen verſchiedene Stellen bie theils
gewiß theils mahricheinlih auf einen Claudius Marcellus geben, aber feinem
der biöher erwähnten Marceller au nur mit Wahrſcheinlichkeit beigelegt
werben fönnen und nur unbedeutende Leute zu betreffen fcheinen. Sie fin:
Gic. in Catil. I, 8, 19. 21. pr. Sest. 4, 9. pr. Quinct. 17, 54. pr. Fontei.
7, 13. (Bal. Mar. VIII, 5, 3.) pr. Sulla 6, 19. 20. Brut. 96, 136.
de legg. II, 13, 32. de divin. I, 35, 75. ad Qu. fr. IL 3, 1. ad
fam. XV, 7, 8. ad Att. IV, 3, 5. VII, 12A, 4. X, 12, 8. de orat. I,
13, 57. Ascon. ed. Or. p. 20. 35. GäAf. de b. cir. I, 2. 6. Zac, ann.
IN, 11. XIV, 40. Suet. Oct. 43. Dio Gaff. LIV, 1. 20. App. b. eiv. I,
40. (Liv. ep.73.) Plut. Marius 20. 21. (Frontin. strat. I, 4, 6.) Orof. VI, 6.
21) Bon BDrumann wird 1. 1. ©. 404 unter Nr. 22, unter Berufung
auf Obfequ. 83. (22) ein Brätor M. Cl. Marc. angeführt; bei Obfequ. if
aber blos von einem M. Claudius die Rede.
22) Ob e8 Claudii Marcellini gab ober nit läßt ſich nit ent»
ſcheiden; doch Heißt der eine Gonful von 477 d. St. zwar bei Gaffledor.
M. Marcellus, ebenfo in den fasti sic. Marcellus, bei dem anon. Noris. aber
Marcellinus; auch wird bei Liv. XXXIX, 23. zu 569 d. Gt. ein Brätor an-
geführt deſſen richtigerer Mame M. Claudius Marcellinus zu ſeyn ſcheint,
f. daſ. d. Aus.
23) P. Lentulus, ein nicht untüchtiger Debner, Sohn bed „M. Mar-
cellus Aesernini pater“ (Cic. Brut. 36, 136.). Er ift vielleicht derſelbe
Lentulus Marcellinus ber nad App. mithrid. 95. (vgl. Bor. II, 6, 9.)
Legat des Pompejus im Seeräuberkriege war.
Mazsell ’ 4528
24) Cn. Cormelius P. f. Lentulus Marcellinus (Ueberſchr.
zu Die Gaff. XXXIX.). Wenn wir auf ihn die Stellen beziehen welche von
Neuern auf ihn bezogen werben (mit Ausnahme ver gar zu unſichern Stelle
Gic. in Vatin. 11, 27.) fo wiffen wir Folgendes von ihm: er war nec un-
quam indisertus, et in consulatu (wo er auf Cicero's Seite fand) perelo-
quens visus est, non tardus sententiis, non inops verbis, voce canora,
facetus satis (Cic. Brut. 70, 247.). Von mütterl. Seite her ben Scipionen
verwandt (Cic. de har. resp. 11, 22.) trat er im verriniſchen Prozeß noch
adolescens ald Zeuge und als Wegner des Berres auf (Cic. divin. 4, 13.
16. in Verr. II, 42, 103. IV, 24, 53.); 693 v. St. in dem Prozeß des
Clodius wegen ber bona dea war er subseriptor gegen Clodius (Schol.
Bob. ed. Or. p. 336.); um 696 d. St. war er vir praetorius und
Statihalter von Syrien (App. syr. 51.). 698 d. St. war er Gonful; als
folder vertrat er die Optimatenpartei welche fi gegen Cäſar und Pompejus
zu halten fuchte, aber unflugerweife Letzteren mehr fürchtete als Erfleren,
nahm ſich Cicero's an und gerieth mit Clodius in feindliche Berührung (Eie,
de har. resp. 1, 2. 6, 11. 41, 22. ad fam. I, 1, 2. 2,1. 9, 8. ad
Quint. fr. 3, 1, 1. 2. 6, 4. 5. ad Att. IV, 2,4. 3, 3. V, 21, 11. IX,
9, 4. Ascon. p. 2. ed. Or. Bal. Mar. VI, 2, 6. Die Gafj. XAXIX, 16
—18. 25-30. 40.). Nah Cic. de har. resp. 10, 21. (vgl. mit 6, 12.
und ad Att. IV, 2, 4.) wird er Epulo gewefen fein.
258) Lentulus Marcellinus, Ouäftor 706 d. St., befebligte bei Dyr⸗
rhachium Gäfars neunte Legion, Gäf. b. civ. III, 62. 686. 69. Oroſ. VI, 19;
26) P. Cornelius P. f. Lentulus Marcellinus, Gonſul 736
d. St. Die Veberfähr. z. LIV. LIV, 12. 0
27) M. Claudius M. f. Marcellus Asserninus, Genisf 732
d. St., Dio Cafſ. Ueberfär. z. LIV. LIV, 1. 3. [ Bröcker.]
In literarhiftorifger Beziehung erwähnungswerth find: 4) ein bios
aus Suidas (s. v. und Cudocia p. 801.) bekannter griechiſcher Rhetor Mars
cellus aus Pergamum, Verfaſſer einer Schrift Adoınrog 7 repi Bumkeiag.
2) Unter den Untoninen lebte Marcellus aus Sida in Pamyhylien, welcher
in Herametern und in griech. Sprache über die Medicin (inrpma, Suidas
s. v. Cudocia p. 299.) in zwei und vierzig Büchern geſchrieben und darin
auch von dem Wehrmolf (Val. Böttiger in: Sprengel Beiträge 3. Geld. d.
Medicin II. ©. 1—72.) gehandelt hatte. Noch befigen wir ein Eleines von
den Heilkräften der Fiſche (nzeoi iydvo») handelndes Bragment, welches zuerft
von F. Morellus herausgegeben ward zu Paris 1591. 8. (au 1593 u.
1598 mir Michael Plochirus), dann in der älteren Ausgabe von Pabricind
Bibl. Graec. I, p. 14. (und Iateinif$) XII, p. 317 ff. und beſſer von J.
G. Schneider bei f. Ausgabe von Blutar De liber. educand. (Straßburg
1775. 8.) p. 95 ff., zuletzt bei Ideler Physic. et med. Graec. min. ]. p.
134 ff. Bgl. jetzt Harles zu Fabric. Bibl. Graec. I. p. 18 ff. ed. 2. und
Fabricius AIII. p. 815 ff. d. Alt. Ausg. Sprengel Bei. d. Arzneif. EI.
&. 234. B. Thorlacii Opusc. Acad. (Havn. 1821. 8.) Vol. IV. p. 49 fi
Da von den beiden in der Nähe Rom's gefundenen, jebt zu Paris befind»
lichen triopiſchen Infchriften von 89 und 59 Herametern bie letztere ven
Namen ded Marcellus zeigt fo wird dies auf dieſen gelehrten Arzt ımb
Dichter bezogen welchen dann Thorlacius (I. 1. p. 59 ff.) und En. Quir.
Visconti (In der Hauptſchrift: Inserizioni grecche Triopee, con vers. ed
osservaz. 1794. fol.) p. 74 ff. auch zum Derfaffer ver andern Inſchrift
machen wollen welche Andere dem Herodes felbft Heilegen, ſ. Schöll Geſch.
d. Griech. Lit. I. S. 334., der deutſch. Meberf. Jakobs Comment. in Anthol.
Graee. XIH. p. 914. 3) Cn. Marcellus mit dem Beinamen Empiricus,
aus Borbeaur, ver Leibarzt des Kaiſers Theodoſtus I.; von ihm iſt noch eine
1324 | Marcellianna — Marcellinus “
manchfach verfümmelte und durch Interpolationen entftellte Schrift: Medi-
samentorum liber vorhanden, eine meift aus Scribonius Largus entnom⸗
mene Sammlung von Mecepten, bie daher auch feinen befondem Wertb an»
ſprechen Fann; vgl. Fabric. Bibl. Lat. II. p. 527. ed. Ernest. Sprengel
Geld. d. Arznei. II. S. 240 ff. Ein erſter Ubbrud von Ian. Gornarius
zu Bafel 1936. 8., dann in den Sammlungen der Medici antiqui von Aldus
(Benevig 1547. fol.) und H. Stephanus (Paris 1567. ſol.). Demielben
Marcellus Empiricus wird auch von Manchen jeht ein kürzeres Gedicht De
Medicina (f. Burmann Poet. Lat. min. T. II. p. 389 ff.) beigelegt, das
fräber einem Vindicianus zugeföhrieben warb, während Heder Geſch. d. Heil.
(®». II. S. 30.) e8 lieber dem Serenus Samonicus zutheilen. möchte. Bol.
au Sprengel a. a. O. II. ©. 236. und Keuchen ad Seren. Samonic. v. 6.
4) Aeserninus Marcellus, Pollio's Enkel (Suet. Octav. 43.). — Ueber
Eprius Marcellus ſ. ®b. III. ©. 207. [B.]
Marcellus Antinous wird auf einer griehifchen Inſchrift die aus
Italien nach Leyden gebracht worden iſt als Architekt aus Adria genannt:
Avrivooo Maoxsidog 6 (ie)oevg Tod 'Adoiarog (sic) wrodounoer. M.
Rochette (Leitre a M. Schorn p. 349. 2te Ausg.) nimmt biefen Meifter in
das Künſtlerverzeichniß auf, allein der Stein erfcheint und mit Orelli Inser.
I. p. 59. und Janſſen Mus. Lugd. Batav. Inser. p. 23. verdächtig. —
2) römifcher Töpfer defien Name auf einer in Rottweil gefundenen Scherbe
in den Buchflaben MARCE erbalten iſt, f. Mitibeilungen des arch. Bereins
in Rottweil 1845. ©. 17. [W.]
Marcelliana (It. Anton. p. 110.), Ort in Lucanien fünöfli von
Päftum zwiſchen ven Fl. Calor u. Gäfariana, jeht Rofrano. [F.]
Miarcellinms, 1) der Berfaffer einer griechiſch gefchriebenen Biographie
des Thucydides, doch von völlig unbekannter Zeit; denn daß er, wie Geßner
meinte, eine und dieſelbe Perfon mit Ammianus Marcellinus ſey, oder, wie
Voß de hist. gr. II, 18., mit dem Rhetor Marcellinus welder einen Com⸗
mentar zum Hermogenes ſchrieb (ſ. Nr. 3.), * oder wie Nitter, ein byzantiniſcher
Mönch aus fehr fpäter Zeit, iſt alles unermeiölih. Der Antheil welchen M. an
biefer Biographie bat iſt fehr gering. Das Banze iſt eine Compilation aus
Sholtenfammlungen zum Thucydides (der Cod. Palatinus führt die Aufichrift
Magnsidirov En tor Eis Oovavöidns oyoAlor evt Tod Biov avrod Oovrr-
öidov xl tig toũ Aoyov iödag) melde, wie längſt erkannt ift (Fabric. Bibl.
Gr. IE. p. 721.), aus mehreren von verfchiedenen Verfaſſern berrüdrenten
Gtüden beſteht. Benöhnlicy unterſchied man beren drei, und fo noch Brauert
im Rhein. Muſ. I. 1827. ©. 172 f., nämlih 66. 1—44., 45—53. und
34—57.; dagegen zerlegte Poppo ed. Thucyd. I, 1. p. 21. das Ganze in
vier Stüde, FF. 1—34. 35—45., 46-53. (oder 55.) u. 54—57. (oder
56. 57.). Die vlerfache Eintheilung Hält auch F. Mütter fe, nur daß er
66. 1—45. 46—53. 54—56. und 57. unterſcheidet. Diefe in der N. Ien.
Lit. Zeit. 1842. Nr. 83. angedeutete Auficht ift von demſelben im N. Rhein.
Muſ. IH. 1845. S. 321—359. und in der Schrift Didymi Chalcenteri
opuscnla, Colon. 1845. p. 1—34. weiter dahin ausgeführt worden daß
bad erfte Stüd bei weitem zum größten Theile aus einem Werke des Gram⸗
matiferd Didymus mit dem Beinamen Chalcenterus (f. bief. Art.), vielleicht
ben Symposiacis, da8 zweite aus des Grammatikers Claudius Didymus
Schrift nepi zir nuapınusvor napa ınv araloyiar Oovavdidn, daB dritte
aus des Antyllus Bommentar zum Thucydides entnommen fey. Der wiſſen⸗
ſchaftliche Gehalt dieſer Compilation kann nicht fehr hoch angeſchlagen werden,
namentlich das erſte größere Stuͤck iſt ohne Kritik und unverfennbar im
® Ueber dieſe beiden Auſichten ſ. Jahn's Jahrbb. Suppl. XI, ©, ou q. [B.]
Marchadse — Maria gens 1325
Stile der ſpaͤteren alexanbrinifchen Gelehrſamkeit abgefaßt weile fih in
Auflöfung ſelbſtgeſchaffener Schwierigkeiten gefällt und bat einigen Werth nur
durch die darin enthaltenen Bruchſtücke aus älteren Schriften. Herausgegeben
it der Text des Marcellinus zulegt von Boppo im Thucyd. Goth. 1843.,
Weftermann in den Vitar. script. graec. minor. V, 1. p. 186 — 199.
F. Ritter Didymi opusc. p. 124—141. [West.]
2) Ammianus Marcellinus, f. ®. I. ©. 406f. — 3) ein
griechiſcher Rhetor einer Thon ganz fpäten Zeit deſſen Commentar zu den
Zraosıg ded Hermogenes (j. Bd. II. S. 1227.) in den Rhet. Graec.
von Aldus (T. IL.) und von Wal; (T. IV.) abgebrudt flieht. — 4) Mar-
cellinus mit dem Titel Comes und ben Beinamen Illyricianus, wonach
Illyrien fein Baterland gemefen zu fein feheint. Er fland bei Juſtinian J.
in Anſehen; von feinen Schriften (vgl. Eafflovor. Div. Instit. 17.) Bat
ih nur ein lateiniſch geichriebenes® Chronicon erhalten das mit dem Jahre
379, wo des Hieronymus Chronik envigte, begann und von ihm feiner eigenen
Verficherung gemäß bis zum Iahre 534 fortgeführt war, fo daß da dad vors
bandene Chronicon bi8 zum Jahre 566 reicht, die letzten zweiunddreißig Jahre
für einen fpäteren Zufat gelten müſſen. Uebrigens enthält dieſe Chronik
meift nur furze Angaben den einzelnen Jahren beigefügt welche auch meift
nur auf das oftrömiihe Reich ſich beziehen. Ein erfler Abdruck von Schon-
hove zu Baris 1546. 8. dann beſſer von Sirmond zu Paris 1619. 8. und
in Sirmonds Opp. Il. p. 269 fi. Galland Bibl. Patr. T. X. p. 343 ff.
und daraus auch bei Staliger Thes. Temp. (ed. 2.) und Moncalli Velust.
Lat. Seript. Chronic. (Patav. 1787. 4.) P. II. p. 266 fl. [B.]
5) röm. Töpfer auf einigen Bragmenten aud Weſterndorf im Münchner
Antiguarium und auf drei in Voorburg gefundenen Scherben bed Leidner
Muſeums, Ianfien Mus. Lugd. Inser. p. 142. [W.
lieber andere Marcellini ſ. Fabii, Bd. III. S. 403, 8., Marcelli &. 1522 f.,
Magnentius ©. 1444. und vgl. Tullia gens. [ W.T.]
Marchadae, Stadt in Arabia Felix in der Nähe des Sinus Arab,,
Pin. VI, 29, 33. [RF.]
Marchabil (Blin. V, 4, 4.), Völkerſchaft im Weften Africa's in der
Nähe Gätnliens, höchſt wahrſch. iventifch mit den. von Biol. IV, 2, 20. im
SD. ron Damritania Bäfar. ermähnten Malchubii. [F.]
Marci (Not. Imp.), Stadt in Gallia Belgica in der Nähe des Fretum
Gallicum, nah d'Anville j. Mark oder Merk zwifchen Calais und Gravelines,
nah Gluyer j. Marquiie bei Ambleteufe. [F.)
Marcia Aqua, eine Duelle im Gebiete von Tibur (Plin. XXXVI,
15, 24. Frontin. de aquaeduct. p. 43.), in der Nähe des Dorfes Romano,
eine g. M. fünöflih von PVicovaro, aus welcher die Stadt Nom durch eine
vom Brätor DO. Marcius Mer angelegte (Strabo XI, p. 515.) und. von
Agrippa verbefierte (Dio Eafl. XLIX, 42.) Waflerleitung ihr reinfles und
beſtes Wafler empfing. Plinius XXXI, 3, 24. läßt fie ſchon auf dem Gebirge
der Peligner entipringen, dur das Gebiet der Marfer und den Lacus Fu⸗
einuß fließen, fih dann In der Erde verbergen und erſt bei Tibur wieder zum
Vorſchein fommen. Auch fol nah ihm ſchon ver König Ancus Marcius
die Wafferleitung angelegt haben die von Marcus Mer und Agrippa nur
wieberhergeftellt worden fei. Vgl. S. 1533. Nr. 9. [F.]
Marcina gene. Dieſe Schreibart des Namens iſt die häufigere. Daneben ,
findet ih in fehr guten Handſchriften und auf Infchriften die Form Martius,
welche von felbft auf den Urfprung von Mars hinweist. Die gens hat ſo⸗
wohl plebeliihe stirpes ald auch eine patricifche, nämlih vie mit dem Bei⸗
namen Rex (doch gibt es auch einen Volkstribunen D. Marc. Mer, f. unten
Vi, 3.), während die Censorini, Crispi, Figuli, Philippi, Ralla, Ruf, Rutili
1526 . Marein gene
und Tremuli plebeſiſch find. Die Reges leiteten ihr Beflfleht von bem
König Ancus Marcius ab, f. Suet. Caes. 6. Ovib Fast. VI, 803.: Marcia,
sacrifico deductum nomen ab Anco. Bal. War. IV, 3,4. von En. Marcius
(I, Nr. 6.): Anci regis clara progenies. Daher au auf den Münzen der
Censorini und Philippi (f. B, 3. III.) dad Bild des Numa und Anc. Marcius
ſich findet
A. Batricier. |
1) Numa Marcius M. F., von iv. I, 20. ausdruüͤcklich ale einer
ber Patres bezeichnet (vgl. Plut. Num. 21.). Nah Plut. Numa 5. war
er ein Breund und Verwandter des Königs Numa und mit biefem aus dem |
Sabinerlande nah Mom gezogen (ib. 21.); er hatte ihm. zugerebet die an«
gebotene Königswürde anzunehmen (ib. 6.). Er wurde von ihm zuerft mit
der Würde des Pontifex Maximus betraut und zum Xräger feiner kirchlichen
Grundfaͤtze und Binihtungen gemadt, Liv. I, 20. Gr überlebte ven Ruma
und madte nad Plut. Num. 21. Anſpruch auf deſſen Thron, mußte aber
bem kriegeriſchen Tullus Hofiltus meiden und nahm fi nun bad Leben.
Deſſen Sohn
2) Numa Marcius, hatte die Tochter des Könige Numa, Pompilia,
zur Frau und zeugte mit ihr den Ancus Marcius, flarb aber al dieſer erſt
fünf Jabre alt war. Plut. Coriol. 1. Numa 21., der jedoch daneben aus Viſo
bie Notiz anführt daß N. M. über achtzig Jahre alt- an Altersſchwäche ge
ſtorben fel. Daß er von Tull. Hoſtil. zum praef. urbis ernannt worden fei
beriätet Tac. Ann. VI, 11. Auf ihn bezieht ſich auch die Infehr. in Reineſ.
Synt. V, 1. melde in ihrer jetzigen Geſtalt freilich keinesfalls fehr alt ſeyn
fann: Numae Marcio M. f. Praef. Urb. I Pont. M. procul este profani etc.
3) Ancus Marcius, Sohn des Vorigen, Nachfolger ded Tulus
Hoſtilius, ſ. Bo. 1. ©. 472. Er Hinterließ
4. u. 5) zwei Söhne melde bei feinem Tode iam prope puberem
aetatem erant. Daher befhleunigte Tarquinius Priscus welcher von Ancus
zu Ihrem Bormünder ernannt war (Liv. I, 40. Aur. Viet. ill. 6, 5.) die
Königswahl, ſchickte während berfelben die Sünglinge auf die Jagb weg und
bewarb ſich felbf mit Erfolg um die Königsmürbde, Liv. 1,35. Biele Jahre
lang bargen fie nad der Tradition unter der Megierung des Priseus ihre
Unzufrievenheit; als es fi aber nun immer mehr heraueſtellte daß Tara.
Pr. den Servius Tullus, feinen Schwiegerfohn, auch zu feinem Naßfolger
befimmt habe, beſchloßen fie ten König zu ermorben ehe noch Servius Tufl.
feften Buß gefaßt Hätte. Sie führten dieſes durch Gebungene aus. Aber
der König mar nicht im Augenblick todt und auch als er ed mar wurde es ver»
heimlicht und Serv. Tullius befefligte fi ala Reichſsverweſer fo daß ven
beiden Marciern feine Hoffnung blieb und fie nah Sueſſa Pometin aus
wanderten. Lio. I, 40. 41. extr. vgl. Aur. Vict. ill. 6, 9.
6) Cn. Marcius Coriolanus (den Vornamen Cn. haben bei Liv.
11, 35. 39. die beſten Handſchrr. ganz deutlich, ebenſo Bal. Mar. IV, 3, 4.
u. Zonar. VII, 16. Tsaiog; Diony). und nah ihm Plutarch Cor. 11. 23.
Gaben Gaius; vgl. Duker zu Flor. I, 11, 9. Niebuhr R. G. 11. S. 265.9.
580.), verlor früh feinen Vater und ward von feiner Mutter Veturia er-
zogen (Plut. Cor. 1., nur daß diefer die Mutter Volumnia nennt, die Battin
Vergilia, vgl. c. 33., während App. Ital. 5,3. Zonar. VII, 16., Val. Mar.
V, 2,1. u. Aur. Bier. ill. 19,4. mit Liv. u. Dion. hierin übereinfimmen).
Seine erften Heldenthaten übte er im KRampfe gegen die von Tarquin. verſuchte
Neftauration wobei er fich einen Cichenkranz erwarb (Put. 3.). Seine
weitere Geſchichte fielen wir dar A) nah Livius. Im I. 261 d. St.
(493) trieb Marcius, der Im Heere des Coſ. Poſtumius mit vor Gorioli lag
die Volsker als fie einen unerwarteten Ausfall machten, zuräd, braug mit
‚Masria gems 1527
ihnen in die Gtabt ein, Iegte Feuer an und in ber dadurch enifiandenen Ver⸗
wirrung wurbe Gorioli erobert (Xiv. II, 38.). Davon befam Marc. den ehrenden
Beinamen Goriolanıd (ib., vgl. Flor. 1. 1. Dionyſ. VI, 94.).* Im folg.
3. (262) eniſtand in Mom eine brüdende Hungersnoth; man führte aus Si⸗
cilien eine große Menge Getreide ein und berieth ſich im Senate wie heuer
man e3 dem Volke ablaffen ſolle. Marc. machte dei Vorſchlag die Gelegens
beit zu benußen und den Patriciern wieber ihre früheren Rechte zuzumenden,
das Getreide dem Volke nur unter der Bedingung berandzugeben daß ed auf
bie Inflitution der Volkstribunen Verzicht leifte (Liv. IE, 34.). Sein Bors
ſchlag wurbe bekannt und verbreitete unter dem Volk fo große Erbitterung
daß Mare. auf den Heimmeg von’ der Curie zerrifien worden wäre wenn
nicht die Tribunen (einen Decius nennt Aur. Bier. ill. 19,3.) ch Ins Mittel
geſchlagen und ihn vor das Volkögericht geladen hätten. Zwar vermendeten-
ſich die Patricier aufs Ungelegentliäfte für Marc., aber daß biefer dem Ge⸗
richte ſich nicht ſtellte erbittexte von Neuen und er wurde für jhulvig erklärt.
Drohend ging er zu den Bolöfern in die Berbannung. Diefe nahmen ihn
bereitwillig auf, Indbefondere fein Gaftfreund (anders Dion. u. Blut.) Attius
Tullius, der Erſte der Volsker und ein alter Nömerfeind (Liv. II, 85. Dion.
VIII, 4. Blut. 22 f.). Um feinem Hafle und feines Gaſtfreunds Rachgier
genug zu (hun veranlaßte Tulius durch Intriguen eine Kriegserklärung ver
Boldfer gegen Rom (Liv. II, 37 f. Dion. VII, 2—4., nad welchem ber
Blan eine Eingebung des Marc. war; vol. Plut. 26. comp. Alc.2. Bon.
Vo, 16.). & und Marcius murben zu Anführern gewählt (vgl. Dion.
VIII, 9. 11. Plut. 27.) und biefer rechtfertigte das Ihm gefchenkte Zutrauen
inben er ſchnell gegen Circeji 309 (von Antium aus?) und daraus die röm.
Goloniften vertrieb, dann fchrägshin auf die latiniſche Straße fih wandte
und von da aus ** GSatricum, Longula, Polusca, Corioli, Bovilä den Roͤ⸗
mern abnahm, Lavinium wieder für die Volsker gewann, dann Corbio, Ve⸗
tellia, Trebium, Lavici und Pedum eroberte und von letzterer Stadt auß
gegen Rom zog. Bei den fossae Cluiliae (oder Cloeliae, f. Bd. 11. S. 465.),
I Mitten von Nom ſchlug er fein Lager und verbeerte von hier aus bie
Felder der Römer — aber nur fo weit fle Cigenthum von Plebelern waren;
die der Batricieg verjchoute er. Der Senat haßte die Plebeler als Urſache
des Unglücks und diefe hatten fenen im Verdacht daß er Berrath beabfichtige.
Daher wollten die Plebeier Frieden während der Senat auf dem Krieg bes
. ftand. Es Fam zu lauten Demonftrationen gegen bie Cofl. des Jahrs (266);
in Folge davon wurden Befandte an Marc. abgeſchickt, welche aber die firenge
Antwort zurüdbradten: nur auf der Grundlage vollſtändiger Zurüdgabe des
ben Boldfern abgenommenen Gebiets Fönne von Friedendunterhandlungen die
Rebe feyn; wollen fle fih dazu nicht verfiehen fo werde er nur feine Rachluſt
walten laſſen. Gine zweite Geſandtſchaft und dann dad Abſenden der Priefler
in vollem Ornate brachte feine anderen BeRimmungen zu Stande (Liv. II, 39.).
Endlich zogen die Srauen Roms — aus eigenem Antrieb oder offtziell be⸗
fimmt — an ihrer Spike des Marc. betagte Mutter Beturia und feine Ges
mablin Bolumnia nebſt ihren Fleinen Kindern zu ihm ind Lager und Ihnen
gelang es daß Felſenherz zu erweichen. Er zieht von der Stadt ab und wurbe
° Niebuhr II. S. 275. U, 553. will aus bem Beinamen Feine andere Beziehung
mit Eorioli folgern als bei den vielen andern ähnlichen (3. 8. Eamerinus, Collatinus,
Medull inus, Mugillanus u. A.), nämlich ein Verhältniß der Proxenie ober des Pas
tronats. Bel, Bd. II. ©, 552, Anm.
.. Den Worten bes Liv. nach fcheint es allerdings als ob er die fünf folgenden
Stabte fih au der via Latina liegend gedacht hätte; auf bie von Niebuhr R. ©.
U. S. 268, A. 535, vorgefchlagese Seife laͤßt fich numdglich helfen.
1528 Marsie gone
nah der einen Tradition (f. unten Dionyflus) in Folge beffen von ben
Volskern ermorbet, nad Andern farb er eines andern Todes (daß fih Marc.
ſelbſt entleibt Gabe if eine von Cic. Lael. 12, 42. Brut. 10, 42. ver
Paralleliſirung mit Themiftofles zulieb erfundene Fiction, vgl. Brut. $. 42-44.);
nad Fabius aber, dem älteften Gewährsmann, lebte er noch als Greie in
ber Verbannung (vgl. Bonar. VII, 16. extr.: araympruas eis zoug Ovo-
Aovoxovg Enei ynpaoas annMlaser). An der Stelle wo Mare. fih hatte er⸗
bitten laffen wurde von den Nömern ein Tempel der Fortuna muliebris er⸗
baut (vgl. Dion. VII, 55. Blut. 37. Bal. Mar. V, 2. I. Aur. Bict. il.
19, 5.) und auferdem den Zrauen no andere Auszeihnungen bewilligt (1.
Val. Mar. 1. 1). Die Volsker und Aequer fielen darauf von Neuem in
bad röm. Gebiet ein, entzweiten fih aber unter einander über die Wahl
eines Anführerd und wurden dann von den Römern einzeln .beflegt und
unterworfen (Liv. IT, 40. Dionyſ. VII, 63: Blut. 39. extr.). B. Abs
weihungen des Dionyfius und des ihm folgenden (vgl. comp. Alc.
e. Cor. 2. no er ihn neben Die citirt; Suidas v. Ilaomos fchreibt den
Dionyflus geradezu a6) Plutarc (vita Coriolani) mb Appian. Schon
zur Zeit der erflen Entweihung des Volks auf den heil. Berg läßt Blur.
Cor. 5—7. bie fireng ariftofrat. Geſinnung des Marc. hervortreten. Darauf
folgt der Krieg mit den Volskern. Außer der Binmahme vor Gorioli durch
M.'s Tapferkeit, melde Dion. übereinfiimmend mit Lio. erzählt, fügt er (m.
Plut. Sf.) no Hinzu daß am gleichen Tage bie andere Hälfte des röm.
Heeres fich den Antiaten welche zum Gntfabe von Corioli heranzogen ent⸗
gegengeflelt babe und Marc. von der .Eroberung Gorioli’d weg zu dieſer
Heereshaälfte geeilt_fei, fle gerade in Schlachtordnung angetroffen, fi$ auf der
gefährlihften Seite aufgeftellt und aud bier Wunder der Tapferkeit verrichtet
und die Schlacht für die Römer entſchieden babe. In Folge vieles Dovpel⸗
flegd war denn auf der Krieg mit den Volskern überhaupt beendigt. Marc.
wurde vom Coſ. in- einer Heereöverfammlung belobt, mit Kranz und Roz
belohnt und erbielt die Erlaubniß von dem erbeuteten Silber fo viel zu
nehmen ald er wegtragen Fünne, von der Übrigen Beute fi das Schönfie
auszuwählen. Aber edelmüthig lehnte Marc. die letzten Unerbietungen ab
indem er fih bie Freilaſſung eines gefangenen voläf. Baflfreunds aus bat
und für fi felbft nur die Ehrenbezeugungen annahm (Dionyſ. VI, 93. 94.
Put. 10 f. Bal. Mar. IV, 3, 4. QAur. Vict. ill. 19, 1.). Die Figur deö
Mare. ift bier zu einen sollfommenen romantiſchen Ritteriveal ausgeſponnen.
In I. 262 (Coſſ. Geganius u. P. Minucius) entſtand in Nom eine Qungerds
noth. Man fandte Männer umber um Getreide einzukaufen, bei. nad) Sici⸗
lien, wo der berrichende Tyrann ihnen dad @etreide unentgeltlih zufommen
ließ (Dion. VII, 1. Plut. 16.). In Rom läßt der NRhetor endlofe. polittiche
Zänfereien vor fih gehen (Dion. VH, 12—18.), welche zur lex Icilia über
die Sprechfreibeit ver Vollstribunen führen, ſ. oben S. 48 f. 975. Die
Siädte der Umgegend fuchten dad röm. Volk zur Auswanderung zu verloden,
daber die Coſſ. um pie Menſchenmenge In der Stadt zu verkleinern und bamit
den Anlaß zu Hunger und Unzufriedenheit abzufchneiden, einen Heereszug
Sreimilliger gegen bie Nachbarn beſchloſſen, an deſſen Spige Marcius fand
(ib. 19.5; bei Plut. 13. führt er auf eigne Rechnung einen Raubzug ins
Antiatiſche au). Trotz des glüdlihen Erfolges und feiner 17 Kriegsjahre
(Blut. 15.) und trog der Tebhaften Verwendung ber Patricler murbe er von
den für ihre Rechte ängſtlich beforgten Plebelern nit zum Gof. für 263
gewählt (Dion. 21. Plut. 14 f. App. Ital. 2. Bei Zonar. VII, 16. if
8 fogar die Prätur — oreaınrionı — bie man ihm verweigert). Daber
dem Volke zürnend trug er im Senat darauf ar, baffelbe durch Hunger zu
zäbmen unb das ſiciliſche Getreide fo theuer ala möglih zu verlaufen (Dion.
Maria geoms 1529
VII. 20 -24. Blut. 16. Daß es bei. auf den Sturz bed Volkötribunats
abgefeben geweſen fei beffätigt auch Zon. VII, 16.). Darüber entflanden
im Senate zwiſchen M. und den Volkstribunen leidenſchaftliche Verhand⸗
lungen (Dion. 35. vgl. Blut. 17.). M. weigerte fich gewaltthätig der Gi-
tation ber Tribb. Folge zu Telften, worüber e8 zu Thätlichkeiten kam (Dion. 26.
Blut. 17.); am folg. Tage war das Volk bereits von den off. beruhigt
(Dion. 27—32. Plut. 17.) als das unvorfichtige und rüdfihtslofe Benehmen
des DM. in der Bolfsverfammlung den Sturm von Neuem werte (Dion.
33-35. Blut. 18.). Der Volkstrib. C. Sicinius Bellutus forderte den M.
vor dad Volksgericht (Dion. 36. Na Blut. 18. wollte er ihn zuerft als
zum Tode verurtbeilt den tarbej. Felſen hinabſtürzen laſſen). Nachdem die
Vatricier vergeblih die Ausführung zu verzögern und zu bintertreiben ver«
tut hatten (Dion. 37—57. Blut. 19.) wird M. endlich des Strebens nad
ver Alleinherrſchaft angeflagt (Dion. 58. Plut. 20... Schon ſchien feine
Sade gewonnen zu ſeyn als bie Beichuldigung er habe Beute unterfälagen
von Reuem gegen ihn flimmte, fo daß er von 12 gegen 9 Tribus zu ewiger
Verbannung verurtheilt wurde (Dion. 60-64. Blut. 20.). M. verlieh in
der Stile allein die Stadt (Dion. 67. vgl. VIII, 41. Blut. 21. Suidas
Magpwo;). Rachedurſtig begab er ſich nah Antium in das Haus feines
Beindes, des einflußreihfien Volskers, Attius Tullius (TVAAos Aupidiog
bei Plut. 22.), in Gemeinfhaft mit weldem er den Ausbruch eines Kriegs
mit wen Römern bewirkte noch che die Volsker ihre ganze Macht gefammelt
batten, und ehe die Römer auf einen Angriff vorbereitet waren machten beine
Anführer mit Streifiruppen Plünderungszüge: Tulius warf fi auf Die lati⸗
niſche Straße, Darc. z0g ins Roͤmiſche und Beide Fehrten mit großer Beute
an Menfhen, Vieh und Sachen ins Volskiſche zurück. Doch hatte Mare.,
um in Rom Zwietracht zu erregen, den Beflgungen der Patricier beſondere
geſäubert; nur Lavinium war no ü
Schonung angedeihen laſſen und erreichte jene Abficht gründlichſt (Dion.
VIII, 12. Blut. 27.). Us die Auchebungen beendigt waren zog Marre.,
den Tulllus mit einer Meferwe in der Heimat zurüdlafiend, mit dem beften
Theil des Heerd (Dion. 18. Plut. 28.) gegen Eirceit, und nahm es ehe vie
Nömer vor Zwietracht an Nüftungen gedacht hatten (Dion. 14. Plut. 28.).
Erft die Goff. des I. 266%. St. führten diefe zu Ende (Dion. 15f.). Dur
Abfälle röm. Bundesgenofien (def. der Aequer) verftärkt fiel Marc. von
Neuem verbeerend ins röm. Gebiet ein und da fi ihm Niemand entgegen»
ſtellte fo Tehrte er beutebeladen ins Volskiſche zurid (Dion. 16. Plut. 28.
(äßt ihn glei von Bircefi aus ind Latiniſche ziehen). Bon da aus wandte
er fi$ gegen die treugebliebenen Bundesgenofien ber Roͤmer: die Zoleriner
(Dion. 17. Blut. 28.), Bolaner (Dion. 18. Plut. 28.), gegen Ravicum,
Pedum (Dion. 19. Blut. 28.), Eorbio, Eorioli (Dion. 19.; Carfeoli?),
Bold (Dion. 20.; Borilä? vgl. Plut. 29. BoAAas noAır od Risiovg ora-
diovs £enaror aneyovonr tus Pooung), überall fiegend und erobern» (nad
Blur. 29. flogen fi jet auch die in der Heimat zurückgebliebenen Volsker
an ihn an). So war nun feine Strafe (yapa Hayr Sianopevorro, Dion. 21.)
big bad er vorläufig eng einſchloß
(Dion. 21. Blut. 29.). In Rom drang inzwiſchen das Volk auf die Zurüde
berufung des Marc. ; aber jegt widerſetzte ſich der Senat (Dion. 21. Plut. 29.).
Erzürnt bra nun Marc. gegen die Stabt auf und Iagerte fi 40 Stadien
von ihr (vgl. App. tal. 9, 1.) an dem cluiliſchen Graben (Dion. 22.
Put. 30.), in welcher Stellung er einen Tag lang ruhig blieb, worauf ber
Senat, dem Drängen des Volks nachgebend, eine Geſandtſchaft von fünf
ehrmärdigen Eonfularen an Marc. abſchickte mit dem Anerbieten feiner Zurüd-
rufung (Dion. 22—28. Blut. 30. App. Ital. 5, 1. on. VL 16.); aber
IV.
1980 Maneis geme
Marc. flefite als weitere Bedingung feines Abzugs die Zurädigabe alles ven
Volskern Abgenommenen und die Eıtbeilung von Bürgerredt und Bunde»
genoſſenſchaft an fle und gab ihnen vreißigtägige Bedenkzeit hierüber (Dion. 35.
Blut. 30. App. Ital. 5, 1.). Wirklich z0g er ab (worüber ter von ihm
verdunfelte Tullius bereitd zu murren anfing, Blur. 31.) und bekriegte einf>
wellen die Tatin. Bundsgenoffen ber Roͤmer, die Städte Longula, Satricum,
Seria, Bollusea, Addırjras (wofür Sylb. Aaßırurag vorfchlägt, während Nie⸗
buhr 11. ©. 108. A. 198. darunter Albensis verfledt glaubt, was auf bie
Poluscaner ginge), Mugilla, Corioli und fehrte nad beren Eroberung und
Ablauf des Waffenftilftands nah Rom zurüd, dem er bis auf 20 Stadien
nahe rückte und lagerte fi an ver tudculan. Straße (Dion. 36.). In Ron
hatte man inzwiſchen befchloffen nur bann in Unterbandlungen fi einzulajien
wenn bie Bolafer abzögen und allen Schein von Zwang befeltigten (Dion. 36.
Blut. 31. App. Ital. 5, 2.). Diefe Antwort wurde dem Marc. von zehn
Gonfularen überbracht; er entließ fie mir dem kurzen Beicheide: ſie follen
innerhalb dreier Tage mit einer befferen Antwort kommen, fonft beginne ber
Sturm (Dion. 37. Blut. 31. App. Ital. 9, 2.). Darauf entjenbete ber
Senat die gefammte Geiftlichkeit in ihrem Ornate an ihn; aber er Tieß fle
faum zum Worte kommen und wiederholte einfad feine früheren Bedingungen,
worauf die Römer fich zur Vertheidigung der Stadt anſchickten (Diem. 38.
Blut. 32. Apr. Ital. 5,2.). Die Datronen aber flehten auf ben Vorſchlag
der Baleria die Mutter des Marc., Veturia, um Berwenbung bei Ihrem
Sohne an (Dion. 39 f. Blut. 33. App. 9, 3.). Vet. verfpridt wenig
Erfolg bei dem ihr nun faft vier Jahre Entfremdeten, entfchließt ich aber
endlich doch mit Volumnia (Plut.: Vergilia) und deren Kindern (wovon
der eine Knabe zur Zeit der Verbannung des Vaters zehnjährig, der andere
noch ganz Flein war, Suid. Maoxıos) an die Spige der Frauengeſandiſchaft
zu treten (Dion. 41—43. Plut: 33.) und der Senat gab nad langer Bes
rathung letzterer feine Genehmigung (Dion. 43. vgl. App. 5, 3.). Auf Wagen
und geleitet von viel Volks begaben fie fih früh Morgens ins Lager des
Mare., der feiner Mutter entgegenging und bie Faëſces vor ihr jenfen bieß
(Dion. 44.). Laut weinend vor Bewegung umarmte er fie und Volumnia
(Dion. 45. Blut. 34.). Ihre Bitte durch mildere Bedingungen ven Krieg
u beendigen flug er Anfangs ab (Dion. 46 f.). Endlich aber wirft fie
ch (dei Dionyf. natürlig nah langer Rede, e. 48—53. vgl. Plut. 35 f.)
flehend zu feinen Füßen, er fpringt auf und bekennt ſich beflegt (Dion. 54.
Plut. 36. Bonar. VII, 16. App. 5, 3—5.) und fie verabreven gemein⸗
ſchaftlich daß Marc. mit dem Heere von Mom abziehen und dann mit ben
Volskern ein Bündniß gefchlofien werden folle; erft wenn dieſed erfolgt folle |
bie Verbannung ded Marc. zurüdgenommen werben; wollen die Voleker das
Bündniß nit annehmen fo verpflichtete ſich M. abzudanken (Dion. 53.).
Wirtlih 3098 M. am Morgen ind Volskiſche zurüd (Dion. 56. Plut. 36.),
worüber die zu Haufe Zurüdgebliebenen, an ihrer Spige Tullins, Hödlihk
unzufrieden waren und ihn des Verrathe anklagten (Dion. 56.). Tull. for-
derte ihn Öffentlih auf den Oberbefehl niederzulegen (Dion. 57f. Plut. 39.).
Als er ſich vertheidigen wollte fiel die Motte des Tu. Tärmend über ihn ber |
und erſchlug ihn mit Steinwürfen, was aber die Mehrzahl nicht billigte und |
den Leichnam glänzend beflaitete (Dion. 59. Plut. 39. vgl. narsAsvodg bei
App. Ital. 5. eztr. Nur. Vict. ill. 19, 4.: ut proditor occisus est). Aud
in Rom trauerten die rauen ein Jahr lang um ihn (Dion. 62. Plut. 39.).
Nachruf Dion. c. 60 f. vgl. Plut. comp. Alcib. ce. Coriol. Guild. Mapmo::
ein altroͤm und altpatric. Charakter in weldem alle Vorzüge und Fehler
feineß Volkes und Standes in ſchroffer Welfe vertreten warm. Blut. Cor. 4.
fügt zu feinem Bilde noch einen Zug faſi fhmärmerifcher Mutterliche. —
Maresis gons 1591
c. Kritik dieſer Darſtellungen. Niebuhr, Röm. Geſch. B. II.
S. 108—124. 264 -276. bat die Nachrichten über Coriolan einer Prüfung
unterworfen deren Mefultat fl: dag bie Erzählung zwar im Weſentlichen
hiſtoriſch, aber um zwanzig Jahre zu früh angefegt fe. Seine Hauptein⸗
wendungen find: a) in Betreff der Zeit: 1) Im I. 286 wurde Antium von
den Nömern erobert; wären nun 20 Jahre vorher die vor Antium liegenden
Orte (VPollusca, Longula 2.) in-bie Hände der Volsker gefallen geweien fo.
bätten er dieſe wieder erobert werben müflen, wovon ſich aber Feine Spur
findet, Nieb. 1. S. 110. (vielleicht weil die Volsker gleiy nah Marc.’s
Abtreten fie wieder verloren hatten). Ebenſo Hätten nad folchen @roberungen
(aber auch andererſeits ſolchen Verluſten) die Aequer nicht erft 25 Jahre
nachher den Algidus zu beſetzen nöthig gehabt (ib.). 2) Daß Gelo den
Römern Korn gefchieft ift zmeifelhaft; denn einmal war er damals noch nicht
Beherrſcher von Syrakus (er wurde e8 erſt im I. 270 d. ©t.), ſodann hatte
er Fein Intereſſe den Römern gefällig zu feyn (S. 110 f.). Dagegen fein
Bruder und Nachfolger Hiero war ein erbitterter Feind der Etrusfer und in
feine Zeit fällt das Hungerjahr 278 (©. 112.). 3) Die ex loilia wirb
mit dem ariftofratifhen Auftreten ded Coriolan in Zuſammenhang gebradt.
un if aber die Entflehung jener lex ohne Zweifel in fpätere Zeit zu fegen ;
denn fie iſt eine tribuniciſche Rogation, ein Plebiscit, aber populum tenens,
alfo nad der lex Pablilia vom I. 283 gegeben (aber diefe frühere, von der
im 3. 416 v. St. gegebenen fi unterſcheidende lex Publ. iſt eine .blofe
Fiction von Niebuhr, f. Bd. II. S. 348. IV. ©. 993., und daher auch bie
lex Icil. ohne Halt in Bezug auf Zeit und Beſchaffenheit) und kurz (maß
eine willkürliche Beſchränkung iſt) vor dem I. 293 wo fie nach Liv. III, 13.
sum aflen Mal zur Anwendung kam (5. 111 f.). Und zwar ift gleich im
I. 284 ein Sp. Icilius Volkstribun, in dieſem Jahre alfo wird die lex ge⸗
geben jeyn, ©. 263. (vgl. Hiegegen oben ©. 975.). Da nun aber dieſe lex
in die Geſchichte Coriolans verwoben iſt fo iſt auch von biefer das Datum
ins I. 284 vorzurücken (aber wie nach Allem die Zeit der lex Icil. höchſt
zweifelhaft ift, ebenfo iſt das Band welches diefelbe mit Cor. verknüpft im
höchſten Brave willkürlich und locker; Dionyf. überläßt fi dabei, wie feine
ganze Darflellung zeigt, mehr feiner Rhetorik und Phantafle ald daß er
Arenge Geſchichte obte). 4) Der Saufalnerus in weldem die Errichtung des
Tempels der Fortuna muliebris mit dem durch die röm. rauen veranlaßten
Abzug des Coriolan ſteht beweist für die Zeit des letztern Nichts da er nur
auf Irrthum beruht. Denn einmal fland der Tempel nicht an ber Stätte wo
Cor. die Frauen empfangen haben Eonnte; Livius kennt deſſen Lager nur am
cluiliſchen Graben ‚und es iſt baare Verfälſchung daß ihn Dionyſ. baffelbe
während ber drei festen Tage eine Millte näher nehmen läßt damit es an
tie Stelle jenes Tempels komme”, ©. 115. (ein blofer, nichtsbeweiſender
Machtſpruch, ba es gar nicht unwahrſcheinlich ift daß Eor. bei feiner Ruͤckkehr
nach Ablauf der Bevenfzeit der Stadt noch näher rüdte ald zuvor). Sodann
it bie Fortuna muliebris nicht erft damals erdacht worben, fonbern noth⸗
nenbig ebenfo früh wie Fort. virilis deren Tempel ſchon Serv. Tulliuß er»
tigtete (aber S. 117. erkennt ja Nieb. felbft die Nachricht daß das erfle
Opfer in dieſem Tempel am 1. Der. 267 dargebracht worden fei als richtig
an!“). Endlich wäre es bei der Beziehung auf die Frauengeſandtſchaft an
Gor. auffallend theild daß nicht Veturia oder Bolumnia die erfle Priefterin
der Fort. mul. war, theils daß Witwen und Wieververmählte fogar aus⸗
drücklich vom Tempeldienſt ausgefchloffen waren obwohl unter bie erſte Kates
sorie auch Veturia fill, S. 115. 116. (Alle viefe Argumente werben wan⸗
fend gemacht dur das Datum daß an den Kalenden bed December 267 das
erſte Dpfer der Fort. mul. dargebracht worden If; denn NRiebuhrd Meinung
+
1537 'Maueln ‚goan
daß die irrige Verbindung dieſes Datums mit ber Geſchichte Coriolans bie
Schuld von der Borbatirung der Tehteren trage iſt um fo unwahrſcheinlicher
je zahlreicher bie Punkte waren welche von jenem angenommenen Sählußpunfte
aus vorzurüden gewefen wärm.) b) Widerſprüche der Berichte, innere
Unwaprfgeinlidfeiten, Unritigkeiten und Unmöglidleiten.
4) Marcius' Thaten vor Corioli und gegen bie Antlaten werben ins I. 261
geſetzt. Nun aber beſchwor Gorioli als Tatinifge Stadt im I. 261 den
Bund wit Rom (vgl. oben S. 815.), kann alſo damald weder den Antiaten
gehört Haben noch von den Roͤmern angegriffen worten fen, ©. 1171.
(noch viel meniger, follte man denken, nachdem fie 20 Jahre lang im Genuß
der Iſopolitie geſtanden; und wirklich leitet Niebubr den Namen Coriolanus
nicht von Heldenthaten gegen Corioli ab, f. oben ©. 1527. Anm.*). 2) Die
Eroberungen melde Marc. an der Spite der Voloker und Hequer in Latium
herum machte find von fo abenteuerliher Anzahl daß fahr auf jeden Tag vie
Eroberung einer Stadt füllt, wobei auf dieß unglaublich iſt daß Die Römer
auch nicht den entfernteften Verſuch machen die Eroberer aufzuhalten. DHnehin
weiden Lin. und Dionyf. in Bezug auf die eroberten Orte ſelbſt und die
Otdnung ihrer Ginnahme fo metentlid von einander ab mie es in einer
Geſchichte wo fonft um jeder einzelnen Stabt willen ein eigener Feldzug unter-
nommen wirb unerhört iſt (S. 108 f.). 3) @& iſt undenkbar daß bie Bolsfer
mit ihrem Abzug von Rom auch bie bereitd gemachten Eroberungen unmit>
wlbar aufgegeben Haben, und doch Tann bereitd im I. 268 unmögli bie
ganze Umgegend Roms in fremder Gewalt geirefen feyn da fonfi damals
von einem zu veribeilenden Bemeinland Feine Rede Hätte ſeyn koͤnnen,
©. 109 f. (Au fo bliebe no der Ausweg, anzunehmen daß die Mom am
nähen liegenden Städte auch alsbald wieder den Volskern abgenommen
worden wären.) 4) Die Bebingung unter weldder Marc. von Nom abziehen
zu wollen erklärte kann (nachdem die Zurüdnahme feiner Berbannung bereits
beſchloſſen war) unmögli bie eine geweſen feyn daß Rom afle den Boldtern
abgenommenen @ebietstbeile an biefe zurüdigeben und ihnen das ins Latinum
bewilligen folle. Diefe Bedingung welche factiſch bereits erfüllt war und
nun nur no anerkannt und beftätigt werben follte zu verwerfen wäre ton
Seiten der Mömer eine hoͤchſt unkluge Hartnädigkeit gemeien und Marcus
hätte indem er von biefer Bedingung abfland gegen die Volsker eine voll-
kommene Ireulofigleit begangen. Vielmehr muß Marc. noch eine weitere
drückendere Bedingung ‚geftelt haben welche vie Geſchichte, geflifientlih oder
ällig, verfchwiegen bat. Dieſe befland darin daß mit ihm alle Ber:
annten follen nad Mom zurüdfehren bürfen was hei der Zahl berjelben
und ihrer natürliden Erbitterung gegen die feit Kurzem beflebende Ordnung
der Dinge die Stabt In die unabiehbarfle Verwirrung und in ſicheres Ber-
verben hätte ſtoßen muͤſſen (6. 270—272.). Diefe Vermuthung ift vielleicht
ber Blanzpunkt ber Niebuhrfchen Kritik diefer ganzen Erzählung. Daß in
Italien viele xöm. Verbannte berumfaßen beweist 3. B. Dionnf. VIE, 2.
und auch das ſcheint eine Betätigung der Niebuhrſchen Anſicht daß Marc.
wirklich nicht mehr nach Rom zurückkehrte. Indeſſen beweist Lehteres nur
dann etwas wenn man ber Angabe Glauben ſchenkt daß Marc. nachher noch
lange unter den Volskern gelebt babe, wobei aber bie Frage unbeantwortet
Bleibt, wie Marc. während dieſer ganzen Zeit ſich benommen und ob er
womentlih dem allmäligen Zurüdfinten von der durch ihn ben Bolstern
eroberten Höhe habe ruhig mitaniehen können und bürfen? Wenn- bagegen
Marc. unmittelbar nachdem das volok. Heer zurüdgeführt erſchlagen worden
iſt fo laͤßt ſich nicht entſcheiden ob er nit doch bie Müdfcehr nad) Rom Ad
vorbehalten gehabt habe. Außerdem ſteht Niebuhrs Anuahme vollfonnmen
in ber Luft, wird durch keine Andentung irgend eines Schrifitellers beflätigt
Nanetin. gons 1539
während zu abſichtlichem Verſchweigen do Fein Grund vorhanden war.
Auch war das woran Die Verhandlungen ſcheiterten nicht das Verlangen der
Zuräüdgabe der Groberungen an ſich, fondern baß dieß fogleih und in Folge
äußerer Gewalt geſchehen folle. Mußte es für die Mömer ſchmerzlich genug
feyn ein ſchon gedemüthigtes Volk jetzt durch einen römiſchen Anführer
ylöglih mieder emporkommen zu fehen fo widerfiritt es überdieß dem rom.
Ehrgefühl und ihrer Politik aufs Cutſchiedenſte, uuter dem demüthigenden
Drude augenblicklicher Roth ein folgenreiches Vexhältniß unwiderruflich feſt⸗
zufteflen uud anzuerkennen; eher hätten fie ſich aufs Aeußerſte vertheidigt
wenn nicht die Bürbitte der Frauen auf einmal Hilfe geſchafft hätte. Ueber⸗
dieß wird durch dieſes DVorfihreiben won Bebingungen von denen das Ganze
abhängt vie Anficht audgeichloffen welche Niebubr S. 276. ausſpricht, daß
nemlih bie fraglichen @roberungen von den Volskern und Aequern unter
ihren eigenen Anführern ausgeführt worden feien und @oriol. die ahnen
verfelben nur als Führer einer Schaar röm. Verbannter begleitet habe und
daß erſt Die Nömer aus Nationaleitelfeit ihrem Landsmanne einen fo übers
iriegenden Antheil an jenen Erfolgen zugeihrieben haben. — Indeſſen wie
man ſich auch im Einzelnen gegen die Refultate der Niebuhrſchen Kritik ſperren
und ſträuben mag fo bfeitt doch der Endeindruck des Ganzen ein überwäl⸗
tigender welcher dem Bezweifler der Niebuhrſchen Zweifel feine eigenen Zweifel
ſelbſt wieder zweifelhaft macht. -
7) M. Marcius, rex sacrorum,- geflorben im 3. 544 d. ©t. (210),
kiv. XXVII, 6.
8) P. Marcius Rex, im J. 583 — 171 v. Chr. mit zwei andern
Senatoren als Gejanbter verwendet, Liv. XLIII, 1. extr. _
9) Q. Maroius O. f. Rex, berühmt durch die Waſſerleitung welde
er im I. 610 als Präter (tum praetor inter cives et peregrines ius dice-
bat, Frontin. aquaed. 7. p. 15. Dev.) im Auftrag bed Senats audführte
und qvoniam ad consummandum negolium non sullciebat spatium prae-
turae in annum alterum est prorogatam, Srontin. aqvaed. 7. vgl. Plin.
H. N. XXXI, 3, 24. XXXVI, 9, 24. Plut. Coriol. 1. -
10) Q. Marcius Q. f. Q. n. Rex, Coſ. im 3. 636 — 118 v. Chr.
(lasti cons. Plin. II, 81. U. Gell. XIII, 19.); er verlor in dieſem Jahre
feinen einzigen hoffnungsvollen Sohn, hHielt aber noch am Tage feiner Bes
flattung die gefeglihe Senatäflgung, Bal. Max. V, 10, 3. (mo er superior
beißt, zur Unterſcheidung von Nr. 12.); triumphirte im folg. 3. (III. Non.
Dec.) als Procoj. de Liiguribus Stoeneis (am Fuß der Ulpen), Fasti
triumph. a. 636. vgl. Liv. 62. Drof. V, 14. Auf ihn Bönnte fi Cic. de
örat. II, 28, 125. (qvid ego de Cn. Mallii, qvid de Q. Begis commise-
ralione — durch den Redner M. Antonius — dicam?) beziehen. Vielleicht
iR er auch identisch mit dem Vorigen, wiewohl dann die große Entfernung
bes Gonfulats von der Prätur auffallend if. Seine Schwehler war
11) Marcia, an C. Julius Gäfar, den Großvater des gleichnamigen
Dictators, vermählt, |. oben S. 427. Nr. 12. vgl. Suet. Caes. 6.
12) Q. Marcius Q. f. Rex, Coſ. im I. 686 dv. St. (68), Fasti
cons. mit der Bemerkung: solus consulatum gessit, vgl. uoros Unarever
bei Dio Caſſ. XXXV, 4. Gein College (Eic. in Pis. 4, 8.) 2%. Caͤcilius
Metelus (f. Br. I. S. 86. Nr. 28.) flarb nemlih fchon zu Anfang
bes I. Broconful war er in Cilicien und ließ ſich als ſolcher durch feinen
Schwager Clodius abhalten dem Lucullus gegen Mithridates beizuſtehen,
vertraute auch jenem den Oberbefehl über feine Flotte (Dio XXXV, 14. 15.
17. Blut. Lucull. 35. Liv. 98. Sal. hist. 5. in. p. 243. ®erl.). In Kolge
ber lex Manilia mußte er im 3. 688 feine Provinz und fein Heer an Pom⸗
pejus abtreten, Dio XXXVI, 26. 81. Der Triumph um den er fih bewarb
1594 Maneis yeons
ließ auf Hinderniſſe, Sal. Cat, 30. Während er in biefer Angelegenheit
als Imperator vor der Stadt fi aufhielt wurde er vom Genat nad Fäfulä
gefandt um den Gatilinarier &. Manlius zu beobachten und zurückzuhalten
(Sal. Cat. 30.). Dani. bat ihn um friepliche Vermittlung (ib. 33.), Marc.
ftellte als erſte Bebingung dad Riederlegen der Waffen (ib. 34.). Irrthümlich
führt daher Plut. Cic. 16. ihn unter den Mitverſchwornen des Gat. auf.
Als Cenfor ſtellte er ein Bild der Concordia öffentlih auf, ic. p. dom.
0, 130. Er war vermählt mit der Äfteflen Schweſter des B. Clodius (f.
Bd. 11. ©. 420.Nr.44.) und flarb vor Xegterem, bedachte ihn aber in feinem
Teftamente nicht, Eic. ad At. I, 16, 10. (aus dem 9. 693.).
Zweifelhaft it 0b der Rex an melden ic. ad Div. XUI, 52. cin
Empfehlungoſchreiben richtet, hieher gehört.
B. Dlebeijer.
I. Censorini.
1) C. Marcius_L. f. C. n. Rutilus (gem. mit ber Variante Ruti-
lius), of. im I. 397 v. St. (357 v. Ehr.). Er übernahm als folder
den Zug gegen die Privernaten wobei er ſich dadurch beliebt machte daß er die
Beute ohne einen Abzug für die Staatscaffe feinem Heere überließ. Gr
eroberte die Stadt und bielt einen Triumph, Liv. VII, 16. Fasti triumph.
(am 1. Juni 397). Abweichend erzählt Dionyf. XIV, 23. ed. Mai oder Nova
vollect. I. p. 495., wonach bie VPrivernaten, dur M.s Belagerung aufs
Aeußerſte gebracht, eine Geſandtſchaft an Marc. abgeſchickt Hätten, deren
treffende und charaktervolle Reden ben Coſ. beſtimmt haͤtten die Belagerung
aufzugeben. Nach ber viel pafienderen Darftelung bed Lioiud (VIII, 19—21.
vgl. Val. Mar. VI, 2, 1.) fand ein folder Borgang vielmehr erſt bei dem
fpäteren Wieberabfall der Privernaten und dem röm. Anführer Bitruvius
gegenüber Statt. (Der Rhetor Dionyflus verleiht dem kräftigen Worte eine
fräftigere Wirkung.) Im folg. I. wurde er — der Erſte unter den Ple⸗
befern — am Dictator gegen die Gtuöler ernannt (Liv. VII, 17. Fasti
cons.). Trotz der Ränke der Patricier vollendete er feine Rüſtungen, zog
gegen die Feinde, erfocht einen glänzenden Sieg (vgl. Oroſ. III, 6.) und
sine auctoritate patrum populi iussu triumphavit (*io. ib.; prid. Neon.
Mai., fasti tr.). Im SI. 402 d. St. (352 v. Ghr.) wurbe er zum zweiten
Male Bof. (Rio. VII, 21. Fasti cons.). Im nähften Jahre (403) bewarb
er ſich um vie Eenfur und erhielt auch diefe zuerſt unter ven Plebejern, ob⸗
wohl die patric. Coſſ. ihn nit unter die Zahl der Ganbibaten aufnehmen
wollten (Liv. VII, 22. vgl. X, 8 Yasti cons.). Zum dritten Mal Coſ. im
J. 410 (344), Liv. VIE, 28. Rasti cons.). Zum viertm Mal im I. 412
(342), mo er in Campanien feinen Boften erhielt und eine Verſchwörung des
in Sampanien ſtehenden röm. Heeres entdeckte und noch vor ihrem Ausbrud
durch kluges DBerfahren lähmte und ſchwächte, Liv. VII, 38 f. vgl. Appian
Samnit. 1., ver flatt des Marc. einen Maueoxo; dabei nennt.
2) C. Marcius C. f. L. n. Rutilus, Sohn ded Borigen, Eof. im
3. 444 d. St. (310 v. Ehr.), Liv. IX, 33. Fasti cons., führte ale ſolcher
mit den Samniten Krieg und nahm ihnen Allif& ab, Liv. IX, 398. Aber in
einem fpäteren Treffen mit ihnen verlor er viele Mannfchaft und wurbe ſelbſt
vertoundet, daher man zu Nom alsbald einen Dictator ernannte (Liv. 1. 1.),
an welchen Marc. dad Heer und den Dberbefehl abgab (Liv. IX, 39.). Er
war einer der vier erften plebei. Pontifices (I. 454 d. St.), ir. X, 9.
Genfor war er zum erfien Mal im I. 460 — 294 (8iv. X, 47. Fasti
cons.), zum zweiten Mal im I. 488 — 265 und in hoc honore Censo-
rinus appellatus est, Fast. cons. ad a. Daß er dem Bolfe wegen diefer
wiederholten Ernennung zum Genfor Borwürfe gemacht habe erzählt Bal.
Mar. IV, 1, 3. vgl. Aur. Bict. 1. 32,2. (mo baffelbe von einem Q. Fabius
BMiarein goms 1885
Maximus Butilius (alfo wohl durch Verwechslung mi dem Gegenmwärtigen)
erzählt wird, und daß auf feine Veranlaſſung dieß für die Zukunft verboten
wurde berichtet Blut. Coriol. I. vgl. Bo. U. ©. 248. und lex Marcia,
Bo. IV. ©. 986.
3) L. Marcius C. f. C. n. Consorinus, Coſ. im $. 605 — 149
v. Chr. (Fasti cons. Cic. Brut. 45, 61. 27,106. ad Att. XII, 5, 3. Genforin.
d.n. 17,11.; auf einer WBafferleitungsröhre aus Nom bei Bruter p. 182, 10.).
Beide Coſſ. dieſes I. waren mit dem in ihren I. ausbrechenden (Dritten)
puniſchen Kriege beichäftigt, dem Marc. fiel dabel der Befehl über bie Flotie
zu (App. Pun. 75.) und App. (c. 80 f. 86—90.) theift ihm als dem Bes
rebteren au die Verhandlungen über den Krieg zu, z. B. die Aufforderung
an die Karthager an irgend einem andern Punkte ihres Gebiets ſich anzu-
fleveln. Beide begannen gemeinfhaftlih die Belagerung von Karthage
(Apy. 94. Liv. 49. Eutrop. IV, 10. Oroſ. IV, 22.); da fich dieſe jedoch
nider Erwarten in bie Länge zug (App. 97 ff.) und in Rom Comitien zu
baften waren fo überließ Mare. feinem Collegen M. Dianilius (f. S. 1482.
Ar. 4.) die Fortſetzung des Kriegs und begab fich nah Nom zurüd (vgl.
tiv. 49. Oroſ. IV, 22.). Genjor wurde er im I. 607 mit X. Lentulus
(Bal. Dar. VI,9, 10. Fasti cons.). Klitomachus bat wie an ben Satirifer
C. Lucilius fo au an ihn eine Schrift gerichtet, f. Eic. Acad. II, 32, 102,
was ein Zeugniß ift von dem Interefle des Genf. für griech. Literatur und
feinere Bildung überhaupt. Vgl. den Folgenden.
4) C. Marcius Censorinus, fland im erſten Bürgerfriege auf ber
marianiſchen Selle: Er war es der (3. 667) dem Gof. Dctavius den Kopf
abhieb und ihn dem Ginna brachte (App. b. c. I, 71. Kıpowviros). Im
3. 672 wurde er von Pompejus bei Sena geihlagen (App. 1,88. Muomog).
Bald darauf fandte Garbo ihn mit acht Regionen ab zum Entſatze von Pränefte
wo Marius d. 3. eingeihloffen und von Hungerönoth bedrängt war. Aber
er gerieth in einen Hinterhalt des Bompejus, verlor den größten Theil feines
Heeres und entfloh ſelbſt, was das Zeichen zur Auflöfung feines ganzen
Heered gab; mit fleben Gohorten kehrte ex zu Garbo zurud (Arp. b. c.
I, 90.). Als Carbo nad Afrika entfloben war rüdte er In Verbindung mit
Garinad und Damafippus auf Rom lod (ib. 92.), Sulla ſtellte ih ihnen
aber entgegen und flug fie. Zwar entlam er und Carinas glüdlih aus
ver Schlacht, aber am folgenden Tage wurden fle eingeholt, enthauptet und
ihre Köpfe um die Mauern von Pränefle berumgetragen, App. I, 93. vgl.
Cic. Brut. 90, 311., wo er zuglei als orator bezeichnet wird deſſen Eigen»
ıhümligkeit ib. 67, 237. fo geſchildert wird: graecis literis satis doctus,
qrod proposuerat explicans expedite, non invenustus actor, sed iners et
inimicus fori.
5) (Marcius) Censorinus, begleitele ven Q. Cic. im 3. 695 in
jeine Brovinz Aflen, f. ad Qv. fr. I, 2. IV, 13. Mit ihm vieleicht iden⸗
tiſch iſt der L. Marcius L. f. EC. n. Censorinus (Fasti cons.) welcher
bei ic. ald Anhänger des Antonius und Prätor im J. 711 d. St. mehrfach
— aber nie rühmlid — erwähnt wird, f. Philipp. XI, 5, 11. 14, 36. XI,
8, 20. XIII, 2, 2., welcher dem Antonius nah Mutina gefolgt war und
von dieſem im I. 714 zum Statthalter von Achaja ernannt wurbe (Plut,
Ant. 24.). Im 3. 715 mit C. Calvifiud Sabinus Gonful (Die XLVII, 34.
Fasti cons.) triumphixte er gleih am erflen Tage feines Gonfulatö (Kal.
Jan.) ex Macedonia (Fasti triumph. vgl. Orelli Inser. 619.). Aus ber
Zufammenftelung mit C. Galviflus Sabinud auf einer Münze darf man
vieleicht folgern daß der als Illvir monetalis auf Münzen oft genannte L.
Censorinus der Gegenwärtige If, vgl. Raſche II, 1. p. 204.
6) €. MarciusL. f L. n. Censorinus, Coſ. 746. b. St. (Fasti
1536 Marsia gems
cons. Die LV, 5. Genforin. d. n. 22, 16. Bin. H. N. XXIH, 10, 47.
Inſchrr. Bei Bruter p. 61, 2. 196, 1. 2. 197, 2. 334, 6. 1078, 10.) und
in feinem Gonfulat mit feinem Collegen Aflnius zum curator riparum er-
nannt (Gruter p. 197, 2.); geflorben im I. 755 in Allen. Sein Tod er
regte allgemeine Trauer, denn er war vir demerendis hominibus genitus,
Vellej. 11, 102, 1. Wenn Hor. Od. IV, 8. an ihn gerichtet if fo ſcheint
die in dieſer Familie einheimifche höhere Bildung auch ihm eigen geweſen zu
‚ feyn, vgl. 3. B. v. 11. gaudes carminibus. Erwähnt ift er auch auf einer
Münze: C.Marci L. F. Censorin. Aug(ur). IIIvir A. A. A. F. F.,'i. Eckhel
V. p.246. Raſche II, 1. p. 208. Auch fonft kommt C. Censo., Censori.,
C. Marci. Censo. namentlih mit dem Bilde des Ancus Marcius und Ruma
(ald ter Ahnherren der gens Marcia) häufig auf Münzen vor (ſ. Eckhel J. l.
Raſche lex. II, 1. p. 203—209.) ohne daß ſich aber entfcheiden ließe auf
welden Mann des Namend diejenigen zu beziehen find auf welchen der Mlvir
monetalis nicht gemeint feyn kann. Deſto ficherer iſt auf den Gof. 746 zu
beziehen die Infhrift von Aquinum: C. Marcio L. F. Censorino Cos. Au-
guri Patrono (Gruter p. 435, 6.). |
7) lieber ven Grammatifer Censorinus |. Bd. I. ©. 243 f.
1. Grispi.
1) Q. Marcius Crispus (ic. Phil. XI, 42, 30.), vielleicht derſelbe
Marc. Cr. der im 3. 707 Kriegstribun bei Eäfar iſt (beil. afr. 77.), wird
von Gic. in Pis. 23, 54. als vir fortis in primis, belli ac rei militaris
peritus, familiaris meus bezeichnet und berichtet Daß er und ein anderer Legat
dem 2. Pifo in feiner Abweſenheit ven Imperatortitel erfämpft haben. Phil.
1. 1. Heißt er Proconsul. Er übergab mit 2. Statius Murcud (welche beide
Imperatores genannt werden) im I. 711 dem €. Caſſlus die Legionen weldhe
er bioher in Syrien befehligt hatte, Cie. ad Fam. XI, 11, 1. 12,3. Brut.
ad Cic. 2, 5. Dio XLVII, 27. extr. (wo er Magnog Koionog heißt). App.
b. c. II, 77 f. (wo e8 auch Mirovmos Ko. heißt). Vellej. II, 69, 2.
(praetorii viri imperatoresqve). Diefe freiwillige Liebergabe Ihrer Heere ge»
ſchah aus perſönlicher Freundſchaft für Gafflus, App. b. c. IV, 58 f.
2) (Marcius) Crispus, in einer Erbſchaftsangelegenheit neben Mu⸗
ſtela erwähnt vorm Eic. ad Att. XII, 5, 2. XII, 8, 1. 5, 1.
II. Figuli.
1) T. Marcius Figulus, meldet im I. 585 ein Probigium aus
feiner Wohnung, Liv. XLIII, 13.
2) C. Marcius C. f. Q. n. Figulus, Prätor im 9. 595 dv. St.
(169 v. Ehr.), f. Liv. XLIII, 11., mobei ihm der Befehl über die Floite
(für ben macedon. Krieg) zuftel (ib. 15.); daher feßte er nach Griechenland
über (ib. XLIV, 1 f.) und mir ſehen ihn in Belfchaffung von Proviant und
in Belagerung von Seeftäbten (mie Antigonea, Guffandrea 2c.) die rühmlichfte
Thätigkeit entwideln (Liv. 10 f. 16.). Cine Geſandiſchaſt von Mhoduß er-
kennt ihn als den Nächſten nach den Gof. an, vgl. Polyb. XXVIII, 14 f.
In Folge unglücklicher Verhältniſſe verlor er den größten Theil feiner Schiffs⸗
mannfchaft (Xiv. 20.) Im I. 592 (162) war er bereits Coſ. (Gic. N.D.
11,4, 10.) und nad Ballien abgegangen, mußte aber als vitio factus (wegen
eines ceremoniellen Berftoßes welchen der frühere Coſ. in ihren Gonfularcomitien
begangen und erft fpäter entdeckt hatte) mit feinem Gollegen abdanken und
an ihre Stelle wurden zwei Andere gewählt (Fasti cons. Gic. de divin. IT,
35, 74. Val. Dar. I, 1, 3.). Darauf murbe er im I. 598 zum zweiten
Male zum Eof. gewählt (Fasti cons. Gic. Brut. 20, 79.). Als folder
wollte er die Dalmatier für ihre Einfälle ins Illyriſche beftrafen, war aber
nicht glücklich, Liv. 47. App. IIyr. c. 11. vgl.Polyb. XXXII, 24. Sein Sohn
38) C. Marcius €. f. ©. n. Figulus, war ale Rechtegelehrter
Mareid gens 1337
berühmt, bewarb fi aber vergeblih um das Gonfulat, was er fo übel
nahm daß er am Tage darauf bie Leute melde kamen um fl feinen juriſtiſchen
Math zu erbitten aus dem Haufe jagte mit den Worten: omnes consulere
seits, gulem facere nescitis. Dal. Mar. IX, 3, 2. Vielleicht fein
Sohn -
4) C. Marcius C. f. C. n. Figulus, @of. im 3. 890 — 64 v. Er.
(Fasti cons. Cic. ad Att. I, 2, 1. Accon. in Pis. p. 7. Dr. vgl. oben
©. 426. Nr. 9.). In dem Verfahren gegen die Gatilinarier fland ee ganz
auf Seiten @icero’8 (Philipp. I, 5, 12.) und flimmte im Senat für deren
Hinrichtung (Gic. ad Att. XII, 21, 1.). Auf ihn bezieht fi wohl die Ber
mertung don @ic. de Legg. II, 25, 62.: qvos ad sumptus progressa -iam
res sit in C. Figuli sepulcro vides. .
5) L. Marcius Figulus, Legat des Dolabella In Aften, warb dieſen
3.8. eine Blotte zufammen welche er dann auch befehligte, App. b. c. IV, 60.
IV. Libones. |
Auf Münzen findet fi Häufig Q. Marcius und Q. Marc. Libo,
meift mit einem Schiffsvorbertheil, auch Dioscuren und (Q, Marc. C. F.
L. R.) mit einer Bictoria auf einem Diergefpann, f. Eckhel V. p. 248.
Raſche IH, 1. p. 209—211. Miceto mon. ant. p.-136. tav. XXX. Im den
auf und gekommenen Schrififtellern gber wird eines Marcius Libo nicht gedacht.
. Philippi.
1) Q. Mareius Q. f. O. n. Philippus, Coſ. im Y. 473 v. ©t.
(281 v. Chr.). In diefem Amte Hatte er mit den Etrusfern zu kämpfen
und feierte am 1. April d. 3. einen Triumph über fie (Fasti cap.). Im
3. 491 ernannte ihn der Dictator (clav. fig.) En. Fulvius Maximus Een»
tumalus zu feinem Dag. equ. (Fasti cap.). "
2 ö Marcius L. f. Q. n. Philippus, Prätor im I. 366, wobei
ihm durchs Loos die Verwaltung von Sietlien zuflel (Liv. XXXVIII, 35.).
@of. im I. 568 (186 v. Chr.) mit Sy. Poſtumius (Fasticap. Liv. XXXIX,
6. 8.). Im ihre Conſulat fiel die Unterſuchung gegen die Bacchanalien womit
beide vom Senat beauftragt wurden (Liv. 1. I. 14. Ihr Name genannt in
bem erhaltenen Sc. de Bacchan., f. Söttling, 15 Urkunden ꝛt. S. 28 f.).
Marc. beantragte namentlih die Belohnungen für die Angeber, Liv. 1.1.19.
Nachdem er feinen Antheil an den linterfuhungen beendigt Hatte ging er nach
Ligurien ab wo er wie fein College den Krieg zu führen hatte, Lio. 20,
ließ fi in enge Waldpäſſe verloden, wurde hier überfallen und mit großem
Verluſt in die Flut geichlagen; der Wald aus dem ihn die Ligurier gejagt
hatten hieß von da an nad Ihm Marcius saltus, Liv. 20. Er vertbeilte den
Reſt feines Heeres in Quartiere und kehrte nicht mehr vor Ablauf des Jahrs
nah Nom zurüd, Liv. 23. Im I. 571 (183) wurde er ſodann ald Ge»
ſandter nah Macevonien geſchickt mit dem Aufirag zugleih im PVeloponnes
die Angelegenheiten des Achäifhen Bundes zu orbnen, Liv. 48. VPolyb.
ı XXIV, A. extr. Auf feine Warnung bin zieht Berfeus um ‚feinen casus belli
‚ herbeizuführen feine Befagungen aus Hellas zurüd, Polyb. XXIV, 6. in. Meber
feine Thätigkelt im Peloponnes f. Polyb. XXVI, 2. Im Frühſahr des folg.
Jahrs iſt er bereits wieder zurückgekehrt und erflattet Gutachten uͤber die
Vortraͤge grieifger und macebonifher Geſandten (Polyb. XXIV, 10. Liv.
XL, 2.). Leber die Abſichten des Könige Philippus gibt er beunruhigende
Auffchlüfſe (ib. 3.). Im I. 574 erhielt ex die Stelle eines decemvir sa-
crorum (iv. XL, 42.). Im J. 583 — 171 wınde er vom Neuem dafs
erſtes Mitglied einer Geſandiſchaft nad Griechenland geſchickt. Er mit U.
Atilius Hatte Epirus, Aetolien, Iheffalien, Böotien, Eubda zu berehien und
‚gegen Philipp zu bearbeiten; im Peloponnes ſollten fie dann mit den Andern
zufammentreffen (Liv. XLEH, 97.). In Theſſalien, bis wohin Alles ganz
Bauly, Real-Encylop. IV. 97
.1538- Marcia gene
erwünfcgt gegangen war, empfing Marc. eine Geſandtſchaft bed Berfeus, welcher
ſchon mit feinem Vater im Verhäliniß der Gaſtfreundſchaft geflanden war
(Liv. 38. Darauf bezieht Edel D. N. V. p. 249. eine Münze worauf der
Kopf des Königs Vhilippus abgebildet iſt und welche die Jnſchrift L. Phi-
lippus trägt; vgl. Raſche III, 1.p. 212.). Am Peneus fand eine Zufammen-
Funft zmifchen ihm und Perſeus Statt (Liv. 39.); Dlare. führte tie Be-
ſchwerdepunkte der Nömer aus (ib. 40.), hörte die Vertheivigung ded Könige
an (ib. 41 f.) und gab ihm den Rath um einen Waffenftilftand (der den
Römern ſelbſt am meiften mwillfommen war) zu bitten und inzwiſchen eine
Geſandtſchaft zur Aufrechterhaltung des Friedens nah Rom abzufdiden (ib.43.).
‚Bon da aus begab er fih nah Böotien, wo er die überwiegende Mehrzahl
zum Bündnig mit den Mömern geneigt fand, den böot. Bund auflögte (vgl.
Polyb. XXVII, 1.), im Peloponnes von den Achäern 1000 Mann Hilfs»
truppen begehrte und nad) glänzender Vollendung feiner Sendung mit Atilius
u Winterd Anfang nah Nom zurückkehrte (Liv. 43. 44.). Hier rühmte
ip Marc. in öffentlicher Senatsflgung deſſen daß er feinen Baflfreund Perfeus
durch eltle Borfpiegelungen bintergangen habe als eines Heldenwerks, melde
Sorte von Diplomatie auch wirflih von der Majorltät fo fehr gebilligt
, wurde daß Marc. von Neuem und mit audgebehnter Vollmacht nad Griechen⸗
land gefendet wurde (Liv. 47.). Er eroberte Alope und. Lariffa und fummelte
in Chalfis feine Flotte (Lin. 56.). Für das 3. 585 wurde er wieder zum
Eof. gewählt (Liv. XLIII, 11.-12. Gic. Brut. 20, 78. Fasti cons.). Da
inzwiſchen Berfeus glüdlie Fortſchritte gemacht hatte fo traf man für Mace-
donien große NRüflungen (iv. 12.). Das Loos wies den macedoniſchen Krieg
dem Marc. zu und alsbald ging er ab (Liv. 15.). Mit Frühlingsanfang
ſchiffte er NH in Brunbiflum ein und übernahm in Iheflallen von A. Hofli-
lius dad Heer (Liv. XLIV, 1.). Neun Tage naher brach er gegen Mace⸗
donien auf und hieß den Prätor C. Marcius Figulus (f. Nr. II, 2.) gleich⸗
zeitig mit der &lotte ſich der macedon. Küfle nähern (Liv. 2.). Inder Nähe
von Dium fließ der Eof. auf Truppen des Perfeus (Liv. 3.); es kam zu
Gefechten an welchen ber Coſ. obwohl maior sexaginta annis et praegravis
corpore thätigften Anıbeil nahm (Liv. 4.), wie er auch alle Mühfale des
Marſches theilte (Riv. 5.). Bei feiner Annäherung verlor Perf. den Kopf,
floh nah Podsa und machte dadurch alle ſtrategiſchen Behler des Gof. un
ſchädlich (Liv. 6. vgl. 20.) Eine Stadt um_die andere fällt in die Hände
der Nömer (Kir. 7—13.); der Achäiſche Bund war bereit zu weiterer Unter>
flügung (Polyb. XXVII, 11.) und wird von Marc. zu Weußerungen ber
Selbfländigkeit aufgemuntert (PBolyb. XXIX, 10.); die Rhodier ließen ihre
Anbängligfeit an die Römer verfihern (ib. 14 f.); aud der Senat bewilligt
gerne alle Forderungen des Cof. (Liv. 16.). Im folg. I. Hatte er ven Ober:
befehl an feinen Nachfolger U. Nemilius Paulus abzugeben, welder am 1.
April 586 von Nom abging (f. die acta diurna z. B. in Reineſ. syntagma
- p. 341, VI. io. 1. 1. 30.). GEenfor wurde D. im J. 590 mit Aemilius
Paulus (Fasti cap. Blut. Aemil. 38. extr. Plin, VII, 60., wonad er eine
beflere Sonnenuhr öffentlich aufſtellte; XXXVI, 1, 4.). Auf Ihn bezieht ſich
ohne Zweifel die Münze welde einen Reiter in Galopp darſtellt (Anirielung
auf den Namen Philippus) und die Umſchrift hat: Q. Pilipus, |. Edel V.
p. 248. Bol. Raſche III, 1. p. 213. Sein Sohn
3) Q. Marcius Philippus, nahm an dem macedon. Feldzuge bes
Baterd Theil, Liv. XLIV, 3. Ob auf ihn etwa die Nachricht ſich bezieht:
Q. Philippus damnatus exsul Nuceriae vixit eiusqve civitatis faclus est
eivis (Gic. p. Balb. 11, 28.) — läßt ſich nit enticheiben. |
. 4) L. Marcius Q. f. Q. n. Philippus (geboren 629), Volketribun
(Miltärtrisen war er nie, Cic. p. Planc. 21, 52.) im 3. 650, wo er eine
MWarcla gems \ 1539
lex agraria (f. possessio) beantragte (aber bald darauf wieder fallen ließ) und
bei ihrer Motivirung die bedenkliche Aeußerung that: unter der gefammten
Bürgerſchaft feien Keine zmeitaufend Dermöglide (Cic. off. II, 21,73.). Im
3. 654 fleflte er fi bei @rmorbung des Saturninus unter die Waffen (p.
Rabir. perd. 7, 21.). %ür das J. 661 bewarb er fih um das Bonfulat,
fiel aber unerwarteter Weife gegen M. Herennius durch (Cie. Brut. 45, 166.
p. Muren. 17, 86.). Dagegen wurde er nachdem er das Augurat ſchon
früher erhalten (Gic. de Lege. II, 12, 31.) für das I. 663 (91) mit Sert.
Jul. Cäfar zum Eof. gemählt (Fasti cap. PBlin. II, 83, 85. XXIII, 3, 17.
Gruter p 65, 3. Orelli Inscr. I. p. 146. 1. 7.), in weldes Jahr das
Volfätribunat ded Livius Drufus und der Ausbruch des marfliden Kriegs
fällt. Er ſtellte ſich Anfangs mit Entichievenheit der oligardifchen Partei
(caussa principum, ic. de Or. I, 7,24.) und dem Anfangs mit ihr iven-
tiſchen Livius (deſſen inimicus ibn Aëcon. rennt in Corn. p. 68. Or.) ent»
gegen, ereiferte fi in der Bolköverfammlung gegen den Senat und feine
Politik (f. S. 1109.) und als Im Senat ihm 8. Eraffus darüber Vorwürfe
machte Fam es zu einem gewaltfamen Auftritt (ſ. S. 1062.). Indeſſen ver
fühnte fich Marc. mit feinen volitiſchen Feinden (Eic. de prov. cons. 9, 21.)
und auf feinen ‘Antrag wurden die livifhen Geſetze noch in demfelben Jahre
wieder abgeihafft (de Legg. II, 12, 31.). Er war es auch der den Senat
daran mahnte dad von Ulerander II. an Rom teflamentli übermachte
Aegypten für IH in Anspruch zu nehmen (Gic. de leg. agr. II, 16, 42.).
Don feinem großen @ifer für das Staatöinterefie zeugt aud fein (zum Geſetz
erhobener) Antrag diejenigen Provinzen welche fich durch Beſtechung tributfrei
gemacht bätten ohne Erfag wieder für ſteuerpflichtig zu erflären (Cic. Of.
it, 22, 87.). Genfor war er im $. 668 d. St. mit M. Perperna (Fasti
cap. Bal. Mar. VIII, 13, 4. vgl. Plin. VII, 48. Dio XLI, p. 273. R.)
und fließ als folder feinen eigenen Oheim, den App. Claudius (Bo. 1.
©. 411. Nr. 30.) aus dem Senat (ic. p. dom. 32, 84.). In dem erflen
Bürgerkriege land er auf der fullaniihen Seite, verlieh übrigens Rom au
während der Herrſchaft des Einna nicht (Cie. ad Att. VIII, 3, 6.). Lebhaft
trat er noch im I. 676 gegen Lepidus auf (Sal. hist. I, 18 f.). Ein wie
warmer Bewunderer des Pompeluß er war bemeist feine Aeußerung non se
Pompeium sua sententia pro consule, sed pro consulibus mittere (gegen
Sertorius), @ic. p. leg. Man. 21, 62. Philipp. XI, 8, 18. Schol. Gronov.
in Manil. p. 442. Or. und viele andere Stellen bei Drumann IV. ©. 361.
A. 24. Schon in vorgerüdten Alter (668 d. St.) hatte er den noch ganz
jungen Pompejus in der Angelegenheit der asculaniſchen Beute vertheivigt
(Eic. Brut. 64, 230. Blut. Pomp. 4.). Marc. gehörte nämlich zu den
angefehenflen Rednern feiner Zeit: duobus summis, Crasso et Antonio pro-
xime accedebat, sed longo intervallo, tamen proximus (Cit. Brut. 47, 173.
vgl. 50, 186. 57, 207. 88, 301.). Als feine charakteriftifchen DBorzüge
werben (ib. 6. 173.) hervorgehoben: summa libertas in oratione, multae
faceliae; satis creber in reperiendis, solutus in explicandis sententiis; erat
etiam — Graecis doctrinis institutus, in altercando cum aliqvo aculeo et
maledicto facetus. Er pflegte fo unvorbereitet zu fprechen daß er wenn er
aufftand noch nit genau wußte was er Alles fagen werde (Cie. de or. I,
78, 316.); daher Fonnte er fich in feinen alten Tagen im die geſchniegelte
Manier des Hortenflus nicht mehr finden (Eic. Brut. 95, 926.). Daß er
multus lepos befefien bezeugt ic. auch de off. I, 30, 108. Beiſpiele |. de
Or. H, 60, 245. 61, 249. (vgl. 54, 220. 63, 255.). Hor. Ep. 1,7,46 ff.
Reden werben von Ihm erwähnt (außer der angef. für Bompelus): pro Sex.
Naevio (Cic. p. Qvint. 22, 72. 24, 77. 26, 80.), in senatu contra. M.
Aemil. Lepidum cos. bei Sal. hist. I, 19. (vgl. 18.: aetate et consilio
1540 Maxcla gene
ceteros anfpibat). Aechte Fragmente feiner Reden kann es ba er improwi-
firte nicht geben; nur einige aus ber Erinnerung chtirte Worte finden ſich
bei Cic. de off. II, 21, 73. (aus der Rebe in tribunatu cum legem agrariam
ferret) und de or. III, 1,2. (aus einer Volksrede als Coſ.). Vgl. de Broffes
in den M&m. de l’Acad. des Inser. XXVH. p. 406 ff. Ellendt vor feinen
Brutus, Meyer orat. rom., Wehlermann röm. Beredif. 6. 43. As Menſch
war er behaglichem Lebendgenufie ergeben und gloriari solebat se sine ullo
muners (Provinzialvermaltung?) adeptum esse omnia qvae haberentur
amplissima (Gic. de off. II, 17, 59.). Ueber feinen Reichthum (piscinae
u. dgl.) f. Barro R. R. III, 3, 10. Golum. VII, 16. Blin. IX, 94, 80.
Er hatte einen Stieffohn, Gellius Poplicola (f. Bd. IH. S. 663 f.) und
einen leiblichen Sohn:
5) L. Marcius L. f. Q. n. Philippus, Proprätor von Syrien im
3. 699 (pp. Syr. 51.), &of. im J. 698, 56 (Fasti cap. Cic. ad At.
v, 21, 11. Dio XXXIX, 18. 40.). Er war vermählt mit Caͤſars Schweſter⸗
tochter* Atia, welche in erſter Ehe mit dem Wittwer 6. Octavius verhei-
raibet geweſen war und mit ihm ben fpäteren Auguft gezeugt hatte (f. Octa-
via gens). So war Maxc. mit Cäſar verwandt und der Stiefvater Augufls,
anf deſſen Erziehung er noch feinen Cinfluß äußern Eonnte (Die XLV, 1.
Nicol. Dam. Aug. 3. 15. Pelle. U, 59, 3. vgl. 60, 1. Cic. Phil. IH,
6, 17. Blut. Cic. 44. App. b. c. IH, 10. 13.; f. Ovid Fast. VI, 807.:
nupfa fuit qvondam matertera Caesaris illi, nämlich Philippo ; vol. ex Pont.
I, 2, 139.). Hievur war feine Stellung in den Bürgerkriegen im Wefent-
lichen beftimmt: er wurde im I. 705 bei der Thellung der Provinzen von
ber Senatöpartel übergangen (Cäſ. b. c. J, 6.) und er felbft bat Cäſar um
Erlaubniß fich am Kriege nit unmittelbar beiheiligen zu dürfen (Elc. ad
Att. X, 4, 10. vgl. IX, 15, 4.). Doch ftand er fortwährend mir Caͤſar in
dem freundlichſten Verhältniß (I. 709 iſt diefer bei ihm zu Ga, ad Aut.
xl, 52, 3.) und auch Gicero flieht gut mit ihm (vgl. ad Aut. V, 12, 3.
13, 3. aus bem I. 703) und nennt ihn ſcherzhaft Amyntae filius (wegen
ſeines Namens Philippus, vgl. ad Att. XII, 9. 16. 18, 1.). Auch ad Au.
XVI, 14, 2. (aus dem 3. 710) erwähnt er feiner nicht unſreundlich. Da⸗
gegen bezeugt ex fich ad Fam. XII, 4, 1. (nal, {rgm. p. 464. Or. Phil.
IX, 1, 1.) böchſt unzufrieden darüber daß er die unverfhämten Forderungen
weißt Antonius geflelt als Senatögefandter überbracht babe (3. 710.). Im
3. 714 wird er princeps Senatus genannt (Phil. VIII, 10, 28.). Dex Eühne
Ehrgelz feines Stiefſohnes machte ihm Bedenklichkeiten und veranlaßte ihn
Warnungen (ad Att. XIV, 12, 2. Bel. II, 60, 1. Suet. Aug. 8.).
Einee (von ihm erbauten) porticus Philippi gedenkt Martial. V, 49, 12.
vgl. Ovid Fast, VI, 801.: clari moriumenta Philippi, und ber Gemälde barin
Pin. XXXV, 4, 10. (Selena) 10, 37. (Liber pater u.%.) 14,40. (bellum
Biacum). Mart. 1. 1. v. 13. (Hercules). Eine von Marc. Phil. erbaute
asdep Herculis Musarum nennt Suet. Aug. 29. — Sein leibliher Sohn if
6) L. Marcius L. f. L. n. Philippus, Volkstribun im I. 705
d. St. als welder er in Cäſars Interefle wirkte (Ef. b. c. 1,6. vg). Bb. Il.
S. 678, 6.). Im 3. 710 Brätor erkannte er die von Antonius veranfaltete
Merloofung der Provinzen nit als giltig an, Cic. Phil. III, 10, 25, der
ihn bei biefer Gelegenheit vir patre, avo, maioribus suis dignissimus nennt.
Auf ihn bezieht fich wohl auch vie Angabe in den Fasti cap. triumph.
(p. CLXM. Dreſli): L. Marcius L. f. L. n. Philippus an. DCCX.. (bie
® Nach Letroune und Ciberling (f. Onomast. Tull. p. 382.) bätteer gar gwei
Bihimaßsrtöcten des Ehfar nad einander zu Frauen gehabt : zuerſt der Atis Schwetler,
ſedann Disks ſelbß Codex umgekehrt).
Marcin pm - sl
nächſtvorhergehende Zahl iſt 719, die nächſtfolgende 722, alſo 720 oder 721)
... Mai. ex Hispania.
7) Marcia, Schweſter des Vorigen, Tochter von Nro. d, (Blut.
Cat. min. 25. 39. App. b. c. II, 99.), zweite Frau des Calo Uticenfis,
umd 3. 700 (6i8 704) an "Sortenflus geliehen. S. Bo. II. ©. 1498.,
Porcia gens und oben ©. 1509.
6) Q. (Marcius) Philippus, im I. 699 Procof. in Afien; an ihn
find Gicero’8 zwei Empfehlungsſchreiben ad Div. XI, 74. 73. gerichtet.
Er IR ebınfo verfchollen wie ver unter Nr. 3. Erwähnte dieſes Namen.
| 9) Marcia, vermählt mit den Bertrauten ded Auguft, Fabius Marimus
(an welden Ovid ex Pont. I, 2, gerichtet iR), erfuhr von dieſem dad Ge⸗
heimniß von Augufs Beiuch bei feinem Enkel Agıippa, theilte es der Livia
mit und ward dadurch (im I. 766 ober 767) Urſache des Todes ihres Ge⸗
mahls, |. Tac. Ann. I, 5. vgl. Plut. de garrul. T. VIN. p. 22. Net.
Daß fle zu ber Bumille der Philippi gehört habe ingt Ovid Fast. VI, 802.
ausdrücklich. Und da fie von Ovid ex Pont. 1,2, 138 f. in den Zuſammen⸗
bange erwähnt wird daß fle der jehigen Frau des Ovid die Gunſt melde
früher die matertera Caesaris (vgl. oben Nr. 5.) ihr geſchenkt hatte habe
zu Iheil werden Jaflen fo if es wahrfceinlih daß jene die Großmutter von
diefer, alfo die gegenwärtige Marcia eine Tochter von Nr. 6. ſei.
VI. Blebejifhe Marcier mit anderen Beinamen.
1) M. Marcius Ralla, Prätor im J. 550, 204 (Liv. XXIX, 11.),
wobei ihm die urbana iurisdietio zuflel (ib. 13.). Er zog mit Scipio in
den afrikaniſchen Krieg und war unter denjenigen welche Scipio im 3. 552
der nah Rom mit Friedensbedingungen abgehenden carthag. Geſandiſchaft
mitgab (Xiv. XXX, 38.).
2) Q. Marcius Ralla, im 3. 560 (194) Duumvir zu Ginmeihung
eines von P. Sempronius Sophus gelobten Tempels ber Fortuna Primi-
genia auf tem quirinalifgen Hügel, Liv. XXXIV, 53. Ebenſo weihte er
im 3. 562 zwei Tempel des Jupiter auf dem Gapitol (Liv. XXXV, 41.).
3) Q. Marcius Rex, Bolfstribun im 3. 553 (196), ala welder er
auf Friedensſchluß mit Philipp antrug, Liv. XXXIII, 25,
4) Q. Marciys Rufug, Legat des Craſſus im Sclavenfrieg, Frontin.
strat. II, 4, 7. (mo einige Handſchrr. Marius haben).
3. u. 6) Q. Marcius Scylla und M. Marcius Sermo, Volks⸗
tribunen im 3. 582 (172), nörhigten als ſolche die Goff. in ihre Procinzen
abzugeben und waren Urheber ber rogstio Marcia de Liguribus, Liv. XL,
21. u. ob &. 986 f.
7) L. Marcius Septimi f. (bei Liv. XXXIJ, 2.: L. Marciys Sep-
timus), eqves Romanus (Xiv. XXV, 37.), fammelte nach den beiden unglüd»
lichen Sqhlachten in melden zwei Seipionen den Iintergang gefunden Hatten
(3. 542 oder 212) pie Reſte der beiden röm. Heere In Spanien, zog bie zerſtreut
herumliegenden Befagungen an fi und brachte dadurch ein anfehnlides Heer
zufammen das Ihn einmüthig zum Anführer ernannte (Liv. I. I. Dal. Mar.
vun, 15, 11.), ſich verfhanzte und nicht nur einen Angriff der Garthager
unter Hasdrubal Gieg. zurückſchlug (Liv. 1.1.) fondern au die ſorglos auf
ihren 2orbeeren ausrubenden Feinde Nachts in ihren eigenen Lagern überfiel,
viele Tauſende nieberbieb und den Reſt in bie Flucht jagte (Liv. 37—39.
Frontin. strat. 11, 6, 2. 10, 2.). Zum Andenken an dieſe Helventhat des
jungen Krieger wurde auf dem Gapitol ein nah Marcius benannter Schild
wit dem Bilde Hasdrubals aufgehängt (Liv. 39. Plin. XXXV, 3, 4.). Ueber
die wunderbare Flamme die vom Haupte bed Marc. leuchtete als er bie
Schlachtrede Hielt |. Val. Mar. I, 6, 2. Liv. XXV,39. Plin. IE, 107, 111
Nichts deſto meniger wurde 48 In Mom ſehr übel vermerkt daß ſich Marc.
1542 Martia gens
in feinem Berichte an ben Senat unberechtigterweiſe ben Titel Proprätor
beifegte (vgl. Val. Max. IE, 7, 15.), wiewohl man um das Heer nicht zu
verlegen die Verhandlungen darüber erft nach der Abreife von Marcs Kur
tieren aufnahm (Riv. XXVI, 2.). Er wurde, wie es ſcheint, nur als primi
pili centurio anerfannt, vgl. Cic. p. Balb. 15, 34. Als im folg. Jahre
(nachdem ©. Claudius Nero ih als unzureichend erwiefen hatte) V. Cor—
nelius Scipio, der Sohn und Neffe der beiten gefallenen Heerführer, ein⸗
flimmig den Dberbefehl in Spanien übertragen erbielt (Liv. 19.) und einen
Proxrätor mitbrachte (Liv. 19.) ſuchte er alsbald den Marc. durch Aufmeik⸗
famfeiten und Auszeichnungen für fich zu gewinnen (Liv. 20.), und nachdem
es ihm gelungen war ven Römern wieder feſten Stand in Epanien zu ver⸗
ſchaffen berief er den Marc. von Tarracona zu ſich nad Neucartfago, über:
gab ihm ein Dritiheil des Heeres und beauftragte Ihn (bei App.- hisp. 32.
den Juniud Silanus) mit der Belagerung von Eaftulo (Liv. XXVIII, 19.),
welche Stabt fich endlich ergab ald Scipio von Iliturgis her anrüdte (Lio. 20.).
Marc. folte fegt Die noch nicht besmungenen Stämme und Stäpte unterwerfen
(bei App. hisp. 32. extr. follen Silanus und Marcius Ale bis an bie
Meerenge bin verwüſten; auch Hat Marc. ib. 26. zuvor eine- Abtheilung
carthagiſch gefinnter Bürger von römifch gewordenen Stäpten aufs Aeußerſte
gebracht, Halb vernichtet und zerfprengt), während Scipio In Neucartbago
eine blutige Todtenfeier abhielt (Liv. 21.). Die Züchtigung der Stadt Altapa
gedieh durch Die verzweifelte Sarinädigkeit der Cinwohner zu rößiger Der»
nichtung (Liv. 22 f, App. hisp. 33.) und fchüchterte bie Umgegend ein, fo
dag Alles ſich unterwarf (die Colonia Marcia In biefer Gegend iſt wohl nad
diefem Marc. benannt) und Marc. überall flegreih zu Scipio nad Neucartb.
zurüdfehren konnte (Kiv. 23.). Während der Krankheit Scipio's beiorgte
Marc. die Taufenden Gefhälte des Befehlehabers (App. Hisp. 34.); als
aber ein Theil des Heeres fich losriß und auf eigene Fauſt zu kämpfen und
zu plündern beſchloß flelte Scipio's yerfünliches firenges Auftreten wieder
die Einigfeit Her (ib. 34—36.). Da fih bald darauf Ausfiht eröffnete
Gades den Karthagern abzunehuen fo wurde Marc. mit einem Landheer,
Lälius mit einer Flotte dahin abgefhidt um gemeinfam die Uebergabe der
Stadt zu bewirken (Liv. 23.); aber bie gehoffte Bewegung in ber Stat
ſelbſt fheiterte und Marc. kehrte unverrichteter Dinge wieder nad Neucarık.
zurüd (io. 31.); indeſſen ergab fih fpäter die Stadt freimilig an ihn
unter Bedingungen welche der Senat beflätigte (Liv. XXXII, 2. vgl. Eic.
p. Balb. 15, 94. 17, 39.). Als der Auffland ber Iergeten (unter Indibilis
und Mandonius, f. d.) gelöfcht war ſchickte Scipio den Marc. mit dem
Sauptheer nach Hisp. ulterior voraus und ftieß zu ihm als er bereit! bem
Meere fih näherte (Liv. 34.). Auch Polyb. XI, 23. erwähnt ihn neben
dem Propr. M. Junius Brutus als. bebeutenpften linteranführer, neben
biefem und Lälius App. hisp. 26. extr. Ueberhaupt erwarb er fih als Legaı
den Beifall des Scipio fo fehr daß diefer Ihm (bei Liv. 42.) daB Zeugnik
gibt, zu einem clarus imperator fehlen ihm ni&tö als nobilitas ac iusti honores.
8) Q. Marcius Q. f. Q. n. Tremulus, zweimal Cof. mit dem
patriciſchen PB. Cornelius Arvina, nämlich im I. 448 und 466 dv. ©t. (Fasti
cap.). In feinem erflen Gonfulat (Xiv. IX, 42.) befam er die Anagniner
und andere Herniker zu bekämpfen, fand aber bier leichte Arbeit und brachte
ten Stamm in kurzer Zeit zur Unterwerfung (Liv. 43.). Don da wandte
er fih zu Unterflügung feines Gollegen gegen die Samniten und wurde von
diefen glei bei feiner Ankunft unverſehens angegriffen; aber indem ſein
Eollege die Feinde alsbald von der entgegengefegten Seite angriff wurden
biefe unter fehr großem Verluſte ind Gebirge getrieben; aber au dahin
folgten ihnen die Eieger nad und nöthigten fie zur Unterwerfung (Liv. 43.).
_ Marcia gens 1543
Sept Fehrte Marc. nah Nom zurück und feierte prid. Kal. Qvint. „(Fasti cap.)
des 3. 448 feinen Triumph de Anagnineis Herniceisqve (Fasti, vgl. Liv. 1.1.).
Auch wurde ihm eine Meiterflutue auf dem Forum vor dem Tempel des Gaftor
errichtet (iv. 1. 1. Eic. Phil. VI, 5, 13. Blin. XXXIV, 6.). Auf diefe in
einem Witglieve der ganzen gens widerfahrene Ehre bezieht Eckhel D. N,
V. p. 249. zwei mit Philippus und L. Philippus unterzeichnete und eine
Neiterflatue darftellende Münzen, von welchen die eine überbieß durch Bild
und Inſchrift die marciſche Wafjerleitung darftelt ohne daß darum ein Phi⸗
lippus als Reflaurator derfelben angenommen werben müßte (vielmehr bier
als Ruhmesdenkmal der ganzen gens). Dal. au Raſche III, 1, p. 211.
VNH. Marcier ohne (und befannte) Beinamen.
1) C. (oder wie Alfchefsfi nad feinen Handſchrr. aufgenommen hat:
Co.) Marcius, Volkstribun im I. 364 d. St. (390), lud den Kriegätrib.
(cons. pot.) O. Babius wegen Verlegung des Völkerrechts vor ein Volls⸗
gericht, Liv. VI, 3. vgl. Bo. II. S. 380. Nr. 11. |
2) C. Marcius, Bolfötribun im I. 443 d. St. (311 v. Chr.), mit
feinem Collegen 2. Atilius Urheber der lex daß die Tribunen für die Legionen
vom Volk ernannt werden follen, Liv. IX, 30. vgl. oben ©. 962. Er ift
es wohl welcher im I. 454 unter die erften fünf plebejlihen Augurn ge»
wählt wurde, Liv. X, 9. [W.T.]
3) Während bei Cicero (De Divin. I, 40, 89. vgl. 50, 115. 1, 55,
113.) und Servius (zu Virg. Aen. VI, 70.) nebfl Symmachus Epist. IV,
34. ein Brüderpaar von Welffagern aus der Zeit ded zweiten puniſchen
Krieges mit Auszeichnung genannt wird, ſpricht Livius XXV, 12., Macrobius
(Sat. I, 17.), Plinius (H. N. VII, 33.) u. A. (tgl. Davis zu Cic. Divin..
I, 40.) nur von einem Seher dieſes Namens, deſſen Weilfagungen Livius
als carmina bezeichnet, was auf poetiſche Faſſung und metrifche Form ſchließen
läßt, daher in neuerer Zeit verſchiedene Berfuche gemacht worden find daraus
bie urſprünglichen Verſe dieſer Weiſſagungen oder Orakel wieder zu gewinnen;
ſ. indbefondere Hermann Elem. Doctr. Metr. II, 9. $. 7. Dünger und
Lerſch De vers. Sat. p. 38. und Anderes In Meiner Gef. d. röm. Lit.
$. 31. not. 9 3te Autgabe Eitirte.* Nah einer Undeutung eined alten
Grammatifers (bei Mal. Theod. de metr. p. 94. ed. Heusing. p. 583.
Script. Lat. rei metr. ed. Gaisf. vgl. Iſidor Orig. VI, 8. 12.) wäre diefer
alte Seher Marcius auch für den Verfaſſer eines moraliſchen oder gnomiſchen
Gedichtes zu halten. [B] -
4) M’. Marcius aedilis plebis primum frumentum populo in modios _
assibus donavit, Plin. H.N. VIII, 3, 4. Pighius fegt e8 ind I. d. St. 298. **
© Daranf daB Marcius den Senat veranlaßte dem Apollo Neiterfpiele einzu:
führen bezieht Eckhel einige durch einen Angehörigen biefer gens (Cenſorinus) ges
prägte Münzen worauf ein Pferd im vollen Laufe ober ein desultor abgebilbet iſt,
. D.N. V, p. 216f. [W.T.]
“ MWielleiht daß ſich hierauf die von Ebel D. N. V, p. 249. Raſche III, 2.
p. 202. befchriebene Münge bezieht auf welcher fich befinden: 1) bie Infchrift M.
Marc. (auf einer andern ib., auf weicher dad Zeichen eined Schiffes auf Aberfeeifche
Kornzufuhr ſich beziehen könnte: M. Marci. M. f.); 2) eine Giegesgöttin auf bahins
eilendem Zweigeſpann; 3) darunter zwei Kornähren unb das Wort Roma, Die
beiden letztern Merkmale fänden ihre Erklärung In ben Gpielen und ber Kornauds
lheilung welche Marc. als Aedil veranfialtet hat. Der Name bietet zwar eine kleine
Abweichung bar; doch wäre erft zu beweifen daß bei Plin. die Ledart M. unftatthaft
ftp oder daß das M. der Münzen nicht auch (ausnahmsweiſe) für Man. gefegt ſeyn
kbnue. Ohnehin if der Vorname M. in biefer gens fehr felten; vor ber Kaiſerzeit
wenigſtens wußten wir (außer obigem Aedil) nur drei Männer dieſes Namens aufs
mfähren, Vol. Riccio le monete delle antiche famiglie p. 136. [W. T.]
1544 Marels gens
5) M. Marctus, trib.’mil. secundae legionis, ft im 3. 561 d. St.
(193) im Kampf gegen die VBofer Liv. XXXV, 5. extr.
6) C. Marcius, ein (geborner) Spanier, aus einer italiſchen Stadt;
der feige Propr. O. Pompejus bediente fich feiner in dem Kriege mit Viria-
thus (3. 611) zu wiederholten Streifzügen (von Corduba aud) wozu er
felb ven Muth nit Hatte. App. Hisp. 66. extr.
7) L. Martius praef. fabrum, hatte in ſundo suo Faventiae einen
bef. ergiebigen Weinberg, Varro R. R. I, 2, 7.
8) L. Marcius, röm. Ritter, Beiftand des O. Ligarlus in feinem
Brocefie, Cie. p. Big. 11, 33
9) Q. Marcius, trib. mil. im Heer des Pompejus, gebt aber im
3. 709 zu Gäfar über, bell. hisp. 1f. Wenn er, wie Orelli meint, mit
D. Marc. Erifpus (f. oben IE. Ar. f.) identiſch feyn ſollte fo kann unf
den Letzteren niht au Cäſ. b. afr. 77 bezogen werden.
10) Marcia, ®emahlin des M. Attilius Regulus (Br. I. &. 985 —
987.), Si. VI, 403. 576.
11) Marcia, princeps Romanarum, icta (fulmine) gravida partu
exanimato ipsa citra ullum aliad incommodum vixit, Plin. A.N. II, 51, 52.
12) Marcia, Sext. F., begraßen am 1. April 586 d. St. cum
maiore pompa imaginum qvam fregventia hominum ($rgm. der acta diurna
bei Pigh. Ann. II, p. 379. Meinef. Synt. p. 341. u. fonfl). Am folgenden
Tage epulum in funere Marciae populo datum a filiis eius Q. et L. Me-
tellis (Br. N. ©. 23. Nr. 6. ©. 29. Nr. 18.) et ludi scaenici facti
(ib.). Ste war fomit die Gemahlin des DO. Metellus, Eof. 548 (206 v. Ehr.),
ſ. ®. I. S 23. Nr. 9.
13) Marcia, Veſtalin, wegen Incefld angeklagt aber ale (durch
Aemilia) DVerführte zuerſt freigefprochen, worauf ein Volkstribun die Nieder⸗
ſetzung eines neuen Richters veranlaßte welcher fie nun zum Tov verure
theilte, ſ. Bd. IT. ©. 193. oben.
VHI. Marcier in der Kaiferzeit. _
4) Q. Marcius Barea, cos. suff. (vom 1. Suli an) im I. 77926
n. Ebr. Fasti cap. Infor. bei Gruter p. 107, 8.
2) P. Marcius, unter Tiberius (16 n. Chr.) als mathematicus more
prisco Beftraft, Tac. Ann. I, 32. extr.
3) Marcius Festus, einer ber Teilnehmer der (mißglüdten) Ber:
ſchwörung gegen Nero (I. 65 n. Chr.), Zac. Ann. XV, 50.
4) Marcii Marcelli ut amici crebro meminit Montanus Vatienus
in scriptis suis, Sen. svas. 5 fin.
5) Marcius Macer, Befchlöhaber Otho's (I. 69 n. Chr.) in feinem
Kampfe mit Vitellius (Tac. Hist. II, 23.), in Folge eined unglücklichen
Treffens (ib. 35.) abberufen (ib. 86.). Nach einer Andeutung von Tac.
Hist. II, 71. wäre DM. im 3. 69 von Otho zum Cof. ernannt gewefen,
aber diejer Umfland von’ dem Sieger Vitellius ignorirt (dissimulatus) werden
um feinen Bünftlingen Plag zu ſchaffen. Die Fast. cap. nennen (vielleicht
in: Folge deſſen) den Marc. unter den Coſſ. d. I. nit, wohl aber ven
Marius Celſus.
6) E. Marcius Postumus, auf einer fpaniffen Infärift (aus Cor⸗
duba) Bi‘ Sruter p. 321, 10 als Coſ. unter Trajan erwähnt ohne baß
aber ſein Name In den Fasti cap. vorkäme.
7) Marcius Livianus (Spart. Hadr. 4.) Turbo, Vertrauter
Habrians nod vor feiner Thronbefleigung (ib.), ven Trajan gegen bie un«
ruhigen Juden verwendet und Indaeis compressis von Hadrian ad deprimen-
dum tumelllum’ Mauritaniae beorbert (Spart. Hadr. 5.). Post Mäuritanise
praefecturani infulis omatttit Panrioriiae Daciacqve ad tempus präefecit
4
Marcia gem . 1545
(ib. 6.). Weberbieß wurde er titulo Aegyptiacae praefecturae qvo plus ha-
beret auctoritatis (In Dacien) ausgezeichnet (ib. 7.). Bald ernannte Habr.
ihn auch zum’ praef. praet. an Tatiand Stelle (ib. 9.), entzog ihm aber
nad feiner Unbeſtändigkeit fpäter feine Gunft und verfolgte ihn bitter (ib. 15.).
Er ftarb 50 3. alt wie feine Orabichrift (bei Gruter p. 437, 1.) fagt: Q.
Mario (sic) Turboni Frontoni Publicio Severo, Praef. Praet. Imp. Caes,
Traiani Hadriani Aug, etc. vix. an. L. P. Jul. Successa Coniugi B. M.
8) P. Marcius (Martius) Verus, unter M. Antoninus Phil. u.
2. Verus des Legteren Legat im Kriege gegen die Partber, und da Verus
ſelbſt fich wenig anftrengte fo lag Alles auf den Legaten unter welchen Marc.
fich bei. auszeichnete, ſ. Capitol. M. Ant. 9. Ver. 7. Suid. v. Magziog
Bijeos. Die LXXI, 14. 23. 25. 29. 97.
9) Marcius (Mart.) Qvartus, unter Gommobus fünf Tage lang
praef. praet., Zamprid. Comm. 6.
10) Marcius (Mart.) Agrippe, unter Caracalla Befehlshaber der
Slotte, miteingeweiht in den Plan von deſſen Ermordung, Spart. Car. 6.
Macrinu3 ernannte ihn zum Statthalter von PBannonien und Dacien, woran
man fi fließ weil er ein ehemaliger Sklave und von Severuß wegen Ges
wiffenlofigfeit als advocatus fisci verbannt worden war und auch fonft einen
übeln Auf Hatte, Dio LXXVIN, 13.
11) M. Marcius, wird gewöhnlich mit Severus Hoflilianus zwiſchen
Gordianus und Philippus als (kurz vegierender) Kaifer eingefhoben, aus
Beranlaffung von Sonar. XII, 18. (Mapxor zır& gıAocoyor) und Münzen;
nad Tillemont (hist. des emp.; Philippe, not. 2.) if er als Ufurpator
und Gegenlaifer zu betrachten.
12) Marcia, an welde Seneca bie consolatio ad Marc richtete als fie
ihren Sohn dur den Tod verlor.
| Marcia Furnilla, splendidi generis, zweite Frau des Titus,
cum qva sublata filia divortium fecit, Suet. Tit. 4.
14) Marcia, Aur. Bict. ep. 17, 5. libertini generis u. nad Dio
LXXII, 4. urjprüngli die Concubine eines · Quadratus, welchen Commodus
binrichten ließ während er die Marc. felbft zur Buhlerin nahm. Sie wußte ihn
fo zu fefleln daß er file mehrere Jahre lang wie eine förmlide Gemahlin
hielt und ihr au die meiften Auszeichnungen einer Kaijerin bewilligte (He⸗
rodian I, 16, 9. vgl. Lampr. Comm. 11.). Ihrem Ginflufie follen vie
Chriſten Ruhe vor Commodus verdankt Haben (Div 1.1.). Als aber endlich
Commodus Ihr als Neujahrsgeſchenk den Tod zugedacht hatte, entdecke fie
es und fchaffte ihn no) den Tag zuvor aus dem Wege, f. Br. II. ©. 565.
Darauf heirathete fe ihren Mitverſchwornen Eclectus (Die 1. 1.).
| 45) Marcia, Schweſter des Traian, ſ. Marcianopolis.
16) Marcia Otacilia Severa, Gemahlin des chriſtlichen Kaifers
Philippus, |. d.
IX. Aus Infhriften* find zu erwähnen:
| M. Cornelius Marcius M. f. Qvir. Severus (oder Sevir) aus Tarracon,
Bruter 324, 5. A. Marcius Alexander A. f. aus Nom, Gruter 620, 3.
C. Marcius C. FE. Papia aus Neapel, ®r. 879, 6. 7. P. Marcius Ame-
rimnus Augustalis Capuae (au8 Gapua) und C. Marcius Termi Lib.
Callistus Sevir (aus Verona), Gruter p. 435, 9. u. 7. T. Marcius T. L.
(aus Auguſta Taur.), L. Marcius L. L. Anteros (au8 Narbo), C. Marcius
C. L. Chilo (aus Mirabellia) und L. Marcius L. L. Theodorus (aus Rom),
Sruter p. 984, 6—9. C, Marcius C. f. Serg. Salvianus Norba (aus Rom,
©) Huf einer Scherbe im Münchner Antiquarium if Maroius, auf eines anders
in Zanten Martius ald Töpfer genannt, [W.] g7 6
' I.
" 1546 Marcläna Siva — NMarclanus
J. 888 d. St.), Gruter p. 108, 6. C. Marcius Volson. f. Serg. Maximus
(aud Neapel), ®ruter p. 806, 1. Cn. Marcius Rustius Rufin. Tr. coh.
VI. vig. (aus Benevert), Gruter 559, 1. Cn. Marcius Cn. f. Gal. Plaeto-
rius Celer, Qvaest., Hvir, Trib. coh. u. A. unter Irajan (aus Abella in
Ganıpanien), ®r. p. 1096, 6. L. Marcius L. L. Ampycides scriba ab
epist. graec. (an der app. Straße), Reineſ. Synt. XI, 74. M. Marcius
Rufinus, duumvir in Panormus, Reineſ. III, 31. 92. M. Marcius M. f.
Gelsus nebft feinem Sohne M._Mareius Antoninus (au8 Valentia in Spanien),
Grut. p. 44, 8. P. Marcius P. f. Hister (aus Spoletum), ®rut. 167, 12.
194, 6. Q. Mareius Q. f. Pal. Timo (Faventia, vgl. S. 1544. VII. Nr. 7.),
Meine. XVI, 70. Q. Marcius .. . (aus Comum), Grut. 477, 7. Sest.
Marcius ..... (au8 Emerita), ®rut. 737, 10. P. Marcius Festus (au8
Cafinum), Brut. 805, 5. S. Marcius Troianus Augustinus (aud Garliele),
Grut. 805, 10. Unter ven Mitgliedern ber trib. Succuss. welche dem Veſpa⸗
ftan ein Denkmal zu Mom errichteten werben auch aufgezählt: L. Marcius
Epius, L. Marc. Primus, L. Marc. Onesimus, L. Marc. Olyco, L. Marc.
Ponius, L. Marc. Philetus, f. ®ruter p. 241. T. Marcius Secundus Sevir
Aug. mit feiner Frau Marcia T. L. Qvarta (aus Xergefle), Reineſ. Synt.
VI, 66. Marcius Felix mit feiner Frau Marcia Melissa (Neapel), ib. 70.
C. Marcius Philologus Sevir Aug. (Nemaufum). ib. 65. L. Marcius Maru-
leius (Puteoli), ib. V, 23. 1. 62. T. Marcius Paulinus und fein Sohn T.
Marcius Sabinianus (Bologna), ib. XIV, 106. Martius L. F. Ani. Atrox
Arim. (aus Rom), Grut. 570, 10. €. Martius Sex. f. (Brixia), Grut.
167, 10. L. Martius Apollonius, aus Veſpaſians Zeit, @rut. p. 241. P.
Martius Qvir. Philippus, Curator viac Praenestinae, Aedilicius Curulis,
Trib. fabrum navalium portens. (aus Oſtia, vom I. 943 d. ©t.), Grut.
p. 437, 2. 1027, 4. C. Martius Vitalis (Puteoli), Reineſ. Synt. V, 23. 1. 54.
Marcia L. f. Euhodia, Frau bed Ti. Claudius Cumelus (Rom),
Marcia Lesche, $rau des M. Antonius Severus (Rom), Marcia Prima
(Rom), Marcia Qvinctia, Frau des Eert. Gavius (aud Grurien), Gruter
p. 805, 4. 7—9. Marcia C. f., Brau des Paulus Aufivius (aud Gaypara
in Spanien), ®rut. p. 369, 1. Julia Marcia, Frau des M. Gäfonius in
kugdunum, Grut. 382, 1. Marcia M. f. Postuma Messenia Lucilla Aemilia
(aus Valentina), Brut. p. 695, 6. Marcia Tertia, Frau des L. Acilius
A. f. speculator leg. VI. (Benevent), Reineſ. Synt. VIII, 1. [W.T.]
Mareiäna Silva (Ammian. XXI, 8. Tab. Peut.), Waldgebirge im
Süoweften Germaniens unfern des Ifter, den Mömern erſt durch die Kriege.
mit den Alemannen befannt geworben, der heut. Schwarzwald. Vgl. Abnoba
Bd. J. S. 6. [F.]
Marcianopolis (Mepxıarovrois), 1) eine bedeutende (Hofim. I, 42.
IV, 10.) von Trajan gegründete und feiner Schwefter Marcia zu Ehren
benannte (Ammian. XXVII, 4. Jornandes Get. c. 16.) Stadt in Möflen,
nach Hierokles p. 636. vie Hauptſtadt von Niedermöflen, in nelder nad
Yornand. 1. 1. der Fluß Potamica entfprang. Sie Tag an der Hauptflraße
von Gouftantinopel nach der Donau, 18 Mil. wel. von Odefjus (Ir. Ant.
p. 228.), nahm unter der Herrſchaft der Bulgaren den Namen Pristhlava
an (IIpıodAuße, Anna Comn. 4 194.) und Heißt daher noch j. Prealam,
bei den Briechen aber auch noch Marcenopolt. Bgl. au Tab. Peut., Trebell.
Boll. Chaud. c. 9. Theophylact. VII, 2. u. A. — 2) Stadt in Garien,
nur bei Hierofles p. 689. [F.
Mareianus aus Heraklea am Bontus, ein griechiſcher Geograph, jünger.
als der von ihm epitomirte Artemivorus (f. Bo. I. ©. 841.) und Menippus
und Alter ale Stephanus von Byıanz welder die Schriften des Marcianus,
aus denen er Binzelne® anführt, vor ſich gehabt Haben muß. Galmaflus
Marclanus . 384
(Exereit. Plin. p. 495.), Holſtenius (in Bredow Epist. Parisiens. p. 11.)
und Undere hielten biefen Marc. für einen Zeitgenofien des Syneflus, eben
fo Dodwell, der jedoch nachher (F. 11.) die Anficht ausſprach, es fey Fein
Grund, den Marc. für jünger als das dritte Jahrhundert chriſtl. Zeitrech⸗
nung anzufehen. In neuerer Zeit fand die Anfiht des Salmafius meiſt
Eingang (ſ. die Nachweiſungen bei Fabricius am unt. a. D. ©. 3693 not.),
jofeın Syneflus Im feinen Briefen (Ep. 103. 191.) mit großer Uuszeihnung
einen Marcianud nennt (osdaomwreror und Epuod Aoyıov zunor), damit
aber fhwerlih einen Schrififteler, wie Marcianus, den Geographen und
Heiden gemeint haben Eann, fo wenig al8 den in ven Briefen des Libanius
(Ep. 602. b. 1535. 1537. 1196. u. dal. Wolf's Note) genannten Dar»
cianus, einen Rhetor aus Antiochia und Zeitgenofien des Libanius. Jedenfalls
muß Marc. geraume Zeit nah Ptolemäud und Protagoras, Pie er vorzuge»
weiſe benugt bat, gelebt Haben; tie ganze Faſſung feiner Schriften, der
ſchlechte Stil in welchem dieſelben geichrieben find, weist eben fo fehr und auf
eine ziemlich ſpäte Zeit bin, die nicht wohl vor das vierte oder fünfte Jahr»
hundert veriegt werden kann; nad ver Bermurbung von Fabricius (a. a. D.
p. 374.) wäre er ein Zeitgenofje des Stephanus von Byzanz geweien. Lieber
feine ſchriftſtelleriſche Thätigkeit berichtet er ſelbſt in der Cinleitung zu der
Ausgabe des Menippus, wie er zuerft einen Auszug aus dem Werke des
Artemidorus, das die Küften des mittelländiichen Meeres befaßte, veranflaltet,
mit Beibehaltung der urfprünglichen Abtheilung des Werkes in eilf Büchern
und mit einzelnen Zufägen; wie er dann felbfl eine Schilderung der Küften
ded Äußeren Meeres (nspindovg Tis &5w Öudarırg) entworfen und darauf
no eine mit Zufäßen vermehrte-Uusgabe oder Bearbeitung des euinkovg
des Menippus geliefert; ob dieſe brei Werke nach ber Abficht des Schrifte
flellers Ein Ganzes bilden follten laͤßt fih nicht entfheiden, zumal da nur
Weniges davon auf unfere Zeit gekommen ift, denn der Auszug aus Artes
midorus, welchen Stephanus von Byzanz vor fi hatte und einigemal citirt
iſt gänzlich untergegangen; das eigene Werk in zwei Büchern ift in einer
freilich ſehr entftellten und Lüdenhaften Form auf und gefommen (vgl. Babric.
©. 383.). Im erſten Buch wozu die Vorrede fehlt folgen auf einige allges
meine Bemerkungen die Küftenftredlen des ſüdlichen Oceans, von Arabien wie
Indien, im zweiten find vie Küften des abendländiſchen Dceans von den
Säulen des Herkules an, jo wie des nörblichen Meered enthalten, während
der die Weſtküſte Afrika’ enthaltende Schluß fehlt. Der Hauptwerth des
Banzen welches Hauptfählih nah Ptolemäus und in ber Berechnung ber
Stadien nah Protagorad gearbeitet iſt beftcht in den Mngaben der Ent»
fernungen der einzelnen Orte und in manderlei geographiſchen Notizen welche,
wahrſcheinlich aus verlorenen Duellen entnommen, und nur auf biejem
Wege erhalten find. Von dem dritten Werke beilgen wir no die an einen
unbefannten Freund Amphithalius gerichtete Einleitung oder Zuſchrift welche
lange Zeit bis auf die neueflen Ausgaben für ein Stüd des Audzugd aus
Artenıtvorus galt; auf diefe folgen dann einige Stüde eined Veriplus bes
Bontusd, von Bithynien und Paphlagonien nebft andern Bruchſtücken dieſes
wie ed feheint jehr gebrängten Auszuges des Menippeiſchen Werkes, welden
Stephanus von Byzanz gleichfalls vor fh gehabt hat. Ein erſter Abdruck
biefer verſchiedenen Mefte findet fi in Dav. Höſchels Geogr. Augsburg 1600.
8., dann von F. Morell zu Paris 1602. 8. in 3. Hudſon's Geogr. vet. Oxon.
1698. 8.) darauf berigtigter von E. Miller zu Paris 1839. 8. und von
S. 5. W. Hoffmann zu Leipzig 1841. 8. Ueber Marcianus u. f. Schriften
f. außer ber Bibl. Graec. des (ält.) Babricius IV. p. 613 ff. ed. Harl. bie
Abhandlung von Dobwell (De aetate et scriptis Marciani Heracleot.) bei
Hudſon a. a. D. I. p. 143 ff. und Hei Hoffmann 1. 1. p. Iff., ferner B.
1548— Martianus
Fabricius jm Rhein. Mufeum N. F. II. S. 366—986, und CEbendeſſelben
Lectiones Marcianeae, Dredb. 1843. 8., vgl. auch Haaſe in d. Hall. Lir. 8.
1839. Nr. 403 ff. Weftermann u. Jahn in Jahn’ Jahrb. d. Philologie
XV. ©. 146 ff. XXXVI. ©. 318 ff. Forbiger, Handb. d. alt. Geogr. 1.
S. 448. und f. unten Menippus. @in Marcianus (ovyyoayers) fommt au
bet Photius Bibl. Cod. CLVIII. vor; ein anderer, der epicuriſchen Philo⸗
fophie ergeben, bei Suidas T. II. p. 499. — Auf dem Gebiete ver römiſchen
Literatur tritt und neben dem gelehrten Suriften Aelius Marcianus (ſ.
Bd. I, ©. 145.) entgegen Marcianus Mineus Felix Capella, ein
Afrikaner, geboren zu Madaura und wahrſch. zu Carthago gebildet; er flieg
bis zur proconfularifhen Würbe empor und ſchrieb in fpäteren Lebensjahren
zu Rom um 470 n. Chr. unter dem Titel Satira oder Satirichn ein größeres
aus neun Büchern beſtehendes, aus profaiihen und poetiſchen Stüden nad
Art und Weile der Varroniſchen Satire gemiſchtes Werk deffen zwei erfte
Bücher mit der allegorifchen Auſſchrift: De nuptiis philologiae et Mercurii
gleihfam als ein beſonderes Werk erfcheinen, eine meift aus äfteren, zum
Theil verlorenen Quellen, namentlih auch aus Varro zufammengetragene
enchclopäpdifche Darſtelluug der Künfte und Wiffenfchaften. Daran reiher ſich
in den fleben folgenden Büchern cine überſichtliche Darſtellung der fieben
Disciplinen melde zu jener Zeit den Kreis der gelehrten Bildung abſchlofſen
und eben in Folge des durchgreifenden Einfluſſes des Marcianus auf das
Mittelalter in dieſem auch in dieſer Beziehung vorherrſchend geblieben find:
Grammatik, Dialektik, Rhetorik, Geometrie, Arithmetik, Aſtronomie, Muſik
mit Einſchluß der Poeſie. So kann und dieſes in einem ſchwülſtigen und
ſchwerfälligen Stil, wie man ed von einem Afrikaner des fünften Jahrhunderts
kaum anderd erwarten kann, gehaltene Werk einen Begriff von der Bildungs-
flufe jener Zeit geben, es hat und auch mande wichtige Notiz, manches
Bruchſtück aus älteren verlorenen Schriftftelern aufbemahrt, geminnt aber
noch mehr an Bedeutung dur den Einfluß den es im Mittelalter als
‚, Grundlage des gefammten höheren Schulunterricht und der gelehrten Bildung
geübt Hat, ein Umſtand der im Terte durch Vervielfältigung der Abfchriften
mande Verderbniß veranlaßt Hat, aber auch andrerieit3 Kommentare von
Seiten der angefehenften Männer, Scotus @rigena, Remigius von Aurerre
u.%., fo wie frühe Ueberfegungen in bie deutſche Sprache durch die Moöͤnche
u St. Gallen (vieleiht Norker Labeo, F 1022) ſchon im eilften Jahrhundert
Dervorgerufen hat. Die erfte gedruckte Ausgabe erſchien zu Bicenza 1499 fol.,
worauf die Abdrücke zu Mantus 1500 fol. und Bafel 1532 fol. folgten ;
eine neue Mecenflon des Tertes mir Noten gab Hugo Grotiuß zu Leiden
1599. 8.; am beften jeßt von U. Kopp zu Branffurt 1836. 4. Beſondere
Abdrücke der beiden erfien Bücher (De nupt. philolog.) von ®. Walthard
u Bern 1763. 8. und von I. U. &dz zu Nürnberg 1794. 8., eine alt⸗
nogbeutfäe Meberfegung derſelben zu Berlin 1837. 8. herausgegeben von
. ®raff; Lib. IX. de Musica au in Meibom. Auctor. vet. Music.
(Amstelod. 1652. 4.) T. II. p. 165 ff. Im Allgemeinen f. Fabric. Bibl.
Lat. III. p. 213 ff. ed. Ernest. Jaco68 in Erſch u. Gruter Enchelop. J.
Br. XV. ©. 118 ff. vgl. mit Schloffer Unirerſalhiſt. Ueberficht d. alten Welt
I, 4 ©. Id ff. Meine Gef. d. röm. Lit. 6. 395. TB.
Marcianus (Flavius Julius Valerius, vgl. die Münzen, Rafde IH, 1.
p. 241 f.), in Ihrafien geboren und zum Krieger erzogen. Als er Konftan-
tinopel zum erſten Mal betrat beftand feine ganze Habe in 200 entlehnten
Goldſtücken. Er diente 19 J Tang unter Aſpar und deſſen Sohn Arbabur,
machte ihre perfifchen und afrikaniſchen Feldzüge (in Ießterem wurde er Ge—
fangener, Procop. Vand. I, 4.) mit und murde dur fie Tribun und Se⸗
nator. Als im I. 450 nah Theopoflus des Iüngern. Tod dein Schwefter
/
Marcilids — Wärcomanni 1549
Pulcheria Kaiferin des oſtröm. Reichs wurde, reichte ſie dem 60jährigen
Krieger ihre Hand (doch unter der Bedingung daß er nie von ſeinen ehelichen
Reechten Gebrauch mache) und er wurde mit dem kaiſerl. Purpur bekleidet.
Er ſuchte den eingeriſſenen Mißbräuchen durch feine Geſetze zu ſteuern (ſ.
feine Novellen im Anhang des Cod. Theod.). Er erließ die Steuerrückſtände
(Nov. 2.), beflimmte den Wohnort des Nngellagten als Gerichtsforum
(Nov. 1.), verfügte daß rechtégiltig erworbenes fiscalifches Eigenthum im
das volle Eigenthum des Erwerbers übergeben folle (Nov. 3.), daß die Se⸗
natoren in der Wahl ihrer Srauen nur durch Müdfichten der Moralität,
nicht mehr des Standes und Vermögens, gebunden feyn follen (Nov. 4.),
hob die beſtehende Beihränkung der Zahl der Anwälte auf (Frgm. Nov. 9.)
und fleflte es dem Kirchendienſte geweihten oder im Kloſter lebenden Frauen
frei beliebig über ihre Hinterlafienfaft zu verfügen (Nov. 6.). Auch verbot
er das Stellenfaufen (Loyorra imi 8dosı um yiraadızı endAsver, Theod. Lect.).
Facund. Herm. de trib. cap. rühmt daß er fich in kirchl. Dinge nicht ein-
gemifcht, fondern deren Beforgung der Kirche felbft überlafien habe. Gegen
Attila welcher übermütbig die Fortbezahlung des jährlichen Tributs ver»
langte, führte er und fein Geſandter eine an den herabgekommenen oftröu.
Herrſchern ganz ungemohnte feite und würdige Sprade; Att. wandte fi jedoch
zuerfl gegen das weſtroͤm. Reich (unter Aetius); f. Bd. I. ©. 983. Mare.
fandte Hilfttruppen nah Italien, ſchloß mit den Oſtgothen Frieden und
Freundſchaft und trat ihnen Provinzen ab die für ihn ohnehin verloren
waren. Durd) feine eigene Tüchtigfeit und die feiner Generale Aſpar u. Zeno
bob er dad Anfehen ver oftröm. Kaifer wieder, fo daß A ttus, Maiorian
und Rikimer Würde und Macht von ihm fi beflätigen Tießen. Sein Fehler
war nur daß er die Partei der Dlauen zu ausſchließlich begünftigte. Er
farb im J. 457. (Sein Nachfolger wurde Reo, f. oben ©. 918, 2.) Vgl.
über ihn Procop. 3. 1. @vagr. H. E. II, 1. Theophan. p. 90f. Prier.
legat. p. 39 ff. Chron. Alex. [W.T.] |
“ Marcianus, röm. Iöpfer, auf einer Lampe Bei Baffert Luc. fiet. II.
61. Auf einer andern ib. Nr. 11. iſt die Inſchrift MARCIAA, [W.]
Marcilius, Cicero's apparitor und interpres in Cilicien, deſſen Treue
jener fehr lobt, ad Fam. XII, 54., wo er auch defien Sohn M. Marcilias
empfiehlt (I. 704.). Sonft (und auch auf Infchriften) findet fi der Name
ſehr felten. [W.T.]
Marcina (Meoxıre), eine von den Tyrrhenern gegründete aber von
Samniten bemohnte Stadt im Gebiete der Picentiner am Sinus Paͤſtanus und
der Grenze zmifchen Gampanien und Lucanien, blos bei Strabo V, p. 251. [F.]
Marcius Mons (ro Mavxıor opos, Plut. Camill. 33. Died. Sie.
XIV, 117. Liv. VI, 2.), Berg bei den Volski in Latium zwifchen Sueffa
Pometia und Lavinium. [F.
Marcodäva (Meorodave, Btol. III, 8, 7.), Ort im Norden Daciens
etwas norböfl. von Apulum (am Zluffe Aluta?). [E.
Marcodürum (ac. Hist. IV, 28.), Stadt ter Ubier in Germania '
Inferior, j. Düren am äfllichen Lifer ver Nuhr im Meg. Bezirk Uachen. [F.]
Marcomägus, (It. Ant. p. 373. Tab. Pent.), Stadt in Gallia Bel-
gica an der Straße von Treviri nach Agrippina (von Manden fälfhli für
identifh mit Marcodurum gehalten); j. Marmagen. [F.]
Marcomanni (Maorouarroı bei Dio Eaff. LXVII, 7. LXXI, 3. 19.
u. f. m. Meapxounaro bei Sirabo VII. p. 290. Mugroueroi bei Biol.
II, 11, 25.), bie in der Marka (Uffil. Math. 8, 34. Marc. 5, 17. und 7,
24. 31.), d. 5. im großen Grenzlande wohnenden und Fämpfenden Germanen,
Markmannen, Grenzmänner, Grenzvertheiviger. Diefer in feinem Urfprung
ganz appellativifhe Name begegnet uns zuerft bei Caͤſar B. G. I, 51. unter
=
1550 u Maersomanni
ten Voͤlkern des Suevenkönigs Arioviftus, dann in ben Nachrichten über
Drufus’ Zug bei Florus IV, 12., fo daß man den Marfomannen jener Zeit
ihren Sig am mittleren und oberen Main anzumeifen pflegt; womit freilich
Sextus Rufus Brev. 8. nicht harmonirt, indem derſelbe fhon bei Auguftus
von Dlarfomannen der Donauländer ſpricht.“ Chronologifh die nächſte Er—
wähnung gibt bierauf Tac. Germ. 42. nebft Vellejus Bat. I, 108 f. welde
uns fagen, der Marfomannenfönig Marobod habe fein Volk oftwärıs vom
Main in das rings von Gebirg umfchloffene Land ver Bojer (vd. h. Bojo-
hemum oder Böhmen) geführt, nachdem diefe kelliſche Nation Hatte weichen
und unterliegen müffen. Ptol. Geogr. H, 11. ſtimmt damit überein (vgl.
Strabo VII, p. 290.); Tacitus nennt Ann. I, 44. II, 62. die Marfomannen
ganz allgemein Sueven. Marubod welcher unter Auguflus in Nom gelebt
hatte und zur Einſicht gekommen war daß die Germanen nur durch wechſel⸗
feitiged Zufammenhalten dem römiſchen Joche entgehen Fönnten, wußte alle
Nachbarvölker entweder mit Gewalt der Waffen orer dur Verträge ſich
anzufchließen. ** So entjland ver Marfomannenbund welcher in ſich die Lygier,
Longebarden, Sennonen u. U. vereinigte und auf ber einen Seite mit ben
Römern, auf ber andern Seite aber — Innerhalb der germaniihen Welt —
mit dem GCherußferbunde in Kampf gerierh. Die Cheruöfer nämlih welde
in der Allgemalt der Markomannen die eben erſt gegen die römiſchen Waffen
gerettete dentiche Freiheit gefährdet ſahen, wurben dadurch daß fich die Lon⸗
gobarden u. Semnonen von ihrem bieherigen Bundedhaupte Marobod Irennten
und mit ihnen ſelbſt vereinigten faͤhig, unter Anführung des Arminius ver
noch nit lange den Varus vernichtet und deſſen Haupt dem Marobod ge»
fendet hatte die Markomannen zu ſchlagen, Tac. Ann. Il, 45. 46. Obgleich
dies freilih nur eine Demüthigung war, fo folgte dennoch zwei Jahre ſpäter
der Sturz des tyranniſchen Marbod dur innere Bermegung, deren Haupt
Eutualda zwar dieſen König nöthigte, während der noch Übrigen 18 Lebens⸗
jahre in Italien (zu Ravenna) ven früheren Ruhmesnamen zu überleben,
aber bald darauf ſelbſt dur den Hermmmburenfönig Vibilius verjagt und zu
einem nur durch Römergnabde geftatteten rubmlofen Leben im ſüdlichen Gallien
(in Forum Julium) genöthigt wurde, Tac. Ann. Il, 62. 63. Die Marko:
mannen, das Volk, blieben indeffen ruhmvoll und mädtig, hielten fi fort-
währen an bie ſtreng monarchiſche Megierungdform (Iar. Germ. 42.) und
reiten nad und nad im Süden bis an die Donau, wo fle mit den Römern
zuerſt unter dem Kalfer Domitian kämpfien, den fle gänzlih ſchlugen, Dio
Caſſ. LXVH, 7. Nachdem ihnen bierauf Trajanus und Hadrianus Gleich⸗
gewicht gehalten, begannen mit Beflo größerer Heftigkeit unter DR. Antoninus
jene Feindſeligkeiten melde man mit dem Namın Marfomannenfrieg (auch
Sermanenfrieg überhaupt), bellum Marcomannicum zu bezeichnen pflegt,
deffen Urſachen übrigens nit an ver Donau allein zu ſuchen find, fontern
auch in der fortfchreitenven politiſchen Entwicklung bei den gothiſch⸗vandaliſchen
Völfern in den weiten farmatifhen Ebenen bis zu den Befladen des pontiſchen
Meered bin. Lieber feinen Verlauf fpreden: Capitol. vit M. Anton. Philos.
e. 12. 13. 14. 17. 21. 22. 25. 27. Gutrop. VIIE 6. Aurel. Bict. Caes.
16. Herodian. I. init. Dio Caſſ. fragm. Lib. LXXI. LXXII. LXXVII. p.
1178—1205. u. 1305. ed. Reim. Ammian. Marc. XXIX, 6. Exc. Legat.
ed. Bonn. p. 124. Die Markomannen flehen nämlich in dieſem Iangwierigen
Kıiege an der Spige det jenigen Vereins der Zeinde der Mömer welcher die
N * Die Angabe bed Sext. Rufus if irrig, f. Zeuß d. Deutſchen u. ſ. w. ©, 115,
Roth, Hermann und Marbob S. 60ff. [F.]
es H. K. Hofmann fielt im Gtaatölericon XV, 316 f, biefed Unteruchmen als
seinen von Auguflus andgefponnenen und von Marbod, feinem Auhänger, gegen Die
deutfche Freiheit ausgeführten Gtreih dar, [ A. Beumstark.]
Marcomanal 1551
Völker von der Donau tief in’8 innere Land umfaßte und gegen bad Ende
bes zweiten Jahrhunderts die unaufhörlichen Einfälle in's römiſche Reich
machte. Dieſe Markomannen drangen alfo in ver Zeit des Kaiſers M. An⸗
toninus (164 n. Chr.) nah Durchbrechung des limes Danubianus durch die
illyriſchen Provinzen und über vie Päffe ver öſtlichen Alpenketten bis nad
Italien vor und hätten fa Aquifefa erobert (Ammian. 1. 1.), wurden jedoch
durch die ungeheuerfien Anftrengungen ver Römer, in denen Geld und ger»
maniſche Hilfsſchaaren dad Meifte wirkten, wieder über die Donau zurüd
getrieben und dort zum Zrieden gezwungen. In einem bald darauf folgenden
neuen Angriffe verihaffte ihnen der im I. 180 zu Vindobona erfolgte Tod
des Jahrelang an den Ufern der Donau verweilenden Kaiſers Di. Aur. Ans
toninud einen um fo größeren Bortheil als jein Nachfolger Commodus von
ifnen den Frieden un Geld erfaufte, eln Umſtand ber zur Folge hatte daß
pie übermürhig gewordenen Marfomannen nicht blod in der nächften Zeit,
fonvern faſt ununterbrochen au im Iten und Aten Jahrhundert Einfille in
bie römiſchen Provinzen, beſonders Rhätien und Noricum machten. Unter
Aurelianus drangen fie jogar bis Ancona vor und fegten Nom in Burdt
und Schreden, Bopidc. in Aurel. c. 18. 21.% Eines Sieges der Römer
über die Markomannen gegen Ende dieſes Jahrhunderts gedenft noch Aurel.
Vict. Caes. 39., dann verliert fih ihr Name allmälig. Bel Iornandes
(c. 22.) werden fie im Welten ver in Eiebenbürgen haufenden Wandaler
genannt, und Ammian. Marc. erwähnt ſie XXI, 5. XXIX, 6. XXXI, 4.
In ter Notitia Imperii find Honoriani Marcomanni seniores und iuniores
unter den römtihen Hilfäfhaaren aufgeführt und au bei Baul. Diae. Vita
s. Ambrosii c. 36 geſchieht des Namens noch Erwähnung, fo mie endlich
unter den Völkern in Aitila's Heer, Hist. Misc. bei Murat. I, p. 97. Wie
aypellativsallgemeinen und eihnographiſch unbeflimmten Sinnes die Benennung
Marcomanni tar beweiet aber ver Umſtand daß Im Mittelalter die fräns
kiſchen Chroniſten jogar die Normannen mit der Benennung Marcomanni
bezeichnen, worüber vgl. def. Zeuß, die Deutſchen u. die Nachbarſt. ©. 521.
Diefer Namen verurfacht überhaupt dur feine bald allgemeine bald beſondere
Bereutung und durch den ſchwankenden Gebrauch melden er In ben Berichten
der Alten bat nicht geringe Schwierigkeiten in der Cihnographie Germaniens.
Wenn fi derfelbe im Heere des Arloviflus als vorberrfchende befondere Be⸗
zeichnung für die fübdeutfchen Sueven bis zum oberen Rheine erfiredte, fo
erlangte er bald darauf bei den ſchwankenden und fi Häufig verändernden
politiſchen Berbältniffen der germaniſchen Welt eine weitere Ausdehnung auf
der öſtlichen Seite, indem bie an der Donau genannten Stämme der Naurisci
und Quadi bald mit unter diefem allgemeinen Namen bald aber als be-
fondere Möller neben dem einzelnen Volke der Markomannen aufgeführt
werden. NS ein befonderes Bolt oder als eine befondere Waffengenoſſen⸗
haft kann man die Markomannen erft feit der Gründung des Marbodifchen
Reiches in Bojohem betrachten, während im zweiten Jahrhundert biefer ges
meinfame Namen ber Markomannen alle fuevifchen Völker und Gefolgichaften
am Ufer der Donau umfaßte und durch das ganze dritte und vierte Jahre
hundert für bie über die obere Donau In die illyriſchen Provinzen einbres
Senden Sueven in Gebrauch ifl. In dem Geblete ver fpeziellen bolohemifien
Marfomannen, aus deren Mitte die an ber Donau mwohnenden Baemi her⸗
vorgegangen zu feon fiheinen, nennt Ptolemäus die Ortfchaften Maooßovdor, **
© Bol. Jacobi, über den Markomannenkrieg unter Aurelian, KHeröfelber Prar.
1842. 39964 [W.T.]
*@ Diefes Marobudum des Ptol. II, 11, 29., unftreitig identifh mit dem von
Tac. Ann. Il, 63, erwähnten, mit einem Kaſtell verbundenen Königefig der Marko⸗
1532 Marcus — Nardenius
Ovoßior, Abiouvov, “Peöwroviop, Nouorngıor, KoAynooor, worüber
Reichard, Bermanien ımt. d. Roͤm. S. 294 ff. handelt. Die Tab. Pent.
fegt die Marfomannen im Segment. IH. über die Donau von Biricianis bis
Bojodurum, was allzuſehr beſchränkt if. S. Wilhelm, German. S. 212— 222.
Müller, die deutſchen Stämme ıc. I. 187 fi. 260 ff. [A. Baumstark.)
Marcus, 1) aud einem altın Geſchlechte in Byzanz, Schüler des Iſäus,
Redner und Sophiſt, an den Kaifer Hadrlan als Abgefandter von Byzanz
eſchickt; ſ. Philoſtr. vit. Sophist. I, 24. — 2) Marcus (Argentarius),
. Bd. J. S. 719. — 3) der Grieche Marcus aud dem eilften oder zwölften
Jahrhundert, welcher über die Bereitung ded griech. Feuerd eine Anweiſung
frieb, die aber nur in einer lateiniſchen Ueberſetzung noch vorhanden If
(herausgegeben von Laporie du heil, Baris 1804. 4.); f. Schöll Bed.
d. gried. Lit. IT. ©. 447 f. der deutfchen Ueberfeg. Beckmann, Beltr. ;.
Gerd. d. Erfind. V. ©. 368 ff. — 4) Marcus Mettiius Epaphroditus, |.
Br. II. S. 160. — 5) Marcus Baro, DBerfuffer eines Stüdes in der
Sammlung der Agrimenforen von Goeflus p. 235 ff.: Liber Marci Baronis
ad Rufum Sylvium de Geometria.. [B.]
Mardache (Moodayn, Btol. VI, 7, 9.), Stadt der Homeriten an
der Süpfüfte von Arabia Felix. [F.
Mardani, Bolf in Mefopotamien, Plin. VI, 26, 30. [F.]
Mardara (Meoödcoa), 1) Drt im Innern vom Pontus Cappadocius
(Bol. V, 6, 11.). — 2) Ort im Innern und gebirgigen Theile von Armenia
Minor (Pol. V, 7, 4.). [F.]
Marde (Maoön, Ptol. VI, 1, 3., unftreitig au das Maride des
Ammian. XVII, 6. XIX, 9.), Ort im Norden Affyriend (richtiger Meſo⸗
potamien?) am (db. h. mohl in ver Nähe des) Tigris und am ſüdlichen Ab-
Bange des Geb. Maftus, die heut. Bergfeflung Marbin an der Straße von
Urfa nah Niffisin und Mofful. Vgl. Hammer In den Wiener Jahrbb. für
Literat. Bd. CVI. ©. 70. [F.]
Mardene, ſ. Mardyene.
Mardi, ſ. Amardi. |
Mardonius, Sohn des Gobryas (f. d.), erhielt, nachdem er nidt
lange vorher des Königs Darius Tochter Artazoſtra geheirathet hatte, ven
Befehl über die Land» und Seemacht der Perfer, durch melde vorgeblid
Ereiria und Athen für ihren Zug nad Sardes (502 v. Chr.) gezüchtigt,
in der Ihat aber ſo viele helleniſche Städte ald möglich unterworfen werden
foßten (Herod. VI, 44.). Im Brüßlinge 492 v. Chr. (nach Larcher im J.
495, na Andern im 3. 493, f. Weißenborn Helen S. 95f. 135.) führte
Mard. dad Heer durch Mefovotamien und Syrien nad Eilicien; von bier
aus fuhr er mit der Flotte längs der Küfte bin, das Landheer führten andere
Anführer nah dem Hellespont. In Ionien fol er ſämmtliche Eur; vorher
wieder aufgediungene Tyrannen abgefeßt und Volksregierungen eingeführt
haben (Herod. VI, 43.), wohl um die Ruhe während feined Kriegszuges
fiderer zu erhalten. Um Helledvont vereinigte ih die Land» und Seemacht
zur Ueberfahrt nah Europa. Darauf nahm die Flotte Thaſos ein, das
Landheer unterwarf diejenigen Macedonier melde bis jegt nicht die peiſiſche
Oberboheit anerkannten. Bon Thaſos aus fegelte die Blotte nach dem gegen»
überliegenden Befllande und an diefem Hin bis Acanthus; als fie von dba
aus den Athos umſchiffen wollte erhob fi ein Sturm durch welchen gegen
300 Schiffe und über 20,000 Menſchen zu Grund gingen. Herod. VI, 44.
Char. Kampf. bei Athen. IX, 51. p. 394. Das Randheer aber mit welchem
mannen, hält man für bas heut. Budweis. Val. Röffing, der wahrfcheiniih Mars
Somannifche Thurm, Wien 1818. [ F.]
Mardontes — Mareötis | 1553
Mard. in Macedonien Tagerte wurde von den Brygern, einem thraciſchen
Stamme, überfallen, verlor viele Leute und Ward. ſelbſt wurde vermundet,
doch gelang es ihm Made an ihnen zu nehmen und fle zu unterwerfen. Die
Foriſetzung feines Zuges wagte er nicht, er Eehrte nad) Aflen zurüd. Herod.
VI, 45. Wegen der Erfolgloflgkeit viefes Zuges wurde Mard. feiner Feld⸗
berrnftelle entſetzt. Herod. VI, 94. Als Xerxes den Thron beflieg gelangte
M. wieder zum größten Ginfluß; in der Hoffnung auf die Statthalterfaft
- von Hellad feuerte er den König zur Erneuerung des Krieges gegen die Griechen
an. Herod. VII, 5. 6. 9. Diod. XI,1. Ward. wurde bei dem großen Heere
welches Zerred gegen Europa aufbrechen Tieß einer der oberſten Feldherrn.
Herod. VII, 82. Nach der Schlacht von Salamis (480 v. Chr.) machte er
dem König den Vorſchlag fich mit der Maſſe der Krieger nad Allen zurüds
zubegeben und ihn mit 300,000 Auserlejenen zur völligen Bezwingung Griechen
lands zurückzulaſſen. Zerres billigte ven Plan. Herod. VIII, 100 ff. Dior.
XI, 19. Mard. überminterte in Iheffalien. Herod. VIII, 133. Nachdem er
durch Alerander I. von Macevonien vergeblich verſucht Hatte die Athener für
ſich zu geminnen (Herod. VIII, 136. Blut. Aristid. 10. Dion. XI, 28.)
brach er mit feinem Heere auf und vüdte ohne Widerſtand zu finden nad
Artica vor. Die Athener, von den Beloponnefiern ohne Hilfe gelaffen, Hatten
zum zweiten Dale fih nah Salamis geflüchtet; Märb. erneuerte feine Frie⸗
densanträge, allein umfonft. Er verwüſtete Stabt und Land und z0g auf bie
Nachricht daß die Spartaner endlich ausgerüdt ſeien nah Böotien. Dahin
folgte da8 Heer der Griechen. Nach Herodot (IX, 30.) welcher bie Völker»
f&aften einzeln aufzählt (c. 28 f. vgl. Bauf. V, 23.) beſtand es aus 110,000
Mann (nad Diod. XI, 30. ziemlich einfiimmig aus 100,000). Mard. gebot
über die dreifache Anzahl. Nah einzelnen Borgefechten und längerem Zögern
kam e8 im Gept. 479 v. Chr. (ald Tag wird bald der 13. bald ver 25.
Sept. angenommen, vgl. Ideler Chron. I, 364.) ji der entſcheidenden Schlacht
bei Plataͤd, in welcher die Perfer gänzlich geichlagen wurden, Mard. ſelbſt
durch den Spartaner Aeimneftus fill. Er Hatte zwar perfönlihe Tapferkeit,
aber auch die Unfähigkeit bewiefen die Gegner richtig zu ſchätzen und von
jeinem eigenen Heere angemeflenen Gebrauch zu maden. Herod. IX, 1—4.
12—15. 20—24. 37 ff. Diod. XI, 80 f. Plut. Aristid. 11. 14 ff. Corn.
Nep. Arist. 2. Paus. 1. Strabo IX, 2. vgl. Etef. ap. Phot. ed. Bekk.
Suflin. II, 14. Dem Vorſchlage des Aegineten Lampon feinen Leichnam zu
ſchänden widerſetzte ſich Paufanias (Herod. IX, 78f. Pauf. IH, 4, 10);
amı zweiten Tage war die Leiche verſchwunden und begraben; burh wen —
war nicht mit Gewißheit zu erfahren. Artontes, der Sohn des Marbonius,
machte dafür vielen Leuten große Geſchenke. Herod. IX, 84. Pauſ. IX,2,2. [K.]
Mardontes, Sohn des Bagäus (Herod. III, 128.), verfiider Heer»
führer, fällt im 3. 479 v. Chr. bei Mycale. Herod. VII, 80. VI, 130.
IX, 102. [K.]
Maerdulamne (MoodovAaurn oder vielleicht richtiger Mapdov Asump,
Btol. VII, 4,5.), Hafenplatz an der Dffüfle der Infel Zaprobane (Geylon);
nah Mannert V, 1. ©. 213. das Heut. Batecalo (richtiger Baticaloa). [F.]
Mardus, Fluß, |. Amardus.
Mardyene (Mapöunsn, Ptol. VI, 4, 3., vulgo Mapönsm), Land-
ſchaft in Perfis nörplih von Taocene bis zur Weflgrenze und der Küfte.
Ihre Bewohner die Mardyeni (Mapsvyros), die bei Ptol. VI, 12, 4. au
in Sogdlana erſcheinen, find gewiß identiſch mit den fonft Öfter genannten
und seit verbreiteten Mardi oder Amardi. Vgl. Bod. I. ©. 392. [F.
Mare, in phullfalifer Beziehung f. Bo. III. S. 747—749. Ueber
die einzelnen Meere |. die Tpeciellen Namen, 3. B. Caspium Mare u. dgl.
Mareötis, 1) bei Blin. V, 6, 6. 9, 9. mit vem Zuſatze Libya,
Bauly, Real-Encyelop, IV. 98
1554 Mares — Margazitae
Meoswzns Nouos bei Ptol.IV,5,34., eine Landſchaft Unterägyptens weſtlich
vom eigentliden Delta an der Grenze des Libyſchen Nomos, deren Einwohner
Pin. am a. O. Mareotae nennt’ und die einen guten Weln hervorbrachte
(Strabo XVII, p. 799. Athen. I, 25. Plin. XIV, 3,4. Golum. II, 2, 24.
vgl. Hor. Od. I, 37, 14. Birgil. Geo. II, 91. Ovid Metam. IX, 733.
Zucan. X, 160. u. A.). Sie hatte ihren Namen von ihrer Hauptſtadt Marea
(Magsn, Herod. II, 18. 30.; Maoeie, Thuc. I, 104. Mhen. 1. 1. Steph.
Byz. p. 443., bei Diod. Sie. I, 68. Mapie und bei Piol. 1. 1. Iadas-
napaa), die am ſüdlichen Ufer des nad ihr benannten Seed und an ber
Mündung eined Nilfanale, 4 g. M. ſüdweſtlich von Aleranvria Tag und
noch jetzt Mariouth heißt (vgl. Ehampollion l’Egypte II. p. 265 f. u. Ritters
Erdfunde I. S. 874.). Der Lacus Mareotis, (n Mapeszs, Strabo XVII,
p. 789. 792 f. Pin. V, 10, 11. Juſtin. II, 1.) ober Maria (n Maoeie
Aurm, Strabo p. 799. Biol. IV, 5, 20., bei Ecylar p. 44. Magie) wurbe
dur die Canobiſche Nilmündung und andere Kanäle des Nils (Strabo
p. 793.) gebilvet, war nicht ganz 300 Stab. lang und über 150 Stab. breit
(id. p. 799.), mit Neben, Balmen und Papyrus umpflanzt und diente als
einer der Häfen von Alerandria, jedoch nur für die Nilfchiffe (Strabo p. 793.).
Er Heißt jegt Birket Mariouth (vgl. Ritters Erdkunde I. S. 871 f.). —
2) Magewzug, Ort im Innern des Libyae Nomos zwifdden den aͤgyptiſchen
Dafen und dem Ummonium, nur bei Pol. IV, 5, 32. [F.
Mares (Mares, Hecat. fr. 192. Herod. III, 94. V,79.), Bölkerfchaft
an ber Norpfüfle von Pontus, Nachbarn der Mofynöfer, deren Waffen nad
Herodot VII, 79. in geflochtenen Helmen, ledernen Schilden und Wurfipießen
beflanden. Bon Spätern geichieht ihrer meiter Feine Erwähnung. [F.]
Marösa (Maeno«, @ufeb. Onom., Meapıo@ und Meoıco« bei Joſeph.
Ant. VII, 6. XII, 12. XIV, 4. 10. 13. u. in der LXX., m A. T., z. B.
Sof. 15, 44. 2 Ghron. 14, 9. 10., Marescha), ein Ort Paläflina’s im
Stamme Juda, blod 2 Mil. von Gleutheropolis, melden Rehabeam be⸗
feftigte (2 Chron. 11, 8.), Judas Mace. aber vermäftete (1 Mace. 5, 65ff.,
wo nach Reland Palaest. p. 889. flatt Samaria zu leſen iſt Maresa), Gabi⸗
nius aber wieder ald Feſtung berflellte, worauf er von den Parthern aber:
“ mals verwüflet wurde (Joſeph. Ant. XIV, 5. 13.), fo daß er zu Eufebius'
Zeiten verödet war. Bel ihm erfocht Aſſa einen Sieg über das ungeheure
Heer des Mohren Serab (2 Chron. 14, 9 f. Joſeph. Ant. XII, 8.). Ros
binfon Palaͤſt. II. S. 693. glaubt feine Ueberrefle in einem merkwürdigen
Tel ſüdlich von Beit Jibrin gefunden zu haben und vermuthet daß das fpäter
(an ber er 9 Bätogabra) entſtandene Eleutheropolis aus feinen Trümmern
erbaut ſei.
Mareu, Inſel des Sinus Arabicus bei Plin. VI, 29, 34. [F.]
Mareüra (Meosover, Ptol. VII, 2, 24. VII, 27, 8.), die Haupt»
fladt der fogenannten Silbergegend (apyvo& yupa, vgl. Plin. VI, 21, 23.)
im Innern von India extra Gangem. [F.
Margälae (Mapyaiaı, Strabo VII, p. 349., nad anderer Ledaıt
Magyaia) oder Marganae (die Einw. Mapyareig bei Zenoph. Hell. 111,
2, 21. VI, 5, 2. u. Diod. XV, 77., bei Stepb. Byz. p. 443. Mupyeiaı),
ein Ort der Landſchaft Pifatis in Elis am Alpheus, nah Strabo 1. I. zum
‚Gebiete von Amphidolis gehörig, fpäter an die Spartaner abgetreten. Nah
Boblaye Rech. p. 130. lag fie am rechten Ufer des Alpheus unweit der Ste
bei Pyrgho; Leake Morea II. p. 194. aber fucht fie in der Nähe von Pylos. [| F.]
Margäna, Stadt an der Weftfüfte von Taprobane, Ptol. VII, 4,3. [F.]
Margära, Stabt der Dätichä im nörplichfien Theile von India intra
Gangem in der Nähe der Gangesquellen, Btol. VII, 1, 51. [F.]
Margaritae, |. Gemmae.
Margäei — Margum. 1555
Margäsi, Bolt im Innern von Mebien, Ptol. VI, 2,5. [F.
Margastäna, Ynfel vor der Küfle von Suflana, bios bei Near.
Per. p. 386. [F.]
Margiäna (7 Mapyıarm), eine von Strabo XI, p.516., Ptol. VI, 10.
u. Plin. VI, 16, 18. bejchriebene Landſchaft des Innern Aflens, vie gegen
D. an Sogdiana und Bactriana, gegen S., wo bie Sariphi Montes bie
Grenze bildeten, an Arla, gegen W. an Syrcanien, von den e8 ber Ochus
fhied, und gegen N., wo der Orus die @renze machte, an Schthien grenzte,
und einen großen Theil des heut. Turfomania nebfl den norbmeftlichften
Theilen von Ballh und den nörblichflen von Khoraſan umfaßte. Das früher
als ein Theil von Hyrcanien angefehene, auf allen Seiten von Bergen ober
Sandwüſten umgebene (Strabo 1. 1. Ammian. XXI, 6.) und daher ſchwer
zugänglide (Plin. 1. 1.) Land ward ben Griechen und Roͤmern erſt dur
Antiochus und die unter Auguflus aus der parthiſchen Gefangenſchaft zurück⸗
fehrenden Römer, denen eben die Stadt Antiohia in Margiana zum Aufent-
haltsorte angewieſen worden war (Blin.1.1.), etwas genauer befannt (Suet.
Oct. 21. Juflin. XLII, 5.). Es bildete eine große, zum Theil mühe, zum
Theil aber au fruchtbare Ebene in welcher namentlih Wein, das Halıpt-
probuft des Landes, aufs Trefflichſte gedieh (Strabo 1. I.). Der Haupıfluß
von welchem das ganze Land feinen Namen hatte war der Margus (f. d.),
außerdem meRlih der Ochus. Als Völkerſchaften Margiana's werden uns
von Ptol. die Derbices ober Derbiccae (f. Bd. H. ©. 981.) im Norden
de® Landes, ſüdlicher die Massagetae, ein Zweig des In Schthien wohnenben
Haupiſtammes, und noch weiter gegen ©. die Parni und Dane, ein Zweig
des hauptfählih in Hyrcanten (im heut. Dagheflan) anſäßigen Volkes der
Dahä, genannt. Dann folgte bis zur Süpgrenze eine Wüfle (der Unfang
der großen Salzwüſte) und Aftlih von ihr mohnten die Tapuri, denen Plin.
1. 1. noch einen Zweig ber Mardi beifügt. Die wichtigeren Städte waren
Antiochia Margiana (das heut. Merv oder Mavri, f. Bd. I. ©. 537.),
Nisaea, Ariaca (Ptol.) an der Mündung des Margus in den Oxus, und
Jasonium. Ptol. nenn außerdem noch die Orte Sina, Aratha, Argadina
und Guriane. [F.]
Margidünam (It. Ant. p. 477.), Ort im Innern des röm. Bri⸗
tanniens an der Straße von Londinium nad) Lindum, nad Cellar u. Reichard
j. Margevoverton bei Nottingham, nach d' Anville Bever Caftle, nah Man-
net II, 2. ©. 149. aber Oſt⸗Bridgeford, wo fi noch die alten Mauern
und andere Alterthümer finden. [F.]
Merginfa, nad Gurt. VII, 10. Stadt in Sogdiana, die man für das
heut. Meimarg in der Nähe des Sogd⸗Thales Hält. [F.]
Margites, Figur der griech. Volkäfage, ähnlich dem Eulenfpiegel, nur
daß M. ein Elug feyn mollender Dümmling if. So dianopar nowra Öno-
Tep0g Tor yordmr avrov &ysrınoer, Niceph. Blemm. in Mai's Nova Collect.
II. p. 641. Als Ideal von Dummheit wird er z. B. von Polyb. XII, 25.
(f. Schweigh. adl.) u. T. Il. p. 727, 33. Bekker (neben Koroibos, zu welchem
Niceph. I. I. noch den Melisives fügt) erwähnt. Er war der Helb des an⸗
geblich homeriſchen (d. h. alten epiſchen) Gedichts das nad ihm benannt iſt
und über welches ſ. Bd. IM. ©. 1417. IV. S. 6f. [W.T.]
Margum oder Margus (Eutrop. X, 20. vgl. mit IX, 13. It. Ant.
p. 132. It. Sierof. p. 564. Tab. Peut. Priscus in Excerptt. Hoesch. .
p. 49. u. Jornand. de reb. Get. c. 58.), ein befefligter Ort in Moesia
Superior zwiſchen dem Aureus Mons und Viminacium an ber Mündung des
gleichnamigen Fluſſes in den Danubius, wo Diocletian den Carinus in einer
entfeheidenden Schlacht beflegte (Eutrop. IX, 13.). Nach der Not. Smp. hatte
auch eine Elrine Donauflotte dafelbft ihr Standlager. [F.]
4596 Margus — Marla gens
Meargus, 1) der Saupifluß von Margiana (Strabo XI, p. 516. Btol.
vi, 10, 1. 4. Plin. VI, 16, 18.), den die Alten auf dem Sartphiichen
Gebirge entipringen und nad einem nörblichen Laufe bei Antiochia vorbei und
nad Vereinigung mit einem von demfelben Gebirge herablommenvden,, von
Ptol. aber nit genannten weſtlichen Nebenfluffe (dem heut. Herirud) in ben
Oxus fallen laſſen. Es If der heut. Murghab oder Meru Rud, der ſich
noch zu Ebn Haufald (oder Ihn Haufild) Zeiten, umd I. 950, wirflid in
den Gihon ergoß (vgl. Ebn Haukal p. 215. Silv. de Sach Mém. sur deur
Prov. de la Perse p. 22. u. Ritters Erdk. II. ©. 513.), jet aber den⸗
felben nit mehr erreicht ſondern ſich 50 engl. M. nordweſtlich von Merv
in dem Sande der Wüſte verliert. Vgl. Burnes Travels II. p. 35. und
Wilſon Ariana p. 149. — 2) ein Flug in Möfle Superior, bei Strabo
VII, p. 318. (mo vulgo Baeyog evirt wird) und auf der Tab. Peut. Margus,
von Plin. III, 26, 29. aber Margis genannt, unftreltig identiſch mit dem
Mooyog deo Piel. II, 9, 3. (Strabo 1. 1. hat aud den Namen Magrog),
der größte unter den fünlichen Nebenflüffen des Danubius, der auf dem Geb.
Orbelus entipringt und weſtlich von Viminiacum in den genannten Haupt
from fällt; j. Morava. [F.]
Maria, Stadt und See, ſ. Mareotis.
Mariaba, 1) f. Saba. — 2) nad Plin. VI, 28, 32. auch eine Stadt
ber ſonſt völlig unbefannten Calingii in Arabia Zelir, vieleicht. identiſch mit
dem von Ptol. VI, 7, 37. erwähnten und öfllid von Saba und nörbli vom
“ Geb. Elimar im Innern angefegten Mariema (Mapızua) oder dem heut. Ma⸗
ribba. Vgl. Dannert VI, 1. S. 66. Plinius bemerft zugleidy der Name Mariaba
ſei eigentlih ein Appellativum und bebeute nichts Anderes ald „Hauptſtadt“,
was freilich mit unferer Kenntniß der arab. Sprache nicht übereinſtimmt. [E.]
Maria gen Plebejſiſch, in den Municipien Italiend wie es ſcheint
fehr verbreitet (3. B. wird aus Pränefle in der Zeit des zweiten vuniſchen
Kriegs ein Freundepaar Darius und Caper ermähnt, Sil. It. IX, 401 —4 10.,
auch vgl. die Inſchrr. am Ende des Art.); in die rdm. Geſchichte aber wurde
ſie eingeführt erſt durch
1) C. Marius, geboren im J. 598 d. St. — 156 v. Chr. von armen
Zandleuten (vgl. e plebe infima, Tac. Hist. II, 38.); G. Marius hieß fein
Dater, Bulcinia feine Mutter (Plut. Mar. 3.), welche beide (und mit ihnen
Anfangs auch ihr Sohn) Elienten der Herennia gens waren (Blut. 5.).
In firenger altrömifcger Weile, enifernt von ſtaͤdtiſchen Benüflen, bradte er
feine Jugend in dem Dorfe Kereatä bei Arpinum zu (Blut. I. I. Minder
genau gibt Sal, Jug. 63. Arpinum als den Ort feiner Geburt und Erziehung
an). Feinere Bildung blieb ihm zeitlebens fremd (vgl. Vellej. II, 11, 1.
Schol. Bob. p. Arch. p. 355. Or. Auch die Kriegskunft lernte er nur
praktiſch, Gic. p. Font. 15, 33.), zum Krieger aber war er wie geſchaffen;
griechiſch zu reden verſtand er nit, aber Griechenland zu erobeın (Blut.
Mar. 2. vgl. Sal. Jug. 63. 85, 32. Bal. Mor. II, 2, 3.). Schon in
feinem erfien Feldzug in Epanien unter Scipio Africanus, wo fein nad»
beriger Gegner Jugurtha mit ihm diente (Bell. Bat. II, 9, 4.), that ex ſich
durch Tapferkeit und Ertegerifhe Haltung fo hervor daß Scipio den fünftigen
Feldherrn In ihm voraus erkannte (Blut. 3. vgl. 13. Val. Mar. Viil,
15, 7.). Scipio's günfliges Urtheil bob feinen Ehrgeiz und durch bie
Empfehlung der Meteller unterflüßt errang er fi im I. 635 d. St. (119
v. Chr.) das Volkstribunat (Plus. 4.). Bei Durchführung feiner lex de
ambitu (f. oben S. 987.) zeigte er ſchon damals den ihm inwohnenden alles
vor ſich niederwerfenden Ungeflümm: er wollte den Eof. L. Metellus (Bo. II.
©. 29. Nr. 19.) als er fih feinem Vorſchlag widerſetzte fogleih ind Ge⸗
fängniß abführen laſſen (Plut. 4.). Doch iR e8 auffallend daß M. fo ge-
|
|
Maria gems 1997
handelt Haben fol ohne daß baburd fein Verhältniß zu den Metellern irgenb
geKört worden wäre; vgl. Blut. 3. u. Sal. Jug. 58. (Metellus Marium)
per amieitiam — obsecrat. Meberbieß ſcheint es nit ald ob M. ale Volks⸗
iribun im Sinn der bemofrat. Partei gehandelt hätte indem ein Geſetzesvor⸗
ſchlag wegen Fruchtvertheilung an feinem flarren Widerſpruch fchelterte (Blut.
Mar. 4. Höck, söm. Geſch. J. 4. S. 44.). @& fcheint daher Plutarché Schil⸗
taung von Marius’ Auftreten als Volkstribun mehr auf dem Wege des
Nüdicluffes von feiner fpäteren Thätigkeit gemonnen zu ſeyn als auf wirklichen
Thatſachen zu beruhen. Nah Ablauf des Tribunats bewarb er fih um bie Aedi⸗
lität, fiel ater ſowohl bei der curulifgen als der plebejliken turch (Blut. 5.
Gie. p. Planc. 21,51.) und erhielt auch die Prätur (im I. 640, vgl. Gic.
Of. III, 20,79.) nur mit Mühe und nicht ohne daß feine Wahl wegen vorge-
fommener Beflehungen angefochten worden wäre (Blut.d. Val. M. VI,9, 14.).
Deſto mehr zeichnete er ih als Proprätor in Spanien durch feine Einfachheit
und Rechtlichkeit aus (Put. 6. vgl. Eic. Verr. Acc. II, 90, 209.), fowie
er ſich auch durch Herſtellung der Ordnung in der von Mäubern unſicher gea
machten Provinz ein Verdlenſt ermarb. Zu diefer Zeit heirathete er Julia,
eine Schweher von Gäfard Bater (Plut. Mar. 6. Caes. 1.5. Suet. Caes. 6.).
Sein politiſches Streben aber richtete fi bereits auf das Conſulat, ad qvem
capiundum, fagt Safl. bell. Jug. 63., praeter vetustatem familiae omnia
abunde erant. ber indem ihm jenes fehlte, fehlte ihm nah damaligen
Begriffen geradezu Alles; denn da3 Conſulat galt als Monopol der Nobis
Inät. Cine glänzende kriegeriſche Laufbahn follte den fehlenden Glanz der
Ahnenbilder decken. Der Krieg gegen Juguriha befchäftigte damals bie röm.
Feloherrn. Q. Cäcil. Metelus wurde im I. 645 mit dem Oberbefehl gegen
ihn beauftragt. Er wählte ven Dar, zu feinem Legaten (Blut. 7. Sall. 46.).
88 galt ein verweichlichtes und demoralifiricd Heer zur Mannszucht und zur
Tapferkeit zurüdzurufen und den röm. Ballen wieder den Sieg zuzumwenden.
Jugurtha fühlte bald mit wen er es zu ahun hatte. Die neuen Feldherrn
beflegten ihn mehrere Male. In der Einzelgeſchichte des Kriegs bei Salluſt
zwar wird Marius nur beiläufig genannt (c. 46. 50. 55. 56. 57. 60.), ,
mas fi jedoch: aus feiner offiziellen Unterorbnung unter Met. und der Ge⸗
meinſamkeit ihrer Operationen erklärt. Um fo mehr mirb im Ganzen feine
Tapferfeit, Kriegslunſt, Lift, ſtrenge Manndzucht, beſonders aber bie Art wie
er fih den Soldaten in Strapazen und Bnibehrungen gleiäflellte, fie berierh
und für ihr Wohl forgte, gerühmt (Blut. 7.). Die Liebe der Solvaten follte
ihm den Weg zum Bonfulat bahnen; die vornehm:verädtlihe Abmahnung
(Sal. 64. Plut. 8. Dio p. 41, 16. Reim.) des Metelus Hatte bei ihm
nur die Wirfung feinen allmälig entflannenen und aus Allem Nahrung zie⸗
henden (vgl. Blut. 8.) Haß gegen den Ariftokraten zu fleigern. Nachdem
er ihn moͤglichſt Tange Hingehalten ertheilte endlich Met. dem Mar. Urlaub
zu perfönliger Bewerbung (Sal. 73. Blut. 8.). In Mom flügte er feine
Bemerbungen noch durch Verdächtigung des Metellus, welcher den Krieg
abſichtlich hinausziehe, und vermaß fi dagegen binnen Kurzem fogar mit
der Hälfte des Heeres den Jugurtha lebendig oder tobt in bie Hände der
Römer zu liefern (Bell. Bat. H, 11, 2. Plut. 8. extr. Sal. 64. Aurel.
Vict. il. 67, 1. ic. de off. 111, 20, 79. welcher es darzuſtellen fcheint
als ob Dar. in amilichem Auftrag in Mom gemefen wäre und dieje Gelegen⸗
beit zu Anfhwärzung des Met. benützt bätie), was man um fo begieriger
aufnahm je mehr man des Kriegd Überbrüfflg mar. Vgl. oben S. 393. Au
barum flanten die Sachen für ihn günftig weil die Patricier neuerdings
durch die lex Mamilia eine Niederlage erlitten Hatten (Sal. 65.) und nun
die Wahl ded Plebejers Marius von ben Plebejern als :Barteifache behandelt
wurde. In Bolge deſſen übertrugen ihm vie Genturien mit großer Stimmen-
6
4596 Margus — Marla geons
Marguas, 1) der Saupifluß von Margiana (Strabo XI, p. 516. Btol.
VI, 40, 1. 4. Plin. VI, 16, 18.), den die Alten auf dem Sartphiichen
Gebirge entfpringen und nach einem nörblicgen Laufe bei Antiochia vorbei und
nad Vereinigung mit einem von bemielben Gebirge herablommenpen, von
Ptol. aber nicht genannten weſtlichen Nebenfluffe (dem beut. Herirud) in ben
Oxus fallen laſſen. Es IR der Heut. Murghab oder Mern Rud, ber fi
noch zu Ebn Haufald (oder Ibn Haukils) Zeiten, ums I. 950, wirkli in
den @ihon ergoß (vgl. Ebn Haukal p. 215. Silo. de Sacy M&m. sur deux
Prov. de la Perse p. 22. u. Nittere Erbf. II. S. 513.), jet aber ben
felben nicht mehr erreicht ſondein ſich 50 engl. M. nordweſtlich von Merv
in dem Sande der Wüſte verliert. Vgl. Burnes Travels II. p. 35. und
Wilſon Ariana p. 149. — 2) ein Fluß in Möfla Superior, bei Strabo
VII, p. 318. (wo vulgo Bagyog edirt wird) und auf der Tab. Peut. Margus,
von Plin. II, 26, 29. aber Margis genannt, unftreitig identifh mit dem
Mooxiog ded Ptol. II, 9, 3. (Strabo 1. 1. hat au den Namen Maorog),
ber größte unter den fühlichen Nebenflüffen des Danubius, der auf dem Geb.
Drbelus entipringt und welih von Viminiacum in den genannten Haupt⸗
firom fällt; j. Morava. [F.]
Maria, Stabt und See, f. Mareotis.
Mariaba, 1) f. Saba. — 2) nah Plin. VI, 28, 32, aud eine Stabt
ber fonft völlig undefannten Calingii in Arabia Zelir, vieleicht: identiſch mit
dem von Ptol. VI, 7, 37. erwähnten und öfllid von Saba und nörblig vom
“ Geb. Elimar im Innern angefegten Mariama (Maoızua) oder dem heut. Ma»
ribba. Vgl. Mannert VI, 1. S. 66. Plinius bemerkt zugleidy ver Name Mariaba
ſei eigentlih ein Anpellativum und bedeute nichts Anderes als „Haupiſtadt“,
was freilich mit unferer Kenntniß der arab. Sprache nicht übereinſtimmt. [F.]
Maria gen. Diebeliih, in den Municipien Itallend wie es jcheint
ſehr verbreitet (3. B. wird aus Pränefle in der Zeit des zweiten vuniſchen
Kriegs ein Freundepaar Marius und Caper erwähnt, Sit. It. IX, 401 -4 10.,
auch vgl. die Inſchrr. am Ende des Art.); in die röm. Geſchichte aber wurde
fle eingeführt erſt durch
1) C. Marius, geboren im 9. 598 d. St. — 156 v. Chr. von armen
Zandleuten (vgl. e plebe infima, Tac. Hist. II, 38.); G. Marius hieß fein
Vater, Bulcinia feine Mutter (Plut. Mar. 3.), welche beide (und mit ihnen
Anfangs auch ihr Sohn) Elienten der Herennia gens waren (Plut. 5.).
In firenger altrömifcher Weije, entfernt von fläpıifchen Genüſſen, bradte er
feine Jugend in dem Dorfe Kereatä bei Arpinum zu (Blut. I. 1. Minder
genau gibt Sall. Jug. 63. Arpinum ald den Ort feiner Geburt und Erziehung
an). Beinere Bildung blieb ihm zeitlebens fremd (ogl. Vellej. II, 11, 1.
Schol. Bob. p. Arch. p. 355. Or. Auch die Kriegskunſt lernte er nur
praktiſch, ic. p. Font. 15, 33.), zum Krieger aber war er wie geſchaffen;
griechiſch zu reden verfland er nicht, aber Griechenland zu erobeın (Blut.
Mar. 2. vgl. Sal. Jug. 63. 85, 32. Bal. Mar. II, 2, 3.). Schon in
feinem erfien Feldzug in Epanien unter Sciplo Africanus, wo fein nad»
beriger Gegner Jugurtha mit ihm diente (Bel. Pat. II, 9, A.), that er fi
dur) Tapferkeit und kriegeriſche Haltung fo hervor daß Scipio ben künftigen
Beloheren in ihm voraus erkannte (Blut. 3. vgl. 13. Val. Mar. Vi,
15, 7.). Seipio's günfliged Urtheil hob feinen Ehrgeiz und durch Die
Empfehlung der Meteller unterflüßt errang er ſich im 3. 635 d. St. (119
v. Ghr.) das Volkstribunat (Plus. 4.). Bei Durchführung feiner lox de
ambitu (f. oben ©. 987.) zeigte er fhon damals den ihm inmohnenden alle®
vor ſich niederwerfenden Ungeflümm: er wollte den Got. 8. Metelus (Bo. I.
©. 29. Nr. 19.) als er fih feinem Vorſchlag miderfegte fogleih ins Ge⸗
fängniß abführen laſſen (Plut. 4.). Doch iR «8 auffallend daß M. fo ge-
Masia gems 1857
Handelt Haben fol ohne daß baburd fein Verhältniß zu den Metellern irgenb
geſtoͤrt worden wäre; vgl. Blut. 3. u. Sal. Jug. 58. (Metellus Marium)
per amicitiam — obsecrat. Meberbieß ſcheint es nicht als 06 M. ale Volks⸗
iribun im Sinn der demofrat. Partei gehandelt Hätte indem ein Geſetzesvor⸗
ihlag wegen Fruchtvertheilung an feinem flarren Widerſpruch fcheiterte (Blut.
Mar. 4. Höck, röm. Geſch. J. 4. S. 44.). ES feheint daher Plutarchs Schil⸗
rderung ron Markus’ Auftreten als Volksnibun mehr auf dem Wege des
Mückſchluſſes von feiner Ipäteren Thätigkeit gewonnen zu ſeyn als auf wirklichen
Thaiſachen zu beruhen. Nach Ablauf des Tribunats bewarb er fih um bie Aedi⸗
lität, fiel aker ſowehl bei der euruliſchen als der plebejiiken durch (Blut. 5.
Gie. p. Planc. 21,51.) und erhielt au die Prätur (im I. 640, vol. Gic.
Of. 111,20,79.) nur mit Mühe und nicht ohne daß feine Wahl wegen vorges
fommener Beflehungen angefochten worden wäre (Plut. 5. Val. M. VI, 9, 14.).
Deſto mehr zeichnete er ſich als Proprätor in Spanien dur feine Einfachheit
und Rechtlichkeit aus (Put. 6. vgl. ic. Verr. Acc. III, 90, 209.), fowie
er ſich auch durch Herfielung der Ordnung in der von Mäubern unſicher gea
machten Brovin, ein Verdienſt erwarb. Zu dieſer Zeit heirathete er Julla,
eine Schwefler von Cäſars Vater (Plut. Mar. 6. Caes. 1.9. Suet. Caes. 6.).
Sein politiſches Streben aber richtete ſich bereitd auf das Conſulat, ad qvem
capiundum, fagt Sal. bell. Jug. 63., praeter vetustatem familiae omnia
abunde erant. Aber indem ihm jenes fehlte, fehlte ihm nad damaligen
Begriffen geradezu Alles; denn das Conſulat galt als Monopol der Nobis
liiät. Cine glänzende Eriegeriihe Laufbahn follte den fehlenden Glanz der
Ahnenbilder decken. Der Krieg gegen Juguriha beichäftigte damals die röm.
Feloherrn. Q. Cäcil. Metelus wurde im I. 645 mit dem Oberbefehl gegen
ihn beauftragt. Er wählte den Mar. zu feinem Legaten (Plut.7. Sal. 46.).
Es galt ein verweidlichtes und demoralifiricd Heer zur Mannszucht und zur
Tapferkeit zurüdzurufen und den rön. Waffen wieder den Sieg zugumenben.
Jugurtha fühlte bald mit wen er ed zu ıhun Batte. Die neuen Feldherrn
befiegten Ihn mehrere Male. In der Einzelgeſchichte des Kriegs bei Saluft
zwar wird Marius nur beiläufig genannt (c. 46. 50. 55. 56. 57. 60.), .
mas fi jedoch. aus feiner offiziellen linterorbnung unter Met. und der Ges
meinfamfeit ihrer Operationen erklärt. Um fo mehr mird im Ganzen felne
Tapferkeit, Kriegstunft, Liſt, ſtrenge Mannszucht, beſonders aber bie Art wie
er ſich den Soldaten in Strapazen und Bnibehrungen gleichflellte, fie berieth
und für ihe Wohl forgte, gerühmt (Blut. 7.). Die Liebe der Soldaten ſollte
ihm den Weg zum Gonfulat bahnen ; vie vornchm:verädtlihe Abmahnung
(Sal. 64. Plut. 8. Dio p. 41, 16. Reim.) des Metelus Hatte bei ihm
nur die Wirkung feinen allmälig entflandenen und aus Allem Nahrung zie⸗
benden (vgl. Blut. 8.) Haß gegen den Ariflofraten zu fleigern. Nachdem
er ihn moͤglichſt lange hingehalten ertheilte endlih Met. dem Mar. Urlaub
zu perfönliher Bewerbung (Sal. 73. Put. 8.). In Mon flügte er feine
Benerbungen noch durch Verdächtigung des Metellus, welcher den Krieg
abſichtlich hinausziehe, und vermaß ſich dagegen binnen Kurzem fogar mit
der Hälfte des Heeres den Jugurtha lebendig oder tobt in bie Hände ber
Römer zu liefen (Bell. Bat. II, 11, 2. Plut. 8. extr. Sal. 64. Aurel.
Bict. ill. 67, 3. ic. de of. III, 20, 79. welcher es darzuflellen ſcheint
ale ob Mar. in amilichem Auftrag In Rom geweſen wäre und dieje Gelegen-
heit zu Anfhwärzung des Met. benüpt hätie), wad man um fo begieriger
aufnahm je mehr man des Kriegs überbrüfflg war. Vgl. oben ©. 393. Au
darum flanten die Saden für ihn günftig well die PBatricier neuerdings
durch die lex Mamilia eine Nieverlage erlitten hatten (Sal. 65.) und nun
die Wabl des Plebelers Marius von ben Plebejern als Parteiſache behandelt
wurde. In Bolge deſſen übertrugen ihm vie Genturien mit großer Stimmen
e
f_
1598 Massa yens
mehrheit das Gonfulat Für das I. 647 und die Tribus den Dberbefchl gegen.
Jugurtha (Salt. 73. Plut. 9. vgl. extra sortem bellum cum Jug. gessit,
Inſchrift bei Drei Nr. 543.). Damit war Marius’ Richtung für alle Zeit
entſchieden; er ergeht fi in maßloſen Schinpfereien gegen den ganıen Adel
(Plut. 9. Sal. Jug. 84 f.) und wirbt in fein zahlreiches Heer au Leute aus
den unterflen Volksclaſſen, den Capite Cenſi und Sklaven (Plut.9. Sall.86.),
wodurch er allerdings die Zahl der ihm Ergebenen bedeutend vermehrte, aber
zugleih das Schwert in die Hänte von Hab⸗ und Heimathloſen gab welche
den Krieg als Mittel des Ermerbs und als Handwerk führten (Höd I, 1.
S. 47f.). Alebald geht er nah Africa ab und übernimmt von Metelus’
Legaten dad borıige Heer (Sal. 86.) dad er durch die Mitgebrachten voll»
zählig macht (Sal. 87.) Mar. führte den Krieg auf morbbrennerifche
Weiſe und hatte dad Glück daß ihm mehrere kühne Handſtreiche gelangen,
in zwei Schlachten feine Tapferkeit und Befonnenheit durch glänzenden Sieg
belohnt wurden und endlich gar die diplomatiſchen Künfte feines Duäftors
Sulla und die Treulofigkeit des Bocchus den Juguriha gebunden in feine .
Hände braten (f. oben S. 395 f.). In Allem fah man nur Verdienſt des
Mar. und Beweiſe feiner Unwiderſtehlichkeit; fo hoffte man au in ihm ben
Netter aus der kimbriſchen Noth welche eben erfi durch eine Niederlage von
D. Cäpio u. M. Munlius vergrößert worden war (Sal. 114. Bel. 11, 12,2.).
In Folge deſſen Marius Consul (für 650) absens factus est (eig. ungeſetzlich,
f. Plut. 12.) et ei decreta provincia Gallia. isqve Kal. Jan. magna gloria
consul triumphavit (ex Africa de Numideis et rege Jugurtha, Fasti cap. |
vgl. Blut. 12. Münzen f. bei Raſche I, 1. p. 163. 2. p. 1043. 1343.).
Ex ea tempestate spes atqve opes civitatis in illo sitae, fliegt Salufl
bedeutungsvoll fein Geſchichtswert. Auch dadurch war der Keim zufünf-
tiger Entwicklungen bereitd audgeflreut daß Sulla’d Ruhm und Rühmen
das Selbfigefühl des Conſuls tief verlegte (Piut. 10. vgl. 82.). Für jetzt
aber ließen die. nah Spanien gezogenen Kimbern und Teutonen dem Mar. ,
Zeit ein flarked Heer zu fammeln (au den König Nikomedes von Biihynien
foQ er im Auftrag ded Senats um Hilfe angegangen haben, Diod. fr. libr.
XXXVI, p. 531. Weff.), zu üben und für ſich zu gewinnen fo baß e8 nur
unter ihm fechten zu wollen erklärte und dadurch ihm auch für bie brei nächſten
Sahre (651— 653) dad Conſulat verſchaffte, Plut. 14. Vellej. 11,12, 3. Am
Ende feines dritten Conſulats mußte er ſich nah Mom begeben um bie Con⸗
fularcomitien zu halten und wurde vornemlih auf Betreiben des Volkstrib.
8. Saturninus zum vierten Mal gewählt, Blut. 14. Sept endlich rüdten
bie Beinde näher; Marius fhlug an der Mhone, die er dur einen großen
Kanal ſchiffbar machte, ein feſtes und wohlverſehenes Lager und ernartete
den Angriff. Die Feinde theilten ſich (ſ. Br. II. S. 362.), Mar. befam
die Teutonen und Ambronen zu bekämpfen, Plut. 19. (Orof. V, 16. theilt ihm
die Tigurini und Ambrones zu und läßt die Tentonen und Kimbern über die
Alpen. Dagegen fagt au die Inſchrift bei Orelli 543.: IV Cos. Teu-
tonorum exercitum delevit, V Cos. Cimbros fudit). Mehrere Tage ſtand er
ihnen gegenüber um fein Heer mit den Eigenthümlichkeiten des ungewohnten
Beinded vertraut zu machen (Plut. 16.); ald fie endli Italien zu aufbrachen
zog er ihnen nah (Plut. 18.) und bei Air entfpann ſich ein Kampf, unge-
orbnet zuerft (Plut. 19.), dann aber am britten Tage fam es zu einer fürmlidgen
Schlacht worin Mar. von zwei Selten angreifen ließ und daburd die Feinde
zur Flucht brachte, wobei 10 Myriaden gefangen und getödtet worden jenn
folen (Blut. 20. 21., 150,000 gibt Vellej. 11, 12, 4. an. Oroſ. V., 16.
gar 200,000 Getödtete und 80,000 Gefangene, unter jenen aud den Anführer
Teutobed; die Weiber haben fih und ihre Kinder felbft getödtet. Beſon⸗
derd bie ungewohnte Hige war es welde die Teutonen lähmte unt fie den
.
Marla geons 1559
Nömern als Halb mwehrlofe Schlachtopfer Hinkieferte (Drof. 1. 1.). In dem
Augenblicke da er den Haufen der erbeuteten Waffen anzuzünden im Begriff
war eilten Freunde herbei und wünſchten ihm Glück zum fünften Bonfulate
(Blut. 22.) Gr kam nah Mom, aber ohne zu triumppiren und ellte bem
in Oberitalien hart bebrängten Catulus (ſ. ©. 1247.) zu Hilfe (Blut. 24.).
Hier im Lager führte er an ben röm. Speeren eine Aenderung ein in Bolge
veren bie Spigen fich leichter bogen (Put. 25.). Bei Bercelä Fam.ed (im Auguft,
Blut. 26.) zur Schlacht (Blut. 25.); das röm. Heer war mit überlegener
Berechnung aufgeftellt, die Kimbern verweichlicht und überraiht (Drof. V} 16.).
Sulla befehligte dabei wieder im Heere ded Gatulud welches am meiften zum
Siege beigetragen haben fol (Blur. 26 f.); über 60,000 follen gefangen ges
nommen, bie doppelte Anzahl getötet worden feyn (Plut. 27. Vellej. II,
12, 5. Orof. V, 16. vgl. Bo. I. ©. 362.). Auch hier wieder zelgten bie
Weiber eine graufenhafte Todesoerachtung (f. bei. Oroſ. V, 16.). Bon ven
Anführern wurden Lugiud und Boiorix getödtet, Claudicus und Ceſorix ges
fangen genommen (Orof. 1.1.). So waren nun au die Kimbern vernichtet
und Marius erntete überſchwänglichen Ruhm und Dank: Roms dritten
Schöpfer (nah Romulus u. Camillus) nannte man ihn und Tranfopfer wurden
ihm bargebradt wie einem Gotte (Blut. 27. Flor. III, 3. Dio p. 95,70. R.
vgl. ic. p. Rabir. perd. 10, 27. p. Balb. 20, 46 ff.). In Gemeinſchaft
mit GBatulus (Plut. 27. extr. ic. Tusc. V, 19, 56.) feierte er feinen
Triumph: er de Ambronibus, Teutoneis Cimbreisqve, Cat. de Cimbreis
(Fasti cap. vgl. Aur. Vict. ill. 67, 2. Infrift bei Orelli 543.). Als die
Wahlzeit nahte bemarb er fih um fein ſechsſstes Gonfulat mit einer Dringlich⸗
‚ keit als wäre es fein erſtes, wobei er ganz feiner Natur zumider ben Liebens⸗
würbigen zu fpielen bemüht mar (Plut. 28.). Bei dieſer Gelegenheit kam
zur Sprade daß er nad ber Schlacht von Bercelä taufend Gamerinern welde
ſich durch Tapferkeit ausgezeichnet hatten aus eigener Machtvollkommenheit das
Bürgerrecht ertheilt Hatte, eine Ungeſetzlichkeit welche er damit zu entfchuloigen
fuchte daß er vor dem Geräuſche ver Waffen dad Geſetz nicht habe vernehmen
fönnen (Plut. 23. Bal. Mar. V, 2, 8.). Dar. wollte das Gonfulat von
Neuem um nun auch feine vermeintlichen politiihen Talente leuchten zu laſſen,
er wollte au im Frieden ald Eıfler des Staats glänzen, obmohl ihm zu
einem Staatdmann oder Demagogen geradezu Alles fehlte, Gewandtheit ver
Rede, Faſſungskraft und Geiſtesgegenwart in öffentliker Berfammlung, ges
ſchmeidiges und gewinnendes Benehmen (Plut. 23.). Er erhielt wirklich
das Gonfulat au für das I. 654 veluti praemium meritorum (Bell. Bat.
II, 12, 6., nah Rutilius bei Plut. 28. vielmehr in Folge von Beſtechung,
aber Rutil. war Mar. gegenüber nit unparteliih) und umgab fi mit
Helfershelfern wie Glaucia und Saturninus. Die erfehnte Gelegenheit feinen
Gegner Metellus unſchädlich zu machen bot das Ackergeſetz des Appulejus
Saturninus, welchem ter Zuſatz angehängt war: wenn das Volk den Vor⸗
ſchlag annehme fo ſolle der Senat binnen fünf Tagen ſchwören fi feiner
Ausführung nicht zu widerfeßen; wer ſich des Eides meigere der werde aus
dem Senat gefloßen und zahle 20 Talente (App. b. c. I, 29. Plut. 29.
Dio Gafj. XXXVIII, 7.). Bon Anfang ſprach fh Mar. im Senat gegen
die Glaufel aus und Mei., in die Falle gehend, erklärte gleichfalls im Voraus
baß er den Eid nicht leiſten werde; in einer fpäteren Senatäflgung aber, als
die Sache wirklich zur Verhandlung kam leiſtete Mar. doch den Eid und ihm
nad) der ergrimmte Senat, nur Metellus nit, auf melden in Folge deſſen
Verbannung und Act fiel, f. Bd. II. S. 31. Nr. 21. ine ebenfo zwei⸗
beutige und treulofe Mole fptelte er darauf dem Saturninus felbft gegenüber
indem er ihn zuerft bob, benügte und dann als dieſe Verbindung gefährlich
zu werben brobte, fallen ließ und opferte, f. Orelli 943.: remp. turbatam
1960 Maria gons
seditionibus tr. pl. et Praetor. qvi armati Capitolium occupaverant VI cos.
vindicavit; day Nähere |. unter Saturninus. Dur dieſes Benehmen hatte
Mar. die Gunſt Vieler aus dem Volke verfcgerzt und die ted Senats nicht
gewonnen, und zog e3 daher vor um bie gerade zu befegenve Benfur fi nicht
zu beirerben (Blut. 30. extr.). Um dem zurüdberufenen (i. Bo. 1. ©. 31.)
Metellus auszumeihen begab fih Mar. (655.) nah Kappabofien um ben
Mirhridates zum Kriege aufzuftaheln und dadurch felbft nieder zu Macht
und Bedeutung zu fommen (Plut. 35.); denn im Frieden lag er wie eine
Kriegswaffe unbenugt und unbeachtet auf der Seite (Plut. 32.). Während
feiner Abweſenheit wurde er zum Augur ernannt (Bic. ad Brut. 1, 3. vgl.
die Inschrift bei Orelli 543. wo aber folgende Ordnung ift: trib. pl., q., aug.,
tr. militum). Un dem bald darauf aukgebrochenen Bundedgenoffenfriege
nahm War. als Legat des Coſ. P. Autilius Lupus Anfangs Theil und wandte
dabei feine alte firstegifhe Maxime an, tur feine Liſt ſich aus einer gün⸗
fligen Stellung heraus zur Schlacht verloden zu laffen. Als der Gef. ge⸗
faffen und der Oberbefehl über den nörblihen Feldzug dem Marius über-
tragen nar griffen die Marfer vielen an, wurden aber dießmal und in einer
folgenten Schladt von Mar. völlig gefhhlagen, ſ. Marsicum bellum unb
Kiene, der röm. Bundeägenofienfrieg S. 240 f. Ein friepliches Intermezzo
in dem Kampfe, eine freundfaftliche Unterredung zwiſchen Martus und Pom-
pädius und ihren Herren erzählt Diod. in Mat’d Nova Coll. II. p. 118 f.
Indeſſen laftete auf Mar. zu ſchwer dad Gewicht feiner 65 Jahre (Plut. 33.);
er kehrte nah Nom zurüd und überließ das Feld dem Sulla. Kiene am
a. O. 6. 241. 246. erkennt in dieſer Darflelung „vie fälſchende Hand bes
Parteihaſſes, des Neides und ver Schmeichelei welche ſich nah Sulla’s Endfieg
ber Zeitgeſchichte bemädtigt Hat’; War. fei vielmehr nah Nom gegangen
um fich ums Bonfulat zu bewerben und fei, ala er darin geſcheitert, aus
Verdruß in Rom geblieben, fern vom Schauplatz des Krieges, ober auch
weil er fo deſto nahprüdlicher feine Bewerbung ums Gonfulat für das nächſte
Jahr zu betreiben hoffte (S. 242 f.). Im diefes fiel nämlich der Krieg mit
Mithridates, welchen Mar. mit dem Geize und der Witelfeit eines Greiſes für
fih begehrte und um feine Befähigung dazu an ven Tag zu legen auf dem
Marsfeld mit den jungen Männern herumturnte (Blut. 34. Sull. 7. Dior.
in Mai's N. Coll. I. p. 122.). Uber umfonft quälte fi der bide alte
Mann (Put. 34.) ab: Sulla's letzte glänzende Siege und die Gunſt der
Optimaten errangen dieſem das Gonfulat (3. 666 — 88) und ben Oberbefehl
gegen Mirhrivarer. Ehe er tem gehaßten Nebenbuhler wid madte Mar.
noch einen äußerſten Verſuch: er gewann den Bolkstribunen PB. Sulpicius
(f. dv.) für fih welcher num die Bertheilung der Neubürger in fänmtlide
Tribus beantragte. Da jene den Altbürgern numeriſch überlegen waren und
zu erwarten fland daß fie dem Urheber ihrer Berechtigung dantbar feyn mürben
fo hätte Sulpicius dur fle alle feine Plane durchſetzen können, namentlich)
au die Erhebung des Marius (App. b. c. I, 55. Die Gewaltthaͤtigkeit des.
Verfahrens von Sulp. und bie raſche Aufeinanverfolge beider Vorſchlaͤge fpricht
nit dafür daß es ihm bei dem erflen rein um die Sade ſelbſt zu thun
gewefen fei weil er ihn für gerecht hielt, wie Kiene S. 251— 254. meint).
In den wilden Kämpfen melde diefer Antrag herbeiführte mußie Ih Sulla
vom Borum weg In das nahe (Blut. 32.) Haus ded Marius flüchten der
ihn dur eine Hinterthüre wieder hinaudgelaflen haben fol (Blut. 35.). Das
Geſetz des Sulp. wurbe burchgefegt und nun rüdte diefer mit dem Antrag
beraus dem Mar. den Oberbefehl im mithridatiſchen Kriege zu übertragen
(Blut. 35. vgl. 34. in.). Als auch dieß durdgegangen war fandte War.
al8bald zwei Kriegstribunen nah Nola um das Heer ded Sulla zu über-
nehmen; aber diejes flug fle tobt und rüdte unter Sulla gegen Rom.
Marla yon. 1561
Nah kurzem aber tapferem Wiberflande (App. b. c. I, 58. Oroſ. V, 19.)
flch Marius nebft feinem Sohne und einigen Genoflen (i. App. I, 60.) aus
der Stabt dem Meere zu. Sie wurden in die Acht erklärt, ihre Güter ein-
gezogen, auf ihre Perſonen gefabnvet (App. 1.1.). Marius ver Sohn befam
dur die Treue eines Breundes Belegenheit heimlich nah Nom zurückzu⸗
kehren, ſich mit dem Nothwendigſten zu verfehen und dann nad Afrika über»
zufegen (Blut. 35.); ber Vater aber fuhr inzwiſchen mit feinem Stiefſohn
(zooyorog nennt ihn Put. 35.) Granius (f. Bv. III. S. 959.) an ber
Küfe von Italien Hin (Plut. 35 f.). Bei Eircefi mußte er des Windes und
ber Lebendmittel wegen and Land fteigen, fand diefe aber nicht, irrte in bes
Rändiger Todesgefahr umher und übernachtete in einem Walde. Doch tröftete
ihn unter allen Drangfalen bie (durch Weiffagungen erregte) Zuverfit daß
er noch ein flebentes Gonfulat erleben werde „(Plut. 36.). Bei Minturn!
rettete fich der fchmerbemeglihe Mann vor nahenden fullaniichen Reitern kaum
noch in ein Schiff; die Meiter befablen vom Ufer ad den Schiffern ans
Land zu kommen ober den Dar. ing Meer zu werfen. ine Welle ſchwankten
dieſe, aber auf die flebenven Bitten des Mar. verweigerten fie feine Aus⸗
fieferung. Als fi aber bie Reiter zornig entfernten befannen ſich die Schiffer
eines Andern, feßten den Mar. unter einem Vorwand and Land und fuhren
vafd davon. Nun war Mar. ganz allein, fhleppte ſich durch Sümpfe und
Bräben vol Wafler meiter und kam endlich zu der Hütte eines alten Bifchers
der ihn in einer Höhle am Zluffe verfledte und Binfen über ihn herwarf
(Plut. 37). Als er aber Leute auf ſich zukommen hörte entkleidete er fl
und warf fi ind Waffer; er wurde jedoch entdeckt und nadt und mit Moraft
überzogen, einen Riemen um den Hals (Bell. II, 19, 2.) nah Minturnd
gebracht und der Obrigkeit überliefert, welde ihn einer Einwohnerin die man
für feine Feindin hielt in Gewahrfam übergab (Plut. 38. Val. Mar. VIEH,
2, 3. vgl. Aur. Vict. ill. 67, 4. Cic. de fin. II, 32, 105. in Pis. 19, 43.
p. Sest. 22, 50. Oroſ. V, 19.). Dem längft überallbin ausgegebenen Be⸗
fehle gemäß verurtheifte ber Magiftrat den Dar. zum Tode, aber Niemand
in der Stadt fand fich das Urtheil zu vollſtrecken; endlich trat ein galliſcher
Stlave mit dem Schwert in der Hand in das Gemach wo Mar. fich befand.
Wunderſam leuchteten aus dem Dunkel heraus die Augen des Dar. (vgl.
@ic. p. Balb. 21,49. von dem imperatorius ardor feiner Augen; solo vultu
exterruit, Oroſ. V, 19.) und mit ſchrecklicher Stimme rief er: Du wagſt e8,
Menſch, ven C. Marlus zu morden? Erſchüttert floh der Sklave davon,
warf dad Schwert weg und ſchrie: ih Tann den &. Marius nicht tödten!
(Bei Bell. II, 19, 3. vgl. Bal. Mar. II, 10, 6. erkennt der Sklave in ihm
den Befleger der Kimbern.) Da gedachten auch die Minturnenfer der Ver⸗
dienfle des Mar., verfahen ihn mit allem Nöthigen und braten ihn zu Schiffe
(Blut. 39. App. I, 61 f., wo aber die Ordnung eine andere ft: von Mint.
aus Fommt Mar. zu dem Fiſcher, Hefteigt Im Sturme einen Nachen und wird
vom Zufall nah Aeſernia geführt; die Darftelung des Plut. iſt zufammen-
hängender, wahrſcheinlicher und betaillirter; auch ic. p. Sest. 22, 50.
p. Planc. 10, 26. mit Shol. Bob. p. 257,5. Bellef. 11, 19,4. Bal. Mar.
I, 5, 5. 11, 10, 6. Nur. Vict. ill. 67, 5. flimmen ihr bei). Der Wind
trieb ihn nach der Infel Uefernia wo er feine bei Minturnä von ihm ge»
trennten Gefährten (Branius u. U.) traf und mit ihnen nad Afrika ſchiffte.
Bei Eryr fliegen fie wieder and Land um Waſſer einzunehmen; aber bier
überfiel fie der röm. Quäfter, erfählug fechözehn der Waflerichöpfenden und
hätte beinahe auch den Marius gefangen genommen ber eiligft welter ſchiffte.
In Kartbago landete er. Da ließ ihm der Prätor Sextilius (Sertius bei
App. I, 62.) das Land verbieten, fonft werde er ihn den Senatöbeichlüffen
gemäß als hostis pop. rom. behandeln. Dem Boten ber im At Antwort
IV.
1562 \ "Marla gem
bat trug er auf: fo melde denn du habeſt ven G. Marius auf ben Trümmern
Karthago's als Verbannten figen ſehen (vgl. Vellej. IL, 19. extr.). Inzwifchen
kam der junge Marius von Numidien ber, mo der Freundſchaft bed Königs |
Hiempfal nicht mehr zu trauen war (vgl. Orof. V, 19. Ulica.. ubi is custodia
observabatur) und von mo er mit Hilfe einer der Frauen des Königs die fi
in den fihönen jungen Mann verliebt hatte entlommen war, zu feinem Bater,
und gemeinfam fuhren fie nad Kerfina, gerade noch zur rechten Zeit um
nicht den nahenden Reitern des Hiempfal in die Hände zu fallen (Blut. 40.
vgl. App. I, 62.). Inzwiſchen aber hatte fh in Rom der Kampf der Alt-
und der Neu: Bürger erneuert und Marius erfuhr daß Einna, von Detavius
ans Nom verbrängt, ein Heer ſammle; ſogleich eilte er (nach Vellej. II,
20. extr. vgl. Dio p. 47, 72. Neim. auf Cinna's Einladung) nah Italien
zurüd, landete in Etrurien und alsbald frömte ihm eine Menge Menfchen
(bef. Sklaven) zu. Er orbnete ſich dem Cinna als Eof. unter, der ihn feiner
ſeits als Procof. anerfannte; die überfandten Infignien aber nahm Mar. nicht
an fondern behielt die feinem Weſen entſprechendere wilde Tracht bei: geringes
Gewand, langes Haar und Bart wie fie in den 70 Tagen feit feiner Flucht
geworden waren (Plut. 41. App. I, 67.). Sein Unglüd hatte ihn nit
gebeugt, fondern geftählt und exbittert (Gic. p. red. ad Qvir. 8, 19. Flor.
II, 21, 10.). Nachdem er fi mit Cinna vereinigt bemächtigte er fi der
Proviant⸗ und Kauffabrteifhiffe, nahm mit feiner neugefchaffenen Flotte die
Kuͤſtenſtädte, bei. Oſtia, ſchnitt feinen Gegnern die Zufuhr vom Meere ber ab,
zog dann den Tiber herauf zu Ginna und beſetzte den Janiculus (Blut. 42.
App. b. c. I, 67—69. Liv. 79. Vell. II, 20. Blor. MI, 21, 13. Drof.
V, 19.). Friedliche Berbandlungen melde Metelus mit Ginna anknüpfen
wollte vereitelte Marius (Diod. in Mai's Nova Coll. I, p. 124.). Der
Senat ſchickte in feiner Noth (f. Bd. II. ©. 673.) Geſandte an Cinna und
Marius mit der Bitte in die Stadt einzuziehen, aber der Bürger zu ſchonen.
Cinna gab friedliche Verfierungen, Mar. ſchwieg, aber feine Blicke ſprachen
lauter ald Worte. Cinna z0g ein, aber Mar. blieb unter dem Thore Reben
und bemerkte höhniſch: als Verbannter bürfe er ja die Stadt nicht betreten;
wänfde man feine Anweſenheit fo müfle man erfi das Berbannungsgeieg
aufheben. Alsbald wurde Hiezu eine Volksverſammlung (vgl. Cic. p. red.
in Sen. 15, 38.: a senalu non est restitutus) berufen, aber kaum hatten
drei bis vier Tribus gefimmt ald Mar., ungeduldig die Maske abmerfend,
an der Spige feiner Leibgarde von Sklaven in die Stabt einzog, und biefer
befahl Alle deren Gruß er nit durch Handreichen erwiedere nieberzubauen
(Blut. 43. wogegen die weniger fullanifh gefärbten Berichte des App. b. c.
1, 70. u. Vellej. II, 21. von Gindringen vor beendigter Abſtimmung Nichts
wiffen. Xeßterer fagt: Cinna et Marius urbem occupaverunt, sed prior
ingressus Cinna de recipiendo Mario legem tulit). Die meiſten hochge⸗
ſtellten Männer der Segenpartei fielen ald Opfer der Rabe. Ginna war
bald des Mordens fatt, Mar. aber wüthete no mehrere Tage fort. Sulla's
Sreunde und Angehörige fanden alle ihren Untergang, nur feine Frau und
Kinder entlamen. Seine Villen und Häufer wurden zerflört, fein übriges
Bermögen eingezogen, ihn ſelbſt lich Marius als Feind des Vaterlandes
ächten und ale feine Berorpnungen und Gefehe aufheben (App. b. c. I,
71—74. Pluit. Mar. 43 f. Dio fr. peir. p. 48. Liv. 80. Belle. 18, 22.
Flor. III, 21, 13 ff. Oroſ. V, 19.). Ein eigentliches Syſtem von Pro⸗
feriptionen und Gonflöcationen zu orgnnifien blieb jedoch dem Sulla noch
vorbehalten (vgl. Bell. II, 22, 3.). Vigenmächtig erklären ih Marins und
Cinna au für das folgende Jahr (668 — 86) für Goff. (Liv. 80. Wellei.
II, 28. in. Gine Mänze mit der Inſchrift C. Marius VII cos. u. Victoria
Cimbrica ſ. bei Raſche IH, 1. p. 251. extr.). Aber Marius’ morſcher Körper
Herta genä 1563
erliegt im 71ſten Lebensjchre dem Einfluß der vorangegangenen Drangfale
und Aufregungen (na der vparteiiſchen Darſtellung von Blut. 45. def. ver
Angft vor der vermeintlich nahen in ver That aber noch ziemlich fernen Nüd-
kehr Sulla’d). Er flarb am achtzehnten Tage feines ſiebenten Conſulats
(Blut. 46. vgl. Oroſ. V, 19. Vellej. IT, 23, 1. App. b. c.1,75. Liv. 80.:
am 13. Ian.) das er nun doch noch erreicht hatte, nad flebentägiger Krankheit
an Pleuritis (vgl. Plut. 45.). Seine letzten Phantaflen folen dem Kriege
mit Mithrid. gegolten haben (Blut. 45.), was die Angaben von feiner Angft
vor Sulla am beften widerlegen würde (vgl. Kiene S. 801—304.). Nah
Diodor XXXVII, p. 252. Tauchn. (vgl. Aur. Vict. ill. 67. extr.) Hätte er
ſich gar aus Angſt felbfl ven Tod gegeben; f. aber Cic. N. D. III, 32, 81.:
Cur Marius tam feliciter septimum cos. domi suae senex mortuus est?
Bon feiner Beilattung erwähnt eine Anekdote Gic. p. Sex. Rosc. 12, 33.
Bal. Dar. IX, 11, 2. Seine Aſche ließ Sulla fpäter in den Anio ſtreuen
(Gic. de legg. I, 22, 56. Bal. Mar. IX, 2,1.). De manubiis cimbricis
et teutonicis aedem Honori et Virtuti victor fecit (Inſchrift bei Orelli
Nr. 343.), welches Denkmal erwähnt wird von Cic. p. Sest. 54, 116. p. Planc.
32, 78. de Divin. I, 28, 59. II, 68, 140. Bal. Mar. 1, 7,5. Marius
ift nicht nur feiner politiſchen Stellung fondern auch feinem innerflen Weſen
nah gang Plebejer und er liebte es mit einem gewifien eiteln Cynismus
ieine Abkunft zur Schau zu tragen und ben Adel dadurch abzufloßen und zu .
ärgern. Die altbürgerliden Tugenden ber Cinfachheit und Sittenflrenge (vita '
sanctus, Dell. II, 11, 1. vgl. fein Benehmen gegen C. Luflus und die Min⸗
turnenferin) befaß er in hohem Grabe; eine eiferne Natur diente einem un⸗
beugfamen gegen Rũhrung und Schmerz gleih unzugänglicden (vgl. Blut. 6.
‚ te. Tusc. II, 15. 35. 22, 53.) Willen als Werkzeug. Er war rusticanus
vir, sed plane vir (@ic. Tusc. II, 22, 53.). Aber andererfeits war ihm
au ein reiches Maß von Verſchmitztheit eigen (omnium perfdiosissimus, _
@ic. Nat. D. II, 32, 80.), vielleicht eine Folge der großen Schwierigkeiten
durch Die er ih von Anfang burdhzuringen hatte, der gebrädten Stellung
aus ver er fih emporfhmang. Eben damit hängt auch zufammen feine Rück⸗
ficptelofigkeit gegen die Grundlagen des Staatögebäubdes: er rief die Bundes⸗
genofien ohne Weiteres zum unbeſchränkteſten Mitgenuß der bürgerlichen
Rechte, nahm in feine Heere am liebſten Leute aus den unterſten Bolköclaffen
und Öffnete die Sklavenfammern (ergastula). Auch fein Ehrgelz galt nicht
blos feiner Perfon, fondern ebenfofehr feinem Stante; es machte ihın Freude
fh neben vie Rolzen Patricier zu flellen ober fie gar aus dem Sattel zu
beben. Die Art mie der freilich als Landsmann und halber Verwandter im
Voraus günflig geſtimmte Cicero faft regelmäßig von ihm fpricht (p. Sest.
22, 50. nennt er ihn fogar divinus vir) ift ein Beweis daß dad und über«
lieferte Bild feiner Berfönlichkeit und feines Wirkens dur Parteileidenfchafit
(bei. in Folge des Hiftorifchen Werks von Sulla) ſehr ſtark getrübt morben iſt.
Bgl. Über ihn im Allgemeinen F. Weiland, Marii VII consulis vits, Berliner
Progr. v. 1845.4. Auf Diünzen findet fl$ C. Marius (mit. einer Giegesgdttin)
nit fehlten; nur ſind die meiften derſelben Golziſche, |. Raſche HI, 1. p. 248 f.
2) C. Marius, bes Vorigen (aboptirter) Sohn, vgl. Liv. 86. Vellej.
II, 26, 1. Blut. Mar. 46., geboren im SI. 645, und im I. 667 bereitö ver»
beirathet, f. Blut. Mar. 35. g. &. Lieber feine Schidfale bis zum Tode des
Vaters ſ. S. 1561f. Im I. 672 (82) machte er 27 3. alt (App: b. c. 1,87.
Aur. Vict. ill. 68, 1. Bel. 1. 1. vgl. Diod. bei Mai Nova Coll. II. p. 126.)
ih zum Gof., multa fortiterqve molitus neqve ungvam inferior nomine
consul (Vell.). Er ahmte feinen Bater nah in Lnbarmberzigfeit gegen
feine Feinde, welche auch er töbten und in den Xiber werfen ließ, Plut. 46.
Aur. Bict. ill. 68, 2. Flor. III, 21, 20 f. Bei Sacriportum von Sulla
1364 Malie gem
geſchlagen (Vell. Flor. U, 21, 23. Aur. 68, 8. welcher Hinzufügt daß er
vigiliis et iabore defessus die Schlacht verſchlafen habe, et absens victus
fügse, non pugnae interfuit; ganz im Gegentheil foricht der glaubwürbigere
App. 1, 87. von der thätigen Ihellnahme des Mar. am Kampfe) warf er
fi mit dem Golde des capitolin. Tempelſchatzes (Plin. XXXIN, 1, 9.) in
das fefle Bränefte, hielt Hier eine Tange Belagerung aus (f. App. 1,87—94.
vgl. ©. 1195. Nr. 18.) und ftarb auch in diefer Stadt (In feinem Conſulato⸗
jahr, @ic. de leg. agr. III, 2, 6. Fasti cap.) ald alle Hoffnung auf Entſatz
umd Hilfe geihmunden war. Nach der einen Angabe fand er bei dem Verfuch
durch einen unterirdiſchen Bang zu entrinnen feinen Tod (Ve. II, 27, 4.),
nach einer andern (autgeführt von Val. Mar. VI, 8, 2. und bef. Oroſ.
"V, 21.: cum Telesino mutua morte concurrit. dumqve violenlius ipse in
concurrentem manus adegit circa suum vulnus manum percutientis hebe-
tsevit. ita eo interfecto ipse leviter vulneratus cervicem servo suo praebuit)
in Folge von Berabrebung durch Teleſinus oder endlich durch eigene Hand
(Bell. 1.3. 5. App. b. c. I, 94. Plut. Mar. 46. estr. Aur. Bict. 68, 4.:
tentata per cuniculum fuga cum omnia septa intelligeret iugulandam se
Pontio Telesino praebuit). Unbeſtimmt drädt darüber fi Diodor aus in
Mai's Nova Collect. II. p. 127., während in Photius’ Auszug von beflen
libr. XXXVII, p. 541. Wefl. berichtet wird daß er ſich durch einen Sklaven
babe tödten laſſen, der ſich dann ſogleich felbft au ven Tod gab. Gein
Kopf wurde abgebauen und dem Gulla geihidt der die jugendliden Züge
betrachtend höhnte: der haͤtte erft dienen follen ehe er befeblen wollte (Apr.
I, 94.). Iegt erſt (nachdem Carbo entfloben und er und alle andern Häupier
der Marianer getöbtet waren) nahm Sulla den Beinamen „der Glückliche“
an, vgl. Vellej. II, 27, 5.
3) C. Marius (erepos), Verwandter (vielleigt Bruber) des Altern
Marius, ſtieß zu Ginna als er aus Mom verbrängt war, App. b. c. I, 65.
Auf ihn (ald Duäftor) iſt wohl zu berieben die Nachricht von App. hisp. 100.
daß Mapxog Maoıos im 3. 655 d. St. in Spanien eine Niederlaffung von
Keltiberern bei der Stadt Colenda gegründet habe. Er war es wohl au
(wenn nit der Äftere Marius felbft, wie Flor. II, 21, 26. wohl irrig
angibt) welcher aboptirte den
4) C. Marius Gratidianus, urfprängli$ M. Gratidius, Sohn des
Br. IH. ©. 962 f. erwähnten Arpinaten M. Grativiud. Bon diefen feinem
urſprünglichen Namen ber wird er noch oͤfters M. Marius Gr. genannt (Gic.
Brut. 45. extr. 62, 223. Off. III, 16, 67. de Orat. I, 89, 178. Baler.
Mar. IX, 2, 1. Oroſ. V, 21. Q. Eic. de petit. cons. 3, 10. Aecon. in
tog. cand. p. 84. Sen. de ira III, 18.); dagegen führt Blin. XXXIV, 6, 12.
ihn mit feinem aboptirten Bornamen C. auf, vgl. Sal. hist. I, p. 184.
Als Prätor machte er einen Beihluß über Megelung der Münze welden die
Prätoren und Volkstribunen gemeinſchaftlich gefaßt und zu einer beflinmten
Stunde gleichzeitig zu verkündigen verabrevet hatten, vor dieſer Zeit als fein
Edict bekannt und mandte dadurch allen Dank und alle Gunſt des Bolfes
feiner Perfon zu, ic. Off. III, 20, 80. Statuen wurden ihm errichtet and
vor biefen ture et vino pop. rom. supplicabat, Sen. de ira Ill, 18. vgl.
Cic. Off. 1.1. Plin. XXXIII, 9, 46. XXXIV, 6, 12. Zum Dank murde
er auch wiederholt (3. 672) zum Prätor gewählt (Ascon. 1. 1.). Weiteres
Borrüden verhinderte Sulla's Ankunft in bemfelben Jahre; bei deſſen Cinzug
wurden bie Gtatuen ded Mar. alle zerirlimmert (Blin. XXXIV, 6.) und er
felbf wurde auf Sulla’8 Befehl von Gatilina mit beflialiiher Grauſamkeit
— f. Flor. IT, 21, 26. (piget referre) Marium ducis ipsius (deB
. Mariud Nr. 2.) fratrem (de caprili casa extractum... ductumgqve
trans Tiberim, Orof. V, 21.) apud Catuli sepulchrum oculis, manibus cru-
Marla game 1565
ribusque defossis (minutatim desectis, Oroſ. I. 1.) servatum aligvamdiu u4
per singula membra moreretur. Bgl. Val. Mar. IX, 2, 1. Sall. Hist. I. p.
184. Gerlach: C. Marius fractus prius crura per artus exspiravit. OD. Gie-
de pet. cons. 3, 10. &ucan. II, 175. Een. de ira III, 18. Sem Haupt
trug Gatilina in der Stadt herum, Ascon. in tog. cand. p. 84 Or., nad
Oroſ. V, 21. wurde es dem E. Marius nah Pränefle geikidt. Seinen
Proceh wegen eined Hausverkaufs ermähnt Eic. of. III, 16, 67. de Or,
I, 39, 178.; einen andern id. de Or. II, 65, 262. Durch eine berbe popu⸗
läre Beredſamkeit wußte ev nad ic. Brut. 62, 223. auf das Volk zu wirken.
5) Ueber M. Marius in Sidicinum (Gel. X, 3.), ſ. Bb. HT. ©. 59.
und 6) über Marius Egnatius, den Heerführer der Samniten im Bundes⸗
genoflenfriege, vielleiht den Sohn von Nr. 5., f. Bd. I. ©. 60 f.
7) M. Marius, mit Gicero burch Gleichheit der polit. Anfihten, Nach⸗
barfaft auf dem Lande und Gleichartigkeit des Humors nahe befreundet.
Obwohl kränklich (3. 699: Cic. ad fam. VII, 1, 1. 5. ad Q. fr. II, 10,2.
infirmus. ib. 6. 3.: Marius et valetudine est et natura imbecillior.
3. 708: Podagraleiden, Gic. ad fam. VII, 4.) erbielt ex ſich doch feine sub-
tilitas veteris urbanitatis et humanissimi sermonis (Cic. ad Qv. fr. I, 10,
2. wo er auch einen Scherz erzählt ven er ih mit Dar. gemacht babe) und
feinen ‚lepor (ad fam. VII, 1, 3.). Die Briefe Giceros an ihn (VIE, 1—4
J. 699—708.) find daher auch faft alle in fcherzhaftem Tone gehalten.
Wohl feiner Geſundheit wegen bielt er ſich meiſt auf feinem Landgute auf,
das bei Bompefi gelegen zu haben fcheint, auf dem er Ausficht nach Stabiä .
u. Mifenum haite (ad fam. VII, 4, 1.) und das ben PBompejanum des Gic.
nahe war (ib. 1, 5. extr. ad Q. fr. II, 10, 3.), daher beide Nachbarn
häufig zufanmenfamen, 3. B. im 3. 705 (ad fam. VII, 3, 1.); im I. 708
meldet ihm Cic. (ad fan. VI, 4.) ſeine baldige Ankunft auf feinem Pom⸗
yejanum. Im I. 702 beforgt Eic. in feinem Auftrag einen Verkauf (ad ſam.
VII, 2.). Im 3. 708 rechtfertigt ſich Cie. ihm gegenüber über feine politiſche
Thätigkeit und Parteiflelung. Ueber die wiffenfchaftlihe Bildung des Marius
f. Cic. ad fam. VII, 1, 1. 3. — Bel Eile. ad Att. XV, 3, 1. (3. 710)
wird neuerdingd flatt de Mario gelefen: de Matio, f. Orelli ad 1. |
8) Der falfhe Marius, eigentlid C. Amatius, humillimae sortis
homo, Liv. 116. vgl. fugitivus bei Cic. Phil. I, 2, 5. Aucrioç aud bei
App. b. e. III, 2. Dagegen legt ihm Val. Dar. IX, 15, 2. in. den bei
Aerzten bäufigen (vgl. Bd. IH. ©. 1257.) Namen Herophilus bei und
nennt ihn einen eqvarius medicus. Er gab ſich ums I. 709 d. St. für den
(Sohn, fo Liv. 1. 1. u. Nikol. Damadc. Aug. 14. ; mwahrfceinlicher App. u.
Bal. Bar. 1. 1. für ven) Enfel des großen Marius aud, nannte fich daher
C. Marius C. f. C. n. (Eic, ad. Att. XII, 49, 1. vgl. Phil. I, 2, 5.),
fand bei dem Volke Glauben und in Bolge deſſen — fo ſtark hatten fich
Marius’ Verdienſte um den Staat und bie Partei dem Volke eingeprägt —
lebhaften Beifall und Anhang (dreenoeone, App. 1. I. vgl. Liv. 1. 1. und
Bal. Mar. 1. 1.: ita se extulit ut coloniae veteranorum complures et
municipia- splendida collegiaqve fere omnia patronum adoptarent). Auch
an Gicero (ad Att. XII, 49, 1.) und den jungen Octavius (fpäter Auguſt)
wendete er fih (Nikol. Dam. 1. 1.) mit der Bitte um Anerkennung und Uns
terflügung: Beide aber wiefen ihn gleihmäßig an Cäfar als das jegige
Haupt der Bamilte mit welder er verwandt ſeyn wolle und Octavius
verbat ſich noch ausdrücklich vor Edfard Entſcheidung jede weitere Berührung,
obwohl Amatiud einige Frauen der Familie gerronnen hatte daß fie ihm feine
edle Abkunft bezeugten (Nic. Dam. 1. 1.). GCäfar durchſchaute und verbannte
ihn aus Italien (Bal. Dar. I. 1. vgl. Eic. ad Aut. XIV, 6, 1. sublatum
rebar a Caosare), nad deſſen Tod aber kehrte er nad Rom zuräd (ib.)
1566 Mur gens
und legte wegen feiner angebl. Verwandiſchaft mit ihm über feine Ermor⸗
bung beſonders großen Schmerz an ben Tag, baute einen Altar am Schei⸗
terbaufen beffelben, umgab fich mit einer Schaar Abenteurer und bedrohte
‚ Die Mörder (App. II, 2. 3. in.). Wegen feiner Drohungen ließ ihn M.
Antonius ergreifen und — um dadurch ben Senat und die Verſchworenen für
AH zu gewinnen — ohne alle Unterſuchung hinrichten, ein Verfahren das der
Senat billigte und utiliter acceplirte, daB Volk aber mit Erbitterung auf-
nahm, App. b. c. IN, 3. Nah Bal. Mar. I. I. hatte Amat. dem Senat
Untergang gedroht, Cic. ad Aut. XIV, 7, 1. Liv. 116. gebrauchen allge-
meine Ausdrücke. Cic. Phil. I, 2, 5. vgl. ad Att. XIV, 8, 1. meſſen auch
vom P. Dolabella Antheil an dem Verfahren bet.
9) L. Marius L. f. subscripsit Triario in Scaurum (3. 700), Atcon.
in Scaur. p. 19. Or. Im 3. 704 als Quäfter Nachfolger des C. Sallu-
fius in der Provinz Syrien (cum legionibus), Cie. ad Fam. U, 17, 5.
(wo er aber nur Marius genannt if).
10) L. Marius, al® Bollstribun mit M. Porcius Cato Urheber einer
lex de triumphis, Val. Mar. I, 8, 1. Einen L. Marius nennt au Die
XXXVII. p. 141. als Verwuſter des Gebiets der Allobroger.
11) M. Marius, homo disertus et nobilis, wie es ſcheint Bürger
der Stadt Balentia im Bruttifhden, ic. Verr. Acc. V, 16, 40.
12) T. Marius von @ic. ad Fam. V, 20, 4. (aus dem $. 705) in
einem, Sebaeigäft unter den Bürgen eines Valerius genannt.
Sex. Marius, Legat des Dolabella (f. ®b. I. ©. 690.) im 3.
711, flüdtete fid beim Nahen des Verderbens aus Lycien weg, Lentulus bei
@ic. ad Fam. XH, 15, 3.
14) Calventius Marius nennt Gic. ad Qv. fr. II, 4, IV, 11.
höhniſch den 2. Pifo (Bd. HM. ©. 101.) nah einem Infubrer Calventius,
dem Ahnen von jenen.
15) C. Marius C. F. Trogus, IIIvir monetalis unter Auguf, fehr
häufig auf Denaren welche wahrſch. ums I. 741 geprägt find. Außer dem
Namen fagen die ficher ächten Münzen nichts über dieſen Marius aus, indem
fih alles Uebrige auf Auguft bezieht, ſ. Eckhel D. N. V, p. 230 f. Raſche
IM, 1. p. 252-256. Niccio mon. ant. p. 141 f. Nur wird er miederholt
Proquäftor genannt, f. Raſche p. 255 f.
16) Nummi serrati mit der Inſchriſt C. Mari. C. f. Capito und einem |
yflügenden Landmann find außerordentlich häufig, f. Ekel D. N. V. p. 230.
Raſche 11, 1. p. 249-251. Nitödeftomeniger If über bie Zeit dieſes
Capito nur fo viel gewiß daß er lange vor Trojan lebte indem einige der
betreffenden Münzen unter jenem Kaifer reflituirt find. Gin Anderer dieſes
Beinamens findet fi bei Muratori Thes. Inser. II, p. 678, 6.: T. Marius
cf. ‚apito (Bologna).
7
Q. Marius auf einer Münze aus der Zeit der Republik (I. 458
)
bie 534), f. Riccio mon. ant. p. 140.
18) T. Marius von lirbinum, flieg vom gemeinen Soldaten an unter
Auguft ad summos casitrenses honores, erwarb fih auch ein anfehnlihes
Vermögen und fagte fein Leben lang, ſogar noch am Tage vor feinem Tode
dem Auguflus perfönlid: er werde ihm dem er das ˖ Seine verdanke es auch
binterlafien. Im Teftamente ſelbſt aber fand ſich Auguſt nicht einmal ge⸗
nannt, Val. Max. VII, 8, 6.
19) Marius Nopos, durch eigene Schuld in ſeinen Vermögensumſtänden
berabgelommen und naher von Tiberius aus dem Senat geftoßen, Tac. Ann. Il, 48.
20) Sext. Marius, Hispaniarum ditissimus, wo er bei. Goldgruben
befaß (eine Anekoote über feinen Reichthum f. bei Die LVIII, 22), wurde
unter Tiberius, nachdem er fon im I. 776 (23 n. Chr.) von einer De
Marla gens . 1567
nunciation Bebroßt geweien war (Iae. Ann. IV, 36.), im 3. 778 angeblig
wegen Inceſts, In Wahrheit aber wegen feines Reichthums angeklagt und
ven tarpei. Belien hinabgeſtürzt. Sein Vermögen zog Tiber. für ſich ein,
ac. Ann. VI, 19. Na Die LVIII, 22. war er ein Berirauter des Tiberius
und verbantte ihm feinen Reichthum; feine Tochter glaubte er vor der Küfternheit
des Kaifer verbergen zu müflen, was Anlaß zu der obigen Anklage gab.
21) P. Marius Celsus, @of. unter Nero 815 d. St. (62 n. Ehr.),
Fasti cap. Xac. Ann. XIV, 48. Gruter p. 1106, 7. Als Befehldhaber ver
15. Legion zieht er im I. 816 mit biefer aus Pannonien nad Syrien (Tac.
Ann. XV, 25 f.). Im J. 81764 n. Chr. curator aqrarum (Nachfolger des
Turpilianus), f. Brontin de aqvaed. c. 102. p. 101. Ded. Im I. 822
fuchte Galba durch ihn die illyriſchen Truppen in Nom für fi zu gewinnen,
aber dieſe fließen ihn zurück (Tac. Hist. 1, 31.) und aud font wußte er dem
Galba nichts Brfreuliches zu berichten (ib. 39.). Trot dem blieb er diefem
bis zu feinem letzten Augenblide treu und die flegreige Soldateska forderte
daher fein Leben; Otho verfprach ed und ließ ihn einftweilen fefleln (ib. 45.), .
verſoͤhnte fih aber bald zur allgemeinen Freude mit ihm, nahm ihn unter
feine Bertrauten auf (bei. für die Angelegenheiten des Kriegs, Tac. H. I,
90. 11, 33.), ftellte ihn an die Spige eines Heered (vgl. ib. I, 87.) und Mar.
widmete ihm biefelbe unverbrüdlihe Treue wie dem Galba (ib. 71.). Das
no von Galba ihm zugebacte Gonfulat (cos. des., ib. I, 14. 45. 71.)
erhielt er von Otho für pie Monate Juli und Auguft (ib. 77. Fasti cap.),
was auch Vitellius beſtätigte (Kac. 77. 11, 60.). Als einer der oberfien
Anführer von Otho's Landheer hatte er den undisciplinirten Truppen gegen⸗
über einen ſchweren Stand (Iac. H. II, 23.); ebenfo im Kriegsrath gegen»
über von höfiſchen Schmeichlern (ib. 33.). Der Sieger Vitellius ließ ihn
unangefodhten obwohl @äcilius Simpler ihn bei Seite ſchaffen und ſein Con⸗
fulat für ſich Taufen wollte (ib. 60.).
22) Marius Maturus, unter Vitellius procurator marilimarum
Alpium (Tac. Hist. II, 12. III, 42.). Er wiegelte pie Gebirgsbewohner gegen
Dibo8 Heer auf (ib. IE, 12.), wiberfland auch dem Veſpafian Anfangs
(ib. 111, 42.), ſah ſich aber zuleßt doch veranlapt Ihm den Ein ver Treue
zu ſchwoͤren (ib. 43.).
23) Marius Priscus, unter Irafan PBroconful von Afrika, wurde
(3. 853100 n. Ehr.) von feiner Provinz wegen Erprefiungen angeklagt.
Als Anmälte der Kläger waren Gornelius Tacitus und Pliniuß d. J. bes
ſtellt. Diele erklärten nad) vorläufiger Unterfuhung die Sache für jo bebeus
tend daß fie nicht auf die gewöhnliche Weife verhandelt werben fünne. Die
Verhandlungen wurden demzufolge im Senat geführt und endlich Dar. zu
einer Geldſtrafe und Verbannung aus Stalien verurtheilt, f. vie ausführliche
- Beichreibung von Plin. Ep. II, 11 f. vgl. VI, 29, 9. Daß er aber no
genug übrig behalten um ein vergnüglihes Leben zu führen bemerkt Juven.
I, 47—50. VII, 120.
24) L. Marius Maximus, Coſ. im 3. 976 (223 n. Ehr., unter
Severus Alexander) was nad den Fasti cap. ſchon fein zweites Gonfulat
war, fo daß der... . Maximus welder nad jenen Fasti im I. 960 Coſ.
war mit ihm identiſch feyn könnte wenn dieß nicht dadurch ausgeſchlofſen
würde daß Dio LXXVIN, 14. fi über bie Ernennung bes Mar. zum praef.
urb. durch Maerin. (3. 970) beſchwert nicht nur weil berfelbe von der
Bife auf gebient Hatte, ſondern aud damals noch nicht Senatömitglied war.
Bel. ib. 36. LXXIX, 2. Auf ihn bezieht fich die Inſchrift bei Muratori IT.
p. 719, 1. L. Mari. Maximi praef. urb. procösulis suflragatori Q. Att.
(aus Rom), vielleicht auch ib. 2.: L. Mario Maximo Perpetuo Aureliano
praesidi provinc. German. infer. (ebenbaher).
'
1568 Marla gene
25) Marius Secundus, von Macrin. zum Senator und Statthalter
von Phöntcien ernannt, verwaltete aber auch Aegypten mit und wurde bier in
einen nach Macrind Tod ausgebrocdhenen Aufftand erfhlagen, Div LXXVIII, 35.
26) Marius (nach Andern Mamurius oder Vecturius), unter den fog.
30 Tyrannen der flebente (3. 268 n. Chr.), hielt fi nur drei Tage. lir-
fpränglid Schmid (faber ferrarius) ſchwang er fih im Heere allmälig fo
hoch Hinauf daß er die Hand nah der Krone audftreden Eonnte. Er war fo
ſtark daß er mit einem Finger einen Karren im Laufe hemmen Fonnte u. U.
Am dritten Tage wurde er von einem Soldaten feined Heeres aus perſön-
lichen Beweggründen mit einem Schwerte aus feiner eigenen Schmide nieder⸗
geftoßen. ©. Trebell. Poll. p. 267—269. der Script. hist. Aug. II. Indeſſen
wird die Ungabe von ber Kürze feiner Regiernng hoͤchſt zweifelhaſt durch vie
Anzahl der Münzen melde von Ihm vorhanden find und welche zum Theil
von ihm ein mit der Befchrelbung des Bolio durchaus übereinlimmended
Bild geben. Ihr Buntort iſt Gallien. Mar. heißt auf ihnen volftänpig C.
M, Aurelius Marius P. f. ſ. Rafde II, 1. p. 262—269.
Auf Infhriften kommt der Name Marius häufig vor. Wir ermähnen: |
C. Marius P. F. Fab. Q. (aus Briria), Oruter p. 436, 6. C. Marius
Julianus eq. Flam. Dert. und C. Marius Aelianus iudex inter select. ex
V. dec., praef. fabr., IWvir i. d. Vercel, eic., ®ıut. p. 1096, 10. (aus
Dertona). C. Marius Drusus C. F. Pr. Pr. dictus ex provincia Dacica,
trib. laticlavialis, praef. leg. XII. Gem. (aud Darien), Gr. p. 180, 3.
C. Marius Gemellinus u. Marius Marcellinus, Legionäre aus Dacien, Gr.
552, 38. (Rom). C. Marius C. F. Gal. (Pal. ?) Nigrinus, flam. Romae
Divorum et August. provinc. Hispaniae citerior. und derfelbe ale C. Mar.
C. F. Pal. Verus (beide au Tarraco), Gr. p. 320, 4. 324, 8. M. Ma-
rius C. F. Aug. (Villacum), Gr. p. 436, 4., derſelbe als August. L.,
mit feinem Bruder C. Marius (Torcelum), ib. 615, 9. P. Marius Vot.
Lupercianus eg. r. eg. publ. omn. honor. municipal. adept. etc. (Bergo-
mum), Gr. 436,5. M. Marius M. F. Stel. Titias Rufinus Cos. (wahrſch.
im J. 950—197 n. Ehr., wo in ven Fasti cap. no .... Rufinus flebt),
procos. prov. Siciliae u. f. w. (Beneventum), ®r. 436, 7. P. Mar. Maran.
(Marian. ?) fil. Calpurnianus (Aeſona in Gatalonien), Gr. 436, 1. T.
Marius Martialis Trib. leg. XXX. (yon), ®r. 552, 4. L. Marius L. F.
Pal. Phoebus (Rom), Reineſ. synt. XIV, 152. M. Marius M. f. Cla(udia)
Belliciano (aus der Zeit ded Kommodud), Meine. VI, 67. Muratori H,
. 719, 3. . . . L. K. Mari. Dareni... (aus dem Gaftellum Gavallini),
uratori Thes. II, p. 718, 5. L. Marius L. F. Fl. Candidus Scisci. (Bo»
logna), Mur. II, p. 849, 3. M. Marius Fronto mit feinem Sohne M. Marius |
Proculus (Neapel), Mur. p. 1189, 1. C. Marius C. F. Jucundus mit feinem
Sohne L. Marius Ped. (Urbinum) u. C. Marius P. F. Fab. (Briria), Murat. III.
p. 1266, 2.3. C. Marius, Sohn eine® Gn. Pompeius (Gin. F. Maximus u. Bater
eined mit Leterem gleichnamigen Sohnes (Nemaufum), Dur. HI, p. 1272, 7.;
ebenfo Q. Marius Q F. Corymbus, Baier eines Q. Pomponius Q. F. Corymbus
(Urbinum), ib. 1272, 11. T. Marius T. F. Latius ($loren), Mur. 1374,
10. C. Marius L. F. Seia. (Uquileja), ib. 1482, 5. C. Marius C. F. Clem.
(Ravenna), ib. 1548, 9. Cn. Marius Sap. (Pifaurum), ib. 1637, 14.
Cn. Marius C. F. Ga(tta?) aus Nola, T..Marias T. F. Pol. Rufus (Rom),
L. Marius L. F. Vol. Kanenus (NRemanfum), ib. p. 1708, 9. 10. 11. P.
Marius P. F. Vot. Pepus (Bergomum), ib. 1709, 1. L. Marius Julianus
(Rom), ib. 2074, 6. Und ebenfo in allen Sammlungen eine entſprechende
Anzahl von Mariae, welcher Name allmälig mit dem jüdiſch⸗chriſtlichen Vor⸗
namen Maria zufammenfloß. [W.T.]
—
Manta gons e Mariandyni 1569
Einen Diäter Marius ermäßnt Ovid Pont. IV, 6, 24. — Marius
Maximus, einer von den @eidhichtihreibern der fpätern röm. Kalferzeit aus
welchen die Script. histor. August. ihre Nachrichten Ihöpften. * In das fünfte
Jahrhundert bürfte der Tateinifhe Grammatifer Marius Sergius zu verlegen
jeyn als des Cledonius (f. Bd. II. S. 435.) Zeitgenoffe; ihn identifleiren
Einige mit dem Grammatiker Servius; er iſt Verfaſſer von zwei Schriften: In
primam Donati editionem commentarius und In seeundam Donati editionem,
abgedruckt bei Putſche Gramm. Lat. p. 1826 ff. 1888 ff., die erſte Schrift
auch in verbefierter Geſtalt bei Enplicher Anal. Grammat. p. 473 ff., wo
p. 197 ff. auch ein weitere® bisher nicht befanntes Bruhflüd einer Schrift
dieſes Sergiuß De arte grammatica mitgerheilt If, ſ. Endlicher p. X. und
rgl. noch Fabric. Bibl. Lat. III. p. 410. ed. Ernest. Lieber Marius Plotius
Sacerdos f. Plotius und vgl. Bd. II. S. 430.; über Marius Victorinus f.
Vietorinus. . |
Marius, röm. Töpfer, f. Malten, Mainzer Ausgrab. 1842. ©.25. [W.]
Marlama, f. Mariaba. -
Martamme (Moouun, Arrian. Anab. Il, 13. Plin. V, 23, 12.
Mariammitani), bei Ptol. V, 15, 16. u. Sierocl. p. 712. Maoıxun, tm
Conc. Chaleed. p. 659. u. Const. T. XI. Conc. p. 402. Maoızum, bei
Steph. Byz. p. 444. Magıauuie), Stadt in Gölefyrien, einige Meilen weſtlich
von Emefa, von Alexander d. Gr. zum Gebiete von Aradus gefchlagen
(Arrian. 1. 1.). [F.}
Marläna, 1) (Mapa, Ptol. IIE, 2, 5.) eine vom G. Marius an⸗
gelegte ıöm. Kolonie (Mela I, 7, 19. Blin. IH, 6, 12. Inſchr. bei Mura⸗
toi p. 2004, 2.), am nörblidern Theile der Oſtküſte von Gorflfa, 40 Mil.
noͤrdi. von Aleria (It. Ant. p. 85.), die zweite Haupiſtadt ber Infel mit
einem: guten Hafen, deren Ruinen fi$ an der Mündung des Golo (des Ta-
vola der Alten) in einer Begend finden die noch immer Ebene von Mariana
beißt. — 2) Stadt (der Dretant?) in Hispania Tarrac., an der Straße
von Gmerita nach Gäfaraugufta (It. Ant. p. 445.); j. Almagro. [F.]
Marianne Fossae, ſ. Rhodanus.
Marlandymi (Meoıarövroi, Hecat. fr. 201. Aeſch. Pers. 982. Xen.
An. VI, 4, 4. Cyr. I, 1, 4. Biol. V, 1, 11. Scymn. fe. 199. [mo fi$
die Schreibart Mapıarönvor findet] Dion. Per. v. 788. Cuſtath. ad h. 1.
p. 138 f. Anon. Per. Pont. Eux. p. 10. WMela I, 19, 41. Bal. ST. IV,
171. u. A., bei Conſt. Poıph. Them. I, 7. Mapvarövroi), eine alte, oft
genannte Bölkerfhaft im norpöftlicäften Theile von Birhynien, an der Küfle
jenfeit de8 Sangarius (Plin. VI, 1, 1. wenigfiend macht den Sangariuß,
Scylax p. 34. dagegen den Hypius zur Brenze zwiſchen den Mariandynern
und Bithyniern). Sie waren wohl troß der Aebnlichkeit des Namens fein
Zweig der ihrakiſchen Thyni (od. Bithyni), da fie Herod. IH, 90. ausprädli
von den Thrakiern in Aflen untericheivet, und da fle im perf. Heere von ben
Bithyniern völlig getrennt und vielmehr mit den PBapblagoniern zu einem
Corps vereinigt waren, mit denen fie aud gleiche Waffen führten (Herod.
VII, 72. 75. vgl. Strabo p. 345.). Auch Gtrabo VII. p. 295. (vgl. mit
p. 542.) ſpricht e8 nur ald feine Vermuthung, keineswegs aber ale eine
unzweifelhafte Thatſache aus daß file Stammgenoflen der Bithynier feyen.
Die Gegend in der fie mohnten heißt bei Steph. Byz. p. 444. Mariandynia
(Magıiasdvria) u. Plin. I. 1. erwähnt an ihrer Küfle des Mariandyni Sinus
(nah Harbuin j. Golfe de Sangari). [ F.] j
® gamprid. Commod. 13. 15. Heliogab. 11. Alex. Sev. 5, 30. 48. 65. Spart.
Sev. 15. Hadr. 2. Ant. Geta 2. ®ulcat. Gall. Avid. 6. 9. Jul. Eapitol, Clod.
Alb. 3. 9, 12. Wopise. Firmus etc. 1. Marius Maximus homo omnium verbosis-
aimus qvi et mythistoricis se voluminibus implicavit. [ W.T.]
Bauly, Neal⸗Cucyelop. IV. 99
41570 ' Marlaudyaus -—— Marlans
Marlandymus (Mapuarövros), 1) Sohn des Phineus, Stammherr
der Mariandyner, Schol. Apollon. Rh. II, 725. 748. — 2) Beiname be
Bormos (f. d.), Aeſch. Pers. 941. [Kn.]
Mariant, nad Plin. II, 3, 9. ein Beiname der Einwohner von
Gereatä in Latium. S. Bo. II. ©. 274. [F.
Maerlänum (Mcocaror), nad Ptol. II, 2, 3., Stadt u. Vorgeb.
an der Südküſte von Gorfila; j. Cabo di Gafa Barbarica (?). [F.]
Marlänus Mons (zo Maoırror Opos, Ptol. II, 4, 15. It. Anton.
p. 432. Inſchr. bei Spon. Miscell. p. 191. Caro Antig. 1, 20. u. 9.
vgl. au Tzetz. Chil. VIII, 217.)., ein Gebirge in Hiſpania Bätica, eigent⸗
lich nur ein weſtlicher Ausläufer des Drospeda und wahrſch. baffelbe Ge⸗
birge deſſen auch Strabo II. p. 142. ald einer fleilen an Metallen reichen
(Plin. XXXIV, 2, 2. erwähnt Marianum aes, quod et Cordubense), nörb-
lich vom Bätis und parallel mit ihm hinſtreichenden Bergkette gedenkt, ohne
ihren Namen zu nennen (die heut. Sierra Morena). Der Öfllichere Theil
deſſelben hieß Saltus Castulonensis. Vgl. Bb. II. ©. 213. [F.]
Marlanus Scholastieus, Name ded Berf. von 5 @pigrammen in
der griech. Anthologie (Anal. II, 511. oder III, 211. ed. Lips.). Schneider
vermuthetete daß es derſelbe fey welden Suibad (II. p. 497.) ald einen
Römer ron alt⸗patriciſcher Abkunft bezeichnet, deſſen Bater von ba na
Eleutheropolis in Paläſtina gewandert fey. Der Sohn, der unter Anaflaflus
gelebt, fol nad Suidas in Jamben Metaphrafen der Gedichte nes Theokritus,
der Urgonautenfahrt ded Apollonius, der Hekale, der Hymnen, der Aitıa
und Epigramme bed Callimachus, ded Aratus, ber Theriaca des Nicander
und anderer Dichter abgefaßt haben. [B.] '
Maricae Lucus, Liv. XXVII, 37. Lucan. VII, 424. vgl. Birg.
Aen. VII, 47., ein ber Nymphe Marica, einer alten Nationalgottheit ver
Lateiner * gemweibter Hain zwifhen Minturnä und dem Meer, aus welchem
man Nichts was einmal bineingetragen war wieder herausſchaffen burfte
(Blut. Mar. 39.); dabei auch die Palus Maricae (Hor. Od. HI, 17, 7.
Bellej. II, 19.). [F.]
. Miariccus, |. ©. 1224. @ine Maricca Atemeria findet fl auf einer
Infhrift aus Celeja (Noricum) bei Gruter p. 879, 10.
Marict (Plin. III, 17, 21.), eine liguriſche Voͤlkerſchaft am Ticinus,
ndrblih vom Padus, die mit ben Laevi vereint bie Stadt Ticinum baute. [F.]
‚Maride, ſ. Marde.
Maridünum (Mooidovror, Ptol. II, 3, 23.), Stadt der Demetä
am Fluſſe Tobius (j. Towy) im Innern von Britannia Romana; j. Car⸗
martben, bie Haupiſt. der gleihnamigen Grafſchaft. [F.]
Marigöri, unbekannte Tölkerihaft Aethiopiens bei Plin. VI, 30,35. [F.]
Marimäthe, Ortimjüdöfll. Theilevon Arabia Felix, Ptol.VI,7,38. [ F.]
Marliuianne (}t. Ant. p. 130., im It. Hieroſ. p. 362. Maurianae,
vielleicht auch das Mayricya des Ptol. II, 14, 6. ?), Drt in Bannonien
an der Grenze zwiſchen Pann. Superior und Inferior und an ber Straße
von Jovia nah Murfa (beim Dorfe Szara an der Grenze des Schümeger
und Baranyer Comitats. Bel. Mannert Ill. S. 699.). [F.)
Marinianiamm (Tab. Peut.), Ort in Noricum, an der Straße von
Lauriacum nach Veldidena in Rhätien; j. Marienkirchen an der Ihna. Bol.
Muchar Norkum ©. 285. [F.
Marinus, 1) im J. 249 n. Ehr. (1002 d. St.) unter Kaifer Phi⸗
lippus von den aufflänbifchen Legionen in Möflen u. Pannonten bei weldgen
Nach Serv. zu Virg. Aen. VII,47. XII, 164. wurbe fie von den heiienifirenben
Mpthologen bald mit Aphrodite bald mit Kirke (f. Bactamt. I, 21.) ibentificirt. [Kn.]
Marlinus 1571
er als zafırpyne (Zonar. XII, 19.) fand zum Kalfer gemacht. Philippus
klagte feine Noth im Senat, wo ihn aber Decius beſchwichtigte: die Soldaten
werden bald die Waffen gegen ihr eigenes Geſchöpf wenden, was allerbings
fehr bald gefhah, nur drängten diefelben dann dem Deciud den Purpur auf.
Zoftm. I, 20f. Sonar. XII, 19. Nieber Julius Marinus f. ©. 489. Nr.8. [W.T.]
2) aus Flavia Neapolis in Paldftina, Schüler des Proclus und fein
Nachfolger auf dem Lehrftuhl der Philofophie zu Athen im I. 485 n. Chr.,
Lehrer des Agapius. Er fchrieb außer andern Schriften philoſophiſchen In-
halte das Leben des Proclus in Brofa und in Verſen (Suib. s. v. vgl.
Eudor. p. 300. Phot. Bibl. Cod. CCXLII. p. 345. Bekk. vgl. CLXXXI. fin.
p. 127.); bie profaifhe Biographie, bald nad dem Tode des Proclus ver»
faßt, beflgen wir nod unter der Aufichrift IZooxAos 7 megi evönıuovias
welche fih darauf bezieht daß M. darin zu zeigen ſuchte, wie Proclus durch
die Bereinigung der vier Gardinaltugenden (Klugheit, Muth, Mäpigung und
Gerechtigkeit) mit den phyſiſchen Vorzügen (Gefunpheit, Schärfe der Sinne,
Etärke des Körperd u. dgl.) zu volllommnem Glück gelangt fey; ein auf
diefe Biographie bezügliches Diflichon enthält die griechiſche Anthologie (Anal.
11. 446. oder II. 153 ed. Lips). Gommentare über den platoniſchen
Philebus (f. Photius 1. I. p. 338. ed. Bekk. vgl. 851.) und Parmenides,
worin M. eine von feinem Lehrer abweichende Anſicht ausgeſprochen haben
fol, werben genannt; der von ihm wie Patricius glaubt verfaßte Commen⸗
tar zu des Ariſtoteles Schrift De anima (vgl. Buhle De libr. Aristot. Interpr.
Graec. p. 306.) if jedenfalls nicht mehr vorhanden; erhalten hat fi aber
blos no eine Art von Einleitung (noodewpia) zu Guclids Aedousre (f.
Bd. IH. p. 258.), abgedruckt in der Parifer Ausgabe viefer Schrift 1625.
und 1695. 4. Das Lehen des Proclus erſchien zuerft zu Züri 1558. und
1599. 8. von W. Xylander und daraus in der platonifhen Theologie des
Proclus (von Nemilius Portus), Hamburg 1618. und Lyon 1626. 12.,
zuerſt volfländiger von I. U. Fabricius zu Hamburg 1700. 4. und London
1703. 8., am beften von I. F. Boiffonade zu Leipzig 1814. 8. ©. über
Marinuß: Bruder Hist. crit. philosoph. T. Il. p. 318 ff. 337 ff. Babricius
Prolegg. (feiner Ausgabe und daraus auch bei Boiſſonade p. IL. fj.) und
Biblioth. Graec. IX. p. 363.f. 370 f. ed. Harl, — 3) Marinus aus
Tyrus welcher furz vor Ptolemäus im zweiten Jahrhundert nah Chr. lebte
und für die mathematifche Geographie der Alten Bedeutendes leiftete, mie wir
aus PBtolemäus, der unmittelbar auf ihn folgte und im erfien Buch feiner
Geographie mehrfah von M. und feinen Entvedungen und Leiftungen fprisht,
erfeben. Diefe bezogen fih hauptſächlich auf fein Bemühen, einem jeden Orte
feinen beflimmten Grab der Länge und Breite anzuweiſen; ferner auf bie von
ihm erfundene neue Art ein Bild der Ränder und der Erbe auf einer Fläche
zu geben, welche einen wefentlichen Fortſchritt in ber Landkartenzeichnung ber
Alten erkennen läßt. Dabei hatte Mar. forgfältig die Werke früherer Geo⸗
graphen Aubirt und daraus mie aus andern Neifeberichten die geographiſche
Kunde der alten Welt weſentlich erweitert, wie denn Ptolemäus auf biefe
Forſchungen und Entdeckungen mit Kritit welter bauend fein geographiſches
Werk ausarbeitete, dad wir noch beflgen während des Mar. Arbeiten unter
gegangen find. Vgl. Ptol. Geogr. I, 6. 7. 11 ff. 20. II, 6. Goſſelin im
Journal des Savans 1791. P. XII. p. 749 ff. Ufert, Geogr. d. Griechen u.
Nömer I, 1. ©. 227 ff. I, 2. ©. 194 ff. 278. Borbiger, Handb. d. alt.
Geographie I. S. 365 ff. — 4) ein geiehrter Arzt melden Balenus ale
einen der Wiederherſteller der Anatomie bezeichnet und dfterd in feinen
Schriften anführt; er hatte fogar aus einem aus zwanzig Büchern beftchenden
Werke des M. (Ararouıxa) einen Auszug in vier Büuͤchern geliefert, ſ.
Gabric. Bibl. Graee. XI, p. 321. und vgl. Sprengel Gef. d. Mepic. II-
1972 Marion — Marmärlen
@. 70. ed. 3. Bande wollen ihn auch mit dem bei Plinius Epist. X, 6.
genannten Posthumius Marinus für @ine Perfon anichen, was jedoch
fehr zweifelhaft if; vgl. Fabric. 1. 1. und IX. p. 372. ed. Harl. — 5) ein
byzantiniſcher Rechtslehrer welcher an der Abfafjung bes vom Kalfer Bafllius
heraudgegebenen Handbuchs (meoysıpor, |. Bd. 1. ©. 1070.) Ahell nahm. [B.]
6) römischer Töpfer auf einer Lampe bei PBaflert Luc. Fict. T. H.
Tab. 51. Derfelbe Name bei Roth Mitth. der Geſellſch. für vaterl. Alterth.
in Bafel I. ©. 14. — 7) Mestrius Mariinus (sic) wird auf einer Inſchrift
bei Gruter p. 90, 4. ald Maler aufgeführt. [W.] g
Marlom, ein Alerandriner, Sohn des Marion, ausgezeichneter Olympio⸗
nike welder DI. 18% an demfelben Tage im Ringen und Pankration be⸗
kränzt wurde. Als Doppelfleger. war er ein ſog. Nachfolger des Herakles
und zwar ver fehöte. Pauf. V, 21, 5. Afrikanus bei Eufeb. EA. oAvum.
p. 43. Scalig. [Kse.]
Mariönis (Maowris; und Mao. Erepa, Btol. II, 11, 27.), zwei
Städte im noördlichſten Striche Bermaniend, von denen man die eine für
Samburg, die andere für Lübe Hält (vgl. Mannert HI. S. 451.). Na
Andern wäre jene Marne bei Brunsbüttel, dieſe aber Wismar (vgl. Ukert
In, 1. ©. 436.). [F.]
Marlsus (Mepıos, Strabo VH. p. 304., bei Herod. IV, 49. Maoıs,
bei Iornand. de reb. Get. c. 22. und dem Geo. Rav. 4, 14. Marisia), ein
Fluß in Dacien, ven die Alten ale nördlichen Nebenfluß unmittelbar in den
After fallen Lafien, während ver heut. Marofch, der offenbar gemeint if, viel
mehr erft in die Theiß und mit vieler in die Donau fällt. [E.
Marithi Montes (ta Mapsıda opn, Ptol. VI, 7, 20. 23.), Gebirge
im Öfllikern Theile ded Innern von Arabia Felix, das ſich ſüdöſtl. nah dem
Fluſſe Lar hinzieht. [R.]
Maritima (Mœgeriuc), 1) eine Seeſtadt der Avatiei an der Süpfüfte
von Gallia Narbonenfld (Mela I, 5, 4. u. Plin. III, 4, 3.), nah P'ol.
11, 10, 8., welcher Maritima nit als Nomen proprium zu nehmen ſcheint,
fondern blos ’Avazınar napıriun noAıs ſchreibt, eine Kolonie, waäahrſch. Pie
bedeutenden Muinen bei der Kapelle St. Blaiſe meftl. vom Gtang de Berre
und fübl. von Iſtres (vgl. Statistique du Dep. des Bouches du Rhöne T.
I. p. 67. 117. 882.). Andere fuchen fie bei Martigues, Berre od. Marig⸗
nane (vgl. Ufert 11. 2. ©. 421.), Mannert aber II, 1. ©. 80. beim Derfe
Miramas. — 2) fpäterer Name des zu den äoliſchen Infeln gehörigen Eilande
Hiera (It. Anton. p. 492. Vgl. daf. Weſſel. u. Mannert IX, 2. ©. 387.). [F.]
Maritas, |. Matrimonium und Nuptiae.
Markus (Meaoos, Bauf. III, 22, 6.), ein Städtchen im Often Laco⸗
nica's, 100 Stad. Ianbeinwärtd von Geronthrä, mit einem alten, allen
@öttern geweihten Tempel und vielen Quellen; noch jegt Mari. Bol. Leake
Morea III. p. 13. u. Boblaye Rech. p. 96. [F.]
Marma, Stadt der Sabäi in Arabia Felix (Plin. VI, 28, 32.). [F.]
Marmarenses (Mapucoeis, Diod. Eic. XVII, 28.), eine jonft unbe⸗
Tannte Heine Voͤlkerſchaft an der Außerften Grenze Lyciens (gegen Gilicien). [F.]
Mermarica (7 Mapuapınn), das oͤſtlichſte Land der Nordküfte
Afrika's neben Aegypten (d. 5. der nordweſtlichſte Theil des heut. Aegyptens
und der öftlihere Strih von Barka Im Reiche Tripoli) welches wenigſtens
Ptol. IV, 5., der Stadiasm. mar. magni 6. 441 ff. und Agathem. II, 5.
ale befondere Landſch. aufführen, während es Strabo XVII. p. 799 ff. zu
Aegypten, Mela I, 8. u. Plin. V, 5, 5. aber (melde fämmtlih topograph.
Schilderungen deſſelben geben) zu Enrenalca rechnen. Es reichte vom Sinus
Plinihinetes an der Grenze Aeghptens weſtlich bis zur Grenze von Gyrenaica
oder Pentapolis (Agathem. 1. 1. Strabo II. p. 131.), füplich aber ziemlich
Marmarinue — Marmor 41973
tief landeinwärts bis zum Ammonium, und umfaßte in biefem weitern Einne
wei Saupttheile, den Libyſchen Nomos (f. oben ©. 1047.) von ber Grenze
Aegyptend bis zum großen Katabathmos, und das eigentliche Marmarica weiter
gegen W. Dad Land war obgleich es von feinem Zluffe bewäffert wird im
Altertfume gemiß no nicht in einem fo traurigen Zuflande wie jetzt wo
ed far bloſe Sandwüſte if, da es felbft unter der arabifchen Herrſchaft noch
mit Feldern, Gaͤrten und Landhäuſern bedeckt geweien feyn fol (vgl. Pacho
Voyage dans la Marmarique p. 10 ff. und Minutoli's Reife ©. 51. u. 69.).
Es wurde von einigen niedrigen Gebirgszügen durchſchnitten, nämlih im
libyſchen Nomos vom Aspis längs ber Küfle, dem Asyphus meiter weſtlich,
tem Ogdämus tiefer im Innern und M. Thinödes an der fünlichen Grenze,
im eigensliden Marm. aber von den Bascici M., einer weſtlichen Fortſetzung
des Aiyphus, und ben Anagombri M. an der Südgrenze weſtlich vom Orakel
des Ammon (fümmtlih von Ptol. 1. 1. genannt). Das Gebirg Aſpis dacht
ii gegen das Meer Hin ab und bildet bier eine Vertiefung, den fog. großen
Katabathinos (vgl. Bo. II. S. 213.), die unter den Ptolemäern gewöhnlich
als Grenze zwiſchen Aegypten und dem eigentlichen Libyen, unter den Römern
aber nur als Grenze zwiihen dem libyſchen Nomos des Ptol. und bem
eigentliden Marm. angefehen wurde. Die Küfte bildete auch mehrere Vor⸗
gebirge, nämli in der Richiung von O. nah W.: Deris, Hermaeum Prem.
(Epuaia axpı, Btol. 1. I. Stadiasm. p. 437.) anifchen Phönicus und Par
tätonium, und Leuce (f. oben S. 945.). Die Einwohner, im Allgemeinen
Marmaridae (Meapungidar, Scyl. p. 44. Gtrabo II. p. 131. XVII. p. 798.
838. Died. II, 48. Plin. V, 5, 5. 6, 6.) genannt, lebten größtentheils
ale Nomaden und zerfielen in eine Menge einzelner, von Ptol. 1. 1. genannter
Völkerſchaften, unter denen die Adyrmachidae und Giligammae an der Küfte
und die Nasamönes u. Augilae im Innern die bedeutendſten waren. Unter
den Städten des Landes find die wichtigen, fämmilih Küftenorte in der
Richtung von D. nah W. folgende: a) im libyſchen Nomos: Taposiris,
Antiphrae, der Safenylag Phoenicus, Paraetonium, Apis und dad Kaflell
Catabathınus. b) im eigentlihen Darmarica: Menelai Portus und Cherso-
nesus Magna. Im Innern des Landes fand fi nur die Dafe Augila und
das berühmte Ammonium. Leber den heut. Zuftand beffelben im Vergleiche
mit den Nachrichten der Alten vgl. außer della Cella Viaggio da Tripoli
di Barbaria etc. fatto nel a. 1817. Genova 1819. 8., Minutoli's Reiſe
um Tempel des Jupiter Ammon und nad Oberägypten, herausg. von
Zölfen. Berlin 1823. 4. u. U. befonder® Pacho Voyage dans la Mar-
marique, la Cyr&naique et les Oases d’Audjelah. Paris 1827. 8. [F.]
Marmarinus, Beiname des Apollo, von feinem Heiligthum in den
Narmorbrüchen von Caryſtus, Guftath. p. 281, 3. Strabo p. 440. [Kn.]
Marmarlum (Meopucpıor, Strabo X. p. 426. Nonnus Dion. XII,
160. Steph. Byz. p. 445.), Stadt an der Südweſtküſte der Infel Cuböa
dl. von Emporium, mit einem Tempel des Apollo und berühmten Marmors
brüchen, ein gewoͤhnlicher Ueberfahrtsort nah Attika, noch j. Marmarl.
Vgl. Leake North. Greece II. p. 432. JF.]
Marmax, der erſte Freier der Hippodamia welchen Ihr Vater Oenomaus
. d.) tödtete und mit feinen zwei Roſſen begrub. Pauſ. VI, 21, 6. [Kn.]
Marmolitis, ſ. Paphlagonia.
Marmor (ucpuaoor, Aidos, Ardog Asvxos). Der Marmor iſt ein
barter, der Polltur fähiger Kalfftein und begreift fehr viele verfchiedene
sten von dem reinen blendendweißen bis zu den bunfelfarbigen, ſchwarz⸗
rünlichen und fchmarzen in verſchiedenen Abflufungen der Barben (geftreift,
hefleckt, punktirt). Je nah der Qualität wurde er zu verſchiedenen Zwecken
ugt. — Im homeriſchen Cpos kommt ber Name uaguapor nur einmal
1574 Marmer
vor und zwar als ein gemeiner Feld» oder Mauerflein; denn Aias wirft ben
Epifles, Kampfgenofien des Sarpedon, uagueon Onpioerz und zerträmmert
deffen Selm und Haupt (I. XII, 380 ff.). Bei ver Beihreibung der Anaften-
-bäufer wird er nicht ermähnt. Man hat daher darüber geftritten, 06 dem
Dichter der Marmor befannt geweſen fey oder nicht (f. Milin Mineralogie
des Homer ©. 14., Ueberf. v. Rink). Gewiß mar dem Homer biefe Stein-
art nicht unbefannt, da fih in den Eleinaflatifhen Staaten fo wie auf ben
Cycladen viele ergiebige Marmorbrüche fanden. Nur hatte fie zu feiner Zeit
weder in der Architektur noch in ber Plaſtik große Bedeutung erlangt und.
e8 konnte ih demnach auch Feine DVeranlaffung zur Erwähnung barbieten.
Als die erſten bedeutenden Meifter in der Marmorfculptur werden die Kreter
Dipoinos und Skyllis genannt, mit melden die ſikyoniſche Schule um DT.
50 anhebt (Plin. XXXVI, 4, 1. vgl. Thierſch Epoch. S. 141. 2te Ausg.).
Schon früher hatte ſich jedoch ein Künfllergefhleht auf der Infel Chios in
diefer Sculptur bethätigt, beffen Urahnen nah Plinius (XXXVI, 4, 2.) fid
bis auf den Anfang ver Olympiaden zurüdführen laffen vürften. Chios Hatte
treſſliche Marmorbrüche. — Ueber die verfchiedenen Plarmorarten bemerkt
Plinius XXXVI, 11. Marmorum genera et colores non attinet dicere in
tanta notitia, nec facile est enumerare in tanta multitudine. (Juotocuique
enim loco non suum marmor invenitur? Pollux VI, 100.: zoMla« &
eiön Aldor, Dovyia, Aanaıre, Alßvoox, EvBois, Osrrain, Aiyvarıa, vrai
zoveor 65 den nAsiores. Verſchiedene Marmorarten weldde zu feiner Zeit
bei den Römern vorzüglih beliebt waren befchreibt in -feiner prägnanten
Weiſe Statius Silv. I, 5, 34—44. 85 ff. Themiſtius Orat. XVIII. p. 271.
ed. Dind.: zo d& xaAlvrorsa oil Toiyoı ai ra eddgn Ad Aunaiın xaı
ABvoog; na Alyurrie nri. Sidonius Apollinaris Ep. II, 2.: iam si mar-
mora requiras non illic quidem Paros, Caristos, Proconissos (Proconnesos),
Phryges, Numidae, Spartiatae rupium variarum poguere cruslas: neque
per scopulos Aethiopicos et abrupta purpurea fucata conchylio sparsa
mihi sara furfurem mentiuntur. Alle diefe Stellen beziehen ſich auf beliebte
Marmorarten ber fpäteren Zeit. — Wir beginnen nun mit dem attiſchen
Marmor welcher zwei außgezeichnete Arten umfaßt, den pentelifchen und ben
hymettiſchen, welche auf dem PBentelifon und Hymettos gebrochen wurden.
Der pentelifche Hatte den Vorzug "in den rein griechiſchen Bauwerken. Der
Hymettifche wurde von den Römern hoch geſchätzt (Horat. Carm. II, 18, 3.).
Die wichtigſte Stelle Über dieſe Bergwerke iſt Zenopb. de vect. I. 6. 4.:
Ilöpvxs ur yap Ardog &7 avıj apdorog, E& cv xallıora ur vaoi xal-
Aıoroı de PBwuos yiyyorım, esumpensorarz db Deoig ayaluara‘ moAlos 6
avrod nal Eiinves al Barpßapoı nooodsoren. Sirabo IX, 399 Caſ.
uapuroov 6' gori ng 1e "Tusrreiag naı tng ITerteiıc nallıora ueradlla
AAnaiov Ths noAsos. Dal. Livius AXXI, 28. Unter den Römern hatte zuerfl
der Redner 2. Licinius Craſſus fremden Marmor in feinem Haufe, nämlich ſechs
bymettifhe Säulen und wurde deßhalb von M. Brutus ald Venus PBalatina
bezeichnet (Plin. XXXVI, 3.). Numidifhe Säulen mit hymettiſchem @ebäft
darüber ermähnt Horatind (Carm. II, 18, 3 f.). Aus dem penteliihen Mar⸗
mor fol Byzes von Naros zuerft Dachziegel bereitet Haben, Bauf. V, 10, 1.
Gicero (ad Att. I, 8.) erwähnt Hermae Pentelici cum capitibus aeneis.
‚ Die Schönheit und reine weiße Farbe dieſes Marmors kann ſchon daraus
einleuchten daß Praxiteles die enivifhe Venus daraus gebildet Hatte (Xuf.
Jupp. Trag. c. 10.). Herodes Atticud umgab bad yanathenäifge Stadium
mit Sigen aus pentelifdem Marmor woburd daſſelbe ein prädtiges Bauwer?
wurde. Auch ſchmuͤckte er die iſthmiſche Laufbahn auf ähnlihe Weile (Baur.
1, 19, 7. Philoſtr. vit. Soph. V. p. 550. Olear.). Auch das auf dem Ge-
birge Phelleus gebrochene Geſtein fcheint eine Marmorart gemefen zu feyn.
| Marmor 1575
Wenigflens hatte ver Plaftiker Simon hieraus sine Statue bes Dienyfes
gebildet, Glem. Alex. Cohort. ad gent. p. 14. — Die Marmorbrüde der
cycladiſchen Infeln gehörten zu den älteften, ergiebigflen und vortrefflichſten.
Bor allem zeichnete ſich Paros dadurch aus. Der- yarlihe Marmor * war
wegen feined reinen weißen Glanzes vorzüglih zur Seulptur geeignet und
behauptete vor allen den Borzug. Strab. X, 487 Cai.: IIægiœ Aıdos As-
ousrn MBiorm NOS 77 uapuapoyAvgiar. Die ſchöne weiße Farbe be»
gen bie Alten vielfach: Pindar Nem. IV, 81.: oraiar Heuss Ilepiov
Adov Aevxordoar. Ihenktit. VI, 38.: zor Odorzar Asvnozepar avyar Ilepiag
vrdpare Ardoro. Daher yıoran Aidog genannt (Authol. IV, 12.) und can-
didissimus lapis (Ir. Ant.). Sfopas und Brariteles wählten ihn ganz vor-
züglich zu ihren plufiihen Schöpfungen (Propert. III, 7, 16. Praxitelem
Paria vindicat arte lapis). Ob ber Lychneus oder Lygdinos eine beſonders
feine Species des pariſchen Marmors geweſen fei oder irgend eine andere
ſehr audgezeichnete Marmorart, oder ob der pariſche Marmor überhaupt biefes
Prädikat erhalten habe, wagen wir nicht zu beflimmen. Der Schol. zu Pind.
Nem. V, 5, 19. bezeichnet ihn ald parifhen Marmor (Ilagıos 5& Aidos 6
x@Aovusrog Avydıros). Daß er fehr weiß mar läßt fi aud Anacreont.
XXVIII, 27. (neoi Avydirw TEwyNAw) und auß den puose vyuyar Avydıra
welde Brariteled gebildet (Anthol. VI, 4.) abnehmen. Candida Lygdos
beißt er bei Martial. VI, 42. Es gab Marmor von fo blendend weißem
Slanze daß der Anblid den Augen wehrhat, |. Plin. XXXVI; 6, 10. Die
Siphnier Hatten Ihr Prytaneion und den Marktplag aus yariihem Marmor
aufgeführt, daher in einem Drakelfpıuge zovraerna Asvra und Aevnoppvg
aropn genannt. Vgl. Herodot III, 57.— Chios Tieferte ebenfalls trefflichen
Marmor (Gtatiud Silv. II, 2, 93.). Strabon erwähnt bie ergiebigen Steins
brüche des Berges Pelinäon (XIV, 645 Caſ.). Au Thaſos hatte Ihäßbaren
Marmor, bei den Römern während der Kaiferzeit beliebt. Vgl. Suet. Ner.
c. 50. Seneca Ep. 68.: pauper sibi videlur ac sordidus nisi 'Ihasius lapis
piscinas nostras circumdedit. — Der karyſtiſche Marmor wurde beſonders
zu Säulen verwendet, fo genannt von der Stadt Karyflod auf Cuböa (au
A005’ Evßois). Er murde am Buße bed Berges Ocha gebrochen (Steph.
Byz. de urb. v. Oxn). Auch Strabon (X, p. 440 Caſ.) feht Pas uapua-
so mit dem Tempel des Apollon Marmarinod hieher. Die Farbe deſſelben
war meergrün, daher Statius gaudens fluctus acquare Carystos und glauco
certantia Doride saxa und concolor alto vena mari (Stat. Silv. II, 2, 93.
IV,2,29. 1,2,149.).** — Der phrygifhe Marmor umfaßt mehrere Arten,
namentli$ war ber dokimeniſche und ſynnadiſche gefhäpt. Der letztere hatte
eine Helle Farbe mit Burpurfleden (Statius Silv. I, 5, 37. vgl. 1,5, 40.).
Auch der Foralitifche welcher fih durch ſein reines Weiß auszeichnete gehörte
zu ben phrygiſchen. Pauſanias (I, 18, 9.) erwähnt 120 phrygiſche Säulen
welche Hadrianus zu dem Tempel der Here und des Zend Panhellenius zu
Ahen verwendete. Zur Zeit der Kaiſer war ber yhrygiihe Marmor zu Nom
ſehr gebräudlih (Phrygiae columnae, Phrygius lapis, Phrygius silex,
Phrygiae crustae) werden von den Dichtern dieſer Zeit bäuflg genannt
(Horat. Carm. I, 1, 41. Tibull. II, 3, 13. 41. Stat. Silv. I, 2, 148.). —
Die fporadifhe Injel Prokonneſos hatte ebenfalls Steinbrüche welche einen
weißen Marmor mit ſchwarzen Adern lieferten. Gin alter Autor bei Salmaf.
Er. Plin. p. 495. ed. Traj. bezeichnet ihn näher alio: YAsßas 58 dradxeı
ueAairag, an ulr eis vOV ni 68 vaınvlag xai Ovrsorpauuevas. Im
© gl, Aber ihn Stephani in d. Zeitſch. f. d. WW. 1843, Nr. 73. IW.T.)
© Ueber den grünen Marmor bef. Theffaliens f. die erfchöpfende Abhandlung
von G. 2. 8, Tafel, Thessnlonica p. 439—457. [W. T.]
1576 Marmor
Peloponneſos war der lakoniſche und zwar vorzägliä ver tänarifche Marmor
von ſchwarzer Barbe beliebt. Statius (II, 2, 90.) erwähnt einen andern Ta»
Eonifchen von Amyllä von grüner Farbe (et Amyclaei caesumm de monte
Lycurgi, quod viret). Plinind XXXVI, 1]. pretiosissimi quaedam generis,
sicuti Lacedaemonium viride cunctisque hilarius. Zampr. Alex. Sev.c. 25.
p. 921. Alexandrinum opus marmoris de duobus marmoribus, hoc est
rphyretico et Lacedaemonio, primus instituit. Dazu Caſaub. Einen
orintbiiden Marmor erwähnt Ifldor. Orig. XVI, 4.: Corinthius lapis Am-
moniacae guttae similis cum varielate diversorum colorum Coriathi pri-
mum repertus, ex quo columnae ingentes liminaque fiunt et trabes.
Mande Marmorarten werden von fehr fpäten Autoren genannt, wie ber
äginetiihe (ſ. Garyophil. de marm. p. 9.). Auch mochte derſelbe nur eine
geringere Steinart feyn, vorzüglih zu Säulen geeignet. So mochten auch
der rhodiſche, troiſche, boßporifche, der Fappapofifche, tyriiche, hieroſolymitiſche,
der feyrifche, deukaliſche, bierorolitifche, der lydiſche, lesbiſche und mylafien-
ſiſche, der alabandiſche, foffenflihe und epheſiſche Marmor nur geringere
Steinarten feyn welche befonders der Architektur dienten (vgl. Caryophil.
. de marm. p. 18—28.) — Bon beveutender Gelebrisät mar der numidiſche
und der libyſche melde wohl oft in gleicher Bedeutung genannt werden
möchten. Der numidiſche mußte ſehr feine Bearbeitung und Politur geftatten
da er zu Verzierungen geringerer Marmorarten diente. Oder er umfaßte
verſchiedene Species (Seneca Epist. 87. p. 181.: nisi Alexandrina marmora
Numidicis erustis distincta sint, nisi illis undique operosa et in piclurae
modum variata circumlitio praetexatur). Solinus (XXVI.) bezeichnet ihn
ala einen andgezeidgneten Marmor. Wir finden ihn bei. zu Säulen verwendet,
f. Juv. VII, 152. Dem Diktator Cäſar errichtete dad Volk nach feinem Tode
eine zwanzig Fuß hohe Säule von numidiſchem Marmor (Guet. Caes. c. 85.).
Die Billa der Gordiani an der via Praenestina umfaßte zweihundert Säulen
in einfacher Stellung (in tetrastylo) ringöherum, 50 karyſtiſche, 50 clau-
dianifge, 50 ſynnadiſche, BO numidiſche ron gleider Dimenflon (Gapitolin.
‚Gord. c. 32.). In dem von Hadrianus zu Athen errichteten Gymnaflum
befanden ft hundert Säulen aus libyſchem Marmor (AcIorouias is Aıßvor,
Pauf. I, 18, 9.). Zur Zeit des Seneca wurben thrild aus Aegypten theild
and den @indden Afrika’ mächtige Säulen aus geflediem Marmor (ingentium
maculae columnarum) nad Rom gebradt (Senec. Ep. 115.). Hadrian ges
möhrte den Smyrnenfern zu einem Wleipterion im Gymnaſion dieſer Stadt
eine bedeutende Anzahl ſynnadiſcher, numidiſcher und porphyretifher Süulen
(nad einer Inſchrift Marm. Oxon. n. 21.). Nach der Beihreibung des
Statius (Silv. I, 5, 36 f.) batte der numidiſche Marmor yurpurfarbige
Flecken. Paulus Eilentiarius (II, 217.) bezeichnet dieſelbe dur yovoogarı,
noonoerza Adoor auapvyunere. Eivonius Apollinaris dagegen redet von einer
dem Elfenbein gleichen Weiße (antiquum mentitus ebur, eburnea sara V, 37.
xxH, 137.). — Der agyptiſche Marmor war fehr veriktebener Art, bes
fonders durch farbige Steinmafien ausgezeichnet (Aidog Aryvarıos, Nalae
uetaAAa, Alexandrina marmora, Pharium marmor, fämmtlih «allgemeine
Bezeichnungen des ägyptifchen Marmors). Die melften vieler Steinarten
waren ledoch mehr zur Architektar ale zur Plaſtik geeignet. Die Steinbrüde
waren an der Oftfeite bed Bandes, in den Gebirgen Arabiens. Herodot (HI,
8.), Gtrabon (XVII, p. 818 Gaf.) und Diodoros (II, 93. sbainoı zo uE-
78005 Acronis) gedenken verfelben. Benaueren Bericht gibt jedoch Ptolemöus
(IV, 5. p. 121 ed. Amstel.): &r oig opewai uyag, ijrs zoo Towixov
Aldov Öpovs, ai n Tod Adußaarpivov Ovovg, xal 1 Toü Noppveiror
600u5 xal 7 Tod uelarog Aidov Opovg, xai 11 tod Buoasirov Aidov Opov;.
Die gebräudliägften Arten waren Der porphuritifche und ber ſchwarze, dem
Marmor . 1877
Obſidian ahnliche. Der porphyritiſche war beſonders in ver Kalferzeit
beliebt. Wir haben bereits porphyritiſche Säulen des Hadrianus erwähnt
fo wie porphyritifchen Marmor des Alerander Severud. Er diente bei. zu
architektoniſchen Zmeden. Die Plaſtik machte ft in ber fpäteren Zelt davon
Gebrauch, namentlih zur farbigen Gewandung von Bruftbildern, deren Kopf
aus weißem, bie Gewandung der Bruft aus Porpbyr-Dearmor gebilder if
(man findet folde gegenwärtig noch in den meiſten Untifenfammlungen).
Nach Plinius XXXVI, 7, 11. hatte er eine ſtarke röthliche Farbe: rubet por-
phyrites in eadem Aegypto: ex eo candidis intervenientibus punctis Lepto-
psephos vocatur. Claudianus XXXVI, 7.: quid purpureis columnis atria ?
Ariflives Orat. Aeg. p. 349.: ir ya zu "Apaßınn ai 7 nepißontog avım
Asdorouie 7 nopgpveirms Eoriv. Bon der ſchwarzen Steinart finden ſich noch
ägyptifhe Seulpturwerfe in den gegenwärtigen Mufeen, namentlid in ber
Glyptothek zu Münden. Die Alten bezeichnen dieſelbe ſchlechthin durch
ueiara Aidor, wie den weißen Marmor durch Möboçg Asvnog (Diod. I. p. 40.).
Zu Ehren des Pescennius Niger hatte der ägyptiſche König von Theben
deſſen Statue aus ſchwarzem Marmor verfertigen laſſen, Spartian. vit. Pesc.
Nigri p. 680 f. Ser. H. A. — Befondere Bezeiinungen von Marmorarten
find Ophites, Kondites, Luculleum, Augufteum, Tiherianum. Der Marmor
Opbites hatte feinen Namen von feiner Aehnlichkeit mit Schlangenfchuppen
Plin. XXXVI, 11.: serpentium maculis simile, unde et nomen aocepit.
Auch Statius Silv. I, 5, 35. ermähnt ihn. Der Marmor Kondites war
nah Paufaniad (I, 44, 9.) nur im Gebiete der Megarer zu finden (dor
d& ayar Aevnos vai aAlov Aidov umÄanmrspog’ royyo dt ai Ouilaames
da rarros ävemor or). Der Iufulliihe Marmor war ein durchaus ſchwarzer
Stein (Plin. XXXVI, 6.). Sarbige Marmorarten waren die marmora Au-
' gusteum und Tiberianum, der erſtere wellenförmig gefräufelt (undatim cris-
pum), der letztere mit zeiftreueten meißen Stellen ober Punkten (sparsa
non convoluta canitie, Plin. XXXVI, 11.). Auh Italien Hatte feine
Marmorbrühe. Plinius XXXVI, 7. fagt von den Alpen: nunc ipsae cae-
duntur in mille genera marmorum. Allein vie meiften berfelben dienten
nur zu Bauwerken, nicht zur Sculpiur. Zur Zeit der Republik waren die
meiften derielben ven Nömern noch unbekannt. Unter den Marmograrten
Italiend war der vom Berge Luna in Gtrurien am meiften gefchäkt.
Silius Italicus (VIII, 432.) erwähnt die nivea metalla von Luna und
bezeichnet dadurch deſſen Qualität als eines fehr weißen Gefteined. Allein
Sırabon (V, 2, 222. Caſaub.) unterfcheivet zwei verſchiedene Arten, ven
weißen und den bunten ind Bläuliche fpielenden. Das größte Lob fpenbet
ihm Claudius Mutilius (It. II, 644.): Indigenis superat ridentia lilia
saxis, et laevi radiat picta nitore silex. Dives marmoribus tellus, quae
Iuce coloris provocat intactos luxuriosa nives. Geringerer Art waren
die marmora Pisana, Tiburtina, Gabina, Albana.. Dad pifanifche Geftein
bat bereits Strabon erwähnt (ra Asdovoyia, V, 2, 223. Gaf.). Aus dem
marmor Tiburtinum hatte Auguflus auf dem PBalatin einen Tempel des
Apollon eıbauet. Nah Servius zu Aen. VIII, 720. war e8 eine fehr weiße
Steinart. Das gabinifhe und albanijhe Geflein war vielleiht nur von ges
tinger Qualität, zu Gebäuden aber vortrefflih und dem Feuer Widerſtand
leiftend. Nah dem Brande Roms nnter Nero verorbnete diefer Kaifer daß
die neuen Wohnhäujer saxo Gabino Albanove solidarentur (Tacit. Ann. XV,
43.). Andere Marmorarten möchten denen zu vergleichen ſeyn welche gegen»
wärtig in Tyrol und Süddeutſchland, namentlich Bayern gebrochen werben. —
Die Anwendung bed Marmor bei den Alten war ſehr manchfach. Zur
Marmorfculptur bienten die reinen weißen Steinarten, bie bunten vorzüglich
zu Säulen. Auch die Reliefwerke (Frieſe, Metopen u. f. w.) wurden aut
IV.
2378 Narnus — MHaronda
weißem Marmor gearbeitet. Zu Sarkopbagen wurbe ebenfoirchl weißer
als Gunter genommen. Zur Verzierung der Wohnhäufer dur Marmorplatten
ſcheint mehr farbiger als weißer verbraudt worden zu fein. Die Kunft den
Marmor zu ſchneiden oder zu fägen ſcheint dem Plinius (XXXVI, 6.) in
Karten erfunden zu fein, ob er gleich dies nicht feit zu behaupten wagt. Das
Haus des Maufolos zu Halikarnaſſos war mit profonneflihen Marmorplatten
auegeftattet, da die Mauern and Badfleinen beflanden (Plin. I. c.). Zu
Rom hatte dies Diamurra zuerft geihan, welcher praefectus fabrum des Bäfar
in Gallien gewefen war (Plin. AXXVI, 7.). Oeffentliche Gebäude wie Pry⸗
taneia, Gymnaſia, Laufbahnen, Theater wurden nicht felten mit dem koſt⸗
barſten Marmor autgeftattet. Selb Dachziegel wurden aus Marmor ge:
fägnitten, welche Kunft auf Byzes von Naxos zurädgeführt wird (1. ©. 1974.).
Fragmente folder Marmorziegel werben in der Glyptothek zu Münden auf-
bewahrt. So wurden auch die Wände, Deden und Fußboͤden der Zimmer
mit farbigen ober colorirten Marmorarten —7 (ſ. musivum opus).
Kerner wurden aus Marmor eine Menge Gefäße, Hybrien, Krateren, Urnen,
Amphorä u. f. mw. gearbeitet und mit Meltefbilvern geſchmückt. Viele ber-
felben find noch gegenwärtig in den Muſeen Italiens aufbewahrt (f. &. An⸗
tonini Manuale di vari ornamenti componenti la serie de’ vasi antichi si’
di marmo etc., Rom. 1821. fol.). Auch wurden Infgriften, Staatsbeſchlüſſe,
Dorumente enthaltend auf Marmorplatten eingegraben, von denen noch viele
erhalten find (ſ. Corp. Insor. Boeckhii). Wo ergiebige Marmorbrüde waren
wurben gewiß no andere Gegenſtaͤnde, haͤusliche Geräthe u. f. w. daraus
verfertigt.. Vgl. im Allgemeinen Blaſ. Garyophilus de ant. marmoribus,
Trai. ad Rhen. 1743. 4. [Kse.]
Marnus, röm. Töpfer auf einer in Woorburg gefundenen Scherbe bed
Leidner Mufeumd. Janſſen Mus. Lugd. Inser. p. 142. Der Name könnte
aber auch (durch Verſchlingung des I mit N) Marinus (f. d. A.) zu leſen fein. IW.]
Maro, 1) f. Virgilius. — 2) Sohn des Euanthes, Som. Od. IX, 197.
oder des Oenopion, Guftgth. p. 1623, 45. 1615, 10. oder des Silanus,
Nonn. Dion. XIV, 99. oder bed Bakchios und Zögling des Silanus, Burip.
Eycl. 141 ff., Begleiter des Dionyſos oder Ofiris, Athen. I, p. 33. D. Diod.
1, 18., Prieſter des Apollo zu Maronea am Ismarus in Thrakien mo ex
ſelbſt ein Heiligthum hatte, Heros des fühen Weines, Som. Od. IX, 197 ff.
Philoſtr. Her. I1,8. Prooem. Her. p. 661. Olear. Propert. II, 32, 14. [Kn.]
3) Berg im Oſten der Infel Sicilien Hei Plin. II, 8, 14., angeblid
jegt Manbonia. [F.]
. Marobudum, f. ©. 1551 f. A. ** u. Maroboduus, ſ. Marcomanni.
v Fer” Stadt der Landſchaft Sargaranfene in Cappadocien, Ptiol.
Marohae (Plin. VI, 20, 23.), Gebirgövolt in India intra Gangem
in der Nähe der Werküfle, HöHf wahrſch. die Borfahren der heut. Maratten
De ihren Namen von der Fleinen Provinz Mabrat am Geh. Gatd Haben,
wohin auch die Marohae des Plin. zu feßen find. [F.]
Maronds (Maporac), Stadt an der Südküſte Thraciens auf tem
nörvliden Ufer des Lacus Jomarus am Flüßchen Sıhenad (Mela IE, 2.),
nordweftlid von Mefambria, nah Plin. IV, 11, 18. früher Ortagurea ge-
nannt. Sie gehörte urfprüngfih den Gicones, erhielt aber fpäter Roloniften
aus Chios zu Bewohnern (Herod. VII, 109. Scymn. 675. Steph. Bn:.
p. 445.), war beſonders burd ihren trefflichen Wein berühmt (Maroneum
vinum bet Plin. XIV, 4, 6.), auf welden fon Homer Od. IX, 179. ar.=
fpielt, und wird noch von Hierocl. p. 634. u. Gonſt. Porph. de them. Il, 2.
erwähnt. Bol. auch Si. p. 27. Polyb. V, 34. PBtol. II, 11, 2. Liv
XxxXl, 16. ep. zu kycophr. 818. u. A. Sie helft noch j. Marogna. [F.]
Maronlas — Mars 41579
Maronias (Meoonas, Ptol. V, 15, 18.), Stadt der Lanbfigaft Chal⸗
cidice in Syrien (unfern ber Quellen des Steppenflufles von Palmyra). [F.]
Mazonss (Zojlm. III, 28., bei Ammian. XXV, 1. Maranga), Flecken
Aſſyriens. [F.]
Marpessa, 1) (Maopnnoo«) ober Marpissa, Tochter des Evenus und
ber Alcippe, von Idas (f. d.) entführt. Som. I. IX, 557. Plut. parall.
min. AD. [Kn.]
2) nah Steph. Byz. p. 445. ein Berg auf Paros welcher den Pariſchen
Marmor lieferte (vgl. Plin. XXXVI, 8, 19. und Jornandes de reb. Get.
p. 88.). Unftreitig wird von Virg. Aen. VI, 471. (Marpesia cautes) und
Arnob. II, p. 76. ed. Herald. (Marpesia rupes) berjelbe Felſen gemeint.
Bol. Roß Reifen auf den griech. Infeln I. ©. 49. [F.
Marpessus (Maornovos, Pauf. X, 12, 1. 2. Suidas h. v. und
Lactant. I, 6, 12., wo jedoch einige Codd. auch Marmessus Haben, Abt.
Marpesius in ben Codd. des Tibull. II, 5, 67.) oder Mermessus, Myr-
missus (Megunovos, Muvgwooos, Polemo bei Steph. Byz. p. 458. u.
479.), Stadt in Troas, zum Gebiete von Lampfarus gehörig, in einer trocknen
Gegend mit vörhlihem Boden am Ida (Pauf. I. 1.), die Vaterſtadt einer
berühmten Sibylle des Altertbums, und zwar nah Stephanus der Eryihräl-
fen, nad Lactant. einer Hellespontiſchen. Zu Paufania®’ Zeit fanden ſich
noch Spurm von Ihr. [FE.
Marpsias, nad) den Scholien zu Ariſtoph. Acharn. 702— 710. (wieder-
Holt von Suid. s. v. Cudocia p. 301.) ein ehrfüchtiger und laͤrmender Rhetor. [B.]
Miaserasiam (Maooaoor, Ptol. VI, 4, 4. VIII, 21, 14.), Stadt im
Norboften von Perfis am ſüdl. Abhange des Parachoathras. [F.] Ä
Marriche ( Mappiyn, Ptol. VI, 5, 8.), Stadt im Innern Parthienq. [ F.]
Marrueimi (Mappovxiro, Ptol. IE, 1, 20. 60. Lio. VIIE, 29. IX,
45. XXH, 19. LXXIH, 8. LXXVI, 1. u. f. w., auf ber Tab. Peut. Mau-
ruceni), ein, fleines aber tapferes Volk fabelliiden Stammes in Samnium,
am rechten Ufer des Fluſſes Aternus deſſen Geblet (7 Mapvovnsn bei Polyb.
II, 88, 3., 7 Mavovaiyn bei Strabo V, p. 241., ager Marrucinus bei
Liv. XXVII, 43. Plin. II, 83, 85. u. XVII, 25, 38.) im N. an bad Land
der Befliner von denen ed eben der Aternus trennte (Strabo 1. 1), im W.
an die Marfer, im S. an die Peligner und Prentaner und im D. and
Adriatiſche Meer grenzte und bef. fehr gute eigen hervorbrachte (Plin. XV,
19, 21.). Ihre Hauptſtadt war Teate, und an bet Mündung des Aternus
befaßen fie, mit den Veſtinern gemeinfhaftlih, den Hafenplatz Aternum.
Gorfinium aber - dad ihnen von Silius VII, 521. auch zugefchrieben wird,
gehörte vielmehr ven Pellgnern. Ihre Geſchichte if im Ganzen biefelbe wie bie
der Marfer (ſ. d.). Im galliichen Kriege waren fie Bunbesgenoflen ber Römer
(Polyb. IT, 24, 12.) und flogen im I. 450 d. St. ein bleibendes Buͤndniß
mit benfelben (Liv. IX, 45. extr.). Am Bundedgenofienkriege nahmen fie mit
Theil (2iv. LXXIIf.), wurden aber von Sulpicius gedemüthigt (ib. LAXVI.). [F.]
Marrevium, ſ. Maruvium. °
Mars (Mamers, Mavors*, "Aonc). I. Im Drient. Zu PBapremis
in Aegypten hatte Ares, welchen Einige mit dem Typhon, Andere mit dem
Anubis für identiſch hielten, einen eigenthümlichen Cult, f. Herodot II, 63 f.
Das Agalma bed Gottes, in einem Kleinen hölzernen übergoldsten Tempel
aufgeftellt, wurde Tags vor dem Feſte in ein anderes Heiligthum gebradt.
Am Tage des Feſtes felbft zogen die bei dem Bildniß zurückgebliebenen Prieſter
diefenn Fleinen Tempel auf einem viersäprigen Wagen mit dem Agalma nad
® Auch, Mavortius, f. Petron. Bat. 0. 124. v. 268. Orelil Inser. 1348. (Mea-
vortio Patri). 1978, (Mavortio Camulo). Gruter p. 57, 1. 2, [W.T.]
1580 Mars
dem Haupttempel zurüd; in ben Propyläen beffelben war eine größere Anzahl
Prieſter verfammelt und mit Stöden oder Keulen bewaffnet, welche jenen ven
@inzug vertweigerten. Auf der andern Seite aber hatten fi mehr als taufend
Menſchen, ebenfalls mit Stöcken verfehen, aufgeſtellt welche gelobt Hatten
dem Gotte beizuftehen (oi avywAsuaioı). So enifland ein Kampf in welchem
natürlid der Bott mit feinen Benoflen den Sieg davon trug. Weber ben
Ursprung und die Bedeutung biefes Gultes f. Herobot 1. I. Im Sternpienft
der Chaldäer hatte Ares feine aftrologifhe Bedeutung unter den 12 xvoros
deoi, und im Meligionefyflem der Araber wurden dem wilden Ares» Dionyfoß
(dem großen Nergal) fogar Menfchen geopfert (f. 2 Kön. 17, 30. Zoäga
Abh. von Well. I, 3, 19. D. Müllers Mythol. von Ederm. I. ©. 140.).
Nah Cedrenus (Tom. I. p. 30, 5 ff. Bonner Aueg.) wurde Ares auch in
Afforten unter vem Namen Baal (Herr, Herrſcher; Eevren.: Bau 6 Epunvaveras
"Aons,noAduwr eos) verehrt. Hier wird euhemeriftifch Ares als ein alter König
ber Aſſyrier dargeſtellt, urfprünglich Thuros genannt, ein Övgxarayanıoros
nolsuorng, welder nach Ninos geherricht Haben fol. Sein Vater Zamis,
ein Bruder der Rhea, habe ihn nach dem Planeten Ares genannt. Nachdem
er den Kaufafos aus dem Stamme Japheth bezwungen babe er fi nad
Thrakien gemandt und fei daſelbſt geftorben. Offenbar enthält diefe Tradition
griechiſche (Thrafien) und römiſche. (Rhea) Beflanvihelle. Bei den Skythen
war ber Gult des Ares mit eigenthümlihen Bräuchen und Oyfern verbunden.
Au murben hiebei Menfchen geopfert mit deren Blut man das dem Gotte
geweihte Schmwett (den anıraung) tränfte (Herodot IV, 61.). Auch in Kolchis
und am Pontus mar der Eule des Ares heimiſch. Daher Ihn au bie Ama⸗
onen verehrten und ihm zu Athen ein Opfer brachten (Aeſchyl. Eum. 685 ff.).
18 eigentliged Stammland des Gottes wird Thrakien betrachtet (Herobot
V, 7. Arnob. adv. gent. IV, 25.). Daher eilt er na Thraklen ale ihn
und die Aphrodite Hephäſtos aus dem künſtlichen Net entlaffen hatte (6 ner
Oonunvde Baßrixeı, Od. VIII, 361.). Daher wird er auch der firymoniide
genannt und Virgil (Aen. III, 35.) bezeichnet ihn als Gradivum patrem Geticis
qui praesidet arvis (vgl. Ovid Fast. I, 2597 ff.). Auch Hat man ihn ald
pelasgifche Gottheit betradpter, obgleich für diefe Annahme bie Alten einen
fiheren Beleg darbieten. Die Here, Erzeugerin des Ares, ift freilich eine
der vorzügliäften pelasgifhen Gottheiten (Dionyf. Per. 534. IleAnoyıdos
#öoavov ‘Hons, dazu Guſtath. p. 209. ed. Bernh. Vgl. Dionyf. Hal. R. A.
1, 21. Apoll. Rhod. I, 14.). Greuzer Symb. IH, 20. u. 277. 3te Ausg.)
Bringt den Ares mit den ſamothrakiſchen Myfterien in Verbindung und findet
Ri UA bem Arioferfos (vgl. Millin Gal. mythol. I. p. 60. Xaf. LIV.
g. .)-
11. Bei den Griechen. 1) Geburt und vortrofanifge Thaten. Bei
Homer (N. V, 890 ff.) bezeichnet Zeus felbft den Ares als feinen und der
Here Sohn, womit Seflod Theog. 922 ff. u. Apollod. F, 3, 1. überein»
ſtimmen, welche beide neben Ares die Hebe und Cileithyia ala feine Schweſtern
nennen. Allein fpätere Diter und Mythographen gewähren verſchiedenartige
Sagen über die Abflammung bes Gottes. So hat Dvid (Rast. V, 230 ff.)
einen befonderen Mythos poetiſch ausgeſchmückt, Taut deſſen die Here den
Ares ohne Vermittlung des Zeus geboren, nachdem Ihr von der Blora eine
Blume mit der Kraft der Befruchtung gereicht worden mar. Gin jebenfalis
no jüngerer Mythos nennt die Enyo ald Mutter des Gottes, welche Ihn
von Zeus empfangen habe (PBhurnut. de nat. deor. c. 21.). WBahrfdein»
lich iſt diefe Sage dem Präpicat Ervadsos entfprofien (DM. XVII, 221.),
welches in der fpäteren Zeit eine vom Ares verſchiedene Bottheit bezeichnete
(vgl. Creuzer Symb. III, 277. Ste Ausg.). Auch fol Ares von ber Oneo
als feiner Amme auferzogen worden fein (Pauſ. III, 19, 8.), welchen Mythos
N
Mars 1581
Pauſanias jedboch nicht als helleniſchen anerfennen, fonbern Tieber auf bie
Kolchier zurücführen wollte. Die letzteren Sagen deuten auf bie milde Natur
des Gottes. Berner fol ihn Priapus, als einer der Titanen oder idäiſchen
Daktylen bezeichnet, erzogen und erft in der Tanzkunft, dann in der Hoplo⸗
machie unterrichtet haben, welchen Mythos Lukianos (nepi öpy. c. 21.) als
einen bithyniſchen bezeichnet. Weber Ares’ Theilnahme an dem Giganten»
fampfe ſprechen erft fpätere Dichter. Nah Claudianus (Gigant. v. 79 ff.)
erlegte er den Pelorus und Mimas, mußte aber vor dem mächtigen Typhoeus
fliehen und vermanbelte fih in einen Fiſch um verborgen zu bleiben (Nikand.
bei Anton. Lib. c. 23.) Auch mar er einft von den gewaltigen Aloiden
Otos und Erhialtes in ein ehernes Gefäß eingefchloffen und breizehn Monate
hindurch feftgehalten worden bis ihn endlich Hermes befreite (II. V, 385 ff.).
Berner kam er mit Herakles mehrmals in feindliche Berührung, und wurde
ein von ihm vermhndet als er mit Ihm um Polos Fämpfte (Heflod. Aon.
356. Daher wahrſcheinlich bei Apollod. III, 7, 3. xar« 68 777 nayıy mai
"Aönr ärowaoe Ilviioıs Bondovrte flatt "Aörr zu leſen iſt Aonr), und noch⸗
mals, als Herafled den Kyknos, Sprößling des Area, erlegt Hatte (ibid.
426 ff.), mo dann Athene den Ares vergeblih von feinem Rachedurſt abzu⸗
bringen ſtrebt. Er flürmt mit bein Speer auf den Heros ein; Athene wendet
die Waffe ab und Herakles verwundet nun den Ares mit dem Schwert (ib.
446 ff.). Bin anderes Mal trennt Zeus die beiden im Kampfe begriffenen
Söhne dur den Blitzſtrahl (Apollod. II, 4, 11.). Eine Tochter ded Ares
war Alkippe, deren Jungfräulichkeit ven Halirrhothios, Poſeidons Spiößling,
verlegt worden. Ares ergrimmte darüber und erſchlug den Hallrrhothios.
Bon Poſeidon deshalb angellagt wurde er laut des Mythos zu Athen in
einem Synedrion ber zwoͤlf Goͤtter gerichtet und freigefprochen, wovon jener
Hügel auf melden dies gefhehen den Namen Areioé pagos erhalten habe
(Eurip. Ei. 1260 ff. Pauſ. I,21,7. Apollod. III, 14, 2.). Allein Aeſchylus
Ieitet den Namen von dem dem Ares dargebrachten Opfer der Amazonen ab
(Eum. 689 f.). In ebeliden Berhältniffen lebte Ares nicht’ und nirgends
wird von einer Gattin deſſelben geredet: dagegen hatte er viele Liebſchaften
auß welden viele Söhne und Töchter Hervorgingen. Die Aphrodite Fonnte
es aber nicht leiden wenn er fi einer Andern zuwandte und beftrafte daher
die Aurora mit fortwährender Liebesglut als fi Ares verfelden in Liebe
genähert hatte (Apollod. I, 4, 4.). — 2) In der ſpeciellſten Durchbildung
kommt das Weſen und ver perfönliche Charakter des Gottes im ho meri⸗
hen Epos zu Tage. Hier {fl ex Inbegriff des fampftobenren Gottes ber‘
ih am Schlachtgewühl freut. Daher die Präpicate: Eervakıos, yaAxeog,
BooroAoıyös, - oßoıuog, 6170T0R05 , miaporog, aAdompogeAlos, Üodpog,
ovAog, aro, roAsuoo (ll. V, 846. 859. 863. 889.). Er flürmt auf der
blutigen Bahn gewaltig einher ohne mit Beionnenheit die That zu meſſen
oder dad Recht zu achten (I. V, 759. 761 ff.), während Athene auch im
wilden Kamrfe Inbegriff der geifligen Madt und Ueberlegung bleibt. Sie
it daher dem Ares überall überlegen wo fle mit ihm zufammentrifit. Auch
bat fie im Olympos höhere Geltung. Als Ares im Begriff ſteht in den
Kampf zu eilen um ben getöbteten Sohn zu rächen, gebieet ihm Athene zu
bleiben, nimmt ihm vie bereitd angelegten Waffen wieder ab und führt iön
auf feinen Si zurück (11. XV, 127—142.). Dem Ares fchreiten die Schredend>
geftalten Eris, Phobos und Deimos voran welche mit ver Athene im Kampfe
nichts zu ſchaffen haben; venn ihre geiflige Macht bedarf berfelben nicht,
obwohl auf ihrer Aegis Phobos, Eris und Alte vorgeftellt find (ib. 869 f.).
Die Eris wird als xanyryen eragn ze Ageog aröpoporono bezeichnet (U. IV,
441.), fo mie goßos als der giAog Siog deſſelben (N. XIII, 299.). Gr ges
bietet dem Deimos und Phobos die Roſſe an den Wagen zu fpannen, nach⸗
1582 ‚, Mass
bem fein Sohn Askalaphos gefallen (II. AV, 120 ff.). Andere haben Irriger
Meile Deimos und Phobos für Namen feiner Roffe gehalten. Er fleht vor
Troia auf der Seite des Heftor, den Scharen voranſchreitend und mit ihm
bie zorria Ervo, melde zugleih der Kuöosuog begleitet. Der eherne Ares
ſchwingt den mächtigen Epeer und fhreitet bald vor bald nach dem Hektor
einher (11. V, 595 ff.). Diomedes bemerkt den Area zueaft und weicht mit
ben Argeiern zurüd (v. 896.). Als ihn aber Here bei den Troern erblidt
faßt ſie den Entſchluß mit Athene in den Kampf zu eilen. Zeuß, bei welchem
fle unterwegs auf dem höchſten Gipfel des Olynwos fih beflagt, räth ihr
bie Athene zum Kampfe gegen Ares aufzufordern (7 8 ualıor sinds naxis
öövrnas nelaler, ibid. 766.). Auf dem Sclachtfelde angelangt befleigt
Athene den Wagen bed Diomedes und ergreift felbft die Zügel. Sobald
Ares den Diomedes bemerkt ohne die Böiltin wahrzunehmen, wirft ex den
Speer na ihm ab melden vie Athene hinwegſtößt und hun das Wurfgeihoß
des Diomedes fo richtet daß «8 in ben Unterleib des Ares dringt. Sein
Weheruf ertönt gleih dem Geſchrei von 9—10,000 Mann; allgemeiner
Schrecken ergreift tie Troer und Achäer (M. V, 855 ff.) und ber Gott ent-
fehwebt der speßersn ano glei in ben Olympos (864 ff.), wo ihn Päecon
ſchnell wiederberftellt (900 ff.). Als Zeus fpäter den Göttern verflattet am
Kampfe der Troer und Achäer Theil zu nehmen ſteht Ares ver Athene gegen-
über. Seine Stimme ertönt mädtig von der Iroer- Burg ber und er ſchreitet
dem Sturmwind gleih einher (1. XX, 51 ff. 69 f.). Als endlich Area auf
die gewaltigere Böttin losgeht und feinen Speer vergebli gegen bie Aegive
abwirft, die ſelbſt der Blitz des Zeus nicht zu durchbrechen vermag, ergreift
fie einen Grenzflein und ſchleudert ihn dem Ares an den Hals daß er fofort
zu Boden flürzt und die Waffen Elirrend über ihn zufammenfallen. Die
Aphrodite nimmt fich deſſelben an und will ihn aus dem Kampfgewühl führen;
allein als Athene dieſelbe erblickt ſchlägt fie die Bruſt derſelben mit mächtiger
Hand daß auch fie zu Boden finft (TI. XXI, 391—433.). — 3) Seſiodos
gibt ebenfalls ein beflimmted Bild des Gottes, mit allen Eriegerifchen Attri-
buten aufgeflatiet. Die Roſſe deffelben nennt er yovosoı (Aa. 1112.), ihn
ſelbft erapgopos, ovAsog "Agnes, einarı gammoas (v: 193 ff.). Auch gibt
er ihm ben Deimos und den Phobos zu Genoflen im Kampfe (v. 195 ff.).
So mar dad Weſen des Ares als des tumultuariſchen, auffahrenden, wuth⸗
entflamniten Gottes, des Kriegedämond welcher fich ungeflüm am Waffen-
geräuſch erfreut, in jenen älteſten Geſängen feflgeflelt worden. Sein Cha⸗
rafter iſt die reine Kampfluft welche ihren Zweck In fi felbft bat, unbe
fümmert um dad Heil des flegenden oder das Wehe des befiegten Volkes.
Er weidet ſich am Schlachtgetümmel und if in freudiger Thätigkeit mo Fi
der Kampf auf blutiger Bahn fortmälzt. Aber er iſt die vis consilii expers
und wird daher überall von ber Athene, ver höheren geifligen Macht, be⸗
wältigt und gezüchtigt. Darum iſt Ares dem Zeus ſelbſt, feinem Erzeuger,
der &ydhorog unter allen Göttern. Darum Hat au der Myıhos von ihm
Beine edeln Handlungen zu beriähten. Nur wenn einer feines Söhne gefallen
geräch er in blinde Wuth; ebenjo als feine Toter entehrt worben. Aehnlich
eriheint er auch bei den Tragikern (rovsw yap Apne Bomezu Yor@
Beoror, Aeſchyl. Sept. 229. vgl. 482.). Auch wird er als Inbegriff des ver-
heerenden alle Ordnung auflöfenden, bie avosßaı verlegenden Krieges be⸗
kelänet (ibid. 328.). Metaphoriih Häufig vom wilden Blick Fampflufliger
biere (Asorzor ws Aonr dedopnorwr, Aeſchyl. Sept. 33. Daher Themiftius
’Eoor. XII, p. 216. Dind. Apns ayado Pamdsi Geo ovy aipsrog aA’
araynaiog. Val. XV, p. 230.). Nur fein Verhältniß zus Aphrodite bat
durch die Poeſte eine freundliche, wenigſtend poetiihe Geite gewonnen, ob⸗
|
Mars 1583
glei es ein ungebüͤhrlichese if (naher wohl Themiſt. 1. c. XV, 230. Aoxei
nor nal 6 Heoramos Üuneos ei xai npoc or Apnv uällor anınlırms
acrr aA.) Died Verhältnis iſt auch auf Bildwerken, auf Gemmen und
Bafen zur Anſchauung gebracht worden Auf einem Melief der Vila Albani
hebt Hephaͤſtos das Fünftlihe Netz oder einen Schleier empor und zeigt den
Ares und die Aphrodite den anweſenden Bdttern. Winckelmann mon. ined.
n. 27. Millin Galerie myth. I. Taf. 38. Big. 168. Aphrodite in den
Armen ded Ares, während Hephäftos das Fünfllige Netz zuzieht, auf einer
Bemme ded Berliner Antiquariums, |. Tölken, Verzeichn. d. geſchnitt. Steine
d. preuß. Gemmenſ. S. 133. Auf einer anderen eilt Ares in den Kampf
und Aphrobire hält Ihn zurück. Aus der bisherigen Charakteriſtik des Ares
erhellt zugleich daß der Hymnus auf ihn welder fich unter den bomerifchen
befindet (Mr. 8.) meit jünger ift als das homeriſche Epos. Er flimmt mit der
bomerifchen Anfhauungsmeife wenig oder gar nicht überein, enthält kosmiſche
Beziehungen welche auf ven Planeten Mars deuten (v. 6. 7. nvpavyaa
vuxAor EAiocor alddpog EnTamoporg Er Teipsoır aA.) und ruft den Ares mit
ven Worten dıxauoraror ayd poror an (v. 4. d5.), während in jenem Epos
der Begriff der Gerechtigkeit fi nirgends mit dem Weſen des "Ares vereint
findet. — 4) Seinem ganzen Wefen nach eignete fich Ares nit zum Gegen»
fland allgemeiner Berebrung der hellen. Staaten in der hiſtor. Zeit wie die
olymp. Goͤtter erfien Nangd waren. Wir finden vielmehr ihn (mie auch bie
Enyo, Strabo XII, p. 335. Eaf.) vorzeslit in den weniger gebilpeten,
kriegeriſchen Staaten verehrt. Das rauhe kriegeriſche Ihrakien ift fein Stamm⸗
land, wie fon angegeben wurde. Zu Theben hatte Ared einen alten, wahr⸗
ſcheinlich aus der heroiſchen Zeit flammenden Eult. Der Ehor der bebrängten
Thebanerinnen (bei Aeſchyl. Sept. 100 ff.) fleht vor allen andern Gotiheiten
den Ares als uralten Schutzgoit ber Gtabt an (ri ösfeıs, noodwoeıs ne-
Aaixdor Apns zar eur ar; © yovoonrin Ödaiuor, Em’ Ende nor
xra.). Auch beuten andere Mythen auf einen frühen Cult des Ares in
heben. Drakon, ein alter König diefer Stadt, melden Kadmos töbtete,
wird Sohn des Ares genannt (Baläphat. c.6. p. 9. ed. Fisch.), freilih nur
nad ver Hermeneutif des Baläphatus, womit es eben nicht fonderlich überein»
flimmt daß Harmonia, die Tochter des Ares ſich auf ter Burg zu Theben
mit Kadmos vermäßlt babe, bei welcher Feier alle Götter zugegen geweſen
feten (Apollod. III, A, 2., auf einem Relief veranſchaulicht, ſ. S. 1586. . E.). —
Bon den Eleiern wurde Ares ale Deo, narpaog verehrt (Schol. zu Pind.
O1. XII, 594. 2obed Agl. II. p. 277.). Damit mag es in Verbindung
zu dringen fein daß Ares den benachbarten Pyliern gegen Herakles, ben
Feind der Gleier, Heiland (Heflod. Aon. 356 ff.). Auch murbe nach einer
Sage Dinomaos, König von Elis, für einen Sohn des Ares gehalten (Bauf.
V, 1, 3.). Yu Sparta opferten die Epheben vor Beginn des Kampfes
welchen fie im Plataniſtas auszuführen pflegten, dem Enyaltoß einen jungen
Hund (Pauf. III, 14,9.). Zu Geronthrä im lakoniſchen Bebiete fah Pau⸗
tantad einen Tempel und einen Hain des Ares; auch wurde bier ihm zu
Ehren alljährlich ein Feſt begangen an welchem es ben rauen nit vers
fattet war den Hain zu betreten (Pauf. III, 22, 5.). Beim Beginn ber
® Betrachtet man wie auf alterthlümlichen Bildwerken ernſten Charakter Ares
und Aphrodite verbunden find, 5. B. auf dem Kaften des Eypfelns, Pauf. V, 18, 5.
(Aens Asgodienr äyur), daß tim Tempel bed Ares zu When zwei Bilder ber
Arhrobite fanden (Pauf. I, 8, 4.), daß auf ber ara Borghese (Windelm. M. Ined.
Nr. 15.) im DBerein mit ben übrigen Bötterpaaren Ares ber Aphrobite gegenübers
iebt, fo wird es fehr wahrfcheinlich daB nach einem durch Fein fchriftliches Zeugniß
erhaltenen Mpthus ein eheliched Verhältniß zwiſchen Beiden Statt fand, vgl. Panofka
sum Musée Pourtalös pl. 3. [ W.]
1584 j Maxa
Schlachten erhob man zu Ehren ded Enyalios ein Geſchrei um den eigenen
Muth dadur mehr zu entflamman (Xenopb. Exp. Cyr. I, 8, 18.: 0807 neo
10 Ervalio sAelilovm).
III. In dem myihenarmen römiſchen Religionsſyſtem und Gultus finden
wir den Mars als eine von dem homeriſchen Ares ganz verfhiedene Gottheit.
Ja der alte italiſche Mamers ſcheint uriprünglih nur eine agrarifhe Gottheit
geweien I fein und kommt daher im Xiede der fratres Arvales vor. Im
berfelben Weiſe war Mars bei mehreren Völkerfkaften Italiens verehrt worden
bevor derfelbe durch den römiſchen Cult zum Gott des Krieged umgeflaltet
wurde. Die Sage über die Liebe des Mars zur Rhea (oder Ilia), welche
dur Ihn zur Mutter des Romulus und Remus geworten (Liv. 1,4.), kann
fhon das Alter ded Marscultes in Ratium darthun. Auch mird ja ausdrück⸗
lich ein Heiliger Hain diefed Gottes erwähnt, in melden fich jene Iungfrau
begeben um reines Wafler zu holen (Dionyf. Hal. R. A. I, 77. Vgl. Blut.
Rom. 2 ff.).. Zur Zeit des zweiten punifhen Krieges wurde Mars no in
mehreren altitalifden Städten verehrt; fo zu Präneſte (2iv. XXIV, 10.) und
zu Capua (Liv. XXVII, 23.). Dem Gulte des Mars zu Nom gab auf
die Aeneas⸗Sage eine höhere Bereutung, ba er ja ber Schußgott der Troer
geweſen und mit der Aphrodite, der Mutter des Aeneas, in freundlichen
Berbäftniffen geftanden hatte. Als Erzeuger der Brüder welche Rom ge⸗
gründet wurde er nun Schirmherr bes Staated und wir finden ihn in feier-
liden &ormeln ald Mars pater unmittelbar nach Juppiter angerufen (Liv.
VII, 9.). Unter Numa, welder dem Gultuß eine weitere Ausbildung gab,
hatte Mard bereits die Geltung bed Kriegägotted angenommen (iam qui
magna verteret, Mavors, Cic. de nat. 11, 26. if eine unbedeutende Ety⸗
mologie. Cine ganz andere gibt Gebrenuö Tom. I. p. 295, 21 ff. Corp.
Byz. Nieb, welder Mars und mors auf eine und diefelbe Bedeutung zurüd-
führt: or 207 Maozeu oi Pouaioı uöpren exuAovs oiorei Hasaıor xra.
Philorenos hatte das Wort von uapraodaı abgeleitet, ibid. Andere haben
darin biefelbe Wurzel gefunden welche mas, mares zu Grunde liegt). Numa
bereitö feßte fowohl den Mars ald dem Quirinus einen flamen ein, dem
der Cult des Gottes obliegen folte. Zu gleiher Zeit wurben ihm (Marti
Gradivo) zmölf Salier, gleihfam Waffenbrüder, erforen, welde an bes
flimmten Tagen zu Ehren des Gottes die heiligen ancilia tragen und mit
feſtlichem Geſang und Tanz durd die Stabt ziehen follten (Liv. 1,20.). Als
Anszeihnung trugen fle eine bunte Tunica und darüber einen ehernen Bruſt⸗
harniſch (Liv. I. c.). Die ancilia waren die coelestia arma, von denen bad
eine vom Himmel gefallen, vie übrigen eilf aber dieſem ganz ähnlich gemacht
worden waren, daß fle nicht unterfdhieven und das eine etma entwendet werben
fönnte (Liv. I, 20. V, 52. mo ihr hohes Alter angebeutet wird). Die Tage
an welchen die ancilia von den Saliern getragen wurden waren noch im J.
d. &t. 562 religiosi ad iter faciendum, und die activen Heere machten daher
während derſelben feinen Marſch (Liv. XXXVIL, 33.). Ein uralter Tempel
des Mars fland auf dem Mond Quiinus, welcher aus der Zeit ver Rönige
ſtammen mochte. Lieius ermähnt einen Tempel des Mars außerhalb der
orta Capena, wohin die zum Kriegsdienſt aufgeforberten jungen Roͤmer (im
3 d. St. 404) zufammen fonımen follten. Im Kriege mit den Ballern war
dem Ward cin Tempel von dem Duumvir 3. Duintiug gelobt und im 3.
d. St. 368 geweiht worden (Liv. VI, 5. VI, 23.). In der fpäteren Zeit
war der Tempel des Mars Ultor der bebeutenofle, welder von Auguflus
erbant zu Senatöflgungen über Kriege und Triumphe diente und in welchem
die zum Triumphe gehörigen Inflgnien aufbewahrt wurden (vgl. Zac. Ann.
I, 64.). Noch jegt find Ueberreſte veffelben erhalten. Im Ganzen hatte
Mars in der erflen, fünften, achten und neunten Region der Stabi einca
Meaze 1585
Tempel. Cine araMartts befand ih auf dem Campus Martius (Liv. XXXV.,
10. XL, 45.). Dem Mars wurden in der Älteren Zeit befondere Sühnopfer
gebracht, Suovetaurilia genannt, jedoch nur in befonberen Fällen. Wenn
z. B. die Waffe auf welcher Rebend ein römifcher Krieger ſich für die Rettung
ded Heeres bevovirt hatte, wie der Conſul V. Derius im Kampfe gegen bie
Zatiner, in die Gewalt der Feinde gefommen war fo mußte dem Mard ein
piaculum durch suovelaurilia gebracht werden (iv. VIH, 10.). Wenn on
Feldherr in den Krieg zu ziehen im Begriff fand berüßrte er zuvor
heiligen ancilia und den Speer des Mard indem er die Worte „Mars vigila“
ausſprach (Serv. zu Birg. Aen. VIII, 3.). Während der Schlacht wurben
ihm nicht felten in gefahrooller Lage Tempel, Altäre, Statuen, Waffen als
Weihgeſchenke gelobt. Nah dem Siege über Perſeus lich Aemilius Paulus
alle erbeuteten Waffen auf einen Saufen zufammenbringen und übergab fie
den Ylammen, precatus Martem, Minervam Luamque matrem et ceteros
deos quibus spolia hostium dicare ius fasque est (iv. XLV, 33.). So
Häufte Sulla nah dem Siege über Archelaos bei Chäronen alle unbrauch⸗
baren feindligen Waflen auf einen Haufen zufammen und übergab fie den
Flammen zu Ehren der Kriegögottheiten (zois ervadioıs Bsois, Appian. beil.
Mithr. c. 45.). P. Decius opfert dem Mard nah gemonnenem Giege den
ſchönſten Ochſen unter denen welche ihm wegen feiner auögezeichneten Tapferkeit
gefcgentt worben waren (Liv. VII, 97.). An den Cult des Gottes mochten
ſich noch verſchiedene fpecielle Gebräuche Enüpfen von denen und feine be⸗
. flimmte Kunde geworden if. Das Marsfeld (campus Martius) war auß
dem ager Tarquinioram, welcher zwijchen der Stadt und dem Tiber lag, ent»
fanden und wurde fpäterbin dur prädtige Anlagen und Tempel gefhmüdt
(Liv. II, 5. Vgl. Tac. Ann. I, 8. II, 4. XIII, 17. XV, 39. Hist. I, 86.
il, 95.). Unter den Ihieren waren dem Mars der Wolf, der Spedt und
das Moß heilig, welches letztere ihm auch im Monat October auf dem Mare»
felde geopfert wurde (f. Feſtus s. v. Equus). Die Bellona wird als soror
und ald coniux befielben bezeihnet und hatte zu Nom ebenfalls ihre Tempel
(2iv. VII, 9. X, 19. XXVI, 21. XXVIO, 9.).* — Wenn Silius Italicus
nicht zömifdhen Gult auf Carthago überträgt, fo Hatte auch bort Mars
feinen Eult (I, 118 f.). Er käßt nämli den Hannibal bei dem Mars ale
einem 2anbeögotte ſchwören (hanc mentem iuro nostri per numina Martis).
Auch bat man den Eſus, einen Bott Ber Galler, mit Mars identificirt weil
ihm die den Beinden abgenommene Beute geweiht und Moffe, felbft gefangene
Beinde geopfert worden feien (vgl. Banier, Götterlehre Bo. II. ©. 713 f.
Ueberjeß. von Schlegel). Nah Strabons Bericht (IT, 3. p. 155. Gaf.)
wurde Mars auch von den Hifpaniern verehrt und ihm Böde, gefangene
Menſchen und Roſſe geopfert.
In den bildlichen Darflellungen** (mobei fi griechiſche und
römische Bildwerke nit Immer unterſcheiden laffen) erſcheint der Gott ges
wöhnlich in Eraftvoller Haltung, musfulös und gebrungen, im vollen Eben»
maße, bewegt, raſch ausſchreitend, jugendlich, thells bärtig, theils unbärtig,
bie Stirne breit, ſich in der Mitie nad den Augenbrauen zuſammendrängend,
ein Eleiner Mund, volle Lippen, bie Augen tiefer liegend, dichtes aber kurzes
Saar, ohne herabwallende Locken, die Miene drohend, verwegen. Alfamenes
* Bei Elaubian, in Rufin. I, 342 f. iſt fie neben Pavor und Formido unter
feinen Dienern aufgeführt. Bol. überhaupt bie ganze Schilderung ib. 334—337.
und fiber den röm. Mars Im Allgemeinen &. J. Eorffien de poesi Romanorum
antiqvissima, Berlin 1846. 8, [W.T.
eBol. hierũber vorzũglich R. Rochette Monumens inedits, Achilleide p. 49 ff.
mit Creuzers Bemerkungen zur Urhäslogie Wb, I. 6. 129 ff. [m
Pauly, Real⸗Cuchelop. IV.
4586 Ä ' Mars
hatte eine Statue des Ares für Athen gearbeitet und Skopas Hatte eine figende
Statue deſſelben aus Marmor in Eoloffaler Größe ausgeführt (f. Hirt I.
©. 53.). Bedeutende Statuenwerke dieſes Gottes find und aus dem Alters
thume nicht erhalten worden, am wenigſten aus der claffiihen Zeit. Auch
find mehrere Bildwerke, früher auf Mars bezogen, neuerdings richtiger ge⸗
deutet worden, wie eine mit Harnifh und Helm gerüflete bärtige Figur im
Gapitol. Muf. (T. III, 48.), welche man für einen Mars, für einen Pyrrhus
und für einen Agamemnon gehalten Bat. Die letztere Annahme ift Haltbarer
als die erfleren. ine andere Statue in der Billa Borghefe wurde fon von
Windelmann für einen Mar ausgegeben. Bisconti widerſprach und hielt
diefelbe für einen Achilles, Hirt trat wieder auf Windelmanns Seite, mit
vollem Rechte. Diefe Statue zeigt einen jugendlih rüfligen, mudkulöſen
Mann mit Helm, Speer und Schild und an dem einen Fuße mit einem
Ringe verfehen, weil man den Kriegsgott bisweilen feſſelte um ihn dadurch
abzuhalten nicht zu den Feinden überzugehen (Bauf. IH, 35, 5. weise sorir
Exor Evvakıog, ayalua apyaior. S. Hirt Bild. f. Myth. 1,52. Taf. VII, 2.
Eine u Oſtia entdeckte Statue in anderer Haltung, Taf. VIE, 3. Tieber die
den Mars vorflellenden Statuen der Billa Ludovifi ſ. Montfaucon T. I, 66, 3.
T. 11,155. Ramdohr Mal. u. Biloh. in Rom 11, 203.). Auch liebte man
römifhe Kalfer in der Geſtalt des Mars vorzuftellen. So befindet ſich im
Mus. Cap. (T. III, 21.) eine Statue des Hadrian in Gehalt und Rüſtung
dieſes Botted. Der Typus dieſes Kaiſers iſt wenigſtens in den Gefichtszügen
leicht zu erkennen. In demſelben Muſ. (III, 20.) eine Gruppe des Mars
mit der Venus (Millin Galer. myth. I, 43. Fig. 69.). Ein vortrefflicher
Kopf des Mars aus ſchwarzem Baſalt befindet AG in ver Sammlung Giu⸗
flintant zu Rom (Hirt I. ©. 52.). Bin ausgezeichneter bärtiger behelmter
Kopf auf einer Münze von Metapontum (Milin I. Taf. 40. Fig. 150.).
Eine Eleine vergoldete Erzbüfte de8 Mars findet man im Antiquarlum zu
Berlin. Im Gebiete Eleinerer Kunftbildungen namentlih der Reliefwerke,
Gemmen, Münzen, Bafenbilver Fomnıt Ares in verſchiedener Situation zum
Vorſchein, am meiften mit Aphrodite zu einer Gruppe vereint, welcher ſich
bisweilen no @roten und andere @eflalten beigelellen. Val. Hirt Bilb. f.
Myth. J. S. 3. Millin Gal. myth. T. I. Taf. 43. Fig. 169. Eine be
trächtliche Reihe von Gemmenbilvern welche den Mars darſtellen befigt die
Berliner Gemmenſammlung. S. Tölken Berz. d. ant. geſchnitt. Steine der
preuß. Gemmenſamml. S. 129 ff. Nr. 355—400. Auf fpäteren Mänzen
verſchiedener Staaten bemerkt man ben Mars Ultor, den Gradivus, Pacifer,
Nicephorus, Stator, Victor®*, Tuorasogopog u. f. w. in verfchledener Hal- |
tung und mit verſchiedenen Attributen. Gin reichhaltiged Verzeichniß Hat
Millin Gal. myth. Tom. T, 35 ff. Nr. 143 ff. geliefert, wozu er bie nöthigen
Abbildungen beigefügt bat (ſ. Taf. XXXVI, 143 ff.). Der Capitol. Tempel-
brunnen mit der Darftelung der zwoͤlf Gdtter zeigt den Ares mit Thorax,
Helm, Schild und Speer friedlich einberfgreitend, den Helm In der Haub
tragend. Aehnlich die dreifeitige borghef. Ara, mo er jedoch den Helm auf
dem Haupte trägt. S. Gerhard Über die 12 Götter Griechenl. Taf. II.
Fig. 1. u. 4. Auf einem Relief welches vie Hochzeit der Harmonia umd
des Kadmos veranfchaulicht erſcheint Ares ebenfalls gerüflet in lebendiger
Bewegung (8Zoëga Bassiril. ant. I, 2.). Die ſitzende Here, ben Kleinen Ares
fäugend, ein plaflifches Werk im Muf. Pio-Clem. I, 4. Mars flößt feinen
Speer in den Nüden des Mimas, auf einer Gemme (Millin Gal. myth. 1,
36, 143.). Eine bruttiſche Münze zeigt den Mars im Sturme auf feinen
® Ueber einen Mars Victor f. Die Abhandlung in den Jahrbb. der rheinländ.
Alterth.Freunde Wh, IE S. 113 ff, [ W.T.]
Marsacii — Mare 4587
Gegner Ioßgehend, unten eine Eule mit auögebreiteten Fittigen (Magnan
Brutt. VII, 1.). Ein Ares Teicheflbletes raſch ausſchreitend und mit einer
Sturmleiter verfehen, in voller Rüftung, auf einer Münze von Bizya bei,
Voltereck Elect. num. IM, 7. Bnyalios im Kampfe gegen Dädalos auf
einem großen Gefäß vargeflellt, und zwar ald Pantomime (Millin Gal.
myth, T. I. Taf. 13. Fig. 48.). Mars vor der Ilia auf einer Münze
(Millin I. Taf. 178. Big. 653. ©. n. 654. 684.). Auf einem Nellef im
Muf. Pio-Clem. läßt er ſich aus ver Höhe ſchwebend zur Ilia ober Rhea
Syl:ia nieder (Hirt Bild. f. Muth. I, 53.).* Auch findet man den Thron
des Mars veranfhauliht. Zwei Genien find befchäftigt denſelben mit Waffen
auszuſchmücken (f. Pitt. d’Ercol. I, 29. u. Millin 1. c. Taf. 42.). [Kse.]
Ueber den Blaneten Mars f. Planetae.
Marsacii, Völkerſchaft in Gallia Belgica auf einer ter vom Rhenus
gebilpesen- Infeln (Plin. IV, 15, 29.) melde den Römern erft dur den
Krieg mit Civilis bekannt wurbe (Tac. Hist. IV, 56.).. Mannert IL. ©. 170.
u. 271. weldyer ihren Namen dur „Meerſaſſen“ d. i. Seelänver erklärt,
ſucht fle auf der Infel Zeeland zwiſchen Rhein und Maas, und v. Ledebur
©. 115., im Sau Marfum an der Mündung ber Maas, Ufert IN, 1. ©. 371.
aber weiter norvöfllih zwiſchen dem nah Leyden führenden Rheinarme und
dem Zuyderſee. [F.]
- Marses, ſ. Maarsares.
Marsi (Maoooı), 1) alte Völkerſchaft in Samnium in jener herrlichen
von den Bergen des Apenninus umfchloflenen Hochebene in weldder fi der
Lacus Zucinus bildet, auf dem rechten Ufer des Aternus, welche nebft ihren
Stammverwandten, den benachbarten Pelignern, Murrucinern, Beflinern ar.
fa immer mit den Sammiten im Bünbniffe gegen Rom fland (Liv. VIII,
29.), ſpäter allerbings im I. 304 v. Chr. in einen Bund mit Nom trat
(Polyb. II, 24, 12. Liv. IX, 45. vgl. mit VIII, 6.), ſich aber im 3. 91
v. Gh. wieder an bie Spige bed allgemeinen Aufflandes der Bundesgenoſſen
gegen Nom flellte (Liv. LXXII,4.); f. Marsicum bellum. Sie gehörten wie
ihre Nachbarn zu dem fabelifhen Volksſtamme (vgl. Hor. Epod. XVII, 23.
Juden. III, 169. XIV, 180.), da fle aber die Kräuter ihrer Berge zur Bes
reitung von Heiltränken und Arzneien benußten und ſich au auf bie Kunft
verftanden Schlangen zu zähmen (Plin. XXI, 13, 45. XXVII, 3, 6. Gell.
xXVI, 11. Solin. c. 2. vgl. auch Virg. Aen. VII, 754 ff. u. Silius I, 411.
u. VII, 501.) fo ließen bie griechifhen Dichter, denen auch die Römer Hierin
folgten, fie von einem Sohne der Eirce abflammen (Plin. VII, 2, 2. XXV,
2,5. Gell. u. Solin. 11.1.), während Andere, die Aehnlichkeit des Namens
berückſichtigend, te vom Phrygier Marſyas hberleiteten, und wieder Andere
bie wandernde Medea zu ihrer Lehrerin in jenen Künften machten (vgl. Sern.
u Birg. 1. 1. u. @uftath. zu Dion. Ber. v. 376. p. 68.). Ihre Tapferkeit
wird allgemein gerühmt (Strabo V, p. 241. Liv. LXXII,37.). Zu ihrem
Gebiete gehörten die Städte Maruvium (ſ. >) Cerfennia und Lucus Angitiae.
Dal. auch Strabo V, p. 219. 235. 237. 240. Ptol. II, 1, 57. Phoͤbon
Hist. Marsorum L. III. Neap. 1678. 4. u. Gorfignani Reggia Marsicans,
Nap. 1738. 2 Voll. 4. — 2) Volk im nordweſtlichen Bermanien, zum Bunbe
ber Gherudfer gehörig, vieleicht blos ein Zweig derfelben, obgleih «8 Tac.
Germ, 2. zu den Urflämmen Germaniens rechnet und Zeuß, die Deutfchen ac.
©. 86. die Vermuthung aufftellt daß ber Name Marsi nur eine Beit lang
an bie Stelle des Namend Sigambri geireten ſei. Es wird erft ſeit ber
® Ebenfo. auf einem kleinen Erzkrater im Mufeum der Alterthümer in Bonn,
beſchrieben von Urlichs in ben Jahrbb. bes Vereins von Alterth. Fr. im Rbheinl.
Bb. J., und auf ber Ara Casali Zaf, IV. bei Wiefeler, Böttingen 1844. IW.]
1588 \ Marıicum bellam
Niederlage des Varus bekannt, an der es fo weſentlichen Antbell nahm va
ihm auch ein röm. Adler als Beute zu Theil wurde (Tac. Ann. 1,25. Flor.
IV, 12.), zog fih aber, durch die wiederholten Angriffe des Germanicus be
drängt (Tac. Ann. 1. 1. u. I, 51.), ins Innere von Germanien zurüd (Strabo
VII, p. 290.), worauf fein Name für immer aus der Geſchichte verſchwindet.
Wahrſch. wohnten fie früher an beiden Lifern ver Ems. gl. Ukert III, 1.
©. 387. [F.]
Marsicum bellum (Bundesgenofienfrieg, bellum sociale). Die
italiſchen Völkerfchaften over vielmehr Städte (denn der argwöhniſchen Politik
Roms war 8 zulegt beinahe gelungen die Völker gleihen Urfprungs zu
trennen und jede Stadt auf ihre Sonderintereflen zu befchränfen), ver röm.
Herrſchaft unter ‘dem trügerifhden Namen von Bundesgenoſſen einverleibt,
hatten Nom die Weltherrſchaft erkämpft und alle LKaflen mit ven Römern
‚ getbeilt ohne daß dieſe die Rechte, die Ehre und ven Gewinn ihnen Hätten
zufommen lafjen (vgl. Socii, Weiland p. 23f. SEN. ©. 1,1.6.52 ff.).
Ihre Lage war in jeder Beziehung eine gebrüdte und fie fühlten Ihre Zurück⸗
feßung um fo fchmerzlicder weil ihnen Fein Tribun Half wie der röm. Plebs.
Im 3. 625 wurde das erfte Mal der Antrag de civitate sociis danda ge»
ftelt von M. Fulvius Flaccus (f. Bd. IH. ©. 532.), aber der Senat wußte
e8 zu vereiteln. In demfelben 3. brad in Bregelä ein Aufſtand aus, deſſen
Beranlaffung unbekannt ifl, der aber durch 2. Opimius (f.d.) ſchnell geſtillt
war. C. Gracchus ſuchte den Vorſchlag des Fulvius zu erneuern und bie
Staliker in Rom halten zu ihm (Plut. C. Gracch. 13.). Der Senat ertbeilt
den Goff. den Auftrag file aus der Stadt zu weiſen (vgl. lex Claudia).
Während des Kriegs gegen bie Cimbern ſchien ed ald wollten die Marſer
die Bedrängniß Noms benügen um mit Gewalt das Bürgerrecht zu erlangen,
jeboc der Einfluß des Sulla welcher die Aushebung im Marferlande beforgte,
verhinderte den Ausbruch einer Empörung (Plut. Sulla 4.). Wie wenig
aber Rom geneigt fei ihre gerechten Anſprüche zu erfüllen erfahen fle aus
dem Tadel welcher gegen den Marius ausgeſprochen wurde weil er auf dem
Schlachtfelde von Vercelä dem garen Kontingent (zwei Cohorten) von Ca⸗
merinum, welches beſonders zum Sieg beigetragen, das Bürgerrecht ertheilt
Hatte (Blut. Mar. 28. Bal. Mar. V, 2, 8.). Die Socit hatten indeß nit
6108 den Senat fondern auch die Pleb8 gegen fi, auch ber niebrigfle Nömer
war no zu flolz um seine Rechte mit allen Italienern theilen zu wollen.
Dem Geſetzen des Appulefus (654), melde befonverd den Letzteren nützlich
ſchienen, wiberfegte ſich Senat und Volt. Die Goff. 8. Licinius Grafjus |
und O. Mucius Scävola erneuerten (659) die lex Claudia und führten fie
mit großer Strenge durch. Died geihah zu einer Zeit wo die Socii, im
Bewußtfein zur Rettung der Republik gegen die Cimbern beſonders beige»
tragen zu haben, neue Unbilden zu dulden am wenlgſten geneigt waren. So
mußten die Andgerwiefenen zu Haufe den fon vorhandenen Bährungsfoff
nothwendig vermehren. Der Tribun M. Lotus Drufus (663) ſchien indeß
noch auf friedlichem Wege vie Socii befriedigen zu können. Gr flug zuerft
bad Buͤrgerrecht für die Ratiner vor (Oroſ. V, 18. Bal. Mar. IN, 1, 2.
Diod. AXXVII, p. 612. u. vgl. oben ©. 1110 f.). Gr Eonnte die gemachten
Soffnungen nicht verwirkliden und die beftigere Partei der Latiner beab-
fichtigte die Ermordung der Cofſ. und eines Theils der Senatoren bei den
feriis latinis (ante diem V. Calend. Maii) auf dem Albanerberge. Drufuß,
der Bertraute der Latiner, ließ jedoch dem Gonful 2. Marcus Philippus,
feinem beftigften Feinde, eine Warnung zufommen und fo wurbe ber Blan
vereitelt. D. Bompäpius Silo drang mit 10,000 bewaffneten Latinern gegen
Rom vor, ließ ſich jedoch durch Zureden des Senaterd C. Domitius zum
Marsicum bellum 1589
Umkehren bewegen." Gleich darauf ſcheint fi ein geheimer Bund bes
größeren Theils der italiſchen Städte gebildet zu haben, befien Seele Pompä⸗
dius war. Vielleicht bat Drufus, der dem Bompäpius befreundet war (Plut.
Cato min. 2.), ven Bund geleitet, er ſah in der Emancipation der Italtener
das einzige Mittel dem drohenden Blutvergießen vorzubeugen und glaubte
vieleicht, er werde als Leiter ver Verbintung im Stande fein eineıfeits den
Senat zu bewegen aud Furcht nachzugeben, andererfeitd die Verbündeten von
Gemalthätigkeiten abzuhalten. Seine frühere Stellung zu dem Aufſtande ber
Latiner und mehr noch die Schwurformel bei Diobor Excerpt. Vatic. 1.
37—40. $. 4. fpricht für diefe Anſicht (ſ. Weiland p. AO. u. oben S. 1110f.).
Druſus fiel, ein Senatébeſchluß bob feine Rogationen auf (&. 1111.) und
burd lex Varia (j. ©. 1452.) wurde eine linterfuhung angeordnet gegen
Ale welche den Bundedgenofien die Hoffnung auf das Bürgerrecht erregt
oder fie gegen Rom in Waffen gebracht hätten. Mit dem blanfen Schwerte
fanden bie Ritter bei der Stimmurne und zwangen die Bürger für das Gefeg
‚u fllmmen (Apr. bell. civ. I, 37.). Beftia, Eotta, Mummius wurden als
Begünfliger ver Bundesgenoflen verbannt. Lebtere gaben nad der Crmordung
des Drufus die Hoffnung auf Gerechtigkeit von Seiten des Senats auf, nur
von offener Gewalt ſchien noch zu hoffen, fle rüfteten daher zu dem großen
Kampfe. Zu dem geheimen Bunde aber melcher fich gebildet Hatte gehörten
bie Marfer, Peligner, Befliner, Frentaner, Marruciner, Picenter, endlich
die Samniter und Lucaner welche von jeher das römifche Joch mit Unmuth
getragen; die Mitwirkung der Etrusker und Umbrer, der Campaner, Appuler
und Bruttier Tonnte man nach den erften Erfolgen hoffen. Die Berbündeten
abmten die Berfaffung der Roͤmer bei ſich nah: die flark beſeſtigte Haupt⸗
fladt der Beligner, Gorfinium, wurde unter dem Namen Italicum zur gemeine
famen Hauptſtadt gemäblt, vort follten die gemeinfamen Beratbungen ge»
halten werben, dort war alles zum Kritge Nötrhige aufgehäuft. Ein Senat
von 500 Mitgliedern und zwei fährliche Coſſ. follten das Ganze regieren;
ernannt wurden dazu der Marfer O. Pompädius Silo und der Samnite
C. Ayonius (over C. Papius) Mutilus. Bevor jedoch die Häupter ber Ver⸗
bindung ihre Pläne zur Meife gebracht zwang fie ein partieller, durch zu⸗
fällige Entdeckung entflandener Ausbruch Foszufhlagen, weil fie nicht mehr
hoffen durften die Mömer zu überrumpeln. Der römiſche Senat nämlid,
beunruhigt durch die Über die Aufregung Italiens umlaufenden Gerüchte, hatte
Gommiffarien in die Städte gefchict um die Stimmung zu erforihen, und
einer von biefen erfannte in einer marflfchen oder famnit. Stadt den Sohn
eines reihen Bürgers von Asculum, ver ſich hier als Geiſel für die Bunbeötreue
ber Picenter befand. Er gab dem Procof. O. Serrilius Nachricht von feiner
Entdeckung und diefer begab fich fogleih nach Aeculum. Es war gerade ein
Befltag und die Einwohner Fefanven ih im Theater. Serv. ließ die Spiele
fogleih unterbredden und. drohte in einer verleßenden Rede mit der Made
Noms Hei einem etwaigen Verrathe. Die Menge zerriß ihn und feinen
Legaten, ſchloß die Thore und töbtete alle In der Stadt beſindlichen Romer
(Diod. XXXVII, p. 612. App. b. c. I, 38. Flor. IN, 18,9: Vellej. 11,15, 2.
Drof. V,18.). Auf die Nachricht von Adculums Empörung rief Pompädius
bie zum Bunde gehörigen Völker zu den Waffen. Jedoch ſchickten fie no
Geſandte nah Nom um ihre Bitten vorzulegen. Der Senat weigerte fi
biefelben vorzulaffen und antwortete flolz, er werde ihre Klagen unterfuchen
* Die Latiner nahmen an dem fpätern Kriege keinen Antheil, ſei es weil fie
fürchteten die ganze Laft des Krieas werde auf fie hauptſaächlich, als bie nächſten an
Nom, fallen, ſei es weil fie horften durch Ihre Treue ficherer dad Bürgerrecht gu
erlangen,
41590 Marsicum bellum
wenn fie die Waffen nieverlegten; zugleich fehidte er, ven Aufſtand für einen
Iocalen Haltend, den Prätor En. gompelus Strabo gegen das durch Natur
und Kunſt ſtark befefligte Atculum. Er wurde jedoch bei einem Ausfalle
der Einwohner beflegt und gefchlagen. Als nun die Kunde von dem QAufs
flande der Völker des Apennin nah Rom Fam eilte der Gonful Ser. Julius
Caäſar dorthin, wurde jedoch von dem Führer der Marfer, Veitius Cato ober
Scato, bei Aefernia beflegt. Vettius belagerte darauf Aefernla, eine röm.
Colonie. Sie ergab ſich nah bartnädiger Vertheidigung und Vettius zog
vor die Colonie Alba; denn gegen bie römif&en Golonien in ihrem Gebiete,
welche fie noch mehr als die Roͤmer in Nom haften und melde au ten
Kriegdoperationen ſehr binderlih werben Eonnten, wandten fi die Berbün-
beten zuerfi. Während fle aber die Colonien belagerten fammelte ſich Mom
von feinem Schreden und z0g Truppen zufammen. Die Bundeögenoflen
hatten Italien in zwei Theile getheilt und dieſe ihren Conſuln als Provinzen
zugemwiefen: O. Pompäadius erhielt den Theil Italiens welcher ſich gegen
Norden und Oſten von Gercolä und den Apenninen längs des adriatiſchen
Meeres * erſtreckte und hatte ſechs Prätoren unter fi (ed werden genannt
P. Bıefentefus, Vettius Cato, Herius oder Hierius Aflnius, ein Marru- |
einer), das Übrige Italien gegen Süden und Wellen (Samnium, Apulien,
Rucanien) erhielt Mutilus ebenfalls mit ſechs Prätoren (von denen genannt
merden: Marius Egnatius [mohl derfelbe als Trebatius], T. Lafrenius oder
Afranius, M. Lamponius oder Aponius ein Lucaner, C. Pontivius oder
Pontilius, C. Judacilius ein Picenter**). Sowohl die Wahl der Gonfuln
(ein Marfer und ein Samniter) ald auch die Provinzentbeilung Tpridt für
die Uinterfheldung von zwei Bruppen unter den Bundesgenoſſen, die eine
Gruppe, der Marferbund, gemäßigter und bis jeßt der Republik treu, gingen
nidht auf den Untergang Roms aus, denn fle wollten Bürger Romd werben ;
bie andere Gruppe, Sammiter und Bucaner, welche fi bisher bei jeber
Gelegenheit empört, wollten als unverföhnliche Feinde Roms ben lintergang
defſelben. Pompädius fuchte in Lattum einzubringen (dur) Bettius Gato),
Mutilus Campanien zu erobern. Mutilus ſchickte daher den Marius Egna⸗
tins (f. Bd. III. ©. 60.) nad dem nörblichen Gampanien (mo er Benafrum
gewann), er ſelbſt brad von Samnium und Upulien her in Güpcampanien
ein. Die Nömer ſtellten daher von den beiden Cofſ. des I. 664 den ®.
Nutilius Lupus dem Pompädius entgegen. Unter ihm flanden bie Legaten
C. Marius und E. Perpenna, der erflere links, der zweite rechts vom Gonjul
Ich leſe naͤmlich in Diod. XXXVII, 538— 541.2 75 adv Ilounasdip mgocegısar
xugav ano my Kıprwius xalovutvar ulxgı zys Alpatınjs Balddans, Ta eos
eo (ati Övonas) xas nv Apxtoy vevovra ulon...To de Amor tig Iralias ric
no0s dvopas (flatt io) xas neonußglar vevovaar npogepiwar Iale Mora.
Pompäbins führt den Krieg auf der Oftfeite des Apennin, an der Spitze des Marfer:
bunbes, Motuins, Haupt des Samniterbundes, in Samnium, Eucanien, Apulien und
Eampanien. Auch Merimee unterſcheidet (S. 129.) zwei Gruppen unter ten
Bundedgenoffen: die Marfer mit deu Bergodlkern bed mittlern Apennin, weiche dad
Sateinifche oder einen bemfelben aͤhnlichen Dialekt ſprachen, und bie Sammiter welche
bie o@kifche Sprache behalten, was er aud, aus Münzen beweist (S. 359.). Darans
erhellt aber auch daß das font unbekannte Eerfolä weber in Gallin togata zu fncdhen
if, nach welcher Gegend ber Krieg ſich gar nicht erſtreckte, noch weniger aber, mie
Merimee 6, 130. vermuthet, Eirceji darin gu erkennen if, fondern ein Ort an den
Grenzen der Srentaner und Appuler.
*° Diefer war vielleicht urfpränglich Führer des Picentifchen Eontingents, befand
fi aber zur Zelt bed Aufitandes von Atenlum abweſend in Apulien und blieb bei
dem Heere bed Mutilus, wahrſcheinlich weil die Asculaner einen cilicifdhen Piraten
führer Agamemnon, welcher von den Römern gefangen worben war uub in Äsenlam
bewacht wurde, zu ihrem Anführer gewählt hatten, —
—
Marteam beilsm 1501
operivend, in zweiter Linie die Legaten DO. Gäpio, En. Pompeiud Strabo
und Balerius Meſſala. Der andere Conſul L. Julius Caſar (S. 425, Nr. 7.)
ſollte Gampanien gegen Mutifus Halten und in Samnium und Lucanien ein-
zubringen ſuchen. Unter ihm fanden die Legaten P. Lentulus, J. Divine,
Licinius Craſſus, M. Marcelus, Cornelius Sulla. Gäfar hielt fein Heer
mehr zufammen um einen Hauptſchlag audzuführen. Später erfcheint jedoch
Sulla mit einem befondern Heerhaufen, er erhält die Verbindung zwiichen
tem Nord: und Südheere und bedroht zugleid Marſer und Samniter.
Qunberttaufend Dann von jeder Seite follten den großen Kampf entfcheiden
(App. I, 39.). — Licinius Graffus fiel in Lucanien gegen M. Lamponius,
Mutilus ſchlägt in Kampanien den Conſul Cäſar in einer blutigen Schlacht
und gewinnt die Colonie Nola dur den Berrath der Befagung, die zu ihm
übertritt. Stabiä, Liternum, Salernum fielen ebenfalls in feine Hände, die
Gefangenen und die Sclaven vermehrten fein Heer. Als er darauf alles
Land umNuceria verwüſtete ſchloßen ſich ihm aus Furcht vor gleichem Schick⸗
ſale die umliegenden Städte und mehrere kleine Völkerſchaften (wie die Pom⸗
pejaner und Picentiner, Diod. XXXVII, 538—541. App. I, 39.) an. Er
(dritt darauf zur Belagerung von Acerrä. Die weitere Berbreitung ober
Niederbaltung bed Aufſtandes fehlen von einem Hauptſchlage abzuhängen.
GEäfar vereinigte zu demſelben alle feine Streitkräfte, zog außerdem 10,000
Ballier melde Sertorius (Put. Sert. 4.) gefammelt Hatte, Mauretanier und
Numider an fih und Tagerte ſich Hei Acerrä dem Mutilus gegenüber. Mutilus
fudte mit Erfolg die numidifhen Truppen Cäſars, melde wohl meift unter
Suguriba gedient Hatten, zu verführen, indem er den Sohn des Yuguriba,
Oxyntas, berbeiholte und mit tem Purpur ſchmückte. Cäſar fah fih ge-
nöthigt dieſe Truppen nah Africa zurüdzufhiden. Mutilus griff nun das
römifge Lager an und zwar mit großem Grfolge, als ein Eräftiger Ausfall
ber römiſchen Meiterei ihn mit Verluſt in die Flucht trieb. Cäſar fand fich
jedoch veranlaßt ih von Acerrä zurücdzuziehen (vgl. Bd. II. ©. 60. IV.
©. 425.). Wegen dieſes zweifelhaften Sieged wurde Gäfar von feinem Heere
zum Imperator ernannt und der Senat legte dad Kriegsfleiv ab welches er
zu Anfang des Jahres angelegt Hatte. Unterdeß gingen zu Judacilius in
Apulien mehrere ven Römern noch treu gebliebene Städte über, jo Ganuflum
und Benufla, andere wurden mit Gewalt genommen, die vornehmen Roͤmer
die man in benfelben fand, getödtet, die niederen und bie roͤmiſchen Sclaven
dem eigenen Heere einverleist. Es ſchien fo als gelte ver Krieg nur ber
bevorrechteten Kafle des Senats. — Nicht minder glücklich waren die Socii
auf der andern Seite gemefen. P. Preſentejus fohlug (mie es fcheint beim
Lacus Fucinus) den Perpenna und tödtete von feinen zehn Tauſenden vier.
Dafür nahm der Eonful dem Berpenna den Befehl ab und vereinigte feine
Truppen mit denen des Marius. Gn. Pompejus wurde aus Picenum ver»
trieben und die Socii drangen in das Rand der Sabiner und in Umbrien ein,
Alles mit Feuer und Schwert vermüjlenn, man Fämpfte befonders hitzig um
Oericulum, Garfeoli, Reate. Dettius Bato nahm, nie ed feheint, Alba nicht
und wendete ſich gegen Die andere Seite ded Lacus Fucinus und drang bis
zum Liris vor. Hier flellten ſich ihm zwei römijche Heere entgegen, das
eine unter dem Conſul Rutilius, das andere weiter unten am Blufle unter
Marius. Die Sorti fanden .an bem andern Ufer, dad Hauptcorps dem
Marius gegenüber. Des Mutilius Heer war ohne Mannszucht und bie
Unvorfichtigkeit des Führers fo groß daß täglih marfifhe Spione in fein
Lager famen. Als num Rutilius gegen den Rath des Marius, der für bie
Defenfive war, gegen Morgen ven Fluß überſchritt, überfiel ihn Vettius
Gato mit dem größten Theile feines Heeres, welchen verfelbe, wahrſcheinlich
von ber Abficht des Eof. unterrichtet, während ver Nacht hierher geführt
+
1892 Marionm beilum
Hatte, indem er nur ein Kleines Corpo dem Marius gegenüber zurüdiieß um
feinen Darf) zu verbergen. Achttauſend Römer flelen, unter ihnen viele
aus den vornehmften Bamilien, Autilius felbft wurde fo verwundet daß er
bald darauf flarb. Die den Fluß herabſchwimnmenden Waffen und Leihen
unterrichteten den Marius von dem Unglüd des Coſ., er überſchritt daher raſch
den Fluß, nahm das ſchwach vertheidigte Lager. ſchlug auch den Vettius
Cato. Trotzdem gehörte die Ehre des Tages den Marſern. Der Kampf
fand Statt III. Id. Jun. (Ovid Fast. VI,562—-565.). Für die Übrige Zeit
des Jahres wurde die Stelle des Rutilius nicht wieder beſetzt, da Gäfar unter
den obwaltenden Umſtänden nicht zu den Gomitien nah Nom gehen Eonnte.
Das Heer des Rutilius wurde dem Marius anvertraut. Nach dem Ruͤckzuge
des Vettius Cato jcheinen bie Nömer wieder gegen die Berge vorgebrungen zu
fein und Aefernia wieder genommen zu haben, auch fhlug Servius Sulpicius
Galba die Peligner. Aber bald wandte fih das Glück wieder den Soctii
zu, der alzufühne Cäpio wurde von den Veſtinern und Marſern burd eine
Liſt des Pompädius gefchlagen und getöbtet (App. I, 44.). Marius erhielt
‚nun von dem Senat den Oberbefehl des Norpheeres. — In. Campanten war
indeß der Coſ. Eäfar zwifchen dem Bulturnus und Liris zurückgeworfen morben
und wurde mit feinem 35,000 Dann ftarken Heere in einer ungünftigen Stellung
von Marius Egnatius überfallen, der größte Theil des Heeres ging verloren,
die Uebrigen warfen die Waffen weg und retteten fi mit ihrem Feldherrn
nad Teanum Sidicinum. Nachdem Cäſar Hier die Reſte feines Heeres neu
geordnet und eiligft neue Truppen an ſich gezogen, rüdte er gegen Acerrä vor,
welches Mulilus noch belagert hielt. Keiner wagte indeß den Antern anzu«
greifen. — Marius bielt fi gegen die Marfer auf ber Defenflve, bemüht ven
dur zmei Niederlagen gebrochenen Muth feiner Truppen wieder aufzurichten.
Endli ergreift er, vielleicht in Abweienheit des Pompädius, die Gelegenheit
die Marfer zu überfallen, vie Fliehenden fielen dem damals auf ber Außerften
Linken bes Südheeres operirenden Sulla in die Hände. Sechstauſend Feinde
blieben in dieſem Kampfe, unter ihnen Herius Aflnins, der Führer ver
Marruciner. Nah diefem Siege entfehte Sulla mit 24 Cohorten das von ten
Sociis belagerte Uefernia, indem er das famnitifche Heer durchbrach. Marius
lieferte gegen Ende des Jahres den Marjern noch eine unentfchievene Schlacht,
nad welder er den Befehl aus Koͤrperſchwäche niedergelegt zu haben ſcheint (vgl.
oben S. 1560.). En. Pompelus ſchlug die Picenter, welche er aus Umbrien vers
trieb, und ſchritt zur Belagerung von Asculum. So hatten auf biefer Seite die
Roͤmer die Oberhand gewonnen und die Feinde aus ber Ebene in ihre Berge
zurüdgetrieben. Iim auch In Gampanien, wo ver Franke Gäfar felten glücklich
Fämpfte, die anderen Heere der Feinde zurüdzutreiben, rief der Senat ben
En. Pompejus von der Belagerung Adculums in Picenum ab und ſchickte
ihn mit Servius Sulpicius Galba nah Gampanien. Er wurde jeboh von
Judacilius, Lafrenius und Ventidius, welche ihre Heere vereinigt Hatten,
beflegt und rettete fih in das befeftigte Firmum (fon unbekannt, wohl in
ber Gegend von Balernum gelegen). Lafrenius wurde zur Belagerung der
Stadt zurüdgelafien. Als jedoch ein neued römiſches Heer angefommen,
machten Pompejus und Sulpicius einen Ausfall, tönteten den Zafrenius und
trieben fein Heer auseinander, weldes nah Adculum (Appulum, vgl. Wels
land p. 61 f.) floh. _ Pompejus Helagerte fogleih diefen Ort. — Auch in
Etrurien und Umbrien feinen partielle Auflänte gegen Rom Statt gefunden
zu baben, es iſt von ſchweren Kämpfen gegen biefelben die Rede (Oroſ.
V. 18.). ®Beite Theile, die Socii und die Römer, hatten in biefem Jahre
bebeutend gelitten, die Nömer vielleicht mehr, ber Mangel an Truppen zwang
fie zum erſten Male Breigelafiene auszuheben. Die Verlängerung bed Kampfes
ſchien aber um fo bedenklicher als bei dem drohenden Abfall von ganz Eirurien
Mamicum beilum 1393
und Umbrien Rom von allen Selten von Feinden umringt geweien wäre,
. außerdem berrfchte in Gallia Gisalpina große Aufregung, ferner halten bie
Saluvier die Waffen wieder ergriffen und Mithridat drohte mit einem nicht
minder gefährliden Kriege. Unter dieſen Umſtänden widerſetzte ih der Senat
dem Vorſchlage des Conſuls 8. Julius Gäfar nicht, nach welchem die treu
gebliebenen Bunbeögenofien das Bürgerrecht bekommen follten (1. S. 975 f.).
Die Umbrer und Etrusker nahmen «8 mit Jubel auf (App. I, 49). Mit
Recht konnte man hoffen durch die lex Julia auch die noch bemaffneten Bundes⸗
genoflen zu trennen, die gemäßigtere Partei zur Niederlegung der Waffen zu
bewegen. In ber That zeigte feitbem ber Marferbund nit mehr denſelben
Gifer, die Samniter und Lucaner allein welche mehr aus Nationalbaß bie
Waffen ergriffen ald um in die Nation die fle verabfcheuten, aufgenommen
zu werben, zeigen ihre alte Kraft. Die neuen Bürger wurben nah Appian
I, 49. in 10, nah Bellejus 11, 20. in 8 Tribus vertbeilt, welche nach den
alten 85 flimmen follten. Beide Angaben Tafien ſich jedoch vereinigen, bie
lex Julia machte nur 8 neue Tribus, zwei neue wurden fpäter, vielleicht durch
die lex Plautia im folgenden Jahre hinzugefügt (f. Sifenna bei Noniuß s. v.
Senati und ergo; vgl. aber auch S. 976. mit d. Anm.). Der Senat wies
die Dunbesgenoffen in eine Anzahl neuer Tribus, weil fie in bie alten Tribus
veribeilt ohne Zweifel die Majorität gehabt Haben würben, durch vie einge⸗
führte Binrihtung mußten fie aber felten zur Abflimmung kommen, benn
bie Maforität war wohl meift entſchieden che das Serutinium bis an fie
fan. So enthielt alfo die lex Julia Stoff zu einem neuen gefährlichen
Streite. — Bis jegt waren bie Soecii im Ganzen im Vortheile, im 3. 665
unter dem Gof. bed En. Pompejus Strabo und des 2. Porcius Cato lenkte
jedoch Erfterer und mit ihm Sulla das Kriegsgläd auf die Seite ber Roͤmer.
Beide Goff. mit Sulpicius, 2. Murena, D. Gäciliug Metellus erbielten den
Befehl in das Marſerland einzubringen, Julius Gäfar dem pad Imperium
verlängert worden, Sulla, A. Gabinius, T. Didius, C. Eosconius und
D. Quecejus follten nah Wiedereroberung Campaniens in Samnium, Lu⸗
canien und Apulien einbringen. Die lex Julia hatte ſchon dazu beigetragen
die Völker des Marferbundes lauer zu machen, noch mehr mußte dies ber
Ball fein ale in dieſem Jahre die lex Plautia allen Sociis, mit Ausnahme
der Samniter und Lucaner, had Bürgerreht bewilligte. — Um Acerrä ſchien
ch der Hauptkampf zu drehen, Julius Cäſar tödtete hier in einer Schlacht
dem Mutilus 8000. Mann und feßte die Belagerung von Adculum (Appulum)
fort, farb aber bald darauf. — Auf der andern Seite hatten bie Socli, inbem
fie no nicht wußten daß die Etrusker nicht mehr geneigt waren ſich dem
Aufilande anzuſchließen, 15,000 Mann auf abgelegenen Wegen nad Eirurien
geſchickt. En. Pompejus tödtete 5000 derſelben, bie Uebrigen kamen vor
Kälte und Hunger um. Derfelbe Pompeius beflegte au bie Marfer und
töbtete 18,000 derfelben welde dem belagerten Asculum (Picenum) zu Hilfe
eilen wollten. In diefe Zeit fällt die intereſſante Unterredung bes Ger. Pom⸗
yeius, Bruders des Gonfuls, mit Vettius Cato, welder Cicero, der damals
feinen erfien Feldzug machte, beimohnte und von der er uns ein Bruchſtück
mittheilt (Philipp. XII, 11.). Au der andere Eof. Porcius Gato beflegte
an der Spige der Marianiſchen Truppen mehrmals die Marſer, fiel jedoch
gegen bie Beinde, wie Appian (I, 90.) und Livius (LXXV.) fagen, ober
wurbe von dem jüngern Marius ermordet weil er feine Thaten über bie bes
Marius erhob (Drof. V, 18.). Died geſchah zu Anfang des Jahres. Im
Sommer und Herbſt ſchlug Sulpictus die Barruciner und drang in ihr Land
ein, die Marfer, in mehreren Treffen von 2. Diurena und O. Gäckhius Me⸗
tellus (Pius) gefhlagen, baten um Frieden. Pompejus nahm bie liebergabe
der Marfer, Marruciner, Veſtiner, Beliguer an. Den Venino Gato wollten
IV.
%
1896 Biarsieum hell
nicht aufgeben. In vem Kampfe des aus Aflen (671) zurückgekchrten Sulla
gegen Ginna blieben fle Anfangs neutral. Sulla, melden fie wegen ber Ver⸗
müfung ihres Landes durch feine Solvaten und wegen der Niederlagen bie
fie gegen ihn erlitten als einen perfönlicden Feind betrachten mußten, konnte
ruhig dur) Apulien dicht an ihren Grenzen vorbei nah Campanien ziehen.
Vielleicht laͤßt ſich dieſe Unthärigkeit der Samniter durch einen Bertrag erflären
welchen Sulla mit ihnen machte (f. Merimec p. 267.). Erſt als Sulle gan;
Unteritalien genommen hatte und ihre Unabhängigkeit gefährpet ſchien, treten
fle auf die Seite des Barbo und Bontius Teleſinus fit zu dem Heere bes
jüngeren Marius einen beträchtlichen Heerhaufen unter dem Befehle feines
Bruberd: Derfelbe wurde mit dem jüngeren Marius bei Sacriportum (672)
geſchlagen und flüchtete fi nah Präneſte. Sulla ließ die gefangenen Sam-
niter unter ben Mauern diefer Stabt erwürgen. Erf nah der Einnahme
Roms durch Sulla treten bie Samniter fräftiger auf, fie fleigen mit ben
Zucanern in die Ebene hinab, Sulla treibt fie jedoch zurüd und fidert fo
die dem Lucretius Ofella anvertraute Belagerung von Präneſte. Während
Sula in Gtrurien gegen die von Ihrem Führer Garbo verlafienen Etrusker
fämpft und fie nad wüthender Gegenmehr faſt vernichtet, hatte Teleſinus ale
feine Kräfte, 40,000 Mann, in der Gegend von Präneſte vereinigt (bei
Subiaco nah Merimee) ; unter ihm befehligte Lamponius bie Lucaner, Gutta
die Campaner. Es gelingt jedoch dem Gulla die Pränefte deckenden Bäfle
(nad) Merimse in der Gegend von Bal Montone) vor den Samnitern zu
erreichen. Da entſchließt fi Telefinus auf Rom lodzumarſchiren; nad einem
Scheinangriffe auf die von Sulla bewachten Bäffe umgeht er die Stellung bes
Sulla und erreicht (Pränefte links laſſend, Merimée p. 298.) die via Ti-
burtina, wo er fi wahrſcheinlich mit ben vier etruskiſchen Regionen vereinigt
welche bem Sulla entkommen waren. Dieſer Mari fand Statt In der Nacht
vor dem 1. Novbr. 672. Am folgenden Morgen erfcheint Teleſinud an ber
porta- Collina, der Anblid der in der Morgenjonne fchimmernben Tempel und
Thürme Roms erhöhte den Enthuſiasmus feiner Schaaren; da iſt, fagte er
ihnen, das Lager dieſer räuberifhen Wölfe: verbrennen, zerflören wir e8; io
lange der verbammte Wald in den fle ſich zurüdzichen nidt vom Erdboden
verſchwunden iſt gibt e8 Feine Freiheit in Italien (Bellef. II, 27.). Die
Stadt war nur von wenigen Truppen befegt, an eine nachhaltige Vertheidigung
war nit zu denken. Plotzlich jedoch öffnet ſich bie porta Collina, ein Haufe
von Jünglingen aud den ebeliten Bamilien zieht unter Appius Claudius dem
Feind entgegen, wird aber nah muthigem Kampfe zufammengehauen (Blut.
Sulla 29.). Diefe Kühnheit ſcheint den Telefinud betroffen gemacht zu haben,
Kom hatte nit das Anfehen einer durch feine Ankunft erſchreckten Stadt,
er zögert, fürätet Hinderniffe die er nicht vorhergefehen, er will, feinen Sol⸗
daten nach dem anſtrengenden Marfche Ruhe gönnen, ven Heft feiner Truppen
erwarten und verliert fo eine koſtbare Zeit. Bald erfcheint eine Reiterſchaar
von 700 Mann melde Nahte aus dem Lager von Pränefle abgegangen war
und fündigt an daß Sulla mit dem ganzen Heere gegen Mittag in Mom fein
werde. Telefinus gibt nun den Sturm auf Rom auf und räftet fl zur
Schlacht. Sie begann gegen 4 Uhr Nachmittags, man ſchlug fi von beiden
Seiten mit dem Muthe der Berzweiflung, beide Feldherrn geben das Beifyiel,
indem fie fl gleich den Solvaten der Befahr ausſetzen (vgl. Plut. Sulla 29.).
Bei einbrechender Dunkelheit wich der linke Flügel des Sulla ben ihn bes
brängenben Teleſinus, Sulla flog herbei und flelte die Ordnung wieder ber,
indeß ein neuer Angriff der Feinde machte die Flucht allgemein, Sulla ſelbft
wurde mit fortgerifien. Die Gefhlagenen flohen der Stadt zu, da jede
bie Thore geſchloſſen waren aus Furcht Die Samniter mödhten mit eindringen,
fo wurbe ber Kampf in der Zinflerniß ohne Ordnung forigefegt, bit &r-
n
Mariguf 1997
ſchöpfung die Streitenden trennte. Ginige maren bis ind Lager vor Bränefle
geflohen, mo fle den Verluſt der Schlacht, den Tod Sulla’3 und die Ein-
nahme Roms verfündeten. Sulla wußte bei ber Verwirrung des nächtlichen
Kampfes ſelbſt nit was auf dem andern Ihelle des Schlachrfeldes geſchehen.
Er glaubte die Schlacht verloren als Meiter des Graffuß, ber den rechten
Flügel befehligte, ihm die Nachricht bringen der Feind ſei geichlagen. Bel
Anbruch des Tages fammelte nun Sulla alle feine Truppen wieder und führte
fle nad Antemna wo die Reſte des feinplichen Heeres fi no vertheidigten ;
3000 Mann, vielleicht Römer des Carbo, boten Ergebung, Sulla verſptach
ihnen das Leben unter her Bedingung daß fle gleich die Waffen gegen ihre
bisherigen Genoſſen wendeten (Blut. Sulla 30.). Sie thaten e8 und biefe
Treuloſigkeit vollendete die Niederlage. Auf dem Schlachtfelde Tagen 900,000
Todte von beiden Heeren, unter ihnen befand ſich Telefinus und Gutta;
6000 Befangene, meifl Samniter und bie VBerrärher mit ihnen wurden Tags
barauf niedergemacht, bie Köpfe der gefallenen Führer auf Langen um bie
Mauern von Pränefle getragen, den Einwohnern ein Zeichen daß fle nit
mehr auf Entſatz boflen dürften. Präneſte ergibt ih endlich, Marius und
ber jüngere Teleſinus entgehen der Gefangenſchaft durch felbft gewählten Tod.
Sulla verſchonte nur die in Pränefte gefundenen Römer; Samniter und Prä⸗
nefliner wurden, fa 12,000 an ver Zahl, vor feinen Augen getöbtet.
Nola, von ren Samnitern feit Anfang des Krieges vertheidigt, ergab fi
endlich auf, und Die letzten Reſte ver Unzufriedenen die fi in Banden aufs
Id8ten, wurden nach und nad von den Mömern aufgerieben. Sulla wuͤthete
mit gleihem Hafle gegen alle Städte die fi Ihm abgenelgt gezeigt oder ihm
widerflanden hatten, die alten Einwohner wurben veririeben und durch feine
120,000 Krieger erfegt, öffentliches und Privateigentbum confiscirt. Samnium
hatte beſonders von dem Hafle Sulla's zu leiden, er zerflörte nit nur die
Befefligungen der Städte fondern auch die Tempel und bie Häufer, er fagte
oft daB Rom nur dann ruhig fein werde wenn es feine Samniter mehr
gebe (Strabe V, p. 249.). Ihre ehemals blühenden Städte waren zur Zeit .
Strabo’8 zu elenden Dörfern herabgefunfen, in ganz Unteritalien ſah man
nur Ruinen. Die Schriftſteller berichten nit ob die ſchwachen Lieberrefte
der Samniter von Sulla das Bürgerrecht erlangten, nad feiner Dictatur
haben fie e8 (App. b. c. 1, 53.). Vielleicht gab es ihnen fhon Sulla, denn
e8 hatte unter ihm nicht viel zu bedeuten, indem er durch feine Cinrichtungen
ber VBolföverfammlung ihre Wichtigkeit nahm. Die Emancipation von ganz Ita=
lien, die mit 300,000 Männerleben erfauft war (Bell. Pat. II, 15, 4.), vers
löfht den Unterſchied in Geſetzen, Sitten, Sprache, welde die römifche
Boltiit fo lange aufreht erhalten, Rom mird nun wirklich die Haupiſtadt
Italiens, indeß brachte der Zuflug an Bürgern feine neue Kraft, bie neuen
Bürger hatten nicht der alten Nömer warme Liebe zum Vaterland, und auf
der Patriotiomus der alten Bürger ſank mit der Vergrößerung ded Vaters
landes. Sulla's Vorgang zeigte dem rs den Weg und die Vermehrung
der Ration Hatte dieſem ein gefährliches Werkzeug in die Hand gegeben,
vgl. Hoͤck N. G. 1,1. ©. 59. und Über das Banze: Keferflein (Halle 1812.)
und 3. Weiland (Berlin 1884.) de bello marsico. Proſper Merimee la
guerre sociale, Paris 1841.* [F. Weiland.] -
Marsigmi, ein blos von Tac. Germ. 43. genannter der Sprade und
Lebensweiſe nah ſueviſcher Volkoſtamm Im Südoſten Germaniens auf dem
In deffen Etudes sur P’histoire romaine (Paris 1844.) Bd. 1. — Dazu ift
neueftens gefommen: Der römiiche Bnndesgenoffentrieg, nad) den Quellen bearbeitet
von Dr. Adolf Kiene (in Stade). Leipzig 1845, 350 ©. 8 [W.T.]
|
1600 Martömä — Minrtialis
mit Gebet am a. D. p. 385. anzunehmen fein baß bie Adsbarögov ayayı)
in mehreren Büchern anhangsweife einen Abſchnitt dır Schrift ra wepi Als-
Saröpor auſsmachte. Die Arrına hingegen, wofür Droyfen 'Anazınd vor⸗
f&lägt, find mit Recht von Bernhardy zu Suid. T. II. p. 713. dem Älteren
Mariyad abgefproden und dem jüngeren, dem Gohn bed Kritovemus aus
Philippi (dem isgevs zov Hoanikovg, Athen. XI, p. 467. C.), vindicirt und
mit der von Suidad Ihm zugefchriebenen Schrift weyasoAnyin ar Bußliosg 13
Br einer Arriuij auyaoioyie vereinigt worden, aud welder vermuthli die
otizen bei When. XI, p. 467. C. 477. A. u. 479. C. entlehnt find. Der-
jelbe ſchiieb nach Suidas uudınz in 7 Büchern (vgl. Athen. II, p. 69. D.
Schol. Som. Odyss. XVIII, 85.) und Erepa rıra nepi tung ıdiag Barpıdos,
‚genaner Maxsdorıxa« in mindeflend 6 Büchern (Harpokr. s. v. TaAmpos u.
n. Schol. @urip. Hipp. 666. Rhes. 346.). Das Beitalter dieſes M.
laͤßt ſich nicht ermitteln, doch möchte daffelbe kei der gelehrien Richtung feiner
Schhrififtellerei ziemlich weit berabzuräden fein. Uebrigens geflattet bie geringe
Zahl der Fragmente Beider kein motivirtes Urteil über die Stellung welche
diefelben unter den Geſchichtſchreibern Aleranders einnehmen. [ West.]
6) Marsyas, Sohn ded Hyacinıhus, Töpfer in Athen, wahrſch. kni⸗
diſcher Metöfe, nach der Infhrift auf einer im Kerameikos gefundenen Scherbe.
Thief, Über Henkel irdener Geſchirre mit Infchriften, in d. Abhandl. ber
Mündiner Akad. Bp. II. Abıh. 3. S. 790. [W.]
Martömi, Bolt im Oſten von Arabia Deferta. Biol. V, 19, 2. [F.]
Martenses war des Name einer militärtichen Corporation welche mehr⸗
mals auf Inſchriften erwähnt wird, fo 3. B. von Benevent, Drellin. 4124.
4126. 4128. 4129., wo fomwohl collegium Martensium old coll. Martense
“ vorkommt. Auf der eiſten Inſchr. wird ein patronus studiorum (f. v. a.
colleg.) Mart. genannt. [| R.]
Martha (It. Ant. p. 291.) oder Marta (ab. Beut.), Flecken an
einem gleichnamigen Zluffe in Cirurien zwiſchen Gentumcellä und Forum Aus
relli. Der Fluß welcher aus dem Lacus Bolfinienfid entfpringt und nörblid
von Graviscä in das tyrrhen.’ Meer mündet, Heißt noch immer Marta. [F.]
Mäartise, ſ. Nartiae Pons. ’
Martialis, 1) M. (I, 5. 55, 1. III, 5, 10. V, 29, 2. 63, 1. VA,
47, 6. X, 73, 8.) Valerius Marlialis (VI, 82, 4. VII, 62, 16. X, 9, 3.;
‘Val. Mart. in der Aufſchrift von Praef. zu VII. und vollſtändig M. Val. Mart.
über Praef. zu XII.)*, geboren zu Bilbilis in Hifp. Tarracon. (1. Bd. 1.
©. 1113.; ſomit ein Landomann Lucan's und der beiden Seneca) am 1.
März (IX, 53, 3. X, 24, 1. vgl. 29, 3. 92, 10. XI, 60, 1f. 5f.) ums
3. 43 n. Chr. (f. Mader c. 1.). Sein Bater hieß Eronto, feine Butter
Flaccilla (V, 34, 1. wenn Fl. bier Vocativ und nicht vielmehr Nominativ
iR), und einen Bıuder Turaniud nennt er IX, 1. praef. vgl. XII, 44. Zweimud-
zwanzig Jahre alt Fam er nah Mom (X, 24, 4. vgl. mit 103, 7 f. 1046,
9 f.). mo er während eines Zdjährigen Aufenthalts (X, 103, 7 f. XI, 81,
7. 84,1.) Nero, Salbe, Otho, Bitelius, Veſpaͤſtan, Titus, Domitian und
Trajan auf dem Throne ſah. Seinen Fähigleiten nah ſtand ihm bie wenn
glei kümmerliche Laufbahn eines Advokaten offen, aber er verſchmahte fie
(I, 30. V, 16.) unb z08 es vor, casu vivere (III, 38, 14.), ». $. ols
Glient fh von Goͤnnern füttern zu laſſen (vgl. 1,43 f. TIL, 36. IV, 40.78.).
Gedichte (def. Grabſchriften) auf Befelung zu liefern (vgl. VI, 28 f. 32.
° Der Belname Cogvus welchen Ihm namentlich Johannes von Galissury
wiederholt (Polyer. VIII, 6. 13.) gibt beruht einzig anf Lamprid, Alex. Sev. 38.:
ut Martielis ooci epigramma significat, wo aber onci kritiſch verdädtig und emts
weder durch qvogve zu erfugen oder andgmwerfen if.
Miartalls 1601
| 68. 76. VIL, 96. XI, 43.) und vom Fürften Gnadengeſchenke zu erbetteln
(vgl. V, 19. VI, 10. VII, 60 f. 99. VIII, 24. IX, 19.). Dazu kam noch
ber freilich Feine Betrag ver Honorare für feine Gedichte (f. oben ©. 1041.).
Oft erwähnt er feiner Armuth (f. II, 43 f. 90, 3 ff. V, 13, 1. 78. VI,
82,9. XI, 3, 6.) und der Nichterfüllung feiner obwohl beſcheidenen Wuͤnſche
(vgl. I, 59. IL, 48. 90, 7 ff. IX, 23. extr. X, 47.) und bittet Befannte um
Unterflügung (IV, 37, 8 ff. IX, 54, 4.). Gr erhielt von Domltian das er»
betene ius trium liberorum als Musarum prelium suarum (Il, 92. vgl. IV,
27,3f.), wärend er III, 95,5. IX, 98,5. Caesar utergve als Geber nennt
“mb VIII, 81. IX, 67. ſolche Betieleien ſelbſt beißend verhöhnt. Auch zur
Würve eines Tribund und Ritters fcheint er auf diefem Wege gelangt zu
ſeyn (f. II, 95, 9 f. V, 18, 2.17, 2. IX, 50, 4. XII, 26, 2.) und rühmt
fi auch Andern durch feine Fürbitte das Bürgerreht verſchafſt zu haben
(11, 95, 11 f.). Ebenſo fcheint ein Geſchenk zu ſeyn (vgl. XI, 18, 1.) das
fleine magere Landgut dad er bei Nomentum im Sabinifhen .befaß (II, 38.
v1, 43, 3 ff. VII, 31. 49. 93, 5. VIII, 61, 6 ff. IX, 19, 2. 55, 7.
: 61, 6. 98, 7. X, 98, 9 f. 61, 3. 94, 38. XII, 57, 1. XI, 119.), der-
gleichen er fi. I, 55. erfi wünſcht. Außerdem hatte er ein Fleined Haus in
der Stadt (IX, 19, 2. 98, 8.). Ehe er dieſes auf irgend eine Welle bes
fommen hatte wohnte ex in ber Miethe in zweierlei Wohnungen (VI, 27,
1 f.): ad Pyrum drei Treppen hoch (I, 117, 6 f. vgl. 70. 108, 3.) und ad
pilam Tiburtinam (V, 22, 3 fi. VI, 27, 1.). Außer feinem Aufenthalt auf
jeinem Landgure (vgl. IV, 90.) machte er auch Meifen nad Bald (IV, 57,1.)
und nad Oberitalien (III, 1. 4. 56 f. IV, 25.). In Rom war er wieber-
belt, einmal gefährlig, krank (VI, 58, 3 f. 70, 7—11. VIII. 28.). Au
verbeitarhet war er in Rom (an Gleopatra? vgl. IV, 22.); er erwähnt feinen
Schwiegervater VII, 68, 2., feine Frau VII, 95, 7f. XI, 43.; II, 92, 3.
(fie fei ihm entbehrli), IV, 24. (mo er ihr den Tod wünfät). Die Ehe
ſcheint fih aufgelöst zu haben und XI, 104. iſt die Klage daß bie Frau
nit alle Zuchilofigfeiten mitmache wohl nur ein agirter, nicht ein ihn ſelbſt
betreffender Fall. Er Hatte eine Tochter (VII, 95, 8. X, 65, 11.) und einen
' Sohn Camonius den er aber im zwanzigfien Jahre verlor (IX, 75. 77.).
| Auch eine fehsjährige vernula, Namens Erotion, flarb ihm (V, 34. 37.).
Je älter er wurde vefto läfliger wurde ihm das Leben in Mom, bef. bie vielen
Verpflichtungen welche ihm feine Stellung auferlegte (namentlich die Morgen»
| Aufmartungen (X, 74. 82,7 f. XII, praef.: delicati reliqvimus. 57. 68, 1.
matutine cliens, Urbis mihi caussa relictae); er fehnte ſich in feine Heimath
zurüd (X, 20.) um fo mehr als aud der neue Fürſt, Trajan, den niedrigen
und plumpen Suldigungen, welche M. dem Domitian dargebracht Hatte und
womit er bereitö auch ihn bedrohte, keinen Geſchmack abgewonnen zu haben
fheint. Gr faßte daher den Entigluß zur Heimkehr und bat feine Lande
leute zum Voraus um freundliche Aufnahme (X, 103 f.). Bon dem jüngern
Plinius mit Reiſegeld unterflügt (Plin. Ep. 111,21.) kehrte er nachdem fein
‚reiches (X, 69, 7. 9. vgl. I, 23, 4.) Saar inzwifhen grau geworben (X,
103, 10.) beim Beginn’ von Trajans Megierung (vgl. X, 78, 9 f.) in feine
Baterflabt zuräd, wo er wieber ein Landgut gefihenkt befam (XI, 31, 7 f.
vgl. X, 108, 13 f.); doc ſcheint die Geberin, Marcella, eine geborne Spa⸗
nierin (XII, 21.), mit Unrecht für feine jegige Frau gehalten zu merden.
So fehr M. fein nunmehriges Leben ypreist (XII, 18.) jo war doc feine
Stellung nit angenehm; er klagt praef. XII. bitter über Verfolgung durch
den Neid feiner Landsleute; er hat Seimneh nah Rom (XII, 21,10.) und
bie Beflifienbeit womit ex B. XII. ſich alenthalben dem Irajan empfiehlt
weist darauf hin mie erwünſcht ihm eine Binlabung zur Rückkehr geweſen
wäre, zugleih aber au daß Ir. feiner Entfernung aus Rom nit ganz
Bauly, Realsäncyelop. IV. 101
— — — ——
!
1602 Meartialis
fremb war. Doc flarb er, ohne bie gewünſchte Lebensbauer von 75 Jahren
(X, 24,5 f.) erreiht zu haben, ſchon 101 oder 102 n. Chr. (854 d. St.).
Martial hatte in Rom eine große Anzahl von Bönnern und Freunden;
namentlich säblen darunter faft alle_liierarifhen Notabilitäten der Zeit: Plinius
(X, 19. vgl. Plin. Ep. IH, 24.), Silius Italicus (IV, 14. VI, 64, 10. VII, 63.
VIII, 66. IX, 87. XI, 48 f.), Juvenalis (VII, 24, 1.91. XII, 18.), Quin-
tilian (IE, 90.), Stella (V, 11 f. 59. VI, 21. 47, 4. VII 14, 3 f. VIII,
78, 3. IX, 43, 7. X, 48, 5.), Negulus (V, 10. 28, 6. VI, 38. 64, 11.),
Balerius Flaccus (X, 48, 6.), Statius aber nit; außerdem beſonders
Julius Martialis (I, 15, 1. II, 5, 4 ff. IV, 64, 1. V, 20. VL 4. VII,
17. extr. X, 47. XI, 80. XII, 34.); aber auch an perfünliden und Yiteraris
fen Gegnern und Neidern fehlte es ihm nit (II, 77. III. 9. V, 33. VI,
64, 6 fl. 22 ff. X, 45. XIII, 2. IV, 27. VII, 61. IX, 98. XI, 94.). Mart.
trat nämlich früh (iuvenis et puer, I, 113, 1.) als Dichter auf; doch iſt Alles
wad er vor feinen Bpigrammen geichrieben bat (ſ. I, 113. vgl. XII, 95. u.
1, 1. wo er bereitö von feiner Berühmtheit fpricht) untergegangen, biefe aber
find ganz vollſtändig erhalten. Es find im Ganzen 15 Bücher, nämlich zuerft
ein Buch früher nah feinem Inhalt betitelt:: Spectaculorum liber, ſeit
Schneidewin wieder den Handſchriften gemäß: Epigrammaton liber (vgl.
J. Kebrein, über das fog. Lib. Spect. in Jahn's Jahrb. Suppl. Bd. IV.
©. 541 ff. F. Schmieder Mart. de sp. lib., Brieger Brogrr. 1637. 4.),
fodann 14 Bücher Epigramme, von welchen das vorlegte den befonderen Titel
Xenia (XII, 3, 1.), das Ießte den: Apophoreta führt und welde beide allein
auch von dem Dichter ſelbſt mit Ueberſchriften über den einzelnen zweizeiligen
Stüden verſehen find (f. XII, 3, 7. XIV, 2.). Die Bücher murben alle
einzeln wie fle verfaßt waren beraudgegeben und zwar in der Orbnung in
welder mir fie jetzt haben (vgl. I, 118. II, 1. 93. II, 100. IV, 10. 91.
V. i. v1, 1. 85, 4. VII, 17, 6. VIII praef. u. 3. IX, 1. praef. X, 1 f.),
nur daß Buch X. welches er nach Tängerer Unterbrechung (X, 17, 4.) 573
alt (X, 24, 4.) berautgab, und Buch XI. in wieberholter Bearbeitung (an
geblih weil in der erfien Geſtalt Vieles festinatum gewefen fel, X, 2. vgl.
XI, 5, 4 f., vielleicht aber mehr wegen ber ſeitdem veränderten politiſchen
Berhältnifie) erſchienen und Buch XI. nad triennii desidiae (praef. zu dem
Buch) in Spanien geföhrieben wurde. Buch XIIE. XIV., beide zu Saturna⸗
lienfeſtgeſchenken beflimmt und meift Epigramme im urſprünglichſten Sinne
umfaſſend, d. H. Infehriften zur Beſchreibung und Gıklärung eines Gegen⸗
ſtandes, das eine von Nahrungemitteln, das zweite von Daußgeräthe und
Kunfigegenfländen — find beide noch unter Domiılan verfaßt (vgl. XIII, 4.
IV, 1, 2.), fomit vor dem jegigen Buch X. u. XII. Neben biejer Heraus:
gabe in ganzen Büchern, welche in der fpäteren Zeit ſich langſamer folgten
(vgl. X, 70, 3.), ſcheint M. auch Häufig einzelne Stüde veröffentlicht zu
haben (vgl. IV, 14, 7. u, 19, 3. IV, 82, u. 71.), namentli auf dem Wege
des mündlichen Vortrags (vgl. X, 70, 9—12.). Diefe Epigramme (VII, 81.)
find Überwiegend in Diflihen und Hendekaſyllaben (undenis pedibusqre
sillabisqve notus, X, 9.) geſchrieben (au Sfazonten find nicht fehlen und
Buß I. II. VIII. XI. Haben Vorreden in Profa) und find zum größten
Theil Mufter von trefiender Kürze, wiewohl die Ylüdtigkeit womit M.
ſchrieb (vgl. IX, 82.) und feine große Fruchtbarkeit an ſolchen Dingerchen
ed mit ſich brachte daß bie Sammlung Im Einzelnen auch Stüde von fehr
ungleichem Werth enthielt (inaeqvalis liber. VII, 90. vgl. I, 16.: sunt bona,
sunt qvaedam mediocria, sunt mala plura Qvae legis hic, aliter non fit,
Awite, liber; u. IV, 29. VII, 81. VIII, 3, 1f.), auch Wieder holungen vor⸗
Tamen (vgl. 3.8. I, 30. mit 47. V, 73. mit VII, 3.). An Leichtigfeit ber
Derfification wetteifert M. mit Ovid, welchen er an Mandfaltigkeit, Scharffinn
———— — 4608
und Geiſt entfchieden überragt. Gr Kat eine überrafhende Fertigkelt barin,
den Gedanken zum Epigramm zu fpigen wenn glei biefe Spike oft au
nur eine äußerlich angeklebte (Antithefenfucht, vgl. VI, 41. und gut II, 12,4.
non bene olet qvi bene semper olet) over blos auf zufälligen Lautverhäft«
nifien berubende iſt (Wortfpiele, 3. B. III, 67. VII, 75. 102. IX, 22.).
Ihrem Inhalte nah umfaflen dieſe Gedichte das ganze Privatleben ver Zeit
bis in die Fleinften und ſchmutzigſten Details hinein, alle Gebrechen, Sünden
und L2afler des damaligen focialen Lebens; in Lohnbedientenart macht er uns
mit der ganzen Chronique scandaleuse, mit allen Mofterien und Klatfches _
seien der Stadt befannt. Agnoscat mores vita legatqve suos, fagt er VIII,
3, 20. und erflärt (X, 4, 10.): hominem pagina nostra sapit. Aber er
kennt und ſchildert vie Menſchheit nur fo wie fle in Rom ift und wendet
feine Aufmerkſamkeit nur der Schattenfeite, dem Schlechten und Häßlichen zu.
Dabei zeigt er einen auffallenden Mangel an ſittlichem Tacte und Urtbeil:
bie greulihfien Berirrungen einer Zeit welcher der Maßſtab des Natürlichen
und Erlaubten völig abhanden gekommen war fertigt ber Spanier — ala
hätte er e8 nie anderd geſehen — ganz ebenjo wie die komiſchen Leiden eines
armen Hungerlelders oder eines in feinen Berechnungen getäuſchten Erb⸗
ſchleichers mit einer Teichtfertigen wigigen Wendung ab (vgl. 3. B. IX, 42.
XI.,. 73, 4. 88. u. oft). Bon Ernſt, Charakter und Geflnnung if nirgends
ı eine Spur und treffend nennt er daher feine Gedichte regelmäßig lusus, ioci,
nugae, ineptiae (3. ®. VII, 11. 12, 2. 26, 7. 51, 1. VIIE, 3, 2. 11. X,
17, 3. X, 1, 13.), womit er fi befaſſe weil es ihm Spaß made (V,
45. extr.); nur IV, 29., wo er fie den reinen Kunfigebiditen (mit mytho⸗
logiſchem Stoff) gegenüberflelt und vielmehr dieſe als Teere Spielereien (lusus
iociqve) bezeichnet, taucht eine Ahnung der wahren Aufgabe auf. Er theilt
ganz ſeines Zeitgenofien Iuvenalis Wohlgefallen am Schmutze; nur daß er
fich nit wie diefer die Mühe nimmt fi geiftig darüber zu erheben und Ihn
als etwas nicht feunfollendes rhetoriih zu verbammen, fondern er faßt ihn
einfach auf als etwas das ift und Iuftig If. Wer ſich an Zuchtloſigkeiten
fioße der folle feine Gedichte ungelefen laſſen (praef. zu I. vgl. XI, 16.);
feine Seite ſei in feinen Werken worin nit etwas Obſcönes vorkomme:
Knaben und Teufhe Mädchen follen fi daher fern von ihnen halten (III,
69, 4ff.). Daß er fi vergleichen erlaube fucht er mit dem Borgange Anderer
bie e8 noch ärger getrieben (VIII. praef.) und mit dem Begriffe des Scherz»
baften zu rechtſertigen (I, 35, 10 f.: lex haec carminibus data est iocosis
ne possint nisi pruriant iuvare). Auch verfpriht er in einzelnen Büchern
Ad von Anſtößigem rein zu erhalten (V, 2. VIII. praef. u. 1.) und ver«
wahrt fi wiederholt und ausdrücklich dagegen ald ob er ebenfo unzüchtig
lebe wie er ſchreibe (I, 4, 8. lasciva est nobis pagina, vita proba est; er
babe eine proba et pusilla mentula, VII, 55, 6. und mores non habet hic
meos libellus, XI, 15, 13.). Durch dieſes Serabfteigen zu dem Geſchmacke
: ber damaligen Zeit und feiner unmittelbaren Umgebung gelang es ihm auf
ſchnelle und ſcheinbar glänzende Triumphe zu feiern. So oft, daß der Verdacht
entfteht er habe damit eine innere ganz anders richtende Stimme betäuben
wollen, erwähnt ex des außerorbentlihen Beifalls den feine Gedichte gefunden,
des Ruhmes den er dadurch geerntet (f. I,1. III, 95, 7f. V,13, 3. 16,3.
v1, 61. 64, 8 ff. 24 ff. VL 82. VII, 17, 10. 88. 97. VII, 3. 61, 3 ff.
‚RK, 98, 1 ff. 100, 1f. X, 2, 5 ff. 9. XL, 24, 6 ff. XU, 3, 17 f. 11, 8.)
und welder ber wirkfamfte Antrieb für ihn fei (V, 16. vgl. praef. XII:
| si qvid est in libellis meis qvod placeat dictavit auditor), erwähnt daß
man ed als eine Ehre betrachte und ſuche von ihm genannt und dadurch
| verewigt zu werben (IV, 81. V, 15, 3 f.), beſchwert ſich daß man ihm feine
Gedichte flchle (I, 29. 38. 52 f. 66. 72. 113. VI, d1. XI, 94, 3.) unb
1604 Hartialis
falfche ihm umterfiebe (VIE, 72. X, 3. 33, 5 f. 100.), Hagt aber freili
au daß man Geld dafür auszugeben fh ſcheue (1, 118. IV, 72. VII, 51.
77.) und ihn bei allem Lobe verhungern lafle (V, 16.). Yon befonderem
Reize mußte für die damaligen Müßiggänger auch dieß feyn, Vermuthungen
parüßer aufzuftellen wen ber Dichter in dem einzelnen Falle eigentlih gemeint
habe. Martial hat nämli den Grundſatz lebende ?* Perſonen nur bann bei
Damen zu nennen wenn er etwas Nühmliches oder Gleichgiltiges von ihnen
audfagt: parcere personis, dicere de vitiis bezeichnet er X, 33, 9 f. ale
feine Marime. Innocuus (VII, 12, 9.), salva inimarum qvoqre persona-
rum reverentia will er ludere (praef. J.) und V, 15. ruͤhmt er ſich daB in
Betreff feiner bisherigen vier Büder qveritur laesus carmine nemo meo und
bepreeirt V, 26. fogleih als Iemand etwas übelgenommen. Gr ift inhumana
liber ab invidia (VII, 12, 12.), notus multo sale (denn das iſt in den
Augen des Publitums nun einmal ein unentbehrliches Ingrebiens, VII, 25.),
nec tamen protervo (X, 9.); von Gedichten atro qvae madent veneno iſt
im Voraus anzunehmen daß fie nit von ihm find (VII, 62, 12 f. X, 33,
5—9.). Nicht einmal Sole welche er Grund zu haften bat verlegt er durch
ein Gedicht (VII, 12.). Zwar gebe e8 Leute melde ihm Archilochiſche Bitter»
felt zumutben; aber was würde es nügen? Gedichte biefer Art bürfte er doch
Niemanden ſehen laſſen (ib.). Er wählt daher bie Namen rein nad metri⸗
ſchen Bedürfniß, wählt namentlih ſolche welche vielen Perfonen gemeinfom
find (vgl. I, 68, 8.) und gebraucht andere typiſch, z. B. Fidentinus für
einen Plagiator, Selius für einen Schmarotzer, Posthumus ron Patronen,
Ligurinus von einem Recitator und in den letzten Büchern bei. häufig Gar-
gilianus und Zoilus für alles Möglide. Daß man diefe ganz willkürlich
gewählte Namen auf beflimmte lebende Perfonen beziche dagegen proteflirt er
ernſtlich (II, 23. II, 11.). Doppelt ängſtlich hütet er ſich natürlich vor
aller Anfpielung auf hochſtehende Perfonen; er ſpricht X, 5. Verwünſchungen
aus gegen Jeden qvisqvis stolaeve purpuraeve contemptor qvos colere
debet laesit impio versu, und läßt e8 ſich praef. zu I. fogar beigehen an
ben alten Satirikern das Namennennen als einen Unfug zu rügen: qvae
(reverentia) adeo antiqvis auctoribus defuit ut nominibus non tantum
veris abusi sint sed — — etiam magnis! Sprit fich fon hierin deutlich
genug ber bemußte Knechtsſinn aus (X, 48, 21 ff. verbitiet er fh von der
Tiſchgeſellſchaft die er zufammenlaver zum Voraus alle politifchen Geſpräche,
nur vom Theater u, dgl. fol die Rede feyn) fo wirb er vollends ganz uner⸗
traͤglich wo ber Dichter unmittelbar zum Herrſcher ſpricht. Es iſt Domitian
unter befien Regierung der bei weilem größte Theil von M.'s ſchriftflelleri⸗
ſcher Laufbahn fällt, und in der That iſt es nit M.'s Schuld wenn bie Ge⸗
ſchichte nit In Domit. den Ausbund aller Tugenden eines Menſchen und
Megenten bewundert. M. umwedelt ven D. mit wahrhaft hündiſcher Schmeiche⸗
lei; alle feine Handlungen im Krieg und im Frieden preist er ale Mufter
von Weisheit und Tapferkeit (vgl. 3. B. VI, 4., über bie Erneurung ber
lex Julia VI, 2. 7. IX, 7. 9., über bie lex theatralis B. V., über D.'6
angebl. Heldenthaten II, 2. V, 2 f. 19. 65. VII, 6. u. ſonſt) und kann nicht
Worte genug finden um die Sehnſucht Roms nach der Rückkehr viefes milt en
(spect.20. extr. VI,83.) pater patriae (spect. 8. extr. II, 91,1. IV,1.9.
V, 1.) aus dem Kriege auszuſprechen (VILS—8.). 2. VII., wo D. wirklich
zurückgekehrt if, wird durch bie ſchamloſen Speichelledtereien von benen e&
wimmelt (praef. 2. 4. 8. 11. 15. 21. 26. 86. 39. 50. 55. 65. 78. 80.82.
* Tobten gegenfiber it er kühn: mit nur rähmt er Porcia (I, 42.), Urria
(d, 13.) und Tbraſea (I, 8, 1. IV, 54, 7.), ſondern er ſpricht auch offen vom Rero’s
Sqhandlichteiten (I, 20, 4. IV, 63. VII, 21,3, 36,4, qvid Nerone peius? ib. 46 1.)
Martial 106085
vgl. auch IX, 2. 21. 24 f. 93. 40. 80. 92. 94. 102.) völlig ungenteßber.
Daß Dom. als Bott bezeiinet wird iſt das ganz Megelmäßige; IX, 4. ver-
ſteigt HM. fogar zu dem frivolen Gedanken die Götter feien dem D. fo viel
(Dank für Tempel) ſchuldig daß er fle auspfänden könnte. Und nidt nur
vor dem Strable der Majeſtät felbft wirft er fih in den Staub, fondern au
Alles worauf dieſer Strahl füllt, und wäre es ein lüderlicher Sklave wie
Garinos (IX, 12—14. 17 f.), iR ihm ein Gegenfland ver Verehrung. Bers
ratben die Epigrammıe fonft Rohheit und Gemüthlofigkeit fo entbeden wir
biee auch @emeinheit, wir jeben daß M. um gar Nichts befier if als feine
Zeit, daß er vor dem verworfenften Pöbel ſich nur durch fein Talent d. h.
durch feine gıößere Zurehnungsfähigkeit unterſcheidet. Aus den empörendften
Schändlichkeiten weiß er ben füßen Honig einer Schmeichelei oder eines Witzet
zu ziehen (vgl. spect. 9. 29.) und bie melde ſich wider D. aufgelehnt ver-
folgt er mit felnem Spotte (IV, 2. 11.). Aber es heißt doch alles Maß
überfehreiten in der Frechheit wenn er spect. 33. aufruft: Flavia gens qvan-
tum tibi tertius abstulit beres! Paene fuit tantli non habuisse duos! und '
V, 19, 6.: sub qvo libertas principe tanta fuit? Komifch iR dann bie Vers
legenheit in welcher er unter Nerva und vollends Trajan if über ben Ion
welchen er jet anzuflimmen babe; er bemerkt mit Schmerzen daß er fein
dominus und deus nicht mehr anbringen fünne, daß ber jegige Fuͤrſt eine
Münze verlange mit welcher M. nicht umzufpringen weiß: bie Veritas (X, 72.).
Er entſchuldigt fi jetzt wegen ber Leichtfertigkeit feiner Verſe (XI, 6.) und
wi den Tugendhaften fpielen (XI, 7.), blickt fogar jetzt nit ohne Beſchä⸗
mung auf Dom.'s Regierungszeit zurüd (XII, 15,9 f.). — Plin. Ep. IH, 21.
ſchreibt über M.: audio Valerium Martialem decessisse et moleste fero.
Erat homo ingeniosus, acutus, acer et qvi plurimum in scribendo et salis
haberet et fellis nec candoris minus. Mart. ſelbſt fagt IX, 98, 9 ff. von
fi: sum iucundus amicis (dieß iſt noch die gemürhlihfle Gelte an ihm,
vgl. XII, 34,3 ff, aber auch X, 14. wo er ben amicus nad bem tarirt was er
von ihm geichenft befommt), sum conviva freqvens; amamur, probamur.
al. IX, 1, 6.: qvem non miraris sed, puto, lector, amas. Auch meint
er wenn er in der gegen Dichter freigebigen augufteiſchen Seit gelebt hätte
fo hätte ee Großes geleiſtet (I, 107. XI,3.); man folle ihm eine forgenfrele
Eriftenz geben (VII, 56, 25. Dagegen ib. 73, 3 f. da qvod amem, eine
begeifternde Geliebte), daß er nicht noͤrhig Habe ſich durch Überfläjfige Aufs
wartungen u. bergl. zu zerfireuen (XI, 24, 18 f.): — Virgilius non ero,
Marsus ero (VIII, 56, 25.). Nec Marso nimium minor est doctoqve Ca-
tullo fagt er VIEL, 99, 7. von fi$ und ſpricht ib. 97, 8. den Plab nad
Turnusd an. Zuverſichtlicher weiſſagt er ſich X, 78, 14 ff.: sic inter veteres
legar poelas nec multos mihi praeferas priores (röm. Vorgänger in feinem
fpeciellen Zweige), uno sed tibi sim minor Catullo. Spätere Urtheile über
ihn f. bei Schneidewin I. p. VIL ff. — Lieber die Handſchriften ber Ge⸗
dichte des M. f. die ausführlichen Prolegg. vor Schneidewins Ausg., wo biefer
zuerft die kritiſche Geſchichte dieſer Cpigramme abhandelt, ſodann die ſämmt⸗
lichen Handſchrr. derſelben aufzählt, endlich den Werth und die Verwandt⸗
ſchaft der einzelnen prüft. Ausgaben: ed. prine. Ferrara 1471.4. Rom
1473. fol. c. comm. D. Calderini (Benet. 1480. fol.), Ramiresii de Prado
(Baris 1607. 4.), Raderi (Ingolſt. 1607. 1611. Mainz 1627. fol. caflrixt),
P. Scriverii (Lugd. B. 1619.), C. Schrevelii (L. B. 1670.), J. Fr. Gro-
novü (ib. 1661. 1670. 8.), Bipontina 1784., von N. E. Lemaire (Paris
1825. 3 Bde. 8.), in Webers Corp. poett. latt. p. 1030 ff., von F. W.
Schneidemin, Grimma 1841. 2 Bode. 8., lat. u. franz. von I. B., Paris
1842 f. 3 Bde., überf. von &. Dübos, mit Einkeit. von 3. Ianin, Paris
1842. 8. Deutſch (im Auszug) von Ramler, Leipz. 1787. — Abhand⸗
4606 Nartianus Lasus — Marvingi
lungen: 2effing Werke I. ©. 190 ff. Hottinger, Schr. ber Mannh. Ge⸗
ſellſchaft V. S. 347 ff. Niſard Etudes I. p. 333 ff. Mart. als Menf u.
Dieter, Berlin 1843. 8. u. U. bei Baͤhr G. 185.
2) Gargilius Martialis, f. ®». II. ©. 693 f.
3) Julius Martialis, f. oben S. 490. Rr. 26. u. S. 1602.
4) Cornelius Martialis unter Bitelius, f. Zac. Ann. XV, 71.
Hist. III, 70. 73.
5) Martialis, von Macrinus als Mörber Baracalla’8 gedungen, wird
nach vollbrachter That von der Leibwache nievergefloßen, Herodian IV, 13.;
f. oben ©. 1348. [W.T.
6) Martialis, rom. Xöpfer auf einer Säherbe in Xanten, Lerſch
Gentrahmuf. rhein!. Inſchrr. II. S. 107., auf zwei in Voorburg gefundenen
Scherben des Leidner Muſeums, SIanfien Mus. Lugd. Inser. p. 142., auf
einer Scherbe von Augſt, f. Roth Mittheil. d. Geſellſch. f. vaterl. Altertb.
in Bafel I. ©. 19. und in ber Archaeologia Britannica. [ W.]
Martianus Lacus, f. Spauta Lacus.
Martilus Sinus (NMaptiAos noAnog, Stadiasm. mar. magni$. 321.),
But am weftliäften Theile ver Nordküſte von Eretg ; j. Golf von Kiſſamos. [F.]
, Ma 2288, f. . 1081.
Martinus, röm. Töpfer auf einer In Boorburg gefundenen Scherbe
des Leidner Muſeums, Ianfien Mus. Lugd. Inser. p. 143. Ebenſo auf
Scherben von Kaiſeraugſt (Roth Mittheil. der Geſellſch. f. vaterl. Alterth.
in Baſel ©. 14,C.), Rottenburg a. N. (v. Jaumann Col. Sumloc. ©. 201.)
und Rottweil (Mittheil. des archäol. Vereins 1845. ©. 17.). [W.]
Martis Insula (Agsog rioos, Scyl.p.33. Scymn. fragm. v. 175.),
nach dem Peripl. Pont. Eux. p. 12. identiſch mit Aretias, f. ®v.1. 6.712. [F.]
Martis Statio (Ammian. XV, 10.) oder ad Martis (It. Ant. p. 341.
357. It. Slerof. p. 556.), Ort in Gallla Transpadana am dftlihen Ab⸗
bange ver Alpes Cottiae und an der Straße von Mebiolanum nad) Arelate,
j. Oulx oder Soulr in Piemont. [F.]
Martius campus, ſ. Roma, Topographie.
Martius Salataris, röm. Grammatiker, f. Chariſius p. 181. 203.
(wo er vir perfectissimus heißt). Andere Marti f. unter Marcia gens. [ B.]
Meaorvoice, |. Testimonium.
Martyropolis (MoorvponoAss), Stabt in Sophene (Armenia Maior),
am Fl. Nympbius, einem Nebenfluffe des Tigris, 240-300 Stab. norböfl.
von Amida, von Juſtinian zu einer flarfen Feſtung und zum Sige des erfien
Dur von Armenien gemacht (Procop. de aed. II, 2. u. B. Pers. I, 21.);
na d'Anville und Mannert V, 2. ©. 181. beim heut. Meia Burefin am
Bafllimfa zu ſuchen. [F.] |
Marubius, ſ. Marabius.
Marüca (Mapoux«, Ptol. VI, 12, 5. VII, 23,5.), Stabt im Weſten
von Sogdiana am Yluffe Oxus, fühlih von Oxiaya; nah Mannert IV.
©. 456. in der Gegend von Saliferai. [F.]
Marucaei (Muovxaio, Ptol. VI, 11, 6. Plin. VI, 16, 18.), Bolt
in Bactriana ſüdlich von den Todarern In der Nähe des Oxus. Es kommt
fo nahe bei der Stadt Maruca zu leben daß es wohl nur ein Inthbum Des
Ptol. en er die Stabt nah Sogdiana, das Volk aber nad Bartriana
ſeyt.
Marvingi (Meooviyyo, Ptol. II, 11, 22.), Volkerſchaft Germaniens
auf der Oſtſeite des Gebirges Abnoba zwiſchen den Sueven und dem Danu⸗
bius, nach Kruſe zwiſchen dem Main, dem Fichtelgebirge, der Pegnig und
Megnitz. In ihrem Gebiete iſt wohl bie Stadt Bergium (Bepyıor, Ptol.
u, 11, 29., wahrſch. dad heut. Bamberg) anzufegen. [F-]
Marnllus — Masatat 1607
Marullus, 1) ſ. Caosetius, Bd. II. ©. 49. — 2) f. Junä, 6.381. —
3) ein röm. Mimendichter, f. Serv. zu Birg. Aen. VII, 499. Eclog. VII, 26. [ B.]
4) L. Cossonius Eggius Marullus, Coſ. unter Commodud,
3. 937 = 184 n. Chr. Fasti cap. [W.T.
Marundae (Mooovröc), 1) nah Ptol. VII, 2, 14. Boll im weſi⸗
lihften Theile von India extra Gangem in einem langen, ſchmalen Stride
läng& des Ganges (vielleiht die Molindae ed Plin. VI, 19, 22.7). —
2) Boll im Südweſten von Medien ſüdlich von den Karbucdhen bis zur Palus
Martiana herab. Ptol. VI, 2,5. [F.
Marus, ein von Tacitus Ann. IH, 63. unb in einer verborbenen Stelle
bed Plinius IV, 12, 25. erwähnter nördlicher Nebenfluß des Danubius, -
zrifgen weldem und ben Cusus nad Tacitus einem vertriebenen Haufen
Markomannen von den Römern Wohnflge angewiefen wurden. Man hält
ihn gemöhnlich für die heut. March in Mähren (fo au Ukert III. ©. 168.);
allein viel wahrſcheinlicher iſt es daß der Maroſch (der fonft bei den Alten
. Marisus beißt, f. d.) gemeint iſt (vgl. Mannert IV. S. 180. Note) unb ber
Cusus den heut. Kereih bezeichnet. Vgl. Schaffarik Slav. Alterth. 1. ©.
423. Anm. [F.]
Marusio (It. Hieroſ. p. 608.), Station an ber Via Egnatia in
Illyrien. [F.)
Maruvium;, 1) (Magovior, Strabo V, p. 241. Dion. Hal.I,p. 11.
Silius VII, 506., auf der Tab. Peut. Marrubium), die ſehr alte Haupiftubt
der Marfer die daher. bei Virg. Aen. VII, 750. gens Maruvia heißen, am
öftlichen Ufer ned Lacus Fucinus und an der Straße zwiichen Gorfinlum und
Alba Fucentia, ohne befondere Merkwürdigkeiten. Gemdhnlih hält man bie
Auinen beim Dorfe Morro oder Morrea, 3 Mill. fünlih von Coll' Armeno
für ihre Ueberreſte (vgl. Martelli Storia dei Siculip. 199.); nad Inſchriften
aberift fie vielmehr das heut. S. Benevetto (vgl. Abeken Mittelltal. ©. 90f.). —
2) (Magovior, Dien. Hal. I, 14. Plin. I, 12, 17.), eine alte Stadt ber
Aborigines im Lande der Sabiner in einer mit Sen und Sümpfen bebediten
Gegend, nicht mit bem marf. Marruvium zu verwechſeln; unftreitig dad heut.
Dorf Morro in der Terra di Morro. Vgl. Martelli Storia dei Siculi p. 199.
und Abeken Mittelital. ©. 87. [F.] ‘
Maryenei (Mapvaeioı, Btol. VI, 14, 6.), Bolt im Weſten Bars
triana’s. [F.]
Masada (NMaxoudea, Joſeph. B. Jud. VII, 8, 2 ff. vgl. au B. Jud.
IV, 7, 2. Antiq. XIV, 11, 7. 13, 9. 14, 6. Plin. V, 17, 15. Solin.
c. 35. extr.), ein ſehr fehle, zuerſt vom Maffabäer Jonathan angelegte,
dann aber von Herodes dem Br. noch mehr befeftigted und zu einem großen
Magazin von Waffen und Proviant eingerihteted Kaſtell Paläftina's auf
einem fleilen Zelfen am weflliden Ufer des Lacus Asphaltites in der Nähe
von Engaddi; jeht Muinen unter dem Namen Schbeh, vgl. Robinſons Pas
läfina II. S. 477 ff. [F.] i
Masadälis (Maoadalis, Btol. IV, 5, 28.), Stadt im Weflen Mar«
marica's. [F.]
Masaition (Maoaırınn), eine blo8 von Arrian Per. Pont. Eux. p. 18.
erwähnte Küftenftabt in Sarmatia Asialica zwiſchen dem Prom. Herculis (1.
Gap Zenghi?) und dem Fluffe Achaeus (j. Soutali?). [F.)
Masalia, f. Maesolia.
Masani (Meoaroi, Ptol. V, 19, 2.), Bolt im Güben von Arabia
Deserta. [F.] |
Masaris, Beiname bed Dionyfos bei den Karern, Steph. Byz. v.
Maoravee. [Kn.]
Miasntat, f. Massa.
1608 Masens — MHmeinisse
_ Masens (Mama; oder Mammüc, Zen. Anab. 1,5, 4., über ben Accent
vgl. Lobedd ad Phryn. p. 436.), Nebenfluß des Cuphrat in Mefopotamien,
der die Stadt Gorfote umfließt, 35 Paraf. oder 28 g. M. oͤſtlich vom Cha⸗
boras; vielleit der Saocoras des Biol. V, 18, 3. (i. d.). [F.]
⸗
Maschane (Maoyars, Sieph. By}. p. 448.), Stabt bei den Araber
Scenitae. [F.]
Maseläeum ($t. Ant. p. 259.), Ort in Mbäten an der Gtroße von
Pons Aeni nad Belvidena; nach Mannert II. ©. 631. das Sıäpigen Gmünd
an der Norbieite des Tegernſees. [F.]
Haselänus, M., röm. Gifeleur,, deſſen Name auf einem vor einigen
Jahren in den Ruinen des alten Falerii gefundenen fllbernen Gefäße ſieht.
R. Rochette Leitre à M. Schorn p. 350. 2te Ausg.
Hascliäuse, 1) Drt in Dacien an ter Straße zwiſchen Meabla und
Tibiecum, 11 MIN. von letzterer (Tab. Beut.); nah Mannert IV. 6. 210.
ſüdlich vom heut. Kirpa an der Temes. — 2) Ort im Innern von Byzadum
an ber Straße von Sufetula nah Adrumetum (It. Aut. p. 54.), wahrid.
dad heut. Selma (mit Ruinen). JF.]
Masdorämi (Maodopasei, Ptol. VI, 17, 3., vulgo Ma&upamı),
Volk in Aria längs der Grenze von Parthien und am öſtlichen Abhange bed
Berges Masdoranus (Maodwperor öpos, Btol. VI, 5, 1.), ein ſich
durch die Wüſte hinzlehenden und die Grenze zwiſchen ben beiden genannten
Ländern bildenden Hügelfette deren heut. Namen wir nicht Tennen. [F.]
Masei, arab. Völkerſchaft in Mefopotamien bei Plin. VI, 26, 30. [F.]
Miases (Maons, Som. 11. II, 562. Pauſ. II, 36, 3.), Drt an der
Saudkuͤſte von Argolis zwiſchen Halice und dem Vorgeb. Struthus, meld
ven Bewohnern von Hermione als Hafen diente (vgl. au Steph. Byı. p- 446.
und Guflath. zu Hom. 1. 1.). Weber feine Lage |. Leake Morea II. p. 462.
F
und Boblaye Rech. p. 61. J
Masgaba, 1) ein Sohn KMaſiniſſa's von einer Nebenfrau, fommi in
diplomatiſcher Sendung nad Rom und wird dort audgezeichnet und beſchenli,
Liv. XLV, 13 f. 44. — 2) ein bei Auguſtus inohlgelittener Afrikaner, Gurt.
Aug. 98. — 3) kommt der Name auf der vierten numid. Inſchrift bei Geſen
Monum. script. linguaeque Phoen. nach ber Leſung von Wurm ver, Sahnd
N. 3. XXI, 1. ©. 29 f. ° [Cless.]
Masices (Maoixes, Biol. VI, 1, 10.), Völterihaft an der Weſttuſte
von Mauritania Tingitana. [F.]
Minsieftes, |. Massicytus. >
Masin (Meor, Btol. VI,8,7.), Ort an der Küfle von Garmanien. [F-)
Masinissa *, Maooaraoons (Molyb. IN, 5, 1. ed. Tauchn.), Meose-
yioors (Strabe 829.), geb. um 238 v. Chr. (?), Sohn von Gala **, bem
® Ueber bie verfchiedene Echreibung bed Namens f. Bernbarb zu Cie. de Sened
X, 34. u. Ruperti zu Sit. Ital. XV, 117.; bei ben Griechen if bie von yolpe.
aebrauchte Form vorberrfchend, nur C. Dio fragm. LXI. fehließt fi ber söm. mil
Masıriaoag an; bei den Römern Masinissa durch den Gebrauch der Dichter fant:
ttonist, Ovid Fast. VI, 769. Gil, Stat. am a. O. vgl. jedoch Oroſ. IV, 18. —
Mehr als die von Geſenius (Seripturae linguaeque Phoeniciae Monumm. P. an
200. 409 f. vgl. fie Rec, von I. Br. Wurm in Tapııs N. Japrss. m. f. 1. IA.
1. 6. 38 f.) verfuchte Ableitung empfiehlt fich bie von an (Bef. These. lingun
Hebr. II, 2. p. 920. vgl. die Varr. gn dem Namen in Schweichäufers App. b- civ.
, 54.) mit eingefchobener Werfiärkfungäfpibe, _
’ 2ip, XXIV, as ſ. XXIX, 29. Hier eigentlih wohl wur ehrender Ben
Zurio, übrigens and, font al6 Name vorfommend (Gi. It, XV, 464.), wäre
fein Iudividuums: Name laut einer Inschrift: Mezetbaal, Gef. Monumm. P- ol.
Wurm ©. 29,, griech,röm. geformt Mezetnind (Eiv. XXLX, 20. pp, Pan. 33..
Masinlisen 1609
König der Maſſylier ober öſtlichen Numidier (f. Numidia), hatte, rei
begabt an Leib und Seele, feine Erziehung au Carthago erhalten (Liv.
XXIV, 49. App. Pun. 10.), von mo und neben der phönic. Grundlage
einer durch den großartigften Handel ermeiterten Bildung auch Kenntniß
ber röm. wie der gried., beſonders philofophlidhen Kiteratur und daneben
bie @riftenz einer einheimifchen berichtet wird (Borg. Nep. Hannib. 13. Cic.
Q. Tusec. II, 22. Colum. I, 1, 6. Blin. H. N. XVIII, 3. Amm. Mare.
XXII, 15. Diog. Laert. IV, 10. VII, 3. Zonar. VIII, 24. ed. Bonn. Heeren&
Ideen u. ſ. f. II, 2. Beil. A.). Außer diefem auch bei dem fpätern Römerfreunde
wenigflen® in einzelnen Augenbliden noch nit ganz wirkungslofen Bande
(App. 37.) Enüpfte den jugendlich aufblühenden Sohn eines damals Sarthago ber
freundeten Königs noch ein innigeres an die ihm werih gewordene Stadt, nämlich
feine frühe Verlobung mit Sophonishe *, der noch zarten Tochter von Hasdrubal,
Giegons Sohn, dem nah den Barcinern beveutendflen carthag. Feldherrn im
‚weiten pun. Kriege (Liv. XX VIII, 12. XXIX, 28. XXX, 28.). Im J. 213 v. Chr.
bewied Maf. in einem Alter von 25—27 (nit 17 — gegen Liv. Vgl. Weſſe⸗
ling 1. Obs. 29. u. Duk. im Drafenb. Liv. XXIV, 49, 1.) Jahren mit
feinem ſchon damals über die Gränzen feined Erbreiches hinausficehenven
Sinne feine Treue gegen jene Doppelverbindung mit Carthago, indem er
Syphar**, den mädtigern (App. 10. Liv. XXVIII, 17. Sil. Ital. XVI,
170 f. XVII, 144 f.) König der Mafjäfylier oder weftlihen Numipier, welcher
durch eine Befandtfhaft der damals in Spanien befehligenden P. und En.
Scipio für Roms Interefie und Kriegdzudt gewonnen worden war (Liv.
XXIV, 48. XXX, 25.), mit den durch ein cartbag. Heer unter Hasbrubal-
verflärften Numiviern feines DBaterd (App. Hisp. 15.) angriff, flug, ihn
bis nad dem fernen WeRen der maurufliden Numidter (Forbiger, Hob. b.
alt. Geogr. 1. ©. 854. Anm. 21. u. Strabo 828.) verfolgte, vor feinem
beabfitigten Uebergang nad dem nahen Spanien no einmal ohne carthag.
Beihilfe glorreich beſiegte (Kiv. XXIV, 49.) und zu einem wohl Entſagung
ber röm. Bundesgenofienfchaft in ſich fließenden Ftieden mit Carth. (App.
16.) noͤthigte, worauf er I. 212 mit Hasprubal (App. Pun. 10, Liv.
XXVII, 5. u. 3b. III. S. 1075.) nad Spanien Überfeßte und daſelbſt bei
beffelben und Mago's Heere an der Spige ber numid. Reiterei unter Anfangs
nicht unbedeutenden Verluſten den PB. Scipio beftändig "im Athem erhielt, bis
er im Sommet ded genannten Jahres ober im Brühling des folgenden (Bi. II.
S. 654.) bei Caſtulo (j. Cazlona am Guadalimar) zur Vernichtung dieſes
Früher im Krieg mit ben Carth. nahm er ihnen ein Stück Lande, etwa um Hippo
(daber Regius, Mannert Beogr. d. Griechen u. ſ. f. X, 2.6. 222.) weg, Eiv, XL, 17.
Vielleicht ald Pfand des fyäter gefchloffenen Friedens wurde Maf, in Earth, erzogen.
*So Liv, XXX, 12. 15. u. Diob. Sic. fragm. I. XXVII. T. VI. p. 110. ed.
Tanchn., Zogorißa bei App. Pun. 27 f., Zogwris bei E. Dio fragm. LXI. u, baher
auch bei Zonar. IX, 11. Die Ableitung bed Namens bei Gef. am a. D. p. 414,
‚thesaurus meus in ea‘ (vgl. bie lieberfegung von mp bei den LXX. buch
Zopoviac, Zephan. 1, 1.) I nicht unwahrfcheinlich,
** Zugat bei den Griechen, jeboch auch Togat nad einer Bar. bei Polyb, (fe
Schweigh. zu XIV, 1. AV, 3.), welden Namen begleichen eine im weftlichen Norbs
Afrika spielende Sage einem Naheömmling bed Herakles und ber Tingis un. vielleicht
mptHifhem Stammvater biefer Königsfamilie Hei Plut. Sertor. 9. beilegt. Gtatt
ber ganz verfehlten Asleitung des Namens bei Gef, p. 414. möchte ich ihn unter
Zugrundlegung ber Wurm'ſchen Leſung von Insor. Namid. 4. (f. d. a. Rec. ©. 29 f.)
Tazzz Oder nod lieber Yan9T, von HyTim Sinne von nyy IT Ehron. 28, 9, und
unter Worausfegung der gegenfeitigen Verwechſlung von yı und 3 (£. Gef. Thes. munter
dieſen Buchſtaben) von yn ableiten und mit „pfeiltrogig“ Aberſetzen, was befonders
mit der obigen Namendform: Zigak aut zuſammenftimmte, vgl. en 1° I, 323,8
IV. .
1610 Masinlsen
Feldherrn, fo mie 29 Tage fpäter auch feined Bruders Cnejus bei Orſon
(i. Orfuna (?), Ukert S. 361.) mit einem großen Thelle Ihrer Heere weſentlich
beitragen durfte (App. Hisp. 16. Flor. II, 6, 36. u. dal. Freinsheim, Liv.
XXV, 32—36. nennt nur den Ort wo die Brüder fh trennten: das nech
nicht ermittelte Anitorgid, f. d. Art. und Ukert ©. 389.). Maf. theilte nun
ohne Zweifel die Triumppe der Garth. bei der durch bes Ritters &. Marcius
fieggefrönten Heldenmuth und die Sendung bed Proprätors EI. Nero nicht
zu Hintertreibennen Wienereroberung Spaniens, bis der große Sciplo, wie
ein Kriegsblitz (Virg. Aen. VI, 843 f.) gegen Ende des Sommers 210 an
feiner Weſtküſte erfhlenen, in raihen Schlägen Neucarthago eroberte und den
Barciner Hadvıubal bei Bäcula nordwerlih von Caſtulo (f. d. Art. und
Ulert S. 379.) gänzli beflegte (Bo. I. S. 655 f.). Den Hiebei gefan⸗
genen jungen Maffiva, einen Neſſen Maſ.'s von einer Schweſter, entzog
Scipio's berechnende Großmuth (Liv. XXVIII, 35.) dem Berfauf zum Sklaven
und fandte ihn freundli angefprodden und wohl beſchenkt zum Oheim zurüd
(Liv. XXVII, 19. Dal. Mar. V, 1, 7.). Nach dem fofort zwiſchen ben
drei carth. Feldherrn wider Scipio und der Spanier überall wanfende Treue
beratbenen Dperationsplane wurde bem Maf. die Führung eines fliegenden
Gorps von 3000 Reitern zur Berheerung feindlichen Gebieis und Beihügung
der von feinem Schwiegervater auch durch Geſandte bearbeiteten treuen Bundes»
genofien (Liv. c. 20. App. Hisp. 24.) übertragen; doch neue Giege ber
Mömer über Mago und Hanns in Geltiberien I. 209., fo wie im $. 207
über denſelben Mago und den von Babes wieder an den Vätis vorgerüdten
Hador., Maf.’8 Schwiegervater, in drei Treffen zwiſchen Gorbuba und Hiſpa⸗
Ii8 *, bei deren zweitem befonderd Maf. mit feinen numid. Neitern dem Scivio
den Sieg bedeutend erſchwerte, entſchieden vollends den Triumph der röm.
Sache in Spanien. Nun konnte Scipio, ein Mann inexplebilis virtutis
veraeque laudis (2iv. XXVIIE, 17.), in befien Augen der Krieg Roms
gegen Garth. jetzt erſt anfing (Pol. ed. Bekker. T. II. p. 714 f.), den
Blick auf Afrika felbft richten und den Grund zu den bortigen Operationen
durch Bewinnung ber zwei numid. Könige zu legen ſuchen. Beide waren
hiezu vorbereitet. Den Mafinifſa Hatte nämli, wie wenigſtens fein ſchlauer
Ehrgeiz vorgab (Liv. XXVIII, 35.), fhon früher jene Breilaffung feines Neffen
für Non gewonnen; dazu Fam jeht Roms raſch fleigendes Uebergewicht, zur
Theilnahme an den Früchten des immer gemwiffern Sieges einladend, eine
Berehnung der Klugheit, bei Maſ. jederzeit mächtiger als die zarte Sprache des
Herzens (Liv. XXX, 30, 15.), wozu nun allerdings au nod feine Kenntniß
von der habſüchtigen Politit der Barth. und ihrer Führer (Pol. IX, 25,
1. 4.) und der tiefgewurzelte Haß des Libyers (Pol. III, 5, 1.) gegen die
pun. Gindringlinge (Sal. Jug. XIV, 10. Liv. XXVII, 42.), jegt no in
den Nachkommen, den Kubylen, gegen Fremde thätig (M. Wagner, Meilen
in d. Reg: Algier II. ©. 60. 65.), ſich gefellie, um die von Liv. in einer
etwas geihraubten Stelle bemäntelte Sinnedänderung bei Sophon. Verlobten
herbeizuführen, die ſich zuerft in einer geheimen Unierredung mit Scipio's
Unterfeldherrn, Silanus, ausſprach, wo verabredet wurde, Maſ. follte im
Stillen nad Afrika überfehen um dort auf die Mafiylier na feine Vaters
Tode (3. 208 7) für feine neuen Plane zu geminnen (Liv. XXVIH, 16.). Die>
felbe Geſinnung gegen Carth. begte auch der andere Numibierfürf, Syphar
® Mor. XI, 20—24, Eiv, XXVII, 1-3. 12—16. App. Hisp. 24—38. Bonar.
IX, 8. Ueber die von App. genannten Punkte Bätpca und Carmo, fo wie über das
Inpa des Polyb., worein das Silpia bed Liv. zu verwandeln, während fein Wäcnla bie
Sofarität und den Pol, XI, 20, 5.8. gegen ſich bat, f. Schweigh. zu App. 23.0, 21.
Dratens, zu Bio, XXVIL, 18, 14, 13, 3, 5. tert ©, 356, 379.
=
. Mastulssh 1611
(Liv. XXVIN, 42, 9.), nur no verſtaͤrkt durch ben Aerger Hisher ver-
ſchmähter Zuneigung zu Sophon. (f. unten); überbieß war er ſchon einmal
im Bund mit Rom geflanden und nur durch Waffengemalt davon abgebradt
worden (f. oben), daher es verfönliher Bewerbung von LXällus (Frontin.
Strateg. 1, 1, 3.) und hierauf von Scipto ſelbſt (I. 206), zumal mit Lehr
tered Breunden und Beinden imponirender Perfönlichfeit, um feine erneute
Freundſchaft, troß Hasdr. gleichzeitiger Anmefenheit in Syphax' Mefldenz, *
menigflend vorläufig gelingen mußte (App. Hisp. 29. Pun. 10. Liv. XXVIII,
17 f. 35. vgl. XXVI, 19. 50. Pol. ed. Bekker T. II. p.715.). Und do
war ed auch dem Punier gelungen in die Seele dieſes numid. Zürflen einen
Zündfloff zu werfen, der bald zur mächtigen Flamme angefacht das Band jener
erneuten röm. Freundſchaft wiederum verzehren follte. ** Bei ver Zufammen«
funft in Siga hatte nämlich Hasdr. ein Wort über die Möglichkeit. einer
Derbindung mit Syphar und feiner Tochter fallen laſſen, nicht unbekannt
mit der numidiſch leivenfchaflihen Zuneigung (Xiv. XXIX, 23. XXX, 12.
Sonar. IX, 4. App. Hisp. 37. Pun. 10.), melde der Königliche Gaſtfreund
ſeines Hauſes, damald Witwer ***, zu dieſer gefaßt hatte, bie nun eben in
unwider ſtehlichem Liebreiz aufgeblüht mit hoher Bildung in Literatur und
Tonkunſt einen glühenden Patriotismus verband (f. oben S. 1609. u. Anm. *.
Bisconti, Icon. gr. III. p. 284.), aber treu dem ritterliden Verlobten Ihrer
zarten Jugend jene Leidenſchaft des Altern Mannes nicht erwiedert haben mag
(App. Pun. 27.). Uebrigens verband Hasdr. mit jener unbeflimmten Ausficht
für Syphax noch Feine beflinmten Schritte; er wollte damit nur, da nichts
Anderes fruchten wollte, vorläufig die röm. Bewerbungen um Syphax paralys
fiten, während biefer für ben Augenblick wenigftlend dem Zuge Noms und
Scipio's folgen mußte, und Hasedr. ſelbſt durch die Nachricht von Scipio's
gefaͤhrlichem Erkranken, fo wie von einem Aufſtand Im röm. Lager und unter
Wahrſcheinlich Giga, weil ſonſt ald Syphar’ Reſidenz neben Eirta genannt
(Sorb. ©. 869. Anm. 82. u. 873. Gef. Monumm. p. 324 f.), und wegen ber Zus
ſammenſtimmung ber örtlichen Andeutungen bes Liv. (o. 17, 5.12 f.) mit feiner Lage.
x wage mit Obigem einen Verſuch, den Bericht bed Appian, ber nebft
Diob, Sic. (ovvossgaaoa, ſogar: zrgorepoy Maoo—n) u. €. Dio (bei Zonar. IX, 11.)
Sophon. frühere Verlobung mit Maſ. meldet, mit dem bed Liv. zu vereinigen
weicher, ſo wie auch, fcheint es, fein Borgänger Polyb. (fragm. I. XIV, 1,4, 7,6.)
und jedenfalls fein Nachfolger, Sit, Stal. (XVII, 71f. vgl. Ruperti T.I. p. XXXIII.
fr. 9), berfeiten nicht gebenet, ja ihr fogar unwillkürlich zu widerſprechen ſcheint
(XXIX, 23. XXX, 12. 15.). Daß der Bericht ber drei zuerfi Genannten eine Art
von mileſiſchem Mährchen fe ift, da fie jedenfalls ehrliche und fleißige Hiftorifer find,
nicht glaublih; ja von Appian, der fo oft und fo gern im feinen Punicis ben Andern
unbetannt gebliebene Ginzelnheiten anführt und Juba IE. als ovyygayeıs nennt
(b. eiv. II, 101.), iſt ed nicht unmwahrfcheinlic daß er das Wert diefes fo geſchichts⸗
Eundigen und mit pun. und numib. Quellen vertrauten Sürften über Libyen (ſ. d. A.
Juba II.; Mem. de l’Acad. des Inser. IV. p. 464. Plut. Parall, gr. et rom.
histor. 23. u. Ammian. Marc. XXII, 15.) benügt habe. Daß aber Liv, fo wenig
als Pol, dieß Verhaͤltniß erwähnt läßt ſich etwa daraus erklären daß er, gleich dem
von ihm hoch gehaltenen Por. (Drakenb. zu Liv. XXX, 45, 5.), ber ein MWeibers
verächter (XXXII, 12, 10,) tro feiner Lobpreifung von Ehiomara’s That (XXII, 21, 5f.)
Sophon. mit bem Sfters verächtlich gebrauchten zrusdlony zweimal abfertigt (f. oben),
zuvör derſt die polit, Geite der nordafrik. Tragödie im Auge (Polybius, von K. W.
Nitzſch S. 56.), und am der unabweislichen Erwähnung Sophon. genug habend, jede
weitere fern hielt, was denn auch feinen Nachtreter, deu unpoetiſchen Sil. It. zum
Schweigen über eine Verwicklung befiimmte, bie gehörig benägt feinem Epos wohl
augeftanden hätte, Wie dürftig iſt doch feine Echilderung jener ſonſt fo hoch ges
priefenen Srau XVII, 71f.!
200 Aus einer frühern Ehe hatte er ben Thronerben, Vermina, einen zweiten
Sohn und drei Tbchter, Liv. XXIX, 33, App, Pun. 17, 26, 33,
+
1612 XRXXX
den Spaniern (Bol. XI, 25—33. Liv. XXVIII, 24—34.) zur Verfolgung
nener Hoffnungen noch einmal nah der Halbinfel zurückgerufen wurbe (pp.
Hisp. 37.*). Inzwifchen machte Syyhar, ta Hasbr. von der neuen Wen»
dung ber Dinge in Spanien zu fehr in Anſpruch genommen war, vielleicht
auch noch ans einiger Rückficht auf feiner Tochter bieherigen Berlobten mit
‚Mealifirung der dem Syphar zu Siga eröffneten Ausſicht zögerte, unter ber
Matte des zöm, Bunbögenofien, im Grunde aber geſtachelt (xmLlonsvog,
op. Hisp. 37. Pun. 10.) von Leidenſchaft und von Giferfudt auf ven
füngern (Kin. XXX, 13. 14. App. Pun. 27.) begünfligten Nebenbubler
Blünderungseinfälle auf carth. Gebiet, fo daß die Carth., um aus einem
läftigen Beind einen nüglihen Yreund zu machen, jeht Sophon. dem Sypbar
obme beftimmtes Bormifien ihres Vaters und Bräutigamd wirklich verlobten**,
deren erfter die ihm zugefommene Kunde, wie gern er auch wollte, fo wenig
vor Maſ. zu verbergen im Stande war als biefer feine nun vollends in ber
Wuth getäufgter Neigung oder auch "angethaner Ehrenkränkung ſchlau be⸗
werkſtelligte Zuſammenkunft mit Scipio (App. an den a. O. Liv. XXVIII, 35.)
und völlige Ueberantwortung auf berfelben an Nom *** vor jenem ganz geheim
zu balten vermochte, weöhalb er ihm, dem num entfchiedenen Feinde Gorth.'s,
Reiter mitgab, die ihn bei feinem auf bie Nachricht von den numid. Wirren
na feines Vaters Tode F bewerfftelligten Uebergang nad Afrifa tödten follten,
was jedoch mislang, und den hiemit Bedrohten, ver die Tüde merkte, nur
um fo mehr gegen Earth. erbitterte. Bald nach ihm ſetzte auch Hasdr. über,
um feiner Tochter Bermählung mit Syphar zu feiern (Liv. XXIX, 23. Polyän.
Strateg. VIIE, 16, 7.), der, eher ald Maf. organifirt der Stimme bes Herzens
vor der der Politik Gehör zu geben, die kaum ergriffene röm. Partei, wenn
au noch nicht ganz unummwunden, mit der carth. vertauſchte (Pol. XIV, 1,4.
Liv. XXIX, 4. 23. XXX, 11. 13. Brontin. 11, 7, 4. Sil. It. XVII, 59 f.)
und einerfeitö dem mit den Zurüflungen zum afrif. Zug auf Eicilien bes
ſchäftigten Scipio, den er doch früher nah Afrika eingeladen (App. Pun. 27.),
mit feiner Gegnerfihaft, falls er dieſen Zug ausführe, proben ließ, 3. 204,
anbererfelts bald au In Maf., dem Nebenbuhler und Haupte eines fon
längere Zeit feindlichen Stammes (Liv. XXIX, 31.), Ken Gegner Garıb.'s
und Verbündeten Roms offen befämpfte.. Dem Vater Maſ.'s, Gala, war
nämlich nad numid. Sitte fein hochbetagter Bruder, Defalced, und diefem nah
kurzer Regierung fein älterer Sohn, Capuſa, gefolgt, ein unbedeutender Fürſt,
der von Mezetulus, dem Eprößling einer dem Herriherhaufe verwandten
nebenbublerifhen Familie der in Numidien zahlreichen Dynaften (Liv. XXIX, 4.
App. Hisp. 10. 33.), in offener Rebellion erfhlagen wurde. Bufrieden mit dem
Namen und der Gewalt eines Bormünderd von Lacumaces, dem unniünbigen
Bruder des Erſchlagenen, Hatte Mez. Defalces’ Wittwe, eine Earth. und
Schweſtertochter Hannibals, gebeirathet und hiedurch carıh., fo wie durch eine
* giv, erwähnt biefer feiner letzten Anweſenheit in Spanien wicht mehr, weil
fie refaltatios war,
»° App. Hisp. 37. Kduxay, Pun. 10. diidocay. Bol. Bähr gu Herod. IV, 165,
Be Sil. Ital. XVI, 116f. wirb fein Uebertritt mit dem Motive einer
aettgefandten Srfcheinung Über dem Gchlafenben beſchönigt, welche feine, alfo bei ihm
befindliche, Mutter in dieſer Richtung beutete, vgl. Zonar. IX, 13.
+ Iſt Plin. H. N. VII, 48, fehr entfchieben auss eſprochene Angabe richtig daß
Maf. 69 3. regiert babe — vgl. Diod, fragm. I. XXXIII. T. VI. p. 175. ed.
Teaachn.; Pol. XXXVII, 3, 2%, fagt: dßmailevamr Irn rien vor € — nnd ſtarb
Diefer Für 148 v. Ehr. (App. 105. 109f.), fo trift Galax Tobesjahr- auf 208
v.Ehr., voransgefegt (nach Liv.) daß bie zwei Swifchentönige zwiſchen ihm uud feinem
Sobhne uns kurze Zeit regierten. Im biefe Imifchengeit fiele dann bie Auwefenheit
von Mafd verwittweter Mutter Hei Ihm in Spatien nach Sil. Ital.
Meniniase 1613
Geſandtſchaſt an feinen alten Gaſtfreund Syphax, maſſäſyliſche Hilfe fi
wider Maſ. zu ſichern getrachtet. Diefer aus Spanien über Mauritanien,
defien König Bocchar ihm ein Meifegeleit bie an die maſſyliſche Gränze mit-
gah, im väterligen Reiche angelangt, ftieß mit etwa 500 Anhängern feiner
Familie, die der ibm vorausgegangene Auf feiner Ankunft aufgeboten, auf.
den zu Eyphax ziehenden Föniglihden Knaben bei Thapfırd *, beflegte zweimal
dur feiner Beteranen Tapferkeit fo wie durch feine eigene Enifchlofienheit
und in ben röm.carth. Kämpfen gemonnene Kriegderfahrung feine überlegenen,
durch ein Hilfscorps ded Syphax noch verflärkten Gegner, mußte aber, ben
ihm noch bevorflehenden Kampf mit diefem im Auge, den auf cart. Gebiet
geflüchteten Lacumacts und audy den Mezetulus, durch Ausfidt auf Thronſolge
den einen, auf Amneflie ben anbern trog aller Gegenbemühungen Garıh.’s
auf feine Seite zu ziehen (Riv. XXIX,30.). Defto angelegenilidher trieb nun
Hakdr. feinen gegenüber vom maflyl. Thronſtreit indolenten Eidam wiber
den in Spanien ibm furdibar gewordenen Maf. zum Kampfe ver fih nun
auf der fon längere Zeit ftreitigen Gränze beider Stämme ** entfpinnt und
zum Vortheil des troß röm. Verkleinerungoſucht perfönlich nicht feigen Syphar
(Liv. XXX, 12. init. App. Pun. 20. 26. 28. Sil. Jtal. XVI, 171.) ent
ſcheidet und Mafiylien in deſſen Gewalt bringt... Maſ. rettet fi mit einigen
Reitern auf einen Berg ***, wohin ihm noch etliche Familien mit ihren Ma⸗
palien und Heerden folgen, und macht von da Binfälle beſonders auf carth.
Gebiet, reich an Beute, die fofort am Meere verkauft wird. Hierüber ſelbſt
erbittert und "von Garıh. no aufgereizt läßt Syphar durch feinen General
Bochar den Fönigliden Räuber angreifen, ſchlagen und verfolgen. der nad)
einem neuen Verluſt bei Elupea T zulegt nur noch mit zwei Meitern Über einen
bedeutenden Sluß TT Ihmimmend entfam und nun zur Freude namentlich feiner
tarth. Gegner in ganz Afrika für todt gehalten wurde, bis er unter dem
Schutz siner Höhle von einer Wunde geheilt und, durch Raub von feinen zwei
Gefährten erhalten wiederum in feinem Erbreiche auftrat, von dem raſch
eroberten aus verwäflende Einbrüäde in Maffäſylien und andere Gebiete carth.
® Natürlich wicht dad wo Cäfer bie Pompejaner ſchlug; f. Drakenb.’6 Kritie der
verfchiedenen Ledarten und eigene Vorſchläge zu Liv. KXIX, 30, 5. unter denen
wir ben Tubusuptum (Forb. S. 874.) ben Vorzug geben, noch lieber aber mit
feichterer Heilung Thapsam Iefen möchten, was eine Hafenfladt am Sinus Numidi-
cus, vieleicht mit Rusicnde, dem Hafen Eirta’6 zufammenfallend, in ber Nähe des
heutigen Gtora’s und Philippevilles (Korb. S. 856 f. Wagner I. ©. 231 f.), oder
Tipasam (j. Ziffeh) Im Süden von Hippo regius (Mannert ©, 320.), wenn man
Yen Zuſammenhang der Ergäblung bei Liv, einen mehr Ianbeinwärts liegenden Punkt
angemeffener findet,
”. In der Nähe bes Umpfagarluffes, Forb. ©. 854. 856. -
*°+ din, XXIX, 31, 7.: „Balbum incolae vocant.* Die Barlante „Biblum“
leitet auf bie Vermuthung berfelbe habe den femit, Namen us} == Berg ober
Graͤnze geführt (Gef. Thes. I, 1. p. 258., zugleich Aber die Verwechslung von B
und @', und fei ein Theil des ſteilen Thambes⸗ oder Pappuagebirged gewefen (wohin
fi auch der letzte Vandalerkönig Gelimer vor Belifar flüchtete, Procop. Vand. Il,
4. 7.), für beffen nörblichften Wusläufer wir das von Strabo 829. 832, ald Berg⸗
gränge zwiſchen Maffplien und Maffäfylien angegebene Tretomrorgebirge GGorb. 855.)
nehmen koͤnnen.
+ Da das dflih von Carth. gelegene Clupea (Forb. ©. 847 f.) vermöge dieſer
feiner Lage nicht gemeint ſeyn kann und wir Fein zweited in Nordafrika Bennen, fo
möchte Collopa (Magnum) gu leſen ober anzunchmen fepn, Liv, habe letztere einft
aerwerbibätige Stadt on ber Weſtküſte bed Sin. Num. (Borb, S. 857. j. Eoto,
Wagner I. ©. 230 f.) wit Elupea verwechfelt.
+ Etwe ber im Gübofken von Collops in ben Bin. Nam. mändente Ze⸗amah
(Shaw Travels p. 94.) ober der noch Öfllichere Fluß Zeffah, f. bie Anute noy Lanie,
.
1
1614 Masinisen
Bunbögenoffen that, und nachdem er fo ben mehr an üppige Benüffe ala an
militäriſche Entbehrungen gewöhnten Gegner (App. Pun. 12.) von Neuem
zur Ergreifung der Waffen genötbigt Hatte, auf den für feinen Zweck trefflich
gelegenen Berghoͤhen zwiſchen Cirta und Hippo r., einem öſtlichen Zuge des
Bappuogebirges fih feflfehte. Hier durch Syphar und feinen tapfern Sohn
Bermina von vorne und im Müden angegriffen entkam er enblid nach furdt-
barem Kampfe tind langer Verfolgung durch den Lehteren mit 60 Reitern
nad der Fleinen Syrte, no er zwiſchen dem fruchtbaren Gebiete ber carth.
Empvrien und den von den nomadiflrenden Garamanten (Bähr zu Herod.
IV, 174.) durchſtreiften Landſtrichen im Süden der fl. Syrte bis zur Ankunft
bes Lälius mit der röm. Blotte ſich berumtrieb * (Rio. XXIX, 29-33. App.
Pun. 11 f. gegenfeitig in anziehendem Detail über Maſ.'s Abenteuer und
zaube Lebendweiſe fih ergänzend). Hier nun boten ihm auf die Nachricht
von Scipio's Landung I. 204 die Earth. und Syphax die Hand zur Ver⸗
föhnung und Bundögenofienfhaft, und er nahm fle argliflig an, bezog nit
weit von ihnen und Scipio in der Nähe von Utica ein Lager (Liv. XXIX,
27 f. App. Pun. 13. Zonar. IX, 12.), trat aber nachdem Syphar, ungewiß
06 aus Furcht oder Linentfiedenheit (Bol. XIV, 1, 2 f. Liv. XXX, 3 f.),
oder numidifcher, ven Barth. und Römern bekannter Treuloflgfeit (Liv. XXVIII.,
42. 44. XXIX, 3. Gall. Jug. 46. 56. 66.), in fein Reich abgezogen, von
dort aus unter dem Deckmantel der Nat mit Scipio zufammen und gab mit |
feiner nem röm. Feldherrn auch fonft vortheilhaften Oridfenntniß (Pol. XIV,
8, 7.) einen Plan zur Vernichtung einer carth. Reiterabtheilung aus einem
Hinterhalte an die Hand, bei deſſen glüdliher Ausführung felbft thätig er
(nad App.) dann erft zu ben Römern übertrat und die Freude hatte feine,
wir wiffen nicht wie, in carth. Gewalt gefallene Mutter gegen ven feindlichen
Anführer Hanno ausgewechſelt zu fehen (App. 14. Liv. XXIX, 29. 35.).
Hierauf yplünderte er mit Scipio bie Umgegend, befreite röm. Befangene,
eroberte die große Stadt Locha (pp. 15. Liv. c. 34. 35.), rieb einen von
Hasdr. ihnen gelegten Hinterhalt auf und wurbe dafür insbeſondere von Seipio
glänzend beſchenkt, der nun zu Wafler und zu Land Utica anflel, aber alß
Syphar dur Hasdr. oder vielmehr wohl auch dießmal Dur feine patriot.
"Gemahlin (Liv. XXX, 12. App. 27 f.) bewogen, mit bebeutendem Heere
von Neuem anrüdte, die Belagerung wieder aufhob und auf einer verſchanzten
Landzunge die Winterquartiere bezog (Liv. c. 34 f. App. 14—17. — die
Castra Corneliana, Gàſ. b. civ. II, 24.2). Schlau unterbanbelt er von bier
aus mit dem von ber röm. Politik noch nicht ganz aufgegebenen Sypbar,
während biefer ben Mittler zmwifchen Nom und Carth. fpielend den Maf.
durch Ausfigt auf Beflätigung feiner Ihronanfprüde und bie Hand einer
feiner drei Töchter zu gewinnen, fofort aber den Abgeneigter aus dem Weg
p räumen ſucht. Dit dieſem Mordplan von Maſ. entlarvt und fo von der
ehten Möglichkeit einer Verſoͤhnung mit feinem Nebenbuhler und mit Rom
. abgefehnitten, mußte ſich jetzt Syphar entſchieden für Earth. ausſprechen, und
that dieß auch gegen dad Frühjahr 203, durch Usberfal von Iholus, einer
röm. Waflen- und Vorrathsſtätte (Mannert S. 371.) und Verabredung eines
allgemeinen Angriffs auf die Nömer zu Waller und zu Land mit Haßbr.;
doch die Römer kamen biefem, von Maf. gewarnt und fräfiig unterflügt,
durch unverweilte Ausführung des von Scipio ſchon längere Zeit vorberei-
teten Planes, die feindlichen Lager nächtlicher Weile zu überfallen und anzu⸗
* Nicht von bier fonbern, was weit wahrfcheinlicher, von ber Stellung ans bie
er vor feinem legten Kampfe mit Syphax zwifchen Eirta und Hippo r. eingenommen,
Liv. 0. 32., hatte er J. 205 eine Zuſammenkunſt mit Lallus bei Hippo, Liv. XXIX,
8.4.3 f. oben ©, 724,
u . Mastnissa | 1615
zänden, zuvor (Bol. XIV, I—5. Liv. XXX, 3-6. Slor. II, 6, 36. App.
17—23. Gutrop. IH, 11, 20. Nur. Bict. v. ill. 49, 12. Oroſ. IV, 18.
Sil. Ital. XVII, 83 f.) und ficgte auch über ein neues, durch Hasdr. und
Syphax auf Sophon.’8 flchentlide Bitten zufammengeraflted Heer auf den
„großen Ebenen“ (Rio. c. 7 f. Pol. c. 6—8. Cic. de Orat. III, 42,5.*).
Maf., der tapfer zu biefen Siege mitgemirft, eroberte nun, zur Verfolgung
von Hasdr. und Syphar mit Läalius, feinem häufigen Waffengefährten, aus⸗
geſandt, mit eigenen Streitkräften und dem dritten Theile des röm. Heered
nicht nur fein maſſyl. Erbreih wieder, freudig daſelbſt wenigfiend von ber
Mehrzahl ** aufgenommen, fonbern ging jet auch auf feinen Erbfeind ſelbſt
los, der von Zorn und Schaam, von Bemahlin und Schwiegervater nun zum
dritten Male veranlaßt mit einem neuen zablreihen, aber wenig geübten
Heere ihm entgegenzog und an einem Fluſſe *** ein Trefien lieferte, wo nad
einem langen, dur yerfönlide @rbitterung der beiden Fürften gefleigerten
Kampfe Sypharx nebfl einen feiner Söhne von Maf. felbft gefangen und ſo⸗
gleih zu Scipio gefandt (App. 26.), nad Liv. vorher zu Lälius gebracht,
von biefem dem gegen Girta voraudellenden Maf. überlaffen und durch feine
Borführung in Feſſeln feine die Uebergabe verweigernde Königaftabt hiezu
genöthigt wird. Auf die Königöburg losgeſprengt trifft er bier auf der
Schwelle des Borplages Sophon., welche den lange nicht mehr geſehenen
Berlobten ihrer Jugend an Waffen und Haltung ald König erkennend, und
vor ihm niedergefunfen ihn bei ihrer gemeinfamen afrik. Heimath um Bes
wahrung vor feindlicher Mömergewalt ſelbſt durch den Tod anflebt, und in
dem von Mitleid und erneuter Liebe durchdrungenen Herzen des Siegers fo
ſchnell Erhörung findet daß Maf., um dieſem boppelten Undringen zu ges
nügen, fi no& an demſelben Tage mit ihre vermäblt, jedoch deshalb von
Zaſius, und als er, mit Zurüdlafiung feiner neuen Gemahlin in Cirta, vor
Scipio erſcheint, auch von biefem, welchen Syphar' niedrige, leidenſchafiliche
Klage über der patriotiſchen, Mömer haſſenden Frau gewaltigen Einfluß auf
Männerherzen gegen den glücklichen Nebenbuhler mistrauiſch geſtimmt hatte,
ſehr ernſt angelaſſen und zu Auslieferung Sophon.'s aufgefordert, unter ber
Magke ver zeinfährigfeit nah Cirta zurädellt, und allein diefer Löfung
ſeines Verſprechens fähig, feiner Gemahlin den Giftbecher reiht (Died. Sie.
App. Zonar.) oder dur einen Diener ihn reihen läßt (Riv.), den viele
ſtandhaft, jedoch vol ſchmerzlicher Reue, noch im Tode geheirathet zu haben,
austrintt.T Maſ.'s Seufzer aber um die fürftlich Beſtattete wurden durch
® App. 24. gedenkt dieſer Schlacht nicht ober wirft fie mit dem wächtlichen
Ueberfall zuſammen, in deſſen Meldung er auch mehrfach von Pol. und Liv, abs
weicht.
** Doch waren 2500 Maffylier zu Syphax übergegangen, bie Maf. wach deffen
Befiegung fih von Lälius ausliefern und dann niedermachen Tieß, App. Hiep. 26.
Bielleicht dem Eirta’s Kalkſelſen beſpuͤlenden Rummel, einem Öftlichen Aus
Auffe bed Ampſaga (Magner 1.332 f. 353 f,), der bei Victor Viderb. hist. de perseo,
Vandal. 1. felot Ampsaga, fluvius Cirtensis formosus genannt wird. — Das
Treffen fiel am 24. Junius 203 vor, Ovid Fast. VI, 769. ed. Gierig. Pol. XIV,
8, 14. 9, 1f. XV, 4, 5. £iv. XXX, 9, ı1f. App. 26f. Sit. Star. XVII, 109f.
Diod. Sic. am a. D. In feinem rhetorifch gehaltenen Berichte ſcheint Liv. unbe⸗
wupt theild für theils gegen bie von ihm ignorirte frühere Verbindung Maf.’6 mit
Gophon. Beugniß abzulegen; theatraliſch lautet ber von Zonar. IX, 12f. — Der
son röm. Gchriftfielern viel gefeierte Sieg fiper Syphax und GCirta’s Eroberung
brachte Kom große Bente ein, Pomp. Mela I, 6. €. Die fragm. LXVI. Oroſ.
IV, 18. Prop. III, 9, 61. Juven. VI, 169.
+ uf eine derartige Scene, nicht aber auf ein Hochzeitgelage, möchte ich ein
antites, von Bisconti bekannt gemachtes Gemälde nach den firengen, düſtern, wilden
Biden ber barauf bargefiehten Flguren (als Maſ., Sophon., Gcipio und einige
1616 Masdiniseen
allerlei Spielzeug fürfllider Titel und Inflguien, no bündiger aber für einen
Herrſchſüchtigen mie er (Bol. XV, 3, 6.), durch die Ausſicht auf den Beflg
von ganz Numidien beſchwichtigt, worauf er wohl auch felbii durch eine Ge⸗
ſandiſchaft nah Rom hinzuwirken fuchte (Tiv. XXX, 15—17. App. 28. 32.).
Syphax endlid, von Scipio im Andenfen an alte Gaſtgenoſſenſchaft und
menſchlichen Glückswechſel freundlich aufgenommen, und weil er ihm ein ver-
fländiger, des Landes Fundiger Dann zu ſeyn ſchien, zu gemeinfamen Be⸗
ratbungen gezogen, doch aber von Lälius mit andern vornehmen Numidiern
nad Rom geführt, lebte zuerft zu Alba, dann zu Tibur, wo ihn Der Tod
ber Aufführung in Scipio’6 Triumphe entzog (C. Die fr. LXVI. App. 28.
Liv. XXX, 13. 17. 45. Val. Mar. VI, 9. ext. 7. V, 1, 1. @utrop. III,
41, 20. Oroſ. IV, 18. Glaudian. b. Gildon. 90 f. wenn anders die auf
metriſch angefochtene Leéart richtig. Rupert zu Sil. Ital. XVII, 629 f.;
f. oben ©. 724.*). — Nachdem auf fo gewaltige Schläge die von den Romern
gebotenen und von den Garth. theilmeise gebegten Briedenshoffnungen einer
nad rönı. Berihten allein dur pun. Schuld gefleigerten Grbitterung ge»
wichen waren (j. Bd. II. ©. 658 f.), und Hannibal im Herbie 203 bei
Adrumetum gelandet aufirat, brängte fi Alles zur letzten Entſcheidung (Pol.
XVI, 3, 1f.). Dur Schaaren mehrerer numid. Dynaften (App. Pun. 33.
vgl. Pol. XV, 3, 5 f.) und durch Bermina, Syphax' Sohn ** verflärkt,
warf er ſich zuerft, flegreih dad Land verheerend und Städte erobernd, auf
Maſ.'s Neih (App. 33. Zonar. IX, 13f.). Seinem Berbünbeten zu helfen
und ben Krieg wo moͤglich ohne den angekündigten Tiber. Nero zu beembigen,
ellte Scipio von Norden herbei, brachte durch fhlau mit Maf. verabredete
Operationen feinen Gegner in Nachtheil, flegte über ihn zuerft in einem Reiter⸗
treffen bei Zama und dann, als die von dem hiedurch und Durch andere Ver⸗
luſte bedrängten Hannibal erbetene DBermitilung Maſ.'s dur Bolkabeme-
gungen In Carth. Kintertrieben wurde, und endlich bie perfönlidden Perhand⸗
lungen zwifhen den zwei großen Feldherrn felb zu Keiner Verfländigung
führten, in einer Entfheidungsichlacdht bei Naraggara den 19. October 202,
zu beren günfigem Ausgang Maf., mit welchem fo wie mit Scipio Appian
(44 f. vgl. Bonar. IX, 4.) den Hannibal Zweikaͤmpfe beſtehen läßt (ſ. Polyb.
von K. W. Niki ©. 110.), auf deu rechten Flügel geftellt, durch feine
dienende Perfonen gebeutet) beziehen, wozu fi dann auch bie Darüber befindlichen
Apollo und Artemis, die Gbtter eines jähen Todes, gut reimen würden, f. Bisc.
Icon. gr. IH. p. 289 f. u Pl. 56. des Kupferwerks.
* ol, XVI, 23, 6. dagegen 1äßt ihn im Triumphe aufgeführt werben und bald
bazauf in Gewahrſam ſterben. Ebenſo Wal, Mar. VI, 2, 3., womit fidh bie obige
Stelle V, 1, 1. wohl vereinigen ließe; vieleicht auch Sil. Ital. (f. oben), während
Siv. XXX, 45, Af, des Pol. Angabe mit einem blofen Complimente gegen denſelben
ohne Widerlegung anführend, die entgegengefeute befiiinmt audfpriht, und bamit
koch ald Roͤmer befondere Beachtung verdient. Sollte nit Pol. bie Aufführung
des Syphax und der Übrigen Gefangenen in Rom dur Lälinus (Liv, c. 17, t.) mit
ber im Triumphe verwechjelt Haben? Wie Bruce in feinen Mittheilungen ans
N Afrika (ſ. Ausland 1837. Nr. 164. u. 208.) dazu kommt, ein alted, Prgelfürmiges
Grab zu Medraſchem im Wigier’fchen (vgl. Shaw Travels p. 110.) Syphax“ Gran
za nennen, weiß ich wicht,
*. Während ihn BZomar. IX. 13. bie Gefangenfchaft feined Waters zu Alba
tbeilen laͤßt — wahrſcheinlich aus Verwechslung mit feinem Bruder, Upp. 26. —
ik ex nach Ev, XXX, 36. 40, und and) nach App. 33. frei und thätig gu Gunſten
Earth.’e, nach biefem auch noch im Beſitze vom größera Xheil feines väterlichen
Reiches. Die ſchlauen Eroperer wollen ihn wenigſtens wicht mit ihrer Macht aus⸗
tzeiben (App. 32.), ja fie befiätigen ihre als einem Begengetvichte wiber Maſ. mit
Plugem Mistzauen ben Thron. Aonar. IX, 13. vgl. Upy. 50. Bis. XXXI, 18. 19.
% Feit. 48, Dana if Wei, KV,4,4.u, 5,12 f. (vgl, App. 33.) gu beichränken.
" Masinissa 1617
Angriffe auf bie gegenüberfiehenden Clephanten und Meiter, fo wie nad feiner
Rückkehr von deren DBerfolgung in den Rüden ber noch Stand haltenden
Feinde unter eigenen bebeutendem Verluſte Vieles beitrug, wie auch durch
das Ehrengeſchenk einer Krone anerkannt wurde. * Nachdem auch ver Iegte
Verſuch, Carth. zu retten, von Vermina, Syphar’ Sohn, am 19. Dechr.
getvagt, mit der völligen Nieverlage dieſes Fürſten geendigt (Kiv. XXX, 36.
40.), kam der Friede noch in demſelben Jahre unter den befannten harten
Bedingungen zu Stande. „Häuſer, Kand und Städte, und wenn fonft etwas
dem Maf. oder feinen Vorfahren zugehörte innerhalb der den Garth.
belaſſenden Bränzen, das Alles follten fle herausgeben, auch follte weder
Staat noch ein Einzelner den König befehden“, Zugeflänpniffe welche pie Römer
noch Frönten durch Schenkung des von ihnen eroberten Theiles von Syphar’
Bebiet, namentlich Cirta's und anderer Städte, fo wis der nicht nad) Italien
geſchafften Elephanten (Pol. XV, 18. XXL,9,6 f. XXI, 4,2. Liv. XXX, 44.
XXXI, 11. XXXVII, 53. Sall. Jug. 5. 6. Die fr. CLV. App. 54. 59.
Zonar. IX, 14.). Die nun von 201 bit 148, dem Todesjahre Maf.'s, folgende
Zeit läßt ſich unter dem doppelten Geflhtäpuntte feiner Thätigkeit nad
Außen und nah Innen überfhauen; bei jenem fällt unfer Auge auf fein
Verhäſtniß zu Carth. und zu Rom, bei diefem zu feinen Haus und Land.
Sein Berhältniß zu Earth. war, troß eines befondern, nach geſchehener Ge⸗
bietöverlegung durch Maſ. zwiſchen ihm und Carth. gefchloflenen SOjährigen
Friedens, in diefer langen Zeit im Grunde fletd ein feindliches (Schweigh.
zu App. Pun. 67.). Es wußte nämlih dieſer Tänberfüchtige Erbſeind Carth.'s
aus dem ihn betreffenden Artikel des auf fortwährenne Mishandlung der
Carth. berechneten röm. Friedens Stoff zu immer neuem Hader zu ziehen,
um Barth. zu ſchaden und es zu ſchwächen, wozu er brei Mittel in Bervegung
feßte: 1) Eingriffe in carth. Gebiet. Den erften wohl ſchon im I. 200 ge⸗
ſchehenen meldet nur App. (67. vgl. jedoch Liv. XXXI, 11.), aber ohne
geogr. Angabe ob er gegen die nördliche Seite der carıh. Weſtgränze in der
Richtung der altnumid. Königefladt Hippo, oder gegen bie ſüdliche nah ben
dem Maſ. in feiner letzten Berbannungszeit genau befannt geworbenen Em⸗
porien erfolgt fe. Um fo beflimmter find die folgenden Meldungen über
numid. Attentate nach diefen zwei Nidgiungen bin. So hören wir ſchon um
die Zeit (3. 196) als Hannibal, ver Wieverermeder Carth.' durch das
Zuiammenwirfen röm.numid. und carthag. Intriganten vertrieben wurbe (Liv.
XXXIII, 47. App. 67. u. Syr. 4.), von neuen (wohl Gebiets⸗) Streitigkeiten
zwiſchen beiden (Liv. am a. D.) und brei Jahre fpäter vom erflen die Bere
Iegenheit Carth.'s benügenden Angriffe Maſ.'s gegen Süden auf die an @in-
fünften und Städten reihe Küftenlandfchaft der Keinen Syrte, Emporla ges
nannt, beren einige er ſich tributär machte (Liv. XXXII, 2. XXXIV, 62, 10. **
”MoL, XV, 5—14. Maf. war mit 6000 Fußgängern und ungefähr 4000
Reitern zu Seipio gefioßen; Liv. XXX, 2935. App. 37—48. Tor, II, 6, 58f.
Srontin. II, 3, 16. III, 6, 1. Zonar. IX, 14. Oroſ. IV, 19. Gil. Ital. XVII,
413 f. — Zama (j. Jama auf Lapie's Karte von Algier und Tunis), an dem aus
Gaf.’s Ingurtha (48.) befannten Muthul gelegen, ziemlich doſtlich von Naraggara,
das (5. Eaflır Jebbir nad) Shaws wahrſchelnlicher Bermuthung p. 130.) etwas weftlich
vom Bagrabad gelegen (— Narke bei App. 33.7). Kierher muß fih Hannibal nach
dem Verluſt bei Zama zurfdgezogen haben. Süblid von Naraggara Iißt App. 40.
die Schlacht vorfallen, bei Kia, bem Vicus Valeriani ber Peuting. Tafel und heutigen
Gellah (?), beffen günflige Hohe Lage (Shaw p. 130 f. Lapie's Karte) mit Appians
Schilderung zufanmentreffen würde. .
°. „circa Cyrenas.* Hier kann wegen ber Diftanz unmöglich das berühmte —
auch nur bie cyren. Gränze verfianden, Strabo 836, — fünbern A ee uns
Bauly, Real⸗Enchelop. IV.
—
1618 Maslalesa
vgl. XXIX, 235. 33. Pol. I, 82, 6. III, 23, 2.). Im 3. 182 und 181
erneuert fi der Hader, nad der Faffung von Liv. Worten (XL, 17. vgl. 34.)
zunähft um Stridde der nördlichen Weſtgrenze, wo Maf. fi immer meiter
audbreitend, bis 172 die jog. „großen Felder“* und bie Gegend ber 50
Städte, Iydca ** genannt, nah und nad befeht haben muß, während er
auch in den fünlihen Emporten fo raſche Fortſchritte madte daß die carth.
Gefandten Hagen, er babe in zwei Jahren mehr als 70 ihrer Städte und
Burgen eingenommen (Liv. XLII, 23. ganz im Sinne feines Liv. XXXIV,
62, 10 f. aufgezeichneten Ausſpruches). Den durch zwei Beflimmungen des
rdm. Friedens an der Gegenwehr gehinderten Garth. (Xiv. XXX, 37. XLII,
24.) blieb nichts übrig als in wiederbolten Aborbnungen bie ſiehentlichſten
Borftelungen an den Senat oder die Gonfuln (Liv. XLII, 23. App. 79.),
oder an die unter ber Madfe der Bermittler im Brunde als Stiiter fort»
dauernder Feindſchaft, wie Scipio (Zonar. IX, 18.), oder ale Kundſchafter,
wie jener. Caro (Lio. Epit. XLVII. App. 69.), herübergeſchickten Geſandten zu
riäten; aber ohne Erfolg (den Grund f. bei Pol. XXXII, 2, 6.). 2) Bes
gründete und unbegründete Denunciationen welche Maf. durch feine Söhne 3. B.
Buluffa (iv. XLIN, 3. 3.171. u. Epit. XLVIII. 3.157) und andere diplo⸗
matifhe Agenten in Rom anbringen ließ, und die dort u. a. von Bato gegen
Sciyio Naflca (Liv. Epit. XLVIII. App. 69. vgl. Zonar. IX, 26.) gehörig
ausgebeutet wurden, unterflügt von kriechenden Brgebenheitserflärungen 3. B.
3. 168 durd feinen Sohn Madgaba (Liv. XLV, 13. — ein würbiges Geiten-
ftüd vgl. in Pruflas von Bithynien c. 44. — morin er au feine Kinder
und Enkel unterwied, Sal. Jug. 14, 1. 18.), fo wie von Anerbietungen
und wirklichen Hilfefendungen an Getraide, Mannidaft und G@lepbanten
(Iuftin. XXXIN, 1. io. XXXI, 11. 19. XXXII, 27. 3. 198. XXXVI, 4.
$. 191. XL, 29. 35. 52. 65. 67. XLV, 14. Val. Mar. V, 1,1. 3.171. u.
Liv. XLIII, 3. 6. wo die midhanbelten Garth. in Getraidefenbungen an ihren
Todfeind mit ihrem Todfeinde wetteifern müſſen. — Merkwürdig if dabei
jevegmal in Empfang, Bewirthung, Beſchenkung, Beſcheidung der Geſandten
vie Haltung der Nömer, was dann numid. Seité gehörig herausgeſtrichen
wird (Liv, XLIII, 3. XLV, 13.). 3) Unterhaltung von Partelungen im
Innern von Carth., deren eine zu Rom, die andere zum Baterlande, die
britte, Hannibal, den Staaren an der Spike, zu Maſ. Hielt (App. 68. dal.
55. 4*4), Vertreibung verfelben — etwa 40 Perſonen — aus Garıh., Zurück⸗
weifung feiner deshalb nad Carth. gefandten Söhne Micipfa und Guluffa
von deren Mauern unter brobender Todesgefahr, führte nebſt andern feind⸗
lien Borfällen, vor Allem den oben zufammengeftellten Miohandlungen der
Garıh., den Ausbruch eines offenen, durch Scipio Nafica's Vermittlung nidt
unbetanntes im der Gegend ‚ber Eleineu Syrie gemeint feyn, oder muß „circa Cerei-
nam“ gelefen werben, bie bekannte Infel nahe biefer Küfte (Liv, XXXIII, 48. St.
Ant. p. 518. und dazu Welfeling), bei Herod. IV, 195. Kupavris genannt.
*Wahrſcheinlich zo zediov von Bulla regia in Seugitana nur „A Tagreifen von
Earth. für einen leichtgegüürteten Mann entfernt, nicht weit von beu numib, Bergen“,
Procop, b. Vand. I, 25. vgl. Liv, XXX, 8. Pol. XIV, 8, ıf.
0 Hoher weiß Freinsheim Suppl. Liv. XLVII, 19., daß Tysca der pun. Name
ber Emporien? Aus Upp, 68. vol. mit 72. u. 79. folgt ed wenigfiend nicht woth-
wendig. Der Name Tysca weist vielmehr natürlich auf ben Gränzfluß Numisiens
und Seugitana’s, den Tusca hin, Pin, V, 3, 4., zwiſchen welchem uud dem Bas
gradas in jener auch nach Ptolem. IV, 3., den Stinerr. und ber Peut. Tafel fkäntes
reichen Gegend (vgl. Strabo 833.) bie 50 Stäbte Appians zu fuchen feyn möchten.
eeo Gchörte Insgeheim auch Maf.’3 Tochterfohn Haëdrubal, beim Nussruch des
dritten pun. Kriegs Stadtbefehlshaber von Carth. und im Laufe deſſelben wegen
Mtzbachte von WBerrath‘ gemorbet (App. 93. 111, Liv, Epit. L. Oroſ. IV, 22.)
zu Ihr?
\ | Masinisen 1649
auf die Dauer zu hintertreibennen Krieges zwitgen ihnen und Maf. herbei,
den biefer durch Belagerung ber ſchon laͤngſt von ihm: begehrten Stadt
Droscopa (von unbekannter Lage, Mannert S. 227.) begann (Liv. Epit.
XLVIII. App. 68—70. Zonar. IX, 26.), die Carth. aber, geflärft dur
den Muth der Berzweiflung, den Webertritt von zwei mit Maſ.'s Söhnen
zerfallenen numid. Kriegsoberſten, wohl auch durch Ausficht auf den Beiftand
von Ürlobarzanes, einem Enkel des Syphar, unternahmen, 3. 150.* Doc
fie wurden von dem jugendlichen Greife (von 88 3,) unter dem wohlge⸗
fälligen Zuſchauen feines @aftes, des Scipio Aemil. (Cic. Somn. Scip. 1.) %*,
der um @lephanten für den fpan. Krieg herübergefommen, nah dem heißen
Kampfe eined ganzen Tages gefchlagen, ver Neil des Heeres von Maſ. ein-
geihloffen, und die dem Hunger, der Peſt und verzehrender Sommerhige
Entlommenen nur gegen Entridtung einer Summe, Auslieferung ber Ueber»
läufer, Zurüdberufung von Maſ.'s Partei unter fhmähliden Abzug ent»
laffen, und auch biefe durch numid., von Buluffa nachgeſandte Meiter noch
großentheild aufgerieben (App. 71—73.), und fo war Garth., bis zu töbte
licher Erſchöpfung geſchwaͤcht, dur Maf., der Vertilgung des dritten pun.
Krieges überliefert (Iuflin. XXXVIII, 6. App. 106.). Zu feinem für Carth.
unabwenbbaren Ausbruch J. 148 mar die feindfelige Behandlung Maf.’s
und feiner Bamilie durch Barth. der fcheinbare Brund (Liv. Epit. XLIX.
&lor. II, 15, 3.), die invidia imperii (Belle. Pat. I, 12, 5.) der mahre,
was fih auch aus der glei anfänglich ſichtbaren Spannung zwiſchen Maf.,
den die Wahrnehmung daß die Römer nun ernten follten wo er gefäet, und
die Unterlaffung der Nachricht von der beiden Conſuln, Manilius und Cenſo⸗
rinus Landung auf N.Afrifa’s Küſte verdroß, und diefen Letztern ergibt, bie
örgerlich über des röm. Vaſallen ſrröde Haltung ihnen gegenüber, und arg»
wöhnifh gegen feine Beflnnung die Annahme nunid. Hilfe binausihoben
(App. 94.), bis ihre bekannten Unfälle fle zu einem Hilfegefuch an ihn trieben,
ala er bereit geftorben war (App. 105.). So endete bie kriegeriſche Lauf⸗
bahn *** dieſes merfwäürbigen Zürften, lang und wechſelvoll wie fein Lehen
ſelbſt das größtentheild damit zufammenfält, gekrönt zwar mit Gieg, aber
zulegt auch noch beengt buch Mieflimmung, Argwohn und eine anfängli
jelbR noch auf feine Söhne forterbende (App. 111.) Spannung mit feinen
treuverbundenften Freunden (C. Dio fr. LX. vgl. Iuftin. XXXVIII, 6, 5 f.),
mit melden er fi zum Verderben Garth.’8 verſchworen hatte, um binwiederum
als Werkzeug zu dienen einer vergeltennen Nemefls für alle die Mishand-
lungen welde die Habgier, Herrſchſucht und Graufamfeit der Punier feit
Jahrhunderten auf die Volkäftämme feiner norbafrif. Heimath gehäuft Hatte.
Trotz jener Spannung mit Rom felbft bewies er doch der Familie der Sci⸗
pionen ungeſchwächte Anbänglichkeit durch Beſchickung des beim röm. Heer
vor Carth. befindlichen Adoprivenfeld von feinem großen Gönner, um den»
jelben wegen feiner zahlreichen Kinder und wegen feines Neiches ſterbend noch
® Bei der urfpränglichen Unabhängigkeit vieler numid. Dynafien (App. Pun. 10.)
und dem Streben des Maf. nach Monarchie find ſolche Abfälle Leicht ertlärlih. App.
113. iv. XXXIV, 62. Pol. XXXII, 2, 7. — Ueber ben Namen Ariobarzanes f.
die Barianten bei Drakenb. zu Liv. Epit. XLVIII. Bar er ein Sohn von Wermina ?
m Ihm mislang bie Vermittlung zwiſchen ben Kriegführenden, App. 72. Bal.
Mar. II, 10, 4.
°*+ App. Pun. 68, gibt weiter die ziemlich vage Notiz, M. habe einem Sohne in ben
für die Römer theilweife verluſtvollen iberifchen Krieg (Liv. XXXIII, 28. App. Hisp.
39 f.) Succurs gebracht. Auch Liegt die Vermuthung nahe er werbe fi in den
Ebenen, Wüftenfirihen und AUtlasfchiuchten feiner Heimath oft auch auf Razzia's
gegen mauritan., maſſaͤſyl., gätuf. Nachbarn, ober gegen maſſyl., feinem Oberkönig-
thum widerfirchende Stämme. herumgetummelt haben,
1618 Masialesa
vgl. XIX, 23. 33. Pol. I, 82, 6. III, 23, 2.). Im 3. 182 unt
erneuert fi der Hader, nah der Faſſung von Liv. Worten (XL, 17. val ?'
zunähft um Striche der nörblichen Weſigrenze, wo Maſ. fi immer n-
audbreitend, bis 172 die jog. „großen Felder“* und bie Gegend ber
Städte, Iydca** genannt, nah und nah beieht haben muß, währen
auch in den ſüdlichen Emporien fo raſche Fortſchritte machte daß die c«
Geſandten Hagen, er babe In zwei Jahren mehr als 70 ihrer Städie
Burgen eingenommen (Liv. XL, 23. ganz im Sinne feines Liv. AL.
62, 10 f. aufgezeichneten Ausſpruches). Den burg zwei Beitimmung«
rdm. Friedens an der Gegenwehr gehinderten Garth. (Xiv. XAX, 37. .
24.) blieb nichts übrig als in wieberbolten Aborbnungen die Achsen: ..
Borftelungen an den Senat over die Bonfuln (Liv. XLII, 23. A. ”
oder an die unter der Madfe der ‚Vermittler im Grunde als Ei’ :.
Dauernder Beindfchaft, wie Scipio (Zonar. IX, 18.), oder ala Kur. ?
wie jener Cato (Liv. Epit. XLVII. ‘App. 69.), herũbergeſchickten Gr’.
richten; aber ohne Erfolg (den Grund f. bei Bol. XXXII, 2, 6) ° 7
gründete und unbegründete Denunciationen welche Maf. durch feine Zitrr .
Buluffa (Riv. XLIII,3. 3.171. u. Epit. XLVIM. 3. 157) und andere®”;
matiſche Agenten in Rom anbringen ließ, und bie dort u. a. von Karo | _
Scipio Naflca (Liv. Epit. XLVIM. App. 69. vgl. Zonar. IX, 25 3 5
ausgebeutet wurden, unterflügt von kriechenden Brgebenheitserflärunae. __ .
3. 168 dur feinen Sohn Masgaba (Liv. XLV, 13. — ein würtiner 2,
ſtück vgl. in Pruflas von Bithynien c. 44. — morin er auch tm: ””
und Enkel unterwies, Sal. Jug. 14, 1. 18.), fo wie von Are °
und wirklihen Hilfefendungen an Getreide, Mannigaft un 1-7 __
GSuſtin. XXIII, 4. io. XXXI, 11. 19. XXXII, 27. 3. 195. v0"
$. 191. XL, 29. 35.52. 65.67. XLV, 14. Val. Mar. vs, ®
Liv. XLIII, 3. 6. wo die mishandelten Carth. in Getraiveiendun.,. I 4
Todfeind mit ihrem Todfeinde wettelfern mäflen. — Merkmürr., w
jedesmal in Empfang, Bewirthung, Beichenkung, Beieldung r:. Tl
vie Haltung der Nömer, was dann numid. Seitd gehörig bei.
wird (Rio, XLEN, 3. XLV, 13.). 3) Unterhaltung von Wa I
Innern von Garth., deren eine zu Rom, die andere zum L '
britte, Hannibal, den Staaren an der Spitze, zu Maf. bie u. -
55. *62). Vertreibung derfelben — etwa AO Perfonen — aueh.»
weifung feiner deshalb nah Carth. gefandten Söhne Min. «
von deren Mauern unter drohender Todedgefahr, führte sc. ;
lichen Vorfällen, vor Allem den oben zufammengeftellten U r
Carih., den Ausbruch eines offenen, durch Scipio Naſica:? Wr
unbekanntes in ber Gegend ber kleinen Syrte gemeint ſeyn, der m
nam“ gelefen werben, die bekannte Inſel nahe dieſer Küſte Li
Ant. p. 518. und dazu Weſſeling), bei Herod. IV, 195. Ki
* Wahrfeinlich zo zediov von Bulla regia in Zeugitana
Earth. fiir einen leichtgegürteten Mann entfernt, nicht weit von
Procop. b. Vand. I, 25. vgl, Liv, XXX, 8. Pol. XIV, 8, If.
90 Woher weiß Freinsheim Suppl. Liv. XLVII, 19.. daß Treca
ber Ermporien? Aus App. 68. vol, mit 72. u. 79. folgt ed wen:,
wendig. Der Name Tysca weißt vielmehr natürlich auf den ©...
und Zeugitana's, ben Tusca Hin, Plin, V, 3, 4., zwiſchen wer"
gradas in jener auch nach Ptolem. IV, 3., den Stinerr. und be:
reichen Gegend (vgl, Strabo 833.) bie 50 Städte Appians zu ſug
Gchörte insgeheim auch Maf.’s Tochterſohn Hasdrubal, be
dritten pun. Kriegs Stadtbeſehlshaber von Garth. und im Lane
ee von Berrath‘' gemorbet (App. 93. 111. Liv, Epit. L. &
4
h — u a 4 In z re
— END) 2UD „Spez
1820 Masinisıea
zu Math zu ziehen; auch Hatte der vor jenes Ankunft Abſcheidende dieſelben
in den Tegten Augenbliden no angemiefen allen Anordnungen Scipio's Folge
|
zu leiften, welche denn auch biefer, drei Tage nad Maf.’6 Verſcheiden in feiner
Königaftadt, Girta (Strabo 832.) angelangt, in der Art traf daß bie natür⸗
lichen Söhne Maſ.'s mit erhöhten Geldgeſchenken, einigen Städten und Lände⸗
reien abgefunden, und unter bie drei legitimen Neid und Schätze vertheilt
wurben (f. Micipsa.. Bol. XXXVII, 3, 10., der ihn wohl nad Cuta beglei»
tete, Nitzſch am a. D. ©. 66. Liv. Epit. L. Plin. V,4. App. 100 - 107.
Sonar. IX, 27. @utrop. IV, 5. Val. Mar. V, 2. Ext. 4. HOroſ. IV, 22.).
Mai. hatte nämli aus rechtmäßiger Ehe drei* Söhne, Micipfa, Buluffa,
Maftanabal, aber viele von Nebenfrauen. Selbſt wohl unterriätet und ein
Breund der Pildung, ließ er ihnen eine forgfältige Unterweiſung geben (f.
die Artt.), welches rege Interefie an feiner Familie er auch dadurch bewies
daß er au die Erziehung der Kinder von feinen zahlreichen Söhnen und
von feinen Töchtern bis ins dritte Jahr felbft Teitete, worauf fle ihren Aeltern
zurüdgefandt und durch andere erfeßt wurden (Athen. XII, 518 f. 519. a.).
Die Erwachſenen hielt er zu nützlicher Thätigkeit an und übte fle darin (ſ.
oben die milit. und diplomat. Verwendung @inzelner), wobei Alle gegen ihn
die größte Ergebenheit und unter einander die völligfte Eintracht bemwiefen.
Gr ſelbſt entfaltete eine folde Ihätigkeit vol Ausdauer (Bol. XXXVIE, 3, 3.)
bis ins hoͤchſte Alter nicht nur im Kriege oder In häuslichen Angelegenheiten,
fondern auch in Bermaltung feines weit aukgedehnten Meiches (App. 106.
läßt es mit ſichtbarer Liebertreibung «mo Mavpovoiwr rar map’ "Sineara
näype tig Kvuomœioy apıncs & Ta ueooyamz fi erfireden). Er förderte
den im carth. Nahbarlande fo herrlih blühenden Feldbau au durch eigenen
Borgang auf dem von Natur fruchtbaren, aber in Folge fleter Unruhen durch
wilde Thiere veröteten Boden Numidiens, machte jeine Unterihanen aus No»
maben, bie biöher von ihren Heerden und von Kräutern gelebt, und aus
Aäubern wenigſtens theilmeife zu Aderbauern und zu Kriegern (Pol. XXXVII,
8,7 f. Strabo 830. 831.833. App. Pun. 106. Val. Mar. VII, 13. Ext. 1.)
und ſchmückte au das numid. Keben, 3. B. an feinem eigenen Hofe bei
Gaſtmalen mit Produetionen grieh. und roͤm. Kürfte (Athen. VI, 299. d.),
indeß er felbfl, der alterhümlihen Einfachheit heimiſcher Weife ſtets treuge-
blieben, noch als Greis von beinahe 90 Jahren den Tag nad feiner letzten
Schlacht mit den Carih. vor feinem Belte ein Stück geringen Brodes aß und
den darüber Staunenden erflärte, dieß chue er immer (Bol. am a. O. 6. 12.
Blut. An senisit. ger. resp. 15.2 Frontin. IV, 3, 11.), eine Einfachheit welche,
verbunden mit bebarrliher Arbeit und tätiger Leibesübung auf Nelfen und
Zügen zu Buß oder zu Pferd, bei Megen und hei Kälte mit unbedecktem
Haupte feinem kraͤftigen, hochgewachſenen Körper jene Gedrungenheit verlich
Die ihn zur hoͤchſten, noch großer Anftrengung gewachſenen Alteröflufe von
90 Jahren oder drüber führte. ** — Faſſen wir nun bie in obiger Darflelung
® Unferes MWBiffend wird nur bei Wal, Mar. V, 2. Ext. 4, eine uxor Maf.'s
erwähnt, — Pol. XXXVII, 3, 5, werden neben einem Spätgeboremen vier Göhue
genannt, wohl Iegitime, nur daß uns des Vierten Name unbelanut gebließen —
Bebu Sohne im Ganzen überlebten ihn nad) Diod. fragm.1. XXXIII. T. VI. p. 174,
ed. Tauchn. Bgl. App. Pun. 106. — Bon feinen zahlreihen Söhnen Aberdaupt
ſ. App. am a. O. u, Bonar. IX, 27. Wal. Mar. V, 2. Ext. 4. gibt 54, Entrop.
IV, 8. wur 44 an. Noch im Böen Fahre wurde ihm ein Sohn geboren, Gtems
banos, Bei Pol. XXXVII, 3, 5, 11.3 unter anderem Namen bei Plin. VII, 14,
Bali, Mar. VII, 13, Ext. 1.
*° mol, u. Wal, Mar. am a. O. App. 106, Eic. de Soneot. 10, — Nach Pot,
dei Pint. an seni ote. co. 15. Died, am a. O. p. 174. App. Pan. 71. 105 f.
£ucian. Macrob. 17.: 90 J.; drüber nach Liv, Fpit. L. ie, de Senect. 10, Wal.
Masinlsıa 1621_
von Maſ.‘s Geſchichte zerfireuten Züge feines Weſens zufammengebrängt und
durch einige weitere noch vermehrt in den Mahmen eines Charakterbildes
auf: Maſ. war eine hochbegabte und hochſtrebende Natur (Rio. XXIV, 49.).
Mit großem Scharfblid in menſchliche Befinnungen und Verhältnifie verband
er ungewoͤhnliche Tharfraft, um jeine nad der Cinſicht In jene gebildeten
Plane mit viel Beiflesgegenwart, Abhärtung, Auspauer und Reichthum in
Auffindung von Mitteln bald der keckſten Gemalt, bald der gemandteften
Stlauheit durch Verlegenheit, Gefahr, Noth, Hier auf dem Felde der Diplo⸗
matie in Verhandlung, Beredung, Taͤuſchung, dort der Waffen in Hinterhalt,
Flucht, offenem Kampfe, zum Verderben feiner Feinde nit minder als zum
Vortdeil feiner Breunde mittelft feiner Klugheit, Kühnheit, Orts⸗, Kriegs⸗
und Volkekenntniß, und vor Allem zm endlichen Siege feiner eigenen Perſon
und Sache durchzuführen. Nicht arm an vatriarchaliſchen Tugenden für Fa⸗
milie und Volk war er nicht ohne Empfänglichkeit für Verbefferung der Zus
flände hier und dort, wie es feines Reiches freundliche und feindliche Berührung
mit den drei gebildetſten Nationen der alten Weſtwelt erbeifchte, ſelbſt nicht
ohne religiöfe Regungen (wenn — nicht fomohl die vhetorif gehaltene Stelle
bei Cic. Somn. Seip. 1. al& vielmehr — eine geſchichtliche Meldung bei dem⸗
ielben Verrin. IV, 46. und bei Valer. Mar. I, 1. Ext. 2. dafür ange
führe werden darf*); doch dieſe zum Theil vielgerühmten Eigenſchaften
überwog eine ſelbſt feinen röm. Gönnern zu leidenſchaftliche und vom fchlauen
Senate wohl beachtete Herrſchſucht (Val. Mar. VII, 2, 6.), zu Gunſten
welder er jedes Mittel aufbot und Liebe und Geliebte oyferte, und welde
im Bunde mit der dur @iferfucht geftelgerten Erbitterung eines eingebornen
Nordafrifaners gegen Einwanderer (Liv. XXXIV, 62. Beil. z. Allg. 3. 1849.
Ar. 160.) und mit numid., durch feine berechnende Treue gegen Nom (Kiv.
XL, 29.) nicht aufgewogener Treulofigkeit ihm es möglich machte mit fol
außdauernder, faum durch einzelne mildere Regungen unterbrodpener Bertil«
gungdluft an Syphax' und Eath.’3 Lintergang zu arbeiten, aber auch ihrem
Sklaven, nie fpäter feinem Enkel Jugurtha (Sal. 72. 74. 76.), mit einem
ſo finlern Torannenargmohn lohnte, daß der fo glüdlich gepriefene, von fo
vielen Söhnen umgebene Freund des mächtigen Roms in feiner feit alten
Zagen unheimlichen Burgfladt Eirta (M. Wagner am a. D. I. ©. 330 f.)
hinter Hundegebell und Gebiß ſich am Geficheriſten erachtete (Val. Mar. IX,
13. Ext. 2.). Literatur: Meiner. Reinecc. hist. Juliae P. II. p. 334 f.
Risconti, Icon. Gr. III. p. 284 f. Scloſſer, univ.hifl. Ueberficht d. a. W.
uf. f. I, 2.6.55. 72. 154 f.
Stammtafel der oſtnumid. Könige.
____Gale. +208. NM Oesalces. .
Tine Tochter. Masinissa. + 148, Capusa. Lacumaces,
Massiva ar Gulussa. Mastanabal. Misagenos. Masgaba. Stembanos. Eine Tester.
Adherbal. Hiempsali.: Massiva? Juguriba. Gauda. ® Hasdrubal.
ia He + + 108. L
Hiempsall.‘ “ Oxynte.: MHiarbas. ®
+63. (9)
Jubel. ' 138.
_Jaba II. ® + 18 n.ößr.
Ptolemaens. ? + 30 n. Chr.
Mar. VE, 3, Ext. 1. V, 2. Ext. 4. mit rbetorifcher Uebertreibung; 97 J. nad
Gutrop. V, 4, Bgl. Weſſeling 1. Obs. 20.; und fiber lange Lebendbauer in jenen
Gegenden Überhaupt App. 71. Leo Africanus I. p. 32. ed. Antverp.
* Huch) in paläographifher Kinficht intereffant (f. Numidia),
1) Sall. Jug. 5. 2) Jug. 35. 3) Jug. 65. 4) Jug. 17. u. b. A. 5) Jug. 28, (9),
App, b. civ. I, 42. 6) Diet, Pomp. 12, 7) eiv. Epit. 114. u d. A. Tac.
1620 | Mastnisten
zu Rath zu ziehen; auch hatte der vor jenes Ankunft Abſcheidende dieſelben
in den Tegten Augenblidlen noch angemiefen allen Anorbnungen Scipio’8 Folge
zu leiften, welde denn auch diefer, drei Tage nach Maſ.'s Verſcheiden in feiner
Königaftadt, Cirta (Strabo 832.) angelangt, in der Art traf daß bie narür-
lichen Söhne Maf.’6 mit erhöhten Geldgefchenfen, einigen Städten und Lände⸗
reien abgefunden, und unter die drei legitimen Reich und Schätze verteilt
wurden (f. Micipsa. Pol. XXXVII, 3, 10., der Ihn wohl nad Elta beglei-
tete, Nisih am a. D. ©. 66. Liv. Epit. L. Plin. V,4. App. 105-107.
Sonar. IX, 27. Eutroy. IV, 5. Val. Dear. V, 2. Ext. 4. Droſ. IV, 22.).
Maf. hatte nämlih aus rechtmäßiger Ehe drei” Söhne, Wicipfa, Buluffe,
Maftanabal, aber viele von Nebenfranen. Selbſt wohl unterritet und ein
Freund der Pildung, ließ er ihnen eine forgfältige Unterweifung geben (f.
die Artt.), welches rege Interefie an feiner Familie er auch dadurch bewies
daß er au die Erziehung der Kinder von feinen zablreihen Söhnen und
von feinen Töchtern bis ind dritte Jahr felbft Teitete, worauf fle ihren Achten
zurüdgefandt und durd andere erfeßt murben (Athen. XII, 518 f. 519. a.).
Die Erwachſenen hielt er zu nügliher Ihätigfeit an umd übte fle darin (f.
oben die milit. und diplomat. Verwendung @inzelner), wobei Alle gegen ihn
die größte Ergebenheit und unter einander bie völligfle Eintracht bewieſen.
Gr felbſt entfaltete eine folde Ihätigkeit vol Ausdauer (Bol. XXXVIE, 3,3.)
bis ins hoͤchſte Alter nicht nur im Kriege oder in häuslichen Angelegenheiten,
fondern au in Verwaltung feines weit aukgedehnten Meiches (App. 106.
laäßt es mit ſichtbarer Liedertreibung ano Mavpovoiwor ar nap' Qανσ
3
nsyor zig Kvpnramoy apyns 8: Ta ueooya ſich erfireden). Er förderte
den im carth. Nachbarlande fo herrlich blühenden Feldbau aud dur eigenen
Borgang auf dem von Natur fruchtbaren, aber in Folge ſteier Unruhen dur
wilde Thiere veröteten Boden Numidiend, machte jeine Unterthanen aus No⸗
maben, bie bisher von ihren Heerden und von Kräutern gelebt, und aus
Aäubern wenigſtens theilweife zu Aderbauern und zu Kriegern (Pol. XXXVIL,
8,7 f. Strabo 830. 831.833. App. Pun. 106. Val. Mar. VII, 13. Ext. 1.)
und ſchmückte auch das numid. Leben, z. B. an felnem eigenen Hofe bei
Saftmalen mit Productionen grieh. und roͤm. Kürfte (Athen. VI, 299. d.),
indeß er ſelbſt, der alterrhümlichen Cinfachheit heimiſcher Weife ſtets treuges
blieben, no ald Greis von beinahe 90 Iahren den Tag nad feiner Iegten
Schlacht mit ven Carth. vor feinem Zelte ein Stück geringen Brodes aß und
den darüber Staunenvden erflärte, dieß ıhue er Immer (Bol. ama. D. 6.12.
Plut. An senisit. ger. resp. 15.7 $rontin. IV, 3, 11.), eine Einfachheit melde,
verbunden mit bebarrliger Arbeit und tädhtiger Leibesübung auf Reiſen und
Zügen zu Buß oder zu Pferd, bei Negen und bei Kälte mit unbedecktem
Haupie feinem Eräftigen, hochgewachſenen Körper jene Gebrungenbeit verlich
Die ihn zur hoͤchſten, noch großer Anflrengung gewachſenen Alteröflufe von |
90 Jahren oder drüber führte. ** — Faſſen wir nun bie in obiger Darflelung
” Unferes Wiffend wird nur bei Wal, Mar. V, 2. Ext. 4. eine uxor Maf.'s
erwähnt. — Pol. XXXVII, 3, 5, werben neben einem Spätgeboremen vier Göhne
genannt, wohl Tegitime, nur daB uns des DBierten Name unbekannt geblieben —
Zehn Söhne im Ganzen überlebten Ihn nach Diod. fragm. 1. XXXIII. T. VI. p. 174,
ed. Tauchn. Bol, Upp. Pan. 106. — Bon feinen zahlreihen Söhnen Aberbanpt
fe App, am a. D. u. Bonar. IX, 27. Wal. Mar. V, 2. Ext. 4. gibt 54, Entrop.
IV, 8, nur 44 an. Noch im 86ſten Jahre wurbe ihm ein Sohn geboren, Gtems
banos, bei Pol. XXXVII, 3, 5. 11.; unter anderem Namen bei Plin. VEI, 14.
Wal, Mar. VIEL, 13. Ext. 1.
*° mol, u, Bal, Mar. am a. O. App. 106, Eic. de Senect. 10. — Nach Pot,
dei Pink. an seni etc. o. 15. Died, am a. D. p. 174. App. Pan. 71. 105.
£ucian. Macorob. 17.: 90 J.; drüber nach Sin, Epit. L. ie, de Sonect. 10, Wat,
Masinlssa 162 ı
von Maf.’s Geſchichte zerfireuten Züge feines Weſens zufammengebrängt und
durch einige tweitere noch vermehrt in den Mahmen eined Charakterbildes
auf: Maf. war eine hodbegabte und hochſtrebende Natur (Kio. KXIV, 49.).
Mit großem Scharfbli in menſchliche Befinnungen und Verhäftniffe verband
er ungewöhnlihe Tharkraft, um feine nad der Binficht In jene gebildeten
Plane mit viel Geiſtesgegenwart, Abhärtung, Ausdauer und Reichthum In
Auffindung von Mirteln bald der keckſten Gewalt, bald der gemanbteften
Schlauheit durch Berlegenheit, Gefahr, Noıh, Hier auf dem Felde der Diplo»
matie in Verhandlung, Beredung, Täufhung, dort der Waffen in Hinterhalt,
Flut, offenem Kampfe, zum Verderben feiner Feinde nit minder als zum
Vortheil feiner Freunde mittelft feiner Klugheit, Kühnheit, Orts⸗, Kriegs⸗
und Volkekenntniß, und vor Allem zum endlichen Siege feiner eigenen Perſon
und Sache durchzuführen. Nicht arm an vatriarchaliſchen Tugenden für Fa⸗
milie und Bolt war er nicht ohne Empfänglichkeit für Verbeſſerung der Zu⸗
flände bier und dort, wie e8 feines Reiches freundliche und feindliche Berührung
mit den drei gebilveiften Nationen der alten Weſtwelt erbeiichte, ſelbſt nicht
ohne religiäfe Regungen (wenn — nicht ſowohl die rhetoriſch gehaltene Stelle
bei Cic. Somn. Seip. 1. als vielmehr — eine gefichtliche Meldung bei dem⸗
felben Verrin. IV, 46. und bei Valer. Mar. I, 1. Ext. 2. dafür anges
führt werden darf*); doch dieſe zum Theil vielgerühmten Eigenſchaften
ũberweg eine ſelbſt feinen röm. Gönnern zu leidenſchaftliche und vom fhlauen
Senate wohl beachtete Herrfchfuht (Val. Dar. VI, 2, 6.), zu Gunſten
welcher er jedes Mittel aufbot und Liebe und Beliebte oyferte, und welche
im Bunde mit der durch @iferfucht gefteigerten Erbitterung eines eingebornen
Norbafrifaners gegen Einwanderer (Liv. XXXIV, 62. Beil. z. Allg. 3. 1349.
Nr. 160.) und mit numid., durch feine berechnende Treue gegen Nom (Liv.
XL, 29.) nit aufgewogener Treuloflgkeit ihm e8 möglich machte mit fol
ausdauernder, faum durch einzelne mildere Negungen unterbrodgener Vertil⸗
gungsluft an Syphax' und Cath.'s Untergang zu arbeiten, aber auch ihrem
Sklaven, nie fpäter feinem Enkel Jugurtha (Sal. 72. 74. 76.), mit einem
fo finfern Tyrannenargwohn lohnte, daß der fo glüdlich gepriefene, von fo
vielen Söhnen umgebene Freund des mächtigen Roms in feiner feit alten
Tagen unheimlihen Burgſtadt Eirta (M. Wagner am a. D. I. ©. 330 f.)
Hinter Sundegebel und Gebiß ſich am Gefichertſten erachtete (Val. Mar. IX,
13. Ext. 2.). Xiteratur: Weiner. Reinecc. hist. Juliae P. II. p. 334 f.
Visconti, Icon. Gr. IH. p. 284 f.£ Scloſſer, univ.hifl. Ueberficht d. a. W.
u. ſ. f. I, 2.6.55 f. 72. 154 f.
Stammtafel der ofinumid. Könige.
Gala. + 208. (?) Oesalces. ,
Cine Toster. Masinisse. + 146. Tapuse. Lacumaces,
. Massiva. Mieipsn. Gulussa. Mastanabal. Misagenes. Masgabs. Stembanos. Gine Tester.
: Adherbal. Hiempsal 1. Massiva? Juguriba. Gauda. : Hasdrubal.
+ 112. 1 116. +110. to -
Hierpaalil.. Oxynta.: Hiarbas. ®
Juba 1. ? + 46.
"Juba 11. ° + 18 n.@hr.
Prolemaeus, ? + 30 n. Ghr.
Max. VII, 3. Ext. 1. V, 2. Ext. 4. mit rhetoriſcher Uebertreibung; 97 I. nad
Eutrop. V, 4, Bol, Weffeling 1. Obs. 29.; und fiber lange Lebenddauer in jenen
Gegenden Überhaupt App. 71. Leo Africauns I, p. 32. ed. Antverp.
® ud) in paldäographifcher KHinficht intereffant (f. Numidia),
1) Sal. Jug. 5. 2) Jug. 35. 3) Jug. 65. 4) Jug. 17. u. b. A. 5) Jug. 28.9),
App. b. oliv. I, a2, 6) Pint, Pomp. 12. 7) Eiv, Epit. 114. u, d. A. 8) Tas,
ho
4622 Masintkha — Mass Veternensis
Masintha, ein junger Numidier von edler Geburt, durch I. Gäfar
begünftigt, Suet. Caes. 71.; |. oben ©. 341. [Cless.]
Masistes, Sohn ded Darius und der Atofia, zieht mit feinem Bruder
Xerxes gegen Griechenland. Herod. VII, 82. Aus der Gefahr von Artayntes,
einem der Feldherrn des Schiffähreres, welchen er durch Vorwürfe über fein
Denehmen bei Mykale gereist Hatte, getödtet zu werben, rettete ihn der Hali-
carnaifier Zenagorad. Xerxes belohnte diefen dafür mit der Statthalterſchaft
von Gilicien, führte aber ſpäter felbft den Untergang feines Biuders und
deffen Yamilie herbei. Herod. IX, 107. [K.]
Muasistius, Befehlöhaber der Reiterei in dem Heere des Zerred gegen
Griechenland, an Tapferkeit und Anſehen nächſt Mardonius bei meitem der
Gifte, fällt in einem Gefechte vor der Schlacht von Platää, 479 v. Chr.
Herod. IX, 20 ff. Plut. Aristid. 14. Bauf. I, 27. Diod. XI, 30. Die
Griechen, fagt Herod. IX, 20., nennen ihn Mexiorıos, eine Umbildung des
Namens melde an die ausgezeichnete Größe des Mannes (Herod. IX, 25.
Blut. am a. D.) erinnerte. Vgl.- Bähr zu Herod. IX, 107. [K.]
Masithöius (Mxoi80A0;), nah Ptol. IV, 6, 7. 8. ein Fluß an der
Weſtküſte von Libya interior, welcher auf dem Geb. Theon Ochema ent-
fpringt und zwiſchen dem Wehhorn und dem Hippodromus Aethiopiens in
den Atlant. Dcean mündet; wahr. der heut. Sambia. Vgl. au Gtrabo
Epit. p. 144. 146. ed. Huds. [F.]
Masias Mons (70 Maoıor öboç, Strabo XI, p. 506. 527. u. Epit.
p. 144. 146. ed. Huds. Biol. V, 18, 2.), ein füpöftlicher Zweig des Taurus
zwiſchen dem Euphrat und Tigris im nörbliden Mefopotamien, längs der
Landſchaft Mygdonia, deffen Namen Hanmer in den Wiener Jahibb. Bo. CVI.
©. 70. von Masu, d. i. Biche, ableitet (alfo ein mit Cichenwäldern bebedites
Gebirge). Jetzt Kardſchja dagh oder Dſchudi. [F.]
Maso, ſ. Papiria gens.
Masonitae (Mædovitou, Ptol. VI, 7, 25.), Bolt im SW. von Arabia
Felix. [F.]
Masöra (Maoooa, Ptol. V, 7, 4.), Stadt Im Innern von Armenia
minor am ſüdlichen Abhange des Antitaurue. [F.]
Maspha (Maope, Joſeph. Ant. VII, 12, 4. u. die LXX.) ober
Masphatha (Maoyada, Iofeph. Ant. VI, 4, 4. u. X, 9, 1., in @ufeb.
Onom. Maoonga, im A. T. 3. B. Iof. 15, 38. 18, 26. Jud. 20, 1.
24, 1. u. f. w. Mizpa), eine Stadt des Stammes Benjamin im S. Bald:
fina’s, nahe bei Rama (vgl. 1 Rdn. 15, 22. 2 Ghron. 16, 6.) und Jeru⸗
falem gegenüber (b. 5. von da aus ſichtbar, 1 Macc. 3,46.); wahrf. das
heut. Nebi Samvil, vgl. Robinſons Paläfl. II. S. 361 f. [F.]
Maspti (Maonıoı), nad Herod. I, 125. einer der drei vornehmſten
Stämme des yerj. Voltee. [F.]
Massa (Maoo«, Ptol. IV, 6,6.) oder Masasat (Maoaaur, Polvb.
Spieil. ex 1. XXXIV. n. 7. u. Plin. V, 1, 1.), Fluß an der WeRfüfle von
Libya interior, nörblih vom Strome Daradus (oter dem Rio be Duro),
nod immer Meſſa, au der weiße Fluß, genannt. [F.]
Masıa Veternensis, eine blos von Ammian. XIV, 40. erwähnte
Ann. IV, 5. u. d. 9. 9) Xae. Ann. IV, 23. Suet. Calig. 26, 35. — In weldem
Grabe Massugrada, beffm Sohn Dabar (Jug. 108.) war, mit Maf. verwandt ge:
weſen, laͤßt fi nicht angeben, — Vgl. Aber die Gtammtafel Reiner. Reinece. am
a. D. p. 340f. Aug. Welthiſt. XVI. ©, 170. Sigon, im Drakenb. Liv. XXIX, 31, 1.
Spon, Miscell. erud. Antiq. p. 145 f. nad einer angeblid, zu Carthagena gefundenen
Iufchrift, deren Authentie jedoch nach Geſenins (ſ. am a. O. p. 203. u. feine Stamm:
taſel p. 198,) nicht ohne Grund in Anſpruch genommen wird. [Cless-]
Massabatien — Massäni 1623
Stadt Btruriens, norböfllih von Populonium und norbweflli von Ruſellä,
vermuthli ber Heut. Markıfleden Maſſa in ver Delenat. Spoleto. F.],
Massabatica (Maooaßerıny, Strabo XI, p.524. [vulgo Zaßarınn]
u. XVI, p. 744., oder richtiger wohl Mesabatene, wie Plin. VI, 27, 31.
ſchreibt, da auch Dion. Per. v. 1014. u. Ptol. VI, 4, 3. die Einwohner
Meovaßaraı nennen), ein Difrift im noͤrdlichern Theile von Elymais zwijchen
Suflana und Perſis. [F.]
Massaca, |. Massaga.
Massael (Maooaioı, Ptol. V, 14, 9. 11.), Volk im N. von Scythia
intra Imaum. [F.] ‘
Muassaesylii, ſ. Mauritania u. Numidia.
Massägna (rt« Maovaya, Arrian. Anab. IV, 25. 30. Strabo XV,
p. 698., bei Arrian. Ind. c. 1. u. Steph. Byz. p. 447. Maovaxa, und
bei Gurt. VIII, 10, 7. 22. Mazagae), Haupt» und Mefldenzflabt der Afſa⸗
cani, f.d. [F.]
Massag&tae (Maovayszaı), mächtiges und kriegeriſches Nomadenvolk
im ſüdlichſten Theile von Scythia intra Imaum an der nordöfllien Küfte
des Gafpifhen Meeres und jenfelt des Araxes des Herodot I, 201. 202.
u. IV, 40., d. 5. des Jaxartes (vgl. Curt. VIII, 1. u. mein Handb. d. alt.
Geogr. 11. S. 77. Note 71.), alfo im N. des heut. Khiwa, auf dem Iſthmus
zwiſchen dem Gafp. Meere und dem Aralſee und in ben Steppen ber Kits
gbifen. (Ptol. VI, 13, 3. fegt fle in die nötdligern Striche des Landes ver
Sack an den Aſscatancas, und erwähnt VI, 10, 2. auch einen Zweig der⸗
jelben in Margiana, wo andere Schriftfleller Feine Maſſageten Eennen.) Die
eigentlichen und urfprüngliden Wohnflte des wahrſch. turfomanifchen Volks
find wohl zwifchen dem Uralgebirge und dem Aralſee auf beiden Seiten des
Fluſſes Dias zu ſuchen, von welchem fie nah Cichwald, Geogr. des Gafy.
Meeres S. 263 f. au ihren Namen haben, fo daß Maovayeraı (von yarar)
Anmohner des Flufſes Dias bedeutete. Sie meiden uns als ein fehr rohes
Volk geſchildert, bei welchem Weibergemeinſchaft und die Sitte herrſchte ihre
Breife zu ſchlachten und zu verzehren (Strabo XI, p. 513.), wie no jegt
die Turfomanen alte Leute die ihnen auf ihren Raubzügen in die Hände
fallen, als Sühnopfer ſchlachten (vgl. Burnes Travels I. p. 189.). Sie
verehrten blos die Sonne als gottliches Weſen und brachten ihr Pferde zum
Opfer (Herod. I, 216. vgl. Strabo 1. J1.). Dur fle fol Cyrus fammt
feinem Heere ten Untergang gefunden haben (Herod. 1,208 ff. Juſtin. I, 8.).
Ihr Land war reih an Kupfer und Gold (melches ihnen wahrfch. der Fluß
Mias aus dem Ural-zuführte), io daß ale ihre Waffen (Vfeile, Lanzen,
Streitärte) und feldft die Bruſtharniſche ihrer Pferde von Kupfer, Helme,
Gürtel und Pferdegeſchirr aber rei mit Gold verziert waren; während ihnen
dagegen Silber und Eiſen gänzli fehlten (Herod. I, 215. vgl. Strabo J. 1.
Nebrigens vgl. auch Herod. I, 201 f. 204 ff. Diod. II, 43. Strabo XI,
p. 507. 512 f. Dion. Per, 740. u. Euflath. ad Dion. p. 112. 130. Huds.
Arrian. IV, 17. Mela II, 1, 5. Curt. IV, 12, 5. 15, 2. VI 4,38.
Plin. VI, 17, 19. Ammian. XXII, 18. XXI, 14. u. A. [F.]
Massala (Plin. VI, 28, 32.), Stabt der Homeritä an ber Sübfüfle von
Arabia Felir, von Harbuin fälſchlich mit Masthala bei Ptol. iventifleirt. [F.]
Masalla (Maooadia, Btol. II, 17, 3.), Fluß an der Suͤdküſte von
Greta, nah Mannert VII. ©. 718. derſelbe welchen Scylar p. 18. Meoanog
nennt unb in dad Gebiet von Lampe feht. Jetzt Megalo Potamos oder
Megla. Bol. HöE Kreta I. ©. 393. [F.]
Masaliotieum Ostinm, ſ. Rhodanus.
Massäni (Maooaroi, Diod. Eic. XVII, 102.), Volt in India intra
Gangem am untern Laufe des Indus und in der Nähe ver Infel Battaleme. [F.]
*
1624 Massin — Massilia
Massina, ſ. Mästia.
Massiani (Moonaroi, Strabo XV, p. 698.), Völferiaft im NW.
von India intra Gangem oder vielmehr, wenn man den Iubus als Gränze
en u, im Gebiete der Paropamifadä zwiſchen dem Cophen und
nduß. .
Massice, nad Plin. V, 26, 21. ein Ort in Babylonien, bei welchem
fich der Cuphrat (duch den Königsfanal) in zwei Arme heilt, wo fi
fpäter der Flecken Fissenia (Droonrix, Zoflm. III, 19.) fand. Vgl. Mannert
V, 2.6. 285. [F.] \
Mas«sicus- Mons (Cic. Agr. II, 25. Liv. XXII, 14. Eilius VII, 263.),
Berg im NW. Gampaniend an der Gränze von Latium adiecium und in
der Nähe von Sinueffa, durch feinen Wein berühmt (Birg. Geo. II, 143.
Aen. VII, 726. Sor. Od. I, 1, 19. II, 7, 21. III, 21, 5. Sat. IL, 4,51.
Mart. XII, 111. Blin. XIV, 6, 8. u. A.); j. Mondragone. [F.]
Massiena, tine blos von Avien. Or. mar. v. 450 ff. genannte, flarf
befefligte Stadt an der Südküſte von Hiſpania Tarracon. und am innerſten
Winkel eines nad Ihr benannten Meerbufend ; ſ. Mannert I. ©. 418. [F.]
Massilia, Maooalıe *, mittelalt.Tat. Marsilia, daher provenc. Marsillo,
und franz. Marseille (Um. Thierry. Hist. des Gaulois I. p. 28. Not. 3.),
von phocälfchen ** Joniern aus Kleinaflen auf der Stelle des Heutigen (1.
unten II.) angelegt. I. Geſchichte der Stadt. Durch die Magerkeit
ded Bodens von ihrem Kleinen Gebiete und die ihrem Stamme inwohnende
Wanderungeluſt auf die See gemiefen trieben die Phocder Fiſchfang, Handel
und bei Gelegenheit auch den damals nicht fhimpfliden Seeraub (Iuflin.
XLIII, 3, 5.), machten zuerft unter den Briechen meite Seefahrten, entdeckten
das adriat. Meer, Tyrrhenien, Iberien und Hier Tarteffus, des Arganthonius
Reich (Herodot I, 163.), und flifteten im Welten, namentlih auf Gorfica,
in Iberien und Gallien bereits vor Phocäa's Zerflörung (542 v. Chr.) zur
Naft und Waarennieverlage Kolonien (Brüdner p. 8. 80 f.). In Gallien
in&befondere waren ihnen hierin die Phoͤnicier und Rhodier vorangegangen
(Diod, Sie. IV, 19. Plin. II, 4. Thierry p. 20 f. 26.); fie folten den
durch jene vermittelten dortigen Berkehr mit dem Oriente neu beleben, und
ungefähr ums I. 600 (Sceymn. Ch. 208 f. Solin. II, $. 52 f. mit einem
falfhen Zufag) wurde ein phocäiſcher Großhändler, Eurenos, bier, wo
nachher Maffilia land, gelandet und mit Nannos, dem Fürflen der Sego⸗
brigier früher fhon in Gaſtfreundſchaft, nun durch Chlihung von deſſen
Tochter Berta, fo mie dur des Orts günftige Lage veranlußt, ſich mit einem
Theile der Schiffsmannſchaft niederzulafien. Dur die Schilnerungen der um
Berflärfung Heimgekehrten gelodt Eumen zahlreiche neue Anſledler unter zwei
Bührern und 'dem Weleite eines auf Orakelwink mitgenommenen Bildes der
ephef. Artemis, und gründeten Mafjilia. *** Der neuen Griechenſtadt raſche
* Weber die Schreibung bed Namend von Stabt und Einwohnern f. Ukert, Geogr.
d. Griechen u. f. f. II, 2. &. 422. Anm. 5.; Über eine ältere Ableitung beffeiten
Brüdner, Hist. reip. Massil. p. 17. Not. 2.; Über eine neuere von dem angeblich
eeltifchen Mas, Wohnung, und Salyer, einem ligurifchen Stamm, Milin, Voyages
dans les Dep: du Midi de la France Ill. p. 138f. [ Clesa.]
** Ueber die Derwechslung von Phocdern nud Phocenfern, in Folge beren
Encan. IV, 156. Gellius X, 16. Senec. cons. ad Helv. o. 8. u. A. bie Gründer
Maſſilia's aus Phocid herleiten, vgl. Taſchucke ad Mel. Vol. III. P. U. p. 474.
Hendreich Massilin, in Gronovs Thes, A. Gr. VI. p. 2937 f, u, Ternaur, hist.
reip. Mass. p. 3.9. 5. [F.]
©. Ariftoteled bei Athen. Deipn. XII, 576. a. Juſtin. am a. ©. 5. 7-12.
Strabo 179. Pint, Solon 2. Wgl. Deberid, Aber bie Bräutung von Maſſilia,
Rhein, Mur. IV. 5. 1. — Die Stiftungsſage ſpielt wie auch fonft im Sehemtfamen
Namen und if ebenſo in Angabe von Namen bei Ariſtet. und Jufiin, mit ſich ſelda
Massıtlia 1625
Zunahme erregte der vorherrſchend Tigurifchen Ummohner Misgunft und
Belorgniß zu offenen Angriffen und heimlihen Anfchlägen gegen bie fremden
Anftedler, welche derfelben mit Glück und Ruhm fich erwehrten (Iuftin. c. 4.
u. 5.), aber natürli auch durch Bündniſſe damider zu flärfen fuchten, ſo⸗
wohl mit den rhodiſchen Anfiedlern an Galliens und Spaniens Käfte (Iuflin.
5, 8.[?]), wie auch mit iberiſchen und mit freundlicher geſinnten gaflifhen
Stämmen, von denen ein vorüberziehendes Audswandererheer die um Erwei⸗
terung ihres Küſtengebiets Ringenden von ber Beflürmung durch bie Salyer,
gemeinfaftliche Feinde, errettete (587 v. Chr., Liv. V, 34. Strabo 178. 209.
Niebuhrs ſRöm. Geſch. II. S. 381f.] Verdächtigung diefer Nachricht bei Liv.
it genügend zurückgewieſen von Lachmann de fontibus histor. T. Livii 1.
p.22 f.). Au zur See hatte ſich die Fräftig aufftrebende Stadt nicht nur
gegen die Näuberbarfen der Ligurier und Tyrrhener (Strabo 203. 223. 477.),
fondern au gegen die Kriegäfchiffe ver handelseiferfüchtigen Carthager zu
wehren; doch nachdem fle venielben Siegeätrophäen abgenommen (Strabo 180.
Thucyd. 1, 13. vol. Bähr zu Herodot I, 166.) fiheinen die Garth. dieſen
Seeſtrich friedlich mit Maſſ. geiheilt oder ihm vorzugemeife überlaffen au
haben. Nur erwünſcht kann unter folden erſchöpfenden Kämpfen den Maffl«
liern ein Tegter Zuzug aus ber auf Harpagus' Angriff veröveten Vaterſtadt
gemwefen feyn, und eine Zurückweiſung des zu ihnen geflüchteren Theils ihrer
fleinaf. Landsleute laͤßt ſich mit der Pierät der Alten in dieſem Punkie nicht
reimen.* Bol. im Allgemeinen Thierry am a. O. p. 26 ff. 41. II. p. 120.
bis 124. — Bon nahhaltigerer Bebeutung für Maff. waren feine Verhält⸗
niffe zu Row, und beide Nepublifen fühlten die Wichtigkeit derſelben als
freundfaftlider In einem Grabe, daß die Griechenſtadt, bemüht dieſe ihr fo
erfpriealiche Verbindung au durch hohes Alter fanctioniren zu laſſen, ihre
Anfänge in die Zeiten eined Tarquinius Priscus hinauffabelte, und Nom und
rim. Schriktſteller (Iuftin. am a. D. 3, 4. Das Ganze befchränfte fi
vielleicht auf Einnahme von Mundvorrath in Oftta) fi ſolche hiſtor. Fictionen
einer treueifrigen Bundesgenoffin gerne gefallen ließen. Dagegen beweist die
unverdächtige Notiz von einem Nom und Maff. gemeinſchafilichen Schaghaufe
zu Delphi, wo des erfleren Weihgeſchenk von der Beienter Beute 395 v. Chr.
(Diod. Gic. XIV, 93. App. Ital. 8.; iv. V, 25. ohne den Zufag vom
gemeinſchaftlichen Schatzhaus; vgl. Juſtin. am a. O. 5, 8.) niedergelegt wurde,
und ebenſo die hiedurch beglaubigte Meldung von Maſſ.'s öffentlicher Theil⸗
nahme an Roms Eroberung durch die Gallier und nachträglicher Bei⸗
im Wiberfpruhh, Waren die Segobrigier Celten (Plut. am a. O.) ober Ligurier
(Stepb. Byz. 8. v. Maooal. u. oben ©. 1087 f.) ober ein Miſchlingsvolk, wofür
der Wechfel von Ligures und Galli bei Juſtin. am a. O. u. c.4. u, 5. zu fprechen
ſcheint, der wegen feines Bormannd, Trog. Pompeius, eines Bocontiers aus ber
Nachbarſchaft von Maſſ. zus beachten IN? Bol. Strabo 162, Zeyoppıya Kılrprour
zelss u. Plin, IE, 3. caput Celtiberiae Segobrigenses. Dad Legtere if das Wahrs
fcheinnfichere (f. oben ©. 1089.) unb gleicht bie zwei andern Ungaben ans, Doch
fheinen ftih im Weſten von Maſſ. gallifche Stämme behanptet zu haben ober dort
mieber vorgebrungen zu fepn, Strabo 191, Plin, III, 19. vgl, Strabo 184., während
im Morben und Oſten ber Stadt Ligurier wenigfiens eine geraume Zeit Yors
berrfchend waren, Spot. II, 16, 1., oben ©. 1087.
° Wie Antiochus auch fouft öfters thut (Strabo 255. 264.), fo fcheint er bier
b383 Loos der phocälfchen Flüchtlinge auf Kyrnos und bad zu Maſſ. mit einander
cerwechfelt zu haben, Strabo 252. vgl. Iſoer. Archid. 35, — So verwechfeln auch
Pauſ. X, 8, 4, 9. Gell. N. A. X, 16. Amm. Marc, XV,9, biefen Bevblkerunge⸗
'mwachd von Maff, mit feiner erfien Stiftung. Das Schweigen Herodots über Mag. mit
Yusuahıne einer Erwähnung beffeiden Im Vorbeigehen in einer Üüberdieß nicht ohne
Brunb beanftandeten Stelle V, 9. erklärt fi aus feiner weiſen Gelöfbefchräntung
im Betreff der weſtlichen Länder Europa’s (Niebuhr, Ei, Schriften r 3 „2 f.).
0
IV.
1626 Massilin
feuer *, weshalb Maſſ. Iiopolitie, Atelie, fo widtig beſonders für einen
Handelsſtaat, und Proedrie verliehen wurden, dafür, daß indeſſen freund-
f&haftlihe Annäherung zwiſchen beiden eingetreten fei, fo natürlich bei ihrer
‚ gefpannten oder feindlichen Stellung zu den Gallien, Liguriern, Ctruskern
und Garibagern, eine Annäherung die ſich aber erſt im zweiten pun. Kriege,
wie ſchon aus der Dertlichkeit feiner Eröffnung leicht erklärlich, wirkſamer
offenbarte in Unterflügung ber röm. Sache durch Kundſchaft und Streitkräfte
Maſſ.s (Polyb. III, 41, 4 f. 95, 2 f. Liv. XXI, 20. 25 f. XXII. 19.
XXVI, 19. XXVII, 36.). Die Zolgen dieſes und des dritten pun. Krieges
waren durch Erihöpfung ober Zerflörung grieh. und carthag. Handelsnieder⸗
laſſungen in Spanien, Italien, N. Afrika, und auf den Infeln diefes See⸗
irihs, fo wie zulegt Carthago's felbft ungemein Iohnend für den weſtlichen
Handel des bundesgetreuen Maſſ., ſo wie auch bie darauf folgenden Giege
der Nömer in Griechenland und Aflen feinem öſtlichen Handel förberlich ges
weien feyn mögen (Thierry II. p. 157 f. nur etwas zu rhetoriſch). Des
röm. Schuges hatten ſich die Eugen betriebfamen Kaufleute fortan auch in
ihren no immer nicht raflenden Fehden gegen ihre ligur. Erbfeinde, na»
mentlih die Salyer, die ihren Handel indbefondere zur See durch Raub und
Goncurrenz gefährdeten (Strabo 223. Diod. Sic. V, 39.), und zu Sand der
Ausdehnung des maffll. Gebiets nah Oſten z.B. am Varus burh Bes
drängung der maffil. Pflanzſtädte Antipolis und Nicäa fih widerſetzten, in
einer Art zu erfreuen (3.8. 181, 154 v. Ghr., Liv. XL, 18. Epit. 47. 60f.
Pol. XXXIII, 4, 7. 8. Cic. pro Font. 1. Flor. III,2. Strabo 180. 203.),
welche die Gränzen ihres kleinen Freiſtaates ſicherte und erweiterte und bie
eigurier von der nad Italien ziehenden Küſte weiter in bie Berge zurüds
drängte, was für beide Bundögenofien wichtig war; denn auch die Welteroberer
wollten immer feflern Fuß in Gallien fafien, und faßten ihn auch namentlich
durch Stiftung der Golonie Aquae Sextiae (I. 124, f. Br. I. ©. 652.)
und insbeſondere des Maſſ. benachbarten Narbo, das Roms auftaudhende
Eiferfucht zur Beobachtung und einfligen Schwächung feiner immer handels⸗
übermädtigern griech. Bundögenofiln beflimmt hatte (3. 118, Vellej. 1, 15.
Gic. pro Font. 1. Bol. 1, 37, 8. XXXIV, 6, 3 f. Sırabo 192. Thierry
I. p. 184 f.). Diele röm. Gunſt gegen die mächtigere Tochterſtadt (Vellej.
I, 15.) fam au Vhocäa zu gut, die als Roms Gegnerin in den Kriegen
mit Antiohus dem Gr. und mit Ariflonicus nur durch Maſſ.s Yürbitte von
der angedrohten Vernichtung errettet wurbe (Liv. XXXVIE, 2. 11. 32. Apr.
Syr. 21 f. 25. Juſtin. XXXVI, 1, 1.). Treu, wie narürlih, diefer feiner
Handelspolitik Half Maff. auch fortan zu allen Triumphen Noms über trand» _
alpin. Völker in Spanien und Gallien mit (ic. Philipp. VII, 6. Arp.
Hisp. 40. Amm. Mare. XV, 11.), und beutete fih wohl alle, nad be
ſtimmten Belegen aber namentlich den vor feiner eigenen Kataſtrophe legten
des Darius über die Ambronen und Toygenen, welcher Beloherr den Mafl.
für ihre Hilfeleiftungen den Zol auf dem von ihm gegrabenen Rhodanus⸗
fanal überlieh, fo und auch andersmie ächt Faufmännifh aus (Strabo 183.
Pfur. Mar. 21. Mela II, 5, 30 f. fossa Mariana der Beuting. Taf. Segm.
II. D. Georgit, alte Geogr. II, 1.©.65.). Das alfo ‚unter dem Schaiten
der röm. Freundſchaft““ (Riv. XXXIV, 9.) am fpan., gall. und ligur. Ufer
mächtig emporgewachſene Maſſ. war mit ben Interefien des röm. GStaat# io
wie einzelner Bamilien daſelbſt (f. unten) zu eng verflodten um nicht aud
in den dortigen Barteifampf unter Cäſar und Vompejus verflochten zu werben.
Auch hatten beide Führer noch insbeſondere ber Stadt, wie fle dankbar aner⸗
” Iufin, 5, 8-10, Niebubr am a. ©, ©. 621. 618.; nur Die augenblid
liche Beiſteuer zum galliihen Lostanfungspreis iR fabsibafter Bufay, |
Mauitlia 1627
Fannie, Bohlthaten erwiefen, weshalb ihre quindecim primi dem nad) Svanien
durchziehennen Gäfer vor verfhloffenen Thoren mit diplomaliſcher Feinheit
erflärten: unfähig, auszumachen, mer von ihnen Beiden Recht habe, wünſche
Maff. firenge Neutralität zu beobadsten ; aber die ariftofratifhe Negierung der
Stadt, zuvor ſchon in einigen Ihrer Mitglieder burh Bomp. * gemonnen, nimmt
doch unter Cäſars Augen eine pomp. Escadre in ihren Hafen auf, wirft
ih ganz biefer Partei in die Arme, muß fich aber, von Cäſars zurüdges
Saffenen Streitkräften zu Waffer und zu Land angegriffen, nad gemaltigen
gegenfeitigen Anftrengungen und namentli zwei blutigen Seeſchlachten dem
aus Sranien wiedergelehrten Sieger ergeben, 49 v. Ehr.**, der fle zwar
um ihres Ruhmes und ihrer alten Breundfchaft willen vor Plünderung und
Zerſtörung bewahrt und ihr wenigflend dem Namen nach ihre eigene, durch
den Sianhalier der Provinz nit zu befchränfenne Verfafſung läßt. fle aber
dur Abforderung ihrer Kriegsvorräthe, Schiffe und öffentliden Gelder ent»
waffnet ***, wenigſtens vor der Hand eine Befabung in Ihr einlegt, und
fpäter feinen mie natürlih von Cicero beklagten gall. Triumph über Mafl.
feierte (Bell. II, 56. Suet. Caes. 37. ic. Offic. II, 8. Philipp. VIII, 6.
pgl. ad Attic. X, 12. 14. 16.). — Bon biefer Zeit an hört Maff. auf, eine
politiſche Macht und feine Geſchichte eine politiſche zu fen; fle ift, obgleich
no& bei Plin. IIE, 4. foederata genannt, im Grunde zur röm. Provinzial⸗
ftadt herabgeſunken, und theilt, von Auguft an, welcher Antipolis öͤſtlich (Strabo
184.) und vielleicht au Agatha (Plin. III, 8.) weftlih von der alten Geg⸗
nerin feines Großoheims loſstrennt, das Loos von Gallia Narbon. (Thierry
IH. p. 272 f.), daher wir fie gegen früher felten mehr fo zu fagen officiell
erwähnt finden (Suet. Oct. 65. Claud. 17. Zlor. IV, 12, 42. Belle. II,
102. Zac. Ann. IV, 43 f. XI, 47. el. Spart. Sever. 3. Eutrop. X,
2, 10. Aur. Bict. Bpit. 40. Drof. VII, 28. @umen. Paneg. Const. 18 f.)
und auch fonft feinen Namen immer feltener antreffen.
11. Mafflliens örtliche Yage, Sitten und Berfaffung; Gebiet, Gewerbe
und Kandel; Religion und Biltung. Im Oſten der drei Rhodanusmün⸗
dungen, deren Öfllihfle und bedeutendſte bie maſſiliotiſche hieß (Strabo
4181. Bol. II, 41, 9. Plin. II, 4.), wurde Maff. an einem Winfel des
Sinus Gallicus auf dem felflgten Boven eines halbinfelartigen Vorgebirges
gegründet, an das gegen Süden blidend der geräumige Hafen, Lacydon, mit
feinen wohblverfehenen Arfenalen (Strabo 653.) fich anfhloßT, dur ein
” Yomp, muß bort auf feinem gallifchen Feldzug yerfönliche Berbindungen aus
geknüpft und Huldigungen empfangen haben (Eic. pro lege Manil. X, 28. XI, 80,
pro Font. 3.). Daher treffen wir fpäter dort auch feinen Sohn Gertus (App. b.
civ. IV, 83. Eic. Philipp XIII, 6.). — Dellej. II, 50. nennt Maſſ. fide melior
quam consilio prudentior. '
*”° Zu den oben ©. 459. u. 461. gegebenen Belegen füge man Vitruv. de
Archit. X, 16, ı1 f. Frontin. Strateg. I, 7, 4. vgl. 3. — Thierry TI. p. 240 f.
215 f.; die milit. Literatur Aber diefe merkwürdige Belagerung ſ. bei Ternaux am
a. O. p. 31, Note 81. — Wir Hören bei biefer Gelegenheit Intereffanted über bie
ungebeuiern bort aufgehäuften Kriegsvorrätbe (Ef. b. civ. II, 1.), fo wie über
Maſſ.e Sbldner, bie in den Bergen oberhalb der Stabt ſeßhaften Albicer (Ef. b. civ.
I, 34. 66, vgl, Por, III, a1, 9.).
md damit und mit dem Derlufte ihres meisten Wohlſtandes (Gtrabo 180.)
hatte fie im Grund ihre Freiheit eingebügt,
—
|
T Die Anfiht, das heut. Marfeille liege mit feiner Altſtadt auf ber Stelle bes
antiken, ift mit Berädfichtigung ber durch Meereseinbrüche veränderten Localität fiegs
reich nachgewiefen In der Statist. du Dep. des Bouches du Rhöne II. p. 209. (vgl.
ein Eitat bei Georgi am a. DO, ©, 87. Anm. 4.), gegen die Bebanptung, Mafl.
fei weiter Öflich in der Gegend des Caps Geirefle gelegen, wo fib noch Ruinen
Enten, Soffelin zu Strabo IV, p. 179.5 es find aber bie von Eitbarifia (Ukert
. 423,),
1688 Ä Measilie
Ampbitheater von thellweiſe ſehr hohen Felſen, eine ſchmale Deffnung gegen
die See und auch no durch Kunſt gegen Stürme und feindliden Andrang
trefflich geſchirmt, wie die Stadt felbft welche, meit ind Meer hineinragend
und von beveutendem Umfang, aus vier Iheilen befland, deren drei vom
Meere beipült, der vierte dem durch eine nur 1500 Schritte breite Zunge
berantretenden Feſtlande zugekehrt und von einer fehr flarfen Mauer mit
zablreihen Ihürmen umgärtet war (Strabo 128. 179 f. 185. 693. JIuflin.
XLIN, 3. 5. Mela I, 5, 23 f. vgl. Mionnet Suppl. T. I. p. 136. und
Pl. X, 10. @umen. Paneg. Const. 18. Feſt. Arien. Or. mar. 694 f. 7O1f.
Dionyſ. Per. 74 f. u. dazu Cuſtath. Gäj. b. civ. II, 1. 16. 22. Lucan.
Phars. 111, 375 f. Thierry II. p. 124 f. v. Quandt, Beobadtungen auf
einer Meile ins mittägl. Frankt. S. 231.). Im dieſer Richtung lag auch bie
Burg mit den Tempeln des Apollo, der Artemis (Strabo 179.), der Pallas
(Suftin. am a. ©. 5, 6.), hoch über ein tiefes Thal ragend, Cäſ. b. civ.
II, 1.* Die zablreihen Privatwohnungen ber Stabt waren noch in Augufld
Zeiten menigftens theilmelfe von gar einfacher Bedachung, wonach ſich dann
auch trog der nicht entfernten Steinbrüche (Strabo 181.) der weitere Ausbau
erihtet haben wird; größere Koftbarkeit des Materials behielt man Sffent-
ihen Gebäuden, namentlih den Böttertempeln vor **: eine Einfachheit und
Genügiamkeit weiche auch ihren Bemobnern nach übereinflimmenden Zeugnifien
in merfwürbiger Beſtändigkeit trog der bei ihnen fi bäufenden Handels⸗
reichthümer und des ſolche Gediegenheit fonft aufreibenden Zeitenlaufd nod
im Anfang der röm. Katierzeit, ja felbft noch fpäter eigenthümlich war, und
fih in häuslichen und Öffentliden Sitten und Cinrichtungen offenbarte,
—8 darin daß die Ausſteuer einer Tochter nicht die Summe von hundert, die
usgaben für Kleider und andern Schmud nicht die von je fünf Bolofüden
überihreiten durfte (Strabo 181.) ; daß den Frauen jeglichen Alters das Wein
trinken verboten war (Aelian. V. H. II, 38. Athen. X, 529. a.); daß ver⸗
führerifde Pantomimen ebenfofehr von ver Bühne, als Bewaffnete oder auch
relig. Marktichreier (ayvorai, vgl. Timaei Lex. Plat. ed. Ruhnk. p. 9 f.)
von der Stadt außgeidlofien waren (Val. Mar. II, 6. ext. 7f.); daß Be⸗
sräßnißgebräude, anderswo oft fo ausſchweifend, bier auf ein häusliches
Dpfer und Mahl eingefhränkt waren, und dann die Leichname der Freien
und Sclaven in einem der vor den Thoren beſindlichen Behälter einfad zu
Wagen nah dem Begräbnißplage geführt wurden ***, weshalb Schrififteller
der biefür empfängliden Nömer, ein Val. Mar., Plautus (Cas. V, 4, 1.
mit Taubm. Anm.), Livius (XXXVII, 54,21. jedoch, weil aus einer Rede,
bedingt), Tacitus (Agric. 4.) voll Lobes von vieler fo lange ſich behauptenven
Sitteneinfachheit find und fpät erſt gegentbeilige Stimmen über Entartung in
gel. Weiſe (bei Liv. XXXVIII, 17, 21. jedoch gleichfalls nur bedingt) oder
ber Verſinken in eine zulegt fogar fprigmörtli gewordene Ueppigkeit (Athen.
® Sag nad) der obigen Stelle von Caſ. bie Burg nad) ber Laudſeite zu und ba:
ſelbſt alfo der Artemistempel, fo Eann die ganz am Weſtende ber beut, Altflade dem
Meere nahe gelegene Gathedrale ober la Major (Broffon, Reoueil des Antig. Mar-
seill. p. 105 f.) nicht bie Gtelle jenes Tempels einuchmen, daher auch Militw am
a. O. p. 196, Beinen Beweis dafür verfucht hat.
»*Bitruv. am a. ©. II, 1, 5. 3, 4. Ternaurx p. 19f.
Bar, Mar, am a. D. in feiner reichhaltigen, aber freilich als von ibm
(Ternaux p. 47. Not, 113.) mit Vorſicht anfzunehmenden Sufammenfielung me.
Figenthämlichkeiten; aber begwegen bie unter den maſſ. Alterthümern zahlreichen
Thränengliäfer aller Art und andere Dentmale von Begräbnißlnsus erfi ber röm. Zeit
zumelfen if eine offenbare llebertreibung (Broffon am a, O. p. 93 f. 193 f. u, Tab.
30. u. 34, Ternaux p. 48, Mot, 115. p. 49, Not, 118.)
-
Mansilin 1689
XII. 523. c.) fi$ vernehmen laſſen.“ In Wechſelwirkung mit diefer Bes
Ränvigfeit antiker Sitten war bie maflll. Berfaffung. Ihre erſte Form,
muthmaßlich tie oligarchiſche **, ſcheint ſich nicht lange behauptet zu haben,
ſondern ging in Folge des ſich mehr befeſtigenden Friedens von Außen und
ber durch den Handel vergrößerten Zahl reicher und deahalb, wie überall, nach
Mitherrſchaft Jüflern gewordener Bürger in eine ariflofratifche über, wodurch
die Machtanſprüche ererbter Mechte und erworbenen Vermögens audgeglichen
wurden. Die Oberherrlichfeit, zu deren georbneter Handhabung die Geſetze
nad ioniſcher Welfe Öffentlih aufgeflellt waren, rubte in der Sand von 600
lebenslänglißen Senatoren, Timuchen genannt, zu melddem Borrang nur ein
mit Kindern gefegneter Mann von bürgerlider AbEunft dur drei Genera⸗
tionen *** gelangen konnte (Strabo 179. 575. Lucian. Toxar. 24. Val.
Mar. am a. DO. Eic. pro Fiacco 26. de Rep. I, 27. 28. Ternaux p. 37.
Not. 90.). In dieſem oberfien Narbe befand fih ein Ausfhuß von 15 Vor⸗
fiehern zur Erledigung der laufenden Geſchäfte oder Vorlage neuer an jenen
(&äf. b. civ. I, 35.), drei won dieſen hatten wiederum ald Borfiter die
oberfle Cxecutivgewalt in Händen (vgl. die demokrat. Parallele der athen. BovAn,
Tittmann, Darft. d. griech. St.B. ©. 241 f.). Bine natürliche Folge vieler
von ver Ariftofratie mit viel Zefligkelt 7 behaupteten Macht war für ben
Demos, von welchem wir außer einigen zweifelhaften Inſchriften (bei Groſſon
3. B. p. 143 f. und Pi. 17. Nr. 1. Spon, Misc. erud. Ant. p. 350.)
nichts als feine Binheilung in Phylen, wifien (bei Spon p. 349.), eine
polit. Nullität welche Cicero, natürli der eifrige Lobredner jener Berfaffunge-
form, do in flaıken Ausprüden anerkennt (de Rep. I, 27. 28.), und aus
der fich aufzuraffen das Volk dur die Abflumpfung vieljähriger Abhängig»
keit, den Köder materieller Bortheile und einer georbneten Verwaltung, welde ,
die ariftotrat. Geſchlechtetr ihm boten, zulegt wohl auch durch das diefelben
Gegänfligende Nom abgehalten wurde. — Mafillia Tag unter einen Himmels
ſtrich, welcher milder ald dieſem Breitengrade nad erwartet werden fann, und
dem der ioniſchen Heimaih feiner erfien Stifier vergleihbar, und auf einem
Boden welcher fruchtbarer war als die mit ihren Klippen meit ind Meer
hineintretenden Belien boffen laffen (v. Quandt am a. O. ©. 231.), und im
Thal zwiſchen der Stadt und den nörblih von Ihr anfleigenven Keljenbergen
und an biefen ſelbſt hin zu Sartenanlagen, Dliven« und hochſtämmigen Reb⸗
pflanzungen, durch die Griechen erſt eingeführt, nicht fo, megen feiner fleinigten,
auch durch Kaninden gefährdeten Beichaffenheit, zum Berraivebau benügt wurde,
von melden Mebpflanzungen zwar nicht viel, aber guter fleifgiger Wein, auch
zur Ausfuhr unier die (Selten, gewonnen warb (Strabo 144. 179. Sidon.
Apoll. Carm. 23, 155 f. Blin. XIV,1.6. XX,d. When. 1,27. c. IV, 192. c.
Dioscor. II, 60. Mionnet Suppl. I. p. 139. Nr. 90. Mylius, Fußreiſe durch
° Thierry II. p. 138. findet darin und im Werinfie feiner Freiheit eine Be⸗
firafung Maſſ.'s für feine Unterfügung der Plane röm. Herrſchſucht wider Gallien,
9° Dieß fcheint mit ber Erzählung von ben Protiaden gemeint zu feyn, Wachs⸗
muth, heilen. Alterthumsk. I, S. 385. 2. A. und die Rec. von Brücdners Hist.
reip. Mass. in Fahne N, 3. I, 4. ©, 429f. vgl, Ariſſot. Polit. V, 5, 2. u. VI,
4, 6. ed. Stahr, mo e8 im Zufammenbange mit Maooalla heißt: dv "Hoankciu
dE dlarrösur eis ikaxooious NAHE (4 Ökıyapyla).
| ”.. Nach einer Art von Prüfung, wohl zein polit. Art (Hermann, Lehrb, der
Ä griech, St.Alterth, Reg. unter: Dokimasie), bie nach Allem, namentlich den Stellen
in Eic, de rep. (f. oben) nicht vom Volke, wie Brädner will (p. 42.), ſondern von
| deu ge oem Timuchen angeftelt wurde (f. die Rec. feiner Hist. &,429 f. u, Thierry
p. 128.).
T Jebdoch nicht bintig, Val. Mar. am a. O. Menekrateß bei Lucian Toxar.
| 24 f. wurde vielleicht wegen eined Tiberalen Reformverſuchs von ben 600 mit ber
Atimie belegt,
1630 XX
das ſũdl. Frankr. IV, 1. ©. 98.).* In Mafl.’E Nachbarſchaft gegen bie
Nhodanusmündungen zu war bad von alten Tagen an (Aeſchyl. Prom. bei
Strabo 183.; weitere Citate bei Ukert S. 10. 424 f.) bis auf die neueften
(Statist. u. f. f. I. p. 65. II. p. 190.) als merfwürbig beſprochene Stein⸗
feld (j. Eraon), zwiſchen veffen fauftgroßen, in Maſſen aufgelagerten Fels⸗
trümmern guted Grad und beriliher Thymian hervorfproßten zur Weide für
die im Altertum zu Taufenden aus der Kerne bergetriebenen Rinder (Blin.
XXI, 10.).** Uebrigens konnte den Maflit. das Feſtland bei feiner doch
nur bedingten Ergiebigfeit und bei ver rafhen Zunahme ihrer Bevölkerung
nicht genügen; fle waren vielmehr hiedurch, fo wie durd die Lage ihrer neuen
Heimath und ihre Stammeselgenihümlichfeit auf die See angewiefen (Strabo
179.), welche neben ihrem Reichthum an Fiſchen, namentlid Barben, Thun⸗
fiiden, die fie In die Wette mit den Eelten und Liguriern fingen, und ſchmack⸗
haften Auftern (Uelian. H. A. XII, 16. &. Dio XL,54. Oppian Halieut.
1, 620 f. Auſon. Epp. 9, 27. vgl. Sırabo 182. Ariflot. mepi Havu.
axovau. 89. Liv. XLII, 2.)***, ihrem Schiffahrts- und Handelstrieb die
erwänfchte Sphäre bot. Im Abfehen darauf fuchten fle nun rechts und Finfg
von ihrer Stadt ihren celtifhen und Jigurifhen Nachbarn Boden abzuge-
winnen, befegten, mie wir oben fahen, unter ſchweren Kämpfen einen ſchmalen,
nit durchaus zufammenhängenden Strid an Balliend Südköſte bit nad dem
ital. Ligurien hinein, und legten zum Verkehr mit den Barbaren, aber aud
zum Schuß wiber fie, bier, auf gegenüberliegenden Inieln und enbli au
auf Spaniens Ofiküſte Golonien, bauptfählih zur Führung des Bafflo-
Binnenhandels -an (Barbarorum agris quasi attexta quaedam videtur ora
esse Graeciae, @ic. de rep. II, 4, 9. u. Kieperis Hella II. Taf.). So,
um nur einige zu nennen T, zwiſchen den Pyrenäen und ben Rhodanus⸗
mündungen Agathe (j. Agde, Strabo 180. u. daſ. Kramer, Millin IV!
p. 360 f. u. ob. Bd. I. ©. 225.; über andere anf dieſer Seite ſ. Brückner
p. 85 f.), öfllih von Maſſ.'s Hafen Lachdon der von Cithariſta (j. Gei-
reſte, Weflel. zu It. Ant. p. 506.) mit Muinen, wie aud das Kaflel I au-
roentum (j. Tarento, Cäſ. b. civ. II, 4. Millin II. p. 366 f.); Olbia,
Sceymn. Gh. 214 f., j. 1’Eoubes, Millin II. p. 452.; Antipolis, |. An
tibes, f. 06. Bv. I. S. 555., eine fpäter romanifirte Stadt auch nach ihren
Trümmern (Milin II. p. 508 f. II. p. 31.); von Ihr durch den Barus
geſchieden Nicäa (ji. Nizza, Mylius IV, 2. ©. 164 f.), beide als Stötz⸗
punfte gegen die Salyer und andere Kigurier in den Seealpen (Bol. XXXIII,
4, 1f. Strabo 178. 180. 184.); endlich ald äußerfien Bunft in diefer Rich⸗
tung den kleinen Hafen des Monoikos (j. Monaco, Millin II.p. 577 f.), ferner
der Küfte gegenüberliegende Infeln (Strabo 184 f.), fo gleich im Angeſicht des
Lacydon ein Infelhen mit einem Anferplag (Gäf. b. civ. 1,56. II, 22.), und die
bedeutendſten, die Stöchaden (j. les lles d’Hyeres, Strabo 129. 184 f. Liv.
XL, 18. Mela II, 7, 192 f. Mylius IV, 2. S. 17f., oben S. 1090 f.);
endlich Anflenlungen auf der fyan. Offüfle von den Pyrenäen an: 6i8 in bie
Gegend von Carthago nova; fo Nhode, j. Nofad, Strabo 159 f. 654.
Mionnet I. p. 48 f. Suppl. I. p. 96 f.; Emporiä, j. Ampurias an dem⸗
* A Martiald Tagen muß man ben Wein verfälicht haben, wie auch heut zu
Tag bei unfern Nachbarn gefchiebt, III, 82, 23. X, 36, ıf. XIII, 123. XIV, 118.
** Bezieht ſich hierauf der Stier auf maſſil. Miinzen? Ternaur p. 68. Ueber
andere Probucte bed Bodens von Maſſ. vgl. Theophraſt. zepi Asdur $. 18, und
Schneider zum Theophr. III. p. 761. IV. p. 552. V. p. 146 f.
*.. zn reiches Verzeichniß von Fiſchen im Seeſtrich ber Provence, fo wie
intereffaute Notizen Über die dortigen, ohne Brund ald Nachkommen ber Phockenfer
geltenden Fiſcher bei Millin IE. p. 515—519, II. p. 202, 380 f.
T Weitere gibt Brüdner p. 82 f, am.
—
Masstita 46831
felben Golf, an der Seeſeite von Griechen, landeinwärts von Spaniern bes
wohnt (Liv. XXXIV, 9. und Ukert II, 1. S. 423.), und Hemeroſcopeion
zwifcden dem Sucrofluß und Garthago n. (Strabo 159.). No nennt Strabe
156. als die weſilichſte phocdenf. Stadt Minafe in Bärica, zu feiner Zeit
fon zerflört (von carthag. Handelseiferſucht ?), jedoch Spuren einer gried.
Stadt no zeigend, welde Schmn. 145 f. geradezu eine maffil. neunt, im
der Nähe einer der Herkules: Säulen, mo aljo, wie auch anderwärtd in dieſen
Weſtſtrichen des Mittelmeere, die Colonie in den Beſitz der Mutterſtadt ein-
getreten wäre. Ob Maff. auh noch an andern Küflen Handelsnieder⸗
laffungen mit Geblet gehabt, Fann menigftend nicht mic Beſtimmtheit nach⸗
gewiefen merben *; dagegen iſt es nicht nur natürlid daß es auch anderswo
Waarenlager hatte **, fondern für die Anfledlung mafjil. Handelshäufer z. B.
in Spracud liegt auch in ber lehrreichen Rede des Demoſthenes gegen
Zenothemis ein Elared Zeugniß vor, Dem. Or. ed. Reiske T. II. p. 883 f.),
aus der wir au entnehmen können daß ein Theil der phönic. Handels
marine zu Frachtfahrten, wie im vorliegenden Yale zur Verſchiffung
des in Sicihien aufgefauften Getraides nah Athen verwendet worden fei.
Jedenfalls aber ſteht Mafſ.'s Verkehr mit den zulegt genannten und andern
öfliden Punkten weit nah dem mit Epanien, Gallien, Britannien und
Stalien. Beſonders wichtig war für die Vermittlung der Befchälte mit Spanien
Emporiä (vgl. die intereffanten Notizen bei Liv. XXXIV, 9.) und über diefen
Drt und über Hemerofcopeion wohl insbefondere bezogen die Maflil. aus,
jenem probuctenreihen Rande u. A. Barbfloffe, Metalle (Arift. de mir. ausc.
87.), Salz zum Ginpddeln der maucherlei Seefiihe, mit denen fo wie mit
andern Gegenſtänden ein ſehr flarker Handel nah Roms Hafenflavt Oſtia
getrieben wurde (Strabo 143 f.). *** Diefen letzten Handelszweig boten ihnen
auch ihre ſüdgall. Küften, desgleichen Wein zur Ausfuhr (f. oben ©.
1629 .). Hiezu kamen Producte ihres Gewerbflelßes, nie Metallmaaren —
ihre fehr zahlreichen Münzen bezeugen ihre Geſchicklichkeit in Bearbeitung
biefer Stoffe — (Hüllmann, Handelegeichichte der Griechen S. 118 f.), Schiffe⸗
gerärhe, Maſchinen F und Waflen (Strabo 180.). Durch ihre Handels»
pläge an der ligur. Küſte bin bis zum Monoifoshafen mögen fle mit den⸗
felben Artikeln Gin» und Ausfuhrbandel getrieben Haben, wie bie ligur.
Handeleſtadt Benua nah Strabo 201 f. 211. Sehr bedeutend endlich muß
ihr galliiher Binnenhandel fo mie ihr Tranfltohandel durch Gallien mit Bri⸗
tannien (Strabo 63.) geweſen feyn. Hiezu Hatten fle Handeldcomtoird vom
Rhodauusdelta an (Strabo 184.) aufwärıs zu Gabelio am Druentias (j.
Gavaillon), Avento (Steph. By. s. v. Thierry II. p. 150.) und wohl
auch in andern Städten Galliens angelegt, welches Land durch feine Wafler-
und Landflraßenverbindung (Strabo 187. 203. 208.) ſowohl für ihre Ope⸗
rationen in feinem Innern, wo fle außer antern Rurusartifeln indbelondere
Wein an die mweinliebenden Bewohner abfegten (Diod. Sie. V, 26. Athen.
IV, 152. c.) als auch für den Durdgang ihrer brittiſchen Waaren, befonder®
° 96 Ele. Epp. ad Attic. XIV. 16. fin. 3. 8. eine KHaubelönieberlaffung oder
biofe Landgfiter von Maſſil. gemeint feien wird ſich wohl nicht enticheiden laſſen.
e3. B. auf der Norbküfte von Afrika, was vieleicht aus Strabo 827 f. zu ers
fließen, unb namentlich in Alexandria.
ee Wobl auch mit Piſa (Polyb. III, 41, 4, 61, 2.) und andern ital. Küftens
fläbten. Leber Spaniens Producte f. Ukert II, 1. 324 f. u. oben Wb. III. ©. 1394,
und über die Gegenſtände bes nall,rdöm. Handels den Urt. Lugdunum.
T Beziebt ſich hierauf das Rab anf mafil. Münzen? Miounet Suppl. T. I.
p. 136. In Maff. beſtanden wohl auch Bliden, wie 5. B. in feiner Eolonie Anti:
polis, Payon Hist. de Provence 1. p. 39. 48, 54.; namentlich bie Bilde ber mit dem
Schiffsbau unter Apolo’s Schut ſich befhäftigenden Denbrophoren, Papon I, p. 28.42,
⸗
1632 Maske
des Zinns (Died. Sic. V, 22. 38. Strabo 147.190. [?] 199.) fehe förber-
NG war.* — Gäfar b. gall. I, 1. bat in den Worten „a cultu atque
humanitate Provinciae etc.‘ und „ad effeminandos animos etc.“ den möglidyen
zwiefahen Einfluß wie jedes Handelsoolks fo nun and der Maffilier auf bie
Barbaren ihres Verkehrs angedeutet. Dit Uebergehung jener Echuttenfeite .
(vgl. Cic. de Rep. II, 4.), die ſich von ſelbſt verfieht, mollen wir bier
namentlih mit Juſtin, Cicero, Strabo, Tacitus nur die Lichtfeite hervor⸗
heben. Der Erſte (XLIII, 4.) rühmt ihnen nad daß fle mit Hilfe des fi
immer mehr befefligenven Friedens und fpäter aud der röm. Uebermacht
(Strabo 180.) die Galler ** in Ader-, Del- und Weinbau fo wie in &r-
rihtung von Stäbtemauern nad griech. Weife (zum Unterfied von galliſcher,
Càſ. b. gall. VII, 23.) unterricäteten, und obgleich fo fern von Griechenland
und ummogt von Barbarei (ic. pro Flacco 26.) do bei ihrem eigenen,
Jahrhunderte lang treuen Befthalten an grieh. Art zu denken und zu fern
(Mela II, 5, 25. Gil. Ital. XV, 168f.), nah und nad einen folden Glanz
grieh. Dafeyns über Menfhen und Gegenflände ihrer gall. Umgebung ver=
breiteten,, daß nicht Griechenland nah Gallien audgemandert, fordern Gallien
nad) Griechenland verfegt zu feyn fehlen, und unter dem bildenden @influß einer
Stadt in welder die Künfte der Meiallbearbeitung. der Mechanik, der Architectur
u. f. f. (Xernaurp. 111.) blühten, und die Wiſſenſchaften der Beredtſamkeit
(Quintil. II, 4. Sueton. de clar. Rhet. 2. @ic. pro Arch. 9.[?]), ver
Brammatit*** und der Kiitik von Werken griech. Nationalliterarur, vor
Allem Homerd (Sueton. de illustr. Grammat. 7.[?] Wolf Prolegg. ad
Homer. p. CLXXV. CLXXVHI. u. Schol. zu 11. II, 258.), der Philoſorhie
und der Geographie T fo eifrig und auddauernd getrieben wurden, nit nur
einzelne Gallier, ſondern ganze Gemeinden fi der Bildung aufidloßen und
ſich nicht nur für ihr Haus, fondern au für daB ganze Gemeindeweſen
Sophiſten hielten (Strabo 181. Wahsmuth II, 2. ©. 454.), wie auch Aerzte,
von denen zwei — Grinad und Gharmis — vielieltig gebildete Männer,
ſcheint ed, durch ihre Heilmerhode auch zu Mom Aufſehen machten (Blin.
XXIX, 1. Aelian. H. A. V,38. Sprengel, Geld. dv. Medic. Il. ©. 34. 41 f.).
Denn aud auf dad vom grieh. Mutterlande Maſſ.'s gebildete Nom wirkie
diefe Stadt fo mächtig ein, daß Strabo (181.) fagen fonnte, gegenmärtig
ziehen ed die angefehenften Römer vor, zum Studium der Philoſophie flatt
nad Urhen, hierher zu geben, daß röm. Meifende und Berbaunte bier Aufents
halt madten (Liv. XL, A. Flor. IV, 12, 42. Suct. Octav. 65. Bellel.
II, 102. Sall. Cat. 34. Cic. pro Sest. 3. pro Font. 1. 16. Geneca de
* Kür Verbinbungsmittel hatten theilweiſe ſchon bie Ballier 'geforgt, Eäf. b.
gall. VII, 34., wie vielmehr bie Nömer. — Der Entrihtung von Tranfitogdtlen
gedenft Strabo 192, — Unter den gall, Kaufleuten, weiche Caſ. von ben rim. Geld:
und Getraibehändlern (b. gall. VII, 3. 38. 42. 55.) wohl unterſcheidet, und bie Bis
zu den Germanen am Rhein hin hanbeiten, find, befonder6 b. g. I, 1. vgl. 39. II,
15, IV, 2f. hanptſaͤchlich maſſil. zu verfiehen.
ee Anch auf bie Iberier wirkten fie bilbend ein, Strabo 180. Nichts ter Art
hören wir über bie Ligurier. ,
ees jeher DBerbreitung ber griech. Sprache In Gallien f, Strabo 181. Edf. b.
-gall. I, 39, VI, 14. vgl, Tac. Germ. 3. jedoch auch EAf.b. g.1, 19. V,48. Spuren
des Griechifhen in Benennung von Fiſchen jenes Seeſtrichs (Ternaux p. 110 f.) und
von Dertlihkeiten auf dem Feſtlande (Ausland 1839. Nr. 204 ſ.). Die Maſſil. feld
heißen trilingues bei Varro Opp., Amstel, p. 196. .
T Pytbeas und der unbebeutendere Euthymenes, f. oben ®b. III. S. 723. und
die Necc. von Fuhr's Pytheas von Maffilia in der Marburg. Zeitſchr. f. Ult. Wiſſ.
1I, 6. Nr. 70f. und von Brüdners Mass. in Jahns N. J. 1, 4. ©. 430. Ueber
das Verhältnis von Trogus Pompeind und Petronius gu Map. vgl. Thierry Hist.
de ia Gaule I. p. 207f.
Masıilis 1688
Cie, I, 15. Tae. Ann. IV, 44. XI, 47. ©. Dio XL, 54. vgl. Millin
III. p. 201 f. Groſſon PI. 34.) und noch der dankbare Tacitus feine ſchoͤnen
Worte zum Lobe der trefflichen Miſchung griech. Feinheit mit provinc. Eine
gezogenheit in Mafi. ſchreiben durfte (agric. 4. .“ Doch ging auch in dieſer
jo wie in commereieller Beziehung Mafſſ. allmälig dem Verfall entgegen.
Die Concurrenz von rõöm. Kaufleuten (Cic. pro Font. 1.), fo wie von röm.
Städten in Süpgallien, 3. B. Narbo, Aquä Sertiä, Arelate, Forum Julii,
desgleichen die Noıh der Zeiten, hervorgerufen durch innere Aufflände und
Barteiungen und Ginbrüde german. Voölkerſtämme (Mamert. Panegyr. Ma-
ximinian. 4. Sidon. Apollin. Epp. 3. B. I, 1. 4.) überflügelte nad und
nah und ſchwächte die maſſil. Handelsthätigkeit, ſo daß @umenius in |. Pa-
negyr. Constantih. 18 f. wohl von Maff.’6 und feines Hafens Feſtigkeit
aber nichts von ihrer Srequenz und Blüthe zu fagen weiß. Hand in Hand
mit diefem materiellen Verfalle ſcheint nad dem natürlihen Lauf ber Dinge
ber geiftige gegangen zu ſeyn; daher Aufonius die Stadt weder unter feinen
clarae urbes (vgl. Epist. XXIV, 79 f.), no irgend einen aus ihr unter
feinen Professores aufführt ; er weiß nur ihre Auftern zu rühmen (f. ©. 1630.).
Am Jängften, fcheint es, bewahrte Maſſ. feine religidfe Eigenthümlich⸗
feit, welde auf den an h. Stftungsfagen gefnüpften Gultus der auf ber
Burg verehrten rind, Apollo Delphinius, Artemis Dictynna, au font mit
jenem ald Meergottbeit verbunden und bier mit der epbeflfhen Naturgättin
verſchmolzen (D. Müller, Aeginet. p. 151. 168. Brüdner p. 47 f.), und
Pallas, in Phocäa und Maff. unter der antifen Form eines Sigbildes verehrt
(Strabe 601. D. Müller, Archäol. d. Kunſt $. 368. 2. A.), fich fügte. **
Ihnen reihte die Devotion der Maſſ. noch einen zahlreihen Bötterfreis an,
dem fi natürlih auch röm. und gall. Elemente einverleist haben (Amm.
Marc. XV, 9. Lucan. Phars. II, 403 f. Brückner p.52f. Ternaurp. 60 f.).
Dieter, ſcheint es, tiefgemurzelte Götterdienſt nun widerfegte ſich eine Zeitlang
aufs Entſchiedenſte und durch blutige Mittel, wenn man gall. Martorologien
glauben darf, dem berandringenden Ghriftenthum und Maff. zeigte ich, wie
früher als treue Bundögenoffin von Romd weltliger Madt, fo bier als
romanorum daemonum studiosissima cultrix (Act. S. Victor. ap. Ruin.
Acta Mart. p. 292. Thierry Hist. de la Gaule II. p. 275.). Doch ſcheint
fih das Chriſtenthum In der Iegten Hälfte des britten Jahrh. hier feſtgefeht
zu haben (Millin III. p. 796.), und wir begegnen baher im folgenden bei
Sidon. Apollin. einem Lector Amantius und einem Papa Graecus von Mafl.
(3. ®. Epp. VI,8. VII,2. — wo aud eined Comes Civitalis gedacht wird,
vgl. Hendreich p. 2959. — Epp. VII, 7. IX, 4.), und treffen fofort in dieſer chriſtl.
Neuzeit Mafſ.'s auf einige Nachblüthen der früher dort fo eifrig gepflegten
Deredtfamkeit in den poet. Probuctionen des Rheiors Victor und ben Bios
grapbien des Preobyters Gennadius (Bähr, die chrifll. Dichter u. f. w.
Roms ©. 62. 123 f.), und der Philofophie in den femipelag. Vermittlungd-
verſuchen des Joh. Gafflanus, die bei Mafl.’ 5 Mönden, und von dort aus
bei immer mehreren Gemeinden Balliend Beifall fanden (Giefeler, K. ©. I.
6. 85. 94. II. 2. A. Milin III. p. 176f.). Ein Schriftſteller endlich des
° Bol, die ſchoͤnen Worte Niebuhre von Maff.’s Schweſterſtadt Elea, Röm.
Geh. I. ©. 164.
°© Ueber Apollo's jährliche Verſöhnung durch ein Menfchenopfer am maſſil.
Srüplingsfett f. Petron. Satyr. =. fin. u. O. Müller, Dorier I. S. 326. — Das
im dem Deiphifchen Tempel der ’Adnen Ilpdvosm von den Maff. geftiftete Wird dieſer
@Httin (Panfen. X, 8, 4.) bezieht fich vielleicht auf Die Legende bei Sekte, XLIII,
5 fe — Une drei Gbtter, beſonders häufig aber Artemis, erſcheiaen auf Maſſ.v
wien,
Bauly, Real-Enchelop. IV. 103
N
168 | Mastva — Maste
ſechsſten Jahrh., Agathias, von der indeß fränkiſch gewordenen Stabt redend
(1, 2.), läßt uns in den Worten: vür 8& 'EAnridog sorl Bapßaoınn‘ i
yap narpıos anoßeßinxvie moAzeiay Tois Tr KgaToVrEwy ypizas vonimor,
- einen Scheideblick hun auf das phocäenſ. Muff., welches in unfern Tagen
als das Marſeille der Neuzeit berufen zu ſeyn fcheint, die einft im nördlichen
Striche der Werhälfte des Mittelmeers entwidelte Handelsthätigkeit in befien
fünlidem an Nordafrika's Küfte zu entfalten (Morgenbl. 1845. Nr. 42.).—
Unter den Alterthümern Maff.’3 nehmen entſchieden bie erfle Stelle feine
Münzen aus Silber und Bronze ein; denn fie find in ihrem Gepräge vom
ebelften Geſchmack und reinften Stil und in fehr großer Fülle vorbanden
(Eckhel D. Num. I. p. 67. Mus. Hunter. p. 190 f. Mionnet Suppl. I.
PI. X. ®roffon Pi. 1—5.), mährend die übrigen Reſte, was Arditectur bes
trifft, fih auf ein Paar unterirbifge Gemächer am Hafen befhränfen, ba
von derlei Weberbleibfeln an Kirdgen oder andern Gebäuden Faum vie Rede
feun kann (v. Quandt ©. 236 f. Ausl. am a. D. Nr. 204.), andere Denf-
male des claff. Alterthums aber 3.3. die der Sculptur angehörigen, während
der Schreckenszeit zerfireut und größtentheils zerfcämettert, und die Mehrzahl
der jebt im Muſeum vereinigten griech. Marmore nidt an Ort und Stelle
gewonnen, fondern aus Griechenland herbeigefhafft worden find (Millin III.
p. 142 f.). Die zwei mertmürbigften ber dortigen Dentmale find das Grabmal
eines Griechen Glaucias mit grieh. Infhrift, erhoben aus den Trümmern
der angeblih von I. Gafflanus geftifteten Abtei St. Bictor, und das eines
vielleicht in Maff. zulegt.anfäßigen Nömers Flav. Memorius (Millin p. 149 f.).
An Inſchriften, anderswo z. B. zu Lugdunum fo widtig für die Gtadt-
geſchichte, hat fih von Mafl. wenig Bedeutendes vererbt (Bruter führt nur eine
und zwar zmweifelhafte an, p. CLIX, 8.). Defto reicher iſt das Mufeum an alte
chriftlicden beſonders aus der Abtei St. Victor erhobenen, hei Broffon zum
Theil abgebildeten Dentmalen (Millin p. 163 f.). Neuere Kiteratur ſ. bei
Millin IH. p. 138. Not. 2. u. Brüdner p. 2. Not. 1. u. 2. [ Cless.)
Massive, 1) ein Neffe Maſinifſſa's von einer Schweſter, Lv. XXVIE
19. XXVIII, 35. — 2) ein Sohn Gulufia'3, eined Sohnes von Maf., f.
oben ©. 391. u. Flor. II, 1, 8. [ Cless.] |
Mussycites (Vlin. V, 27, 28., bei Ptol. V, 3, 1. 6. Maaxven;,
vgl. auch Duint. Smyrn. III, 232.), ein ®ebirg Lyciens welches fi in füd-
öflliher Richtung von Xanthus nah der Mündung bed Limyrus quer durch
dad Land Hindurd zieht und ein füoliger Ausläufer des Taurus I. IF.J
Massylii, {. Numidia. .
Mastanabal, der jüngfte (App. Pun. 106., der mittlere nah Zonar.
IX, 27.) von Maflniffa’8 drei Tegitimen Söhnen, Vater von Jugurtha unb
Gauda, f. d. Artt. Juguriha, Masinissa, Micipsa. Das Wort läßt iS
wohl am einfachſten auf den auf der fiebenten numid. Inſchrift (Gef. Monum.
Lit. Linguaeque Phoenic. p. 449.) vorfommenven, donum Baalis bedeu-
tenden Eigennamen aurüdführen. [ Cless.] |
Mastanur (Meorarove, Ptol. VII, 1, 86.), Stadt in Limyrica, f.
d. ©. 1005. [F.] |
Mastarne, |. Servius Tullius.
Mastaura (Maoravoa, Sırabo XIV, p. 650. Blin. V, 29, 31.
Stepb. Byı. p. 447. Hlerocl. p. 659.), Stadt Lydiens an der Brenze von
Garien zwifcden Tralles und Tripolis in Phrygien; |. dad Dorf Maflaura-
Kaleſt mit einigen Ruinen in der Nähe von Nasli. Vgl. Bocode III. S. 100.
u. Damilıon Research. I. p. 531, [F.] Ä
Maste ((Maorn), ein Gebirge Aethiopiens, öftlih vom Mondgebirge,
mit den Quellen des Afapus, an welchem auch im Kande der Mastitae
Mearijpeg — Maetya Mileslerum 1638
(Maozires, Biel. IV, 5, 24. 7, 81.) eine gleichnamige Stabt (pad heut.
Gongar?) lag, Btol. IV, 7, 25. 26. [F.]
Maorüoes, eine atheniſche (7) Finanzbehoͤrde welche mit Beziehung auf
Hyperides von Harpocr. s. v. erwähnt wird, indem er vermuthet fie babe fich
mit dem Aufiucden von Staatägut befhäftigt und diefelbe mit ven Inemzai
und den von Ariftoteles erwähnten zaazrpo: zu Pellene zufammenftelt. Nah
einer andern Notiz bei Bell. Anecd. p: 279, 6. hätten fle insbeſondere das
vem Staate anheimfallende But der Verbannten aufgeſpürt (Inemai or
gvyadınar yonmaror). | West.] \
a. (Meodala, Ptol. VI,7,33.), Stadt im Dflen von Arabia
Belir. LE.
Mastiämi (Maosmor, Secat. fr. 6. aus Stepb. By. p. 448.;
Maouaroi, Bolyb. III, 33.), eine von den fpätern Schriftſtellern nicht mehr
genannte Bölferihaft an der Suüdküſte Hiſpaniens öſtlich von den Säulen des
Herkules (im fpätern Bätica), welcher die Stadt Mastia (Maosi«) gehörte,
unfßreitig in dem von Steph. Byz. p. 447. aus Theopompus angeführten,
zum Gebiete von Tarteſſus gehörigen Diſtrikte Massia (Maowie). Andere
Städte derfelben waren nach Hecat. fr. 7 ff. Syalis (ſpäter Suel), Maeno-
bora (fpäter Mänoba), Sixus (ipäter Ser, Hex, Serttanum) u. Molybdana.
Nah Polyb. J. I. hatte Hannibal einen Theil der Maflianer nah Afrika
verpflanzt. [F.]
Meorıyoronosı, ua@ozıyopogos, bildeten in den griech. Staaten
bie niebere executive Polizei und dienten höheren Magiftratöperfonen zur Bolle
ziehung Eörperlicger Strafen. So hatte Lykurgos zu Sparta dem Bäponomos
naorıyopopos beigegeben um feine pädagogiſche Wirkjamkeit nachdrücklicher zu
maden (Xen. Resp. Lac. II, 2. IV, 6. Blut. Lyc. e. 17.). Ueber ihre
Dienleiftungen im Iheater ſ. oben S. 1212. Gleiche Bereutung hatten vie
vaßdoöyos der Hellanodiken, durch welche dieſe die Kampfgeſetze aufrecht er⸗
bielten (ukian. Hermotim. $. 40. Vgl. Bd. III. ©. 1112.). Dieſelben
führten bier den Namen aAvzaı (ſ. d.)) Zu Athen verrichteten die Tokoras
dieſelbe Dienſtleiſtung (vgl. Ariſtoph. Thesmoph. 1176 ff.), welche auch Zxvdas
genannt werben. [Kse.]
Mastitae, |. Maste.
Mastramöia (Avien. Or. mar. 691.; MaorausAAn, Artemid. bei
Steph p. 448.), eine Stadt an der Güpfüfte von Gallia Narben. Öffid
—
vom Rhodanus, an einem gleichnamigen See (Artemid. J. J. u. Plin. IE,
4,5.) welchen Mela 11,5, 4. unter dem Namen Avaticorum stagnum aufführt
(nad) der Statistique du Dé p. des Bouches du Rhöne Il. p. 184. j. Ctang
de Garonte, in defien Mitte fi noch ein Felſenriff Namens Maleſtraou bes
findet; nad Andern Etang de Berre oder de Martigue, vgl. Ufer II, 2.
S. 140.); vermuthlih beim Gap d'Oeil zwiſchen den Mündungen ber Fl. Arc
und Durancole, wo fi noch viele Ruinen finden, vgl. Bapon Hist. de Provence
I. p.87. Statistique etc. II. p. 184 ff. 295. 915. u. Ulert 11,2. ©. 421. [F.]
Miastruesti, f. Sardinia.
Mastrum;, ſ. Mastya.
Mastusia, 1) (Maorovoix ange, Ptol. II, 12, 1. .Mela II, 21.
Plin. IV, 11, 18., bei Tzetz. zu Lycophr. 534. Malovana), bie Südweſt⸗
fpige der Gherfonefus Thraciä, Sigeum gegenüber, weſtlich von der Stadt
Eläus; j. Cape Greco. — 2) ein Berg Joniens an deſſen Abhang Smyına
erbaut war, Blin. V, 29, 31. [F.]
Mastasius, |. Demiphon.
Mastya Milesiorum (Plin. VI, 2, 1.), Stadt in Paphlagonien in
ber Nähe von Cromna und Tejum, wahrſch. biefelbe vie auf der Tab. Peut.
Mastram heißt. [F.] Ä
1688 - WMuwiteihle — Mater famiifns
Masächis (Maoovyic, Ptol. IV, 5, 28.), Stadt in Marmarica, füpT.
von Menelaus. [F.]
Maeserlus Sabimus, ein angefehener roͤm. Rechtolehrer, des Gapito
Berühmter Schüler, nach welchem die Schule der Sabinianer (f. oben S. 635 f.)
Ihren Namen erhalten har, Iebte unter Tiberius, von dem er bad ius re-
spondendi erhielt, und nod unter Nero (Gut. II, 218.), hoch geehrt als
praktiſcher Juriſt, wie ala Schriftfteller, von deſſen zahlreichen Werken, vie
auch viel Brammatifches und Antiquariſch⸗Hiſtoriſches enthalten Haben müffen,
fih jedoch Nichts erhalten hat. Seine tres libri iuris civilis commentirten
die bedeutendſten Rechtolehrer fpäterer Zeiten, ein Bomponius (in 36 Büchern),
Paulus, in 47, und Ulpianus in mindeftens Hi Büchern. Außerdem werden
noch genannt Memorialium libri, minteflend eilf, Commentarii de indigenis,
vann De furtis, au Fastorum libri, welche ſämmilich bei Gellius (IV, 1.
2. 9. 20. V, 5. 13. VI, 6. XI, 8.) und Macrobius (Sat. I, 4. 10. IH, 6.)
angeführt werden; f.. D. &. Woller De Masurio Sabino, Alorf 169%. 4.
P. N. Arngen. Diss. de Masurio Sabino, Traj. ad Ahen. 1768. 8.; daß
er zu Verona geboren worden, hat Borgheft (Bulletin d. Instit. Archeol.
1886. p. 146.) nach einer bafeldft gefundenen Infrift: C. Masurius C. F.
Sabinus vermuthet. Erwähnt wird er auch von Arrian. diss. IV, 3, 12.
Berfius V, 90. [B.] Ä -
Matalia (Maroiie, Btol. III, 17, 4., im Stadiasm. mar. magni
6. 307. u. 308. Maraie), Stadt In der Mitte der Shofüfte Creta's, höchſt
wahrf. derſelbe Ort welchen Strabo X, p. 478, u. 479. unter dem ver»
borbenen Namen Meraddor ale Hafen von Gortyna anführt, ober das heut.
Matala am gleiänamigen Vorgeb. Vgl. Groskurd zu Strabo ama.D.Tl.
S. 332. Gail ad Stadiasm. 1. 1. p. 578. u. Höd Kreta I. 6.435. [F.]
Matavonium (It. Ant. p. 298. Tab. Peut.), Ort im Süden von
Gallia Narbon. an der Straße von Aquä Sertiä nad Borum Julii, das
Heut. Cabaſſe (vgl. Papon Hist. de Prov. 1. p. 37.), nad »’Anville Not.
p. 442. aber Pins, und nad Ufert II, 2. S. 439. in der Gegend von
Montfort. [F.]
Mataurus (Maravoos, Strabo VI, p.275.), eine (na Stepb. Bn:.
p. 448. von den Lokrern erbaute) Stadt in Sicilien, bei der ſich nach Strato
eine große Höle fand, die aber fonft Niemand Eennt. Vgl. unten Mazara. [F.]
Matelgae (Plin. V, 5, 5.), Stadt der Baramantes im Innern
Libyens. [F.]
Matella, Matellio und Matüla, ein Gefäß für Flüſfigkeiten über
Haupt (Cic. Parad. 5, 2. Ulp. Dig. XXXIV, 2, 25. 6. 10. Paul. Sent.
IH, 6, 83.; für Waſſer: Non. XV, 2.; für Del: Cato R. R. 10. 11.),
insbeſondere abet der Nachttopf welchen der Sklave dem Herrn hinzuhalten
(praestare) hatte wenn er durch Schnalgen mit den Fingern das Zeichen dazu
ab, Martial. II, 82, 15. VI, 89, 1f. X, 11, 3. X, 32, 13. XIV, 119.
faut. Most. II, 1, 39. Petron. Sat. 27. p. 97. Burm. Hieronym. Ep.
117,8. Bei Gaſtmahlen ſcheint für die @äfte auch ein gemeinfames Geräthe der
Art vorhanden gewefen zu ſeyn; wenigſtens nennt Petron. Sat. 49. ein Allen
T
zu Gebot ſtehendes Weib eine matella. .T.
Matömt (Marmoi, Ptol. V, 9, 17.), Bolt in Sarmatia Aflatica
jenfeit des Rha. [F.]
Mateolani (Plin. III, 11, 16.), in Apulten am Berge Garganus. [F.]
Miaterense Oppidum (Plin. V, 4,4.), Ort in Byzacium ſüdweſt-⸗
lich vom Sifara Palus, angeblih das heut. Matter. [F.)
Mater familias h. die Stau in flrengeröm. Ehe, quae in manum
meriti convenerat, @ic. top. 3. nebft Boeth. p. 299. 350. Or. Gell. XVII, 6.
Quinct. V, 10, 62. Sp. zu Birg. Aen. XI, 476. Non. Marc. V, 82. |
t
Materinn — Methomatiel | 1097
vor. IX, 5. p. 1034. Goth. u. IX, 8. Diefer Name mag urſprünglich
nur dann flattgefunden haben wenn der Batte ſelbſtändig war und nit mehr
in ſeines Vaters oder Broßvaterd Gewalt fland, Paul. Diac. v. mat. fam.
129. M., allmälig aber 5. jede Frau In firenger Ehe mat. fam., auch wenn
h zugleih mit ihrem Barten in deſſen Vaters Gewalt war. Boeth. bes
i@ränfıe ren Ausdru mat: fam. auf die Brauen melde durch co&mptio in
ihres Gatten manus gefommen waren; was aud dem einfachen Grunde geſchah,
weil vie andern beiden Arten eine firenge Ehe zu fehließen (confarreatio u.
usus) viel früher aufer Gebrauch gefommen waren als die coömptio. Andere
faßten In fpäterer Zeit das Wort m. f. nur eiymolog. auf, f. die Ermäß-
nungen bei Serv. 1. 1. Ron. Ware. 1. I. floor. IX,5.; noch Andere fahen
darin nur eine fittlihe Bereutung (in Beziehung auf boni mores und ob fie
non inhoneste vixit), 3. B. Ulp. 1. 46. 6. 1. D. verb. sign. (30, 16.).
1. 3. 6. 6. D. de lib. exhib. (43, 30.). Dieſe Erflärungen entflanden na=
türlich er dann ale die mahre Bedeutung von mat. fam. unpraftii ges
worben mar. Uxor dagegen bezeichnet ſowohl die Gattin überhaupt als im
e. S. die Brau in einer freien Ehe (uxor tantum), Sic. top. 3. u. Boeth. 1.1.
(Nah Goͤttling, R. Staatsverf. S. 93. Hätte uxor anfänglich die durch usus
in des Mannes Gewalt gefommene Ehefrau beyelänet.) Literatur: C. 3.
Grupen, de uxore Rom., Hanov. 1727. p. 1—13. 9. Sannegieter, de vet.
lege Rom. cui. mem. Non., Franegq. 1753. u. in $ellenberg IT. c. 4. p. 9A ff.
F. W. IH. Eggers, d. Wehen u. bie Eigenthümf. d. altröm. Ehe mit manus,
Altona 1833. S. 9—14. Becker, Gallus I. S. 18 ff. Gottling, Staats⸗
verf. ©: 86. [R
©
J
Materina, nah Liv. IX, 41. ein fonft unbekannter Diſtrikt in |
Umbrien. [F.]
Mater Magna, ſ. Rhea.
Maternianus, röm. Aödpfer auf einer Scherbe im Mänchner Antts
quarium. [W.]
Maternum (Tab. Peut.), Ort in Gtrurien zwiſchen Tukcana und
Gaturnia, in ber Gegend des heut. Farneſe. [F.]
MWaternus, 1) f. Curiatius Mat., Bb. II. S. 783. — 2) röm. Töpfer
anf einer bei Moitweil gefundenen Scherbe mit der Inſchrift M... RNVS FIT.
ſ. Mittheil. des ar. Vereins zu Rottweil 1845. S. 18. [W.]
Matöta (Marnre, Ptol. V, 9, 4.), Ort In Sarmatia Aflatica zwiſchen
den Mündungen ber Ylüffe Atticites (ſj. Kuban) und Pſadis (wahrid. nur
ein füoliher Arm red Kuban). [F.
Mathataei, Bolf in Arabla Felix bei Plin. VI, 28, 32. [R.]
Mathematilel (astrologi, Chaldaei, horoscopi, yereOAıaAoyoı, Stern»
deuter, Nativitäräfteller, deren Wiſſenſchaft mathesis, astrologia, yeredkır-
Aoyia, anoreleouarınn, die ermittelte Nativität ſchlechthin durch genesis,
genitura bezeichnet). Die Älteften Spuren der Gonftellationslehre find im
Driente zu finden. Gicero (de divin. I, 1.) führt den Urſprung berfelden
auf die Affyrier zurüd, welche In Ihren weiten Ebenen die Berregungen ber
Geſtirne beobachtet, ihren Einfluß und ihre Bedeutung ermittelt und bie Re⸗
fultate ihrer Beobachtungen ven Nachkommen überliefert haben (vgl. Jeſalas
47, 13. Greuger Symb. II. S. 412. bezeichnet die ſyriſche Gottheit Bel-gab
als eine Fortuna in aſtrologiſcher und horoſcopiſcher Bedeutung; f. Macrob.
Sat. I, 19. p. 307. Bip.). Bon den Chaldäern aber feien jene Beobachtungen
zu eirer befondern Disciplin ausgebildet worden, ut praedici posset quid
cuique eventurum et quo quisque fato natus esset (vgl. Blin. h.n. VI, 30.).
@ine lehrreiche Beſchreibung der chalpäifhen Benethlialogie gibt Diodoros
(IE, 31.): Nach den Lehren der Chalpder haben die Planeten einen großen
Einfluß auf die Geburt des Menfchen und bringen Ihm Glüuͤck oder Unglück.
e
1698 Hatkemantiel-
Sie Haben vielen Königen vor Alexander und aud dieſem bie Zukunft emt-
hüllt. fo wie foäter dem Antigonos und Seleukos Nikator. Sie feinen
jededmal das Wahre zu treffen. Auch Haben fie Privatperſonen das bevor⸗
chende Geſchick ausgelegt. Die Chaldaͤer gaben vor, daß fie 47 Myriaden
Jahre hindurch bis auf Alerander dieſe Kunft getrieben haben. Hieher ger
bört au die Erzählung von den Welfen aus dem Morgenlande welche wir
für Chaldäer zu halten haben, jedoch auch Mager aus Arabien genannt
werben. Sie verſicherten #5 aorsoos Tod u7 Ta oVgara Paverrog Erransra
or Bamksvg yeyarnıas (Juflin. Dart. diel. c. Tryph. c. 78.). Diefelbe
MWiffenfhaft war nah dem Zeugniß des Cicero (1. c.) au von ben Aegup-
tiern unzählige Jahrhunderte hindurch getrieben worden, mas von Herodotoe
ebenfalls bezeugt wird (II, 82.: xai 15 Enaoros Nusen vevoneroe OTEOM
Syxvonos: Hal Oxws Teisvrios xai Oxoiog rıg Eoraı. Vgl. Plat. Epinom.
p. 987. a. Ariſtot. de coel. II, 12. u. Macrob. Somn. Sc. I, 21. Alex.
zu Ariſt. Met. I. p. 392. ed. Idel.). Die vierte Abıbeilung ber hermeti«
fhen Offenbarung umfaßte die vier aftrologifhen Bücher, melde fletö im
Munde der Horofcopen waren (vgl. Maneiho bei Iamblid. de myst
p- 20. Goͤrres Myth. S. 342.). — Allein nah Pſeudo⸗Lukian weos Ts
aorooA. c. 3. waren weder die Ghaldäer noch bie Aegyptier die Erfinder
dieſer Kunft, fondern die Aeibiopier. Bon dieſen ſei bie Gonftellationslehre
auf tie Aegyptier übergegangen und dann weiter audgebildet worben (c.9.).
Bon den Aegyptiern aber habe fich diefelbe auf die Babylonier. fortgepflanzt.
Auch tie Hindus glaubten daß das künftige Glück der Neugebornen von bem
herrſchenden Cinfluſſe des Planeten zur Zeit ter Geburt abhänge. Ja man
fuchte felbR eine glüdlihe Stunde zu ermitteln, um unter dem Walten eines
günftigen Geſtirns dem Kinde feinen Namen zu geben (f. Prieflley, Vergl.
d. Gel. d. Mof. mit denen d. Hind. ©. 257. Ueberf. von Bieg.). In den
griechiſchen Staaten fcheint diefe geheimnißvolle Doctrin befonberd durch bie
orphiſchen und pythagoriſchen Dichter in Umlauf. gebradt worben zu fein
(vgl. Lobeck Agl. I, 427.). PfeubosLufian 1. c. (e. 10.) bezeichnet den
Orpheus als ihren Urheber bei den Griechen. Herodot (II, 82.) bemerkt
daß auch griech. Dichter von jener Lehre Gebrauch gemadt haben, ohne bie
an näher zu bezeichnen. Das homerifhe Epos wenigſtens Tennt bie Gon⸗
ellstiondlehre nicht, und Heflodos hat in feinen Werken und Tagen vorzüglid
den Einfluß gewiſſer Geſtirne auf Agricultur, Schiffahrt umd andere Veſchäf⸗
tigungen des Lebens hervorgehoben (f. v. 570 ff. 717 ff.), fo wie er gewifle
Tage ald günflig oder ungünflig in Bezug auf Verebligung und Geburt an»
gegeben (745 ff.). (Diefe agrariihe Phänomenologie unterfcheidet Sert. Emp.
adv. Math. V, p. 338. Fabr. genau von der Genethlialogie der Chaldäer.)
Allein vie eigentliche amoreAsouarıxn {ft bei ihm nicht zu finden. Alſo mochte
Herobot vorzüglich orphlicge und pythagoräiſche (Pyıhagoras als Schüler ver
Chaldäer und Negyptier, Jambl. vit. Pyth. p. 144. ed. Comm. 1598.)
Dichter im Sinne haben. Dem Platon war diefe Disciplin jedenfalls ber
kannt gemorben: ja man bat fogar behauptet daß er dieſelbe in Griechenland
eingeführt Habe (Lobeck Agl. p.426.d.). Nach Proclus (in Tim. IV, 285 f.)
war biefelbe wenigflens zur Zeit des Iheophraflod verbreitet. Die meiften
Philoſophen widerſetzten fih jedoch dieſen fataliflifhen Beflimmungen. So
verwarf Euboros, ein Zuhörer des Platon, die ganze Docirin der Chaldäer
(Eic. de divin. c. 42.). Gbenfo bie zu. gleicher Zeit lebenden Philoſophen
Archelaos, Kaſſandros, Panätios, welche ſich in aſtronomiſchen Studien aus⸗
zeichneten (Cic. 1. c.). @benfo Skylax von Halikarnafſos, ein Freund des
Panätios (Cic. 1. c.). Dagegen war die ungebildete Vollkstclaſſe dieſer Lehre
ſtets zugethan (nullo non avido futura de se sciendi alque ea 6 coelo
verissime peti credente, Plin. XXX, 1, 1. 2.). Daher it es wohl bes
Mintkemmtiek 1639
greiflich wie bel den Spartiaten jenes Geſetz beobachtet werben konnte, welches
nicht geflattete Ind Feld zu rüden bevor der Vollmond eingetreten (f.
Bieudo-Luf. zepi zig acre. c. 25.). Seit Ulerander machte die Geneihlia⸗
logie große Fortſchritte und in noch fpäterer Zrit waren bie mathematici in
Aften, Hellas und in Italien verbreitet. Auch Alexandria wurde ein Sig
der Aftrologen, unter denen ſich Manetho auszeiänete. — Zu Milet fanden
Spon, Wheler, Chandler einen gegen drei Buß langen umd zwei Buß hohen
Stein, auf welchen fleben Altäre mit ven Zeichen der Planeten dargeftellt
waren, welche legteren jedoch mit denen der Mathematici nicht übereinflimmen.
: Die beigefügten Inſchriften fo wie die ermähnten «pyayyelos deuten auf eine
chriſtlich gnofliſche oder myſtiſche Aftrologie bin (vgl. Böch Corp. Inser.
n. 2895. p. 586 ff. Vol. II.). Gin Hauptſitz ver Mathematick war Rom
‚ während der Kaiferherrfgaft geworben. Allein fon im Tegten Jahrhundert
der Republik Hatten diefelben bier Geltung gewonnen. Schon P. Nigivius
Figulus, der Zeitgenofle des Cicero, war in ter Aftrologie bewandert, f.
Mm. Sek de P. Nig. Fig. studiis p. 30 f. 37—42. So hatten z. ®.
dem Sylla die Chaldäer vorausgefagt: ws dsoı PBeßıwnor« naÄdg avror
87 RUF 709 evrurmuaros xareorosdar (Blut. Syll. c. 37.). — Unter
Anguſtus Fam die Senerhlialogie zu Mom fehr in Aufnahme. So richtete
M. Daniltus an ihn fein aflrologifches Werk. Die Geftirne nennt er darin
conscia fati sidera (I, 1.). Er Hält die Priefler für die Lirbeber ver .
Gonflellationslehre (I, 55 ff.). Auguflus war im Beiden ded Capricornud
geboren (Manil. II, 13. 41 ff.). Daher auf Münzen dieſes Kaifers der
Gapricomus ſichtbar (f. Kraufe Nemnopos p. 35.). Horatius mahnt die
Leuconoe von der Nativitäröftellerei ab (Od. I, 11, 1.ff.). Der Kaiſer Tits
berius hatte es ſelbſt zur Meiſterſchaft in dieſer Kunft gebracht. Namentli
hatte er während feines Aufenthaltes auf Rhodos Hierin eine feltene Bertigkeit
gewonnen (Die Caſſ. LV, 11.). Als Kaiſer hatte er beichloflen die Mathes
matifer aus Italien zu vertreiben. Als aber dieſelben fi bereit erflärten
von ihrer Beihäftigung abzuftehen, ließ er ihnen Nachficht widerfahren (Suet.
Tib. c. 36.). Späterbin aber wurden fie dennoch unter demfelben Kaljer
769 dv. St. dur einen Genatöbefhluß aus Italien vertrieben, &. Pitnantus
aber, einer unter ihnen, vom tarpefifchen Felſen geflürtt und P. Marcius
von den Gonfuln außerhalb des edquilinifhen Thores more prisco beftraft
(Zac. Ann. 11,32,). Treffend bezeichnet ſie Facitus (Hist. 1,22.) als genus
hominum potentibus infidum, sperantibus fallax, quod in civitate nostra
et vetabitur semper et retinebitur. Auch der Vhilofoph Senefa war Fein
Freund ber Beneihlialogie, welche er als unnütze Doctrin darftellt (Epist. 88.).
In feiner Apocol. auf den Kaifer Claudius läßt er den Mercuriug zu einer
ber Barzen jagen: „Patere mathematicos aliquando verum dicere, qui illum
postquam princeps faclus est omnibus annis, omnibus mensibus efferunt‘
(p. 247. ed. Bas. 1590.). Boppäa mar von Mathematifern umgeben, denen
ihre Geheimniſſe befannt waren (Xac. Hist. I, 22.). Bin folder war auch
Brolemäus, Begleiter des Otho, welcher dieſem vorausgefagt hatte daß er
ben Nero überleben würde. Otho glaubte alfo um fo zuverläßiger eine
zweite Prophezeiung befielben, nämlich daß er einft herrſchen werde (Tar. J. c.).
Unter Vitellius (823 d. St.) wurden die Mathematici abermals aus Italien
vertrieben (Tac. Hist. II, 62.). Dio Cafſ. LXV, 1. fügt Hinzu, daß dies
ſelben, als file den Tag vernommen bis zu weldem fie Italten verlafien
haben müßten, dem Bitellius ebenfalls einen Tag beflimmt Hätten bis zu
welchem er das Leben zu verlaffen babe; und diefer Termin ſei auch präcis
eingetroffen. Seit Tiberius galt e8 für Majeflätöverbrechen die Chaldäer und
Mager in Bezug auf’vie Perfon des Kalferd zu befragen, ſ. S. 1419. 1455.
Noch unter den ſpäteren Kaiſern behaupteten fig die Mathematiker zu Rom.
1640 Maikommtigi
Alszander Severus begünfigte bisfelben, et ita quidem, ut ex ejus jussu
mathematici publice proposuerint Romae ac sint professi ut docerent (Mel.
Zamprib. vit. Alex. Sev. c.27.). Auch unter Gordianus tem Aeltern war
bie Conſtellationslehre noch in ihrer Geltung (Zul. Gapitolin. Gord. jun.
. 20.). Die Berehnungen jener Sternfundigen werben rationes Chaldaeo-
rum, numeri Babylonii genannt. Ihre Antworten nannte man dictata, de-
crela, anozeldouare, doyuara (Gert. Empir. adv. malh. 747. Bett.
Jul. Firmic. II, 22. p. 33. Juven. VI, 391 ff. Caſaub. zu Jul. Capitolin.
Gord. jun. 1. c.). Die Conftellationeg wurden auf niwranag, zırama ge
jelönet und befondere Schemata für vorkommende Fulle in Anwendung ge⸗
bracht. Daher oben bei Lampr. I. c. proponere. Daher zıramar ändenıg,
. unten. Daſſelbe geſchah auch in Bezug auf Aſtronomie (Stobäus Flor.
II. p. 134. ed. Gaisf.). — Die Grundidee worauf die Gonflellationdlehre
beruhte finden wir in den Worten des Sextus Empiricus p. 729. ed. Bekk.
angegeben. Es wurde nämlih eine wechſelſeitige Sympathie, ein Berwandt-
{Haftöverhäfinig der irdiſchen und himmliſchen Körper angenommen (ro
avunadeir 1% SENIYAE roĩe OVERTIOg Hal xata Tag 5481909 AROPDOIRS
Exa0ToTe radza veoyuovodaı, 1. c.). Daher die Aftrologen ſelbſt den Cha⸗
safter der Menfchen ermitteln zu können glaubten (f. Otellus Lucan. de nat.
universi p. 219. Transi. a Vizzon.). Den Planeten wurde der widtigfte
Einfluß zugeſchrieben. Der Zodiacus wurde in 12 Theile, jeder derſelben
wieder in 30 Unterabthellungen, und jede von biefen wiederum in 60 Theilchen
abgerheilt. Die Sternbilder des Zodiacus galten theild für männlich, theile
für weiblich, andere für doppelleibig (diowuea), einige für wandelbar (zeo-
zıxa), andere für unmwandelbar (oreper). Den männlidhen ſchrieb man bie
Kraft zu männliche, den weiblichen weibliche Geburten hervorzubringen. Der
Widder z. DB. galt für ein männliches Sternbild, bewirkte alſo männliche
Beburten, ber Stier (Tavpos) bagegen murbe für ein HImAuxor gehalten,
bie Zwillinge aber wieber für ein aopenxor u. f. w. Ginige Aftrolegen
hatten jedes Sternbilo in 12 Theile abgetheilt und beuteten jeden biefer Theile
in analoger Weife (p. 339. lib. V. Fabr. p. 780. Belk.). In biefer Bes
ziehung fanden verfchiedene Meinungen Statt. ©. 3. Pontanus de reb.
coelest. T. Ill. p. 1091 ff. — Um vie Gonflellation bei der Geburt des
Menſchen zu finden zog der Aſtrolog insbeſondere vier Sternbilder in Be⸗
tracht, welche für entſcheidend gehalten und daher xarıoa genannt wurden
(p. 730 f. Bekk.). Sertus Empiricus fügt nun folgende ſpeciellere Au⸗in
anderſetzung derſelben hinzu: —ö8R ö8 70 usr oooxono⸗ 10 Öb ec
INGE , zo ö& ÖÜr0r To db vRoya0r nal ayzıusoovgasmum, 6 nal auso
usoovparnun sorır. Gr fährt dann weiter fort: Horofcopos iſt das Gehirn
melched eben aufgeht menn bie Geburt erfolgt oder vollentet id: Meiuranema
(mörtlih das Sternbild welches ſich in der Mitte des Himmels befindet) das
‚vierte Sternbild von jenem (baffelbe mitgezählt): das Suror (untergebenves
Befliin) bildet den Durchmeſſer zum Horoſcopos, das unter der Erde, ober
das Antimefuranema bildet den Durchmefler zum Meſuranema. Sertus
Empiricus ſucht dies im Bolgenden dur ein Beiſpiel zu veranfhauliden:
wenn nämli der Krebs zur Zeit der Geburt aufgeht (xapnrov ooono
novreog), behauptet ber Winder die Mitte des Himmels (Naoouomvei mer
xg:06), es geht ber Steinbod unter (dvres), unter der Erde iſt die Wage (Zvyos).
Im Folgenden entwickelt er die ſpecielle Bedeutung jeder Art von Gonftellation
(2.731. f.) Er faßt dann das Ganze nochmals Eurz auf folgende Weiſe zu-
fammen: ira GVTOUMTERO? Yonsy s zov GROmNOROUFTOG iov 20 ner
—XXCä —R nonös dæiuor, N Ö eRarayopa aoy00 vonvræoc ro»
MEODVORFIURTOG Co ner aroxlına Yeog, * ö’ —RR —*RX dainer
xasa za aus. nal TOU AriNsTOvgarnuasog TO Mir anorlua Dec, 6
Maikomadiei 1641
& snarapopk ayadı zugn‘ Öduoims roü Buroızos To dr amönlına nam
zum, 7 08 önarapopz apyor (Lib. V. p. 340 f. ed. Fabr. p. 731 f. Belf.).
“ Paulus Alexandrin. mepl zic Tor dwdane rorwr mıranınıg enddoeng bat
biezu einen Commentar geliefert. Ein bildliches Schema von diefen Con⸗
ſtellationen bat Fabricius in |. Ausg. p. 340. Not. beigebracht, in welchem
jedoch das Mefuranema mit feinem Antimeſuranema nicht bie richtige Stelle
bat. Andere hieher gehörige Schemata findet man in Jul. Firmicus Mas
ternus (Asiron. VIII, p. 24. 42. ıc. ed. Bas. 1533.). In Betreff der Ein-
theilung des Himmels in 12 Negionen (Toro, domus) flimmten die Aſtro⸗
logen nicht überein (vgl. Ficinus ad Plotin. T. I. p. 209. ed. Creuzer).
Auch bezogen Einige jeden Theil des Körpers auf ein befonveres Sternbild
ale mit ihm ſympathifirend (xg:ov uEr yap napalır ovoualova, zaupor db
zoaynAor, Srdvuovg dd Wuovg, napnivror O ordoror, Asorr« da nievpag,
maodsror Öh yAovrovs, Luyor d& Aayoras, oxopmiov aidoior zul ufepar,
zoforns unpovs, alyoxeowr yorara, %8007007 xrnuag, iNdvas Öb moßdaz
(p. 731. 732. Bekk.). Diefelbe Anſicht bat auch Manilius Astron. II, 13,
2 ff. entwidelt. Auf diefe Lehre mochten bie Aftrologen ſich fügen wenn fie
den Charakter und die Gitten ber Menſchen ermitteln zu Eönnen glaubten
(Deelus Luc. de nat. univ. p. 219. Ueberf. von Vizzon. Vgl. Hierokles in
aur. carm. Comment. p. 284. Lond. 1742.). Ginige Geftime hielt man
für heilbringend, andere für Unglüd verlündigend. Zu jenen gehörten Juv⸗
piter und Benus, zu biefen Mars und Saturnus. Merrurius konnte Glück
und Unglück fpenden (Gert. Emp. p. 733. Bekk.). Ginige bielten aber ein
und baflelbe Beflirn fe nah dem Verhältniß ber Gonftelationen bald für
günflig bald für ungünflig. Die ganze Lehre hatte nach und nad eine fehr
complicirte Geftalt gewonnen und verſchiedene Dogmen hatten fi ausgebildet
welche ihre befonderen Vertreter fanden (f. Sert. Emp. p. 733 ff. Bekt.).
An techniſchen Ausdrücken hatte diefe Senetblialogie großen Vorrat. So
nannte man vıpauara die Geſtirne einer glückverheißenden Gonftellation,
tanevouare die Beftirne welche nur geringe Macht beflken (p. 734.1. c.).
Bei der weiteren Beurtheilung diefer Disciplin (p. 736 ff. Berk.) wiederholt
dann Sextus: apyn Toms nal wenep Beuslsog Tüc Xaibainig dori zo
_ Grhom 07 ÖROMONOr' KRO Tovrov yap r& Aoına Tüv xarıpny Auußere-
zei, 1@ ve anoxliuara nal ui enasapopal Ta Ta Tlywsa nal T& TEroR-
yara am ol ner’ avsa OyNuarıouol zar Aordpav, dno ÖL Narımy Tovzmy
ai rooayopsvoes. Bon bier aus folgert nun Sextus daß bie ganze Lehre
grundlos ſei. Denn wenn man den Horoſcopos bei der Operation hinwegnehme
fo ſei au Fein ueoovparoür, fein Büros, kein arsusoovparoür erkennbar.
Bermöge man aber biefe nicht zu beftimmen fo falle die ganze Doctrin ber Aſtro⸗
logen zufammen. Daß nun aber dad opomonovr Lwdıor nicht beflimmbar
fei laſſe fly auf verſchiedene Weife darthun (p. 737.). Zunächſt ſei es nit
auögemadt, ob man den Anfang ber Geburt von der Empfängniß oder von
dem Servortreten bed Kindes aus dem Diutterleibe ab in Anſchlag zu bringen
babe. Die Empfängnig könne nit genau beflimmt werben (p. 737. 738.),
mithin auch nicht das aufgehende Beflisn (ogomonour Ladıor). Ebenſo⸗
wenig fel es zu ermitteln welcher Zetttheil bei dem Hervortreten der Geburt
aus den Miutterleibe für die Beobachtung des wpooxonos In Betracht konnne,
da dieſe ja nicht fo ſchnell von Statten gehe und erft einzelne Theile des
Körpers zum Vorſchein Eommen che die Geburt vollendet werde (p. 739.).
Zur Ermittlung bed wpomonos fei ja aber bie genauefle Beſtimmung bes
Zeitmoments erforberlig. Auch könne obendrein der Rapport von dem Bei
der @ebärenden ſitzenden Aftrologen nicht fo ſchnell zu dem auf einer Höße
den Himmel beobachtenden gebracht werben, daß nicht während vieſer Zeit
eine Beränberung in ber Conſtellation möglich oder vielmehr dendis fet.
4,
1642 Hiatheomaiiet
Dann fei do nur des Nachts bei flernhellem Himmel jene Beobachtung
thunlich; am hellen Tage bleibe nichts übrig ald die Bewegungen ber Sonne
wahrzunehmen (p. 740.). Ubgefehen auch davon könnten bie Aufgänge,
Erfheinungen und Abſtände der Geflirne nicht fo genau beſtimmt merben.
Was noch nicht aufgegangen ſcheine könne doch fehon aufgegangen fein, u. ſ. w.
(p. 741.). Dazu Tomme die Veränderlichkeit der Luft, fo daß bie Erſchei⸗
nungen dem Auge (ara aranlamr Tic Oweonc) bald fo bald anders vor⸗
fommen können (p. 743.). Auch ſei ed unmöglih daß in den verfhiebenen
Neglonen der Erde das wpoomınovr Lodıor eins und daſſelbe fei. Berner
würden ja bie Beobachtungen nur felten von den Chaldäern bei der Geburt
ſelbſt angeftelt: vielmehr werde ihnen oft nur Bericht erflattet von Leuten
welche weder aſtronomiſche Kenntniffe beflgen no ſelbſt Beobachtungen ge-
macht haben. Dennoh werde auf diefen über die Gonftellation Beſcheid
ertbeilt (p. 744.), was offenbar für Täuſchung zu Halten fei. Werner haben
ja doch nit alle im gleichen Zeitmoment Beborne gleihes Schickſal. In
derfelben Zeit in welcher Alerander geboren, haben noch viele Andere zugleich
dad Tageslicht erblickt, von denen Feiner gleiche Groͤße erreiht habe. In Betreff
der Lebensdauer wird dies noch bündiger und bemeißfräftiger an Zwillingen
nachgewieſen, von melden der eine bald nach der Beburt flerbe, der andere
ein hohes Alter erreiche (Inc. auct. Chr. dial. Hermipp. s. d. astrol. Hb.
II. p. 36. ed. Bloch, Havn. 1830.). Endlich bemüht P Sextus no dar»
zuthun daß überhaupt der avoynuarouog ar aordpoy keinen ſolchen Einfluß
auf das Leben der Menſchen haben könne wie bie Chaldäer angenommen
(p. 746—48. Beil.). Binige Punkte in der Darftelung des Sert. Amy.
werden au durch bie Worte des Seera (Ep. 88.) erklärt (ut sollicitus
sin cum Salurnus et Mars ex contrario stabunt aut cum Mercurius
vöspertinum faciet occasum, vidente Saturno). So fand denn au fpäterhin
die genethliſche Aftrologie in der Literatur ihre Anhänger und ihre Gegner.
Vor Allen it Plotinus zu ermähnen welder die Dogmatik der Aftrologen
vieljeitig beleuchtet Hat. Nah dem Beugniß des Porpbyrius Hatte er anf
dieſem Felde tiefe Studien gemacht und konnte leidht eine Dienge Irrthümer
und Widerſprüche derſelben wahrnehmen (Ficinus ad Plotin. Vol. F. p. 209.
ed. Creuz.). Er bat die Gründe entwidelt warum ihre Kehren feinen Glauben
verbienen (ogl. Ficinus ad libr. IH. Enn. II. p. 110. 113. 114. 124. 227 ff. ed.
Bas. 1598.). Er bat nadhgewiefen wie fle fi auf einige Brfahrungsfäge,
auf Analogieen flügen und mehr erbichten ald Wahres vortragen (Bic. p. 222.
208. ed. Creuz.). Dagegen trat fpäter ala ein eifriger Vertheidiger ver
Aftrologte Iulius Firmicus Maternus auf, melder in feinen acht Büchern
Astronomichn die Dogmen der alten Schule in Schutz nimmt und die scien-
tiae venerabilia secreta gegen bie gemachten Angriffe zu figern ſucht (Lib.
I, 3. p. 6 ff. ed. Bas. 1533.). So führt er namentlih das Lebensende des
Dlotinus, welder Leinen Einfluß der Geflirne auf die Menſchen anerfennen
wollte, als Betipiel dafür an daß Jeder einem unabwendbaren Fatum ausgeſetzt
fei (1,3, 9 ff). Als einen feiner Vorgänger in diefer Wiſſenſchaft bezeichnet
er den Fronto, welcher dem Hipparchus gefolgt ſei (IE, 1, 15 ff.). Au
babe bereits M. Tull. Eicero Biniges über dieſe Wiffenfchaft in beroifchen
Deren mitgetbeill. Bon ihm felbft fei Alles, was die Aegyptier und Babp⸗
lonier hierüber gelehrt, in einer faßlihen Weife dargeſtellt worden. An einem
andern Orte (praef. ad libr. IV. p. 84.) bemerft er: Omnia quae Aescu-
lapius Enichnusqus tradiderunt, quae Petosytis explicavit et Necepso,
quae Abraham, Orpheus et Critodemus ediderunt celerique omnes hajus
artis antiscii, perlecla in his perscripsimus libris. Dann entwidelt er die
geſammte Gonflellationdlehre weit ausfährlider ale Gertus Empiricus und
beginnt mit der Gintheilung des Zediacus. Er erörtert dann bie decreia
|
| Mutkitse — Hatlömi 4648
|
planetarum per duodenas coeli stationes (lib. IH, 1fj.). Giner feiner
Hauptfäge if, daß der Menſch ald eine Heine Welt, ganz als Analogon des
Univerfums geſtaltet, dem Einfluß der Geſtirne ausgeſetzt fei (HIT, 1. praef.
p. 45.). Daß tiefem Autor die generhliihen Studien bartnädige Beinde
und Anfläger zugezogen hatten berichtet er ſelbſt praef. ad libr. IV.p. 83 ff.
Er ſah AG deahalb genöthigt feine Lieblingswiſſenſchaft eine Zeitlang auf-
zugeben, kehrte aber ſpäter mit frifchem Ciſer zu ihr zurüd. In der bezeich⸗
neten Ausgabe des Firmicus Mat., Bafel 1533. fol. befinden ih noch fol-
gende aflrologifhe Schriften: 1) ein im barbarifchen Latein abgefaßtes Qna-
dripartitum, welches hier ala Product des CI. Prolemäus von Velufſium bes
zeihnet wird, wahrſcheinlich eine Compilation aus älteren aftrologifgen Werten. ,
@s find hier aspectuum figurae und termini Chaldaeorum beigegeben (p. 12.
16. 17. 18. 19.). Dann folgt 2) ein ebenfalls dem GI. Ptolemäus bei-
gelegte& Centiloquium, Jo. Joviano Pontano interprete (p. 74 ff.). Dann
3) Almansoris astrologi proposiliones ad Saracenorum regem (p. 93 ff.).
Dann 4) Bethem de horis planetarum (p. 110 ff.), und Zahelis de elec-
tionibus (p. 112 fi.). 5) Messahallach de ratione circuli et stellarum etc.
(p. 113 ff.). 6) De nativitatibus secundum Omar libri III. (p. 118 f.).
Nah diefen Machwerken folgt endlich M. Manilius Astronom. ad Caes. Aug.
libri V. — Hieher gehört auch noch der Dialogud Hermippus von einem
unbeRimmten chriftlihen Autor gegen Ende bed vierten Jahrh. nah Chr.
(Incerti auct. Christiani dial. Hermippus sive de astrologia libri 11. ed.
Bloch, Havniae 1830.). @inen Theil diefed Dialogs hatte bereitd Schneider
(ad Theophrast.) herausgegeben. Die Aſtrologie wird in dieſer Schrift in
ähnlicher Weile wie von Firmicus Maternus gepriefen (I, p. 2.), nur mit
dem Unterſchiede daß bier der chriftlide Standpunkt obwaltet. Die Geſtirne
deuten jedoch nur das Künftige an, ohne es ſelbſt zu bewirken (I,8. p. 10f.).
Auch Hier wird Die Lehre angenommen, baf bie einzelnen Glieder des Leibes
einzelnen Geſtirnen entſprechen (I, 13. p. 16 f.). Dann wirb gegen bie
Meinung früherer Aftrologen angenommen, daß die Geſtirne das Ende des
Lebend nicht beſtimmen (II, 5. p. 35 f.). Die Urſtoffe und erpeugenben Ele⸗
mente aller irdiſchen Dinge ſeien in dem Himmel (II, 15. 4 1.) u. f. w.
Am Schluffe wird der Vortheil, welden das Studium ber Uftrologie bringe,
entwidelt (II, 20. p. 60 ff.). Die Diction diefer Schrift iſt rein und bat
mit der des Lukianos Aehnlichkeit, welchen ver Verfaſſer fih zum Muſter
genommen zu haben ſcheint (f. Bloch praef. P: IV.). [Kse.]
Muthitae, Volk im Innern Libyens bei Plin. VI, 30, 35. [F.]
Matho, |. Naevia u. Pomponia gens.
Matiäna (7 Mararn, Strabo II, p. 73. XI, p. 509. 531. Ifb.
Ehar.-p. 2. 6. Stepb. Byz. p. 448., ſchon von Herob. V, 5. als 7 M«
zınyn erwähnt, bei Btol. VI, 2,5. fälſchlich 7 Muouerm), ber ſudweſtlichſte
Diſtrikt von Media Atropatene längs des Grenzgebirgs gegen Armenien und
Afigrien, bewohnt von den Matiani (Maxınvoi, Herod. 1,202. ITI, 94. V,49.
Dionyf. Ber. v. 1002.; Mæricyoi, Polyb. V, 44. Gtrabo I, p. 49. XI,
p. 531. Plin. VI, 16, 18.), nach denen das benachbarte Gebirge, auf welchem
der Gyndes (j. Kerah) entipringt, bei Herod. 1,189. das Matieniſche heißt.
In ihm lag der große Salziee Spauta (j. See von Urmi), den baher Btol.
1. 1. 7 Magtıarn (fait Mauern) Arırmn nennt. Bol. auch Strabo l,p. 49. [F.]
Matiömi, 1) P. Matienus, im zweiten pun. Kriege trib. mil. und
von Scipio mit M. Sergius zu den Locrern gefandt (Liv. XXIX, 6.). Im
Folge blutiger Händel welde fie mit raubfüchtigen Soldaten des Proprätors
O. Pleminius bekamen wurden bie beiden Iribunen auf deſſen Befehl mit
Ruthen gehauen und von feinem Heere ermordet (ib. 9.), ſ. Pleminia gens.
2) C. Matienus, duumvir navalis (im 3. 573 d. St.) ala welder
1644 Mutilten — C. Mätikas
er feinen Poſten am Sinus Galliens Hatte und dem 2. Aemilius in feinem
Kampf gegen die Ligurer fecundirte (iv. XL, 26 extr.). Er nahm den Ligu⸗
reen 32 Kaperſchiffe ab (ib. 28.).
3) M. Matienus, Prätor im I. 583 — 171 v. Er. N XLI, 28.)
mit bem often in Hispania ulterior (ib. XLII, 1.), wo er fi der avaritia
und superbia ſchuldig machte, wurde von den Provincialen beim Senat an
geflagt, worauf ein Recuperatorengericht beſtellt wurde, vor weldem fo arge
Sachen vorgebracht wurden daß er endlich freimillige Verbannung (nad Tibur)
wäßlte (Liv. XLIII, 2.).
4) C. Matienus C. F. OVE. Ovicula, praeco u. designater, auf
einer Inſchrift aus Pontecorvo bei Gruter p. 625, 11.
5) Matiena, Q. Liberta Rufa u. Matiena P. et). Liberta
Svavis, a. e. Inſchr. aus Birentia bei Diuratori, Thes. II, p. 784,4. [W.T.]
Matilien ($rontin. de Colon. p. 106., die @inw. Matilicates bei
Blin. III, 14, 19.), Kleine Stapt im Innern von Umbria an den Quellen
bes Aſis in den Apenninen; no jetzt Matelica. [FE] -
Matlle (Tab. Peut.), Ort der Batavi in Gallia Belgica zwiſchen
Agrippinä Prätorium und Albiniana Eaftra, nad @luver. Germ. ant. II,
36. p. 493. und Ufert. II, 2. S. 533. j Koudekerke, nach b’Anville Not.
erg x Wilhelm S. 109. aber Rhyneburg unfern Leyden am alten
ein. [F.
Metinus, cin Berg oder ein Borgebirge Apuliens am Abhange des
Gebirgs Garganus, deſſen Horatius wegen der Nähe feiner Vaterſtadt Ve⸗
nufla öfters gebenft (Epod. XVI, 28. Od. I, 28, 3. 1V, 2, 27.). Aug
Qucan. IX, 185. ermähnt calidi buceta Matini. Der heut. Name iſt WMati-
nata. Vgl. Momanelli Topografia del regno di Napoli II, p.209f. IF.]
Matiopolis (Maronol:s), nah Scymn. fr. v. 6. aus non. Per.
Pont. Bux. p. 13. Hudſ. ver frühere Name ber Stabt Cruni oder Diony⸗
fopolis in Nieder⸗Möſten. [F.]
Matisa (Maxoc, Btol. II, 2, 7.), Stadt im Innern von Gerfica ;
j. Matagi. [F.]
Matiseo (GCäf. B. G. VII, 90. I. Ant. p. 359. Tab. Beut.), eine
Stadt der Aeduer in Ballia Lugdun. am Arar u. an ber Strafe von Aug-
bunum nah Auguflodunum; j. Mason: vgl. Valeſ. Not. Gall. p. 923. u.
Millin Voyage I, p. 403. [F.]
Matites (Marrss, Ptol. IV, 6, 19.), Bolt im SW. von Libya In-
terior. [F.]
"Mattum, ]) Stadt an der nördlichen Küfle von Greta, Dia gegenüber
(Bin. IV, 12, 20. vgl. Hoͤckns Ereta I. S. 403 f.) — 2) Ort in Goldis
(Blin. VI, 4, 4.), vielleicht identifh mit Madin bei Piol.-V, 10, 6., an
der Mündung bes Phafls, angeblih j. Mais. [F.]
C. Mättus, rom. Ritter, geboren ums I. 670 d. &t. In Griechen»
Iand machte er längere Zeit (f. discessus diuturnus, ic. ad Fam. XI, 27, 2.)
felne Studien und lebte nach feiner Zurückkunft nah Rom nur für die Wiſſen⸗
f&aften und für Gäfar (feinen necessarius nennt er ihn bei Gic. ad Ram.
XI, 28. wieberholt) ohne jedoch durch ihn fih in das politiſche Bartelgetiiebe
bineinzteben zu laflen, vielmehr hielt ex fi von aller Öffentliden Thaͤtigkeit
entfernt und begnägte fi fortwährend mit einer Wirkſamkeit und Stellung
wie fie fpäter Mäcenad bei Auguft eingenommen bat. Seine Anfpruchälofig-
keit und Liebenswürdigkeit neben geblegenen Gehalte (svavissimus doctissi-
musqve homo, Gic. ad Fam. VII, 15, 2. vgl. Macrob. Sat. I, 4. homo
impense doctus, Gell. VI, 6. doctas vir; XV, 25. eruditus), fein Flarer
Did, fein Befonnener und zuverläßiger Charakter (temperatus et prudens,
ad Att. IX, 11,2. u. bef. ad Fam. XI, 27, 6.: omnia me tua delectant, sed
©. Mäties 1645
maxime maxima cum fides in amicitia, consilium, gravitas, constantia, tum
lepos, humanitas, litterae) befähigten ihn in auögezeihnetem Grabe zu ber
Rolle eines Vermitilers. Sein mildes Welen flimmte immer für ben Frieden
(Cie. ad Att. IX, 11, 2. existimatus est semper auctor otii), und al& e8
dennoch zum Kampf kam u. Cäſ. flegte da war er es der auf Mäßigung
drang (Eic. Fam. X1, 27, 8.: te et non suscipiendi belli civilis gravissi-
mum auctorem fuisse et moderandae vicioriae, in hoc qvi mihi non as-
sentiretur inveni neminem). Am bezeichnendſten tft für feine goldene Ge⸗
Ännung feine eigene Erklärung bei ic. Fam. XI, 28, 3.: neque Caesarem
in dissensione civili sum secutus, sed amicum qyamqvam re oflendebar
tamen non deserui; neque bellum unqvam civile aut etiom caussam
dissensionis probavi, «qvam etiam nascentem exstingvi summe studui.
Er habe von Cäſar's Sieg nicht den geringflen perfönlichen Vortheil gehabt.
Civibus viclis ut parceretur aeqve ac pro mea salute laboravi. @r war
Cãſar's guter Genius; nur konnte jener feinen einfach:treuen Rathſchlägen
nicht immer das Ohr leihen, da ſeine Wege vielverſchlungen und ſein letztes
Ziel ſelbſt feinen Vertrauteſten verborgen war. Cäſar's Intereſſe war immer
ſein Augenmerk und nur wenn ſie dieſes nicht kreuzten burfien andere Inters
eſſen, auch feine eigenen, von Ihm Förderung erwarten (vgl. ad Fam. XI,:
27,2.). Mat. ſcheint während des Bürgerkriegs Italien nicht verlaffen zu haben ;
nur nad Brunduflum folgte er dem Gälar (ad Fam. XI, 27, 3. vgl. ad
Att. IX, 15. A.) und nahm dann In Mom der Abweſenden Anliegen und
Interefien wahr (auch Cicero 8, ad Fam. XI, 27, 4.). Nah Cäſar's Zurück⸗
funft brachte er deffen Ausſöhnung mit Cicero zu Stande (ib. $. 5.), wie
Letzterer überhaupt geſtehen muß. daß Mat. jo lange er auch ſchon mit Ihm
in Berüßrung ſey (nemo est mihi te amicus antiqvior, ib. $. 2.) noch nie=
mals ander als ehrlih, treu und wohlmeinend gegen ihn gehandelt Habe
(ib. 6. 6.), wiewohl Cie. den Mat. wegen feines Kahlkopfes gelegemtfich mit
Spottnamen bebient (ad Att. XIV,5.9,8. XVI, 11,1. Calvena, u. ib. XIV, 2.
gararomue). — Eäfar’3 Ermordung erſchütterte den Mat. aufs Tieffle: er
zog fih anfangs von allem Umgang zurüd und konnte es fich nicht anders
denken als daß Caäſar's Tod den Untergang des Stanted na ſich zichen
mwerbe, und Cäſar's Verdienfte und Unentbehrlichkeit glänzend fich herausftellen
wöärben (ad Au. XIV, 1—3. vol. Fam. XI, 28, 4.). Bald aber, bei dem
Umſchwung ter Dinge zu Gunſten der Cäfarianer, entwickelte auch Matius
eine lebhafte Ihärigfeit (ib. 4, 1.). Namentlich beforgte er im I. 710 mit
Boftumius die Epiele welche der junge Dctavian Cäſar zu Ehren gab (ad
Fam. XI, 28, 6.), was Cic. fehr ungern ſah (ad Att. XV, 2, 3.), und es
fam bald ‚u gegenfeitigen Erklärungen, mündlichen und ſchriftlichen (ad Fam.
xl, 27. 23.) zwiſchen Mat. u. Cic. Jener rechtfertigte glänzend fein ganzes
Benehmen und befhwerre fi namentlich darüber daß man ihm zumuthe fi
über den Mord deflen zu freuen, in welchem er den größten Dann (amplis-
simus homo, ib. 28, 5.) bewundert und den theueflen Freund (vgl. ie.
Fam. VI, 12, 2. Suet. Caes. 52. Tac. Ann. XII, 60.) geliebt hatte, was
man Mufopferung der periönliden Gefühle für dad Beſte des Staates nunnte
(ic. Fam. Xt, 27, 8. 28, 3.), und daß die fog. Wiederherſteller der Frei⸗
heit die perſönl. Freiheit auf eine Weiſe beſchränken mie es unter Cäſar nie
vorgefommen fey (ib. 28, 3.7.). — Mat. trug die Liebe und Treue welche
er dem Gäfar gewidmet auf deffen Erben über und flarb nie es fcheint erft
na dem 3. 730 d. ©t., vgl. Pin H. N. XII, 2, 6.: primus C. Matius
ex eqvestri ordine, Divi Augusti amicus, invenit nemora tonsilia intra
hos LAXX annos. Die von Manfo (Verm. Auff. S. 286 f.) aufgeftellte,
von @. Paſſow (Kor. Briefe, Einl. Anm. 172.) gebiligte Anficht daß unter
tem Gatius bei Hpr. Sat. II, 4. Matius gemeint fey iſt neuerdings mit Recht
— — — —2—
1646 MNiatorinus — Hatrimonlum
allgemein verlaſſen worben, |. Mitſcherlich vor dem Böttinger Katal. auf 1832—
1833. op IV. Weichert poet. lat. p. 415. Franke fasti hor. p. 117. [W.T.]
enn der von Gel. VI, 6. XV, 25. XX, 9. Macrob. Sat. I, 4. ers
wähnte Matius (in den Hpfehr. auch Mattius) identiſch iſt mit dem Vorigen
ſo iſt wohl in dieſen Stellen C. zu leſen ſtatt Cn. Es werden ihm dort
Mimen in Jamben (Mimiambi) zugefhrieben und einige Proben verfelben mit«
getheilt; ſ. die Zuſammenſtelluug bei Bothe Latt. Seenice. fragmm. P. Il. p. 265
und in der Antholog. Lat. III, 189 ed. Burm. Ep. 120 Meyer. Bu Eyr. |
Senit. ed. Zell p. 5. Auch bie Ilias des Homer fol Matius überſeht
baben, von welcher lieberfegung zwei Berfe bei Barro (De L.L. VII, 5.
p. 372.) angeführt,imerben ; vgl. Wernsdorf Poett. Latt. minn. T. IV.p. 568 fl:
und ebenfo ſcheint er auch nicht verfchienden von dem C. Matius, welcher auf
dent Gebiete der Landwirthſchaft und der Kochkunſt und Tafelkunde ſchrift⸗
ſtelleriſch thätig war, f. Coluwella XII, 4, 2. und 44, 1. wo er binzufügt:
„illi (dem Matius) propositum fuit urbanas mensas et lauta convivia in-
struere; libros tres edidit, quos inscripsit nominibus coci et cetarii et
salmagarii;“ f. meine Geſch. dv. Röm. Bit 6. 66 Not. 1 ff. und v. Leutſch
in der Zeiiſchr. f. Alterthumswifl. 1834. 164 ff. [B.]
Matorinus, römifcher Töpfer auf 5. Scherbe von Augſt, ſ. Roth
Mitth. der Geſellſch. f. vaterl. Alterth. in Baſel. I. ©. 15. [W.]
Matralia, |. Matuta.
Matreium (Tab. Peut.), Ort im Oſten von Rhälien, j. der Marki⸗
fleden Matray am Sil. [F.]
Matrica (It. Unt. p. 245. Not. Imp.), Ort im Oflen von Bannonia
Inferior am Danubind und der Straft von Salinum nah Amamatia mit
einer Sarnifon von Reiten. Mannert II. ©. 665. ſucht ihn beim heut.
Erifl, wo man oͤfters Alterthümer finde. [ F.]
Meteimi, f. Patrimi.
Matrimoniem. I, Bei ven Griechen (au6 dem Gefichtapunkte bes
Staats). Die Ehe mar ein Gegenſtand der Geſetzgebung infoferne als das Be:
ſtehen des Staates weſentlich auf der Fortpflanzung bed Geſchlechts beruhete. Der
geringe ſitiliche Gehalt, welchen die Griechen überhaupt in das eheliche Ver⸗
bältniß legten, fpricht fi am deutlichſten und fehärftten in den zu Sparta
geltenden Beſtimmungen aus; dort Fannte man Teinen andern Zwed ber Ehe
als einen phoſiſch⸗ politifhen, fie war nur dazu da, um den Giaat mit eine
Träftigen Nachkommenſchaft zu verforgen, und zwar mar fie dort, wie in
Kreta (Ephorud bei Strabo X. p. 482), nit nur an fi geboten, —
Hageſtolzen unterlagen einer Buße und waren der Öffentligen Verachtung
preißgegeben, — fondern aud rechtzeitig und in paflenver Weile, ein Geiep
defien Verlegung ein Verfahren ayauıov, oyıyauiov und xaxoyauiov nach
fh 308 (i. unter Ayauoı, vol. Stob. flor. LXVII, 16. Plut. Lyc. 13.
Arhen. XII. p. 555. Clem. Aler. strom. 1. p. 182). Der Ball bei Plut.
Ages. 2 daß König Archidamus von den Ephoren aeflraft wird weil er
eine zu Fleine Frau genommen, mag in bie letzte Kategorie gehören. In
welchem Grade aber dort das Gefühl für die höhere Bedeutung ber he
abgeftumpft war zeigen namentlich die Geſetze, nad denen nit nur die Che
mit einer unfruchibaren Frau nicht bindend war (Herod. VI, 61. vgl. V, 39),
fondern welche au dem bejahrten Ehemanne geftatteten, mit einem Jüngeren
und Kräfiigeren unbeſchadet des ehrlichen Verhältniſſes feine Rechte zu tbeilen,
um Kinder zu erzielen. und dem ımverheirarheten Manne welcher ſich Kinder
wöänfchte, die Erlaubniß gaben, fi mit einem Chemanne über ein zeitweili-
ges Abtreten feiner rau zu dieſem Zwecke zu verfländigen (Xen. d. rep.
Lac. 1, 7 f. Blut. Lyc. 15). Ia man fol es dort ſogar nicht verfchmäht
haben, ven Ausfall der männlichen Bevölkerung durch Knechte ergänzen zu
Matrimenimn - 1647
laſſen (Xheopomp bei Athen. VI. p. 271 D.). Die Seltenheit des Chebruchs
in Sparta iſt demnach in der That nicht zu verwundern (Blut. Lyc. 15).
Höher war allerdings in Athen das ehelihe Verhältniß geachtet; denn ob⸗
wohl au bier bei der durchaus untergeorbneten und gedrückten Stellung ber
Frauen tem Hautflande die eigentliche Seele, daB Kamilienleben, fehlte, auch
hier das raıdonosioda: als oberſter Zweck der Ehe galt (Xen. Mem. II, 2,4.
Dem. g. Neaer. p. 1386. $. 122), fo verirrte ſich doch der Arhener nie zu
einer Profanation verfelben nah Urt der Spartaner, vielmehr warb feine
wenn auch befähränfte Anficht einigermaßen durch den frommen Wunſch vere
edelt, ſich ſelbſt in feinem Geſchlechte fortdauern zu ſehen (Iſokr. Aegin. $. 35.
Sjäus Menekl. $. 36. 37. 46. Apollod. $. 30 f. Dem. g. Makart. p. 1053.
6. 11. p. 1073. $. 68. p. 1076. $. 75. p. 1078. 6. 80), und durch die ehr»
furchts volle Rückſicht ſowohl auf die Götter, denen jeder einen dienenden Stells
vertreter zu binterlaffen hatte (Plat. d. legg. VI. p. 773), als auch auf die.
Gräber der Vorfahren, melche fort und fort der Sorge und Pflege von den
Händen Angehöriger bedurften (Iſokr. Plat. 6. 24. Iſäus Menekl. 6. 46.
Apollod. $. 380). Gleichwohl war hier die Ehe nicht ſchlechthin geboten, we⸗
nigftens iſt es zweifelhaft mit welchem Rechte die in Sparta geltende Sim
arauiov von Plat. d. am. prol. 2. u. Poll. VIII, 40. au auf Aihen bes
zogen wird. Diefe Beſchränkung der natürliden Breiheit verträgt ſich nicht
wohl mit dem Charakter der athenifchen Verfaffung ; die angegebenen Gründe
waren an ſich hinreichend, das Bingeben ver Ehe ald eine Pflicht erſcheinen
zur laſſen und einen inbireften Beweis gegen den Chezwang möchte man in
den fehr ausgebehnten und außgebildeten Beſtimmungen über die Adoption
finden (f. unter Adoptio), woburd für den Ball der Ehelofigkeit dem moͤg⸗
lihen Ausfterben einzelner Bamlien auf das Sorgfamfle vorgebaut wurbe.
Ausnahmsweiſe finden wir nur Rednern und Strategen geboten, maıudorosiode:
zarte Tovs vouove (Dinarch. 9. Dem. $. 71), um fle mit den fefleften Banden
an dad Vaterland zu fetten. Die Rückficht auf eine blos Eräftige Nachkom⸗
menfhaft beim Eingehen der Ehe, wie fie zu Sparta herrſchte, wurde in
Athen durch eine andere wenn nit völlig erieht, doch in den Schatten ges
ſtellt, dur die auf das nasdorouiode: yryoiwg (Dem. g. Neaer. p. 1386.
$. 122), auf eine ebenbürtige Nachkommenſchaft, auf Reinerhaltung der Civität
als der Grundbedingung des Staatöbürgerthums (f. unter Civitas. In Sparta
verbot ein altes Geſetz nur ven Heralliden ex yuraınoc alAndariic temvovode,
Plut. Agis 11, vgl. Nicol. Damasc. bei Gtob. flor. XLIV, 41). Böllig
ausgebildet aber erfcheint der Begriff einer rechtögiktigen Ehe zuerſt in dem
Gejehe des Perikles, uorovs "Adnreaiovs eiraı rove En dvorr ’Adnralor
zeyovoras, Plut. Per. 37, vgl. Ael. var. hist. VI, 10. XIII, 24. In vefien
Folge wurden bei der Olymp. LXXXHI, 3. angeflelten Sumpngıos von
19000 vorgebligen Bürgern beinahe 5000 aus der Bürgerrolle geftrichen
(Blut. a. O. Schol. zu Arifl. Vesp. 716). Perikles ſelbſt fuchte fpäter, da alle
feine ebenbürtigen Söhne geflorben waren, zu Gunſten eines natürlichen
Sohnes um Wiederaufhebung dieſes Geſetzes nad, das Volk geftaitete ihm
jedoch nur ausnahmsmeife denfelben in feine Vhratiie einzuführen, was mit
der Adoption als gleichgeltend zu betrachten iſt. Erſt im Laufe des pelo⸗
ponneflfchen Krieges kam das Belek nach und nach außer Gebrauch, bis es
unter Euflides von Ariftophon wieder hergeflellt wurde, jedoch mit der aus⸗
drücklichen Beſtimmung daß es auf bie vor diefem Zeitpunkt Geborenen nicht
zurüdwirfe (Sſäus Cir. 6. 43. Dem. g. Eubul. p. 1307. $. 30 f. g. Neuer.
p. 1350. $. 16. Athen. XIII. p. 577 B. Schol. Meſch. p. 230 Bell.). Ein
Dauptrequifit zur Rechtobeſtändigkeit der Ehe war demnach das vorgängige
Verlöbniß, ayyurons, der zu Verheirafhenden als einer Bürgerin von Seiten
ihres xvosos, ded Vaters oder Großvater oder Bruders (Dem. g. Leoch.
⁊
1648 Mintkimne mlust
p. 4095. 6.49. g. Steph. II. p. 1134. $. 18), in Ermangelung derſelben
wohl auch des nächſten männligen Agnaten oder des Bormunds (Ach. g.
Tim. $. 13). Im Unterlaffungsfalle galten die auß folder Ehe entfprofienen
Kinder für iflegitime (Ifäus Cir. F. 19) und waren von ben Erbanſprüchen
ausgeſchloſſen (Dem. für Phorm. p. 954. $. 32). Vgl. Meier im At. Proc.
©. 409. Betrügerifchhe Verlobung aber mard aufs Schärffte geahndet; war
Einer überführt, eine Nichtbürgerin vorgeblih als Bürgerin einem atbenifchen
Bürger verlobt zu Haben, fo ward nah dem Geſetz bei Dem. g. Neaxer.
p. 1363. $. 52. fein Vermögen confitciit, er jelbft fiel in Atimie Nicht
minder Hart ward auch Verheirathung einer Bürgerin in die Fremde an einen
Ausländer (edeyayr) beftraft, Lyſ. g. Agor. $. 67. Plut. vit. dec. orr.
p- 834. E. Die übrigen rechtlichen Beflimmungen, welche fih auf die Ver⸗
heirathung der Erbtöchter, auf Die Mitgift, auf das Verhalten während ver
Ehe und auf die Cheſcheidung beziehen, f. unter &mixAnpos, Dos, xaxwuız
und Divortium. — Das heirahefähige Alter des jungen Athenerd begann
mit dem 18. Jahre (Dem. g. Boeot. p. 1009. $. 4. avrsßn yap nor dender-
205 10 natoos Orzaxaudenesın yauas, und noch bezeißnender p. 1011.
6. 12. sub 6 sUHvS änsıoe nepl Orranaidex En yeysııuEroy yıuca, for
gleih, d. h. ſobald es nur geſetzlich geftattet war, ein Zeitpunkt der mit ber
Einzeichnung in die Bürgerrolle und mit bem ardo« eiraı domuradnres zu«
fammenfält), dad der Jungfrauen vermutlich mit dem 15. Iahre (Xen. Oecon.
7,5). Wie es in Sparta damit gehalten wurde, wo ed übrigens noch einen
gefeklichen terminus ad quem gegeben haben muß befien Ueberfhreitung bie
Klage owıyaniov begründete, wiſſen wir nicht; doch da Lykurg für bie Jung-
frauen ven höchften Bunft körperlicher Reife ald das zur Berhetrathung
paſſende Alter anfah (Xen. d. rep. Lac. 1, 6. Plut. Lyc. 15), fo merden
die in Sparta geltenden Beſtimmungen mehr oder weniger nit ben Segeln
übereintommen, mie fie Heſtod, Plato und Ariſtoteles geben, von denen der
Erfte O. et D. 695 für ven Mann das 30fle, für vie Frau das 1Bdte, der
Zweite, d. legg. VI. p. 785. dad 30—35fte, und 16—20fle (vo wieder
Rep. V. p. 460. das 3Ofte und 20fte, und d. legg. VI. p. 772. das 25fle
für den Mann), der Letzte Polit. VII, 14, 6. das 37ſte und 18te Jahr feft-
fegen. Lieber die Wiederverheiratfung Vermittweter |. Luctus oben ©. 1200.
Hinſichtlich des Vermanbtichaftsgrades war man In Sparta wie in Athen fo
wenig bedenklich, daß man bie Ehe zwiſchen Geſchlechteangehoͤrigen, was fh
am beutlicäften bei Verforgung der Erbtöchter ausſpricht (f. unter amixiroos)
in aller Weiſe vorzog und beförberte (vgl. Dem. g. Makart. p. 1076. 5.74.
und für Sparta Müller Dor. II. ©. 198), ja felsft Ehen zwifchen Bes
ſchwiſtern, fofern fle von verfchiebenen Müttern abflammten, für nicht uner-
laubt hielt, wie bie Beifpiele des Simon (Plut. Cim. 4. Nep. Cim. 1.) und
des Archeptolis (Blut. Them. 32) und ein brittes bei Dem. g. Eubul.
p. 1304. 6. 21. beweiien, wogegen das Vorgeben des Verf. ver Hebe g.
Alcib. $. 33. ganz unbegründet if. Durchweg aber in Griechenland iſt Mono-
gamie die herrfchende Sitte, und für Athen die Erlaubniß der Bigamie durch
das jedoch ſchon Im Alterthum angezweifelte Märchen von den beiden Frauen
des Sokrates (Athen. XIII. p. 559. Diog. Laert. 11, 26. Plut. Arist. 27.
vgl. Luzac lectt. Aut. p. 54 ff.) und das noch unbegrünbetere von Guri-
pides bei Gell. noctt. Att. XV, 20. durchaus nicht zu erwelien, und richtiger
ans der Sefattung des Concubinats zu erflären, wogegen fi auswärts nur
die and politifcher Nädficht befohlene doppelte Verheirathung des Anaxan⸗
dridas in Sparta (Herod. V, 40) und die faum in Betracht kommende bed
Tyrannen Dionyfiud (Diod. XIV, 44. el. var. bist. XIII, 10) ausnahms-
weife finden Vgl. Curip. Androm. 178 u. 465 ff. — Im Allg. ſ. Iacob6
⸗
Matrimenium 1849
vorm. Schriften IV. ©. 165 ff., Hermann Lehrb. d. Staatsalt. 6. 118 f.,
D. Müller Dorier II. ©. 280 ff., Becker Charifles II. S. 439 ff. [West]
| H. Bon den Römern wird matrimonium erklärt als viri et mulieris
coniunctio individuam vitae consuetudinem continens, ober omnis vitae con-
sortium, oder divini et humani iuris communicatio, Gell. I, 6. IV, 3. Dio
Gafl. LVI, 8. vgl. Liv. I, 9. Es war alfo eine freiwillige Bereinigung
zweier Berfonen verſchiedenen Geſchlechts zu inniger Kebendgemeinfchaft, deren
Zweck zugleich Kindererzeugung war, worauf fi die afte bei @ingehung der
Ehe übliche Formel liberorum quaerendorum causa bezieht, Plaut. Aul. I,
1, 26. Capt. IV, 2, 109. 2iv. LIX. Feſt. v. quaeso p. 238. M. Gai. I, 29.
Augufl. de civ. dei XIV, 18. contr. Faust, XIX, 26. Briſſon. de form.
VI, 22. Die höhere Bedeutung der Ehe fehlte dem blos geſchlechtlichen Zus
ſammenleben oder concubinatus (f. S. 1653.) und bem contubernium (Bp. II.
©. 632 f.) gänzlich; auch war der Unterſchied praftif, namentlich in Bes
tiebung auf die Kinder, wichtig, denn die Kinder haben nur dann einen
\Bater wenn fie auß einer eheligen Verbindung entipringen, Bat. I, 64.
1. Verſchiedenheit ver Nöm. Ehe. Bei den Römern gab es
tin matrimonium iustum oder legitimum (nuptiae iustae, Gai. I, 55. Ulp.
V. 2. Gic. de rep. V, 5.) und iniustum; jened war nad firengem Givik
tet , dieſes bIoB nad ius gentium giltig, entbehrte alfo aller civilrechtlichen
Birkungen, welche ver erften folgten. Iustum matrim. fette bei beiden Gat⸗
tm connubium (BP. II. S. 590:), Mannbarkeit, beiberfeitige Einwilligung
‚md die derer unter deren poleslas fie etwa flehen, voraus und verſchaffte dem
Vater volle Bewalt über feine Kinder (iusti liberi genannt, Liv. XXXIII, 37.
Euet. Vesp. 3. Gai. I, 77, oder legitimi, Cic. de rep. V, 5.), waͤhrend
ver Vater im malr. iniust. biefe @ewalt nit hat (Bat. I, 67, 80. Ulp. V,
1. 2.). Das matrimonium iustum war, je nachdem ed mit ober ohne in ma-
aum conventio eingegangen war, fltenger ober freier, und konnte in erflerem
Fall nur durch confarreatio, coömptio und usus geſchloſſen werden. Die
seligiöfe confarreatio war, was ®p. II. S. 587 in Abrede geflellt wurde,
fabinifgen Urſprungs, wie nammtlih aus Varro r. r. II, 4. hervorgeht.
Hier heißt es naͤmlich, bei den Heirathen der vornehmen Etrusker fey ein
Schwein geſchlachtet worden; bei der confarr. wurbe aber ein Schaaf und fein
Schwein geſchlachtet. Ueberhaupt if dad Opfer der Schweine griedpifchen oder
nordiſchen Urfprungs und fann deshalb mit der echt italienijchen confarr. nicht
wjammenhängen. Auch das bei den fabinifhen Ehen angewandte Wafler
und Feuer (Dion. 11, 25.) welches bei confarreatio nit fehlen durfte (f. Bo. IE,
&.588.), fpricht für den ſabiniſchen Urfprung derfelben, desgleichen daß der Sa⸗
biner Numa die römischen Eheverhältniffe sc. geſetzlich ordnete (Dion. II, 27.),
wobei er vorzüglich die Inftituse feined Stammes berüdfidhtigte. Die meiften
andern Gründe melde von den Veriheidigern des fabiniiden Urfprungs ver
confarr. vorgebracht werden (von Bluntfhli u. Göttling ſ. Bd. II, 6.91 f. und
außerdem von Ghriftianien, Nöm. R.Geſch. S. 83 und Danz, de sabina
—* origine, Jena 1844) find als geringfügig zu bezeichnen. Die elvile
edemptio iſt latin. Urſprungs — wenigſtens das uralte Kaufen der Gattin,
worauf ſpäter die coömptio gebaut wurde (f. oben S. 1470f.). Usus wurde
tingeführt um den in freier Che lebenden Gatten die Möͤglichkeit zu geben,
Ihre Ehe zu einer firengen zu maden. Daß aber dieſe firenge Che keines⸗
wegs urfprünglich den ‘Batriciern allein eigen gewefen fey, Bis die Plebejer
Iräter auch — durch coömptio und usus — ehelihe Gewalt hätten erwers
hen Lönnen (Wächter, Chefſcheidung S. 44 ff., Schrader, in Hugo's civiliſt.
Mag. V, ©. 140—148, Haſſe, Güterredht d. Ehegatten S. 76 ff., Rein,
Röm. Private. ©. 182.), ift jet mit Recht ganz verworfen ff. Bluntſchli,
im Schweizer. Mufeum f. hiſtor. Wiſſ. I, ©. 261 f.). Ge rn vielmehr
Bauly, Realsänckelop. IV.
1650 BEatkimenium
die She bei den meiflen Stänmien Italiens (eiwa bie Etrusfer- außgenom-
men, |. Göttling, Staatöverf. S. 31. 92.) feit der Urzeit ein ſolches Ber
bäftnig welches dem Hausvater eine eigenthümliche Familiengewalt verlich,
alfo immer eine firenge Ehe (mit in manum conventio). — Die freiere
Ehe (matrimonium iustum ohne in manum conventio), in melder die Frau
nit in des Mannes manus übertrat, fondern in der Gewalt ihres Materd,
Bormunded oder sui iuris blieb, mit Difpofltionerecht über ihr Bermögen, mag
zuerſt durch die Etrusker, dann auch durch Peregrinen überhaupt na Rom ges
kommen ſeyn, wo ſie ſich zuerſt nur als ein faktiſches Berhältniß befand, bie
fie nach und nach zu dem höhern Rang ber röm. Ehe erhoben wurde. Bluntfli
S. 271 Iäßt file mit I. Grimm, deutſche Rechtsalterth. S. 439 aus dem
Concubinat hervorgehen; — oder wir mollen lieber fagen, die Nömer faben
die freiere Ehe der Peregrinen zuerft ald Goncubinat an, bis fie diefelbe als
ein rechtliches Verhältnig und als wirkliche Ehe anerkannten. Allmälig
wurbe aber die firenge Ehe, namentlich gegen das Enbe bes Freiflaats, von
der freien überflügelt, wie damals fo mandes alte ſtarre Inſtitut von ben
formlofen und bequemeren Geflaltungen der neuen Zeit verdrängt wurde,
f. Bluntföli a. a. O. und oben ©. 1508 f. Der Leichtfinn der Männer
und Frauen, ſowie die Scheu der Frauen, aus ber väterlichen Gewalt in
die des Mannes überzutreten, waren daran Schuld (Tac. Ann. IV, 16.) und
in der mittleren Kaiferzeit gab es nur noch freie Ehen ohne in manum con-
ventio. Der Unterſchied der firengen und freien Che Hatte au Einfluß auf
die Benennung ber Ehefrauen, ſ. mater familias, uxor, matrona. — Neben
biefen beiden Arten der im Röm. Civilrecht geltenden She gab es no ma-
trimon. iniustum, welches blos nad ius gentium galt, weil die Bauten fein
cönnubium hatten (denn ohne connub. fann feine römiſche Ehe geſchloſſen
werben, Bb.11,S.590.), Ulp. V,4. Solde Ehen waren bie zwijchen Batriciern
und Plebejern, ehe lex Canuleia &hebündniffe unter ihnen geflattet harte;
feltbem hießen matrim. iniusta die zwiſchen Peregrinen oder die zwiſchen Roͤ⸗
mern und Peregrinen oder Latinen gefchlofienen Ehen. Die in diefen Ehen
erzeugten Kinder flanden nit in des Vaters Gewalt, denn patria potestas
iR ohne connubium und vollfländige Givität nicht möglih. Bat. I, 66 f. 93 f.
Dem Stande nad folgten die Kinder der Mutter, denn fie haben gleichiam
feinen Bater, Ulp. V, 8. 9. @ai. I, 67. Boeth. II ad Cic. Top. 4. Iſidor. IX,
8. 1. 24 D. de statu hom. (I, 5.). Die dur lex Mensia In biefer Ber
ziehung hinzugefügte Mobifitation f. S. 987. — Nicht einmal nach ius gen-
tium galt die blutſchänderiſche oder fonft verbotene Ehe (damnatus coitus;
nefariae, incestae nuptiae; incestum matrimon., nuptiae inutiles, interdictum
“matrim., Cod. 5, 5. u. 5, 6.). Gai. I, 59. 64. Ulp. V, 7. Die ben Incefl
bedrohenden Strafen ſ. S. 121 f.
IH. Gründung des matrimon. iustum. 1) Bebingungen der
Ehe. Einige Bepingungen find zur Giltigkeil einer Ehe unerläßlich, andere machen,
nicht erfüllt, die Ehe wenigftend nicht ungiltig; die erften bilden abfolute, bie
zmeiten relative Ehehinderniſſe. a) Abfolute Ehehinderniffe find mangelnder
päterlicher Gonfene, Ulp. V, 2. Appul. Met. VI, 115. patria potestas. Wenn
eine Frau unter Vormundſchaft ſtand fo Eonnte fie ohne des Vormundes auc-
toritas eine firenge Ehe mit in man. conv. nit eingeben, wohl aber eine
freie Ehe. Cic. p. Flacc. 34. Gben fo abfolut nothwendig war reifes Alter
(Up. V, 2. Suet. Oct. 34. Dio Caſſ. LVI, 16) und daß einer ber beiden
Batten nicht etwa bereits verbeiratbet war, Gai. I, 63. Bell. I, 23. Macrob.
Sat. I, 6. Inst. I, 10, 6. Auguft beftrafte in lex Julia de adult. Schließung
einer zweiten She vor Trennung ber erflen als stuprum (wenn ein bereitd
verbeiratheter Mann eine zweite Che ſchloß) und als adulterium (wenn eine
Frau bel Lebzeiten ihres Mannes ſich anderweit verheirathete), 1. 11 $. 12.
- men ber firengen he
Meieimenknm 1651
D. ad 1. Jal. adult. (48, 5). 1. 18. C. eod. (9, 9). 1. 7 C. de repud.
(5. 17). Nov. 117, c. 11. Mein, Nöm. Crim. R. S. 857 f. b) Melatine
Sinderniffe find: Ungleichheit der äußeren Berhältniffe und Verwandtſchaft
der Satten. Was das Erfle betrifft jo bob bie Ungleichheit oder mangeln-
bed connubium (3.8. zwiichen Patriciern und Plebejern vor lex Canuleia, zwi»
ſchen Roömern und PVeregrinen, zwifchen Bürgern und Freigelaſſenen u. a.)
bie Ehe zwar nicht auf, machte ſie aber zu einem nad Givilrecht ungiltigen
und nur nad) ius gent. geltenden matrim. iniust., f. Bd. 1I. S. 590 f.
IV. S. 1032. u. Sen. de ben. IV, 35. Die Gattin h. uxor iniusta 1. 13 $. 1.
D. ad 1. Jul. ad. (48, 5), Trefell ad Brisson. op. min. p. 202. Grupen,
de uxore Rom. p. 333 ff. Mein, R. Crim. Recht S. 841. Die in lex
Julia und Papia Poppaea audgeiprochenen Ehererbote f. oben S. 153. und
981. Bo. U, S. 391. Der Verwandiſchaft wegen 'maren verboten Ehen zwi⸗
ſchen Eltern und Kindern und zwifchen Gefhwiflern (ogar Stiefs u. Adoptiv⸗
geihwiftern), ſ. S. i21. u. @ai. I, 58. 59. 60. 61. 63. Ulp. V, 6. Cic.
p. Clu. 5. 6. Ebenſo verboten war bie Ehe zwifhen Oheim und Nichte,
Zante und Neffen, 1. 14 $. 2. 1. 39. D. rit. nupt. (23, 2), bis Kaiſer
Claudius aus periönligen Gründen dieſes Verbot aufhob, Suet. Claud. 26.
Zac. Ann. XII, 5—7. Die Eafi. LX, 31. Ulp. V, 6. Huber, de matrim.
Claud. et Agripp. in f. Diss. II, p. 169-193. Kaifer Nerva führte abet
das alte Recht zurüd, 1. 9. C. incest. n. (5, 5). 1.1. C. Th. eod. (3, 12).
Schrader ad Inst. I, 10, 3. ®oth. ad C. Th. Tom. I, p. 336 ff. Die Vers
bindungen zwiſchen Geſchwiſterkindern waren urſprünglich nicht anflößig, Liv.
l, 42. Dion. IV, 28. 30., bald darauf wurden fie unterfagt, Ulp. V, 6.,
dann aber wieber geflattet, Liv. XLII, 34. Tac. Ann. XII, 6. Plut. quaest.
Rom. 6., von Theodoſ. I. verboter, I. un. C. Th. si ex resc. (3, 10.). 1. 3
C. Tb. de inc. nupt. (3, 12.), von Juftinian wieder geftattet, Reitz ad
Theoph. p. 1183 ff. Schrader ad Instit. I, 10, 4. p. 70. Gothofr. ad
l. un. €. Tb. si nupt. ex rescr. (3, 10.) Tom. I, p. 331 ff. Shwäger-
haft galt erft unter den chriſtlichen Kaifern als Chehinderniß, 1. 5. 9. C.
de inc. (5, 5.). 1.2.4. €. Th. ineest. (3, 12.). ®othofr. Tom. I, p. 338 f.;
früher nicht (Liv. I, 46. Plut. Crass. 1.), einen Fall ausgenommen welder
Bd. J. S. 218 f. erwähnt ifl. E. Otto, de vetit. affin. nupt. Trai. 1730 u.
in Oeliiche thes. nov. III, 2. defi. de nupt. consobrin. in diss. iur. publ.
et priv. I, p. 79—134. I. $. aber, vicissit. iur. Rom. de incest. nupt.
Lips. 17693. &. &. Hofader, diss. sistens hist. et rationem iuris incest.
probib. Tubing. 1787. — 2) Verlöbniß und Eingehung der Ehe. Leber
das der Ehe oft vorausgehende Verlöbniß f. sponsalia; die Eingehungsior-
And oben ermähnt; bie freie Ehe ohne in manum
conv. bedurfte feiner Formalitäten oder Solennttäten, fondern ed genügte die
beiperfeitige Einwilligung zur Ehe zufammenzutreten (consensus facit nuptias,
1.30 D. de div. r. 50, 17. 1. 16 D. rit. nupt. 23, 2.). Unweſent⸗
lich war bie gewöhnlich fattfindende domum deductio, die Formel liberorum _
quaerendorum causa, und die ganze Sochzeitfeler überhaupt. Tac. Ann.
XI, 27. XV, 37. 1. 66 pr. D. donat. int. vir. (24, 1.) — Erſt Juſtinian
wrorbnete ſchriftliche Ehepakten bei der Verheirathung von personae illustres,
ov. 117. c.4.
II. Rechte in der Ehe. An Beflimmungen über perfönliche Rechte
in der Ehe iſt das Nöm. Recht arm, well die Ehe einen ebleren höheren
Charakter als andere rechtliche Inftitute an fich trägt. Darum beſtimmt das
Recht nichts darüber wenn Störungen des haͤuslichen Friedens vorkommen,
außer wenn biefelben fo ſtark find daß die Erreichung des Chezwecks un.
moͤglich gemacht und bie Scheivung herbeigeführt wird. Dagegen eriflirten
rechiliche Beftimmungen über ven Einfluß den die Ehe auf die Bermögend-
1682 äiatelmontam
verhaliniſſe beider Ehegatten haben folle. Lieber die Rechte bed Mannes in
der firengen Ehe mit in man. conv. iſt bei manus gefproden, wo aud bie
Bermögendfofigfeit der Battin in einem folden Bund ermähnt if. In ber
freien übe ohne in man. conv. war die Frau meder perfönlih bed Mannes
Gewalt unterworfen (Adktung und Folgſamkeit mußte fie dem Gatten narürs
lich ſteis beweifen — fonft wäre e8 feine Ehe gewefen), noch verlor fie die
Diepofition über Ihr Vermögen (wenn fie es nicht freiwillig dem Manne zur
Berwaltung übertrug), natürlih unter der Vorausſetzung daß ihr DBarer
oder Vormund zu ihren Verfügungen feine Einwilligung gab. Beifpiele f. Gic.
ad div. XI, 1. Plut. Cic. 41. Diefer Unterſchied hatte au) auf bie dos
Einfluß (Br. II. S. 1254 ff.), f. ebenfalls donatio ante nuptias und bie verbo-
tene donatio inter virum et uxorem, ®b. II, S. 1246. Bona receptitia endlich
h. die Bermögendflüde ver Frau, welche nit zur dos gehören, fondern
welche fie ſich befonverd vorbehalten hat (etma fo wie bad peculium ber
filii famil.), Gell. XVII, 6. Non. Marc. I, 267. Gine Beſchränkung der
bona recept. auf die firenge (Schilling Bemerf. ©. 173 f.) oder auf bie
freie Ehe ift nicht zuläßig, Zimmern, R.Geſch. 1, S. 573. 591 f. Wenn
die Frau dieſes Vermögen dem Manne zur Aufbewahrung und Berwalung
anvertraute, fo heißt fie in fpäterer Zelt parapherna, 1. 9 $. 3. D. de iur.
dot. (23, 3.). — Es bedarf aber wohl kaum einer Bemerkung, daß biefe
Trennung des Vermögens in freier Ehe mehr rechtlich beſtand als faktiſch,
und daß von ben rechtlichen Beſtimmungen meiflend nur im Ball einer fpärer
eintretenden Scheidung Gebrauch gemacht wurde, denn nad) der höheren Be»
deutung ber Ehe mußte während derielben Alles gemeinfam feyn, Genuß des
beiverfeitigen Dermögens ſowie gegenfeitige Theilnahme an Unglücksfällen xc.
Nur für den Ball des Toded oder einer Scheidung mußte das Vermögen
beider Gatten getrennt feyn und wenn bie Frau dem Satıen au Alles über:
laſſen und die Verwaltung nicht felbft geführt Hatte, fo durfte der Gatte tod
nie vergefien daß er jeberzeit angehalten werben £önne, Rechnung abzulegen
und Alles Herauszugeben, 1. 95 pr. D. ai l. Fal. (35, 2.). 1. 18 6. 1. D.
ut legat. (36, 35. Ueber dad Nichteramt des Gatten In firenger und freirt
he |. patria potestas.
IV. Auflöfung der Ehe. Die Ehe hört auf 1) mit dem Tod eine
ber beiden Gatten, Sat. II, 143. 111,5.; 2) durd ven Verluſt des connubium |
eines der beiden Gatten indem der @atte cap. dem. maxima erleidet, 1. 1.
C. d. divort. (24, 2.). Durch media cap. dem. eine Gatten Hört die
&6e auf, iustum matrim. zu feyn und wird nun iniust. (nad ius gent. giltig),
in welchem Fall der andere Theil die Ehe aufheben darf, 1. 13 6. 1. D. de
don. int. vir. (24,1.) 1.5$.1.D.de bon. damn. (48, 20.) u. 8b. 1, S.950.;
3) dur Scheidung. Die Ärengen Ehen waren [mer aufzulöfen und nur mit
beſtimmten Bormalltäten*, weit leichter bie freiere Ehe, f. Bo. I. ©. 1187 ff.
V. Bolgen der aufgelösten Ehe. Starb ver Gatte, fo war bie
Witwe zu zehnmonatlicher Trauer verrfliätet, f. Bo. IH. S. 549. und IV.
©. 1200. Nach vollendeter Trauer Eonnte die Wittwe eine zweite Che
eingeben (der Termin war nidht immer berfelbe, f. oben ©. 980. 1200.:
Heirarhete fie vor Ablauf des Termine, fo galt fle für infamis, f. oben
&. 150.), allein nit ohne moraliſche Nachtheile — wenigflend in der ältern
Seit, als der Ehebund für etwas Heiliges und nur einmal zu Schlleßendes
angefeben wurde. Darum mar univira auf den Brabfchriften ein ehrenvoller
Zufag, Orelli Inserr. 2742. 4530. Meinef. XIV, 73., während eine Frau
EEE EEE
“ Bel, dad Schriftchen: deli Matrimonio eo della sun indissolabilita presse
gli antichi Romani; memoria del Cav. Agato . de et,
A we 3 av. Agatone avv Laos Troachet, Revige
Matelmontum 1058
multarum nuptiarum, wie @ic. ad Att. XIII, 29. fagt, feine Achtung genof.
Put. quaest. Rom. 105. Tib. Gracch. 4. u. bef. Tertull. de exhort. cast.
13 de monogam. 13. Der famen und die flaminica (Bd. III. S. 479.)
burften nur einmal verbeirathet feyn, Zertull. exhort. 13. Bon einer zum
zmeiten Mal verheiraiheten Frau durfte die Bildfäule der Pudicitia, Fortuna
muliebris und mater Matuta nicht berührt und befränzt werden, Liv. X, 23.
Gef. v. pudicitizse p. 242. 245. M. Gerv. ad Virg. Aen. IV, 19. Tertull.
de monog. 13. Pronuba konnie nur eine ein Mal Verheirathete feyn, ef.
und Baul. Diac. h. v. p. 242. 244.M. . Auch waren die Bormen bei ber
Eingehung einer zweiten Ehe weniger ehrenvoll, z. B. die Frau war ohne
corona, Serv. ad Virg. Aen. XI, 476., das Brautbett mußte umgeftellt wer⸗
den, Brop. IV, 18,85 ff. IV, 8, 27 f. — Unter ben chriſtlichen Kaiſern war
die zweite Berbeiratbung mit Dermögenenadiheilen zu Gunſten der Kinder
erfter Ehe verbunden 1.3—9. C. de sec. nupt. (9, 9.). 1. 2. C. Theod.(3, 8.).
@. Mau, de principali causa odii seeund. nupt. apud vett. Lips. 1801.
VI. Concubinatus (nit zu vermedieln mit Ehe, noch mit stuprum,
f. stuprum u. pellex), iſt ein außereheliches geihlehtlihes Zufammenleben
eined unverbeiranheten Mannes (Paull. II, 20, 1. 1. 144 D. verb. sign.
50, 16. 1 3. C. comm. de man. 7, 15.) und einer unverheiratheten Frau
welche auf einer niedrigeren Stufe ald ver Mann flebt (als Breigelaffene,
Sclavin oder ein in üblem Ruf ſtehendes Brauenzimmer, quae obscuro loco
nata est, in quam sluprum non committitur, humilis, abiecta femina), fo
Daß eine flandedgemäße Ehe zwifchen beiden nicht hätte geſchhloſſen merben
fönnen. Dieſes inaequale coniugium, auch licita consuetudo genannte, nur
geſchlechtliche und der Innern Lebensgemeinſchaft ermangelnde Verhäliniß wurde
in lex Julia u. Pap. Poppaca erlaubt (wahrſcheinlich weil Kindererzeugung
auch baburd befördert wurde), jedoch ohne alle rechtliche Folgen, 1. 13. pr.
D. ad 1. Jul. adult. (48, 5.). Die Kinder ſtehen als unehelihe nit in
des Vaters Gewalt und haben nur eine Mutter, Gai. I, 64. Wenn eine
freie und ehrbare Frau diefed Verhältniß einging fo mußte das Goncubinat
Öffentlich angezeigt merben (testatio gen.), oder ed z0g die Strafe bed Kup
nad fich, I. 3. pr. D. concub. (25, 7.) — wenn der Mann das Verhält-
niß nicht etwa ala Ehe gelten ließ, 1. 24. D. de ritu nupt. (23, 2.). Eine
ſoſche Brau, die trotz ihrer freien Geburt Goncubinat einging, verlor ihren
guten Auf, 1. 41. $. 1. D. de ritu nupt. (23. 2.). — Wenn ein Patron
feine 2iberta zur Goncubine nahm fo war es für Ihn anfländiger ald wenn
er fie heirathete, 1. I. pr. D. concub. (25, 7.), auch fonnte de des adult.
angeklagt werben wie eine Frau, 1. 41. pr. D. rit. nupt. (23, 2.), 1. 13.
pr. D. ad Jul. adult. (48, 5.). — Aurellan verbot dad Concubinat mit
freigeborenen Brauen, allein ohne Erfolg. Vop. Aurel.49. — Daß ven im
Concubinat geborenen Kindern von dem Vater Bermächtniffe zugewendet wür⸗
den war zwar geftattet, allein mit manchen Ginfgränfungen, 3.8. von Gons
Rantin, von Arkadius und Honorius; Juſtinian warsmilder und gab fogar ,
Wege an wie foldde Kinder frei und Iegitimirt werden Fönnten, f. C. Th. de
natural. fil. et matrib. (4, 6.), C.eod. (5, 27.), 1.5. C. ad Scons. Orfit. (6, 97.),
Nov. 18. Lit. über Goncub.: &. Thomaſiue, de concub. Hal. 1713 u. Jen.
1749. &. 3. Windler, de connub. ex mente leg. rom. Lips. 1744. H. Dubois,
de concub. apud Rom. Trai. ad Rh. 1809. Zimmern, R.Geſch. I. S. 485 —
495. Birnbaum, zu Ereuzer Nöm. Antiq. S.484 ff. Walter, R.Geſch. S. 553 ff.*
Xir. über matrimon.: B. Briffonius de ritu nupt., de iure connub.
Par. 1564, in ®raev. thes. VIII. und in opp. min. ed. Trekell. p. 285—
ge M. Shmibt, diss. de concabinatu Romanorum usqve ad Constan-
tinum M., Berlin 1835, 8, 96 S. [W.T.)]
1654 Matzinii — Mairöna
388. %. Sotoman, de grad. cognat., adfinit., de spons., de rilu nupt. et |
iure matrimon. Lugd. B. 1969 u. in opp. I, p. 435—532. u. ®raev. thes. VIII.
P. de Touflieu, de iure nuptarum. I. Franeq. 1692, U. Trai. ad Rh. 1693
und in Welenberg, iurisprud. Il, p. 211—270. &. U. Srupen, de uxore
Rom. Hannov. 1727. ©. 9. Ayrer, de iure connub. apud Rom. Gott. 1736.
A. Nougarede, hist. des lois sur le mariage et le divorce. Paris an XI
(1803). ‚Greuzer, Roͤm. Antig. S. 82—110. I. ©. Haffe, Güterrecht ber
Ehegatten, Berlin 1824. I. Zimmern, R.Geſch. 1. S. 531—694. 833 — 842.
F. W. T. Eggers, über dad Weſen u. die Eigenthümlichkeit der altröm. Ehe
mit manus, Altona 1833. Nein, Röm. PBrivatr. S. 174—214. Walter,
R.Geſch. S. 532 —555. Göttling, R.Staats:erf. S. 82—101. [R.]
Matrinit. 1) T. Matrinius aud Spoletum, von C. Marius mit dem
— befßentt und daher von 2. Antiftius gerichtlich angefogten. Gic.
p. Balb. 21, 48.
2) C. Matrinius, röm. Ritter, hatte In Sicilien durch Q. Apronius
und Verres zu leiden. Cic. Verr. Acc. II, 24, 60. V, 7, 13.
3) D. Matrinius, Schreiber bei den Aedilen, von Eic. ums I. 685
vertheidigt in einem unbekannten Rechtehandel vor den Prätoren M. Junius
(Plin. XXXV, 19, 36.) und O. Publicius und den curul. Aedilen M. Plä-
torius und C. Flaminius (welche im I. 688 Prätoren waren, Cic. p. Cluent.
53, 147.), p. Cluent. 45, 126. Im I. 684 war er von ben Genfl. En.
Zentulus und 2. Gelius unter die Aerarier verfegt werben, ib. 45, 126.
Ob er mit dem von Cic. in dem Brief an ven aed. cur. M. Eilius (Jahr
704 d. ©t., ad Fam. II, 15, 5.) erwähnten Matrinius identiſch iR läßt
ſich nit entſcheiden.
4) Auf einer Inſchrift aus Sutrum in Etrurien bei Gruter p. 302,1.
werben zmei P. Martinius Sassula und ein L. Matrinius Milvos al® Prieſter
des Ortes genannt. [ W.T.]
Matrinus (Meroıros, Strab. V. p. 241. Biol. III, 1, 20. Mela
II, 4, 6.), ein Küftenflüßchen Mittelitaliens, über welches die Angaben der
Alten nicht übereinftimmen. Ptol. feßt e8 zu den Marrucinern, Mela zu ben
Srentanern, und Strabo läßt e8 bei der Stadt Hadria in Picenum vorbei
fließen und den Hafen derfelben bilden, und Hier feht allerdings au die
Tab. Peut. einen Drt Macrinum an. Dit Nüdfigt auf bie Angabe des
Strato Hält man es für tie heut. Piomba; und es würde fonadh die ſüd⸗
lie Gränze von Picenum gegen bie Befliner gebildet haben. Bol. auh
F
Abeken Dlittelital. ©. 118.
Matris, ein Ihebaner, von welchem ein 'HoaxAsovs eyaaor bei Athen.
X. p. 412 B. angeführt wird, wohl in Verſen, da er von Ptolemäus He⸗
phäflio als ein Hymnendichter aufgeführt wird, auch wohl berfelbe ift welcher
bei Longinus De sublim. III, 3. vorfommt, welchen jedoch Arhenäus I.
. 44. D. bier einen Athener nennt. Bol. Harles zu Fabric. Bibl. Graec.
P
II. p. 452 f. IB.]
Matron von Pitana (bei Suidas Margeas), ein griechiſcher Dichter
aus dem Zeitalter Philippo von Macebonien, defien Parodien (bef. Komers)
mehrfach bei Arhenäus (i. die Stellen im Inder bei Schweighäuſet T. IX.
p. 145.) citirt werden, ver von einer biefer Parodien, .leimror, ein Stück
von mehr als 120 Berfen aufbewahrt hat (IV. p. 134 D. fi.). Pal. Sabric.
Bibl. Graec. I. p. 550. IV. p. 481. Oſann Anal. crit. p. 73 f. Moſer
in Daub's u. Creuzer's Studien VI, S. 293 ff. Weland Diss. de parodd.
Homericc. Scriptt. (®ötting. 1833. 8.) p. 31f. [B.]
Mateöna. 1) Fluß in Gallien, der bie nörblihe Gränze von Ball.
Lugdunenſis gegen Belgica bildet und unterhalb Lutetia Bariflorum auf dem
rechten Ufer in bie Sequana fällt (Cäſ. B.G. I, 1. Auſon. Mos. 462.
.
Mattöna — Matronalia 1655
Ammian XV, 11. SEidon. Apoll. Paneg. Maior. v. 208.); j. Marne. —
2) Ein zu den Gotiijden Alpen gehöriger Berg bei Brigantium (It. Hieroſ.
p. 556. vgl. Ennod. Iter Brigant. v. 23 f. Coll. Pifaur. Vol. VI. p. 91.),
der nah Ammian XV, 10. feinen Namen (Matröna?) dem Unfalle einer dort
verunglückten vornehmen Brau verdankte. [F.]
Meatröne * ift nicht f. v. a. uxor, die Gattin in einer freien Che,
wie Grupen, de ux. Rom. p. 4 ff. 27., Eggers, dad Wefen ber altröm. Ehe
(f. 6. mat. fam.) und Tafel, de divort. p. 29. aus einer falſchen Erklärung
des Bell. XVII, 6. fchloßen, fondern matrona war ein allgemeiner Ausdruck
für jede ehrbare verbeirathete Frau, wie ſich auch aus Eic. p. Cael. 13 zeigt,
auf welde Stelle Beier, Gallus 1, S. 20. aufmerffam machte; f. ferner
Sfivor IX, 8. Ser. ad Virg. Aen. XI, 476. Es hatte alſo dieſes Wort
eine fitiliche Nebenbebeutung (fo Tonnte eine concubina nicht malrona ges
nannt werden) und vergegenmwärtigte die moralifche Achtung melde man in
Rom von jeher den verbeiratheten Frauen zolte. ine folde war in und
außer dem Haufe hochgeachtet und vor Injurien ſchon felt der Urzeit geihügt,
Plut. Rom. 22. Zefl. v. matronae p. 154 M. I. 15. 6. 15—23. 27 D.
iniur. (47, 10.). ®at. IV, 220. Inst. IV, 4, 1. Paul. V, 4, 21. Schol.
ad Hor. Sat. I, 2, 96 f. Die privatrechtlichen Verhältniſſe derſelben f. in
den betreff. Artt. 3.8. tutela, intercessio, dos, patria potestas, divortium ete.
Nur die ehrbaren Brauen durften die lange Stola tragen (1. Bo. IH. S. 1289.
u. Meretrix), Paul. Diac. v. matron. p. 125 M. Tertull. de pall. 4. de
cult. fem. 12. Non. Mare. XIV, 6. 7. Iflvor XIX, 2.5. Macrob. Sat.
1, 6, ebenſo die vittae, Serv. ad Virg. Aen. VII, 403. VIII, 666. XI, 478.
Dvid. de art. am. I, 31f. Trist. II, 251 f. ex Pont. III, 3, 51 f. Plaut.
mil. glor. III, 1, 196. und ſechs Flechten, Feſt. senis crinibus p. 339 M.
Pfaut. 1. 1. Tibufl. I, 6, 73f. Auch Hatten nur bie anfländigen Frauen
das Recht fi) der pilenta und carpenta (Liv. V, 25. Serv. ad Virg. VIII,
666. XI, 477. Feſt. pilentis et c. p. 245 M.) fowie der lecticae zu bes
bienen, f. S. 838. und Suet. Caes. 43. Dom. 8. Vgl. Carpentum, B». II,
©. 156. u. pilentum. Später freilih wurben biefe ‘Privilegien nicht mehr
geachtet. S. Santinell. de disciplina et morib. fem. Rom. Venet. 1734
und bie andern von Trekell. ad Brissen. sel. ex i. civ. ant. I, 4 citirten
Säriften. [R.]
Matzronalia, Feſt am 1. Merz von ven röm. Matronen begangen und
nach dieſen benannt. Warum gerade bie Matronen und gerabe am erflen des Mars⸗
Monats dieſes Feſt feierten darüber flellt Ovid Fast. III, 229 ff. vielerlei Erklaͤ⸗
sungen auf (Fruchtbarmachung, Verfühnung zwifchen den Sabinern und Römern
durch deren fabin. Frauen u. |. w.), welde nur fo viel beweifen daß damals
feine fefte Tradition über den Urfprung bes Feſtes mehr vorhanden war.
Matronales feriae nennt Tertull. Idol. 14. da8 Fe, u. Martial. V,.84, 11.
nennt «8 bie Saturnalien der Weiber. Dieb infofern als an biefem Tage
die Franen von ihren Männern (fpäter au die Mädchen von ihren Lieb⸗
babern) Geſchenke erhielten und die Brauen ihre Sflavinnen bewirtbeten.
Plaut. Mil. II, 1, 97 ff. Tibull. III, 1—4. Mart. 1. 1. Juven. IX, 53.
Sor. Od. III, 8. in. Suet. Vesp. 19. Macrob. Sat. I, 12. p. 256. Bip. _
Dieß fcheint jedoch mehr damit daß der 1. Merz der alte Iahresanfang iſt
ala mit der Beflfeier der Juno Lucina zufammenzuhängen. Daß biefer bie
Matronalia galten (jomit eine Bitte um Segen bei dem fpecififch weiblichen
Geſchäfte des GBebärend bezweckten) gebt aus Ovid 1. 1. 245 ff. hervor;
* Bon mater auf biefelbe Art gebildet und ſich dazu ebenſo verhaltend wie pa-
tronus zu pater. Die Silbe — onus, — ona iſt ein Augmentativ, vgl. im Spani⸗
(dem espada .umb. espadon, muger und mugorona. [W. T.]
1656 Matihaeus — Matutalıın
vgl. den präneſtiniſchen Kalender (Drelli Inser. II. p. 386.) beim 2. Merz:
Feriae Marti, Junoni Lucinae Exgqviliis qvod eo die aedis ei [dedica]ta
est per matronas u.f.w. Im Allgemeinen f. oben ©. 576. [W.T.]
Matthaeus Casnariota, aus Iheffalonih, der um die Mitte bes
1dten Jahrh. n. Ehr. zu Konflantinopel Philoſophie und Beredſamkeit lehrte,
Trieb eine Klage über ben Untergang des griech. Reichs, welche In Mart.
Gruflus’ Turco-Graecia (Basil. 1584. fol.) p. 76 ff. gedruckt fleht, dann zwei
-Meden über dad Schidjal, welche zu Leiden 1721.8. dur Neimarus heraus»
gegeben wurden; einen Eurzen rhetoriihen Unterriht (Zvronuun Rapadoax
Oreogunns) gab unter feinem Namen Dav. Hoelchel Heraus zu Augeburg
597. 8., dann I. Scheffer zu Hamburg 1675. 8. (und in befien Miscella-
nea zu Upſala 1697.); allein die Autorſchaft des Maithäus if ſehr zmeifel-
haft. Auch Hat jet Walz (Rheit. Graecc. I. p. 121 ff.) aus einer Turiner
Handſchrift einen Furzen Aufſatz heraudgegeben: 'Erıroun eis ra The onTopr-
xög rpoyvuraouere. ©. übrigens Fabric. Bibl. Gr. VI. p. 118 ff. [B.]
Mattiaci, eine germaniſche Voͤlkerſchaft, unftreitig ein Zweig ber
Chatten, ihrer öfllihen Nachbarn (mie ſchon der Name ber Hauptflabt ber
Ghatten Mattium oder Mattiacum beweist), am Rhenus (und zwar zwiſchen
dem Main und der Lahn im Naflauifhen) wohnhaft, und den Romern früh⸗
zeitig unterworfen (Tac. Germ, 29.), welde in ihrem Lande Seflungen und
Silberbergwerke befaßen (Tar. Ann. XI, 20.). lieber Spuren alıer Silber⸗
gruben im Dberamte Wiesbaden vgl. Wend, befl. Landesgeſch. II. ©. 90.
und Schmidt, Gef. des Großh. Heffen I. ©. 17. 19. Anm.). Ebendaſelbſt be⸗
fanden fih auch berühmte heiße Quellen, die Aquae Mattiacae (Plin. XXXI,
2, 17. Ammian. XXIX, 6, 2.), dad heut. Wiesbaden. Leber die Alter»
thümer ber Umgegend vgl. Dorow, die Opferfläten u. Grabhügel der Germ.
u. Röm. am Rhein, Wiesb. 1819. Reichsanzeiger 1802. Nr. 163. u. 288,
Steiner Inser. p. 145. 148—151.). Außerdem findet ſich auch noch eine
Mattiacorum civitas auf zwei Infchr. bei Orelli Nr. 4977. u. 4983., melde
Lehne im Rhein. Archlo I. S. 145. für das heut. Kaſſel bei Main, Hält.
Die Mattiaci belagerten mit den Chatfen und andern gerım. Voͤllkerſchaften
Mogundacum (Tac. Hist. IV, 37.), verfchwinden aber fpäter aus der Ge⸗
(dichte, mährenn in ihrem Gebiete Ulemannen erfeinen (Ammian. XVII, 1.
XXIX, 4.); doch finden fie fih in der Not. Imp. noch ‘unter den palatini»
fen Leglonen und in Verbindung mit batavifchen Koborten erwähnt. Nah
Martial XIV, 27. bezogen bie Roͤmer von ihnen (oder aus ber Gtadt
Mattium?) Selfentugeln (Mattiacae pilae) zum Färben grauer Haare. Uebri⸗
gend vgl. auch Zeuß, die Deutſchen ıc. ©. 98f. T[E.]
Mattiacum (Morranor, Ptol. II, 14, 29.) oder Mattium (ac.
Ann. 1, 56.), nad Tacitus die Haupiſtadt der Chatten, in der Nähe ber
Adrana (Ber), von Ptol. weſtlich vom Geb. Abnoba und noͤrdlich von Ar»
taunum angeſetzt. Man hielt fie fonft, jedoch mit Unredt, für Marburg
(vgl. Cluver. 11, 7. u. dagegen Mannert HI. ©. 461.). Eher könnte fle
an der Stelle des heut. Dorfed Maden an der Eher gelegen haben (vgl.
MWend, befi. Landesgeſch. I. ©. 76. Nommel, Seid. von Heflen 1.S. 19.
u. A.). Grotefend, Krit. Bibl. 1828. Nr. 8. hält fle für Mosbach bei
Biberich. Noch andere Anfichten f. bei Ufert III. ©. 299. Note 23. [F.)
Mattiarit, {. Lancea ©. 755.
Matanous, röm. Töpfer auf einer in Boorburg gefundenen Scherbe
des Leidner Muſeums, f. Ianffen Mus. Lugd. Inser. p. 143. [W.
Matuascum oder Matumsems (Tab. Peut.), Drt in Bontus an
ber Straße von Nicopolis nach Polemonium. [ F.]
Matucaiam (Tab. Peut.), Ort in Noricum, 14 Mil. nörbli von
Virunum an der Straße nach Juvavum (nah Mannert HI. ©. 646. das
Mätäia — NMavortius 1657
Dorf Hohenfeld an ber Gurk, nad Muchar, Norikum ©. 280. aber richtiger
ber Ort zwifchen ben Waͤſſern nörblig von Gtraßburg im Gurkthale). [F.]
ia, |. Matella.
Matüras, röm. Töpfer auf einer bei Rottweil gefundenen Schale,
f. Minh. des archäol. Vereins zu Rottweil S. 18. [W.
Matasarum (It. Ant. p. 419.), Ort in Zufltanien. [F.]
Matustans (Marovorara, Btol. V, 13, 16.), Stadt im Oflen von
Armenia Major. [F.]
Matäta, gewöhnlich Mater maluta, urfprüngli altitaliige Gottheit
der Frühe, Morgenhelle (i. oben S. 575.), ſpäter von ben Nömern, wahrſch.
bed Namens wegen, mit Leucotbea identifieirt, Cie. N. D. III, 19. Tuse.
1, 12., f. Ino. An ihrem Feſte, Matralia, am 11. Juni (f. Orelli Inser.
I. p. 392 f.) nahmen bie Mütter ihre Schweſterkinder flatt ihrer eigenen auf
den Arm, weil Ino den Dionyfod, den Sohn ihrer Schwehler Semele, er⸗
zogen hatte. Ovid Fast. VI, 479 ff.* Ihren Tempel zu Rom erwähnt Liv.
V. 19. 23. XXV,7. XXXIII, 27. XLI,28.; ebenfo den zu Gatricum, VI, 33.
VII, 27. XXVIIL, 11.*° [Kn.]
Metutinus pater nennt Hor. Sat. II, 6, 20. herzhaft ben Ianus
ala Beginner des Tages; ebenfo Martial. IV, 8. extr. matatinum Jovem
den Iuppirer melcher des Morgens begrüßt wird. [Kn.]
Matyeetae (Maruncca‘) ſcythiſche Volkerſchaft bei Hecat. fr. 156.
aus Stevb. Byz. p. 448.
[F.
Maubae (Meißaı, Ptol. V, 18, 5.), Ort in Mefopotamien am
| @urbrat. IF.]
Mavis (Blin. V, 8, 8.), ein Ort Im Norden Aethioplens. [F.]
Mavitania (Plin. III, 3,4.), Küftenfirig im W. von Hiſpania Tarrac.
zwifchen ben Baftulern und Gonteflanern (in heut. Murcia). [F.]
Maumsa (An). Maumaram), Plin. VI,29,35., Stadt im Norben
Aethiopiens. [F.]
BMavortius, 1) f. v. a. Mars, f. d. ©. 1979. Anm. — 2) Praef.
praet. in Italien unter Gonflantius (3. 356.), vir sublimis constantia, Amm.
Marc. XVL8,5. Wenn er identiſch tft mit dem Mav. Lolllanus an melden
Jalius Zirmicus feine Astronomica gerichtet hat und von welchem er VIII, 15.
audfagt daß er ſich durch feine Strenge ordinarii consulatus insignia ers
mworben habe fo mar er in demielben 3. 356 au Eof. (die Fasti cap. haben
h.a. Fl. Lollianus, vgl. Cod. Theod. XI, 30, 25.). Indeſſen wird Lollianus ſonſt
nicht ald Beiname des Mavort. angegeben, namentlich nit auf den Inſchriften
wo er vielmehr Vettius Agorius Heißt. Die volftändigfte Aufzählung feiner
Titel und Würden gibt die Infhrift aus Rom bei Gruter p. 1102, 2. aus
dem 9. 387 n. Ghr.: Vettio Agorio Praetextato V. C. Pontifici Vestae,
Pontif, Soli, XVviro, Auguri, Tauroboliato, Curiali, Neocoro, Hierofantae,
Patri sacrorum, (vaestori, CGandidato, Praetori urb., Correctori Tusciae
et Umbriae, Consulari Lusitaniae, Proconsuli Achaiae, Praef. urbi, Praef.
praet. II Italiae et Illyrici, Consuli designato. Faſt biefelbe Aufzählung,
nur mit dem Schlußbeljage: Legato amplissimi ordinis septies et ad impe-
trandum rebus arduis semper opposito fleht ib. p. 486, 3. Als uxor
Vettii Agorii Praetextati, Praefecti et Consulis designati wirb ib. p. 309, 4.
® Bol. auch Barro L. L. IV, 22.: testuatium, qvod in testa oaldo coqvebatur
at etiam nanc Matralibus id faeiant matronne, Piut. Qvaest. rem. 16.17. [W. mi
”* Die Statue einer Frau mit ber Unterfchrift am Godel: Matutae Lug. (ie
Rom) f. bei Gruter Insor. p. 60, 8. (mit Abbildung); die Infchrift eines LAltars
aus ber Nähe der Stadt Eori: Matri Matutae, ib. 60, 7. u, Drelll Ar. 1501.35
eine Abuliche aus Pifaurum bei Drei Nr, 1500. [W.T.]
W. 104 *
_
— - zu.
‘
1658 Maurali — Maurl
vgl. 310, 1. Fabia Aconia Paulina genannt. 8) Vettius Agorius Basilius
Mavortius, cos. sine collega im 3. 527 n. Ehr., im I. ver Thronbeflelgung
Juftinians (Fasti cons.). Schon vorher hatte er eine Hofftelle in Conſtan⸗
tinopel bekleidet (ex comite domestico). Ihm wird der Cento aus virgili-
ſchen Berfen, iudicium Paridis betitelt, in der Anthol. lat. I, 103. Burm.
zugefrieben. Beſonders bekannt aber iſt er geworden dadurch daß mehrere
Handſchrr. des Horaz die Unterfrift haben: Vettius Agorius Bssilius Ma-
vortius vir clariss. et inlustris, ex comite domestico, ex consule 'ordina-
rio, legi et ut potui emendavi conferente mihi magistro Felice oratore
urbis Romae (Vanderbourg les Odes d’Horace 1. p. 395. Peerlkamp Hor.
Carın. p. XXU. Vgl. Bv. II. S. 1471. IV. u. ib. ©. 1480.), d. 5. Mar. lad
fein Exemplar laut vor und Zelir Tas in einem andern Eremplare nad und
bemerkte die Berfchlevenheit der Lesart. Vgl. Peerlkamp 1. 1. Die Leiſtung
bes Mav. kann fi daher nur auf die Wortkritif erflredt Haben. [W.T.]
Maurali, ſ. Manrali.
Maurensit (Moavorrao:, Ptol. IV, 1,11.), Volt im D. von Mauri-
tania Tingitana. [F.]
Mawrianse, f. Marinianae.
Mauri, Mauritanis (Mauret. Forbiger, Handb. d. alt. Geogr. II.
S. 862. Anm. 52.), Mevoovai« oder Mavpovaior* yr, nad feiner urs
fprünglichen geringern Ausdehnung gegen Often j. Moghrib-ul- Alfa, oder Fer
and Marokko, das. weſtlichfte Land Nordafrika's (Strabo 137.), mar im
NM. durch Mittelmeer und [retum Gaditanum, im W. dur den atlan-
tifhen Deean, im ©. dur Bätulien, im DO. durch den Fluß Wuluda
(Sal. Jug. 19. Strabo-627. Mela I, 5.) begränzt. Im Folge der Ber-
bindungen feiner Königöfamilie der Bochus mit Mom und Noms Bartei>
führern in den Bürgerfriegen (f. Bd. I. ©. 1124 f. 1140 f. u. Hamafer,
Miscell. phoenic. p. 153 f.) dur weſtnumid. Zandestheile unter mandherlei
durch die wechſelnde Nömergunft bedingten Gränzwechſeln nah Oſten zu er⸗
weitert, und zulegt in öftlicher Ausbehnung bis zur Hafenflabt Salda (Strabo
831. Dio LIE, 26.) von einem numid. Prinzen, Juba II. und deſſen Sohne
Ptolemäus beherrſcht, wurde e8 nach bed Letztern Ermordung durch Galigula
(Sueton. Cal. 26. 35. 59. Dio LIX, 25.) von biefem zum röm. Meiche
geſchlagen, feine @intheilung in Tingitana im W. und Caesariensis im O.
unter ihm vielleicht noch eingeleitet, dagegen ausgeführt erft von Claudius,
und Maurit. Caesar. wohl jeßt fon durch ben Landſtrich von Salda bis
zum Ampfaga noch vergrößert (PBlin. V, 1, 8. Dio LX, 9. Ptol. IV, 2, 3.).
Beide Provinzen murden von dba an unter dem Namen der ‚beiden Mauri⸗
tanien” von Procuratoren aud dem Ritterſtande verwaltet (Lac. Hist. I, 19.
11, 58 f. Plin. V, 1, 12. vgl. Syart. Hadr. 6. Agathem. II, 5. Biol.
IV, 1, 2.). Wahrfeinlih in Folge der von Diocletian an bis Gonftantin
fih gänzlid umgeflaltenden Staatöverwaltung und Reichseintheilung wurde
von dem langgeftrediten Maurit. Caesar. der Strich zwiſchen Salda und dem
Ampſaga unter den Namen Maurit. Sitifensis zu einer eigenen Brovinz ab⸗
geihieven (vgl. Procop. b. Vand. II, 20.), dagegen das biöherige zweite
* Der Name ber Bewohner in biefer Form kommt bei ben frühern Griechen,
3. 8. Polpb. III, 33, 15. und Gtrabo (f. oben), dagegen in ber audy von deu Rö⸗
mern gebrauchten (Maupas) bei ben fpätern, 5. B. Dio LX, 9. vor Co. 8, if fett
Mavg.: Mapovosos zu lefen, f. Wb. UI. ©. 571. Nr. 9.), ber auch bad Land
Mavosravia nennt, XLIII, 3. MVonadıs heißen fie bei Plus. Sulla 3,, wie wınge:
Pehrt die Namider oft in Mauri (Flor. IV, 2, 34. 65. 89. Gntrop, V, 6, War.
Bict. v. ill. 49. 66.) ober Mavpovosos (Procop. b, Vand, I, 26, II, 8,, der Diefen
Namen erneuerte,) mit einbegriffen werben,
Maurltanis 1680
Maurit. ober Tingitana vielleicht ſchon früher zu Hispania geſchlagen wurde,
mit welchem ber Verkehr in Handel und Truppenſendung (Orelli Inscr. 1.
Nr. 455.) wider bie fo oft fih empörenden Mauren zur See leichter war
als mit Maurit. Caesar. zur See und zu Land (Mannert, Geogr. von Afrika
u. ©. 392 f.), baber bei Rufus 4. die Maurit. duae als Sitifensis. und
Caesariensis (Drei II. Nr. 3672.) bezeichnet, aber Tingitanica Maur. c.5. als
eine provincia Hispaniarum aufgezählt wird. * — In diefer feiner fpätern
bedeutenden Ausbehnung nah Often aljo befaßte Maurit. in feinen zwei
öflicden Abtheilungen, Caesar. und Sitif., den größten Theil Algiers öfilich
vom Wad el:Kibbir (Ampſaga) an in fi, und wäre fomit dur den ges
nannten Bluß oder das Hinter ihm liegende Numidien im O., im ©. aber
begrängt durch den „‚mons Astrixis, qui dividit inter vivam terram et are-
nas iacentes usque ad Oceanum‘‘, Oroſ. I, 2., morunter alfo, mit M.
Wagner, Reiſen in d. Neg. Algier I. ©. 453 f. zu reden, „die Bergzüge
von Gonflantine, Setif, Medeah, Miliana, Mascara zu verfichen wären,
bie immer niedriger werben je weiter man fl ven Ebenen des Blad⸗el⸗
Dieriv oder des Kobla, feiner weſtlichen Kortfegung, nähert, fo daß bie
Norbgränzen biefer trodenen Steppen aus Öden, mwellenförmigen Hügeln bes
flehen.“ — Um nun mit der Schilderung von Weflmaurit. oder Tingitana
zu beginnen, fo iſt diefed in der Richtung von NO. nah SW. von der
majeftätiihen aber auffallend ſchmalen ** Kette des hohen Atlas (Mitter,
Afrika S. 893 f.) durchzogen, welche an vielen Orten mehr denn 15,000’
über den Meeresipiegel erhaben (Plin. V, 1, 6.) das Land beſchattet, und
feine DBegetation theild vor tem zerfiörenden Gluthauch der ſüdlichen Wüften-
winde ſchützt, theils durch die von feinen Schneegipfeln (mento senis, Virg.
Aen. IV, 246 f. Sil. tal. I, 201 f.) niederriunenden, für Afrika zahlreichen
Bergwaſſer fle befördert (Braberg v. Hemfö, das Sultanat Moghrib⸗ul Akſa
©. 3. u. 9 f. d. deutſch. Ueberſ, im Auszug Aueland 1832. Nr. 328 -3848.).
An feinen den wüflen Strandküſten des Ocean (Mitter am a. D. ©. 909f.)
zugefehrten Weſtabhängen fleil und unfruchtbar (Plin. $. 6.) war er dagegen
(nad demſ. 6. 14. Solin. 24, 8. Strabo 826. Grab. ©. 18. Birg. Aen.
IV, 249.) an feinen übrigen Abhängen mit dichten, hoben Wäldern von zum
Theil uns unbelannten Bäumen bekleidet, morunter bie Citrus den Römern
jene fo theuer bezahlten Tiſchſcheiben Tieferte (Voß zu Virg. Georg. 11,126 f.
ſ. ®v. II. ©. 389. Lucan. Pbars. IX, 426 f. Martial. XI, 67,6. Stat.
Sylv. I, 3, 35.), von Zrüdten aller Art in Menge überwuchert (Plin. 6.
Grab. S. 16.) und von zahlreihen, durch die Sage in Aegipane und Satyrn
umgedichteten Affen bewohnt (Plin. 6. Mela I, 4.). Aber au die von
den Bergen des Ailas umbegten, zum Theil köſtlichen Thäler und Ebenen —
eine auf ber Norpweflfeite des. Gebirgszuges, die andere ſüdoͤſtlich daron,
»So erſcheinen auch in ber Notitia Dignitatum Orient. et Occid. p. 80f.
p. 93 f. Maur. Cacsar. und Sitif. je mit einem praeses, der bem Vicarius Afrioae
untergeordnet, unter ben afrikan. Provinzen. Bol. Amm. Marcel. XXIX, 5. —
Schon Otho „provinciae Baeticae Maurorum civitates dono dedit‘‘, Tac. Hist. I, 78,
vgl. Plin. V, 1, 3. — Aethicus in feiner Cosmogr., Orof. I, 2. Iſidor. Etymol.
XIV, 4 f. und die Notitia Episcop. eccel. Afrio. führen drei Mouritanien auf.
* Melia III, 10. Daher er den alten Küftenfahrern wie eine einzeln ſiehende,
Iuftige Himmelsfäule erfhien, AU, v. Humboldt, Anfichten der Natur ©. 18. — lieber
diefen noch im der röm. Zeit „ſagenreichſien Berg Afrika’s“ Plin. V, 1, 5., bei ben
Qingeborenen Dyris (ebdf. $. 13. Strabo 825.) oder Adderis (Solin, 24, 15.
Brad. S.9 f.) genannt, welchen Herodot (IV, 184. u. daſ. Baͤhr, vgl. Nitzſch 4. Odyſſ.
I, 52 f.) der Geographie vindicirte, und die an ihn gefnüpften Sagen von Wutäns,
Gorgo (Juven. XII, 4.), Herkules, und ben Heſperiden f. Bd. I. ©. 512. 917f.
III. ©, 913 f. 1167 f. Werfchiebene Anleitungen bed Worte „Atlas“ ſ. hei Grab.
S. O ſ. u, Wagner ©. 452,
1660 Maurttania
ein Theil von Blad⸗el⸗Mſcherid (Schäg, Gemälde von Afrifa 1. ©. 420.) — |
entfalten eine jährlich drei Ernten gewährende Fruchtbarkeit in rieflgen Garten
£räutern und Arzneigemächien verfhlenener Art, wie Paflinafen und Arti-
ſchoken, Schlangenmwurzeln und Euphorbien, fo wie in Weinflöden von faſt
ellenlangen Trauben und in mancherlei @etraivearten, „welche das Volk zu
Nom acht Monate nährten“ (Joſ. B. 3. II, 16, 4. p. 189. ed. Haverc.)
und von benen der Bahen das ſchmackhafteſte Brod von ber Welt Liefert
(Strabo 131. 826 f. Mela III, 10. Pin. V, 1, 16. Grab. ©. 16. 18. 36.
76 f. Höf, Nachrichten von Marokos S. 303 ff. Beil. z. Allg. Zig. 1844.
Nr. 229. u. 231. Dal. die lebendige Schilderung Wimmers am a. D.
©. 420 f. und die Zeugniffe von Leo Afrifanus Über dieſe Fruchtbarkeit von
Maurit. bel Külb, Geſch. d. Entdeckungsreiſen u. f. f.I. ©. 347 f.). Maurit.,
wie überhaupt Nordafrika von Carthago an, fehr thierreich, hegte außer den
ewöhnlichen Hausthieren, befonderd den treffliden Schafen und Pferden (f.
‚1662.), Löwen und Panther, ven Römern zu ihren Hegen erwänidt, @les
phanten, Meiner ald die Invifchen, für den Krieg und wegen bed Gifenbeins
geſucht, Gazellen und Antilopen, Schlangen, Strauße und Affen, diefe na⸗
menilich jeht noch in großer Zahl, und einft ben vorüberfahrenden Alien auf
den Waldbäumen und Hügeln ver Küfle fo ergöglid (Poildon. bei Strabo
827.), wie den Neuern au auf andern norbafrifan. Küflenpunften (Wagner
am a. D. ©. 215.); das ſüdlich angränzende Netbiopenland ſandte auh
Nashörner und Biraffen, welche letztern feit I. Gäfar dem röm. Volk ven
Zeit zu Zeit zur Schau geflellt wurden (Plin. VII, 18. Dio XLIN, 23.
$. Gapit. Gord. tert. 33. Bopisc. Aurel. 33.J; von den mit dem Meere
in Reichthum an Fiſchen metteifernnen Flüſſen follen einige au Krokodile,
Slußpferde * und Blutigel, dieſe von gewaltiger Länge geführt haben (Her odot
IV, 191. Strabo 131. 826 f. Aelian. H. Anim. XIV, 5. Serodian. I,
45, 11. Sor. Od. II, 10, 18. Blin. V, 1, 5. 12. 19. Solin. 25. Zul,
Gapitol. Gord. 3. Mionnet, Descr. de med. ant. VI. p. 597 f. Suppl. IX.
p. 214 f. Grab. ©. 195. HÖR S. 2575.). Süpöfli vom heut. Bez nun
theilt Id vom hoben Atlas ein Seitenaft, der kleine Arlas, Er-Mif in ver
Landeöfprache; nachdem biefer eine Weile nordwärts geftricden, fpaltet er ſich
beim heut. Teza im Weflen des untern Muluchalaufes wiederum in zwei
Zweige, von denen ber eine (?Diur bei Biol. IV, 1.) links fi wenden
die weſtlichſte Spike von Maurit., dad Gap Ampelusia (f. Gpartel), ver
andere (?Phofra Hei ebdſ.) rechts Rufſadir (j. Cap der drei Babeln) bildet,
und von da öoͤſtlich durch Maurit. Cäſar. und Sitif. theilweife-in ſechs Ketten
Hinzieht, im Grunde als ein ungeheurer Maffif (Hügelland), deſſen Zweige
in allen Richtungen auslaufend im Norden lange und fruchtbare Thäler um- |
ſchließen, während feine Abhänge Im Süden in weite Ebenen von zweifel⸗
after Fruchtbarkeit bis zur Sahara verfinfen (Brab. S. 10f. Wagner
S. 452. Ritter S. 889 f. Ausl. 1844. Nr. 330. Allg. Zig. 1844. A. Beil.
zu Nr. 232. u. Beil. Nr. 233. — Ptol. IV, 1. ſpricht neben dem Ardaz
pailor au von dem A. aAarror, aber in anderem Sinne, vol. barüber
und Über bie Namen einzelner Arme dieſer Kette Korbiger ©. 864 f.). Zwar
bören wir das Rändergebiet dieſes Kleinen Atlas gegen die nah Grab. ©. 16.
von Seinem Land der Erde übertroffene Fruchtbarkeit Marokko's faſt eine Wüſte
nennen (Audl. 1844. Nr. 276. ©. 1103.), und fhon Strabo (829.) fprit
von Öven Gegenden im Innern des Landes füolih von diefem Heinen Atlas;
doch finden ſich auf Hier (ſ. oben) vie ſchönſten Pflanzungen von Frucht⸗
kant. Kin ben —— man zum Theil bie Hypotheſe vom Urfpruna Bed
. NAıld and einem Ger in Niedermanritanien gr , .
gayen. * anien gruͤndete, Plin. V, 9. Ammian,
Maurl 1681
bäumen, von venen ber Meltlotus Wein gibt, und von Getraidefeldern mit
Salmen von fünf Ehen Höhe und 240fältigem (?) Ertrag und an einigen
Orten von zwei Ernten, obgleih bie Erbe, fagt Strabo, nicht ordentlich
bepflügt, fondern nur mit zufammengebundenem Wegdorn aufgefragt wird;
auch nennt er das Land einträglicher und mehr vermögend, denn bad eigente
liche Numidien. Im Berglante finden fib Nubinen und Karfunfeln, Erdpech⸗
quellen und Kupfergruben: tagegen werde diefer öſtliche Theil von Maurit.
neben zwei Ehen langen Givechfen durch geflügelte und ungeflügelie Scor⸗
pione und Giftfpinnen von ungemeiner Größe und Menge heimgeſucht, gegen
welches und auch andere® Ungeziefer die @inmohner bet der Arbeit und im
Schlafe ſich durch manderlei Mittel zu ſchützen trachteten (Gtrabo 830 f.;
auch Ptol.IV,2. erwähnt yaArwpvyua in den wehlihen Thellen bed Durdue⸗
gebirges im Oflen des Muluda, die dem fogenannten mittlern Arlas beizus
zählen find, Bitter S. 891 f.). — Dem Lande gaben bie Bewohner den
Namen, indeß, mie ihre öſtlichen Nachbarn vom Wanberleben, fo fle ſelbſt
den ibrigen von ihrer dunkeln Hautfarbe erhichten, Zucan. IV, 678. Juven.
XI, 123. Eil. Ital. II, 439. Manil. Astron. IV, 728f. Grab. ©. 54!
vgl. Plaut. Poenul. V, 5, 10. (2. Marcus zu Blin. ed. Pandoude Vol.
IV. p. 149. leitet ven Namen aus dem hebraͤiſchen over phönic. Ya her;
unflatihaft, weil bieß wohl ändern, aber nicht feinen Wohnflg ändern d. 1.
nomabiflren beißt). Wie die Numider und ihre eigenen heutigen Nachkömm⸗
linge, fo zerflelen aud die Mauren in eine große Anzahl von Stämmen (Ptol.
V. 3.2. Sie nad ihrem Neben und Uebereinanderwohnen ordnend aufs
gezählt zu haben ift ein Verpienft von Korb. S. 870 f.). Als vie bedeu⸗
tendfien ober hiſtoriſch Intereffanteften möchten etwa zu nennen ſeyn, in Tin⸗
. gitana an der Meerenge bie Metagonitae (Strabo 170. 827f.); ſüdlich von
biefen bie Masices und noch ſüdlicher die Macanitae (im It. Anton. p. 2.
Macenites Barbari, Berbern), im öſtlichen heile der Provinz die Mau
renses und die wefllichen Herpeditani, von dieſen durch den Mulucha ge»
(Steven im Weften von Maurit. Gäfar. ihre öftliden Stammbrüder, ſüdlich
oder ſüdoöſtlich von biefen bie Masaesyli (bei Ptol. IV, 2. als ein einzelner -
Stamm aufgezählt, bei Anvern, 3. B. Liv. XXVIII, 17. gens adfinis Mauris
genannt, und als Maurusii Numidae XXIV, 49.* mit ihren Wohnflgen bis
zum Dcean audgevehnt); mehr nad Oſten die Mazices** und endlich in
Sitifenfis die Musulani, die bis nah dem eigentlihen Numidien bineln
wohnten (ac. Ann. II, 52. IV, 24 f., bet Btol. IV, 9. Misulani). — Wenn
Strabo (828.) nicht ohne Vermunderung fagt daß die Mauren troß Ihres
trefflichen Aderbodend bis auf feine Zeit noch größtentheil® (unter Ihren
. Attegiae, Iuven. XIV, 196.) ein Nomadenleben führen (Birg. Georg. IH, .
339 f. Sit. Ital. II, Aal f. XVII, 89 f., daher fle neben andern Barbaren
genannt werden, Suven. III, 79.), oder auch auf ihren Pferden mit ihren
Frauen fi) umbertreiben (Pauf. VIII, 43, 3.), fo läßt fih das hinwieberum
zur Genüge aud der hiezu einladenden Befchaffenheit ihrer Bergmälber und
Ebenen, „wo fi die ſchönſten Weideplätze unter dem Himmel finden‘‘ (Grab.
6. 19.), und aus ihrer hiedurch mehr geſchützten Unabhängigkeltsliebe er.
* Mit richtiger Bezeichnung; denn Mauren und Numiber gehörten einer
Nationalität an (ſ. ©. 1658. Anm), wofür bie im Grunde zufammenfallenden
Sagen fiber beider VOlker AbEunft, fo wie die unverfennbare Sprach⸗ und Gitiens
Aehnlichkeit derſelben und ihrer Nahtömmlinge Zeugniß ablegt.
*® Diefe Mazices, bie Masices in Xingit., bie Maxyes bei KHerobot IV, 191,
u, bat. Bähr, die Maces bei Gil, Ital. V, 194, IX, 222., die Maxitani und Mazaces
bei Juſtin. XVIII, 6. u. Lucau. IV, 681. vgl. Weſſel. zu Ant. It. p. 2. leben fort
in deu Amazirghen d. h. Freien, Edeln, Grab. ©, 47 f. "
1662 ——
klären. Eben durch dieſe altherkömmliche Lebensart wurden ſie auch abge⸗
härtet zu Jagd und Krieg, und geſchickt, hier Elephanten in raſchem Laufe
zu verfolgen, und ben Loͤwen in feiner Höhle zu bekämpfen und zu bändigen
mit ihrem fiher treffenden Wurffpieß aus Taxusholz oder Schilfrohr (Hor.
Od. I, 22, 2. Juven. XI, 123 f. Sil. Ital. 1, 405 f. TI, 439 f. III, 287.
839. IV, 567. X, 125 f. 402. XVI, 235 f.), dort in häufiger Fehde untea
einander oder gegen Fremde fih zu verfuden, oder als Söldner entweder zu
Fuß mit ihren Schilden aus Elephantenhant und ihren Ueberwürfen von
Lömen-, Banthers oder Bärenfell, oder als Bogenſchützen, am lieben aber
als Meiter mir ihrem Fleinen, breiten Lanzen auf ihren kleinen, bebenben,
dur Gerte oder Zaum aus Striden Ienkinmen, ungefattelten Pferden (nod
jeßt den beſten in den Barbaresfenflaaten, Brab. S. 89 f. Beil. x. Allg.
Zig. 1844. Nr. 229.) in den Heeren der Gartbager, ihrer einheimifchen
Könige ober des rim. Freiſtaats und Ralferreläs zu bienen (Birg. Aen.
IV, 41, Liv. XXI, 22. 44. Gäf. b. Afric. 7. @ic. Epp. ad Fam. X, 30.
Zac. Hist. II, 58. ucan. IV, 682 f. 9. Gapit. Gord. tres 15. Polyb.
1, 33, 15. XXXIX, 1,9. App. Pun. 40. f11. b. civ. 1, 42.30. Serodian.
IH, 3. IV, 15. VI,7. VII, 2.9. Dio LXXVIII, 32. 30f. 1,52. 15, 10. Drei
Inser. I. Nr. 1243. Vgl. die Münzen im Anhang p. 60. zu Shaw, Tra-
vels etc.).* Aber au im Kampfe gegen jene zwei herrſchſüchtigen Gin»
bringlinge auf Nordafrika's Küfte erprobten fie ihre Friegeriihe Kraft und
Beharrlifeit; fo frühe fehon gegen die Garıhager (Iuflin. XIX, 2,4. Oroſ.
IV, 9.), dann gegen die Mömer unter ihren Fürflen Bocchus und Bogud,
und endlich In einer langen Reihe Fleinerer oder größerer, ſelbſt nad Epaniem
hinüber Verderben tragenver (3. Eapit. Anton. Phil. 21. Ael. Spart. Sept.
Sev. 2.) Aufflände, von dem des Numiders Tacfarinas, der ſich beſonders
auf maur. GStreitfräfte fügte, unter Tiber (Xac. Ann. II, 52. II, 20 f.
73 f. IV, 23 f.) an bis auf die maur. Schilverhebung gegen bie nach bem
Sturz ded Bandalerreiha Hier wieder aufgerichtete röm. Herrichaft (Procop.
b. Vaud. 3. B. IL 5. 8. 20.). Die nambafteflen von biefen Aufflänven
waren aber der zuerfl genannte, bann der des reigelaflenen Aedemon, unter
Kalfer Claudius, um bie -&rmorbung feined Königs Ptolemäus zu räden,
wodurd die Nömer über die Südabhänge des Ailas hinausgeführt murben
(Plin. V, I, 10. 14. Dio LX, 9.), und emblich der des Brinzen Ytımus
zu Abwehr röm. Berrüdung und zu Gründung eines maur. Nationalreichs,
welchem 20 Jahre fpäter der minder bedeutende feines Bruberd Gildo folgte
(Bapencordt, Geſch. d. vand. Herrſchaft in Afrifa ©. 88. vgl. Amm. Marc.
XXX, 7. Glaub. b. Gildon., und über die andern Mebellionen Ael. Spart.
Hadr. 5. 12. Sul. Capitol. Ant. Pius 5. Pauſ. VIII, 48, 3. Lempriv.
Commod. 13. Al. Sev. 58. Ylav. Bopisc. Saturn. 9. Eutrop. IX, 14 f.
Zoflm. I, 30. Oroſ. VII, 25. Eumen. Orat. pro rest. schol. 21. Eiusd.
Paneg. Const. 5. Inc. Paneg. Const. et Max. 8. Paneg. Theod. 45.).
Trotz ihrer Liebe zu folder Lebensweiie, fährt Strabo fort, zeigen fle doch
nit nur Neigung zu Eörperliher Säuberlichfeit, fondern auch Hang zum
Stugerweien dur Tragen von Goldſchmuck und Kräufeln des Bartes und
Haupihaares, deſſen Loden durch Berührung ober Umarmung beim Begegnen
zu verlegen fle fih gegenfeitig hüten (Strabo 828. Cic. Agr. II, 22. Mionner,
Suppl. IX. Pl. -IX. Nr. 2.). Deshalb und weil fle ein fehöner Menſchen⸗
flag waren (Xeltai. H. Anim. XIV, 5.), eigneten fie ſich auch zu Haus⸗
fflaven, die ſelbſt am Kaiferhof einflußreig wurden (I. Gapit. Gord. tert
25.), mit verſchiedenen Verrichtungen bald als Ganymede, bald als Läufer
” Das hier Über die Mauren Aufammengefiellte gilt im Grunde auch von Ihren
numid, Nachbarn und Stammverwandten (Strabo 828,),
Mauzi 1668
oder „ſtaubaufregende“ Verreiter in ihren buntgefidten ägyptiichen Roͤcken
(Juven. V, 53. Martial. VI, 39, If. X, 6, 7. 13, 2. 2ecan. X, 142.
Sueton. Nero 30. Bekker, Gallus I. ©. 113 f.). Zu Spielfnaben fuchte
Auguft befonderd Mauren und Eyrer allentbalsen aufammen (Suet. Octav. 83.
Petron. Sat. fragm.). — Uebrigend hatten die Mauren, früher wenigſtens
als ihre flanımverwandten öſtlichen und ſüdlichen Nachbarn, die Numider
und Bätuler, au Städte, wenn gleich nicht bedeutende, an ber Küfte zumal
und dann au im Innern (Sall. Jug. 18. Mela 111, 10.), in melden bie
induflriele (Virg. Aen. IV, 206 f. Flav. Vopisc. Aurel. 12. Expos. tot.
mundi p. 17. in: Geogr. min. ed. Huds. T. III. Bgl. über nordafrikan.
IMmduflrie wenigflend in der Bandalerzeit Bapenc. ©. 261 f.) und aud bie
- commercielle Xhätigfeit, zum Theil wohl auf altphönic. Anfleblungen weiter
bauend, ih enifaltete im Handel auf dem Miitelmeere und dem atlant.
Ocean, fo wie im Landhandel nah Dften (Grab. S. 112.) auf der ſchon
von Herod. (IV, 181 f. vgl. Ritter S. 1002 f.) bezeichneten Straße, und
nah Süden (Strabo 828. Plin. V, 1, 9. 8, 1. — Ueber Karamanenwege
und ⸗Handel vom heut. Fez und Marokko nad) Tombuctu [etwa dem Ilsoniön
des Biol. IV, 6. Mannert ©. 570.) f. Ritter S. 458 f. Brab. ©. 105 f.
Audi. 1845. Nr. 120.; über den Lands und Seehandel Nordafrika’ vor
und befonders zur Vandalerzeit vgl. Papenc. S. 258 f. 264 f. und über
Marokko's jegige Ausfuhr Beil. z. Allg. Ztg. 1844. Nr. 196. 229. 231.).
Mit der Ausdehnung der röm. Serrfchaft über Maurit. wurden bieje eins
heimiſchen Städte dur eine Anzahl von friedlichen und von Milttärcolonten
und von Municipien vermehrt (Blin. V, 1, 2. 12. 19, 2. Mela II, 10.
Gic. pro Font. ij. Dureau de fa Malle, ‚‚über die Colonifation ber Römer
in Norbafrifa” Ausl. 1838. Nr. 143.), wo unter Leitung ber je ben
Senat bildenden Beflger ber großen fundi (Papenc. ©. 34 f. 37f. di f.;
Kaiſer Tacitus Hatte wohl au Hier einen folden fundus, Flav. Vovpisc.
Tac. 10.) auf jenem alten Boden des Deipotiömus, ber Sklaverei ober zügel-
lofer Freiheit fh eine geiegmäßige Bürgerfreihelt entwidelte, und barauf
gebaut auch die Wiffenfchaften fi erhoben*, von denen beſonders die Rechts⸗
kunde, welde einem Mauren geringer Herkunft aus Gäfarea, Opel. Macrinus,
mit den Weg zum röm. Kaiferthrone gebahnt hat (Div LXXVIIT, 11. vgl. 32.
Seropian. IV, 12,2. 3. Gapit. Maerin. 4. vgl. ob. S. 1347 f.), und die Beredt-
famfeit (Fl. Bopisc. Saturn. 10.) zwar nit fo ſprachrichtig und Tlangreich,
wie in Nom und in Ballien (Papenc. S. 35.), aber um fo Fräftiger ges
pflegt (Um. Thierry, Hist. de la Gaule I. p. 224 f.), und fpäter auf der
Lehrkanzel vor Stadt- und Landgemeinden im Dienfte des Chriſtenthums
verwendet wurde. Dieſes hatte ſich nämlich fiegreih über römiſchen und
einheimifhen Gultus (Dlünter, Primordia eccles. Afric. p. 3f. — Ein
Mebreres hierüber und Über Beziehungen des Chriſtenthums zu norbafıifan.
Berhältniffen im Art. Numidia) ohne Zweifel zunähft von der Provinz und
von Numidien, vielleiht auch von Spanien ber im britten ober vierten Jahrh.
in den drei Maur., und zwar nicht nur in den Städten, fondern auch unter
den nomadiſchen Mauren auf dem Lande und den Bätulen in Zingit. auds
gebreitet ** nah den Zeugniflen von Drigened, Arnobius und dem freili
etwas rhetoriflrenden Tertullian (bei Münter am a. DO. p. 18f. vgl. Tertull.
Apolog. 37.), auf welche Ehriftianifirung des maur. Landvolks au bie in
” Wiewohl niht in dem Maaße und in ber Ausdehnung, wie in bem bem
tarthag, und röm. Bildungselementen früher und nachhaltiger aufgefhloffenen Pius
miblew, Papene. ©. 87.
*o Namentlich auch, mie fonft fo oft, durch Sklaven, Neander, Denkw. and b.
Geſch. des Ehriſtenth. III, 1. ©, 7.
1664 must
Afrika beſonders bedeutende Zahl von Landbiſchoͤfen (Morcelli, Africa christ.
I. p. 43. ed. Brix.) bezogen werben dürfte, beflimmt aber die fhönen Worte
bes maur. Abted Julian. Bomerius (tim dten Jahrh.), ber felbft zuvor Rhetor
geweien, über. faßliche Predigten vor Landgemeinden bezogen werden müflen
(Neander am a. DO. ©. 61 f.*) vgl. S. 53. *). Noch Im. 484 beſtanden
trotz der Berfolgungen des arian. Vandalerkönigs Hunerich in Maur. Cäſar.,
mit welchem Tingit., politisch zu Spanien gehörig, kirchlich durch Stellung unter
benjelben Primas verbunden war, noch 126, in Sitif. 44 kathol. Bischofs»
fige (Morceli am a. O. I. p. 33. Papenc. ©. 113 f. 194. 277.). — Mag
au Haß und Verachtung negen Barbaren, befonders fo unruhige, wie bie
Mauren waren, auf die Schilderung ihres Charakters bei griech. und
röm. Schriftſtellern eingewirft haben, fo ſtimmen doch alle hierin zu ent-
ſchieden überein als daß wir ihnen nicht im Weſentlichen beipflichten müßten
wenn ſie und biefelben fchildern ala ebenfo fe und Gefahr und Tod vers
achtend, wie leicht errenbar Fr Streit, Unruhen, Mord, arbeitäfgen., ohne |
Iren und Blauben bei Verträgen, felb auf Gefahr ihrer zu Beifeln geſtellten
Kinder oder Geſchwiſter, und ohne Ehrfurcht vor dem Heiligen in der @ötter-
und Menfchenmwelt (Bal. Dar. VII, 2,6. Mela 1,5. Amm. Marc. AXX,7.
Serobian. II, 3. Procop. b. Vand. II, 8.). Gerade diefe Häßlihen Züge,
nur noch durch andere verſtärkt, hebt Grab. (S. 56 f.; glimpflider urs
theilt über die Mauren Algier Wagner II. ©. 59 f. 73. 76 f.) an ihren
heut. Nahkömmlingen hervor, und redet, nah langem perfönlidem Verkehre,
mit Salufld Erbitterung gegen ihre Stammoverwandten, die Numider (Jug.
46. 56. 66. 91.), von ihnen. — Was enblih ihre Herkunft betrifft, fo fin
jene Dlauren, wie die Numider, lange vor den biftor. Zeiten der Griechen
und Römer in die Atlasgegenden eingewandert, aus Indien, wie @iniae fagen,
bemerkt Strabo (828.), mit Herkules bieher gezogen; oder and Medien und
Armenien nad der mit phönic. Golonifationäberiten zufammenhängennen
Meldung von Salluſt (Jug. 18., melde Stelle aus Gzechiel XXVII, 10f.
das befifte Licht erhält, vgl. Jug. 89. u. Plin. V, 8, 3.); oder aus Arabien
nach einheimifcher Tradition (Wagner II. S. 71 f. Ausl. 1845. Ar. 109.),
für melde Sage auch die angeblich vielfache Jehnlichkeit der zu den Gätulem
gehörigen Baramanten (Forb. S. 886 f.) mit den nomabiflrenden Araben
(Strabo 835.), fo mie die Leichtigkeit ver Wiederverſchmelzung ober wenigſtent
«Bereinigung zwiſchen den Mauren und den viel fpäter bei ihnen eingeman-
berten Arabern im 7ten Jahrh. in Anſpruch genommen wird; oder endlid
aus tem von Joſua eroberten PBaläflina verbrängt über Aegypten, nad einer
angebliden phönic. Inſchrift auf zwei Steinfäulen im numid. Tigiſis (Bror.
am a. O. I, 10.), jedenfalls mithin von aflat. Ofen her. Bel ihrer An-
kunft in Norbafrifa nun trafen fie bereits ihnen verwandte, in viele Stämme
geiheilte Uboriginer an, die Libyer und bie Gätuler, von denen fl die
Erſtern über die Öflliche Hälfte des Küftenlandes und die barımter liegenden
Steppen und Wüflenoafen, die Letztern über die weſtliche Hälfte, befonderd
auch am Dcean Hin verbreitet Hatten, und dort durch Miſchung mit ihren
ſchwarzen Nachbarn im Süden zu Melanogätulern geworben waren. Theil⸗
weiſe mit diefen Aboriginern fi kreuzend entwidelten fi die Ankoͤmmlinge
zu ben in ber Geſchichte befannt gemworbenen Numidern und Mauren. Do
blieb ſchon damals der Atlas mit feinen Seitenihälern unb ben barunter
außgebreiteten Ebenen und Gindven ein Aſyl für die ihre Unabhängigkeit
wahrenden Ureinwohner; aber an und In feine Berge flüchteten fi im Laufe
der Jahrhunderte auch die zerfprengten Reſte von venjenigen Völkern welde
auf diefen Küften eine Zeitlang die Herren geipielt Hatten, wie die Bunler,
Vandaler und die Numider felbfl, mährenn Die Mauren, freilich durch Kriege
ſehr geſchwaͤcht (Plin. V, 2.), wenigſtens großtentheils in ben Gtädten unter
Maurl i 1685
ben neuem Herrfchern, zuerſt den Römern, dann ben Arabern ſich zurädhalten
liegen. Aus jenem neuen Bemenge Hat ſich dann ein neues Moll erzeugt,
bad unter verfienenen Namen und in mehrere, wiederum vielfach verzweigte
Stämme geheilt, als Gaballen oder Kabylen und Moözzaben in “Algier,
Zuaven in Tunis und um die Infel Gerbi, Ademfer in Tripoli, Tibbuer,
Tuarikken und Iuatten in Blad el⸗Oſcherid, in dem Kobla, auf den Dafen
und in ben Strandgegenden ber großen Wüſte, endlich in Marokko ald Be⸗
reber (nach Grab.; Amazirgh nah Wagner, während Jenem dieſer Name
Bezeichnung der ganzen Nationalität iſt, wie Frank und Slav,) u. Schelloͤchen
vorkommt, von denen jene 2'), Mil. ſtark, im nörblihen Theile des Atlas⸗
gebirges wohnen bis zur Provinz, Tedla und zum fernen Königreih Tafilelt
ſich erſtreckend, ein Eräftiged Geſchlecht weißlicher Farbe, nicht felten blonden
Haares (vgl. Wagner am a. O. S. 56 f.), kühn, im Haß unverſoöͤhnlich,
auf ben Bergen gewoͤhnlich unter Zelten oder auch in Höhlen, auf ven Ebenen
in Häufern haupiſächlich von Viehzucht lebend, und größtenthelld vom Kaifer
unabhängig find; die Schellöchen dagegen über vie Arladzweige fünli von
Maroffo verbreitet, in einer Anzahl von etwa anderthalb Millionen, minder
kräftig und von dunklerer Santfarbe, nähren fi minder vom Heerdenertrag
als vom Aderbau und von mehreren Induſtriezweigen, und find. civilifixter
als jene. Die Aehnlichkeit ihrer Dialekte endlich, bie zur atlant. Mutter⸗
ſprache gehören, iſt nicht geringer als die zwiſchen ber hollaͤndiſchen und eng⸗
lichen Sprache (Grab. S. 45—53., nah ihm Ch. Didier im Ausl. 1844,
Nr. 334 f. Wagner II. S. Huf. 59 f. 2. Marcus zu Plin. ed. Panck.
T. IV. p. 148.) — Topographiſche Ueberfigt über Maurit.
Tingit.* Beginnen wir mit der Weſtküſte, fo treffen wir ſüdlich vom oben
erwähnten Gay Ampelusia (j. Spartel) am fretum Gaditanum (f. Bd. 1.
©. 419 f.), Zilis, am Drean die Golonie Auguſts Julia Constantia, von ihm
ber maur. Hertfchaft entzogen und zum bätifhen Gerichtsbezirk geſchlagen
(Blin. V, 1, 8., j. Alla, Grab. S. 27., als militär. Poſten nicht ohne
Bedeutung, Bell. z. Alg. tg. 1844. Nr. 235.); 32 Mil. unter ihm
Lixos ober Linx (j. El⸗Araiſch ober Laraſch) am Ausflug des vom Kleinen
Atlas kommenden Lynzus (j. Luccos) mit einem einft fchönen aber jeßt
unbrasıhbaren Hafen, von dem aus nad dem Innern Meere und mit ben
ſũdlichen Bharuflern und Nigriten Handel getrieben worden zu feyn ſcheint.
Hier vorzüglih ſpielte die Mythe von Herkules, Antäus, den Heſperiden;
bie bier ins Land fih ſchlängelnde Bucht deutete man als den Wache hal⸗
tenden Draden (Blin. 5. 3f., nad Polyb. Küftenfahrtbericht; Strabo 825 f.
829. Mela III, 10. Grab. ©. 27 f. Bell. z. Allg. Big. 1844. Nr. 235 f.).
Fünfzig Mid. ſüdlich vom Liros fließt der herrliche und fchiffbare Fluß Subur
(j. Subu oder Sebu, Grab. S. 13.), mit allen Krümmungen 53 Mil. lang,
alfo immerhin zu den bebeutendern eines Landes gehörig, das nah Mela 1,5.
parva flumina emittit. In gleiche Breite mic ihm ſetzt Ptol. IV, 9. den
Eunopmög roAnos, mit phönic. Handelsanlagen (f. Bo. IH. ©. 131. u.
1065 f.). Die ganze von dieſem Bufen üblich fortlaufende Küfe IR vol
Buchten, unter benen aber tiefe und geſchloſſene, gleichwie an der Mittelmeer»
tüfte son Maur. Zingit. und Gäfar., nicht eben Häufig find (Brab. ©. 7 f.
Beil. z. Allg. Big. 1841. Ar. 4.); 50 Mil. ſuͤdlich vom Subur fließt der
Sala (j. Buregreb, Plin. 6. 5. 9. Grab. S. Bi f. Beil. 3. Allg. Big.
1844. Nr. 246.); die gleichnamige Stadt an feinem rechten Ufer, gegenüber
Rabat gelegen — ein malesifcher Anblick, f. vie Abbildung bei HöR om
0. D. Taf. X. — fon nahe den Cinöden, wurde oft von Glephanten-
heerden, noch öfter von ben in ihren Steppen unerreichbaren gätul. Autolo«
® eher Maur. Cassarionsis u, Bitifensis f. Numidia.
Bauly, Real⸗Encyclop. IV. 105
1666 Manrttamia \
lern beunruhigt. Eine große pun. Stabt fol einft fünlih von Gala gelegen
haben (Beil. 3. Allg. Ztg. 1844. Nr. 247.), das die letzte Stadt an biefer
Küfte bei Plin. und Btol., in deren Aufzählungen außer ein Baar Häfen
nur noch eine Anzahl von Flüſſen, Caps und Buchten nah Suͤden zu ab»
wechſelnd auf einander folgen; darunter ber Fluß Kovox (PBtel., j. Morbeia,
Grab. ©. 13.), der majeftätiſchſte und mohlihätigfte des Reichs, unter ihm
Prom. Solis (PBlin. u. Btol.), j. Cap Kantin nah Mennel, Mannert, Forb.
©. 867., nah 2. Marcus’ zu Plin. am a. DO. p. 138 f. unzureienden
Sründen das nörblihere Cap Blanco (dad damit identifichtte Gap Zodoas
bei Herodot II, 32. IV, 43. iſt entfchleden Spartel). Tiefer füolih der Kro⸗
kodile führınde Fluß Darat (Plin., j. Sus), die wahre Sübgränze Marokko’s.
Unter ihm ein großer Bufen (Plin. $. 9.), der werthvollſte an biefer ganzen
Küfte (Grab. ©. 9. 40., j. Agadir oder Sta Cruz), von einem nad) Weſien
vorfpringenden Gap (dem Surrentium des Polyb., j. Ber) des Berges Barce
(J. Darom) gebildet, welddes Cap die äußerfte Sünwellfpige des hohen Atlas
it. Darauf folgen gätul. und äthiop. Stämme (Plin.), an deren Küflen
Purpurſchnecken (Mela II, 10.). Die äußerfle geogr. Süpdgränze bildet ter
mit Krokodilen und Blußpferden angefülte Fluß Bambotus (j. Run) am
gleichnamigen Gap ausmündend (Plin., Grab. S. 14.). — Bon Binnen»
ſtaͤdten in dieſem weftlihen Theile von Tingit. find zu erwähnen: die zöm.
Colonieſtadt Babba (f. Bo. I. 1033., j. Teza [7], Grab. ©. 26. . Mionnet,
Suppl. IX.p. 212f. Leo Afrifanus überf. v. Loröobach S. 291.), Julia Cam-
pestris, :wohl von feiner Lage In ver ſchoͤnſten Ebene von Tingit. (Grab.
©. 11.) genannt; dann 75 Mil. von ihr Banasa (f. Br. I. ©. 1056.)
und einige andere röm. Anflenlungen, 8-10 geogr. M. von ber Küfle land»
einwaͤrts gelegen, an ber einzigen biex von ben Roͤmern bis nad Tingis hin
gezogenen, 30 geogr. M. Tangen Straße (It. Ant. p. 6f. p.23f. Mannert
©. 483 f.). Nah Norven zurückgewandert treffen wir 3 Meilen oͤſtlich vom
Gap Ampelufla auf jenes Tingis oder Tinz (j. Tanger ober Tandſcha, das
maleriſch auf einem Hügel gelegen), eine alte Stadt einbeimifger Stiftung,
um welde gleichfalls die Antäus Mythe fpielt, von Auguft zur Freiſtadt
erklärt, feit Claudius Golonie (Mela I, 5. Plin. V,1,2. St. Ant.p.8. 24.
©trabo 140. 825. 827. 829. Plut. Sertor. 9. Dio XLVIII, 45.), ein alt
chriftlider Biſchofeſitz (?), Morceli am a. D. p. 326. Rah Gh. Didier
(Audl. 1844. Nr. 328. vgl. Nr. 327.) fleht bie jeßige Stadt ganz auf der
Stelle der alten, und man entbedt bort noch je und je röm. Alterthümer,
während Grab. ©. 22. die alte Stadt auf einen andern Hügel im Grunde
der Bucht verweist, mo fi noch viele Spuren berfelben vorfinden foßlen.
Weſtlich davon tritt ein Nebenzweig des Kleinen Atlas im Abyla (ſ. Bo. 1.
©. 8. u. Philoſtr. V. Apollon. V, 1.) and fretum Gaditanum, durch biefen
mehr als 2 Meilen breiten Meerkanal geſchieden vom gegenäberliegenven
Calpe, mit dem er bie Säulen des Herkules bildet (U. Beil. 4. Ar. 232. dv.
Ag. Zig. 1844. u. Beil. Nr. 283. u. 235.) Mit viel Wild bevölkert
und großen Bäumen bebedit trägt er auf feinem äußerflen Vorſprung, bem
Borgebirge Almina, das heut. Geuta, das Edison des Pıol. IV, 1., bei
den Mauren Sehta vom alten Septum, einem fehlen Punkt in Tingit. zu
Fuſtinians II. Seit, oder von Septem fratres fo genannt, hoben, ven Abyla
überragenden Bergen (Grab. ©. 24. Beorgli I. ©. 549 f.; eine vorıreif-
lihe Schilderung des Abyla ſ. bei G. Borrow, fünf Jahre in Spanien IH.
©. 250 f.). Ueber das von bier an bid nah dem Muluchafluß fi er⸗
firedende Küftenland (j. ers Riff) mit feinen Burgen bildenden Bergen (Ausl.
1844. Nr. 333.), wollen wir aus ben bürftigen Berichten von Strabo,
Plin., Btol. nur anführen die Stadt Tayad (I. d.) nabe dem leicht ſchiſſbar
zu madenden Fluß Martil gelegen, und mit herrlichen Bären, worin bie
Metssnidäng ' 41667
beſten Ayfelfinen der Welt wachſen, und mit reidgen Wein -unglränst
(Grab. S. 24 f. Beil. z. Allg. Big. 1844. Nr. 235. Ausl. 1844. Mr.
330 f.); die ſchiffbaren Flüſſe Tamuda und Laud (Plin.); Vorgebirg, röm.
Colonieſtadt und Hafen Rusadir (Plin. 1.1. It. Ant. p. 4. 11., j. Melilla,
Grab. ©. 26.); eiwas weiter öflih eine für mehr als 1000 Kriegsſchiffe
geräumige Bucht, von wo aus eine Eleine Meile landeinwärts man die alte
Stadt Cazaza fleht, mit einem Kaftel auf der Spige des großen, aber waffer-
lofen und unfrudibaren Borgebirgeö Metagonium (Strabo 170. 827. 829.);
enblid den Mulucha, dieſen großen Gränzſtrom zwiſchen dem Lande ber
Maurufler und Mafläfylier, oder zwifchen Maur. Tingit. und GAfarienfls.
Er träge biefen Namen bei Sall, Jug. 19. 92. 110. Mela I, 5. Plin. V,
2, 19.*; bei Strabo (827. 829.) und Ptol. IV, 1. heißt er MoAoyad,
bei Blin. am a. O. 6. 18. fommt der Name Malvana, im It. Ant. p. 11 f.
Malva, und fo auch bei Btol. IV, 1. Madova (j. Malujah) vor; doch unter
ſcheidet Lepterer in Namen und Gradangabe der Mündung zwei verſchie⸗
bene Tlüſſe, einen weſtlichen Modayad und einen öſtlichen Malova. Nun
nehmen zwar Mannert ©. 429 f., Forbiger ©. 868., 2. Marcus zu Blin.
p. 152 f., Külb in der deutſch. Ueberſ. von Plin. ©. 500. (vgl. Shaw
S. 9f,) an, daß nur die verichiedene Auseſprache des Namens eines und
deſſelben Fluſſes den Glauben an zwei einander nabe Flüſſe von ähnlichem
Namen hervorgerufen babe; doch geben die zwei Erflern zu, daß ver Fluß
wenigflens auf feinem innern Laufe in zwei Arme audelnanbertrete,. woraus
vielleicht auf eine Zweithelligfeit bis zu feiner Mündung gefhloffen und bie
Angabe von zwei Flüfſſen dei Plin. und PBiolem. als gerechtfertigt ange⸗
nommen werben kürfte, wenn nicht hinwiederum die beftlimmte Beziehung
beider Namen auf einen und benfelden Fluß bei Grab. S. 11 f. bevenklich
maden würde. Liebrigend nimmt dieſer Fluß außer einer unzähligen Menge
von Bergfkrömen und Bäden, worunter auch der burd den jüngſten Sieg
der Branzofen über die Maroflaner berühmt gewordene Bach Isly, zwei an⸗
ſehnliche Ströme je rechts und links auf, bat eine Länge von mindeſtens 87
M., und könnte leicht ſchiffbar gemanht und mit großem Vortheil zum Ver⸗
fehr mit dem Imern dur Belebung mehrerer Inbuftriegmeige benützt
werben. Bgl. Explor. scient. de l’Algerie VI. p. 309 f. [ Cless.]
Mauritius, Kaiſer des oflröm. Neihs von 582—602 n. Chr. Sohn
eined Paulus und einer Joanna in Arabiffus (Kappadokien; ſ. Evagr. V, 19.)
durchlief er die milttärifche Laufbahn und wurde zulegt Befehlshaber ber
Leibgarde (Theophyl. IH, 19. p. 147.) und Comes foederatorum (Theophan.
p- 387.), nachdem er ſchon früher (577) magister rationum sacrarum ges
worden war (zor BeoiAsıor idvrer exänpooazo Adyor, Menand. Prot.
p- 326.). Bon jenem Poflen aus murbe er zum Magister militum per
orientem ernannt und im I. 579 an ber Stelle von Juſtinian German.
(S: 677, 2.) mit dem Krieg gegen die PBerfer beauftragt (Ugath. IV, 29.
Evagr. V, 19.). Er fällt in Ararianene ein und bringt fengend und brennend
nad Perfien vor, fo daß der alte Chosroes vor Aerger Trank wird und flirt
(Agath. 1. 1.). Maur. befeßt einige Gaftelle in Peiſien und kehrt beuteber
laden zurüd (Cvagr.). Der Krieg zieht ſich unter allerlei Wedhielfälen in
bie Länge (ſ. Theophyl. III, 17. 18. Evagr. V, 20. VI,2. Menand. Prot.
p. 435f. 437.) und ber Kaifer beruft den M. nad Eonftantinopel zurück, gibt
ibm (5. Aug. 582) todtkrank feine Tochter zur Frau umd zur Ausfleuer den
ihren (GEvagr. V,22. vgl. Theophan. p. 387.). Am 14. Aug. lirbt Tiber.,
und Baur. ift nun, 43 I. alt (Theophan. p. 388.), Kaiſer und vollzieht
* Bol, Befenins’ Ableitung bes Namens, Monum. soript. linguneque phoen.
p. 425.5 ein flumen salsum kommt allerdings It, Ant, p. 13. eiwas weiter oͤſtlich vor.
1066 —C
jest feine Vermählung, bei welcher fein Bater zugegen war (Theoph. 1. 1.
@vagr. VI, 1.). Zum Mag. mil. ernennt er an feiner Stelle nad einander
ven Johannes Thrax, den Philippicus, Briecus, welcher aber dur feine
Strenge dad Heer zur Smpörung bradte (Evagr. VI, 3f.). Die jüseltofe
Solvateöfa erlaubt ſich unter einem felbfigefegten Anführer Bemwaltthätigkeiten
gegen die Provinzialen (ib. 5.). Den vom Kaifer gefandten Philippicus
nahmen fle nit an, ſchlugen aber doch die Perſer welde die Gelegenheit
benügen wollten tapfer zurüd, und fo ließ ſich Maur. zur Amneflie herbei
(ib. 6. 9. 10.), für deren Vermittlung er fih bed Biſchofs von Antiodia
bediente (ib. 10. 11. 13.). Um Martyropolis entipann ſich ein lebhafter Kampf
mit den Perfern (ib. 14.). Auch der Nachfolger des Whil., Commentiolus
kämpfte glücklich (ib. 15—17.), und eine Verſchwoͤrung in Perfien nöthigt den
dortigen König Chosroes ſich den Griechen in bie Arme zu werfen (Evagr.
v1, 17.). Mit Hilfe des Maur. gemiunt Chor. mirfli feinen Thron wieder
und bezeigt fih dankbar (ib. 18. 19. 21.). Jeht fonnte das griech. Neid
feine Kräfte ungeiheilt den Avaren zumenden welche längſt durch Cinfälle
ins griech. Gebiet (f. z. B. Cvagr. VI, 10.) und durch den Uebermuth ihres
Fürfſen (Chagan, |. Gibbon S. 1622. Sporſch.) eine Züchtigung verdient
hatten. Der Kaiſer beſchloß dieſe ihnen in höchfteigener Perſon zu Theil
werden zu laſſen, beſann fi aber wenige Meilen von ber Hauptſtadt eines
Anvern, Behrie wieder um und ernannte feinen Bruder Betrus zum Anführer,
ver ſich aber bald unfähig zeigte, tie auch die verfönlice Feigheit feines
Nachfolgers Sommentiolus den Griechen nur Schmach bereitete, wogegen
Priscus ausgezeichnete Tüchtigkeit bewährte, f. Gibbon S. 16251627. —
Maur. war feit Iheodoflus dem Jüngern wieder ber erfle griechiſche Kalfer
mwelder männlide Nachkommen Hatte; am 26. Sept. 385 winde ihm ein
Sohn (Theodoſtus) geboren, welden er an Dftern 590 zum Kaifer Erönen
ließ (Theophan., Chron. Pasch.) und im Febr. 602 mit der Toter det
Batricierd Germanus vermählte (Chron. Pasch.). Aber im Nov. beffelben
Jabra brach ein Soldatenaufſtand unter Phokas (f. d.) aus. Des Kaifers
Verſuche fein Heer zu reformiren und bie eingerifienen Mißbräuche auszurotten
waren vergebli und erbitterten; noch mehr wurben fie erbittert durch Sold⸗
verfürzungen unb dadurch daß er 6000 griech. Gefangene durch die Avaren
niedermetzeln ließ weil er das Löͤſegeld nicht aufmenden mochte (Chr. Pasch.
Son. XIV, 13.), und dem Heere befahl In dem Lande ber Avaren feine Winter -
quartiere aufzufhlagen. Die Empdrer zogen vor vie Gauptflabt, die Aner⸗
bietungen des Kaiſers abweifenn, dagegen mit feinem Sohne und deſſen
Schwiegervater eine Zeitlang unterhandelnd. Auch das Bolt in ber Stadt
empoͤrte ſich gegen den wegen feiner Sparfamfeit unbeliebten Kalfer und er
entfloh in der Nacht mit feinen neun Kindern über das Meer, Tonnte aber
der Winde wegen nicht nah Aflen überfegen, fondern ſchickte feinen Alteſten
Sohn an Chosroes um nun feinerfelis ihn um Hilfe zu bitten. Phokas
ſchickte nach Chalkedon, ließ zur Sicherung feine® Thrones bie fünf Söhne
(Tiberius, Petrus, Paulus, Justinus, Justinianus) des Kaiſers vor den Augen
des Vaters hinrichten und dann biefem felbft ven Tobesftoß geben (28. Nov.
602). Auch der Bruder defielben, Petrus, und ver bereits abgegangene aͤlteſte
Sohn Theodosius werben ergriffen und gemorbet, die Kaiferin (Constantin)
im I. 603 in ein Klofler geftoßen, im J. 605 aber mit ihren Töchtern
(Anastasia, Theoctista, CGleopatra) und ihrer Schwiegertochter hingerichtet.
Chron. Pasch. Theophyl. VIII, 7— 12. (welcher zwanzig Jahre naher durch
Borlefung der Geſchichte biefer Greuel feinen Zuhören Thränen entlodte),
Zonar. XIV, 13. Theophan., Cedren. Das ernfle, gemeflene, zurückhaltende
Weſen des Maur. war nit nah tem Geſchmacke bes — Griechen⸗
voltes, zugleich aber ließ es bie geiſtigen und ſittlichen Vorzüge bes Mannes
MNauröpus — MHausölus 1669 _
größer erſcheinen ala fie alimälig ſich herausſtellten (euxAsdoreoos Ti Reipn,
Mmand. Brot. p. 444.). Seine Befäpigung überſchritt das gemöhnlide
Maß nicht, doch war der Wille gut — unpaffende Sparfamfeit wird ihm
jedoch mit Recht vorgeworfen — und in feiner letzten Noth wirfli von
höhft chrenwertber Befigkeit der Ergebung. Maur. war für geifligere Ins
terefien zugänglid: Movoar» spaorhc, moınuater Te xai ioropias Nöwra
ENRIOP @g . . . nal TERPopUÄ«r nal Ö&vrer Tois yonuam zovs außAvrdgovg
107 Aoyıouor (Menand. Prot. p. 439. Bonn). Menanver felbft wurbe durch
bie Ausfiht auf Unterflüßung von Geiten des Kaiſers veranlaßt fi ber
Geſchichtſchreibung zuzumenden (ib.), und @vagrius fchrieb unter ihm felne
mit erheudgelter Linbefangenheit und Wahrheitsliebe (VI, 19. a. @.) lob⸗
redneriſche Geſchichte deſſelben. Auch daß Maur. des Markionitiönud ver⸗
daͤchtig war (Theophyl. VIII, 9.) zeugt von feiner geiſtigen Bildung. Sogar
eigene Schriften werben Ihm zugeſchiieben.* Lautredende Zeugen feiner Eriſtenz
hat er au an den Münzen melde aus feiner Megierungszelt in großer An⸗
zahl auf uns gelommen find, meiſt aber mit lateiniſchen Infchriften, fo daß
ven Befehl an ihrer Stelle griechiſche zu fegen entmeber aus einen fpätern
Theile feiner zwanzigfaͤhrigen Regierung flammt oder nit genau befolgt
wurde. Sein Rame iſt auf den Münzen bald Mauritius bald Mauricius
gefhrieben,, fehr Häufig auch daneben, nad feinem Borgänger und Schmieger-
vater, Tiberius. Die na der Krönung feined Sohnes Iheovoflus geſchla⸗
genen Münzen haben in Bezug auf dieſen (nominellen) Mitregenten z. B.
Victoria Augg. S. RKaſche lex. rei num. IE, 1. p. 385—395. und im
Allgemeinen über Maur. Theophanes p. 338448. (Bonn). Jheophyl. I, 3.
Gvagr. VI. (ſchließt mit dem zmölften Megterungsiahr des Maur.) u. A.
Schloſſer, bilderſtürmende Kaiſer S. 32 fi. [W.T.]
Mauröpus, |. ©. 221.
Wausoca, |. Maesoca.
Mauselöuam, ſ. Mausolus.
Mausölt, Bölferfhaft an der Weſtküſte von Libya Inferior, Ptol. IV,
6, 17. Nah Steph. Byz. p. 449. wurben fo (MavowAoc) auch die Karer
genannt, dem Maufolus zu düren. — Ueber Mausolus al angebl. Namen
des Indus ſ. d. ©. 148. [F.]
Mausölus (Marowioc, in Inſchriften MavoooAAdos, auf Münzen
MevomAAos, |. Böckh Corp. Inser. II. p. 470. Raſche III, 1. p. 397 f.),
1) Vater des Pixodarus von Eindys in Garten, des Anführers der gegen
Darius J. empdrten Carter. Herod V, 118. — 2) Dynaft von Carien. Sein
Vater Hecatomnus, geboren zu Mylaſa (Strabo XIV, p. 639.), haite ſich
eine von Berfien beinahe unabhängige Herrfhaft über Garien erworben (Iſoer.
Panegyr. e. 43. Diod. XIV, 98. XV, 2. vgl. Bv. II. ©. 248.); Maul,
ver feinen Herrſcherſig von Mylafa nad Halicarnaß verlegte, behauptete fie
24 Iahre (Diod. XVI, 36.) bis Ol. 106, 4. (Plin. H. N. XXXVI, 6. nennt
fälſchlich Ol. 106, 2.). 377—353 v. Chr. (f. Elinton F. H. p. 298. Kr.) und
vermehrte feine Macht und’ feinen Reichthum durch berechnende Politik und
durch Gewaltthätigkeiten (Diod. XV, 90. Xen. Ages. II, 26. Zucian. Dial.
Mort. XXIV.). Vgl. Sevin in Mem. de l’Acad. IX, 113 ff. St. Groir sur
la chronol. des dynastes ou princes de Carie in ven M&m. de Tinst. II.
p. 506 ff. [K.]
* Er gilt ald Verſaſſer einer nocd vorhandenen und in 3. Scheffers Ausgabe
der Taktik des Arrianus (Upſala 1661. 8.) abgebrudien Kriegskunſt (orgarnyınoy)
In zwölf Büchern, welche aus älteren Duellen zufammengetragen, nach Swcheffers
Bermuthung (f. p. 383. feiner Ausg.) fogar nur ein Auszug aus einem veifiäns
digern Werbe des Urbieiué (ſ. d.) if, [B.]
S
Maui. wird König von Garien genannt, war aber in bee That nichts
anderes als perſiſcher Satrap unter der Negierung bed Artarerred Mnemon;
A. Gel. X, 18. Mausolus autem fuit, ut M. Tullius (Tuse. III, 31.) ait,
rex terrae Cariae, ut quidam Graecarum historierum scriplores dicunt,
provinciae Graecas praefectus, quem oarpannv Graeci vocant. Diefen
Titel führt er auch wirflih auf drei Infchriften von Viylafa, Corp. Inser.
2691. c.d.e., von denen neuerdings Le Bas rerbeflerte Abichrifien nad
VParis gebracht Hat. DI. 104, 3. 362--361 v. Chr. fiel er mit dem ägypt.
König Tachos und mehreren Satrapen in Kleinaflen von dem Perſerkönig
ab, Diod. XV, 90. Bet den Rhodiern, denen er fih mit gebeudelter Freund⸗
ſchaft näherte, flürste er die Demokratie und fpielte die Herrtfchaft in die
Hand weniger Ariftofraten (Argum. ad Dem. de Rhod. lib.); er war e8
auch welcher Rhodos, Chios und Byzanz zu dem Bundesgenofjenkrieg wider
Arhen (3. 357 v. Chr.) aufbehte. Dem. de Rhod. lib. p. 191. Nach
Beendigung dieied Krieges (355) begann er Beinpfeligkeiten gegen Rhodos,
Chiod, Cos (Dem. adv. Timocr. Arg. de Rhod. lib. p. 198.), was bie
Athener zu einer abmahnenden Geſandiſchaft an Ihn veranlafte (Dem. adv.
Timoer. p. 704.). Daß Wiffenfhaft und Kunft an feinem Hofe geſchätzt
war beweist nit nur ber Umfland daß Eudoxus zu ihm kam (Diog. Laert.
VIII, 87.), fondern au ber Wettfampf ven feine Gemahlin und Schwefler
Artemifla unter Ausfehung hoher Preife zu Abfaſſung einer Lobrede auf ihn
veranflaltete, und das pradınolle Grabmal das ſie ihm errichtete. Bei dem
Bpitephios concurrirten Theodectes, Maucrates, Ifocrated und Theopompus,
deren Letzterer den Sieg davon irug; Theodectes verberrlite ihn auch in
einer Tragödie unter dem Titel Mausolus (Suid. s. v. Oandanzns. A. Bell.
x, 10. vgl. Glinton Fast. Hellen. p. 299. ed. Krüg.), welche als daß frühfle
Beiſpiel der eigentlichen hiſtoriſchen Tragödie zu betrachten fein bürfte (f.
Welder, die griech. Tragödie S. 1081.). Aber weder dieſe Tragödie noch
der Epitaphios vermochten feinem Namen die Uinfierblichkelt zu verleifen, bie
er dur das ihm von Artemifia gefegte Grabmal erhielt. Diefes bilvete bie
Sauptzierve in dem von Maufolus zu feiner Reſidenz erhobenen und vurch
die Zufammenflebelung von feh8 Städten der Releger (Strabo XII, p. 671.)
bedeutend vergrößerten Halicarnaß. Zu vieler Wahl beflimmte ihn die von
Natur fefle und für reinen Sandelsplag günflige Rage. Die theaterförmig
gefrümmte Anhöhe war fo benützt daß unten am Hafen der Markt angelegt
war; mitten an ber Anhöhe z09 ſich eine breite Straße wie ein Abiag
zwiſchen den Ihraterfigen tm Halbkreis Hin, und mitten in biefer Straße war
das Maufoleum errichtet. Oben auf der Anhöhe war bie Burg, in deren
Mitte ver Tempel des Ares, vor welchem die Golofjal Statue des Gottes
von der Hand des Keochares Rand; auf dem rechten Ausläufer der Anhöhe
lag der Tempel ber Aphrodite und bes Hermes an ber Quelle des Salmacis,
auf dem linken ter Balaf des Mauſolus, deſſen äußere Wände aus unge»
brannten Badfleinen erbaut waren, während im Innern alles mit proconne-
fiſchem Marmor geihmüdt war (Plin. H. N. XXXVI, 6, 6. XXXV, 14, 49.
Bitruv. II, 8.). Das Mauſoleum befand aus einem vieredigen, mit ſechs
und dreißig Säulen umgebenen Unterbau, wregos genannt, der im ganzen
Umfang 411 Fuß Hatte und 25 Ellen bob war. Lieber biefem Unterbau
erhob fich ein Aufſatz von derſelben Höhe, welcher fih in 24 Stufen zu
einer Pyramide zufpigte, auf deren Spige eine Duadriga aus Marmor von
der Sand des Pyrhis fand. Die Architecten waren Satyrus und Phitheus,
welche and eine Beſchreibung befielben berausgaben. Vitruv. Praef. VIE, 12.
Die Sculpturarbeiten nurden im Wettfireite von Scopas an ber öſtlichen,
von Bryaris auf der nördlichen, von Timotheus auf der ſüdlichen, von Leo-
chares auf der weſtlichen Seite ausgeführt, Plin. IXXXVI, 5, 4. (hatt des
. 6.212.) nicht unwahrſcheinlich, daß die trefllicden Meltefs, Amnzonentämpfe
Mausns -— Maximianus 17
Timotheus nennt Bitruv. am a. DO. den Brariteled), und dem Zuſammen⸗
wirken dieſer berühmten Künfller hatte dad Maufoleum hauptſächlich ben
Ruhm zu danken, daß es unter die fleben Wunderwerke der alten Welt ges
zähle wurde (Plin. u. Vitruv. am a. O. Strabo XIV, p. 686.). Na
der Beſchreibung des Plinius verfuchte Weinbrenner eine Reflauration (f. K.
Kärcher, Handzeichnungen zur Mythol. u. Arhäol., Karlar. 1825. Gert. IV.
af. VEIT), Hirt im Atlas zu feiner Gef. der Baufunft Taf. X, 14. und
Taf. XXX, 14. und mit Wenügung der Abbildung auf einer Münze der
Königin Artemifla, Canina in feiner Architettura Antica Tom. II. tav. 159.
Noch zur Zeit Bregord von Nazlanz (372 n. Chr.) war es wohlerhalten
(Greg. Nas. Epigr. CXVII.), jegt aber iſt es ſpurlos verſchwunden, ba übers
haupt von der ganzen Stadt nichts mehr als die Mauern erhalten iſt (Texter
Description de l’Asie Mineure Vol. I. er. 97.); do ift pie Vermuthung
von Hirt (Bei. der Baukunſt Bo. I. ©. 71. u. Geld. d. bild. Kunſt
vorſtellend, welche in dem feiten Schlofie zu Budrun eingemauert und nad
den Zeichnungen von Myerd in den ioniſchen Alterthümern und in
ven Anſichten von der Türken von Ludw. Mayer, Leipz. 1812. If. 18.
abgebildet find, von dem Maufoleum herrühren Eönnten. Nah einem Bericht in
ber Beil. zur Ag. Sta. v.8. Mai 1846. find diefe Bildwerke durch Vermitilung
von Sir Stratford Ganning auf dem Wege nah England. — Nah dieſem
weltberühmten Grabmal nannten die Mömer ihre pradtvollen Grabmäler
ebenfalls Maufoleen. Bauf. VIII, 16, 4. So beſchreibt Strabo V, p. 236.
das auf dem Marsfelde erbaute Maufoleum des Auguflus: assoAoyaozazor
85 ro MavowAsıor xaAovussor, Eni nonnidog vumdng AsvnoAidov 700g Tai
KOTRUG Yu Era, AXpı Kopvpis Tois asıdalscı Tor Öaröpwr Gvrmpepäg'
un’ axom dr ovr einwr dom xalnı) zov LZeßuotov Kaioaopos, Uno 58 To
wuuerı Oixai ein avıov nal Tor TUyyErOr ai Tor oinsior, Orıoder 68
usya aAcog Nepınarovg Iavunorovg iyor. Vgl. Suet. Aug. 100. Nardini
Bom. antica T: 111. p. 75. ed. Nibby und bie Hteflauration bei Hirt im
angef. Atlas. Taf. XXX, 21. [W.]
Mausus (Mavods), nah Theopomp. bei Stepb. Byz. p. 449. ein
Flecken im Gebiete von Gorinth, fonft unbefannt. [F.]
Mexala (Plin. V, 5, 5.), Sieden im Innern von Libyen. [F.]
Maxentius, f. Maximianus 1). ©. 1672 f.
Maxöra (Me£&noa, Ptol. VI, 9, 2. Ummian. XXIII, 6., bei Blin.
VI, 16, 18. Maxeras), ein Küftenfluß Hyrcaniens; vielleiht ber bei Sart
vorbeifließenne Tedjin, oder ber etwas weſtlichere, bei Meſchedſer mündende
Babul; nah Mannert IV. S. 425. aber der (zu nördlihe) Gurgan. An feinem
finfen Ufer wohnte das Volk der Maxerae (Me&noaı, Ptol. VI, 9,5.). [F.)
Maxiiüsa (Ptol. II, 4, 13.), eine Stadt in Hiſpania Bätica, mo nad
Blin. XXXV, 14, 49. eine leichte Art von Thonziegeln verfertigt wurde, die
auf dem Wafler fhmammen (vgl. Strabo XI, p. 615. Vitruv. I, 3. u.
Schneider ad Ecl. Phys. p.88.), wahrſch. in der Sierra Morena zu ſuchen.
Val. Florez Esp. Sagr. XII. p. 259. [F.]
Maxime Caesariensis, |. Britannia, Bd. I. S. 1173.
Maxima Sequanoram, ſ. Gallia, Bd. IH. ©. 632.
Maxiınlanopolis (Meäuıavovnoi:g), 1) Stadt in Baläflina, Hleroch.
p. 720. $ieron. in Hos. 1, 4.; im It. Sierof. p. 986. verſchrieben Maxiano-
polis, nad Hieron. ad Zachar. 12, 11. früher Adadremmon genannt, alfo
unftreitig das Hadad Rimmon des A. T. (2 Kön. 25, 29. 2 Chr. 35, 20.)
im Thale Megiddo; nah Robinſon Paläſt. IN, S. 792. In der Nähe des
beut. Zeilun. — 2) f. Constantia. — 3) f. Porsulae.
Maxiıninmus. 1) Herculias, vollfländig M. Aurelius Valerius Maxi-
107 - Marimlanus
metanus (Orelli 1049 f. 1052 f. vgl. Raſche IH, 1, p. 419 f. Imp. C. i.e.
Clariss. M. Aur. Val. Max.) Herculius, Dr. 1048. 1051. vgl. Spanheim
numm. p. 509 f. Raſche III, 1, p. 411. Herculio Maximiano Aug.), zu
Sirmium in niedrigem Stande geboren, wegen feiner kriegeriſchen Tüchtigkeit
im J. 285 von Diocletian zum Cäſar ernannt (Gutrop. IX, 20.) und nad
Ballien gegen die Bagauden geſchickt, welche er in kurzer Zeit bänbigte (Eutr.
1. 1. Vict. Caes. 39, 19. Anonym. Paneg. V. 8, 8.). Außer Garauflus
(über deſſen Schidjal f. Bo. I, ©. 145 f.) entſtehen Unruhen in Aegypten,
Afrika und Perfien; fo von allen Seiten gebrängt erhebt Diocl. am 1. Apr.
286 den Mar. zum Auguftus (Eutr. IX, 22. Lactant. de mort. pers. 8. 19.
Fast. Idat.) und zieht nad Germanien, mo er mehrere Voͤlkerſchaften beflegt
(BRamertin. Paneg. I, 5, 7. 10, 3. II, 7, 2.), fpäter (I. 239) aber gegen
Carauſ. vergeblich kämpft. Im Winter 290 hat M. mit Diocl. eine Zuſam⸗
menfunft in Mailand, in Folge deren Conftantius Chlorus und Balerius
Maximianus am 1. Merz 292 zu Gäfaren erhoben werben (Rast. Idat. Eumen.
Paneg. IV, 3, 1. Chron. Alex. p. 275.). Während Gonftantiud’ Zug nad
Britannien benaht DM. den Rhein (Eumen. IV, 13, 2 f.). Im I. 297
unterwuft M. die maurifchen Künfoölfer (Qvinqvegentiani) in Afrika (Cutr.
IX, 23. vgl. Orof. VII, 25. Eumen. VI, 5, 2.) und refiviıt fortan in Italien
(Lactant. 8.). Auf Diocletians bringende Veranlaſſung dankt er, obwohl
ungern, an @inem Tage mit ihm, am 1. Mai 305 in Dieviolanum ab und
zieht ſich nach Aucanten (act. 26.: Gampanien) zurüd, in agris amoenissimis
consenescens (Eutr. IX, 25. X, 3. vgl. act. 19. und bie Müngen mit der
Inſchrift: Maximiano — Reqvies oplimorum meritorum u. dgl. f. Raſche
p. 424.). Aber fchon im I. 306 bricht in Nom ein Auffland aus wegen
des ungemobnten Cenſus (Lact. 26.) ; Gerculius’ (von der Eutroria) Sohn
Marentius (M. Aurelius Valerius Maxentius, wie er auf Infärliten Heißt,
f. Orelli 1066-—1070., auf Münzen C. Maxentius, C. M. Val. Maxentius,
f. Raſche III, 1, p. 403.), der fih gerade auf feiner Billa an der laricanis .
fhen Straße befand (Bict. epit. 40, 2.), wird ald Sohn des Augufus
Marimian und Schwiegerfohn des Auguftus Baleriud (Lact. 18. vgl. die
Münzen bei Raſche III, 1, p. 401. 403.) am 27. Det. zum Auguſtus aus⸗
gerufen (Eutr. X, 3. of. II, 9. Lact. 26. 32.), retractante diu patre
(Bict. Caes. 40. vgl. Manfo, Conſtantin S. 300), der es ſelbſt gern ge-
worden wäre (vgl. Lact. 43.) und mun au Schritte dazu thut; nad Bact. 26
ſchickt ihm fein Sohn jelbft ten Burpur, nah Eutr. Fommt ber Vater uns,
aufgeforvert (vgl. Manſo S. 301.). Conſtantius ſcheint die Legitimität biefer
Regierung anerkannt oder wenigſtens Mazentiud dieſe Anerkennung gefudt
zu haben, denn es finden fi mehrere Münzen: Maxentius Aug. Constantio
cognato oder adfini, ſ. Raſche III, 1, p. 403. Galerius aber ſchickt gegen
Marent. den Auguftus (Ract. 25.) Severuß, der aber vor Rom von feinen
Truppen verlaffen wird, entfliehen muß und (I. 307) zu Ravenna (venis
incisis, Zact.) eımorbet wird (Lact. 26. Eutr. 1.1. Zoſ. II, 10. vgl. Manſo
S. 298 f. 303 f.). Na Lart. 27 f. zog nun Galerius felbft nah Italien
(3of. II, 10.) und Here floh vor ihm nad Gallien; Baler. z0g aber ſchnell
wieder von Rom ab, Herc. kehrte zurüdl und theilie mit feinem Sehne die Herr»
ſchaft (Maxentius u. Maximianus senior zufammengenannt bei Drelli Air. 1069.
vgl. die Münzen mit der Infhrifi: Divo Maximiano patri Maxentius Aug.
bei Raſche p. 410.). Auf eine Berföhnung mit Balerius fheinen tie Mänzen
au deuten mit der Infchrift: Imp. Maxentius Divo Maximiano patri, socero,
f. Raſche p. 403. Biferfühtig auf feines Sohnes höheres Anſehen riß der
Bater ihm vor den Solpaten den Burpur ab, wurde aber bafür von jenen
aus ber Stadt gejagt (Eutr. X, 2. Lact. 28.). Herc. begibt ſich zu Galer.
und Diocletian nach Carnuntum ums biefen zur Wiederannahme bes Throns
Maximianus 1678 .
zu bewegen (of. 11, 10.), ſtellt aber dem Baler. nach, muß fliehen (Lact. 29.)
und wendet ſich dann zu Conſtantin, feinem Schwiegerfohne (Lact. 27.), nad
Gallien, ihut als fey er von feinem Sohne verfagt (mad Cutr. einen dolus
compositus nennt, alſo zwifchen Vater und Sohn verabredet), Rellt aber dem
Conſt. nah Krone und Leben, wird von feiner eigenen Tochter Baufla ver-
rathen, entflieht nah Maifllia um von ba nad Stollen überzufegen, wird
jebo ergriffen und (3. 310) getöbtet (Eutr. 1. 1. vgl. Zof. IT, 11. Na
der berechnet apologetiihen Darftelung von Lact. 29 f. hätte er fih In
Maſſilia förmlich verſchanzt gehabt und wäre zwar gefangen aber begnadigt
worden und erſt als man ihn über einem Attentat auf Conſt. ertappt, von
biefem genöthigt worben den Tob zu wählen). @utrop. X, 2, extr.' befchreibt
ihn als einen Barbaren im ſchlimmen Sinne des Wortes: vir ad omnem
asperitatem saevitiamgqve proclivis, infidus, incommodus, civilitatis penitus
exıpers, vgl. ib. 1.: Maximiani sangvinaria temeritas u. IX, 26. Herculius
| aus ferus — asperitatem suam etiam vultus horrore significans; Lact. 8.
weiß auch von feiner libido zu erzählen; — nichtöbefloweniger haben Das
mertinus, Eumenius u. U. Lobreden auf ihn gehalten, Exrfterer Ihm au
andere Schriften gewidmet. Bei Orelli Inscr. Tautet Nr. 1049: magno et in-
victo ac super omnes retro principes fortissimo Imp. Caes. M. Aurelio
Val. Maxim. Pio Felici Invicto Aug. Cos. III. P. P. Procos. Septimius etc.
Und auf Münzen: Divo Maximiano seniori (zur Unterſcheidung von Balerius)
optimo fortissimo imperatori ober domino nostro Maximiano beatissimo
seniori Augusto, f. Raſche III, 1. p. A410 f. 418. 420 f. Und auf ber Rüde
feite: gaudete Romani oder gaudium Romanum, p. 422. — Alexander in
Afrika, welder den Marent. anzuerkennen ſich weigerte, wird durch biefen
beflegt und getödtet (of. II, 13 f. vgl. Conservator Africae ober Kartha-
ginis ober Felix Karthago auf Münzen des Maxentius, Raſche p. 404.),
und im 3. 312 verbindet fih Marent. mit Mariminus (Lact. 43.), macht
ſich aber in Nom felbft durch Grauſamkeit verhaßt (Eutr. X, 3. vd. Zof.
1, 14.). Als nun Conſt. gegen ihn Geranzieht, bleibt er zwar, einer Weis⸗
fagung zu Folge, felbft in Rom (Lact. 44.), ſchickt abet tüchtige Heer⸗
führer, die den Gonft. ſchlugen (Lact. ib.; nah Cutr. war Conſt. Sieger);
Gonft. rüdt vor Nom, wo man ſchwachen Widerftand leiſtet und Marent.
bei einem Ausfall im Tiber ad pontem Mulvium ertrinft (of. II, 16.
act. 1.1. Idat. Eutr. X, 3. vgl. Manfo S. 305—307.), am 27. Det. 312
(Lact. 44. Anonym. Paneg. VIII, 16, 2. Vict. Caes. 40, 23.), 30 3. alt. *
2) C. Galerius Valerius Maximianus, (Drei 382. 1059.
1062. 1063. Münzen bei Raſche III, 1, p. 409. 413.; auch Junior ge⸗
nannt, f. Raſche p. 412. 413. ober von feiner Abkunft Armentarius, ib.
412. 416.), nah Eutr. IX, 14, 22. in Dacien, bei Sarbica, geboren, nad
' Raet. 9. hatte er eine mater transdanuviana, welche ſich nur vor den Car⸗
pern nad Dacien geflüchtet hatte. Am 1. Mär; 292 (Fast. Idat., Eum.
Paneg. IV, 3, 1.) wurde er, nachdem er fich ohne Zweifel durch feine Tapfer⸗
feit fortwährend ausgezeichnet, mit Conflantius von Diocl. zum Gäfar er»
nannt (vgl. DOreli Nr. 224. 513. 1056.), und mußte feine Frau verfioßen
und dafür Dioch.'s Tochter Valeria heirathen (Eutr. 1. 1. Lact. 9.). Im
3. 294 kämpfte er mit Diocl. gegen die Sarmaten (victoria Sarmat. auf
Münzen des Gal., f. Raſche p. 416. vgl. p. 424.), Baflarner und Garper
(Fast. Idat. vgl. Eutr. IX, 25.) und mird im I. 296° gegen ben Perſer⸗
tönig Narfes geſchickt; er läßt ſich unvorfihtig in ein Treffen ein, wird
® lieber feine Frau vgl, Genebrier, diss. sur Magnin Ubrica, oü !’on fait voir
que cette princesse n’est point femme de l’empereur Maxence, comme on la
or& jusquw’ici. Paris 1704. 8.
W. 105 ®
1674 | Maximianus — Maximinus
(bei Kallinikus) geihlagen und trifft mit Diocl. zufammen, ber Ihn höchſt
ungnädig aufnimmt und ihn eine Strede Wegs im Purpurmantel neben fel«
nem Wagen berlaufen läßt (Eutr. IX, 24. Ammian. XIV, 11, 10. vgl.
Vict. Caess. 39, 34. Drof. VII, 25. Sext. Rufus 23.). Gal. zieht in
Illyrien und Möflen ein neues Heer zufammen und ſchlägt damit In Groß⸗
armenien den Narſes vollſtändig, treibt ihn weit zurüd, macht viele Beute
und wird nun von Diocl. mit großer Audzeichnung (act. 9: mit Furcht)
empfangen (Eutr. IX, 24 f. Vict. Caess. 39, 33. Oroſ. VI, 25.). Mit
ben PVerfern wird ein günftiger Friede geſchloſſen (Sert. Auf. 14. vol. Am⸗
mian. XXV, 7, 9.). Sal. bleibt bei Diocl. und veranlaßt Ihn angebli zu
feinen Mafregeln gegen die Chriften (Lact. SO ff. 31.); auch will Lact. 18.
genau wiffen daß Gal. den Diocl. zur Abdankung halb gendthigt Habe, was
unwahrſcheinlich ift, theils well Diocl. ein Jahr Tang krank gemefen war
(Lact. 17.), theils weil das dem bes Herculius entgegengefegte fpätere Be⸗
nehmen des Diocl. auf entgegengefegte — alſo rein unabhängige — VBeweg⸗
gründe fließen läßt. Gal. wird jest (I. 305) Auguflus, wieder mit Con⸗
Rantius, und zwar fällt Lezterem der Werten zu: Gallien, Italien, Afıika ;
dem Gal. der Dften mit Illyrien (Eutr. X, 1.); doch wollte fi Conſt. auf
Ballien beſchränken und Sal. ernannte daher zwei Gäfaren, Severus für
Italien und Mariminus für den Often, indem er fi ſelbſt Ilyricum als
Wohnſitz vorbehält (Eutr. X, 2.). Conftantin, den er bieher halb als Weifel
bei fi behalten, entläßt er enpli nad Gallien zu feinem Vater (Lact. 24.).
Veber fein Verhältniß zu Marentius f. S. 1672. Am 11. Nov. 307 erhebt er
an Severuß’ Statt (Lact. 29.) feinen Landsmann und alten Kılegögefährten
(Sur. 3. Lact. 20.) Licintus (f. S. 1080.) zum Auguſtus (Fast. Idat.,
Chron. Alex. p. 279.); am 30. Aprif 311 nimmt er feinen Befehl zur Ders |
folgung der Chriflen zurüd (Ract. 33 f., wonach vabei feine Abfiht war. es
in Bezug auf feine Heilung auch mit dem Chriflengotte zu verſuchen), ſtirbt
aber wenige Inge darauf (Lact. 35 f. vgl. Eutr. 3.), alfo im Mat 311,
nach 19fähriger Regierung (act. 33. vgl. 35. extr. Anonym. Valeſ. 8.)
und Tanger fhmerzhafter (ſyphilitiſcher) Krankheit (Ract. 33.). Gutr. 2.
bezeichnet ihn als vir et probe moratus et egregius in re militari, wogegen
der Fanatiker Lact. 9. fagt: inerat huic bestiae naturalis barbaries et feri-
tas ... Erat etiam corpus moribus congruens, status celsus, caro ingens
et in horrendam magnitudinem diffusa et inflata; deniqve et verbis et
actibus et aspectu terrori omnibus ac formidini fuit. Er ermähnt c. 21
feiner barbarijchen Angeröhnungen, feiner Breude an blutigen Schauſpielen,
c. 22 feines foldatifhen Regiments und feiner angeblichen Braufamfeit, c. 23
feined firengen Cenſus. Seine Bilder ließ Conſtantin nieberreißen (ib. 42.),
feinen Namen auslöfcgen, f. Orelli Inserr. 1058. Er binterließ eine Bes |
mahlin, Valeria, welche der begehrliche Licinius verfolgte (Lac. 39 — 41,
mo durch jeſuitiſche Zweideutigkeit der Schein erregt wird als fey der Vers
folger Mariminus) und zulegt tödtete (ib. 50 f.), und einen 1814hrigen
(vgl. Lact. 20.) Sohn Candidianus, qvem Valeria ex concubina genitum
ob sterilitalem adoptaverat (Lact. 50.), melden Licinius zu Nitomedia am |
“Hofe ſcheinbar ehrenvoll aufnahm, aber dann hinrichten Tick.
3) Maximianus Gallus, f. ®v. II, ©. 700. [W.T.] Ä
Maximinus, 1) Julius Verus Maximinus (Orelll 963. 965. 5045.
Raſche III, 1. p. 428—435. 635, c. Vaillant Nammi Impp. I, p. 148 f. H,
p. 290—292.), geboren in Thrakien (daher fein Beiname Thraz), von einem
gorbifgen Bater Micea oder Micca und einer alanifgen Mutıer Ababa oder
bala. Bgl. Herobian. VI, 8. Iornand. regn. 22. Goth. 15. Urſprünglich
Schäfer wurde er dem Kaiſer Severus bekannt, der ihn megen feiner außerordent⸗
lien Groͤße (über acht Fuß), Stärke und feines ſchönen Wuchfes unter die Baıde
—
Maximinus 1679
nehm. Gr rüdte ſchnell vor, Hielt fi aber unter Macrin und Heliogabalus
vom Dierfte fern. Unter Alexander Sev. kam er nad Mom, wurde Senator
und Anführer einer neugemorbenen Legion, befchligte gegen die Perſer
und die Allemannen, und gewann bie Liebe des Heeres in dem Grade als Alte
zander fie immer mehr verfiherzte. Aler. wurde am 19. Merz 235 bei Mainz
ge:öntet und Dar. zum Kalfer ausgerufen. Diefer ernannte zum Gäfar feinen
Sebn, C. Jul, Verus Maximus (Raſche III, 1, p. 444— 447. Orelli Nr. 969.
9049.), den ſchönſten Dann feiner Zeit, ähnlih dem Vater an Größe, über»
legen an Wuchs, Geiſtesbildung und Gutartigkeit. Geboren ums 9. 216
wurde er verlobt mit Junia Fadilla, einer proneptis des Antonin; ber Vater
jelbft Hatte eine überaus fanfte Gemahlin (Ammian. XIV, 1, 8.), angebli
PBaullina genannt, f. Tillemont IH, p. 100. Der Senat beflätigte die Wahl
ed Heers. Im Beflge der Macht wurde Max.'s angeborne Wilpheit zu
Grauſamkeit und Blutdurſt; er entließ oder tödtete ale ehemaligen Diener
des Ulerander, morbete diefenigen melde un: feine Samilienrerhäftniffe wuß⸗
ten, und nahm beſonders von zwei Verſchwörungen, des Magnus und des
zit. Quartinus, Beranlaffung zu einer Unzahl von Hinrihtungen. Er fegte
den Feldzug in Deutſchland fort, glänzte durd feine Ausdauer und Tapfer-
fett und erhielt nebft feinem Sohne vom Senat den Titel Germanicus (f. die
Münzen bei Raſche III, 1, p. 430.). Auf feine andern Feldzüge und Siege
teuten die Namen Dacicus und Sarmaticus (Bruter p. 191, 5. 138, 6.
ODrelli 963—965. 5045.). Seine Abſicht war die Grenzen des Reichs bi
—
an das Eismeer auszudehnen; aber durch feine rückſichtsloſe Grauſamkeit,
ſeine Begünſtigung der Angebereien und ſeine Habgier welche auch die Tem⸗
pel nicht verſchonte hatte er ſich ſo verhaßt gemacht daß, als in Afrika im
J. 238 der Aufſtand der Gordiane ausbrach (ſ. Bd. II, ©. 901 f.), ber
Senat dieſe freudigſt anerkannte, den DE. für einen Feind des Vaterlandet
erklärte und das Gerücht von ſeinem Tode verbreitete, worauf das Volk dem
Haffe gegen ihn und feine Gehilfen freien Lauf ließ. Der Senat wiegelte
dur Abgeſandte und Eircularfihreiben die Provinzen gegen ihn auf und
vertheilte 20 Conſulare in Italien herum, um überall ſich gegen ihn zu
rüfen und zu befefigen, was au an ben meiften Orten gelang. Max.'s
Zorn ſchäumte hoch auf bei dieſen Nachrichten; bald aber faßte er ſich und ver-
fprad feinem Heer goldne Berge wenn ed gegen Nom ziehen wolle, da
jedoch dieſes nicht die gewünſchte Begeiflerung zeigte, fo verſprach er dem Senat
Amneſtie wenn er zum Gehorfam zurüdfehre, was aber der Senat ablehnte.
Die Nachricht von dem Tode der Gordiane erregte In Nom Beſtürzung. Der
Senat wählte zu Kaiſern die Senatoren M. Clodius Pupienus Maximus
und Decimus Caelius Albinus, mußte aber auf dad Andringen des Volkes
auch noch ven jungen Gordlanus (ſ. Bd. III. S. 902 f.) mit dem Purpur -
befleiden. Bon Pannonien ber zog Marimin gegen Italien, wo er bei feinem
Eintritt die Stäpte verödet fand und erft bei Aquileja auf Widerſtand ſtieß.
Da die Stadt, von einem Abgefandten des Senats vertheibigt, der Auffor⸗
derung M.'s, fi zu ergeben, nicht Folge leiflete, fo begann er fie eifrigfl
zu belagern; aber der unerwartete Widerfland der Einwohner lähmte ben
Eifer feineß Heers; erbittert darüber ließ Mar. einige Dffiziere hinrichten;
darüber aufgebracht und unzufricden über den Mangel den fle litten empörte
fi) daß Heer, töntete Bater und Sohn und deren hauptſächlichſte Anhänger und
Werkzeuge und ſchickte die Köpfe jener nah Rom. Der Bater war etwa
55, der Sohn 21 3. alt als fie (Ende Merz 238) gemordet wurden. Nur
in Shrafien und Bannonien bebauerte man ihren Tod, in Rom jubelte man.
Dal. über fie: 3. Kapitolin. vit. Maximin. duor. Herodian. VI, 8f. VI.
VIII, 1—3. Aur. Bit. Caess. 25. Ep. 25. Bonar. XII, 16. Zof. I, 13—19.
Gutrop. IX, 4. Syncell., Chron. Alexdr. u, A. Tillemont hist. des emp.
1676 Maximus _
II, p. 99-109. Gibbon ©. 135. 442. Sporſchil. Schwarz de Mazimino
Imp. gin feinen opusc. ed. Harles. Schloſſer, Univerſalhiſt. Weberf. II, 2.
S. 65-71.
2) Maximinus, urfprüngli Daia ober Daza, Schweſterſohn (of.
11, 8. vgl. affinis, Zact. de mort. pers. 18.) vom Auguftus Galerius Mari-
mianus und von ihm nad. fich benannt (Fact. 18.). Gneius (?.) Valerius
Maximianus heißt er bei Orelli Nr. 1057., Galerius Val. Maximinus auf
Münzen, f. Raſche II, 1, p. 438. In Folge diefer Verwandtſchaft machte
er ohne fonflige große Verbienfle eine fehr fehnelle Carrière (ib. 19.), und
wurde am 1. Mai (vgl. Lact. 46.) 305 von Baler. mit Severus zum Caͤſar
ernannt (Orelli Inserr. 334. 1056. 1057.) und mit dem Oſten beauftragt
(Eutr. X, 2.). Daß Licinius im I. 307 ihm poͤrgezogen und zum Auguftus
ernannt wurde nahm er fehr übel, daher Galer. ihm und Conſtantin den
Titel Augustorum filii bewilligte (val. Raſche III, 1, p. 410. 438 f.: Divo
Maximiano Maximinus Aug. Fil.) und nadgeben mußte als M. fih den
Titel Augufus ſelbſt beilegte (Lact. 32. Eufeb. b. e. VII, 13. u. vgl. die
Münzen mit Imp. Gal. Val. Maximinus Aug. bei Raſche p. 438.) Nah
dem Tode des Galerius eilte M. herbei und fuchte dem Kicin. ven Thron
fireitig zu machen, vergleicht fich jedoch mit ihm (Lact. 36.). Als er indefien
von der beabfichtigten Vermählung des Lic. mit Conſt.'s Schweſter Kunde
‘erhielt, verband er fi mit Maxentius (Ract. 43.) und gerieth bei deſſen
Ball In Beſtürzung (ib. 44 extr.). Während dann Lic. und Eonft. der Ver⸗
mählung wegen in Mediolanum beifammen waren (I. 313) bricht M. ſchnell
mitten im Winter aus Syrien auf, nimmt Byzanz, Heraklea und Perintb;
aber num eilt Lic. herbei und ſtellt fid mit feinen 30000 den 70000 des M.
gegenüber (Lact. 45.). Am 30. April Fam es zur Schlacht (Lact. 46.),
in welcher nad of. II, 17. Lic. anfangs geſchlagen wurde, dann aber flegte,
‚während nad Lact. 46. Lic. in Folge einer hriftl. Gchetsformel von Anfang
an vollſtändig ſiegte. M. entflieht mit Burüdlaffung des Purpurs übers
Meer und unaufbaltfam, fort bis Kappadokien (Ract. 47.). In Tarfus farb
ee dann (of. II, 17. Eutr. X, 3.), in Folge eines ungeſchickten Selbſtver⸗
iftungsverſuches, eined qualvollen Todes (Lact. 49.). Don ihm finden
& beſonders viele Münzen mit der Infchrift Soli invicto, f. Raſche p. 840.
Sein Älteftler Sohn war beim Tode des Vaters acht I. alt, feine Tochter
(verlobt mit Bandidianus, dem Sohn von Balerius) fleben, aber Kic. ermor⸗
dete beide und ihre Mutter flürzte fi in den Orontes (Lact. 50.).
3) Maximinus, “\öpfer, f. Maximus S. 1678. [W.T.]
Maximus. ine Lifte der Männer dieſes Namens |. bei Fabricius
Bibl. Graec. IX, p. 677 ff. ed. Harl. ®ir erwähnen:
1) Maximus aus Tyrus, ein griechifcher Ahetor, ver auch ala Plato⸗
nifher Philoſoph bezeichnet wird; er lebte gegen den Schluß des zweiten Jahr⸗
hunderts n. Ghr., und zwar na Angabe des Suidas in Nom, darf jedoch
nit mit dem Stoifer Claudius Marimus, dem Lehrer des Kaiſer Marc.
Aurel. (f. Bd. II. S. 429.) verwechfelt werden. Wir beflgen von ihm noch
41 Abhandlungen oder Neben (Amizkeıs, Aoynı) Über einzelne Säge ver-
fhledener Art, meift moralifch-praktifchen Inhalts, au Über das Dämonium
des Sokrates, über den Zweck der Philofopbie, vom Weſen Gottes u. dgl.,
ganz im Sinn und Geiſt der fpätern platonifchen Philoſophie, übrigens nicht
ohne eine gewiffe wenn glei überladene Eleganz der Darflelung. Lieber
die darin ausgeſprochenen moraliſchen Grundſätze vgl. Gtäublin Geh. ver
Moralphilofophie S. 225 ff. Nachdem diefe Reden zuerft nur in einer latei⸗
niſchen Ueberfegung des florentinifhen Erzbiſchofa Coflmo Piazzi zu Rom
1517 fol. und in weiteren Abdrücken zu Bafel 1519 fol., zu Baris 1554
befannt geworben waren, erſchien zuerfl der griech. Text, zugleich mit diefer
Maximeas 1677
Tat. Ueberſetzung zu Paris 1557. 8. IT. Voll. von H. Steyhanus, worauf bie
mit einer neuen lat. Ueberfegung verfehenen Ausgaben des Daniel Heinflus
zu Leyden 1607. 1614. 8. (Abbrüde davon zu Lyon 1690. 8, und Orford
1677. 12.) folgten; befier dann von I. Davis zu Cambridge 1703. 8. und
in einer neuen Bearbeitung ebenbeff. in der Ausgabe von I. Ward (London
1740. 4. wieder abgedruckt von Reiske zu Leipzig 1774 f. II Voll. 8.), der
beften die wir befigen. Hier finden fi auch die Noten Ier. Marclands bei⸗
gefügt, der (p. 648 ff.) eine zweite von Maximus Tyrius felbft noch beforgte
Recenflon annahm, worin ihm jedoch F. A. Bornemann in drei Programmen:
De gemina Xenophontis Cyropaediae et Maximi Tyrii recensione diss. critt.
Schneeberg 1814—1816. 8.) widerfprocdden Hat. S. im Allgem. Babrie.
Bibl. Graec. V. p. 15 ff. und bie Praefat. von Davis, Brucker Hist. Philosoph.
1, p. 177 ff. —8* über Homer und deſſen Philoſophie, ſowie über andere
rbilofophiiche Gegenſtände fchrieb er nach Suidas.
2) Ein Rhetor Maximus, Zeitgenofie Plutarch's, kommt in beffen
: Sympos. IX, 4, 1. vor, ein anderer bei Ariſtides Vol. II. p. 825., ein
dritter Mhetor Marimus aus Alerandria bei Photius Bib). Cod. CXXXV,
der defien wereres nennt’ Einen andern Marimus aus Epirud oder Byzanz
führt Suidas als Philoſophen und Lehrer des Kaiferd Iultanus (irrthümlich)
auf: ein Auffag veffelben zei aAvror arudsoewr d. t. über die unwider⸗
Iegbaren Einwürfe, worin zunächſt an Beifpielen des Demoſthenes und Aeſchi⸗
nes gezeigt wird, wie man ſolchen Einmürfen Tieber geſchickt auszuweichen,
als auf eine Widerlegung verfelben fi einzulafien habe, iſt abgedruckt bei
&. Stephanus: Dionysii Halic. scripta quaedam critt. etc. Paris 1954. 8.
und Daraus in ber Bibl. Graec. des Fabricius IX, p. 570. der Älteren und
xl. p. 38. der Ausg. von Harlee. Die übrigen Schriften melde Suidas
anführt: ep: zezapyor (f. unten) mepi apıduwr, Trrourmun eis Apdıororsinv
(vgl. Buhle De libr. Aristot. interprr. Graecc. p. 306.) und Anderes find
verloren. |
Unbefannt if ver Maximus Mozarus, von dem eine Schrift über
die Hauche (zeoi nrevuaror nal arrıcroiyar) handſchriftlich noch exiſtirt;
f. Fabric. 1. 1. VI. p. 345. ed. Harl.; weiter Maximus von Aegä, welder
über den. Wunderthäter Apollonius von Tyana, den er zu Aegä Eennen ges
Iernt’(f. Bo. I. S. 626 ff.), ein von Philoftratus (de vit. Apollon. I, 9.)
benügtes Werk geſchrieben Hatte.
Maximus aus Ephefus, der Neuplatoniker, welcher auf die Rückkehr
des Julianus zum Sellenismus fo großen Einfluß hatte (f. oben IV. S. 402.)
und melden Simplic. comm. ad Aristot. Categ. zor Aideniov tod Tœußhi-
xov uedrenr nennt. Bol. über ihn die lobpreiſende Schilderung von Eunapius
(vit. Soph. I, 438) und dazu Sofrat. H. E. II, 1. Amm. Morcel. XXI, 7.
XXV, 3. XXIX, 1.. Liban. epist. 606. Zoftm. IV, 2. 15. Au einige Briefe
des Juliarus (15. 16. 32. 39.) find an ihn gerichtet. Vgl. Bruder Hist.
erit. philos. II. p. 281 ff. Fabric. Bibl. Graec. III, p. 521. ed. Harl.
Schloffer im Aral (1830) S. 258 ff. — Diefen Marimus, oder den oben
genannten byzantiniſchen Redner, welder nah Suidad nepi xurxoyor ges
ſchrieben, bat man zum Verfaſſer eines aftrologifchen Gedichtes machen wollen,
das unter ber nemlichen Auffchrift mit dem Namen des Maximus in einer
einzigen verſtümmelten florentinifhen Handſchrift auf und gefommen und
daraus zuerft bei I. A. Fabric. Bibl. Graec. VII, p. 15 ff. d. Alt. A. und
IX, p. 322 ff., dann befler von E. Gerhard zu Leipzig 1820. 8. abgedruckt
worden iſt. Es verbreitet fi in 610 Hexametern über den Einfluß des
Mondes und der Geflirne auf dad Thun und bie Handlungen der Menfchen,
in ähnlicher Weiſe wie das oben (IV, ©. 1480.) ermähnte Gedicht des Ma-
netho, mit dem es auch in ber Handſchrift verbunden if. Auffallend iſt es
1880 Maxktani — Maxula
feit -und Volk verfeindet hatte. Die ganze kaiſerliche Familie flüchtete fi
zu Theodofius (3. 387), welcher als Gemahl von Juſtina's Toter, Galla,
für feinen Schwager Balentinian den Mar. befriegte. Theod. ſchlug zuerſt
in einer bigigen Schlacht an der Save ven Bruber des Mar., Marcellinus,
eilte dann nah Italien herab gegen Aquileja, wo die Gleichgiltigkeit des
Heeres und Abneigung des Volkes der Herrfchaft des Mar. ein jühes Ende
fegte. Der Kaifer-Inflgnien beraubt wurde er vor Theodoſius geichlenpt,
deifen Krieger ihn enthaupteten. Auch fein Sohn Victor, dem er den Auguſtus⸗
titel beigelegt hatte (ſ. Orelli Nr. 1122. 5055.), fand den Tod (Sommer
388.). Das Nähere |. bei Zofim. IV, 35 ff. Gibbon S.910—914. Schloſſer
Univerfalbift. Ueberf. TIL, 3. S. 156—160. 295. u. in den Artt. Theodo-
sius u. Valentiniani. Die Erinnerung an Marimud’ Sturz wurde durch ein
jährlicdes Siegeöfeft verewigt. Procop. Vand. I, 4.
4) Maximus, ein Spanier, von Gerontius, al diefer von Gonflantin
(Bd. I. ©. 613. Nr. 3.) aus Spanien abberufen fich weigerte den Befehl
abzugeben, zum @egenfalfer gemadt (409 n. Ehr.). Vollkommen unbe
deutend wie er war mußte er, verlaffen vom Heer, bald wieder dem Purpur
entfagen und fi flüchten, und lebte zu der Zeit da Oroflus ſchrieb in Spanien
verborgen und dürftig (Orof. VII 42. Zofim. VI, 5., wo er aber nit
einmal genannt if. Sozom. IX, 13.). Später machte er einen neuen Ver⸗
ſuch den Kaiſer zu fpielen, wurde aber an Honorius außgeliefert; |. Schloſſer
Univerfalhift. Ueberf. III, 3. ©. 197. ‘
5) Petronius Maximus, ein reicher Senator zu Nom aus bem Ges
ſchlechte der Anicier (auf den Münzen heißt er bald Petronius Maximus P. F.
bald Fl. Anicius Maximus P. F., f. Raſche III, 1. p. 444. 2. p. 1034 f.
vgl. Gruter p. 449, 7.: a proavis atabisg. nobilitas — ornatur), ſchon in
feinem neunzehnten Lebensjahre in consistorio sacro tribunus et notarius
(Br. ib.), dann drei Jahre lang sacrarum remuneratibnum comes (ib.),
ſodann ein halbes Jahr lang Praef. urb. (ib. u. p. 1080, 6.), und ba8
alles noch nicht 25 Jahre alt (Gr. p. 449, 7.); ſpäter praef. praet. Italiae,
Patricier und zweimal (433. 443 n. Chr.) Conſul. Gr Hatte eine fchöne
Frau welche der weſtroͤm. Kaiſer Valentiniän III. auf Binterliftige Weife
nothzüchtigte. Darüber aufgebracht und vom Chrgeiz geftachelt veranlaßt er
nah Ermordung des Aetius durch Valentinian au die Ermordung bes
Kaiſers, befleigt nun felb den Thron (16. Merz 455) und zwingt, eben
erſt Wittmer geworben, die Kalferin-Wittwe Euborla ihn zum Manne anzu»
nehmen. So glücklich fein biöheriges Leben als Privatmann geweien war fo
unglüdiih fühlte ex fi jegt unter ber Laſt des Diadems (Sivon. Apoll. Ep.
11, 13.). Die Bermählung feines Sohnes Palladius mit der älteſten Tochter
Balentiniand follte feinen Thron befeftigen; aber als er in einer zärtliden
Stunde ſich der Buboria als Moͤrder ihres Gemahls bekannte fuchte biefe
fi feiner zu entlevigen indem fle den König der Vandaler, Genſerich gegen
ihn bHerbeirief. ALS die Vandaler wirklih aldbald an ver Mündung bes
Tiber erfhienen wußte Max. Teinen andern Rath als ſchleunige Flucht, wurde
aber von dem Volk auf der Straße gefteinigt, fein Leichnam zerflüdelt und
ulegt in den Xiber geworfen (prid. Id. Jun. 455.). Er hatte nur drei
onate regiert. ©. Procop. Vand. I, 4 f. u. die Chroniken. Sidon. Apoll.
Paneg. Av. 442 f. Ueber feinen Charakter ſ. Sidon. Ep. 11, 13. Bgl.
Gibbon S. 1167 f. 1171—1173. Sporſchil. Schloſſer, Univerfalgif. Ueberf.
I, 3. ©. 242— 244. 405. [W.T.
Maxitani, nad Juſtin. XVII, 6. eine alte numidiſche Völkerſchaft in
dem nadhmaligen Gebiete von Carthago. Vgl. oben S. 1661. A. I[F.]
Maxülsa (MaSovie, Ptol. IV, 3,7. It. Ant. p. 57.38. Tab. Beut..
bei Blin. V, 4, 3. Maxulla, im Stadiasm. mar. magai $. 114. 119. rà
Maxrjes — Menzenses | 1681
Ma&vAa), Stadt in Zeugitana am Meere und an der Straße von Gerihage
nad) Abrumetum, 18 Miu. öſtlich von erflerer, nach Plin. eine röm. Kolonie;
vermuthlid das heut. Moraiſah. [F. |
Maxyes (MaSves, Herod. IV, 191.), Völkerichaft in der fpätern roͤm.
Provinz Afrika am wefll..Ufer des Triton, die ſich von den Trojanern abzu⸗
ſtammen rühnte, ſich das Haar blos auf der rechten Seite des Kopfes wachſen
ließ und den Körper mit Mennig färbte, eine Sitte die ſich noch bis ſetzt in
einigen Gegenden der kleinen Syrte und bei den Tuaricté erhalten hat;
vgl. Hornemannd Reiſe S. 130. u. Shaw's Reiſen S. 103. [F.]
Mazäca, ſ. Cacsarea 7).
Mazacae (Plin. VI, 7, 7.), Bolt in Sarmatia Aflatica an der
"Mäotit. [F.]
Mazactla (Melanıa, Ptol. IV, 5, 29., Und. MaLlaxovAe), Stadt
im Innern Marmarica’s. [F. —
(MaLeios, Strab. VII, p. 314. Dio Caſſ. LV, 32. Biol.
II, 16, 8. Plin. III, 22, 26.), Völkerihaft im Süden Bannoniens an ber
Bränze von Dalmatien, von Germanicus bezwungen (Dio J. I.). [E.]
RT (MaLaıre), Stadt Palaͤſtina's, nur hei.-Stepb. Byz.
. 439. |[E.
p Masaeus, unter Artaxerxes Ochus Statthalter von Cilicien, erleidet
ins Kriege gegen die von Perſten abgefallenen Phönicier eine Nieberlage.
Diod. XVI, 42. Im I. 331 mar er von Darius beauftragt dem Könige
_ Mlexander den Uebergang über den Euphrat zu vermehren; er verhinderte
zwar bie vorausgeſchickten Macebonier an Vollendung zweier Brüden, I
ich aber beim Anrüden der Hauptmacht zurüd. Arr. III,7. Diod. XVII, 39.
Gurt. IV, 9. 10. Bei Arbela behauptete er am längften und glüdlichflen
daß Feld. Diod. XVII, 58. 59. 60. Plut. Alex. 32. Eurt. IV, 16. Nach
der Schlacht warf er fih nah Babylon. Als Alerander vor die Stabt
tam, Öffnete er ohne Widerſtand zu verfuchen, die Thore und zog mit feinen
fon erwachfenen Kindern entgegen, zur Belohnung und um dur dieſes
Beiſpiel zu reizen wurde ihm die Satrapie von Babyloniengegeben. Arr. HI, 16.
Gurt. V, 1. Gr flirbt 328 v. Chr. Arr. IV, 18. Auch einer feiner Söhne '
erlangte Alexanderes Gunſt. Plut. Alex. 39. [K.]
Mazagae, |. Massaga.
Mazärsa (MeLxpe), 1) Sluß (Diod. XI, 54. Ptol. II, 4,5. Plin.
III, 8, 14.) und an ihm liegende Stadt (Diod. 1. 1.; Malaen, Steph. Byz.
p. 434. Mazarae, It. Ant. p. 89.) im Weften Siciliens, 12 Mid. oͤſtlich
von Lilgbäum, na Steph. ein Handelsplatz der Selinuntier, ber von den
Mömern im erſten punifchen Kriege zerflört wurde (Diod. XXIE, 14.), fpäter
aber doch wieder hergeflellt worden fein muß; noch j. Mazzara. Cluver Sicil.
1, 18. p. 225. vermuthet daß auch das Mataurus des Strabo (und Gteph.
Byz.) denfelben Ort bezeichne. — 2) Stadt im Welten von Armenla Major
bei Ptol. V, 13, 19. [F.
Masices (Neal, Btol. IV, 2, 19., vgl. Euſtath. zu Dion. Ber.
p. 34. Huds.), Bolt in Wauritania Cäſarienſis am ſüdlichen Abhange des
Geb. Zalacus. Vgl. S. 1661. A. **. [F.]
Meadis (denn jo fol es wohl auf der Tab. Peut. ftatt Media heißen),
ein Ort in Dacten an der von ber Donau nah Ziviscum führenden Straße,
der noch jetzt den alten Namen führt und ein bekannter Babeort am Fluß
Czerna if, wo fi no mande röm. Alterthümer finden. Daß auch bie
Römer die dortigen Heilquellen ſchon benußten zeigen mehrere daſelbſt gm
fundene Inſchriften. Vgl. Mannert IV, ©. 209. IF.
Mearenses, nah Münzen bei Seftini Med. Isp. p. 170. ein Zweig
der Lobetani in Hiſpania Tarrac. [F.]
Bauly, Real-Eucyelop. IV. 106
1682 Meoßru — Hedäva
Meäzus (Micoo, PBtol. 1, 6, 4. Dela Il, 1, 9.), ein Tleiner
Fluß an der Norbküfte von Hiſpania Tarrac., der fih in den Meerb. ber
Mrtabrer (d. 5. den Meerb. bei Coruña und Ferrol) ergießt und noch jet
Mero heißt. [E.]
Meceo, ıöm. Töpfer auf einem Geſchirr ans Mheinbatern, im Münd.
Antiquarium. [W.
Mecei (Mrxeoı? Artian. Ind. c. 4.), Volk im NW. von India intra
Gangem. [F.]
Mnyzarevg, Beiname des Zeus zu Argos, Pauf. II, 22, 3. [Kn.]
Mnyerirıs, Beiname der Aphrodite zu Megalopoli, Bauf. VII,
91, 3.; auch der Athene in derſelben Gegend, Pauf. VIII, 36, 3. [Kn.]
Miechlessas (Meyizooog, Ptol. V, 10, 6,), Stadt im Norden von
Colchis. [F) .
Mechopanes, wird von Plin. H. N. XXXV, 11, 31. ale Schüler
des Malers Pauflas aufgeführt und fonah um DI. 120 gefeht. Aber M.
Modetie Lettre à M. Schorn p. 350. 2. Ausg. macht mit Net auf das
Ungriedifche diefed Namens aufmerkfam, und vermuthet daher daß Nicophanes
zu leſen ſei; dieſe Lesart findet fich wirklich in der Bamberger Handſchrift
und wird von 2. v. Ian im Anhang zur Sillig'ſchen Ausg. p. 429. ger
billigt. Hingegen feheinen die Zeugniffe des Plin. XXXV, 11, 31.: Sunt
quibus et Mechopanes, Pausiae discipulus, placeat diligentia, quam in-
telligant soli arlifices, alias durus in coloribus et in sile multus,
und 10, 23.: annum eratur his et Nicophanes elegans et concinnus, ita
ut venustate ei pauci comparentur, nidt auf einen und benfelben
Meifter zu geben, wie R. Mochette annimmt. [W.]
Mecisteus (Mnxorevs), Sohn des Talauß und der Lyfimache, Bruder
des Adraſtus. Apolod. I, 9, 13. [Kn. |
Mnxw», der Mohn, dem Mythus nach urfpränglich ein Athener welchen
Demeter liebte und in eine Mohnflaube verwandelte, Serv. zu Birg. Ge. I,
‚212. Kallim. h, Cer. 45. Iheofr. VII. extr. | W.T.)
Miecone, |. Sicyon.
Mecyberna (MrxuBeore, Herod. VII, 122. Seyl. p. 26. Mela II,
3, 1. Strabo VII, p. 330. Scymn. v. 640. Dieb. XVI, 54. Steph. Bor.
p- 464.), früßzeitig zerflörte Stadt an der Oſtküſte der macedon. Landſch. Si⸗
thonia am toronäiſchen Meerbufen, von welcher aber au fpäter noch ein Theil
bed Iehteren den Namen Sinus Mecybernaeus führte (Mela 1. I. Plin. IV,
10, 17.). Bol. oben S. 1339. [F.]
Medäpha (Mröaße, Joſeph. Ant. XII, 1. 9. XIV, 1. Hierocl. p.722.,
Medaßn bei Joſeph. B. Jud. I, 2., fon im A. T. unter demfelben Nam
erwähnt: Num. 32, 37. Sof. 13, 17 u. f.w.), Stadt in Perda, dem
Stamme Nuben gehörig, früher im Beflg der Ammoniter (Rum. 21, 90.
1 &hr. 19, 7.), dann ter Moabiter (Ief. 17, 2.). [F.]
Medäma (7 Meöaue, Strabo VI. p. 256 f. Scyl. p. 240. [ms
vulgo Mdox edirt wird; vgl. Gail p. 340. u. Steph. Byz. p. 460., we
ſich aus Apollod. ebenfalls die Form Mdou« findet], Medun bei Hecat. Fr. 41.
aus Steyh. Byz. p. 451. Medunx bei Scymn. v. 307. u. Medma bei Plin. 111,
5, 10. Meöra bei Marcian. p. 13.), eine von den Lofrern an der Weſt⸗
küſte von Bruttium gegründete Stadt mit einer berühmten Quelle und einem
zu ihr gehörigen Bafenplage Namens Emporium (Strab. 1. 1.), der fi
wahrſch. an der Mündung des Metaurus (j. Metramo) befand (weRl. vom
deut. Roſarno zu fugen). du
Medäva (Mnöava, Ptol. V, 17, 6. VII, 20, 20., bei Stepb. Ba.
p. 463. Mndoßa), Stadt der Nabatäer in Arabia Peträa an der Oſtküfle
des älanitiſchen Meerb., unftreitig biefelbe welche Joſeph. Ant. XI, 11. und
—
Medausn — Modötus 1683
XII. 11. Madınm nennt (vgl. auch Eufeb. Onom. v. Madsau). Die-arab.
Beographen (Edriſt Clim. IM, 5. p. 3. u. Abulfeda deser. Arab. p. 77.
ed. Rommel) kennen daſelbſt noch bie Ruinen einer Stadt Madian. Val.
Segen in Zachs Monatl. Correſp. XX. ©. 311. [F.]
Medaura (Apul. Met. XI, p. 271. Eilmenh. [vulgo Madaura] und
Inſchr. bei Sruter p. 600, 10. u. 860, 12.), die Vaterſtadt des Apulejus
und eine blühende Kolonie an der Grenze Numidiens gegen Bätulien, höchſt
wahrſch. berfelbe Ort der im It. Ant. p..26., auf der Tab. Peut. u. bei
Hygin. de limit. p. 163. ad Medera, bei Orof. VII, 86. Amedera, bei
Btol. IV, 3, 30. Auusörpa (in den Codd. ’Aupaidapa) u. bei Procop. de.
aed. VI, 6. Avuſeréoc heißt, an der Straße von Lares nad) Theveſte Tag,
und nad dem tin. und Hygin. aud eine Kolonie, nad Procop. aber ein
Kaftel war welches Suflinian befeftigen Tief. (Nicht zu verwedhfeln mit Ma-
daura, f. &. 1351.) [F.]
Medea, f. Argonautae und Jason, und über ihre zauberiihe Thätig⸗
feit oben S. 1390. Nah Einigen wurde. Medea unſterblich, Schol. Eurip.
Med. 9., und in Elyſium mit Achill vermählt, Schol. Apollon. Rhod. IV,
814. Auch genoß fle göttlihe Verehrung, D. Müller, Orchom. S. 297. [Kn.}
Medeon (Meödsor), 1) eine nicht unbedeutende und feſte (Liv. XXXVI,
11. 12.) Stadt Acarnaniens in der Nähe des Ambracifchen Dieerb. (Polyb.
II, 3.), deren @ebiet (bei Polyb. I. I. Medıwrix genannt, vulgo Mvöwrie)
an das von Limnäa und Phytia grenzte und die Straße von Stratos nad
Limnäa berührte (Thuc. III, 106.), nah Steph. Byz. p. 451. an der Grenze
von Aetolien. (Liv. I. 1. der die Stadt Medion nennt, rüdt file zu weit ine
innere Land in die Nähe von Ihyrium.) Dan Hat fie beim Heut. Katuna
‚auf einer Anhöhe wefllid vom Dcerod-See zu fuhen. (Vgl. Leake North.
Greece Ill. p. 875. Pouqueville III. p. 128. hält fie faͤlſchlich fur das
heut. Mebenico. Vgl. Krufe Hellas II, 2. ©. 342.) — 2) ein Ort an der
Küſte von Phocis in der Nähe von Anticyra*, der aber ſchon im heiligen
Kriege zerflört und nie wieder hergeſtellt worden war (Pauf. X, 3. u. 36.
vgl. au Strabo IX, p. 410. u. 423. u. Steph. By. I. 1. Leake North.
Gr. II. p. 548. ſucht ihn beim heut. Dhesfina). — 9) eine alte, ſchon dem
Homer (Il. II, 501.) bekannte Stadt Bdotiens am Buße des Berges Phoͤ⸗
nicus (daher au hei Strabo IX, p. 410. u. 423. zum Unterſchiede von
dem eben genannten M. Domaxis) in der Nähe von Oncheſtus und dem See
Copais (vgl. au Steph. Byz. 1. I. u. Plin. IV, 7, 12.) Nah Gel ke.
of Gr. p. 125. jet unbebeutente Ruinen beim heut. Megalo Mulchi am
Copais. Vgl. au Leake North. Gr. 11. p. 214 f., ver die Lage des Orts
blos im Allgemeinen am Buße ded Berges Faga auf der Oflfeite bed Copais
beflimmt. — 4) eine Stadt der Nabentes in Dalmatien in der Gegend von
Scodra bei Liv. XLIV, 23. 32. [F.]
Medera (Tab. Beut.). Ori in Phoͤnicien an der Straße von Das
madcus nah Laodicea; nad Mannert VI, 1. ©. 334. beim heut. Kotrifa. [ F.]
Mederiäcum (It. Unt. p. 375.), Ort an der durch dad Gebiet der
Ubier und Gugerner in Germania inferior (Gallia Belgica) längs der Moſa
hin führenden Straße von Bolonia Trajana nach Eolonia Agrippina ; vielleicht
das heut. Brüggen. [F.
Möddsicnste, Aodter des Priamus, Weib des Imbrius in Pedäum,
11. XII, 173. Pauf. X, 25. [Kn.] |
Medetus, ròm. Xöpfer (MEDETI M. i. e. manu), Archaeol. Brit.
XXVII. P. 1. 152. [W.]
* Nach Steph. Byz. 8. v. benannt nach dem gleihnamigen Sohne des Pylabes
und ber Elektra, vol, D, Mäller, Orchomenos ©, 69, [Kn.]
1684 Miedöus — Media
Medöus, Sohn des Jafon und der Medea, Gef. Theog. 1001., ge⸗
wöhnlich Medus. [Kn.] -
Media (7 Mnöix, Hecat. fr. 171. Herob. I, 96. 97. Thuc. 1, 18.89.
Xen. An. II, 4,27. u. f. w.), eins der widtigften Länder des innern Aflens,
welches von Strabo XI, p. 522 ff., Ptolem. VI, 2. u. Plin. V, 13. 14.
genauer beſchrieben wird, grenzte gegen N. and Caſpiſche Meer, gegen W.
an Armenim und Affgrien, gegen S. an Suflana und Perle, gegen D.
an Bartbien und Hyrkanien, und umfaßte alfo die heut. Provinzen Afer-
bridjan und Ghilan, den weſtlichern Theil von Mafenderan und ganz Jrak
Adjem. Es war im Ganzen, namentlih aber in der Provinz Atropatene,
äußert fruchtbar (Polyb. V, 25. 44. Curt. VI, 9, 22. Ammian. XXIII, 6.),
und lieferte bef. treffliche Pferde (im Nifäiihen Gefilde befanden ſich die
großen föniglicden Stutereien, aus welchen die Fürſten Aftens ihre tchönften
offe bezogen, Herod. III, 106. VII, AO. IX, 22. Strato XI, p. 525. 529.
id. Epit. p. 1276. Diod. XVII, 10. Arrian. Anab. VII, 13. Vent V, 44.
x, 27. Dion. Per. 1017. u. daſ. Euſtath. vgl. Chardin Voy. II. p. 362.),
eine Menge Honig (Strabo I, p. 73. XI, p. 508 f.), Wein (id. XIV,
p. 637. 657. 684.), Feigen (id. XI, p. 526.), Orangen und @ittonen
(<heopbr. h. pl. IV, 2, 4. Medica mala, Plin. XI, 3, 7. XV, 18, 14.
@alen. de fac. simpl. med. VII. p. 209.), die herba Medica oder Lucerne
(Blin. XVIII, 16, 43. Iſid. Orig. XVII, 4. vgl. Barro R. R. I, 42. Colum.
I, 11, 1. Birg. Geo. I, 215.), Silphium (Plin. XIX, 3, $.), Salı
(Strabo XI, p. 523.), Smaragve (Plin. XXXVII, 5, 18.) u. f. w. Diele
große Ergiebigkelt, fo wie feine Größe und zahlreiche Bevölkerung, und feine
dur Gebirge geficherte Lage machten es zu der mwichtigften Provinz des perl.
Reichs (Diod. XVII, 5.).* Ganz Medien iſt Gebirgsland, indem es von
mehreren Zweigen des Taurus und Antitaurus theils umgeben theils durch⸗
zogen wird. An der weſtlichen Grenze gegen Armenien zieht fi der M.
Caspius, welder jünlih mit dem die Brenze gegen Aſſyrien bildenden M.
Choatras in Verbindung ſteht, an melden ſich wieber öſtlich der M. Zagrus
mit den Bagrifchen oder Mediſchen Päflen (N Mndın avan bei Strabo XI,
p. 525., die heut. Sarpilpäffe des Zaghroſch oder Furbifchen Geb.), und ned
weiter gegen D. bis nad Parthien Gin der M. Parachoathras anſchließen
Bon letzterem aus zieht fi In norbwefll. Richtung der M. Jasonius mitten
durh das Land hindurch und bildet die Verbindung des Taurus mit dem
längs der Nordgrenze am Caſp. Meere hinftreihenden Zweigen bes Anti⸗
taurus, nämlih dem M. Coronus im DO. an der Grenze von Hyrcanien mit
den Gafpiihen Päſſen (dem Paß Dereh zwiſchen dem Harka Koh und Gich
Koh, vgl. Morier Seconde Voy. II. p. 351.), und dem weſtlichern M.
Orontes. Diefen Gebirgen entquellen auch mehrere nicht gerade bedeutende
Flüſſe welche fi alle ind Gafp. Meer ergießen, nämli in ber Richtung von
D. nah W. folgende: der Cambyses, der Cyrus, der Amardus, der größte
Darunter, der Straton und der Charinda, der Orenzfluß gegen Hyrcanien.
Im meftliägften Theile des Landes lag der Salzſee Spauta over Matianus Lacus.
Die Binwohner des Landes hießen nad Herod. VII, 62. früher Arii (Agror)
und änderten biefen Namen erfl der Medea zu Liebe, die von Athen aus zu
ihnen kam, in den fpäter gewöhnlichen Medi (My7do«, Xen. Gyr. I, 3, 7
An. DI, 4, 3. 11. Polyb. V, 79. 82. u. f. w.) um; eine natuͤrlich ganz
unhaltbare Sage, da fhon im A. T. (1 Moſ. 10, 12. 2 Kön. 17,6. Dan.
‚28. Eſth. 1, 3. u. f. w.) das Land nie anders als Madal beißt, der
Name Arier aber (d. i. das zendiſche airja — ehrwürbig) nichts Anderes if
® Bol. im Allgemeinen Höd, veteris Mediae et Persine monumente. Cum
tabb., Gott. 1818. 4, [W.T.]
Media 1685
als die allgemeine, im Zend⸗Aveſta übliche Bezeichnung der Belenner ber
Lehre Zoroaſters, die noch im heut. Irak (zufammengezogen aus Alrjaka)
erkennbar If. Bol. Müller im Journ. Asiat. III, 7. p. 299. Lauffen in
Erſchs u. Gruberd Encykl. III, 17. S.429. u. Benfey in den Berl. Jahrbb.
1842. Nr.106. S. 848. Die Meder waren in früherer Zeit tapfere Krieger,
ef. geübte Bogenfihlgen (Herod. VII, 61. Xen. Anab. II, 1, 7. Strabo
p. 525. vgl. Jeſaias 21, 2. u. Ierem. 25, 25. 52, 11.), arteten aber fpäter,
bei zunehmender Kultur, aus (Ammian. XXI, 6.) und gaben fi einer
großen Weichlichkeit und Neppigkeit Hin (Xen. Cyr. I, 3, 2.), die fpäter von
ihnen auch auf tie Perfer überging (Gtrabo 1. 1.). Leber ihre Sitten und
Gebraäuche Überhaupt vgl. Herod. V, 49. VII, 61. Strabo p. Id f. u. A.
Ihr veligtöfer Kultus war Sternendienfl, ihre Religionslehre der Zoroaſtriſche
Dualismus, und Ihre Priefterkafte, die Träger der ganzen Intelligenz des
Volkes, die ebenfalls von ihnen zu den Perſern übergegangenen Magier, f.
Magi. Ihr Land zerfiel in drei Haupttbeile, das ſuͤdliche oder eigentliche
Medien, gewöhnl. Groß- Medien genannt (7 ueyaAn Mndia, Strabo p. 522.),
das Atropatenifhe Medien (n "Argonutiog Mnöie, id. p. 923. 529.) ober
Atropatene (7 Arponarnrn, id. p. 524. 526. Ptol. VI, 2, 5., vulgo Too-
ern, Blin. VI, 13, 16., f. unten b.) oder ven nordweſtlichſten, an Armenien
floßenden Theil, und das nörblige, von verſchiedenen rohen Völkerſchaften ˖
bewohnte Küftenland am Caſp. Meere. Die einzelnen Gaue und Voͤlker⸗
fchaften mit Ihren bedeutendern Städten waren: a) in Groß⸗Medien: bie
Sagartii an den Zagrifhen Päflen, dann öſtlich von ihnen bis zur parthiſchen
Grenze die große Landſchaft Choromithrene und noͤrdlich von derfelben am
Oronted eine Landſchaſft Elymais.. Oeſtlich von ihr und Ghoromithrene
wohnten fünfih vom Coronus bis zu den Eaſpiſchen Päffen hin bie Tapuri,
und weiter gegen S. folgte, öflli$ vom Geb. Jaſonium, der Diſtrikt Rha-
giana, weſtlich davon aber, im S. von Choromithrene, der Bau Sigriane
dur weldden die Straße von den Zagrifhen nach den Caſpiſchen Päflen
führte. Südlich davon wohnten die Sidices und Vadasi, und weiter gegen
D. Tag der Diftrift Daritis, und längs ber ganzen ſüdlichen Brenze und dem
Geb. Parachoathras zog fih das fogenannte ſyriſche Medien hin. Im nörb-
Tihen Strihe von Groß⸗Medien lag die berühmte Haupiflabt des ganzen
Zandes, Echatana (j. Hamadan); noch größer als fle aber war die Stadt
Rhagae, fpäter Europus und Arsacia genannt (j. Ruinen von Rey) in ber
Landſchaft Rhagiana, die auch das Nifälfche Gefilde umfaßt. In Rhagiana
(oder richtiger wohl In Sigriane) Tag auch Heraclea, und in Cambadene,
ſüdweſtlich von Erbatana, die Stadt Baptana. Kleinere, aber noch vorhan⸗
dene Städte Groß⸗Mediens waren Concobar, Choana u. |. m. b) In Utro⸗
patene, dem fruchtbarſten, an Naphthaquellen reijen * Diftrikie des Landes
zuifgen Armenien, Afiyrin, Groß: Medien und ver Weftfüfle des Caſp.
eeres (der feinen Namen von Atropates, Alexanders Statthalter von Medien
hatte, welder in den noͤrdlichen Gebirgögegenden des Landes ein ſelbſtſtän⸗
diges Reich gründete, welches fi lange Zeit erhielt, bis es ſich enbli der
partbifhen Herrſchaft unterwerfen mußte, Diod. XVIIE, 8. Phot. p. 64. a.
96. u. p. 69. a. 37. ed. Bekk. Strabo XI, p. 523. Juftin. XII, 4. und
Droyfen Geſch. d. Nachf. Alex. &. 50.), Tagen die Hauptſtadt Gaza und
Gazaca auf der Dffelte des Spautafees (j. Ruinen auf halben Wege von
Tauris nah Miana, vgl. Gharbin Voy. IE. p. 363.) und die feſte Stadt
* Bon ihnen, bie fidh fehr häufig entzändeten, hat auch wohl das Land feinen
heutigen Namen Aferbeibfan (eigentlich Azersäbäsgan, d. I. Senerland, Land ber
Seueranbeter, vgl. Chardin Voy. II. p. 308,). Hier fol der gewöhnlichen Annahme
nach auch Zoroaſter geboren fein,
1086 Medise Murus — Medieina
Phraata ober Praaspa, ſũdoſtlich von der vorigen in ber Nähe des Amardus.
Der fünmeflichfte Theil der Provinz, in welcher jener Salzfee lag, hieß
Matiana und feine Bewohner Matiani (f.d.). Noch vorhandene alte Stänte dieſer
Provinz find Morunda, Sincar, Vesasphe. u. A. c) Die einzelnen Bölfer-
ſchaften des nörblicden, wenig befannten Küftenlandes am Caſp. Meere waren
in der Ordnung von W. nad D. bie Caspii am Gafpiigen Geb. zwiſchen
dem Cambyſes und Cyrus, die Cadusii mit der Stabt Cyropolis, die Dri-
byces, Vitii, Anariacae mit der Stabt Anariaca, und die Mardi oder Amardi.
In diefem Theile des Landes erfcheinen außer den ſchon genannten Städten
auch Charax, Galla, Mandagarsis u. A. Außerdem nennt Gerobot I, 101.
noch einige font unbekannte mediſche Völkerſchaften, die Arizanti, Busae,
Budii und Struchates. ©. die einzelnen Artt. [F.]
. Miediae Murus (10 Mnöias xaAovusror Teiyog), eine nad Ken.
Anab. II, 4, 12. zwanzig Parafangen Tange, 100 F. hohe und 20 F. dicke
Mauer welde vom Cuphrat nah dem Tigris herüber aufgeführt war (da
wo die Ströme ſich einander am meiften nähern, etwa 6 g. M. nördl. von
Bagdad, vgl. Mannert V, 2. S. 280 ff.) und Mefopotamien von Baby»
lonien trennte. Sie zog ſich neben dem Königefanale Hin, zwiſchen welchem
und dem Bupbrat nur eine 20 &. breite Paflage, die nuiaı Baßvlarıaı
(vgl. Steph. Byz. v. Xaguardn p. 716.), zwiſchen den genannten Ländern
offen blieb, und follte fhon von der Semiramis erbaut worden fein, weshalb
fle au bei Sırabo Il, p. 80. u. XI, p. 529. 70 Zeupamdog dazsigone
beißt. Jetzt finden fi von ihr keine Spuren mehr. Vgl. Kinneir II. p. 278. [F.)
Mediaua, 1) Flecken in Moesia Superior, 3 Mil. von Naiffus, mit
einer kaiſerlichen Billa (Ammian. XXVI, 5.). — 2) Stadt an ver längs
der Donau dur Mhätien führenden Straße, eima der Stadt Donauwerth
gegmüber (Tab. Peut.). | F.]
Mediastinus, f. Servi.
. Miedieaments mala, gefährlide Medikamente (3. B. zur Abtrei⸗
bung, zur Erweckung von Liebe, zur Entgegenwirfung gegen Liebestränke ıc.)
burften ebenſowenig als Gift leichtſinnig angewandt oder öffentlich (d. h. an
Jeden, ohne Unterſchied) verkauft werden, vermöge einer durch ein Scons.
verorbneten Ausdehnung der lex Cornelia de sic., I. 3. $. 3. 2. 1. D. ad
l. Corn. sic. (48, 8.). Inst. IV, 18, 5. S. venenum u. poculum ama-
torium. [R.)
Medica Porta, ſ. Media ©. 1684.
Mediccara (Msöinxapa, Ptol. IV, 3, 35., auf der Tab. Peut. Me-
diccera), Ort im Innern von Byracium an der dur das Land führenten
Saupiftraße. [F.]
Medici, Mediecina. Dom erflen Beflehen des Dienichengeichlechted
an find ohne Zweifel auch Krankheiten an Individuen defjelben vorgekommen ;
und da man wohl immer verfucht hat dieſe zu heben, fo find bie erſten Ans»
fänge einer Beobachtung und Heilung der Krankheiten gewiß fo alt als das
menfhl. Geſchlecht ſalbfi. So Lange ſich indeß diefe erflen Anfänge auf iſo⸗
lirte Beobachtungen und ebenfo iſolirte, rein empirtfhe Anwendungen von
äußern ober innern Mitteln beſchränkten fann von einer Medicin eigentlid
noch nicht die Rede feyn. Diefe entfprang erſt aus der Gombinirung einer
größeın Zahl von Fällen, aus der Unterfuhung der Natur und Urſache ver
einzelnen Krankheit und aus einer wenn auch noch fo unvollkommenen Ans
paflung der Heilmittel an diefe ermorbene Kenntnif. Nur folge aus Combi⸗
nation gewonnene Kenntniffe Eonnten auch einer ſpätern Zeit überliefert
werden. Die Geſchichte der Mebicin beginnt daher mit dem erften Verſuch
einer rationellen Beobachtung und Behandlung der Krankheiten, und bemegt
ſich auch fernerhin ganz auf diefem Gebiete, indeß fle die sein empirifchen
Medieina 1687
Beſtrebungen zur Seite läßt. Diefe haben zu allen Seiten und vorzüglich
im Altertfum in ver Mitte des Volkes erxiflirt, während bie eigentliche
Medicin immer ald Beruf von einem beflimmten Stande gepflegt und fort«
gebildet wurde. — Ehe man der Natur und dem Grunde der Krankheiten
näher nadforfhte wurden fie, wie jede auffallende, in ihrem äußern und
innern Zufammenhang nit aufgeflärte Begebenheit, für unmittelbare Gin»
wirkungen göttliher Mächte gehalten. Die Auffaffung war nur infofern ver»
fhieden, daB man die Krankeit das eine Mal von böfen Dämonen, dad andere
Mal von einer guten, aber ſtrafenden Gottheit herleitete: Jene ſuchte man durch
Zauber zu vertreiben, biefe dur Gebet und Opfer zu verfühnen. “Beide
Auffaſſungsweiſen findet man bei allen Bölfern wieder, nur herrſcht bald bie
eine bald die andere auffallenn vor. Die Anflcht von ver dämonifchen oder
magiſchen Natur der Krankheit fcheint vorzüglih im alten Kolchis geherrſcht
zu haben, Sprengel, Geſch. der Arzneitunde, Ite Aufl. I. ©. 44 ff. vgl.
oben S. 1394. und über magiſche Entſtehung und Heilung der Krankheiten
überhaupt den Art. Magia ©. 1405—1407. Bei ven Aegypten und Ifrae⸗
Titen war es der zürnende Gott welcher Trank machte, bie Heilung fiel daher
mit der Verföhnung des Gottes den Prieftern anheim. In Aegypten
wurbe die Ausübung der Medicin auf die Hauptgotiheiten, auf Ifls und
Oflris zurücdgeführt; an ſie fchloß fih der Sohn der Iſis, Horus, und
Theuth, welcher mit dem griehifchen Hermes identifichtt wird, an (Plut.
de Isid. et Osir. Sprengell. c. S. 66 ff.). Der Lepte Insbefondere, welchem
die Erfindung der nuͤtzlichen Künfte und Wiſſenſchaften zugefährieben wurbe,
trat den Menſchen näher. Seine Mittheilungen wurden urfprünglich in Säulen
eingegraben, dann aber auf Papyrudrollen verzeichnet. Neben Anderem
dienten dieſe beſonders als Cover für vie Ausübung der ärztlichen Kunſt,
und wir dürfen dieſe Bücher wohl als die älteſten Lieberlieferungen von ärzte
lien Heilverſuchen betrachten. Sie waren für die Aerzte abfolut bindend;
die Abweichung von denſelben wurbe, ohne Rückficht auf den ärztlichen Erfolg,
mit dem Tode beflraft (Diod. Sic. I, 82. Vgl. Bd. II. ©. 1211.). Die
Briefterkafte fel6ft, welcher die Aufbewahrung und Ausübung ber Vorfihriften
des Hermes übertragen war, fpaltete ſich wieder in mehrere Abtheilungen
denen die verſchiedenen Zweige der Heilkunde zuflelen. Die höheren Priefter
befhäftigten fi mit ven magiſchen Kräften in der Natur, f. oben ©. 1382.
Die gewoͤhnliche, natürliche Heilkunde blieb einer niederern Abtheilung, den
fog. Paſtophoren überlaffen (&lem. Alex. Strom. VI, p.757.). Die Kennt⸗
niffe der ägypt. Priefter in der Anatomie, ver Bafls aller Mediein, waren
nad) Allem fehr gering. Ebenfo unbebeutenb mögen ihre Fortſchritte in ber
Zeichenlehre geweſen feyn. Dagegen finden wir unter ihren rein empiriſchen
Heilmitteln einige melde noch jegt, und zwar bei analogen Zufländen, in Ge⸗
brauch find (Sprengel 1. c. I. ©. 92.). Von dem Mangel einer wiſſen⸗
fhaftliden Begründung ver Medicin iſt es auch herzufeiten daß, wie Serobot
berichtet (II, 84.), für jede Krankhelt ein eigener Arzt fich fand, weßwegen
ſchon damals Augen» und Zahnärzte ihre Kunft als Specialität ausübten.
Begenüber von diefer untergeorpneten Entwicklung der Nofologie und Therapie
finden wir die Diät bei den Aegyptern Tehr fpeclel ausgearbeitet. Die Ges
fundheit, welche man im Allgemeinen ven alten Aegyptern zuſchrieb, rührte
nit von einer bebeutenden gymnaſtiſchen Hebung bed Körpers, fondern von
der conſequenten Ubhärtung und einfachen Lebensweiſe ber (Diod. I, 80.).
Um alle Unreinigkeiten aus dem Körper zu entfernen mußte in jedem Monat
der gemeine Aegypter brei Xage lang vomiren und purgiren (Herod. 11, 77.).
In-Diät und Heinlicgkelt murde “aber der gemeine Mann noch von ben
Prieſtern übertroffen. Wir rechnen bieher (Sprengel 1. c. ©. 84. ff.) die
Beſchneidung, die Öftern Waſchungen und die eigne Kleidung ber Prieſter
1688 Kedicins
die Beihränfung ihrer Diät auf opferfähige Thiere und Pflanzen, ihre Ent⸗
haltung von Fiſchen, Zwiebeln, Hülfenfrüdten u. a. Speiſen (Herod. IE, 37.
38. 81.). Diefe diätetiſchen Borfchriften waren gewiß auf beflimmte in
Aegypten gemachte Beobachtungen gegründet. An fie fließt ſich die allge-
meine ägyptiſche Sitte des Binbalfamirend der Leihnane an; fle fland zwar
mit den Begriffen der Uegypter von dem Gebundenſeyn der Seele an ben
Körper in nächſter Beziehung; aber es if ihr zugleich eine befonbere Bedeu⸗
tung für die Geſchichte der mediciniſchen Bolizei beizulegen. Die ganze Stellung
der Ägyptifchen Priefler führte natürlich auch eine eigenthümliche Belohnung
derfelben durch das von ihnen beraihene Bublitum mit ſich. Außer den Ein
künften ihrer Ländereien zogen fle ihren Lebensunterhalt aus den Opfern
welde man den Göttern weihte. — Der Glaube daß von der Gottheit
unmittelbar fomohl Krankheit ala Heilung ausgehe findet fi in den Urkunden
bes ifraelitifchen Volkes noch confequenter als bei den Aegyptern aus»
geſprochen. So fagt (2 Mof. 15, 26.) Jahve zum Volke: Wirk bu der
Stimme beined Gottes gehorchen fo will ih der Krankheiten keine auf bich legen
die ih auf Aegypten gelegt babe; denn ih bin der Herr dein Arzt. Im
A. T. merden ferner genug Beifpiele erzählt wo einzelne Individuen oder
ganze Stämme zur Strafe für Bergeben von Krankheiten heimgeſucht und
erſt nachdem file Buße gethan wieder geheilt wurden. Die Heilung der Krank⸗
heiten war hier, wie in Aegypten dem Priefterfiande, den Leviten übertragen;
und als diefe nach Salomo's Zeit an der allgemeinen Gorruption bed Vollkes
Theil nahmen fo ging die Kraft zu Heilen auf beſonders auderwählte Indie
viduen, auf die Propheten über (1 Kön. 17. 2 Chron. 16.). Die ifrael.
Priefter feinen zur Hellung der Krankheiten theils übernatürlide (vgl.
oben ©. 1381.) theils natürliche Mittel verjuht zu Haben. Moſes ins⸗
befondere Hatte die Weisheit der ägyptiſchen Prieſter fi vollkommen zu
eigen gemacht und übertraf fie in den Zauberkünſten welde er vor Pharao
aufführte (2 Mof. 7.). Wir finden ihn fpäter in ver Wüſte wie er (4 Moi.
21, 8. 9.) dur Aufrihtung einer ehernen Schlange ven Schlangenbiß heilt.
Moſes nahm aber au In feine Geſetze Vorſchriften der Diät und der mebi-
einifchen Polizei auf, welche mandfah an Ägypt. Gebräude erinnern, fo bie
Vorſchriften über reine und unreine Thiere (3 Mof. 11.), über die Kenn-
zeichen und bie Neinigung des menſchl. Ausfages (3 Mof. 13. 14. Vgl. über
die Hygieinif des Moſes überhaupt Löoy, Traité d’bygiene I.p. I ff.). Au
ber Lebensunterhalt der Priefter und Leviten befland in den Opfern und
Zehnten welche dad Volk darbrachte (4 Mof. 18.). — Es mögen dieſe beiden
aus Aegypten und Iſrael hergenommenen Beiſpiele genügen um bie älteſte
Form der Medicin, wo die Pıiefler als. die einzigen Aerzte bie Heilkunde ale
Geheimlehre in den Tempeln ausübten, Elar zu machen. Diefelbe Korm zeigt
bie Mebicin bei allen Völkern fo lange fle auf den erflen Stufen Ihrer Aus»
bildung flehen ; fo bei den alten Indern und Berfern. Diefe Achnlichkeit Täßt
ſich keineswegs immer aus der Abflammung oder dem Verkehr der Völker,
fondern fehr oft nur aus den allgemeinen Bildungsgejehen ableiten, melden
die Entwillung ver Voͤlker bef. in Ihrer Kindheit folgt. Auch die griechiſche
Medicin wich in ihrem Ausgangspunkte nidht von der oben charafterifirien
Form ab; mur blich fie allein im Alterihum nicht auf dieſer erſten Stufe
ſtehen. Wir treffen aud bei den Griechen wieder einzelne Gottheiten, von
welchen vor andern Krankheit und Tod abgeleitet wird; biefe find Apollon
und Artemis. Wie in plafliihen Werken der griech. Kunſt fo werben fie
au in den äfteften Dichterwerken als diejenigen dargeflelt von welchen
ſchneller natürlicher Tod, wie Seuchen herrühren, und zwar erlegt Apoll vie
Männer, Artemis die Frauen mit ihren Pfeilen (Dom. 1.1,43 ff.). Diefen
töbtenden Gottheiten gegenüber erſcheinen andere ais gefundmachende; fo ber
“
Medieins 1689
Bötterarzt Baidon (Il. V, 401. 899.) welchen die nachhomeriſche Zeit mit
Apoll inentifleirte, fo die Geburtsgöttin Eileithyia melde Spätere zum Theil
mit Artemis ſelbſt verwechſelten, fo endlich Athene ſelbſt welche in Athen als
Pallas Hygiea verehrt wurde (Plut. Pericl. c. 13.). Un dieſe Bottbeiten
ſchließt ſich unmittelbar der Heros Herakles an, von defien Heldenthaten einige
gewiß mediciniſch zu deuten find (Sprengel l. c. S. 176.). — Wenn im
Allgemeinen der grieh. Bötterhimmel fih den Altern Mythologien gegenüber
menſchlich glieverte, wenn feine Verbindung mit dem Menfchengefhlechte durch
Heroen manchfach vermittelt wurde, fo treten biefe Eigenthümlichkeiten auch
in meditiniſcher Beziehung deutlich hervor. * Es finden fih aber außer ben
genannten Göttern in den Alteflen griech. Ueberlieferungen auch viele Menſchen
aufgezeichnet (Sprengel am a. D. S. 146 ff.) welche theild durch die Bildung
bie ſie brachten theils durch die Heilung von Krankheiten wohlthätig ein»
wirkten. Ueber diefe f. oben S. 1392— 1394. Am bemerfenswertheften tfl
darunter ber Gentaur Chiron, welder dur magifche Künfte, dur Kenniniß
ber Pflanzen und durch die erfien Anfänge chirurgifher Gewandtheit ſich
berühmt machte. Er wird als Lehrer der griech. Heroen bezeichnet welche im
Argonautenzug und vor Troja auftraten; vor Allen aber wird als fein Schüler
genannt Astlepios, an welden fi die Geſchichte der griech. Mebicin vor⸗
zugöwelfe anſchließt. Vgl. über ihn im Allgemeinen Bo. I. S. 188—192.
Sein Leben feht die neuere Mebicin bald (Sprengel am a. DO. ©. 613.)
zwiſchen 1250 und 1137, bald (Ifenfee, Geſchichte der Medicin I. ©. 19.)
zmwifchen 1321 und 1243 v. Chr. Er heilte die Krankheiten theild durch
Gebet und Beſchwörung, theild durch äußerliche, chirurgiſche Mittel (Pind.
Pyth. IV, 84 ff.); indeß mag fein Heilapparat fehr einfach geweien feyn. —
Auf Asklepios folgten als Aerzte zunähft feine Söhne, Machaon (f. oben
S. 1344.) und Pobaliriuß (f. d.). Beide” haben, wie ihr Vater, ſowohl
innere al8 äußere Heilmittel angerandt; Podalirius insbefonvere foll an der
Tochter des Königs von Karien die erſte Aderlaͤſſe gemacht haben. Panakea
und Hygiea, welde als Töchter des Aokl. genannt werben, find wohl nur allegor. -
Wefen. — Unter allen medicin. Gottheiten war der unter fle verfete Aoklepios
die vornehmfle; nad feinen Tempeln, den Aöllepieen, wurde vorzüglich ge⸗
wallfahrtet. Die Asklepieen waren lange die einzigen Orte wo, Kranfe
fih hinwenden konnten um Genefung zu erlangen. Die Tempel des Adklepios
und bie Befunbheitstempel überhaupt wurden vorzüglich an Orten erbaut welche
fhon dur ihre gefunde Lage für Kranke wohlihärig werben Eonnten ; fo auf
Borgebirgen, auf hohen Bergen, In der Mitte von Heiligen Halnen, überhaupt,
wie Plutar$ (Quaest. rom. 94.) bemerkt, an freien und hohen Orten. In ver
Nähe fanden fi meiftens Elare Quellen oder Bäche, nit felten au warme
oder mineralifhe Waller. — Bei den Kuren welden bie Kranken von ben
griech. Prieſtern unterworfen wurben find die pſychiſchen und phyſiſchen Mittel
zu unterſcheiden. Unter den Iegtern fleht das Faſten obenan. Wie jegt noch
größere Kuren nicht felten mit Faſten oder ſtarken Ausleerungen begonnen
werden, fo mußte auch ben Kuren in den Befunpheitätempeln eine mebrtägige,
bald firengere, bald weniger firenge Enthaltiamfeit vorhergeben (Philoſtrat.
vit. Apoll. I, 8. 9. 10. Strabo XIV, p. 580. PBauf. I, 34.); dadurch follte
alles DVerunreinigende von der Seele ferngehalten werben. ine zweite Bor«
bereitung beſtand in Bädern, mit welchen allerlei Manipulationen, Meiben,
Etriegeln, Malarirn, Einreibung von Salben verbunden waren (Gprengel
am a. D. ©. 219 f. Arifliv. Orat. I, p. 570.). Auch von diefen Mitteln
| ® Weberhaupt wurde Die Heilkraft faft jedem Bott neben feinem beſtimmten
Charakter beigelegt, f. Panoſta, die Heilgotter der Griechen, akad. Abhandl., Berlin
1865, — Bol, Deſſelben Bilder antiten vebens Taf. VII. —*
IV.
—
1 690 Medicina
ift bekannt wie fle bei manchen Krankheiten auf bie Haut wohlthätig wirken.
Nach folhen Vorbereitungen traten die Kranfen in den Tempel ein; bei ber
Beſichtigung diefer wußten die Priefter durch Erzählung glüdliher Kuren die
Zuverfißt der Kranken zu. fleigern und im Verlaufe des Geſpräches ſich näher
über ihre Zuftände zu unterrichten. Auf diefe Akte der ärztlichen Politik
folgte das Opfer; es befand In einem Widder, einem Hahn ober Huhn,
und wurde (Pin. H. N. XXVIN, 2.) von eifrigen Gebeten begleitet melde
die Kranken den Prieſtern nachſprachen. Die maren die Präliminarien
welche dem unmittelbaren Verkehr des Kranfen mit der Gottheit vorhergingen.
Wie die phyfiſchen Mittel die Empfänglichkeit für fpätere Einprüde erhöhten,
fo mag bisweilen auch das Gelingen der eigentliden Kur durch bie zuver-
fichtliche Erwartung der Hilfe welche die pſychiſchen Mittel erregten, günflig
vorbereitet worben feyn. Die unmittelbare Communikation des Kranken mit
der Gottheit gefhah in Träumen. Die Kranken fihliefen in ber Nähe bed
Tempeld oder im Tempel ſelbſt neben der Bildſäule (Pauf. I, 34. X, 32.),
und im Traume erfchlen ihnen die ratbende Gotiheit oder dad Heilmittel ſelbſt.
Bol. Bd. H. ©. 1124 f. Die Auslegung der Träume, alfo die eigentliche
Verordnung blieb zuleht wieder den Prieſtern vorbehalten; in manden Fällen
wo die Kranken nit gläubig genug erſchienen, träumten bie Priefler an
ihrer Stelle (Bauf. II, 11. 27. X, 32.). Die Mittel welche die Götter
durch vie Prieſter verorbneten enthielten bisweilen flarfwirfende Subſtanzen,
wie Säierling, wiederholte Brechmittel, oder griffen fle heftig in die Thätig-
keit des Organismus ein, wie große Aderläffen (Sprengel S. 224. 225.);
im Allgemeinen mögen fie aber doch fehr gelinde und einfach gewefen ſeyn,
und theils in ber Beruhigung pſfychiſcher Braltation theils in Diät und
leisten Ausleerungen beftanden haben. Dffenbar war in den Asklepieen jene
Seite der Heilkunſt, melde man als die eripektative Methode bezeichnet, nicht
unwürdig repräfentirt. — @rfolglofe Kuren wurden natürlich nicht den unfehl⸗
baren Göttern fondern dem unzureihenden Glauben zugeſchrieben. Kranke
melde dem Tode nah waren hielt man fern von den Asklepieen (Iſenſee
©. 24.), um das göttlide Anfehen diefer Orte nicht durch Tobesfälle zu
beeinträchtigen. Waren dagegen die Kranken mit Hilfe der Gottheit geneien
fo weihten fle biefer Danfopfer, ihren Prieftern Geſchenke, und Tießen oft
die geheilten Organe abgebildet im Tempel aufhängen oder ihre Namen und
die Geſchichte ihrer Krankheit in eigene dazu beflimmte Tafeln und Säulen
ber Tempel eingraben. — Diefe Binrihtung der Gejunbheitötempel charaf-
terifirt für eine Tange Zeit den Zuſtand der griech. Mebichh. Bon ven
mythiſchen Zeiten des Asfleyios blieb die rationelle Beobachtung und Be-
bandlung der Krankheiten faft bis auf Hippofrates als ein heiliged Geheimnis
in den Händen ber Vriefter. Acklepios theilte feine Heilkunde zunächſt feinen
Nachkommen mit (Plat. de rep. X, p. 999. C.); auch Galen (Administr.
anat. II. p. 128.) fagt, die Heilkunde ſei urfprünglich erblich geweſen. Wir
finden alfo Hier, analog wie bei den ägypt. und ifraelit. Prieſtern, eine eigne
abgeſchloſſene Familie in welder die Arztlihe Kunft als Geheimlehre vom
Bater vem Sohne überliefert wurde. Es war überbieß eine befondere Weihe
nöthig um in den Orben der Aeklepiaden wirtli aufgenommen zu werden;
erſt fpäter fcheinen auch Bremdlinge zu biefer Weihe zugelafien worden zu
ſeyn. — Wir dürfen annehmen daß die Adfleplaven durd bie Aufzelchnung
der vorzügliäften Krankheiten ſich allmälig einen großen Vorrath von Er⸗
fahrungen gefammelt haben werben. Bei ihrer großen Armut an anatomi=
ſchen und phyflologifgen Kenntniffen feinen fie diefe Erfahrungen faft blos
. gur Aufklärung über den Zufammenbang gewifier Krankheitsſymptome, zur
Grmweiterung der Prognofe benügt zu haben; doch wurden auch im bie Eiulm
ber Tempel die Nanten wirkſamer Arzneimittel eingegraben und fo der Nachwelt
.
Medicine 1691
überliefert. — Ueber den Eid welchen bie Adflepiaden ſchwoͤrten, ben fog.
Eid des Hippokrates, f. Bd. I. ©. 192. IV. S. 650. — Unter ben ia 4
seihen Tempeln bes Asklepios behaupteten (Sprengel S. 198.) immer einige
ein befonderes Anſehen, fo in alter Zeit ver zu Cpidaurus, fpäter ber Tempel
auf der Inſel Kos. Die koiſchen Aerzte feinen ihre Erfahrungen mehr als
andre Asklepiaden zur Ausbiibung ber Prognoftik und Semiotik benügt zu
haben. Im Gegenfage zu ihnen häuften bie Priefterärzte in dem benachbarten
Knidos mehr nur Beobachtungen in großer Maſſe auf. In der Therapie
feinen die Erſtern mehr exſpektatio verfahren zu feyn, während bie Letztern
ohne genauere Indikationen in ben melften Krankheiten ſcharfe, vrafifche
PBurgirmittel anwenbeten (Sprengel S. 343. 344.).
Während fo die medieiniſche Wiſſenſchaft und Kunft in ben Tempeln eins
geſchloſſen blieb, eröffneten ſich den übrigen geiftigen Beflrebungen des griech.
Volkes mit dem höhern politiſchen Aufſchwung neue und freieve Bahnen. Hier
ift vorzüglich auf die grieh. Philoſophie Nüdfigt zu nehmen, weil Diele,
von den Unterſuchungen über die Entflehbung und Natur der Dinge ausgehend,
fi von Anfang an vorberrfchend ala Naturphilofophie geflaltete, und jomit
den erſten Grund zu einer Theorie der Diedicin legte. Freilich Eonnte bei
ber niedrigen Stufe auf welcher damals alle, ſowohl die organifhen als die
unorganifhen Naturwiſſenſchaften flanden, eine Theorie der Natur überhaupt
und ebenfo eine Theorie der Medicin nur in dem Ausèdruck der allgemeinflen,
durch die einfachfte Beobachtung ſich Heflätigenden Wahrheiten ſich mit Erfolg
bewegen; jebe Anmendung des Allgemeinen auf concrete Faͤlle mußte aber viel
Vages, Abenteuerlihes und Unmahres Haben. Hier kann daher nur von
jenen allgemeinen Sägen die Rede feyn.
Pythagoras, auf Samos geboren, Hatte in Phönicien, Aegypten -
und Baktrien die Weisgelt der Priefter gelernt, und gründete nachher in
Großgriehenland einen Orden, welchem klöſterliche Cinſamkeit, unverbrüch⸗
liches Schweigen, ſtrenge Mäßigkeit und blinder Gehorſam gegen die Befehle
des Stifters als erſte Pflichten auferlegt waren. Wenn dieſer Orden durch
feine Einrichtung ſehr an die ägypt. Prieſterkaſte erinnert, fo If auch im
Leben und in der Kehre des Pythagoras der Binfluß der ägypt. und perf.
Prieſter deutlich nachzuweiſen. Er erfüllte die Luft mit Geiſtern welche auf
Krankheit und Geneſung der Menſchen einwirken; daher ſeien die Kranken
vorzüglich durch Läuterungen, durch Zauberformeln und Muſik zu heilen.
Die Geſundheit erklärt er als die Fortdauer, die Krankheit als die Störung
der Leibesconflitution (Diogen. VIII, 35.). — Mit dieſen Orundfägen des
Pythagoras ſtimmen die feines Schülers Altmäon im Weſentlichen überein;
er beflimmt no ſchärfer das Gleichgewicht der Kräfte als die Urfache der
Geſundheit, das Herrſchen Einer Kraft als die Urfache ver Krankheit (Plut.
Plac. philosoph. V, 30.). Außerdem finden fi bei ihm auch einige nicht
ganz unrigtige empirifche Angaben, welche fich befonders auf die Sinnesorgane
beziehen. — Der Orden der Pythagoräer wurde in Broßgriehenland gewaliſam
aufgelöst, und fo verbreiteten ſich feine Grundfäge und die philoſophiſche
Bewegung welche im Orden geherrſcht hatte, über einen weitern, nicht durch
Satzungen beengten Kreiß.
An die pylhagoreiſche Schule fließt ſich noch zunähfl Empedokles
an, von deſſen Philofophemen hieher der Satz gehört daß Verwandtes nur
wieder Verwandtes percipiren fönne, und dieſes wird, wie ed in neuerer Zeit
geſchah, vorzüglih auf die Sinnetorgane angewendet. — Die concretere
Richtung melde ſchon Empedokles eingeſchlagen hatte, if bei Unaragorad
noch entſchiedener ausgeſprochen. Neben feinen allgemeinen Theorieen be»
ſchäftigte er fich (Plut. Pericl. 6.) auch mit der Berglieverung ber Thiere.
In die Theorie der Medicin bat er zuerft die Ableitung ber hitzigen Krank»
1692 Medieina
heiten von der Galle eingeführt. — An die beiden letzigenannten Philoſophen
fließt ſfich dann Demokrit an, bei welchem die Atomiſtik am hoͤchſten
ausgebildet iſt.
Wie zu allen Zeiten, ſo hat offenbar auch in der griech. Philoſophie
ſich die Wiltenfeaft der Natur von der allgemeinften, theoretiſchen Fafſung
zu immer concreteren, das Einzelne erfaffenden Methoden fortbewegt. Wenn
durch ſolche theoretifge Unterfuhungen bie Medicin als Erfahrungkwiſſenſchaft
angebahnt wurde, fo halfen andere Beftrebungen von rein empiriſcher Seite
ber diefes ſelbſtändige Auftreten der Mebicin vorbereiten.
Die Gymnafien, melde in die Entwidlung des ganzen griech: Lebens
aufs Tiefſte eingriffen (f. Bo. II. S. 983 ff.), waren au der Ort wo pie
Diät und die Erhaltung der Körpergefunpheit, alfo wichtige, von den Askle⸗
pladen zu ſehr vernadhläßigte Zweige der Heilkunde aufs Gifrigfte gepflegt
wurden. Der Gymnaflarch hatte neben ven Spielen auch das biätetiide Ver»
halten der Sünglinge in den Gymmaflen zu ordnen. Wenn bier Krankheiten
vorfamen fo wurden fle von den Oymnaflen behandelt; die niebrern Chirurgen
dienfle, Aderlaffen, Klyſtire, Behandlung von Wunden und Knochenbrüchen
fielen den Iatralipten (ſ. oben S. 35.) anheim; alle, auch diefe Letzten, Bießen
Aerzte (Plat. Leg. IV, p. 945. XI, p. 614. 615.). In dem Bymnaflen if
alfo der Anfang einer ſyſtematiſchen Diät und einer geregelten Musfelthätig-
keit als Hilfsmittel zur Erhaltung und Herftelung der Geſundheit zu fuchen.
Man erwähnt als beſonders berühmte Gymnaſtiarchen IEku 8 (oben S. 46.)
und Herodikus von Selymbria (Bd. III. S. 1240.). Iener fcheint be
fonderd auf Diät, diefer, mie unfere Orthoräden, vorzüglih auf Bewegung
ded Körpers gebrungen zu baben.
So erhob fi in den Philoſophenſchulen und in den Bynmaflen bie
Medicin unabhängig von dem Orden der Nöflepiaden; fie ergänzte ſich Bier
theile durch theoretiſche Unterſuchungen, theils durch firengere diätetiſche Vor⸗
ſchriſten, und trat nun als freie Wiſſenſchaft und Kunſt ind griechiſche Leben
ein. Dieſem äußern Drängen konnten auch die Prieſterärzte nicht lang wider⸗
ſtehen (Sprengel S. 343.). Zuerſt fingen ſie in Knidos an, die Medicin
allgemeiner zugänglich zu machen; die tiefere Umbildung der Heilkunde ging
aber von ber koiſchen Schule aus, und zwar von dem großen Hippofrates
(®p. IN. S. 1855—1368.). Wie feine Lebendgefchichte uns fehr mangels»
haft und mit vielen unbeglaubigten Ihatfachen überliefert if, fo bat aud
bie kritiſche Sichtung der vielen ihm zugefääriebenen Schriften und bie Ablei-
tung feiner Grundfäße aus denfelben große Schwierigkeiten. Die Einmengung
unaͤchter Schriften beruhte theild auf Verwechslung theild auf wirklichen Ber:
fälfedungen, welche gleih nad Hippofrated’ Tod von feinen Söhnen und Nach⸗
folgern, fpäter in größerem Mapflabe zu Vergamus und Alexandria, am
groͤbſten aber in Nom unter Habrians Megierung ausgeführt wurden. Bgl.
Bd. II. S. 1357 f. Nah Galen (de venaes. advers. Erasistr. p. 4.
Comm. 8. in libr. 6. Epidem.) zeichnen ſich die Achten Hippokratiſchen Schriften
durch eine Kürze und Gedrängtheit des Auedrucks, melde oft an Dunkelheit
gränzt, und durch die Wahl verftännlicher, im gewöhnlichen Leben gebraudter
Worte aut. — In der Theorie der Diebicin folgte Hippofr. (De natur. homin.)
ber Lehre von den vier Elementen, aus welchen alle Körper beleben. Indeß
faßt er dieſe Grundſtoffe nit als unveränderlihe, fi blos aneinander
lagernde Atome auf, fondern indem er bie Körper aus der Miſchung der
@lemente entfliehen läͤßt feheint er in ven Körpern weniger bieje (euer,
Luft, Wafler, Erde) ſelbſt, als vielmehr Qualitäten welche dieſen entfprechen,
naͤmlich Warm, Kalt, Feucht, Trocken zu unterſcheiden (Sprengel S. 380.).
Im menſchlichen Körper kehren die vier Elemente als Blut, Schleim, ſchwarze
Medicinsa 1693
\
unb gelbe Galle wieder (Ifenfee ©. 35.); von dem Miſchungsverhaliniſſe
diefer Säfte hängt Geſundheit und Krankheit ab. Hippokr. muß wegen biefer
Grundfäge ald der Urheber der Humoralpathologie angefehen werden. Indeß
fagt er an einem andern Orte (De prisc. medic.), jebed Leiden des Menfchen
babe feinen Urfprung in den Kräften, und faßt alfo doch auf der andern
Seite das Leben dynamiſch auf. Unter allen Umfländen erklärte er die
Krankheit auf natürlichem Wege und nahm weber hiebei noch bei der Heilung
eine göttlige Einwirkung zu Hilfe. — Die Anatomie und bie Phyflologie
des Hippofr. find um nichts vollkommner als bie feiner unmittelbaren Vor⸗
gänger und feiner Zeitgenofien; diefe Hatten vom Skelet noch am meiflen
richtige Anſichten, und auch Hippofr. fügte der Dfteologie einige neue That⸗
ſachen Hinzu (Ifenfee S. 54.). Wir können daher in feiner Pathologie keinen
Aufſchluß Über die krankhaften Zuflände der Innern Organe und über den
mwefentliden Zufammenbang der Symptome erwarten, fondern das wodurch
er ſich auszeidhnete war eben die Flare und einfache Beobachtung der Kranke
heiten, die ſcharfe Auffaffung der einzelnen Zeichen in ihrem Nebeneinanders
befteben und in ihrer auf empiriidem Wege nachgewieſenen Aufeinanderfolge;
bei Sippofr. iſt daher die erfle wifenfshaftliche Begründung der Semiotif und
Prognoftif zu ſuchen. Wenn Sippofr. eine Erklärung und Theorie der Er»
fheinungen gab fo mußte er natürlich an feine allgemeinen Grundfäge anknüpfen.
So findet fi Hei ihm zuerſt die Periodicität in den Krankheiten als That⸗
ſache nachgewieſen; aber die Brflärung verfelben wird von den verſchiedenen
Körperfäften und ihrer Miſchung hergenommen (Sprengel S. 395 ff.).
Die Trankhafte Säftemifhung, in welcher jede Krankheit begründet if, beginnt
mit dem Stadium ber Rohheit, wo der Kranfheirsftoff fih noch unverändert
und unbewegt im Körper befindet. Darauf wird er dur dad Lebendprincip
oder durch die Wärme bewegt, verarbeitet, und bieß if das Stadium ber
Kochung. Die Ausscheidung des Krankheitsfloffes endlich, die Krifle, bedingt
die Hebung der Krankheit. Daß eine Wendung der Krankheit oft zu einer
Zeit leichter eintritt als zu einer andern, daß diefe Wendung nicht felten mit
Veränderung ber Secretionen verbunden iſt hatte Hippokr. richtig beobachtet.
Er ſchloß Hieraus daß die Krifen melde er im Schweiß, im Harn, in Darm
auöleerungen und Blutungen erkannte, an gewiffen Tagen beſonders leicht
eintreten, und biefe nannte er die vorzüglich zu beachtenden, krittſchen Tage.
An diefen humoralpathologiſchen Gruudſätzen bed Sippofr. hat die Medicin
bis auf die neuefle Zeit mit wunderbarer Beharrlichkeit feflgehalten, und
über der Ausſchmückung und Verzerrung der erſten Theorie die einfache
Beobachtung von welder Hippofr. aueging, manchfach vergeffen. — Auf die
Urſachen der Krankheiten, auf Witterung, Jahreszeit, Wohnung, Lebensart
war Hippokr. nicht weniger aufmerkfam als auf die Eranfhaften Symptome;
fo hat er au für die Metiologie ver Krankheiten den erſten Grund gelegt.
Hieran ſchloß fi feine Therapie unmittelbar an. Er nahm zuerft die Diä-
tetik als weſentliches Glied in die mediciniſche Wiſſenſchaft und Kunſt auf.
Bor Allem zeigte er ihre Wichtigkeit für Erhaltung der Geſundheit und Vers
hütung von Krankheiten; dann bob er aber auch hervor wie die in jeder
Krankheit vor fi gehende Kochung dur Einbringung von Nahrungsmitteln
immer auf ſchädliche Weiſe geflört werde; er führte daher in higigen Kranke _
heiten Teichte Diät, befonders Ptiſanen ein. Die eigentlide Behandlung der
Krankheit muß nah Hippofr. auf der Beobachtung der Natur beruhen. Auf
ber Höhe der Krankheit: muß fie exfpektativ feyn, und erſt wenn bie Kodung
eingeleitet if, wenn die Natur felbft Krifen vorbereitet, bat der Arzt einzu»
greifen und bie Heilfamen Ausleerungen zu unterftügen. Hippokr. wandte
innerli, wie überhaupt die Aerzte des Alterthums, faſt nur Begetabilien
an; die künftlihen Audleerungen brachte er vorzüglich durch Purgirmittel zu
4694 Meodielsia
Stande; äußerlich gebrauchte er Aderlaſſen, Schröpflöpfe, Fontanelle, Bflafter,
Einreibungen, und verwandte Mittel. Wie viele Wahrheiten in ben allge»
meinen iherapeutiichen Grundſätzen des Hippokr. enthalten find fpringt von
ſelbſt in die Augen.
Es wurde gezeigt wie bie griech. Medicin zuerfi In den Tempeln als
Geheimlehre gepflegt wurbe, wie dort die Asklepiaden ohne tiefered Räſonne⸗
ment Krankheits⸗ und Heilungsgeſchichten fanmelten, wie aber jpäter bie
mebiciniihe Theorie von ben Vhllofophen, die praltiſche Empirie der Mebicin
in den Gymnafien ohne den Zwang der Satzungen außgebildet wurde. In
Hippofr. tritt zum erſten Male die Beobachtung in ihrer vollen Reinheit und
Gonjequenz, aber frei von den Vorurtheilen der Priefterfhulen auf, und an
ſie fließt ich eine, wenn auch unvolllommene, doch mehr ins Binzelne ge»
hende Theorie, und eine, fomelt es damals möglih war, rationelle Behand»
lung der. Krankheiten an. In Hippofr. iſt ver Abſchluß der ganzen vor ihm
ltegenden Periode der Diebicin erreicht.
So lange die Aerzte no als Priefter auftraten wurben fie ald Diener
der Bottbeit mit tiefer Ehrfurcht betrachtet. Aber auch jetzt mo bie Mebicin
zur freien Wiffenfchaft und Kunft ſich ummanbelte, verlor ſich jene Ehrfurdt
nicht ganz (Bekker, Charikles II. S. 90 ff.); die Hellfunde wurde auf jeht
noch auf Aeëklepios als ihren göltlihen Urheber zurüdigeführt. Diefer Achtung,
welde ber ärztlihe Stand in Griechenland genoß, follte au, wie Hippokr.
verlangte, dad äußere Auftreten des Arztes entſprechen (Charikſes S. 102.).
Er follte in Haar und Barttracht reinlich, von Kleidung elegant, von demüthigem
Wefen und Broßfprecherei gleichweit entfernt, ruhig und in Aeußerungen über
ben Zufland des Kranken behutfam feyn. Das Publikum Hatte indeß für
bie Geſchicklichkeit feiner Aerzte Teine großen Garantien. 8 ſcheint nur daß
file zur Ausübung der Heilkunde einer Goncefllon von Staate beburften, und
daß biefe ihnen erſt ertheilt wurde wenn fie in einer dfientliden Rede ſich
über ihren Bildungsgang, ihre Lehre und biäherige Praxis ausgewieſen hatten
(Zenoph. Memor. IV, 2.). Zür unglüdlige Kuren wurben bie erste in
ber Regel nicht verantwortlich gemacht; doch deuten einige Stellen an (Ariſtot.
de republ. III, 10.) daß unter gewilfen Umfländen die Aerzte vor Ihres»
gleichen Rechenſchaft abzulegen hatten. Die Belohnung für ihre Dienfle er⸗
hielten die Aerzte von ihren Batienten ; daneben finden wir bie und da Öffent»
ige, vom Staat Hefoldete Aerzte. Die beiden Hauptzweige der Heilkunde,
Medicin und Chirurgie, wurden von den griech. Aerzten zugleih ausgeübt;
außerdem bereiteten le auch ihre Arzneimittel ſelbft. Bei ſchweren Kranken
flatteten fie Beſuche in den Käufern ab; leichtere kamen zu ihnen in ibr
tarpsior, welches zugleich ald Badanſtalt, Apotheke und chirurgiihe Werffatt
diente. In der Behandlung der Kranken wurben fle von Ihren Gehilfen und
Schülern unterflügt. Bon dieſen find die Pharmakopolen wohl zu unter
feinen (Charikles II. S. 98.), welche nah Quackſalberweiſe ihre Arznei⸗
mittel theils in Buden verkauften, theild ausrufend umbertrugen. — Dieß
waren bie Berbältniffe der Aerzte zum griech. Publifum während und nad
der Zeit des Hippokratek.
Nah Hippokrates wurde bie Medicin theild dur ihre eigene Innere
Bewegung, ıbeild durch Äußere Binflüfle verändert; im Allgemeinen aber
verließ file den ruhigen Weg der Beobachtung und mandte ſich bald mehr
dem Theoretifiren, bald mehr der ärztlichen Noutine zu. — Bald nach Hippofr.
wurden burd zwei andre große Männer, Platon und Ariftoteled, neue Be
biete des Wiſſens eröffnet. Platon bat, indem er die mechaniſche Betrach⸗
tungsmelfe feiner Borgänger ausihloß, zuerſt eine Philoſophie bed Geiſtes
moͤglich gemacht. Die vernünftigen Zmede weiche ex im geiftigen Leben überall
fand, trug er auch in bie natürlide Criſtenz der Dinge hinein, und feine +
|
Ntedielnn 4695
Auffaffung der Natur wurde dadurch Im Ganzen und Im Ginzelnen teleolo⸗
giſch. Die philofophifhen Kehren des Platon übten Feinen direkten @influß
auf die Entmidlung der Medicin aus. Biel widtiger iſt Artfloteles,
nit ſowohl als fpefulativer Philoſoph, ſondern vielmehr als ver eigentlide
Begründer der Naturwiffenfhaft. Seine Unterfuchungen der organiſchen
Weſen fanden ihre Anregung und fortmährende Linterflügung in feinem Ver⸗
Hältniß zu Alerander dem Großen; vieler ſchickte ihm ala feinem Erzieher
von feinen Beldzügen ber fletö neue Thiere und Pflanzen in Natur und in
Befchreibungen zu. — Wenn Platon im Allgemeinen die Philoſophie als
apriorifhe Wiffenfhaft begründet hat, fo legte Ariftoteles den Grund zu den
einzelnen Zweigen ver Philoſophie und zu ihrer Verknüpfung mit den Er⸗
fahrungswiſſenſchaften. Erfahrung, glaubte er, fel der Urfrrung aller Kunfl
und Wiſſenſchaft, und nur indem man von den einzelnen Erfahrungen durch
Induktion fi di allgemeinen Urtheilen erbebe, gewinne man die Sicherheit
welche in der Wiſſenſchaft nöthig ſei (Analyt. post. II, 18. Metaphys. I, 1.).
Elemente nahm er fünfe an, indem er zu den vier Äfteren noch den Aether
Binzufügte, indeß faßte er fle nicht in derfelben Weile auf mie feine Vor⸗
gänger , fondern er zeigte daß an jedem Elemente wieder verſchiedene Quali⸗
täten, Kälte und Wärme, Trockenheit und Feuchtigkeit unterſchieden werden
fönnen (de generat. et corrupt. II, 3.). Aus der Vermiſchung ber Ele⸗
mente gehen die Körper hervor; aber zwiſchen den Organiämen und ihren
Elementen flehen in der Mitte gewiffe Gebilde, die Häute, @efäfle, Sehnen
u. f. w., alio Theile des Organismus, melde wir jebt als nähere Form⸗
beftandtheile, als organiihe Syfteme bezeichnen. Schon in biefen wenigen
Zügen liegt eine theilweife Befreiung von den alten Elementen unb bie erfle
Andeutung von Wahrheiten welche erft In ven neuern ehren der Anatomie
und Phnflologie ihren richtigen Ausprud gefunden haben. Die einzelnen
Angaben melde Ariſtoteles über die Natur der Thiere und Pflanzen hinter⸗
laffen Hat beruhen durchaus auf eigenen Unterſuchungen; er begründete durch
bieje bie Botanik, die Zoologie und die vergleichende Anatomie; aus einigen
Stellen feiner Schriften (Hist. anim. I, 9. II, 12.) ſcheint hervorzugehen
daß er ſich au mit dem Baue des menſchlichen Körpers durch einige Leichen⸗
Öffnungen befannt gemadt Hat. Er findet (Ijenfee ©. 76. 78.) den Unters
ſchied zwiſchen Thieren und Pflanzen in dem Borbandenfeyn eined Darm⸗
kanals und deutlicher Excretionen bei den erfleren und in ihrem Mangel bei
ben letzteren. Die thieriſche Anatomie, welche Ariftoteles vorzüglich pflegte,
wurde von ihm durch zahlreiche neue Angaben bereichert; wir führen bier
nur an daß er zuerft die wahren Nerven enideckte, menn er auch ihre Function
no& nit klar erkannte (Sprengel S. 457. Ariſt. Hist. anim. I, 13.), und
daß er den Urfprung aller Adern zuerft vom Herzen ableitete (De generat. anim.
III, 4.5.). Die Lehre von den Berhäftniffen der Geſchlechter, von der Mens
ſtruation, Schmangerfhaft und Geburt hat Arifkoteles gleichfalls bedeutend
erweitert. Weniger ſpeciell fcheinen feine Unterſuchungen über Krankheiten
gewefen zu feyn. Er mag fi hier vorzüglih auf die Beobachtung ber
äußern und innern krankmachenden Ginflüfle, auf bie allgemeine Uetiologie
beſchränkt Haben. Die Krankheit beruht für ihn immer auf Mangel oder
liebermaß; in der Mitte zwiſchen beiden liegt die Geſundheit (Probl. 1,2. 3.).
In Hippofrates und Ariſtoteles fand die mebicinifhe Wiffenihaft mit
ihrer doppelten Richtung auf den kranken und gefunden Organismus ihre
erfle Begründung; fle erſcheint in ihnen nicht als ſchwacher Anfang, fondern
foglei$ in Eräfıiger, eine unbegränzte Entwidfung verfprechender Geflalt.
Auf die unmittelbaren Nachfolger des Hippokrates, auf feine Söhne
Thejfalus und Drakon, fo wie auf feinen Schwiegerfohn Bolybus
wirkie die platoniſche Philoſophie entſchieden ein. Mit ihnen begann bie
4696 Medicine
dogmatiſche Säule, zu welder außerdem Dieriypos von Kos, Philiſtion
von Lori, Chryfipp von Knidos, Diokles von Karyſtus und Praragoras
von Kos vorzüglich gerechnet werden (Sprengel S. 480 ff. Iſenſee S. 67.).
Diefe Schule trug in die Medicin philofoyhiicde Iheoreme und Spikfindig-
keiten hinein, erweiterte aber doch auch den Kreis ihrer Ihatfahen. So
wird von Polsbus erzählt er habe die Entwidlung des Embryo im bebrü-
teten Sühnerei zu beobachten verfudt. So erkannte Praragoras die Pulſation
als Charakter der Schlagabern, unterfuchte den Puls im gefunden und kranken
Zuſtande und beſchenkte die Humoralpatbologie mit dem unglüdliden Bes
griffe der Schärfen. So bat Diokles neben andern Zweigen der Mebicin
vorzüglich die Diätetif gefördert und zuerft über den chirurgiſchen Berband
geſchrieben; andere Dogmatifer haben ſich zuerft an größere Operationen ge⸗
wagt. Diefe Schule iſt befonders darum wichtig weil, wie man anzunehmen
berechtigt iſt (Sprengel ©. 496.), von ihren Mitgliedern ein Theil der pfeubo-
hijippokratiſchen Schriften herrührt.
Gegenüber den Dogmatikern, welche beſonders von Platon influenzirt
waren, ſehen wir an Ariſtoteles ſich andete, empiriſchere Beſtrebungen in ber
Mediein anfnüpfen. In Alexandria nämlich eröffnete ſich durch die Frei⸗
gebigkeit der Ptolemäer eine Freiſtätte für die Wiſſenſchaften, welche ſchon
damals anfingen fich aus dem ſinkenden Griechenlande wegzuziehen. Hier
wurde auch die Heilkunſt frei von den Mühen des praktiſchen Lebens in ge⸗
lehrten Studien gepflegt. Unter dem erſten Ptolemäer lebten zu Alerandria
bie beiden größten Kenner der menſchlichen Anatomie im Alterthum, Era-
fillratus und Herophilus (Gallen. de atr. bil. p. 361. de natural.
facultat. lib. 2. p. 100. de venaesect. adv. Eras. p. 3.). gl. B». III.
©&.224 f. u. 1255— 1257. Sie benügten in Alexandria die ihnen vergönnte
gelehrte Muße und die Erlaubniß menfhlihe Leichname, vielleicht fogar
(Sprengel S. 533. nad Celſus. Ifenfee S. 84.90.) lebende Verbrecher, zu
Öffnen, um die erſte vollſtändigere Kenntniß vom Bau des menſchlichen Körpers
fih zu erwerben. So gab Herophilus die erfle methodiſche Anleitung zur
Berglieverung der Leihen; ihm und dem @raflfiratus verbanfen wir die erfte
enauere Beihreibung ded Gehirns und mehrerer Nerven, beren Yunctionen
e richtig erkannten. In der Bauchhoͤhle entdeckten fie den Unterfchied zwiſchen
Milchgefaäͤfſen und Blutgefäffen, und Herophilus beſchrieb die Leber und das
BZungenbein beſſer als bis dahin geſchehen war. Diefen und andern Bes
reicherungen der Anatomie entfprach keineswegs der Standpunkt auf welchem
die Phyfiologie und Pathologie Beider fi befanden; fo bat Heroph. in bie
Bulslehre die erften Spigfindigkeiten eingeführt. Ihre Iherapie war rein
empiriſch, bei Braflfir. zu beſchräͤnkt und einfach, bei Heroph. mit zuſammen⸗
gefegten Heilmitteln überladen (Ifenfee S. 85. 91.). Ginzelne Krankheiten
haben fle allerdings aufgeklärt und einzelne wirffame Heilmirtel zuerft empfohlen.
An fie fchlieöt ſich zunäͤchſt Cudemus an, welder zu gleiher Zeit ſich in
Alerandria der Anatomie widmete. Vgl. Bo. HI. ©. 261. Nr. 3. Die
theoretiſchen Unterſuchungen der alerandrinifhen Aerzte zeichneten ſich im
Allgemeinen durch Funflreides Spalten ver einzelnen medicinifchen Discihplinen
aus. Damald wurde die Chirurgie von der übrigen Heilfunde getrennt und
von eignen Lehrern behandelt (Walıher, Allg. Chirurgie, 2te Aufl. ©. 7.);
biefe Trennung, fo wie die raſche Ausbildung der menichl. Anatomie, mußte
in der Ghirurgie wefentlide Kortfäritte hervorrufen. Wir finden bei den
alexandriniſchen — einzelne chirurgiſche Krankheiten, Operationen und
Apparate mit Genauigkeit, zum Theil auf eine ſehr kleinliche Weiſe beſchrieben.
Auch die Diätetik und die Pharmacie rißen ſich von der Medicin los; jene
( Iſenſee S. 97.) wegen ver großen Anſpruͤche welche die luxurioſen Gin-
wohner an ſie machten, dieſe wegen ber zuſammengeſetzten und mandpfaltiger
Medtelna | 1697
Arzneimittel die jeßt In Diode kamen und eine eigene Bereitung verlangten,
jene fiel fehr oft Quackſalbern, diefe ven frühern Rhizotomen anheim; da»
mals entflanden die erflen Apotheken.
So war in Alerandria die mebicinifhe Beobachtung und Brfahrung,
welcher ſich dort neue Gebiete eröffnet Hatten, nicht als Teitendes Princip
aufgeſtellt, ſondern von trodnem Dogmatiemus erbrücdt worben. GErſt von
280 v. Chr. an trat den Dogmatifern eine eigene Schule, die empiriſche
entgegen (Sprengel ©. 577 ff. vgl. oben Bo. II. S. 121 f.). Herophilus,
wiewohl er eigentlih noch den Dogmatikern angehörte, mag bie erfle Idee
zu biefer Schule gefaßt Haben; einer feiner Schüler, Philinus von Kos,
wurde ihr Stifter; ihre hauptfäclichen Anhänger waren Seraplon von Ale»
xandbria und Heraklides von Tarent. Der Anklang welchen die empirifche
Säule fand iſt aus dem Ueberdruß an den Iheorieen der dogmat. Schule
und aus dem damals bedeutenden Einfluß des Skepticismus zu erklären.
Bon den apriorifhen Spipfindigfelten wandten fih bie Empiriker wieder ver
Hauptquelle aller Erkennmiß, der Erfahrung zu. Diefe konnte nur dur
wiederholte und genaue Beobachtung aller wichtigen in die Sinne fallenden
Umflände erlangt werben. Die Beobachtung unterſchieden fle dann in eine
folge welche dur Zufall erlangt, und eine foldhe die durch das Erperiment
hervorgerufen wird. Der Arzt urtbellt und handelt am Krankenbett theils
na jeiner- eignen Erfahrung theils nad den fremden, ihm überlieferten
Beobahtungen. Bei diefer Anwendung früherer Erfahrungen bat aber ver
Arzt wohl dad Gemeinfame und dad Eigenthümliche der Bälle zu unter»
ſcheiden und zuweilen nur na Analogie, nit nad völliger Uebereinſtim⸗
mung ber Fälle fein Handeln zur beflimmen. Grfahrung, Veberlieferung und
Anwendung der Analvgieen hießen der Dreifuß ver Empiriker. — Bei dieſen
vortrefflichen Grundſaͤtzen vernachläßigten die Empiriker nicht nur alle philo⸗
ſophiſchen Unterfuchungen über die Natur der Krankheiten, ſondern auch die
Anatoemie, als eine Wiſſenſchaft die ſich nicht mit dem Nächſten, zu Ta
Liegenden befäftige, und ebenio die Aetiologie und Indikationenlehre ſoweit
diefe nicht auf den einfachften finnlihen Wahrnehmungen berubten. Im Ein»
zelnen trugen fle zur Erweiterung der Chirurgie, der Diätetlf und ber Ma⸗
teria mebica, vorzügli zur Begründung eined paſſenden Bormulard Hei
(Iſenſee S. 101.). Wie wenig übrigens ihre Therapie mit ihren wiſſen⸗
ſchaftlichen Brundfägen zuſammenhing gebt daraus hervor daß fie in den
. therapentifhen Methoden von ihren Gegnern, den Dogmatifern, kaum ad»
wien (Galen. de sect. ad eos qui introduc. p. 12.). Es kamen damals
die abenteuerlichſten Arznelmittel in Gebrauch, welche ſich nachher Lang in der
—
[}
gelehrten Materia medica oder wenigſtens in der Volkemedicin erhalten
haben; fo verordnete Serapion Kameelhirn, Haſenherz, Schilpfrötenblut,
Krokodilskoth. — Auch gefrönte Häupter bearbeiteten damals die Heilmittel⸗
und Giftlehre. So verfuchte befonders Mithridates Cupator, welder
in immerwährenver Furcht vor Vergiftung lebte, ein allgemeines Gegengift
zu finden, und ſetzte dieſes endlich aus vierundfünfzig Ingrevienzien zufammen
(Plin. H. N.XXV, 2. XXIX,1. Galen. de antidot. I. p.'424.). So flelte
Artalus Bhilometor, der lehte König von Pergamus, Berfuge mit
Pflanzengiften und ihren Gegengiften an (Blut. Demetr. 20.), und Ri»
‘ Eander, welcher zur Zeit des Aitalus lebte, befang die Gifte und Gegen⸗
gifte in feinen Theriaca und Alexipharmaca. Durch diefe Beſtrebungen iſt
die Wirkung mancher @ifte zum erften Mole genauer befannt geworben. |
Mit der empirifhen Schule ift die Cultur der Medicin im eigentlichen
Griechenland abgefchloffen. Nah Hippofrates ging die Richtung der Helle
funde von dem Einen Punkte der vernünftigen Beobachtung, nn Hippo⸗
Vauly, Keal⸗Encyhelop. IV. 107
1698 | Medielna
krates feftgehalten halte, nad ben zwei Geiten außeinander melde durch bie
dogmatifhe und empüifche Schule bezeichnet find. Beide erfchöpften ſich durch
die Ginfeitigkeit Ihres Princips und dur den Mangel an umfafenden, neu»
belebenden Entdeckungen im Gebiete des Gedankensé ober der Empirie. Die
griehiiche Heilkunde, melde zum Theil ſchon nad Alerantria ausgewandert
war, fledelte ſich jetzt ganz nah Mom über.
. Die Medicin wurde au in Rom urfprünglih ald ein Privilegium
der Priefter betrachtet. Indeß entmidelte ſich hier die Mythologie nicht ſelbſt⸗
ſtändig fondern wurde theild von Eirurien, theild von Griechenland einges
‚ führt. So wurde im I. 461 v. Chr. dem medlciniſchen Apol ein eigener
Tempel in Rom geweiht (Liv. IV, 25.), und nicht lange nachher gelangte
dahin die Verehrung des epidautiſchen Asklepiod* Sonſt wurden von den
andeın Gottheiten Griechenlands als medicinifhe auch Minerva, Merkurius,
Serkuled, bei. Hygiea als dea Salus, In Rom verehrt (Sprengel S. 258 ff. ).
Zu diefen griehiihen Gottheiten kamen einige ächt römiſche Hinzu; dieſe
wurden ohne mythologiichen Apparat, gerade nad den nächſten lokalſten Be»
dürfniſſen gewählt. So rief man wegen der herrfchenden Sumpffieber bie
Febris Mephitis an; Fräftine Knochen erflehte man von der Difipaga,
räftige Bingemwelde von der Garna, bei Geburisfällen wurde die Juno Lu⸗
cina und Garmenta angerufen**. — Es ift nicht befannt daß in den roͤm.
Tempeln, wie in den griech. Asklepieen Kraufengeichiääten aufgezeichnet wor⸗
den wären; biemit fehlte ein Sauptmoment für die Entwicklung einer eigen»
thümlichen Mebicin. Auf der andern Seite entfland in Mom auch feine
eigene Philofophie, und es bildete fi daher Feine Theorie der Medicin aut.
Die öffenıliden Anflalten zur Erhaltung der Geſundheit waren freili Hier
in hohem Grade ausgebildet; fo die Leibesübungen (Beer, Gallus 1.
©. 268 ff.), fo vorzůglich die Öffentlichen Bäder, welche in Griechenland faſt
ganz mangelten (ib. II. S. 11 ff.); indeß murde an biefen Orten die Medicin
nit, wie in Griechenland, von Empirikern melde dieſes zu ihrem Berufe
machten, ausgeübt. Wenn bie ältern Römer fi außer den Tempeln curir-
ten fo ſcheint dieß immer mit Hausmitteln geſchehen zu ſeyn. Ein ſolches
Meceptbuch befaß der Genfor M. Porcius Cato, und während er die all
mälig eindringenden grieh. Aerzte haßte lebte er andächtig nah ten zum
Theil widerfinnigen und abergläubiihen VBorfchriften jenes Buches (Cato
de re rust. c. 70. 83. 156.). — Freilich waren auch die erften Aerzte
welde von Briehenland nah Nom kamen, ungebildete Abenteurer und SElas
ven die ihrer Kunft Feine Achtung zu verſchaffen wußten. Als der erfle be⸗
beutendere Arzt welder ih von Griechenland nach Mom überfledelte, mird
um 219 v. Chr. Archagathus genannt. Der Senat ſchenkte ihm das
Bürgerrecht und eine Öflentlihe Bude; indeß verdiente er fih bald durch
feine Kuren den Namen Bulnerarius und Garnifer (Plin. H. N. XXIX, 1.).
Bol. Br. I. ©. 676. Es läßt fih denken daß die griech. Aerzte welde
* Die Ziserinfel wurde zum Gig des Aesculapiusdienſtes und zu einer Nieders
laſſung des von Epidaurus aus über ganz Griechenland aukgebreiteten Asklepiaden⸗
ordens eingerichtet, f. Böttiger der Hesculapiusdienft auf der Tiber—⸗
infel, Medicinifhe Schlangengaukelei in den BI, Schr. 8b. L ©. 112 1. _
Diefe Wundermedicin Fam unter Antoninus Pius wieder ſtark in Aufnahme, a. a. D.
S. 119. u, 393. [W
** Bei fchweren Geburten, wo das Kind eine verkehrte Lage hat, murte bie Pol: |
verta augernfen (U, Gel. XVI, 16.), weiche auf dem Relief eines alten Gedaͤchtniß⸗
ſteines abgebildet iſt bei Wöttiger Jtüthya ober bie Hexe, in den EL. Schrr. Bb. J.
Taf. 1. Vergl. auch deſſen Abh. Aber bie Geburtshilfe bei den Alten
in den Ei. Schrr. Sb. II. ©. 1—8., wo unter Anderem bie Frage, ob e8 im Aler⸗
thum Hebarzte gegeben habe, unterfucht uud vermeinend beantwortet wird, [W.]
Im — ———— — — — —
Medicina 1699
nad Mom zogen weniger die Sache ihrer Wiſſenſchaft und Kunſt, als ihr
individuelles Intereffe, dem fie in ber Weltſtadt am beflen zu dienen Hofften,
im Auge hatten. Gingen daher bie alerandrinifchen Aerzte in Spißfindig⸗
feiten unter fo wandte fi die griech. Mediecin in Nom vorherrſchend ber -
Routine zu. Diefe Umflände erklären e8 warum 3. B. Plinius (H. N.
XXIX, 1.) ſich durchaus nit günflig über ven Arztlihen Stand äußert, und
marum mande römijhe Hausväter lieber zuverläßige Sreigelafiene als oͤffent⸗
liche praftifhe Aerzte gebrauchten (Beer, Gallus I. ©. 120.). — Unter
den gried. Aerzten welche in Nom prafiicirten zeichnete fi zur Zeit des
Cicero (de orat. I, 14.) Adfleptades* von Birhynien dur feinen Auf,
feine Kenntniffe und feine großartige Charlatanerie aus. Er hatte feine Stu⸗
bien in Alerandria und Athen gemadt. 100 v. Chr. Fam er nah Nom,
und mußte bier dur Beredſamkeit, Bügfamfelt und Enthuflasmus in Aus»
übung feiner Kunft die größte Geltung, vorzüglih bei den corrupten höhern
Ständen ſich zu verfhaffen (Eprengel II. S. 6 ff. Ifenfee S. 107 ff., vgl.
oben Br. I. S. 852.). Für feine glüdlihen Kuren wurde er mit Gold
überfchüttet, und die Erweckung eines Scheintopten ließ ihn als "ein übers
menſchliches Wefen erfcheinen (Pfin. H. N. XXVI, 2.). Er verachtete alle
Aerzte die ihm vorangegangen waren; namentlich verfrottete er die beobach⸗
tende und zuwartende Art des Hippokrates; nah ihm follte ber Arzt nicht
der Natur dienen, ſondern dieſe beherrſchen. Durch dieſe großiprecherifche
Weiſe, verbunden mit Geiſt und Fleiß, mußte Asékl. in einer großen Stadt
wie Nom ſein Glück mahen. — Er verfuhte die Corpuscularphiloſophie,
wie fie von Epifur und Heraflived aus Pontus entmwidelt worden war, in
ihrer ganzen Ausdehnung au auf die Medicin anzuwenden. Wie die Körper
überhaupt fo iſt au der menſchliche Organismus nur aus dem zufälligen
Zufammenfloßen der Atome eniflanden; Zweck und Bebeutung befitzen bie
Organe für fi Feine, ſondern wir haben nur zufällig ihren Gebrauch er⸗
langt; die bewegenden Lebensfräfte ſelbſt find nichts als die feinflen Grund⸗
förper. Je nachdem die Atome in den leeren Räumen, in ven Poren, melde
fie zwiſchen fi laſſen, ſich frei bewegen oder nicht, entfleht Geſundheit oder
Krankheit. Schon aus vielen Grunpfägen erhellt wie gering die anatomiſchen
und phyfiologiſchen Kenntniffe des Askl. maren. In ver Pathologie ver-
warf er vorzüglich alle Humoralen Kehren; einzelne Krankheiten beſchrieb er
genauer als feine Vorgänger. In ber Therapie hat er befonderd die An⸗
wendung des Falten Waſſers, äußerlih und inrerli, dann auch die Anwen⸗
dung ded Weines in vielen Krankheiten eingeführt und manche neue biäterifche
Regeln gegeben. — Zu den Nachfolgern des Aöklepiades gehörten Ärzılide
Schrififieler und Praktiker, darunter mehrere kaiſerliche LXeibärzte. Seine
Nichtung, die vorherrſchend auf die praftiihe Ausübung der Heilkunde ging
und welcher er durch feine Perfönlicgkeit Geltung zu verichaffen mußte, er»
hielt ihre theoretifhe Begründung in der Schule der Methodiker. Als
der Stifter diefer Säule wird ein Aoklepiadeer, Themiſon von Laodicea,
63 v. Chr. angeführt (Sprengel II. ©. 715.). Er behauptete das Leben
fen lang und die Kunft furz; mon müſſe daher diefer Kürze der Kunft dur
leichtfaßliche Grundſätze nachhelfen. Zu dieſem Zwecke firebte er, durch Auf
ſuchung des Gemeinſamen in verfgiedenen Krankheiten diefe auf wenige Tyren
zurückzuführen, und für jeden Typus eine einfache Heilindikation zu finden.
Diefe Tendenz der Vereinfachung muß in der Mebicin zu jeder Zeit ſich
wieder geltend machen, fo aber wie Themifon biefelbe auffaßte konnte fie
® Die Werzte legten fich von biefer Zeit an bis in die Zeit der Antonine biefen
Namen feld bei, ſ. Wb. I. ©. 851., um fih als Mitglieder des Asklepiadenorbens
zu bezeichnen, ſ. Böttiger Pi. Schr. Bd, L ©, 119. [W.]
1700 Medicien
für die Ausübung der Heilkunſt keine Früchte tragen. Gr nahm die Korpue-
eularphilofophie zu Hilfe, und je na dem Verhältniſſe der Atome und Ihrer
Poren unterſchied er (Ifenfee S. 113.) ob die Poren conirahirt, ob fie
relarirt, ober ob ein gemiſchter Zufland vorhanden fey. Die Behandlung |
ſollie der Eontraftion und Nelaration durch Mittel welche ben entgegenge-
fegten Zufland herbeiführen, dem gemiſchten Zuftande aber je nad dem Vor⸗
herrfhen der Gontraftion oder Nelaration durch die Gontraria begegnen.
Die Allgemeinheit und Vagheit dieſes Schema's geflattete natürlich im Ein-
zelnen jebe beliebige Anmendung defielben. Den Praftifer aber leuchtete
dad Schema durch feine ungemeine Klarheit und Begreiflichkelt ein, und es
erklärt fi hieraus, wie die methodiſche Schule ih bis Ins dritte Jahrhundert
n. Chr. erhalten Eonnte, Themiſon felbft Hinterlieg mehrere yrakıifche Werke,
die wenigſtens für eine bedeutende Ausvehnung feiner Praris fpreden. Bon
feinen Nachfolgern muß namentlih Theſſalus von Tralled genannt werben,
welcher (Galen. meth. med. Lib. J. p. 35.) die Mebicin nad ben Grund⸗
fügen ber methodiſchen Schule in ſechs Monaten volftändig zu lehren ver-
ſprach. Einen fpäten Glanz erhielt die Schule 110 n. Chr. durch Soranus
den Aelteren; die vollſtändigſte Kenntniß ihrer Grundfätze verbanfen wir
einem noch fpätern Methodiker, dem Cälius Aurelianus (Br. II. ©. 481.
Sprengel ©. 54 ff.); fein Werk zeichnet ſich durch fcharfe Beobachtungen
und durch eine gute Zufammenftellung der Kurarten der Methobiler auß.
83 läßt fi nicht läugnen, daß die methodiſche Schule dur den erflen Ber-
fu einer wiſſenſchafilichen Begründung einfacher Indikationen die Therapie
weſentlich förderte. Auch die Anatomie erhielt während der Herrſchaft ihres
Syſtems manchfache Bereiherungen durch Marinus (oben S. 1571. Nr. 4.)
und Nufus von Epheſus. — In die Zeiten der methodiſchen Schule, unge⸗
fähr zwiſchen 30 v. Ehr. und 38 n. Chr. fällt auch Aulus Corn. Gelius
(ſ. Bd. I. ©. 237 f.). Er mag in der Mevicin Vieles gefehen haben,
doch hat er fie wie ed fcheint nicht wirflih ausgeübt. Don feinem encyclos
pädiſchen Werke de artibus iſt nur der mediciniſche Theil erhalten und dieſe
Schrift zeichner ſich im Allgemeinen durch eine verfländige Zuſammenſtellung
und Krilik gleichzeitiger und früherer medicinifher Lehren aus. Beſonders
enthält fie wichtige Notizen über vie Chirurgie wie fie damals in Rom geübt
wurbe. Gelfus wird zwar, 3. B. von Sprengel (S. 36.), zu den Metbo-
dikern gerechnet; aber er ſteht doch gewifiermaßen als Eritifder Compilator
außer biefer Schule; feine ifolirte Stellung gegenüber von den griech. Schulen
der Medicin darf gewiß auch von feiner röm. Abkunft hergeleitet werden. —
Umfaffender iſt eine andere Compilation, melde und C. Plinius der Aelt.
binterlaflen Hat. Trotz dem feinen Verſtande mit welchem er in feiner Hist.
Nat. die Angaben Anderer zufammengetragen und zu allgemeinen Schlüfien
benügt hat, Eonnte es doch nicht fehlen daß fih In feine Gompilation aus
Mangel an eigener Anſchauung manches Widerfprechende und Unrichtige ein-
ſchlich. Plinius war der erfle oder vielmehr der einzige Naturhiſtoriker
Roms; fein Verbältnig zu Ariſtoteles bezeichnet am beflen den Standpunkt
der Naturwifienfchaft in Öriegenland und Rom. Bei Ariftoteles finden wir
Originalität der Gedanken, umfaflende eigene Unterfuhung der Naturkörper ;
bei Plinius Compilation fremder Beobadtungen und vereinzelte Meflerionen.
Mit dem Werke des Plinius find vie naturbiftorifchen Beſtrebungen bes Alter»
thume, welde das großartige Beobachtungstalent des Arifloteles eröffnet
hatte, abgefchlofien. — Die Medicin des Altertfums kam zu einem ent»
ſprechenden Schluſſe erſt nachdem fie noch einige weitere Stufen der Entwick⸗
lung durchlaufen hatte. Zunähft trat der alomiſtiſchen Lehre des Asklepiades
und der Methodiker die dynamiſche der Pneumatiker entgegen. Jene hatten
alles aus dem zufaͤlligen Zuſammentreffen der Atome abgeleitet; dieſe ſtellten
Medieinn . 1701
dad Pneuma, das Iuftartige Lebensprineip In den Borbergrund. Bon dieſem
(Sprengel S. 95.) hatte fhon Platon und Ariſtoteles geſprochen; bie Stoifer
batten die Lehre von vemfelben weiter ausgeführt, und wir fanden auch bei
Asklepiades ein Analogon deſſelben in den feinften Grundſtoffen. Bon dem
Zuftgeifle geht alle Thätigkeit im Körper, feine Krankheit und Oeſundheit
aus. Als Stifter diefer Schule, welche un’er dem Kinfluffe des ſtoiſchen
Syftems fland, und auch die neuere dogmatiſche Schule heißt, wird
Athenäus aus Cilicien, ein bedeutender römiſcher Art 69 n. Chr. ge⸗
nannt (vgl. Bd. I. S. 900. Nr. 3.). Indeß erhielt ſich die pneumatiſche
Säule nit lange in ihrer Reinheit; fie Hatte für ſich zu wenig praktiſch
Ginleuchtendes um gegenüber der Lehre der Methodiker fih halten zu fünnen.
Schon bed Athenäus Schüler Agathinus aus Sparta (f. Bd. 1. S. 277.)
wid von der einfeitigen Richtung feines Meifterd ab; er wählte von ben
Lehren der pneumatijchen und der übrigen Schulen dasjenige, was ihm brauch⸗
bar fehlen, und gründete 90 n. Ehr. die eklektiſche Schule, welde auf bie
epiſynthetiſche oder hektiſche hieß (Sprengel ©. 102 fi. Iſenſee ©. 128.). Die
eklektiſche Schule entfprang aus der Erſchöpfung des mediciniſchen Geiſtes,
welder fih bis jetzt no in den Schulen der Aerzte geltend gemacht Hatte;
fie iſt die Teßte unter den ärztlichen Schulen des Alterthums; ver letzte
Eklektiker war Bafftus Felix, ver Iatrofophif, 130 n. Chr. (f. Bd. IE.
©. 203. Nr. 7.1. — Noch find zwei Männer zu nennen, welde von ben
Einen zu der pneumatiſchen, von ben Andern wohl beſſer zur efleftiichen
Säule gerechnet werden, nämlih Aretäus aus Kappadokien (Bb.I.S.708f.)
und Ardigenes von Ayamea, der Schüler des Agathinus. Der Erſte,
wahrſcheinlich 30—90 v. Ehr. (Ifenfee S. 129.), zeichnet ſich vorzüglid
aus dur Elare und genaue Krankengeſchichten, welche neben ober fogar über
die Hippofratifchen geftellt werden, und höchſtens an dem Fehler lelden daß
der Schönheit des Krankheitobildes die Wahrheit der Natur biöweilen aufs
geopfert iſt. In feinen Schriften zeigt er tüchtige auf eigene Anfchauung
gegründete Kenntniffe in ter Anatomie und Phyflologie, und eine Einfachheit
der Behandlung, dur welche er fi ſehr vortbeilhaft von feinen Zeitgenofien
unterfäeidet. — Archigenes, welcher ungefähr J4—117 n. Chr. Iebte, wandte
vermöge feiner dialektiſchen Bildung In der Diagnofe der Krankheiten großen
Scharffinn an, aber er überlud auch die Diagnoſtik mit Sripfindigkelten
welche 3. B. in der Lehre vom Pulfe, vom Schmerze und vom Typus ber
Krankheiten Jahrhunderte lang unverändert nachgeſchleppt morten find.
Während ſich fo die Schulen der Aerzte in Rom allmälig auflösten,
‚gewann die äußere Organifation des ärztlihen Standes eine feftere
Form (Sprengel S. 225 ff.). Die Rangunterfiede drangen auch hier ein.
Zuerfi unter Nero wurden über die gewöhnlichen Aerzte die Archiatri, Ober⸗
ärzte, geſtellt; man unterfchled jene wieder in Archiatri palatini, die Eaifer-
lichen Leibärzte, und in Archiatri populares, vie Phyſfici oder Staatsärzte
des alten Roms. Jene gehörten zu den Erften im kaiſerlichen Hoſſtaate; fie
wurden von Abgaben befreit, mit Titeln, wie spectabilitas, beehrt, und bis⸗
weilen von den Kaifern fogar unter ihre Freunde gezähft* Bon den Staats⸗
ärzten gab es in jeber Stadt eine beſtimmte Zahl**; fie wurden von den
® Ueber die Stellung ber archiatri s. palatii ſ. Cod. Theod. VI, 16. 4. XI,
18, 1. XII, 3, 12. 14. 16. 18 f. Sie hatten den Rang von comites primi ober
secandi ordinis, ib. 17. 18. [W.T.)]
** Nach der Belimmung in Dig. XXVIL, 1, 6. $. 2. bekamen im Lleingren
Städten (eivitates) fünf, in größeren ſteben, in großen zehn Aerz'e Immunität.
In Rom war für jebe der 14 Negionen ein eigener Arzt beflelit, wozu noch beſon⸗
dere Aerzte für die Wefalinnen und für bie portions xysti, f. Cod. Theed. XIII,
3, 8. pr. [W.T.] .
1700 Medicinn
für die Ausähung ber Heilkunft keine Fruͤchte tragen. Er nahm die Gorput- |
cularphiloſophie zu Hilfe, und je na dem Verhältniſſe der Atome und ihrer
Poren unterfhied er (Ifenfee ©. 113.) ob die Poren conirahirt, ob fie
relaxirt, oder ob ein gemifäter Zuſtand vorhanden ſey. Die Behandlung
follte der Eontraftion und Melaration durch Mittel welche den entgegenge-
fegten Zuftand herbeiführen, dem gemiſchten Zuflande aber je nad dem Vor⸗
herrſchen der Gontraftion oder Nelaration dur die Contraria begegnen.
Die Allgemeinheit und Vagheit dieſes Schema's geflattele natürlich im Ein»
zelnen jebe beliebige Anmenbung befielben. Dem ‘Praktiker aber leuchtete
das Schema dur feine ungemeine Klarheit und Begreiflichkeit ein, und es
erklärt ſich hieraus, wie die methodiſche Schule ſich bis indo dritte Jahrhundert
n. Chr. erhalten konnte. Themiſon felbft hinterließ mehrere yrakıifhe Werke,
die wenigſtens für eine bedeutende Ausdehnung feiner Praris fpreden. Bon
feinen Nachfolgern muß namentlih Theſſalus von Tralles genannt werben,
welcher (Galen. meth. med. Lib. I. p. 35.) die Medicin nad) den Grund⸗
fägen der methodifhen Schule in ſechs Monaten vollſtändig zu lehren ver-
fprad. Einen ſpäten Glanz erhielt die Schule 110 n. Chr. dvurh Soranus
den Aelteren; die vollſtändigſte Kenntniß ihrer Grundfäge verbanfen wir
einem noch fpätern Methodiker, dem Cälius Aurelianus (Br. 11.6. 481.
Sprengel ©. 54 ff.); fein Werk zeichnet ſich dur ſcharfe Beobachtungen
und durch eine gute Zufammenftelung der Kurarten der Methodiker au.
Es laßt fich nicht läugnen, daß die methodiſche Schule dur den erften Ver⸗
fu einer wiſſenſchafilichen Begründung einfacher Indikationen die Therapie
weſentlich förderte. Auch die Anatomie erbielt während der Herrſchaft ihres
Syſtems manchfache Bereiherungen durh Marinus (oben ©. 1571. Nr.4.)
und Rufus von Epheius. — In die Zeiten der methodiſchen Schule, unge:
fähr zwiſchen 30 v. Chr. und 38 n. Chr. fällt auch Aulus Corn. Gelfus
(f. Bd. II. S. 237 f.). Er mag in der Medicin Vieles gefeben haben,
doch hat er fie wie e8 feheint nicht wirklih ausgeübt. Don feinem encyclo⸗
pädifhen Werke de artibus if nur der mediciniſche Theil erhalten und dieſe
Schrift zeichnet fh im Allgemeinen durch eine verfländige Zufammenfleflung
und Kritik gleichzeitiger und früherer mebicinifher Lehren aus. Beſonders
enthäft fle wichtige Notizen über die Chirurgie wie fle damals in Rom geübt
mwurbe. Celſus wird zwar, 3. B. von Sprengel (S. 36.), zu den Metho⸗
dikern gerechnet; aber er fleht doch gewifiermaßen als Eritiiher Compilator
außer diefer Schule; feine iſolirte Stellung gegenüber von den griech. Schul
der Medicin darf gewiß au von feiner röm. Abkunft hergeleitet werden. —
Umfaffender iſt eine andere Bompilation, welde ung C. Plinius der Aelt.
binterlaffen Hat. Trotz dem feinen Verſtande mit welchem er in feiner Hist.
Nat. die Angaben Anderer zufammengetragen und zu allgemeinen Schlüſſen
benügt hat, konnte es doch nicht fehlen daß fih in feine Compilation aus
Mangel an eigener Anfhauung mandes Widerſprechende und Unrichtige ein⸗
ſchlich. Plinius mar der erfle oder vielmehr ver einzige Naturbiftorifer
Noms; fein Verhältniß zu Ariftoteles bezeichnet am beflen den Standpunkt
der Naturwiſſenſchaft in Grieenland und Nom. Bei Arifloteled finden wir
Dnginalität der Gedanken, umfaſſende eigene Unterſuchung der Naturkörper ;
bei Plinius Compilation fremder Beobachtungen und vereinzelte Reflexionen.
Mit dem Werke des Plinius find die naturbiftorifchen Beſtrebungen des Alters
ihumd, welche das großartige Beobachtungstalent des Ariſtoteles eröffnet
hatte, abgefchloffen. — Die Medicin des Altertbums Fam zu einem ent⸗
ſprechenden Schluſſe erfi nachdem fle noch einige weitere Stufen der Entwick⸗
lung durchlaufen hatte. Zunächſt trat der atomiftifchen Lehre des Asklepiades
und ber Methodiker die bynamifche der Pneumatiker entgegen. Iene hatten
alles aus dem zufäligen Zufammentreffen der Atome abgeleitet; biste ſtellten
x
Medieinen ... 4701
bad Pneuma, das Iuftartige Lehensprineip in den Vordergrunb. Bon biefem
(Sprengel S. 9.) Hatte fhon Platon und Ariſtoteles geſprochen; die Stoiker
hatten die Lehre von demſelben weiter ausgeführt, und wir fanden aud bei
Asklepiades ein Analogom deſſelben in den feinften Grundſtoffen. Bon dem
Zuftgeifte geht alle Thätigkeit im Körper, feine Krankheit und Geſundheit
aus. Als Stifter diefer Schule, welde un’er dem Einfluſſe des ſtoiſchen
Syſftems ſtand, und auch die neuere dogmatiſche Schule heißt, wirb
Arhenäus aus Cilicien, ein bedeutender roömiſcher Art 69 n. Chr. ge
nannt (vgl. Bb. I. S. 900. Nr. 3.). Indeß erbielt fi die pneumatiſche
Schule nit lange in ihrer Meinheit; fie Hatte für ſich zu wenig praktiſch
Einleuchtendes um gegenüber der Lehre der Methodiker ſich haften zu fünnen.
Shen des Athenäus Schüler Agathinus aus Sparta (f. Br. I. ©. 227.)
wid von der einfeltigen Richtung felned Meifterd ab; er wählte von ben
Lehren ber pneumatijchen und ber übrigen Schulen dasjenige, was ihm braud-
bar ſchien, und gründete 90 n. Ehr. die eklektiſche Schule, welche auch vie
epiſynthetiſche oder hektiſche hieß (Sprengel S. 102 fi. Iſenſee ©. 128.). Die
effefriihe Schule entfprang aus der Erfhöpfung des mebicinifchen Geiſtes,
welcher fih bis jegt noch in den Schulen der Werzte geltend gemacht hatte;
fle iſt die letzte unter den ärztlichen Schulen des Altertfums; der letzte
Eklektiker war Caſſius Felix, der Jatrofophift, 130 n. Chr. (ſ. Br. I.
©. 203. Rr. 7.1. — No find zwei Männer zu nennen, welde von den
Einen zu der pneumatiiden, von ben Andern wohl befier zur eflektiichen
Säule gerechnet werden, nämlich Aretäus aus Kappadokien (Bb.I. &.708f.)
und Archigenes von Apamea, der Schüler des Agathinus. Der Erſte,
wahrſcheinlich 30—90 v. Ehr. (Ifenfee S. 129.), zeichnet ih —
aus durch klare und genaue Krankengeſchichten, welche neben ober ſogar über
die hippokratiſchen geſtellt werden, und höchſtens an dem Fehler leiden daß
der Schönheit des Krankheitöbildes die Wahrheit ver Natur bisweilen auf⸗
geopfert if. In feinen Schriften zeigt er tüchtige auf eigene Anſchauung
gegründete Renntniffe in rer Anatomie und Phyflologie, und eine Cinfachheit
der Behandlung, durch welche er fich fehr vortheilhaft von feinen Zeitgeneffen
unterſcheidet. — Archigenes, welcher ungefähr 54—117 n. Ehr. lebte, wandte
vermöge feiner dialektiſchen Bildung In der Diagnofe der Krankheiten großen
Scharffinn an, aber er überlud auch die Diagnoftif mit Stipfindigkeiten
welche 3. B. in der Lehre vom Pulfe, vom Scähmerze und vom Typus ber
Krankheiten Jahrhunderte lang unverändert nachgeſchleppt worden find.
Während ſich fo die Schulen der Aerzte in Rom allmälig auflößten,
‚gewann die Äußere Organifation des Ärztliden Standes eine feftere
Form (Sprengel S. 225 ff.). Die Rangunterſchiede drangen auch bier ein.
Zuerft unter Nero wurden über die gemöhnlichen Aerzte die Archiatri, Ober⸗
ärzte, geſtellt; man unterjchied jene wieder in Archiatri palatini, die kaiſer⸗
lichen Leibärzte, und in Archiatri populares, vie Phoflci oder Staatsärzte
des alten Roms. Iene gehörten zu den Erſten im kaiſerlichen Hofflaate; ſie
wurden von Abgaben befreit, mit Titeln, wie spectabilitas, beehrt, und bis⸗
weilen von ben Kalfern fogar unter ihre Breunde gezählt *. Bon den Staatd»
ärzten gab es in jeber Stadt eine beflimmte Zahl**; fie wurden von den
® Ueber bie Gtellung der archiatri s. palatii ſ. Cod. Theod. VI, 16, 4. XI,
18, 1. XI, 3, 12. 14. 16. 18f. Sie hatten den NRaug von comites primi ober
secundi ordinis, ib. 17. 18, [W. T.]
** Nach der Beſtimmung is Dig. XXVIL, 1, 6. 5. 2. bekamen im kleineren
Städten (civitates) fünf, in größeren ſieben, in großen zehn Aerz'e Immunität.
In Rom war für jebe der 14 Regionen ein eigener Arzt befiellt, wozu noch beſon⸗
dere Aerzte für die Veſtalinnen und für bie portions xysti, f. Cod. Theod. XJll,
3,8. pr. [W.T.] -
1704. Medimni -- Mediolänum
Die Medicin ‘des Altertum wird durch Hippokrates in zwei große
Abſchnitte getheilt. Bor ibm wurde Aberall die Mebicin ale Beheimlehre
in den Tempeln gehütet, Hippokrates machte fie als Wiſſenſchaft und Kunft
allgemein zugänglih. In der nachhippokratiſchen Zeit iſt wieder die griech.
uud röm. Periode der Medicin zu’ unterfcheiden; in jener find vie Unier-
ſuchungen mehr der wiſſenſchafilichen Seite zugemendet; in vieler erlangt
nichts Geltung was nicht zur Praxis Die nächſte Beziehung hat. Während
des Kampfes der Schulen wurben feit Hippofrates immer neue Beobachtun⸗
gen und Heilverfucde gemacht; diefe behielten, nenn fle gut angeflellt waren,
ihren Wert), unabhängig von den theoretifhen Anfihten ihrer Urheber.
Galen war es vorbehalten die Maffe ver im Alterthum aufgehäuften medi⸗
einiſchen Thatfaden zu fammeln und zu fihten, und das Geſammelte als
einen werthvollen Schaß den folgenden Jahrhunderten zu überliefern. Durch
eigene Unterſuchungen fleht Galen. ungleih höher als Plinius; dog haben
Beide diefes gemein daß fle die zwei von Hippoktates und Ariftoteles begrün⸗
beten Richtungen der Medien zu einem Abfchluffe geführt haben, über welchen
das Alterthum nicht mehr Hinausgehen Eonnte*. [ Med. Dr. O. Köstlin.]
Medimmi (lin. VI, 20, 35.), Völkerfhaft in Aeihiopien. [F.]
Medimnusn, uedıuros, war das Hauptmaß des ITrodenen bei den
Griechen, wie das Hauptmaß des Fläfflgen der Metretes war, den br Me
dimnus an Umfang um ein Drittheil übertraf (*/, ueronrei —=1 Mepimnuß).
Die im Medimnus enthaltenen Fleineren Maße des Irodenen waren: errev;
—1/, Medimn.; yuierror — !| , Med. ; yoins— 1), Med. ; Seo =! Med. ;
„win — tn Med.; vvudos— "iz Med. Während Übrigens der attifche
Medimnus 11, Metretes faßte, fo enthielt der ägyptiſche oder ptofemätiche
Mebimnus zwei attiſche Metreten oder 1'/, attiide Medimnen; wonach daß
Verhältniß des ptolemäiſchen Medimn. zum attiſchen fich berausflellt als 8:2.
Auf den attifhen GetreidesMebimnus (usdıuros orneoc) gehen 6 vömifce
Modii, oder 2 römiſche Amphorae, wenn bie Amphora hatte 3 Modios;
f. Corn. Nep. Aut. 2. Cic. Verr. III, 46! 49. Wenn man alfo das Volumen
bed Modius auf 438 Pariſer Kubikzoll annimmt, fo kann man fib aud
dad des Medimnus leicht berechnen. Vgl. Böckh, metrolog. Unterfugungen.
©. 200—204. -[A. Baumstark.] ' -
Mediolänum (MediAavor, bei den Briechen aber Häuflger ımb Bei
Btolem. flets MedsoAarıor), Name mehrerer von celtifden Stämmen ges
grünseter Städte: 1) Hauptſtadt der Infubres (Polyb. II, 17, 34. Strabo
V. p. 213.) in Gallla Eisalpina jenfeit des Padus, zwiſchen ven Flüſſen
Ticinus und Addna, von dem unter Bellovefus in Italien eingebrungenen
Schwarme der Gallier gegründet (Liv. V, 34. vgl. XXXIV, 46. Plin. TI,
17, 21.); nach Polyb. und Strabo ein offener Ort, welche Angabe aber
ſchwerlich richtig fein Tann, da tie Nömer M. als befefligtn Ort fanden
md im I. 222. v. Chr. durch Belagerung einnehmen mußten (Flor. TI, 4.
@utr. III, 6.). Unter den Nömern war M. ein flarf befefligtes Municipium
(Rat. Hist. I, 70. Inſchr. bei Orelli Nr. 3925. 3942. 3947.), nad In-
fehrifien aber auf röm. Kolonie mit dem Beinamen Aelia Augusta u. Clau-
dia (?) Augusta Felix (vgl. ®ruter p. 477, 1. Duratort p. 1067. 4.
Babreitt p. 73, 72. Orelli Nr. 4060. u. 1702.), der Mittelpunft mehrerer
Saupiftraßen (It. Ant. p. 98. 123. 127. 278. u. f.w.) und ein blühender
Sie der Künfte und Wiffenfhaften, als welcher ed ven Beinamen Neu Arhen
führte (Plin. Ep. IV, 13. Aufon. de clar. urb. V, 2. Inſchr. bei Buuter
p. 177, 4.). &8 wurde unter den fpätern Kalfern, namentl. unter Maximian,
® Ueber. die Geſchichte der Pferbeheilkunde im Alterthum f. den Art. Hippiatric
2. HR ©. 1851-1986. (WT) Gum f ppiatricn,
Meodiglänum 1708
immer mehr vergeößert und verſchoͤnert, und nit nur eine der wichtigſten
Städte des ganzen Reichs, fondern auch die gewöhnliche Reſidenz der Kaiſer
(Eutrop. IX, 27.), bis die Eroberung und Plünderung der Stadt dur bie
Hunnen unter Attila (Iornand. de reb. Get. c. 42.) die röm. Herricher be⸗
flimmte bad feftere Ravenna zu Ihrem Aufenthaltsorte zu wählen. Die au
zum Sizt eines Erzbiſchofs gemachte Stadt, welche zugleich eine der Haupt⸗
münzflätten des Reichs war (Aufon. de clar. urb. V, 6.), blieb au nad
Vernichtung des weſtröm. Reichs der Sit des Odoaker und bie Haupiſtadt
des oſtgothiſchen Reichs, fo daß file unter Theodorich d. Gr. ſelbſt Rom an
Bolkszahl und Wohlftand übertraf (Procop. B. Goth. II, 8. 21.); und
felbft nach der furchtbaren Kataſtrophe im I. 539, wo fle von Belifar ber
ſetzt, von den Burgundiern und Oſtgothen unter Vitiges erobert, theilweiſe
zerflört und alle ihre Einwohner (?) nievergemeßelt wurden (Procop. 1. 1.)
ward fie doch bald wieder bergeflellt und erholte ſich ſchnell genug, fo daß fle
unter ber Herrihaft der Longobarden wieder ein ziemlich bedeutender Ort
war (Paul. Diac. II, 15. 23. 25. IM, 35. IV, 13. 22.). Nebrigens
vgl. au Ptol. III, 1, 33. Tac. Hist. I, 70. @utrop. III, 6. IX, 11. 27.
Juſtin. XX, 5. 19. u.f.m., über das heut. Milano oder Mailand und feine
Alterthuͤmer aber vgl. Amati Les antiquitös de la ville de Milan. Mailand
1821. S. Pirovano Milano nuovamente descritto, ebenbaf. 1822. Boß,
Guide des ötrangers & Milan et dans les environs ebend. 1817. u. A. —
2) Eine Stadt der Santoned in Aquitanien norböftlid vom Ausfluffe ber
Barumna (Strabo IV, p. 190. Marcian. p. 47. Ptol. I,7,7. VII, 3.
Steph. By. p. 451. Ammian. XV, 11. Auſon. Epist. VIII, 3. XXIV, 78.),
an des Straße von Burdigala nah Auguflodunum (It. Ant. p. 459.);
fpäter nach dem DBolfe, Santones genannt und daher jegt Sainted (mit röm.
‚Ruinen und Alterth.; vgl. Milin Voy. en France T. IV, p. 672. Volk⸗
mann’ Reifen in Frankr. II, S. 59. Inſchr. hei Oreli Nr. 3694. u. bei.
Chaudrue de Crazannes Antiquites de la ville de Saintes. Paris 1820. —
3) Stadt der Bituriges Eubi; ebenfalls in Aquitanien, norböftl. von ber
vorigen an ber Straße von Avaricum nad Auguſtonemetum (Tab. Beut.),
j. Chateau Meillan im Dep. Cher. — 4) Stadt der Aulerci Eburovices im
Norden von Ballia Lugdunenſis fünlih von der Sequana an ber Straße von
Motomagus nah Luteria Parifiorum (Ptol. U, 8, 11. It. Ant. p. 384.
Tab. Beut. vgl. Ammian. XV, 11. 12.), in der Not. Imp. blos Civitas
Ebroicorum und daher j. Evreux (mit Ruinen; ‚vgl. Never Moͤm. sur les
ruines de Vieil-Evreux. 1827. 8. u. Bulletin des Sc. hist. T. VIII. n. 327.
T. IX. n. 124. T. XI. n. 235.). Bon dieſer Stabt warb vielleicht ber
Name auf M. in Ballia Cisalpina Übergetragen, da fi unter bem von
Belloveſus dahin geführten Schwarme von Gallien nah Liv. V, 34, 5.
auch Aulerci befanden. — 5) Stadt der Seguflani im Süden von Gallia
Lugdunenfis (nah d'Anville Not. p. 444. j. Meys, nad Bonamy in ben
Möm. de l’Acad. des Inscr. XXVNI. p. 473. das viel nörblichere Malain,
nad Ukert II, 2. ©. 466. Wrbresle u. nah Reichard Montiol.). — 6) Stabt
in Gallla Belgica, im Lande ber Ubier (?) an ver Straße von Col. Trajana
nad ol. Agrippina, blos 8 Mil. von erflerer (It. Ant. p. 375.; nad
d'Anville Not. p. 445. Mayland, nach Fiedler intergerman. ©. 194. Calcar,
nach Ufert IL, 2. ©. 527. bei Weeze.) — 7) Eins Stadt im Norbweflen
Germaniend (Ptol. II, 11, 28.), die einzige dieſes celiifhen Namens im
eigentlichen Germanien, ver fih nah Mannert IH. ©. 455. (melcher fie den
Kleinen Bructerern als Haupiſtadt zuertheilt) von den Menapiern berfchreibt
die zu Gäfars Zeiten in diefer Gegend wohnten. Mannert ſucht fie an der
Grenze der Grafſch. Bentheim und Weſtfrieelands, Wilhelm und v. Lebebur
Bıucterer ı. ©. 328. zu Meteln an ber Vecht, Söfeland Stuaßen 2 ©. 28,
W. 78
%
1706 Mediäiun — Medies Aäins
zu Mönfter ; wahrfcheinlicher aber ift bie Bermuthung Ukerts III, 1. ©. 139,
daß Ptol. dieſe Stadt blos durch einen Irrtbum vom linken auf das rechte
Rheinufer verfeht, und daß keine andere als Nr. 6. darunter zu verflehen
fei. — 8) Stadt der’ Ordovices im Weſten von Britannia Romana (Ptol.
H, 3, 18.), an der Straße von Deva nad Londinium (It. Unt. p. 469.
482.), etwa beim Dorfe Ternhill, 1 9. M. weſtlich von Drayten, am Bl.
ern. — 9) Stadt in Moesia Superior in der Nähe von Mediana (Cod.
Theod. 1. 8. de iur. fise. u. 1. 13. de oper. publ.). [F.]
Mediölum, Stabt ver Eeltiberer in Hiſp. Tarrac., Ptol. 11,6.58. [F.]
Mediomatxiel (Medtouerpixoi, Strabo IV. p. 193. Eäf. B. 6.
- IV, 10. Tac. Hist. I, 63. 1V, 7Of Plin. IV, 17, 31. Inſchr. bei Orelli
Nr. 3523.), oder Medimatrices (Medsouarpınss, Ptol. 11, 9, 12. Inſchr.
bei Orelli Nr- 2908.), Volk im SO. von Gallia Belgica an der Mofella,
füdlich von den Trevirern, welches früher öſtlich bis an den Rhein gereicht
hatte (Caſ. u. Strabo II. II.), aber ſchon zu Auguſts Zeiten von den Van⸗
giones, Nemetes und andern german. Stämmen von den Ufern dieſes Stromd
verdrängt worden war (vgl. Zeuß die Deutihen sc. S. 217 ff.). Seine
Hauptfladt war Diyodurum (das heut. Mes. Bol. Bo. I. ©. 1187.). [F.]
Medion, ſ. Medeon. !
Meditrina (von mederi), röm. Selfgöttin; ihr Feſt hieß Meditrinalia*.
ef. XI. p. 123. (Müller). Varr. L. L. VE, 3, 57. Hartung, Rel. d. Roͤm.
I. S 36. [Kn.
Medins (Mnöcoc) 1) Dynaſt in Lariffa in Theffalten, f. Lycophron
9). S. 1261. — 2) Des Drynthemides Sohn von Lariſſa (Arr. Ind. 18.
Strabo XI, 14. p. 530.), Vertrauter Aleranderd d. Gr. und nad Hephoͤ⸗
ſtions Tod fein Liebling. Die legten Gelage denen Alerander beimohntt
wurden von ihm gegeben. Arr. VII, 24, 4. 25. Blut. Alex. 75. vgl. de
adul. et amic. 24. p. 65. C. Athen. X, 44. p. 434. Diob. XV, 117.
Gurt. X, 4. — Nah der verläumberifchen Sage von Alexanders Vergiftung
(B>. 1. S. 352. 783.) war auch er als Liebhaber des Jollas mit in bie
Sade verwidelt. Arr. VII, 27, 8. — Später mar er Nauard bei Ant
gonus. Diod. XIX, 69. 75. 77. XX,50.74f. Plut. Demetr. 19. [K
Als Schriftfleller nennt ihn nur Strabo XI, p. 530., doch ohne näher
Angabe feines Werkes. Vgl. Voff. d. hist. gr. I, 10. p. 97. ed. Bel.
Wyttenbach zu Plut. Mor. p. 65.C., Meinefe philol. exerc. in Athen. p. 331.
R. Geier Alex. Mac. historiar. serr. p. 342 ff. Greuzer” vie hiſtor. Kunſt
d. ®r. ©. 395. ed. 2. [West.]
Der bel Lucian Macrob. 11. genannte Medius, aus melddem eine In
gabe über die Lebenszeit des Antigonad Gonatas berichtet wird, dürfte mit
dem Vorigen ibentifch feyn; vgl. Plut. Demetr. 19.
3) Medius, ftoifcher Philoſoph und Zeitgenoffe des Longinus (f. oben
&.1143f.); ein Geſpräch zreoi Tor uoolar täs Wugnc zwiſchen Beiden gehalten,
erwähnt Proclus in Platon. Polit. p. 415. aus Borphyriuß; ed mag dies wohl.
mit Longins Wivderſpruch gegen die Hoifce Lehre von der Seele (In feiner Shit
eos Wvyns) zufammenhängen; f. Ruhnken Disp. de Longin. $. XIV. g. &.
4) Ein Arzt Medius, der Oheim des Eraflftratus (f. Suidad s. Y.
Eoaoiorperos). vielleicht derfelbe ver auch bei Plin. (H. N. XX, 4, 13%.
im Inder zu XX. w. XXI.) und Galenus, hier als Medeus angeführt wid;
vgl. Fabric. Bibl. Graec. T. XIII. p. 328. d. Alt. Ausg. [B.]
Medius Adius, |. Bb. II. ©. 1178.
® 26 wurde gefeiert am 11. Oct. (ſ. Dreit Inserr. II. p. 400. 411.) u. Ihe
von dem Neugewonnenen Mofte libirt, f. Feſt. u. Barr, J. 1. u. vgl. Plin. HN. xxvil,
4, 5. ad primitias pomoram. [W.T.]
Medix tetious — Möddens 4707
Medix tuticus, oder meddix tuticus, auf Infegriften and Herculanum
und Bovianum (bei Lepflus inserr. umbr. et oscae) meddiss tiivtiks (ib.
17, 1. 20, 1. 12. 39. vgl. Orelli Inserr. 3804.), von meddix, der oöfi«
ſchen Benennung der Obrigfelt (vgl. Beh. p. 123. M.; meddix apud Oscos
nomen magistratus est), welde aud in ber Verbindung meddix degetasius
(3. B. in Nola) vorfommt (auf der tab. Abell. I. 3.: midikei deketasidi
Nuvlanüi, und auf andern nolaniſchen Inſchriften meddiss degetasiüs oder
meddiss degetasis, ib. 18, 3. 38.) und tuticus, wad Lepſius (1. 1. p. 9.)
mit urbanus erflärt, Bergk in dem Marburger Katalogen vom Sommerfem.
1844, p. IM. f.) unftreltig richtiger mit magnus ober summus, wofür er '
befonders die Analogie von Eqvus luticus anführt welches im It. Hieros.
p. 610. Weſſ. Eqvus magnus heißt, fo daß alſo medix tuticus wörtlih sum-
mus magistratus heißt, wie e3 auch von Liv. XXIII, 35, 13. XXIV, 19, 2.
XXVI, 6. mit dem Beifage daß vie Sache und der Name den Gampanern
eigentbümlih fel erflärt wird. Die Würbe erſtreckte fi$ über Frieden wie
Krieg, und Bergk 1. 1. gewinnt eine nähere Aehnlichkeit mit den röm. Coff.
dadurch Daß er nach einem Verſe des Ennius (bei Feſt. p. 123. M.): sum-
mus ibi capitur meddix, occiditur alter annimmt, es feyen zwei medices
tutici geweſen; daflelbe erhellt aus der Herculanenf. Inſchr. bei Nofin. diss.
isag. p. 38.: L. Laheo, L. Agvilius meddixtutici (äht?). [W.T.]
Medma, |. Medama.
Medmäsa (Plin. V, 29, 29.) over Medmasus (Meöuroos, Hecat.
fr. 230. aus Steph. Byz. p. 451.), doriſche Stadt in Carien zwiſchen dem
Ceramiſchen und Jaflihen Meerb. in der Nähe von Myndus. IF.) °
Medeäcus (NMeöoaxos, Strabo IV. p. 213. iv. X, 2. Plin, IH,
16, 20., auf der Tab. Peut. Meduacus), ein Fluß in Benetin (Gallia
Gisafpina), der nah Plin. I. I. dur die Bereinigung zweier Flüſſe, des
M. Maior u. Minor entflebt, und bei Edro, vem Hafen von Patavium (wel-
ches nah Strabo an ihm liegt), ins adriat. Meer fällt. Erſterer iſt die
Brenta, letzterer der Backhiglione, der fich wefll. von Porto di Chioggia in
den Lagunen mit jenem vereinigt. Bel Strabo 1.1. beißt der eben erwähnte
Hafen felbft Medoacus und auch die Tab. Peut. nennt an dem Doppelflufie
zwei gleichnamige Flecken, Meduacum Maius (mo j. der Flecken Malamocco)
u. M. Minus, 6 Mil. fürl. von jenem (nörbl. vom heut. Paläftrine). [F.]
Medohriga (Hirt. B. Alex. c. 48. Inſchr. bei Dreli Nr. 3941.),
unſtreitig identifch mit dem Mundobriga ded I. Ant. p. 420. und berjelbe
Ort befien Einw. Plin. IV, 22, 35. Medubricenses Plumbarii, eine Inſchr.
bei Orelli Nr. 162. aber Meidubrigenses nennt, eine Stadt in Lufltanien
an der Straße von Emerita nah Scalabis (j. Marvas an der Grenze von
Portugal, mit Muinen der alıen Stadt; vgl. Reſendi Ant. Lus. p. 98.
&lorez Esp. Sagr. XIII. p. 66. u. Linfs Reiſen durch Portug. III. ©. 252.).
Meicharb jedoch unterſcheldet Medobriga u. Mundobriga, u. bält letzteres das
er dg. M. nordöfil. von erſterem anſetzt, für Monbrio in Eſtremadura. [F.]
Möddens. Füuürſt der Odryſen, im I. 405 mit Alcibiades befreundet
(Diod. XIII, 105.), im I. 390 dur Thraſybuls Vermittlung mit dem bes
nachbarten Fürſten Seuthes (f. d.) audgeföhnt und mit dieſem für bas
arheniihe Interefie gewonnen. ‘Xen. H. IV, 8, 26. Diod. XIV, 94, —
Don Zen. a. a. D. wird er 'Auadonns genannt, dagegen Anab. VII, 2, 32.
Mnöoxos, ebenfo Ifocr. Phil. c. 2. f. Weflel. zu Diod. XIII, 105. Schneider
zu Zen. Anab. a. a. O. — Ein jüngerer Amadocus unterfagt nad) Demoſth.
adv. Aristoer. p. 681. um DI. 106, 3., 354 v. Chr., dem macebonifchen
Könige Philipp, ver einen Einfall in die Umgegend von Maronea unternahm
und mit Gerfobleptes ein Buͤndniß fehließen follte, fein Land zu betreten;
Ol. 108, 2., 347 v. Chr., lebt ex mit Gerfobleptes in Streit, in welchem
1708 : Made — Modallie
Phillpp ala Schiedsrichter auftritt. Schol. ed. Bekk. zu Neſch. de f. leg.
p. 259. u. Bo. I. ©. 279. [K.]
Medo&, eine vom Nil gebildete Inſel Aethlopiens mit einer Stadt
Namens Afel bei Plin. VI, 30, 35. [F.]
Medon. a) Msöor. 1) Herold im Haufe des Odyſſeus, Odyss. IV, 677.
xx, 357. — 2) Sohn des Dileus, Bruder des Ajax, Anführer der Phthier
vor Troja, von Aeneas erfchlagen, Il. 11, 727. XII, 695. XV, 832. [Kn.]
3) Sohn des Codrus, f. Br. II. ©. 475. * (Medor herrſchenb,
waltend ; Böckh Corp. Inser. II. p. 91.: nomina haec significantia inde nata
sunt quod regia nomina filiis imponi in regiis familiis solebant.) [K.]
4) Bilvhauer aus Lacedämon, Schüler des Dipoenus und Scyllis,
Bruder ded Doryclidas. Pauſ. V, 17, 2. erwähnt von ihm eine Pallas
mit Helm, Speer und Schild im Heräon zu Olympia. Da feine Lehrer um
DI. 0 Hlühten fo kann er in DI. 56—58 gefegt werden. [W.]
b) Mndor. 1) Ein Gentaur, Ovid Met. XII, 303. [Kn.]
2) Sohn des Eifus, Enkel des Temenus, König von Argos. Unter ihm
wurbe die königliche Macht fehr gefgmälert und eingeſchränkt, blieb aber noch
bei einer Reihe von Herakliden. Pauf. II, 19, 2. |. Vo. I. &. 734. Mäll.
Der. I, 156. II, 104, 1. 2te Ausg. [K.]
Medoslanium (Medosianor, Ptol. II, 11, 30.), Stadt im füpfihfien
Klima Bermaniens (einige Meilen nörblig von Wien, etwa bei Wolferkborf,
nah Krufe aber Meiffau, nah Andern Znaym oder Luna an derTaya. [F.]
Meduacum, Meduscus,, ſ. Medoacus.
Meduäna (Lucan. I, 438. [melde Stelle jedoch wahrſcheinlich unächt
iR] vgl. Theodulf. Aurelian. 11. carm. 3. IV. carm. 6. Ann. PBrudent.
Tree. ann. 844. u. Ann. Hinkm. Mem. ann. 873.), Fluß in Gallia Bel:
gica, der von N. herabkommend in den Liger fält (j. Mayenne). [F.]
Medaantam, Ort in Gallia Belgica an der Straße von Durocor⸗
torum (Rhelims) nach Eolonia Agrippina (Edin) auf der Tab. Peut., viel
leicht das heut. Moyen. [F.]
Medubricenses, ſ. Medobriga. i
medüun, Völkerſchaft Aquitaniens an der Küfte des Dceand, ſüdlich
vom Audfluffe der Garumna (Aufon. Epist. IV, 1.), alio im heut. Medoc.
Es fanden fih bei Ihnen trefflihe Auflern (Vlin. XXXII, 6, 21. Auſon.
Ep. VII, 1. 2. IX, 18. Sibon. Apoll. Ep. VIH, 12.), mie denn auf
noch heutiges Tages die Auftern von Sonlac fehr berühmt find Bol. au
Stalig. Lectt. Auson. 11, 12. u. Thuan. de vita sua 1, p. 23. [F.]
Medalli (Pln. III, 20, 24. [vgl. Maffet Mus. Ver. p. 234. und
Infor. bei Orelli Nr. 626.], bei Strabo IV, p. 185. 203. 204. in ben
Codd. MeiövAAoı, MedovAloı, MedovAn, Medordaı, bei Ptol. II, 10, 11.
Medovio:, bei Bitruv. de Arch. VIII, 3. Meduli), Völkerſchaft an ver
Dflgrenze von Gallia Narbon. und dem höchſten Kamme der Alpes Mari-
timae zwiſchen den Trieoriern, Allobrogern und Zaurinern (in den Ihälern
zwiſchen Briangon und St. Jean de Maurienne). In ihrem Lande befanden
ſich die Quellen ver Druentia (j. Durance) und Durla (j. Dorla Minor)
und ein großer See (Etrabo p. 203.), auch eine Duelle deren Waffer ven
davon Trinkenden Kröpfe zuzieben follte (Vitruv. 1. 1.). [F.]
Medullia (Liv. I, 33. 38. Plin. III, 5, 9.3 Medvirie, Gteph. Byı.
p. 452.; Medullini auf einer Infchrift bei Orelli Nr. 1535.), eine Kolonie
von Alba im Gabinerlanve, deren Gebiet Tarquintus Briecus dem römifchen
Siaate einverleibte. Gie Tag zwiſchen dem Tiber und dem Anto in ber
en nn
* gl. Pauf. VII, 2, 1. Wei. V. H. VII, 5. Nah Ihm wurde bie Röniads
00 Urchonten⸗) Familis Webontiden genauut, f. Pauf. IV, 5, 10 13, 7. [W.T.]
Medalitnus -— Mogabäsıs 4709
Nähe von Corniculum und Ameriola und iſt das Heut. St. Angelo mit
uralten Mauern (vgl. Bell Topogr. of Rome I. p. 100.). [F.) _
Medallinus, ſ. Furia gens (Bb. II. ©. 353 f.), wozu au bie
Gemahlin des Claudius, Livia Camilla Medullina gehörte, f. Suet. Claud. 26.
Medullum, Ort in Binvelicia füol. vom Danubius, Ptol. II, 12 3. [ F.]
Meduallus (Flor. IV, 12. Orof. VI, 62.), Berg in Hiſpania Tarrae.
am Minius, vermunblih bei lad Medulas in Galicien, oder auch vie Sierra
de Mameda am Sil, fünlihd von Vonferrada in Leon. Vgl. Florez Esp.
Sagr. XV. p. 39. [E.]
Medus (6 Nidos, Strabo XVII, p. 729. Gurt. V, 4, 7.), ein Fluß
Berflens, der von ber Grenze Mediens berabfommt und fi öflih von Perfe⸗
polis in den Araxes (j. Bend Emir) ergießt, j. Pulmar, Farwar ober
Schamior. Vgl. Laffen in der Haller Enchel. Ite Set. Br. XVII. ©. 437.
und Rooſt's Karte von Iran und Turan, Münden 1839. Nah Mannert
V, 2. ©. 375. bieße er jetzt Ablhuren. Gurtius am a. O. macht übrigens
irrthümlich den Medus zum Haupt, und den Arares zum Nebenflufie. [F.]
2) f. Medeus u. Jason. — 3) Sohn tes Dionyfod und ter Alpheſibda,
. Blut. de fluv. 24. [Kn.]
Medüsa, 1) eine der Gorgonen, |. Gorgo und Perseus. — 2) Tochter
des Sıhenelus und der Nicippe, Schmefler des Euryſtheus, Apollod. II,
4,5. — 3) Tochter des Priamus, Apollod. III, 12,5. Bauf. X, 26,1. [Kn.]
Meelacas (MerAaxog), nad einer einzigen Handſchr. bei Ptol. Il, 6, 9.
ein bei den Barbulern mündender Fluß an ver Norbküfte von Hifpania Tarrac. [F.]
Megabärl (Meyaßapo:, Strabo XVII, p. 786. 819. Plin. VI, 20,
35., bei Biol. IV, 70, 30. Meyaßapdoı |vulgo Meyaßpasoı]), Voölkerſchaft
Aethiopiens weillih von Meroe, die nah Plin. 1. 1. au Adiabarae ge⸗
nannt wurde und eine Sonnenflabt (oppidum Apollinis) beſaß. Ihr Name
fdeint in dem Stamme ber Mekaberah in der Nähe von Schendy fortzuleben.
Pol. Ritters Erdkunde I. S. 663. [F.]
Megabates, 1) Better des Darius, Beloherr gegen Naxosë, f. unter
Aristagorass. — 2) nad Diodor XI, 12. Ylottenführer des XZerred, f. Me-
gabazus 2. — 3) verwaltete unter Xerxed die Statthalterſchaft Dascylium.
Xhue. I, 129. — 4) f. Megabazus. 4. [K.]
Megabäzus, 1) Seerführer des Darius J., ſ. ®b. II. S. 863. 864.
Wie nad Herod. IV, 143. über ihn Darius auf ehrende Weife fich Außerte,
fol ver König nah Herod. MI, 160. auf ähnliche, nad Plut. Apophth. p. 3.
Tauchn. und nad Euſtath. zu I. II, p. 182, 27. u. Dionyf. Perieg. 764.
auf gleihe Weile ſich über Zopyrus geäußert haben. (Staıt Meyaßalos
auch Meyaßvlos, f. Bähr zu Herov. IV, 143.) — 2) Sohn bes Megabateß,
einer der Flottenführer des Xerxes. Herod. VII, 97. Zu Diodor XI, 12.
welder einen Blottenführer des Xerxes Megabates nennt, bemerkt Wefleling:
Inter classis praefectos apud Herod. VII, 97. reperio Meyaßelor zur Me-
yaßare®, qui si idem est ac Meyaßalns Aeschyli Pers. v. 22. ut suspi-
catur Stanleius, unius literae mutatione homini et hic suum nomen reddi
poterit. — 3) von Ürtarerred I. zur Zeit da die Athener den Inarus in
egypten gegen bie Perfer unierflügten, mit Geld nad Lacedämon gefanbt
um die Veloponnefler zu einem Einfall in Uttica zu bewegen und fo den
Nüdzug der Athener aus Aegypten zu veranlaflen; der Verſuch mißlang.
Ihne. I, 109. Diod. XI, 74. — 4) der von Agefllaus geliebte, dur
Ehönheit ausgezeiänete Sohn des Verſers Spithridates. Agefil. enthielt
fi, fo lange der Jüngling um ihn war, jeder Zärtlichkeit gegen ihn, war
aber ſehr verflinnmt ald derfelbe mit feinem Vater ihn verließ. Zen. Hellen.
IV, 1, 6. 28. Agesil. 5. Plut. Ages. 11. Apophth. Lac. p. 100, 19.
Tauchn. (Bel Xen. Ages. u. Blut. Heißt er Meyaßarı.) [K.]
1710 C. Megahkocens — Megabysus
C. Megaboceons, Prätor in Sardinien und nad feiner Amtäführung
troß des Begenzeugnifles einiger Sarder mit T. Albucius wegen Bryreffungen
verurtheilt, Gic. p. Scaur. 2, 40. Auf ihn bezieht man neuerdings auch ad
Aut. 11, 7, 3. (aus dem $. 695): Megabocchus et haec sangvinaria iu-
ventus (bei. P. Clodius) inimicissima est, was man früher für eine ſcherz⸗
bafte Benennung des Pompelus hielt. Gin Meyaßaryo;, evipvzia as paun
&apsoor, Alterögenofje und Freund des jungen Grafjus (S. 1068. Nr. 31.)
wird von Plut. Crass. 23. (3. 701 d. St.) erwähnt. [W.T.]
Megabyzus, 1) einer der fleben Verſchworenen gegen den Pſeudo⸗ |
Smerdes (Herod. III, 70. 81.), Bater des Zopyrus. (Auch Meraßadıs,
f. Bähr zu Herod. III, 70. 153.) — 2) Sohn des Zopyrus, welder dem
Darius zur Wiebereroberung von Babylon verholfen (Bd. II. S. 863.).
Nah Eıef. ap. Phot. p.39. a. Bekk. wurde Zopyrus bafür mit ber Satrapie
von Babylon belohnt, fpäter aber in einem neuen Auffland der Babylonier
getödtet; Megabyzus rächte feinen Vater und nahm für Xerxes Babylon wieder
ein (Etef. am a. D.). Bei dem Zuge gegen Griechenland erhielt er den
Befehl über eine Abtbellung des Heeres (Herod. VII, 82. 121.); den ihm
ertheilten Auftrag, das delphiſche Heiligthum zu plündern führte er nicht aus
(&tef. ap. Phot. 39. b. 29.). Na feiner Rückkehr nah Aflen erfuhr er
daß feine Frau Amytis, eine Tochter bes Xerxes, ihm untreu geweſen; Zerres
machte ihr Vorwürfe und fie verſprach Befferung. Cteſ. 39. b. 35. Als der
Mörder bed Zerres, Artabanus, damit umging auch deffen Nachfolger Artas
xerxes zu tödten, theilt er dem mit feiner rau Amytis immer noch wmzus
ftiedenen Megabyıus den Plan mit und biefer veripricht eidlich feinen Bei⸗
fand, entdeckt jedoch die Sache dem bedrohten Könige; ſ. Br. I. &. 834.
Ueber feinen Kampf in Negypten und feine Empörung gegen Artarerred f.
Bd. 1. S. 839. Na feiner Ausfühnung mit Artarerres fiel er wegen eines
Vorfalls auf der Jagd in Ungnade; auf die Fürbitte feiner Schwiegermutter
Ameftris und feiner Frau Amytis behielt er das Leben, wurbe aber verbannt ;
fünf Jahre fpäter kehrte er verkleivet zurüd, Ameſtris und Amytis wirkten
ihm Verzeifung aut. Bon da an blieb er geehrt am Hofe des Königs; er
farb 76 Jahre alt. Gtef. p. 41. a. 32. — 3) Hei Xenoph. Anab. V, 3, 6.
der Tempelauffeber der Artemis in Ephefus, welchem Zenophon, ehe er mit
Ageſtlaus Afien verlief (394 v. Chr.) eine Summe Geldes zurückließ mit
dem Auftrage, daß ed, wenn er beim Xeben bliebe, ihm wieder zugeftellt,
wenn er umfäme ter Göttin gemeiht fein follte. Einen fpätern Priefter der
Artemis zu Epheſus, Megabyzus, von Antonius zum Tode veruriheilt und
begnadigt auf die Kürbitte melde die Ephefler bei der Gleopatra eingelegt
hatten, führt App. b. c. V, 9. an. vgl. Plin. H. N. XXXV, 10, 36. &0.
Nah Etrabo XIV, 1. war die allgemeine Bezeichnung der verfönittenen
Priefter der epheflihen Artemis (wahrſcheinlich gräcifirt) Meyaroßvlos. Yür
einen häßlichen Verſchnittenen fleht der Name Megab. auch bei Quint. V, 12. —
Hemſterhuys zu Lucian. Timon. c. 22. (in Sehm. Ausg. T. I. p. 419.)
meint der Gebrauch des Wortes Megab. als Appellatisbezeihinung einer hoben
(fkirchlichen) Würde könne von einem Manne dieſes Namens herrühren. ver
jene mit befonberer Auszeichnung befleivet habe. * [K.]
* Der perfifhe Name Megabyzus oder richtiger Megabazus, Herod. V, 13.
bedeutet etgmologifh der Broßarmige d. i. der Großmächtige, von dem Adj. mih,
entfprechend dem griech. ady-as, mag-nus, und den Subft. bazu, Arm, Macht, Kraft,
faneer, bähu — znyu-s. Died Subſt. findet ſich in berfeiben Bedeutung auch im
andern vperfiichen Namen, 5. B. Arta-barus, Arta-bazes b. h. der deſſen Met
geehrt, ehrenvoll ift, von arta, im Send, arsta, gesehrt. Cine wörtliche lieberfegung
von Megabazus if der griech. Beiname des Königs Artaxorzes I., naseörup, Los-
Megäcles -—— Megunenötus 17 11
Megäcles (Meya-xAjc), 1) der ſechſte ver lebenslänglichen Archonten
in Athen, f. unter Alcmaeon. — 2) nad Plut. Sol. c. 12. Archon im Jahr
des Eylonifhen Aufſtandes 612 v. Ehr. (I. Br. II. S. 818. und Bo. I.
S. 315 f. vgl. Bähr zu Herod V, 71.) und beſonders betheiligt bei ber
Ermordung der Anhänger Cylons. Ehe fle auf fein Zureden den Tempel
der Arhene verließen handen fie, erzählt Blut. am a. D., einen Faden an
die Bildjäule ver Göttin und hielten ihn beim Serabfleigen in der Hand, um
fortbauernd in Verbindung mit der Göttin zu bleiben; als aber am Tempel
der Bumeniden der Baden durch Zufall riß ließen Megacles und feine Amts⸗
genoflen fie ergreifen, als verfage die Bötsin ihnen den Schuß ; Einige murben
außerhalb des Tempels gefteinigt, die Andern an den Altären zu welchen fie
geflohen, niedergemacht. — 3) Enkcl ned Vorigen, Sohn des durch Eröfus
bereicherten Alcmäon, Gemahl der Agarifle (f. Clisthenes, Bd. II. S. 460.).
In dem Parteifampfe welcher ih während der zehnjährigen Abweſenheit des
Solon erneuerte, fand er an der Spige der Baraler oder Gemäßigten. Herod.
I, 39. Blut. Sol. 13. 29. Beim Beginne der erften Tyrannis bes Pifl-
ſtratus (560 v. Ehr.), des Hauptes der verarmten Diafrier oder Hyperakrier,
floh er mit den übrigen Alcmäoniden aus der Stadt. Plut. Sol.-30. Als
fie ſich jedoch von dem erflen Schrecken erholt Hatten Eehrten fie zurüd und
durch Verbindung mit der Partei des Lycurgus, den oligarchiſch und timo⸗
eratifch gefinnten Pebieern gelang die Bertreibung des Pifiſtratus. WE ente
landen aber zmifhen Lycurg und Megaeles Reibungen; Legterer bot dem
Piſiſtratus Ausföhnung an unter ter Bedingung daß er fi mit feiner Tochter
vermähle, Pifiſtratus milligte ein: nur kurze Zeit aber dauerte dad gute Ver⸗
nehmen, weil die Toter des Megacles fih über Piſlſtratus zu beklagen
harte. Megacles näherte fi wieder dem Lycurg, Piflfr. entfloh mit feiner
Bamilie nah GEretiia und blieb über zehn Jahre im Exil. Lieber das Ver⸗
bältnig des Megacles und Lycurg mährend dieſer Zeit iſt Nichts bekannt.
Nachdem Piflfr. zum dritten Male Herr Athens geworden war enıfloh Meg.
aus der Heimat. ©. Pisistratus. — 4) Sohn des Elifihened, Enkel des
Vorigen, mütterlicher Großvater des Alcibiades, Sieger in den yythiſchen
Spielen. Pind. Pyth. VII. Serob. VI, 131. Cr und Alcibiades, Großvater
ded berühmten Alcibiaded von väterlider Seite, murben beide zweimal in
ihrem Leben oflrafillrt. Andoc. g. Alcib. p. 156, 34. Bekk. 33. Steph. 2yf. .
g. Alcib. p. 150. Tauchn. — 5) ebenfalls Enkel von Nr. 3., Sohn de
Hippocrates, Bruder der Agarifte, ver Mutter des Beriches, Vater ded Eu»
ryptolemus, deſſen Tochter Ifodice fi mit Cimon vermählte. Blut. Cim. 4. —
6) Vertrauter des Pyrrhus, vertauſcht mit dieſem in der Schlacht von Hera⸗
clea (230 v. Ehr.) tie Rüſtung, wird aber dadurch das Ziel der römijchen
Geſchoſſe und getödtet. Plut. Pyrrh. 17. — 7) der Bruder des Dion von
Syracus, f. Bo. I. ©. 1054. [K.]
8) Schriftfleller aus unbekannter Zeit, Verfaſſer einer Schrift wegs
800607 ardpar. Athen. X, p. 419. A. [West.] .
9) Brammatifer und Peripatetifer welcher über Homer geſchrieben Hatte
und von Athenäus (XII, p. 912. E. 513. B.), Suidas, Tatianus (1. Cuſeb.
Praepar. Ev. X, 2.), fo wie in den Homerifchen Schollen (f. Zabric. Bibl.
Gr. I. p. 517. vgl. 321.) angeführt wird; f. Weftermann zu G. 3. Voß
De Hist. Graecc. p. 465. [B.
10) Architect, Pauf. VI, 19, 7., f. Antiphilus, ®v. I. ©. 552. [W.]
‚ Megaenötus (Meyaireros) aus Magnefla in Theflalien, von Curi⸗
pides in Ariſtoph. Ran. 965. als einer ber omRAmıyyoAoygunmradaı, Gug-
Gimanus, der urfpränglich nicht einen Langarmigen ober Banghänbigen, fonbern den
mit ausgedehnter, großer Macht Wegabten bezeichnen ſollte. [E. Meier.]
1712 Moguera — Hegnlopäilis
„aouontvonauneer des Aeſchylus angeführt; er war nad bem Schhl. einer
von denen welche gern Feldherrn geworden wären. [K.
Megsera, eine ber Furien, f. Furiae, Bd. I. ©. 350 f. u. Orph.
Arg. 966. Claudian. in Rufin. I, 74—84. [Kn.]
Megalartus, 1) Göttin der großen Brode; fo hieß Demeter in Sy.
rafus, Cuſtath. zu Dom. p. 265, 30. — 2) Heros In Sfolus in Boͤotien,
Athen. III, p. 109. A. X, 416.B. [Kn.]
Megalassus, Drt in Armenia Minor an ber Straße von Ricopolid
nad Sebaftia in Pontus (Tab. PBeut.); vielleicht nicht verſchieden von dem
Dagalassus des It. Ant. p. 182. 207. 213. [F.]
Megule, Inſel der Propontis nor Bitbynien, Plin. V, 32, 54. [F.)
Megalänas (Meyalsas), Polyb. IV, 87. u. a., bei Plut. Arat. 48.
Megalaeus, &eheimfchreiber des macedon. Königs Philipp III., ſ. d. [K.)
Megalemes u. Megalesia, ſ. oben ©. 1206 f.
Megalöier, f. Alcander.
Megalia (Stat. Silv. II, 2, 80.), eine kleine Infel des Mare Iyre
rhenum, Neapolis gegenüber, richtiger vielleigt Megaria, da Blin. III, 6, 12.,
ber fie zwiſchen Neapolis und Paufilypum feßt, fie Megaris nennt. Wo fjept
dad Eaftel rel Ovo. Val. Mannert IX, 1. ©. 739. [E.
Megalilse, Bolf in India intra Gangem bei Plin. VI, 20,23. [F.]
Megalophbänes, ber Schüler des Arcefllad und Lehrer bes Philo⸗
pömen; f. Suid. s. ‚v. DiAomosumr und dazu Küfter T. III. p. 607 f. Pauf.
VIN, 49, 2. Wahrſcheinlich iſt der bei Plutarh Vit. Philopoem. 1. ge
nannte Demophanes mit ihm identiſch. [B.]
Megalopölls (n MeyaAn noAıs, Polyb. I, 55, 1. IV, 7, 10. IX,
21, 2. Pauſ. VIII, 27. u. Öfter. Ptol. IH, 16, 19. Steph. on, p. 449.
vgl. Demofld. Or. de Megalop.; Meyadonoiıs, Sirabo VIN, p. 335. 385.
888. Volyb. IV, 77, 10. Pauſ. IX, 14. Liv. XXXII, 9. XLV, 28. Plin.
IV, 6,10. Sen. Qu. N. VI, 25. u. f. w.), die fpätere Hauptſtadt Arkadiens,
die jüngfte unter allen grieh. Städten, aber au sine ber bedeutendflen,
nah der flegreihen Schlacht bei Xeufıra von Epaminondas durch Vereinigung
der Bewohner von 40 (genauer 38) Fleiner und zerfireuter Flecken Arkadiens
(Strabo VIII, p. 888. Pauf. VIII, 27, 1 ff.) im Laufe dreier Jahre ge»
gründet und DI. 103, 1 oder 363 p. Chr. vollendet (vgl. Bauf. VIII, 27, 6.
mit Diod. XV, 72.). Sie lag in ber Landſchaft Mänalia an der Grenze von
Barıbäfla und unmelt der Quellen des Alpheus am BI. Selifion, der bie
Stadt In eine nördliche und ſüdliche Hälfte theilte (Mauſ. VIII, 30,2.) und
30 Stad. unterhalb derfelben in den Alpheus fiel (Bauf. ibid. 6. 1.), 20
MIN. von Tegea und 34 von Olympia (Tab. Bent.), an der Stelle wo
fdon früher das Städtchen Dreflion oder Dreflia geflanden batte (Ihuc. V,
64. Bauf. VII, 27, 3. Steph. By. p. 449.). hielt im Umfange 80 Stab.
(Bolyb. IX, 21, 2.) und zählte bei der Belagerung durch Polyſperchon
15,000 waffenfähige Einwohner, mas eine Gelammtbevölferung von 60 bis
70.000 SM. vorausſetzen läßt (Diod. XVIIL, 68. Pauf. 1. 1). Der Markt⸗
plag, in der nördlichen Hälfte auf der rechten Geite des Fluſſes gelegen (Baui.
VIII, 30, 2.), enthielt Tempel des Zeus Lyfäos (ibid.) und bed Zeus Soter
(ibid. 6. 5.), einen Altar ber großen @öttinnen, d. 6. ver Demeter und
Perſephone (Bauf. VIIE 31, 1.) u. f. w., auch bie Bilnfäule des Polybius
(id. VII, 30, 4.), der, fo wie Philopömen, bier geboren war. Auf ber
Süpdfeite des Fluffes lag das Theater, dad größte in ganz Griechenland (id.
VIII, 32, 1.), an weldes das Stadium fie, und nicht weit davon war bad
große Rathhaus (id. ibid.). Linter den übrigen Gebäuden (berem lieberrefle
Paufan. .VIH, 30 ff. fehr genau bejchreibt) IR beſonders nad die zu Ehren
Philipps. von Maced. im nördlichen Theile errichtete prachtvolle Gtoa zu er»
Megalopolitis — Megapenthes 1713
wähnen (Bauf. VII, 30, 3.). M. Hatte fi nämlich der macebon. Herr⸗
ſchaft leicht und willig unterworfen, ſchmeichelte auf ale Weife dem Philipp
und Alerander und nahm felbft die maced. Beiwaffnung an (Polyb. II, 65, 3.
IV, 69, 4.). Nah Aleranders Tode traten in DM. ITyrannen auf, deren
lebter, Lybiadeo, freiwillig feiner Hertſchaft entſagte und die Stadt dem Achäi⸗
fen Bunde zuführte (f. oben S. 1280.), wodurch das Unglück verfelden
berbeigeführt wurde. „ Sie warb nämlih nun vom König von Sparta Gleos
mened erobert, geplündert und, nachdem alle @inwohner entweder getödtet
oder vertrichen worden waren, größtentheild zerflört (Polyb. I, 55. 61 f.
64. V, 93, 2.). Philopoͤmen führte zwar nah der Schladt bei Sellafia
die Bertriebenen wieder nah M. zurüd, die Stabt erholte fih aber nie
wieder, fondern verfiel im @egentheil immer mehr und mehr, fo daß Strabo
und Pauſanias fie fon faſt ganz veröbet fanden (Strabo VIII, p. 388.
XVI, p. 738. Pauſ. VIII, 33.). Später verſchwindet ihr Name gänzlich,
obgleich ſich noch Münzen von ihr aus dem Zeitalter der Antonine vorfinden
(vgl. Raſche Lex. num. III. p. 468.). Jetzt liegt an Ihrer Stelle das Dorf
Sinano oder Sinanu, und unter ben nn Ruinen zeichnen fl nur.
no die bed Theaterd aus. (Vgl. Dobmwell II. 375. Pouqueville IV.
p. 276. V. p. 145 f. 2eafe Morea II. p. 28 fi. Boblaye Recherch. p. 167.
er Reiſe l.S.74—84. und die Pläne in der Exped. scient. I. Taf. 37.,
bei Aldenhoven Itin. de la Gr. p. 256. und Kiepert BI. 8. Die von Mo
angeſtellten Ausgrabungen Haben", nur fehr geringe Nefultate geliefert (Meife:
S. 81 f. und Arhäol. Intel. Bl. 1837. Nr. 6.). — 2) Stapt in Carien,
ſ. Aphrodisias. — 3) Stadt in Pontus, |. Sebastia. — A) carıhag. Stabt
im Innern von Byzacium fübli vom Prom. Mercurii in einer herrlichen,
trefflich angebauten Gegend, von ben Truppen des Agathokles geplündert und
zerftört (Died. Sie. XX, 8.). — 5) nah Step. Byz. p. 450. eine Stabt
Hifpaniens, von mwelder fi aber fonft nirgennd eine Spur findet, fo daß
man vermutbet es folle Hier ſtatt IBnodæg heißen Asßuns und bie unter Ar. 4.
aufgeführte Stabt gemeint fein. [F.
Megalopolitis (Meyadonolieu), 1) das Gebiet von Megapolis in
Arkadien (Bolyb. II, 51, 3. IV, 25, 4. u. f. w.). — 2) das Gebiet von
Megalopolis oder Sehaflia in Bontub- Sirabo Xi, p. 957. 559. [F.]
Megalossus, Stadt im Pontus Polemoniacus, Ptol. V, 6,10. [E.}
Megalostzata, bie Geliebte des Alcman, |. Athen. xl, p. 601. A.
(fr. 24. in Bergfs Lyrici p. 545.). [B.
Megatäla (Neyalovic, Ptol. V, 6, 10.), Ort im Bontus Pole
moniacus, vielleiht dad Magabula ber Tab. Peui. an der Straße von Ta⸗
vium nach Comana. [F.]
Megalas oder Megas, muthmaßlich Verfaſſer des Etymologicum
Magnum (Bd. III. ©. 246.). Andere gleich Unbekannte dieſes Namens ſ.
bei Fabric. Bibl. Gr. VI. p. 596. ed. Harl. So z. B. der Sicilier, nach
welchem eine Salbe (Meycqον uvoor, ſ. Suid. s. v.) benannt worden,
Megalus oder Megallus. Athen. XV, p. 690. F. [B.]
Megamöde, Tochter bed Arnäus, Gemahlin des Theſtius, Apollod.
u, 4, 10. [Kn.]
Megamödides, Sohn des Megamedes, Vater ver Pallas, Hom. hymn,
Merc. 100. [Kn.]
Mieganira, f. Alcyoneus. 3
Meganitas (Bauf. VII, 23, 5.), Heiner Fluß in Adele, welcher im
Bebiete von Aegium werlih von der Stadt ind Meer fiel
Megapenthes, 1) König von — Sohn des Prötus. Pauf. IT,
16, 3. 18, 4. Apollod. II, 4, 4. Diod. IV, 68. Rab Hygin. fab. 244.
eriälug es den Perfeus. — 2) Sohn bed Menelaus von einer atoliſchen
Banly, Keal⸗Gueyelop. IV. 108
[3
1714 | Megära
Sclavin Pieris ober Teridas. Apollod. III, 11, 1. Som. Odyss. IV, 11.
XV, 100. 103. Ra rhodiſcher Sage vertrieb er mit feinem Bruder Nico⸗
Rratus nad dem Tode des Menelaus die Helena aus Sparta, welde ſich
nah Rhodus begab. Pauſ. II, 18, 6. IM, 18, 13. — 3) Tyrann, Sohn
des Lafybes, Zur. Catapl. 8, 25. [Kn.]
Miegära (ra Miyapa, Scyl. p. 21. Bolyb. II, 43,5. XXI, 2, 17.
Strabo VIII, p. 333. 391 ff. IX, p. 411. Scymo. v Sol ff. Bol. U,
15, 21. VII, 12, 17. Steph. Byz. p. 450. Mela II, 3, 4.7. u. f. w.),
die uralte Hauptflabt der Landſchaft Megaris (ſ. d.) im äftlichften Theile der⸗
felben, 8 Stad. vom Meere (Thuc. IV,66., nicht 15 Stad. oder 2 ital. M.,
wie Spon II. S. 291. u. Mannert VII. ©. 344. mit Strabo IX, p. 411.
annehmen; vgl. Kruſe's Hellas II, 1. S. 366.), der Infel Salami! gegen-
über, 13 Mid. von Gleufls, 26 von Athen (It. Ant. p. 326., ober 210
Stab. nad Procop. B. Vand. I, 1.), und 31 von Corinth (Tab. Peut.).
Sie beſtand eigentlich aus drei Ihellen, der alten, pelaëgiſchen Burg Caria
(Kaoia, PBauf. I, 40, 5.), von Gar, dem Sohne bed Phoroneus, des Ahn-
herrn der argivifchen Peladger auf einem Hügel im NW. der fpätern Stadt
gegründet, der neuern, von Alcathous, einem Sohne bes Pelops, auf einem
etwas niebrigern, ſüdweſtlichern Hügel erbauten und nad Ihm benannten Burg
(Pauf. I, 41, 3. 42, 1. Theogn. Gnom. v. 771. Ovid Trist. I, 10, 39.),
und ber am Buße beider gelegenen eigentlihen ober untern Stadt, bie, von
der pelopibifchen Kolonie des Alcathous gegründet und von einer doriſchen
Kolonie unter Alethes und Athemenes zur Zeit des Codrus erweitert (Gonon.
Narr. 26. Pauſ. I, 39, 4. Strabo IX, p. 393. XIX, p. 693.), ſich mit
ihren Mauern an bie ver Burgen anfchloß (vgl. Pouqueville IV. p. 127.),
und vielleicht früher mit dem Namen Polichne (IloAsyrn, vgl. die von ben
Megarenfern in Homers Illas eingeihobenen Verſe bei Strabo IX, p. 393.
und Krufe's Hellas II, 1. ©. 863 ff.) bezeichnet wurde und ihren fpätem
Namen erſt feit der eben erwähnten doriſchen Beſitznahme erhielt. Die Burg
Caria nämli (deren pelasgiſche Mauern nah Wheler p. 437. zum Theil
noch vorhanden find?) enthielt nämlich das alte, berühmte usyapor ober den
Tempel der Demeter (Pauſ. I, 39, 4., deren Kultus in Megara vorzüglich
Hlühte, und von dem ſich nad @alt Travelsp. 102. u. Bouquev. IV. p. 134.
fogar jegt noch Spuren bafelbft finden), und von ihm iſt wahrfch. der Name
fpäter auf die ganze Stadt Übergegangen. (Ueberreſte deſſelben wid Gell I.
p. 16. in einigen Marmorfragmenten entvedt haben. Neber andere Spuren
der Burg Garia vgl. Glarfe VI. p. 596., fo wie der Burg bed Alcathousd
Pouqueville IV. p.127. 134.). Die eigentlide Stadt enthielt das Rathhaus
(apyeior, Xen. Hell. V, 4, 58. Pauf. I, 42, 3.) an dem zur Burg Garia
Hinanführenden Wege, einen präctigen Tempel des Dlympifchen Zeus mit
einem heiligen Haine am ſüdweſtlichen Fuße der genannten Burg (id. 1,
40, 3.), Tempel bed Dionyfos (id. I, 43. 6.), der Aphrobite (ibid.), wahrfe.
den Mittelpunkt des Treibens der berüchtigten Megarenfliden Hetären ober
der fogenannten Megar. Sphinre (Suiv. v. Mayapı, vgl. Plaut. Pers. I,
9, 57. Gic. de Div. I, 27. Bal. Mar. I, 8.), ein Gymnaſium (Banf. I,
44, 3. Lieber feine durch Inſchriften kenntlichen Reſte vgl. Spon Voyage
p. 288. Wüeler VI. p. 434. Glarfe VI. p. 594. u. Bödh Corp. Inser. Gr. 1.
p. 953.), dad Heroon bed Alcathous am Fuße der Burg befielben, welches fpäter
als Staatsarchiv benutzt wurde (Bauf. I, 43, 4.) u. f. w. In ver Vorſtadt
war das Protaneum (PBauf. I, 42, 7.). Berühmt war auch die herrliche
Waflerleitung des Ihengenes (Pauf. I, 40, 1., vgl. den Art. Megaris ©.
1718.), von ber ſich, obgleih die Türken fie zerfiört und bie Gäulen ai
ihren Mofcheen benugt haben, doch noch Spuren finden (f. ebendaſ.). M.
war auf ber Sig der Philoſophenſchule bed Cuklides (SGtrabo IX, p. 393.
Hogäen 17485
Steph. Da. 1. 1.) und es wurben bafelbfk dreierlei Arten von Spielen ge
feiert, die Dioeleifchen (Theocr. XII, 31 f. Schol. Ari. Acharn. 774.), bie
Alcathoiſchen (Pauſ. I, 43, 4.) und die Eleinen Yythiſchen (Philoſtr. vit.
Soph. 24, 3. Schol. Pind. Nem. 84.). Nachdem Die Mauern der Stadt
(don von Demetrius Poliorcetes (Diod. Gic. XX, 116. Blut. Demetr. 9.)
und dann wieder von D. Metelus zerfiört worden ivaren (Pauf. VII, 15,5.)
ſank M. immer tiefer, und zu Auguſts Seiten war: ed fon ein bekeutungss-
lofer Ort (Cic. ad Div. IV, 5. vgl. auch Strabo 1.1). Doch bob es fi
ipäter als röm. Kolonie (Plin. IV, 7, 11.) wieber eiwas, befonderd unter
Hadrian (Bauf. I, 36, 3. Inſchr. bei Clarke VI. p. 595. u. Bödh Inser.
Gr. I. p. 566.), daher fich aus den Zeiten der Antonine und der folgenden
Kaifer no viele Münzen von M. finden (vgl. Raſche Lex. num. IH.
p. 475 f.) und bie Tab. Peut. es noch als größere Stadt bezeichnet. Durch
Mari und fpäter durch die DVenetianer und Türken wurde der Iehte Meft
feiner Kunftdenfmäler vernichtet. Jetzt iſt Megara, das feinen alten Namen
behalten Hat, ein armieliges Dorf mit wenigen Ueberreſten feine einfligen
Größe, obgleich daſelbſt noch von Zeit zu Zeit Alterthümer ausgegraben
werden. Vgl. Chandler c.43. Dobwell II. p. 178. Bouqueville IV. p. 1839.
Leake North. Greece 11. p. 392 fi. Prokeſch II. ©. 343 ff. Kunftblait zum
Morgenbl. 1840. Ar. 71. Archäol. Intell. Bl. 1837. Nr. 6. ©. 45. WB
Hafen von M. galt Nisaea (Niome, Ahuc. I, 69. 93. 99. 114. Scyl.
p. 21. Strabo IX, p. 391. Bauf. I, 39, 4. 44, 4. Diod. XII, 66. Ptol.
It, 15, 6., welder Niooaı« für identiſch mit Megara nimmt. Steph. By.
p. 496. Münzen bei Mionnet II. p. 334., nah Schol. Theocr. XII, 27.
rüber Nige), ein von Nifos, dem Sohne ded Pandion, erbauter, blos in
der angegebenen Beziehung wichtiger Ort mit einer Akropolis (Hügel des
Nifos bei Pind. Pyth. IX, 160.) weſtlich vom Hafen, welder ummauert
(Thue. IV, 118.) und dur zwei 8 Stad. lange Mauern mit Megara vers
bunden war (Ihue. I, 93. Strabo 1. 3. Ariſtoph. Lys. 1172.), die aber
fpäter von den Megarenfern felbft wieber zerört wurben (Thuc. IV, 69. 99.).
Der Drt hieß au Minoa (Miyo«, Strabo 1. 1.); elgentli aber war Minoa
eine Heine, unmittelbar vor der Küfte, öſtlich vom Hafen gelegene, (und baber
von Strabo 1. 1. für eine Lanpfpige angefehene) Infel (Thuc. II, 91. IV,
67. 118. Bauf. III, 23, 11. Steph. Byz, p. 469.), die den ganzen Hafen
ſchützte und daher ein fehr wichtiger Punkt war. Sie gehörte zu der Bruppe
der fünf (Gtrabo IX, p. 393.) ober vier (Plin. IV, 12, 19.) oo⸗ Me-
Bovosadss bei Simon. Epigr. in Anthol. Gr. Jacobs. I. p. 76. . oder Me-
thurides bei Plin. 1. I. war nach Thuc. IT, 51. (vgl. IV, 77.) befeſtigt,
hatte ein Kaftel und hing durch eine Brüde mit dem Fefllande zufammen.
Die Infelgruppe, in welder dad alte Minoa nit zu verfennen if, fühst
nah Desmouceaur p. 480. (vgl. Krufe am a. DO. ©. 387.) j. den Namen
Kazouriſche Inſeln; die Ruinen von Nifäa ſelbſt aber finden ſich auf einem
Plage der |. Dodeka Ekkleſia Heißt, und auch von den langen Mauern find
noch Spuren vorhanden (Wheler VI. p. 434. Chandler c. 43. Dobwe 1.
p. 179. Glarke VI. p. 596. Pouqueville IV. p. 127. Leate ll. p. 399 f.). —
2) eine alte Stadt Giciliens im innern, wel. Theile des durch bie Vor⸗
gebirge Taurus und Ziphonia gebilveten Meerbufens (bei Virg. Aen. IH,
689. Megarus Sinus) an ber Oſtküſte nörblih von Syracufä, in ber Nähe
des Fluſſes Alabon (Diod. Eic. IV, 80., ua Strabo VIII, p. 287. am
Selinus), von Doriern aus Megara in Hellas ungefähr um DI. 18, 1 ober
708 v. Chr. an ber Stelle eines ſchon vorgefunbenen Städtchens Hybla ge»
gründet (Steph. Byz. p. 451. Meyapis 87 Zinslia nporepor "TBie, vgl.
Thuc. VI, 4. u. Strabo VI, p. 267. 269.), weshalb e3 auch Megara Hybla
und die Cinwohner Megarenses Hyblaei (Moyagpeis 'TBAwios) hießen (Strabo
4696 Medieins
dogmatiſche Säule, zu welcher außerdem Dierippos von Kos, Philiſtion
von Lokri, Ghryfipp von Knidos, Diokles von Karyſtus und Praragoras
von Kos vorzüglich gerechnet werben. (Sprengel ©. 480 ff. Ifenfee S. 67.).
Diefe Schule trug in die Medicin philoſophiſche Iheoreme und Spißfindig»
feiten hinein, erweiterte aber doch auch den Kreis ihrer Ihatfahen. So
wird von Polybus erzählt er Habe die Entwidlung des Embryo im bebrü-
teten Hühnerei zu beobachten verſucht. Go erkannte Praragoras die Puliatios
ale Charakter der Schlagadern, unterfuchte den Buls im gefunden und Eranfen
Zuſtande und beſchenkte die Humoralpathologie mit dem unglüdligen Bes
griffe der Schärfen. So hat Diokles neben andern Zweigen der Mebicin
vorzüglich die Diätetik gefördert und zuerſt über den chirurgifhen Verband
geichrieben; andere Dogmatifer haben ji zuerfl an größere Operationen ges
wagt. Diefe Schule iſt beſonders darum wichtig weil, wie man anzunehmen
berechtigt iſt (Sprengel ©. 496.), von ihren Mitgliedern ein Theil der pfeudo⸗
hijippokratiſchen Schiften herrührt.
Gegenüber den Dogmatikern, welche befonders von Platon influenzirt
waren, ſehen wir an Ariſtoteles ſich andete, empiriſchere Beſtrebungen in der
Medicin anknüpfen. In Alexandria nämlich eröfinete ſich durch die Frei⸗
gebigkeit der Ptolemäer eine Freiſtätte für die Wiſſenſchaften, welche ſchon
damals anfingen ſich aus dem ſinkenden Griechenlande wegzuziehen. Hier
wurde auch die Heilkunſt frei von den Mühen des praktiſchen Lebens in ge⸗
lehrten Studien gepflegt. Unter dem erften Btolemäer lebten zu Alerandria
die beiden größten Kenner der menſchlichen Anatomie im Alterthum, Era-
fiftratus und Herophilus (@alen. de atr. bil. p. 361. de natural.
facultat. lib. 2. p. 100. de venaesect. adv. Eras. p. 3.). Val. ®>. II.
©. 224 f. u. 1255— 1257. Sie benügten in Alerandria bie ihnen vergönnte
gelehrte Muße und die Erlaubniß menſchliche Leichname, vielleicht fogar
(Sprengel ©. 533. nad Eelfus. Iſenſee S. 84.90.) lebende Verbrecher, zu
Öffnen, um bie erſte vollſtaͤndigere Kenntniß vom Bau des menſchlichen Körpers
fih zu erwerben. So gab Herophllus die erfle methodiſche Anleitung zur
Berglieberung der ‚Leiden; ihm und dem Graflfiratuß verbanfen mir bie erſte
enauere Beichreibung des Gehirns und mehrerer Nerven, deren Yunctionen
fe richtig erfannten. In der Bauhhöhle entbedten fle ten Unterfchieb zwiſchen
Milchgefaͤſſen und Blutgefäffen, und Herophilus befchrich die Leber und das
Zungenbein befier als bis dahin geſchehen war. Diefen und andern Bes
reicherungen der Anatomie entipradh keineswegs der Standpunkt auf melden
die Phyflologie und Pathologie Beider fi befanden: fo hat Heroph. in die
Pulslehre die erſten Spitzſindigkeiten eingeführt. Ihre Therapie war rein
empiriſch, bei Crafiſtr. zu beſchränkt und einfach, bei Heroph. mit zufammen-
geſetzten Heilmitteln überladen (Ifenfee S. 85. 91.). inzelne Krankheiten
haben fle allerdings aufgeklärt und einzelne wirffame Heilmtitel zuerſt empfohlen.
An ſie ſchliest fih zunächſt Cudemus an, welcher zu gleiher Zeit fi in
Alerandria der Anatomie widmete. Vgl. Bp. II. 6. 261. Nr. 3. Die
theoretiſchen Unterſuchungen ber alexandriniſchen Werzte zeichneten fi im
Allgemeinen durch kunſtreiches Spalten ver einzelnen mediciniſchen Disciplinen
aus. Damals wurde die Chirurgie von der Übrigen Heilkunde getrennt uns
von eignen Lehrern behandelt (Walıber, Allg. Chirurgie, 2te Aufl. S. 7.);
diefe Trennung, fo wie bie raſche Ausbildung der menihl. Anatomie, mußte
in der Chirurgie weſentliche Fortſchritte hervorrufen. Wir finden bei den
alexandriniſchen Aerzten einzelne chirurgife Krankheiten, Operationen und
Apparate mit Benauigkelt, zum Theil auf eine ſehr Eleinliche Weiſe beſchrieben.
Au die Diätetit und die Pharmacie rien fi von der Mebicin los; fene
(Iienfee S. 97.) wegen der großen Anfprüche melde bie Iururidfen @in-
wohner an fle machten, biefe wegen ber zufammengefehten und mandfaltiger
2 — —
Medina Ä 1697
Arznetmittel die jeht in Mode kamen und eine eigene Bereitung verlangten,
jene fiel fehr oft Quackſalbern, viefe den frühern Rhizotomen anheim; da⸗
mals entflanben die erflen Apotheken.
So war in Alerandria die mebicinifhe Beobachtung und Erfahrung,
welcher ſich dort neue Gebiete eröffnet Hatten, nit als leitendes Princip
aufgeftellt, fonvern von trodnem Dogmatiemus erdrückt worden. Erſt von
280 v. Chr. an trat ven Dogmatikern eine eigene Schule, die empiriſche
entgegen (Sprengel S. 577 fi. vgl. oben Bd. II. S.121 f.). Herophilus,
wiewohl er eigentlih noch den Dogmatikern angehörte, mag bie erfle Idee
zu biefer Säule gefaßt haben; einer feiner Schüler, Philinus von Kos,
wurde ihr Stifter; ihre hauptfäclichen Anhänger waren Serapion von Ale»
xandria und Heraklides von Tarmt. Der Anklang melden bie empirifche
Säule fand iſt aud dem Ueberdruß an ben Theorieen der dogmat. Schule
und aus bem damals bebeutenden Einfluß des Skepticismus zu erflären.
‚ Bon den apriorifhen Spigfindigfelien wandten fi die Empiriker wieber ber
Hauptquelle aller Erfennmiß, ver Erfahrung zu. Diefe konnte nur durch
wiederholte und genaue Beobachtung aller wichtigen in bie Ginne fallenden
Umflönde erlangt werben. Die Beobachtung unterſchieden fie dann in eine
‚ folge weile durch Zufall erlangt, und eine ſolche die durch das Experiment
. hervorgerufen wird. Der Arzt urtbeilt und handelt am Krankenbett theils
nach jeiner- eignen Erfahrung theils nad den fremden, ihm überlieferten
”r
Beobachtungen. Bei biefer Anwendung früherer Erfahrungen hat aber ber
Arzt wohl dad Gemeinfame und dad Cigenthümliche der Faͤlle zu unter
fheiden und zuweilen nur na Analogie, niht nah völliger Lebereinflim-
mung ber Bäde fein Handeln zu beflimmen. Grfahrung, Veberlieferung und
Anwendung ber Analogieen hießen der Dreifuß der Empiriker. — Bei dieſen
vortreffliden Grundſätzen vernahläßigten die Empiriker nit nur alle philos
ſophiſchen Unterſuchungen Über die Natur der Krankheiten, fonbern au bie
Anatomie, als eine Wiſſenſchaſt die fi nicht mit dem Nädften, zu Ta
Legenden beſchäftige, und ebenfo die Aetiologie und Indikationenlehre fomelt
diefe nicht auf den einfachflen finnligen Wahrnehmungen berubten. Im Eins
zelnen trugen fle zur Erweiterung der Chirurgie, der Diätetif und der Ma⸗
teria mebica, vorzüglich zur Begründung eines paſſenden Bormulars Bei
—
—
(Iſenſee S. 101.). Wie wenig übrigens ihre Therapie mit ihren wiſſen⸗
ſchaftlichen Srundfägen zuſammenhing geht daraus hervor daß fle in ben
iherapeutiſchen Meihoden von Ihren Gegnern, den Dogmatikern, kaum ad»
wichen (Galen. de sect. ad eos qui introduc. p. 12.). Eo kamen damals
die abenteuerliäften Arzneimittel in Gebrauch, welche ſich naher lang in der
gelehrten Materia mebica oder wenigſtens in ber Volkomedicin erhalten.
baben; fo verorbriete Serapion Kameelhirn, Haſenherz, Schilvfrötenblut,
Krokovilefoth. — Auch gekrönte Häupter bearbeiteten damals bie Heilmittel⸗
und Biftlehre. So verfuchte befonderd Mithridates Eupator, welder
rn
!
in immerwährender Burdt vor Vergiftung lebte, ein allgemeines Begengift
zu finden, und feßte dieſes endlich aus vierundfünfzig Ingrevienzien zufammen
(Plin. H. N.XXV, 2. XXIX, 1. Galen. de antidot. I. p.'424.). Go flellte
Attalus PBhilometor, der lehtte König von Pergamus, Verſuche mit
Pflanzengiften und ihren Genmgltien an (Plut. Demetr. 20.), und Ni»
fander, welcher zur Zeit des Mitalus Iebte, beſang die Gifte und @egen-
gifte in feinen Theriaca und Alexipharmaca. Dur dieſe Beſirebungen If
die Wirkung mander Gifte zum erfien Male genauer befannt geworben.
Mit der empiriichen Schule if die Gultur der Mebichn Im eigentlichen
Griechenland abgefchloffen. Nah Hippofrates ging die Richtung ber Heil⸗
funde von dem Winen Pumtie der vernünftigen Beobadtung, melden Hippo⸗
Vauly, Real-Enchelop. IV. 107
- 4720 Mögärns — Megas
der Hauptſtadt Megara mit ihren Häfen Nisaea unb Minoa (f. ©. 1715.) blot
kleinere Städte und Flecken, nämlich Aegosthöna (Aiyoodera, Xen. Hell. V,
4,18. VI, 4, 26. Bauf.1,44,6ff. oder Alyoodsraı, Scyl. p. 15. mo jebod
Ball au Aryoodera evirt, Plin. IV, 7, 11., vermuthlich aud nicht vers
fdieben von dem Akysipovon ober Alyaıpos bei Steph. Byz. p. 33. vgl.
Kruſe's Hellas II, 1. S. 392 f.) im nördlichen Ihelle ded Landes am Fuße
des Githäron und der Grenze von Böotlen (Xen. 1. 11., nach Krufe S. 395.,
mit Vergleihung von Wheler Voy. VI. p. 473., die Ruinen bei St. Bafllie,
nad 2eafe 11. p. 405. aber richtiger bei Ghermano), Tripodiscus (’Tveno-
Sionog, Thuc. IV, 70. Steph. Byr. p. 666.; Tosnodimnos:, Pauſ. I, 43,
7. 8. Stepb. ibid.; Toirodos und Tormodiomor, Strabo IX, p. 394.), ein
Marktplatz der Megarer (Strabo 1. 1.) norbweflih von Megara, an ber
Straße von. da nah Delphi und am Geb. Geranea (j. Ruinen bei Dermeni,
Gell p. 6f. Pouqueviſle IV. p. 135. vgl. au Leake II. p. 410f.), Pegae
oder doriih Pagae (Ilnyas, Thuc. 1,93. 103. 107. u. öfter. Pauſ. I, 44, 6.7.
Blut. Pericl. 1. u. Arat. 44. Steph. Byz. p. 947. Harpoer. h. v.; Ilayaı,
abo VIII, p. 380. IX, p. 400. 409. Plin. IV, 7, 11.), ein Sandelshafen
(Schol. Thuc. I, 103. Blut. 1.1.) und Kaflel (Scyl.p. 15. Strabo p. 380.) am
Alcyon. Meere und an ber Norbfeite des Borgeb. Dimiä, unter der röm.
Herrſchaft fo bedeutend daß es feine eigenen Münzen prägte (Mionnet II. p. 335 f.),
j. ver Hafen Pſaiho mit eluigen alten Mauerrefen, Gell. p. 7. Reale II.
p. 407. Geranea (bei Pauſ. I, 44, 8. fälſchlich Eparan, bei Plin. IV,
7,11. richtig Geranea), ein Kaflell, wahrſch. an den gleiänamigen Bebirge.
(Kruſe Hellas II, 1. ©. 401. fucht es mit Gel p.7. an der Küfte bei Borto
Germano, weil Seyl. p. 15. fage: Ilnyai, zeiyog Teparan, "Apıs; allein
bei. Scylar if vielmehr fo zu leſen und zu interpungiren: IInyai reiyos,
Tsparaım anpıg oder ano [vgl. Ball p. 368.] und vom Berge Geranea
bie Rede. Leake II. S. 408. weist ihm feinen Platz im äußerfien Oſten
am Geh. Kerata bei Kundura an.) Isus (Iooce, Strabo IX, p. 405., wenu
in dieſer unftreitig verborbenen Stelle nicht vielmehr Nioa zu leſen if; vgl.
bu Theil Eclairciss. nr. 13. ®roskurd II. S. 154. u. Euſtath. zu Som.
u. 11, 508.), wie es ſcheint eine böotifhe Kolonie am Cithäron (nach Kruie
am a. D. ©. 406. das heut. Palsiohoria 4 Miglien noͤrdl. von Megara,
vgl. Wheler VI. S. 436., nad Leafe II. ©. 408. aber bei Billa im RO.
des Lande). Rhus (‘Povc, Pauſ. I, 41, 2. Put. Thes. 27.), nah Bau.
ein nicht ganz unbebeutender Ort nahe bei Megara im N. der Stadt (wahrſch.
die Ruinen 12 Min. noͤrdlich von Megara auf dem Wege von da nad) Gon-
boura, welde Sail p. 11. für Die Ueberreſte von Erneia Hält. Bel. Krufe
am a. D. ©. 405. u. 2eafe II. p. 294.). Phalycon (BaAvxor) in einer
feigenreihen Gegend bei Theophr. h. pl. II, 8, 1., ik wahrſch. derſelbe Ort
welden Plutarch Thes. 32. AAvnoy nennt und ber vermuthliä in der Nähe
der Scironiſchen Felſen Tag (viefleiht die am Cingang dieſer Zelfen von
Chandler c. 44. u. Dodwell I. p. 179. aufgefundenen Auinen, vgl. Krufe
am a. ©. ©. 408.). Phibalis (Dsßaris, Sol. Ariſtoph. Acharn. 802.)
an ber Grenze von Attika und daher von Andern ſchon zu dieſer Landſchaft
gerechnet, auch in einer an Beigen reichen Gegend. [F.
Mögärus, Sohn ded Zeus und einer ber ſithniſchen Nymphen, bie
zu Megara als Quell⸗Nymphen verehrt wurden, entrann der Deukalioniſchen
Flut, indem er dem Geſchrei der Kraniche nachſchwamm, auf die Wipfel des
Bebirges Berania. Bauf. I, 40, 1. [Kn.]
Megas, 1) der Schüler des Sophiflen Procopius und von biefem in
feinen Briefen (13. 17. 50.) erwähnt. — 2) der Ehirurg Megas ober Meges
aus Sidon, welcher öfters bei Gelfus, dann auch bei Galenus, Plinius (H.
N. XXxXU, 7, 24.) u. U. genannt wird und auch Schriftſteller geweſen zu
Magäen — Mogasihenes 1721
ſeyn ſcheint; f. Fabric. Bibl. Gr. XII. p. 928. d. Alt. Ausg. u. Sprengel
Geſch. der aurgneifunde II. ©. 35. |[B.]
Megäsa (Miyaoa), eine von Secat. fr. 305. aus Steyh. Byz. p. 491.
Eee wahrſch. im Lande der Mazyes. Vgl. Klaufen ad
.1.p 4 F.
Megastihänes, Beitgenoß bed Seleucus Nicator (Elem. Alex. strom. I,
p. 132.) und von diefem als Bejandter an den indifchen König Sandrocoıtuß
—58* (Arrian. exp. Alex. V, 6, 2. Ind. 5. Strabo II, p. 70. XV, p. 702.
Pin. hist. nat. VI, 17. Solin. polyh. 52, 3., vgl. Yuftin. XV, 4.)*. Die
während feines Aufenthalia in Indien gemochten Beobachtungen Tegie er in
einem Werke nieder welches den Titel Irdıza führte und mindeflens aus vier
Büchern beftand (Joſeph. Antig. X, 14, 1.). Diefed Werk fcheint in der
Bolgezeit eine der Hauptquellen ber Kenutniß der indiſchen Zuſtaͤnde geweſen
zu jein**; ſ. außer ben zahlreichen von Arrian. und Strabo aus demſelben
entlehnten "Stellen die Anführungen bei Athen. IV, p. 153.D. Yelianı. hist.
an. XVI, 4]. XVII, 39. Antig. hist. mir. 147. Phlegon. mir. 83. a
d. fac. in orb. Iun. 24. p. 938. C. Blin. hist. nat. VI, 19. 22. VIE, 2.
VIII. 14. Solin. polyh. 52, 27. Ueber feine Slaubmürbigfeit Außert Arrian
nur ieften einen Zweifel, wie Ind. 7., vielmehr betrachtet er ihn nebft Era⸗
tofthened (exp. Alex. V, 5, 1.) und Nearhus (Ind. 17.) ald bewährten
Zeugen; Strabo hingegen iR fehr mißtrauifch gegen feine Nachrichten und
macht ihm mehr als einmal den Vorwurf der Fabelſucht, f. bei. II, P- 70.
u. XV, p. 710 f. [ West.]
Eine Bergleihung der befonders beanftandeten Nachrichten mit dem mas
und jet aus ben indiſchen Quellen ſelbſt bekannt gemorben ift läßt den M.
feinedmeg3 als einen leichtfertigen, unzuverläßigen Babelfchreiber anfehen, da
das von ihm Erzählte aus folchen indiſchen Quellen Entnommene mit viefen
in Uebereinftimmung fh findet (vgl. Schwanbeck p. 59 ff.). Daß Mega-
ſthenes in dem attifhen Dialekt gefhrieben, unterliegt wohl kaum einem
Zweifel; auf die Form und Darflelung ſcheint er geringere Sorgfalt verwendet
zu baben, mas vieleiht den Untergang dieſer fo wichtigen Duelle zur Kunde
er alten Indiend herbeigeführt Hat (ibid. p. 25. 26.). Eine Zufammen-
ftelung der aus dem Alterthum erhaltenen Nachrichten über Megaftbened und
der Bruchſtücke feines Merkes gibt E. U. Schwanbeck im zweiten Theil
(p. 88-178.) feiner Schrift: Megasthenis Indica. Fragm. collegit, com-
mentat. et indic. adieeit. Bonnae 1846. 8. (früher der erſte Theil ohne
die Fragmente felbft, als Differtation ibid. 1845. 8.: De Megasthene rerum
Indicarum scriptore), bier auch p. 11. 12. die frühere Literatur; daraus ſ.
insbeſ. G. 3. Dofl. de Hist. Graec. p. 104 f. 113. ed. Weſt Clinton
ſasti hell. III, p. 482. St. Croix Examen critig. des anc. histor. d’Ale-
° Dop er ſchon an Alexanders Aug nach Indien Theil genommen, ift mehr als
zweifelhaft ; mit Sibprtios, dem Satrapen von Nrachofien um Olymp. 114 u. 116,
wie wir aus Diodor (XVIIL, 3. XIX, 48.) erfehen, flelt ihn Arrian Exped.. Alex.
V, 6,2.) in der Zeit zufammen, ohne jebod nähere Angaben mitzutheilen, die auch
über jene Gefandtfchaft und deren Beitperiode fehlen, weiche Schwanbeck (p. 20.) muth⸗
maßlich um Olymp. 121, 2%, oder 295 v. Chr. anzufegen geneigt iſt. .
“ In diefem Werke war (vgl. Schwanbeck p. 26 ff.) die Geographie dieſes Landes
behandelt, Ausdehnung und Brenzen zuerft richtiger ‘als biöher gefcheben war be⸗
‚ Rimmt, über bie Natur beffeiben , feine Elimatifchen Berhäftniffe, Über die Probuecte
bed Landes, feine Flüffe u.f.iw, Über die verfhiebenen Völker beffelden gehandelt,
namentlich auch war eine nähere Schiiderung der Sitten und Lebensweiſe der Indier,
bes Kaftenwefend, dann auıh bed Cultus und der GSbtterlehre mit dieſer Darftielung
verbunden, und damit wie «8 fcheint eine namhafte Lüde ausgefüllt worden, da bie
Schriftfieller vor ihm diefe Punkte nicht berührt, wohl auch nicht aus eigener We
ſchanung und Belchrung im Lande ſelbſt kennen gelernt Hatten.
IV.
1722 Megatiohos — —*X
xandre p. 733 ff. Wahl Ferteſcrels. v. Oftindien I. 181 ff. Forbiger Handb.
d. alt. Geogr. I, S. 15
Megatichos (Plin. VI, 23, 35.), Stadt auf einem Berge an ber
Grenze Aethiopiens und Aeghyplens, von den Arabern Myrson genannt; vgl.
Mannert X, 1. ©. 238. [F.
Megeda, Ort Aeihiopiens zwiſchen Syene und Meroe (Plin. VI,
29, 35.). TF.]
Megellus, ſ. Postumia gens.
Megerthis (Meyeodıs), eine blos im Stadiasm. mar. magni $. 95.
u. 96. genannte Safenflabt in ber Regio Tripolitana an der Norbfüfte Li-
—8 zwiſchen den beiden Syrten, an deren Stelle ſpäter die im It. Ant.
62 genannte, der Aniciſchen Familie gehörige Megradi Villa, 58 Mid.
toefl. von Leptis getreten zu fein ſcheint. [F.]
Meges ( Merne), Sohn des Phyleus (und ber Ktimene oder der Ti» |
mandra, GEuftath. p. 305, 15.), Enkel des Auglad, einer der Freier ber
gerne, zog ala Ynführer der Dultigier gegen Troja, Som. Il. II, 627. Strabo
p. 456. 459. Hygin. Fab. 97. [Kn.]
Megidde (Im A. T., 3.8. Joſ. 12, 21.17, 11. Richt. 1, 27. u. ſ. w.)
ober Mageddo (Mayedöw u. Mayedos, Foſeph. Ant. VII, 6. IX, 6. u. LXX.),
wahrfcheinlih auch das May5oAor des Herodot II, 159., Stadt in Baläfina
in dem gleihnamigen zur Ebene Jesreel gehörigen Befllde (2. Chr. 35, 22.)
am Bade Kivron (vgl. Richt. 5, 19. u. Nobinfons PBaläft. III. ©. 414.),
früher eine Reſidenz cananitifer Könige (Joſ. 12, 21.), fpäter, obgleich im
Stamme Iſaſchar gelegen (Sof. 17, 11.), dem Stamme Manaſſe zugetheilt
und von Salomon befefligt (1. Kön. 9, 15.). Nah Robinſon II. ©. 413 fi.
derfelbe Ort den die Römer Legio nannten (vgl. oben ©. 856.). [F.]
Megillus, 1) ein Lacedämonier, der in den Geſetzen des lite eine
der redenden Perfonen if; vgl. die Scholien zu Plato De legg. I, p. 939, 6.
d. großen Züriher Ausgabe u. Cic. De legg. I, 5, 15.; — 2) aus Korinth,
Zucian. Dialog. Mortt. I, 3. Catapl. $. 22. ; 3) M. bei Straße XV, p. 692.,
Verfaſſer einer Schrift über den eis. 4) Eines Mathematikers und Vhilo⸗
ſophen Megillus Schrift über die Zahlen (Teoi «uı dur) kennen wir aus
einer Anführung in den Theologg. Arithm. p. 18. Er wird unter den Po»
thogoreiihen Philoſophen bei Fabric. Bibl. Gr. I, p. 852. aufgezählt. TB.
Megi-ba, großer Landſe⸗ (mit mehreren Snfeln) auf Taprobane (Cey⸗
fon). Plin. VI, 22, 24. [F.
Megista (Rio. XXXVIT, 23. Plin. V, 31, 35. Meyiorn, vatrabe
XIV, p. 666. Sol. p. 39. Ptol. V, 3, 9. Sieph. Byz. p. 451
Stadiasm. mar. magni $. 216. u. 217. verſchrieben Meycoen), Fuſet vor
ber Küfte Lyeiens zwifchen Rhodus und den Chelidoniſchen Infeln, mit einer
gleihnamigen Stadt, die nach Strabo 1.1. aud Kıodarn hieß, aber zu Plin.
Zeiten fchon zu Grunde gegangen mar, und einem großen Hafen, der nad
iv. a. a. D. eine ganze Zlotte faflen konnte; j. Gaftel: Corizo oder Caſtel⸗
Roſſo mit Ruinen der alten Stadt. Vgl. Leake's Asia min. p. 184. und
Fellow's Lycia p. 189. [F.]
Megistani, Völkerſchaft in Sopbene Armenien), öfl. von Melitene,
in der Nähe des Kuphrat, bei Tac, Ann, XV, 27. [E.
Mögistins, 1) aus Acarnanien, aus dem Geſchlechte des Melamyus,
Seher der Griechen bei Ihermopylä. Herod. VII, 219. 221. 228. Bel.
Wachsmuths Hell. Alterth. I. 599. [K.]
2) Pythagorder aus Metapontum, Jamblich. Pyth. 36.
3) Ein Athener dieſes Namend kommt in einer Infhrift im Corp.
Inscır. Grr. Nr. 2536. vor. [B.]
Megisto, 1) (Meyıoro) die Garafterfehe Frau des Eleerd Timoleon,
Meglstönus — Mels 1723
deren muthiges Benehmen gegen den Tyrannen Ariftotlimus und Gpelfinn
gegen feine Familie nad feiner Ermorbung geſchildert wird von Blut. de mul.
virtut. p. 210. T. II. Tauchn. vgl. Juflin. XXVI, 1. Bauf. V, 5,1. [K:]
2) Bei den Arkadiern Name bereit AR 4 I —8— 2m. v. Aenas. [Kn.]
Miegistönus (Meyıororov;), ſ. Bd.
Megistas, %luß, f. Macestus.
Meincarire (AUmmian. XVII, 6. 10., in der Not. Imp. Maiocariri),
Ort in Meſopotamien, wefll. von Maride (ber heut. Bergfeflung Marvin),
nah Ammian. von Falten Quellen benannt. [E.]
Meiba (Meiß«), Ort in Arabia Belir bei Ptol. I, 7, 39. [F.]
Melduniam, nach einer Infchr. Hei Muratori p. 1058, 2. ein Kaſtell
ber Callaici Lucenses in Galläcia (Hiſp. Tarrac.), vielleicht das heut. Ca⸗
dones.
Maıdiysos Beoi. Außerdem » uerAtyıog Beiname des Zeus 2
(ſ. Jupiter ©. 599. 606. u. Thuc. I, 126), auch des Dionyſos, Plut. de
esu carnium, X, p. 131. Reiske u. Athen. IH. p. 78. C. (auf Naroß)
und der Tode, Orph. h. 71, 2., werben auch Beos uadıyıoı in der Mehr:
zahl angeführt, die man mit nächtlidyen Opfern fühnte, 3 B. zu Myonia
im Lande der ozoliſchen Lokrer, Pauſ. X, 38, 4. Orph. * 30. [Kn.]
Meior, f. Bd. I. ©. 594.
Meilor, zo, hellaſtiſcher Gerichtshof in Athen, Bol. VII, 121. (nad
der Emendation von Shömann d. sortit. ind. p. 38.): Msoor, Ilagapvoror,
Meilor. Ilagaßvorov d& ai Meiloros usurmean Avvias. VBgl. Iudicia
S. 369. [ West. ]
Mel (usAı), ber Honig, befien Gewinnung und Bereitung theils auf
Bacchus (Ovid. Fast. III, 736. 762.), theils auf den ſpaniſchen König
Gergoris (Jufin. XLIV, 4.) zurüdgeführt wurde. Ueber die verſchiedenen
Arten des Honig f. Pi n. H. N. X, 11—16. Die gefhägteftle war die
vom attifchen Berge Hymettus wegen ihres angenehm⸗pikanten Belgeigmades
f. Plin. XI, 15., vgl. Athen. II, p. 43 B. XIII, p, 582 F. [W.T
Meln, minder richtig in Godp. au Mella, mit feinem voAfänbigen
Namen Pomponius Mela ober au wie bei Plinius einigemal Mela Pom-
ponius (f. Inder zu Lib. III, VI, dagegen Pomponius Mela IV, VIII, X,
XIII, XXI, einfach Mela, Lib. V.) genannt, ift der Derfofler eines geograph.
Abriſſes in römiſcher Sprache, tes eiſten Werkes der Art was auf und ge⸗
kommen iſt. An einer Stelle ſeines Werkes, in der Beſchreibung Spaniens
(11, 6. fin.) nennt der Verf. den Ort feiner Geburt, aber bei der Unſicher⸗
beit des dur die Abfchreiber entflellten Textes iſt uns die genaue Beſtim⸗
mung bieled Ortes (nad Tzſchukke Diss. cap. Il, p. VIII Xingentera ober
@ingentera) erſchwert. Mit Bezug auf diefe jeine fpanifche Abkunft bat
man ihn mit dem Geſchlecht der Annder in Verbindung zu bringen gefudt,
und bald für ten dritten Sohn des Mhetor Geneca (L. Annaeus Mela),
bald für deſſen Enfel ausgeben wollen, ohne daß jebo die eine ober bie
andere Behauptung anf eine figere Weife begründet werden könnte (f. Tzichukke
cap. 1, vgl. Babric. am unten ang. Orte p. 75.). Eher wird ſich das Zeit-
alter bed Mela und die Zeit der Abfaſſung feined Werkes ermitteln Taffen,
das, insbeſondere wegen der Stelle von dem Britannifgen Triumph bes
Claudius (III, 6, A. vgl. Suet. Claud. 17), womit au die Stellen über
Abſchaffung der Druidenopfer (IH, 2, 3.) und dem nah Rom gebrachten
VPhönix (IH, 7, 10.) fi verbinden faffen, fügli unter dieſen Katfer (41 —
34 ı. Chr.) verlegt werben kann, mithin an eine fpätere Periode, von der
man theilmweife ſprach, bier nicht wohl zu denken iſt (ſ. Tzſchukke cap. II,
bef. p. XII), noch weniger aber dad Ganze für ein Product neuerer Zeit,
alfo für eine Fälſchung (f. 8.2. Schultz im Rhein. Muf. V, 4. S. 615 ff.)
1724 Melabrem — Mielse
gelten kann. Das Hinterlafiene Werk, deſſen in ten Handſchriften verſchieden
‘ gegebene Aufichrift jegt mit dem wahrſcheinlich den Anfangsworten der Bor-
rebe nachgebildeten Titel De situ orbis verfehen iſt (vgl. Fabric. p. 76.
Tzſchukke p. XIII.) gibt einen kurzen Abriß einer Weltbefchreibung, ein geogra-
phiſches Compendium in drei Büchern, auch volftändig noch erhalten (über
vedfällige Zmeifel ſ. Tzſchukke p. XIV.), wiewohl theilweiſe durch Abſchreiber
entiſtellt. In dieſer geographifchen Ueberficht der alten Welt folgt Mela ftete
dem Laufe der Küften; beginnend mit Africa geht er von da nach Aegypten,
Arabien, Syrien, Phönicien, Kleinaflen Über, eine kurze Skizze biefer Länder
‚mit Ungabe der Hauptorte liefernd; im ähnlicher Welfe folgen dann vie Länder
um den Pontus Eurinus, dann Griehenland und Illyrien, Italien, bie
Küſtenſtrecken von Ballen und Spanien, darauf im dritten Buch die Küften
des Oceans, in nörblicher Richtung, Germanten, Sarmatien, die Länder am
kaspiſchen Meer und am öſtlichen Deean, Indien, Perflen u. ſ. w. bis Mela
To den Punkt wieder erreicht von dem er aufgegangen war (vgl. Tzſchukke
p. XV.). Die ganze Darftelung ift nicht auf Autopfie, durch Meifen u. dal.
begründet, fondern Mela hat feinen Abriß aus den ihm zugängliden, aud
meift guten Quellen zufammengeftellt und zwar mit einer gewiſſen Kritik, die
ihm auch in Ausſcheidung fabelhafter und mytſhiſcher Nachrichten (ber nur
wenige im Ganzen fi bier finden) geleitet Hat. Eire bündige und gebrängte
Darſtellung war durch die Natur dieſes Abrifſes geboten: einzelne lebentige
Schilderungen zeigen rhetoriihe Bildung und gewähren eine angenehme Ar
wechsſlung in tem leicht einförmigen Stoffe; fehen wir daher von ver eigen-
thümlichen Anlage und Anorbnung des Ganzen, auch einzelnen falfchen An:
gaben (von denen aber vielleiht Manches auch auf Schuld der Abſchreiber
fallen kann) oder Auslaffungen ab, fowie von der in Mandem eigenthüm-
lichen Ausdrucksweiſe (1. Tzſchukke cap. VI, p. XXXIV ff.), fo werben mir
das Lob, das ein If. Voffius (ad I, 13, 3.) und Andere, indbefonvere auf
Mannert (Binlelt. in die Geograph. d. Alten S. 121 f. wo Mela „der ge:
diegenfte Beograph unter den römiſchen Schriftfiellern‘‘ Heißt) biefem Schrift:
fteller ertheilen, nit unbegründet finden. inter ben bejonderd in früherer
Zeit ſehr zahlreichen Ausgaben (5. Tzſchukke p. LX ff. u. Schweiger Sant.
dv. claff. Bibliograph. II, 1. S. 605 ff.) nennen mir hier die erfle, zu Mail.
1471. 4., dann die zu Wien 1518 von I. Vadianus, und zu Venedig (bei
Aldus) 1518. 8., mit verbeflertem Texte von EI. Binetus (zu Paris 1572. 4.
Bourbdeaur 1582. 4.; und U. Schottus (zu Antwerpen 1582. 4.); ungleid
beſſer, hinfichtlich ver Kritif mie der Erklärung, von Ji. Vofflus (Hag. Comit
1658. 4. Franecq. 1700. 8.), von Jac. Gronovine (Lugdun. Bat. 1685
1696. 8.), defien Sohn Abrah. Gronovius eine die Anmerkungen früherer Heraus⸗
geber nebft vielem Neuen enthaltende Ausgabe lieferte zu Leiden 1722. 1748.
1782.8. Kleinere Ausgaben folgten von F. Rapp (zu Hoff 1774. 8., von Br.
N. Ile zu Linz 1804. 8. Eine große Gollectirausgabe (cum. nott. critt. et
exegeticc.) mit dem Wiederaborud der Noten früherer Herausgeber lieferte @. H.
Izſchukke zu Leipzig 1807 ff. in VEL Voll. 8., davon ein kurzer Abdruck (vom.
Weichert) zu Leipzig 1809. 8. — Im Allgemeinen f. über Mela: Fabric. Bibl.
Lat. H, 8,p.75ff., Iafchuffe Diss. im erflen Bande ſ. Auegabe, Forbiger Handb.
d. alt. Geogr. 1, S.375 ff. Meine Röm. Lit. Geſch. 6.362 d. dritt. Ausg. "B.]
2) Mela (Gatull. LXVIN, 33.) oder Mella (Virg. Geo. IV, 278. u.
Serv. ad h. 1.), Fluß in Gallia Transpadana neldher Briria durchſtrömt und
in ben Ollius (j. Oglio) fällt. Er führt noch jegt den alten Namen. | F.
Meinbram (NeA«3oor), ein 6108 im Stadiasm. mar. magni $. 294.
u. 295. genannter Ort (oouos Bepıroc) an der Nordküſte von Cyprus. [F.]
Meise (Liv. XXIV, 20.) oder Meles (id. XXVII, 1.), Stadt in Sam-
nium, vielleicht das heut. Molife in der neapoi. Provinz gleiches Namens. [F.]
\
Melacna — Melampus 1725
Melnena (Melcare), 1) Borgeb. Ioniend, die Norbweflfpige der ly⸗
diichen Halbinfel over des Geb. Mimas am Sinus Hermäus oberhalb der
Stadt Pteleon, wo viele Müplfteine gebrochen wurden (Strabo XIV, p. 645.);
wahrſch. daſſelbe welches Plin. V, 29, 31. nah der Stadt Coryna Cory-
nacum Prom. nennt; noch j. Kara Burun (das ſchwarze Vorgebirge). —
2) Borgeb. Birhyniens zwiſchen den Alüffen Rhebas und Artuned (Apoll.
Rhod. 11, 651. Orph. Arg. 716. Arrian. Peripl. p. 13. Marcian. p. 69.),
welches nach Anon. Peripl. Ponti Eux. p. 2. au den Namen Kadirenpor
führte und von Btol. V, 1, 5. ſchlechtweg BiOuviug arpor genannt wird;
4. Tſchili. — 3) Die Nordweitipige ver Infel Chios der Infel Piyra gegen⸗
über (Strabo XIV, p. 645.), j. Sup St. Nicole. — 4) = Corceyra. —
5) — Cephalonis. [F.]
Melaenae (Melcıra), 1) nah Stat. Theb. XI, 619. ein Ort
Attica’8 an der Grenze von Böotien, und zwar nah Steph. By. p. 493.
(Meinureiz) ein Demos ver Phyle Antiohid. Vgl. Br. I. ©. 939. 946.
n. d. Inſchr. bei Spon IT, p. 370. Nah Krufe's Hellae 1. 1. S. 297.
vielleiht das heut. Myrrenta od. Merenda, wo Bourmont fehr alte Infhr.
gefunden bat, aus denen man jedoch den Namen des Demos nicht erficht
(vgl. Böckh. Corp. Inscr. I, 1. p. 46.). — 2) Start im Wellen von Ar⸗
cadien (im Diftrikt Heräatis) am Alyheus, norbwefll. von Buphagium und
fünöfl. von Heräa, an der Straße von da nah Megalopolis, ven aber
Raufen. ſchon zerftört fand (Baui. VIII, 3, 1. 26, 5. ſwelcher Meiarewi
ſchreibt) Steph. Byz. p. 453. Blin. IV, 6, 10.); nad Leake Morea II,
p. 66. bei Leodhoro, nad) Boblaye Rech. p. 159. aber ſüdöſtlicher bei Kaku⸗
raifa, wo fih Ruinen einer alten Stadt finden. — 3) Eine fonft unbefannte
Stadt Lyciens bei Steph. Byz. p.453., wenn ed nicht Melania (f.d.) if. [F.]
Melaenis, Beinane ver Aphrodite In Korinth (Urhen. XII, p. 598 C.)
und in Mantinea, welchen Bauf. ableitet von der fhwarzen Nat in wel«
her die Werke der Göttin verrichtet werden. Pauf. II, 2, 4. VII, 6, 2. [Kn.]
Melaliam;, f. Milolitum.
Melamblam (Meluufıor, Bolyb. XVII, 3, 6. Liv. XXXHI, 6.),
Flecken der theffalifchen Landſch. Pelaſsgiotie, zum Gebiete von Scotuſſa ges
hörig. Leake North. Greece IV, p. 473. fucht ihn an den Quellen des On⸗
cheſtus an der Stelle ded heut. Deberlani. |[F.] N
Melamphylius, 1) Berg in Ihracten bei Plin. IV, 11, 18. —
2) f. Samos. [EF.]
Melampus, 1) Schn des Amythaon (vgl. Birg. Georg. III, 950.)
und der Eivomene (nad Divd. IV, 68. der Aglaja, nah Schol. Theder
111, 43 der Rhodope), wohnte bei Pylos auf dem Rande. Im einer vor
feiner Wohnung ſtehenden Eike war ein Shlangenneft: die alten Schlan⸗
gen wurden von den Dieneın getöbtet und von Melampus verbrannt, die
jungen aber zog er auf. Nachdem dirfe erwachſen waren umflellten fie ihn
von beiden Seiten als er ſchlief und reinigten feine Ohren mit ihren Zun⸗
gen, fo daß er nad feinem Erwachen die Stin.men der Vögel verfland und
durch ihre Belehrung den Menfhen die Zukunft vorher verkünden konnte;
dazu befanı er noch die Opferweiffagefunft und murbe in Kolge einer Zuſam⸗
menkunft mit Apollo am Alrheios der autgezeichnetfle Seher. Apollod. I,
9, 11. As Seher kennt ihn Homer Od. XV, 221 ff. vgl. mit IX, 291.,
welcher tie von Apollod 1, 9, 12. u. Euft. zur Od. p. 1685. ausführlid
erzählte Entführung der Minder des Iphiclos Furz berührt. Biat, ded Mes
lampus Bruder, warb um die Pero, Tochter des Neleus: dieſer aber erklärte,
er werde feine Tochter temjenigen geben ter ihm die Rinder des Iphicloß,
welde zu Phylake in Theſſalien fireng bewacht wurden, bringen würde. Auf
Bitten ded Bias verſprach M. fie zu Holen, fagte aber voraus daß er beim
1726 . Melampas
Diebſtahl ertappt und fie nad einjähriger Binferferung befommen werde.
Wirklich wurde er beim Verſuche feflgenommen und erhielt in dem Kleinen
Haufe worin er eingefpesrt wurbe einen Dann und eine Brau zur Bedie⸗
nung. Der Mann behandelte ihn freundlich, die Frau unfreundlid. Nach⸗
dem beinahe ein Jahr abgelaufen war hörte er von den Holzwürmern, deren
Stimme er verftand, daß fie den Balken durchfreſſen haben. Er flellte fich
daber Trank und befahl feinen Dienern, ihn fo Hinauszutragen daß ber Mann
fein Lager oben, das Welb unten nehme. Kaum war ber Dann mit dem
Mehrtheil des Lagers draußen fo brach der Balken und erſchlug die Frau.
Doylafos Ternte dadurch die Sehergabe des M. Eennen und verfpradh ihn
von feinen Banden zu löſen, wenn er ihm fage, wie fein Einderlofer Sohn,
Iphiklos, Kinder befommen könne. M. ſchlachtete nun von ber Heerbe zwei
Ochſen, zerlegte fle in Stüde und rief bie Vögel herbei. Ein Geier der
herankam fagte ihm, daß einft Phylakos, als er Widder verfchnitt, das noch
blutige Mefter neben ven Iphiklos gelegt und, als der Knabe fi fürdhtete
und floh, in vie heilige Eiche geftecdt Habe, wo es von der Rinde über:
wachſen wurde. Darauf rietb M., man folle dad Meffer herausnehmen, den
oft davon abſchaben und dem Iphiklos zehn Tage zu trinken geben, fo
werde er geheilt werden. Zum Lohn für die gelungene Eur erhielt er vie
Minder, bie er nah Pylos trieb und dem Neleus ala Freiergabe für feinen
Bruder Bias darbrachte. Hierauf wohnte er einige Zeit in Meffene, Apollod.
I, 9, 12.; als aber die Weiber in Argos, befonders die Töchter des Vroetos,
in Raſerei verfegt waren, wie Hefiod bei Apollod. II, 2, 2. und Diob. IV,
. 68. fagen, well-fle fih dem Dionyfosdienfle widerfeßten, oder nad Acufilaos
u. Serv. ad Virg. Ecl. VI, 48. wegen Entweihung der Bildſäule der Here,
fo erbot fh M., fie zu heilen wenn ihm der dritte Theil des Reiches ge»
geben würde. Als ſich Proetos dazu nicht verftehen wollte griff die Raſerei
immer weiter um ſich, fo daß vie Weiber ihre eigenen Kinder zerrißen und
in die Einöde rannten. M. verlangte nun-aud für feinen Bruber Bias ein
Driteheil des Landes (Herod. IX, 34.), und als ihm dieß zugeflanden war
verfolgte er die Frauen mit einer Schaar ber Eräftigften Sünglinge unter
bacchiſchem Laͤrm bis nach Sicyon. Die älteſte der Prötiden, Ipbince, Fark
während ber Berfolgung, die Übrigen, Lyfippe und Ipbianaffa, heilte er
durch Sprüde, Kräuter und Reinigungen, Ovid Met. XV, 328. Schol.
Pind. Nem. IX, 30.; bei einer Duelle Anigros, Strabe VIII, p. 346.;
oder im Tempel der Artemis Husonoi« in Luſoi in Arkadien, Pauſ. VII,
18, 8., oder in Eicyon Pauſ. II, 7, 8.; oder auf dem Berge Akroi in Ar:
golis, wo er einen Tempel der Artemis errichtete, Heſych. f. v. axporyei.
Die Handlung ift auf einem Vaſengemälde bei Dillingen Peint. de vases
pl. 52., DO. Müller Denkm. d. alt. Kunft, Taf. II, 11. dargeftellt. Hier⸗
auf hetrathete er eine der Prötiden, Ipbianaffa (nad) Diod. IV, 68. Iphtaneira,
nad Serv. a. a. DO. Byrianaffa) und herrſchte in dem ihm zugefallenen Theil
von Argos neben feinem Bruder Bias. Diefe ausführlichen Nachrichten
verdanken wir vorzüglih dem Apollobor, ber die dem Seflob zugefchriebene
Melampodie (f. Bd. II. ©. 1274.), den Acuſilaos und, wie wir aus bem
Schol. zur Od. XI, 289. erſehen, das flehte Buch des Vherekydes (I. Fragm.
Histor. Gr. ed. Müller p. 89.) benügte. Zu Aegoſthena in Megaris Hatte
er ein Heiligthum mit einer Bildfäule, wo Ihm ein jährlides Feſt gefeiert
wurde, Bauf. I, 44, 5. Nach Apollod. I, 9, 13. hatte M. nur einen
Sohn, Abas; dagegen gibt uns Homer Od. XV, 242 ff. die Lifte des Seher⸗
geſchlechted das von ihm enifproß. Seine Söhne waren Antiphated und
Mantios; Antiphates zeugte den Difles, Difled den Amphiaraos; Mantios
zeugte den Polypheides und Kleitos; Letzteren raubte die Eo8 wegen feiner
Schoͤnheit, den Polypheides aber machte Apollon zu dem beſten Seher nad
Melampus 1727
bes Amphiaraos Tod. Nach dem Biöherigen war M. der alteſte arts und
xadagrns (uarııg nal 179 dir papuaxorv nal nadaQunr Hepaneiar nE&Tog
SUONK@S, Apollod. II, 2, 2.) vgl. oben S. 1393. Eine bedeutendere Stellung
in der Religionsgefcichte aber wird ihm von Serod. IT, 49. angemiefen,
nach welchem er ed war der ben Namen und Dienft des Dionyfos und bie
phalliiden Aufzüge von Aegypten nah Griechenland einführte. Daher wird
er von Creuzer Symbol. IV. ©. 34. als Schwarzfüßler, d. 5. als Priefter
des ſchwarzen Gottes (Dionyfos, von Aethiopien ber) bezeichnet, in welchem
das Bacchaͤntiſche als das Weiffagerifhe und ärztlich Wunderthätige hervor⸗
trat, und Edermann (Melampus und ſein Geſchlecht, ein Cyclus mythol.
Unterfuchungen, Bött. 1840) führt bie Anflcht aus, daß M. und die Meiften
feines Geſchlechts Dionyfoßpriefler feien und von ihrem Gotte die Gabe der
Weiffagung erhalten Haben: diefer Dionyſos aber ſei zugleih der Dionyfoß
Zagreuß, der linterweltögott, wie jehon der mit der Karbe ver Trauer vermanbte
Name Melampus andeute, und ber Eultus ver chthonifchen Götter fele Die
eigentlihe Wurzel der hieher gehörigen Sagen: diejenigen Mythen aber
welche den M. und fein Geſchlecht mit Apollon in Verbindung ſetzen felen
fpätern Urfprungs und flammen aus einer Zeit wo ſchon alle Weiffegung
auf Apollon zurüdgeführt wurde. Allein es iſt doc augenfaͤllige Willkür
wenn das Zeugniß Homers Od. XV, 252., nach welchem vnsoduuor TloAv-
ꝙeiot œ uarıy AnoAAor One, verworfen, und dagegen auf Serobot II, 49.
eine Theorie gebaut wird melde von diefem felbft durch die Worte beſchtanti
wird: ATOERÄOG utv ov narıa gvilaßear zor Aoyor äpnse‘ AA’ oi Em-
sEFOUEYOL TOVIW Oogıorai usıLorag sbepnrar, womit er auf eine weitere Aus⸗
bildung der Gebräuche des Dionyfosdlenftes durch Orphiker over, mie Lobeck
Aglaoph. p. 1104. will, durch Pythagoreer Hindentet. „Iſt aber dieſes, ſo
wird in jener Stelle wohl faum etwas Anderes als das Öfterd vorfommende
Beftreben gefucht werben müflen, jüngeren Cultusgebräuchen durch Beziehung
auf „jegenberhmte Perſonen der Vorzeit ein höheres Anfehen nu verfaffen.” “
C. Brückner in der Zeitſchr. f. Alterthumswiſſ. 1842. S. 332.
2) Eine der Hunde Actäons, Ov. Metam. III, 206. vyg. Fab. i81.;
nah Nork im mythol. Realwörterb. Bezeichnung des dies brumalis, an wei⸗
chem der Jahrgott Hercules usAaunvyos heißt. IW.)
I) Mel. u. Alco, Söhne des Atreus, das dritte Dioskurenpaar, Ciec
N. D. III, 21, 53. — 4) Begleiter ded Herkules, Bater des Gyas, Virg.
Aen. X, 320. [Kn.]
5) Verfaſſer einer Kleinen In das Zeitalter bes Ptolemäus Philadelphus
(um 247 v. Chr.) fallenden Schrift MeAaunodog ievorpauuerews rogi naM-
uor uorunı no0og IleoAsunior Buodsa, d. i. eine Weiſſagung aus der
Vibration der Muskeln, nebſt einer andern kleinern IIeot sAnıov ToV oouerog,
d. i. eine Weiffagung aus den Del» oder Reberfleden der Haut, aus den
Malen des Körpers: auch fpriht in tem an den König Ptolemäuß gerich-
teten Vorwort der weiter nicht befannte Verfaſſer noch von andern früher
geſchriebenen und aus ben heiligen Säulen entnommenen Schriften. Dabin
gehört vielleicht bie von Artemidor ‚unter bem Namen des Melampus (Oneirocr.
111, 28.) citirte Schrift wei revaroır nes orusiwr*, vielleicht auch eine an⸗
geblich zu Wien handſchriftlich noch vorhandene Schrift über die Weiſſagung
aus den Mondphaſen (ſ. Fabr. Bibl. Graec. IV. p. 160. ed. Harl. und
daſelbſt Lambec. VII, p. 514.). Die beiven andern Schriften erſchienen zuerft
im griechifchen Terie "hinter Aeliand Varr. Hist. von Camillus Priecus zu
° D6 bie von Suid, 8. v. Melaurovs (vgl. die Anm. von Küfter, und Erenzer
Symbol. IV. ©. 678.) angeführte Schrift eg: ovaßolos davon verfchieden fei,
mag unentfchieben bleiben. [W.]
-
1728 Melampygas — Melanchras
Nom 1545. 4., dann in Sylburg's Ausgabe des Ariftoteled hinter deſſen
gvnoyrwuorne, (Francof. 1587. 4.), und bei Hieron. Cardani Metoposcopia
ed. Claud. Mart. de Laurendiere, zu Paris 1698. fol. p. 277 ff., am beften
in der Sammlung von I. G. %. Franz: Scripit. physiognomiae veteres
(Altenburg. 1780. 8.) p. 451 ff. 501 ff. ©. Fabric. 1.1. IL, p. III F.
Der Inhalt beider Schriften ift ohne befondern Werth: vie Sprache ſchlecht
und dadurch den Verdacht einer no weit fpätern Abfaffung. erregend. —
6) Berfuffer von Scholien zu dem Werke des Dionyfius Thrax (ſ. Bd. 1.
©. 1086 f.). Vgl. Babrie. 1. 1. VI, p. 307. I, p. 118. [B.)
7) Architekt aus unbeflimmter Zeit, der über die Negeln ber Symmetrie
ſchrieb. Vitruv. VIT. Praef. 6. 14. [W.]
Melsaımpfygus, |. Bd. IH. ©. 1174. 1185.
Meläna (ra uslara opr, Ptol. V, 17, 3.), das rauhe und zerflüftere
Granitgebirge in Arabia Peträa, welches durch ſein Hervortreten in den
arab. Meerb. die beiden Spigen befielben, den Heroopolited und WUelanited
Sinus bildet, und die beiden durch das U. T. berühmten Bergſpitzen, ven
Horeb (noch j. Diebel Horeb) und ten Sinat (j. Diebel Muſa, d. i. Moſes⸗
berg) enthält. Ueber jeine heutige Beſchaffenheit vgl. Niebubr's Reiſe 1.
©. 247 ff. Burckhardt Travels p. 539 ff. def. 565 ff: (oder II. ©. 872 ff. und
906 ff. der deutſchen Ueberf.), de Laborde Journey p. 228 ff. Robinſon's
Paläſt. I. S. 155 ff. u. U. — 2) Gebirge in Arabia Belir im Gebiete der
Hader, welches durch fein Hervortreten in ben perlifhen Meerb. denſelben
verengt und ven füböftlihen Theil deſſelben als Sinus Paragon vom eigent-
lichen Sinus Perficus ſcheidet (Ptol. VI, 7, 9. 12.), j. Diebel Akdar mit
feiner nordöſtl. Yortfegung bis zum Ras Muffendam. [F.]
MeAaraıyıs, Beiname 1) des Dionyfos zu Athen (Suid. v. Aru-
zovgıa. Gonon narr. 39. vgl. Br. I. ©. 592.), zu Gleuthera (Sub. v.
EAevdepos, vgl. Bauf. I, 38, 8.) und zu Sermione (Bauf. U, 39 in.);
2) der Erinnys, Aeſchyl. Sept. 700. -[W.T.
Melanchlaeni (NelayyAcıroı), ein nad feiner bunfeln Kleidung
benannted rohes (felbft Menſchenfleiſch frefiendes, Herod. IV, 107.) Bolt
des nördl. Aſiens (in Sarmalia Asiatica) von nichtſcythiſcher Abfunft, ob⸗
gleich es in feinen Sitten ven Scyihen fehr ähnlich war (Herod. 1. 1., daher
von Hecat. fr. 154. aus Steph. Byz. p. 453. als feyihiiches Volk genannı),
das nach Herodot rörbl. von den königlichen Schihen am erflen Laufe bes
Tanais (IV, 20. 21.), 20 Tagreiſen oder 4000 Stad. vom Pontus @urinus
(1V, 107.) Ichte, und nördl. von großen Sümpfen und Wüſten begrenzt
wurde (IV, 20.). Auch die Spätern gedenken feiner noch öfter und verjegen
68, da feine Wohnflge fehr unbeſtimmt waren und Völfer mit dunkler Klei⸗
dung am verſchiedenen Orten angetroffen wurden, bald bier, bald dorthin,
namentlih auch nah Colchis, und ſelbſt ind europäifhe Sarmatien. Scol.
p. 32. Mela I, 19, 14. II, 1, 13. Avien. deser. orb. 445. Blin. VI, 3, 3.
Ammian. XXXI, 5. u. A. Bol. auch Eichwalds Alte Geogr. des cadp. Meeıd
©. 306 ff. [F.]
Melanchras, in Mitylene, nad Diog. Laert. Pitt. 74. Tyrann von
Lesbos und von Pittakos im Verein mit den Brüdern des Alkäos (Kiris
und Antimenides) getödtet. Da aber Alkäos der entſchiedenſte Beind won
Pitt. if, den M. dagegen rühmt (fr. 21 Baf.: Meiayyoos aidos ugs €:
aorıy) und doch in feiner politifhen Richtung ſonſt durchaus mit feinen Tru:
dern übereinflinnmt fo ift entweder jenes anerfennende Urtheil nicht als Zeichen
der Gleichheit der politiſchen Richtung (Dligarchie) zu betrachten und nur
relativ zu verfichen (Im Vergleich etwa mir Pittafos tem niedrig Geborenen)
oder die Augabe von einer Verbindung ber Brüder (von melden Autim. ſpäter
felbR in offenen Kampf mit Pitt. gerieth, ſ. Ariſtot. Pol. II, 9.) mit Pin.
Melancömas -— Melanippe 1729
unrichtig. Au Guid. s. v. Ihrer. (vgl. Eudocia p. 862.) fagt nur von
PBitt.: MaAayyoor zor z/garrov Mırvinons areike und feht die That in
DT. 42, was vieleiht nur eine ungefähre Zeitheflimmung if da man in
jene DI. die Blütezeit des Birt. ſetzt. Bol. Welder in Jahn's Jahrbb. 1830,
XII. ©. 16f. [W.T]
Melancömas, der Name zweier ausgezeichneter Hieronlfen aus Karien,
welche In ber Kaiferzeit lebten. Der Vater hatte zu Olympia einen Sieg
gewonnen, der Sohn in den großen Pythien und zwar zur Zeit des Titus,
von welchem er fehr geliebt wurde. Dion Chryſoſt. II, or. 28. u. 29.
p. 199. 202. 2. p. 538. 540. Reiok., welcher auf den jüngern M. zwei
Lobreden geichrieben bat. Der berühmtere Ugonif if der Sohn. Er war
der ausgezeichnetſte Fauſtkaͤmpfer feiner Zeit und vermochte mit audgelegten
Armen zwei Tage lang in berfelben Stellung auszuharren ohne zu ermüben.
Er erhielt niemals von feinen Gegnern einen Schlag und beflegte biefelben
durch feine künſtliche ausharrende yaoornuwa und Ueberlegenheit in ficherer
Bewegung der Arme. Bol. Euftath. zu I. w, 1322., 29 R. welcher fi auf
denfelben Agoniften bezieht und feine Bemerkungen aus D. Chryſoſtomos und
Ariſtides geſchoͤpft Hat. M. ſtarb zu Neapolis in Italien in der Blüte feines
agoniſtiſchen Ruhmes, kurz vor der Aufführung der Sebafteien, welde zu Nea⸗
polis alänzend begangen wurden. Dion Chryſ. 1. c. vgl. Kraufe Olympia
©. 325. Gymnaflif u. Agonift. S. 510. 795. Pythien ıc. S. 95f. [Kse.]
Melandeptae (Melcröenras, Xen. Anab. VII, 2, 32. oder vielleicht
richtiger Melasdiraeı), Völkerſchaft Thraciens in den Gebirgen nordweſtlich
von Byzantium längs der Küfte des Pontus Euxinus; von Spätern nicht
mehr erwähnt. [F.
Melandia (Melaröic), nah Theopomp. bei Steph. Byz. p. 494.
ein Difrikt in Gicyonia (mo jedoch die Handſchrr. flatt LZuixvorias au
Zı8wriag haben). ]E.]
Melane, Inſel im Sinus Epheflus hei Plin. V, 31, 38. [F.]
, Mmiälänmeus, 1) Sohn ded Apollo, König der Dryoper, guter Bogen-
ſchütze; bekam von Perieres, König in Mefjenien, eine Stadt zur Wohnung
angewiefen, die er nad feiner Gemahlin Oechalia nannte. Bauf. IV, 2,2.
Antonin. Liber. 4. — 2) Bater des Amphimebon in Ithaka, Od. XXIV,
103. — 3) @in Gentaur, Dv. Met. XII, 306. vgl. III, 223. [Kn.]
Melange (Melayyn, Ptol. VII, 1, 14.), Handelsftabt der Arvarni
an der Güpfüfte von India intra Gangem zwiſchen den Mündungen der
Flüfſſe Tynna (j. Pennair) und Chaberus (j. Cavery); das heut. Madras.
Nicht mit der von Ptol. VII, 1, 92. demfelben Volke zugeföhriebenen Stabt
Malanga im Innern Lande zwifchen dem Mäfolus, over dem heut. Kiſtna,
und Tynna zu verwedfeln. [F.]
Melangia (Meloyyeiu, Pauſ. VI, 6, 2.), Bleden Arkadiens an
dem Belfenpafie Klimar auf der Straße von Argos nah Mantinea, von
weldem das Trinkwaſſer nah Mantinen geleitet war; nach Leake Morea III,
p. 53. das Heut. Pikernes mit feinen Quellen. [F.
Melangitae (Meicyyiraı), Volt im Often ron Arabia Felix am
nörblihen Abhange ver Marithi Montes, bei Btol. VI, 7, 23. [F.]
Melania (Meicrix, Strabo XIV, p. 670. u. XVI, p. 760., an wels
her letztern' Stelle fih au die Nebenform des Namens Meiaıraı findet),
ein Ort an der Küfle von Gilicien neben der Stadt Gelenveris, 1920 Stad.
von der Grenze Ciliciens gegen Syrien; etwa an ber Stelle ves Heut. Kiz-
liman. Vlelleicht iſt es derfelbe Ort welchen Steph. Byz. 453. unter dem
Namen Melaenae als eine Stadt in kycien aufführt. [F.]
Melanippe, 1) Tochter des Ghiron, Wahrfagerin (Arifl. Theem.
549.); ſchwanger von Aeolus, vor ihrem Bater fliehen, fleht fie um Ver⸗
Bauly, Real-Enchelop. IV. 109
1730 Melanippides
wandlung in ein Pferd, was Ihr Artemis gewährt und fle in biefer Gehalt
unter bie Geſtirne verfeßt. Eratoſth. Catast. 18. Vgl. Hygin. Astron. II, 18. —
2) Mutter des Aeolus (II.), ſ. d. — 3) Königin der Amazonen, Schwefer
der Hippolyta, Tauft fh um Ihr Wehrgehent von Herakles los, Diod. IV,
16. Apollon. Arg. II, 966. — 4) Tochter ded Deneus, Schwefler des Me-
leager, Anton. Lib. 2. [Kn.]
5) Meiasınnn (Stadiasm. mar. magni $. 210. 211.) ober Melanip-
pium (Meiasinmior, Secat. fr. 247. aus Steph. Byz. b 454. [mo zozog,
nicht zorauos Ileugväiiag zu leſen if] und Quint. Smym. III, 232.),
ein Flecken an der Küfte Lyciens, 30 Stad. vom Heil. Vorgeb. u. 60 Stab.
von Bagd, deſſen Hafen es nad Leake's (Asia min. p. 185.) Vermuthung
war. Fellows Lycia p. 212. fand Hier an der Bat beim Gap Ghelidonia
noch alte Selfengräber. [F.)
Melanippides. Schon Suidas unterſcheidet zwei griechiſche Lyriker
dieſes Namens, Söhne des Grito, aus der Infel Melos, einen älteren, ven
er um DI.65 oder 520 v. Chr. anfegt, und einen jüngern, den er als defien
Enkel bezeiänet und bei dem König Perdiccas (wahrfcheinli dem Bater des
Archelaus, DI. 81, 3—91, 3 oder 454—413 v. Chr. Val. Bode ©. 293.
Anm. 7.) leben und auch flerben läßt. Der ältere Melanippides war bes
ſonders als dithyrambiſcher Dichter berühmt ; er hatte nach Xenoph. Memorab.
I, 4, 3. in diefem Zweige der Poefle, in weldem er auf Lafus (f. oben
©. 795.) unmittelbar folgt, biefelbe Höhe erlangt die ein Hemer in der
epiſchen, ein Sophokles in der tragiſchen Poefie erreicht hatte; ex Hatte auf
in dem muflfaliihen Bortrag der Dithyramben eine größere Mandhfalıtigfeit
eingeführt (f. Plut. music. 30. p. 1141. C.), wiewohl daſſelbe Suidas auf
von bem jüngern meldet, welcher in der dithyrambiſchen Poefle viele Neue⸗
rungen eingeführt babe (exawvorounge rAsiozu); diefer war es wohl auf
welcher den Philoxenus loskaufte und in der Poeſie unterrichtete, In der er
bald naher feinen Lehrer faft übertraf (ſ, Suid. v. DiAoseroc). Beiden
ſchreibt Suidas dithyrambiſche Gedichte zu, dem Erflern fogar mehrere Büder
(BıBiix nAeiore), nebft epiſchen Berichten, Bpigrammen, Glegien u. And.,
dem Letztern außer den Ditbyramben blos lyriſche Gedichte; auch werben
manche Verſe noch unter dem Namen des M. angeführt, aber ohne nähere
Angabe, fo daß ed jett kaum möglich ift zu beflimmen was bem einen ober
dem andern angehört; noch weniger aber kann M. — welder von beiden «8
auch ſei — für einen dramatiſchen Didier gelten, da die Namen angeblider
Dramen und die Daraus angeführten Verſe und vielmehr auf Dithyramben führen,
denen dieſe Verſe entnommen find (f. Kayſer Hist. critic. tragicc. Graecc.
p. 9. 10.); dahin gehören Marfyas, Berfephone, die Danaiden: was Alles
Titel von dithyrambiſchen Dichtungen find; als Begner der Auletik erfcheint
er in bem Stück Mariyas, welches vielleicht mit den Zwed hatte viele Art
von Mufik, infofern fie beim Dirhyrambus angemendet warb, laͤcherlich zu
maden (f. Athen. XIV, p. 616. E.). Bei den Glegieen, welde Suidas
bem älteren M. beilegt, iſt wohl an eine Art epicebifcher oder threnetifcher
Elegie zu denken, mie denn nad Ginigen derſelbe dieſe Battung von Klag-
liedern zuerft in Hellas eingeführt haben fol; vgl. Bobe Geſch. der Helen.
Dirk. II, 1. S. 97. 265. und über die Dithyramben des Melanippides
ebenbaf. II, 2. ©. 292 ff. Burette, Mém. de l’Acad. d. Inser. T. XIX.
pr. 359. XXIII. p. 132 ff. Fabric. Bibl. Gr. IH. p. 129. ed. Harl. W. M.
Schmidt Diatrib. in Dithyramb. (Berol. 1845. 8.) p. 77 ff. Bernhardy,
griech. Lit. Geſch. II. ©. 440. 445 f. Schneidewin in der Ien. Lit.Ztg. 1845.
. Rt. 275. ©. 1100. — 3) ein heuchleriſcher Pythagoreiſcher Philoſopb Me-
lanippides, welder in einem Stüde bed Komikers Alexis vorlam; ſ.
Melauippus — Melanthius 1791
Athen. IV, p. 161.C. — 4) Melanippides von Gyrene, Pythagoreer,
Jamblich. Pytbag. 386. [B.] °
Melanippus, 1) Sohn des Agrius, hatte den Tydeus vor Theben
erſchlagen, wofür deſſen Sohn Diomedes an Ihm Blutrache nahm, Apollod.
I.8, 6. Pauſ. IX, 18, 1. — 2) Sohn des Theſeus und der Perigune, Plut.
Thes. 8. Pauſ. X, 285,7. — 3) Sohn des Ares und der Titäa, Pauſ. VII,
22,8. — 4) Sohn des Priamus, Apollod. III, 12,5. — 5) ein Jüngling zu
Paträ, welcher fich mit feiner Geliebten Comätho, Prieſterin der Artemis,
im Tempel dieſer Göttin Liebesgenuß erlaubte, wofür dieſe die Liebenden mit
dem Tode beſtrafte, das Land mit Peſt und Mißwachs heimſuchte und durch
das Delphiſche Orakel das jaͤhrliche Opfer des ſchoͤnſten Knaben und ber
tHönften Jungfrau forderte. Bauf. VII, 19, 2. — 6) Sohn des Hifetaon, vor
Troja erſchlagen, I. XV, 546f. 576. [Kn]
7) Sohn des Aſtakos, Thebaner, Aeſchyl. Sept. 409. Apollod. III,
6, 8. Er Hatte zu Sikyon ein Helligtfum, Heron. V, 67. — 8) aus
Rhodos, Zen. Hell. VI, 2, 35. — 9) Freund des Alläos, Herod. V, 95.
Bergk Lyr. p. 577, 32, [W.T.]
Melano, Infel de8 Sinus Ceramicus vor der Küſte Gartens bei Plin.
v, 31, 36. [F.)
Melanogaetüli (Melavoyamovioı, Btol. IV, 6, 16. Agathem.
II, 3.), eine durch Vermiſchung der @ätuli mit Ihren ſüdlichen Nachbarn,
den Nigritä, entflandene Völkerſchaft im ſuͤdlichſten Striche der Landſchaft
Bätulia, im Innern 2ybien, öͤſtlich bis zum Geb. Uſargala bin. [F.]
Melanopus, Name des Baterd und des Sohnes von Ladies, ſ. d.
Melänos (Miloros, Strabo XII, p. 576.), Landipige Myſiens an
der Propontis und ber Halbinfel von Eyzicus, bei welcher man auf der Fahrt
von Eyzicus nah Priapus vorbeiſchiffte [F.]
Melantas, ein Wolfer, Bater des Iheophraft, Diog. Laert. V, 36.
Vgl. au) Corp. Inscr. Gr. 2698.b. [B.
Melantes, 1) ®egner des Demofthenes, Dem. 18. p. 249. Bell. —
2) Sohn des Leo, wird von Theophraft in feinem Teſtament mit ala Erbe
eingefeßt, Diog. Laert. V, 51. [B.
Melanthöa, Tochter des Alpheus, von Poſeidon Mutter der Irene,
Blut. Q. Gr. 19. [Kn.]
Melanthil Scopuli (Melardıos omoneioi, Strabo XIV, p. 636.
Stadiasm. mar. magni $. 252. 270.) oder Melantii (MeAarzıoı, Scyl.,
Ayollon. IV, 1707. c. Schol., Melantia saxa bei PBlin. VI,4.), Klippen
ed Aegaiſchen Meeres zwiſchen Icarta und Myconus (nad dem Schol. Apoll.
1.1. fälſchlich in der Nähe von Thera, vgl. Gail ad Stadiasm. 8 569.). [EF.]
Melanthius, 1) Sohn des Dolios, Ziegenhirt ded Odyſſeus, von
dem er für feinen Anſchluß an bie Freier mit graufamem Tode beftraft wurbe,
Od. XVII, 212 ff. XXI, 176. XXI, 474 ff. Ovid Her. I, 95. Athen. XII,
p. 949: A. [Kn.]
2) Anführer der 20 Schiffe welche von ben Athenern dem Ariſtagoras von
Milet zu Hilfe gefandt wurden. Herod. V, 97. — 3) ein Athener, als verraͤtheriſcher
Oligarch aus der Zeit der Vierhundert genannt. Xen. Hell. II, 3,46. [K.]
4) von Suidas, ter bier den Scholien zu Ariftophanes (Pac. 803. Eqq.
401.) offenbar folgt, zufammengeftellt mit Morfimus, den er den Sohn bed
Philocles nennt, und der nad denfelben Scholien der Bruber bed Melanthius
war und wie biefer in ber tragiichen Poeſie, obwohl mit wenig Glück und
Beifall, fich verfuchte. Mel. war wegen feiner Schlemmerel Gegenſtand wieder⸗
holter Angriffe der komiſchen Dichter Athene, unter melden Archippus in
feiner Komödie „die Fiſche“ ihn ala einen Solchen bezeiäänet hatte der von
den Fiſchen gefreffen zu werben verdiene (Athen. VII, p. 943. C.); nit
1702 Melanikius
anders hatte Ariſtophanes (Pac. 805. vgl. Av. 151.) ihn ſammt feinem |
Bruder dargeftellt, beide ala Borgonen, Harpyen u. |. w. bezeichnet; ebenfo
GEupolis in feinen KoAense (ſ. Suidas und die Scholien I. 1.), Pherecrates,
Leucon (f. Athen. VII, p. 343. C.); von biefer feiner Schlemmerei find und
noch einzelne Züge aufbewahrt (f. Athen. I, p. 6. C. XII, p. 549. A. Phot.
Epist. 88.); aber auch andere Lafler mie Knabenliebe, ferner Ausſah werben
ihm vorgeworfen (f. Ariſt. Av. 151. mit den Scholien, Schol. ad Pac. 804.).
Bon den eigenen Tragoͤdien des Mel., der hienach ein Beitgenofie des Cu⸗
polis, Ariftophanes u. f. w. war, Tennen wir nur eine Medea, aus welcher
die beiden Derfe entnommen ſeyn mögen welche Ariſtophanes Pac. 1009. ans
führt und lächerlich macht; einen andern Vers über die Wirkung des Zorne
theilt Plutarch (De cohib. ir. 2. De ser. n. v. 5. p. 951. A. vgl. Tzetz.
ad Hesiod. p. 82.) mit. Doch wußte M. fi an feinem Gegner durch ähn⸗
lichen Spott zu rächen (f. Blut. Sympos. I, 1, 4.9. ober p. 631. D. 633. D.).
Daß er auch Elegieen geſchrieben bezeugt Athenäus (VIII, p. 343.C.); er hatte
darin den Gimon, feinen Freund, gelobt; einige Derfe aus denfelben hat uns
noch Plutarch (Cim. 4.) erhalten; vgl. auch Schneidewin Delectusp. 129. Bergk
p. 430.; ein Urtheil des Mel. über die Tragödie des Diogenes (j. Bd. II.
©. 1042, 1.) theilt und gleichfalls Plut. mit, de Audit. 9. Da dieſer zur Zeit
bed Sturzed der breißig Iyrannen (Olymp. 94, 1) no lebte fo muß auch
Mel. bis um tiefe Zeit gelebt Haben; noch weiter müßte man feine Lebens⸗
zeit ausdehnen wenn er mit bem ‘Baraflten Melanthius (5) welder an dem
Hofe des Alerander von Pherä Iebte (f. Plut. De diser. amic. et adul. 9.)
für Eine Berfon au Halten wäre, was wir jedoch bezweifeln, da Alexander
erft mit Olymp. 102, 3 zur Herrſchaft gelangte. — 6) der Philoſoph Me-
lanthius aus Rhodus, der Schüler des Carneades, der Lebrer bed Aefchined
aus Neapel (Diog. Laert. II, 64.), ein Anhänger der Akademiſchen Schule,
der wohl zu Athen lehrte, wo jein Garten bei Plutarch (Vitt. dec. oratt.
p. 842. E.) erwähnt wird; feine suavitas mirb von Gicero (Acadd. Quaestt.
1, 6.) gerühmt. Vgl. im Allgemeinen Fabric. Bibl. Gr. II. p. 310. ed.
Harl. und über den Tragiker Melanıhius insbeſondere Elmdley zu Curipid.
Med. p. 98. Meineke Hist. crit. comicc. p. 205 f. Welder, griech. Trag.
I. ©. 1029. SKayfer Hist. crit. Tragicc. Graecc. p. 59. [B.]
7) Siftorifer aus unbekannter Zeit, Berfaffer einer Ardic, deren zweite
Bud Harpokr. s. v. ygvzanıor erwähnt (vgl. Etym. M. p. 242, 13). und
einer Schrift zapl rar ar 'EAsvoir: uvorneior, Athen. VII, p. 825. C. Schol.
Ariſt. Plut. 845. Av. 1078. Gupocia p. 297. [ West.)
8) Mitfchüler des Apelles (DI. ia) bei Pamphilus (Blin. H. N.
AXXV, 10, 36.), gehört zu ben größten Meiftern der ficyonifgen Malerſchule
Wie fein Meifter wußte auch er die Arithmetik und Geometrie mit Nupen
auf die Malerei anzuwenden (Quint. XII, 10.: cura Protogenes, ratione
Pamphilusac Melanthius, facilitate Antiphilus..... est praestantissi-
mus) und that es dem Apelles nach deſſen eigenem Zugeſtändniß in ber
Difpofltion zuvor, Plin. ama. D. Bon feinen Werfen, die er mie Apelles
mit vier Barben zu Stande brachte (Plin. XXXV, 7, 32.), wird uns nur
ein einziged genannt, das Bild bes ficyonifchen Iyrannen Ariſtratus, der
neben einem die Nife tragenden Wagen fland, wobel ibm nad dem Beridt
bed Polemo Apelles geholfen haben fol. Aratus wollte daB Gemälde aus
Haß gegen bie Tyrannen zerflören, begnügte ſich aber auf bie Kürbitte des
ihm befreundeten Malers Nealfes damit, daß das Bild des Arifiratus aus⸗
geloſcht wurde. Plut. Arat. 13. Für Ptolemäus IH. fammelte Aratus
Hauptfäglig Werke des Pamphilus und Melanthius. Plut. Arat. 12. Naqh
Diog. Larıt. IV, 18. Hinterlich er auch Schriften über Malerei, welche Pli-
mind (B. I. Inhalt des B. 34.) benuhte. [ W.)
Malantkeo — Meilns 1733
9) MeiarBıoc ( Arrian. Peripl. p. 17. Anon. Peripl. Pont. Eux.
p. 12. Blin. VI, 4, 4., auf der Tab. Peut. Melantus), ber in den Bontus
Eur. mündende Grenzfluß zwifhen dem Vontus Polemoniacus und Gappa»
docius, etwas öflid vom Prom. Jasonium; wahrſch. der heut. Dielet Irmak.
Vgl. Hamilton Research. I, p. 267. und Sammer in den Wiener Jahrbb.
Br. CV. S. 23. — 10) nad Ovid ex Pont. IV, 10, 54. auf ein Neben»
fluß des Danubius im Süpoflen von Sarmalia Asiatica.. [F.]
Melantho, 1) Tochter des Deufalion; Poſeidon zeugte in Geſtalt
eines Delphins mit ihr den Delphos. Tzetz. Lyc. 208. Ovid Met. VI, 120.
— 2) Magd im Haufe des Odyſſeus; von diefem mit dem Tode beflraft
weil fie es mit den Breiern gehalten. Odyss. XVII, 320. [Kn.]
Melanthms (Yelardos), 1) Sohn des Undropompus, im vierten
Gliede von Perichymenud, Neſtors Bruber flammend (Pauſ. II, 18, 8. VIE,
1, 9.), Bater des Codrus, f. Apaturia, Br. I. ©. 392. [K.]
2) einer der tyırhen. Seeräuber bie den Dionyſos rauben mollten, aber
von ihm in Delphine verwandelt wurden, Ovid Met. III, 671 ff. — 3) nad
Thefſandrus einer ver zwei Söhne des Laokoon (Ethro u. Mel.), Servo. zu
Virg. Aen. II, 211. [W.T.]
4) wahrſcheinlich ein Platoniker, au welchen Voethus jein Platoniſches
Lexicon richtete, nad Phot. Bibl. Cod. CLIV.; vgl. Br. 1. ©. 1140. [B.
Melantias (It. Ant. p. 138. 230. 323. 332. Ammian. XXXI, 11.;
Melarriag, Suid. h. v. u. Agathias V. p. 158., auf der Tab. Bent. Me-
lantiana), Stationsort an ber längs ver Bropontis von Heraclea und Cöo⸗
nophrurium nah Buzantium führenden Straße in Ihracien, 18 Mil. von
fegterer, mit einer kaiſerlichen Vila. Ammian. 1. 1. [R.]
Meins (Meius), 1) Sohn des Pofeidon, Bruder des Angelo Nr. 2.,
Pauf. VII, 4, 8. — 2) ein Seeräuber, f. Melanthus Nr. 2. u. Hyg. fab.
134. — 3) ©. des Phrixoé und der EChalfiope, durch Euryfleia Vater des
Hyperes, Apollon. Arg. H, 1158. Schol. zu Piud. Pyth. IV, 125. (221.).
Apollod. I, 9, 1. Hygin. fab. 3. — 4) ©. des Denopion, Pauf. VII,4, 8.
— 5) ©. des Ops (Pauſ. VII, 28, 5.), ſ. Teuthis. — 6) ©. des Por⸗
ıhaon und der Curyte, Bruder des Deneuß, ſ. d. u. Tydeus, I. XIV, 117.
Apollod. I, 7, 10. — 7) aus Genuſa bei Sikyon, ©. des Untafod u. Ahn⸗
herr des Kupfelos, Iheilnehmer an dem doriſchen Heereszuge gegen Korinth,
PBauf. II, 4, 4. V, 18, 7. — 8) ©. des Lifymnios, Gefährte des Herakles,
Apollod. II, 7, 7. [W.T.]
9) Name mehrerer Flüſſe des Alteribums die ein dunkles Ausſehen Hatten:
a) ein Heiner Nebenfluß bes Birus in Arcadien bei Dion. Per. 416. Callim.
in Jov. 23. u. Plin. IV, 5., welchen Strabo VIII, p. 386. (wenn anders nit
Meiag blos aus dem vorhergehenden weyag entflanden if) mit dem Pinus
ſelbſt verwedielt und als großen Fluß bei Dienus In Achaja vorbeifließen
läßt. — b) in Böotien, entfpringt 7 Stab. nördlich von Orchomenus (Bauf.
IX, 98, 5. vgl. Plut. Sull. 20.), fließt zwiſchen diefer Stadt und Aepledon
(Strabo IX, p. 415.) und iſt glei von feiner Quelle an ſchiffbar, ſchwillt
wie der Nil zu gewifien Zeiten regelmäßig an und. verliert fi größtenıheils
in Sümpfe bie mit dem Gopaisfee in Verbindung ſtehen (Strabo IX, p. 407.
läßt ihn bei Haliartus einen Sumpf bilden, mas fein Widerſpruch iſt, da
dieſer Geograph dad Gebiet diefer Stadt fehr weit ausdehnt, vgl. Kruſe's
Hellas II, 1. ©. 468.*), fo daß nur ein kleiner Theil feines Waflers wirklich
® Der Überhaupt hier ben Strabo in Schuy nimmt gegen Mäner (Drchomenos
©. 76, und Art, Böotien in Erſchs u. Grubers Encyel. 1, 11. ©. 233,), und zugleich
zeigt daB man nicht nöthig habe mit den franzff. Ueberfegern biefed Geographen
(Eelairciss. XVII. p. 83.) einen doppelten Melas in Bbotien anzunehmen.
1784 Melas — Welcarfh
ben Cephiſſus erreiht (Plut. 1. 1. vgl. au Plin. IE, 103, 106.). Wenn
iin Strabo p. 407. In Folge eines Erdbebens für gänzlig verſchwunden
erklärt fo ift dies wohl fo zu verflchen daß zu feiner Zeit die ganze Gegend
einen großen Sumpf bildete aus welchem fpäter der (zu Plutarchs Zeiten noch
vorbandene) Fluß, als das Wafler fi mieder vermindert und verlaufen
batte, wieder bervortrat. Er beißt noch jetzt Mauro Nero oder Mauro Po—
tamo, d. i. der ſchwarze Fluß, und iſt fehr tief, Elar und waſſerreich, woher
eben feine dunkle Färbung kommt (vgl. Dodwell Class. Tour. I. p. 234. u.
Leake North. Greece II. p. 154. 185.). — c) in Iheffalien (Landſch. Malie),
er fließt in ter Nähe von Heraclen und Trachis und fält in den Sinus Ma-
liacus (Herod. VII, 198. u. Liv. XXXVI, 22.), nach Leake North. Gr. II.
p. 26. j. Mavra⸗neria. — d) in Phthiotis, fält in den Apidannsd (Lucan.
VI, 374. u. Vib. Sequ. de flum. v. Apidanos, vgl. Leake North. Gr. IV.
p. 516.). — e) in Ihracien, bat einen zuaft fübweftlichen, dann norbweft-
lichen Lauf und fällt nördlih von Cardia in den Melas Sinus (OHerod. VI,
41. VII, 198. &cyl. p. 27. Strabo VII, p. 331. Ptol. III, 11, 2. Liv.
XXI, 40. Mela II, 2, 8. Plin. IV, 11, 18.), j. Saldatti oder Scheher
Su. — f) im nordöſtlichſten Theile Siciliens zwiſchen Mylä und Naulochus,
entipringt an der Brenze des Gebietes von Meffana und durchfließt treffliche
Weideplaͤtze, weshalb die Sage die heiligen Rinder des Sonnengotte® an ihm
weiden läßt (Ovid Fast. IV, 476. vgl. Theophr. h. pl. VII, 3. Plin. U,
98, eh Bochart Chan. I, 27.). — g) ber ſchiſſbare (Mela I, 14, 1.)
Gtenzluß —28 gegen Cilicien (Stadiasm. mar. magni $. 193. 198.
Pin. V, 277, 22.), welder feine Mündung 50 Stab. Öfli$ von Side und
dem Vorgeb. Leucolla hatte (vgl. auch Strabo XIV, p. 667. Pauſ. VII,
28. ı. Zoflim.. V, 16. VI, 3.), j. Menangat-Su, vgl. Leake Asia mın.
p. 196. — h) in Cappadocien, hatte feine Quelle auf dem M. Argaeus
(PBtol. V, 6, 8.), floß bei Mazaca vorbei, bildete Häufig austretend viele
Moräfle ung Sünpfe (Strabo XII, p. 533 f.), und mlindet in den Halys
(Strabo 1. J. läßt'ihn irrthümlich in den Euphrat münden. Vgl. Hamilton
im Journ. of ihe Geogr. Soc. VIII. p. 149. u.’ Researches II. p. 239 ff.
Sammer in den Wiener Jahrbb. Br. CVI. S. 61f.), no j. Kara-Gu
oder der ſchwarze Fluß. — i) Küftenfluß im Pontus Polemoniacus im
Lande der Macrones bei Blin. VI, 4, 4. [F.
10) Melas Sinus (Mölag xoAno,;, Herod. VII, p. 38. Scyl. p. 77.
Strabo 1, }; 28. II, p. 92. 124. VII, p. 331. Ptol. III, 11, 1.2. Apollon.
Rhod. I, 922. Plin. IV, 11,18.), ein Bufen des Aegäiſchen Dieeres, welcher
ben Thraciſchen EHerfones im NW. begrenzt und in melden ver gleichnamige
Fluß (oben Nr. 9, e.) mündet; j. Golf von Saros. [F.]
Melausus, röm. Töpfer auf einer bei Rottweil gefundenen Scale,
ſ. Mitiheil. des archäol. Vereins zu Rottweil 1845. ©. 18. und auf einım
graguent w terra sigillata in Zanten, Lerſch Gentralmuf. rheinl. Inſchr. IH.
. 107
Melcarth, Meircpdos, ein phönichiger Bott (Sanchon. p. 32. u.
bei Eufeb. Pr. Ev. I, 10. p. 38.), au) MeAxardapos oder Meinadayo;
genannt (Cuſeb. de laudib. Constant. c. 13. Moverd, Bhönic. S. 400.
will hier Meinapdos oder MeAikxgdos emenbiten), in deſſen Namen man
den Molod erkennt, fo wie den Baal, wenn er au den Namen Mai«z
Bios In einer palmyreniſchen Inſchrift führt und ald narpmos Beog bezeichnet
wird (Moverd S. 401. Hyde de veter. relig. Pers. tab. II. Hamaker
Miscell. Phoen. p. 120.). Abgebildet iſt ex bier als jugendlicher Mars in
kriegeriſchem Goflüm, Hinter ihm der Halbmond hervorragend, fo daß er als
eine Gombination des Feuergotts Moloch und bed Gonnengotts Baal ober
Bel ericpeint, die freilid überhaupt nicht als gründlich verſchiedene Bötter
Melcarti 1785
formen fich behaupten laſſen (vgl. Movers S.400 f.). Nah Sanchoniathon
it er der phönicifche Herafles (am a. D.), von dem auf Herodot (TI, 44.),
Gurtius (1V, 2.), Arrian (II, 24.), Div Ehryfoflomus (Or. XXXIII. T. 1.
p. 401. XXXIV. T. II. p. 1.) u. U. m. reden (DO. Müller, Dorier I. ©.
455.), und über welchen vgl. d. Art. Hercules, Bd. III. ©. 1187—1189.
Dio nennt ihn (Or. XXXIII.) apynyos von Tarſud, und in der inscript.
Melitensis I. wind Melkarth, Herr von Tyrud, durch aopynyarng überfeht
(®efen. Mon. Phoen. tab. 6.). Als großer allmaltender Sonnengott wird
dieſer Herakles bei Nonnus gefeiert (Dionys. XL, 369 ff. vgl. Ereuzer Symb.
II. S. 209.), ald Zeuergott erſcheint er wenn in feinen Tempeln bas ewige
Feuer unterhalten (mie in Babes, Sil. Stal. Pun. III, 29. vgl. die erlench⸗
teten Säulen des tyriſchen Serakles, Herod. II, 44... dad ihm gemidmete
Feuerfeſt, Zuclan de Dea Syr. 6. 49.), und ihm der Planet Mars zugeeignet
wird (Macrob. Sat. IH, 12. Blin. H. N. II, 6.). Wird er als Herakles
ein Sohn des Zeus genannt (Eudor. bei Aıhen. IX, p. 392. Gic. Nat. D.
11, 16. vgl. Sanchon. bei Eufeb. Pr. Ev. I, 20. p. 38.), fo iſt er ale
oberfler Bott oder, wie Moverd will, als der diefem in Allem gleiche, nur
ala feine mythiſche Manifeſtation von Ihm verfchiedene Mepräfentant des
höchſten Gottes (Thin. ©. 389. 392.), au der puntfche Zeus felber, wie
wohl der phöniciihe Sonnengott Baal oder Baalfamim überfeßt wird (Ju-
piter Syrius vel Sol, Spartian. Carac. 11.; Japiter Heliopolitanus, Macrob.
Sat.I,23. Chron. Pasch. I. p. 561.; vgl. Baal, Jupiter, daminus, Auguß.
Qu. in lib. Jad. T. III. p. 447. 6» Tvow &r zo leo Toü Mös, yfeb. Pr. Ey.
1X, p. 451., "OAvuniov Aiög iepor, Soſeyh. c. Apion. 1, 18,; Zu 5 Bios
oronal., Dio Caſſ. LXXVII, 8., der Sonnengott BeeAvauns, 6 eotı naux
Doinisı nvpiog ovoarov, Zevs Ö8 nee’ "Ein, Sanchon. p. 14. u. bei Euf.
Pr. Ev. I, p. 34. c. 10. Ammian. Mare. XI, 22. vgl. mit 2 Macc. 6, 4.;
als olympiſcher Jupiter dargeflellt, Geſen. Mon. Ph. tab. 36. A. B.; yhönis
ciſch iſt auch der Jupiter von Amathus, Ovid Met. X, 227., wo Heſych.
ben Herafles ale Malachi aufführt; vgl. auch die Inſchrift Aos anınnzov
'Hiiov, Burkhardt, Reiſen in Paläf. TH. I. S. 138.; Münzen mit der
Aufirift Omnipotens Maximus, @dhel doctr. num. vet. IT. p. 332, 339. ;
ferner den Bott Jupiter Elagabel, Lamprid. Ant. Heliogab. I, 17. u. A. m.).
Noch welter wird er binaufgerüdt wenn er mit Kronos identiflcirt wird, der
ebenfalls puniſcher Sonnen» und PBeuergott iſt (Serv. ad Aen. I, 729.
Damasc. vit. Isidor. bei Phot. p. 343. Theoph. ad Autol. 111, 50. Hieron.
Opp. T. II. p. 197. III. p. 340. Suid. s. v. BeeA). Für gleichbedeutend
mit Melkarth erklärt Gefenius (Monum. p. 410.) den Makar, Maxroıs,
welchen Pauſanias für den ägyptiſchen und libyſchen Herakles hält (X, 12, 2.),
Moverd dagegen durch reuponomar Überfegt, der Sehnen abſchneihende Bott,
der Gott Saturn mit der Harpe (Phön. ©. 421.), deffen Namen er in ver»
fhiedenen Localitäten, fo wie in dem libyſchen Namen Bocchoris u. A. wieber
finden will (am a. O. S. 418.). Wie dieſe Bötter immer auch als mythiſch⸗
hiſtoriſche Könige, Erbauer von Städten auftreten (Bel-Saturn in Babel,
Serv. ad Aen. I, 642. Malala Chron. Pasch. p. 65., Kronos in Aegypten,
Diob. I, 13. Plut. de Isid. c. 12.), fo gründet auch Melkarth⸗Herakles
Tyrus (Nonnus Dionys. XL, 369 f.), Bades (Etym. Magn. Iaödsıpr),
Tarſus (Div Ehryf. T. I. p.407.), wird in Kartbago, Sicilien (Movers
©. 419. @efen. Mon. p. 292.), Malte (Mov. ©. 431. Geſen. tab. 6.),
Neucartbage (Athen. II, 121.) u. f. m. verehrt, und erfheint als König
von Byblus in dem Malkander (Blut. Isid. c. 15.), defien Sohn im euer
geläutert wird, was auf die Menſchenopfer feines Cults bezogen werden kann
(vgl. darüber Moverd S. 402. u. öft. Buttmann Mytholog. I. ©. 41.).
Ob der Makar, welcher als König von Lesbos die Menſchen durch Gelege
1736 Melcomami —- Meleager
entwilbert und fo dem griechiſchen milden Kronos nahe ficht, und von welchem
Lesbos, Kos, Rhodus die »700s Maxapor heißen (Diod. Sie. V, 81 ff.),
von Moserd mit Recht in biefen Kreis gezogen wird (Phön. S. 420.). laſſen
wir nit unbezweifelt dahin geftelt (ie auch die Vermuthung ven Movers
S. 434. daß der Melikertes, Sohn der Ino, urſprünglich der tyriſche Melkarth
fei, etwas Iuftig dafteht). Immerhin concentriren ſich in dem Städtegrünber
Melkarth⸗Herakles die von den Phöniclern audgegangenen fittigenten Wirs
fungen. Als feine Beliebte ein rothes Gewand wünſchte, ſuchte und fand
er die Purpurſchnecke (Bollur I, 4, 45. Ederm. Mytbol. I. S. 112.), und
wird daher vorzugämetie Handelsgott der Phönicier, vie feinen Cult und
feine sacra, das ewige Beuer in ihre Golonteen überpflanzten (Mov. S. 401.),
fo wie er ea iſt ber den Agyptiihen Buſtris ben Fremdenmörder erfchlägt
und den Antäud beflegt (Diod. IV, 18. vgl. Herod. IT, 45. Heeren Ideen
I, 2. ©. 128 f.). Wie leicht fih die Ipeen des Sonnen» und des Handele⸗
gottes combiniren, fällt, wenn gleich Edermann (am a. O.) es nit fleht,
von felbft ins Auge. Der Zug ded die Golonien führenden Herakles über
die Erde hat fein Vorbild an der Meife der Sonne über die Welt bin, und
bier iſt dann auch der Punkt an welden die Verſchmelzung des griechiſchen
und tyriſchen Herakles fi anfnüpfte. Vgl. Movers S. 436 f. D. Müller
Dorier I. S. 455 f. FL. Georgii.]
Melcomani, Bölferfhaft in Dalmatien bei Plin. III, 22, 26., welche
höchſt wahrſcheinlich auch von Ptol. II, 16, (17,)8. erwähnt wird, wo nad
einer glüdliden Bonjectur von Hardnin zu Plin. 1. 1. flatt Uno ove uir
Kousno gewiß vundo ovs MeArousno: zu leſen iſt, was auch Wilberg und
Nobbe aufgenommen haben. Ptolemäus meist ihnen Ihre Wobnfige öſtlich
von Salona an. [F.]
Melcyada, |. Nelcynda.
Meidi (MsAdo:, Strabo IV, p. 194.) oder Meldae (Meldaı, Biol.
11, 9, 15. 6äf. B. G. V, 5. Plin. IV, 18, 32.), eine nad Bin. 1. 1.
freie Volkerſchaft im Innern von Gallia Rugbunenfld, ſüdlich von den Barifli
und Tricafii (Pol. 1.1.) an der Sequana, mit welcher Annahme die Nachricht
Hei Gäfar 1. 1., daß diefem, als er nad Britannien überfeßen will, nach einem
Sturme 40 Schiffe fehlen, quae in Meldis factae erant, keineswegs in Wiver⸗
fpruch fleht, da wir aus Strabo IV, p. 193. wiffen daß Cäſar au an ber
Sequana Schiffswerfie Hatte, und zmifchen den Sees und Flußſchiffen ver
Alten kein fo bedeutender Unterſchied war daß Cäſar nicht auch an der Gene
erbaute Schiffe zur Expedition nad Britannien hätte benüßen können. Vgl.
Ulert 4, 2. ©. 325 f. Wir haben daher weder nötbig mit d'Anville Notic.
p. 452, anzunehmen daß bie Meldi over Meldae des Cäſar von denen ber
genannten Geograpben verſchieden und in Flandern im Melp-felt oder Maldeg⸗
hemvelt zu fuchen wären, noch mit mehreren Seraudgebern des Gäjar in ter
angef. Stelle flatt in Meldis — in Belgis zu fehreiben. Vol. auch Bonamn
in den M&m. de l’Acad. des Inser. XXXI. p. 220. Ihre Stadt hieß nad
Ptol. 1. I. Jatinum (Jarırov), und wird von d' Anville Not. p. 375. wohl
mit Net für daß Fixtuinum der Tab. Peut. oder für dad heut. MWeaur
gehalten. [F.)
Meldia (It. Ant. p. 135. It. Hieroſ. p. 566. Tab. Peut.), Ort im
Süben von Moesia Superior an der Straße von Nuiffus nad Serdica, weſtlich
vom heut. Ghalkali oder in der Nähe von Saribrop.
Meidita (Miidıre, Biol. IV, 3, 31.), Stadt im Innern von Zeu⸗
gitana (Africa propria), ſudlich von Utica. [F.]
Mieleager, 1) der Held des Ätslifhen Mythus, deſſen älteſte Quelle
Homer 11. IX, 529-599. if. Er war Sohn des Königs von Calydon,
Denens, und ber Althäa, Gatte ver Kleopatra. Als Deneus durch verfäumtes
Meleager 1737
Opfer ben Zorn der Artemis erregt hatte ſandte biefe einen wilden ber,
welcher die Fluren verwüſtete. Meleager verfammelte die berühmteften Jäger
Griechenlands und erlegte das Thier. Nun erregte aber Artemis unter ben
Kureten, welde zu der Jagd eingeladen waren, und den Netollern Streit um
den Kopf und die Haut des Ebers und ein heißer Kampf entbrannte unter
den Mauern von Kalydon. So lange M. mitlämpfte war ber Sieg auf ber
Seite der Aetolier; nachdem er fi aber aus Brhitterung über feine Mutter,
welche die unterirbifchen Götter mit Bitten beftürmte, ihren Sohn wegen der
Ermordung ihred Bruders* zu tödten, von dem Kampfe zurüdigezogen hatte,
neigte flh dad Glück auf die Seite der Kureten und fie waren im Begriff
bie Stabt zu erflürmen und in Brand zu fleden. Dergebend waren bie
bringenbflen Bitten und glänzenpften Verſprechungen ver Briefler, feiner
Aeltern, Geſchwiſter und Freunde; erſt im Augenblid ver größten Gefahr
ließ er fi von feiner Battin erbitten in den Kampf zu geben und retiete bie
Stadt. Daß er gefallen fet ſagt Homer nicht ausdrücklich, es liegt aber in
den Worten v. 589.: zu 6’ ovnanı dop’ arsieooar. Dieſer Kern der Sage
wurde nun in fpäterer Zeit verſchieden ausgeführt. Nah Steſichorus flegte
er bei ven Leidenfpielen des Akaſtus im Wurffpeerwerfen (Athen IV, p. 172. f.),
und nah Simonides (am a. D.) warf er feinen Wurffpeer von Joltos aus
über den Fluß Anauros. Beim Argonautenzug erſchlug er ben Aeetes (Diod.
IV, 48.). Bei Pind. Isthm. VI, 32, wirb er ueyaras, bei Oppian. Cyneg. I, 28.
Ervarıog, bei Ovid Met. VIII, 437. Mavortius, bei Gurip. Fr. ed. Matth.
p. 224. und Hyg. fab. 171 fogar Sohn des Ares genannt. Seine Haupt-
that aber iſt immer bie Grlegung des calydoniſchen Ebers, wozu er bie ber
rühmteften Helden Sriehenlands einlub: ven Dryas, Sohn bed Ares aus
Calydon, den Idas und Lynkeus, Söhne des Aphareus aus Meſſene, Caftor
und Pollux aus Lacedämon, Theſeus aus Athen, Admetos aus Pherä,
Ankäos und Kepheus aus Arkadien, Iafon aus Jolkos, Iphicles aus Theben,
Pirithood aud Lariffa, Peleus und Eurytion aus Phihia, Telamon aus Sa⸗
lamis, Atalante aus Arkabien, Amphiaraos aus Argos, und die Söhne des
Theſtios, feine Oheime mütterlicher Seits.** Kepheus, Ankäos und einige
Andere weigerten ſich mit einem Weibe auf die Jagd zu ziehen, Meleager
aber, der die Atalante liebte, zwang fle dazu. Als ſie nun um den Gber
berumflanden, wurden Hyleus und Ankäos von ihm zerriffen, Curytion wurbe
von Peleus dur einen Fehlwurf durchbohrt, Atalante aber traf den ber
zuerfi auf den Rüden, fobann Amphiaraos ind Auge, Meleager aber traf ihn
in die Welche und erlegte ihn. Als er aber das Fell der Atalante ſchenkte,
waren die Söhne des Theflios, welche ald Verwandte biefen Siegedpreis In
Anfpru nahmen, ungebalten und nahmen es ihr ab. Darüber ergrimmt
erichlug fie Meleager und gab der Atalante das Fell zurück. Apollod. I, 8.
Der Tod Meleagers wird nun verfieden erzählt: nad Ginigen war feine
Mutter Althäa über den Tod ihrer Brüder erbittert und bat bie Götter, ben
Melenger zu töbten. Diod. IV, 34. Die gewöhnlicäfte Grsählung aber, die
fi jedoch nah Pauf. X, 31, 4. nicht früher findet als bei Phrynichos in
* Nach Apollod. I, 8. erſchlug er mehrere. Sie heißen bei Apollob. I, 7, 10.
Jphiklos, Enippos, Plexippoo, Eurypplos, bei Dvib Met. VIII, 440, Plexippos,
Torens, bei Pauf, VIII, AS, A. Protboos, Kosmetos,
°° Die Lifte der theilnehmenden Helden wurde aus benfelben Stammes: und
Geſchlechtsrückſichten mie das homeriſche Gchiffövergeichuiß beliebig ermeitert, Ovibd
Met. VIII, 300. fügt noch Hinzu: Akaſtos, Echion, Eupalamos, ECurytos, Hippaſos,
Hippothoos, die Hippokoontiden, Jolaos, Käuens, Kteatos, Laörted, Lelex, deukippos,
Mopſos, Neflor, Panopens, Pelagon, Phönix, Phylens. Hygin. fab. 174. ſeht noch
hinzu: Asklepios, Alkon, Enphemos, Deukalion, Hippotes.
N. 109*®-
- 1738 Meleager
feiner Tragödie Pleuroniai (vgl. Lobeck Aglaoph. I, 283.) und bei Acid.
Choöph. 607. ift die: als M. fleben Tage alt war, felen die Parcen er-
ſchienen und haben gefagt, er werbe flerben wenn das auf bem Heerd
brennende Scheit verbrannt fein werbe: darauf habe Althän dieſes Scheit in
einem Kaſten verwahrt; als fle aber über die Ermordung ihrer Brüder erbittert
war, habe fle es bervorgelangt und verbrannt, und foglei fei M. geftorben.
Apollod. I, 8. Dion. IV, 34. Diefen fehnellen Tod des Jünglings drückten
die Böen und die Minyas in gewohnter Sprache des Alterthums fo aus, Apollo
fei den Kureten gegen die Netolier zu Hilfe gefommen und habe den M. er:
legt (Pauf. X, 31, 3.). Nah dem Tod Meleagers erhängten Althäa und
Gleopatra ſich ſelbſt, ſeine Schweflern aber (f. d. Art. Meleagrides) wurden
von der Artemis in Vögel verwandelt. Ayollod. I, 8, 3. Die Lanze mit
welcher M. den ber erlegt Hatte fol er in den Tempel des Apollo zu
Sikyon geweiht haben. Pauf. II, 7, 9. Die Haut und Zähne des kalydo⸗
niſchen Ebers wurben als Reliquien in dem Tempel der Athene Alena zu
Tegea aufbewahrt. Bauf. VIEL, 47, 2. Die Zähne wurden von Auguflus
entführt. Pauf. VII, 46, 1. — Als Hifloriihe Grundlage des Mythus von
der kalydoniſchen Jagd betrachtet Plaß Gef. des alten Griechenlands Br. I.
&. 405. einen Kampf gegen bie räuberifhen Bergvölker Aetoliend, an welchem
die berühmteften Helden Theil genommen haben; in neuerer Zeit dagegen hat
man mebrfa eine phyſiſche Deutung verſucht. E. Gerhard (etrusf. und
campan. Bafenbilder ded Berl. Muf. S. 12.) erfaßt den Mythus von der
Eberjagd als Beflegung des feindligen Winters, deſſen Symbol der Eher if.
A. Feuerbach (La statue de Méléfagre in den Annali dell’ Instit. archeo!l.
T. XV. p. 237 ff.) erkennt in der ganzen Genealogie des ätoliſchen Könige-
haufes, wie fle Hecatäus von Milet bei Athen. II, p. 35. A. gibt, Perſo⸗
nificationen von der Pflanzung der Erdfrüchte und des Weinſtocks und von
der Ihätigkeit welche der Menſch entfaltet um viefelben gegen bie Angriffe
von Menſchen und Ihieren zu ſichern. Oreſtheus iſt der zur Pflanzung bes
Weinſtocks Heflimmte Berg; des Oreſtheus Sohn Phytios iſt der Pflanzer,
welcher ven Reichthum ver Erde zu erhalten und zu erhöhen ſucht; dieſer wirb
Bater des Deneus, der einerſeits den Wein felbft vorflellt, andererſeitd ben
Menfchen welder die von feinen Vorgängern zubereiteten Güter zuerfl gewinnt,
und zwar mit um fo größerer Sicherheit, da er non Althäa, der Frau welde
für Grfrifchungen forgt, den Meleagros zum Sohn hat, den unermüdlichen
Beſchützer der Ländereien — eine Gtymologie welche fon Natalie Comes
aufgeftelt Hat. Nork im mythol. Wörterb. u. d. A. erklärt den Meleager,
weil er bei Homer I. II, 642. SarOos heißt, theils auch weil er den Kein
der Weinberge, den erbaufmühlenden Eber töbtete, endlich auch weil feine
Lebensbauer von der Dauer des Feuerbrandes abhing, für den Sol aestivas,
welder die Traube zeitigt, daher fein Bater Deneuß; und fein Name Meisa-
yoog für Mereayoog, wildgefinnt, fo wie der auf Abbildungen ihn beglei⸗
tende Hund fpielen auf die dur übermäßige Sonnenglut Raſerei bewirkende
Hige der Hunddtage an. Diefe Beifpiele mögen genügen um zu zeigen, weld
vaged Spiel die Mythendeutung wird wenn fle es wagt Hinter die Periode.
aus melder der und überlieferte Mythus flammt, jurilhgugreifen. Der
Mythus trägt dad Gepräge des heroiſchen Zeitalter, in meldem Züge zur
Ausrottung wilder Thiere zu den vorzügliäften Thaten ber Helden gehörten,
und bie Jagd des calydoniſchen Cbers war nächſt der Argonautenfahrt und
dem Zug nad Troja ‚nie wichtigfte Unternehmung ber vereinigten helleniſchen
Helden. Daber kommt es daß fle auch von der früheflen Zeit an ein be⸗
liebter Vorwurf für die bildende Kunft in allen ihren Zweigen war. Bon
Bathykled war fle an dem Thron des Apollo zu Amyclä angebracht, Bauf.
IH, 18, 15.; von Scopas war fle für bad —*8 des Tempeld der
Meleägrides — Meleagri vallam 1739
Athene Alea in Tegea bearbeitet, Pauſ. VIII, 45, 6. Auch auf Polygnots
Darftellung der Unterwelt in ber Leiche zu Delphi fehlte Melenger nicht,
Bauf. X, 31, 3. Die zahlreichen Darflelungen der calybonifhen Eberjagd
auf Bafen hat Gerhard in dem oben angeführten Werke ©. 12. verzeichnet;
ein lebenſsvolles Gemälde beihreibt Philoſtrat. Sun. Imag. 15. Unter ben
erhaltenen Statuen murbe bisher dem M. im Museo Pio-Clem. (bei Visc.
T. II, 34.) der Preis zuerkannt, der ibm aber neuerdings von der im Jahr
1838 ans Ufer des Meeres in der Nähe von Santa Marinella entdeckten
Statue aus griehifhem Marmor fireiiig gemadt wird. Don dem Bildhauer
E. Wolff geſchickt reftaurirt bildet fle eine Zierde bes Berliner Muſeums;
abgebildet in den Monumenti dell’ Inst. archeol. 1843. Taf. LVIII. Weber
pie weiteren Darftelungen in Statuen, Reliefs, Moſaiken, etruskiſchen Spiegeln
und geſchnittenen Steinen vol. D. Müller, Kunſtarchäol. S. 648. und U.
Feuerbach in der oben angef. Befchreibung der Berl. Statue p. 245— 265. [W.]
2) Sohn des Neoptolemus, ein Phalangenführer Alexanders des Gr.
(Arr. I, 4. 24. I, 8. III, 11. IV, 16. 22. u. a. Diod. XVII, 57. Curt.
iu, 9. V, 4. VII, 6.), f. Bd. 1. ©. 353. — 3) erregte nah dem Tode
feines Freundes Pithon im J. 316 mit Mendtas in Medien einen Aufftand
gegen Antigonus, wurde aber bald bewältigt. Diod. XIX, 47. [K.]
4) aus Gadara in Eöleigrien, woher au fein Zeitgenoffe Menippus,
mit welchem er daher mehrfach zufammengeftellt wird (Strabo XVI, p. 1101.
Diog. Laert. VI, 99.), lebte wahrſch. unter dem letzten Seleucus welcher DOT.
170, 3 feine Regierung antrat (vgl. Jacobs p. XL. Dehler, Varronis Satt.
Menipp. Relig. p- 41 ff.), und ſcheint nicht verfpieden von dem cyniſchen
Philoſophen dieſes Namens, deſſen Athenäus XI, p. 502. C. vgl. IV, p. 157.B.
gedenkt, und welcher ähnliche fatirifche Darftellungen wie fein Zeitgenofie Me⸗
nippus geliefert zu baben jcheint (vgl. Jacobs p. XXXVIII.). Vielleicht
führte das Ganze derfelben den Namen zyagızes, wenn anders dies nicht ber
Titel einer einzelnen Satire war, wie ovunonor u. A. Au wird unter
dem Namen des Mel. von Diogenes von Laerte II, 96. dad zweite Buß
einer Schrift neoi 5o&nv angeführt. Bekannter ift jedoch Mel. dur feine
Sammlung epigrammatifder Gedichte unter dem Namen bed Kranzed ger
worden (ſ. Bd. I. S. 519.), in welcher ſich auch 130 des Mel. finden,
welche jegt den Anhang der griech. Anthologie Hilden; beſondere Ausgaben
derfelben Tieferten I. ©. 8. Manfo (Jena 1786. 8.), A. C. Meineke (Leipz.
1789. 8.) und &. Gräfe (ibid. 1811. 8.). Im Uebrigen f. Fabric. Bibl.“
Gr. IV. p. 417 ff. (mo jedoch irrig zwei verſchiedene Meleager angenommen
werben). Jacobe ad Antholog. Graec. T. VI. (Comm. Vol. 1,1.) p. XXXVIff.
vgl. T. XIII. p. 915 f. und die Charafteriflit von Sainte Beuve in der Revue
d. deux mondes. Nouvell. ser. T. XII. p. 1006 ff. [B.]
Meleagrides, Töchter des Deneus, Schweftern des Meleager, hießen
Borge, Curymede, Deianira, Melanippe. Nah dem Tode ihres Bruders
(f. 8.1737 f.) meinten fle unaufhörlih an feinem Grabe, bis fie Artemis mit
einem Stabe berührte, in Vögel verwandelte, welche fie Melcagrides (Perl:
hühner) nannte, und auf bie Inſel Leros verfegte, wo fle alljaͤhrlich einmal
um den Meleager trauerten. Zwei, bie Gorge und Delanira, blieben auf .
Verwendung bed Dionyſos unverwandelt. Anton. ib. 2. Ovid Met. VII,
352. Apoll. I, 8, 3. — Auf Goltz'ſche Münzen gebaut iſt das Schriftchen von
8. Beger: Meleagrides et Aetolia, Colon. Brandenb. 1696. 4. [W.]
Melengri vallam (Melsaygov yapaf, Strabo XVI, p. 751.), ein
Kaſtell (?) Syriens in der Ebene nörhlih von Antiochia am —*— Oeno⸗
poras, bei welchem der ſyriſche König Alexander Balas von Demetrius ges
ſchlagen wurde und der dem Legtern helfende König Ptolemäus Philgmetor
fein Lehen verlor. Vgl, auch Liv. Epit. LI. u. 1 Marc. 11, 15. 18. [F.J
1740 Meles — Melomses
Meles (MeAns, Som. Hymn. VIII, 3. Ep. IV, 7. Ephor. fr. 164.
Strabo XII, p. 554. XIV, p. 646. Pauf. VII, 5, 6. Schol. Btol. V,
2, 7. Blin. 7, 29, 81. Stat. Silv. III, 3, 60. 7, 33., nah Hecat. fr.
213. aus Steph. Byz. p. 454. auch Mainrog), ein bei Smyrna fließenves
Küftenflüßhen Joniens, an defien Duelle man eine Grotte zeigte in welder
Homer feine Gefänge gedichtet Haben follte, ver daher auch den Beinamen
Meinayerns erhielt (Vit. Hom. c. 2. Pauf. u. Stat. 11. 1.); daher auch
Meleteae chartae bei Tibull. IV, 1, 200. Bol. Br II. ©. 1423. Sem
Waſſer Hatte nach einer von Morier entdeckten Inſchrift (vgl. Arundel Discov. in
Asia min. II, p. 406. u. Samilton Research. in Asia min. Append. Wr. 38.)
‚große Heilkraft. Man Hält ihn oft faͤlſchlich für das beim Heut. Jomir Fliehende
ſchlammige und ſchmutzige Flüßchen, da er vielmehr das bei Sebi Kirui ent»
fpringenbe, die Ruinen des alten Smyrna beipülende, klare und helle Flüß⸗
den, 20 Stab. öfll. von der Bai ded heut. Smyrna iſt. Vgl. v. Prokeſch
Denkw. II. ©. 158. Hamilton Res. I, p. 51 f. u. p. 543. Hammer in d.
Wiener Jahrb. Bo. CV. S. 25. [F.]
2) Meles aus Athen, flürzte fi, feinem verfhmähten Liebhaber Ti⸗
magoras folgend, die Akropolis hinab, PBauf. I, 30, 1. [W. T.]
Melesagornas over Amelesagoras aus Chalcedon, einer ber älte⸗
fien griechiſchen Geſchichtſchreiber, welchen Dionyf. Halic. iud. de Thucyd.
d, 2. mit Hecataeus, Acufllaus, Sharon u. A. zufammenftelt, und Clem
Alex. Strom. VI, p. 267. vor Gorgias, welcher (mie Cudemos aus Naroe),
ihn ausgebeutet haben fol, anfeßt. Hingegen die Notizen welche fi beim
Schol. Eur. Alc. 2. u. Heſych. s. v. &m' Evovyun finden, und monad mit
Meurfiud bei Apollovd. Bibl. III, 10, 3. Meinoayoopas für Mrmonyopas
berzuftellen iſt, fcheinen der Ardic des Atheners Amelesagoras anzugehören,
aus welcher Antig. hist. mir. 12. ein ®ragment mitthell. Bol. Mor
d. hist. gr. I, 1. p. 22. Meurflus zu Antig. a. O. u. Bd. I. S. 1218. [West]
2) Einen Scher Melefag. aus Eleuſis nennt Mar. Tyr. Serm. 22. [B.]
Melesander (Msino«röoos) 1) Athenifcher Beloherr, im I. 430
gegen Carien und Lycien mit 6 Schiffen ausgefandt, fällt in Lyeien. Thuc.
Il, 69. — 2) aus dem attifhen Demos Angele, Haupt einer Symmorie
(Boͤckh Urt. über d. Seew. VIII, b. 15.), wahrſcheinlich derſelbe gegen
welden die in Olymp. 104, 3. (862 v. hr.) gehörige, fälſchlich dem Di:
narch zugeſchriebene Rede drte T7s rompreyia; geridhtet war (Dionyf. de
Dinarcho c. 18.). Boͤckh Urk. ©. 29. [K.
Melesermus (MeArosouos), ein Sophift in Athen, welchem bei Sui⸗
da8 und Cudocia (p. 301.) zahlreiche Briefe beigelegt werben, wie zehn
Bücher Hetärenbriefe (wenn die Lesart richtig if), ein Buch von Briefen ber
Bauern, ein anderes von Köden, von Feldherrn und von Tiſchgenoſſen. [ B.]
Melesias, ein Hieronife und Lehrer der Gymnaſtik auf Uegina, wahrf.
aus Athen gebürtig. Er hatte zu Nemen im Mingen ber Ayavacı und im
Panfration der Dänner geflegt: daher er fh auch vorzügli als Lehrer in
biefen Kampfarten und im Wettlaufe auszeichnen mochte, zumal da diefe von
den Aegineten ganz beſonders getrieben mwurben. Gein Lob fingt Bindaros
(Nem. VI, 66 fj.). Der Sieg des Aegineten Alfimevon war ber breißigfie
von denen melde überhaupt Schüler des Melefla® geivonnen Hatten. Die
Zeit feiner nemeiſchen Siege Täßt Fi nicht genau beſtimmen. Schol. zu Bin.
Ol. VIII, 81, p. 200 ®. zu Nem. VI, 108. p. 473 8. — 2) u. 3) Vater
und Sohn des Thukydides, des Gegners des Perikles, ſ. Thucydides. [ Kse.]
" Mielesigönes, ſ. Meles Nr. 1.
Melesses (Liv. XXVIII, 3.), Völkerfihaft in Hiſpania Bätica in einer
fruchtbaren und an Silber reichen Gegend, welcher die reihe Stadt Oringis
(in einer andern Stelle des Liv. XXIV, 42. Aurinzx genannt, wahrſch. auf
Mölöte — Melia 1741
die civ. stipend. Oningis des Plin. IN, 1, 3.) gehoͤrte (wahrſch. zwiſchen
Monclova u. Ximena de fa Brontera zu ſuchen). [F.]
mölste (Meidrn, meditatio), eine der vier Mufen melde Töchter des
zweiten Zeus waren, Gic. N. D. III, 21, 54. Bei Pauſ. IX, 29, 2. wird fle
auch) unter den drei Mufen aufgeführt welche die Aloiden annahmen. [W.T.]
Melätt Sinus (MeArzov voAnos, Heat. fr. 213. aus Steph. Byz.
p. 454.), Eleiner Golf des ägälichen Meeres bei Smyına, in welche fich das
Flüßchen Meles (i. d.) ergoß. [F.]
Melötus (Meintng nad) den befiern Codd. des Blaton u. Kenophon
flatt Meireng, f. Bornemann zu Xen. Memor. I, 1.), oligarchiſch gefinnter Athe⸗
ner, Genoſſe des Emphiletuß, in den Hermokopidenprozeß verwickelt (Andocib.
de myst. p. 111, 94. Bekk. p. 12. Steph.), im Dienfle der Dreißig, na»
mentlich gegen Leon (ſ. S. 916. Nr. 53.), tritt mährenb der attifchen Unruhen im
J. 403 mit König Pauſanias in Verbindung und geht privatim mit Kephiſophon
nad Sparta, um Briedendvermittlung zu erbitten (Xen. H. 11, 4, 36.). Er
iſt en x dem Bolgenven (ſ. Forchhammer, die Athener und Socrated
©. .).
2) Meletus (MeArzog), nidt Melitus (MeAızos, f. Stallbaum ad Pla-
ton. Euthyphr. p. 2. B. und Andere bei Kayfer p. 285.), iſt einer ber drei
Ankläger des Socrates (Olymp. 95, 1.), aus dem Demus Pittheus (f. Plat.
Euthyphr. p. 1. B. mit den Scholien). Er fcheint zur Zelt dieſer Anklage,
bei der er im Namen der Dichter aufgetreten war (f. Diogen. Laert. II,
6. 39.), noch fung geweſen (ſ. Plat. I. I. und Apolog. Socr. p. 25. BE.
vgl. 24. A.), und auch fung geftorben zu feyn, wenn die Nachricht glaube
würbig ift daß die Athener bald nad ver Hinrichtung des Sofrated befien
Verurtheilung bereut und feinem Anfläger darum daſſelbe Loos bereitet (Diog.
1.1. 6.48. und VI, $. 9. vgl. Diodor. Eic. XIV, 37.), nah Suidas (s. v.)
ihn fogar gefteinigt. hätten. Nach Athenäus (XII, p. 551. E.) war er von
ſehr ſchwächlichem Körper; über feinen Charakter vgl. Blat. Euthyphr. 1.1.
Apolog. Socr. P 24. C. 26. E. unb andere Stellen im Onomastic. Platon.
p. 1043. d. Züri. Ausg. In der Komödie murbe er verfpottet (Ariftoph.
Ran. 1302. Ael. V. H. X, 6. Suib. s. v.). Daß er ein Redner geweien
fei berichtet Suidas, bezeichnet ihn auch als Verfaſſer von Tragödien; und
wirflih nennt der Scholiaft des Plato (zur Apol. init.) ‘eine Xragöble
(Ordımodea) melde in demfelben Jahre wie die Störde des Ariftophaned
zur Aufführung gefommen (f. Bothe Fragıpm. Aristoph. p. 126 f.); ber
Scholiaſt 1.1. u. ad Ran. 1337. bezeichnet ihn als einen matten und ſchlech⸗
ten Dichter. Außerdem feheint er Skolien und erotifche Lieder gebichtet zu
haben (f. Ariſtoph. Ran. 9302. Athen. XII, p. 605. E.). Hieraus er
heilt warum Meletus als Vertreter ber Dichter bei der Anklage des Socra⸗
ted genannt wird (vgl. auch Plat. Apolog. p. 23.E.). ©. im Allgemeinen
Babric. Bibl. Graec. Il. p. 311. 454. Welder Griech. Trag. II, ©. 970.
Kayſer Hist. crit. Trag. Graecc. p. 284 ff. [B.]
Meilfel, f. Melpis.
Melia (Meiia), Name mehrerer Nympben. 1) Okeanide, von Apollon
geraubt (Bauf. IX, 10, 5.) und zur Mutter des Iömenlos und bes Tenerod
(Bauf. IX, 26, 1.) gemacht; verehrt in dem thebäifcgen Upollotempel Jome⸗
nion. Pind. Pyth. 11. in. Strabo p. 413. — 2) Okeanide, von Inachos
Mutter des Phoroneus und Phegeus, f. oben S. 118. Ovid Amor. III,
6, 25. Apollod. 11, 4, 1. Schol. zu Eur. Or. 920. — 3) Zeugte mit
Seilenod den Pholos, Apollod. II, I, 4.; 4) mit Pofeldon den Amykos,
Apollon. Arg. Il, 4. Serv. zu Virg. Ae. V, 878. — 5) Die Media oder
Meiındeg find bei Kallim. h. in. Jov. 47. Ammen des Zeus, bei Heſ. Theog.
187. aber neben ben Erinyen und Giganten aus den Blutstropfen entflanden
1744 Melisıus
nutrierant. Melissam vero a patre primam sacerdotem Matri magnae con-
stitutam, unde adhuc eiusdem Matris antistites Melissae nuncupantur. [W.T.]
2) MeAıooevs, Verf. eines Werfs über Delphi, |. Tzetz. chil. VI,
90. Schol. zu Heſiod. p. 29. [B.]
Melissus, Sohn des Ithagenes aus Samos, befehligte die Flotte der |
Samier, welde über die Athener (Olymp. 85) einen Seefleg erfocht (f. Pfut.
Pericl. 26. u. dazu Sintenid p. 186.), und ift nicht minder angefehen als
Philofoph, deſſen Blüthe Diogenes von Laerte (IX, 24.) nah Ayollonius,
um Olymp. 84. feßt. Als Schüler des Parmenides wird er gemöhnlid
den Eleaten zugezählt, doch fol er auch den Heraflitus gehört haben (f. Dio»
genes 1. 1.). Ueber feine Lehre gibt uns der erfle Abichnitt der Ariftotelifchen
Schrift de Melisso, Xenophane et Gorgia (mie den Titel jet Mullach, nad
Spalding Vindic. philos. megar. p. 56., wieberbergeftellt hat in feiner Aud-
gabe, Berlin 1846. 8. ſ. bei. p. XIV. f.) Aufſchluß; dann haben fi aber
auch einige Bruchſtücke einer von Meliffus ſelbſt in Proſa abgefaßten Schrift,
welde nad Suidas den Titel eu: Tod orros, nah Galen nepi Yvozw;,
vielleicht auch epi Tijs Yvosws xas tod Orzrog (vgl. Mullach p. 83.) führte,
bei Simplictue (physic. p. 22.B.) erhalten, welche bet Brandid Commentatt.
Eleatt. I, p. 186 ff. und bei Mulah a. a. O. p. 80 ff. zufammengefellt
und georbnet find. Wir ſehen daraus, daß fein philoſophiſches Syſtem fid
dem ded Parmenides im Wefentlihen annäheate: auch M. faßte das Seyn
als dad Bine und “"Ungerheilte, der Veränderung nit Unterworfene, Einige,
dur und durch Gleiche, als das Unbegränzte, Unendliche und Ewige auf;
die finnlichen Babenefmungen waren au ihm nur ein Schein, trüglich, wie
Alles was in die Sinne fällt und darum fein wahres Seyn hat. Hinficht⸗
Ü der Götter wies er jede Erklärung ab, indem es von ihnen Feine Er⸗
kenntniß gebe (f. Diogenes 1. 1.). Ein Mehreres über feine philoſophiſche
Lehre ſ. bei Nitter Geſch. d. Philoſ. I. S. 498. Brandis a. a. D. und
Geſch. d. grieh.sröm. Philoſ. I, S. 397 fi. Vgl. au Fabric. Bibl. Graec.
1, p. 659 f. Wohl identiſch mit dieſem famifchen Philoſophen tft der von
Paläphatus am Anfang feines Werkes zugleih mit einem Samier Lamiscus
genannte Meliſſus, wenn anders der dort gebrauchte Ausdruck ouyypapavz In
weiterem Sinne, alio nit blos von einem Geſchichtſchreiber, zu verſtehen if.
— 2) Mel. aus Euböa (f. Fulgentius Mythol. II, 16.), gehörte zu den
jenigen PHilofophen die den alten @öttermyiben eine phyſfikaliſche Bedeu⸗
tung unterlegten. — 3) C. Melissus, zu Spoletum als Freier geboren,
aber ausgeſetzt; eine forgfältige Erziehung bildete feine Fähigkeiten aus und er
wurde dem Mäcenas ald Grammatifer geihenft. Seine Mutter reclamirte ihn
zwar, aber ihm gefiel es fo wohl bei Mäc. daß er es vorzog bei dieſem zu
bleiben; er wurde von ihm freigelafien und bald au mit Auguft befannt
und ihm theuer. Sechzig Jahre alt begann er, ut ipse tradit, libellos
Ineptiarum gvi nunc Jocorum inscribuntur zu ſchreiben, absolvitqve
centum et qvingqvaginta, qvibus et alios diversos postea addidit. Fecit et
novum genus togalarum inscripsitqve trabeatas (f. d. A.). Guet. ill.
gr. 21. Auf ihn bezieht ſich wohl au Ovid ex Pont. IV, 16, 30. et tua
cum socco Musa, Melisse, levi. Wahrſcheinlich iſt er auch. der bei Servius
zu Virg. Aen. IV, 146. u. VII, 66. (vgl. Xeuber De Servii Vita et Com-
mentt. I, p. 50.) genannte Melissus, der auch über die Bienen geſchrieben
batte, fowie ber bei Plin. XXVIIE, 6, 17. angeführte Maecenas Melissus ;
auch nennt Plin. unter den von ibm zu Bud VII, IX, X, XI, XXXV. be
nußgten Quellen einen Melissus. — 4) Der Grammatiker Lenaeus Melissus,
Bei Suet. ill. gr. 3. — 5) Der Ältere Beitgenoffe des Gellius, Me lius Me-
lissus, ein in Rom fehr angefehener, aber au prahlhafter Grammatiker,
Mellta 1745
unter deſſen Schriften Gellius (N. A. XVII, 6.) ein Werl De loquendi
proprietate anführt. [B.
6) Römifcher Töpfer auf dem Henkel eined irdenen Kruges von Augft
mit der Inſchrift: M. N. MELISSI ET. MELISSEI, f. Roth, Mitth. ver
Geſellſch. f. vaterl. Alterth. in Bafel I. S. 15.; ferner auf einer in Tunis
gefundenen Lampe des Leidner Dujeums, Janfſſen Mus. Lugd. Inser. p. 149.
Auf einer ähnlichen Lampe deſſelben Dufeums if die Infor. MELI. [W.}
Melfta (Mein), 1) Eine bekannte, zuerfi von Scylar p. 50. ges
nannte, aber erſt von Diod. Sic. V, 12. näher befchriebene Infel des mittell.
Meeres, fünl. von Sicilien in hoher See gelegen (800 Stab. od. 20 g. M.
von Syrafus, Dior. 1. 1., 88 Mil. vom Borgeb. Pachynus, Strabo VI,
p. 277. u. 500 Stab. von der Infel Coffura, id. XVII, p. 834 ), als deren
ältefte Bewohner die Phönizier erieinen (Diod. 1. 1.), welche bie Pleine und
felfige aber doch fruchtbare (Ovid. Fast. III, 567.) und mit einem guten
Hafen verfebene Infel zu einem ſichern Stapelplape ihres Handels im Mittel-
meere auderfeben hatten. Später finden wir fle, au von Griechen bevölkert
(vgl. Abela in Melita illustr. p. 128 ff. p. 194 ff.), in den Händen ber
Kartbager (weßhalb fie im erflen pun. Kriege vom Gef. Attilind geplündert
wurde, Orof. IV, 8.), von denen fle im zweiten pun. Kriege an bie Roͤmer
überging (Liv. XXI, 51.), die fie nun vom Brätor Siciliend mit verwalten
ließen, aber ſehr vernadgläßigten, fo daß fle bald eine Station ber Seeräuber
wurde (Gic. Verr. IV, 46.). Der Hauptinduſtriezweig der @inmohner (Me-
Aıraioı, Melitenses) war bie Babrifation feiner Baummollenftoffe (Cie. und
Diod. 1. 1. vgl. Weſſel. ad Diod. 1. 1. und Eluver II, 16. p. 425.).
Außerdem führten fie viel Honig aus (Cic. 1. 1.) und auch die von den
röm. Damen fo geliebten Schoßhündchen, catuli Melitaei, wurden nach Strabo
VI, p. 277. von dieſer Infel bezogen, während fle Andere (wie Gallim. bei
Plin. II, 26, 30. u. Steph. Byz. p. 455.) vielleigt richtiger der gleich“
namigen Infel vor der illyriſchen Kuͤſte zufchreiben. Die Infel enthielt eine
gleichnamige von den Barthagern angelegte (Stepb. Byz. 1. 1.) und ſchön
gebaute (Died. 1. 1.) Stadt (Eie. 1. 1. Ptol. IV, 3, 47.) in einiger Ent⸗
fernung vom Hafen landeinwärts (an der Stelle des heut. Ia Valette) und
zwei berühmte Tempel, einen der Juno auf einer Landzunge unfern der Stadt
(Eile. u. Ptol. 1. 11.) und einen deo Herkules auf der Süpoftfpige der Infel
(Btol. 1. 1.), wo fich bei Porto di Marfa Siroco noch Spuren eines alten
Gebaudes finden. Bon der glüdliden Landung des Apoſtel Paulus auf ihr
nach einem heftigen Sturme (Apoſtelgeſch. 27. 28.), ift die Infel Malta
noch jegt dem heil. Paulus geweiht. (Denn gemiß irren diejenigen melde
auch bier an jene Infel bei Illyrien denken. Vgl. Tzſchuck. ad Melam
Vol. II, P. 2. p. 867. u. Mannert Geogr. IX, 2. ©. 449 f.) Webrigend
vgl. Über fie auch Mela II, 7, 18. Plin. III, 8, 14. Ptol. VIII, 14, 19.
und Hinfigili ber wahrſcheinlichen Etymologie des Namens (vom ſemitiſchen
v5» u. murbn, d. 1. efflugium) Bochart de coloniis Phoenicum I, 26.,
über die Duantität bed Namens aber mit Furzem i Apoll. Rhod. IV,
572. Ovid. Fast. II, 567. und Silius XIV, 252. (wo fi die gried.
Form Melite findet, während das It. Ant. p. 518. ſchon die Form Malta
zu enthalten ſcheint) und über den heutigen Zuſtand der Infel in Verglei⸗
chung mit dem alten: Niderſtedt Melita vetus et nova in Gronovii Thes. Ant.
‚Gr. VI, 8 3027 ff. u. Ancient and modern Malta. London 1825. 2 Boe.
‚— 2) @ine kleine Infel des adriatiſchen Meeres vor der Küſte Illyriens
| (oder genauer Dalmatiens), der Halbinfel Hylles gegenüber, nach dem It. Ant.
p. 920. 200 Stab. nordweſtl. von Epidaurus (Scylax p. 8. Steph. Byz.
p. 455. Plin. III, 26, 30. Agathem. 1, 5. Tab. Peut., bei Ptol. IE,
‚17, 39. Meisenyn), von welcher nah Plin. u. Steph. die catuli Melitaei
Pauly, Real-Enchelop. IV. 110
1746 Melitaen — Melitöne
kommen folten (f. Nr. 1.); j. Melive oder Meleda. Dal. Pouqueville
Voyage I, p. 27. — 3) Demos in Xttica (vgl. Bo. I. ©. 946. 951. 959.
und dazu Strabo I, p. 65. 66.; vgl. Pauf. I, 23, 11. PBlin. IV, 7, 11.)
der feinen Namen von einer gleichnamigen Nymphe mit welcher Herakles
Umgang gepflogen, und daher auch einen berühmten Tempel biefes Heros
mit Heilquellen hatte (Schol. Ariſtoph. Ran. 113.). Krufe Hellas H. 1.
©. 141 f. ſucht ihn und namentlih das von Plin. a. a. O. erwähnte oppi-
dum Melita auf der Oberfläche des Muſeion, mo ſich in drei der Akropolis
gegenüber in den Bellen gehauenen Höhlen noch Spuren alter Bäder finden
follen (vgl. Dodwell Class. Tour. I. p. 394 ff.); Forchhammer aber (To⸗
pogr. von Athen in d. Kieler Stubien ©. 336 ff.) bezeichnet die ganze Ge⸗
gend vom heiligen Ihore bis zum Muſeion herab mit dem Namen Melite.
— 4) f. Melitene Nr. 1. — 5) Ein See in Aetolien zwifchen dem See Cynia
und der Mündung des Achelous, blos '/, Stad. vom Meere, ver zum Ge-
biete der Stadt OniabÄ gehörte und 30 Stab. lang u. 20 Stab. breit war
(Strabo X, p. 459.). Pouqueville Voyage IH. p. 189. u. 196. Hält ihn
für den See von Tzambaraki, Leake North. Greece III. p. 573 f. aber für
den Sumpf von Trifhardo. Lebrigend vgl. auch Kruſe's Hellas 11. 2, ©. 214.
— 6) f. Samothrace. [F.
7) Xochter ded Nereus und der Doris, Hom. Il. XVIIL, 42. Gef. Theog.
246. Apollod. I, 2, 7. Virg. Aen. V, 825. — 8) Nafade, Tochter des
Stromgotted Aegäos, gebar dem Herakles unter den Phäaken den Hyllos,
Apollon. Arg. IV, 538 ff. [W.T.]
Melitaen (Melraie, Scyl. 6. 64. p. 24. Huds. [wo Salmaflus,
unftreitig mit Recht Meiıraie ſtatt Medıradas gelefen wiffen will, was
auch Ball in den Text aufgenommen hat] Strabo IX, p. 432. 434. Plin.
Iv, 9, 16., bei Steph. By. p. 455. Meiırzaıx) oder Melitta (Meisreıe,
Polyb. V, 97, 5. IX, 18, 8. bei Thuc. IV, 77. u. Dicäaarch. p. 21. Huds.
vulgo Meitia u. bei Ptol. III, 13, 46. MeAcraope), eine alte gut befefligte
(Polyb. V,97. Diod. XVII, 15.) Stadt Iheffaliens in der Landſch. Phthiotid,
am nörblichen Abhange des Geb. Othrys und in der Nähe des BI. Enipeus,
10 Stab. von der alten Stadt Hellas u. etwa 5 g. M. (einen ſtarken Nacht⸗
mars, Polyb. 1. 1.) ſüdlich von Lariffe. Sie fol früher Pyrrha geheißen
haben, und auf ihrem Darfiplage zeigte man bad Grabmal des Hellen
(Strabo 1. 1.). Philipp von Macedonien unternahm einen vergebligen An⸗
griff auf ſie (Polyb. 1. I.). Sie ift beim Heut. Keuzlar zu ſuchen. Bol.
Xeafe North. Greece IV. p. 470. [F.]
Melitäxa Neitape) 1) Bleden in Phrygia Magna an der Grenze
von alatien, bei Ptol. V, 2, 24. — 2) |. Melitaea. [F.] |
Melitöne (Mein) 1) Landſchaft im nörblichern Thelle von Ar-
menia Minor oder im öfllihen der großen cappadociſchen Hochebene, zwiſchen
dem Antitaurus und Euphrated (Strabo XI, p. 521. 528. XI, p. 933.
Biol. V, 7, 5. Plin. VI, 3, 3.), die zu Strabo's Zeiten (XII, 937.) noch
Feine Städte enthielt, aber äußerft fruchtbar und ganz mit Bruchtbäumen be⸗
fegt war, ſelbſt Del und einen fehr guten Wein (oiros Mor«oreng) hervor»
brachte, der den beflen griech. Sorten nicht nachſtand (id. XH, p. 535.).|
Später aber hatte fie eine gleihnamige Hauptflabt (Biol. 1.1. u. VII, 17, 39.
Dio Caſſ. LV. 23. Steph. Byz. p. 456. Plin. V, 24, 20. Hierocl. p. 703.
u. A., bei Brocop. B. Pers. I, 17. u. de aedif. IIl, 4. Melitine, und bei
Plin. VI, 3, 3. auch Melita genannt), die nah Blin. 1.1. freilich ſchon vor.
ber Semiramis erbaut worben fein fol, d. 5. wahrſch. fpäter aus einem:
uralten Kaſtell (dergleichen na Strabo p. 937. allerdings auch ſchon früher
in M. vorhanden waren) in eine Gtabt verwanbelt wurde, an einem Neben
fluͤßchen des nicht weit von ihr fließenden Guphrat (Abulfed Tab. XVII,
Meliteus — Mellaria 1747
p. 304.), in einer jehr gefunden und fruddtbaren Gegend Tag (Novell. 31.),
bis ind 1. Jahrh. noch unbedeutend war (Tac. Ann. XV, 26.), durch Trajan
aber zu einer bebeutenden Stadt erhoben (Procop. de aed. 1. 1.) und nun
als Mittelpunkt mehrerer in ihr zufammenlaufenden Straßen (It. Anton.
p. 157. 209. 211. 215.) eine ber anſehnlichſten Städte im Innern Klein⸗
aflens wurde, melde Anaftaflus und Juſtinian mit neuen Mauern umgaben
und verfhönerten. Seit der Regierung des Titus war fie fortwährend das
Standquartier der berühmten Legio XII. Fulminata (f. oben S. 892.), und
feit ver Ihellung Armentend in 2 Provinzen Hauptfſtadt von Armenia Se-
cunda. Bei ihr erfochten die Roͤmer im 3. 577 n. Chr. einen Sieg über
den Perferfönig Chosſsroed I. — Andere Stäpte der Landſch. waren Arabissus,
Ciaca, Lagusa u. Sinis. — 2) Nah Ptol. VI, 3, 3. au Name des weſt⸗
lichſten am Tigris gelegenen DifttiftsS von Suflana. — 3) f. Melita 2). [F.]
Mellteus, als Sohn ded Zeus von feiner Mutter, einer orthreiſchen
Nymphe, aus Furcht vor Here audgeieht, durch des Vaters Beranftaltung aber
im Walde durch Bienen ernährt. So fand ihn Phagros, ein anderer Sohn
jener Nymphe, nahm ihn zu fi und benannte ihn nad feinen Ernährern,
den ueAızraı. Mel. gründete fpäter Dielite in Phthia. Anton. Lib. 13. [W.T.]
Melitiadas, f. Melitaea.
Mellto (Melitor), Verfaſſer einer größeren Schrift über bie attiſchen
Geſchlechter und Familien, welche Harpocratio s. v. Kaderos anführt. —
2) Ein tragifcher Dichter dieſes Namens in einem Epigramm des Lucillius
(Nr. 85. oder XI, 145.). Vgl. Anth. gr. IX, p. 506. ed. lac. — 3) Ein
Arzt Melito kommt bei Galenus vor, |. &abric. Bibl. Graec. XIII, p. 329.
d. Alt. Ausg. [B.]
Meiıtwöns, die Honigfüße, euphemiſtiſches Epitheton der Perſephone
bei Theofr. XV, 94. Porpbyr. antr. Nymph. p. 261. [W.T.]
Melitonus , ein 6lo8 im It. Hierof. p. 606. vorkommender Ort im
meftlichften Theile Macedoniens an der Via Egnatia zwifchen Heraclen Lynceſt.
und Cdeſſa, der wahrſch. von der flarfen Bienenzucht in dieſer Gegend feinen
Namen hatte. Vogl. Wefiel. ad Itin. 1. 1. u. Tafel de Viae Egnat. parte
occid. p. 40 f. (welcher den Ort, ber wohl eigentli$ Melitto, MaAırror,
geheißen in Lynceſtis und in der Nähe des heut. Florina ſucht). [F.]
Melitus, ſ. Meletus.
Melttwssa (Melizovoo«, Polyb. XIII, 10, 3. aus. Eteph. By.
p. 456.), Stadt in Illyrien. [F.]
Meltum, Flecken Latiums bei Mom, vor der Porta Capena. [F.]
Melius (MrAıns), 1) Sohn des Priamos, Apollod. II, 12, 5. —
2) f. Roma, Topographie.
Melizigara (Mei:.Ley,aoa, Arrian. Peripl. mar. erythr. p. 30.) ein
Handelsplatz der Landſch. Ariaca an der Weſtküſte von India intra Gangem,
welchen Ptol. VH,.1, 95. ald eine vor ber Küfte gelegene Infel Namens
MiAslmyvors oder MiAccıynois erwähnt. Mannert V, 1. ©. 141. hält fie
für die Eleine Küfteninfel und ven Flecken Arnaul nördlich von Baffain. [F.]
Mella, Fluß, f. Mela Nr. 2.
Mellapocapsas, Vorgeb. am Bosporus Thracius, Dionyf. Byz.
p. 4. Huds. [F.]
Mellaria (Meilaoia, Strabo III, p. 140. Blut. Sertor. 12. Mela
H, 6, 9. Plin. IH, 1, 3. Geo. Rav. IV, 42., bei Ptol. II, 4, 6. Mor-
oadic, bei Marcian. p. 39. MerAapia, u. bei Steph. Byz. v. Bijlos p. 164.
Mriagıe), Stabt der Bafluler (Ptol. 1. 1.) in Hifpanta Bätica zwiſchen
Belon und Balye, an der Straße von Bades nah Malaca (It. Ant. p. 407.),
mit großen Pöfelanftalten (Strabo 1.1.); wahrſch. zwifchen Tarifa und Val
de Barca zu fuchen (vgl. Mom. de PAcad. des Inscr. XXX. p. 107.), na
1748 Meileigsrs; — Möälos
ben Philos. Transact. XKX. p. 920. aber Bal de Vacca ſelbſi; nad Brietius
Parall. I, 267. minder richtig Millares. Vgl. Ulert IE, 1.6. 344. — 2) eine
zweite, viel nörblicger gelegene Stadt derfelben Provinz jenfelt des Bätis an
der Straße von Corduba nah Emerita (Plin. II, 1, 3. It. Ant. p. 419.
Inſchr. bei Gruter p. 321, 10. Morales Ant. p. 19. u. Florez Esp. Sagr.
IX. p. 20.), wahrfch. das heut. Fuente Dveluna (vgl. Weſſel. ad Itin. 1.1.),
nah Reichard aber Torremilano. [F.
Meiisipersz, |. Bd. II. ©. 162.
Mellissurgis (It. Ant. p. 320. u. 328., auf ber Tab. Peut. ver-
ſchrieben Melissirgis), Ort in Macedonien an ber Via Bgnatia zwiſchen Iheifa-
Ionica und Apollonia, ber feinen Namen von der Sonigbereitung erhalten
batte, welche noch bis auf den heut. Tag in dem unter dem alten Ramen
(Meliffurgus) noch vorhandenen Drte betrieben wirb (1. Leake North. Greece
II. p. 461.), fo wie au im nahen Theſſalonich noch flarker Honighandel
Statt findet (Clarke Travels II, 3. p. 366.). Bgl. den Urt. Melitonus u.
Tafel de viae Egnat. parte orient. p. df. [F.]
Meilom (bei Plut. MeAwor), ein reicher Ihebaner (Plut. de gen. Socr.
18.), nach der Belebung der Cadmea durch die Lacedämonier (383 v. Chr.)
flütig, bei der Befreiung Thebens einer der thätigften (Blut. Polop. 8.
11. 12. de gen. Socr. 1. 18. 29. 30., im Ginzelnen abweichend Zen. Hell.
V, 4.), in der erflen Volföverfammlung zum Böotarden erwählt mit Velo»
pidas und Charon (Plut. Pelop. 13.). [K.]
Mellöns und Mellonia, vie Göttin der Bienenzucht und des Honigs,
Augufl. C. D. IV, 34. Arnob. adv. g. IV, 7. 8. 11. [W.T.]
Mellosecium (Tab. Peut.), Ort der Mebuli, eined Alpenvolls in
Gallia Rarbonenfl, nad d'Anville Not. p. 432. j. Mizouin (wofür ber
Name zu ſprechen feheint), nah Ukert IE, 2. S. 459. aber das nahe Bourg
d'Oyſans. [F.]
Melobius (MnAoßıos), einer von den Dreißig in Athen (Zen. Hell.
1, 3, 2.), ſchonungolos habfüdtig. Lyſ. in Eratosth. p. 97. |[K.
Meloböson, MrAoßone u. MnAoßorn, eine Dfeanive. Gef. Theog.
354. Pauſ. IV, 30, 4. Som. h. in Cer. 420. [W.T.]
Melocävas (Meioxavas, Btol. II, 11, 29.), Ort im britten Klima
Germaniens, nad Mannert II. ©. 465. u. Wilhelm in der Gegend von
Fulda, nach Reichard aber Melchede an der Ruhr in Weſtphalen. [F.]
Melodünam (Cãſ. B. G. vo, 58. [vielleicht auch vn, 61., we
wenigſtens Ufert II, 2. ©. 477. flatt Metiosedum aud) Melodunum gelejen
wiſſen will], fpäter Mecletum, It. Ant. p. 383., auf der Tab. Bent. ver
färteben Meteglum, bei Gregor. Tur. VI, 31. Meciedonense Castrum),
Stadt der Senones in Gallia Lugdun. auf einer Infel der Sequana (GÖi.
1. 1.) und an der Straße von Agendicum nad Lutetia Pariſ.; j. Melun. [F.]
Meloössa (Plin. III, 10, 15.), Infel im Sinus Scylaceus (j. Golfo
di Squillace) an der Oſtküſte von Bruttium. [F.]
Melogonis, |. Lipara.
Möles (MijAog), eine ber bebeutenvern Infeln des Aegaͤiſchen Meeres,
und zwar bie fübweRlichfte von allen, weshalb fie von Ariſtoteles bei Plin
IV, 12, 23. (vgl. Steph. Byz. p. 469.) Zephyria genannt, und von Strabe
X, p. 484. fon In das Kretifhe Meer geieht (vgl. Cuſtath. ad Dion. Per.
526. p. 100. Huds.), von Ptof. III, 17, 11. aber weder zu den Cycladen
(wie von Artemibor bei Straße 1. 1. und von Steph. Byı. p. 464. vgl.
Cuſtath. 1. 1.), noch zu den Sporaden (denen fle font gewoͤhnlich beigeſellt
wird) gerechnet, fondern als ein Anhang zu Greta betrachtet wird, Gie war
nad Strabo 1. 1. 700 Stab. vom bietynnälfhen Vorgeb. auf Greta und
ebenſoweit vom Prom. Scylläum in Argolis enifernt und lag In geringem
mtöälos 1749
ſudlichen Abſtande von Eimolus. Ihr früherer Name fol Byblus ober Byhlis
gemwefen fein (vgl. Salmaf. ad Solin. 11, 17. p. 129.), weil fie ihre erften
Bewohner aus Byblus in Phönicien erhalten habe (Steph. Byz. p. 464.
Feſtus v. Melos, vgl. Plin. 1. J. der aus Callimachus auch -noch den Namen
Mimallis anführt) ; Ihre erften griech. Einwohner aber, Stammgenofien der
Spartaner (Herod. VIII, 48. Thuc. V, 84. Xen. Hell. II, 2, 3. Gonon.
c. 36. ap. Photium p. 449. vgl. Hermann, gried. Staatsalterth. S. 168.),
alio Dorier, befam fie wahrſch. durch Mines von Creta aud und ihren ge-
wöhnligen Namen von einem gewiffen Melos (Euftath. 1. 1.), nad Feſtus
h. v. einem jener phönictihhen Anflebler.* Daher wurbe fie au im Pelo⸗
ponnel. Kriege als treue Anhängerin der Spartaner von den Athenern ver-
wüßte und aller ihrer Cinwohner beraubt, indem alle Männer niebergemehelt,
ale Weiber und Kinder als Sklaven verkauft wurben, worauf eine Atheniſche
Kolonie nach der Infel geſchickt warb (Thuc. V, 115 f. Strabo u. Euftath.
1. 1. vgl. Diod. Sic. XII, 80.), deren Wohlſtand nun für immer vernichtet
war, obgleich die Athener ſie Tpäter wieder verlafien mußten und die Spar»
taner die wenigen Ueberrefte der alten Einwohner fammelten und dahin zu»
rückführten. Uebrigens war die Infel, die nah Plin. 1.1. Solin. c. 11, 17.
u. Iſidor. Orig. XIV, 6. eine völlig runde Gehalt hatte (mährenn fie jet
mehr einem Bogen gleicht), fehr fruchtbar (Theophr. de caus. pl. IV, 12.
VIII, 3.), enthielt Heiße Quellen (Plin. XXXI, 6, 32. vgl. Thevenst Voy.
I. p. 341. u. Tournefort Voy. I. p. 192.), und Hatte Ueberfluß an gutem
Wein, Del, Obſt, Salz, Alaun Bin. XRXV, 15, 32. Diotcor. V, 123.
vgl. Celſ. VI, 19.), Bimflein (Plin. XXXVI, 21, 42. Theophr. de lapid.
p. 394.), weißer Mineralfarbe (Melinum pigmentum, Plin. XXXV, 6, 19.
Bitruv. VII, 7. Diokcor. V, 180. Theophr. de lapid. p. 400. Aelian. V.
H.11,2. Plaut. Most. I, 3, 107. Digest. XXXII, 1, 78. 6.5.) u. Schwefel
(nah Plin. XXXV, 15,50. dem beflen den dad Altertum überhaupt Tannte,
vgl. auch Dioscor. V, 124.), au eine gleichnamige Stadt (Ptol., Blin. n.
Euſtath. I. 11.), die no unter dem alten Ramen vorhanden iſt und einen
fehr guten Hafen hat, melden fon Scylax $. 49. p. 19. Huds. erwähnt.
Ste war der Geburtsort des Philoſophen Diagerad (ic. N.D.I,1. Aelian.
v. H. 1I, 23. Minuc. Bel. c. 8. Plin., Euflath., Guild. u. Steyb. Byz.
1. 1., zu welchem Letzteren die Ausleger zu vergleihen find, ba nad ber ger
wöhnlichen Ledart au Sorrates und Ariſtophanes Melter fein mürben).
Ueber das heut. Milo vgl. Tournefort Voyage I. lettre 4. p. 174 fi. The»
venot Voyages I. p. 341 f. Xavernier Voy. I. p. 485. (ed. a. 1724.).
Dapper des Isles de l’Archipel p. 359. Kinsbergen Reife S. 18 ff. v. Prokeſch
Dentwärd. I. S. 331ff. u. II. ©. 204 ff. Fiedler Reife II. S. 369 fj. Leake
North. Greece III. p. 77 ff. u. U. (Roß hat in feiner Reife die Infel niet
berührt.) Auf der Infel gefundene Inſchriften f. im Corp. Inser. Gr. II,
2424— 2441. u. in der Exped. scientif. de Mor6e IH. p. 47. [F.]
Mölos, Mölfel. Der weite moberne Begriff des Wortes Lyrik ſchließt
au die Blegie, Jambik u. dgl. mit ein; in der antiken Poeſie wirb von
biefen Arten beſtimmt vie Melik unterfchieden, am meiſten entfprechend dem
fireng-fubjectiven Theil der neueren Lyrik. Im antiten Sinne aber iſt das
unterjcheidenbe Merkmal der Melik die urfprünglide und innige Verbindung
mit dem Sefange ober vielmehr mit muſikaliſcher und or&eftifäger Darſtellung
fowobl durch Ginzelne wie durch Chöre. Das Melod iſt Lied (im Unterſchied
von Gedicht), es Tann ohne die mufllalifche Seite fo wenig eriftiren und
gedacht werden wie die Seele ohne Leib; wiewohl die einzelnen Beſtandtheile
— — ii
® Undere leiten den Namen ihrer im Alterthume runden, apfeläpniichen Geſtalt
ober am ihres Fruchtbarkeit wegen von undor.ber, Bel. Vochart Cannan J, 14,
17% mölos .
des Melos zu einander Feinedwegs in dem Berbältuiffe von Seele und Leib
ſtehen. Vielmehr find Text, Melodie und mimiſche Darftelung urfprünglie
nur in verfiebenen Elementen ausgeführte Verförperungen berfelben Seele,
nur verſchiedene Ausdrucksweiſen derfelben inneren Harmonie und Curythmie,
wenn glei mit zunehmender geiftiger Bildung ber Tert, dad Cebit, ein
Vebergewicht über bie Übrigen Elemente gewann. Vgl. über dieſes Verhältniß
den Art. Musica. — In der Geſchichte der griech. Poeſie nimmt die Melit
bie Mitte zwiſchen dem Cpos und dem Drama ein; mit beiden iſt fie durch
Brüden verknüpft: mit dem Epos dur die Elegie, mit dem Drama durch
den Dithyrambus. Das was man von lyriſchen Glementen ſchon vor dem
Epos oder gleichzeitig mit ihm entdecken wollte find ganz Eunftlofe Naturlante
(mie die Linosflage in ihrer erflen Geſtalt, n. U.) oder gleichgeartete Guftuß-
lieder (3. B. Päan, Hymenäus); mas von einzelnen Künſtlerſchulen und
Namen (Apollinifhe Schule: Olen, Bhilammon, Chryſothemid; thrakiſche oder
Demeter-Schule: Mufäus, Orpheus, Thamyris; phrygifche oder Dionyfos-
Schule: Marſyas, Olympus, Hyagnis, f. die einzelnen Artikel) beritet wird
gehört mehr der Geſchichte der Muflf an (fo au der Begriff nomiſche
Poefie) und iſt nad) Chronologie und Inhalt überaus vermorren und unbe»
flimmt. Als eine Kunftgattung aber entfland die Melik erſt nachdem bie
Jonier dad Epos aus feiner Objectivität und Unbegrenztheit mittel des
elegiſchen Diſtichon in die engeren Räume einer politifgen und individuellen
Griftenz eingeführt hatten. Die Blegie ift ber io niſche Beitrag zur helle⸗
niſchen Lyrik; fie bat eine eigentliche Lyrik, eine Melik erfi moͤglich gemacht.
Die Entwillung der Melik ſelbſt theilte fich in zwei Arme welche erft im
Gefolge ver Perferkriege ſich vereinigten: bie doriſche und die (etwas fpäter
Singufommenbe) äolifhe. Bei den Doriern mar in der Menge von
ffentlichen Feſten mit gemeinfamen Aufzügen unter Muſik und Orcheſtik, in
ber rei burdhgeführten corporativen Ötieberung ded Staatd von Altersher
ein fefter Anknüpfungspunft für vie Melit. Es bedurfte nur noch beſtimmter
Normen für die Muflt und Texte für ven Geſang. Beides brachte ihnen
ber Aeolier Terpander, und das Melos war jegt eine Liturgie für bie Zwecke
des Eultus und des Öffentlichen Lebens. Als aber die muflfche Kunflfertig-
feit in Folge dieſes Anftoßes fih unter dem Volke verbreitete, fo ging man
von ber alterthümlichen Cinfachheit und Ginfdrmigfeit ab und verſuchte neue
Stoffe, Veremaße, Rhythmen und Melodien. Die Theilung der Einen langen
Strophe in Strophe und Gegenflrophe war der nächſte Fortſchritt, mit
welchem vie Namen Polymneftos, Sakadas, Xenodamos und Xenofrites in
Verbindung gebracht werben. Der erfte Titerarifche Vertreter dieſer Stufe iR
Alfman, in veffen fünfllerifher Eigenthümlichkeit ſich der angeborne lydiſche
Gharafter mit dem angelebten doriſchen merfmürbig vermifät. Dadurch er
ſcheint er freier, fubjeetiver in feiner ganzen Bewegung und Saltung, viel
mebr ald der etwas fpätere Steſichsros, ein geborner Dorier, wiewohl
aus einer Colonie in Sicilien und daher an die alte Satzung nidt in Ihrer
ganzen Starrheit gebunden. Nah dem Borgange von Sakadas, Gunomos
und Zantbos bearbeitete Steſ. epiſche Stoffe, und dad Ausgehen vom Cpos
zeigte ſich auch in dem Überwiegend daktyliſchen Rhythmus feiner Verſe und
in feiner Bhrafeologie; im Strophendau mar er Epoche machend dur die
Binzufügung der Epode zu den bereits vorhandenen zwei Blementen. An
ihn ſchloß fich am engften Ibykos an, nur daß bei biefem bie erotifgen
Stoffe In demſelben Verhältniß bervortreten wie bei Stef. die mythiſchen.
Ibykos ift übrigens bereits influenzirt durch die fubjective Melit ber heiß⸗
blütigen Aeolſer, deren glänzende Vertreter in der Literatur der ritterlidhe
ALEA08 und die warm und tief fühlende Sappho find, jener den Empfin-
bungen eined dur Parteikämpfe aufgerührten politifgen Lebens, biefe den
Meletis — Melpemönss 4751
Gefühlen gluͤhender Liebe Worte lebend. Formell eigenihümlich if ber Aoli-
fen Melit die ſchlanke monoſtrophiſche Form flatt ver bauſchigten trichoto⸗
mifchen Slieberung der chorifden (doriſchen) Melik; ſie verhält ſich zu dieſer
wie die Elegie zum Epos. Die materielle Eigenthümlichfeit diefer Melik iſt
daß das Individuum als ſolches Gegenfland und Mittelpunkt der Melik wurde.
Darin ſchloß fi ihnen der Jonier Anakreon an, bei welddem ber Lebensgenuß
— der bei den beiden Aeoliern Sache der Leidenſchaft iſt — zum Charakter,
Grundſatz und Syſtem geworben if, eine Anſchauung welche den Stoff feiner
Lieder ausmacht und aus den pfeubosanafreontifhen Gedichten mit läſtiger
Ginförmigkeit wiberflingt. In die dur Anakreon in die Gefahr der Ver⸗
flachung gekommene Melik brachte die Zeit ver Perferfriege neues Leben.
Die in diefer wurzelnne Melik bat einen univerfalshellenifen, einen natio⸗
nalen Gharafıer und zu ihrem Gegenſtande die Interefien von Geſammt⸗
beiten, wie 3. B. die Siege in den Öffentlichen Spielen. Pindar ifl in
diefer Beziehung für unfer Urtheil maßgebend, und er iſt ber einzige Dieliker
zu deflen Verſtändniß wir nicht den Weg über lauter Trümmer nehmen
müflen. Sein Zeit: und Kunflgenoffe Simonides von Keos theilt mit ihm
den panegyriſchen Inhalt und den pathetiſchen Ton, iſt aber weniger tief, doch
vielfeitiger und gewandter. Untergeordnete Talente diefer Zeit und Richtung
find Bakchylides, Korinna, Iimofreon, Diagorad und Kerkidas. Aber die
damals erreichte fittlihe Höhe machte bald, im Zufammenhang mit ben polit.
VBerhältniffen, dionyfiſchem Taumel Pla; die Melit ging im Dithyrambus
unter und erlebte unter den Alerandrinern Leine Auferſtehung. — Die Melit
wurde nah den verſchiedenen Veranlaffungen und Begenfländen ber Lieber in
eine Unzahl von Unterarten abgetheilt, von melden bie vollſtändigſte Auf-
zählung gibt Prokl. chrestom. bei Phot. p. 319 f. c.8. vgl. Pollur IV, 33.
Außer den Päaneg, Hymenden, Ditbyramben find noch erwähnenswerth bie
Hyporchemen, Hymnen, Profodien (3. B. Parthenien und Aagyrmyooıza),
Enkomien, Ihrenen, Stollen; f. über diefe, wie über alles in biefer Ueber⸗
ſicht Erwähnte, die einzelnen Artikel. Literatur über die griechiſche Melik:
Carminum poetarum novem, Iyricae poeseos principum fragmenta, exc.
H. Stepbanus 1560. u. d. Carmina IX illustrium feminarum et Iyricorum
fragmenta ex biblioth. Fulv. Ursini, Antw. 1568.8. %. Mehlhorn, Antho-
logia Iyrica, Lips. 1827. Schneivewin, Delectus poesis graecae elegiacae,
iambicae, melicae (sect. IH.), Götting. 1840. Th. Berge, poetae lyrici
graeci, Lips. 1843. p. 937 ff. O. Müller, Gef. der griech. Literatur I.
S. 263—413. Ulrich, Gef. d. hell. Dichtk. Thl. II. Bode, ebenfo Bd. Il.
Bernhardy, Grundr. d. griedh. Lit. S. 404-556. [W.T.
Melotis, nad Liv. XXXI, 13. ein Diftrift ber Landſchaft Triphylia
in Elis, in welchem ber Ort Castra Pyrrhi lag, fonfl unbefannt. [F.)
Meipes (Plin. III, 5, 10.), einer Fluß an der Weſtküſte Lucaniend
zwifchen dem Brom. Balinurum und der Stadt Burentum; j. Mingardo. [F.]
Melpia (Meinen, Pauſ. VII, 38, 8.), Ort in Arcadien am Geb.
Nomia (Now pn), einem Theile des Lykäon, und in der Nähe von Lykodura,
are in ee pe Pan die Syrinx erfunden haben fol. Vgl. Leake Morea
. P. .
Melpis (Mein, Strabo V, p. 237., auf der Tab. Peut. Melfel),
nad Strabo ein großer Fluß welcher bei der Stadt Aquinum fließt; allein
beides iR unrichtig, da der beut. Melfa, welcher offenbar gemeint if, ein aus
den Upenninen in den Barigliano (Liris) fließendes Flüßchen iſt, von welddem
Aquinum 4 Mid. öſtlich entfernt war. Vgl. Mannert IX, 1. ©. 673. [F.]
Melpom£&ne (MeAnousrn), die tragiſche Mufe, f. Musae.
Meipom£&nos (MeAroueros, ber Singende), Beiname des Dionyfod
im att. Demos Acharnä, Pauf. I, 2, 5. 31, 6.
1752 Melpum — Memkränn
Melpum (BHin. III, 17, 21.), Stadt in Gallia Trankpadana Im Rande
der Infubrer, j. Melzo im Gebiete von Mailand. [F. |
Melsiagum (Dela II, 3, 3.), See oder Sumpf in Germanien von
ungewiſſer Lage, vieleicht einer der Seen im Mecklenburgiſchen. .
Melswms (Möloos, Strabo III, p. 167.), Heiner Küfenfluß bei den
Afturern in Hiſp. Tarrac. unweit der Stabt Noiga, nad Florez Esp. Sagr.
XV. p. 47. der heut. Narcea, nad Reichard aber der Diasma. [F.]
Meitas, Sohn des Lakedes (ion. Leokedes), Enkel Pheidons II., Iepter
argivifcher König aus dem Geſchlechte des Temenos, nad Pauſ. II, 19, 2.
vom Volke abgefeßt, um Olymp. 55, 560 n. Chr.; f. Müller, Dorier II,
S. 104, 1. &. 475. Weißenborn, Helen ©. 17.25. 86. 222. [K.]
Mölus, 1) Sohn der Manto, f. Maloeis, oben ©. 1465. — 2) Eine
Spielerei mit den zweierlei Bedeutungen des Wortes umjAor iſt bie hlung
bei Serv. zu Virg. Ecl. VIII, 37.: ein Delier Melus floh nach Cypern,
wo Cinyras König war, welcher den M. feinem Sohne Adonis zum Geſell⸗
ſchafter gab und ihm bald auch eine der Aphrodite geweihte Verwandte,
Peleia, vermählte. Dieſe gebar ihm einen Sohn, Melus. Als Adonis ſtarb
erhängte fich der alte Melus nebſt feiner Frau an einem Baumes ber nad
ihm uidos (Apfelbaum) hieß. Aus Mitled verwandelte Aphr. jenen in
einen Apfel, dieſe in eine Taube (neAsıa) und flaelte den jungen Melus
auf, Delos mwieberzuerobern, wo er Melos gründete und die Schafzucht und
Pre, einführte und dadurch den Schafen ven Namen ujda ver
affte. . T.J.
Brehna MhAovooe), Infel bei Iherien (Hifpanien), blos von Hetat.
bei Steph. Byz. p! 46%. erwähnt. [F.].
Meilzitinum Chin. V, 4, 4.), fonft unbelannte Stabt in Alrica
propria. In der Collat. Conc. Carthag. p. 99. erfcheint ein Episcopus
Melzitensis. [F] '
Memaceni {Gurt. VII, 6, 17 ff.), eine kriegeriſche Voͤlkerſchaft in
Gogdiana, deren Hauptflabt von Alexander nach einer fchwierigen Belagerung
erobert und geplünvett wurde. [F.]
Membio (Tab. Peut.) oder richtige Membro (It. Ant. p. 22.)
da in der Not. Prov. ein Praesul Membrositanus vorkommt, Ort an ber Küße
von Zeugitana und an der Straße von Utica nad Hippo, nur 6 Mil. weſtlich
von erſterer. [F.] |
Membliärus (Meußlixpog) oder per aphaeresin Bliarus (Bi
005), eine Infel des Aegälfchen Meered in der Nähe von Thera u. Anaphe
bei Steph. Byz. p. 456., wo jedoch fatt mAnaior Orpas xai 'Aragıs un
fireliig richtiger mit Bronov. mA. ©. 7 na: Aragn gelefen wird, wie auf
Weſtermann edirt, da nad Stepb.p. 81. Membliarus blos ein zweiter Name
von Anaphe war.* [ RP.)
Membränsa (Membranula, Dig. XXXII, 104. Gic. Aut. IV, 4.), das
die Glieder (membra) ber Thiere bedeckende Fell (Cic. N.D. 11,57.) weiches,
flatt Papier zum Schreiben gebraucht, auch pergamena genannt wird, Bor.
Sat. II, 3, 2. Eatull. XXI, 6. Tibull. IN, 1, 9. Martial. XIV, 7. Blin.
H. N. VII, 21, 21. XII, 11, 21. XXXV, 10, 36. Quint. X, 3. Was
aus membrana gemadt if. 3. B. ein Buch, eine Schreibtafel, beißt mem-
branaceus, ®ruter 174, 7. (pugillares membranacei); wer die membrana;s
zubereitet wird membranarjus — dspdegomosög genannt, Edict. Dioclet. p. 20.
* Sie follte ihren Namen haben von dem Phönicier Membl., dem S. des Pb:
Filed und Verwandten des Kadmos, welcher ihn bei feiner Landung auf Thera oder
Kauiſte als Häuptling der daſigen Colonie zurlickgelaſſen hatte, Herod. IV, 147. Pauſ.
IN, 1, 7. Steph. Spz. s. v. [W.T.]
=
_ Membröss -— Mommiä gens 1753
Man nahm aber zu ſolchem Schreibſtoffe beſonders Felle von Schafen, Böden,
Kälbern, Efeln, melde durch äzende Stoffe, 3. B. Galläpfel, glatt und ges
ſchmeidig gemacht, und was befonbers den Farbenſchmuck (Perfius III, 9.
dor. VI, 11.) betrifft, fehr elegant bergeflellt wurden, worüber f. oben
©. 1043. Die Griechen brauchen zwar au den Ausdruck ueußpare oder
nsußoaror (vgl. 2 Timoth. 4, 13. mit Theodoret); allein der Ausprud
zeoyanıyn iſt häufiger, und bei. die älteren griechiſchen Schriftſteller bes
dimen ſich zur Bezeichnung der nämliden Sache der Wörter dspum und
&p@depa (vgl. Montfaucon Palaeogr. graeca p. 17.), fo wie au bei ven
Römern in diefem oder ähnlihem Sinne dad Wort corium vorkommt. In⸗
beffen find die bier und bort ermähnten Schriften auf Leber (Ulp. Dig. XAXII,
1, 32.) von eigentlihen Bergament-Schriften verſchieden; Sspdegas, roher
bearbeitet und nur auf einer Seite befchreibbar, gab es viel früher ald man
das feine Fabrikat kannte, welches membrana und pergamena heißt; vgl.
Herod. V, 38. mit d. Intpp. Hemſterhuſ. ad Polluc. X, 57. Damit if nit
gefagt daß man dieſes Fabrikat vor den Zeiten ber pergamenifhen Bibliothek
nit hatte, was Blinius falſchlich angibt, aber ſchon durch die Notiz bei Io»
ſephus Ant. Jud. XII, 2. widerlegt wird; ſondern nur foviel, daß bie feinfle
und vollflommenfte Zubereitung deſſelben ein allerdings durch die Ciferſucht ber
Attaler und Ptolemäer angeregtes Verbienft der pergamenifchen Inbuftrie war;
ſ. Manfo, Leben Gonflantind S. 424. Bed, specimen historiae bibliotheca-
rum Alexandr. p. 10. ®Boiffonade Anecd. gr. I, 420. geb. Chil. X,
347. Auch Hatte Pergamum aus ver Fabrikation dieſes Materiald lange
Zeit hindurch einen großen Gewinn; denn fonft nirgends wurbe baflelbe -
ebenfogut fabrichrt, und man ließ ſich für vielen bebeutenden Handelsauikel
hohe Breife zahlen (1. Wegener de aula Altalica p. 72 f.); ein Umftand
der es leicht begreiflih maht warum im Altertbum doch immer viel mehr
der Papyrus (ſ. d.) ale das Hei weitem theurere Pergament gebraucht
wurbe. [A. Baumstark.]
Meombrösa (Miußonca, Procop. B. Vand. II, 15. Auguſtin. adv.
Donat. VII, 26.) oder Membressa (It. Ant. p. 45., auf ber Tab. Peut.
Membrissa), eine fleine Stadt im Innern von Zeugitana an der Weſtſeite des
Fi. Bagradas und an der Straße von Hippo Regius nah Garthage, 80
Mid. (Itin. 1. 1.) oder 350 Stab. (Procop. 1. 1., der 7 Stad. auf 1 MIN.
zu reinen pflegt) von letzterem. [F.]
| Memini (Plin. I, 4, 5., Mauro, nad) anderer Lesart Mnuarroı,
bei Ptol. 11, 10, 16.), Voͤlkerſchaft im Innern von Gallia Narbon. in einem
fangen und fehmalen, an gutem Weizen reichen (Plin. XVII, 8, 20.) Land»
firiche am weil. Ufer der Druentia (in der Heut. Didzefe Sifteron), die weſt⸗
lichen Nachbarn der Rei Apollinared und die fünöflliden der Tricaftiner,
mit ben Gtädten Carpentoracte (j. Garpentra8) und Forum Neronis (jeft
vielleicht Forealquier). [F.]
Mteminia (ober Mimnermia), rdm. Beiname der Venus „qvod me-
minerit omnium‘‘, Serv. zu Virg. Aen. I, 720. .T.
Memsmin gens, plebejiſch (vgl. Cic. ad Att. IV, 17,2.). Sie leiteten
ihren Urfprung von dem Gefährten des Aeneas, Mneſtheus ab, f. Virg. Aen.
V. 116.: mox Italus (faturus) Mnestheus, genus a qvo nomine Memmi.
Pol. dazu Gerviuß.
1) C. Memmius, Kriegstribun in Spanien fon vor P. Gornelius
Scipio's Ankunft (3. 543 — 211 v. Chr.). Wegen feiner Verweichlichung
fagte ihm Scipio: mihi paullisper et reip., tibi semper neqvam eris.
Frontin. strat. IV, 1, 1. Blut. Apophth. p. 201.
2) C. Memmius, ®Brätor im 3. 579 — 175 v. Ghr., Mitglied einer
| @efandtfgaft an die Metolier, im 3. 581 (Liv. XLE, 25.). I 3. 582 zum
N.
1754 Memmia gens.
zweiten Mal Prätor (2iv. XLII, 9. extr.) bekam er Stellen zum Boften
(ib. 10. vgl. 27).
3) T. Memmius, Mitglied einer Gefandtfchaft an die Garner, Iſtrer
und Sapiden im J. 584, Liv. XLIII, 5. extr.
4) Q. Memmius, mit Ti. Manlius Legat in Syrien, im I. 590 —
164 v. Chr., 2 Maccab. 11, 34.
5) C. Memmius, Volketribun im I. 643 d. St., vir acer et infestus
potentiae nobilitatis (Sal. Jug. 27. vgl. homo nobilitati infestissimus bei
Eic. de Or. II, 70, 283., libertas ingenii, odium potentiae, Gall. 1.1. 30.),
vereitelte die Wirkung der Beftehungen Jugurtha's und neranlaßte eine Kriegs⸗
erflärung gegen ihn (vgl. Bo. IV. ©..390 f.). Auch den mit der Kriege»
führung beauftragt geweſenen Calpurnius Beflia Elagte er der Befledung an,
Sall. Jug. 30 f. vgl. Cic. de or. }. l. oben S. 391. u. lex Memmia, oben
S. 987.). Er ſcheint Prätor geworben zu feyn und eine Provinz ver-
waltet zu haben, wenigſtens wurde er nah Bal. Mar. VIE, 5, 2. wegen
Erprefiungen angeflagt, troß dem Zeugniß des M. Armilius Scaurus aber
freigeiproden, Baler. 1. 1. Cic. p. Fonteio 7, 14. Diefem Staurus rief
Memm. in dem Procefie des Beflia (ale deſſen adrocatus Scaur. erſchienen
war) ala ein Leichenzug über dad Forum Fam bie Worte zu: Gine Leiche,
Sraurus! Sich’ mal ob Du fie nicht beerben kannſt! (Anfpielung auf eine
zweidentige Erbſchaft welche Sc. gemacht Hatte). Cic. de or. I. 1. Dieſelbe
politiſche Barteibitterkeit fpricht aus den Wien welche feinerfeits L. Graffus
nad Cicero's Erzählung Über Memmiud gemadt hat; f. de or. 11,59, 240.:
M. babe cum Largo Tarracirrae de amicula rixatus jenem einen Zipfel von
der Toga abgebifien und man babe deshalb In der Stabt an allen WBänben
leſen Eönnen: L(acerat) L(acertum) L(argi) M(ordax) M(emmius); und ib.
66, 267.: ita sibi ipsum magnum videri Memmium ut in forum descen-
dens caput ad fornioem Fabii demitteret. Fũr das 3.655 bewarb ſich M.
zugleih mit dem Prätor Glaucia um das Gonfulat, und da biefer fi be
wußt war in Memm. einen achtbaren und darum gefährlichen Nebenbuhler
zu haben fo läßt er ihn durch feine Banden vor Aller Augen in ber Wolfe
verfammlung mit Prügeln tobt ſchlagen, Liv. 69. App. b. c. I, 32. Gie.
in Catil. IV, 2; 4. ler. 111, 16, A. Bon ibm als Ülehmer fage Sall.
Jug. 30.: ea tempestate Romae Memmii facundia clara pollenagve fait,
und Iegt ihm c. 31. eine längere Mebe in den Mund. Nichts deſto zurniger
kann fich auf ihn und Nr. 4. beziehen was ber von einem andem (voliti⸗
fen) Standpunkt urtheilende Cic. fagt (Brut. 36, i36.): tum (zur Zeit bes
D. Metelus Numidieus, M. Sunius Silanus u. f. mw.) etiam C. et L.
Memmii fuerunt oratores mediocres, accusatores acres (vgl. Sal. Jug. 27.)
atqve acerbi; daher Haben fie auch weniger Vertheldigungs als Anklage:
Reden gehalten. Aus einer Vertbeibigungsrebe pro se (wohl in dem Repe⸗
tunbenproceß) führt Suet. Terent. 8. einen Sag an, wofern nämlich mit
Ellendt, Weflermann, Meyer daſelbſt flatt Q. Mernmius zu leſen iſt C. Mesnm.
Pol. Priscian. VII, 4. p. 372. Dagegen if nit wohl möglid daß bei
Eic. p. Sext. Rose. Am. 32, 90. von Urfinus conficirtte Memmmios (ſtatt
Mamercos) auf biefe beiden Brüder zu beziehen ba kort von ihnen ausgeſagt
wird fie feien im erflen Bürgerkriege umgelommen, was auf E. nit paßte.
6) L. Memmius, Bruder bed Vorigen und gleihfalls Redner (Cit
Brut. 89, 304.) und Anfläger (vgl. Eic. Brut. 36, 136.), von Bis. Brut.
70, 247, erwähnt ald Bater von Nr. 8.
7) Memmius, qvaestor Pompeii (Quer im I. 673 im Kriege gegen
bie Martaner in Sicilien mo Pomp. ihn zurüdlieh, Plut. Pomp. 11.; dann im
Kriege gegen Sertorius) idemgve vir sororis eius (ber Pompeja, vgl. Plut.
Pomp. 11.), oceisus est (im 3. 679 bet Gagunt, Blut. Sert. 28. we er
Eiomuklen gehe . 1785
ô z07 d=0 Ilounnio orparmyar iyauorınoraro; heißt), Dxof. V, 23. p. 397.
Hav. vgl. Gic. p. Balb. 2, 5.
8) C. Memmius L. f. Gemellus (@ic. ad Fam. XIII, 19, 2. vgl.
Brut. 70, 247.). Im J. 688 Volkstribun ſuchte er auf Anfliften des Pomp.
den Triumph bes 2. Aucullus über Mithridates zu bintertreiben (Pfut. Luc. 37.
Cato min. 29. Gerv. zu Birg. Aen. I, 161. IV, 261. vgl. Eic. ad Att.
I, 18, 3. vgl. oben ©. 1072.). Im J. 694 verführte er als curuliſcher
Aedil dem M. Lucullus feine Frau, Cic. ad Att. 1. 1. vgl. oben ©. 1075.
Im folg. I. praet. urb.. zog er den P. Vatinius vor fein Gericht (Gic. in
Vatin. 14, 33.) und trat, auch bies wieder: den Champion bes Pomp. Ipielend,
im Senate entſchieden gegen Cäſar auf (Schol. Bob. p. Sest. p. 297. Or.),
feine Amtsführung ala Coſ. (Suet. Caes. 23.) und gelegentlih auch fein
Lehen (ib. 49.) angreifend. Ueber Cäſars Entgegnung f. Schol. Bob. 1.1.
u. in Vatin. p. 817.323. Daß bieraus au eine Titerarifche Fehde entfland
fagt Suet. Caes. 73.: C. Memmii cuius asperrimis orationibus non minore
acerbitate rescripserat etc. Später überwarf er fih mit Pomp. wohl in
Folge feines Attentat auch auf Pomp.'s rau (Suet. gramm. 14.) und
näherte ſich allmälig dem Cäſar. Zur prätor. Provinz erhielt ex Bithynien,
mo fich in feiner Cohorte au Batull befand der gleichfallo Die Sitten deſſelben
aufs Ungünftigfle ſchildert, ſ. 10, 12f. 28,7—10. Dem B. Clodius zeigte
er fich vollkommen abgeneigt (Cic. ad Aut. II, 12,2.) und rechtfertigte au
hiedurch Cicero's Lobfprüde, ad Qv. fr. I, 2, 5, 15. Als er im 3. 700
ih um das Gonfulat für das folg. J. hewarb ſchloß er und fein gleichfalls
plebejiſcher Gompetent Domitius Calvinus mit den Coſſ. des I. einen ſchriſt⸗
lien Vertrag wonach jene für den Faß. ihren Gruenuung zu Coſſ. biefen
eine beflimmte Summe zufagten, Eis. ad. Alt, IV, 18, 2. vgl. 19, 7. ad
Ov. Tr. 11, 18. b: 4. IL, 1, 5, 16. . Bomp. veranlaßte den Memm. biefen
Vertrag dem Senate mitzuibellen (ad Att. IV, 18, 2.), worüber Gäfar der
fi neuerbinge zur Begünfligung ded Memm. berbeigelafien Hatte (Suet.
Caes.78.: C. Memfaii — suflragator mez ia petitione- consulatus fuit, vgl.
Gic. ad Att. IV, 17, 2. über Memmius:. Caasaris commendatur militibus,
Pompei Gallia nititar) höchlich unzufriceden war (ib. 16, 6.). Nach bieler
Peröffntliäung und damit Anmullirung des Mertrags melde Memm. gegen
den Willen des Galvinus vornahm verſank er in Unthätigkeit (ib. 18, 3.),
nur ſuchte er bie Abhaltung von Wahlcomitien zu verhindern oder doch zu ver»
zögern weil er Caesaris adventu se sperat faturum consulem ; sed mirum
in modum iacet (ad Qv. fr. II, 2, 3. vgl. 8, 3.). Von DO. Eurtiuß wegen
ambitus angeflagt (Eic. ad Qv. fr. 1. 3. App. b. c. 11,24.) und verurtheilt
ſuchte er dadurch Strafloſigkeit zu erzielen baß er wegen des gleichen Ver⸗
gehens ven Schwiegervater von —* 2. Scipio, belangte; als aber
nun Pomp. und mit ihm ſogar viele Richter Trauerkleider anzogen gab M.
feine Klage auf (App. 1. 1.) und ging im I. 701 oder 702 in die Ver⸗
bannung nad Athen, reiste aber im I. 703 von da — zufauis gerade am
Tage vor Cicero's Ankunft — nah Mitylene ab (ad Att. V, 11, 6.). ie.
weicher ihn ad Fam. XIII, 19,2. cliens meus nennt verwendet ſich (3. 708)
bei ihm für den epikuriſchen Philoſophen Batro mit welchem Memm. in Nom
Anfangs fehr vertraut geweſen war, dann aber ſich entzweit Hatte N ad
Aut. V, 11, 6), baß er jet da er auf fein Ueberbauen von Cpicurs Woh-
nung verzichtet habe jenem die gewuͤnſchten Mefle derſelben abtreten möge
(ad Fam. XII, 1. vgl. Drumann G. R. VI. ©. 119 f.); ebenfo (3. 704)
daß er einen Bekannten Cic.'s in die Mieibe nehme (ib. 2.), endlich einen
andern freundlih aufnehme (ib. 3.). In Paträ Bürger geworben adoplhirte
er einen Sohn des Batrenferd Eyfon (ib. 19, 2.). Daß Gario die Zurüd-
berufung des Memm. zu beantragen beabfiätige erwähnt Gir. ad Att. VI,
1756 Memmia gems
1, 23. (3. 704). Fragmm. p. 468. Or. Bon der literariſchen Seite charak⸗
terifirt ihn @ic. Brut. 70, 247. als perfectus literis, sed graecis, fasti-
diosus sane latinarum, argutus orator verbisqve dulcis; sed — fügt er
hinzu — fugiens non modo dicendi verum etiam cogitandi laborem tan-
tum sibi de facultate detraxit qvantum imminuit industriae. Ohne Zweifel
iR er derſelbe Memmius deſſen erotiſche Gedichte Gel. N. A. XIX, 9. als
dura, Ovid Trist. Il, 433. Plin. Ep. V,3. als ob8cön bezeichnet. Befon-
ders bekannt if dieſer Diemm. geworben durch die Freundſchaft bed Dichters
Zucretius der: fein großes Lehrgedicht an ihn gerichtet hat und zunächſt auf
feine Gewinnung für Cpikurs Theorien hinarbeitet, vgl. Lucr. 1,45 ff. 103 ff.
141 ff. u. ſonſt. Der Praris des ſchlimmſten Epikuräidmus iR er allezeit
nahe geflanden und fein theoretifches Interefie. für dieſes Syſtem if bezeugt
theils durch Lucretius theils durch Patro's (anfängliche) Freundſchaft. Vgi.
Forbiger do Lucretii carmine p. 13 4. not. 11. Wenn er ed war welcher
mit Fauſta, der Tochter Sulla's (f.:Bo: 11. ©. 078, 7.) vermählt war, fie
aber (megen Untseue ?) verſtieß, worauf fie ſich mit Milo vermählte (Uscon.
in Scaur. p. 29. Or.), fo Bönnte.auf ihn ih die Notiz des Bal. Mar. VI,
1, 13. beziehen; C. Memmius L. Octavium in adulterio deprehensum nervis
contudit-und fein-Gehn wäre. kann - -
9) C. Memmius, welder im I. 700 für Scaurus, den Stiefbruber
feiner Mutter bat. (Ascon. in Sc. p. 29.) und welcher auf von Gic. p. Sull.
19, 55. in Verbindung mit Fauſtus Sulla erwähnt wird. Unmögli aber
ann dieſer im J. 700 ſchon jo.alt:gemejen ſeyn daß er das Belkätribunat
hätte bekleiden können und for identiſch wäre mit Nr. 11.
:10) P. Memmius,txet sinaıBrocefie des A. Cätina als Beuge für
diefen auf, Cic. p.-Laec. 10, 26., :mo zugleich der fundus des Gruders von
Memm. (Mr. 8.7) erwähnti wir... 1. .
11) 6.:Memmius, Volkstribun im I. 700 d. St., als welder er
mit 2.:Gapito den, U Gabinius wegen Erpreſſungen belangte (Gic. ad Or.
fr. J11, 1, 3, 19.). ‚Anfangs Detober dv. 3 hielt M. in der Bolksver⸗
fammlung eine leidenſchaftliche Rede gegen ihn und bemühte ih um ben
Vortritt, bei ber gerichtlichen Anklage (ad Or. fr. IH, 2,1.). Als die Ber»
urtbeilung bed Gab. durchgeſtztewarn (val. ahen auch ˖die Erzählung von Bal.
Max. VIII. 4. 3.) belagigte erz wagen: den Neftes Der Strafe um melden
Babin. zahlungsunfähig war (de residuis) den Rabirius Poſtumud (ic.
p. Rab. P. 3, 7.) und ussergelänete bei PB. Sulla's Klagiärift gegm Ga⸗
binius wegen ambitus ‚gleichfalls (ad. Ov. fr. III, 3, 2.). Auch den Domi⸗
tiud Galpinus,. den Mitbewerber. von Nr. 8. belangte er in diefem I. wegen
ambitus (ad Att. IV, 16, 8. Qv. fr, 1, 2, 3.). Er if wohl derſelbe
Memm. welcher bei Klc..ad.Qv. fr.- III, 3, 2. Stieffohn des P. Sulla heißt,
f9 daß alfo fein Vater Nemm. (Mr, 8. in einer Ehe vor der mit Gaufla?) id
von feiner Battin getrennt haben müßte vis dann den P. Gornelius Sulla ges
beiratet hätte. Ob er ibentifch ift mit dem C. Memmius welder im I. 720
vom 1. Juli an mit Paul. Aemilins Coſ. war (1. die Inſchrift bei Gruter
P. 299, 1. 1. 5. p. 1087, 2.) läßt fi nicht mit Beſtimmtheit angeben.
12) P. Memmius Regulus, Cos. sufl. im I. 784 — 31 n. Ghr.
(vom 1. Det. an), Infhrift bei Gruter p. 1087, 1.1. 15. Die Gafl.
LVIII, 9. Als folder leitete er die Maßregeln zum Gturze bed Sejanus
(Die 1.1.9. 10.), wurde .aber nichtsdeſtoweniger und obgleih Tiberius feine
Treue Tannte nad Sejans Hinrichtung nicht vor den Kaifer gelafien (Dio 13.).
sm I. 787 ernannte ihn Tiberius zum Statthalter von Möflen, Makebonien
und vielleicht auch Achaia (ib. 25. extr.). Galigula nöthigte ihn im J. 792
ihm feine Gattin, Loliia Paullina (f. S. 1139.) abzutreten (Dio LIX, 12.
vgl. Zac. Ann. XII, 22.). Im I. 814 — 61 m. Ehr. (unter Nero) farb
NMommen 1787
er, Xae. Ann. XIV, 47. der ihn bezeichnet als auetoritate, constantia, fama
clarus, fo daß Nero daran gedacht habe ihn zu feinem Nachfolger zu ernennen.
Pro magistro fratrum arvalium heißt er auf einer Inſchrift aud ber Zeit Nero's
bei Muratori Thes. Inser. II. p. 585, 2.
13) L. Memmius Pollio, Cos. suff. im 3. 802 — 49 n. Ghr.
(Xac. Ann. XII, 9. Fasti cons. @ruter p. 172, 6.). als welder er den
Claudius überredete die Octavia dem Domitius zu verloben (Tac. 1. 1.).
14) C. Memmius Regulus, &of. im 3. 816 — 63 mit 8. Ber
ginius Bufa, ac. Ann. XV, 23. Fasti cons. Inschrift bei Gruter p. 8,
3. 1006, 9.:
15) Memmius Tuscus, Gef. im J. 1011 — 258 n. Ehr. unter
Balerius und Gallienus, Fasti cons.
16) M. Maecius Memmius Furius ete. f. oben ©. 1354. Nr. 4.
17) Memmius Vitrasius Orfitus, bis praef. urbi (3. 353 f.)
auf einer Inſchrift aus Rom bei Gruter p. 88, 6. 1019, 6., iudex sacrar.
cognit. tert. ib. 284, 8. aus der Zeit Iullane. Außerdem heißt er procos.
Africae, consularis Siciliae, Pontifex Solis und Vestae, Cos., Praetor om-
nibusqve perfunctus honoribus intra aelatis primordia u. f. w. auf den
ausführlien Infchriften an feinen Ehrenſtatuen bei Gruter p. 438,1. Mu-
ratori IE. p. 720, 2. 721,1. Der Dichter Symmachus war fein Schwieger⸗
fohn und fagt von ihm (Epist. I, 1.): qvi — dedit leges Orfitus Aeneadis.
Val. denf. Epist. IX, 121. X, 47. Im Cod. Theod. mird er mehrfach
ermäbnt, f. Gothofredo Prosopographia Cod. Th. s. v. Orphitus (p. 71 f.).
Außerdem werden auf Infchriften: genamnt: L. Memmius Sex. F. Pal.
Petronianus und L. Memmius L. F. Palat. Galbias mensores und Illlvir.
viar. (aud Mom), Brut. p. 26, 10. Murntori I. p. 29, 5. C. Memmias
Optati F. Qvirina Severus und C. Memmius Rufes (au Alameba in Spa»
nien), Grut. p. 437, 8. P. Memmius Qtir. Apollinaris, Sohn des O.
Pätus Memmius Apollinaris (f. Paetus), Grut. p. 487, 7. C. Memmius
€. F. An. Marianus, flam. Divi Claudii u. f. w. (aus Ariminum), Grut.
p. 1097, 2. C. Memmius C. F. Gal. Luperdus, disp. annon. aug., Praef.
i. die. u. ſ. w. (Xarent), Murat. Ii:p. 860, 7: IV.'p. 2015,8. M. Memmius
Rufus, Bater und Sohn, Duumvim in: Herculaneum, Reineſ. Synt. II, 29.
Vi 8 Memmia Galla, Großmutter eines A. Cottius (Mom) hei Gruter
p.
Auf ben Münzen erſcheint häufig L. Memmius, L. Memmi. Gal. (Gallus
oder Galbius), L. C. Memies L. f. Gal., C. Memmi. G. f. (Qvirinus) und
babei der Kopf von Janus, Juppiter, Saturn, Serkuled, Quirinus, Venus,
was Alles wohl auf die Uranfänge der gens hindeuten fol. Beſonders be-
merkenswerth iſt bie Münze mit ver Inſchrift: Memmius aed. Cerialia preimus
fecit, worauf aud die Ceres einer anderen mit CO. Memmi. C. f. und C.
Memmius Imperator (nebfl Spolien) bezeidäneten hinweist. Auf äpllicifähe
Spiele deuten wohl au die Dioskuren auf einer Münze mit M. Memmius.
Sonft zeigen die Münzen mit biefem Namen gewöhnlich ein Schiff deſſen
Vordertheil von einem geflügelten Knaben befränzt wird. Bol. Edel D. N.
V. p. 251 f. Raſche II, 1. p. 499-504. ©. Riccio, le monete delle
antiche famiglie di Roma fino allo Imperadore Augusto (ed. 2. Neapel
1863. 4.) p. 143—149. u. tav. XXXII. LXI. [W.T.
Memmius (C.), arretiniſcher Töpfer bei Fabroni Storia degli ant.
vasi fittili aretini (1841) p. 43 und Tab. IX. Nr. 23—28. [W
Memmon wird in der Jlias gar nit, in der Odyſſee nur zweimal
gelegenheltlig erwähnt, einmal (IV, 187.) als der Sohn ver E08, welcher
den Antilochos getöbtet, dad andere Mal (XI, 522.) als ber fchönfte der
Krieger. Bei Heſiod Th, 984. Heißt er Cohn des Tithonos und ver @oß,
1760 Memmen
(Mytbologus I. ©. 190.) in dieſer Bielheit der angeblichen Gräber eine Hin⸗
welfung auf die Verbreitung eines uralten Cultus von Aethiopien aus nad
Aegypten und durch einige Theile von Aflen bis bin zu dem Geſtade ver
Propontis zu erkennen. Wir glauben aber daß das griechiſche und ägyptiſche
Blement in diefem Mythus fcharf gefchieben werden müſſe. Wenn ver griech.
Mythud den Memnon zu einem Fürſten der Aethioper macht fo denkt er dabei
nicht an Wethiopien oberhalb Aegypten, ſondern nach ber homeriſchen Geo⸗
grapbie, welche (Od. I, 24.) die Aetbioper In zwei Iheile theilt, deren einer
beim Untergang, der andere beim Aufgang der Sonne wohnt, an das Oſt⸗
land, und darum nennt er ihn einen Sohn der E08. Aethiopier war der
unbeflimnte Auspru für alle Völker von dunkler Farbe; Od. IV, 83. be»
zeichnet es den ſüdlichen Theil von Phönieten; ebenio heißt Kepheus, der
Bater der Andromeda, deſſen Refidenz Ioppe am mittellänbifchen Deere war,
König von Aethiopien. Nah Aegypten kam dieſer Mythus erfl im alexan⸗
driniſchen Beitalter durch die Griechen, welche ihn an den Coloß des ägypti⸗
ſchen Könige Amenoppis anknüpften. Dies fagt Bauf. 1,42, 3. ausdrücklich:
alu yap od Meurorae oi Onßaicı Asyova, Dausrap 83 elraı zür syyw-
eiwr, 0v zoürTo TO ayaaua 70. Wirklich findet ſich auf den Namenoſchilden
an dem Golofle der Name Amenoph oder Amenoth'ph, welcher den achten
König aud der achtzehnten Dynaftie, Amenophis III. bezeichnet (i. Bunfen,
Aegyptens Stelle in der Weltgefhite Br. IH. S. 115.). Es ift aber wohl
zu beachten daß der Name Memnonium in Aegypten vorlommt nod che von
ber tönenden Memmnonöflatue die Rede if. Strabo XVII, p. 816. ſpricht
von Iheben: usoos 6’ äorır 89 Ti Agaßia , 8 nee N RoÄıs' 8000 6
ori anal 89 17 nepuie, Onov 10 Meuronor. Auch auf den griech. Papurus
von Theben iſt oft von Maurorez auf eine Weife vie Rede, daß man darunter
das ganze Duarties auf bem linken Ufer des Nils, wo die Necropole war,
verftehen muß, während ber hell auf tem rechten Ufer bes Nils in ber
Beit der Griechen und Mömer Diodpolis hieß, Letronne, la statue vocale de
Memnon in den M&moires de l’Institut. T. X. p. 309. und aud befonberd
herauogegeben VBaris 1833. Peyron ad pap. Taurin. p. 40. Wenn aber
dieſe beiden Gelehrten behaupten bad Wort Memnonium fomme nit von
Memnon ber, fondern ſei ägyptiſchen Urfprungs und bebeute locus cryplo-
rum, locus morluorum, wenn ferner Ghampollion d. J. fagt, das Wort
Mennoun ober Mannoun fomme auf den großen Gebäuden von Theben,
namentlih auf benen von Mebynet-Abou und auf bem Rhameſſeum vor,
d. 5. auf den Gebäuden melde zugleih religiöfe und monumentale Bes
flimmung hatten, mo der Eult der vergötterten Könige nad ihrem Tode
eingerichtet mar (Leironne am a. O. p. 312.), fo können wir bei unferer
Unkeuntniß der Hieroglyphen dem nicht widerſprechen; aber wir finden dieſen
Ausweg nicht ausreichend für die Erklärung anderer Data, in welchen ſich
der Berfuh, den Demnon mit den ägyptifhen Bauten in Verbindung zu
feben, ausfprigt. In Abydos war nad Strabo XVII, p. 813. zo Meuso-
y209 BacıAeıos Irvurorog xarsonevaousror, vgl. mit Plin. V, 9. Abydus
Memnonis zegia et Osiridis templo inclitum. Darauf paßt die Bedeutung
loous eryptorum nicht, und es ſcheint und weit natürlider anzunehmen daß
die Griechen, denen die memnoniſche Reſidenz in Suſa und die an verſchie⸗
denen Orten gezeigten Memnonsgräber bekannt waren, den Ramen biejes
Helden auf irgend eine Weife an bie aͤgyptiſchen Monumente und Königs⸗
Annalen anzufnüpfen ſuchten. Daber iventifichkten fie ihn vorzugsweiſe mit
folhen welche große Denkmäler binterlafien hatten, mit Jomandes (Dfy-
mandyas), Strabo XVII, p. 813. und Seſoſtris, Pauf. I, 42,3.; aber erſt
dur die Berbindung mit bem tönenden Goloß gelang ed ihnen ihrem Mythus
einen feſten Haltpunkt zu geben. Der erſte Schrififleller welcher von biefer
NMemmon 1761
wunderbaren Erſcheinung Nachricht gib: iR Strabo XVII, p. 816., wo er
von zwei neben einander befinplichen Golofjen ſpricht, deren einer noch ganz
erbalien ſei, ber andere aber vom Sig an In Folge eines Erdbebens einge-
fürzt ſei und täglig einen Ion von ſich gebe, ven er felbft in Geſellſchaft
des rõmiſchen Statthaltere Aelius Gallus gehört babe; daß aber dieſer Coloß
Memnon genannt worben fel, over daß man überhaupt dieſem Phänomen
große Bedeutung beigelegt hätte, davon fagt er Fein Wort. In der Ihat
batte wenige Jahre vor der Reiſe des Strabo ein ſolches Erbbeben Statt
gehabt, wodurch Thebae nad dem Ausbruck des Eufebins (in ver Leberf.
des Hieronym. p. 194.) usque ad solum dirutae sunt; bied war um DI. 188
in ſechszehnten Jahr des Auguſtus, 27 v. Chr. Daß diefe zwei Coloſſen
bie noch jeht auf dem linken Ufer ſtehenden felen ift durch ben Bericht ber
franzöflfden Gelehrten (Deser. d’Egypte. Antiquitös, T. H. p. 153.) außer
Zweifel gefeht, nad welchem von den zwei unter dem Namen Ghama und
Tama * befannten Eolofien (abgebifbet am a. O. T. HI. pl. 20— 22.) der lehtere
nörblicg gelegene in der Mitte zerbrochen gewefen und in feinem gegentwärtigen
Zufland von dem Armgelenk bis über den Kopf ſchichtenweis wieder auf»
gebaut worven if. Dies ſtimmt überein mit dem Zeugniß Juvenals XV, 8.,
der von einem dimidius Momnon ſpricht, und des Baufanias I, 42, 3. welder,
gemäß der Gltte ber tbebanifchen Briefter alle Vandalismen dem Gambyies
Schuld zu geben, viefem auch die Zerſtörung des Memnon aufbürbet **,
währenn doch Strabo ausdrücklich fagt daß er in Folge eines Erdbebens in
der Mitte abgebrochen ſei. Nehmen wir nu: dazu, dag “nie Weine‘ des noörd⸗
lichen dieſer beiden Golofje mit griechiſchen und römkichen Inſchriften bebedit
find, durch welche die theils neugierigen theils devoten Pilger daB Andenken
an ihre Wallfahrt verewigt haben, ſoniſt es über allen Zweifel erhaben daß
dies die Memnonſäule ſei. Dieſe Coloſſe ſahen, wie ſo viele andere Colofſe
bei andern Tempeln, als Thürhüter vor den Pylonen eines rieſenhafren Tem⸗
vels, von welchem nur noch geringe Spuren fſichtbariſind. Das war nad
Ghampollion und Letronne (Mé moiro munıde :nmeonument: #Osyıhandyas de
Thebes p. 13.) das Amenophium oben Diemnonium, ein Name vorigen bie
Gelehrten der franzoͤſiſchen Expedition fälſchlich nufrten großen Balafiüber-
trugen, In weldem fi ber große, unter : dam Ramenn;,,Bilsfäule des Oſy⸗
mandyas“ bekannte Coloß befinder.*** Wenn wem die Griechen mit dieſem
® Rad) Parthey (Wanderungen durch Gicilien und die Levante) und Nuffegger
(Reifen in Europa, Afien und Africa Bd. 3. ©. 140.) werden fie von deu Arabern
auch Balamat genannt (d. h. fei gegrüßt, von Belam, der Gruß, Friede), worin
eine Erinnerung an bie töuende Memmonfäule liegt.
** Da Maneiho von einer WWieberberfielung der Statue durch bie Ptolemder
ſpricht ſo glaubt Ruffegger am a. D. ©. 143. dis verſchiedenen Angaben fo vereis
nigen zu Fönnen: „Die Memnonfäule wurde durch Kambyſes, beffen an Geiſteßver⸗
wirrung grängenbed Thun und Xreisen in Aegypten biftorifch nachgewiefen if, zum
Theil zertrüämmert, und blieb im biefem Zufiande bis auf die Ptolemäer. Unter ben
erſten Königen biefer Dynaftie, den Seitgrmoffen bed Manetho, wurbe die Statue
wieberhergefiellt, und zwar wahrfcheiniidh in einer Abmiichen Urt wie wir fie noch
heut zu Tage ſehen. In biefem Auftande blieb fie bis zum Erdbeben im J. 27 v. Ehr,,
durch deſſen mächtigen Impuls es ſehr exflärlich iR daß der Anffag von Werkſtücken
wieder herabgeworfen wurde. .
* Andere glaubten hier das von Diob. Sic. I, 45. befchriebene Grab des Oſp⸗
mandyas zu finden, allein nad Ehampolions Unterfuchung der Hieroglyphen kommt
der Name dieſes Königs weder anf dem Coloß noch auf den foufiigen Namenringen
vor, fondern überall der des Rhamſes III. oder Seſoſtris; daher nennt er und Les
goune am a. O. biefed Grabmai Rhamessoum. Bol. Ruſſegger am a. O.
. 140, 148. .
Bauly, Real⸗Eucyelop. IV. 111
y
1760 Meosmmom
(Mothologus I. S. 199.) in dieſer Bielheit der angeblichen Gräber eine Hin⸗
weifung auf die Verbreitung eines uralten Cultus von Aethiopien aus nad
Aegypten und durch einige Theile von Allen bis bin zu dem Geſtade ver
Propontid zu erkennen. Wir glauben aber daß das griechiſche und ägyptriſche
Element in dieſem Mythus ſcharf gefchleden werden müfle Wenn der griech.
Mythus den Diemnon zu einem Fürſten der Aethioper macht fo denkt er dabei
nit an Aethiopien oberhalb Aegypten, sondern nach ber homeriſchen Geo⸗
graphie, welche (Od. I, 24.) die Aethioper in zwei Theile theilt, Deren einer
beim Untergang, der andere beim Aufgang der Sonne wohnt, an das Oſt⸗
land, und darum nennt er ihn einen Sohn ber Cos. Aethiopier war ber
unbeflimnte Ausdruck für alle Völker von dunkler Farbe; Od. IV, 83. be-
zeichnet es den ſüdlichen Ihell von Phoͤnicien; ebenfo heißt Kepheus, der
Bater der Undromeda, deilen Refivenz Ioppe am mittelländifchen Deere war,
König von Aethiopien. Na Aegypten kam dieſer Mythus erft in alexan«
driniſchen Beitalter durch die Griechen, welche ihn an den Coloß des ägypti⸗
ſchen Königs Amenophis anfnüpften. Dies fagt Bauf. I, 42,3. ausprudlid:
alla yap ov Miurosa or Onßeio: Asyova, Dausrayp 63 eira vor eyyw-
eimr, ov zToüro zo ayadum 77. Wirklich findet ſich auf den Namensſchilden
an dem Golofie der Name Umenoph oder Amenoth’ph, welcher den achten
König aus der achtzehnten Dynaſtie, Amenophis III. bezeichnet (f. Bunfen,
Aegyptens Stelle in der Weltgeſchichte Bd. III. S.115.). Es ift aber wohl
zu beachten daß der Name Diemnonium in Aegypten vorkommt nod ehe von
ber tönenden Memnondflatue bie Rede if. Strabo XVII, p. 816. ſpricht
von Theben: uspog 8’ äctır su rij Agaßin , 87 7meo N nos‘ uspog 6'
sori na 87 ıjj negaie, Onov 1o Meuronor. Auch auf ben griech. Vapyrus
von Theben ift oft von Mauroresz auf eine Weife die Mede, daß man darunter
das ganze Duartier auf dem linken Ufer bes Nils, wo die Necropole war,
verfieben muß, während der Shell auf tem rechten Ufer des Nils in ber
Beit der Sriehen und Mömer Diospolis hieß, Letronne, la statue vocale de
Memnon in ben Me&moires de l’institut. T. X. p. 309. und auch befonbers
herausgegeben Paris 1833. Peyron ad pap. Taurin. p. 40. Wenn aber
dieſe beiden @Belehrtien behaupten das Wort Memnonium fomme nit von
Memnon ber, fondern fei ägyptiſchen Urſprungs unb bedeute locus crypto-
rum, lecus mortuorum, wenn ferner Ghampollion d. 3. fagt, das rt
Mennoun oder Mannoun fonıme auf den großen Gebäuden von Theben,
namentlih auf denen von Mebynet-Abou und auf bem Rhameſſeum vor,
d. 5. auf den Gebäuden welche zugleih religiöfe und monumentale Be⸗
flimmung hatten, mo ver Eult der vergätterten Könige nad ihrem Tode
eingerichtet mar (Letronne am a. DO. p. 312.), jo können wir bei unferer
Unkenntniß der Hieroglyphen dem nicht widerſprechen; aber wir finden dieſen
Ausweg nicht ausreihend für die Erklärung anderer Data, in welden ſich
ber Berfuh, den Demnon mit den ägyptiſchen Bauten in Berbinbung zu
ſetzen, ausfpridt. In Abybos war nah Strabo XVII, p. 813. ro Mauso-
veror Baoıleıor Orvurotos xarsonsvaousror, vgl. mit Plin. V, 9. Abydus
Memnonis zegia et Osiridis templo inclitum. Darauf paßt die Bedeutung
locus eryptorum nit, und ed feheint und weit natürlicher anzunehmen daß
die -@riechen, denen bie memnonifhe Mefldenz In Suſa und vie an verſchie⸗
denen Orten gezeigten Memnonsgräber bekannt waren, den Ramen vieſes
Helben auf irgend eine Weife an die ägyptiſchen Monumente und Konige-
Annalen anzufnüpfen fuchten. Daher identificirten fle ihn vorzugsweiſe mit
folden welde große Denkmäler hinterlaſſen Hatten, mit Ismandes (Dfy-
mandyas), Strabo XVII, p. 813. und Seſoſtris, Pauf. I, 42,3.; aber eıfl
bur die Berbindung mit dem tönenden Goloß gelang e8 ihnen ihrem Mythus
einem feſten Halipunkt zu geben. Des erſte Shriftleller welcher von biefer
Memmon 1761
wunberbaren Erſcheinung Nachricht gibt iR Strabo XVII, p. 816., wo er
von zwei neben einander beſindlichen Golofien ſpricht, deren einer noch ganz
erhalten fei, der andere aber vom Sitz an in Folge eines Erdbebens einge⸗
flürzt fel und täglih einen Ton von ſich gebe, den er felbft in Geſellſchaft
des römifchen Statthalters Aelius Gallus gehört Habe; daß aber dieſer Coloß
Memnon genannt worden fei, oder daß man überhaupt biefem Phänomen
große Bedeutung beigelegt hätte, davon fagt er kein Wort. In der That
batte wenige Jahre vor der Nelfe des Strabo ein ſolches Erdbeben Statt "
gehabt, wodurch Thebae nad dem Ausbdruck des Bufebius (in der Ueberſ.
des Hieronym. p. 194.) usque ad solum dirutae sunt; bie8 war um DT. 188
im fechözehnten Jahr des Auguſtus, 27 v. Chr. Daß diefe zwei Coloſſen
bie noch jeht auf dem linken Ufer flebenven felen iſt durch ben Bericht ber
franzöfliden Gelehrten (Descr. d’Egypte. Antiquit6s, T. H. p. 153.) aufer
Zweifel geſetzt, nach welchem von den zwei unter bem Namen Ghama und
Tama * bekannten Eolofien (abgebiſdet am a. O. T. II. pl. 20— 22.) der Iebtere
nördlich gelegene in der Mitte zerbrochen gewefen und in feinem gegenmärtigen
Zufland von bem Armgelent bis über den Kopf ſchichtenweis wieder auf-
gebaut worden if. Died Rimmt überein mit dem Zeugniß Juvenals XV, 8.,
der von einem dimidius Momnon fpridht, und bes Baufanias I, 42, 3. welcher,
gemäs der Gitte ber thebanifchen Briefter alle Banbalismen dem Cambyſes
Schuld zu geben, dieſem auch die Zerſtörung bes Memnon aufbürdet ®®,
während doch Strabo ausdrücklich fagt vaß er In Folge eines Erdbebens in
der Mitte abgebrochen ſei. Nehmen wir noch: dazu, baß die Beine des nörb-
lichen biefer beiden Coloſſe mit griechiſchen und römtichen Inſchriften bedeckt
find, durch welche die theils neugierigen: theils vevoten Pilger das Anventen
an ihre Wallfahrt verewigt Haben, ſoniſt es über allen Zweifel erhaben vaß
dies die Memnonfäule ſei. Diefe Eolsfle. jagen, wie’fo viele andere Goloffe
bei andern Tempeln, ald Thürhüter vor den Pylonen eines: riefenbaften Tem⸗
vels, von welchem nur no geringe Spuren fiätbarifinn.: Das war nah
Ghampollion und 2etronne (Mé moiro sunıde ımonument:#Osyphandyas de
Thebes p. 13.) das Amenophium oder Memnonium, cin Name welthen bie
Gelehrten ber franzöflfgen Capedition fälſchlich auf.ten gegen Palafi über:
trugen, in welchem ſich der große, unter dem Namen; Bilsfäule des Oſy⸗
mandyas“ bekannte Coloß befindei.***. Wenn men die Griechen mit biefem
” Nach Parthey (Wanderungen durch Gicilien und die Levante) und Ruſſegger
(Reifen in ECuropa, Afien und Africa Up. 3. ©. 140.) werden fie von den Arabern
auch Balamat genannt (db. h. fei gearüßt, von Belam, ber Gruß, Friede), worin
eine Erinnerung an bie tönende Memnonfäuie liegt.
*© Da Maneiho von einer WWieberberfiellung der Statue durch die Ptotemäer
ſpricht fo glaubt Auffegger am a. D. ©. 143. bie verfchiehenge, Angaben fo vevei⸗
nigen gu Finnen: „Die Memnonfänle wurde durch Kambyfes, beifen an Gelfiedvers
wirrung grängendes Thun und Treiben in Aegypten biftorifch nachgewiefen iſt, zum
Heil zertrümmert, und blieb in diefem Zufiande bis auf die Ptolemäer. Unter ben
erften Konigen dieſer Dynaſtie, den Zeitgenoſſen des Manetho, wurde bie Gtatue
wieberbergefiellt, unb zwar wahrſcheinlich in einer Afmiichen Urt wie wir fie noch
heut zu Tage ſehen. In biefem Kuſtande blieb fie bis zum Erbbeben im J. 27 v. Chr.,
durch befien mächtigen Jmpuls es ſehr erfiärlich iR daß der Aufſatz von MWerkſtucken
wieber herabgeworfen wurbe, ‚ ’ .
*** Andere glaubten hier das von Diod. Gic. I, 45. befchriebene Grab bes Oſp⸗
mandyas zu finden, allein nad Ehampollions Unterfuchung der Hieroglyphen kommt
ver Name dieſes Könige weder anf dem Coloß noch auf den fonfligen Namenringen
vor, fondern Aberall ber bed Rhamfes III. ober Seſoſtris; daher wennt er und Les
tronne am a. O. biefed Grabmal Rhamessoum. Bol. Ruſſegger am a. O.
©. 140. 148,
Banly, Real⸗Eucyelop. IV. 111
1762 Meimnon
urfprünglih dem Amenoph geweihten und feit feiner Zerflörung tönenden
Golof den Mythus von ihrem Memnon verbanven, welcher mit Aufgang der
Sonne den Gruß feiner vorüberſchwebenden Mutter, der göttliden Cos, er»
wiedere, fo entfpricht dies nit nur überhaupt ihrem Mythen bildenden @eifte,
fondern wurde auch begünftigt dur die Homonymie mit dem von Amenoph
geführten Beinamen Meiamoun, d. 5. der von Ammon geliebte, Champollion
Precis 233. 236. Schnaafe Geſch. d. bild. Künfte Br. I. S. 855. Diefer
Schritt gefhah in der Zeit zwiſchen Strabo’8 Aufenthalt in Aegypten, bie
in dad Jahr 18—17 v. Chr. fällt, und dem neunten Jahr bes Nero, aus
welchem die erfte der mit Daten verfehenen Infhriften an dem Coloſſe flammt.
Letronne am a. O. p. 258. 259. Nun erfl, nachdem der Mythus anf biele
Weiſe nad Aegypten übertragen war, dachte man an das eigentlige Aethiopien
als dad Waterland des Memnon und fucdhte died auf verſchiedene Weiſe mit
der fonfligen Ueberlieferung in Ginflang zu bringen. Pauſanias I, 42, 3.
läßt ihn von Methiopien nah Aegypten und von da nah Sufa ziehen;
Philoſtratus Her. III, 4. unterfcheidet den Athtopifhen Memnon von dem
trojaniſchen, und in der Vit. Apollon. VI, 4. beriätet er nad) ben Denk⸗
würbigkeiten ded Damis, M. fei gar nicht nad Troja gelommen, fondern in
Meroẽ geftorben, nachdem er dort fünf Menſchenalter glorreih regiert Habe.
Bon der genannten Zeit an wird ber Memnon unter den erften Wunder⸗
werfen Uegypten® genannt (Iac. Ann. II, 61. Luc. Tox. 6. 33. Philops.
6.33. Alciphr. II, 4.) und der Zug ver Pilger, von melden auf ben an ben
Füßen bes Coloß angebradten, von Letronne im Anhang zu dem genannten
Werk am vollfländigften gefammelten Inſchriften mehr als hundert Namen,
darunter bie des Hadrian und ber Eabina, erhalten find, dauert fort bis
auf Septimiuß Severus, welcher nah Ael. Spart. $. 17. Aegypten bis an
die Grenzen von Aethiopien bereiste und befonderd Memphis, die Pyramiden,
das Labyrinth und den Menmon beſuchte. Da er gemäß feiner befannten
Bauluft mehrere alte Gebäude wieverherſtellte (&iphil. ex Dione Cass.
LXXVI, 6.) und feinen Namen darauf feßte, der fi aud wirklich in vielen
Hieroglyphen findet, fo iſt es fehr wahrfhelnlih daß er au ven Memnon
wiederhergeflelt Habe. Das mird um fo wahrſcheinlicher wenn man bie reli»
gen Gefinnungen dieſes Kaiſers und feiner Gemahlin ins Auge faßt. Auf |
efehl der Julia Domna ſchrieb Philoftratus das Leben des Apollonius von
Tyana, um biefen Wunbertbäter dem Stifter der chrifllicden Rellgien ent»
gegenzufegen, und ebenfo mochte ver Kaifer als eifriger Anhänger bes Heiden⸗
thumsd und erflärter Gegner des Chriſtenthums ein Interefie haben, wieied
Wunderwerk in feiner vollen Glorie wiederherzuſtellen, um bamit der chrifle
lichen Religion, gegen deren Anhänger In der Thebais er eine Verfolgung
anorbnete, einen —— zu verſetzen. Um fo auffallender aber iſt es daß
er dieſe Reſtauration durch keine Inſchtift verewigte, ja ſeinen Namen nicht
einmal unter die Zahl ver übrigen Wallfahrer ſetzte. Died läßt ſich nur
bann erflären wenn man annimmt daß die Unternehmung den gewünſchten
Erfolg nicht hatte, fondern vielmehr das gänzliche Verflummen des Memnon
Berbeiführte, was daraus erhellt daß Feine der Infchriften über diefe Seit
hinausreicht und von biefer Periode an fein Schriftfieller mehr der redenden
Memnonflatue erwähnt (Retronne am a. DO. p. 297 f.). Nachdem nun nad:
gewieſen iſt daß dieſes wundervolle Tönen ber Statue weber in der Phas
raonen⸗ noch in der Ptolemäer⸗Zeit Statt hatte, und ba die Infhriften,
unter denen ſich Fein einziger ägpptifcher Name befindet, darthum, daß die
Aegyptier biefer Säule gar keine Verehrung beiviefen, fo barf man nicht
mehr mit Jablonsky (de Memnone Graecorum et Aegyptiorum 1753. p. 100.)
an einen Betrug der Priefter denken, melde etwa im Innern der Gtatue einen
künſtlichen Mechanismus angebracht hätten, um ben Ton and dem and bes
Memnen 176B
Coloſſes berausfommen zu lafſſen (f. Zangles, Dissert. sur la statue vocale
im 2. Bd. von Norbend Meife), fondern an ein einfaches Naturphänomen.
Der Coloß belebt aus einer Breccia, welde nah dem Bericht eines Mine-
ralogen bei der ägyptiſchen Commiſſion, Moziere (Descr. d’Eg. Hist. Nat.
T. 1. 644.), dur die Länge der Zeit Spaltungen audgefegt iſt welche fi
tief in bie Blöcke Hineinziehen. Dur das Erobeben nun Fonnte ein folder
Ni leicht entftehen, oder wenn er ſchon früher vorhanden war, bebeutend
vergrößert werden. Daß ſodann der Ton durch bad Durchftreiden der ver»
bünnten Luft durch die Poren des Steined entflanden ſei, vermuthete ſchon
der Pater ©..... vom Oratoire in feiner Abhandlung über die Obelisken
und Duflaulr, der Ueberfeßer des Iuvenal (erfle Ausg. Paris 1770) und
biefe von De Pauw (Rech. philosoph. sur les Egypt. I. p. 261. Berl. 1773)
hoch verworfene Anſicht beſtätigt ſich durch mehrere analoge Erfeinungen.
Die franzöfligen Gelehrten (Descr. d’Eg. Antig. T. I. p. 465.) fagen,
bag fich Ihnen in den Branitgemäcern von Carnak jenes im Alterihum ſo
berühmte Phänomen mehrmals erneuert habe, Indem fle nad Aufgang der
Sonne ein leichtes Elingendes Schwirren, dem Ton einer ſchwingenden Saite
ähnlich vernahmen, der aus dem Schooße eines zerflörten Denkmals kam.
A. v. Humboldt im vierten Theil feiner Reiſe erklärt die orgelähnlichen
Töne welche man auf den Oranitfelien am Ufer des Orinofo vernimmt aus
der Berfchienenheit ver Temperatur zwifchen ber äußern und ber in den Poren
der Bellen eingeſchloſſenen Luft. Diefe Differenz erreiht bei dem Aufgang
der Sonne, d. h. in dem Augenblick welcher der entferntefte von dem Mazxi-
mum ber Temperatur bed vorhergehenden Tages ift, den höchſten Grad, und
io find die Orgeltöne welche eine auf den Felſen liegende Perſon hört bie
Folge eined Luftzuges welcher duch bie Poren dringt. Aehnliche Töne
vernimmt man auf einer Spige der Pyrenden, Maladetta genannt (Re-
vue Britannique Apr. 1830. p. 796.) und auf der Halbinfel des Berges
Sinat (Herſchel im Asiatic Journ. Dec. 1832. p. 360.) an einem Orte
den die Araber Nakus, d. 5. Blode, nennen, weil fie glauben, bie
Töne rühren von den Tönen eined unterirdiſchen Kloſters ber, Jacobs a. a. O.
©. 40 f. Letronne S. 349 ff. Ja der Memnon ſelbſt ſoll nicht ganz ver⸗
flummt ſeyn, denn Sir Arthur Smith, welcher Aegypten zu gleicher Zeit mit
Belzoni bereiste, will mit feiner zahlreichen Escorte früh um ſechs Uhr beut-
fi einen Ton gehört haben, der ihm aus dem Fußgeſtell zu Fommen ſchien
(Morgenbl. 1821. Nr. 119. Ausland 1831. Nr. 219.), und Minutoli Reife
zum Tempel des Jupiter Ammon ©. 262. nennt mehrere Namen von Euro-
päern bie biefen Ton vernommen haben wollen. Vgl. Nuffegger a. a. D.
&. 147. — 2) Memnon wird nach Hygin fab. 222. im Künftlerverzeichniß
als Architect aufgeführt, weldder in Ecbatana den Palaſt des Eyrud, ber au
den fieben Wunder der Welt gehörte, aus weißen und farbigen mit Gold
verbundenen Steinen gebaut haben ſoll: allein wenn wir glei an ber Ueber-
tragung von Heroen-Namen auf Menſchen Eeinen Anſtand nehmen (f. unfere
Abh. in Schneidewins Philologus 1846. H. 3.) fo wird es doch in dieſem
Galle zweifelhaft, ob nicht die der Sage nah von Memnon in Sufa erbaute
Königsburg Anlaß au Erdichtung dieſes Namens gegeben Habe, f. Jacobs
Verm. Schr. Thl. IV. ©. 65. Greuzer Symbol. Bp. I. ©. 191. [W.]
3) Memnon und fein Bruder Mentor, geborne Rhodier, Tamen mit
Artabazus, dem Satrapen bed untern Uflen, durch Verheirathung ihrer Schwe⸗
ſter an denſelben in genaue Verbindung und kaämpften für ihn in dem Em⸗
vörungskriege gegen Artaxerxes Ochus, ſ. Bo. I. S. 835. Nach ihrem Unter⸗
liegen flüchtete Memnon mit Artabazus zu König Philipp nach Macedonien
(Died. XVI, 32.), Mentor nad Aegypten zum Fürſten Nectanebus. Dieſer
überließ ihm bon Befehl über das griech. Göldnerheer bad er dem fidoniſchen
1764 Memnen \ ‚
Fürſten Tennes bei feinem Abfalle von Perſien zur Hilfe ſchickte Die von
Artaxerxes Ochus vorangefchidten Satrapen von Syrien und Cilicien wurben
aefhlagen (Diod. XVI, 42.); ald aber Ochus felbft mit einem großen Heere
ſich Phönicien näherte, verlor Tenned den Muth und begann im Einverflänv-
niß mit Mentor Unterbanplungen mit dem Berferkönige: fe verriethen Sidon
und ven Nectanebus. Tennes wurde darauf, da Ochus fi Teinen Nugen
mebr von ihm verſprach, hingerichtet; Mentor dagegen folgte mit feinen
Soͤldnern gegen Aegypten und erhiekt zufammen mit Bagoad, dem Bertrauten
des Königs, den Befehl über eine der 3 Colonnen des griech. Heeres. Diod.
XVI, 43. 45. 47. Die Einnahme von Bubaflus und andern Städten, mehr
durch Ueberredung als Waffengewalt, befonderd aber die genaue Berbindung
und dad gemeinfame Handeln mit Bagoas, nachdem er ihn abfihtlig in Ge⸗
fahr gebracht und dann gerettet hatte, verfhaflten ihm foldden Einfluß bei
Ochus, daß er und Bagoas mehr ald andere Räthe und Berwanbte galten.
Nah dem ägyptifchen Kriege wurde Mentor reich beſchenkt und zum Statt»
halter der Provinzen des untern Aflens ernannt. Diod. XVI, 50. 52. Auf
feine Bitten turften Artabazus und Memnon aus Macevonien zurüdfehren ;
für die vielen Söhne feined Schwagers trug er väterlide Sorge. Da fid
während des ägyptiſchen Krieges mande Dynaſten Kleinaflend der perflichen
Oberherrſchaft entzogen, hatte er fie wieder zu unterwerfen. Bei Hermias
von Atarnea in Aeolis, mit dem er begann, gelang es ihm durch Trug.
(Died. XVI, 52. Polyän. VI, 48. Ariſtot. Oecon. II, p. 502. Unrichtig nennt
Strabo XII, p. 908. ſtatt des Mentor den Memnon. — Nach Dienvi. |
ep. ad Amm.c.5. u. Ding. Laert. V, 1,7. $. 9. war Hermias DI. 108,4.
345—44 v. Chr. noch Regent; nach der für unächt gehaltenen Rebe Demoſth
Phil. IV, p. 139. u. Ulp. p. 249. erfolgte fen Sturz nit lange vor 341
v. Chr. Dagegen fällt nad Diod. a. D. dad Ende der Herrfchaft des Her⸗
mias in das 3. des Callimachus, DI. 107, 4. 834948. v. Ehr., die vor
angegangene Eroberung Aegyptens in das I. 350. f. Glinton F. H. u. A.
Gegen dieſe Zeitbeftimmung der Unterwerfung Aegyptens verweist Böhnede
in d. Forſch. auf d. Geb. d. at. Mebner ©. 784. auf Iſoer. Phil. c. 42.;
nad biefer Stelle war Aegypten im I. 346., der Zeit der Abfafjung der
Mebe, noch unbeflegt, muß aber nach dem “Briefe des Sreuflppus an Bhilipy
in Orelli's Brieffamml. p. 39. bald nachher erobert worden fein; nad Ma»
neidos Rechnung bei Joſeph. herrſchten die Perfer über Aegupten wieder von
108, 3—4, 346—45 v. Chr. an.). Nachdem Hermias gefangen ges
nommen, überwand Dientor in fehr kurzer Zeit auch alle übrigen gegen Ber-
fien feindfelig geſinnten Dynaften in Kleinafien, theild durch Gewalt theils
dur Kriegsliſt. Diod. AVI, 52. Er flarb no vor dem Beginn des
großen Krieged ben fon König Philipp von Macebonien vorbereitet Hatte.
An feiner Stelle erhielt fein Bruder Memnon den Befehl über eine griech
Söldnerſchaar, melde das Meich gegen dad im Frühjahre 336 unter Attelus
und Parmenion einbrechende macedoniſche Heer ſchützen follte. Bei Magnefla
brachte er” durch gefchickte Manoͤver dem Feinde nicht unbebeutenden Berlufl
bei und Hinverte ihn am weitern Vorbringen. Bolyän. V, 44, 4. Inzwiſchen
wurde König Philipp ermordet und die darauf folgenden Creigniſſe ſchienen
dem perflichen Reiche Ruhe zu verbürgen. Allein Attalus wurde al Hoch⸗
verräther auf Alexanderd Befehl aud dem Wege geräumt und PBarmenion
ſetzte die Seinbfeligfeiten auf der afiatiſchen Küfte fort: er ſuchte fi von
Grynion aus der Aolifchen Küftenfläbte zu bemädhtigen, während Calas, des
Sarpalus Sohn, fih in der Landſch. Troas feflfehen wollte. Memnon bes
kaͤmpfte file wieder mit griech. Söldnern und bemmte fie in ihren Unterneh»
mungen, vermochte aber nit, fie ganz aus Aflen zu verbrängen. Diod.
Vo, 7. PBolyan. V, 4, d. Auf Die Kunde von Aleranbers Ruͤſtungen
Memnen 1765
erhielten die Satrapen Borberaflens Befehl, in der Gegend des Hellespontes
ein Heer aufjuftellen; aber anftatt Ginem Mann — und der tüdhtigfte wäre
Demnon geweſen — den SO:berbefehl zu übertragen, war bie Leitung bes
Krieges der gemeinfhaftlihen Beratbung der Satrapen überlafien. Memnon,
als Grieche und wegen feines Binfluffes bei dem Könige verhaßt, fand tn
dieſem Kriegerarhe Fein Gehör. Als auf die Rachticht von Aleranders Ueber-
gang Über den Hellespont die perſiſchen Heerführer ven Kriegsplan berieben,
erffärte ſich Mem. gegen eine Feldſchlacht, vielmehr folle man langfam fich
zurückziehen, eine Cinöde Hinter fich laſſend; fo werde Alerander aus Mangel
an Lebensmittel zur Rückkehr genörhigt fein, beſonders wenn zugleich Mace⸗
donien von der perſiſchen Flotte bedroht werde. Die Satraren glaubten,
M. Habe in eigennügiger Abſicht dieſen Rath ertheilt und wolle, um ſich
unentbehrlich zu maden, den Krieg in bie Länge’ ziehen. Arr. I, 12. Diod.
XVIE, 18. Am Granicud erwarteten fie den Zeind. Im ver unglücklichen
Schlacht die fofort geliefert wurde fland M. mit feinen Söhnen da wo
der Hauptangriff erfolg’e und der hartnäckigſte Widerſtand geleiftet wurbe.
Arr. I, 35. Dion. XVII, 19. Nach derfelben floh er zuerft nah Ephefus,
wo er der dortigen Oligarchie gegen das durch bie Niederlage ber Verſer
aufgeregte Volk durch Schredensmaßregeln die Gewaltherrſchaft zu ſichern
ſuchte. Die Annäherung Alexanders verfchaffte ver Gegenpartei einen bluti»
gen Sieg. Xrr. I, 17. Memnon hatte fih vorher no nad Halicarnafſus
(vgl. Diod. XVII, 22.) begeben, wo er mit großer Thätigkelt und Umſicht
Maßregeln zu Eräftiger Vertheidigung traf. ALS längerer Wiverfland gegen
die Macedonier fruchtlos war, ließen M. und der Dynaft Orontobates die
Stadt anzünden und zogen fich theils auf die Burg Salmafis theils auf bie
Hafeninfel Arconnefus zurüd, auf deren Belagerung Alerander Feine Zelt
mehr verwendete. Mer. I, 20 ff. Diod. XV, 24 ff M. Hatte noch vor
der Belagerung von Saltcarnaffus feine Frau und Kinder zu Darius geſchickt,
weniger um für ihre Sicherheit zu forgen als damit der König ein Unter-
pfand feiner Treue babe und um fo vertrauensvoller ihm den Oberbefehl
übertragen Tönne. Diod. XVII, 23. M. erhielt wirklich den unumfchränften
Befehl über die Land- und Seemacht in Vorderaſlen. Arr. I, 20. Dieb.
1, 23. Sein Blan ging jetzt dahin, die griech. Infeln zu gewinnen, Alex.
von Buropa abzufchneiden, die Griechen aufiumiegeln und den Krieg in Mace-
donien zu beendigen. Nach glücklichen Anfängen raffte ihn bei ber Belagerung
von Mitylene eine Krankheit weg, 333 v. Chr. Wenn irgend Etwas, fügt
Arr. IE, 1. Hinzu, fo war dies von Nachtheil für die perfiſche Sache. Diod.
XVII, 29. Blut. Alex. 18. Curt. III, 1. — Memnon war mit Barfine,
einer Tochter feines Schwager Artabazus (Blut. Alex. 21.), der Wittwe
feined Bruders Mentor (Arr. VII, 4.) verheirathet. Diefelbe wurde durch
Mentor Mutter dreier Töchter (Gurt. II, 13.), von denen eine an Near
verheirathet wurbe (Arr. a. a. D.), und eines Sohnes Thymondas (Arr. II,
2. 13.); von Memnon gebar fle einen Sohn (Gurt. a. a. O.), von Aler.
ben Hercules, ſ. Bd. III. S. 1194. — 4) Bon Alexander d. ©. zum Bes
tehlöhaber in Thracien ernannt, wiegelt thracifche Völkerſchaften auf und
rüftet ſich gegen Antipater, der zu feiner Züchtigung mit einem Heere heran⸗
rüdt. 330 v. Chr. Ehe noch eine Entſcheidung fällt ſchließt Antipater
wegen ber Bewegungen in Griechenland mit Memnon einen Vertrag. Diob.
XVII, 62. Nicht unwahrſcheinlich iſt daß M. wieder zu Gnaden angenom-
men im I. 326 aus Thracien Truppen zu Alexander nah Aften führte.
Gurt. IX, 3. IK]
9) Memnon, griech. Hiſtoriker, blos aud den Auszügen bekannt welche
Photius Bibl. cod. CCXXIV. aus dem 9—16. Buche feiner Geſchichte des
1766 Memnönss — Memphis
pontifden Heraklea mittheilt * (vgl. N. Gedoyu histoire d’Herackse par
Memnon, in den Mem. de l’Acad. d. Inser. t. XIV. p. 279 ff., Memnonis
hist. Heracl. excerpta ed. J. C. Orelli, Lips. 1816 **). Da das 16. Bud
bis auf I. Caͤſar reicht, hat Voß d. hist. gr. II, 5. p. 226. ven Berfafjer
in die Zeit des Auguſtus gefeßt, wobei er jedoch die Bemerkung des Photius
p. 240. ed. Bekk. überjah, daß das Werk noch keineswegs mit dieſem Bude
ſchloß. Dreli dagegen ſchließt p. VE. aus dem Gebrauche mehrerer der fpa«
teren Gräcität angebörigen Ausdrüde und Wendungen, daß Memnon nidı
vor Hadrian oder den Antoninen könne geſchrieben haben. Photius übrigens
rühmt das Werk als verflänbig, einfah und Flar gefchrieben. [ West.)
Memnönes (Meurorses, Ptol. IV, 8, 34., mo jedoch andere Codd.
Meuroveis haben; Steph. Byz. p. 456. Plin. VI, 20, 35.), Völkerſchaft im
Innern Aethiopiens zwifchen dem Nil und Aftapus, ſüdlich neben des Infel
Meroe und nörblidh neben den Struthophagen. [F.]
Memnonia, {. Susa.
Memnonides (au Meurorss, Ael. H. A. V, 1. Quint. Smyrn. II,
643.), Vögel, in welde die Gefährten Memnons (f. S. 1759.), deſſen Tod
fie maßlos beweinten, durch das Erbarmen der Götter verwandelt wurben. Sie
kamen jährlih zu feinem Grabhügel, und zerfleifehten fi unter Weinen und
Wehklagen, bis einige von ihnen auf der Stelle blieben, Serv. ad Virg. Aen.
I, 751. Nah Pauſ. X, 31, 6. fagten die Hellespontier, daß fie aljährlie
an beflimmten Tagen zum Grab Memnons kommen, und fomeit es nicht
mit Bäumen und Kräutern bewachſen ift, reinigen fie es und beiprengen es
mit dem Wafler des Aeſepos, das fle an ihren Blügeln trugen. Nah Div
Met. XIII, 576 ff. bat Eos den Zeus um eine Shre für ihren frühe ge-
ftorbenen Sohn: da ließ Zeuß aus dem Schelterhbaufen Memnond und aus
ber Nauchfäule fih Geſtalten bervorbilden melde Bögel wurben, ſich in
zwei Haufen thellten und fi gegenfeitig befämpften, bie ein hell als
Tpdtenopfer auf die Aſche des Helden flel. Dies wiederholen fie jährlic.
Nah Plin. H. N. XXXVI, 7. Tämpfen fie alle fünf Jahre auch In Aethiopien
bei Memnons Palaſt. Auf einer Vaſe (Mus. Gregoriano II, 49.) fleht
man bie Cos wie fie den erfäälagenen Sohn betrauert, und einen memnoni-
fen Bogel auf den Baume unter welchem M. liege. — Bgl. Grenze
Symbolik II. ©. 181. [W.]
Memoriae damnaato, j. oben ©. 1456. a. U. und perduellio.
Memorialis liber (ded Ampelius) |. Br. I. ©. 419.
Ei. Memorlus, f. oben S. 1634.
Memphis, Möugıs, auch Merg. (.Vou.) auf Kaiſer⸗Münzen von
Trajan u. Anton. P. bei Mionnet Deser. de Möd. ant. VI. p. 534 f. Suppl.
IX. p. 160f., yo Hoſeas IX, 6, 25 Jeſaj. XIX, 13. und daſ. Geſenius
u. Steig, Ierem. II, 16. XLIV, 1. XLVI, 14. 19. Gzech. XXX, 13. 16%.
* Sie reihen von der Ermorbung bed Klearchus (DI. 104, 1. ober 364 v. Chr.)
bje zum Tode bed Brithagoras, der an Käſar als Gefandter gefchidt worben war
(um 46 v. Ehr.). [B.]
° Fruher eriftirte die Schrift nur in dem Sammelwerke (mit Etefla6 u, Aaa:
tharchides) von H. Stephanus, Paris 1557. 8. p. 76 fi. Genf 1593. 8. Orford
1597. 8. (p. 63 ff.). [B.]
0 as die Ableitung bed Namens ber Stabi betrifft fo erſcheint nach Geſen.
Thes, Linguse Hebr. H, 1. p. 812 f. in den ägypt. Denkmalen eine doppelte Bes
Kennung von ihr, die eine In ber hieroglyphiſchen Schrift, die andere im biefer umb
ber endyorifchen; jene Lautet Mamphtab, d. h. Wohnung bed Phtah, daher das Kopt.
Memfi, das Grliech. Miugıs, u. durch Iufammenziebung das Hebr, MH; diefe Tante
Manufi, d. h. Wohnung des Guten (Gottes), ober Panufi, im Grund daſſelbe, eigent:
Rd: das bed Guten, woraus das Hebr. 20) entſtanden feyn mag; bie Beueunung
Manufi nun wärde mit der einem von dem zwei bei Plut. de Is, ot Osir, c. 20.
Memphis 1767
Da wo das Thal des Nil im nörbliäflen Bezirfe von Heptanomis ober
Mittelägypten, dem Nomos Memphites, durch bie arößte Annäherung des
arab. und libyſchen Gebirge am Meiſten verengt iſt (Herodot. II, 8. 99.
Scylar Peripl. p. 43. I. Geogr. min. ed. Huds.), floß einſt biefer Strom
am Fuß der letztern ſandbedeckten Kette bin beim heut. Dafhur, dem alten
Akanthus (Mannert Geogr. d. Grieh. u. Röm. X, 1. ©. 445. Jomard
Descr. de l’Egypte T. V. p. 15 f.), und ſchied fo jened Thal in zwei ſehr
ungleiche helle. Dur Abdämmung wurde nun biefem für Nieberlaffung
und Anbau nadıheifigen Uebelſtand abgeholfen. Dieie von Herodot auf«
bewahrte Ueberlieferung ift etwa fo zu verfiehen: ungefähr 100 Stab. ober:
halb der Niederung des nahberigen Memphis bei Kafr el Jat (Wilfinfon
Topogr. of Theb. p. 341) oder Medgouneh (Jomard Descr. de l’Egypte
V, p. 546.) brach urfprünglid der Hauptarın des Nil mit einem großen
Theile der Gewäſfſer weſtlich durch, fo daß der von Diospolis Parva in ber
Thebais herabziehende weſtliche Nebenarm (Bahr el Iufef) zum Hauptftrome
wurde. Hiedurch bildeten fi in Folge der Ueberſchwemmung Sümpfe und
Teiche in jener zur Anflenlung doch fo treiflih geeigneten Niederung. Um
nun biefelbe entfumpfen und bebauen zu können, mußte man bie ganze Wafler-
maffe des eigentlihen Nil in dem Hauptbette zufammenzuhalten und dieſem
eine bis zu.jenem Krümmungspuncte eingehaltene Richtung mehr nad der
Mitte zu zwiſchen ven beiden Bergketten bin auch für ben weitern Lauf zu
fidern trachten. Dieß geſchah durch Ausfülung jener Krümmung und Auf
führung eined Dammes, und fo erhielt man fih den Segen bed Nebenarmed
(Serod. II, 97. Diod. XVII, 34., vielleicht j. der Kanal el-Afarah), ohne
die fehöne, zur Anlage einer Weltfladt geeignete Nieberung zu verlieren (Jo⸗
mard ama.D. p. 2. u. 345 f., Bunfen am a. D. ©. 38f., u. dazu Taf. II.,
und Bf. 21 des zur Descr. de I’Eg. gehörigen topogr. Atlas. Diefe Fluß⸗
correetion und die hiedurch bedingte Gründung von Memphis fchreibt Herod.
(II, 99.) dem Menes* zu, dem Stifter der erflen Dynaflie aus ber Krieger«
Fafle nach dem Sturze der rein theofratifchen, zu heben beflandenen Regie⸗
rung (Champollion I’Egypte sous les Pharaons I. p. 338. Wilfinfon,
Manners etc. p. 16. ®gl. über ihn Joſ. A. J. VI, 6, 2. Die. I, 48.
45. 89. Bähr zum Herod. II, 4. Eufeb. bei G. Syneell. ed. Bonn. T. I,
p. 102.), Diod. I, 50 f. einem viel fpätern König Uchoreus, deſſen Geſchichte
in Bezug auf Memphis in Mythen gehüllt if, in deren Beblet eine dritte
Sage über Gründung der Stadt durch Apis oder Spaphus biefelbe ganz
zurückverlegt (Hygin. Fab. 149. G. Syncell. T. I. p. 288. 298. vgl. 282
T. II. p. 445 f. Scaliger Animadv. zu @ufeb. Chron. T. II. p. 22. u. 34.);
der wahre erfle Stifter war ben PBrieftern, den Gewährsmännern dieſer Sa⸗
gen, felbft unbekannt ; daher die abweichenden Angaben. Ievenfalld verräth
die Anlage der Stadt an dieſer Stelle und die Art ihrer Unlage großen
politiſchen Scharfblid und bedeutende Kenntniß der zur Givilifatlon eines
Staates dimliden Mittel. Durch jenen oben genannten Damm nemlich, der
jährlich ausgebeſſert und auch unter perſ. Herrſchaft fehr forgfältig bewacht
vorkommenden Dentungen des Namens Mempbis: opuos ayadar db. h. ber Ver⸗
ftorbenen, ober auch der Gotter (Ofiris u. Iſis, Diodor, I, 21 f. 93. Erenzer, Com-
ment. Herod. ]. p. 105. Gefen. zu Jeſaj. am a. ©. u. su XIV, 18.) im Grunde
wörtiich, mit der andern: zapos "Ooigıdos wenigſtens dem Sinne nach Abereinfiimmen.
Bunfen, Aegyptens Stelle in der Weltgefchichte II. S. 44., pflichtet ben obigen Ab:
leitungen wenigſtens theiltweife bei mit dem Zuſatz: eine Verbindung mit bem Namen
bed Gründers (der Stadt, Meneb) Tiegt nahe, — Val. noch Über die Ableitung bed
Namens Wiltinfon, Manners and customs of the anoient Egyptians I. p. 175.
u. Über ihre Literatur Gefen. am a. O. des Thes.
° Men gründen, Gründer im Koptifden, Bunfen am a. O. I. ©, 573.
1768 Memphis
wurbe, war Memphis gegen dad Austreten des Fluſſes fowie gegen fein»
lien Angriff im Süden gevedt, im Oſten wurde e8 durch den neugeleiteten
Flußarm, im Weften durchs libyſche Gebirg (Herod. II, 150. Euſtath. ‚u
Dionyf. Perieg. v. 255.) und zugleih, wie auch im Norden, durch zwei
überdieß zur Aufnahme des Wafferüberfluffes vom Nil gegrabene Seen (Strabo
807. Diod. I, 96. Wilkinfon p. 89 f.) beſchirmt, daher ed, der Schlüſſel
zu Oberägypten, ſchon deßwegen mit Recht bei Plin. V, 9. quondam arı
—— regum, bei Tac. Hist. IV, 84. veteris Aegypti columen beißt,
vgl. Diod. XV, 43.). Die Lage der Stabt war aber nit nur in biefer
milit. Hinſicht, fondern auch wegen ber natürl. Beſchaffenheit von Glima
und Boden und wegen ihrer geogr. Stellung fehr günflig. Der libyſchen
Bergkette viel näher als der arabifchen, iſt dadurch ihre Niederung den wohl⸗
thätigen @inflüffen von Sonne und Oftwind eher zugänglich als bei der enı=
gegengeiekten Rage (Abd⸗Allatif, Relation de I’Egypte p. Sylv. de Sacy
P- 5 f.) und dabei frei von Winterfälte und „ſithoniſchem Schnee‘ (Athen.
‚20, d. Horaz Od. II, 26, 10. Sof. A. J. II, 14, 4. Philo de Mose
Opp. T. II, p. 99. ed. Mangey). Die jHönften Wiefen auf ihr mit Lotus und
Teihe mir Schilfrohr, aus dem der Nilfchiffer für die Zeit ber Ueberſchwem⸗
mung fein Fahrzeug zufammenfegte (Lucan. IV, 135 ff.), rühmt Diod. I, 96.
vgl. das obige Eitat aus Athen.; zum Beweis für bie Begetationdfraft ihres
von vielen Kanälen (Diod. 1,57.) durchfHnittenen Bodens redet Plin. (XIII, 10.
xVI, 21.) von Walobäumen eines fo gewaltigen Umfangs (vielleicht ber
Baobab, Adansonia digitatn) Haß drei Männer einen Stamm nicht umfaflen
Eönnten, und desgleichen davon daß dort Fein Baum und au ber Weinflod
nit (dieß iſt falſch, ſ. d Anm. zu Plin. XVI, 21. ed. Panckoucke) feine
Blätter abwerfe; Martial. (VI, 80.) fingt von Roſen die ber navita Mem-
phiticus im Winter na Nom bringe*. Plin. (XXXVI, 7. 22.) weiß aud
von Schägen des Diineralveihs in Memphis’ Nähe etwas anzuführen, indem
er den in ver libyfchen Bergfette hier, wie bei Theben, gebrochenen gefledten,
mattleuchtenden Schlangenftein anführt, welche Marmorart die Memphiten zu
allerlei Gefäſſen verarbeiten; vgl. Yucan. IX, 714. Dart. VI, 42., weldem
memphitifchen Induſtriezweig der Tegtere Dichter (XIV, 150.) au noch bie
Berfertigung der vielfänigen Deden für Schlafgemächer beifügt (Becker, Gallus
1. ©. 43.); Alles zufammen Grund genug daß auf einer Stadtmünze
Hadrians bei Mionnet (Suppl. IX. Nr. 42.) der Nil In der linken Sand
ein Cornu copiae trägt. Endlich war aud bie geogr. Stellung von Memphis
hoͤchſt vorcheilhaft für die Landesverwaltung wie für den Handel nad ven
obern Gegenden, nad dem Innern von Libyen, nad Unterägypten und nad
der Mittelmeerfüfte (Herod. II, 150. u. dazu Bähr, Diod. I, 51. Strabo
807. Plin. V, 9. vgl. 10. u. die Anm. ed. Panckoucke T. IV. p. 201.
Jomard am a. O. p. 547f.). Um jetzt auf die Stabt felbft üherzugeben
fo befland diefe aus drei Theilen, von denen zwei aud Biegeln erbaut waren,
der dritte, aus Steinen errichtet und daher Asvxor Teiyos genannt, bildete vie
höher gelegene Burgſtadt (Thucyd. I, 104. u. daf. die oyoA. Herod. III, 91.
vgl. 13. Diod. XI, 47.). Während nun Gerodot am a. D. die Gründung
derfelben in Allgemeinen und des Phtahtempels in ihr insbeſondere (f. S. 1770.)
jenem Menes beilegt, ver feinen Ruhm ald Gründer dieſer alten koͤniglichen
Stadt dur den eines Bildners feiner Nation und eines Erobererd erhoͤbt
haben fol (j. die obigen Gitate), wird feinem Sohn und Nachfolger Arhotie,
° Man hat hier Beinen Brand, Memphiticus, wie fonf Öditerd, 5. B. Properz
TH, 9, 34. Lucan. X, 5. für Aegyptius zu nehmen; vielmehr fieht hier Pharios
in dieſem weitern Sinne nad) einem Sprachgebrauch ber bei ben lat. Dichtern vom
Hvid an bis Statius m. Martini vorkommt.
Memphis 1769
angeblichen Verfaſſer von anatomischen Werken, die Erbauung des Tönig-
lichen Palaſtes daſelbſt zugeirieben (Sync. I, b- 101 f. u. 320. ums Jahr
ver Welt 4369), mit andern Worten: diefer Fürft verlegte von This, nem
Stammfige feines Vaterd, den Sit der Negierung über das unter ihrer Dy⸗
naftie vereinigte Ober⸗ und Unterägypten nah Memphis (Heeren, Ideen u. |. f.
I. 2. ©. 100 f. Bunfen II. S. 46 f. 64.). Der im Lauf ver Zeit ohne
Zweifel Hebeutend erweiterte Palaſt (Strabo 807.), fpäter die Nefldenz ber
yerflihen Satrapen (Heliod. Aethiop. VII 1. 12.), befand fih in jenem
dritten Stabitheil, wo auch fpäter die Quartiere für die mit Ackerlooſen aus⸗
geftatteten griech. Söldner ver ſaitiſchen Dynaſtie fowie für die zahlreiche
perfifge Beſatzung Ingen (Heron. II, 154. 164. u. dazu Bähr, III, 13. 91.
Diod. I, 67. Polyän. Strat. VII, 3. Heliod. VI, 13. Steph. Bar. Kaoınor).
Dur Uchoreus, den Erweiterer (wie man etwa die Sage bei Diod. mit ber
bei Herod. vereinigen Tann, Champollion am. a. O. p. 339.), befam die Stabt
einen Umfang von 150 Stab. oder 3°/, geogr. Meilen (Theben hatte nad
Diod. 1, 45. nur 140 Stad.), in welchen Kreid außer der eigentliden Stadt
mit ihren Tempeln, Baläften und.veren beiderfeitigen weitläufigen YUmgebuns
gen und Zugängen, Öffentlichen Pläben und Dienfchenwohnungen auch die
Vorſtädte (Herod. III, 14.), Gärten, und wohl au ein Theil der Todten⸗
wohnungen gezogen werben müflen, welche „ewigen Häuſer“ in Vergleich
mit jenen „Herbergen ber Lebenden“ von ven Aegyptiern viel großartiger
andgefattet wurden (Diod. I, 51. 93. Jomard p. S5l. Langlea zu: le
Voyage de Norden etc. III. p. 2415.). Zwar fland jener Pala, wie Dieb,
verfiert, denen in andern Ländern nit nach, doch reichte er gicht an bie
großartige und gefämadvolle Bauart früherer Könige von Maypten (er meins
wohl bie von Theben c. 45f.). Nah Menıphis nun arrlale .‚megen ſeiner
günftigen Rage, vieleicht au um ven Einffüß ver thebälichen gieraräle ferne
su halten, faft alle Nachfolger von Uchoteus mit Aufgebung Thebens ben
Sit der Megierung und ihre Wohnung, weßhalb ahgben n.da an zu
finken anfing, Memphis Hingegen fi immer mehr hob. t, biefen, feiner
Zunahme an räumlider und politifer Bebeutung (Stepb.. Byj. N. ÖLKONUgr
ıaen Alyuntov mol) hängt die feiner veligiöfen, auf feinen Tepeln und.
deren Gulten ruhenden Bebeutung zufammen., Bon memphitiſchen Taͤmpeln
werben und fleben genannt. 1) ein Iflötempel, von Amaſis vollendet, groß und
ſehr ſehenswerth (Herod. II, 176. Heliod. VII, 2. 8. 11. — der größte biefer
Böttin war in Buflris, Herod. IL, 59. 61.), und ohne Zweifel Eins mit
dem Tempel der Aphrobite oder nach Einigen der Selene, bei Strabo 807.,
infofern nah der aͤgypt. Iheologie IS, Selene und Athor⸗Aphrodite im
Grund Ein Weſen find (Herod. II, 41. u. daf. Bähr, Strabo 803. Aellan.
H. Anim. X, 27. Greuger, Symb. u. Myth. I. S. 277. 519. 521. 531.
2. Ausg. Horaz Od. III, 26, 9 f. kann auf diefen oder auf den folgenden
Tempel bezogen werden). Bon dieſem Heiligthum der einheimlſchen Aphrodite
unterfeidet Herod. (IE, 112 f. vgl. I, 105.) 2) das der fremden, in dem
ſehr ſchoͤn und wohl ausgeftatteten Bezirk gelegen, der dem königlichen Mem⸗
phiten, dem alten Proteus (Plut. de Genio Socratis 7.) aud den Tagen
}
bes Alerandıos und ber Helena geweiht, von phön. Tyriern umwohnt wurde,
melde dort, wie die Griechen zu Naufratis (Herod. II, 178.), eine Handels⸗
nieberlaffung unter dem Schuß eines Heiligehums hatten (Heeren, am a. D.
S. 384.). 8) der von einem Periſtyl umgebene, mit Bildern bedeckte Hof
zur Vorzeigung des Apis, gegenüber von den Südpropyläen des Phtah⸗
tempels®, ein Werk des Piammetih, Herod. II, 153. Aelian. H. Anim.
* Yıfo KHelligthümer eines Gottes ber dritten Reihe in der Tempelnaͤhe eines
&o es von höherer Ordnung (Ereuzer I. ©. 522. Herob. II, un: Detoleichen
IV.
1770 Memphis
x1, 10. Clem. Alex. Paedag. III, 2. u. nah Strabo 807. vgl. 803. u. 809.
mit einem Orafeltempel des Apis in Verbindung, der, wie Strabo fagt, mit
Ofiris Eins, oder das religids verehrte Symbol des Oſiris⸗Nils, wie auf
des Ofiris-⸗Sols und auch der Iſts⸗Luna heilig ift (Plin. VIIE, 46. Ban.
Vo, 22, 2. Herren am a. DO. ©. 187. Jomard p. 585 f.). Bon dieſem
Heiligthum unterfcheibet 4) Strabo (807.) den Serapistempel in dem ber
libyſchen Bergfette zugefehrten weftlichen Quartiere der Stadt, was aus
des Geographen Worten zu fehließen, Indem ber vom Winde hergemebte
Sand dort Hügel aufgemorfen habe, wodurch bie ohne Zweifel eine Allee
bildenden Sphinxe theils halb, theils bis an den Kopf bevedt worden feien.
Diefer Tempel des DOflris- Pluto (Prichard, Darftellung ber ägupt. Myth.,
überf. v. Haymann ©. 57.74.) war ber Ältefte unter den bem Gotte ger
weihten Selligthümern, während der alexandriniſche als das gefelertfle galt
(Bauf. I, 18. 4. Tac. Hist. IV, 83 f.*), unnahbar für Fremblinge und
ſelbſt für Vriefler, außer wenn dieſe die Toflbare Beftattung des Apis vor-
nahmen (Diod. I, 84.). Noch war mit diefem Serapistempel ein Nilmeffer
verbunden, wie mit dem bes Knuphis zu Elenhantine, welden Kaifer Conſtantin
d. Gr. als ein Abzeichen des Heidenthums in eine alerandrinifche Kirche ver»
feßen, Julian aber wieder an feinen alten Ort zurüdbringen ließ (Diov. 1,
50. 57. Strabo 817. Seneca, quaest. nat. IV, 2. Plin. VIII, 46. Mitter,
Afrika S. 840 f. Sofrates, Hist. eccl. I, 18. Sozomen. V, 3. Iablondky's
Ableitung des Botteönamend würbe gut biezu fimmen, Opusc. I. p. 285 f.).
5) Mit einem Tempel ded Sonnengottes oder Phre’d zu Memphis madı
uns die Inſchrift von Mofette bekannt, Xetronne, Recueil des Inscr. grecq.
et lat. de P’Egypte I. p. 256. 6) Auch ein Heiligthum der Kabiren war
daſelbſt (Strabo 473.), welches mit dem in der Nähe des Apidtempels be-
findliden Phtahtempel natürlid eng verbunden, aber doch räumlid davon
geſchieden war (Strabo 817. Herod. III, 37. Ereuzer, Symb. I. ©. 530.).
7) Saupttempel endlich nicht nur von Memphis fondern von ganz Aegypten,
ſeitdem dieſes von Memphis aus regiert wurbe (Seeren S. 126 f.), war
der eben genannte des Phtah, oder bes ewigen im Urfeuer weliſchöpferiſch
waltenden Geiſtes (Ummian. Marc. XVII, 4.), der von den Griechen He
phäflos, von den Römern Vulcanus genannt, bier in Pygmäengeftalt finn
bilplih verehrt wurbe (nah Herod. III, 37., gegen IJomar® p. 584.). Sein
„großes, der Erwähnung jo werthes Heiligthum“ erbaute nad Herod. (II,
99. vgl. Strabo 807.) Mened, ver überhaupt die Stämme (in jenem Theil
von Aeg.) in Bötterverehrung und Opferdienft unterrichtet, Tiſche und Bänke
mit Eoftbaren Pfühlen vor die Götterbilder hingeflellt, überhaupt aber eine
üppige und verſchwenderiſche Lebensweiſe eingeführt haben fol (Diod. I, 45.).
zeigte man im h. Haine bes Potah das Grabınal ber Iſis, von der die Mempbiten
unter andern Reliquien auch eine Locke vorwieſen (Diod. I, 22, Enden. Adv. Indoet.).
Aber niht_nur das Grab ber Iſis, biefer alten Landesmutter Aegyptens, Tomwberu
auch das ihres Pöniglihen Gemahls, Oſiris, war zu Memphis, biefem fpätern Haupt:
fig der menfchlichen Beherrfcher bed Pharaonenreihes, Erenzer Comment. Herod.L
p. 88f. 105 f.
* Die von Tac. erzählte feltfame Legende von ber liebertragung dis Gerayis
aus dem fernen pontiſchen Sinope nach Alexandria findet vielleicht ihre Den
tung in ber von ben Scholien au ber oben fchon citirien Stelle von bes Dionn!.
Perieg. v. 255. p. 44. u, 156. T.IV. der Geogr. min. ed. Huds. gegebenen Noti;
von einem Zuywrzsor Opos bei Memphis, ohne Zweifel einem Theile ber libyſchen
Kette, unb ber Kern jener Legende wäre bann ein Erzeugniß fürftlichspriefterticher
Politie, um bie Werfegung eines altäg. Hauptgottes aus der altäg. Hauptſtadt im
die nene, von Griechen gegründete, ben Aegyptiern zu verfüßen. Auf Memphis
Deuter Übrigens Tac. co. 84., jebod ohne Nennung des Berges, ſelbſi bin, Wet.
Dropfen, Geſchichte des Hellenismus II. ©, AL f.
Memphis 1771
Von ihm an haben, ſo viel wir wenigſtens wiſſen, im Laufe vieler Gene⸗
rationen 7 Könige, fo recht im Wetteifer mit Theben, von welchem überhaupt
Majeſtät und Heiligkeit fh auf Memphis vererbten (Ereuzer, Comm. Herod.
I. p. 110.), zur Schmüdung jened Heiligthums Hauptbeiträge geliefert, fo
daß er vielleicht als das bedeutendſte Denkmal der Geſchichte Eöniglicher Mes
gierungen wie der Baufunft (Jomard p. 953. Herren ©. 175.) angefchen
merben fünnte. So wird uns von Möris erzählt, er habe das nördliche
zum Tempel führende Hallengebäude errichtet (Herod. IE, 101. u. daf. Bahr),
nad Die». I, 51. bei weiten dad prädtigfe, vom großen Sefoftris, er habe
6 fleinerne Standbilder, Ihn felbft, feine Gemahlin und feine A Söhne dar⸗
ſtellend, vor bemfelben aufgepflanzt (Herod. II, 110. vgl. 108. u. Strabo 807.) ;
von NRhampfinit, den Sohne und Nachfolger des oben genannten Proteuß,
er babe das Sallengebäude gegen Abend und 2 Bilpfäulen, des Sommers
und Winters, davor aufgerichtet (Herod. II, 121. — Diop. I, 62. dagegen
will willen, diefer Nemphis babe Nichts zur Ehre der Bötter gethan; Wil-
finfon, Manners u.f.f. I. p. 121 f. entſcheidet mit Recht für Herodots An⸗
gabe); von Aſychis, dem Nachfolger der 3 Poramidenerbauer, Cheopo,
Chephren und Mycerin, wel" hiedurch Memphis Umgebung ſchmülckten
(B. 3. allg. 3. 1843. Nr. 48 f. u. Nr. 126.), er habe dad Hallengebäude
gegen Dften aufgeführt, nad Herodots (II, 136.) Geſchmack bei weiten das
größte und fhönfte, weil an ihm der höchſte Reichthum von Architectur und
Sculptur fi zeige; endlich von den Saitern, Pfammetich und Amafld, jener
babe zur Beier feined Sieged über feine biöherigen Mitregenten (einen der»
felben, Xemenihes, beflegte er eben bei Memphis, Polyän. Strateg. VII, 3.)
noch bie Hallengebäude gegen Süden angefügt (Serod. II, 153. — Diod.
I, 67. nennt irrig das gegen Dften, mit dem Zufage: der König habe um
ben Tempel eine Ringmauer gezogen, die auf 12 Ellen hoben Colofien ſtatt
auf Säulen gerubt habe), biefer, auch fonft zu Stiftungen in allen nam⸗
baften Tempeln bereit, habe einen 75 Buß Hohen Coloß, welchem 2 Eleinere aus
äthiop. Stein zur Seite geflanden, nahe den oft genannten Tempel aufges
ſtellt (Herod. II, 176.), aus welchen Angaben, ſowie aus dem gemeinſchaft⸗
lihen Opfern der Dodekarchen im Phtahtempel (Herod. II, 147. 151. Died.
I, 66.) man fließen Bann, daß diefer Tempel, wie auch fpäter unter ven
grieh. Königen, die erfle Reichskathedrale geblieben mar, obwohl Sais Re-
fidenz und Begräbnißftadt feiner Pharaonen-Dynaftie geworden (Bähr zu Herod.
11, 169.), und obwohl die Dodefardie als Meaktion der Kriegerkafte gegen
einen bierarchifchen Verſuch ericheint welchen Setbon, der Hohepriefler des mem-
phitifhen Phtahtempels, gemacht hatte, unter der Maske der Iheofratie wie-
der das geiftlihe Negiment aufzuricten (Herod. II, 141. 147. mit Bährs
Anm.). Bon biefer auch unter und nah Pſammetich fortvauernden Beben»
tung der Stabt zeugen deögleichen Anfpielungen im A. T., zwar nicht Hoſeas
IX, 6. ober Jeſaj. XIX, 13., weil diefe Orakel fehr wahrſch. unter bie Re⸗
gierung des Prieſters Sethon zurüdzufegen find (j. Higig über Iefaj. XIX.);
dafür aber Ierem. XLIV, 1. vgl. v. 30. XLVI, 14. 19. Ezech. XXX, 13. 16.,
welche Weiffagungen, in die Zeit von Pſammetich, Necho und Apried ges
börig, Memphis unter den ägypt. Städten auszeichnen. Sein Verfall be⸗
ginnt vielmehr erſt mit der Eroberung des Landes durch Kambyſes, welcher
die damaligen zwei Hauptorte Aegyptens, Said und Memphis, letzteres megen
des von feinem Asvxor Teiyos aus erfahrenen Widerftandes, zu Schauplägen
feiner tollen Mißhandlung von Böttlihem und Menſchlichem machte (Herod.
Im, 13 f. 16. 27 f. 37.*), obgleich Herod. nicht, wie Strabo (473.) wi,
® Ueber frühere Vermüfungen von Memphis find unſere Nachrichten fehr uns
beſtimmt. Theilweiſe Werwäftung ber Stadt durch bie Hpefos ifk nicht unwahrfch.,
1772 Meompkis
von Zerftörung des Kabirenbeiligthums, fondern nur von Verbrennung threr
Bilder ſpricht; Strabo muß daher feine Nachricht über damalige Berlegung
ägypt. Heiligthümer mit Feuer und Schwert anderswoher geichäpft haben
(vgl. Diod. I, 46. Juftin. I, 9. u. Strabo 805. 816.). Uebrigens blieb
Memphis unter ben Perſern noch Mittelpunkt ber Landesverwaltung und Sig
des Satrapen, und, den Kambyſes und Arter. Ochus abgerechnet, genießt ber
ägypt. Cultus zu Memphis und anberwärtd von ber perſ. Regierung all
Nüdfichten der Toleranz (Herod. IH, 6. Heliod. Aethiop. VII, 1. 12. VII,
9. Br. Ley, fata et conditio Aegypti sub imp. Pers. p. 17 f.-19. 54.),
ja der Oberpriefter des dortigen Phtahtempels fühlt und zeigt gegenüber von
dem bei den Aegyptiern doch fo beliebten König Darius I. die ganze Würde
eines Primas von Aegyptenland (Herod. II, 110. Diod. I, 58. 95. Bolgän.
VII, 141, 7.). Auch in den häufigen Auffländen, melde vie Aegyptier, über:
haupt ein unrubiges Volk (ſ. Mützell zu Eurtius IV. V, 30.), unter ihren
einheimiſchen Königen, Inarus, Amyrtäus, Acoris, Nectanebus, Tachos gegen
die ihnen ypolit. und relig. widerwärtigen Berfer erhoben (Diod.'s Urtheil I,
44. ſcheint doch zu flarf und zu allgemein zu feyn), erfcheint Memphis noch
immer als ein fehr bebeutender Punkt in den Händen der einen ober ber
andern triegführenden Partei (Thucyd. I, 104. 109 f. Gteflas, Persica c. 321.
ed. Lion. Diod. XI, 71. 74 f. 77. XV, 4. 8f. 18. 29. 88. 41—43. 90.
92 f. XVI, 40 f. 43. 46. 48f. 31.); es iſt endlich für den von Artarerres
Ochus beflegten Nectanebus die letzie Zufluchteftätte, nad deren Fall, als
der unglückliche ägypt. König nach Aethiopien geflüchtet, Ochus, diefer zweite
Kambyſes, die Mauern von ven bebeutenpften ägypt. Gtäbten, alfo au von
Memphis, niederreißen, die Tempel plündern und die alten Urkunden weg»
nehmen läßt, welde jedoch die PBriefler gegen große Summen von feinem
Guͤnſtling einlöfen, ven Apis aber zur Mache für Schmähungen ber Aegyp⸗
tier auf den König ſchlachtet und mit feinen Freunden aufipeist (Blut. de
Is. et Osir. 31. Aelian. V, H. IV, 8. VI, 8. Hist. Anim. X, 28.).
Damit war bie Kraft zu neuen Auffländen, wenn gleich nit die Lu dazu
noch der Haß gegen Perſien, bei ven Aegyptiern gebrochen, wie fie dad burd
freudige Aufnahme Alexanderd d. Er. anderwärts und namentlih auch zu
Memphis bewieſen, der den andern Göttern, insbeſondere aber dem Arie
opferte und gymniſche und muſikaliſche Weitkämpfe in dieſer Stadt anflellte,
in welcher ala in einem opuos ayadır (Plut. am a. D. 20.) nidt lange
nachher feine Leiche vor ihrer Verſetzung nach Alerandria dur Ptolemäus I.
oder IE. etliche Jahre vielleicht im Tempel des unterirdifhen Oſiris (Gerapis)
ruhen ſollte (Diod. XVII, 49. XVII, 28. Arrian. Exped. Alex. II, 1.
Gurtius IV, 5, 30. 29, A f. X, 31, 20. Strabo 794. Droyfen, Gef. des
Hellenismus. 1.©.113. Paufan. I, 7, 1., eine an gar ungeſchickter Stelle einge
THobene Notiz, die man gern in Gap. 6. nad dem Anfang von $. 8., wo
von Ptol. 1. die Rede iſt, zuruͤckſehen möchte) Dieſe Beziehung der Stadt zu
Alexander im Leben (vgl. auch Strabo 814.) und noch nad bem Tode ver⸗
wiewohl ihr König Galatis fpÄter hier refidirte, nach Sof. c. Apion. 1, 14. Derfelbe
Nefert uns eine Nachricht von einem Piünberungseinfall der Aethiopier zur Zeit des
Mofeb, die über Memphis hinaus bis zum Meere vorgebrungen unb von Wofed bes
fliegt worben feien (A. Jud. I, 10, 3. Weiner, bibl. R. E. B. II, ©. 181. wol. 1.
6. 13. 7I11f.). Unter dem äthiop, Eroberer Sabakos (Gerod. IL, 131 f. Diob. 1,
66.) ſcheint Memphis nicht gelitten zu haben, dagegen litt es durch Nebnkadnezars
von deu hebr. Propheten und von Strabo beglaubigten Einfall ins Nilthal Bis bins
auf nach Theben, Ierem. XLIV, 12. XLVI, 14f. ge. XXIX, 12f. XXX, 4.
Joſ. A.I.X,9, 7. Strabo 687. Auch Makrizi bei de Bacy zu Abbs:Udatif a. a. O.
p. 247. laßt Memphis uud viele andere aagypt. Staͤdte darch Bokhtenaſar verwäfet
Messpkhis 1773
lieh derſelben und ihren Heiligihümern, möchte man fagen, einen neuen Glanz,
obgleich Alerandria mit ihrem Raube fih zu ſchmücken anfing (Diob. I, 50.
Jomard p. 579.). Zudem dauerte ihre priefterlie Geltung in ben Augen
des Ägypt. Volkes noch immer fort, deſſen religiöfe Vorurtheile von ben
griech Herrſchern aus Politik geſchont werben mußten, und endlich imponirte
auch dieſen Wiſſenſchaft Liebenden Kürften und ihren Umgebungen der in ver»
ſchiedenen Zweigen der Wiſſenſchaft, namentlich in Philoſophie, Geſchichte,
MNechts⸗ und Sprachkunde wenigſtens anererbte Ruhm ihrer Prieſter, (Herod.
II, 3. Diod. I, 40. 75. Marc. Capella III, 223. u. daſ. Kopp. Gic. de
Nat. Deor. III, 22. u. daf. Creuzer, Eufeb. Chron. I. p. 53. ed. Scal.
Heeren &. 157 f.). Daher wurde fhon vom Stifter der Ptolemaͤerdynaſtie
der Cultus des Apis zu Memphis dur Vorſchüſſe zu defſen Beflattung ges
ehrt (Died. I, 84.); daß aber ſchon er und feine brei nächſten Nachfolger
nach der Krönung zu Alerandria ſich in Memphis haben inthronifiren Taffen
( Champollion · Figeac, Ann. des Lagid.I. p. 347.), dafür fehlen und wenig«
ſtens beflimmte hiſtoriſche Zeugniffe. Denn die Bemerkung des Schol. zu
German. Vieberf. von Arat! Phaenom. T. II. p. 71. ed. Buhle ..... in
templo Aegypti Memphis, ubi mos fuit solio regio decorari reges muß
ebenfowenig nothwendig auf alle Ptolemäer ausgedehnt werben, ald eine bei⸗
läufige Notiz von Sof. (A. 3. X, 4, 1 ff), der jüdiſche Generalpächter
von Aegypten auswärtigen Staatseinkünften, Joſephus, habe ven in Ale»
xandria nit befinblihen Btolemänd III. in Memphis aufgeſucht und ges
troffen, unumgänglih auf dieſes Königd dortige Anwefenheit zu feiner In»
thronifatton zu beziehen IR (Drumann, die Infihr. von Mofette, ©. 18 f.
vgl. ©. 238 f.). Dagegen laͤßt fich dieſe religtößspolitifde Ceremonie von
Ptolem. Epiphanes und feinen Söhnen, Philometor und Physcon, beftinmt
nachweiſen; von jenem fünften Ptolemäus an war auch Hinlängliger Grund
vorhanden, die Priefier*, melde fi Hiefür auch ſchmeichleriſch und unter-
thänig genug bezeugten, und mittelſt ihrer das Bolt, an bie ſchon durch
innere Zwiſtigkeiten und Aufſtände gefährdete Dynaftie fefter zu knüpfen
(Infor. v. Rof. L. 7. 8. 22 f. 28. 44 f. Polnb. XVII, 38, 3f. XXVIII,
10, 8. Liv. XLIV, 19. XLV, 11f. Died. fragm. I. XXXIM. T. VI. p. 188.
ed. Tauchn. Bal. Mar. IX, 2. Ext. 5. Hieronym. in Daniel. p. 1128.
1. Mare. 4, 21. Drumann ©. 16. Letronne p. 291.). Und zwar wurbe bie
Inthrontfation nit im Tempel des Serapis, welcher in der Inſchrift nicht
einmal genannt wird (melden Haupteinwurf Letronne, ber Verfechter dieſer
Anſicht, fich ſelbſt machen muß, p. 268.), fondern in dem mit bem Serapeum
allerdings eng verbundenen Haupttempel des Reichs (Drumann S. 238.),
dem des Phtah, deſſen Liebling ja Epiphanes auf der Infchrift jo oft ge:
nannt wird (L. 4. 8f. 37. 49. vgl. L. 3.), von der dortigen zahlreich ge⸗
gliederten Prieſterſchaft (Drumanı S. 95 f. 104 f. 114 f. 122 f.), ohne
Zweifel unter Affiftenz ausmwärtiger Priefler, namentlich der von Iheben unb
Heliopolis (Drumann ©. 52 f.) vorgenommen. Endlich bewährt Memphis
unter den Ptolemäern auch noch feine militäriſche Wichtigkeit. So glei Mu
Anfang bei der Fehde zwiſchen Perbiffas u. Btolemäus I. (Bolyän. IV, 18.
vgl. Frontin. Strateg. IV, 7, 20. Droyſen am a. O. ©. 135 f.); unter
bemfelben Regenten erfcheint Mempbis (in einer etwas dunkeln Stelle bei
Zuctan. Hipp. 2., wo vielleiht flatt IfroAsuaior: ITrorsuaio zu leſen,
° Hamentlib auch durch Srlaffung von Abgaben, durch linterfiigung, durch
Augszeichnung, 5.8. durch Stellung eines Priefters an die Spitze bed Mufenme zu
Alexandria (Girabo 794., daß dieſer unter den Lagiden ein Grieche, unter ben Ro⸗
mern vin Römer gewefen, Hat Letronne p. 279 f. nicht dewieſen), Drumann ©. 159f.
17%, Dropſen mn O. U. 6, Saf.
1774 Mempkäs
vgl. C. Br. Hermann zu Suctan. de conscr. hist. p. 351 f.) als Sitz eine
Empörung vielleicht des feine Thronrechte vertheidigenden Ptolem. Ceraunus,
und wird mittelft Ableitung des Nils durch den berühmten Architecten So:
firatoß von Knidos überwältigt. Dagegen dient e8 fpäter dem von Antiochus
dem Gr. bedrohten rechtmäßigen Könige, Ptolem. Philometor, ald Zufluchts⸗
Rätte, von welcher aus mit jenem ſicher unterbandelt werden Eonnte (Polyb. V.
62f. 66f.); ob es ferner unter Ptolem. VIII. Latburus, weil wiederum Sig
einer Empörung, durch empfindliche Verwüflung beflraft worden fei, wie
Drumann am a. D. ©. 53. will, läßt fih nicht entſcheiden; wenigftens
ift in Paufan. I, 9. Nichts davon, fondern nur von einer ſchweren Züchti⸗
gung des rebelliſchen Thebens zu Tefen; noch einmal enblih wird es am
Schluß der PtolemäersZeit in militäriſcher Beziehung von Sof. (B. J. I, 9,
4. vgl. Liv. XLV, 12.) erwähnt, wenn biefer berichtet, der dem Cäſar nad
Aegypten zu Hilfe ziehende Mithrivates von Pergamus habe in Folge ver
Berwendung des bei ibm beſindlichen Idumäers Antipater von den im Bezirk
bed Onias und um Memphis her feßhaften Juden nicht nur feinen Wider⸗
fland erfahren, fondern vielmehr Linterftügung erhalten. Bon da an erfdeint
es nur noch, wie Theben (Diod. I, 46.), als Zielpunkt griech. und röm.
Neifender, die an feinen‘ noch immer reichen, bedeutungsvollen Meflen ihre
Schauluſt oder Wißbegierde befriedigen wollten (vgl. Plut. V. Luculli 2.):
von welchen Iegtern wir den Cäfar Germanicus und den Kaiſer Septimius
Severus ale Beichauer feiner Merkwürdigkeiten nad beflimmten Angaben
nannen fönnen (Plin. VIII, 46. Zac. Ann. II, 60 f. Ael. Syari. Ser. Imp.
17. Saet..Oct: 93.) 5. ihnen darf namentlich auch noch ver Kaifer Hadrianus bei
gezählt werben, ber zweimal in Aegypten und einmal wenigftensd in Memphis
war (el. Spart. Hadr. 14. C. Dio LXIX, 11. f. oben Bd. III. S. 1035 f.
u. 1042.), auch find unter ven Eaiferlihen Münzen diefer Stadt bie feini-
gen mit Ifis und Apis, Nil, Serapis und Anubis die zahlreichſten (außer
ihnen finden fich nur etliche von Trajan und Antonin. PB. mit Ofiris unter
verichiedenen Attributen, Iſis und Apis (ſ. d. ob. Citate aus Mionnet).
Vom Anfang der röm. Herrfchaft über Aegypten baben wir zudem bie be
Rimmteften Zeugniffe parüber, wie viele Sehenswürbigkeiten Memphis damals
noch in fi vereinigt habe, wenn Strabo (807.) vier feiner namhafteflen Tem-
pel als noch vorhanden und darunter den Phtahtempel als noch pradtvoll
und in feiner Nähe einen Monolith-Coloß und einen Hippobron aufführt,
und bie Stadt ald die zmeite nad Alerandria, groß (Strabo 813.) und
von einer gemifchten (zum Theil fehr üppigen, Petron. Satyr. fragm. p. 516.
ed. Amstel. S. Epiphanii Opp. p. 1093. B.) Einwohnerſchaft, unter der wohl
auch, wie in Ulerandria, jüdifche Beſtandtheile (Iof. B. 3. 1,9, 4. Philo
adv. Flacc. p. 523. T. II. Opp. ed. Mangey), wohlbevölfert nennt; ja
ala mwohlbevölkert und berühmt durch den Apisdienſt und vie wirkſame Ge⸗
genwart des Gottes Aesculap (Comun⸗Phtah, Greuzer, Symb. II. S. 391 f.)
exicheint. e8 noch bei Ammian. Marc. XXI, 14. 16. Freilich ſpricht er au
von zwei feindlichen Kräften, welche im Laufe der biäherigen Jahrhunderte an
der Minderung von Memphis’ Herrlichkeit gearbeitet hatten, und baran aud
fünftig arbeiten follten, wenn er von dem durch Menſchenhand zerflörten und
veröbeten Königspalaſte und den durch zufammengewehte Sandhügel verſchüt⸗
teten Sphinxen vor dem Phtahtempel redet. Dazu kamen noch, als die ver-
nachläßigten Nilcanäle dad mit Schlamm gefättigte Wafler nit mehr orbent-
Ti in die zwei Seen im Norden und Weſten der Stadt abführten, bie Ab⸗
lagerungen de3 erftern auf die umgeflürzten Monumente, welche Verſchüttun⸗
gen fofort der libyſche Wüſtenſand vollendete, und endli in Folge ber durch
ben Jolam veranlaßten Ummälzungen die Eroberung von Memphis dur Die
Mufelmänner, unter Amru ben⸗Alaͤs 639 oder 640 n. Chr., weiche auf Koften
Mempkis 1775
von Memphis nad) einander zwei neue Haupiſtädte ſchufen, Foſtat und Katro
(Shampollion, l’Egypte sous les Pharaons I. p. 349. Abd-Allatif am a. O.
p. 185. Jomard, Descer. de l’Egypte T. V. p. 51.). Und doch bewahrte bie
Stadt noch im 13. Jahrh., wo Abd⸗Allatif ihre eine halbe Tagreiſe betragende
Trümmerflätte durchwanderte, noch fo beveutende und mandfaltige Herrlich⸗
Eeit aus dem Alterthum in fi, daß biefer gelehrte Arzt von Bagdad bievon
und von dem dadurch hervorgebrachten Eindrud mit Entzüden fpriht (Abd⸗
Altatif p. 185 f. u. im Auszug bei Champollion p.350f. u. Jomard p. 371 f.),
3. B. von der fogenannten grünen Kammer, einer im Umfang eines praͤch⸗
tigen Tempels befinvliden Monolithen⸗Niſche oder Kapelle, von Außen und
von Innen mit Sculpturen von Sternbildern, Menſchen, Thieren und mit Ins
fchriften bedeckt (nach Mafrizi bei de Sacy zu Abb-Allatif p. 248. ein Mondes
tempel der zu den 7 Planetentempeln in Memphis gehörte, — Herod. II, 155.
175. führt zwei noch viel größere Dionolithengebäube auf); fodann von
der Menge und Größe der Götterbilder Inmitten diefer Trümmerwelt, forte
von der anatomiihen Wahrbeit und Genauigkeit verfelben und von dem Eben-
maß ihrer Ausführung, alle jedoch bis auf eine fehr Kleine Zahl von ber
Berflörung fehwer betroffen; welche namentlih au die nah Schäßen fpürende
Gewinnſucht Über dieſe Alterthümer bringe; endlich von 2 coloffalen Löwen,
ebenfo wahr als furchtbar dargeſtellt, die aber zertrümmert und mit Erbe
bedeckt fein, und einem ziemlich beträchtlichen Stüde der Staptmauer, bie
aus Ziegeln und Fleinen Steinen gebildet fe. Das an Memphis gefhäftige
Werk der Zerflörung, von dem übrigens die Geſchichte nur einige der roheften
Ausbruche, z. B. die Zerirümmerung der oben genannten grünen Kammer
im 3.1349 namentlich verzeichnet bat (Makrizi beide Sacnp. 248.), dauerte
denn durch die folgenden Jahrhunderte in einer Welfe fort, daß recht im
Gontraft mit den theilweiſe no fo wohl und impofant erhaltenen Trümmern
von Theben, dad überhaupt weniger oft und ſchwer beimgefucht wurbe, bie
von Memphis eine zwar ungeheure aber zwifchen Sümpfen und blühenden
Fluren wüſt und unorbentlid zerfireute Maſſe bilden (Champollion p. 347f.
Jomard p. 536 f. 353 f. p.577f. Du Bois⸗Aymé, Deser. de IPgypte T. VII.
p. 53 f.). Die bedeutendſten biefer zwiſchen den Dörfern Koum el⸗Azyzyeh
im Norden, Mit⸗Rahenne im Welten, und dem Canal von Berradtin im
Süden gelegenen Trümmer (vgl. den Plan im Atlas zu Ritters Afrika)
werben von einem weit ausgedehnten Palmenwalde beim Dorfe Mit⸗Rahenne
befchattet; keine Säule flieht da mehr aufrecht, die Obelisken, die Goloffe find
umgeftärzt; die Paläfle der Könige und die Tempel der Götter find fo fpur-
108 verſchwunden wie die Hütten der Armen; nur die Wohnungen der Toten
baben fi erhalten. Beim genannten Dorf find ungeheure Wälle oder künſt⸗
liche Hügel, von Ziegeln aus Nilerve; vieleicht jene Höhen: auf welchen
nad Strabo die Königeburg Tag. In ihrer Nähe Tiegt auf dem Antlitz,
theilweife noch im Echlamm begraben, der Coloß des Nhamfes-Sefoftris,
deffen vollfommen wohlerhaltenes Beflcht indbefondere von einer Schönheit
und Beinheit der Formen und des Auspruds und von einer Vollendung der
Mrbeit iſt, daß er den fhönften Probucten ber ägypt. Sculptur beigezählt
werden kann. Unweit davon find Fragmente eines gleih großen Coloſſes
nebft andern Trünmern, was nah der Vermuthung eines Gorrefpondenten
von ber ägypt. Erpebition des Prof. Lepflus bie Nähe vom Tempel bed
Phtah bezeihnet. ‚An Ausgrabungen,’ fügt Übrigens verfelbe bei, „können
wir in dem feuchten, ſcholligen, jetzt no dazu meift bebauten Boden nicht
denken; unfer Arbeitöfeld iſt das weit auagevehnte Gräberfeld des Wüften-
plateau’8‘ im Norden und Weften von Memphis. Ueber die in biefem ent»
baltenen Schäße von Basreliefd, Statuen, Figuren und Mumien von Mens
ſchen und Ihierm, fogenannten Amuleten, aufs Feinſte und Nieblichfle ge
1778 Mnugoüuo; — Meumeckmus
arhelieten Scaraböen, Lampen und Vaſen von ten verſchiedenſten Formen
werben wir fon ven den Gelehrten der franzöf. Expedition, viel ausführ-
liger denn frühere Meifende gethan, belehrt (f. die reichhaltigen Nachweifun⸗
gen von Somarb am a. D. p. 15 f.), und noch weit reichere Witibeilungen
bierüber haben mir von ber oben genannten beutfchen Expedition zu erwarten,
was Alles uns dann in den Stand fegen wird über techniſche Ausobildung
und Geſchmack der Memphiten, die doch wohl das Meifte von jenen Begen-
fländen verfertigt Haben, ein beflimmteres Urtheil zu fällen. Noch Anderes
enblih von dem mas fi aus dem alten Memphis erhalten, umſchließen bie
Moſcheen der Städte auf welche fi feine Eöniglihe Würde vererbt bat,
nemlich Kairo's u. Aleranprien’3 (v. Prokeſch, Srinnerungen aus Aegopt. u. f. f.
U. ©. 38 f., deſſ. Denfwürbigfeiten II. S. 427. Minutoli, Reiſe zum Tem⸗
pel des Jupiter Ammon S. 232. Dawfon Borrer, a Journey from Naples
to Jerusalem p. 242 f. Tiſchendorf, Reife in ven Orient 1.6. 133 f. Preuß.
&.3. 1843. Nr. 120. u. daraus B. 3. allg. 3. 1843. Nr. 48 f. u. 126.
und Kunfbl. 3. Morgendl. 1843. Nr. 46 f.). [Cless.]
Mnugovuog, ein Name des phöniciihen Heracles, Bruder bed Gppi-
uranios, deren Cult unzücgtiger Mylittendienſt war (Sanchon. p. 16. bei Eufeb.
Pr. Ev. 1, 10. p. 34. Movers Bhönic. I. &. 395.). Movers a. a.D. ©. 667.
ambinirt ihn mit dem heil. See Merom (Joſua 11, 5. 7.). [L. Georgi.)
Mnr, f. Lunus &. 1236. usb Mensis.
Mönm (Mrra, nad) anderer Lebart Marar van; Btel. IV, 7, 40.),
zwei gleichnamige Inſeln vor der Oftküſte Aethiopiens. JEF.)
2) Marn, ſ. Luna ©. 1228.
Mense (Meraxi, Biol. IH, 4, 13. u. Stepb. Byz. p. 456. [wo ge
wöhnli felbft gegen die alphabet. Ordnung Merdai geleſen wird], Hei Dion.
Sic. X, 8. 78. 88. Mervasor), eine Bergfladt an der Oſtküſte Siciliens
füpl. von Hybla am Lacus Palicorum, deren Einw. bei Eic. Verr. III. 43.
Meneni, auf Münzen bei Dorville Sicula p. 377 ff. u. Raſche Lex. num.
HI. 1. p.-512 ff. Menaeni und wie aud bei Blin. 111, 8, 14. Menanini
beißen, die Vaterſtadt und Refidenz des Fürften Ducetius, eines gefährlichen
Gegners des Dionyfius von Syracufä (Oiod. U. 1.), mit defien Falle au
die Blüthe der Stadt verfämand. In der Nähe befand fi die berühmte
Duelle Menais, bei welcher die Cinw. zu ſchwoͤren pflegten (Bib. Seq. de
font. b. v.). Jetzt Mines mit einem Bergſchloſſe unweit des Fl. Palagonio
Bol, Dorville Sicula p. 167. [E.]
Menaechmus und Soidas waren Bildhauer aus Naupactus, welde
in Paträ das Bild der Artemis Laphria aus Elfenbein und Geld machten,
und nad) Ihrer eigenen Ungabe nicht viel jünger als Kanachos aus Sicyon
und der Aeginete Kallon waren (Pauf. VII, 18, 10.); man kann fle daher
in bie DI. 70 fegen. Bon dieſem Menähmus unterfheidet Harduin im Index
Ayetorum von dem erften Do. feiner Ausgabe des Blinius und nach ihm
Thlerſch, Ep. der bild. Kunf, S. 202., Sillig, Catal. Art. s. v., einen
andern, von welchem Plin. H. N. XXXIV, 8, 19. ſagt: Menaechmi vitulus
genu premitur, replicata cervice, ipsoque Menaechmus scripsit de sua arte,
und diefen leptern iventificiren fie mit dem Merwyuog aus Sicyon bei Sui⸗
das*. ber wenn wir aus der obigen Stelle des Pauſanias erichen bas
Menächmus aus Naupactus ein Toreute war, und Plinius im Inhaltéver⸗
zeichniß des DB. 33%*. die Schrift. des M. über Toreutik unter feinen
* Diefer war ein Gefdichtfchreiber aus der Zeit ber Nachfolger Alexauders.
deſſen Seſchichte er nach Suidas ſchrieb. Deffelben Zıxvonana erwähnt Athen. VI,
p. 371. D. (vgl. Schol. Pinb. Nem. IX, 30.), forwie ein Werk ep) vermenr II,
p. 66. A. XIV, p. 635. B. 637. F. (vgl. Gchol. Pind, Nom. II, 1.). [ West.)
*0 Sc) vor Buch EV, XIE, XIII. führt er ihn als Duche auf. Er wer oba
Menaleidas — Menander 1777
Duellen anführt, fo ſcheint und am natürlichften, dieſem auch das von Plin.
XXXIV, 8, 19. erwähnte Kalb zuzufhreiben und den Men. aus Sicyon für
einen von biefem verſchiedenen Schrififteller zu Halten. [ W.] ,
Ein Fragment einer mathematiſchen Schrift eines andern Menähmus
welches auf die Theorie der Kegelichnitte und deren Anwendung flh bezieht,
findet ih bei Cutocius ad Archimed. de sphaer. et cycl. I. pr. 2. Bgl.
Boffuet Geh. d. Mathemat. I. S. 71 f. Nic. Th. Reimer Hist. problemat.
de Cubi duplicat. (Gotting. 1798. 8.) p. 56 ff. Yabric. Bibl. Graec. 1.
p. 852. ed. Harl. [B.]
Menalcidas, f. Bd. I. S. 27. |
Menalippe oft verwechſelt mit Melanippe, def. Nr. 3. (oben &. 1730.),
1. B. von Iuvenal VIII, 229. Juſtin. II, 4. Hygin. fab. 186. und dazu
Mund. Auch bei Gic. de Off. I, 31, 114. Tusc. II, 9, 20. ſchwankt die
Ledart zwiſchen Menal. und Melanippe.. [W.T.]
Menalippus, Arditect welder mit C. und M. Stallius im Auftrag
bes Nriobarzaned 11. von Gappabocien das DI. 173, 3 von Ariſtion ver-
brannte Odeion des Perikles wieder aufbaute. Corp. Inser. 357. D. Müller
Kunftarhäol. 153, 4. [W.]
Menambis (Meraußs, Btol. VI, 7, 38. VII, 22, 13.), Haupt u.
MReſidenzſtadt im Südweſten von Arabla Felix. [F.
Menander (Msraröpos), 1) Athener, bei ver ſiciliſchen Expedition
gegen Ende bed 3. 414 dem Niciad bis zur Ankunft des Demoſthenes mit
ECuthydemus an bie Seite geſetzt, damit jener wegen feiner kränklichen Um⸗
fände einige Linterflügung hätte (Thuc. VII, 16. Plut. Nic. 20.); unter
dem Befehle ded Demoſthenes bei nem Angriffe auf Epipolä, Thuc. VII, 43.;
Blottenführer, Thue. VII, 69. Diod. XIII, 13. Vielleicht entging er dem
Untergange in Sicilien und iſt derfelbe welcher im I. 409 im Hellefpont
unter Alcibiades befehligte (Xen. Hell. I, 2, 16.) und bei Aegoepotamoi
einer der Anführer war. Zen. II, 1, 16. Plut. Alcib. 36. Hier wie {don
in Sicilien (Plut. Nic. 20.) bewies er ſich als einen mehr eitlen und ehr⸗
geizigen denn verſtändigen Mann. Zen. Hell. II, 1,26. — 2) von Magnefla,
in den CEdelſchaaren Aleranderd des Gr., im I. 331 zum Statthalter von
kydien ernannt (Arr. II, 6. VII, 23.), behält nad des Könige Tode bei
der Iheilung im I. 323 diefe Satrapie (Phot. p. 64. a. 41-69. b. 1. Bekk.),
im 3. 321 aber geht fie an den weißen Glitus über (f. Bd. II. ©. 462.
Del. Krebö Lectt. Diod. p. 28.), Menander bleibt bei dem Heere bes Anti⸗
gonus und befämpft ven Cumenes. Blut. Eum. 9. Diod. XVII, 59. —
3) ebenfalls in den Edelſchaaren Alexanders des Gr., im 3. 328 v. Ghr.
Dingerihtet weil er als Phrurarch eines bactriſchen Ortes den ihm anver»
trauten Poſten verlaffen hatte. Blut. Alex. 57. — 4) einer der Feldherrn
Mithridates des Gr., Memn. ap. Phot. p. 231. b. 28. Plut. Luc. 17. [K.]
5) Menander, aus Athen gebürtig und eine ächt attifche Natur.
Der Bater hieß Diopelthes, die Mutter Hegeſiſtrate. Jener war ein ange
ſehener Mann, der als Strateg am Cherſonnes und an der macebonifchen
Küfte thätig geweien, hernach vor Gericht gerufen und von Demoflhenes in
ber Mebe nepi 707 87 Xepoornow vertheidigt wurde. Alſo war M. von
Kind auf an feine Sitte gewöhnt (Unon. Auumpog xai Bim nal yıraı), waß
auf feine Dichtung nit geringen Binfluß hatte. Er war geboren DI. 109, 3.,
Sohn bed Wicivins ober Hicihiades. Aus einer andern Schrift (TubAxoc) werben
von dem Scholiaſten Pindars (Pyth. IV, 818.) zwei Berſe eines Orakels angeführt.
©, Sr. ©, Kießling: De Menaechmo Sieyonio et Hieronymo Oardiano Comment,
Cizae 1830. 8. [B.]
Banlı, Real-Enciklop. IV. 112
1778 Menander
in demfelben Jahre mit Epicur, mit dem er auch die Ephebenjahre verlebte
(Strabo XIV, 526.) und nachmals eng befreundet war. Alexis war feln
Ohelm, der berühmte Didier der mittleren Komödie, ausgezeichnet durch Wit,
Geiſt und ſchoͤne Sprade, unter deffen Sompofltionen mehrere fon ganz in
die Richtung der neueren Komödie ftelen (Meineke Hist. crit. p. 378 ff.)
Der Neffe fol ihm perfönlih nahe verbunden gemefen fein und ihm für feine
Bildung viel verdankt haben. Unter den Philofophen war ihm außer Epicur
au Theophraft befreundet, der elegant finnige, auf ſcharfe und feine Beobach⸗
tung ber Lebensverhältniſſe gerichtete Dann, deſſen Charartere eine fo nahe
Wahlverwandtſchaft mit ver Komödie haben. Seine Neigung zu ®pleur bat
M. felbft in einem Epigramm auf Themiftofles und Cpicur außgefproden,
und daß zmifhen ihnen große Sympathie in den Anſichten über Welt und
Leben herrſchte, bemeifen viele Stellen feiner Gedichte. Webrigens führte M.
ein glänzendes Leben, in allen Genüffen ber Liebe und deßs Luxus. Seine
äußere, bid zur Weichllchkeit zierliche Ciſcheinung characterifirt vie Anechote
Sei Phädrud fab. VI, 1. Daß er den Weibern fehr ergeben geweſen, fagt
bet Alciphr. 1,29. feine Beliebte Glykera (eowrınos sorı Saruorios, Guibas:
repi yurainıg eruersorerog), die fonft fein Herz am melften feflelte. In
einem Briefe an dieſe Täßt ihn Alciphr. II, 3. über feine Krmkfichten Tagen
welche ihm eine Lebenoweiſe vorfäreibe bie ihm Viele misdeuteten. Dieſer
Brief ift aud dem Pirdeus batirt, wo er au bei einem Bade werangfädenn
geftorben fein fol, DI. 122,3 (Weller im Rhein. Muſ. N. F. HI. ©. 466.),
in einem’ Alter von 52 Jahren, viel zu früh für feine Kunft und für feine
Entwicklung, wie Plutarch ſagt Aristoph. et Menand. comp. c. 2.: er
dxun roũ mowir naı Ösdaoneıs Teievmoas. Mit Demetrtus von Phaleron
war er eng befreundet gemwefen, mas Ihm unter ber Herrſchaft des Demetrius
Poltorfetes Beinahe das Leben gekoftet hätte (Divg. Laert. V, 79.). Späte
gab fich Ptolemäus Lagi große Mühe ihn nad Alexandria zu ziehen, aber
er konnte ſich nicht entfägliegen Athen und feine Glykera zu verlaffen (Suld,
Alciphr. 11, 3.). Die Zahl feiner Komödien gab Apollodor auf 105, Andere
auf 108 over 109 an (Gel. N. A. XVII, 4. Guid., Anon. de Com., Vita
Terentii). Aut trat er mit dem Stüde Ooyn auf, im Ardontate des
Diofles, DV. 114,3, no ald Ephebe, d. 5. no nicht 20 Jahre alt, durch
welche große Jugend er fogar Anſtoß gab. Plutarch fügt Ar. et Menand.
comp. c. 2., wenn man bie früheſten, die fpäteren und bie lehyten feiner
Stücke mit einander vergleiche fo koͤnne man abfegägen waß er bei einem
längeren Leben geleiftet haben würde; ein vergleichendes Stubtum feiner Pro-
ducftonen zu welchem uns leider alle beflimmteren Data fehlen. Wie leicht
er dichtete zeigt eine Anecdote bei Plutarch; daß er bie Aufführung feiner
Stücke felbſt beſorgte fleht man aus Alciphr. II, 4. p. 248., zu welcher
Stelle ſ. Meineke fragm. Com. Nov. p. 722 ff. Auffallend iſt daß er nur
achtmal geflegt Haben fol, mie Gell. N. A. XVII, 4. and Apollodor be»
richtet, daher auch Martial Ep. V, 10. von feltnem Beifall ſpricht. Die
Schuld davon ſchreibt Gellius dem Philemon zu, der dur feine Umtriebe
ſich den Sieg zu verfchaffen gewußt habe, aud mo er ihn nit verbiente.
Indeſſen möchte man glauben daß Philemon volfäthümlicder war, M. aber,
wenn glet genialer und kunſtreicher, doch mehr für bie feine Geſellſchaft,
der er felbſt angehörte, fo daß es einer Reaction ber Bebilbeten auf das Veit
bedurfte, um ihm die Herrſchaft auf der Bühne zu verfchaflen. Denn nad
mals —38 — ſeine Stücke zu den Lieblingserſcheinungen derſelben, noch zur
Zeit ed Quiutillan (XI, 3.), Slutarch und Dio Chryſoſtomus (XXXI, 628, 13.).
Aber nuch übyr ben Antheil Menanders an ver Erfindung wad Uusbildeng
ber neuen Komödie war man verfiedener Meinung. Gewoͤhnlich werden
M. und Philemon, oder au blos M. als Stifter dieſer neurm unſtgattung
Manander 1779
genannt (Anon. de Aristoph. p. 342, 25. u. 544, 26. ed. Meineke. Dig-
mebes lib. II. p. 486. u. A.), die Wahrheit aber ift daß Philemon ber
Erfle war der für diefe dramatiſche Art eine Norm aufflellte, und zwar nad
Anleitung bed Ariflophanifchen Kokalos, worin die Blemente der neueren
Komödie ſchon gegeben waren, ſ. Meineke Philem. et Men. ed. mai. p. XLIVf.
Jedenfalls aber hat M. zur Ausbildung des neuen Kunfiflild das Meike
gethan, mie er denn fpäter allgemein für die erfle Größe, für den Stern
biefer Battung anerkannt wurde, wie Briflophaned in ver altem ‚Romöbie.
Daher er au auf die fpätere Literatur viel Einfluß gehabt Hat und fleißig
commentirt wurde. Schon Lynfeus, Bruder des Hiftorifers Duris, Zeit⸗
gensfle des M. und felbf Komiker, Hatte über Ihn geſchrieben (Athen. VI,
p. 242. B.). Linter ven Alexandriniſchen Kritikern war Ariftophanes fein .
großer Bewunderer; ein altes Epigramm fagt daß er Ihn nächſt Homer am
meiften geihägt, und ein bekannter Ausfpruh von ihm wer: & Meraröpe
was Pie, ROTepog ag’ vucr norseor anemunoaso; Nennt daher Cuſebius
Praep. Ev. X, 3. von bemfelben Gelehrten zapaAAnlovg Merarögov 18 zei
ap’ ar ändewer snkoyag, bergleihen auch Andere geichrieben haben follen,
fo war es dabei wohl nur auf eine Zufammenftelung Menandriſcher Stellen
mit ähnlichen anderer Dichter, beſonders des Curipides, abgejeben. Bon den
römiſchen Komifern hat Plautus Menanders Stüde felten bearbeitet, Terenz
dagegen (außer dieſem auch Gäcilius und Afranius) iſt ganz fein Nachhall:
was zur Beflätigung unferer Anſicht gilt, daß M. weniger ein Dichter bes
Vollkes ald der feinen Geſellſchaft war. Bon fpäteren Kunſtrichtern find
Qbuintilian und Plutarch diejenigen welche unjern Dichter am dringenpflen
empfehlen. Quintilian legt fein Studium befonders den Rednern and Herz:
ita omnem vita imaginem expressit, tanla in eo inveniendi copia et elo-
quendi facultas, ita est omnibus rebus, personis, aflectibus accommodatus.
Auch famen in M.'s Stüden nad attifcher Weiſe nicht felten gerichtliche
Scenen und Reben vor, deren Nachahmung empfohlen wird, f. Meinele
p. 6i. ed. mai. Vorzuͤglich aber, meint Quintilian, fe M. für Declami«
rende, d. 5. für epideiktiſche Borträge eine unerfhäpflige Quelle, quaniam
his ‚nocesse est secundum candilionem conireversiarum ‚plureg subire
personas, patrum, filiorum, maritorum, militum, rustichrum, givitum,
pauperum, irascentium, deprecantium, milium, asperorum, in quibus om-
nibus mire custoditur ab hoc poöta decorum. Atque ille quidem omni-
bus eiusdem operis auctoribus abstulit nomen et fulgore quodam suae
claritatis tenehras obduxit. Plutarch flelt M. noch über Ariftophanes und
iſt überall vol vom Lobe und von Meminiscenzen aus feinem Menander;
vgl. beſonders Sympos. VII, 8, 3. und bad Bruchſtück der avyrgas Agı-
oroyasovg xai Merardgov. Ariſtophanes iſt Plutarchs milder Welfe zu derb,
zu wild und beftig, zu bunt und genial; M. dagegen war ein Muſter von
Zierlichkeit und Eleganz, von ruhiger Glätte und anmuthiger Lebenswahrheit.
„Ueberall pafle er am beflen, im Theater, bei Unterhaltungen, Baftmählern,
zu leſen, auöwendig zu lernen und vorzutragen, ber gemeinnüglicäfle aller
griegifgen Diter. Ob es denn für den gebildeten Dann (zenaıdev-
uerog, Arne QYıAoAoyos) noch der Mühe werth fei ind Theater zu geben,
wenn nicht etwa ein Stud von DM. gegeben werde? Kein Dichter gewähre
bei ernfleren Studien eine fo angenehme Zerſtreuung.“ Berner verraiben
Lucian und Alciyhron ein eifriges Studium des W. Jener gibs in feinen
Hetärengefprädden eine Reihe von Bildern, die zum’ guten Then, felbRt mit
den Namen, aus ımferem Dichter entlehnt find; diefer bat in feinem leben⸗
bigen, gang ber Sphäre der neuen attifchen Komödie angehörenden Schllde⸗
rungen gleihfalls beſonders aus M. geihöpft, jo daß auch bier Namen und
ganze Stellen mis übergegangen find (Meineka od. min. p. 2384.). Nech
1780 Menander
andere Särififteller über DM. f. bei Meineke p. XXXIV. ed. mai. Au
Scholien zu feinen Stücken werben eitirt (Schol. Arifl. Av. 1740. von Di-
dymud, f. Etym. Gud. p. 338, 25.), und no das byzantiniſche Zeitalter
war eifrig mit ihm befgäftigt; auch iſt Fein Zweifel, daß keineswegs eine
Abnahme des Interefies für ihn, ſondern nur ein böfer Zufall Schuld daran
iſt daß auch nit einmal eine Auswahl feiner Stüde auf unfere Zeit ge»
fommen iſt.“ Bon angeblichen Briefen und fonfligen proſaiſchen Schriften
M.'s f. Meinele ed. mai. p. XXXIIf. — Um noch genauer als es nach
diefen Zeugnifien möglich 13 in die Eigenthümlichkeiten feiner Compoſitionen
einzubringen und dadurch die Ueberſicht der erhaltenen Titel feiner Komödien
fruchtbar zu machen, bedarf es eines näheren Eingebend auf ben Geiſt der
neueren attifhen Komödie überhaupt. ** Das bürgerlide Leben und bie
Intereffen dafür waren in jener Zeit meift erfiorben; an feine Stelle if das
fociale Leben getreten, deſſen Kreis auch der diefer fogenannten neueren Kos
mödie il. Dan vermeidet die perfönlicde Satire; das Läherlide an ven
Perſonen des focialen Lebenskreiſes wird vielmehr in generellen Character:
figuren gefammelt, an denen der Spott über die Gebrechen ded Einzelnen fi&
ausläßt. Streift die neuere Komödie einmal an öffentliche Berfonn, fo
werden an Ihnen doch gemöhnlih nur die auffallendſten Verflöße gegen vie
gute Geſellſchaft getabelt. Mit biefer Sphäre iſt aber auch das poetiſche
Pathos ein wefentli anderes geworden. Keine Heftigfeit und Bitterfeit,
nicht mehr dieſe Hurlesfen Sprünge bed Wites und ber Bhantafle; aber au |
fein höherer poetiſcher Schwung mehr: Alles fauber und gelaflen, fehr ma-
nierlich, fo wie es in anfländiger Gefelihaft zugeht. Gin Bortbeil davon
ift, daß die Handlung mehr Einheit befommen hat. Den dramatiſchen Stoff
liefert gewöhnlih ein Abfchnitt aus dem Neben von einer oder zwei Familien,
mit den beliebten Verwicklungen, wie wir fie aus Plautus und Terenz kennen.
Inirigivende Subjerte oder außerordentlihe Umflände und Leidenſchaften
bringen die Spannung hervor. Die Molle des Intriganten bat entweber
ber Sklav oder der Parafit; die herkömmlichen Verwicklungen drehen ig um
Hdopa und arayrmpıouos, welche dramatiſche Motive zuerfi Ariſtophanes
im Kokalos angewendet hatte ***; vie allgemeine Leidenſchaft der Handlung
war bie Liebe, |. Blut. de amore bei Stob. Serm. LXI. p. 393.: rer
Meyasdpov dpauaror Öuals unarEar &7 GVVERtıXoy dutır Ö Epws, 0i0r
mveöun #007 dianepvrag und bie andern Stellen bei Meinefe p. XXVIII.
u. p. 59. ed. mai. Un einer andern Stelle rühmt Plutarch die allgemeine
Züchtigkeit dieſer Menandrifchen Liebesromane, mit dem pedantiſchen Zuſatze,
fie paßten recht wohl auch für verheiratete Leute, ſich beim Gaſtmahl davon
vortragen zu laſſen. Es komme in ſo vielen Stücken nicht eine Knabenliebe
vor, und werde einmal ein Maͤdchen verführt T, fo komme es nachher glücklich
zur Hochzeit. Hätten die jungen Leute mit Hetären zu thun, fo würde dad
* Das Gerücht von einer Verbrennung der Schriften Menanders durch griech,
Priefter f. bei Meinete p. XXIX. ed. mai. Aus manchen Traditionen fcheint ber:
vorzugehen daß ein Theil feiner Komödien nod, um bie Zeit ber Wieberherficdung
der Wiffenfchaften eriftirte,
* Bol, zu dem Folgenden O. Müller Geſch. der griech. Lit. IL ©, 271 ff. we.
Beruharby Grundriß 2ter Bb. ©. 1008 ff.
*** non. Vit. Aristoph. p. 544.3 Ypgionaros yap yırondvov sore "7 öro-
naoti naumdeiy zıya xas 769 Xopnyar OUx dvrsyorsey TIP0S TO ZopnyEir mas Bar-
tardang ixlelomvias eis vs rar raupdıar dia Tourer alrar, altıoy Jap zw-
npdlas zo oxurrem was, Iygawı Kuxalor, ds w sloayıı ghopav za} Avayvapıunor
as talla narca a dlnkuoe Mivardpos. Bol. Gchot. Ariſtid. ed. Frommel p. 169.
tr Viele Niebertünfte kamen vor, ſ. fr. ino. DXIV. Wine finnige Betrachtung
über Die Natur ber Liebe fr. inc. XIV.
Menander 1781
Anflößige, wenn diefelben dreiſt und frech wären, dadurch gemildert baß bie
Liebhaber darüber zur Vernunft kämen. Sei fo ein Mädchen aber gut und
herzlich, fo finde fich entmweber ein bürgerlicher Vater für fle oder die Lieb⸗
haft habe, fo Lange fle daure, eine anftänvige Haltung. Die Handlung feldft
pflegte, mie bei Curipides, durch einen Prolog bevorwortet zu werben, den
nicht felten eine allegoriſche Perfon ſprach, ſ. Meineke p. 284. ed. mai. Die
fiebenden Figuren der Handlung waren dann zunächſt der Bamilienvater mit
feiner Frau, letztere gemöhnlih um des Geldes willen geheiratet (mulier
dotata), daher die Ehe unglucklich. Nächſt Euripives ift wohl kein Dichter
fo reih an Betrachtungen und Sprüchen über die Mängel der Frauen und
der Ehe geweien als M.; wenigſtens find die Fragmente voll davon, in
Stellen weldde zum Theil auf merfwürbig geflörte Werhältniffe der gewöhn-
lichen Che ſchließen Taflen, vgl. 3. ®. fr. inc. 1. III. VE. LIV. LV. LVIE
CH—-CVI. CLVI. CXCVII. CXCVIH. CDLXIX. * Der Hausvater wird nur
in folgen Stüden zur Hauptperfon wo es vorzüglih auf Characteriſtik ab⸗
geſehen iſt, wie denn fhon M. jene Eharacterbilver des Beizigen, des Aber»
gläubigen, des Mistrauifchen, des verliebten Alten aufgeftellt Hatte **; während
der Haudfrau nicht leicht eine andere Partie übertragen murbe als die ber
Zänkiſchen, Giferfüchtigen oder ber Modeſüchtigen, die auf ihr Vermögen
trumpft und den Mann dur ihre Launen rulnirt. Diefem Paare zur Seite
ſteht dann der filius familiaris mit dem servus peculiaris, dem burchtriebenen,
in Xiften und Ränken unermüdlichen Intriganten, |. Meineke p. 47. ed. mai.
Der Sohn iſt der allgemeine Träger der verlichten Leidenſchaft und ed werben
an ihm außerdem nur noch etwa die verſchiedenen Arten der Erziehung, der
länplichen und ſtädtiſchen, der liberaleren oder ängfllideren, oder ber vor»
herrſchenden Gemüthorichtungen ver Jugend erempliflcitt. Don ber Hetäre,
diefem nothwendigen Webel im fortalen Leben der Alten, kannte M. zwei
Sauptebaractere, wie au Plutarch fie anbentet, vie ächte Hetäre, die gewinne
füchtige Egoiſtin, wie er eine ſolche beſonders in feiner Thais gezeichnet hatte
und von welder Art die Hetären Lucians find, und die yonorn nal ovre-
oooa, wie feine @lyfera war, die in einem feiner Stüde ein Hauptrolle hatte
(Meinefe p. 39. ed. mai.). fich aber gelegentlih auch Höfe Dinge auf der
Bühne nachſagen laffen mußte (Afchphr. I, 29. vgl. Athen. XII, p. 594.D.).
Nothwendiges Zubehör dieſer Hetärenwirihſchaft iſt der verruchte mogroßomog,
der leno und die improba lena, in welchen Figuren fich aller Schmutz und
Ausſatz dieſes Nebels zu fammeln pflegte. Gine andere merfmürbige Cha⸗
racterfigur ber damaligen Zeit und Bühne aber ift der Miles gloriosus.
Durd die Sitte, mit Söldnern zu flreiten, und in Folge der vielen Krieged«
züge in Aflen war der Krieg zu einem — leichten und rafchen Gewinn bringenden
Handwerk geworben, zu welchem fi abenteuernde Menſchen aus allen Ge⸗
genden Griechenlands zu drängen pflegten. Diefe Herrn rafften fi oft viel
Geld zufammen, kamen dann nad Athen und verpraßten ihr Geld. Sie
renommiren, find roh und dumm und Gaben meift Unglüd bei den Mädchen,
aber fie find rei, und deshalb immerhin gefährliche Nebenbuhler ver weniger
bemittelten Bürgersföhne, wie no in der römifchen Elegie. Zu ihnen gehört
* Mol. 5. 8. Athen. XII, p. 559. E.: Mivardpos dv ’Eunıngauten* ’EioAns
anolad" Sorıs nord | 6 gWros Me yınas, ErresO’ 6 deurepos, | ei0' örelzos, 0"
6 tiragros, &80 5 nerayırıs. Kinder find eine Laſt, vgl. Stob, Flor. LXXVI, 4.:
n des novor | Ünv 9 Yervonevor narlga naldur anodursiv‘ | oveu To nera Tale
for, zov Biov 8009.
” Bol. Alchvhr. II, 4.: zarra neriopa vür kari Bovlöueva Id:iv Mivardgov
ai dnovoas» grÄapyvpur nai dguvysev xai ducdausuörur nal anlorey zal narlpev
za) vios as Hepazovsuv xas nayras donmvoßarevaiver.
1780 Menander
andere Schrifiſteller über M. f. bei Meineke p. XXXIV. ed. mai. Au
Scholien zu feinen Stüden werben citirt (Schol. Ariſt. Av. 1740. von Di»
dymus, |. Etym. Gud. p. 338, 25.), und no& das byzantinifche Zeitalter
war eifrig mit ihm beſchäftigt; auch ift Fein Zweifel, daß keineswegs eine
Abnahme des Imtereffes für ihn, fondern nur ein böfer Zufall Schuld daran
iſt daß auch nicht einmal eine Auswahl feiner Stüde auf unfere Zeit ge>
fommen iſt.“ Bon angeblichen Briefen und fonfligen proſaiſchen Schriften
M.'s f. Meineke ed. mai. p. KXXILf. — Um noch genauer als es nad
diefen Zeugnifien möglich 13 in die Cigenthümlichkeiten feiner Gontpofltionen
einzubringen und dadurch die Ueberſicht der erhaltenen Titel feiner Komödien
fruchtbar zu maden, bedarf es eines näheren Eingehens auf den Geiſt ber
neueren attifden Komoͤdie überhaupt. ** Das bürgerlide Leben und bie
Intereffen dafür waren in jener Zeit meift erfiorben; an feine Gtelle if das
fociale Leben getreten, deſſen Kreis auch der diefer fogenannten neueren Ko⸗
mödie il. Dan vermeidet die yerfünlicde Satire; das Lächerliche an ven
Berfonen des focialen Lebenöfreifes wird vielmehr in generellen Character⸗
figuren gefammelt, an denen der Spott über die Gebrechen des Einzelnen fich
ausläßt. Streift die neuere Komödie einmal an öffentlide Berfonen, fo
werden an Ihnen doch gewöhnlich nur die auffallenpflen Verſtöße gegen vie
gute Geſellſchaft getabelt. Mit diefer Sphäre iſt aber auch das poetiſche
Pathos ein weſentlich anderes geworben. Keine Heftigfeit und Bitterfeit,
nicht mehr diefe burlesfen Sprünge bed Witzes und der Bhantafle; aber au
fein höherer poetiſcher Schwung mehr: Alles fauber und gelafien, fehr ma-
nierlich, fo wie es in anftändiger Sefellihaft zugeht. Bin Vortheil davon
if, daß die Handlung mehr Binheit befommen hat. Den dramatiſchen Stoff
fiefert gewöhnlich ein Abfchnitt aus dem Neben von einer oder zwei Bamilien,
mit den beliebten Verwicklungen, wie wir fle aus Plautus und Terenz kennen.
Intrigirende Subjerte oder außerorbentlihe Umſtände und Leidenſchaften
bringen die Spannung hervor. Die Mole des Intriganten bat entweder
der Sklav oder der Paraflt; die herkömmlichen Berwidlungen breben ſich um
Ydoer und arayrwprouog, welche dramatiſche Motive zuerft Arifkophanes
Im Kokalos angewendet hatte ***; pie allgemeine Leidenſchaft der Sandlung
war bie Liebe, f. Blut, de amore Sei Steb. Serm. LXI. p. 393.: rer
Meravöpov dpauaror Öualös UNuTEmr 67 OVIERTINOY 8007 O Epmg, Oior
veöua x0w0r Öanepvrog und die andern Stellen bei Meineke p. XXVIII.
‘u. p. 59. ed. mai. An einer andern Gtelle rühmt Plutarch vie allgemeine
Züchtigkelt dieſer Menandriſchen Liebesromane, mit dem pedantiſchen Zufape,
fie paßten recht wohl auch für verheiratete Leute, fi beim Gaſtmahl davon
vortragen zu laſſen. Es fomme in fo vielen Stüden nicht eine Knabenliebe
vor, und werde einmal ein Mädchen verführt T, fo komme es nachher glücklich
zur Hochzeit. Hätten bie jungen Leute mit Hetären zu thun, jo würde pas
* Das Gerücht von einer Verbrennung ber Schriften Menanderd durch griech.
Priefter f. bei Meineke p. XXIX. ed, mai. Aus manchen Traditionen ſcheint ber:
vorzugehen daß ein Theil feiner Komödien nod, um bie Zeit ber Wiederherſtellung
der Wiſſenſchaften exiſtirte.
“Nor, zu dem Folgenden O. Müller Geſch. der griech. Lit. I. ©. 271 €. =.
Beruhardy Grundriß 2ter Bd. ©. 1008 ff.
*** Yon. Vit. Aristoph. p. 544.2 Yapionaros yap yerandvov wor: nn öro-
naoti Xaupdeiy Twa nal 159 Yopgnyar OUx dvrszörter 7IQ05 To Zopnyeiv zas nar-
tardams inlelomvlas eis VA 709 aunpcur dia Tourer auray, altı0oy Jap zw-
npdlas zo oxurzrem was, Eypgayı Kuxalor, dv & sloayıı EOopar zal Ayayvapıaaor
xcièꝰ ralla nasca & dlsAuoe Mivardger. Bol. Schol. Arifiib. ed. Frommel p. 169.
T Viele Nieberfünfte damen vor, f. fr. ino. DXIV. ine finnige Betrachtung
über die Natur ber Liebe fr. inc. XIV.
NMenander 1781
Anftößige, wenn diefelben dreiſt und frech wären, dadurch gemildert daß bie
Liebhaber darüber zur Vernunft kämen. Sei fo ein Mäpchen aber gut und
herzlich, fo finde ſich entweber ein bürgerlicher Vater für fle oder die Lieb⸗
ſchaft Habe, fo lange fle daure, eine anfländige Haltung. Die Handlung felbft
pflegte, wie bei Euripides, durch einen Prolog bevormwortet zu werben, den
nicht felten eine allegoriſche Perfon ſprach, ſ. Meineke p. 284. ed. mai. Die
ſtehenden Figuren der Handlung waren dann zunächſt der Bamilienvater mit
feiner Frau, letztere gemöhnlih um des Geldes willen geheiratet (mulier
dotata), daher die Ehe unglüdlid. Nächſt Euripives iſt wohl kein Dichter
fo reich an Betrachtungen und Sprüchen über die Mängel der Brauen und
der he geweien als M.; menigitens find die Fragmente voll davon, in
Stellen welde zum Theil auf merkwürdig geftörte Verbältniffe der gemöhn-
lichen Ehe fließen laſſen, vgl. 3. 8. fr. inc. I. II. VI. LIV. LV. LVII.
CH—CVI. CLVI. CXCVII. CXCVIII. CDLXIX. * Der Haudvater wirb nur
in ſolchen Stüden zur Hauptperſon wo es vorzüglih auf Characteriſtik abe
geſehen if, wie denn ſchon M. jene Eharacterbilder des Belzigen, des Aber⸗
gläubigen, des Mistrauifhen, des verliebten Alten aufgeftellt hatte **; während
der Hausfrau nit leicht eine andere Partie übertragen wurde ald die ber
Zänkiſchen, Giferführigen oder der Modefüchtigen, die auf ihr Vermögen
trumpft und den Mann dur ihre Launen ruinirt. Diefem Paare zur Seite
ſteht dann ber filius familiaris mit dem servus peculiaris, dem burchtriebenen,
in Liſten und Ränken unermübliden Intriganten, |. DMeinefe p. 47. ed. mai.
Der Sohn iſt der allgemeine Träger der verliehten Leidenſchaft und ed werden
an ihm anferbem nur noch etwa die verſchiedenen Arten der Erziehung, ver
ländlichen und fläntifden, ver liberaleren oder ängflicheren, oder ber vor»
herrſchenden Gemüthsrichtungen ver Sugend erempliflcitt. Don ber Hetäre,
diefem nothmwenbigen Uebel im fortalen Leben der Alten, kannte M. zwei
Sauptcharactere, wie auf) Plutarch fie andeutet, die ächte Hetäre, bie gewinne
ſüchtige Egoiſtin, wie er eine ſolche beſonders in feiner Thais gezeichnet hatte
und von weldder Art die Hetären Lucians find, und die yonorn nal avre-
oöoce, wie feine Glykera war, die In einem feiner Stüde ein Hauptrolle Hatte
(Meinete p. 39. ed. mai.). ſich aber gelegentlih auch boſe Dinge auf ber
Bühne nahfagen Taffen mußte (Alchphr. I, 29. vgl. Athen. XIII, p. 394.D.).
Nothwendiges Zubehör dieſer Hetärenwirthſchaft iſt ber verruchte mooroßounog,
der leno und die improba lena, in welchen Biguren fih aller Schmuß und
Ausſatz diefed Uebels zu fammeln pflegte. Bine andere merfmürbige Cha⸗
racterfigur der damaligen Zeit und Bühne aber ifl der Miles gloriosus.
Durch die Eitte, mit Söldnern zu flreiten, und in Folge der vielen Krieged-
züge in Aflen war der Krieg zu einem — leichten und raſchen Gewinn bringenben
Handwerk geworben, zu weichem fi abenteuernde Menſchen aus allen Ges
genden Griechenlands zu drängen pflegten. Diefe Heren rafften fi oft viel
Geld zufammen, kamen dann nah Athen und verpraßten ihr Geld. Sie
renommiren, find roh und dumm und haben meiſt Unglück bei den Mädchen,
aber fie find reich, und deshalb immerhin gefährliche Nebenbuhler der weniger
bemittelten Bürgersföhne, wie noch in der römifchen Clegie. Zu ihnen gehört
* Mol. 5. ©. Athen. XII, p. 559. E.: Mivavdpos dv Eunınganimm’ Etelms
ano" Horıs nord | 6 ngWros mw yınas, ImesO’ 6 deurepos, | 20" Örelzos, 0
6 ziragros, ei 6 nerayerns. Kinder find eine Safı, vgl. Stob. Flor. LXXVI, 4.:
7 des novor | Er 7 Yervonımor naripa naldur anodarein‘ | ovru To era raue
Fors tov Piov znpor.
” Mol. Aleivhr. I, a.: zarra uerdoga vür kari Bovloueva ideiv Mivardoor
xocè dnovoa, plapyvpury na dgureav za daumidasu6ver al anloruy nal nrartpev
zal vios nal Hepandvrur ai narcas daunroßarovnivev.
TOR Monnuder
weſentlich der Baraflt, der fi ihren Reichthum und ihre Citelkeit * Nutze
macht, ſeinen Freitiſch mit Schmeicheleien bezahlt, aber auch ſonſt überall zu
finden iſt wo ein guter Schmaus bevorſteht; der Narr des Tiſches, der ſich
aber auf dem griehifhen Theater (wenigſtens bei Alciphron) ſchrecklich viel
gefallen laſſen mußte, überhaupt dort eine viel verächtlichere Figur geſpielt
zu haben ſcheint als auf dem römiſchen. Bisweilen find dieſe Parafiten auch
Phileſophen von Profeſſion, denn ſchon damals fanden ſich in Athen wohl
nit jelten dis Urbilyer zu jenen Characteriſtiken an denen Lucian fo reich
if. Berner gehört zu dieſen flehenden Figuren noch der Koh, Virtuos in
feiner Profefflon, zu Schmäufen gemiethet, großſprecheriſch aber wigig, Häufig
mit dem Paraflten verſchworen, ſ. Meineke p. 64. ed. mai.; endlich auch ber
Kaufmann mit feiner unfleten Lebensweiſe und dem raſchen Gewinn, ber
dann auch fein Geld gern wieder rafh unter die Leite bringt, alfo für
Hetären und PBaraflten eine willfommene Beute if. Zu dem Mealiämus
folder Lebensverhältnifie gehört dann natürlich au eine entſprechende Denk⸗
weife. Und in der That iſt die berrfchende Stimmung der Menandrijchen
Gompofltionen die der feineren Genußſucht, des epicureiſchen Gupämenismus,
welcher die perfönliche Lebensphiloſophie des Dichters war. * Keine tieferen
Motive, Feine höhere Begeiflerung, eine Weile das Leben zu nehmen wie
fle in den damaligen Salons von Athen die vorherrſchende geweien fein
mag. Dabin gehört dann au die Vorliebe für reflestirende Betrachtung und
Sittenſprüche in der Weile des Luripides, welcher in allen Süden auf M.
großen Einfluß gehabt hatte. ** Dabei kamen viele gute Sprüde vor, bie
mandmal viel prafiifche Lebensweieheit enthalten, deren Quinteſſenz aber doch
immer das epicureiſche Leben und Lebenlafien if, Mäßigung, Ruhe, im
Genuß und im Ernſt, ein feiner Materialismus. Auch vie äußerliche Sce
nerie der Handlung war eine elegante und gentile, weshalb M. bei Blinius
gelegentlich (H.N. XXX, 2.) diligentissimus luxuriae interpres beißt. Häufige
Schilderungen von Tafelfreuden, welde freilih der neueren attiſchen Komoödie
überhaupt fehr eigen find, mie denn Auhendus für feine Philologie der Wohl⸗
ſchmeckerei nirgends eine fo reihe Ausbeute gemacht bat als in dieſer Lite
ratur. Die Sprade war nicht mehr fo poetifch wie in ber alten Komöbie,
aber bei aller Einfachheit doch höchſt zierli und audgewählt, dad Ehe ber
eblesen Converſationsſprache damaliger Zeit, dabei dem Gharacter bez ver⸗
f&hiedenen handelnden Berjonen in bervundernsmwürbiger Weije angepaßt. Die
Lebendigkeit ver Monologe tritt nach In einzelnen Bruchſtücken ſehr hervor,
3. DB. Ir. inc. VIE. Die Naivetät in welder M. feine Berliebten, feine ſich
zierenden Jungferchen, die Frauen und andere Perſonen reden ließ, rühmt
Hermogenes (Vol. III. p. 306. Rhet. ed. Walz), wo er in dieſer Beziehung
mit Anafreon und den Bukolikern zufammengeflelt wird. Sonf haben wir
über diefe Seite feiner Kunſt auch Quintilian bereitd vernommen; vgl. noch
Blut. Arist. et Men. c. 2.: n Meraröpov goaoıs ovın ovröisaraus xai
Gvunsnvysvne nenpausr] MOag Eavzıy, ware dia ROOT dyouary zadar
nel 7009 xai NOOOWTOG EYaPNOTEOVCE narTodanoig ia Te paisecdaı nrä
Und weiterhin: Meraröoog ovımg döste nr Askır, VOTE na0n za von
„as Öadsres nal Hıia ovuneroov eis. Auch die Metrit war fo viel
einfacher, zumal da der Chor bis auf feltne Ausnahmen in der neueren Ko»
mödie wegfiel. Gewoͤhnlich wechſelte ber Dialog einfach zwiſchen dem tambi-
* Bol. bie vorzügliche Parallele Epicurs und Menanders bei Müler Geſch. b.
grieh. Lit, U. ©. 273 ff.
** Quisntit. Inst. X, 1.: Hano (Euripidem) et admiratus est, ut saepe testa-
tur, et sequutus, gqguamquam in opero diverso, Menander. gl, Weinsfe Ed.
mai. p. V. und deſſen Fragm. Com, Nov. p. 705 fi,
Menunuder {783
fen Trimeter und dem trochälfchen Tetrameter , f. Meineke Hist. crit. p. As f.
Wie aber eine Hauptkunft dieſer Gompofltionen die feinere Gharacteriftif der
verfchiedenen Gemüthsarten, Stände, Lebensweiſen und Lebensſtufen war, fo
ſcheint auch die Bühnenkunſt der neueren Komoͤdie Hinflcgtli der Manchfaltig⸗
kelt und Charakteriſtik der Masken und Anzüge einen beveutenden Foriſchritt
gemacht zu haben, ſ. Bolur IV, 143 ff. — Ueberſicht der einzelnen
Stüde, und zwar fo, daß wir zuerft biefenigen nennen über melde wir
ans den Nahbildungen römischer Dichter noch am beflen urtheilen koͤnnen,
dann diejenigen welche überwiegend Eharacterflüde waren, endlich die noch
übrigen, worunter auch die blos nad dem Zitel bekannten. a) In römiſchen
Nachbildungen vorhandene Stüde find die AdeAyor, die "Ardoie, 'Envror
zıuopovuevos, Evroüyog, fänmtli von Terenz in ben gleiänamigen Stücken
überarbeitet, doch fo daß manderlei verändert Ift, beſonderd bei den Adelphen,
in welden eine Scene aus Diphilus’ EZvranodunomorres, bei der Andria, im
welcher Einiges aus ber nahe verwandten [Jepırdia, und beim Bunuchen, in
welchem Giniges aus dem Korad hinzugethan if. Bol. Köpfe über die ben
arte. Originalen nachgebildeten Luffpiele, Zeitſchr. f. Alt.Wif. 1835.
©. 1226. Grauert über das Contaminiren der Tat. Komiker, hiſtoriſch⸗philol.
Analecten, DMünfter 1838. 8. C. F. Hermann de Terentii Adelphis, N
Jahrbb. 1840. Suppl. VI, 1. Könighoff de rat. q. Ter. in fabb. grr. lat.
convertendis secutus est, Koln 1843. 8. b) Charafterftüde, theils folge
mo in der Hauptfigur irgend ein fittliches Gebrechen auf parabigmatifche Weife
characterifirt wurde, theils folge wo eine jener ſtehenden Gharacterfiguren,
Hetäre, Bramarbas, Paraflt u. f. m. die Hauptrolle hatte. In die Tendenz
der erfieren Schlägt glei das erfle Stück Menanders, 'Ooyr, wo nur bie
Leidenſchaft des Zornd mit Ihren übeln Folgen dargeſtellt geweſen fein ann,
mworüber in ben fr. inc. viele gute Sprüche vorfommen. No beflimmter
aber gehören dahin der "Anoros, Aytor nerdor, der Asımdaiuor (dem
Oiornorns des Antiphanes nachgebildet), in meldem die Sauptrolle des
Abergläubigen Phidias hieß, deſſen Charakterifit man fi aus dem ent»
fprechenden Kapitel bei Theophraſt und aus Plutarch vom Aberglauben, ver
Manded aus M. entlehnt Hat, einigermaßen zufammenjegen Tann. Aehn⸗
licher Tendenz waren bie Osoyopovussn, Osrrain und “Igeıe, wo ber Aber⸗
glaube am weiblichen Geſchlechte, das in Athen von jeher vorzugäwelfe daran
Iaborirte, verfolgt wurde. Dal. noch fr. inc. V. und Alciphr. Ep. II, 4.
p. 264 ff. Berner der Avmmodog, wo Gmikrined die Hauptrolle hatte, ber
Melancholiker, ver überall das Schwarze flieht, auch geizig und unverträgli
und fich im Aeußern vernadpläßigenn, f. Ed. mai. p. 49. Ed. min. p. 186.
Au bier Hilft wieder der Character des Bummoroc bei Iheophraft und eine
Nachbildung Hei Libanius Vol. IV. p. 148. Envli war aud der Tawpyos,
welcher als eins der beften Stüde angeführt wird, ein Gharactergemälbe:
der tüchtige Sandmann, ver praktiſche Weife, f. p. 34 f. ed. mai. Die
jugendlide Hauptrolle Hatte Gorgias und ein Hauptinterefie der Handlung
waren bie Folgen ver Eiferſucht. Zur zreiten Klaffe gehören zunächft dies
jenigen wo der unglüdliche Cheherr und bie böſe Frau die Hauptrolle hatten.
So beſonders der Miooyurns, nach dem Atticiſten Phrynichus das befte Stüd
Menanderd. Der Weiberfeinn Hat leichtſinnig geheiratet, iſt Sehr ſchlimm ange⸗
fommen und entläpt feinen Grimm nun in Schimpfen und Haflen des Ge⸗
ſchlechted und Eheflanded überhaupt. Bine Sauptllage war vie Verſchwen⸗
dung der Frau für Putzſachen und ihr Aberglaube. ine böſe Frau, rei
aber HABT und eiferſuchtig, pielte ferner im IZAomor (dad Halsband) bie
Hauptrolle, über welches Stüd wir durch Gellius N. A. I, 23. einiger
maßen unterrichtet find. Auch die ErinAnoos war diefed Inhaltes, ba umi-
xanooc in der neuen Komödie nicht fowohl die Erbtochter im jurikifihen Sinne
TOR Monnuder
weientli der Paraflt, der fi ihren Reichthum und ihre Citelkeit * Aue
macht, feinen Freitiſch mit Schmeichelelen bezahlt, aber auch fonfl überall zu
finden it wo ein guter Schmaus bevorſteht; der Narr des Tiſches, der Rh
aber auf dem griehifgen Theater (wenigſtens bei Alciphron) ſchrecklich viel
gefallen laſſen mußte, überhaupt dort eine viel verächtlicgere Figur geſpielt
zu haben ſcheint als auf dem römiſchen. Biöweilen find dieſe Baraflien auch
BHllejaphen von Profeffion, denn Thon damals fanden fih in Athen wohl
nit felten die Urbilder zu jenen Characteriſtiken an denen Lucian fo reich
iR. Berner gehört zu dieſen ſtehenden Figuren noch ber Koh, Virtuos in
feiner Profeiflon, zu Schmäufen gemiethet, großfpreheriih aber wigig, häufig
mit dem Paraflten verſchworen, ſ. Meineke p. 64. ed. mai.; enblich auch ber
Kaufmann mit feiner unfleten Lebensweije und dem raſchen Gewinn, ber
dann auch fein Geld gern wieder raſch unter die Reste bringt, alſo für
Setären und Paraſiten eine willlommene Beute if. Zu dem Meallämus
folder Lebensverhältniffe gehört dann natürlich aud eine entſprechende Denf-
weife. Und in ver That iſt die herrſchende Stimmung der Menandriſchen
Eompofltionen die der feineren Genußſucht, des epicureiſchen Eubämonidmus,
welcher die perfünliche Lebensphiloſophie des Dichters war. * Keine tieferen
Motive, Feine höhere Begeiflerung, eine Weife das Leben zu nehmen wie
fie in den damaligen Salons von Athen die vorherrſchende geweien fein
mag. Dahin gehört dann auch die Vorliebe für reflectirende Betrachtung und
Sittenſprüche in der Weile des @uripides, welcher in allen Süden auf M.
großen Einfluß gehabt hatte. ** Dabei kamen viele gute Sprüde vor, die
mandmal viel praftifche Lebensweieheit enthalten, deren Quinteſſenz aber dog
immer das epicureiſche Leben und Xebenlafien ift, Mäßigung, Ruhe, im
Genuß und im Ernft, ein feiner Materialiemus. Auch vie Außerlide Sce-
nerie der Handlung war eine elegante und gentile, weshalb M. bei Blinius
gelegentlih (H.N. XXX, 2.) diligentissimus luxuriae interpres beißt. Häufige
Schilderungen von Tafelfreuden, melde freilih der neueren attiſchen Komddie
überhaupt fehr eigen find, wie denn Athenäus für feine Philologie der Wohl⸗
fhmederei nirgends eine fo reiche Ausbeute gemacht bat als in diefer Lite
satur. Die Sprache war nit mehr fo poetifch wie in ber alten Komoͤdie,
aber bei aller Einfachheit doch höchſt zierlig und ausgewählt, dad Ede ber
edlesen Converſationsſprache damaliger Zeit, dabei dem Character ber ver-
ſchiedenen handelnden PBerfonen in bewundernswärdiger Weile angepaßt. Die
Lebenvigfeit der Monologe tritt noch in einzelnen Bruchſtücken ſehr bervor,
3. 2. fr. inc. VII. Die Naivetät in welder M. feine Verliebten, feine ſich
zierenden Iungferchen, die Frauen und andere Perfonen reden ließ, rühmt
Hermogenes (Vol. III. p. 306. Rhet. ed. Walz), wo er in dieſer Beziehung
mit Unafreon und den Bufolifern zufammengeflelt wird. Sonſt haben wir
über dieſe Seite feiner Kunft auch Quintilian bereit vernommen; vgl. noch
Blut. Arist. et Men. o. 2.: 7 Merardoov gpacıs ovın ovrasenraı nal
OUUNENISUHE KEXOARUEIN MOOS tavenr, Gore dicte MOoAAOr Ayousım nader
nal 7dor nal nE00WTOIGS EPAEHOTLOVGK narTodanolg via Ta Yairacdeı url.
Und weiterhin: Mesardoog ovıng sdaıke nr Adkır, Oore ao] aas Qvos
na dad a NAmia ovuneroov sira. Auch die Metrif war fo viel
einfacher, zumal da der Chor bis auf feltne Ausnahmen in ber neueren Ko»
modie wegfiel. Gewoͤhnlich wechſelte ber Dialog einfach zwiſchen dem tambi-
*Waol. bie vorzuͤgliche Parallele Epicurs und Menanders bei Mäller Geſch. d.
griech. Lit. I. ©. 273 f.
** Quintil. Inst. X, 1.: Hano (Euripidem) et admiratus est, ut saepe testa-
kur, et sequutus, quamquam in opere diversa, Menander. Wei, Weiusfs Ed
mai. p. XXXIV. und deſſen Fragm. Com. Nav. p. 705 ff,
Menander 1783
fen Trimeter und dem trochäiſchen Tetrameter, f. Meineke Hist. crit. p. 441 f.
Wie aber eine Hauptkunft dieſer Gompofltionen bie feinere Characteriſtik ver
verschiedenen Gemürhsarten, Stände, Lebensweiſen und Lebensſtufen war, To
ſcheint auch die Bühnenfunft der neueren Komödie binfichtli der Manchfaltig⸗
keit und Charakteriftif der Masken und Anzüge einen bedeutenden Fortſchritt
gemacht zu haben, ſ. Pollux IV, 143 ff. — Ueberſicht der einzelnen
Stüde, und zwar fo, daß mir zuerſt biefenigen nennen über welde mir
aus den Nachbildungen römischer Dläter noch am beften urtbeilen Eönnen,
dann diejenigen welche überwiegend Gharacterflüde waren, endlich bie noch
übrigen, mworunter auch bie blos nach dem Zitel befannten. a) In römifhen
Nachbildungen vorhandene Stüde find die ’4öeAypor, die "Arögie, "Ervror
zuuwpovseros, Evroöyos, fänmtli von Terenz In den gleichnamigen Stücken
überarbeitet, doch fo daß mancherlei verändert iſt, beſonders bei ven Abelphen,
in welchen eine Scene aus Diphilus' Zuranzodrnonorres, bei der Andria, in
welcher Ciniges aus ber nahe verwandten [Teoırdin, und beim Bunuchen, in
welchem @iniges aus dem KorAa& hinzugethan if. Bol. Koͤpke über die ben
griech. Driginalen nachgebildeten Luſiſpiele, Zeitſchr. f. Alt.Wif. 1835.
©. 1226. Grauert über das Contaminiren ber Tat. Komiker, hiſtoriſch⸗philol.
Analecten, Dlünfter 1838. 8 C. F. Sermann de Terentii Adelphis, R.
Jahrbb. 1840. Suppl. VI, 1. Könighoff de rat. q. Ter. in fabb. grr. lat.
convertendis secutus est, Köln 1843. 8. 5b) Eharafterftüde, theils folge
wo in der Hauptfigur irgend ein fittlihes Gebrechen auf paradigmatiſche Weife
characterlfirt wurde, theils folde wo eine jener flehenden Characterfiguren,
Hetäre, Bramarbas, Paraflt u. f. w. bie Hauptrolle hatte. Im bie Tendenz
der erſteren ſchlägt glei das erfle Stück Menanders, 'Ooyn, wo nur bie
Leidenſchaft des Zornd mit ihren übeln Folgen dargeftellt geweſen fein fan,
worüber in den fr. inc. viele gute Sprüche vorkommen. Noch beflimmter
aber gehören dahin der "Anıorog, Ayıov nerdor, der Asımdaiun» (dem
Oionorns des Antiphanes nachgebildet), in welchem die Hauptrolle des
Abergläubigen Phiviad hieß, deſſen Charakteriſtik man ſich aus dem ent»
fprechenden Kapitel bei Theophraſt und aus Plutarch vom Aberglauben, ver
Manches aus M. entlehnt bat, einigermaßen zufammenfegen kann. Aehn⸗
licher Tendenz waren bie Osopopovussn, Osrrain und "Tape, wo ber Albers
glaube am weiblichen Geſchlechte, das in Athen von jeher vorzugäwelfe daran
laborirte, verfolgt wurde. Bol. no fr. inc. V. und Alciphr. Ep. II, 4.
p. 264 ff. Werner der AvamoAog, wo Gmilrined die Hauptrolle hatte, der
Melancholiker, ver überall das Schwarze flieht, auch geizig und unverträglid
und fi im Aeußern vernachläßigend, f. Ed. mai. p. 49. Ed. min. p. 186.
Au hier Hilft wieder der Character des Sumodoc bei Iheophraft und eine
Nachbildung bei Libanius Vol. IV. p. 148. Endlich war auch ber Tempyos,
welcher als eins ver beſten Stüde angeführt wird, ein Gharartergemälbe:
der tüchtige Landmann, der praftifche Weile, f. p. 34 f. ed. mai. Die
jugendlide Hauptrolle hatte Gorgias und ein Yauptintereffe der Handlung
waren bie Solgen der Eiferſucht. Zur zweiten Klaffe gehören zunächft dies
jenigen mo ber unglüdlide Cheherr und bie böſe Brau die Hauptrolle Hatten.
Sp beſonders der Miooyvrns, nach dem Attieiſten Phrynichus das befle Stüd
Menanders. Der Weiberfeind Hat Teichtfinnig geheiratet, iſt ſehr ſchlimm ange⸗
fommen und entläpt feinen Grimm nun in Schimpfen und Haflen des Ges
ſchlechtes und Eheflandes überhaupt. Cine Hauptklage war die Verſchwen⸗
bung ber Frau für Putzſachen und Ihr Aberglaube. Cine böfe Frau, reich
aber haͤßlich und eiferfügtig, ſpielte ferner im IZAomor (daB Halsband) vie
Sauptrolle, über welches Stüf mir durch Belllus N. A. II, 28. einiger
maßen unterrichtet find. Much die ErixAnoos war dieſes Inhaltes, ba unl-
»Anoos tn der neuem Komoͤdie nicht ſowohl die Etbtochter im juriſtiſchen Sinne:
1794 NMenander
bed Worts, als vielmehr die um ihres Erbes willen gebeiratete Frau iſt, mulior
dotata bei den roͤmiſchen Komikern. Enplich fcheint die böfe Frau aud in
ben Kußsgrmraug eine Hauptrolle gehabt zu Haben, ſ. dad Fragment hei
Orion Gnomol. VIII, 9. $Hetärenflüde gab ed von M. vornämli zwei, i.
Athen. XIII, p. 567. C.: zus ala 58 moAlz Öpauera ano Eraıpay Zoge Ta;
erıypapas, Halarız Arondsovg, Depenpatovg Kogıarrw, Evrixov 7 DiAvAdiov
Arısın, Meraröpov dt Oais xaı Darıov, 'Alebıdos Onwpu, Eußoviov
Kiewvöoe. Darunter war Thais eins der berühmteflen Stücke, und bie
Heldin beffelben die vollendete Hetäre, Virtuoſin der Koketterie, aber in jedem
Augenblide berechnet und berzlos, daher Thais überhaupt nicht felten in der
paradigmatiſchen Bebeutung ver Hetäre ſchlechthin vorkommt. Characteriftiſch
iſt gleich dieſes Fragment aus dem Vrologe bei Plutarch de aud. poet. ce. 4.:
’Euoi ur ovr dads zaavın, Bea, Opaosiar, paiar o xal zularns
äua, Adınovoar, anoxisiovous, aitovoay nunsa, Mnösrog spacer, 7p00»
zosvussm> 6' aua. Ein Gegenftüd dazu im guten Sinne war die Glykera
des M., die in einem Stüde die Hauptrolle hatte, es läßt fi aber nit
mit Befimmtheit jagen, in welchem, f. Ed. mai. p. 39., am wahrſcheinlich⸗
ſten in der Zursooce. Der Bramarbad hatte die Hauptrolle befonbers tn
zwei Stüden, im OpaovAsor und im Mioovusros, in welchem letzteren ber
Soldat Thrafonives hieß. Es waren zwei Renommiſten in ber Art wie fie
und aus Plautus und Terenz wohl befannt find, vgl. Ed. min. p. 138.
u. p. 168 ff. In dem zweiten Stüde, welches wieder zu den berühmteften
gehört, war ein bei biefen Worthelden gewöhnlicher Liebelfland vie Haupt⸗
fade der Handlung, nämlih dad Unglüd des Thraſonides in ver Liebe.
Seine Schöne war eine bei Bertheilung der Beute ihm zugefallene Kriegs⸗
gefangene, ein Motiv der Verwicklung welches oft angewendet worden zu fein
ſcheint. Alſo feine Sklavin über die er vollfommne Gewalt hatte, bei welcher ex
aber nichts deſto weniger nur Haß und Abwelfung fand, worüber er fi dann
ſehr toll gebärdete. In diefer Beziehung fließt fih gleih die Zlepsnaspo-
ua an, auch ein Soldatenftüd, wo ver Held Polemo hieß, ver gleichfalls
ein kriegsgefangenes Mädchen mit fich führte, daſſelbe in Eiferſucht bewacht
und gelegentli ihr mit militärifcher Nohhelt das Haar abſchneidet: womit
ch auch die Titel’ Euningaussn und Pamilouesn vergleichen laſſen, bie jeben-
fal8 auch von Mißhandlungen welche eine Schöne erlitt, ihren Namen hatten,
wenn ſich auch fonft nichts über die Handlung beflinnmen Tägt. Berner war
ſolch ein Prahljoldat au in dem Stüde Aonis die Hauptfigur und ins Ganzen
müflen in biejelbe Gattung auch folgende Stüde eingefchlagen haben: die
Zrparoce, der Pevönpaning d. h. der Strohrenommiſt, mit einer Keule von
papier mäch6, f. Plut. de am. et adul. 17., und ber Wopodens d. h. ber
Haſenſuß. Der vollendete Barafit und Schmeidhler aber war im oaat ge⸗
zeichnet, ſ. Athen. VI, p. 258. E.: REyRDExTNOLNE 68 os 39 nahe amı-
neAoös or KoAaxa Mevaröpog 87 To öuwrvun Ödgauan. TJerenz bat in
feinem Cunuch den Paraſiten Gnatho aus diefem Stüde genommen, wo bie
Hauptrolle Struthiad hieß. Wie gemöhnli ging der Paraflt dem Prahl⸗
band zur Seite und dad wird au in den meiften jener Stüde, bie nad
biefer letzteren Bigur benannt find, der Fall geweien fein. Daß piiffige
Sklaven in den meiften Stüden vorfamen, verſteht fi von ſelbſt; beſonders
aber fcheint ver Aic ssanarar das Bild fo eines in allen Ränken und Liften
geihulten Intriganten aufgeftelt zu haben, f. p. 47. ed. mai. Auch die
kunſtſeligen, geſchwätzigen, allgefuchten und trefflih bezahlten Köde gingen
bei D. oft genug über vie Bühne, wovon ald Beifpiel die Emirpenorre;
genannt werben Zönnen, fo betitelt von einem Gerichtshandel für den ein
Schiedorichter gewählt wurbe, f. Harpoct. v. anızgonnr. Daß ſich ein Rod
beſonders darin bervorthat fagt Athen. XIV, p. 699. B.: uadosz 84 siou-
Meonmuüor 1783
yoreaı yarapoı ONamTmoi Tıras, os waoa Merardow dv Enpirovas.
Das Grüd wirb übrigens fehr gelobt und Hatte in der Handlung eine Achn-
lichkeit mit ber bem Apollodor nachgenichteten Hechra des Terenz. ins au»
vere Hauptrolle darin war bie eined Geizigen, welder Smikrines hleß.
c) Bon den noch übrigen Städen, die wir meiſtens blos nad dem Titel
fennen, geben wir fchlieglih ein meift alphaberifche® Verzeichniß. “Adueis,
in Stüd das im Demos Halü Araphenives fpielte, fei es daß blos das
Local den Grund zu biefer Benennung gab, oder daß gewiffe Cigenthümlich⸗
keiten dieſes Demos, wie anderswo anderer (Harpoer. v. Alkarim») zur
Sprache kamen. Adısis, bie Bilder, deren Sitte und Lebensweiſe an ber
attiſchen Küfte auch In den Briefen Alciphrons das Thema zu einer ganzen
Reihe von Genrebildern iſt. Aranıdaussn (die Wantelmüthige) 7 Meoonnia,
bo können unter diefem Doppeltitel auch zwei verfehtebene Stücke zu vers
Reben fein. '4r8ooyvrog 7 Kons, 'Arewıoi (consobrini), Apönpopos 7 Av- .
Irspig, Agpodıma, von ben Belle der Aphrodiſien, mo bie Hetäten bei den
Shmänfen eine Hauptrolle zu fpielen pflegten, wenn anders das Stüd nit
AggoBinos hieß, Bowria, Auntvlso;, wobei der Ring wahrfgeinlih zur
Wiedererkennung half, Aupderos, Anmovoyös d. 5. die Kuchenbäderin, bie
beionders dei Sochzeitſchmäuſen thätig war, eine Art weibliche Parallelrolle
bes 6, Aldvuas, 'Eyysoldior, EnayysAdousros (sponsor), ’Eydnog,
Zinvonog (darin ein Baraflt), Kapyndonos, "Iußors, Aonpoi, Xaixis,
worin wohl meift auslaͤndiſche Sitte zu komiſchen Effeeten Anlaß gab, bie
Hauptrolle aber von Kaufleuten oder fonft Fremden oder Lieberfienlern bes
nannnt war. “Hrioyos, "Hows, Onvavoos, von welchem Gtäde ver Inhalt
durch bie Bemerkung eines alten Audlegerd zu Xerenz Prol. Eunuch. 10.
ziemlich bekannt if. Ein junger Mann welcher fein Väterliches vergeubet
bat ſchickt ſeinen Sklaven zum Grabmal des Vaters, das dieſer ſich mit vielen
KRoften hatte erbauen laffen, um ihm ein Todtenmahl zu bringen, weldes
ver Bater fih im Teflamente für eine gewiſſe Zelt nah ven Tode audbe⸗
dungen hatte. Bin alter Geizhals hat dad Grundftück gekauft worauf fi
das Grabmal befindet. Der Sklave öffnet das Monument mit Hilfe vieſes
Alten und es findet ſich ein Schatz mit einem Briefe. Der Geizhals bes
bauptet den Schag während einer Kriegsunruhe bort verſteckt zu haben; ber
junge Wann aber bringt die Sache vor Gerrit. Ein Ehag war vermuihlich
auch in der Woia der Derwidlungsinoten, denn in ſolchen Gefäßen pflegte
man das Belb zu verwahren. Werner Inworouos, Karnpopos, wobei Aleipbr.
IL, 67. zu vergleißen, Kupiem d. 5. das kariſche Klageweib, Karanpavdo-
nevog, Kexpvgaios db. b. Die Haube, worin wieder verſchiedene Paraflten
vorkamen, Kıdapwıng, welde Leute, wie die &ldtenfpieler und Floͤtenſpiele⸗
rinnen, nit felten den Komödien ihre Namen geben. Werner bie Kruöie,
Asvundin, Oivo&ka, Ilspırdie, Zauie, Stüde wie dad Mädchen von Anbroß,
Böotien, Meffenien; in der Leukadia war die Geſchichte des Phaon und der
Sappho behandelt. Berner Korussaloueras d. h. die Schierling Trinkenden,
Kußeorizu, Min dv. 5. Baflmahl, auf Beranlaffung einer Feſtfeier, wobei
natüsli) der Parafit nicht fehlte*, Myræyvorne d. 6. der Bettelprieſter im
Dienfle der Kybele (Myjyn — Kyvßein), alfo wie Mnroayvorns, eine Figur
deren komiſche Seite aus Lucians Eſel Hinlänglig bekannt il. NaunAnpog,
der Handelsmann, eine jener gewöhnlichen Gefchichten, mo der Vater ben
Sohn auf eine Handelsexpedition ausgeſchickt Hat und diefer nun zurückkehrt,
wahrſcheinlich mit einer Schönen, etwa wie im Mercator des Blautus, ber
nach einem Stüde Philemons gebichtet if, Nouodseng, SeroAcyog d. h. der
* Bei Alciphr. IH, 69. ſchreibt ein Parafit: de yap Buundias xal napaalıuy
tois ydnas nas Äyev ymdr dvkogra narca zal avar * ou —— —
IV.
1788 Manander
Werber, Ouondzoios d. h. die Stiefbrüber, ITaıdior, das Widellind, Ilei-
Aann, dad Kebſsweib, Ilapenaradınn, das Depofitum, wobei vielleicht ein
Wucherer der Art vorfam wie Alciphron fie wiederholt ſchildert Ep. I, 26.
u. III, 3., IJeoyauos, der Polterabend, IlposyraAor d. i. einer weiber dem
Andern mit einer Anklage zuvorfommt, IloAovueraı, Zurapıorooe:, bet
Weiberfämaus, LZurapoon, Zvregnßos d. h. die Jugendfreunde, Tirdr,
Toopmnos, "Turıs, 'TnoßoAuaios 7 Aypoıxog, aus welchem Stüde befonvers
viele und fhöne Bragmente erhalten find; wahrſcheinlich ein Vater der zwei
Söhne Hatte, von denen der eine untergeſchoben und auf dem Lande erzogen
war. Daoua, Über deſſen Inhalt wir dur eine Anmerkung Donats zu
- XZerenz’ Eunuchen Prol. 9. unterrichtet find. Die Stiefmutter eines jungen
Mannes läßt ein Mädchen das fie außer der Ehe geboren bat heimlich in
dem benachbarten Haufe erziehen und verkehrt mit ihr auf folgende Weile.
Die Zmifhenmauer der beiden Häufer iſt durchbrochen, der Durchbruch wird
dur) einen Altar mit Opfergehängen, Binden u. dgl. verkleivet. Die Mutter
thut als begehe fle dort religiöfe Handlungen, und läßt dann das Mäpden
zu ſich kommen. Der junge Mann belaufht fo eine Scene und wirb von
dem Anblick des Mädchens wie von einer Erfheinung (paoua) ergriffen.
Bald wird eine heiße Liebe daraus und ber Roman endigt zu allgemeiner
Befriedigung mit einer Hochzeit. Enbli die DiAadsipoı, Xalxeie, nah
einem attifhen Feſte, Die Xrga. — Dazu kommen no verſchiedene Samm⸗
lungen von Sentenzen, melde ji unter dem Namen Menanders und Phi—⸗
liſtions (richtiger Philemond), oder hlos Menanbers in mehreren Handſchriften
finden und: au8 Gtebäus aber andern Quellen, ſchwerlich aus ben Original:
komödien, compilirt, auch mit vielen jüngeren Beſtandtheilen untermiſcht fint.
So bie ſehr entſtellten yrauaı Mararöpov nal Diisoriorog, welche Boiſſonade
Anecd. I. p. 146 - 150. herauegegeben Bat, und bie alphabetiſch geordneten
yröuas noroozıycı des Menander, zu deren früherer, aus fünf Handſchriften
zufammengeftellter Sammlung neuerdings noch verſchiedene Supplemente ge
fommen find. Alles findet ſich bei Meineke Fragm. Com. Nov. p. 335— 374. —
Bearbeitet wurden die Reſte Menanders zuaft von H. Stephanus, Comi-
corum Graecorum Sententiae, Barid 1569., eine Sammlung die ned ſehr
unvolffiändig if. Darauf von Hugo Brotius, Paris 1616., der die Samm⸗
fung vermehrte und zugleih eine vortreffliche lateiniſche Ueberſezung hinzu⸗
fügte. Ihm folgte Io. Glericus, Amstelod. 1709., defien Bearbeitung aber
nur das Verdienſt hat, M. Bentley zur Eniendirung der noch fehr entftellten
Bragmente angeregt zu haben, Trai. ad Rh. a. 1710. u. Cantabrigiae 1714.
Gegen Bentley ſchrieben Born. de Paum u. Jac. Gronov, Amstel. 1711.
u. Lugd. Bat. 1710., aber obne daß die Sache dadurch wefentlih gefördert
worden wäre. Zulegt die Bearbeitung von A. Meinefe, Menandri et Philemonis
Reliquiae. Accedunt R. Bentleii in Menandrum et Philemonem emenda-
tiones integrae, Berol. 1823. und Fragmenta Comoediae Novae, Berol.
1841. p. 3—374. [Preller.)
6) Menander aud Ephefus, wohl nicht verſchieden von dem Menander
welchen Glemend von Alerandria (Strom. I, 21. p. 140.) als ven Perga-
mener bezeichnet (ſ. Meziriac ad Ovid. Heroid. T. II. p. 147 ff. u. Ebert
Diss. Sicul. p. 145 ff.); Hatte die Ihaten ber Könige, der griechiſchen wie
der nichtgriechiſchen, in einem Werke geſchildert aus welchem Iofephus c.
Apion. I, 18. Giniges mittheilt und deſſen auch Untere erwähnen (vgl.
Tertull. Apologet. 19. und Junioris philos. descript. orb. bei Bode Script.
rerr. mythicc. II. p. VIII. G. I. Voß De hist. Graecc. p. 467. ed. Westerm.):
über das die Könige von Tyrus betreffende Fragment f. auch Scaliger De
emend. temporr. Append. p. 5 ff. — 7) Berf. einer Schrift über Cypern
(Etym. Magn. s. v. Zymmar, |. Weflermann 1. I. not.). — 8) ſchrieb Bio-
Menander 1787
xonorce und wird in biefer Hinficht von Plinius unter den Duellen zu Bud
XIX. (vgl. au ibid. 6, 34.) XX. XXV. XXVII. angeführt, vielleicht ber
Arzt Menander, welchen Suidas (s. v. Acoyiöns) als einen Beitgenoffen
bes Leſchides erwähnt und der auch bei Balenus angeführt wird (ſ. Babric.
Bibl. Gr. XIII. p. 329. dv. ält. Autg.). — 9) aus Priene und 10) aus
Heraclea, bei Blin. als Quelle zu Buch VII. XI. und au bei Varro und
Golumella erwähnt; f. Barro De Re Rust. I, 1, 8. mit ven Außlegern. —
11) @in Cyniker Menander mit dem Beinamen Sorwvs, Schüler des Die»
gened, wird als Bewunderer des Homer bei Diog. Laert. VI, 84. genannt;
vgl. au Phot. Bibl. Cod. 167. — 12) Menander, bei Suildad s. v.
Eoaroodern;, als ein Schüler des Eratoſthenes (nicht des Ariſtarchus, wie
gewöhnlich angenommen wird) neben Dinafead aufgeführt. — 13) Menander
aus Laodicen am Lycud, ein Sophift (f. Suid. s. v. Eudoc. p. 301.) deſſen
Lebenszeit gegen Ende des dritten Jahrh. n. Chr. fi verlegen läßt (f. Walz
Rhett. Graec. T. IX. p. XVI.). Nach Suidas verfaßte er einen Commentar
zur Techne des Hermogenes (f. Bd. III. S. 1127.) und zu den Progymnas⸗
mata bed Minuclanus, und andere Schriften, zu welchen wohl die Commen⸗
tare über Demoſthenes gezählt werden bürfen, von welden einige Spuren
vorhanden find (bei Walz 1. 1. p. XV. und die p. 644. angef. Stellen.
Weſtermann Geſch. d. griech. Beredſamk. 6. 57. Not. 4.), und ein von M.
felbft erwähnter Hymnus auf Apollo (De gener. demonstr. T. IX. p. 138.
ed. Walz), fo wie das was unter feinem Ramen zuerſt in den Rhett. Graecc.
von Aldus p. 394 ff. unter der Auffchrit deaddtuis | riv -unldenzınar an
Genethlius (f. Bo. IT. S. 692.), nad: der auch von Walz gebilligten Ber-
befferung bed Valois (Emendat.p. 26.7, Abgebrudt erfhien; wenn aber nad
einer andern Vermuthung von Valols nur der eine Theil dieſer Schrift,
welder in drei Abfchnitten von den Hhmnen, von dem Lobe ber Begenben
und Städte handelt, dieſem Menander angehören follte, das Uebrige aber dem
Rhetor Alerander (f. Bd. I. S. 358.), und wenn Heeren in feiner Ausgabe
des Menander (Goitingen 1785. 8.) auch nur diefen Theil unter der Aufs
ſchrift mepi smidarunor aufnahm, fo dürfte nad) Walz (p. XVI ff.) doch auf
der andere Thell mit Ausnahme einer Durch Abfſchreiber mitten binein’(p. 610.
ed. Ald.) eingefhobenen Partie eben dieſes Alerander (aus deſſen Schrift men:
ENTOEINOY apopuor f. bei Wal; T. IX. p. 881 ff.) dem Menander zuge⸗
hören; er erſcheint jegt bei Walz (T. IX. p. 213 ff.) als eine beſondere
Schrift mit dem Titel weoi amdeıxzınar, in einem berichtigten und vervoll-
Rändigten Aborud; die andere Schrift ebendaf. p. 127 ff. nebſt den Ver⸗
Gefferungen von Finckh, der übrigens (p. 754.) die zweite Schrift nicht für
ein Wert des Menander anfleht, p. 737 ff. ©. auch Notices et Extraite
‘de la bibl. du Roi XIV. p. 194 ff. Immerhin ſcheint die Schrift des M.,
fofern in Ihr eine volfländige Theorie der epiveiktifchen Redeweiſe erwartet
wird, nicht vollftändig auf uns gekommen zu ſeyn. Vgl. au Fabric. Bıbl.
Gr. VI.p. 105. — 14) Menander mit dem Beinamen Protector, weldher
unter dem Kaiſer Mauritius lebte, da er mit dem Regierungsantritt biefes
Kaifers feinem früheren leichtfertigen Xeben enifagte (f. p. 438 f. ed. Bonn.)
und eine Sortfegung der Geſchichte des Agathias (ſ. Bo. I. S. 226.) Lieferte,
melde bis zum Jahr 583 reichte, aber nur noch in Excerpten in der großen
Sammlung des Gonflantinus Porphyrogennetus (f. Bo. II. S. 615 f.) vors
handen iſt, und melde in ben dort genannten Ausgaben (S. 616.) abge
drudt find, in der Bonner p. 281 ff., in welde auch die von U. Mat
(Coll. Vatic. II.p. 352 ff.) neu aufgefundenen Bruchſtũcke aufgenommen find.
Menander ahmt in feiner Darftellung und Behandlung ganz den Agathias
nad, ſchoͤpfte aus guten Quellen und bat und manche fehr werthvolle Urs
Funde erhalten; feine Meflerionen zeugen von gefundem Urtheil und Beobach⸗
1788 Menapin — Mendes
tungsgabe ; f. die Bonner Ausg. p. XXII. und vgl. Fabric. Bibl. Gr. T. VII.
p. 0 f. Ein Gpigramm dieſes Menander findet ſich auch in der Griechi⸗
then Antholegie Nr. 101. Epigr. Christ. der Leipziger Ausg. — 15) Ueber
den römiſchen Juriſten Arrius Menander f. Bd. I. ©. 829. neh P.
J. Swinger: De Arrio Menandro, juris consult. ejusque fregmm., Lugd.
Bat. 1840. 8. [B.)
16) ſchrieb de torentis, Plin. H. N. 1. Inhalt des 8.93. — 17) Me-
nander wird in den Infchriften der Sreigelafienen des Auguſtus als aurifex
(Ciſeleur in Bold) bezeichnet, f. Dfann, Kunſtbl. 1830. Mr. 84. R. Rochette
Lettre a M. Schorn p. 351. ®te Ausg. [ W.]
NMienapfa (Meranıa, Ptol. VI, 11, 8., bei Ammian. XXI, 6. Me-
nepila), Stabt in Bactriana am Fluß Zariaspis (dem heut. Zuhrab oder
Zurbab, vgl. mein Handb. d. alt. Geogr. II. ©. 557.) Wannert IV.
S. 448., der den Zariaspis für den Heut. Debafch (richtiger Dakash) Hält,
ſucht den Ort beim heut. Andechud. [P.
Menapii (NMesranıo, Strabo IV, p. 194. Dio Caff. XXXIX, 44.
Stel. IE, 9, 10. Cäſ. B. G. II, 4. II, 28. u. ſ. m.), ein nit unbedeu⸗
tendes belgiſches Volk im N. von Gallia Belgica, weldes früher auf beiden
Ufern des Nbenus gewohnt hatte, aber von den Uſtpetern und Tenchterern
aus feinen Wohnflgen am rechten Rheinufer verdrängt (Gäj. B.G. IV, 4.),
fpäter nur auf dem linken uns zwar in ber Nähe ber Mündungen des Stromes
(id. IV, 1. 4., jedoch nicht unmittelbar an ver Küfe, wie Plin. IV, 17, 31.
annimmt) weRli von der Mofa (inc. Hist. IV, 28.), Ööftlih neben den Mo»
rini (Strabo 1. 1.) und Nervii (Gäj. B. G. IV, 4. VI, 33. Zac. 3.1.) und
nörblich neben den Eburones (Cäſ. B. G. VE, 5.) und Toxandri (Pin. 1.1.)
in einem große Wälder und Sümpfe enthaltenden Lanbflride (Strabo 1. 1.
&if. B. G. IV, 4. VI, 5. 6.) wohnte. Es flellte zur allgemeinen Bewafl-
nung ver Belgä 25,000 M. (Gäf. B. G. II, 4.) und ihm gehörte daB Ca-
stellum Menapiorum (Tab. ‘Beut., bei Btol. TI, 9, 10. u. Ammian. XVI, 25.
blos Castellam «ld Stadtname), j. Keffel zwiſchen Nörmende und Benlo.
Bel. Zeuß, die Deutihen x. S. 209 ff. und v. Werfehe, über die Bölker |
u. Völkerbündniffe des alt. Teutſchl. ©. 324. Gin Zweig berfelben waren
bie Manapii in Hibernia (j. oben ©. 1469.). [F.]
„ f. Menodorus.
Menavia, |. Monaseda u. Menapia.
Mendae (Mirda:, Pauf. V, 10. 27. Plin. IV, 10, 17.) ober Mende
(Mivön, Herod. VII, 123. Ahuc. IV, 123. Scyl. $. 67. p. 26. Hads
Steph. Byz. p. 4597. Mela II, 2, 11.; Mendis bei Apollev. ap. Steph. 1.1.
und bei Liv. KXXI, 45., die Ginwohner Merdaioı bei Athen. I, p. 29.).
eine Kolonie der Eretrier (Thucyd. 1. 1.) an der Weſtküſte der maceben.
Halbinfel Ballene und am Sinus Thermäus, in der Nähe von Scione und
dem Prom. Pofidium (vgl. Xeafe North. Greece IH. p. 156 f.), die als
Handeldplatz wohl nit unbeveutend und beſonders durch ihren guten Wein
berühmt war (Demoflb. in Lacrit. p. 594. 596. Hippocr. de intern. afl.
c. 17.), aber feit der Gründung von Gafjandria ganz in Verfall kam. [F.]
Mendeoulia, ſ. Mendiculeia.
Meondöla (Mörike, Ptol. VII, 1, 88.), Stadt ber Carei an ber
Güblüfte von India intra Gangem oberhalb des Sinus Colchicus (ober des
Meerb. von Manaar) im Lande Tinevelly. [F.)
Mendes, Mirörc. D. Müller bei Edermann (Rel. Geſch. u. Mythol
&. 75.) betrachtet ihn als eine Abart des Ammon. Gr war wohl urfprüng-
lich, wie die meiſten Agyptifgen Bötter, nur Localgott, fein Gult auf bie
Mendeſler beſchränkt; denn „nicht alle Aegypter ehren biefelben Götter‘
(Se. U, 42. Bo myihel. Br. III. ©. 87.). Se hatte Bedügelelt und '
Mandas 1788
fein Name Mendes fol na Angabe ber Alten bie Ägyptlihe Bezeichnung
des Bocks gewefen fein (Ger. II, 46. Etym. Magn. s. v. Merönno;, Sute.
s. v. Meröns, Nonnus zu Greg. Naz. Hist. II, 27.), während bie Neueren
den Namen anders erflären (f. unten). Das Ziegengeſchlecht ſtand bei ben
Diendeflern in fehr großer Achtung; doch Kielten fie die Männchen noch hößer
ale die Weibchen (Her. II, 46.). Man enthielt fi daher biefer Thiere und
opferte Schaafe (Her. II, 42. Nonnus am a.D.). In Thmuis ober Mendes
hatte nun ber Bocksgott einen großen Tempel, wovon mach Trümmer vor⸗
handen fein follen (Jablonofi Panth. I. p. 276.), und ber Bed oder bie
Ziege findet ſich noch auf mendefſiſchen Münzen aud der Kaiſerzeit (Vaillant
Aeg. Numism. p. 209. Soöga Num. Aeg. imper. p. 117. 215. Greuger
Symbol. I. S. 478. III. ©. 235., auf einer Münze des M. Antoninus der
Bock, von einem Manne gehalten, auf einer von Hadrian der Bod allein,
jebesmal mit der Aufſchrift Merdnnor). Wahrfcheinli war ein lebendiger
heiliger Bock der Mepräfentant des Gottes, wie in Memphis der Stier Apie
der des Dflrte (Sablonsfi I. p. 276. Diod. Sic. I, 84.). Die Verehrung
defielben im Nomos Mendes, befonders in Thmuls, das ebenfalls Agnptii
Bock bedeuten foll (Sieron. adv. Jovin. II, 6. Creuzer am a. O.), beftand,
mie die Alten berichten, darin daß der Bod oͤffentlich fih mit einem Weibe
begattete (Ser. II, 46. Bind. bei Gtrabo XVH, p. 555., wo jedoch Semler
flatt Iliröaoog verbeffern mil ‘Hoodoros, GErläut. d. äg. Alterth. ©. 272.
Pind. fragm. p. 122. ed. Heyne. Ariſtid. Rhet. Aeg. p. 96. Plut. GAryll.
c. 5. T. V. p. 216. Hutt.) und die mofaifhe Verordnung 3 Mof. 17, 7.
fol gegen dieſen Cult gerichtet fein (Iablondtt Panth. I. p. 279. Creuzer
III. ©. 234. Bodart Hierozoic. I. col. 641. Selden de D. Syr. Proieg.
p. 84.). Vielleicht if darunter eine Beier zu verftehen Bei welcher ver Bod
eine aͤhnliche Mole fpielte wie bei den roͤmiſchen Lupercalien, bei benen bie
Priefter, Iuperci genannt, umberliefen und die Frauen mit Niemen aus
Ziegenfellen ſchlugen unter dem Außruf: Italidas matres eaper hirtus inito
(nah Ovids Darflelung Fast. II, 425 ff. vgl. den Art. Fabia gens, Bd. IH.
©. 366. Anm. und Juno, Br. IV.6.375 f.). Der Vocksgott erſcheint hienach
als Symbol der zeugenden Naturfraft (Ereuzer 3. S. 477. u. dft. Prichard
ägypt. Mythol. S. 103. Suid. am a. D. Nonnus am a. D. 11.28. vgl.
Sorap. Hierogl. II, 48. Diod. 1, 83.), wie Jablonski au feinen Namen
coptiſch erklärt wiffen will (vocab. p. 138. Panth. I. p. 284. freilich ſeht
Fünftli$ von 'Entes, was coptify „Unkraut“ bedeute, weldes, weil es von
ſelbſt und ungefäet wächst, als Bezeichnung der virtus sativa et prolifica
gelten Eönne). Er iſt der Oſtris der Menvefler, als Bock gebilnet weil, wie
Hug meint, dad menbeflfhe Sumpfland von Hirten bewohnt war, welche Die
alten Könige dahin wielen wenn fie In Aegypten Nahrung und Waide fuchten
(linterf. über d. Myth. ©. 142 ff. 145.), wogegen die ackerbauenden Aegypter
ſtatt des Bocks den Stier ehrten. Daher nannte man ben Bod auch ben
menbeflfchen Apis (Plut. de Isid. c. 73.), und Viele fagten Ban und Oſiris
feien identiſch (Diod. Sic. 1,25.). Ohne mythiſche Umkleidung, einfad und
durchfichtig in feiner fombolifchen Bedeutung trägt diefer Bott das Gepräge
der Nrfprünglichkeit an fih. Aber wie bie übrigen ägyptiſchen Localgätter
flreift auch Mendes mit der Zeit feine particularififge Form ab und erhält
in dem ägyptiſchen Vantheon feine Stelle. Und zwar behauptet ſich fein altes
Net darin, wenn Ihn Herodot den acht älteſten Goͤtiern zuzählt, welche der
Ordnung ber zmdlf jüngeren vorangeben (IT, 46. 145. Vgl. dagegen auf
bie acht Götter des Manetho und Then Smyrnäus bei Ereuzer I. ©. 292.),
ferner wenn Manetho den Gult des Diendes von dem zweiten König ber
zweiten Dynaflie, Kaͤachus, zu gleiger Zeit mit dem bes Apis und Mnevis
eingeführt werden laͤßt (bei Syncell. p. 54.), was na Marſham etwa um
1790 Mendes
2000 v. Ghr. fiele (Jabloneti Panth. II. p. 213.), ferner wenn Diodor den
Mendes als Begleiter des Oſiris auf feinen Zügen oder auch als einen alten
König vor Proteus aufführt (I, 18. 61.). Jablondki will ihn gar fon in
dem achten König der erflen Dynaflie Maneiho's, Ovßısreng, wieber finden
bei Syncell. p. 95. Iabl. Panth. I. p. 803.). Sein Eult dehnt ſich fofort
ber ganz Aegypten aus, in allen Tempeln ſinden ſich feine Bilder (Diob.
I, 18.), nämli, wie Jabloneki vermuthet, die cruces ansatae, als Phallus-
zeidden gebeutet (Panth. I. p. 282. Vgl. über die crux ansata ben Art. Isis,
oben S. 294.), und wenn irgend ein Priefter fein erblicdes Amt antritt,
wird er zuerfi in die Geheimniſſe dieſes Gottes eingeweiht (Diod. I, 88.).
Bet dieſer Verbreitung feines Dienfles erfuhr nun der ägyptiſche Ban eine
weſentliche Umbildung in der Ihebais, in der Stadt Chemmis ober Chemmo,
der Panopolid der Griechen (Diod. I, 18. vgl. Stephan. s. v. Xapzıs.
Bane wohnen um Ehemmis, Plut. de Isid. c. 14. TTœvcõy nolıs, Gtrabo
XVII, p. 559.). Ein Triumphbogen mit der Aufichrift lan; Gen (Bruce
Travels I. p. 101.) und eine Münze mit dem Bodögott beweiſen die Ver⸗
ebrung veflelben in diefer Stadt (Greuzer III. &. 236.). Au will Jablonsfi
in dem Antäus, veflen Verehrung in dieſer Gegend bie Stabt Antäopolis
beweist (Diod. I, 21. Btol. IV, 5. Plin. V, 38. It. Ant. p. 166. Wessel.
Hieroff. Synecdem. p. 731.) und der in Diodord Erzählung von Oſiris
als Statthalter von Libyen imd Aethiopien figurirt (I, 17.), den Mendes
wieder erfennen (Panth. 1. p. 302.). Hier nun, wo griechiſche und ſemitiſche
Elemente fih mit Agyptifhen verbinden, eombinirt fi Mendes mit dem
griechiſchen Sonnenweſen Perfeus, dem in Chemmis Spiele gefeiert werben
(Ser. II, 91.), und dem phoͤniciſchen Esmun oder Schmin, in deſſen Namen
man ben Gott von Chemmis erfennt (Iabl. Panth. I. p. 295 ff. Greuzer
III. ©. 235.). Jablondki nun hält ven phoͤniciſchen Bott für einen Ab⸗
kömmling des Äägyptifchen (Panth. I. p. 296. 298.); richtiger wohl wird biefer
mie ſchon Damasclus angibt von ohänieifgem Urfprung abgeleitet (bei Pot.
Bibl. cod. CCXLII. p. 1074. vgl. Movers Phoͤnit. S. 529... Er Hatte
ja auch In Carthago ein Heiligthum. Wenn nun biefer GEsmun ſich ſelbſt
entmannt (Damascius bei Phot. am a. D.), fo fällt er ganz in den Ideen⸗
frei des Adonis⸗ und bed punifirten Oſiris⸗Mythus, wohin au jenes auf
den Dentmälern von heben Öfters vorkommende (Champoll. Panth. Egypt.
pl. 4.), au von Stephanus (s. v. Ilavognoiss) geſchilderte Bild des Gottes
gehört, das im Zuſtand der Brection die Peitſche gegen den Mond ſchwingt,
und ein Symbol der über den Mond herrſchenden Sonne (Greuzer 1.
©. 236. Bol. den Art. Horus, Bp. IH. ©. 1510.), oder der Befrudtung
des Mondes durch diefe darſtellt (Ehampol. ama.D.). Hier nun erſt wird
Mendes, was Jablondki urfprünglih in ihm fucht, ein Bild der Alles be
famenden Sonne (Panth. I. p. 287.), wie denn ganz ähnliche Bilder von
Ofiris und Horus vorkommen (Plut. de Isid. c. 51. Vgl. den Namen bei
Oſtris Arfaphes ebendaſ. c. 87. Suidas s. v. IIpianog. Gaylus Recueil
d’antiqu. T. VI.) und au der Name Cesmun wird von Damascius burd
deoun rüs Long erlärt (am a. O. Yarı WR, vgl. Movers Phönic. ©. 529.).
Dieſelben phoͤniciſchen Einflüffe fprechen ſich vielleicht auch in feiner Combi⸗
nation mit Dionyſos aus, wenn dieſer auf der Flucht vor Typhon ſich in
einen Bock verwandelt (Ant. Lib. c. 28. Voß mythol. Pr. III. ©. 44.).
Hieran ſchließt ſich nun die aflronomifhe Deutung des ägyptiſchen Ban, wo⸗
nach er das thaͤtige, befruchtende Naturprincip beſonders im Brühlingsäqui«
noctium ſein ſoll (Creuzer III. ©. 240.), ſofern ihm das Sternbild des
Fuhrmanns eigne; und wenn die Pane der Iſis den Tod des Ofiris in
Chemmis anzeigen fo fol diefes das Verhältniß des Mondes, wenn er im
Stier, und der Sonne, wenn fie im Skorpion fleht, zu den Sternbildern
Memileterus — Mendiei 1791
des Berfeus und Fuhrmanns bezeichnen (Greuzer I. ©. 237.). Über eignet
man ihm, und, wenn man einmal aflronomifch deuten will, wohl natürlider
mit Hug (Unterf. S. 142.) den Steinbock zu, der einen Fiſchſchwanz hat und
von Gratofthenes deswegen Pan genannt wird (Catast. 27. Manil. Astron.
IV, 791.), wa8 fofort der Legende entſpricht daß bei Verfolgung des Typhon
im Sötterkrieg Ban fih ind Waller flürzt und Halb Bod Halb Fiſch ge
worben entfommt (Öygin. fab. 196. Astron. poet. 28. Sulb. s. v. aAl-
aAaynzos. Bol. Anthol. I, 38. Ar. epigr. 10. p. 168. Ampel. lib. memor.
c. 11.). Leit rückt nun der ägyptiſche Ban, durch die Bebeutung feines
griehiihen Namens Ilar zu Allem befähigt (Voß mythol. Br. III. ©. 44.),
zu noch höherer Bedeutung vor. Denn wie er zu ben acht alten Göttern
gehört, fo ericheint er nun als der achte der Söhne des Sybyf, ber phoͤni⸗
ciſchen Kabiren (Damasc. am a. DO. Sandoniath. p. 38. vgl. Eufeb. Praep.
Ev. X, p. 37.), und nad einer andern Giymologie wirb auf fein Name
dahin gedeutet (au, der Achte, fon bei Damasc. am a. D. Jabl.
Panth. I. p. 297 ff. Creuzer IE. ©. 248. Moverd S. 529.). Sind nun
pie fleben älteren Brüder ohne Zweifel die fieben Planeten (ber carthagiſche
Zenofrates bei Elem. Alex. Protr. c. 5. $. 66. p. 19. u. bei Gic. de Nat
Deor, 1, 19.), fo wird der ägyptiſche Ban DVorfiger diefer ägypt. Planeten»
götter (Porphyr. in Ep. ad Anebon. Jambl. Myst. p. VII), ber fie als
achter in ſich zufammenfaßt, d. h. er iſt nun der die Planeten umfaflende
Sternenäther, wie au Hug aus ber wie es ſcheint mit ungemeiner Elaſti⸗
cität begabten coptiſchen Sprache feinen Namen interpretirt ald Anpmue
ovparior, complexus superum (Unterj. S. 213.), und bei Ariflives heißt
er nad Ägyptliher Prieflerlehre zeAssozazos Hewr (Or. in Dionys. p. 72.b.
vgl. Serv. zu Virg. Ecl. I, 82.). Endlich vollendet Pan Mendes feinen
Lauf, wenn er von Ereuzer ala einer ber eos vonzoi, ald „das immaterielle
euer genommen wird, bad einerfeitß der Grund des Weltprincips, anderer»
feit3 aller ethiſchen Begeifterung iſt“ (I. S. 293.), gemäß dem orphiſchen
Hymnus auf Pan, der ihn das AN ver Welt nennt, Himmel und Meer, Erde
und Teuer feine Glieder, ven Beiflger der Horen, ber die Weltbarmonie in
Liebligem Liede fpielt, den allzeugenden, vielnamigen Dämon, den Welt»
herrſcher und Lichtäringer, ven wahrbaftigen, gehörnten Zeus felber. Orph.
Hymn. XI. (10.) ed. Hermann p. 270. vgl. Hymn. XXXIV (33.), 25.
p- 298. [L. Georgii.]
2) Meröng, Serod. II, 42. 46. Strabo XVII, p. 802. Diod. I, 84.
Steph. Byz. p. 457., früher eine bedeutende Stadt im Delta Aegyptens
am fübf. Lifer bed Sees von Tanis und an dem nad ihr benannten Nilarme
(Mevöraor orour, Scyl. p. 43. Strabo p. SOLf. Ptol. IV, 5, 10.;
Mendesium ober Mendesicum Ostium, Mela I, 9,9. Blin. V, 10, 12. u. A.,
der heut. Mündung von Dibeh des Kanald Achmun), Hauptflabt des Men
deſiſchen Nomos (Strabo p. 802. Ptol. IV, 5, 51. Plin. V, 9, 9. u. A.),
berühmt durch den Kultus des gleihnamigen Gottes und durch feine Salben
(Mendesium unguentum bei Plin. XIIE, 1, 2.), fpäter geſunken, fo daß
Btol. I. 1. u. Ariftib. T. II. p. 610. Thmuis als die einzige Stadt bes
Mendei. Nomos nennen. Trümmer von ihr finden ſich noch an dem ges
nannten Nilarme bei der Stadt Achmoun⸗Tanah. Vgl. Ehampoll. ’Egypte
II. p. 122. [F.]
Menmdeteras (ober Mendeterum? Plin. V, 31, 36.), Stadt auf der
Infel Calydna oder Calymna im Aegäiſchen Meere vor der Küfte von Garien. [F.]
Mendiei, Mendicatio. Das Betteln iſt fo alt als die Ungleichheit
der Bütervertheilung, als bie Noth. Schon bei Homer findet ſich in der
Verſon des Arnaͤos ober Iros ein Betiler von Profeffion (aroxoe navönog
Os xara aosv nıwyeveon' Idaxn;, Od. XVII, 1 f.) und ebenfo tritt Opyffeuß.
1792 Mendiel, Mendientie
bet feinem Wiedererſcheinen in Ithaka in der Gehalt eines alten Bettlers
auf, in Lumpen gehält, mit einem Bettelſtab in der Haud und einen Hanzen
mit einem Strid am Leib befeftigt (Od. XL, 434 ff.). Ja den hiſtoriſchen
Zeiten gab es untex ven Bürgern felbft Eeine Bettler. Glückliche Natur: und
Staats-Verhältniffe und der Benfus machte hier das Betteln unmöglih, und in
Sparta fiel es na dem Princip der Büterveriheilung ohnehin von fel6R weg.
Wo in Hellas Betiler vorkommıen ba find ed entweder Solche vie es aus Grund⸗
fag und iebhaberei find wie die Vorgänger der Bettelmönde, die Kyniker
(mit Stab und Manzen, Appulej. Apol. p. 442. Oud. und oft bei Zudan),
oder Ausländer. Sie hielten fih in sphierer Zeit zumeiſt in den Leschen
auf (HOeſych. s. v. Adayn“ 6 Ömuoosos Tomos &r @ Ötszeßur or Rrayos xai
dssAsyorro aAAnAoıs). Auch in Mom pflegte das Boll wenn es Noth litt
nicht zu ſeufzen ober zu betteln, fonbern zu fordern; die Aufficht der Cen⸗
foren, Largitionen und bie häufige Auswanderung (in Golonien) ließen es
nit zu dem Aeußerſten kommen. Die eigentliden Bettler find daher auch
hier unter den Brempen zu fuchen. Unter diefen machten es ſich beionder® bie
Priefter der Iſis (ſ. oben S. 296.) zum förmlichen Geſchäft; vgl. auch Die Artt.
Agyrtae und Galli (Bo. III. S. 643.). Auch die Juden waren In diefer Hinſicht
In Nom berüchtigt (Sup. VI, 542.), und Aricia galt für einen ganzen Bettler»
ort (Juv. IV, 117.). Cine Art ji beiteln war au dieß daß einer ber
Schiffbruch gelitten hatte fein Unglüd malen ließ, mit dem Bilde herumzog
und darauf bin eine Wollecte für ſich veranflaltete (Hor. A. P. 20f. Berfius
1, 89. VI, 33. Phäor. IV, 21, 24 f. Juv. XIV, 301.). Den Aufzug eines
Bettler (mendicus habitus, Appulei. Met. p. 67. Oud.) beſchreibt Martial.
XIV, 81.: barbatus, nudus, tetrico cum cane, pera. Bon Auguft erzählt
&uet. Oct. 91.: ex nocturno visu etiam stipem qvotannis die cerlo emen-
dicabat populo (stipem mendicare auch bei Hieron. Epist. 3. mendicabunda
prece stipem rogare, Auguſtin. Ep. 140.) cavam manum asses porrigen-
tibus praebens. Daß die Bettler auf beflimmte Orte confinirt geweien feyen
ſcheint hervorzugehen aus Sen. de vit. beat. 25.: in sublicium pentem me
transfer et inter egentes me abige: non ideo famen me despiciam qrod
in illorum numero consideo qvi manum ad stipem porrigunt. In fpäterer
Zeit Hatten fie Ihr Rager an der Peterskirche: Procop. hist. arc. 26. p. 147.
: Tois rpoowumteis ol naoa zor Ilszoov zoü anogıolov sw
data» sign» (TEIOyAlovg OiTov usdiurovg younyeir ael To Önuommr ara
nor bros dımpıoar). Kür die Art Almofen zu geben iſt claffiſch Sen. de
clem. HI, 6 in.: dabit manum naufrago, exsuli hospitium, egenti stipem,
non hanc eontumeliosam qva pars maior horum qvi se misericordes videri
volunt abiicit et fastidit qvos adiuvat conlingiqye ab his timet, sed ut
homo homini ex communi dabit. Das Chriftenthum, das von Aufang au
unter den niederen und armen Bolläklafien feine meiften Anhänger fand und
für feine Armen aus Gemeindemitteln forgte, brachte als es Staatözeligion
wurbe dem Staate ein ausgebildetes Syſtem von Palliativmitteln wiver bie
Armut und von Armenpflege zu, welches Julian au in bie alte Religion
berübernehmen wollte (f. oben S. 409 f.), welded jedoch die Armut und
den Beitel ebenio fehr förkerte als ihm fleuerte. Almoſengeben war eine
Handlung Hrißlicher Neligiofltät und in den chriſtl. Haupıflänten febten Viele
von der Frömmigkeit der Andern. So in Eyel: Procop. hist. arc. 23,
p. 134. vgl. p. 135. Bonn.: ex zwar svaußovrwr er To Önuooio zig ayopu;
np00MToVITE: Toognr. Und fo fpeidten z. B. im I. 557 bei dem Erdbeben in
Gpel die Vornehmſten aus Angſt die Bettler in ber Stadt herum (revror;
TOVG aypsiovs xai olnrpordroug ömoioı MoAAol Tu OWNETa NERTEWHEFUL
Ri ToV Eönparz spdigeru Tu avaynaiz egarıLousror), Agath. V. 5. Die
Bettler waren natürlicherweiſe vom Genfus frei; damit dieſe Freiheit aber
|
Mendiculois — Meneeorätes 1793
nicht von Andern audgebeutet wärbe (ne qvis simulatione mendicitatis censum
subterfugiat) ließ Galerius congregari omnes mendicos et exportatos naviculis
in mare mergi, wie es ber hoͤchſt varteiiſche Lactant. de mort. pers. 23.
darftellt, während Gal. in Wahrheit wohl eine Armencolonie gründen wollte
umd ber Yintergang von Schiffen mit ſolchen Auswanderern nur ein Wert
des Zufalld war. Nachdem Thon frühere Verorbnungen zwiſchen wirklich.
Beduͤrftigen und Bettlern aus Arbeitsſcheu zu unterfchelden geſucht hatten
(Cod. Theod. XIV, 18. de mendicantibus non invalidis, C. Just. XI, 25.
de mend. val.) beitellte Juſtinian einen eigenen Beamten (Qvaesitor) bazu
um in Gpel unter den Öffentlihen Bettlern Unterfuhungen zu halten, bie
Arbeitefähigen zu verwenden, (ut) imbecillos ac senes sinat, laesis et iniu-
ria aflectis ius reddi procuret et iis qvi auxilio egent operam suam
commodet ac peregrinos in sua loca remittat, Sarmenop. 1. VI. zu C. XII, 1.
de dignit. .T.]
Mendiculein, 1) Stadt der Ilergeted im NO. von Hifpania Tar⸗
rac. an ber Straße von Ilerda nah Tarraco (It. Ant. p. 452.), vielleicht
das heut. Monzon. — 2) Stadt der Lufltaner im Innern von Lufitania am
fünf. Ufer des Tagus, bei Ptol. 11, 5, 8., wo Wilberg aus den beſten
Handſchr. Meröimovinie ebirt, andere Codd. aber Merönxoviia und bie
frühern Audgg. Merdınovine haben. [F.]
Mendis, f. Mendae. |
Mendrium (Msrög:or), nad dem Stadiasm. mar. magni $. 79. u. 80.
ein Ort an der Küfte von Eyrenalca Öfll. von der gr. Syrte. [F.]
Menecine (Merexisn) nach Hecat. fr. 35. aus Steph. Byz. p. 457.
eine Stadt der Demotrer im Innern von Italien, no J. Mendicino in Ca⸗
labrien, weſtl. von Gofenza. [F.]
Memdeles aud Barca in Eyrenalca, Hiftorifer (Athen. IV, p. 184. B.),
vermuthlich der DVerfafler der Aßurai ioropiaı beim Anonymus in ben Pa-
radoxogr. p. 217, 1, ed. Westerm. (vgl. Schol. Pind. Pyth. IV, 10.
Tzetz. ad Lycophr. 886.) und der ovrayayn Bei Athen. IX, p. 390. B.,
vielleicht auch ded YAmovonouor bei Suidas s. v. danorıov. Aus einer diefer
beiden legten Schriften mögen bie Notizen im Etym. M. p. 37, 25. u. beim
Schol. Som. Il. V, 640. entnommen fein. Wohl ein Anderer des Namens
it der Verfaſſer der Befchreibung Athens (mepl Adnror), welche auch bem
Callicrates (ober Calliſtratus, f. d. Urt.) zugefärieben wurde. ©. Harpokr.
s. v. Excrouneöον, 'Eouei (Phot. Suid.), Keoauanog (Suid.), Schol.
Mrift. Pac. 145. Av. 895. — Ueber den Rhetor Dienekles f. Bd. TU.
&. 1310. Hierocles +1). [ West.]
Meneclidas (MerexAeidrs), Gegner des Epaminondad und Pelopidas
(f. Bd. IH. S. 154.), wegen eines geſetzwidrigen Vorfhlage angeflagt und
zu einer großen Geldſtrafe verurtheilt. Da er diefe nicht bezahlen Eonnte
ging er mit dem Plane um, die Verfaffung umzuftoßen. Plut. Pelop. 25.
Wie dies entdeckt wurde und welches Schickſal er hatte wird nicht erzählt. [K.]
Menecerätes, 1) aus Eläa, des (Älteren) Xenokrates Schüler und
des Hefatäus Mitſchüler (Strabo XII, p. 550.), färieb eine "EAAronoruem
mepiodog, Strabo XII, p. 551. 952., und zeoi xzioewr, derſ. XIH, p. 621.
vgl. XII, p. 572. — 2) M. aus Ephefus, Grammatiker, Lehrer des Aratus,
Suid. s. v. Aoaros, Berfafler eines Gedichts über den Landbau, Varro de
re rast. I, 1, 9. 111, 16, 18. vgl. Plin. hist. nat. ind. lib. VIII. u. IX, 7.
— 3) M. aus Wilet, Srammatifer, vgl. Schol. Som. II. IV, 94. XI 677..
XXIV, 804. — 4) M. aus Nofa, Orammatifer, Schüler des Atiftarch,
Strabo XIV, p. 650. — 5) M. aus Olynth, vgl. Bekker Anecd. gr. p.782.
— 6) M. aus Eyrafus, Arzt, Aihen VII, p. 285. B. Mut. Ager. 2.
Bauly, Real-Enchelop. IV. 13°
1794 Menecrätes
Ad. V. H. XI, 51. Suid. s. v. Merexo. — 7) M. aus Xanthus, Ges
ſchichtſchreiber, frieb Avmard, Antonin. %ib. 35. Steph Bys. s. v. "Ae-
zvurmoos, vgl. s. BAavdos, Von demfelben, wenn Dionyi. Hal. Ant. Rom.
I, 48. hierher zu berieben, iſt die Schrift neo Nınaiag, Plut. Thes. 26.
Tzetz. zu Lycophr. 662., wohin vermuthl. au die Notizen bei Schol. Pind.
Ol. II, 16. Isth. IV, 104. Schol. Soph. Trach. 354. Serv. ad Virg. Aen.
VI, 14. gehören. Bol. Voß d. hist. gr. III. p. 468. ed. West. — 8) M.
der Komiker, Dichter der neuen Komödie, von weldem Sul. s. v. zwei
Stücke, Maröxroo u. Eowmorevs (Eoworn vermuthet Meineke) erwähnt.
DBgl. Meinefe hist. crit. com. gr. p. 493 f. [West.]
9) M. aus Smyrna, Berfaffer zweier Epigramme in ber griech. Antho-
logie (Anal. I, 476. ob. I, 227. ed. Lips.); f. Jacobs comm. in Anth.
XI, p. 916 f. — 10) Ein Arzt M. wirb von Coel. Aurel. Chron. pass.
I, 4. geführt und von Yabric. Bibl. Gr. XIH, p. 332. nad) einer Inſchr.
ein Arzt Tiberius Claudius Menecrates aus Zeophleta zur Zeit des Tiberius,
Verf. einer mebicinifden Logik in 155 ‚Büdern, wahrſch. auch der von Ga⸗
lenus mehrfach genannten Schrift: avronparmp ÖAoypauuarog abıoAoyar
gapuaxor. Vgl. Sprengel, Geſch. der Arzneik. II. ©. 72f. [B.]
11) M. ein reicher und angefehener Bürger von Mafjilia, wurde vom
Mathe der Sechshundert wegen eined politifhen Vergehens zum Berluft fei-
nes Bermögens verurtbeilt, was für ihn befonderd darum ſchmerzlich war
weil feine ohnehin ſehr haͤßliche Tochter nun vollends gar Feine Ausſicht auf
Verbeirstung hatte. Uber fein treuer Freund, ver reiche und fihöne Zeno⸗
themiß , nahm fie auch fo, zeugte mit ihr ein bildſchönes Kind und trug
biefes in den Rath um die Begnadigung des Großvaters zu bemirfen, was au
gelang. Xucian. Toxaris $. 24—26. — 12) Monecrätes, wie Menodorus
(f. d.), Breigelaffener ded En. Pompejus (Del. Bat. II, 73.) oder Sext.
Pomp. (App. b. c. V, 81.) und, wie Jener, von biefem „Sohne Neptund‘
als fein Handlanger auf bem Meere gebraucht (Ovo yao ode 7007 ualıoıa
zo Ilounnio Baraoomg spyaraı, App. 1.1. 83.), aus welder Gleihflellung
unter ihnen Giferfucht und tödtlicher Haß fich erzeugte. Zu dem beabfigtig-
ten Sturze des Menod., welcher befien Uebergang zu Octavian veranlaßte,
Batte wohl Menekr. befonders mitgewirkt; er wurde auch fein Nachfolger im
Oberbefehl zur See, und die perſönliche Erbitterung Beider führte ihren Zu⸗
fammenftoß In der Schlacht bei Kumä (oder Aenaria) herbei, in weldem
Menod. das Schiff des Menekr. nahm und dieſer fi ins Meer flürzte (3. 716.),
welder Unfall die nun führerlofe Blotte de8 Pomp. zur Umkehr bewog.
©. dad Nähere unten ©. 1808. — 13) M., Citharöde unter Nero, von
dieſem hochgeehrt, ſ. Suet. Ner. 30.: Menecratem citharoedum — patri-
monio aedibusqve donavit. Cantica Menecratis fingt Trimaldio in dem
Moman aus der neroniſchen Zeit, betitelt Petron. Sat. c. 73. im Babe. Ders
felbe ift wohl auch gemeint in dem pfeudolufianiihen Dialog Nero worin
fi Menekrates und Mufonius über Nero’s Project den Iſthmus zu durch⸗
graben ı unierreben. Scharffinnig bat Reimarus zu ven Worten bei Dio LXIII, 1.:
tod rj⸗ nıdrowdins dıdaonadov (ded Nero) den Namen bed Menekratet
binguvermube [W.T.)].
14) Menecrstes, der Meifter des Apollonius und Tauriscus, elge
bie Gruppe des Farneflihen Stiers machten (f. d. U. Apollonius, Bd.
©. 633.). Plin. H. N. XXXVI, 5, 4. fagt von ihnen: parentum ii ver.
tamen de se fecere, Menecratem videri professi, sed esse nalturalem Ar-
temidorum. — 15) M. aus Knidos, Inhaber einer Töpferwerkflatt in Athen,
nes einer Inſchrift auf einem im Keramellos gefundenen Henkel. nie.
„über Beate irbener virꝛe zc.“ in ben Abh. der Muͤnchner Acad. Bd. II
Abthl. 3. ©. 788. [W.]
Menedemiam — Menedömus 1795
Menedemium (Mereönuor, Btol. V, 5, 6. Steph. Bu. p. 457.),
Stabt in ver Landſch. Cabalia oder dem mweftlihern Theile von Pifidia. [F.)
Menedömaus (Mersönuos), 1) Sohn des Buneas, zeigte dem Herakles
wie er ben Stall des Augias reinigen Fönne, fland ihm au im Krieg gegen
biefen bei, verlor aber dabei fein Leben. Her. flellte ihm zu Ehren Leichen⸗
ipiele an. Btol. Hephäll. V, p. 327. [W.T.) - |
2) Stifter einer philoſoph. Schule welche nach feiner Vaterflabt Eretria
die eretrifde genannt wird. Nah Diog. Laert. welcher II, 18, 125 f. über
fein Leben und feine Anflten berichtet, flammte er von angefehenen, aber
unrermöglichen Eltern, und kam über Megara, wohin er von feiner Vater⸗
ſtadt gefickt mar, nad Athen, in die Akademie Plato's, beffen Schüler er
dann ward: eine Angabe die zwar au durch Plutar adv. Colot. 92.
p. 1126. beftärigt wird, aber doch manchen Bedenken unterliegt. Aus Plato’6
Säule z0g ihn Asklepiades mit ſich nah Megara zu Stilpo, ver ihn in
jeder Hinflcät mehr anzog, den er auch allein unter feinen Lehrern bewundert
haben fol, während er den Plato und Zenocrates, wie den Cyrenaiker Par»
bates, geringer ſchätzte (Diogen. 6. 134. vgl. 126.). Bon da zogen Beide
nah Elis, wo fie fih mit den Schülern des Phädo vereinigten, wie «8
ſcheint, und fo. Eretria zum Sit einer Schule madten die In ihrer Haupt»
richtung an die Megariſche ih anſchloß. Als Philoſoph feheint M. vor-
zugsweiſe dur münblide Vorträge und perfönliden Umgang gewirkt zu
haben, da er nad Antigonus von. Caryſtus (bei Diogen. 6. 136.) Nichte
ſchriftlich aufzeicänete, Kein Werk verfaßte und auch einen fehlen Sat auf⸗
ſtellte, was mit der Richtung feiner in den Kreifen der Dialektif und Erifif
fi bewegenden Philoſophie zufammenhängt; perſönlich beſaß er große bia-
lektiſche Gewandtheit die ihn, der fonft von mildem und freundlidem Cha⸗
rafter mar, oft zu Bitterfeit und Streitfucht führte (ibid. 6. 134.). Anfangs
in ſchlechtem Rufe ſtehend flieg er bald in der Gunſt feiner Mitbürger fo
fehr daß fle ihn an die Spige ihres Gemeindeweſens fiellten (ibid. $. 140.)
und als Gefandten an die Könige Ptolemäus und Lyjimadus, fowie an
Demetrius abſchickten. So fol er nach Joſeph. (antiqq. iud. XI, 2.) bei
dem Baftmahl zugegen geweſen feyn das Ptolemäus den 70 Ueberſetzern des
Alten Teſtaments zu Ehren veranflaltete. Seine Freundſchaft mit Antigonus
Gonatas, dem er nad deſſen Sieg über die Ballier (Olymp. 125, 3) eine
Dankadreffe zugedacht Hatte, entzog ihm jedoch die Gunſt feiner Mitbürger
und madte ibn verbädtig, fo daB er Eretria verlaffen mußte. Zuerft in
Oropus verweilend begab er fih, als er dort nicht Tänger mehr geduldet
ward, zu Antigonus, feinem &reunde und endete hier fein Leben vol Kum⸗
mer in einem Alter von 74 Jahren (f. das Nähere bei Diogen. $. 141 ff.).
Don feftem, gedrungenem, aber kleinem Körperbau, war er nicht minder fefl
an Charakter; er zeigte Einfachheit im Leben wie In der Xehre, ſowie große
Freimüthigkeit die auch Gefahren nit ſcheute (ibid. 6. 128—132.), gegen
Freunde bemied er große Anhänglichkeit und Gaſtfreundſchaft (ibid. $. 133.
139.). In der Voefle Hatte er fleißige Studien gemacht, namentlid in Homer,
Sophocles und Aeſchylus, dem er die erfle Stelle unter den Dichtern an»
wies (ibid. 6. 132.) ; ald. feine befondern Freunde werben Aratus, Lycophron
und Antagorad genannt: Lucophron hatte feine Perfon zum Begenfland eines
fatirifhen Orama's, betitelt Menedemus, gemacht, und zwar nit, um feinen
Freund damit zu verfpotten, fonbern ihn zu loben, wie Diogen. 1.1. 6. 140.
ausdrũcklich bemerkt, obwohl dieß allerdings zweifelhaft erſcheint, nad dem
was wir bei Athen. II, p. 95. C. X, p. 420. A. leſen. Ein
Mehreres ſ. bei Bruder Hist. crit. philosoph. I. p. 622 ff. Fabric. Bibl.
Graec. II, p. 717. Brandis, Gef. d. griech⸗roͤmiſch. Philoſoph. IE, 1.
©. 121. — 3) aus Lampfacus, der Schüler des Theombrotus, ein An⸗
1796 Menesgese — Mopneläns
Hänger der cyniſchen Säule, über welchen Diog. Laert. VE 102 ff. vgl.
95., Biniges berichtet. Auf ihn wird auch der Menedemus bei @ufebius
Praepar. Evang. XV, p. 729. bezogen. Dal. Bruder 1. 1. p. 892. Aber
der als Schüler des Ariftoteled bei Gellius N. Aut. XI, 5. genannte Meneb.
aus Rhodus wird wohl in Cudemus zu verwandeln feyn; vgl. Fabr. Bibi.
Graec. II, p. 499. ed. Harl. — 4) Ein Rhetor M. zu Athen um 660 d. St.
iR und nur qus Gicero De Orat. I, 19. bekannt. — 5) M., macebonifcher
Häuptling auf Seiten Gäfard, bei Cäſ. B. C. III, 34., vielleicht derſelbe auf
welchen Gicero’8 Ueußerungen Philipp. XII, 16. ad Alt. XV, 2.4. ſich be
ziehen. — 6) Heerführer Alexanders d. Gr., Arrian. An. IV, 3, 7. [B.]
Menegese (It. Ant. p. 47.) oder Meneggere (ib. p. %4.), Ort in
Numidien an der Straße von Ihenä nad Theveſte; nah Weſſel. ad. 1.
vielleicht identiſch mit dem von Procop. Vand. II, 23. in Byzacium er-
wähnten Mevegeon. [F.]
Mienelgi Portus (MersAciog Aumr, Herod. IV, 169. Scyl. p. 45.
MereAnog, Strabo XVII, 837. Ptol. IV, 5, 28. Stadiasm. mar. magni
6. 36.), Hafenſtadt im eigentliden Marmarica, der Sage nah von Mene⸗
laus gegründet, der auf feiner Irrfahrt hierher gefommen feyn foll (Herod.
11, 119.), und merkwürdig als Todesort des Agefllaud (Nep. Ages. 8.).
Della Eella (Viaggio da Tripoli di Barbaria etc. Genova 1819. 8. p. 176.)
ſucht den Drt beim Cap Rezat (Mas a tin) am Golf von Bomba, wo fi&
aber feine Muinen finden; vieleicht iſt es der Hafen Toubrouf. [F.]
Menelais (Liv. XXXIX, 26.), feſtes Schloß in der thefialiichen Land»
ſchaft Dolopia. [F.]
Menelaiam (Merslaior, Polyb. V, 18, 3. Steph. By. p. 457.
Liv. XXXV, 28.), Berg Laconica’8 im SO. von Sparta bei Therapne, ber
mit dem Geh. Thornar den Sinus Lacontcus bildet und auf welchem dad
Heroon des Dienelaus Tag, befien Fundamente im I. 1834 von Roß aufgebedt
wurden (vgl. Arhäol. Intel. BI. 1837.Nr.5. 6.37 ff. u. Kunſtbl. 1840. Nr. 71.
u.73.). Uedrigens vgl. Bouqueville IV. p. 178. (nach welchem er j. Malevo
beißt}, Xeafe Morea I. p. 188 ff. 191. u. Boblaye Rech. p. 81. [F.]
Meneläus (MersAao;), 1) Sohn des Atreus, jüngerer Bruber det
Agamemnon und der Anaribia. Beine Brüder mußten, durch Thyeſtes ver»
trieben, aus ihrer Heimat Mykenä fliehen und begaben ſich nad Sparta
zum Tyndareos, von befien Töchtern Agamemnon bie Klytämneftra erhielt,
worauf deren Schweſter Helena den Dienelaos wählte nachdem Tynd. ſämmi⸗
lichen Freiern einen Eid abgenommen hatte daß fie dem erkorenen Bräutigam
beifteben wollten gegen jeden Andern der ihm wegen feiner Bermählung
etwas anhaben wolle (Apollod. III, 10, 9.). Ag. eroberte dann fein väter
Ih Reich, Menel. aber erbte von feinem Schwiegervater Tynd. den Ihren
von Lakedämon (Hygin. fab. 78.). As Paris (f. d.), dad Gaſtrecht ver
letzend, dem Menel. die Helena entführt hatte (H. III, 47 ff. 443 ff.) begab
fih Menel. mit Odyſſeus nach Ilios um die Zurüdgabe ver Geraubten zu
bewirken und berbergte bei Antenor (Il. IE, 206.); fie verfehlien ihren
Zwei aber fo fehr daß Antimachos fogar rieth beide Geſandte toptzufchlagen
(IL XI, 139—141. vgl. Diet. Kret. I, 4). Nah Hauſe zurädgefehr
hot Menel. mit Agam. bie befreundeten Fürſten zum Zuge gegen Illos auf
(3. B. den Odyſſeus, Od. XXIV, 116.). Menel. ſelbſt ſtellte zu dem Kriege
ſechszig Schiffe, die Bewohner von Lakedämon, Sparta, Anyllä u. A. um
faſſend (II. IL, 581—587.) und weihte vor feinem Abgang der Athene Pro»
nein das Halaband der Helena (Euftath. p. 1466, 55 ff.). Vor Ilios er-
freut ex fl tea Schutzes von Hera und Athene (II. IV, 7f. 128 ff. V, 719.)
und bewährt fi als einen ber eifrigflen Berather und tapferfien Känıpfer
(u. X, 25 f. 230.). Leidenſchafilich ergriff er die Gerausforderung welde
Maneläns / 1797
Paris an die Urgeter erließ (DM. III. 19 ff.); aber bei feinem Naben zog
ſich dieſer erſchrocken zurück (V. 30 ff.) bis er, von Sektor tüchtig ausge⸗
ſcholten, ſich zu einem förmlichen Zweikampf mit Menel., zu endlichem Ab⸗
ſchluß des Krieges entſchloß (V. 39 — 120. 245—313.). Das Loos bes
ſtimmte dem Paris den erſten Wurf, welcher nicht durch den Schild des M.
hindurchdrang (314—349.); M.'s Speer dringt durch Schild und Panzer
hindurch dem P. auf den Leib, aber ohne ihn zu verwunden (349-360);
M. greift mit dem Schwert an, es zeriplittert; ergrimmt padt er den P.
am Helmbufche und zieht ihn dem achäiſchen Heere zu. Aber Ayhrodite Tdst
den Helmriemen, hüllt den B. in Nebel und entrüdt ihn in fein Gemach
(361—382.). Da der Sieg offenbar auf Seiten des M. war fo verlangte
Agamemnon vertragsmäßig die Herausgabe der Helena und ihrer Schäge
(DB. 456 ff.); da zielte aus der Mitte der Troer heraus Pandaros auf M.
und verwundete ihn, obwohl nicht gefährlich (MI. IV, 105—219.). Später
erbietet IH M. auch zum Kampfe mit Sektor, ſteht aber auf Anbringen
feiner Freunde von dem gefährlichen Plane wieder ab (N. VII, 94—122.).
Auch dem Aineias gegenüber Hält ihn Antilochos nicht für gefldert (N. V,
561 fj.); dagegen verwundet er den Helenos (NM. XII, 581 ff.) und töbtet
die Troer Skamandrios (V, 49 f.), Pylaimenes (V, 576 ff.), Peiſandros
(XI, 610 ff.), Dolops (XV, 540 ff.), Thoas (XVI, 311 f.), Euphorbos
(XVIL, 45 ff.) und Podes (XVII, 575 ff.). Als Patroklos gefallen ſchirmt
M. zuerſt allein, dann mit Aias Tel. den Leichnam gegen die Troer (I.
XVII, 1. 45 ff. 123 ff. 138 f. 246 ff.) , ſendet endlich den Antilochos mit
der Nachricht von Patroflos’ Tod an Achilleus und trägt mit Meriones bie
Reihe aus der Schlacht (ib. 634 ff. 717 ff.). Bei den Leicdenfpielen bed
Patroklos freitet M. mit Antilochos um ben zmweiten Preis im Wagenrennen,
begnügt fi aber freimillig mit dem dritten Preiſe (I. XXI, 293 ff. 401 ff.
515 fi. 570 ff. 600 ff.). Mit Odyſſeus, Diomedes u. U. befand auch M.
fi in dem hölzernen Pierde (Od. IV, 280. Virg. Aen. II, 264. Hygin.
fab. 108.) und eilt nah Eroberung von Ilios in die Wohnung ded ges
haßten Deiphobos (Od. VIII, 518. Virg. Aen. VI, 523.), wollte auch (na
der Darflelung auf dem Kaflen des Kypfelos) die Helena ermorden, Pauf.
V, 18, 3. vgl. Schol. Eur. Orest. 1287. Nach Iliond Fall if er für
baldige Heimkehr, morüber er mit feinen Bruder in Zwift geräth (Od. III,
141 f.). M. iſt auf unter den Erften welche nach Haufe abfegeln (Od. III,
276.) und trifft in Lesbos mit Neflor und Diomedes zufammen (ib. 168f.).
Bei Maleia überfält ihn ein Sturm welcher den größeren Theil feiner Schiffe .
nach Kreta, ihn ſelbſt mit fünf Schiffen nah Aegypten verſchlägt ib. 286— 302.
Bauf. X, 25, 2.). Bon diefem Aufenihalt Ger ift angeblich ein ägypt.
Nomoe nah ihm benannt (Euſtath. p. 1509, 37., vgl. unten Nr. 10). "Bon
da aus irrt er adt Jahre Fang im Often umber, kommt nah Kypros, zu
den Phönifen, Uetbiopen, Srembern, Libnern und wirb überall reichlich bes
fhenft (Od. 111, 301 f. 305 f. 311 f. IV, 81—-90. 128. 617. vgl. 131.
228.). Zulegt wird er auf der Infel Pharos bingehalten und leidet bereits
Hunger als Cidothea ihm räth ihren Vater Proteus zu fangen und ihn da⸗
hin zu bringen daß er ihm die Mittel angebe wie er In feine Heimat
kommen könne. Diefe beftehen darin daß er nad Aegypten zurüdfehrt und
die Bötter durch Hekatomben verfühnt, wobei er zugleich feinem Bruder Ag.
ein Denkmal errichtet; nachdem er dieß gethan kehrt er ſchnell und glücklich
nach Haus zurüd (Od. IV, 351—586.) und kommt gerade an dem Tage
an mo Dreftes den Aegiſthos und die Kiytämneftra beflattete (Od. IIE, 311.).
Bon jegt an Tebt er In glänzendem Palafle (Od. IV, 43 ff. 71 ff. 8Of.
vgl. Pauſ. II, 14, 6.) zu Lakedämon ruhig mit feiner Helena, und feiert
gerade an bem Tage da Telemachos zu ihm kommt eine Doppelhochzeit: bie
[
1800 Meonenia gens - _
aber ob über die Sabiner oder über bie Aurunfer. Im I. 260 (494 v. Chr.)
fand bie erfle Entweihung der Pleb8 auf den Heil. Berg ſtatt. Dionvi.
überfchüttet auch bei dieſer Gelegenheit den Lefer mit enplofen Reden und
Berbandfungen (VI, 49—88.): Dienen., als ein Mann im beflen Alter,
von anerfannter Einfiht und in einer Mitielftelung zwiſchen den beiden polir.
Ständen und Parteien (iv. II, 33 extr.: vir omni vita pariter patribus ac |
plebi carus, vgl. II, 32.: Agrippam facundum virum et — qvod inde oriun-
dus erat — plebi carum), wurde von den Coff. zuerft gefragt, er ſtimmt fin
Nachgiebigkeit gegen die Forderungen des Volks und Abſendung einer Ge:
ſandtſchaft (c. 49—56.). Dagegen rärh Appius gegen die Entwihenen Gewalt
a brauden (59—64.); die Neiferen flimmen dem Erften, die Jüngeren dem
steren bei (65.). Die Coſſ. entlaffen den Senat vorläufig und befragen in
ber folgenden Senatöjlgung den Men. no einmal zuerfi, der noch einmal
feinen Vorſchlag wiederholt, dem jetzt auch die Jüngeren beiflimmen (67—69.).
So werden zehn Befandte, worunter befond. auch Men., abgeſchickt mit dem
Auftrag auf jede mögliche Weiſe das Volk zur Rückkehr zu veranlaſſen (69.).
Sie gingen noch am nämlichen Tage ab (70.). Das Wort führte von den
Patriciern M. Valeriud (71.), auf Seite der Plebs 2. Junius Brutus
(72—80.). Darauf erwidette Lartius (81.), von der Plebs Sicinnius
(82.). GErſt in dritter Reihe läßt Dion.. den Men. aufmarfiren, unter
Anderem die Babel von den Gliedern des menfhlichen Leibes erzählend und
die Nachtheile der Uneinigkeit rührfam beſchreibend (8I—86.). Darauf for-
mulirt Brutus das Verlangen von Bolkstribunen, ein Theil der Geſandrtſchaft
holt die Bewilligung des Senats ein und M. fchreibt nun bie Bedingungen
des Friedens und der Ruͤckkehr nieder (87 f.). Statt diefer ganzen unge»
ſchickten Rhetorkomödie hat Livius (1. 1 die einfadge Angabe: placuit ora-
torem ad plebem mitti Menenium Agrippam — . is — prisco illo dicendi
et horrido modo nihil aliud qvam hoc (die Zabel) narrasse fertur. Dabur&
eum flexisse mentes hominum (Il, 32 extr.). Schon im folgenden Jahre
flarb Men. (Liv. II, 93 extr. vgl. Dionyf. VI, 96.) ohne fo viel zu hinter⸗
laſſen daß er Hätte glänzend beflattet werden Eönnen; das Volk legtt daher
auf Beranlaffung der Volkstribunen DO. Quintilius und 3. Genucius biefür
sufammen (Dionyf. 1. I. Liv. 33 extr.: sextantibus conlatis in capita; eben
fo Blin. H. N. XXXII, 10, 48. Senec. cons. ad Helv. 12. Bal. War.
IV, 4, 2.). Der Senat, dadurch beſchämt, übernahm die Koften des Leichen
begängnifies auf die Staatskaſſe und die Plebs übermachte das zufammen-
gefhoflene Geld den Sinterbliebenen des Agr. (Dionyf. VI, 96.). Die röm.
Patronen (?) beweinten diefen ein Jahr lang (Dion. IX, 27.).
2) T. Menenius Agrippae f.C. n. Lanatus, mit 6. Soratius Golf.
in bem 3. (277 —=477 ». Ehr:) wo bie Fabier an der Eremera fielen (vgl.
Bd. III. S. 370 ff.), Liv. 11, 51. Dionyſ. IX, 18. Diod. XI, 33. Nah
Dion. 1. I. vgl. mit c. 23. vgl. Liv. II, 52. hätte er, wenn er raſcher ia
den Krieg gezogen und entichloffener geweien wäre, wenigſtens den Verluf
des Caſtells an der Cremera noch verhüten Fönnen, da er ganz in ver Nähe
ftand. Gleich darauf wurde M. ſelbſt von den Etruskern gründlichſt geile
gen (in Folge ftrategifhen Ungefhids und feines Eigenfinns, Dion. IX, 23
tiv. II, 51.) ; die Etrusker drangen über ben Tiber bis gegen Rom vor und
erft der eiligſt berbeigerufene andere Coſ. ſchlug fie zurüd (vgl. Bo. IM
&. 1463.). M. wurde im folgenden Jahr von den Volkstribunen DO. Quin⸗
tilius (bei Av. Conſidius) und T. Genurius in Unklagefland verfegt und
trotz der Beliebtheit feines (tobten) Vaters und ver Anflrengungen bes Senare
faft einftimmig zu einer Gelbſtrafe von 2000 As verurtbeilt (Liv. II, 92.
Olonyſ. IX, 27. Dio E. p. 18, 4 Reim.). Das nahm fi Men. fo febr
au Herzen baß er ſich von allem Limgang zurädzog und — obwohl Birumde
Monenia gons 1801
die Selnfirafe für Ihn erlegen wollten — freiwillig ben Hungertod farb,
Dion. 1. 3. Linius UI, 52. berichtet nur: negant tulisse ignominiam aegri-
tudinemqve, inde morbo absumptum esse; woräder vgl. Niebuhr R. ©.
u. ©. 235.
3) C. (bei Liv. II, 32.; dagegen bat Dionyf. X, 54. Aovxioe; in
ben Fasti cap. beißt er T.) Menenius Agripp. f. Agr. n. Lanatus
(Fasti cap.), Sohn des Vorigen, Coſ. mit P. Seſtius im I. d. St. 302
(—452). Ueber die von beiven Cofſ. au@gegangene lex Menenia Sestia
f. Mulcta. Rah Dionyf. X, 54 f. verfiel M. während feines Conſulats —
angeblih aus Bram über die den patric. Vorrechten brohende Gefahr — In
eine chroniſche Krankheit melde ihn von den Amtgsgeſchäften abzog und
welche fein College — wiewohl vergeblid — benüken wollte um bie @in-
führung I Decemvirn von fi abzumelien. Sein Sohn ober jüngerer
Bruder I
4) Agrippa Menenius, im I. 312 einer ber triumviri ad coloniam
Ardeam deducendam welche, da fie es durch ihre Unparteilichkeit Feiner Partei
in Rom zu Dank madten, fi entſchloßen in ihrer Colonie fi ſelbſt feſtzu⸗
Ieden, Liv. IV, 11. Wenn er fpäter doch wieder na Rom zurückgekehrt
wäre fo wäre er wohl identiſch mit Nr. 6.
5) L. Menenius Lanatus, Gof. im I. 314=440 v. Chr. (Lin.
IV, 12.), in dem Jahr da Sp. Maelius fiel (vgl. S. 1855.). Ben Ihm
iſt nad) der Art wie Liv. IV, 13. feiner erwähnt zu unterſcheiden
6) Agrippa Menenius cui Lanato erat cognomen, collega addi-
tur dem T. Qvinctius Capitolinus (als Coſ. vom 3. 315>=439.), to. 1.1.,
obne hinzuzufügen daß er cos. iterum geweſen ſey. Derfelbe war trib. mil.
cons. pot. im 3. 335—419 (Liv. IV, 44 extr. vgl. Fasti cap. h. a.: Agripp.
n. Lanatus), zum zweitenmal im I. 337417 (io. IV, 47 extr. Fasti
cap. h. a.: Agrippa Menenius T. f.
7) L. Menenius Lanatus, trib. mil. cons. pot. in den Jahren
dv. St. 367=387 v. Ehr. (Liv. VI, 5. Died. XV, 24.). 874380 ce.
VI, 27.). 876=378 (Liv. VI, 31.). 378=876 ((Diob. XV, 71.). Wehl
aus fpäter Beit iſt
8) L. Menenius Agrippa, welder eine Aebucia zur Frau hatte
die in Ihrem Teſtament aus halber Verrücktheit ihre Toter Afrania nebſt
ihren Kindern zu Gunſten ihrer geliebteren Tochter Plätoria faſt enterbte; doch
ſchloß die lehztere mit jener einen gürlichen Vergleich, Bal. Mar. VIE, 8,R.
H. Blebeier.
1) M. Menenius, Bolfetribun im 3. 344 d. ©t. Liv. IV, 53., wo
die beiden beſten Hoſchrr. confequent Menenius haben, während Alichefoki
nur darum M. Menius in den Text aufnimmt meil er meint: gens Menenia
patricia fuit, was derſelbe jedoch ad Liv. VI, 19. (Tom. II, p. 63.) zuräüd-
nimmt. Daher iſt das unter Maenia gens (&. 1357. Nr. 3.) Gefagte
hieher zu fehen.
2) M. Menenius, im 9. 370 db. ©t. (iv. VI, 19.) und
3) L. Menenius, im 3. 397 vd. St. (Xiv. VII, 16.) Volkotribunen,
f. oben S. 1358. Nr. 5.
4) Menenius, von den Triumpirn proferibtrt, entkam durch die Aufe
opferung eined Sklaven glücklich nah Sicilien, App. b. c. IV, 44. Ob e
übrigens zu den Plebejern oder den Patriciern zu reinen if läßt ſich nit
entiheiden. Zu feiner Zeit ſcheint die gens dem Ausſterben ſchon nahe ge»
weien zu ſeyn. Doch wird von Kor. Sat. II, 3, 287. ein Menenius —
wohl ein Zeitgenoſſe — ſprichwoͤrtlich für einen Narren gebraucht (levunda
e gente Meneni). Auf Münzeu kommt ver Name niemald vor und auch
auf Infäriften nur ſehr felten. So findet er fih in den Sumnlungen vom
IV. \
1802 Mienenis tsibus — Menosthes
Gruter (abgefehen von ven Fasti cap.) und Reinefius niemals; bei Mura⸗
tori nur auf einem Grabflein aus Nom, A. Menenio A. F. Qvir. Capitio
horreario plebis et trib. Pal. errichtet von feiner Frau Menenia Junia Tyche
(11. p. 722, 2. u. 864, 8.), auf einem andern aus Pifaurum A. Menenius
Hippolitus (ib. IH, p. 1380, 11.), auf einem dritten vor Nom gefundenen
eine Menenia Vibica, Frau eined M. Aurelius Eutyches (ib. p. 1376, 7.).
Auch findet fich ib. p. 1376, 6. eine Infchrift aus Frankreich: C. Menanio
Batylio et C. Menanio Anthimo Menania Martina bene merentibus con-
iugibus suis fecit. [W.T.]
Menenia tribus, eine der älteren (mie ſchon der Name befagt, ba
bie Blüte ber gens bald erlofch) rusticae, in den Urkunden gewöhnlich durch
Men. bezeichnet (ausnahmsweiſe auch Menen. bei @ruter p. 409, 8. Bu
ratort p. 5, 7.), f. Cie. ad Fam. XI, 9, 2. Gruter p. 75, 12. 326, 8.
334, 12. 386, 5. 421, 9. 555, 2. 703, 3. 1093, 8. Oreli 2261. In
Stalien umfaßte fle die Städte: Feltria, Vincentia, Praeneste, Herculaneum,
Pompeii, Surrentum, f. &. 2%. Grotefend in d. Ziſchr. f. A. W. 1836.
©. 946. [W.T] _
Menephese, f. Menegese.
Mmöndphron (bei Öygin. fab. 253. Menophrus), Arfabier, in unzüch⸗
tigem Verhältniß mit feiner Mutter Blias und feiner Tochter Kyllene lebend,
Ovid Met. VII, 386. [W.T.
Menephylius, Beripatetifer, bei Plutarch rebend eingeführt, Sympos.
IX, 6. 14. [B.]
Menerfea, f. Minerva.
Menes, 1) ver erſte ägypt. König, welder Memphis (ſ. S. 17671.
1770.) erbaut haben fol, Herod. II, 4. 99., mo er Mn» heißt, bei Späteren
Myrns, auch Min (vgl. Ael. V. H. XI, 10. 40.) [W.T.
2) (Mars), des Dionyflus Sohn aus Pella, feit dem I. 333 einer
ber Leibwaächter Alexanders d. Gr., Arr. II, 12.; im I. 881 zum Befehle-
haber in den Küftenländern von Syrien, Phönicien und Cilicien ernannt,
mit dem Auftrage, die Verbindung mit dem Meere und mit Antipater zu
fichern. Ar. II, 16. 19. IV, 7. Diod. XVII, 64. Gurt. V, 1. [K.]
Memesnaochmus, ein attifcher Redner, ver als ein Heftiger Ankläger
bezeiäänet wird (vgl. Dionyf. Sal. Dinarch. 11. p. 117.); er Elagte gegen
‚ den Mebner ycurgus und nad deſſen Tode auch gegen deſſen Kinder (f. Blut.
dec. oratt. p. 842.D. Phot. Biblioth. Cod. 268. p. 497. B.), warb übrigens
auch felber von Lyeurgus angeklagt (Plut. 1.1. p. 843. C. Harpocrat. 55, 14.):
ebenfo war er auch einer von denen welche wider Demoſthenes hinſichtlich
der harpalifchen Gelder auftraten (Blut. ibid. p. 846. C. Phot. Bibi. Cod.
265. p. 494. A.). Einer Rede welche Dinarchus wider ihn gehalten er
wähnt Suidas s. v. Iloayuareix. Vgl. Ruhnken. Hist. crit. oratt. Graece.
p. LXXVIIf. [B.]
Menesthel Portus (o Meseod&wg Ayınv, Strabo II, p. 140. Biol.
I, 4, 5., vol. Marcian. p. 40.), Hafenplatz in Hiſpania Bätica, wahrſch.
in der Nähe von Afta und nicht weit von Babes, nad Ptol., der ihn aber
zu weit oͤſtlich anfegt, bei den Iurbulern. Mit ihm fleht unftreitig das von
Strabo ebendaſelbſt erwähnte Orakel des Meneſtheus in Verbindung. Ueber
die Anflevelung des Meneſtheus in Iberien vgl. Schol. Thuc. I, 12. Daß
bie Gaditaner ihm opfern, fagt Philoftr. vit. Apoll. V, 1. Der Hafen
ſelbſt fcheint der heut. Puerto de S. Maria zu fein. Vgl. Bochart Chanaan
e. 34. p. 614. u. Ulert II, 1. ©. 342. [F.
Menmesthes, 1) ein Grieche vor Troja, von Sektor getöbtet, 1. V.
son. Cw 2 1" Athener der den Theſeus nach Kreta begleitete, Plut. Thes.
Menestheus — Menesträtus 1808
3) ein Architekt der in Alabandus einen Pſeudodipteros bes Apollo er-
baute, Bitruv. III, 36. [W.]
Mienestheus (Merscdsv;), 1) Sohn des Peteos, aus Athen und
Führer der Athener vor Troja, I. II, 552—556. IV, 327 (nAnkınnog).
Bhifoftr. Her. II, 16. PBauf. II, 25, 6. Mit Hilfe der Tyndariden und
mit Beiſtimmung der Athener hatte er den Theſeus vom Throne verbrängt,
fiel aber vor Troja. Bauf. I, 17, 5. III, 18,5. Plut. Thes. 32. 85. vgl.
Liban. T. I. p. 480. Juſtin. II, 6. — 2) Sohn des Klytiod, Begleiter
des Aeneas, Virg. Aen. X, 129. — DBgl. Menesthei portus. .T.
3) aus dem attiſchen Demos Rhamnus (Boͤckh, Urk. über das Seew.
X.b. 101. e. 164. 171.), Sohn des Feldherrn Iphicrates (deſſen Bruder
Tiſias als Rhamnufier bezeichnet von Aeſch. g. Timarch. p. 198.), Schwieger⸗
ſohn des Timotheus (ſ. oben S. 255.), Feldherr im Bundesgenoſſenkiiege
(ſ. oben S. 257.). Er ſtand im Rufe eines Kriegers (Plut. Phoc. 7.).
Als nach dem Tode Philippe Macedonier den Verkehr Athens mit dem
Pontus flörten wurde er Anführer einer Flotte von 100 Kriegsſchiffen (Oe⸗
moſth. de food. Alex. p. 217.). Ol. 113, 4. 325 v. Chr. lebte er nit
mehr. Bödh, Urk. XIV, 12. u. &.244 f. Demoflh. ep. III. p. 1482. [K.]
4) Men., Särififleller aus unbelannter Zeit, aus beffen Schrift Zodszına
ein Fragment bei Athen. XI, p. 494.B. [ West.]
5) aus GStratonice, wird bei Erotianus s. v. c̃ußm citirt; er ſcheint
Berfafler eines mebicinifhen Wörterbuch geweien zu fern. Auch Galenus
fennt ihn; vgl. Fabrie. Bibl. Gr. XII. p. 335. d. ält. Ausg. [B.]
6) Bildhauer, deffen Name MENEZYETE MENECOE»Z ADPO-
Frag fnout auf dem Fragment einer Statue bei Gruter p. 1021, 2.
edt. .
Menesthios (Msrecdıo;), 1) Sohn des Areithoos und der Philo⸗
meduſa, König von Urne, vor Troja von Paris erfhlagen, 1. VII, 8—10. —
2) einer der Heerführer und Schwefterfohn des Achilleus; über feine Ab⸗
flammung f. II. XVI, 173—178. Strabo IX, p. 433. [W.T.
Memestho (MerscHw), Toter des Okeanos und ver Tethys, Heſ.
Theog. 357. [W.T.
Menestor, ſchrieb über Pflanzen, Theophr. Hist. Plant. V, 4.10. [B.]
Memesträtus, 1) aud dem attifhen Demos Amphitrope, wurbe im.
404 von Agoratus als Theilnehmer an der Verſchwoͤrung gegen die Oligarchen
angegeben unb verhaftet, auf Verwenden ved Gritiad und des Hagnodorus wurde
ihm Strafloflgkeit zugeſichert wenn er noch ungenannte Mitverſchworne angeben
wolle; er that ed und wurde darauf von ben Dreißig freigegeben;. nad
Wiederherſtellung der Democratie aber wurde er ale Mörber hingerichtet.
uf. adv. Agorat. p. 129 f. Tauchn. Harpocr. v. noodeouia erwähnt einer
Mebe bed Lyſtas zoog Mersorpazor, ei yıamos. Hölſcher (de v. et scr.
Lys. p. 188.) mürbe fie auf obigen Meneftratus beziehen, si orationis titu-
lus esset xaz& Mereoroazov. Unter den von Teucrus angegebenen Hermen-
frevlern war auch ein Menestratus. Andoe. de myst. p. 95, 35. Bekk., p. 8.
Steph. — 2) um DI. 107, 1. 352 v. Chr. Tyrann von Bretria, Demoflh.
Aristocr. p. 661. [K.]
3) ein cyniſcher Philoſoph, in einem Epigramm des Lueillius (Nr. 63.
oder XI, 104. ver Griech. Anthol.) erwähnt. — 4) Menestratus, ber
über Landbau gefehrieben, wird von Barro De R. R. I, 9. genamt. [B.]
,5) ein Bildhauer, von welchem Plin. H. N. XXXVI, 5, 4. ſagt: in magna
admiratione est et Hercules Menestrati et Hecato Ephesi in tomplo Dis-
nae post aedem, in cujus confemplatione admonent aeditui parcere oculis,
tanta marmoris radiatio est. Daraus daß diefe Statuen no zu Plintus’
[
1086 Menetöis — Meninz
Beit Hinter dem Dpisthopem fanden erhellt daß fie erſt nach ber Zerfiörung
des Tempels buch Heroſtratus und nach feiner Wieberherflellung dur Dei»
nocrated aufgeſtellt worden find, und. ſonach wäre M. um oder nad der Zeit
Alexanderd des Gr. zu feßen. Bine Statue der Dichterin Learchis von ihm
erwähnt Tatian adv. Gr. 52. p. 113. — 6) ein Maler vefien Werke in
einem Gpigramm ber Anthol. Gr. Palat. XI, 213. verböhnt werben. [ W.]
Meneotdöis (Merernis), Tochter des Menetes, Antlaneira, Apollon.
Are 1, 56. [W.T.]
Menetor, Schriftſteller aus unbekannter Zeit, Verfaſſer einer Schrift
zept aradnudıor. Athen. XIII, p. 594. C. [ West.
w 2 [Bi Anbängerin der megariſchen Philofophie, Clem. Stromat.
p.
Memextnus (Merseroc), 1) Vater des Dicäogenes, der bei Haliä
(Töne. 1,105.) faͤllt, DI. 80, 2. 458 v. Chr. (f. Schömann ad Isaeum). —
2) Sohn dieſes Dicäogenes, fällt bei Spartolus (Thut. II, 79.) DI.87, 4.
429 v. Chr. ale Phylarch (Iiäuß de Dicaeog. hered. p. 52. Tauchn.).
Diefer M. hatte einen Sohn Dicäogened (fält als Trierarch der Parales
in einem @efechte bei Enivus DI. 92, 1. 412 v. Ehr., Thuc. VII, 35.)
und vier Töchter. Bine von biefen Tödtern war an den reichen (Demofib.
in Boeot. p. 1015.) Gholarger Polyaratus (im Corp. Inscr.n. 147. p. 222,
als Ilageöoog der Hellenotamtas DI. 92, 3. 410 v. Chr. genannt) verhei-
ratet (Iſäus de Dic. h. p. 41.) und von biefer flammt 3) Menexenus bri
Demofth. in Boeot. p. 1009. 1016., eine andere Tochter an den Bäanier
Kephiſophon (Ifäus am a. D., rauiac Tor isoor yonuaror ri Adyraia;
DI. 95, 3. 398 v. Ehr., Corp. Inser. 1. P- 183. u. n. 130. p. 231.) und
von biefer flammt 4) Menexenus bei Iſäus p. 43 f. Einen Sohn von
bem suleßtgenannten Menerenus vermuthet Droyfen über d. Aechth. d. Urt.
in Demoftb. Nee vom Kranz ©. 141. in dem Päanier Kephiſophon (bei
Aeſch. de f. leg. p. 251. eig or Qilmr nal eraipmr Xapnrog) gegen welden
Eubulus eine yoapr ieper yennaror angeftellt habe (Dem. de f. leg. p. 435.)
und ber unter den von Harpalus Beftochenen geweien ſei (Din. c. Demosth.
.85.), auf welchen ferner Demofth. in Neaer. p. 1348. fl beziehe, während
em. de cor.p. 232. EußovAos aa Krpıoogar wahrſcheinlich za Krnager
heißen müfle; dagegen Böhnede, Forſch. S. 605, 1., welcher Dem. de cor.
p. 232. auf den in ber Urkunde bei Dem. 8 235. genannten Rhaumufler
Kephiſophon bezieht. Eine Schwefter von Men. Nr. 2. war verheiratet an
den Aphidnäer Brorenus, der DI. 92, 3. 410 v. Ghr.- Hellenstamias (C.
Inser. n. 147.) und Vater des Harmodius, des Gegners des Iphicrates (f.
oben e u und des betrügerifchen Dickogenes (bei Ijä. de Dicasog. hered.)
war. [K. —
5) der junge Athener nach irelchem ver platoniſche Dialog benannt iR
in welchem auf des M. Bitte Socrates eine Rede auf bie gefallenen Athener
bält; f. Platon. Opp. p. 234 ff. und vgl. Babric. Bibl. Graec. Ill. p. 90.
Köppen: Platons Menerenus im Grundriß sc. (Berlin 1790.8.) ©. 46 ff. —
6) Sohn des Demophon, flammte aus einem angefehenen attiſchen Geſchlechte
N Plat. Lys. p. 206 f. 211.); in der Redekunſt war der Sophiſt Cte⸗
n8 fein Lehrer. Er wird unter benjenigen genannt welche ber lehten
Unterrebung des Socrates im Gefängniß beiwohnten (Biat. Phaed. c. 2.
p. 59. B.). — 7) einer der Söhne des Socrates; |. Diog. Laert. II, 26. [B.]
Meninx (Miry&, PBolyb. I, 39. Steabo IH, p. 157. XVII, p. 834.
Plut..Mar. 60. Scyl.p. 48. Dion. Ber. 480. Ptol. VIII, 14,13. Mela Il,
7,7. Stad. mar. magni $. 101. 102.105. 116. u. ſ. w.), eine bekannte, auf
Lotophsgitis (Aurogayizıs, Btol. IV, 3, 43. Blin. V, 7, 7.; Aoropayar
snoos bei Polyb. 1.1.) und fpäter au Girba (Aur. Bict. Epit. c. 31.) und
Henippe — Meonippus 1805
naher noch jegt Berbi oder Ierbt genannte Infel mitten in der Meinen Syrte
vor der Küfle von Africa propria (na Plin. 1. I. nur 200 Schritte, nad
Scylax 1. 1. aber 3, und nad) dem Stadiasm. 6. 101. at Stab. vom Lanbe).
Sie war nad Plin. 1. I. 25 Mil. lang und 22 Mill. breit, fehr fruchtbar,
reid an Purpurmuſcheln (PBlin. IX, 36, 60.), wurde von Lotophagen bes
wohnt, hatte zwei Sıäbte, Meninz und Gerra (Ptol. IV, 3, 45., wo es
aber flatt Taoca nach Aurel. Bict. 1. I. vielleicht richtiger Tioßa heißen ſollte),
und war Baterland der Kaiſer Vibius Gallus und Boluflanus (Aur. Bict.
1. 1.). nNeber ihren heutigen Zuſtand vgl. Wimmers Neueſtes Gemälde von
Afrika I. S. 461. u. Nitters Erdkunde I. ©. 921. [F.)]
Menippe (Marinnn), Tochter 1) des Nereus und der Doris, Heſiod.
Theog. 260. — 2) des Peneios, Frau des Peladgos, Mutter des Phraflor,
Dion. Hal. I, 28. — 8) de8 Thamyris, Mutter des Orpheus, Tzepg. Chil. I, 12. —
4) ves Drion, Schweſter der Metioche. Nah ihres Baterd Tod von ber
Mutter erzogen zeichneten fi die Mädchen dur Schönheit und ihre Webe⸗
funft aus. Als das Orakel des Apollon Gortynios ald Bedingung des Auf«
hörend einer Peſt in Aonien die Opferung zweier Jungfrauen verlangte fo
boten die beiden Schweftern fi ſelbſt an und durchſtachen ſich die Kehle mit
dem Weberſchiff. Die von ihnen angerufenen @ötter ber Unterwelt verwan⸗
beiten fie in Kometen, bie Aonen aber erriääteten ihnen ein Helligthum bei
Orchomenos (nah Ovid bei Thebe, nad Andern in Tanagra, Schol. zu Hom.
Il. XVII, 486.), wo ihnen jährlih durch Sünglinge und Jungfrauen (Ko⸗
ronã und Koronived) ein Sühnopfer gebracht wurde. Anton. Lib. 25. Dvlb
Met. XIII, 685 ff. O. Müller Ordomenos S. 200. [W.T.]
Menippides, Sohn bed Herakles und der Theſpiade Entedide, Apollod.
I, 7,8. [W.T.]
Mienippus, 1) genannt die Schwalbe, Arifl. Av. 1293., ein Pferde⸗
händler, Schol., non diversus ille fortasse a Pericleo (Blut. Per. 13.),
quem commemorst Plutarchus etiam praec. pol. p. 812. d. (c. 19.).
Mein. fr. Com. IV.p. 677. — 2) Gewalthaber in Dreos auf Eubda, dem
maceton. Könige Philipp ergeben. Dem. Phil. II, p. 125. [K.]
3) aus Pergamum, Beograph aus dem Zeitalter bes Auguflus (vgl.
Anthol. Il. p. 134. Ar. 24.), ſchrieb einen wepinlovs Tjs Erröc Oaharınz
in drei Büchern nad) den drei damals Gefannten Erdtheilen (Marcian. epit.
p. 316. 120. ed. Miller). Diefen brachte Marcianus in einen Auszug, von
welchem fi ein Stüd nebſt des Marcianus Vorrede erhalten hat, das in
den früheren Autgaben (p. 94. ed. Höschel, p. 61. ed. Hudson, p. 109.
ed. Miller) fälfplih unter dem Namen des Artemidorus fleht, dem Menippus
aber zuerfi von Dodwell, neuerdings von Hoffmann (die Iberer im Welten
-u. Oſten ©. 212 ff. und Menippos der Geograph, Leipz. 1841. vgl. Deſſ.
Autg. des Marcianus 1841. u. B. Fabricius im Archiv f. Bhilol. Bb. VE.
S. 611 ff. Vgl. Denfelben im Rhein. Muf. N. 5. I. ©. 381 ff.) wieber
zugemiefen worden iſt. Andere Bragmente deffelben Werkes hat Stephanus
von Byzanz aufbewahrt. Diefelde Schrift bat wohl Eonftantin. Porph.
them. I, 2. II, 10. im Sinne wenn er Menippuß 7ov zovg aradıanouovg
Tine OAng olnovusıms amoypanpausror nennt. — 4) Ginen andern Menippus,
zmelder die Avbdeona des Kanthus in einen Auszug brachte, erwähnt Diog.
Zaert. VI, 101. [Weost.]
5) Ein komiſcher Diter Menippus wird von Suidas erwähnt, ber
ihm ein Stud Kerkopes und Anderes beilegt, währenn Cudocia p. 202. noch
ein zweites Stud Opheis binzufegt. Indeſſen ift die ganze Angabe (nah
Meineke Hist. crit. comicc. Graecc. p. 404.) zweifelhaft und vielleicht auf
Hermippus (f. Bd. IT. ©. 1219.) zu beziehen, obwohl ein Dichter Die
nippuß auf bei Photius Bibl. Cod. 167. p. 115. vorlommt. Diogenes
1806 Menismini — Menlasous
von Laerte (VI, 101.), welcher ſechs dieſes Namend aufführt, Tennt Leinen
Dichter; er nennt einen Erzgießer Menippus, zwei Maler viefe Namens,
ferner einen Sophiſten Menippus aus Stratonice, offenbar benfelben weldgen
Gicero (Brut. 91. Plut. Cie. 4.) als Redner fo fehr erhebt, in deſſen Bes
leitung Cicero auf Kleinaflen durdreiste (um 675 d. St.). Aelter iſt ver
Gyniker Menippus, feiner Abkunft nah ein Sclave aus Phönicien, über
welchen Diogenes (VI, 99.) Einiges berichtet, der Zeitgenoſſe des Meleager
aus Gadara und defien Landsmann (f. oben S. 1739. und Oehler p. 43 f.,
' der ihn um DI. 160 anfekt). Die Schriften dieſes Cynikers fand Diogenes
nit bebeutend: nur ihren fcherzbaften, Rachen erregenden Charakter erwähnt
er; auch gibt er am Schluffe ($. 101.) die Titel von dreizehn berfelben an,
darunter eine Nexvie, Aadmmaı, Briefeu.f.w., nachdem er vorher (6. 100.)
bemerkt daß Manche diefe Schriften für Werke des Dionyflus und des Zo⸗
pyrus aus Colophon anfehen. Bine Schrift Aoneoiiaos und sine andere
Zvunomoy führt Athenäus (XIV, p. 664. E. u. 629. E.) unter feinem Ramen
auf (vgl. über bie Schr. des Menipp. überhaupt Debler p. 29 ff.); da
auch Lucian Häufig (f. Dialog. Mortt. I, 1. u. dazu Du Soul p. 394 f.
T. DH. ed. Bip. Oehler p. 31 ff.) des M. gebenkt, deſſen Namen als Auf-
ſchrift einer freilih von Manchen beanflandeten Schrift des Lucianus dient
(Mennnos ij Nenvonearzeia T. III. ed. Bip. zu Anfang), fo ſcheint M. in
diefer Art von allgemeinen, ſatiriſchen und perfiflivenden Darflelungen und
Schilderungen und zwar in profalfcher Baffung ein gewiffes Anfchen im Alter:
thum gehabt zu haben, das den Terentius Varro beflimmte ihn zum Vorbild
bei den aͤhnlichen Schilderungen zu nehmen die er in römifher Sprache und
mit Bezug auf römifche Verhaͤltniſſe in feinen Satiren lieferte, die er bes-
Halb Menippeifhe nannte (f. Gell. N. Att. II, 18. Macrob. Sat. I, 11.
Gic. Acadd. I, 2. Probus zu Virg. Eclog. VI, 31.). Die ſcherzhafte und
bei allen perſönlichen Angriffen durch eine angenehme Heiterfeit anziehende
Weiſe in welcher M. ernflhafte Begenflände behandelt, fcheint es inſbeſondere
geweſen zu feyn welche diefen Schriften viele Leſer zugewenbet hatte, und
auch Varro hat fle nur in diefer Hinſicht, im Allgemeinen, in Bezug auf
ben Inhalt, Ton und die Färbung ber Nee, und die wigige und anfpredhente
Behanblungsweiſe nachzubilden verſucht. S. Br. Ley: De vita scripti
Menippi Oynici et de sat. M. Terentii Varronis, Colon. 1843.4. Fr. Dehler:
M. Terentii Varronis Sat. Menippearum reliqq. (Lips. 1844. 8.) p. 21#.
86 ff. 71 ff. Auch die neuere Zeit bat Aehnliches auf dem Gebiete vice
Art: von allgemein fatirifcher Darftelung aufzumwelfen, welchem man denſelbe
Namen gegeben bat; ed gehört hierhin die In ihrem Inhalt allerbings ver
ſchiedene Satira Menippaea bed Juftus Lipfius (Opp. T. I. p. 417 ff. we
Antwerpner Ausg. von 1637. fol.), insbeſondere aber die in Frankreich ie
berühmt geworbene Satire Menippse (gegen die Ligue unter Heinrich IV.
gerichtet); ſ. Labitte in d. Revue d. deux mondes XXXII. p. 266 ff. 2808.
und bie von ihm veranflaltete Ausgabe dieſer (zuerfi 1593. zu Paris, m
dann oftmals wieder abgebrudten) Satire, zu Waris 1842.12. — Aud a
Arzt Menippus wird von Galenus genannt, vgl. Zabric. Bibl. Graec. XI.
p. 935. d. aͤlt. Ausg. [B.] |
Menismini, nad Plin. VII, 2, 2. ein Nomabenvolf in Aethiopiea
noͤrdlich vom Fl. Aſtragus, eine Tagereiſe von ber Küfle, welches von de
Milch der hundekdpfigen Affen lebt, von welchen es ganze Heerden hält. [F]J
Menlaria (MerAcpie, Ptol. II, 6, 62.), Stabt ber Conteſtani m
Hiſpania Tarrac. von unficherer Lage. |[F.]
Meniascus fol nad Mannert I. ©. 367. u. Ukert IE, 1. S. 301.
ein von Ptol. genannter Küftenfluß in Hiſpania Tarrac. und nad Erſteren
der heut. Drig, nah Lehterem bie Bidaſſoa fein. Allein nur ein einziger
Mennls — Menodörus 1807
Codex des Biol. fügt II, 6, 9. nach dem Namen der Stadt Mnrooxa bie
verbädtigen Worte Menianov (sic!) norauov enßorai hinzu. [F.]
Menmis, eine blos von Gurt. V, 1. genannte Stadt Affyriend in der
Landſchaft Adiabene, A Tagereifen füplih von Arbela, bei welcher ſich eine
Rarfe Aspbaltquelle fand, und die in ver Nähe von Dus⸗Churmalu zu fuchen
iſt. Vgl. Mannert V, 2. ©. 333. [F.]
Mienmeianae (It. Anton. p. 260.), Ort in Pannonia Inferior am
Savus und an der Straße von Siscia nah Sirmium, nah Mannert III.
S. 705. j. Pakracz im Bofeganer Gomitate. [E.]
Menöbea (Plin. IH, 1, 3.) over Menuba (auf einer bei S. Lucar
la mayor am Guadiamar gefundenen Inſchr. bei Florez Esp. Sagr. IX.
| p. 47.), ein Nebenfluß des Baͤtis (auf der rechten Seite) in Hiſpania Bätica,
J. Suablamar (nicht mit dem oben S, 1361. genannten Maenoba zu vere
wechſeln). [F.]
Menobardi (Plin. VI, 9, 10.), Bolt an den Grenzen von Groß⸗Ar⸗
menien und Affgrien. [F.]
Menodöras (Mn0dw00;, wie Appian flet8 ihn nennt), abgekürzt
' Menas oder Mena (Vellej., Orof.; Mnrac bei Dio die gemöhnlidhe Benen⸗
nung), Sklave ded En. Pompejus (App. b. c. V, 79.), freigelafien von
diefem feld (Vellej. Bat. II, 73, 3. Schol. zu Hor. Epod. 4.) oder von
feinem Sohne Sertus (Die XLVII, 30. App. b. c. V, 81. Son. X, 23.),
der ihm ſolches Vertrauen ſchenkte daß er ihm den Befehl über feine Flotte
gab. Im 3. 714 Hatte er nad dem Friedensfchluß zwifchen Octavian und
Antonius (bei Brunduflum) die Weſtküſte von Oberitalien zu plündern, Eehrte
dann nad Sardinien um und nahm dem M. Lurius Agrippa (oben S. 1238.)
Sardinien ab, wobei er aber, einen fpäteren Umſchlag der Dinge mit in
Rechnung nehmend, unter anderen Gefangenen namentlih aud einen Frei⸗
gelaffenen Octavians, Helenus, ohne Xöfegelo freiließ (Dio XLVIII, 30. vgl.
App. V, 56.). Den um die Sache des Sert. Pompejus hochverdienten
Statius Murcus mußten er und Denecrates (f. oben S. 1794. Nr. 12.)
dem Sextus verdächtig zu machen und in den Tod zu flürzen (Vellej. IE,
77. extr. App. V, 70.). Murcus hatte insbefondere zum Friedensſchluß
mit Oct. gerathen während Menod., aus Burcht entbehrlich zu werben, zur
Fortſetzung des Kriegs rieth (App. 1. 1.), wiewohl vergeblih da im I. 715
bei Mifenum ber Friede abgeihloffen wurde (App. 71 f.), jedoch fo wenig
zur Zufriedenheit des Pomp. daß er lebhaft bedauerte nicht dem Mathe des
Men. gefolgt zu feyn (App. 74. extr.). Dieß und der argliftige Rath melden
er bem Pomp. gab, bei Belegenhelt des Friedensſchmaufes die Feinde zu
überrumpeln wo dann er dafür forgen wolle daß Keiner entwifche, und ber
dem Vomp. nur das Bedauern erwedte daß ihn Men. nit ohne Weiteres
ausgeführt habe (App. 73. vgl. Dio 88.), feheinen die Gunſt des Men. bei
Pomp. fo hoch gefleigert zu haben daß deſſen Beinde (def. Menekrates) ſich
aufs Aeußerſte anftrengten ihn zu flürzen. Sie machten auf die Freilaffung
des Helenus und den Verkehr des M. mit Oct. (durch deſſen Sreigelaflenen
Philadelphus und M.'s Freund Mikylio) aufmerkſam und bewirkten daß
Pomp. den M. zu ſich berief, angeblich zur Rechenſchaftsablegung über feine
Verwaltung in Sardinien. Gtatt aber dem Befehle zu gehorchen töbtete M.
bie Geſandten des Pompejus und übergab (I. 716) Garbinien und Gorfica,
die Blotte (60 Schiffe, Drof. VI, 18. p. 433. Haverc.), daB Heer und fich
ſelbſt dem Oct. (Dio XLVIII, 45. Son. X, 23. vgl. App. V, 78.). Zum
Dank machte ihn diefer zum ingenuus (App. V, 80.), erbob ihn in ben
Nitterfland (Div u. Bon. 1. 1.), zog ihn an feine Tafel (Guet. Oct. 74.)
und ernannte ihn zum Legaten bed Flottenbefehlshabers Calviſius (App. 1.1.
Oroſ. J. J. der ihn aber dem Statilius Taurus zur Seite flelt). Vergebene
3808 Mansdöreus
verlangte Pomp. feine Auslieferung (Die u. Son. 1. 1.). Sein Nachfolger
bei Pomp. wurde fein Tobfeind Menekrates (App. 81. Drof. 1. 1.), der ihn
auch gleich in der Seeſchlacht bei Eumä aufjuhte, auf dem linken Flügel
entbedte und fo heftig auf ihn losrannte daß auf beiden Seiten Ruder zer⸗
brachen; man focht mit Pfellen, Steinen und Spießen, zulegt drang Mena:
über eine Enterbrüde auf das feindliche Schiff ein und Fämpfte, obmohl ihm
ein Arm durchbohrt wurde, mit Wuth. Menefr., von einem Gpeere mit
Widerhafen in die Hüfte getroffen, fuchte vergeblich ihn aus dem Leibe zu
ziehen, feuerte die Geinigen zur Made an und flürzte ih als er fein Schiff
verloren ſah vom Verdeck in die See, mo er ertrant. Menod. zog dab
eroberte Schiff and Land und ſah fi durch feine Wunde von fernerer Theil
nahme an der Schlacht ausgeſchlofſen; fle endete unentſchieden indem ber
Mehrverluft der Gäjarianer dur den Tod des pompelan. Anführer aufge
wogen murde (App. 82. Die 46. Bon. 1. 1.). In dem großen Schiffbruch
welder bald darauf die Flotte Oct.'s traf bewährte Men. feine nautiſche Er⸗
fahrung (App. 89. Div 48.); au fügte er dem von Pomp. nah Afrika
geſchickten Apollophanes manchfachen Schaden zu (Die 1. 1.). Die Flotte
wurde allmälig wieder ergänzt und bie Verbindung mit Antonius eröffnete
glänzende Ausfichten als Men., müde feiner jeßigen untergeorbneten und wohl
nit immer geadteten Stellung und angelodt durch die Hoffnung nah dem
Tode bed Menefr. ven Bomp. ganz beherrſchen zu können, im I. 718 Heim
mit 7 (Drof. 1. 1. mit 6) Säiffen zu Pomp. zurückkehrte (App. 96. Dio
54. exter. Bon. X, 24.). Weil er dad nicht bemerkt hatte wurde Galvifius
von Oct. dur Agrippa erfegt (App. 1. 1.). Als aber Menod.'s Ehrgeiz
auch auf der Seite des Bomp. feine Rechnung nit fand, indem er minder
feine Erwartung den Oberbefehl über deſſen Blotte nicht erhielt, vielmehr
fih auf die mitgebrachten Schiffe beſchränkt fah und überall auf Mißtrauen
ſtieß (Dio XLIX, 1.), fann er auf neuen Verrath (App. 100. extr.), fuchte
einftwellen die Cäſarianer durch allerlei Erpebitionen von feiner Wichtigkeit
und Gefährlichkeit zu überzeugen (App. 101. Dio XLIX, 1. Oroſ. 1. 1.)
und hatte dann eine geheime Unterrenung mit Mindius Marcelluß, gegen
welchen er jet, da Galvif. entfernt fei, feine Bereitwilligkeit erklärte im bie
Dienſte Oct.'s zurüdzutreten falls ihm ber Stellvertreter Agrippa's freieh
Geleit zuſichere, was der Letztere nach kurzem Bedenken au that. In Folge
deſſen (Drof. I. I. motivirt es vielmehr durch ab Agrippa navali proelio
circumventus) fiel Men. von Neuem an Oct. ab, bat vieſen flebentlich um
Verzeihung, wurde aber auf deſſen Befehl insgeheim beobachtet (App. 102.
Do 1. 1. Bon. X, 24.) und ſcheint auch an der Schlacht bei Mylä Eeinm
Theil genommen zu haben (vgl. Orof. 1. 1.: hunc Caesar tertio transfugam
indulta tantum vita segnem religvit). Bei der Belagerung von Siscia m
Bannonien fand er enblih im J. 719 feinen Tod In der Save (Dio XLII.
37. g. &.). — Fäalſchlich beziehen Weichert und Franke (fasti hor. p. 127f.),
ber ſchlechten Autorität der Scholiaſten folgend, auf Ihn bie vierte Epode ded
Horaz, welche in Feiner Weiſe auf ihn paßt. ©. Zeitfär. f. d. Al.Wil.
1844. Nr. 65. ©. 513 f. [W.T.]
2) Bildhauer aus Athen, machte für bie Ihedpier zum Erfah für bie
son Caligula geraubte, von Claudius zurüdgegebene, von Nero abermals
geraubte Statue bed Bros eine Copie von dem Groß bed Prariteles, Bau.
IX, 27, 4. Sonach lebte er im erſten Jahrh. n.Chr. Ob der Menedorué,
der nah Plin. H. N. XXXIV, 8, 19. Athleten, Bewaffnete, Jäger unt
Dpfernde machte, derfelbe fei, oder ein anderer, mie Silig im Catal. Artif.
annimmt, Täßt fich nicht entfcheiden; ber Mangel an Originalität, der ſich in
der nen — — in der andern Arbeit ausſpricht, ſpricht eher für bie Identitat
Menedötus — Menostas 1809
Menodätus, 1) aus Perinth, Hiſtoriker aus unbekannter Zeit, ſchrieb
nach Diod. fragm. lib. XXVI, 3. p. 513. za; 'ElAnsnas noayuarzeiag in
15 Bädern. — 2) aus Samos, Berfafler einer Schrift 707 xarz Zoiuor
srdosor wraypayn, Athen. XV, p. 672. A. 678. D., welder au XIV,
p. 655. A. einer anberen meol zor xur® 70 iepor ic Zauias "Hopas
gebenft. [ West.] Ä
3) aus Nicomebien, Philofoph aus der Schule der Skeptiker, Lehrer
des Herodotus von Tarfus (f. Bd. III. S. 1253.), zugleich mediciniſcher Schrift
fteller aus der empirifchen Schule (Diogen. Laert. IX, 115. 116. Galen.
Eisayay. c. 4. 7.); eine feiner Schriften allgemeineren Inhalts erhielt eine
Vieberarbeitung durch Galenus und findet fi nun unter defien Werken unter
der Aufihrift: TxArvov Ilepyaumrov mapagpaorov zoö Mipodorov zoo-
zoentnog Aoyos, eine Ermahnung zur Befhäftigung mit der Wiſſenſchaft;
fie ift auch beſonders herausgegeben worden bon @oulfton in ber Bd. II.
S. 537. genannten Ausgabe, dann von I. G. G. Köhler zu Leipzig 1778. 8:
und Abr. Wilet zu Leiden 1812.8. ©. Fabric. Bibl. Gr. T. XIII. p. 335. [B.]
4) Bildhauer aus Nicomedien, Sohn des Boẽthus, der mit feinem
Bruder Diodotus (f. Bd. II. S. 1042.) eine Statue des Herakles machte. —
5) Sohn des Artemidorus aus Tyrus, der mit feinem Landsmann Ghars
medas (ein der doriſchen Form Charmadas entfprechender Name) eine Statue
machte, deren in Athen entdedte Baſis die Infchrift trägt: ... XKAPMHAOT
KAI MHNOA0TOZ APTEMIARPOT TTPIOI EIIOIHZAN. Hält
man damit die verflümmelten Inſchriften zufammen welche im I. 1842 in
dem Innern einer Bronzeflatue des Louvre's auf drei Plätthen von Blei ges
funden wurden: HNOAO[ros...... ai]... DEN POAIOZ EIOOTIr],
fo liegt die Vermuthung nahe, daß der erfle Name zu ergänzen fe: Mio-
öorog Tvoios, und daß dieſer mit einem andern Meifler. aus Rhodus die
Bronzefatue gemacht babe; R. Rochette Lettre A M. Schorn p. 163. 351.
Questions de !'histoire de l'art p. 49 ff. Diefer Menodotus Hatte einen
Sohn Artemidorus, welcher ebenfalls Bildhauer war, wie aus einer in den
NRuinen von Budrun gefundenen Inſchrift erhellt: APTEMIARPOZ MH-
NO40TOT TTPIOZ EIIOIHZE, R. Rochette Lettre p. 230. Que-
stions p. 133. Sie gehören aller Wahrſcheinlichkeit nah in die römife
Periode. [W.)
Menoeceus (Meromavs), 1) aus Ihebä, Enkel des Pentheus, Vater
des Rreon, der SHipponome und Jokaſte, Apollod. II, 4, 5. 111,5, 7 f.
Schol. Eurip. Phoen. 942. Pauſ. IX, 5, 13. Hygin. fab. 76. 242. —
2) Sohn des Kreon, Enkel des Vorigen. @urip. Phoen. 768. Lieber feinen
Tod hatte man verſchiedene Darflelungen. Soſlphanes 3. B. Tieß ihn durch
Laios umkommen, Nikoftratos durch die Sphine (Schol. Eur. Phoen. 1010.).
Die gewoͤhnlichſte Verflon aber if die daß M. den Opfertod für den Sieg
feiner Baterflabt beim Zuge der Sieben geftorben if} indem eine Weiffagung
bed Teireſias (ober das delphiſche Orakel, Pauſ.) venfelben an die Bedingung
geknüpft hatte daß Ares, der wegen Ermordung feines Drachens zürne, dur
die Selbfivarbringung eined Mitglieds aus dem Geſchlechte der aus den
Drabenzähnen Entiproffenen verfühnt werde (Eur. Phoen. 930 ff. vgl. Apollod.
' 11, 6, 7.). In Folge deſſen erſtach ſich M., als einer der Legten von biefem
Geſchlecht, trotz des ausdrücklichen Verbots feined Vaters auf ber Zinne ber
Burg von Ihebä und flürste von da binab in die Kluft wo einft der Drake
als Hüter der Duelle Dirke gehaust hatte. Eur. Phoen. 932. 1010. 1090 ff.
1315. Schol. zu 913. Sein Grabmal zeigte man vor dem neitiſchen Thore,
PBauf. IX, 25, 1. vgl. Stat. Theb. X, 590. 755 ff. [W.T.]
Meneetas, |. Meleager, ©. 1739. Nr. 9.
Bauly, Real-änchelop. IV. 114
1840 Menoetes — Minen
Mensetes, 1) der Steuermann des Gyas, Virg. Aen. V, 161 ff. —
2) aus Lykien, von Adilleus getöbtet, Ovid Met. XII, 115 ff. [W.T.]
Menoetius (Nsroizo;), 1) Sohn des Japetos und der Afle, Bruder
bes Atlas, Promeiheus und Cpimetheus, von Zeus im Titanenfampfe nieder:
gejhmettert und In den Tartarod eingeihloffen. Gef. Theog. 507 fi. 514.
Apollod. I, 2, 3. Schol. Aeſch. Prom. 347. Bol. Welder, Aeſchyl. Zril.
©. 68 f. Anm. Bölder, Myıb. des Jap. Geſchl. S. 50. — 2) Sohn bes
Aktor (Kom. II. XI, 785. XVI, 14., daher Actorides, Bal. Fl. I, 407.)
und der Aegina (oder Damofrateia), GHalbbruder bed Aeakos, Gemahl ber
Bolymele (oder Sthenele oder Beriapis, Hygin. fab. 97. Apollod. II, 13,8.)
und von ihr Vater des Patroklos (der daher Meroiricköne heißt, Hom. 1.
I, 307. Ovid Trist. V, 4, 25. Prop. II, 1, 38. Stat. Silv. V, 2, 157.),
Argonaut (Apollon. Rhod. I, 69. Apollov. I, 9, 17. Orph. Arg. 190.).
Urſprünglich ein Iheflalier war er nah Opus eingewandert, Apollod. III,
13, 8. Strabo p. 425. Schol. PRPind. Ol. IX, 107., wo er no während
der Dauer des troifhen Kriegs Iebte, Il. XVI, 14. XVII, 326. Er war
ein Freund bes Heralles und ermied demſelben nach feinem Tod Heroencultus,
Dion. IV, 39. Als fein Sohn Patr. beim Aftragalos-Spiel den Gohn bes
Amphidamas erfhlagen hatte floh er mit Ihm nad Phihia zu Beleus, welder
ton unter der Maske eines Mitglieds feiner Dienerfhaft erzog, I. XXIII,
85— 92. vgl. XI, 771. Schol. Pind. Ol. IX, 104. — 3) Sohn des Keu⸗
thonymos, ber Hüter ber Minder des Hades; Herakles hatte mit Ihm zu
singen, Apollod. IL, 5, 10. Val. Br. IH. ©. 1168. [W.T.
Menogönes, 1) Berfafier eines Werkes von 23 Büchern über ben
Schiffecatalog ( Iliad. II.), Euflath. ad II. p. 199. ed. Bas. [B.]
2) Erzgießer aus unbeflimmter Zeit, welder ſich durch Quadrigen aut-
zeichnete, Plin. H. N. KXXIV, 8, 19. [W.]
- 3) Ein Schaufpieler zu Rem mit welchem M. Valerius Mefjala (Coſ.
693) fo auffallende Aehnlichkelt hatte daß er deßwegen den Beinamen Menog.
erbiekt, Plin. VII, 12, 10. Bal. Mar. IX, 14,5. Soltn. 5. [W.T.]
Mönom (Merar), 1) von Pharſalus, unterflügt die Athener als fie
unter Cimons Anführung Bion bei Amphipolis (Wachsmuth J. S. 236. der
zieht den Beifland auf Ihuc. IV, 7., mo jedoch von einem andern Cion —
n anı Opanng Merdaiay unoıia — die Rede ift) belagerten, mit 42 Ta⸗
Ienten und 300 berittenen Peneſten, wofür er das atheniſche Bürgerreißt er⸗
bielt. Demoflh. in Aristocr. p. 686. de contrib. p. 173. (Nah Dodwell
u. 2. zog Cimon gegen Cion 470, nad Clinton und Krüger F. H. ſchon
476, vgl. Weißenborn, Helen S. 140.) — 2) von Pharfalus, Bundes
genofle der Athener beim Beginne des peloponnefliden Krieges. Thuc. II, 22.
Nicht derſelbe nach den Andeutungen über fein Alter bei Xen. Anab. II, 6, 28.
Plato Men. c. 1. ift 3) der Kariffäer (vgl. Diog. Laert. II, 6, 50.), ber
dem jüngern Cyrus 1000 Hopliten und 500 Peltaſten zuführte (en. Anab.
I, 2, 6.) und den Feldzug gegen König Artaxerxes mitmachte (Xen. I, 2, 20.
4, 13. 7, 1. 8, 4. Gtef. p. 43. b. 28. Diod. XIV, 19.), von Zenopben
ale ein habſüchtiger, ränkevoller, betrügerticher Menſch geſchildert (IE, 6, 21 ff.
Suid. v. Marwr, vgl. Marcel. v. Thucyd. p. 65, 26. Göll. Athen. XI, 112.
p. 505. ; 1. Bödh de simultate quae Platoni cum Xenophonte intercessisse
fertur p. 24.), der durch fein verrärherifches Benehmen gegen bie @riechen
zwar augenbliclihe Rettung fi erfaufte (Xen. 29. Etef. 44. a. 22 ff. Dieb.
XIV, 27.), aber ein Jahr nad der Hinrichtung des Clearchus und ber anbern
Seerführer, mit Denen er zugleih zu Artarerxes abgeführt worden mar,
nad ſchimpflicher Behandlung fein Leben geendet haben ſoll. Zen. ama.D. —
4) athen. Arhon DI. 76, .4..473 v. Ehr. Diod. XI, 52. — 5) Aftratiſirt
(Oeſych. v. Merwriöas), fonft nicht weiter bekannt; f. Mein. fr. Com. IV.
Menophantes — Mens 1811
p. 645. — 6) aiben. Feldherr, im Frühjahr 361 nad) dem Cherſones ger
fendet, Demoſth. in Polycl. 1210. Gegen ihn trat Apolloborus, ver Sohn
des Wechslers Paflon als Kläger auf. Demoſth. pro Phorm. p. 961. —
7) IIlv8odogov Ayapravs, in Urkunden von DI. 113, 4 (325 v. Ehr.),
114, 2. 3 (323, 322) als Trierarch genannt; |. Voͤckh, Urk. üb. d. Seew.
©. 245. — 8) von der Volfspartei in Ihespiä, gegen welde im I. 377
tie Oligarchen fih erhoben; Ageſilaus fliftete Ruhe. Xenoph. Hellen. V,
4, 55. — 9) Sohn des Keirdimmas, im I. 333 von Alerander zum Statt«
halter von Gölefyrien beſtellt. Art. II, 13. Den von Arr. III, 6. genannten
Artmmas, dem die Statihalterfhaft von Syrien abgenommen wurde (331
v. Ehr.), weil er nicht mit der gehörigen Sorgfalt für vie Webürfniffe des
durch feine Provinz ziehenden Heeres geforgt hatte, hielten Schmieder u. 2.
für jenen Menon, dagegen |. Ellendt zu Arr. IH, 6, 12. Gin Menen —
ohne nähere Bezeichnung — wird gegen dad Ende des I. 330 zum Stutt«
halter des arachofiſchen Landes ernannt, Arr. IH, 28. Gurt. VIEL, 3.; er
ſtirbt 9825 v. Ghr., Gurt. IX, 10. Arr. VI, 27. [K.]
10) aus Thefſſalien, in der Schule ber Sophiſtik, insbeſondere durch
Gorgias, wohl gebildet; nad ihm iſt ein platonifcher Dialog (p. 7Off. Opp.
Plat.) benannt. — 11) Pythagoreer aus Groton, Jamblich. Vit. Pythag.
30. 36. — 12) Ein Arzt Meno, ein Schüler des Ariftoteles, unter deſſen
Namen er fein Sammelwerk (Iaroınn ovrayoyı) außgegeben hatte, kommt
bei Galenus und in einigen andern Stellen vor; f. bei Babric. Bibl. Gr. XII.
p. 335., wo noch ein zweiter Arzt dieſes Namens in Nom genannt wird. B.]
413) aus Athen, Olympionike im Wertlauf DT. 95., f. Diobor. Sie. .
XIV, 35. African. bei @ufeb. 'EAA. oAvux. p. 41. Scal. — 14) aus Dies
gara (auch Menos genannt), hatte bereits DI. 19 im olympiſchen Wettlaufe
geflegt, African. bei @ufeb. p. 39. Scal. |Kse.]
Menophantus, Bildhauer deſſen Name auf dem Würfel zu ven Füßen
einer im Mus. Capitol. T. IV. tab. 68. abgebilpeten Venus flebt: AIIO
THzZ | EN TPRAAIl | ABPOAITHZ | MHNOBANTOZ | EHOIEI.
Ueber die Statue leſe man [Windelmann Gelb. d. Kunfl B. 5, 2. $. 8.
mit d. Anm. von Meyer. [W.]
Menophrus, |. Menephron.
Menosca (Mrrooxa, Ptol. I, 6 9. Blin. II, 20, 34.), Küften-
ſtadt der Barbuli an ber Norbküfle von Hifpania Tarrac., wahrfcheinlidh das
heut. St. Sebaftian, vgl. Mentelle Esp. mod. p. 44., nad Goſſelin Rech.
IV. p. 57. aber St. Andre und na Ufert II, 1. ©. 446. Sumaya. |F.]
Memosgada (Mivooyad«, in anbern Codd. Morooyada, Ptol. II,
11, 29.), Ort im dritten Klima Germaniens, nit weit von den Quellen
bed Mönus, von melden unftreitig der Drt feinen ben celtifhen Urfprung
verratbenden Namen Hatte; höchſt wahrſch. das Heut. Mainroth bei Culmbach. [F.]
Menethärus (Plin. VI, 7, 7.), Fluß in Sarmatia Aflatica, der fi
nicht näher beftimmen läßt. [F.]
NMionotyrannus (unvorvgarros), Beherrſcher des Monds oder der
Monate, Beiname des Attid oder Atys bei Meinef. Synt. I, 39 f. Drei
Nr. 1900 f. 2264. 2353. Vgl. Rhea.. [W.T.]
Menralta, f. Mellaria.
Mene, roͤmiſche PBerfonification ber menſchlichen Seele; vgl. Auguſtin.
C. D. IV, 21. Der Brätor T. Otacilius (Liv. XXI, 10. extr.; dagegen
Ovid Fast. VI, 245.: Menti vota Senatus suscipit, und ebenjo Zaetant.
1, 20.: Mentem inter deos collocavit Senatus, quam profecto si habuisset
eiusmodi sacra nungvam suscepisset) gelobte ihn nad der Schlacht am
Irafimenerfee (vgl. Ovib Fast. VI, 241 f.) und weihte ihn zwei Jahre nachher
ein (2iv. XXI, 81.). Bgl. Plut. de fort. rom. 5. Ihr Beh wurde am
1812 Mensa
8. Juni auf dem Gapitol gefeiert, Ovid 1. 1. 247. Orelli Inserr. TI.p. 392.
411. Gin Privatgelübpe für bie Mens findet fih bei Dreli Nr. 1820.; für
bie Mens bona ib. 1818 f. (aus Päflum und Neapel). [W.T.]
Mensa, roanela. 1) Stoff und Form der Tiſche bei den Griechen
und Römern. a) Die Blatte, szidnue. Dem Stoffe nah find ſchon
die bei Homer vorkommenden Tiſchchen von geglättetem Hole und heißen
Esozai (3. B. Od. I, 138.), und eväoo. Ahorn (operdauras) war biezu
eine beliebte Holzart (Athen. II, p. 49. A.), bei ven Nömern von Gicero’&
Zeit an der Eoflfpielige citrus (f. Bd. II. S. 389. u. oben S. 1659.). Die
gewöhnlichen Tiſche Meicherer waren aus Marmor (vgl. Vitruv. VII, 3. u. unten
über bie Deiphicae). Auch edle Metalle wurden dazu verwendet (wenigfien®
als Kournitur), f. 3. B. Petron. Sat. 73. Die Form ber Platte war Get
novonods; und Toinodes gewöhnlih rund (Pol. X, 81.); bie erflern heißen
in dieſer Beziehung bei den Mömern orbes (5. B. Liv. XXXIX, 6. Juv.
3, 137. IV, 132. XI, 122. Martial. II, 43, 9f.), maflive vom Stamme
feinem ganzen Durchmeſſer nach geichnittene Scheiben manchmal von einer
Dide von faft einem halben Fuß (vgl. Plin. XIN, 15.). ine Art verfelben
waren auch die cillibae, von Feſt. p. 43. M. erklärt durch mensae rotundae;
vgl. Varro L. L. V. $. 118. Die urſprünglichſte Form war aber wohl
die viereckige, welche auch in den Triklinien ver Roͤmer anfänglih die herr⸗
ſchende war und in ben Escariae (f. u.) beibehalten murbe. — b) Der Fuß
(rovVg, pes, trapezophorum, ®ic. ad Div. VII, 23.). Det Stoff deſſelben war
dem ver Platte bald glei bald verfhieben von ihr. Beſ. häufig erwähnt
. werden Geftelle aus Elfenbein (Athen. II, p. A9. A. Juv. XI, 123.); meniger
vornebm waren filberne oder verfllberte (Juo. XI, 128.) oder aus anderem
Metal (Plin. XXXIV, 4. vgl. avaronel« bei Kom. II. XI, 629.). Die
Form berfelben war häufig Eunftreih, 3. B. Karyatiden, Atlanten, bei. häufig
aber Thierklauen vorſtellend; eine Abbildung Tegterer Art findet ſich bei Ba-
nofla, Bilder antiken Lebens, Taf. XX, 1. neben einem Tiſchchen mit eine
facheren Füßen. Die Darflelung eines Panthers ermäßnt Juv. XI, 123.
Die Höhe der Tifhe war natürlih ungleich, im Allgemeinen aber waren fie
viel niedriger als die unfrigen; vgl. Becchi Mus. Borb. II. zu%f. 30. Die
Zahl der Füße ſchwankte zwiſchen eins, drei und vier (Toamelaı uoworodes,
Pol. X, 69., roinodes roanslaı, Pol. X, 80., gem. aber zoim. allein
Pol. VI, 83. But Cleom. 18., zosomeisig, Kratings bei Athen. I,p. 49.A. |
tripes, 3. B. Hor. Sat. I,3, 13.; rerpamodes) je nah Zwei und Bedürfniß.
Bei den Nömern waren bie beliebteſte und elegantefle Urt bie monopodia;
die Dreifüße galten für altväteriſch, ſ. Heindorf zu Hor. 1. 1. Zu legteren
gehörten die fog. Delphicae (fo benannt wegen ihrer Aehnlichkeit mit dem
delphiſchen Dreifuß), gewöhnlihd aus Marmor (Hor. Sat. I, 6,116. Gik.
Verr. IV, 59. Blin. XXXIV, 3, 8. Martial. XII, 67., wo jebod: aurum
atqve argentum non simplex Delphica portat, und eine Delpbica aerea cum
omni cultu exornata wird erwähnt in ber Inſchr. aus Rom bei Drelli Mr.
3094., wie Delphica cum Laribus ib. 2505.), benüßt zur Aufflelung von
ZTrinfgefäßen (Hor. 1. 1. vgl. Juv. III, 203.); vgl. auch Procop. Vand. I, 21.:
Asiyına 207 roinoda xaulovin Poruaioı etc.
2) Beſtimmung und Gebrauch der Tiſche. Zum Lefen und Schreiben
wurden fle nicht vermendet, dazu biente ber lectus (ſ. d.). Ihre Berwenbung
beſchraͤnkte fi vielmehr darauf, Geſchirr zu tragen theils zu ruhiger Aufbe
wahrung (abaci, Gic. Verr. IV, 16.25. Juv. III, 203. Plin. XXXVII, 2, 6.
Betten. 73.; eine befonbere Art bavon bilben bie Delphicae, |. oben), ganz
bef. aber zum Gebrauch beim Mahle (vgl. 3. B. zpam. vronamsm voi
öywoss, Poll. X, 80., dp’ 7 tò inmonara naraxuzcı, Vol. X, 69. m. f.
die Lerica 8. v. mensa). Bei Homer Hat jeder Gaſt fein eigenes Tiſchchen
Mensarii 1818
(vgl. 3. 8. Od. 1, 138. und im Allgemeinen Athen. T, 8.), was auf in
fpäterer Zeit noch bei den Griechen Sitte geweſen zu ſeyn fheint, wie bildliche
Darftelungen (vgl. Banofla am a. O. If. XII, 3. Beckers Charikles Tf. II, 2.),
Ausprüde wie sispecar und ayaspeiv ras roandLa s und Anderes (f. Becker,
Gharifles I. S. 441.) bemeifen. Nur bei den Arkabiern war allen &äflen
Ein Tiſch gemeinfam (Theopomp. bei Arhen. II, p. 149. D.). Die Römer
hatten zu biefem Zwecke mehrere in Hufeiſenform geftellte Tänglit-vieredige
Tiſche, und erft fpäter nahm Tif und lectus eine Sigmaähnlihe Form an
(f. lectus u. triclinium), wozu bie orbes eitrei fon megen ihres geringen
Umfangs nit wohl zu braudden waren, daher man größere Tiſche aus gewöhnl.
Holze fertigte und mit Citrus nur fournirte (vgl. Plin. XVI,43,84.). Daß
bei Betron. Sat. 34. senex iussit suam cuiqve mensam assignari gehört
eben zu den wunderlichen @infällen bes Alten. Auf ven Tiſch wurden in ber
homeriſchen Zeit die Speifen unmittelbar aufgelegt und er nad jedem Ge⸗
richte gewaſchen (Od. I, 112. 150. vgl. Pod. VI, 12.); fpäter trat daß
Geſchirr dazwiſchen. Da aber lange Fein Tiſchtuch angewendet wurde (erſt
ala fi der Luxus auf die Tiſche warf bedeckte man fie gegen Beſchädigung
beim Gebrauche und im Verkaufsladen mit einem Tuche, gausape, f. d. u.
Martial. IX, 60, 7. XIV, 138.), fo wurden fie doch beſchmutzt und daher
mit einem Schmamme (Mart. XIV, 44.) oder groben Tuche (Kor. Sat.
H, 8, 11.) abgewifht. Daß beim Nachtiſch ein neuer Tiſch aufgetragen
wurbe darf aus der Bezeihnung von jenem durch devzepaı Toanelaı,
mensae secundae nicht gefolgert werden; vielmehr ſteht dabei der Tiſch anflatt
der Speifen, mie auch derjenige der bie Aufwartung bei Tafel leitet zp«-
neloroos und zoamelonouos heißt (Bol. III, 41. VI, 13.) Nur ein
ſchlechter Wig von Trimalchio iſt es daß er feine Sklaven darauf einerereirt
bat: qvum secundas mensas Trimalchio iussisset adferri sustulerunt servi
omnes mensas et alias attulerunt (PBetron. 68.). — Auch im Cultus⸗-
gebraude kamen Tiſche vor und waren ald Stellvertreter von Altären heilig
(daher au Juv. II, 110. reverentia mensae fordert). Vgl. Feſtus p. 197,
25 ff. M.: mensae in aedibus sacris ararum vicem obtinent qvia legibus
earum omnium simul mensae dedicantur ut velut in ararum vel in pul-
vinaris loco sint. Opfertiide aus Marmor, Silber und Gold werben er»
wäßnt bei Cic. N. D. III, 34. Virg. Aen. II, 764. Petron. Sat. 135. Plin.
AXV, 9, 59. Lucan. VI,557. Bal. Max. 1,1,3. IV,1,7. Befondere Arten
folder Opfertifhe waren bie Curiales mensae (in qvibus immolabatur Ju-
noni qvae Curis appellala est, Feſt. p. 64. M.), vie Anclabris mensa (mi-
nisteriis divinis aptata, Feſt. p. 11. vgl. p. 77.: ea qvae in sacrificando
diis anclatur, q. e. hauritur ministraturqve, fich unterſcheidend von den)
Escariae (mensae qvadratas in qvibus homines epulantur ($eft. p. 77.
M.). — Berner hatten Tiſche die Geldwechsler am Markte (Blat. Apol.
p. 17. Theophr. Char. 21. Donat. zu Ter. Ad. II, 4, 13. Hor. Sat. I,
3, 148. @ic. p. Flacc. 19. in Pis. 36.). Vgl. Argentarii u. Tpaneliru. —
Sodann wird rourel« und mensa au gebraudt von vieredigen liegenden
Orabfteinen, Gic. Legg. II, 25. Blut. dec. oratt. vit. p. 364., wo auf
ber zoar. verſchiedene Meliefbilder find, 3. B. Gorgias auf einen Himmels»
globus blidenn u. U. — Endlich fleht mensa auch für catasta, die Bühne
worauf die Sklaven nadt zum Verkauf ausgeflelt waren, Pollux VII, 2, 11.
Appulej. Met. VII, p. 578. Oud. und Apol. p. 432. [W.T.]
Miensarii find wie nummularii Öffentlihe Vankiers, deren Geſchäfto⸗
kreis dem der Pilvatbankiers ober argentarii analog iſt, f. Bv. I. S. 715 ff.
Sie Reken unter Aufſicht des praef. urbi (nämlich in der Katferzeit), 1. 1.
$. 9. D. de off. pr. urbi (f, 12.) und bilden befonvere Golegia, 1. 5.
$. 1. C. Th. de his qui sup. relig. (16, 4.). Damit find nit zu ver⸗
1814 Meneis
wechſeln die mensarii Vviri und IIIiri, welche als außerordentl. Magiſtran
angeſehen werben koͤnnen, ſ. Vd. I. ©. 718. [R.]
Den röm. mensarii entſprechen die griech. roanzedızaı, ſ. d. Art.
Mensis, Mr. Im Alterthum ſuchte man befanntli das Mond⸗ und
Sonnenjahr mit einander zu verbinden. Da das erftere 12 Monate enthäh
fo mag bievon die Veranlaffung genommen feyn auch dem Sonnenjahr 12
Zeitabſchnitte (Monate) zu geben. Weil aber die Zahl ber einem Sonnen
jahre zugehörigen Tage (365 Tage 5 St. 48 Min. und 47 Sef.) fi nicht
in 12 gleihe, dur ganze Zahlen darſtellbare Theile zerlegen laͤßt, fo Tegte
man jedem der 12 Monate eine Sonnenjahres eine ſolche Anzahl bei baf
die Summe aller ‚ihnen zugehörigen Tage in einem gemöhnlichen Jahre 965,
in einem Schaltjahre 366 beträgt und ſomit die Zeit eined Jahres nahen
ausfüllt. Vgl. Annus. — Werner die Zahl der Monate noch die Ordnung
worin fle auf einander folgen mar zu allen Zeiten die gleiche. Hierüber zeigt
fi große Verſchiedenheit. Plinius fagt (H. N. VII, 48, 49.) baf bei den
Aegyptiern das Jahr nur aus einem Monat beftanden Habe (Lunao senio)
und erflärt Hieraus das hohe Alter der Menſchen in den früheflen Zelten
(itaque apud eos aliqui et singula millia annorum vixisse produntur).
Diefe Angabe gehört wohl ver Sage an. Genforinus d. n. 19. fagt deß
bei den Aegyptiern in den älteften Zeiten das Jahr in zwei Monate, ſpaͤter
in vier Monate und zulegt in breischn Monate und fünf Tage eingeiheilt
wurbe, und fügt bei daß die Arkader in Achaja zuerft ein breimonatlidel
Jahr gehabt haben follen und daß file deswegen mooosAnvo, genannt wurtm,
weit fie diefe Zeiteinthetlung kannten ehe in Griechenland das Jahr nad dm
Laufe des Mondes georbnet wurde, und bemerkt zulegt, daß dad Jahr bet
Garier und Acarner aus ſechs Monaten beflanden habe. Das Nänlide be⸗
richtet Macrobius Saturn. I, 12. Vgl. Blut. vit. Num. Diod. Sie. I. Auguſtin
C. D. Lib. XII, 10. — Wie groß die Dauer biefer Monate geweſen jet MR
nit erwähnt. Weber aud den Worten noch aus dem Zufammenbang Iäpt
fi Hierauf fliegen. Genforinus gebraucht die Ausdrüde: „annus bimestris |
quadrimestris, semestris, Macrobiuß: „annus tribus, sex mensibu“, 6%
linus Polyhist. c. 1.: „quatuor mensibus terminabatur (annus apud Ar
gyptios), in Italia apud Lavinios tredecim‘‘ (mit 374 Tagen). *
ſcheinen hierunter Beitabfehnttte im Allgemeinen verſtanden zu haben, wot®
Blinius am a. O. bindeutet wenn er fagt: „Annum enim alii acstate unum
determinabant et alterum hieme, alii quadripartitis temporibues.“ Dam
fimmt auch eine Stelle bei Genforinus überein, worin er fogt daß Hom
das dreimonatlihe Jahr der Arfadier eingeführt haben fol: „eoque ve
aestatem, autumnum, hyemem «pas, et annum opor dici, et Graei
annales @povg eorumque scriptores @pnypapove.““
1. D: Monate bei den Römern. — lieber die verfäiebenen rn
der Monate (ſynodiſcher, ſideriſcher, periodiſcher, anomaliflifder, Den *
und Sonnenmonat) f. d. Artt. Chronologia und Luna. Na enjot ee
d. n. 22. zerfallen vie Monate in zwei Arten, natürliche und bürge
liche (naturales et 'civiles). Der natürliche Monat zerfänt ſelbſt wieder *
zwei Arten, Sonnenmonat und Mondmonat. Diefe Zeiträume find 7*
einander ungleich, da die Sonne nach ſeiner Angabe im Waſſermann 29, in
Ziſchen faſt 30, im Widder 31 und in den Zwillingen nahezu 32 Tage —5
Für die übrigen Zeichen des Thierkreiſes gibt Cenforinus die Zeirbeflimmunn,
des Verweilens nicht an und fagt nur, daß aud fie unter einander Mr
daß alle an
gleich find und nicht immer ganze Tage umfaflen, ſedoch fo gen pen
qufamnen 865 Tage und einen Bruchtheil ausmachen. Die Ange ensi
Geminus hierüber f. unter Ecliptice. @in Mondmonat (Iunaris *
iſt die Zeit welche zwiſchen einem Reumond bis zum folgenden ut.
Mensis 184%
gibt fie zu ungefähr 29'/, Tagen an, und bemerkt daß auch viefe Zeiträume
unter einander nicht glei, ſondern bald Tänger bald Fürzer find. Die bürgere
lihen Monate find nad Ihm Zeiträume von willkürlich beflimmter Dauer,
bie aber immer eine ganıe Zahl von Tagen in fi begreifen. Bon ber vers
ſchiedenen Dauer viefer Monate führt er folgende Fälle an. Bel den Alba»
nern batte der März 36 Tage, der Mai 22, ver Sertilid 28, der September 16;
bei ben Tusculanern hatte der Quintilis 36, der October 32; bei den Ari⸗
cinern batte der October 39 Tage. — Es iſt nicht zu bezweifeln (ſ. Annus)
baß die MNömer urſprünglich das Jahr in zehn Monate eintheilten und dieſe
Ginthellung den Albanerın entnahmen. Die Ordnung, Namen und Zahl ber
in ihnen enthaltenen Tage find nach Genforinus d. n. 20.: Martius (31
Tage), Aprilis (30 T.), Maius (31), Iunius (30), Quintilis (31), Sex⸗
tilis (30), September (30), October (31), November (30), December (30).
Hienach zählıe daB Jahr nur 304 Tage. Plutarch bemerkt zwar Quaest.
rom. 19. daß einige von diefen Monaten mehr als 30 Tage hatten. Da
er aber weber eine beflimmte Zahl ver Monate noch der Tage angibt fo läßt
ſich aus diefer, nit näher erörterten Aeußerung nichts folgern, namentlich
deswegen nicht weil 31 Tage ſchon mehr ald 30 find und diefe Aeußerung
fofort den nämligen Sinn wie die genauere Ungabe des Genforinus Haben
fann. Bon diefen Monaten hießen die vier mit der größern Anzahl von
Tagen (maiores) die vollen (pleni), vie übrigen ſechs die hohlen (cavi).
Mit diefer Definition ſtimmt eine andere Gtelle des Cenſorinus, melde das
Wort plenus auf eine ganze ungerade und daher cavus auf eine gerade Zahl
bezieht: „ea superstitione, qua impar numerus plenus et magis faustus ha-
bebatur.“ Nachher wurde, da fi die Unrichtigkeit dieſer Bintheilung deutlich
berausftellte, nad Jahr in 12 Monate und 355 Tage eingetheilt. Die zwei
zugefügten Donate hießen Sanuarius und Februarius. Nah Fulvius' Zeugniß
(Senfor. 1. 1.), Macrob. Sat. 13., Plut. vit. Num., Eutrop. 1, 3., Solin.
Polyhist. 1., Liv. I, 19., Ovib Fast. III, 151. fo viele Aenderung von
Numa, na Junius (Genfor. 1. 1.) von Tarquinius (wahrſch. Priscus) here
rühren. Es wurben dem Jahre 51 Tage zugeicht, die fofort am ſchicklichſten
in zwei Monate zu vertheilen warın. Um zu große Differenz in ver Zahl
der Tage abzuwenden verfürzte man bie hohlen Monate um einen Tag und
wandelte fle dadurch in volle um, unb zwar aus dem &runde weil eine unges
rade Zahl für voll und günftiger gehalten wurde. Hiedurch gewann man
im Banzen ſechs Tage, welde den genannten 51 zugelegt, 57 Tage aus⸗
madten, und die man fofort auf die Monate Januar und Februar fo vers
tHeilte daß der erſte 29, ber zweite 23 Tage enthielt. Die 355 Tage bed
Jahres waren demnach fo unter die zwölf Monate vertheilt: Martius (31
Tage), Aprilis (29), Maius (31), Junius (29), Quintilis (31), Gertilis
(29), September (29), Detober (31), November (29), December (29), Ja⸗
nuatius (29), Bebruarius (28). Es waren alfo ale Monate volle, mit
Ausnahme bed Februard, welder allein ein hohler war. Bel. Solin. Polyh. 1.
Die eben gerannte Zahl der Tage entfpricht einem Mondjahre von 355 Tagen.
Da aber das Sonnenjahr 365 Tage zählt und fi die Verhälmiffe des ges
wobnlichen Lebens am beften nach leterem ordnen, fo mußte man bald die
Verſchiebung beider Jahre erkennen. Um den Unterſchied auszugleichen half
man ſich durch Cinſchalten eines Monats (Schaltmonat, mensis intercalaris,
Mercidinus, auch Mercedonius genannt), dem man eine Dauer von 22 ober
23 Tagen gab und den man alle zwei Sabre einfhob. Die Zeit vieler Aen⸗
derung ift nicht befannt. Näheres hierüber f. unter Annus. Jedoch au
dieſer Verſuch dem Jahr die richtige Dauer zu geben mißglüdte wegen ver
geringen Kenntniffe der Nömer in ber Zeitkimde und wegen Mangels ver
noͤthigen Beobachtungen. Der Rathloſigkeit welche hiedurch eintrat half Gäfar
48160 ——
im J. 708 d. St. durch die von ihm eingeführte und nad ihm genannte
Zeitrehnung. Er hob den Schaltmonat auf und führte an feiner Stelle einen
vierjährigen Schalttag ein; f. Bissextum. Dem Januar, GSertili und De
cember legte ex je zwei Tage zu, dem April, Juni, September und November
je einen; den Bebruar ließ er ungeändert. Die zugelegien Tage, deren Zahl
zehn betrug, feßte er an bad Ende der Monate (extremis partibus mensium),
damit die Feſte eines jeden Monats unverrüdt blieben. So berichtet Gen-
forinus 1. 1. 20. Genauer gibt Macrobius Sat. I, 14. an, Gäjar habe
dem Sanuar ben 29ften und 30ſten Tag zugefügt, dem Arril den 29ften,
dem Juni den 29ften, dem Auguf oder Sextilis den 29flen und Ofen,
dem September den 29ften, dem November ven 29fen, den December den
29ften und Ofen. Dadurch Fam es daß diejenigen Monate welde von
Gäfar um zwei Tage verlängert wurben, bei dem Zählen der Tage auf ben
19ten vor den Galenden, diejenigen aber melde nur um einen verlängert
- murben, auf den 18ten zurüdgingen. Die Zählungdweile vor den Balenden
blieb bei den Monaten welche ſchon früher 31 Tage Hatten, unverändert und
ging auf den 17ten zurüd. Dadurch erhielten leben Monate 31 Tage,
worunter biefenigen vier welde urſprünglich diefe Zahl Hatten, mitbegriffen
find, vier 30 und einer 28, und im Schaltjahre 29 Tage. Die Ordnung
war die noch jetzt gebräudhlihe. Dem Monat Quintilis wurde der Name
Julius im zweiten Jahre der Julianiſchen Zeitrechnung (I. 709) zur Ehre
Gäfard (Benfor. I. 1. 22.) gegeben; dem Monat Sertilis wurde im J. 746
zur Ghre Augufld der Name Auguftus beigelegt (Macrob. Sat. I, 12.).
Nah Eenforin. 1. 1. änderten fpäter viele Kaijer bie Namen der Monate und
legten ihnen ihre Namen bei, hoben aber dieß entweder felbft nachtraͤglich
wieder auf oder wurden nad ihrem Tode bie früheren Namen der Monate
wieder aufgenommen. So hieß Nero den Monat April mensem Neroneum
(Suet. Ner.55.), Domitian den October Domitianus. — &8 fragt fi& nun,
mit weldem Monat begann man das Jahr? Nah Plutarch Quaest. rom. 19.
zählte man in den älteften Zeiten bie Monate vom Mär; an, wie beſonders
daraus erhelle Daß der fünfte Monat nah dem März; Quintilis, der fechäte
Gertilis Heiße und fofort bis zum letzten, welcher December heiße. Dieß
habe Einige zu ver Meinung und Behauptung veranlaßt, daß die alten Mömer
kein Jahr von zwölf ſondern von zehn Monaten gehabt Hätten, wovon einige
Monate mehr als dreißig Tage enthielten. Andere berichten fo, daß ber
December der zehnte Monat nah dem März, ber Januar ber eilfte und bes
Februar der zmölfte gewefen ſei, In welchem (Bebr.) als am Schluſſe ves
Jahres die Reinlgungs⸗ und Todtenopfer bargebradt werden. Man babe
nun dieſe Ordnung geändert, machte den Januar zum erflen, weil nach
Vertreibung der Könige die erflen Conſuln am erfen Januar -ihr Aut
antraten. Wahrſcheinlicher aber fei was Andere kerihten, daß nämlid
Romulus, ein Friegerifger und dem Mars ergebener Dann, ber fogar jür
einen Sohn ded Mars gehalten wurde, den Mär; (Mapzior) an die Spige
ber übrigen Monate geſtellt, Numa aber, ein friedliebender Mann, Der feine
Mitbürger vom Kriege ab und dem Aderbau zumenden wollte, dem Januar
bie erſte Stelle angewiefen und als frievlih, mehr den Ackeibau als Kıieg
förbernd, den Sanus vorzüglih verehrt Gabe. Hiebei iſt wohl zu beachten
ob nit Numa den Anfang des Jahrs dadurch auf eine den Berhältniffen
entfprechende Urt gefegt habe. Bei Dingen welde fi in einem Kreije bewegen
ift zwar fein Punkt der erfle, keiner der letzte. Nach menſchlicher Anſicht if
aber irgend ein Anfangspunft feitzuftellen. Es ſcheint aber am Zwedmäßigfen
zu feyn nad dem Winterfolftitium das Jahr zu beginnen, wenn bie Sonne
von ihrem nieberften Standpunkt wieder umkehrt und fid) zu und wendet.
Dann wird in der Natur ſelbſt wieder eine Aenderung vorbereitet welche bie
emsit 1817
Dauer bed Tages vermehrt und die der Nacht verminbert und und ben Reiter
und Führer der Schöpfung näher bringt.“ Macroblus fagt (Sat. I, 12.) vaß
Romulus das Jahr In zehn Monate (die oben von Genforinus genannten)
eingeteilt und Ihre Reihenfolge mit dem März begonnen Habe, und fügt dann
die Gründe bei, um zu bemeilen daß biefer Monat ber erſte geweien jel.
Das Ungenügende dieſer Eintbeilung, welche weber mit dem Lauf der Sonne
no des Mondes Übereinfimmte und jährlich bie Lage der Monate in Be
bung auf die Jahreszeiten verfhob, trat bald hervor. Daher theilte nad
acrobius (1,13.) Ruma dos Jahr in zwölf Monate in folgender Ordnung
nebft Anzahl der Tage: Ianuarius (29 Tage), Bebruarius (28), Martius
(31) u. f. w. bid zum December (29 Tage). Diefen Arußerungen wider⸗
ſpricht Macrobius c. 13. p. 265. Bip., worin er dem Bebruar die legte Stelle
anweist. Die fpäter von Cäſar und Auguſt in der Eintheilung bes Jahres
und Anorbnung ber Monate getroffenen Beränverungen gibt Macrobius
(ec. 14.) in Uebereinſtimmung mit den übrigen Schriftflelern an. DM. Ter.
Barre 1. 1. V..p. 59. 60. Bip. weist dem Februar ven letzten Play unter
den Monaten au. oib berichtet hierüber verſchieden. Fast. II, 4749.
Rellt er den Januar an bie Spike und ben Februar an daS Ende der Monate.
Dagegen begann nad Fast. 111,135 f. das Jahr früher mit dem März und ex
führt die Gründe Hiefür an, welde mit dem von Macrobius angegebenen
zufammenfallen. Lib. II, 43. u..44. III, 151. u. f. w. fagt er daß Numa bie
Zahl Der Monate um zwei vermehrt habe. — Darin ſtimmen mit Ausnahme
weniger (welche Genforin. 1. 1. 20. angibt) ſämmiliche Schrififleller überein,
daß die Roͤmer urfprünglig nur zehn Monate gehabt Haben und daß ber
Monat März der erſte und fomit der Anfang des Jahres geweien fel. Dieb
kann man als unbeanflandete Ihatfadhe annehmen. Die Ungabe Ovidé,
welder am a. D. fagt daß ber Januar von zehn (ut est et ante fuit) der
erſte Monat geweien jei, verliert alles Gewicht da er in ber zweiten Stelle
behauptet daß es ber März geweſen ſei und dieß auch durch Gründe unter»
Rügt. Cbenſo if wahl nicht zu bezwelfeln daß Numa PBompilius die Zahl
ver Monate um zwei, Jannarius und Februarius, vermehrte. Ob er aber
die Donate vom März oder vom Jannar an gezählt habe, daruber fiimmen bie
Angaben nicht überein. Plutarch Hält es für wahrſcheinlicher daß Numa mit
dem Januar das Jahr begonnen babe, als mit dem März. Die Gründe
welche er zur Unterkügung feiner Behauptung aufführt find jedoch nicht der
Geſchichte ſondern allgemeinen Anfihten entnommen, von denen fehr fraglich
iR ob fe ſchon Cigenthum einer fo frühen und kenntnißarmen Zelt waren.
In zwei Stellen pflichtet Macrobius der von Plutarch ausgeſprochenen Anficht
bei, in einer Stelle widerſpricht er ihr und alſo auch ſich ſelbſt. Hiedurch
verliert ſein Zeugniß an Kraft. Gerade aber aus dieſem unkritiſchen Ver⸗
fahren des Macrobius, der manche Stellen eben ſo gab wie er ſie las, ge⸗
winnt man in Verbindung mit den Aeußerungen der übrigen ſorgfältigeren
Schrifiſteller ein Mittel das Richtige zu vermuthen. Ale Schriftſteller:
Genforinus, Macrobius, Varro x. flimmen barin überein daß am Ende des
Jahres und in dem Monat Februar (inter Terminalia et Regifugium) ein-
gefcgaltet wurde. Gäjar behielt fogar das infhalten im Monat Februar
bei umd biefer Umfland beutet gewiß auf einen allgemeinen, von Alters ber
ererbten Gebrauch. Wenn nun bieß der Fall war fo if Hieraus zu fliehen
daß vor ber Gitte bes Cinſchaltens der Februar nit der zweite fondern ber
legte Monat war, ja fogar daß er noch geraume Zeit nach der Einführung
bes Cinſchaltens ber leyte blich, denn bevartige Gebräuche ändert man ſchwer
und nur allmaͤlig. Rum iſt bie Zeit worin das Cinſchalten eingeführt wurde
nit bekannt (f. Annus). @# iſt auch zit wahrſqheinlich daß man fehr
bald, wenigfien nit. zu Numa's Beiten, darauf verfiel. ae A, es nach
N.
1818 Moni
ber Angabe Einiger entweder In bie Beit von Servius Tullius ober in bie
Zeit der Decemvirn (nah Ideler in das I. 304 dv. ©t.) zu ſetzen. Ge if
bemnad auch bie Zeit morin man das Jahr mit dem Monat Januar begann,
fpäter als die genannte zu fegen. Beachtet man endlich die Gründe melde
Macrobius und Ovid zur Unterflügung der Behauptung, daß der Monat
März der erfte geweien jet, und das mad Gervius zu Virg. Georg. I, 43.
beibringt, fo deutet dad Alles auf einen langen Beſtand; denn hätte ſchon
Numa die Ordnung der Monate verfeßt jo wäre Taum erklärlih wie ich alle
diefe Gebräuche bis auf die fpätern Zeiten Hätten vererben können. Wie
lange aber biefe Zählungsmeife eingehalten worben ſei läßt fi ſchwer be⸗
fimmen. Genforinus läßt die Sache ganz unentfihieben. Daraus iſt wohl
zu folgern daß er etwas Beflimmtes anzugeben außer Stand war. Vielleicht
gab der Umſtand daß die Konfuln ihr Amt am erften Januar antraten (was
ungefähr vom I. 600 an geihah) die Beranlafiung mit dem Ianuar das Jahr,
wenigſtens das bürgerliche, zu beginnen. Diefer Gebrauch flellte HG allmälig
ſeſt, und Cäfar nahm ihn auf und orbnete hienach die Monate fo mie fle
nor jeht fi folgen. Ovids Bericht, wonad der Januar eine Zeit hindurch
der erfle und der Februar der Ichte gewefen und daß er dann auf die zweite
Stelle gerüdt worden fei, verdient wegen feiner Unbaltbarfeit keine weitere
Berückſichtigung. — Die Datirungsweife der Nömer war eine andere als
bie unfrige, welche in dem Zählen der Tage nach der Ordnung unferes Zahlen⸗
Syfems beſteht. Sie theilten den Monat in drei verſchieden große Zeit
abſchnitte, Calendae, Nonae und Idus genannt, und zählten die Tage von
jedem biefer Abſchnitte rückwärts, alfo in umgelehrter Ordnung der Zahlen
(f. Calendarium). Calendae bezeichnete immer ben erfien Tag des laufenden
Monate, Nonae in den vier Monaten melde von Numa 31 Tage erhalten
hatten (März, Mai, Ouintilis oder Juli und October) den flebenten,, in
den Übrigen den fünften; Idus in ben eben genannten ben fünfzehnten , in
den übrigen den dreizehnten Tag. Hienach zerfielen die Monate März Mat,
Juli, October In drei Abſchnitte, von denen der erfle fleben (Calendae und
Nonae mitgerecönet), der zweite acht (Idus mitgerechnet), der dritte fehäzchn
Tage hatte; bie Monate Januar, Auguſt und December in drei Abfchnitte,
von je fünf, acht und achtzehn Tagen; die Monate April, Juni, September,
November in drei von je fünf, acht und flebenzehn, und ber Monat Februar
in drei von je fünf, acht und fünfzehn (in einem Schaltjahre fünf, echt und
ſechszehn) Tagen. Diefe Datirungswelfe gehört der Iullanifchen Zeitrechnung
an, für bie frühere Eonnte es Keine fo genaue und einfache @efehe geben. Am
beften wird man biefe Datirungswelfe aus ber beigegebenen Zufammenftelung
entnehmen (f. die Tabelle). — Das Datum ſelbſt wird auf folgende Arten aut:
gedrückt. Man fehreibt 3. B. für den 17ten Januar entweber a. d. (ante diem)
decimum sextum Calendas Februarias oder decimo sexto Calendas Febru-
arias. 88 kommt auch wohl ber Ausdruck decimo sexlto ante Calendas
Februarias vor. Nach Scaliger fommt ante diem daher daß bei den Roͤmern
der bürgerlie Tag mit der Mitternacht anfing und daß dies bier den natür-
len Tag bedeutet, welchem noch ſechs Gtunden des bürgerlihen Taged
vorausgingen. Petavius glaubt daß ante diem für ante diem confectum,
alfo für den Tag felbft, ipso die ſtehe. Ideler (Handb. d. mathem. u. techn.
Ghronol. I. S. 128.) glaubt daß ſich die Sache durch eine Verſetzung des
Wortes ante erklären Laffe und meint daß 3. B. a. d. decimum sextum
Galondas durch Inverfion aus diem decimum sextum ante Calendas, wie
vieleiht Anfangs gefagt wurde, enıflanden fei. — So lange man das Gin»
[Halten durch einen Schalimonat bewerkſtelligte, kam ein neuer Monat in
ben Kalender, dem man nad dem Bedürfniſſe 22 ober 23 Zuge zutheilte
(Genfer. 1 1. 20.). Man dalirte anf bie nänlide Weiſe und gab ihm feine
Bellage zur Be
| _ 0 0ı
Tag Januar Mai Juni
N Calendis Januari
oder Januarii
Cal. Mai. Cal. Jun.
1V Nonas Januari
ober Non. Mai. IV Non. Jun.
Nonarum Januar |
3 | „ " " n N "
Pridie Nonas Ja
4 nuarias " " Prid. Non. Jun.
5 Nonis Januarii n " Non. Jun.
. 6 vıH Idus Fanuari id. Non. Mai. | VIII Idus Jun.
Iduum Januaril
Prid. ” "
I "» Nov. Idibus Dec.
, Prid. Id. Ju Dec. |XIX Cal. Jan.
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Prid. Cal. Jan.
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Miemels 1818
Calendae, Nonae und Idus. Da bie Romer den Schaltmenat nicht nach dem
Februar eingeihoben haben, fondern nah dem 2äften Tage dieſes Monats
(Macrob. Sat. I, 13. Varro L. L. V.), fo wurben vie übrigen fünf Tage
dieſes Monats nad der Cinſchaltung zugefügt, bamit immer der März auf
den Februar folgte. Man mußte daher im Schaltmonat bi8 auf 27 oder 28
Tage zählen, da ihm bie genannten fünf Tage des Februars zufamen, bie
jedoch im Zählen nicht unterfchieven werben konnten, und hieraus erklärt ſich
Dig. 1, 16, 98.: Mensis intercalaris constat ex diebus viginti octo.
I. Die Monate bei den Griechen: a) Bei den Attikern (vgl.
@linton de mensibus atticis in feinen Fasti Hell. p. 838-360. ed. Krüger).
Vieber die Bintheilung des Jahres, die Drbnung und Namen der Monate,
die Schaltmethode f. Annus. Ueber den Tag welder in beflimmten Monaten
unterbrüdt wurbe f. eöuspsnuos. Hier iſt nur noch Einzelned über bie Ein⸗
richtung ber Monate, fo wie über vasjenige mas man über bie Monate ber
übrigen griehifhen Völker kennt, nadzutragen. Da die Aufgabe bei den
Griechen war dad Jahr nah dem Laufe der Sonne und des Mondes zu
beftimmen (em. Isag. 6. vgl. Gaza de mensibus 10.) ober die naͤmlichen
Beite an denſelben Mondsphaſen und Jahreözeiten zu begeben, fo fiel bei
ihnen ber bürgerlide Monat mit dem natürlihen zufammen und man Fannte
in den frühern Zeiten einen Unterſchied zwiſchen beiden. Grft als die Ju-
lianiſche Zeitrehnung bei ihnen eingeführt wurbe lernte man einen andern
als diefen kennen. Geminus rechnet daher am a. O. die Dauer eine? Monate
von einer Gonjunction oder Oppofition zur andern (uns dors 100906 ano
ovrodov Eni ovv0dor, 7) ano navosAnyov er navosinror). Diele Zeit ber
flimmt er zu 29", und 1/,, Tag, oder zu 29 T. 12 St. 43 Min. 88?/,.
Sef. Hipparch beflimmte die nämliche Zeit oder eigentlih den mittleren
ſynodiſchen Monat (100 Jahre vor Chriſti Geb.) zu 29T. 12 St. 44 Min.
31, Sek. Tobias Mayer berechnete für das Jahr 300 v. Chr. (Littrow,
Wunder des Himmeld, Stuttg. 1836. Bo. III. S. 138.) dieſelbe zu 29 8.
12 St. 44 Min. 3,4015 Sek. und für das Jahr 1700 n. Chr. zu 29 T.
12 St. 44 Min. 2,8283 Sek., welches die gemähnlihe Annahme if. Da
aber ein Bruchtheil eines Tages Im gewöhnlichen Leben nicht wohl zu bes
nugen {ft und zwei Mondsmonate zufammen ungefähr 59 ganze Tage in fi
fließen, fo theilte man bie Monate in 30tägige und 2Itägige ein, bie mit
einander wechſelten (f. Enneadecaöteris) und nannte erflere volle (RArjpeıs),
Ietere hohle (xoiAoı). Dieſe Bebeutung iſt der von plenus und cavus bei
den Mömern .entgegengefeht. Nah Plut. Sol. p. 92. ed. Xyland. befaßte
ſich Solon mit einer genauern Beilimmung des Mondsmonates. Er bemerkte
nämlih daß der Lauf der Sonne und des Mondes nicht auf ganze Tage
übereinfimmte. Er nannte daher den Tag an welchem bie Conjunciion bed
Mondes mit der Sonne erfolgte 3977 xel vear und rechnete den Theil des
Tages welder der Gonjunction vorausgeht, zum vergangenen, den Reſt zum
begonnenen Monat. Den folgenden Tag nannte er vovunvia. °Erm oder Em
iR — roianas und En nas ea fällt mit den Worten des gemöhnl. Lebens
„alt und neu“ zufammen. Ideler (Handb. d. Chronol. I. S. 266.) folgert
aus der angef. St. des Plutarh daß Solon die Monate In volle und hole
abgetheilt habe, während aus ihr nur hervorgeht daß er bie Zeit der Con⸗
junetion und vovansız zu unterfbeiden lehrte. Hiemit ſtimmt auch Geminus
Isag. 6. überein wenn er fagt: 87 7 Nuspa vda 7 aA paiverus reoumvia.—
Der attiſche Monat murbe in drei Defaden getheilt: ver erfle Tag hieß vor-
uviae, Neumond, Tag nad der Gonjunction, die folgenden Tage zählte man
nad der Ordnung der Zahlen mit dem Zuſatze iorausrov (nu ohne Ihn,
Gemin. Isag. 6.) und fo bis zum zehnten. Die Tage der zweiten Dekade
winden auf bie gleiche Weife mit dem Beiſatze an ösxa gezählt. Der
1820 Iisussls
zwanzigfte Tag hieß zinas. Beam 2äften an zählte man na Dollar Onam.
1, 7, 63. neom, devriga zei. an) einadı. In der Megel wurben aber bie
Tage ber legten Dekade rückwärts vom breißigften ab gezählt mit dem Bei⸗
ſatze ꝓGivorros. Nah Ideler (Handb. I. S. 281. Anm.) findet man für
igrausvov auch dpyousveov, für smi dena auch ueooärros und für gr
auf mavousrov, Anyovzos und arıoros. Ueber das Zählen ber Tage in
den hohlen Monaten f. sErıpdnuos. Für die Lage der altiſchen Monate
ergibt ſich folgende Vergleichung:
Enaroußaar entfpriät ungefähr dem Monat Julius.
ayaıııa m " " Auguſt.
Bondoouwor " ” " September.
Ilvayaııor " ” " October.
Mauonmpor n „ " Rovember.
Ilooadeor P ” „ December.
Toesem)ı0r n n „ Jannar.
Anderer „ " Februar.
Eiagynbpoan m . " .
Movruxio⸗ April.
—XRX " " Mai.
n "
Zirpogopsar " uni.
Mit der Annahme der Jullaniſchen Beitsefmung gingen wahrſcheinlich bie
Mondemonate der Griechen in Gonnenmonate über. Ideler (Shranel. 1.
©. 860.) glaubt daß biemit zugleich der Hecatombacon von der Gonmen-
wende weg umd In die Zeit der Herbfl-Tag- und Nachtgleiche verſetzt worden fel.
b) Bür die Monate der Lacedämonier, deren Jahr nah Dobwell
zur Beit ber Herbſt⸗Tag⸗ und Nachtgleiche beginnt, gibt Hermann (Leber
griechiſche Menatskunde ©. 112. u. 124.) folgende Zufammenflellung:
1) Heamos entfpricht ungefähr dem Dionat Detober.
2) Ansldais m " November
" .
3) Aö00dvos m " " December.
4) undelamnt.
5) 'Elsvamee mn " „ Februar.
6) Taocotoe⸗ ” " Mir.
7) Aprepineg „ ” „ April. -
8) Asigmıog m v " Mai.
9) Disaaıos ”n „ „ Yunius.
10) 'Exraroußevs n ” v Julius.
11) Kapveio „ n " Augufl.
12) Tlaraug „ " „ September.
Der Monat Hoamog wird von Hefychius als fpartaniiher Monat erwähnt.
Seine Stelle iſt jedoch ungewiß. Die Stellung und Meihenfolge der Monate
Jegaorsos, 'Apteuinos, Diıdoros, 'Exaroußevs, Kagreios, iſt nicht bezweifelt;
daß Ansalaios, Aoadvog, 'Eisvoimog, Jeiginos, Ilavapos ſpartaniſche
Moenate find, beruht auf Bermuthung.
ce) Die Namen der Monate in Böntien und ihre Ordnung If nad
Sermann am a. DO. ©. 88. 126. folgende: .
1) Bovxarıog entfpr. ungef. bem Monat Januar, dem attiſchen Gamelien.
2) Ep vr m . Februar, Anthesterion.
) Ilgoorasgıog " " März, R Elaphobolion.
4) unbelannt.
5) Badonbiog n " N Mal, » Thargelion.
6) inbekannt.
7) unbekannt.
B) Zuwoßgonogr m v Augufl, » .Metageitnion.
Eemelle 1921
9) Ilavanos entfpr. ungef. dem Monat Geptember, dem att. Boedromion.
10) unbekannt.
11) Anuaroos m „ " November, » __Maemacterion.
12) Aladnouenog n # m December, m Poseideon.
Ungewiß iſt die Stellung des Balovdoc und eines Monats der OuoAwiag
Heißt. Böckh (de anno Boeotico) fegt die Monate Inroßoouos, Ilerauog,
Aoyarpıos, ’AlaAroussıog um eine Stelle früher. Ideler am a. O. J. ©. 364.
flellt den AAndroussog vor den Aruarorog und ſchreibt IIareuog ſtatt IIe-
vauos. Das Jahr der Böotier fing nad Plut. Pelop. mit dem Winters
Solſtitium an.
d) Die Monate in Delphi find nach Hermann de anno Delphico u,
Griech. Monatskunde S. 92. u. 126.:
1) Bovxanıos entſpr. ungef. dem Monat September, dem att. Boedromion.
2) Hopaios " " » October, „Pyanepſsion.
9)’Anslaiog „ n " November, „ Maemacterion.
4) unbelannt.
5) Andagooog » m " Januar, r _ Gamelion.
6) Iloswporıos " n Februar, » Anthesterion.
7) Bunog a " März, » _ Blaphebolion.
8) "Apteuinog m m " April, » Munychion.
9) Hoandeos n n " Mat, Thargelion.
40) Boadoog „n m u Juni, » Skirophorion.
411) ’Maiog " n " Juli, n _Hekatombaeon.
12) OzoSsnog m „ n Augufl, „ Metageitnion.
Die Namen bed Hocioc, Aadagopıos, Boadoos, ’Maiog, au) Eidaiog find
fiher, niht aber Ihre Stelle. Der Name des fehsten Donate iſt nicht
figer. Daß Artemisius ein belphifcher Monat fei beruht auf Vermuthung.
ci ) Die Namen der Monate von Eyzilud und ihre Ordnung find
gende:
1) Bondoouwr entfpriäht ungefähr dem Monat October (Pyanepsion).
2) Kvareyıor " n November (Maemacterion).
n
3) Anasoveer m m n December (Poseidoon).
4) Ilooudeor " n N Januar (Gamelion). .
5) Ama m " " $ebruar (Anthesterion).
6) ‚Ardeorngwr " m n Mär; (Elaphebolion).
7) Agreunor " " v April (Munychion).
8) Kalayay " " „ Mai (Thargelion).
9) Ilermuog " " „ Juni (Skirophorion).
10) Tavgsor m n w Juli (Bekatombaeon).
11) u. 12) unbefannt
Der Name des erfien Monat3 (Boedromion) iſt ungewiß und beruht auf
Vermuthung. Der Name des zehnten Monats (Taureon) tft gewiß, nicht
aber feine Stelle, und es kann der 10te, Alte over 12te gewefen feyn.
1) Bon den Namen der Monate in Gicilien kennt man folgende:
1) Osouopogios entſpricht ungefähr dem Monat October.
2) Aalsog " » „ November.
3) unbelannt.
4) ‚Ayoıarwoc " " " Januar.
5) unbefannt.
6) Bevdanıog n ” n) Mär.
7) Agtapinoc n „ April.
8) unbekannt.
9) Bodom . m n v Juni
son2 Mansis
10) "Taxirrog eniſpricht ungefähr dem Monat Juli.
11) Koapreiog " „ Auguft.
12) Ilavauıs u m " September.
Die Namen der Monate Beouopopıogs, Aakıos, "Ayoıanos, Yevdanıos, Ba-
-Spowog find ficher, nicht aber ihre Stellung. Noch ein Monatsname (Avanos)
kommt außer den genannten vor, doch iſt weder fein Name nod feine Stelle
fider. — Ueber die nur vereinzelt befannten Monatsnamen bei andern griech.
Voͤlkerſchaften ſ. K. %. Hermann am a. O.
II. Das Jahr der Macedonier und die Monate der aſiatiſchen
Griechen. Obgleich wenige Nachrichten über die Bintheilung des Jahres
bei den Maceboniern in ven frühern Zeiten auf uns gefommen find fo läßt
ſich doch mit ziemlicher Sicherheit darauf fließen daß daſſelbe im Weſent⸗
lien mit dem griechiſchen Jahr übereingeftimmt habe, denn bie Macebonier
waren nad Uriprung, Gprade und Sitten mit den Griechen verwandt. Es
it daher wahrſcheinlich daß Ihr Fahr ſich wie das der Griechen auf den Lauf
des Mondes und der Sonne bezogen habe, daß fie alfo Mondömonate wie
jene Hatten. Hiefür ſpricht hauptſächlich ein Schreiben Philipps von Mace⸗
bonien, worin er den Griechen aufgab mit Waffen und Lebenemitteln in dem
Monat den die Macebonier Lous, die Athener Boedromion, die Eorinthier
Panemus nennen (Demoflh. d. Corona), nah Phoris zu fommen. Dieſen
Befehl hätte Philipp in der Weife nicht wohl geben Eönnen, wenn nicht vie
Dauer, Lage und Bintheilung der Monate unter diefen Völfern übereinge
ſtimmt hätte, Einen weiteren Beweis für diefe Behauptung findet Ipeler
am a. O. I. ©. 396. in den Beobachtungen des Merkur und Saturn, die
von den Chaldäern zu Babylon angeflelt umd von Piolemäus angeführt |
wurden und melde durch macebonifhe und ägyptiſche Data und Jahre ver
nabonaffarifden Aere bezeichnet find. Die Namen der Dlonate des maces
doniſchen Jahres und ihre Meihenfolge ift nach allgemeiner Uebereinftimmung
der Chronologen die nachſtehende:
Aiog. 5) Avazooc. 9) Ilarmuos.
2) Aneilnioe. 6) Tœrdixòg. 10) AGoc.
3) Audvvaiog. 7) Apreuioog. 11) Toonicioc.
4) Ileoinog. 8) Aninos 12) “"Treoßeperaios.
iotog.
Ein Schaltmonat, welchen die Einrichtung des griechiſchen Jahres nothwendig
verlangt, wird nicht angegeben. Geht man von der Vorausſetzung ber Ueber⸗
einſtimmung ded macebon. und bes griech. Jahre aus fo ift die Annahme
eined Schaltmonats nothwendig und ed ift daher au wahrſcheinlich daß ein
folder vorhanden mar, obgleih man feinen Namen und feine Stellung nit
kennt. Dieſer Umftand Fann bei den wenigen Nadrichten, die wir hierüber
haben, nit auffallen, nod weniger derjenige daß fih ver Name eines
Scaltmonatd in feinem Menologium vorfindet, denn alle Verzeichniſſe vie
wir beflgen flammen aus ber Zeit worin das macebon. Jahr ſchon ben Cha⸗
rafter eines Sonnenjahre hat. Ob der Schaltmonat Asooxopos ober Aaimo;
hieß und ob dad Binfalten im erflen Valle nad dem Hyperberetaeus und
im zmeiten nad dem Daesius, als Daesius posterior zu feßen fei (vgl. Scalig.
de emendat. temp. I. de periodo macedonica, II. de anno Chaldaeoruın
lunari, VII. Menses Macedonum;; Soeler am a. ©. 1. &. 399.; Hermann,
über die griech. Monatskunde ©. 101 ff.), dad find unter den vorliegenden
Berbältniffen unbeantwortbare Fragen. — Cine weitere Differenz iR Bolgendes.
In dem oben erwähnten Schreiben Phillyps wird der macebonifhe Monat
Lous mit dem attifhen Monat Boedromion parallel geſtellt. Plutarch feht
die Schladt am Granicus einerfeits in den attifhen Monat Thargelion
(Camill. 19.), andererfeit8 (Alexand. 16 ) In den macevon. Monat Daesius.
Somit geht der attifge Monat Thargelion bem macebon. Daasins parallel
’ Mensls 1688
Berner ſetzt Put. Alex. 3. da mo er die Geburt Alexanders angibt tem
attifhen Monat Hecatombaeon mit dem macebon. Lous parallel (Hrarou-
Bœioy, 69 Manxedore; Aoory xalovonr. Berfolgt man nun beide Anfnüpfungs«
punkte, um die correfpondirende Lage der attifhen und macedon. Monate,
deren Reihenfolge bekannt if, zu beflimmen, fo ergeben ſich folgende zwei
verfchienene Zufammenftellungen für dieſelben:
Macedoniſche Monate. Entſprechende attiſche Monate
a) nach dem Schreiben Philippe. b) nad) Plutarch.
Dis . . . . 2. Posideeon . . . . Pyanepsion.
Apellaeus . . . . Gamelion . . . . Maemacterion.
Audynaeus . . . . Anthesterion. . . . Poseideon.
Periius . . . . . Blaphebolion . . . Gamelion.
Dysttus . . . . . Munychion . . . . Anthesterion.
Xanhius . . . . Thargelion . . . . Elaphebolion.
Artemisius . . . . Skirophorion . . . Munychion.
Daesius . . . . . Hekatombaeon . . . Thargelion.
Panemus. . . . . Metageitnion . . . Skirophorion.
Lous . . . . . . Boedromion. . . . Hekatombaeon.
Gorpieus . . . . Pyanepsion . . . . Metageitnion.
Hyperberstaeus. . Maemacterion . . Boedromion.
Die Hiedurch entftehende Zeitdifferenz beträgt zwei Monate. Es fragt id:
welches ift die richtige Parallele? Da es aber mögli If daß beide nad
einander in Kraft traten, fo fragt es ſich: In melde Zeit iſt ber Uebergang
von der einen Meihenfolge in die andere zu fehen? Die Anfichten der Ges
lehrten treten bier, in vagen Erfindungen und Gombinationen hin» und here
ſchwankend, einander entgegen. Gorfint F. A. 111, 20 ff. meint daß Philipps
Schreiben verbeflert und darin Hekatombaeon ſtatt Boedromion gelefen werden
möfje. Andere glauben daß Plutarch fi bei der Reduction des Daesius und
Lous auf den attifden Kalender geirrt habe, und die Stelung welde bie
macebon. Monate zu feiner Zeit hatten auf Aleranders Zeit übergetragen
habe. Bel Plutarch find allerdings Irrungen möglid. Immer aber nehmen
beide Monate unter fd und zu den Übrigen die nämliche Stellung ein, und
Ideler ſucht (I. S. 404 f.) aus aſtronomiſchen Beobachtungen zu beweiſen
daß die macedon. Monate zu den attiſchen ſchon frühe in der von Plutarch
angegebenen Parallele ſtanden. Da ſich alſo eine Unrichtigkeit nicht nach⸗
weiſen läßt fo halten es Andere, wie Scaliger, Dodwell, Noris und Ideler
für angemeſſener anzunehmen daß beide Ordnungen in den macedon. Monaten
nach einander beſtanden und daß die Verſchiebung der Monate bald nach
Alexanders Regierungsantritt, wonach der Monat Lous vom Boedromion
auf deu Hekatombaeon verlegt wurde, geſchehen ſei. Wegen Moͤglichkeit
einer ſolchen Verſchiebung wird auf Pfut. Alex. 16. verwiefen, wo Alerander
an die Stelle des Daesius einen zweiten Artemisius zu ſetzen gebot und
andere berartige Willkürlichkeiten im Datiren. — Diefe Streitfcage wird darum
bedeutend und zugleich verwidelter weil ſich an fle die richtige Beſtimmung
der Zeit von Alexanders Tod knüpft. Nah Plut. Alex. 3. fällt die Geburt
Alexander in ben Lous und fein Tod (c. 76.) in den Daesius, na feiner
Angabe der Thargelion bei den Attikern. Nun gibt Ariflobul, ein Bes
gleitet und Geſchichtſchreiber Alexanders, an daß Alexander 82 Jahre und
acht Monate alt geworden fei, und die Rechnungen welde nad feiner Ans
gabe ausgeführt werden weiſen auf den Thargelion der Athener, ver fofort
au wieder auf den Daesius zurückkommt und dadurch eine Differenz von
zehn Monaten (nit von acht) bedingt. Mit den zwei oben über bie
parallele Lage der Monate angegebenen Anſichten verträgt ſich die Nachricht
19% Meomekn
Ariſtobuls nicht, denn beide Heibenfolgen führen. auf eine Differenz von zehn
Monsten. Um biefe zu erklären dient die dritte Hypotheſe; denn man hat
fofort nur noch anzunehmen daß Plutarch in ber Rebuction bed Lous auf
den entſprechenden attiihen Monat irrte, well er nit an bie Berfhiebung
dachte die unterbefien eingetreten war. Diefe Hypothefe If fehr künſtlich.
Man Fann baber zu ber von Droyfen aufgeftellten Bermuthung zuridlommen,
welche die oben angeführte verſchiedene Meibenfolge nicht erflärt, jebod die
Frage über die Zeitbeſtimmung von Alexanders Tod bievon und vom ben
genannten Öypstheien trennt und unabhängig macht, nämlih die daß bie
Zahlzeichen H und I entmeber von Brian, welcher die Angabe Arikobuls
überliefest, felbR ober von feinen Ubfchreibern verwechſelt worden ſeien. Bol.
hierüber Ibeler am a. DO. I. &.402 ff. und Hermann am a. D. ©. 102f.
Das macedan. Jahr begann nah Galen. Comment. in Hippocr. Epidem. 1.
und Simpfic. Comment. in Phys. Arist. V. mit dem Monat Dius, der um
die Herbſt⸗Tag⸗ und Nachtgleihe Fällt. Um diefe Zeit Hatte es Die Natur
bes Monpejabrs verloren und mar ein Sonnenjahr geworben. Das macebon.
Jahr war in Folge der Kriege Alexanders in Afien ſehr verbreitet. Es iſt
aber kaum zu erwarten daß bei dem bekannten Zuſtande ver Beitfunte in
der damaligen Zeit das Jahr mit feines Monaten in allen Orten we «8 ein-
geführt war gleihförmig von Macedonien bit Babylon in Anwendung Tam.
Als daher bie Völker bei denen die macedon. Donate gebräuchlich waren
unter römifche Herrſchaft kamen und bei ihnen die Julianiſche Zeitrechnung
(dad Sonnenjahr) eingeführt wurbe fo ergab ſich nicht Hei allen das gleide
Verhältniß zu dieſer. Für die Vergleichung ver Zeitrechnung ber afiatiſchen
Völker mit dem römiſchen Kalender iſt dad Hemerologium Florentinum und
das Homerologium Leidenss (Ioeler I. S. 410. u. Hermann am a. O. S. 8.
Anm. 6.) von großer Wichtigkeit. Wir iheilen bievon Bolgendes mit.
Die nad dem Sonnenjahre georbueten Monate der Afianer (Gräbte
aus dem Bebiet ver ehemaligen pergamenifchen Monarchie) zur Zeit bes roͤm.
Raifeereig find:
Btamen ber Monate. Anfang. Daust.
4) Kawapıos. -» :» . » . 24. September . . 30 Tage.
2) Tdimoe . -» » 2... 2. Dchber. . . Gi m
3) Anasovpoe . » .» : . RM. Rovmbr . . 3 ⸗
4) Ihndaomı . . .: . .» 3. Dembr . . 30 »
3) Amwuo . .» .» . .: . M. Ianunr. . . 89 „
6) Iepoosßaoros. . .» . . 22. Bebrar . . . 30 „
7) Aerauimos . . 24. Min ... Blum
8) Evapalos . . .» . . 4. Usil . ..%0.
9) Erpatonnos » » » :. 2. Mi. ... 8m
40) Exaroußauos. . » . . 24. Suni. ... Mm
11) Amsos. . » »:..838. Yl.... 81 ⸗
12) Anodimes-. -» -» » . . 3%. Auufl -. . . 30 ⸗
Das Jahr der Aflaner beginnt mit der Herbfl-Tag- und Nachtgleiche. Nah
Gorfini Fast. Att. T. IT. p. 464. u. 465. gibt es bei ihnen nod eine an-
dere Bezeichnungsweiſe, wonach die Monate nah der Drbnung der Zahlen
gezaͤhlt werben.
Monate der Ephefier. Hermann führt am a. O. ©. 123 f. aus der
ältern Zeit nachſtehende bei den Cpheſiern gebräuchliche Monate auf und gibt
dabei die beigegebene Parallele an:
1) - 4) unbefamnt. ‘
5) Anarevpser entſpricht ungefähr dem Monat Rosember.
6) —XX v " December.
7 Amcuco⸗ v " a Inu.
8) unbefamnt.
9) "Apreuuncr entſpricht ungefähe dem Monat März.
10) Karauaımr „ " April.
11) u. 12) unbelannt.
Die Namen des fünften und zehnten Monats (Anarovpeor u. Kalauaıay)
And unſicher, ebenfo ihre Stellung. Aus ber fpätern Zeit theilt Ideler 1.
6. 419. folgende mit:
Namen der Monate. Unfang. Oauer.
I) Moe.... . 24—. September. . 80 Tage.
2) Anenaioeæ... 24. Drtober. . . 31 „
3) Abßvraioc . . .» . . MH. Rovember.. 3 „
4) Ileoinos . . » » . . 25. December . . SO m
5) wow .». » .» .» . 24. Jana. : . 9 u
6) Surdimoe - - » 2... 22. Gew. . . 0 „
7) Apreuino - » ».. MM. Min ...S1,
8) Anis » » : : . . MM . . . 80 ⸗
9) IIaruos -. . » .» 2... Mi. ... 9m
10) Aöo . -» » : :.:. MM. Ymi.... 91,
11) Togmaios. . » ».. BB. Ni. ...%0,
12) "Tropßsgeraioe . . .» ..24. Auf. . . or
Die Monate der Bithynier find:
Namen der Monate. Anfang. Dane,
1) Honig . . : : . . 23. September . . 31 Tage.
2) Eoumos -» -» » : . 24. Schober. . . 80 »
9) Moda. .» .» -» . . 23. Rovmir . . 31 „
4) Aommos. .» » .» » . WU. Demi . . A „
5) Hoanleios. . -» » . . 2. Jar. . . 28 5
6) Die » » 0000. 2. Gebr. . . A m
2 Berdidein . . . . . RM. Di ... 80 0
8) Zrvaruos. . .» . : 28. April.... 81 4
9) Tlegidmos. - -» » : - 2. Mai. . . . 80 »
10) Apuos. . » » -» » . 28. Im... . 91m
11) Agygeodino -. -. .» .». - Ali. . ..%0 —⸗
12) Anna . . .» .. 23. Auguſt.. 1,
Für "Eouaros, welche Ledart im Hemerolog. Florent. vorkommt, findet ſiqh
auch "Eonos, ferner "Epos ober "Homog. Statt Berdidaiog findet man au
Beröinios. Nah Hermann (grieh. Monatsk. S. 49.) moͤchte vlelleicht am
Richtigſten Berdidios zu ſchreiben feyn. Für Ilepıszıos findet man auch
Heouneioe, ferner Ilpısmuog, ITegıomos, Ilegoinioc und Tlenaros. Wär
Ageıos findet ſich auch Ab⸗oc, —8 — und Apeos. Statt Houioc kommt
au Iloxions "Epos, "Hoews und Hoeog vor. Vom achten Monat an gibt
Hermann am a. D. ©. 127. die nachſtehende Reihenfolge der Monate:
8) Zrpareos, 9) "Apsıos, 10) IIquimioc, 14) Aypoodinos, 12) Aquijtotoc.
Sienad hat ver Agbıos und Ilegısmiog ober Ilpisnios die umgekehrte Orv⸗
nung. Statt Zrearasog findet man au Zroammyos und Zrparmıog. Welet
glaubt (am a. D. I. ©. 423.) Haß bei der großen Verſchiedenheit ver in
KHeinaflen gebräuchlichen Monatsnamen bald zur Grleihterung des gegen»
feltigen Verkehr in den Städten und Provinzen die Meihede aufgekommeg
fel, die Monate nad den Ordnungszahlen zu bezeihnen, wobei beun das
Sonnenjahr den Anfang von der Herbfi-Tag- und Nachtgleiche nahm. Ebenſo
glaubt er daß ſich bie einzelnen Abweichungen in der Länge ber Donate
ausgeglichen haben, wodurch folgender afgemein giltiger Kalender mean:
\ Pauly, Real⸗Eaceyclop. IV. 119
199 Memela
Yriftobuls nicht, denn beide Heibenfolgen führen auf eine Differenz von zehn
Monaten. Um dieſe zu erklären dient die dritte Oypotheſe; denn man ha
fofort nur noch anzunehmen daß Plutarch in der Mebustion bed Lous auf
ben entfpredenden attifhen Monat irrte, well er nit an die Berfchiehung
dachte die unterbefien eingetreten war. Diefe Hypotheſe iſt ſehr Tünklig.
Man kann daher zu der von Droyſen aufgeftellten Bermuthung zurückkommen,
welche die oben angeführte verſchiedene Reihenfolge nicht erklärt, jenod die
Frage über die Zeitbeſtimmung von Aleranders Tod bievon und von den
genannten Öypstheien trennt und unabhängig macht, nämlich vie daß bie
Zahlzeichen H und I entmeber von Arrian, welcher die Angabe Arikobuls
überliefert, jelbR ober von feinen Abſchreibern verwechfelt worden ferien. Bol.
hierüber Ibeler am a. D. I. S. 402 ff. und Hermann am a. D. ©. 102f.
Das macedon. Jahr begann nad Galen. Comment. in Hippocr. Bpidem 1.
und Simplic. Comament. in Phys. Arist. V. mit dem Monat Dius, ber um
die Herbſt⸗Tag⸗ und Nachtgleihe fällt. Um biefe Zeit Hatte ed die Natur
des Mondsjahrs verloren und war ein Sonnenjahr geworden. Das marebon.
Jahr war in Folge der Kriege Alexanders ir Afien fehr verbreitet. Es If
aber kaum zu erwarten daß ‚bei dem bekannten Zuftanbe der Behfumde In
der damaligen Zeit dad Jahr mit feines Monaten in allen Orten wo eb eins
geführt war gleichförmig von Marsdanien bis Babylon in Anwendung kam.
Als daher die Völker bei denen Die macedon. Monate gebräudlig waren
unter römifche Herrſchaft kamen und bei ihnen die Julianiſche Zeitrechnung
(das Sonnenjahr) eingeführt wurbe fo ergab fich nicht bei allen das gleiche
Verhältniß zu diefer. Für die Vergleichung ver Beitrechnung ber afiatiſchen
Bölfer mit dem römiſchen Kalender iſt das Hemerologium Florentinum und
bad Hemerologium Leidense (Sdeler I. S. 410. u. Hermann am a. O. 6.8.
Anm. 6.) von großer Wichtigkeit. Wir theilen hievon Bolgendes mit.
Die nad dem Gonnenjahre geordneten Monate der Afianer (Städte
aus dem Bebist ber ehemaligen pergameniſchen Monarchie) zur Zeit dei röm.
Raiferreigs find:
Namen ber Monate. Anfang. Daus.
4) Kawapıos. . » . . . 24. Gertember . . 80 Tage.
2) Ti .» -» . .» . . U. October.. BI m
3) Anarovpos » » . . . 24. November . . 31 m
4) Ihadamıı . . . . . 2. Devembr . . 30 ⸗
3) Amann . .» .». .» . . 2. Ianuar. . . 29 „
6) Iapoosßaorıs.. . . . . 2. Bebrar . . . 30 u
7) AgTeuinos 2.2.0. 2. Min... 81,
8) Evayos . . » . . 4. el . »..%0,
. 9) Zrpatonnoe » » » :.: 24. Mi. ...8Bim
40) Eraronßaue. . . . . 24 Suni. . .. 31m
11) Arrsog. 2... WB. ul... . 8m
12) Anodimes-. -. . » » . 2. Aug - . . 30 ⸗ &
Das Jahr der Aflaner beginnt mit der Herbfl-Tag- und Nachtgleiche, Na
Gorfini Fast. Att. T. II. p. 464. u. 465. gibt e8 bei ihnen noch eite Im
dere Vezeichnungsweiſe, wonach bie Monate nach der Ordnung der Zahlen
gezählt werben. de
Monate ver Cpheſier. Hermann führt am a. O. ©. 123f. auf 1
älteen Belt nachſtehende bei den Tpheſiern gebräuchliche Monate auf und 8
dabei die beigegebene Parallele an:
1) — 4) unbelamnt. «
5) Anarevpser entſpricht ungefähr dem Monat November.
6) Iloosıdeor v R " December.
7 —⁊X v T a Januar.
8) unbelannt.
9) "Apreusncr entſpricht ungefähr dem Monat Bär.
10) Kalauamr „ " April.
11) u. 12) unbelannt.
Die Namen des fünften und zehnten Monats (Anarovpeory u. Kalaucıay)
find unſicher, ebenfo ihre Stellung. Aus der fpätern Zeit theilt Ideler I.
©. 419. folgende mit:
Namen der Monate. Unfang. Dauer.
I) A . 2 2020200 24: September . . 30 Tage.
2) Auedlaios . . . . . 2%: Drtsbr. . . 3 „
8) Addvraioe . . . . . 2. Rovmdr . . 31 „
4) Ilomog . . .» . . . 25. December . . 80 "
5) Morpg - -» » . . . 2%. Januar. : . 29 »
6) Zmdınoe -» - -» » . 22. Bebrmar. . . 0 „
7) Apreuins » » :».:.:- M.NMu ... 31-
3) Aa .» » :» :.:. Ma. Mel ... 80
9) TTarıus - » » ».:.. MU. Mi. ...91 ⸗
10) Aöo -» » : » :.. MM. Im. ...941,
11) Togmaios. . » ».. DB. Al. ...80,
12) "Tmspßegeraig . -. .» ._ 24. Auf. . . Bi»
Die Monate der Bithynier find:
Namen der Monate. Anfang. Dautt,
1) Honig . .» » . . 28. September . . 31 Tage.
2) Eoumoe » .» » : . 24. Schober. . . 80 »
3) Moos . . -» . 23. November . . 3 „
4) Aomaos. .» .» » : - 234. Demi . . A „
5) Hoanasiog. -» -» » » . 24. Januar. . . 28 „
6) dos .» » . 2.000. 2. Bebruanr. . . SG m
2 Berdidain . . .» .. M. Di ... 80 0
8) Zrparauos. . » .» -» . 28. April... Mr
9) Tlepudmios. . » » .» . 2%. Ma. . . . 80 -
10) Apauos. . » » » .» . 2. Imi... Mu
11) Ayeodmo . -. .». . .» 2% Juli. . ..%9%0 —
12) Anuneeos . . .» .. 23. Auf... 31,
Für "Epuauos, welche Ledart im Hemerolog. Florent. vorkommt, finbet fi
auch "Eonos, ferner "Epusos oder "Homog. Statt Berdidcios findet man auf
Beröiwiog. Rach Hermann (griech. Monatsk. S. 49.) möchte vlelleicht am
Nichtigſten Beröidios zu ſchreiben ſeyn. Für Ileoısmos findet man au
Tlegısnssog, ferner Ilpıerıos, Ileoıomos, Ileposnıos und Tlenoros. WYür
Ageros findet ſich auch ooc, “Aboapıos und Ageos. Statt Hoaios kommt
auch Ilpaions "Eoos, "Hoews und Hococ vor. Vom achten Monat an gibt
Hermann am a. D. ©. 127. vie nachſtehende Reihenfolge der Monate:
8) Zrpareos, 9) Agsıos, 10) IIqiinios, 11) Agoodinos, 12) Munjtoroc.
Hienach hat der Agbuog und Ilegıemsog oder Ilpisniog bie umgekehrte Orb»
nung. Gtatt Zzoaresog findet man auf Zrparnyıos und Zrgamıog. Weler
glaubt (am a. O. 1. ©. 423.) daß bei der großen Verſchiedenheit ver tn
Kleinaflen gebräudligen Monstönamen bald zur Grleichterung des gegen⸗
feitigen Verkehrs in den Städten und Provinzen die Meihede aufgefommeg.
fei, die Monate nad ben Debmungesahlen zu bezeichnen, wobei denn das
Sonnenjahr den Anfang von der Herbſt⸗Tag⸗ und Nachtgleiche nahm. Cbenſo
glaubt er daß ſich bie einzelnen Abweichungen in der Länge ber Monate
ausgeglichen haben, —8 folgender allgemein giltiger Kalender entſtand:
Bauly, Keal⸗Oucyclop. IV. 115
1826 Mamsis
Unfang. Dauer.
Erſter Monat . . . . 24. Geptember . . 30 Tage.
Zweiter m 00. 24. Dctbr. . . 30 m
Dritter „ 2020.23 November . . SL 4
Virtr m 000. 24. December . . 30,
Zünfer „ 23. Januar . . . 30
Sehtter m 22. Schwan. . . Au
Giebenter „ 25 Din 81
Achter 25. Apıil . . . 30 m
Neuntr m 25. Mi. . . . 30 „
Kehnter, 24. Juni.... 31 ⸗
Eile m 25. ui. ...98ım
”
Sudlfer » . . 285. Auuf . . . 80
Die Gründe melde für biefe Annahme ſprechen entwidelt er ©. 423 ff. Dal
in Kleinafien gebräuchliche Kalender⸗Syſtem nahmen au bie Kreter un
Koprier an. Die Monate der Kreter find:
Samen der Monate. Anfang. Dauer.
1) Osouogopnr . . . . 23 September . . 31 Tage.
2) Eguaio . . .» .» . 24. October. . . 80 m
8) Eu. . . 2 2.2.23 Nom . . 3 „
4) Mertopoo . . » . . 2%. Dambr . . 3 5
5) Av. » » 2... 2%. Inu. . . 38 5
6) Aoanoven .» . » . . M. Eebrunr. . . 3 or
7) Oeodoao. :» » .» . . 24. Din ...30 u
8) Ile . .». . .:. 0.2. Ar . . 31 u
9) PBrdın. -»- -» » : . 24. Mi. . ..980 u
10) "Trepßeperos. . . . . 23. Juni... . 1 u
11) Nwaos . . » ».:. 2. ul... .830,
12) Baoiıos . .. » .» 23. Aug . . . Se
Die Abfchnitte der Zelt ſtimmen vollkommen mit den Monaten der Bitfgnirr
überein. Wahrſcheinlich Ik ver Name des dritten Monats nicht richtig. Bi
ev aber geheißen hat if nicht zu ermitteln. Den Namen bes ſlebenten Re
nats Oeodono; wollen Einige auf Osodainog verbeſſern.
Die Monate der Kyprier fin:
Stamen ber Monate. Anfang. Dauer.
1) Aypodinog . . -» . . 23. September . . 31 Tage.
2) Anoyonnog . .» » - . 24. October. . 30
3) Amos . 2 2 2.0.23. November . . 3 ⸗
a) Im .- . .:.. . 2. Demtan . . 31 »
5) Kawagıos. . -» -» » - %. Januar. . . 2383 ⸗ |
6). Seßaardge -. . -. -» .» . 2. Gewar. . . 30
7) Avtoxparopws . . . . 23. air ... 31 8
8) Annapysbovnos 2.2.23. Al . . 31
9) IWnbovnceroo...... 4. Mai.... 30 u
10) Apyepeds -. -» - -» . 23. Ini. ... 1m
11) Erdos . .». » :» -. MH YUli....980 ⸗
12) Pouaiog . . . 23. Auuf . . . 1.
Endlich die Donate ver Araber, welde nad) dem Hemerologium Di
Form der alexandrinifen hatten:
Stamen ver Monate. Anfang. Dauer.
1) Xanthicus. . .» . . . 22. Min . . . 30 Tage.
2) Artemis - - . . . 21. rl . ..930 0%
8) Daesim . . ». » 294. Mi. . .. 30 ⸗
4) Pnemus . -. . » » . 20. Iumi. . ..%90%,
—— 182%
Namen der Donate, Anfang. ‚Dauer.,
Lou . . . 2.2.0.2. Suli. - . . 80 Tage.
6) Gorpieus . . . . . 39. Augufl . . . 30 m
7) Hyperberetaeus . . . . 18. September . . 30 »
8) Dus ® .. .....438 Sttber . . 30 „
9) Apellaeus . . . . . 17. Novmlr . . 30 „
10) Audynaeus . . . . . 17. Demdber . . 30 ⸗
11) Periius . . -. . ...36. Januar. . . 30 ⸗
12) Dystrus . . . . . 835. Sera. . . 80
Epagomenoi . . . . . 17. BRän ... In
Weiteres f. in Ideler's Handbuch der matbem. und techn. Chronologie 1.
©. 227 ff. und in Hermann's Schrift „‚über griech. Monatöfunde und bie
Ergebniffe ihrer neueſten Bereicherungen““ (Böttingen 1844. 4.)*. [O.]
Mensor oder metator, 1) ber ältere Name für agrimensor (Bo. 1.
S. 271.) oder Feldmeſſer. Diefer Stand zerfiel in der Kalferzeit in Lehrer
der Geometrie (Dig. L, 13, 1. pr.) und praftifhe Geometer (Golum. V, 1.);
die Erſten waren fowie ihre Schüfer von allen bürgerlien Laflen befreit
(Cod. Just. X, 64, 2.); daß fie aber spectabiles u. clarissimi geheißen
hätten (f. Bd. I, ©. 271.) tft nit zu glauben. Oft gehörten bie Feld⸗
mefler dem Milttärftand an, Hygin. bei Boöf. p. 209. Orelli inser. 3225,
3262. 3452. 4031. 4570. Wichtig waren fle in juriſtiſcher Beziehung bei
Prozeſſen über Grundflüde, nemlih wo ed auf Ausmittlung der Grenzen,
auf deſtſtellung des Flächengehalts u. dgl. anfam. In der einſachen actio
finium regundorum, wo es fih nur um bie Grenze handelte, entſchieden bie
Menforen allein; wo es fi aber de loco u. de proprietate handelte, bildeten
bie Menforen nur ben technifhen Beiſtand der Richter und Parteien, indem
fie Gutachten ertheilten. So hatte fon lex Mamilia (oben S. 985.) bes
ſtimmt und fo blieb es feinen Grund,ügen nach auch in der Kaiferzeit; erſt
Juſtinian hob die richterliche Thätigkeit der Menforen ganz auf und befchräntre
fe auf Gutachten; f. Frontin. u. Agg. b. Goẽëſ. p. 43. 64. 75. 77. 79. ete.
Gafflov. var. III, 53. Dig. X, 1. Cod. J. Ill, 389. Cod. Th. II, 26. Dig.
X, 6. &t.: &. U Roſen, fragm. Gaii de iure confin. Lemgo 1831.
®iraud, recherches sur le droit de propriet6 chez les Rom. Aix et
Paris 1838. I, p. 97—155. Muborff, üb. d. Grenzſcheidungsklage in Sa⸗
vigny's Zeitſchr. f. geſch. RW. X. S. 343—437., namentl. ©. 412-429. —
2) mensor ober metator castrorum. So bie der Tribun und
bie Genturionen welche mit der Abſteckung bes Lagers beauftragt waren (casira
metari iussit, scil. der Feldherr, oft bei Liv.), f. Bo. II. S. 209. Veget.
I, 7. Cic. Phil. X1, 5. Lucan. I, 381. Orelli inser. 3473. Banziroll, ad
not. dign. or. c. 66. Galmaf. ad Lampr. Sev. Al. 41. Du Fresne, gloss.
h. v. Kellermann, vigiles p. 18, Anm, 1.— 3) Mens., au metatores
u. motati hießen felt Diocletian die Faiferl. Quartiermeiſter oder Meife-
Bouriere, welche unter dem magister officior. ftanden und vacatio munerum
graviorum hatten. Cod. Theod. VI, 34. VII, 8. XII, 28. 41. Dig. XXVII,
1, 26. L, 6, 6. Cod. Just. XII, 60, 10. Not. dign. or. c. 10. und
Panziroll. ad 1. I. c. 65. — 4) mens. frumentarii, Unterbeamte des
praefectus annonae, welche das anfommenve Getraide zu meſſen und in.bie
Offentlihen Magazine zu bringen hatten. Cod. Theod. XIV, 9, 9. (vgl. XI,
14, 1.) 15, 1. Dig. XXVII, 1, 26. XLIX, 16, 12. 6.2. Oreli inser.
3923. 4109. (mensores frumentarii Cereris Aug.) 4245. ** — 5) mensor
.* Day ift neueſtens gelommen Th. Berge, Beiträge zur griech. Monatekunde,
Sießen 1845. [W.T.]
Wenn die Infchriften auf weihen Mensores machinarii F. P. geleſen
1088 Mensen
heißt au f. v. a. Architekt (mensor aedificiorum), f. b. Berta und Drei
8223. Vol. Dig. XI, 6, 7. 6. B., wo neben den mensores auch ber arch-
toctus abgebankelt if. [R.)
Mensur® est quidquid pondere, capacitate, longitudine, altitudine,
latitudine animoque finitur, heißt es bei den auctt. de limnm p. 290. Goes
Der weitefle Begriff des Wortes umfaßt aljo was wir zu bezeichnen pflegen
mit dem Ausdruck, Maaß und Bewidt.” I. Das Maaß in dieſem Aut:
drucke if aber 1) Längenmaaß, 2) Flächenmaaß, 3) Körpermaag, un
war dad Körpermaaß a) des Trodenen, und h) bed Flüſſigen. I. Dat
ewicht if entweber 1) das für alle Begenflände überhaupt gebräud:
Use d. 5. allgemeine, ober 2) das Gewicht ver Mänzen. Unveraͤnder⸗
Ude und mit größter Genauigkeit befkimmte Normalmaaße hat erſt die Nu
zeit aufzuweiſen; nicht fo bie Völker der alten Welt. Denn beim Leim der
elten Schriftfleller wird ed gewiß jedem unbefangenen Forſcher im Allge
weinen nicht entgehen, daß bie im Altertum gangbaren Maaße bei Weiten
nicht fo genau beſtimmt waren als dieſes in ber neueflen Zeit geſchehen if,
daß alfe bei den Alten ganz ſcharfe Beſtimmungen ſchon deßhalb nit zu
oxwarten find weil fie die Dimenflonen der gemeflenen Gegenflände meifen!
une in runden Zahlen angeben. Außer den claffifhen Autoren im Alge
meinen, namentli den Hiſtorikern und Geographen, befigen mis zur Er
kenntniß dieſes Gegenſtandes noch folgende fpezielle Quellen. a) bie zerſtteuten
Notizen der Girammarifer und zwar ſowohl der Lexicographen als der fogen.
Scholieſten; b) eine Anzahl meizologifcher Abhandlungen aus ben ſpaͤtem
Zeiten 6 griech. und roͤm. Alterthums, c) übrig gebliebene Denfmäle i
weldden Gewichte und Maaße dargeſtellt find. Unter lit. b gehören 1) die
Heinen wmotrologifhen Schriften, deren Sammlung in den Merken det Gale
aus (T. XIX, ed. Kühn, T. XIII, od, Chartier) aufbehalten if*; das Erfe
Darunter IR das was aus den Koounzixois der Kleopatra, ſchweirlich der
Aönigin, exterpirt if, ſowie dad erfie Städ weg: nirewr vronr, und bei ii
Dioskoriues; 2) ein aus guten Quellen geſchoͤpftes Schrificgen in den Ana
Inclis Gransis der Benediciiner, p. 393 ff. aus Cod. reg. Nr. 3284., welhet
au DMentfaucon in feiner griech. Baldographie p. 369 ff. wieberholt bat:
8) eine dem Epiphanios zugefähriebene aber unzuverläßige Schrift über Ro
und Bericht, und ebendeſſelben Abhandlung zepi mnAxornTog neroar, WER
in Lemoine's Variis sacris und von Jomard in feinem metrifchen Syſteme Di
Aegyptier gegeben wurde; 4) die unter dem Namen Seron eurfirenden metrols
Säriftn**; 5) das von Angelo Mai ald Anhang zu den von ihm herandge
— —
wird Oreni Nr. 1567. 4235.) mit Frumenti publioi zu erklaren find (f. Mer
Ati dei fratri Arvali II. p. 552.) und nicht (mit Wisconti, ſ. Oreili) Forl Pisa
fo wären bie mens. mach. identifh mit den mens, frumentarli. Dig. X], 6!
5. 1. wird indeffen ber mens. mach. von ben mensoren acdifieii, framenü;
(vgL ib. 4, 5. 2.) unterſchieden. Iebenfand bildeten Pie mens. mach. eine lezen
Gosporation (Drelli 4107. 1567. qvibus ex SC. coire licet.). [ W.T.] ’
® Mit Ausnahme einiger minder guten findet man dieſe Schriſtchen auch
9. Gtephaund’ Thesaur. Ling. Graecae Tom. IV. p. 214 ff., doch in amberer Der
9% Unter Heron's Namen if eine metrologifche Schrift im micht wenigen *
auf und gekommen, aber nur Bruchteücke find bis jetzt herauſsgegeben, Die maH *
del Joſ. Gealiger (de re nummaria), bei Galmafind (Exereitt, Plinz. 8. in fein
wei Schriften gegen Petavins), bei I. Br. Gronovins (Peounia vetes), —*
— (Disconrse en the Roman Foot and Denarins). Das bebentendfit nen
haben Die Wenebiötiner in Dem Analectis Graecis and einer voltänbig erbel
Geometrie des Heron (Cod. reg. Nr. 2724.) herausgegeden, Man muß ®
De werfiebenen Stace melde dem Heron zugefchrieben werden wohl muterf@@
Das von ben BWenedikiinern herausgegebene enthält agemeine Wetradtuntn
Der Usherfchrift "Elguege cmruygi, einfach uud serhältuißenäßig Wariih A
gebenen Hiadis fragmentis et picturis zuerſt bekannt gemachte Werkchen, bas
ven Titel führt: Advuov "AAsfardodos usroa uapıapar xl nartoior EuAer,
und in den Notizen über Maaß und Gewicht mit Heron übereinflinmt. Alle
dieſe griech. Schriften ſtammen übrigens aus der Kaiferzeit und müſſen, wenn ihre
Notizen auf ältere Zeiten angewendet werben follen, mit großer Vorſicht ge⸗
braucht werden. Das Nämlihe ift au bei den Tat. Schriften über Maaß
und Gewicht der Hall, indem viefelben, beſonders was das Griechiſche betrifft,
große Mißverftändnifie enthalten. So namentlich die beiden nod vorhandenen
Schrifichen des Grammatikers Priecianus, von denen dad eine in Proſa ab»
gefaßt iſt (de figuris et nominibus numerorum et de nummis ac ponderi-
bus ad Symmachum liber), das andere aber in 208 Verſen de ponderibus
et mensuris handelt, am beften ebirt von Wernsdorf in ben poett. latt. minn.
V, 4, 212 ff., und im $. 1828 von Endlicher in Wien. Zu den außerhalb
ber Literatur flebenden für Metrologie quellenmäßigen Denfmalen bed Alter-
thumd gebören Gebäude, Maaßſtäbe, Gefäſſe, Gewichtſtücke und Münzen. ®
— linter den vielen Hauptfragen welche ſich in dieſem Zweige ver Alter
thumswiſſenſchaft aufdrängen müſſen folgende zwei vorangeflellt werben, näm⸗
lich: a) Woher hatten die Griechen und Römer ihr Maaß und Gewicht,
allein von fich oder urſprünglich von Fremden? — b) find Maaß und Ge
wicht der Alten von einander abhängig oder unabhängig? — In Bezug auf
die erſte Frage (a) fuhr A. Böckh in feinen metrologifchen Unterſuchungen
(Berlin 1835) zu beweifen, 1) daß das Gewichtſyftem der Briechen welches,
als ein zegelmäßiges, nachhomeriſch iſt, babyloniſchen Urfprung babe; 2) daß
mit dem Syſtem der Babylonier feit uralter Zeit das ägyptiſche Syſtem zu=
fammenbänge, und 3) baß, da bie Babylonier ſchon frühe aſtronomtſche Be⸗
obachtungen anftellten, alſo Zeitmeſſung nötbig Hatten, welche durch Waſſer
ſtatifand, die aſtronomiſchen Beobachtungen der ſternkundigen Prieſterſchaft
der Babylonier und Aegyptier das Fundament der erſten genaueren Beſtim⸗
mung der Maaße und Gewichte gegeben haben; 4) daß das metrologiſche
Sofem ver Babylonier durch den Handel an bie nächſten Küftenlänber am
Mütelmeere verbreitet wurde, indem die Phönizier für Griechenland auch
bierin ebenfo die DBermittelnden waren, wie fie den Hellenen die Buchſtaben⸗
ſchrift brachten. — Indem aber daB unter Mr. 3. Angeführte einen uralten
Zuſammenhang des Klüffigkeitömanges mit dem Gewichte wenigſtens wahr
ſcheinlich macht, ſo gewinnt Böckh conſequent auf dieſem naͤmlichen Wege
auch noch das weitere Reſultat, daß er auf die Frage lit. b antwortet: das
Gewichtſyſtem if die Grundlage des Maaßſyſtems. Doch ermäßigt er ſelbſt
die Allgemeinheit dieſes Satzes ſo, daß er ihn nur auf Griechen und Roͤmer
anwendet, indem er ſagt: Wenn die röm. Maaße und Gewichte aud dem
Grlechiſchen beſtimmt wurden, was vom Gewichte feſtſteht, ſo konnte von drei
verſchiedenen Punkten ausgegangen werben, 1) vom Laͤngenmaaß, 2) vom
Körpermanß, oder 3) vom Gewicht. Unſtreitig aber war ein feftes und reines
Verhaͤltniß der Gewichte das Bebeutenbfle, weil fie der Maafiftab ver Metalle,
vorzüglig der edeln, und des Geldes felber Ind. Verſtändigerweiſe mußte alfo
vom Bewichte ausgegangen werden. War au das erfie Gewicht im Mor⸗
genland ohne Zweifel nah dem Waſſergewichte eines beflimmten Körper⸗
maaßes feflgefeßt: fo mußte doch bei Uebertragung der Maaße und Gewichte
— — —.
—
das bei den Benedd. p. 312 folgende, im bein matbematifchen Gtile abgefaßt, findet
fh auch Hei Didymus mac) 0. 13. und iſt fberfchrieben zegs südvunergimär. Außer
Dlefen beiten Partien findet fi dann als @inieitung und Zufammenfigung noch
waudes Undere aus fpäterer Zeit, im ſchlechter Darfiellung und von geringem MBerthe.
BöEH, metrol. Unterf. hat am verfchiedenen Stellen Die wichtigften Ueberreſte
dieſer Art ausführlich beſprochen und genau angegeben,
1088 Meonsusn
beißt au f. v. a. Architekt (mensor aedificiorum), f. b. Lexika uns Drei
8223. Ne, Dig. XI, 6, 7. 6. R., we neben den mensores aud ber archı-
tectus abgehanpekt il. [R.)
Mensnre est quidquid pondere, capacitate, longitudino, allitudine,
lstitudine animoque finitur, Heißt ed bei den auctt. de limnm p. 290. Goes.
Der weitefle Begriff des Wortes umfaßt aljo was wir zu bei pflegen
mit dem Auedruck, Maaß und Gewicht.“ I. Das Maaß in biefem Aut
brude if aber 3) Längenmaaß, 2) Flächen maaß, 3) Körpermaaf, m
zwar das Körpermanß a) des Trockenen, und h) bes Flüſſigen. I. Dat
Brwiät if entweher 1) das für alle Begenflänve überhaupt gebräuf-
lie b. 5. allgemeine, oder 2) das Gewicht ker Münzen. Lnveränes
liche und mit größter Genauigkeit beftimmte Normalmaaße hat erf die Nu
zeit anfzumelfen ; nicht fo die Völker der alten Welt. Denn beim Leim ve
alten Schriftfleller wird ed gewiß jedem unbefangenen Forſcher im Age
weinen nicht entgehen, daß die im Altertum gangbaren Magsße bei Weiten
nit fo genau befimmt waren ald dieſes in ver neueften Seit geſchehen ik,
daß alfe bei den Alten ganz ſcharfe Beſtimmungen ſchon deßhalb nicht zu
oswarten find weil fie die Dimenflonen der gemeflenen &egenflänbe meiſtent
nar in runden Zahlen angeben. Außer den claſſiſchen Autoren im Age
meinen, namentlih den Siftorifern und Geographen, befigen wir zur (r
kenntniß dieſes Gegenſtandes noch folgende ſpezielle Quellen. a) bie zerireutn
Motigen der Grammaiiler und zwar ſowohl ber Rericographen als ver fagm.
Scholleſten; b) eine Anzahl metrologifher Abhandlungen aus ben dm
Zeiten des griech. und röm. Altertbums, c) übrig gebliebene Denkmaler I
weldien Gewichte und Maaße vargeftellt find. Unter lit. b gehören 1) die
Heinen weitrologiſchen Schriften, deren Sammlung in ben Werlen des Gele
au8 (T. XIX, ed. Kühn, T. XII, ed. Chartier) aufbehalten iR ®; dad Behr
darunter IR das was aus den Koaunzixois der Kleopatra, ſchweillch da
Königin, exeerpixt iR, ſowie das erfie Std wepi uirgos yyoar, und dal hl
Dichlerines; 2) ein auß guten Quellen geſchoͤpftes Schrifichen in den Ans
Inchis Graneia der Benedictiner, p. 393 ff. aus Cod. reg. Nr. 3284., meldet
ud Merifaucon in feiner griech. Valäographie p. 369 ff. wiederholt hi;
8) eine dem Epiphaniss zugeſchriebene aber unzuverläßige Schrift über Ru
und Bericht, und ebendeſſelben Abhandlung eo mnAsxorntog uere®r,
in Lemoine's Variis sacris und von Semarb in feinem metrifchen Syſteme M
Aegyptier gegeben wurde; 4) bie unter dem Namen Heron eurfirenden metrolgg.
Säriftn®*; 5) das von Angelo Mai als Anhang zu den von ihm herandge
— —
wird (Drei Nr. 1567. 4235.) mit Frumenti publici gu erklären find (f. Burke
Atti dei fratri Arvali II. p. 552.) und nicht (mit Bisconti, f. Oreili) Fori 5
fo wären bie mens. mach. identiſch mit den mens, frumentarii. Dig. X, 6 ii
$, 1. wird indeffen ber mens. mach. von den mensores aedifiell, frumenli, !
(ugL. ib. 4. 5. 2.) unterfcieden. ebenfalls bildeten die mens. mach. eins l#t
Gosporation (Drelli 4107. 1567. qvibus ex SC. ooire licet.). IW. T] is
® Mit Uusnahme einiger minder guten findet man biefe Schrifichen *
H. Stephauus Thesaur. Ling. Graecae Tom. IV. p. 214 ff., doc In anderer De.
9° Inter Heron’ Namen if eine metrologifche Schrift im nicht werigen ev
auf und gefommen, aber nur Bruchiiäde find bis jetzt beramögegeten, Die BL rn
del Joſ. Gealiger (de re nummarin), bei Galmafins (Exereiti. Plinz. 5. in , pe
une Schriften gegen Petavins), bei J. Ir. Sronovins (Peounia vetes), © m
reaves (Discourse en the Roman Foot and Denarins). Das *
haben die Benedietiner in den Analeotis Graccis and einer vollſtäudis —5 —
Geometrie bed Heron (Cod. reg. Nr. 3724.) herausgegeden, Mau maß #
De verſchledenen Stacke weiche dem Heron zugeſchrieben werben wohl gain
Das von ben Benediktinern herausgegebene enthält allgemeine ee te
der Ueberſchriſt Hovvoe curuyai, einfach und ver Wake
3äomurs 1089
gebenen Hiadis fragmentis et picturis zuerſt bekannt gemachte Werkchen, das
ben Titel führt: Ardvnov ’Asbardodos uerpa uapuapwor nal narteior Euler,
und in den Notigen über Mach und Gewicht mit Heron übereinflimmt. Alle
biefe griech. Schriften ſtammen übrigens aus der Kaiferzeit und müflen, wenn ihre
Notizen auf ältere Zeiten angewendet werben follen, mit großer Vorſicht ge⸗
braudt werden. Das Nämlihe ift au bei den Tat. Schriften über Maaß
und Gewicht der Hall, indem viefelben, beſonders was dad Griechiſche betrifft,
aroße Mißverfiändniffe enthalten. So namentlich die beiden noch vorhandenen
Schriftchen des Grammatikers Priscianus, von denen dad eine in Proſa ab»
gefaßt if (de figuris et nominibus numerorum et de nammis ac ponderi-
bus ad Symmachum liber), das andere aber in 208 Berfen de ponderibus
et mensuris handelt, am beflen ebirt von Wernsborf in den poett. latt. minn.
v4, 2312 ff., und im 3. 1828 von Endlicher in Wien. Zu den außerhalb
der Literatur ftehenden für Metrologte quellenmäßigen Denfmalen des Alter-
thums gehören Gebäude, Maaßſtäbe, Gefälle, Gewichtſtücke und Münzen. ®
— Unter den vielen Hauptfragen welche ſich in dieſem Zweige ber Alter
thumswiſſenſchaft aufdrängen müſſen folgende zwei vorangeflellt werden, näm⸗
lich: a) Woher hatten die Griechen und Römer ihr Maaß und Gewicht,
allein von fich oder urſprünglich von Fremden? — b) find Maaß und Ge—
wicht der Alten von einander abhängig oder unabhängig? — In Bezug auf
die erfie Frage (a) ſucht A. Böckh in feinen metrologiichen Unterſuchungen
(Berlin 1833) zu beweiſen, 1) daß dad Sewichtiuflem der Griechen melde,
als ein regelmäßiges, nachhomeriſch ift, babyloniſchen Urfprung babe; 2) daß
mit dem Syftem der Babylonier feit uralter Zeit das ägyptiſche Syſtem zu»
fanmenhänge, und 3) daß, da die Babylonier ſchon frühe aſtronomiſche Be⸗
obachtungen anflellten, alio Zeltmefiung nöthig Hatten, welche durch Wafler
flattfand, die aſtronomiſchen Beobachtungen der ſternkundigen Priefterfchaft
der Babylonter und Aegyptier das Fundament ver erften genaueren Beſtim⸗
mung ber Maaße und Bewicte gegeben haben; 4) daß das metrelogiſche
Soſtem der Babylonier dur den Handel an die nächſten Küſtenländer am
Mistelmeere verbreitet wurde, indem die Phönizter für Griechenland aus
bierin ebenfo die Dermittelnden waren, wie fie den Hellenen die Buhflaben-
ſchrift brachten. — Indem aber daB unter Nr. 3. Angeführte einen uralten
Zuſammenhang des Plüffigkeitsmaages mit dem Gewichte wenigſtens wahr⸗
ſcheinlich macht, fo geminnt Bödh confequent auf diefem naͤmlichen Wege
au noch dad meitere Mefultat, daß er auf die Frage lit. b antwortet: das
Gewichtſyſtem iſt Die Brundlage des Maaßſyſtems. Doc ermäßigt er ſelbſt
bie Allgemeinheit dieſes Sapes fo, daß er ihn nur auf Griechen und Nömer
anwendet, indem er jagt: Wenn die röm. Maaße und Gewichte aud bem
Griechiſchen beflimmt wurben, wa® vom Gewichte feftfieht, fo konnte von brei
verſchiedenen Punkten außgegangen werben, 1) vom Längenmaaf, 2) vom
Körpermaaß, oder 3) vom Gewicht. Unſtreitig aber war ein feftes und reines
Verhaͤltniß der Gewichte das Bedeutendſte, weil fie der Maaßfiab ver Metalle,
vorzüglich der eveln, und des Geldes felber Ind. Verſtändigerweiſe mußte alfo
vom Gewichte audgegangen werden. War auch das erfle Gewicht im Mor⸗
genland ohne Zweifel nah dem Waflergewichte eines beftimmten Körper:
maaßes feflgefegt: fo mußte doch bei Uebertragung ber Maaße und Gewichte
—
das bei ben Benedd. p. 312 folgende, im beſten mathematiſchen Stile abgeſaßt, findet
fich auch bei Didymus naqch o. 13. und if Überfchrieben zzepl to Muue roiuy. Außer
dieſen beiden Partien findet ſich dann als Einleitung und Bufammenfügung noch
nn en en er * F ſchlechter Darſtellung und von geringem Werthe.
metrol. » bat an verfchiebenen Stellen bie wichtigften Ueberreſte
biefer Urt ausführlich beſprochen und genau angegeben, Ara
- MR _[£[{___
{880 Komsure
von einem Volle zum andern vorzugswelfe und zuerfl bad Gewicht beſtinm
werben. Aus dem Verhältniß des Gewichtes folgten dann die Körpermaaße
(Bei den Römern 3. B. werben für alle KRörpermaaße immer die Gewichte
angegeben), und aus bem Körpermaaße endlich wurbe ber Längen: Zuf be
ſtimmt. Demgemäß hatten vie Alten die Gewichte fowohl trodener Waaren,
welche mit Körpermaaß gemeffen werben, als vorzüglich der Flüſſigkeiten ge
nau beftimmt, namentlih des Waſſers, Weines, Dels, Honigs, Eifige. Das
Gewicht der Amphora Wein wird befländig zu 80 röm. Pfunden angegeben,
dad Gewicht des Dels im Verhältniß zum Wein wie 9 : 10, der Wein fickt
zum Sonig wie 20:27. Rab diefen Beſtimmungen wurden alsvann die
Berichte für die verſchiedenen Maaße angefept, und ed hielt 3. 2.
bie Amphora 72 Pfund Del, 80 Pfund Wein, 108 Pfund Honig;
der Chus 9 Pfund Del, 10 Pfund Wein, 13'/, Pfund Honig;
ber Kostes 18 Lingen Del, 20 Unzen Wein, 27 Unzen Honig;
bie Kotyle 9 Unzen Oel, 10 Unzen Wein, 13'/, Ungen Honig.
In diefen Beſtimmungen nahmen die Alten das Waſſer⸗ und Weingeridt
für glei, obwohl fie mußten, daß Waffer und Wein nicht fepledhihin gleidet
Gewicht Haben, und daß ein Wein ſchwerer als ber andere fei; für
den fißerfien Maaßſtab aber hielten fie das Regenwaſſer. Pfunde unt
Unzen, welche dur ſolche Körvermanße beflimmt wurden, heißen metriſche
Pfunde und metr. Unzen, im Gegenſatz der ſtathmiſchen, d. h. der durch die
Waage ganz genan beſtimmten. Daß Übrigens im Alterthum die Gewichte
ber Flüſſigkeiten nicht mit heutiger Genauigkeeit beſtimmt wurden, kann man
ohne Bedenken annehmen; dad Berhältnig des Waſſers ober Weins zum Oel
mie 10:9 gibt hinlänglichen Beweis, da ed offenbar zu rund If. So fel
bei den Roͤmern, bei melden ſich ganz ausgemaht das Körpermaah nıd
dem Wafler- oder Weingewichte richtet, das Quadrantal (db. 5. ein Kubil⸗
Fuß) Megenwaffer 80 römiſche Pfunde wiegen: nah den wahrſcheinlichſen
Werthen des rom. Längen» Fußes und des röm. Pfundes trifft dieſes aber
nicht vollfommen zu. Jevdenfalls Haben invefien die Römer das Verhãlmiß
bes Koͤrpermaaßes zum Gewichte nicht erfunden; und man gelangt nur bamn
p -einem organiſchen Syſteme von Maaß und Gewicht, wenn man jenes
erhältniß als uralte Ueberlieferung annimmt welche die Morgenländer ten
Griechen, dieſe den Römern überbrachten. Mit dem Syſtem der Babplante
bing ſeit uralter Zeit das ägypiiſche zuſammen. Daß die Hellenen die Ein
tbeilung des Tages in 12 Stunden und die Mittel der Zeitrechnung außer
dem Wafler, nämlih den Polos und den Gnomon, von ben !Babnlonim
erhalten haben, fagt ganz beftimmt Herod. II, 109.; umd aud Hier mitt
phoͤniciſche Vermittlung anzunehmen feyn. Um fo weniger parabor mi
man e8 finden wenn das geregelie Maaf und Gewicht, und namentlih au
das Verhaͤltniß beider durch die Maaße und Gewichte des Waſſers von ir
Babyloniern hergeleitet wird, da beſonders juſt das Waffermaaß eben auf
ein Mittel der Zeitmeffung und zwar ein ben Babyloniern befannted war
Mna oder Mine, bei den Griechen ein Ausdruck für Geld und Gewicht,
ein Galväifch-ägyptifches Wort, und bei den alten Aegyptern ein Ausdru
für Flüſfigkeitemaaß, ohne Zweifel au für Gewicht: moraus ebenfalle nr
uralter Zufammenhang des Flüſſigkeiismaaßes mit dem Gewichte wenigRen
wahrfcheinlih wird. — Das regelmäßige Gewichtsſyſtem ber Griechen. Ph
nachhomeriſch, Indem Homer fogar mit dem Worte zadarzor, welches *
griechiſch iſt, nur einen unbeſtimmten, allgemelnen Begriff verbindet. DH N
von Argos, veffen Herrſchaft wahrſcheinlich im erflen Menſchenalter ſeit nn
Dlympladen-Zeitreänung beginnt, bat zuern Geld geihlagen und ben Gt go
Gewicht und Maaß geregelt. Pheidond metrifches Syſtem war aber In *
zug auf Geld und Gewicht, und ebenſo auch In Bezug auf das Koͤrperm
Memsurs 1881
fein anderes als das babyloniſche, wofür die Phönicier pie Bermütler waren.
Derfelbe zog, wie die Pariſche Chronik fagt, die alten Maaße ein und
machte neue, und zwar für den Peloponned; er lich auf Aegina das erfle
Silber prägen, wie einfimmig erzählt wird; f. O. Müller Aeginetica p. Sf.
und Weiffenbornd „Hellen“ S. 1—86. Diefer Pheidon, aus dem Geſchlechte
ver Herakliden, feierte auch als Agonothet die olympiſchen Spiele; vom olym⸗
yiiden Stabium hängt der olympiſche Buß, dad Normalmaaß der Griechen,
ab (er war angeblih der Buß feines Ahnherrn): Nichts Liegt näher als daß
auch die Beflimmung des Fußes zunähft von Pheidon Herrührte und mit
feinen übrigen Beflimmungen nahe zufammenhing. Pheidoniſches Maaß und
Gewicht iſt nach dem ganzen Inhalte der Erzählungen über Pheidons Neue»
ungen ofienbar Kein anderes als das äginäifche; das äginäiſche Gewicht if
aber augenſcheinlich babyloniſch, d. h. das äginäiſche Talent wiegt, mie das
babyloniſche, 10,000 Soloniſche Dramen, mie aus Pollur Onom. IX, 76.
86. zur Benüge erhellt. Pheidon herrſchte ferner unftreitig au in Korinth,
und ſchlug den Korinthern die erfte Münze (ſ. D. Müller 1. 1.); es muß
daber feit jener Zeit daſelbſt äginälfches Gewicht gegolten haben; und Gronov.
(Pecun. vet. III. 3. p. 136.) feeint, wenigflens für die Ältefle Zeit, das
Korintbifche- Belo»-Talent mit Recht dem äginäifhen gleih zu ſetzen; vgl.
Gellius N. A. I, 8. Der olympifche oder griechiſche Längenfuß, welche beis
ben Ausdrüde ganz glei find da es einen andern griechiſchen als den olym⸗
piſchen nicht gibt, if der Buß des olgmpifchen Stadiums, welches Herakles
mit feinem eigenen Buße auögemeflen haben fol (Gell. I, 1. Iſidor. XV,
16, 3.). Diefer Sage zufolge könnte man die Uebertragung des Eleineren
morgenlänvifchen Fußes nah Dlympia in die mythiſchen Zeiten feßen. Aber
näber liegt e8 daß Pheidon, ala Agonothet der Olympier, den alten olym⸗
piſchen Fuß oder den angebliden Buß feines Ahnherrn Herakles, der dem.
Eeineren morgenländiſchen Buße oder 2), Glen nabe lag und als Heilig
beibehalten werben mußte, nun regelte nach diefem morgenländifhen, welchen
er zunächſt durch die Phönicier mochte Eennen gelernt haben. So kam das
äginätfche und überhaupt griechiſche Längenmaaß dann in Uebereinftimmung
mit dem Körpermaaß, indem die äginäljhe Kotyle ober !/,,, des äginälihen
Metreteß die olympiſche Kubik⸗Palaſte wurde; die Uebereinflimmung des
Körpermanfes mit dem Gewichte lag aber bereits darin daß der Metretes
11, Talent Wafjer Hielt. — Die Babylonier bebienten ſich zur Meſſung (bes
ſonders der 12 Stunden der Naht) offenbar des Waſſers; um Zmölfibeile
durch dieſes Mittel abzumeſſen wurde das Hauptmaaß in zwölf Theile ges
theilt, und auch @efäfie angefertigt welche dieſen Zwölftheil darſtellten. Wir
haben alſo bei den Babyloniern daB Duodecimal⸗Syſtem, und damit ſtimmt
dad Syſtem der Griechen überein, bei welchen das Flüſſigkeitsmaaß im Als
gemeinen ebenfalls in 12 Theile geiheilt war; ebenfo herrſcht das Uncial⸗
oder Duodecimal⸗Syſtem in ben mit dem attiſchen übereinſtimmenden römiſchen
oder italiſchen Gewichten und meiſten Maaßen; auch der Längenfuß wird in
12 Un,en getheilt; die Abweichung des roͤm. Körpermaafed iR nur eine
Iheinbare. — Nah Pheidon iſt unter den Griechen Niemand widtiger im
Ordnen von Maaß und Gewicht als der attifche Geſetzgeber Solon; feine
Neuerung befland aber darin daß er das bis auf feine Zeit geltende attiſche
Maaß in Uebereinkimmung ſetzte mit dem attifchen Gewichte, nach dem Bere
haͤltniß des attiſchen Gewichtes zu dem äginäifhen Gewicht und Körpermanß;
1. Plutarch. Sol. c. 15. u. Bödh S. 276 ff. Insbeſondere aber verhielt
ſich das folonifhe Talent zum vorfolonifchen attifchen. Talente, welches dem
euböligen gleichkam, wie 138%, : 100; das ſoloniſche Talent verhielt fi
zum aͤginäiſchen ober babyloniſchen, der Wurzel der griechiſchen und afiatiſchen
Syſteme, wie 3:5; das Aginälfcge aber verhielt fig zum vorſoloniſchen
attiſchen wie 6:35. Auch das ſoloniſche Talent iſt alſo mergenlänbifhen
Ursprungs; und es wirb ganz wahrſcheinlich daß Solon fein neued Gel
gewicht in ein reines und einfaches Verhältniß zum damals gangbarflen,
d. 9. dem äginätfchen gefeht Habe. — In Aegypten finden wir fon vor ber
Herrſchaft der Ptolemäer und felbft in uralten Zeiten babylonifches Längen
maaß, desgleichen attiſches Körpermaaß, welches zum babyloniſch-ägindäiſchen
ebenſo im Verhältniß 3: 5 ſteht, wie das ſoloniſche Talent zum babylo⸗
niſchen. Da nun die Körpermaaße, und folglich auch die Längenmaaße mit
den Gewichten in Verhältniß ſtehen, fo iſt es wahrſcheinlich daß Aegypten
Then in alten Zeiten dad babyloniſche und das attiſch⸗ſoloniſche Gewicht
hatte. So war ed auch zur Zeit ale Alexander d. &. Aegypten eroberte,
welde vorptolemäiſche Einrichtung ganz gut aus den Zeiten berfiammen
tonnte als Aegypten unter Perfien fand, wo das babylonifche und attlſch⸗
folonifhe Syſtem galt. Wenn demnach bei ben Alten nichtsdeſtoweniger
fpectel I) von einem Ptolemäiſchen Talent, 2) von einem BPtolemäiigen
Längenfuß, und 8) von einem Ptolemälfhen Mebimnus bie Mebe if, fo iR
Nr. 1. (nah Heron) ein in ben Zeiten ver Ptolemäer üblich gemorbenes
Feines Talent, gleich dem Kleinen attifchen von 62°, rom. Pfunben; Nr. 2.
aber a) der unter den Ptolemäern in Aegypten angenommene und nad Phile⸗
täres, dem Gründer der Pergamenifhen Dynaſtie, auch ber Philetaͤriſche
genannte, Eöniglich perſiſche oder babylonifche Buß, d. h. %/, der babyloniſchen
Elle; b) der in Cyrenaica übliche, vermuthlich dem olympifchen gleide, un
28/,, des rom. Fußes betragende Längenfuß; Nr. 3) endlich if ein unter
den Ptolemäern in Aegypten Übliches, den attifhen Mebimnus um '/, über
fleigennes Maaß. — Was bei den Griechen Pheidon und Solon war, dab
wurde den Mömern ihr König Servius Tullius; denn bie von dieſem ein
geführte Schagung war ohne geregelte Maaße und Gewichte unmöglich; wit
denn auch Solon mit der Ginführung feiner Schatzung zugleih Maas, Or
wit und Geld neu und genau beflimmte; Servius Tullius mensuras, poR-
dera, classes centuriasque constituit, fagt Aurel. Victor de vir. illustr. 7, 8.
— Man bat durch Eonjecturen zu beweifen gefucht, dad Normalmaaß ber Ar
gyptier fel vom Umfang der Erbe bergenommen. Allein ganz überwiegend
Sründe nöthigen uns biefer Hypothefe zu widerſprechen, und zu Jäugne
daß die Aegyptier ein feſtes Maoffyflem auf genaue Meſſung eines Erd⸗
meridians gegründet haben. Dagegen läßt fi in Beziehung auf bie ein
zelnen, im gräcifirenden Aegypten gebräudliden Längenmaaße Folgende⸗
als das Weientlihfte aus den erhaltenen Documenten beſtimmen. Et iR
nämlich bei den Xegyptiern ber Fuß aus der mittleren Statur bed Menſchen
entnommen, welche dur ögyvia (von boé0 — extendo) ausgedrüdt und
(nad Iomarb) auf 1,847 Meter feflzufegen iR. Der vierte Theil dieſer Brößt
gibt vie Elle (miyvs) — 0,4618 Met., der feste Theil aber ben Fuß (0%)
— 0,3079 Meter. Kleinere Maaße als der Buß war die amd OR
Spanne — 0,2309 Met., und die Palme ober maraun, au raluıoem, D- b.
‚die Breite der flachen Hand — 0,077 Met., und ber daxzuAo; aber Bing"
(nach deſſen Breite) — 0,01925 M. Größere Maaße der Aegyptier mare
1) vie Ruthe, axası, adauos (aus dem ägyptiſchen Schilfrohr) — 10 dar
Buß, = 3,079 Met., 4 Schritte (Byuara) enthaltend, fo daß Pina 0, 2
Meter iſt. Sechzig Ruthen bilveten ein Ägypt. Stablum (oradıor) * 184,75,
und 185 Met., welches 6 risdo« enthielt, da ein nAdOger — 10 Burke)
oder 30,79 Meter ifl. Daß oyorwior ober oyoivos (Bine), ein Geil *
Binfen, war nad) Herod. dreifach verſchieden: 19 dad gewöbnliche — 5989 ,
2) das große —11083,3 M. u. 3) das Kleine = 5541,65 M., auf dank
Parafange genannt. Au der dıyag, Aıyas, noroorduog wird von Heeten un
Memurs 1898
die ägypi. Maaße gerechnet. Die Flächenmaaße der Aegyptier, welche natür⸗
lich auf den Längenmaaßen beruhten, gibt folgende Ueberſicht (nach Jomard):
Erav. | Dip. ſurnra | Biete. |Yı arur ſ Ein. 125 uib ſ euthe Wariſed
4 9 16 36 64 100} 400 | 10000 | 360000
4 4% 4 U, 1i!/ 44%, | A141!
225 | 623 25 J
il | und ar
4 —V 6,1 156%,
4 4
4} 0,098
Ueber die ägyptiſchen Körpermaaße find wir fehr wenig unterriätet; vgl.
d. 9. Medimnus. — Die Briehen bezeineten den Umfang ber Erde nad
Stadien, deren Größe jeboch fehr verſchieden war. Aus dem Orient kannten
fe die Tagreiſe, oraduos, welches Maaß den dritten Theil eines geographiſchen
Grades faßte. Wenn man ferner den Schönus und die Parafange, jenes
ein ägyptifes, diefes ein perſiſches Maaß, übergeht, fo gehört um fo ent-
ſchiedener unter die ächt griech. Maaße der Sodıyos, welches Wort zunächſt
den langen Weg bezeichnet den die Wagen auf der Rennbahn zurücklegten;
es tft alfo ebenfo menig ein unveränberlich beftimmtes Maaß ald das Sta«
dium u. ähnliche. Indeſſen enthielt der SoAıyos ſtets nur halb fo viel &av-
kovg (d. h. der Doppellauf von einem Ende der Rennbahn zum andern und
wieder zurück) als Stadien; doch können dieſe diavAnı ebenfalls als ein ganz
beftimmtes Maaß nicht gelten, was aud bei dem inzuınar (d. 5. bie. für
das Pferderennen beftimmte Bahn) der Fall iſt, weldes 2 Diaulen oder 4
Stadien betrug. Hierher gehört alfo auch ber Soouog, Lauf, d. h. der Weg
welchen ein Schiff mit Segeln oder Rudern in 24 Stunden zurücklegt, nad
Jomard in Gemaßheit der Angaben des Herod. — 100000 Metern. Ueber
das oradıor f. d. Artikel. Kleinere Maaße der Griechen waren die Elle,
anyvs nergog (f. d. Art.), der Buß, nous (I. pen), und, ebenio- wie
in Aegypten, die anıdaun, ‚das und Aryas (f. d. Art.), malaun oder wa-
Auen (— '/, nov;), u. daxıvAos (— !lıs Roüs) nebft dem xordvAog (=
dartvAoı). Unter den Längenmaaßen find zu nennen: das zAsOpor (f. d.
A. Jugerum), da oyoırior (f. d. A.), die axaıra GGuthe) und bie 0p-
yvıa, wie bei den Aegyptiern, nebfl dem ächt griech. dexanove — 9,4776
Parif. Fuß oder 3,0787 Met. — Das griech. (attifhe) Maaß bes Flüſſigen
zeigt folgende Ueberſicht:
nerentije (*, mödıuno) . 1 (f. d. Artikel)
we (3 yoinızes) ..12 1
ET: 2 2 re 0 6 1
KOWÄN . 2 2 2 2000. 144 12 2 1
112,7, 2) a 288 24 4 2 1
ovßBayor . - 2»... 76 48 4 2 1
xvadog rn... 86 72 2 6 3 1"),
Das griech. (attifhe) Maaß des Trockenen zeigt folgenne Tabelle:
uöösurog (*, ustentai) 4 (fd. Artikel)
aͤxrevg rn 6 1
ÄWEMOT 12 2 1
W. . * j15 ®
1892 Mensune
attiſchen wie 6:3. Auch das ſoloniſche Talent iſt alſo morgenländiſchen
Urſprungs; und ed wird ganz wahrſcheinlich daß Solon fein neues Gel
gewicht in ein reines und einfaches Verbältni zum bamald gangbarflen,
d. h. dem äginäiſchen gefeht Habe. — In Aegypten finden wir ſchon vor ber
Herrſchaft der Ptolemäer und felbft in uralten Beiten babylonifches Längen-
maaß, desgleichen attiſches Körpermanß, welches zum babyloniſch⸗äginäiſchen
ebenſo im Verhältnis 3 5 ſteht, wie das ſoloniſche Talent zum babylo⸗
niſchen. Da nun bie Körpermaaße, und folglich auch die Längenmaaße mit
ben Gewichten in Verhaͤltniß ſtehen, fo iſt es wahrſcheinlich daß Aegypten
ſchon in alten Zeiten das babyloniſche und das attiſch⸗ſoloniſche Gewicht
hatte. So war es auch zur Zeit als Alexander d. G. Aegypten eroberte,
welche vorptolemäiſche Einrichtung ganz gut aus den Zeiten herſtammen
tonnte als Aegypten unter Perflen fand, wo das babylonifche und auiſch⸗
ſoloniſche Syſtem galt. Wenn demnach bei den Alten nichtadeſtoweniger
ſpeciell 1) von einem Ptolemälfgen Talent, 2) von einem Ptolemäilden
Lingenfuß, und 3) von einem Ptolemälfhen Mebimnus die Rede iſt, fo iR
Nr. 1. (nah Heron) ein in den Seiten ver Ptolemärr üblich gewordenes
kleines Talent, gleich dem kleinen attifhen von 62'% röm. Pfunden; Nr. 2.
aber a) der unter den Ptolemäern in Aegnpien angenommene und nad Phile⸗
täres, dem Gründer der Pergamenifchen Dynaſtie, auch der Philetaͤriſche
genannte, königlich perfifche oder babylonifche Fuß, d. h. 2/, der babyloniſchen
Elle; b) der in Gyrenaica übliche, vermuthli dem olympiſchen gleiche, und
28/., des roͤm. Fußes betragende Längenfuß; Nr. 3) endlich if ein unter
den Ptolemäern in Aegypten übliches, den attifhen Medimnus um '/, über
ſteigendes Maaß. — Was hei den Griechen Pheidon und Solon war, dal
wurde den Nömern ihr König Servius Tullius; denn bie von dieſem ein
geführte Schagung war ohne geregelte Maaße und Gewichte unmöglid; wi
denn auch Solen mit ver Einführung feiner Schagung zugleich Maaß, Ge
wit und Geld neu und genau beflimmte; Servius Tullius mensuras, po2-
dera, classes centuriasque constituit, fagt Aurel. Victor de vir. illustr. 7, 8.
— Man hat dur Gonjecturen zu bewelfen gefucht, das Normalmaaß ber Ar
gyptier fei vom Umfang der Erde Kergenommen. Allein gamz überwiegen!
Sründe nöthigen uns biefer Hypotheſe zu widerſprechen, und zu laͤugnen
daß die Aegyptier ein feſies Maaßfſyſtem auf genaue Meſſung eines Erd⸗
meridians gegründet haben. Dagegen läßt fih in Beziehung auf bie ein
zelnen, im gräcifirenven Aegypien gebräuchlichen Längenmaaße Bolgende)
als das Wefentliäfte aus ben erhaltenen Documenten beftinnmen. &s iR
nämlich Hei den Aegyptiern der Buß aus der mittleren Gtatur des Menſchen
entnommen, melde vurch öoyvia (von öpsyo — extendo) ausgebrüdt und
(nah Jomard) auf 1,847 Meter feflzufegen IR. Der vierte Theil biefer Brößt
i6t die Ele (ziyuc) — 0,4618 Met., der fechöte Theil aber den Buß (m0v;)
— 0,3079 Dieter. Kleinere Maaße als der Buß war die omıdaun DOM
Spanne — 0,2309 Met., und bie Palme over madaun, au ralauotn, v..
‚bie Breite der flachen Hand —= 0,077 Met., und der daxzuAos aber Singer
(nad veſſen Breite) = 0,01925 M. Größere Maafe ber Aegyptier waren:
1) die Authe, axaısa, xaAmuog (aus dem ägyptiſchen Schilfrohr) — 10 ar
Fuß, — 3,079 Met., 4 Särlite (Byuare) enthaltend, fo dap Byua DR
Meter iſt. Sechzig Ruthen bilveten ein ägypt. Stadium (oradıor) = 184,7 ,
und 185 Det., welches 6 nAddoe enthielt, da ein mAsdgor — 10 *
oder 30,79 Meter if. Das oyoırior oder oyoiros (Binfe), ein Seil aus
Binfen, war nach Herod. dreifach verſchieden: 1) daB gemöhnlide — ,
2) das große — 11083,3 M. u. 3) das Kleine — 5541,65 M., auch dan n
Parafange genannt. Auch der dıyas, Aıyds, noıwoorduog wirb von Herren UN
Memurs 1898
vie ägypt. Maaße gerechnet. Die Flächenmaaße der Aegyptier, welche natür-
li auf den Längenmaaßen beruhten, gibt folgenbe Ueberſicht (nach Jomard):
Gtav. | Dipt. | Mrara | Biete. |Y, arur ſ Saon. 125 deuih ſ Rutke |Parif. 8
Fand a BEERE TI BETT 400 | 10000 | seoooo
77T m | days | dttyo | 40000 | 3794,5
al a | o25| z2so0 | zul.
il m u | 277% | 10000 | —
1| Ma] Mr] deu] 5025| sul
ıl a) 10| swo| susı
| 25| so
TE
11 0,098
Ueber die ägyptiſchen Körpermanfe find wir fehr wenig unterriätet; vgl.
d. A. Medimnus. — Die Griechen bezeiääneten den Umfang ber Erde nad
Stadien, deren Größe jedoch fehr verfdienen war. Aus dem Drient kannten
fe die Tagreiſe, oradıos, weldes Maaß den dritten Theil eines geographiſchen
Grades faßte. Wenn man ferner ven Shönus und die Parafange, jenes
ein ägyptiſches, dieſes ein verſiſches Maaß, übergeht, fo gehört um fo ent-
fdiedener unter bie ächt griech. Maaße der Sodsyos, welches Wort zunähft
den fangen Weg bezeichnet ben die Wagen auf der Rennbahn zurüdlegten;
es tft alfo ebenfo wenig ein unveränderlich beflimmtes Maaß als das Sta⸗
bium u. ähnliche. Indeſſen enthielt der SoAıyos fletd nur halb fo viel &av-
dovs (d. h. der Doppellauf von einem Ende der Nennbahn zum andern und
wieder zurüd) als Stabien; doch können dieſe diavAnı ebenfalls als ein ganz
beftimmtes Maaß nicht gelten, was auch bei dem ınzınmr (d. 5. bie. für
das Pferderennen beftinmte Bahn) der Fall ift, weldes 2 Diaulen ober 4
Stadien betrug. Hierher gehört alfo auch ber Spouog, Lauf, d. h. der Weg
welchen ein Schiff mit Segeln over Rudern in 24 Stunden zurädlegt, nad
Jomard in Bemäßhelt ber Angaben bed Herod. — 100000 Metern. Ueber
da8 oradıor f. d. Artikel. Kleinere Maaße ver Griechen maren vie Elle,
anyvs nergiog (f. d. Art.), der Buß, mous (f. pes), und, ebenfo. wie
In Aegypten, die amıdaun, ‚Sıyas und Aryas (f. d. Art.), zalaum ober za-
Auorn (= '/, noũs), u. daxtvAos (— !j,, Move) nebft dem xordvAog (= 2
darzvAoı). Unter ben Längenmaaßen find zu nennen: das mAsdgor (|. db.
U. Jugerum), ba oyomior (f. d. A.), die axara (Muthe) und bie oo-
yvıa, wie bei den Aegyptiern, nebft dem ächt griech. Sexanove — 9,4776
Parif. Fuß oder 3,0787 Met. — Das griech. (attiſche) Man bes Flüſſigen
zeigt folgende Ueberfigt:
neromens (*ı mädıuree) . A df. d. Artikel)
3 (8 gm) . .. 2 1
EI: = er. 72 6 1
KWÄN 2 2 2 2000.» 1344 12 2 1
TETROIOV 2 2 2 0. 288 24 4 2 1
o&vBagor . » » . ..8976 48 8 a 2 1
7 864 72 6 3 1 ı
xvados en 12
Das griech. (attiſche) Maaß des Trodenen Ar folgende Tabelle:
usdsuros (*, uszentai) 1 ((. d. Artikel)
MU en 1
WER 2 2. 12 2 1
W. . * 115 ®
Pu
—
1892 Menu
attifgen wie 6:9. Auch das ſoloniſche Talent if alſo mergenlänbifchen
Urfprungd; und ed wirb ganz wahrfcheinlih daß Solon fein neues Gelb⸗
gewiht in ein reines und einfaches Berbältnig zum bamals gangbarften,
d. 5. dem Äginätfchen gefeht habe. — In Aegypten finden wir fon vor ber
Herrfſchaft der Ptolemäer und ſelbſt in uralten Zeiten babylonifches Längen
maaß, desgleichen attiſches Körpermanß, welches zum babyloniſch⸗äginäifchen
ebenſo im Verhaͤltniß 3: 5 ſteht, wie das ſoloniſche Talent zum babylo⸗
nifden. Da nun bie Körpermaaße, und folglih aud bie Längenmaaße mit
den Gewichten in Verbäftniß fliehen, fo iſt es wahrſcheinlich daß Aegypten
ſchon in alten Zeiten das babylonifhe und das attiſch⸗ſoloniſche Gewicht
hatte. So war es auch zur Zeit als Alexander d. G. Aegypien eroberte,
welche vorptolemäiſche Einrichtung ganz gut aus ben Zeiten herſtammen
fonnte als Aegypten unter Berfien land, wo das babylonifge und attiſch⸗
folonifhe Syſtem galt. Wenn demnach Bei den Alten nichtäbeftoweniger
ſpeciell I) von einem Ptolemäiſchen Talent, 2) von einem Ptolemäifchen
Längenfuß, und 3) von einem Ptolemäifhen Mebimnus vie Reve ift, fo if
Nr. 1. (nad) Heron) ein in den Zeiten ber Ptolemärr üblich gemorbenes
Heine Talent, gleich dem kleinen attifchen von 62'5, röm. Pfunden; Nr. 2.
aber a) der unter ben Ptolemäern in Aegnpien angenommene und ned Bhile
täre8, dem Gründer der Pergamenifhen Dynaftie, au ber Philetäriſche
genannte, Eöniglich perfliche oder babylonifche Fuß, d. h. ?/, der babyloniſchen
Elle; b) der in Cyrenaica übliche, vermuihlich dem olympifchen gleiche, und
26/,, des rom. Fußes betragende Längenfuß; Nr. 3) endlich if ein unter
den Ptolemäern in Aegypten übliches, den attifden Mebimnus um '/, über-
ſteigendes Maaß. — Was bei den Griechen Pheidon und Solon war, das
wurde den Mömern Ihr König Servius Iullius; denn bie von biefem ein«
geführte Schatung war ohne geregelte Maaße und Bemichte unmöglich; wie
| j benn auch Solon mit der Einführung feiner Schagung zugleih Maaß, Bes
wit und Geld neu und genau beflinmte; Servius Tullius mensurss, pon-
dera, classes centuriasque constituit, fagt Aurel, Victor de vir. illustr. 7, 8.
— Man hat durch Conjecturen zu beweifen gefuht, dad Normalmaaß ber Ae⸗
ghptier fel vom Umfang ber Erde bergenommen. Allein ganz überwiegende
Gründe nöthigen uns dieſer Hypotheſe zu miberfpredden, und zu läugnen
daß die Aegyptier ein feſtes Maaßſyſtem auf genaue Meſſung eines Erd⸗
meribiand gegründet haben. Dagegen läßt fih in Beziehung auf die ein»
zelnen, im gräcifirenven Aegypten gebräuchlichen Längenmaaße Folgendes
als dad Weſentlichſte aus den erhaltenen Documenten beſtimmen. Es iſt
nämlich bei den Uegyptiern der Buß aus der mittleren Statur des Menſchen
entnommen, melde vurch opyvıx (von opsyo — extendo) ausgebrüdt und
(nad Jomard) auf 1,847 Meter feflzufegen iR. Der vierte Theil biefer Bröße
gibt die Ele (mjyvs) = 0,4618 Met., der ſechſte Theil aber ven Fuß (mov;)
— 0,3079 Meter. Kleinere Maaße als der Buß war die amd ober
Spanne = 0,2309 Met., und die Palme ober nadaun, au nalen, d. h.
‚bie Breite der flachen Hand — 0,077 Met., und ber SaxzrvAos oder Binger
(nach deffen Breite) =0,01925 M. Größere Maaße der Acgyptier waren:
1) nie Ruthe, axaıe, nadauos (auß dem ägyptiſchen Schilfsohr) — 10 ägypt.
Fuß, = 3,079 Met., 4 Schritte (bhucræ) enthaltend, fo daß Brua« —=0,77
Meter if. Sechzig Ruthen bildeten ein ägypt. Stablum (oradıor) — 184,72,
zund 185 Met., welches 6 mAsdpa enthielt, da ein mAsdoor — 10 Ruthen
oder 30,79 Meter if. Das oyowior ober oyoiros (Binfe), ein Seil außd
Binfen, war nach Herod. dreifach verſchieden: 1) dad gemöhnlidde — 5985 M. ;
2) das große — 11083,3 M. u. 3) das Kleine = 5541,65 M., auch Agypt.
Parafange genannt. Auch der das, Ayag, noırooröuog wirb von Heeren unter
|
|
|
|
NMemurs 1898
die ägypt. Maaße gerechnet. Die Flächenmaaße der Aegyptier, welche natür⸗
lich auf den Längenmaaßen beruhten, gibt folgende Ueberſicht (nach Jomard):
Star. ſODipi.ururaViethr. |Y, arur ſ Coon. 20 Rus.| duthe Wariſ 8
9 16 3 64 | 4o0ıl 400 | 10000 | ssoooo | suusı
1 1% al A| aaye | train, | 40000
al al | 2 _5| 2200| aıs4a
HN al | 1m | arıın | 10000 | s4864
Al mul 5625 | 533,61
1l 4] 1401| sool sa
1 soo| 857
36 | 3415
4] 00
lieber die ägyptiſchen Körpermaaße find wir fehr wenig unterritet; vgl.
d. U. Medimnus. — Die Griechen bezeichneten ben Umfang ber Erbe nad
Stadien, deren Größe jedoch ſehr verſchieden war. Aus dem Orient kannten
fie die Tagreife, araduos, welches Maaß den dritten Theil eines geographiſchen
Grades faßte. Wenn man ferner den Schönus und die Parafange, jened
ein ägyptiſches, dieſes ein yerfifhes Maaß, übergeht, fo gehört um fo ent-
ſchiedener unter die Acht griech. Maaße der Sodsyos, welches Wort zunähft
den langen Weg bezeichnet den die Wagen auf der Rennbahn zurüdlegten;
ea iſt alfo ebenfo menig ein unveränverlih beſtimmtes Maaß ald das Sta⸗
dium u. Ähnliche. Indeſſen enthielt der Sod:yos ſteta nur halb fo viel &av-
kovs (db. h. der Doppellauf von einem Ende der Nennbahn zum andern und
wieder zurüd) ale Stabien; doch Fönnen dieſe diavAoı ebenfalls als ein ganz
beftimmtes Maaß nicht gelten, was aud bei dem inzmınar (db. 5. bie. für
das Pferverennen beftimmte Bahn) der Ball ift, welches 2 Diaulen oder 4
Stadien betrug. Hierher gehört alſo auch ber Soouog, Lauf, d. h. der Weg
welchen ein Schiff mit Segeln oder Rudern in 24 Stunden zurädlegt, nad
Jomard in Gemäßheit der Angaben des Herod. — 100000 Metern. Veber
das oradıor f. d. Artikel. Kleinere Maaße der Griechen waren die Elle,
nnyvs mergiog (f. d. Art), ber Buß, zovs (f. pes), und, ebenfo. wie
in Aegypten, die amıdayun, ‚dıyas und Aryas (f. d. Art.), malaun oder za-
Aaıorn (= '), noös), u. dantvAog (— !ı, Roüs) nebft dem x0r8vVAos (— 2
danzvAcı). Unter den Längenmaafen find zu nennen: das mAsdgor (f. db.
A. Jugerum), dad ayowior (f. d. A.), die axaıra (Mutde) und bie 00-
yvia, wie bei den Aegyptiern, nebfl dem ächt grieh. Sexamove — 9,4776
Pariſ. Fuß oder 3,0787 Met. — Das griech. (attiſche) Maaß des Flüſſigen
zeigt folgende Ueberſicht:
neromeng (*, mödıurgs) . 1 df. d. Artikel)
— (3 yoimınes) ...32 1
EEE: 2 ee 72 6 1 |
KW . 2 2 202000. 144 12 2 1
zero 2 2 2.0. 288 24 4 2 1
oEvBaygor . » .» . .. 76 48 8 ı 2 1
xvadog rn... 864 72 2 6 3 1%,
Das griech. (attiſche) Maaß des Trockenen zeigt folgende Tabelle:
usösurog (*, uetentai) 1 (f. d. Artikel)
1 7 6 1
iur . ... 12 2 1
IV. 115 ®
1888 Mensurn
omE& (I, go) . . . 48 8 & 1
a ER +; 16 s 2 1
noer er... 192 92 16 4 2 1
wo 10 192% 2d24 12 6
Die HEfte des xuados war die nöyyn, der Vlerthell davon das uvorgor
over der musepos, ber Fünfibell die yzun: auch fol der gemößnlihe Löffel,
xoyAıapıor, Bei den Griechen als Meinkes Maaß geblent haben. — Ueber bie
Gewichte und Dünen der Griechen f. den Art. Talentum. — Unter ben
Läugenmanßen der Römer entfpriht dem griechiſch⸗perſiſchen oraduo;
das iter pedesire — 18,75 röm. Milliaria, über welche wir auf biefen
Artikel verweifen; ebenſo wirb unter pertica über die röm. Ruthe gehandelt ;
über ben echitus ſ. Bd. II. ©. 775.; das nächſt Eleinere Maaß mar ber
almipes, d. h. bie Verbindung des Fußes und ber Hanbbreite (— 1,25
uß). UHeser den rom. Buß f. d. Art. pes. Sein Viertheil war palma,
die flarhe Hand; fein zmölfter Theil hieß uncia, nur bei Gpäteren pollex,
Zeil if. Uncia). Nicht ächtrömiſch, fondern fpäter entflanden If das Maaß
digitus — '/, Balma, — '/,, Buß, Zur Ueberficht folgende Tabelle:
3 48,75 | .9375
—— ———òöy — — — | ne | ——
A : 008 4000
{ — — 5
— 12.
Balmıb.|
0,2959
0478
1,33 | 0,02163
. u Der vr Digitus 0,015472
Zu Flächenmaaßen wurden auch bei den Romern die Längenmaaße gebraudit,
mit Ausnahme bes Iter und Milliardtum. Als Feldmaaß dienten ihnen be-
ſonders das jugerum ff. d. Ariel). — Das rim. Maaß bes Flüffigen
gibt folgende Nieberfigt:
Amphora. 1
Congius ' "2.008 1
Settarinus . . ot 2.2.48 6 1
Hemina | 12 2 1
Quartarius '. ... 89 24 4 2 1
Acetabalum . .6884 48 8 4 2 1
576 72 12 6 ß 1"),
Cyathus . . 2200.
Gine halbe Amphora hieß Urna; der Viertheil des Cyathus war Ligula,
und 20 Amphorae maqhten einen Culeus (f. ®b. II. ©. 776.). — Die röm.
Maaße bes Trodenen find: .
Modius (!/, Amphoe) . ... . 1
Sextarius 2... 36 1
Heminn . . . . 2. 22.2.3 2 1
Quataus . . 2 2 2 2.2 ..64 % 2 1
Acetabalum nn. 128 8 4 2 1
Cats . . 2 2200202. 12 6 0 53 1%,
Menstemuu — MMantes 10
Die röm. Gewichte find:
Centumpondum . . . . 65 Pf. 40 Unz.
Libra oder As .... ||)
Deunx ober 11 Unciae
Decuneis sber 10 Unc.
Dodrans oder 9 Unc. ..
Bes (bis triens) oder 8 Une.
Septunz oder 7 Unc. . . . ...
Semis, Semissio (semi as) ober 6 Unc.
Quinounx oder 9 Un. . . ...
Triens (t/, as) oder AUnc. .
Quadrans 0 as) oder 3 Unc. .
Sextans ('/, as) oder 2 Une.
Uneia a a ER
Semuncia ober 0,5 Unc.
Denarius oder 0,25 Un. . . . .
Scrupulum ober Scriptulum */,, Unc.
Lupinus = '/, Scrupulum . . . . |
Siliqua oder “/, Sceupulum . . ı 2 2 2 2 02.
Man vgl. die Artikel As, Libra, Pondo. Ueber vie röm. ſ. bie
nämlichen Artikel, und Nummi etc. — Aus ber mobernen Literatur Aber biefen
ganzen Gegenſtand heben wir beroor: I. Gapelle, de ponderibus, .numis et
mensuris libb. V. Frankf. 1606. 4. Giſenſchmiv, de penderibus et mensuris
veterum Romanorum, Graecorum, Hebraeorum ete. disquisitio. Argenter.
1708. 8. Bernardus, de pondd. et menss. Orf. 1685. 4. Arbuthnot, Tables
of ancient Coins, Weights and Measures. London 1727. 4. Ehriftlant, Delle
Misure. Venedig 1760. 4. Paucton, Mötrologie. Paris 1780. Rome de Visle,
Metrologie, ou Tables pour servir à l’iintelligence des poids et mesures des
anciens etc. Paris 1789. 4. Veberfegt von Große, Braunigweig 179%. 8.
8eöparet, Mötrologie. Paris 1801. 2 Voll. 4. Jomard, Recueil d’obserrations
et de me&moires sur I’Egypte ancienne et moderne, im dritten Bande (ge-
bört zur Description de !’Egypte). Wurm, de ponderum, numorum, menst-
raram ac do anni ordinandi rationibus apud Graecos etRomanos. Stuttg.
1821. Gagnogıi, über ben Werih der Maaße und Gewichte der alten Römer,
überfegt v. Schönberg. Kopenhagen 1823. Bauder, :Meizologie der alten
Griechen und Roͤmer. 1835 (im 5. Bd. des Dorpater Sahrbädher für Litera⸗
tur), mit einem fpätern Nachtrag. Saigey, Trait6 de Metrelogie aneionne
et moderne, suivi d’un pröcis de chronologie et des signes numoriquêt.
Paris 1834. 8. Huſſey, Essay on the ancient weights and money, and
the Roman and Greek liquid measures, with an Appendix on the Roman
and Greek foot. Oxford 1836. 8. Letronne, Considöralions generales sur
evaluation des monnaies Grecques et Romaines. Paris 1817. Barth, das
römiſche As und feine Theile in Abbildungen. Leipz. 1838. U. Bödh, me⸗
trologiſche Unterfuchungen. Berlin 1838. Speler, über die LZängen- und Flächen⸗
Maaße der Griechen und der Römer, in ben Abhandlungen ber Berliner
Akademie 1812. Munde in Gehler's phyſikal. Wörterbuch (nee Ausg.) VI.
2, 1218 ff. Barthelemy's Anacharſis, in der deutſchen Bearbellung ven
Bieſter, Dr. VII. S. 174—212. enthält gute Tabellen zus Neberſicht ber
griechiſchen und römiſchen Maaße und Gewichte im Berhältniß zu den me-
bernen; vgl. Potter⸗Rambach IN. 192—232. M. Jacobs, comm. de He-
rodoti mensuris, Berlin 1841. 4 [4. Baumstark.]
— (Mine) IK ſtaltzabollo ven
Mentes (Marrn;), 1) Kıxovaor mmroe, in deſſen alt 3Apollo
Hektor anfeuerte, Hom. I. XVII, 73. Tagior yjroo, Sohn des
(Franzoͤſ. Gew.)
Bro
—— DEOD
za 3 3, a a2 3232 323 3%
. 4 a 6 e -
— 832888828222
* *
4228
3
ss S.
| &
nd
er
16% Mentöen — Mentizes -
Anchialos, Gaſtfreund des Odyſſens, Od. I, 105. In feiner Geſtalt erfcheint
Athene bei Zelema und beruhigt ihn wegen ber Rückkehr feines Baters,
ib. 180ff. [W.T.] |
Memtösa, 1) mit bem Beinamen Bastia (iv. XXVI, 17. It. Ant.
p. 402., bei Ptol. IT, 6, 59. blos Mertion), Stabt ber Oretaner (daher
bei Plin. III, 3, 4. Mentesani, qui et Oretani) in Hiſpania Tarrac. öſtl.
von Gaftulo, an der Straße von da nad Carthago Nova; nah Reichard
j. Baeza. — 2) eine Fleine Stadt der Bafluler im S. von Hifpanta Bätica
Plin. 1. 1. Mentesani, qui et Bastuli, Infchr. bei Gruter p. 384, 2. umd
loreg Esp. Sagr. V. p. 24.), bei la Guardia fühl. nen —* zu ſuchen;
vgl. Mentelle Geo. comp. p. 209. [F.]
Menthn, f. Mintha.
Mentonömon, nad Pytheas bei Plin. XXXVIE, 7, 11. eine Bucht
(aestuarium) des nörbl. Ozeans (an der Küfte Sarmariens jenfelts der Vi⸗
ftula), 6000 Stab. groß und von @uttonen umwohnt, wahrſch. dad Curiſche
Haff mit der Curiſchen Nehrung. Dal. Mannert III. ©. 301 f. [F.]
Mentor (Msrıop), 1) einer der Söhne bes Euryfiheus, f. Bd. III.
©. 1134. 1161. — 2) Sohn des Herakles und der Afopis, Apoll. IE, 7, 8.
— 8) Sohn des Alktimos (Adxımiöne, Som. Od. XXI, 235.), Ithakefler,
weldem, als einem gexeiften (yepovti, Od. II, 227.), angefebenen (zosussı
Aaor, Od. XXIV, 456.) und ihm befreundeten (sraioos, Od. 11, 225.) Manne
Dbyfleus bei feinem Abgang nad) Troja arrezgener oinor anarza (1.1. 226.).
Er ſprach dem Ithakeſiſchen Volke zu, daß es den Uebermut ver Freier zügle und
bes Telemach ih annehme (1. 1. 229 ff.). Athene nahm öfters feine Geſtalt
an; fo um den Telemach nah Pylos zu begleiten (Od. II, 268 ff. 401 ff.
II, 12. 22 ff. IV, 645 f.), den Odyſſeus im Kampf gegen die Freier zu
ſchühen (Od. XXH, 206 ff. 446.) und ihn mit feinem Volke zu verfühnen
(Od. XXIV, 348.). — 4) als modviuanog begeichnet, Bater des Imbrios aus
arien, ber auf der Gelte ber Troer Rand. I. XIII, 174. — 5) f. Memnon
Ar. 3. S. 1763 f. [W.T.
6) Aus Bithynien, Schüler des Carneades, deſſen Verſe auf Mentor
Diogenes von Laerte VI, 6. 63. 64. aus Phavorinus mitgetbeilt Hat. [B.]
T) Der berühmtefte caelator argenti, der vor dem Brand des ephefiſchen
Dianentempeld (DI. 106, 1. 356 v. Ghr.) gelebt haben muß, Plin. H. N.
XXX, 12, 55. mirum aurum caelando inclaruisse neminem, argento
multos. Maxime tamen landatus est Mentor, de quo supra (VII, 38.)
diximus. (Quatuor paria ab eo omnino facta sunt, ac jam nullum exstare
dieitur Ephesiae Dianae templi aut Capitolini incendiis. Varro et aereum
signum ejus habuisse scripsit. Diefe vier Paare ſcheint Plinius durch om-
nino als feine Hauptwerke zu bezeichnen, denn fonft müßte man Alle welche
MG des Beſitzes folder usrzopoveyj, wie fie Luctian Lexiphan. 7. nennt,
3. B. 2. Craſſus, welcher zwei Becher von Mentors Hand hatte (Plin.
XXXIII, 11, 53.), Veires, weldder einem gemifien Dieborus aus Lilybäum
zwei von Mentor gefertigte Becher raubte (Cit. Verr. IV, 18, 38.) für
Betrüger oder für Betrogene halten. Diefe Gefäſſe werben nicht felten er-
wäßnt, f. Varro fr. p. 261. 353. Bip. Proyert. I, 14, 2. DI, 7, 12.
Juv. VIII, 104. Martial. IV, 39. VIII, 50. IX, 59. XI, 11. XIV, 91. [W.]
Mentöres (Mirropes, Hecat. fr. 62. aus Steph. By. p. 458.
Seymn. v. 383. Plin. IH, 21, 25.), Bolt an der Küfte Liburniens in bem
Difrift Mentorice (Merropınn bei Ariftot. de mirab. 112.). Ihnen gehörten
auch die von Scylax p. 7. erwähnten, vor der Küfte Liburniend im adriat.
Meere gelegenen Insulae Mentorides ( Merropides), welche, da fie große Infeln
fehn follen, kaum andere feyn können ala bie heut. Bilande Beglia, Arbe,
‚Memmba — Mivos. 1837
Gherſo u. ſ. w., die aber freilich fpäter bei den Alten beſondere Namen
führten. (Vgl. oben S. 1045.) [F.]
Menuba, f. Menoba.
Menula aus Anagnia, bei Gic. p. dom. 30, 81,
Menuthias (Merovdias), eine von Ptol. IV, 8, [ober 9,] 2. VII,
2, 1. Marcian. p. 12. Steph. Byz. p. 458. und in einer verborbenen
Stelle des Peripl. mar. Erythr. p. 9. erwähnte Infel des indiſchen Ozeane
vor der Küſte Libyend,unfern des Brom. PBrafum, deren Laye aber ſchwer
zu beflimmen iſt, da fi bei Ptol. ein offenbarer Wiperfpruh hinfichtlich
derſelben findet. (Vgl. mein Handb. d. alt. Beogr. II. S. 892.) Daß fie
nit das heutige Madagaskar fei, wofür man fie fonft gemößnlih mit Bo»
chart Geo. Sacra IV, 26. hielt, iſt jeßt dur franzöf. Forſchungen hinläng⸗
Lich bewiefen; es wirb vielmehr eine Heine, der Küfte und dem Cap bel Gado
nähere Infel darunter zu verſtehen feyn, vielleicht die weſtlichſte und größte
der Gomoren-Infeln. Vofſ. ad Melam p. 303. Hält fie für Zanguebar und
Mannert X, 1. S. 99. für Bemba. [F.]
Menuthis (Merovdıs, Steph. Byz. p. 457.), Flecken in Unterägypten
bei Canobus. [E.]
Menyllus, 1) Befehlähaber der macedoniſchen Beſatzung in Munychia
nad dem lamifchen Kriege, bis 319 v. Chr. (Blut. Phoc. 31.); er bielt
gute Ordnung, war überhaupt ein billig denkender Mann und Freund des
VPhocion. Diod. XVII, 18. Plut. Phoc. 28. 30, Apophth. reg. et imp.
p- 46, 14. Tauchn. [K.}]
2) Schriftfleller aus unbelannter Zeit, nur von [Blut.] parall. minor.
erwähnt, wo c. 14. p. 809. B. MeovAAos Er « Bowziaxor, und c. 26.
p. 312. B. MervAog 87 y Iradıxor genannt if. [ West.] on
Mjvvs, aus Lakedämon, Bater des Pedias, Apollod. III, 14, 5.
Mnyvors, Denunclation (zumeilen ungenau eicayyakix genannt, wie
bei Ruf. g. Agor. 6. 50. g. Etat. 6.48. Andoc. d. myst. $. 37., vgl Luk.
. Xeofr. F. 146., von welder fie fi im firengen Sinne dadurch unter»
ſcheidet daß mit ihr als blofer. Anzeige fein Klaggefuh verbunden If), ſtand
in Athen Jedem frei, au Schugverwandten und Sklaven, und warb von
diefen, da fie Fein Klagredht Hatten, vorzugäweiie und nad erhaltener Ver⸗
günfligung (adsın, Andoc. d. myst. $. 34. Blut. Pericl. 31.) geübt. Dies
felbe ward fhriftlih beim Mathe orer Volke angebracht (Kyſ. g. Agor. 6.91.f.
Dem. g. Timokr. p. 703. 6. 11.). Der Rath brachte in Der Megel, wenn
er nicht vom Volke ſelbſt bevollmächtigt war (wuroxonzoo, Andoc. d. myst.
6. 15.), die Sade an das Voll, und diejes mies biefelbe zur Unterſuchung
an eine Behörde (mie ven Areopag im Harpaliſchen Brozefie, Din. g. Dem.
$. 3. 61. Plut. Dem. 26.) oder an eine beſonders dazu ernannte Commiſſion
(Eneneal, Andoc. d. myst. 6. 14. 40. Dem. g. Tim. p. 708. $. 11.),
welche nad) gepflogener Unterfuhung und unter Beiſtand Öffentlicher Ankläger
die Sade an ein Bolfägeriht zur Entſcheidung bradten. Die befannteften
Fälle der Art find der Hermokopidenprozeß (Andocides), der gegen Agoratus
(LEyfias) und der gegen bie der Beſtechung durch Harpalus Beſchuldigten
(Dinar). Um die Entdeckung der Thäter eines offenfundigen ſchweren Ver⸗
brechens zu erleitern wurben zumellen Belohnungen ausgeſetzt (unvvron,
Andoc. $. 27. Plut. Pericl. 31. vit. gr. Sophocl. p. 129, 49. ver Vitt.
scriptt. gr. min. ed. Westerm., vgl. Div Ehryſ. or. VII, p. 264. Meist.
und des Chärondas Beſtimmungen bei Stob. Floril. XLIV, 40. p. 290.),
Sklaven die Freiheit verfproden (Ruflad or. VII, 6. 16.). Unwahr be-
fundene Anzeigen aber „wurben mit dem Jode beftvaft (Lyj. gegen Andor.
$. 13.). — Bol. Shömanr d. comit. Ath. p. 219 fj. Platner Proceß L
©. 353 ff. [ West.] ..
x
1838 Meon — Mercemmeii
Meon (Mor), König von Phrygien und Lydien, Vater der Cybele
von feiner Frau, Dindyme. Diod. IM, 58. [W.T.]
Meopıya, Stadt ver Vaccäer bei Ptol. II, 6, 50., we jet Wilberg
Acnoßorya (f. S. 742. Nr. 1.) aufgenommen hat. [F.]
Mepkitis proprie est terrae putor qvi de aqvis nasciter sulphuralis
et est in nemoribus gravior ex densitate silvarum. Alii Mephitin deum
volunt Leucotheae connexum, sicut est Veneri Adonis, Dianae Virbius.
Alii Mephitin Junonem volunt, da diefe die Luft bedeute und die übeln
Dünfte zumelft von der Luft herrühren: ut sit Mephilis dea odoris gravis-
simi, i. e. grave olentis. So Serviuß zu Virg. Aen. VII, 84. Appella«
tiviſch (für üblen Geruch) iſt das Wort gebraudt bei Virg. 1.1. Perſ. II,
99. Als Böttin verehrt war fie nah Plin. H, 93, 95. zu Amſanciuß im
Hirpinerlande, wo fi eine Höhle mit ſchliumen Ausbünftungen befand, und
ebenfo hatte fie einen Tempel bei Eremona, Tac. Hist. III, 33. Ara el
mensa wirb Meäiti geweiht auf der Inſchrift bei Gruter p. 96, 10. [W.T.]
Nerk., Abkürzung, vorfommend in den alten Kalenbarien (ſ. Bd. II.
S. 69 f. vgl. Orelli Inser. II. p. 394.) in den Monaten Yuli, Auguf,
September, November, gemöhnlich mehrere (drei, im Juli fünf) Tage hinter
einander, und Mercatus bedeutend, wie auf dem antiatifcgen Kal, aufge
ſchrieben ifl, ſ. Orelli 3.1. p. 441. Vgl. Nundinae und Georg. Tholoſanus
de nundinis et mercatibus, in ®räv. Thes. VII, p. 697 ff. [W. T.]
Mercator, römiſcher Töpfer auf einer zu London gefundenen Scherbe
(Archaeologia Vol. XXVII. P. 1. p. 152.); ebenfo ergänzt Lauchert cine
bei Rottweil gefundene Scherbeninfhrift UERC.... (Mitth. des archaͤolog.
Bereines 1845. ©. 18.) und einen bei Roth in den Mätth. d. Geſellſch. für
vaterl. Alterih. in Bafel ©. 15. verzeichneten Stempel MERCA. [W.]
Mercatores, Eunovos, |. Bd. Hl. S©.122. u. d. Art. Negotialores.
Mercature, f. Bd. III. ©. 122—128. und d. Art. Negotiatores.
Mercenarii, nodwroi, odopdoos, bezeichnet zunägft Alle melde
um einen bebungenen Lohn (merces, o9os) für Andere arbeiten, +8 ſei
auf dent Felde als Taglöhner oder zur Bewachung ver Heerden (5. B. Boangel.
Marc. I, 20. Joh. X, 12. 19.) oder zu andern Gefchäften und Dienß⸗
leiſtungen (oBwrol xai Güte: bei Plat. Politic. p. 290. A.; vgl. Sho⸗
mann Antigg. Graece. p. 187. not. 17. Beder Charikles II. ©. 58.), In
weldem Sinn auch mercenarii (sc. hamines) mehrfach vorlommt, }.
Gic. off. I, 13. 42. Varro d. R. R. I, 17, 2. Indbefonvere abt
werden jene Ausprüde ron Solchen gebraucht welche um einen beſtimmien
vorausbedungenen Lohn over Sold (modos bei Ahue. VI, 124. Bolyh.
I, 109, 6. vol. Bömel ad Demosth. Olynth. I, p. 27.; merces bei Gurt.
vi, 5, 3. VIi, 10, 6.) in bie Kriegäpienfte Anderer treten. Da ed ſown
Auswärtige, Fremde find welche um Geld für Andere den Krieg führen, je
kommt auch dafür der Ausdruck Zero: vor (Xenoph. Anab. I, 1, 10. 3,
48. 11, 6, 28. Rep. Laced. XII, 3. XIII, 4. De Office. Mag. Egg. 1% 9.
Thucyd. 1, 121. Harpoerat. s. v. Zertavoussovs: Earor O 03 MdoPoeh.
Bömel ad Demosth. Philipp. I. p. 178. Ja bei Plato in weiterem und
allgemeinerem Sinne SovAoı xui Zeroı Eumodor, de legg. VII, p- 816.B.),
oder au 7& äerınz (Xenoph. De offic. magist. Kqq. IX, 4. Demofh.
Philipp. 1, p. 46. ed. Reisk.), ro &srıxor (Ariſtoph. Plut. 173. Zenoph
‚Anab. I, 2, 1. II, 3, 22.), in welchem Sinne peregrinus miles bei Eu
(lit, 3, 4. IV, 18, 16. VI, 4, 6.) gejagt wird, während fonk ber Ak
druck mercenarii milites gewöhnlich ift, f. Gornel. Nep. Timol. 1. Liriu
XXIV, 49. fin. vgl. XXX, 8. Gurtiuß V, 1, 23. 8,2. vom, 1, 11. Me
erſte Spur folder Miethfoldaten möchte in Aegypten zu fuchen fepn, mo Blam-
metichus (um 656 ff. v. Chr.) Ionier und Garer, welche durch eeraͤnberiſche
-
Mersenarlt 1839
Abſichten an vie Küften Aegyptens geführt worden waren, in feine Dienfle nimmt,
und durch diefe Hilfe ſich die Herrichaft über ganz Aegypten gewinnt (f. Herod.
IE, 152.). Die Garer, ein Eriegeriiches Volk, follen überhaupt am früheften
um Geld in die Kriegsdienfte Anderer getreten feyn: Kapes nowros doxovars
nodogopijon:i, fagt das Scholium zu Plato Laches (p. 187 B. und dazu
Stalbaums Note p. 40.) p. 93. ed. Ruhnk., vgl. Ephor. Fragmm. p. 117f.
ed. Marx, nebft den Stellen des Herod. I, 171. (mit meiner Note) und
Sırabe XIV, p. 977.B. ovros da na’ öAnr Eenlarndnoar ınv 'Eilada,
woHos orgaredorre;; vgl. au oben Bd. II. S. 150. — Nächſt den Garern
feinen au fon früher die Ereter, ein nicht minder kriegeriſcher Volko⸗
Ramm, ver ebenfo frübe auch mit Seeräuberei ſich befchäftigte, zu ſolchem
Dienſt fi hergegeben zu haben, zumal als Bogenſchützen (f. Bd. III. ©. 341.
IV. ©. 860.); daher mir fie in dem Peloponnefifgen Kriege im Dienfle der
Arhener finden (f. oben Br. III. ©. 341.), ebenfo wie in ben Meflenifchen
Kriegen (Konraı roboraı modwroi bei Pauſanias IV, 8, 1. vgl. IV, 10,1.
19, 3.); und es fcheint auch diefer Umſtand mit beigetragen zu haben,
die Greter wie die Carer in den fhlimmen Auf zu bringen in welchem file
bekanntlich überhaupt im Alterthum flanden. Auch die Arkadier ſcheinen frübe,
wahrſch. durch Noth und Mangel an Lebenserwerb In ihren Gebirgen ge»
nöthigt, gleih den Schweizern des Mittelalterd und der Neuzeit, um Gelb
gedient und ausmärtigen Söldnerdienſt gefucht zu haben; f. oben Bd. J. ©. 673.
Aus ähnlichen Nädfigten mochten fie wohl au dem Xerres ihre Dienfte
angeboten haben; f. Herod. VII, 26. — In der griech. Geſchichte finden
wir zuerft folde gedungene Söldner und Miethfoldaten im Gefolge der griech.
Tprannen, welche durch folge aus der Fremde genommene Sölolinge bie
Herrſchaft zu erhalten ober zu gewinnen fuchten (f. be. Artflot. Polit. TII,
9,4. Zen. Hier. V, 3.). In die Claſſe dieſer ausländifhen Söldner (Fasoı,
Eerınos bei Ariftot. und Xenoph.) gehören die Leibwächter durch melde Pi⸗
fitratus (560 v. Ehr.) und feine Söhne ihre Herrſchaft zu Athen gewannen
und flüßten, Kopvrnpogos, wegen der Keulen mit denen fle bewaffnet waren,
genannt (f. Herod. I, 59. mit meiner Note p. 146.), fonft geröhnlih wegen
der Speere mit benen fle ausgerüftet waren Öopvpopos genannt, welcher
Ausdruck, zur Bezeihnung von Leibwädhtern oder Trabanten gebraudt, fpäter
auch überhaupt die Leibgarden (mie 3.3. die Prätorlaner der röm. Kaiſer
bei Herodian) bezeichnet; daher au dopvpornua in biefem Sinne bei Plut.
Vit. Alex. 77.* Eben dahin gehören aber auch die Bogenjhügen des Po⸗
lykrates zu Samos (Toforeı rinmor bei Herod. II, 39. 45.). Aehnlicher
Art waren die Truppen welche die fleilifhen Könige In ihren Solo genom⸗
men, und mit denen fie au ibre Kriege unter einander wie gegen innere
und auswärtige Feinde führten (mudogooo: bei Diod. XI, 67. 72. fin.);
bie Einführung folder Fremden in das Bürgerreit zum Lohn für die ges
leifteten Dienfle, und dad Streben der Stabtbürger, foldde nieder daraus zu
verdrängen (f. Diod. XI, 72.), zeigt und zur Genüge wie bie griech. Welt
darüber dachte. Denn da der Kriegapienft als eine Ehren» und Bürgers
pflicht angefehben ward von melder jeder Unfreie wie felbft der nicht im
-
In fpäteren Zeiten hatten aud) bie Großen (Aprorres) ihre eigenen Traban⸗
ten, welche durch fchwere Eide zur Treue gegen ihren Herrn umb den Herrſcher des
Staats verpflichtet wurden (Procop. Vand. II, 18.). Gie folgten, nur das Schwert
an ber Seite, ihrem Gebieter anf femen Bingen in der Stadt nad) (ib. 28.). Bei
Baftımäpiern ftanden fie bewaffnet hinter dem Gig ihres Herrn, unb mauchmal fid
etwas für fie ab (ib.). Oft mar das WBerhältuis zwifchen Herrn und dopug. ein
ganz —— on oh. I Aue Die Broken felbft waren 9 bie
opuedpos NO rößerer, wie 3. B. Bellfar bei inian noch ehe biefer 8
tonche, Mror, Pers. I, 12. [W.T.] “R a fer Kaiſer
1840 Mercenarli
vollen Genuß aller bürgerlichen Rechte Stehende, wenn auch perfönlich Frele,
in der Megel ausgeſchloſſen war (vgl. Bd. II. ©. 338.), fo fonnte ein
ſolches Verdingen zu militärifhem Dienſt an Andere dem Hellenen nur als
etwas Unmürbiged erfcheinen, weil es jede wahre Freiheit und Selbfiſtändig⸗
- keit des Ginzelnen ausfhloß (ſ. Bd III. ©. 338.). Daher ꝓuch folder
Miethdienſt in dem ältern Staats» und Kriegsleben ver Hellenen außer bei
den Tyrannen nit vorkommt bis zu den Zeiten des peloponneflihen Kriegs,
in welchen bie erjten Spuren eines ſolchen in der unmittelbar folgenden Zeit
zum großen Nachtheil von Hellas immer mehr um fi greifennen Verhält⸗
niffes fich vorfinden. Wir rechnen nicht einmal darunter diejenigen Fälle
wo einzelne befreundete Staaten einander Hilfätruppen zum Kriegspienft über-
Inffen, welche dann natürli von demjenigen Staat befoloet werben dem fie
dienen; fo 3.8. die von Korinib nah dem Abfall von Porivda in Solo
genommenen ‘Beloponnefler bei Ihuc. I, 60., u. IV, 80. extr. ein äbnlier
Tal bei Braſidas; desgleichen die Vertriebenen aus Orchemenos, welche ſich
im Peloponnes Leute um Sold anmarben (Thuc. IV, 76. vgl. den aͤhn⸗
Hohen Fall mir Thracien ibid. V, 6.): alle dieſe find eigentlich feine modwzos,
fondern arinovpos, wiewohl in Solo genommen (daher arixovpo: modwroi
bei Herod. III, 49. vgl. 1, 64. und !Plat. Polit. IV, p. 419.); immerbin
lag es freilich nahe, diefen Ausbruf (ezixovpor) in milderem, eupbemiftiihem
Sinne au auf eigentliche Mierhlinge und Söldner zu Übertragen, wie 3.8.
auf die als folge Söldner dienenden Arkadier bei Xen. Hist. VIE, 4, 23.
‚Athen. I, p. 27. E. vgl. Thuc. III, 34. VII, 25. (Sevıxo» Emixovpinor).
©. au Wachsmuth Hell. Alterthumsk. I. 2, S. 310. Ann. Indeſſen kom»
men bo ſchon in den erſten Jahren des peloponneflihen Kriegs eigentliche
in Sold genommene Fremde und Ausländer vor; fo die &eros die ald sar-
Baraı auf der atheniſchen Flotte in Sold genommen waren (Thuc. I, 121.);
auch die kretiſchen Bogenfhüten welche zu der ficiliſchen Expedition von
Arden in Sold genommen wurden (Thuc. VI, 25.) gehören in biefe Claſſe.
Mit dem Ausgang des peloponnefligen Krieges jehen wir aber das Söloners
weſen in fleter Zunahme, gleichen Schritt haltend mit dem Verfall des öffent⸗
lien Lebens und jener aufopfernden Xiebe für das Vaterland welche alle
Hellenen aller Stämme bi8 dahin befeelt Hatte. Die durch ben Krieg an
vielen Orten berbeigeführte Verarmung, durch melde viele Dienfhen ver
mögendlos und heimatlo8 geworden waren, bie nun nad einem Erwerb der
ihnen Subfiſtenz verfaffte ſich umfahen, beförderte das Aufkommen des
Soͤldnerweſens nicht menig, auch wenn man die dur das Kriegäleben er»
wedte Luſt zu Abenteuern u. dgl. nicht mit in Anſchlag bringen mil. Wie
der Arme und heimatlos Gewordene Erwerb und Beihäftigung im Söldner⸗
dient fuchte, fo wollte au der Meihe das Ermorbene ruhig genießen und
in diefem ruhigen Genuß lieber durch Andere, die er als Mierhlinge in feinen
Dienſt nahm und mit feinem Geld bezahlte, ſich beihügen Tafien als daß
er ſelbſt zu eigenem Schuß ober zur Beriheibigung des Vaterlandes vie
Waffen ergriffen hätte. Zu dieſen Innern Verhälmiſſen kamen nod äußere
Hinzu, beſonders das perflide Geld, durch welches man entweder, in ben
Streitigkeiten der einzelnen griech. Staaten für die eine oder Die andere Seite
Partei nehmend, diefe dur ſolche Söldner, die man bezahlte, unterflügte,
oder auch grieh. Söloner nah Aflen felbft verlodte, um fle in gefonberten
Abtheilungen im perflfchen Heere ſelbſt oder in der nädhften Umgebung bes
Satrapen dienen zu laflen. So wird es erflärlih, wie fon der jüngere
Eyrus (um 400 v. Ghr.) 10000 folder Soͤldlinge aus den verſchiedenen
Staaten und Gegenden von Briehenland zufammenbringen Eonnte, um dur
ein ſolches waffengeübtes Corps den Sieg über feinen Bruder zu gewinnen.
Bgl. Zen. Anab. I, 1, 6 ff. Die Schidfale dieſes von Zenophon zurädge-
Mercenarli 1841
führten Gorps find bekannt; minder beachtet aber iſt meiſt der Umſtand bef
ſelbſt ſolche Griechen, die wie Iſokrates mit aller gerechten Bewunderung
von der Tapferkeit diefer unüberwindlichen Schaar und ihres meiſterhaften
Rückzugs fprehen, doch dieſelben als ein allermärtd her zufammengeraffteö
@efindel, das wegen eigener Schlechtigkeit In feiner Heimat fi nicht zu nähren
vermodt, tarftellen (ovx woıoriröns emeideyusrovg, aA or dia pavkorıra
&r zais. avzar ovy olos = noav Liv bei Iſocr. Panegyr. c. 40. 6. 146.
vgl. ad Philipp. c. 37. p. i00.). — So lag es wohl in den Berhältnifien
der Zeit wenn auch unter Agefllaos dieſes Sölonermweien immer mehr Aufe
nahme fand: dienten fa doch in den beiderfeitigen Heeren Miethötruppen oder
Söloner (modopogo: bei XZenoph. Hell. IV, 4, 9. 14. Blut. Ages. 22.
Zenopb. Ages. II, 11.); auch Mneſippus der fpartanifhe Admiral Hatte
folde Miehätruppen auf feinem Zug nach Corcyra hei fi Cibid. VI, 2, 5.).
Wie die mit Sparta verbündeten Orte flatt des Gontingents an Mannſchaft
eine Summe von Geld bezahlten (ibid. V, 2, 21.) mittelſt welcher dann
Söldlinge gedungen wurden, fo geflattere Agefllaos auch den kleinaſtatiſchen
Hellenen, flatt in Perfon zu dienen, Erfagmänner, alio erfaufte oder ges
dungene Söldner zu ftellen (ibid. III, 4, 15. Blut. Ages. 9.). Indeſſen
ward ed doch felbft dem Agefllaos zu hohem Tadel angerechnet daß er, als
ein achtzigjähriger mit Wunden bedeckter Greis welcher die ganze Erbe mit
feinem Ruhm erfüllt, um Geld feinen Leib verkaufte an einen von feinem
Herrn, dem Perſerkoͤnig, abgefallenen ägyptifchen Häuptling, wie ein gemeiner
Mierhling und Eondottiere (Plut. Ages. 36. in.). In dem fogen. Eorinthifchen
Kriege (394—387 v. Chr.) fammelt Conon (f. oben Bd. I. S. 592.) eine
Schaar von Sölonern, welche bei den griechiſchen Schrififtellern ald die Go»
rinthiſche Sölonerfchaar (To Serınor er Kooirdw, Harpocrat. 8. v. Ariſtoph.
Plut. 173. mit den ScKolien, Demofthen. Philipp. I, p. 46.) bezeichnet,
dann dem Iphikrates Übergeben wurden, welder fanmt Chabrias dieſe Schaar
durch veränderte Bewaffnung und Organifation fo fehr hob und mit ihr die
Lacedämonier flug, deren Mora beflegenb (Xen. Hell. IV, 5, 11 ff. Plut.
Ages. 22.); vgl. oben Bd. III. ©. 347. und ſ. Voͤmel zu Demoſthenes am
a. O. p. 181. Mit einem folden Sölpnerheer zog auch Iphikrates, im
Dienfle des Perferkönigs, zur Unterdrückung ver rebelliſchen Aegyptier in
dieſes Land (Diod. Sie. XV, 41. vgl. 29. Gornel. Nep. Ipbier. 2.); ja
wir finden von nun an faft flehend im Dienfle der perfiihen Monarchen over
ihrer Satrapen griech. Söldlinge (f. z. B. Bornel. Nep. Datam. 8.) bis auf
die Zeit des Untergangs der perfiihen Monarchie; ftellte doch noch ber letzte
König, Darius Codomannus, 30000 ausgefuchte griech. Söldlinge in feinem
Heer dem Ulerander entgegen (f. Gurt. IH, 2, 6.). In Griechenland felbft
wurden die Kriege immer mehr mit gebungenen Soldaten geführt: ver pho⸗
ciſche oder heilige Krieg (357— 347 v. Ehr.), in welchem die Phocenfer
mittelſt der geraubten Tempelichätze ſolche Söldlinge auwarben, bietet davon
ein auffallendes Beijpiel (ſ. Diod. Sic. XVI, 28. 30. 31. 32. 35.). Die
nachtheiligen Folgen einer folhen immer mehr zunehmenden Sitte, die großen
auf die Eriegführenden Staaten dadurch gewälzten Laften, die oit Freund wie
Beind heimſuchende Raub⸗ und Gewinnfucht dieſer Söldnerſchaaren wie ihrer
ehrgeizigen Führer, die fühlbare Nüdmirkung auf die Bürger des Staates
ſelbſt, und die dadurch hervorgerufene Abnahme der eigenen moralifchen Kraft,
begleitet von einem Sinken alles wahren Pairiotiemus: Alles dad fühlten
auch wohl mande patriotiſch geflnnte Staatömänner und Redner Athene ;
f. Demofth. Phil. I, p. 46. u. bef. Iſocr. ad Philipp. c. 40. p. 101., wo
er bie Lage von Griechenland als eine ſolche bezeichnet bei der es leichter
jei, ein beſſeres und flärkered Heer aud Vagabunden (ex Tor nArrwuErwr)
ald aus Bürgern (70» moArevoussor) zujammen zu bringen, währen «6
Danilo, Meab@nchelop. IV. 116
1842 Mereimtris — Mercarlius
früher foldde fremde Söldner (Serınor) gar nidht gegeben; val. auch de Pace
16.28. p. 168. 174. Epist. ad Philipp. 2,19. p. 410. Areopag. 4. Voͤmel
zu Demofth. 1. I. p. 182 f. Wahsmuth, bel. Alt. I. ©. 274. ed. 2.
Bine Bolge dieſes Uebelſtandes war auch dieß daß oft nicht einmal heimiſche
Bürger das Oberkommando über diefe Miethtruppen führten, fondern auf
dieſes gemierheten Ausländern überlaffen war (Eeraysir, Eerayos, f. Duker
ad Thuc. II, 75. vgl. Xen. Ages. II, 11.). So finden wir nun um biefe
Zeit allgemein die Miethtruppen eingeführt, und baben in ber allgemeinen
Verbreitung diefer Sitte, melde die finanziellen Kräfte der einzelnen Etaaten
erihöpfte, mit eine der Haupturſachen zu erkennen aus melden Griechen⸗
land feine poltiifche Eelbftändigfeit und Unabhängigkeit nad und nad ver»
for. Au bei den Macedoniern fowie bei den fogenannten Nachfolgern
Alexanders, welche um den Befiß einzelner Länder fi firitten und, wie
Pyrrhus, ihre abenteuerlihen Züge auch In den Welten ausdehnten, finden
wir folche Söloner, die bei den nun nothwendig gewordenen flehenven Heeren
ebenfalls zur Noihmendigkeit geworden waren, und fo läßt ſich dieſer Mieth⸗
truppendienſt bis auf die Zeiten des Untergangs der helleniſchen Selbflänbig-
keit herab verfolgen. In Nom finden wir jedenfalls länger ald in allen
andern Staaten des Altertbums Eeine ſolche Soöldner oder Mierblinge: mit
dem Aufkommen flehender Heere ward, wie fon oben (Bd. IN. S. 357.) ber
merft worden, das ganze Verhältniß ein anderes als dasjenige das in ber
Erſcheinung folder Söldner in Griechenland uns fich darbietet und in bem
Söldnermeien italiſcher Freiſtaaten des Mittelalters eine auffallende Anafogie
erhält. Vorzugsweiſe aus Mierhlingen gebildet waren dagegen bie Heere
ber Carthager, worüber f. Bd. IH. &. 832. — Pal. über den Söldner⸗
dienft bei den Alten insbefond. noch Heeren, Ideen III. 1. S. 302 ff. Dr
mann, Den }. vn. d. Verfalls d. grieh. Staaten S. 644 ff. Wachsmuth
am a. O. IB.
Mercimöris, Ort im Innern von Numidien, It. Ant. p. 27. [F.]
Mercurii oppidam;, f. Hermopolis.
Merstarii Promontorium;, f. Hermaeum Prom.
Mercarius. A. Allgemeine Wefensbefimmung, Abkunft
und Geſchichte feines Dienfted. Hermes iſt ein altpelasgiſcher Bott,
für deſſen Weſensbeſtimmung die Erklärung Herod. 11,51. befonderd wichtig if
dag Athen die ithyphalifche Bildung des Hermes von den Peladgern angenom⸗
men babe, und daß in den Samothrafifhen Kabirmyſterien der Schläffel für
viefe Bildung zu finden fe. Nun if befannt daß in biefen von ben auß
Atiika flüchtigen Tyrrhenern begründeten Myſterien Hermes unter der Denen
nung Kaduos oder Kaduidos ein Hauptglied der Göttergruppe mar, wie fi
denn Hermes auf den Infeln Lemnos, Imbros und Samothrafe überhaupt all
tsrrbenifher Stammgott zeigt (Aeſchyl. Agam. 284. Sophokl. Philoct. 1459.
Steyh. Byz. v. Tußoos. Welder Aeſchyi. Tril. 217. Schwenck Mythol. J.
S. 288.; Gerhard Hyperb. Stud. S. 39.), welcher namentlich auf Imbrob
Iußoruog geheißen haben ſoll, was daſſelbe Wort wie Himeros zu feyn
ſcheint. Kadmos ift höchſt wahrfcheinlih daſſelbe Wefen welches in Theben
ais Stammheros der Kabmelonen und Gemahl der Harmonia, alfo als
Büger, Berbinder, Ordner erfcheint (Welder üb. e. kret. Kol. in Theben,
Bonn 1824. Müller Orchom. S. 454 ff. Vgl. indeſſen Lob. Agl. p. 1253.).
und in der Mythe vom Kampfe ded Zeus mit dem Typhon bei Apollotor
und Nonnus der Gehilfe des Zeus iſt, der ihm wieder zu dem Dlige rei
hilft. Nehmen wir dazu die alte ithyphalliſche Bildung des Germed, den
man zu Kyllene, der Hafenflabt von ES, fogar in der Geftalt eined bio
Vhallos verehrte (Bauf. VI, 26, 4. Artemid. I, 44. Lob. p. 190.), um
die enge Verbindung in welcher diefer Bott in verſchiedenen myRifgen Culien
Mercurius 1843
zur Apbrobite ſteht (Engel, Kopros II. S. 225.), fo wird ſich feine urs
fprüngliche Bedeutung ald vie des fügenden und bindenden Wirkens der Gott⸗
beit beflinnmen laſſen, welches bie Naturreligion in der Form eines phyſiſchen
Liebesverlangens vorfleßte. In dem populären Glauben aber gehörte Hermes
nit der Naturfphäre fondern ganz der Sphäre praftiiher Bedeutung und
Bewegung an, und am wenigfien laßt fi fein Begriff auf eine einzelne,
beſondere Naturkraft zurüdführen, fondern er wird durch die helleniſch⸗epiſche
Umbildung der peladgifhen Religionsideen zu dem Geifte göttlicher Thätig⸗
feit und Betriebfamkelt ſchlechthin, das abjolut Draftiide der Gottheit, welches
dem olympiſchen Bditerflaate als duunzopos des Zeus, als der allgemeine
Ausrichter und Durchführer feiner Weltorpnungen einverleibt wird. In biefem
Sinne find au feine alten Prädikate des Buten, des Segenſpenders aufzus
faffen, mie fle ſich in den epiſchen Epitheten sgucvnog oder Sgsovrns, Öazap
EawP, ananıza, ooxos auäfprechen, welches letztere daſſelbe bedeutet wie
owrr7o*. Indgemein pflegt man biefen Segen des Hermes von feiner chtho⸗
niſchen Natur abzuleiten, allein chthoniſch iſt dieſer Gott nur fofern er wvyo-
zounos Äft, melde Eigenſchaft nit noihmendig auf chthoniſchen Urfprung
feiner Verehrung hinweist. Denn nirgends wird Hermes als in ber Erbtiefe
eriftivend oder von bort aus wirkſam gedaht**, wie Pluton, Perfephone
oder ſonſt die wirklich chthoniſchen Götter; vielmehr war die Ältefle Stätte
feiner Verehrung in dem pelasgiſchen Arkadien das Gebirge Kyllene (Bauf.
VIII, 16. u. 17.), auch auf Lemnos war ihm das Gebirge Heilig (Ueihyl.
Agam. 283. Sophokl. Philoct. 1459.) und Tanagra verehrte ihn auf dem
Berge Kerykion (Bauf. IX, 20, 3.). Ebenſo werig paßt die Deffentlichfeit
der Straßen, Märkte und Gymnaſien zu dem chthoniſchen Götterdienſte,
und auch fein Opferritus verräth nichts von den Eigenthümlichkeiten dieſes
Glaubens ***. Lieberdied werden jene alten Epithete, wo fie näber beflimmt
werden, gemöhnlih mit feiner Schlaubeit, weldde eben der Ausdruck feines
abfolut draſtiſchen Weſens ift, in Verbindung gebracht. So befonders I1.XX,
35. egiovsms 'Eousias, O5 eri Yosoi nevnadiunn xenaoraı, und die im
Etym. M. p. 374, 23. erhaltenen Verſe des alten Gedichtes Phoronis; und
wird bei Ariftoph. Fröſche 1144. 6 Epıovnos Epuäs ydorıog dem BoAsog
entgegengefegt, fo liegt tarin nur daß der chthoniſche Hermes, d. h. ber
wvyonounog der fegnenbe und heilig zu haftende iſt, im GBegenfage zu. dem
Nänfefhmid 'Eonüs dodog. ES ift alſo Epiovnog hier daffelbe mie «xa-
na, ein Beimort welches bei Heflod. Theog. 614. au Prometheus führt,
aljo wieder der finnreihe und deshalb menſchenfreundliche t. Kurz Hermes
ift die thärige, aueführende, demiurgiſche Botteöfraft im weiteflen Sinne bes
Worte, die durch alle Gebiete ver Welt und durch das Keibliche fomohl als
* oöxos U. XX, 72. wird verſchieden erklärt, als goryg Oder iarugös, Cornut.
d. n. d. 16, Weder, Uefch. Tril. 217.
” Am ebeften Pönnte man fit auf Aeſchyl. Choeph. 147. zonnos los rür
lodluy ayu berufen. Auch Gerhard, Auserl. Vaſenb. 1. Bd. ©. 72. fpricht ſich
gegen die Erklärung bed Hermes für einen chthonifhen Gott ans, doch nimmt feine
eigne Debustion einen ganz andern eg. “
9. Müller Handb. d, Arch, $. 379, 1. bermft fich wegen des chthoniſchen
Urfprungs ber Hermesreligion u. U. daranf daß Germen auch auf Bräbern flanben.
Die citirte Stelle Eic. de legg. II, 26, 65. beweist indeſſen nur daß bied eine jüngere
Eitte war, Gie mag mit bem Gebrauche, Priave auf Gräbern aufzufiellen (Gerhard
de relig. Herm. p. 5.) zuſammenhäugen, welche Sitte aber nicht nothwendig anf
Hermes⸗ ober Dionpfosreligion hinweist. Der Phallos ift in dieſer Anwendung ein
Sombol der fih im Tode verfüngenden Natur Aberhaupt, in demſelben Sinne wie
auch Aphrodite zugleich Tobesgditin war (Engel, Kypr. 3.98. ©. 242 ff.). '
T Indeſſen Heißt auch Pluton dxanms Bei, C. I. n. 1067., wohl aber um
durch Uebertragung vom Hermes.
1844 NMereurles
das Geiſtige hindurch gebt, daher Hermes ſelbſt mit gleicher Müftigkeit im
Leiblichen wie im Geiſtigen begabt ift, und feine Alles vermittelnde Wirk:
famfeit nicht 6108 die praktiſchen Bewegungen des menſchlichen Lebens, fon»
dern auch die wechſelnden Zuſtände des Seelenlebens betrifft. Aus dieſen
Beſtimmungen läßt fi ſowohl der gefammte Gompler feiner einzelnen @igen-
ſchaften gut ableiten, als auch die Ipentification ausländiſcher Gottheiten mit
ihm, von welchen der ägyptiſche Thooth die abfolut finnreihe und erfinderifche
Gotteskraft, vom Standpunkte der PBriefterfafte aufgefaßt, iſt (Plat. Phaedr.
p. 274.), der nordiſche Wodan aber, der ſtets durch Dercurius erklärt wird,
die durch Alles hindurchgehende Gotteskraft und der Demiurg ſchlechthin, da⸗
ber in vielen Meligionen der oberſte von allen Göttern (Grimm D. M.
©. 85 fl. 9 ff.) Was den Urſprung und die primitiven Formen feiner
Verehrung betrifft fo findet ſich diefe in allen Gegenden wo das Pelatgifche
fi beſonders behauptet hatte. So mar fein Dienft dur Arkadien, vorzüg-
HG auf vem Waldgebirge Kyllene, daß für feine Geburtöſtätte galt (Pind.
O1. VI, 76. Som. 9. v. 276. Pau. VI, 17.), und in den anliegenden
Begenden und Städten weit verbreitet. In Pheneos war fein Dienft der
heiligſte (Pauf. VIII, 14, 10. 16, 1.), Akakeſion Hatte ohne Zweifel von
dem Gulte des Hermes axanıra feinen Namen erhalten (VII, 36, 10.);
au von Nonakrié ſcheint er der Hauptgott geweien zu feyn (Rycophr. Alex.
680. Steph. By. v. Noraxoıs). Ueberdies nannte ihn die Landesſage ben
Stifter der Nation oder den Pfleger des jungen Arkas (au auf Münzen,
f. Miller D. A. 8. 1. If. XLI, 179.); die Älteften Seroen bauen dieſem
Gotte Tempel; andere murden von feiner Wurzel abgeleitet (Weſterm. My-
thogr. p. 8374, 34. Hygin. fab. 225. Evander Sohn ded Hermes, Dionvſ. 9. IE,
31. Bauf. VII, 43, 2. Serv. V. A. VI, 131.). Und ſichtlich IR dem
Hermes die Luft am Hirtenleben vorzüglih aus feinem Heimatlande Arka-
dien geblieben. In Achaja gehörte fein Dienft zu Phark und Pellene zu
den bedeutendſten (Bau. VII, 22, 2. 27, 1. Schol. Bind. Ol. 7, 156.);
von feiner alterthümlichen Verehrung zu Eis iſt ſchon die Rede geweſen und
wir werben weiter unten andere Merkmale derfelben kennen Iernen. Daß er
den älteſten Sagen und Dienflen von Argos angehörte beweist jein Anıheil
an der Joſage, wonach er ſchon bei Homer das fiehende Beimort Apyeportı,s
führt. Aber auch in attifden Sagen und Culten iſt Hermes eine alte Bott»
heit. Kekrops hatte fein Bilo Ins Heiligihum der Pallas Polias geweiht,
wo Morten es verhüllten, gemiß weil der Gott au bier ithyphalliſch ge
bildet war (Bauf. I, 27, 1.). Kepbalos galt für feinen Sohn von der
Herſa (Apollod. INT, 14, 3.) oder von der Kreuja, der Tochter des Erech⸗
theus (Hygin. fab. 160.); Keryr für feinen Sohn von der Aglauros (Baui.
I, 38, 3. Meier de gentil. Att. p. 34. Boßler de gent. Att. p. 28. ob.
Agl. p. 213.), Gleufls für den von der Daeira (Pauſ. I, 38, 7.). Eben
fo in Bödotien, wo beionderd Tanagra vol von feiner Verehrung (Pauf. IX,
20, 3. 22, 1.2. Schwenck S. 233.) und Kadmos von Theben vermutd-
lich nur der zum Heros xzozis gewordene Hermed der Kabmelonen war.
Diefes führt au dem tyrrheniſchen Hermes ber Infelgruppe von Lemnos, Im-
bros und Samothrake zurüd, welcher anbrerfeits bei den Etrusfern ale
Turms wiedererfcheint, während der römiſche Mercurius, in der gang prag⸗
matifchen Bebeutung des Handelsgottes (a mercibus) aufgefaßt, durch grie-
&ifchen Handelsverkehr nach Italien gefommen feyn mag; benn in der fat.
Religion felbft entfpricht Ianus am meiften bem griechiſchen Hermes. Die
ältefte Form feiner Verehrung aber iſt die in Befalt bloſer Steinbaufen
oder auch unter dem Symbole des Phallos, woraus fobann die ithyphalliſche
Dfellerbilvung des Hermes eniflanden if. Solde Steinhaufen hießen 'Eo-
naios A0pos Ober äpuaie, auch zpuanss; (Heſych. s. v. Ael. H. A. XIV, 24.).
Merourius 1845 -
Schon vie Odyſſee nennt einen folden am Wege bei der Stabt Ithaka (XVI,
470.), Strabo bemerkte beſonders in Elis viele an den Wegen (VIII, 343.),
und Roß Belop. I. ©. 18. 174. bar vergleihen no jeßt als Grenzmarken
des lakoniſchen Landes beobachtet*. Sie erhielten fi am längften an Kreuz⸗
wegen, wo ber Vorübergehende einen Stein hinzuguwerfen, oder den Stein»
haufen, in welchem oft eine Herme aufgeſtellt war, mit Del zu falben oder Erſt⸗
linge darzubringen pflegte (Theophr. Charact. 16. mit der Note von Gajaub.
Die drollige Babel bei Babrius 48. Cornutus c. 16. p. 169. ed. Gal.
Photius s. v. Euumor). Man pflegt ven Namen diefer Haufen von Zou«
abzuleiten, d. 1. überhaupt alled Zufammengefügte, jedes durch Anreihung ent»
ſtandene Ganze, namenılih auch Laftende Haufen (Buttm. Leril. I. S. 111 ff.),
von welchem Worte man dann wieder den Namen des Gottes Eouĩße, 'Eo-
usias, Eouawr ableitet, weil die Urfprünge der Religion und ver Dar»
ſtellung im Bilde und Symbole bier ganz zufammentreffen. Aber richtiger
hält man gewiß den Namen des Gottes für dad Primitive (von eioeır, der
Füger. alio wie Kadurs), und die Benennung feiner Darftellung im Sym⸗
Gole für das Abgeleitete.e Der Steinbaufe aber iſt dad natürlide Symbol
der Zufammenfügung, der apuoria, welde für des Kadmos Battin galt;
jowie dad Aufthürmen folder Haufen an den Straßen das Allerwärtd des
Gottes ansdrückt. Die von alter Srömmigfeit vorgefchriebene Sitte, daß ein
jeder Wanderer einen Stein hinzuwarf, ift die thatſächliche Darflelung dieſer
ordnienden und abgrenzenden Thätigkeit des Gottes, denn bie Haufen ſelbſt
dienten zugleih zu Merkmalen der Wege und terminirenden Bebietöbegrenzun«
gen. Der in einem ſolchen Haufen aufgerichtete Bieiler darf gleichfalls für
uralt gelten, und indem an biefem Pfeiler der Phallos angebracht, ſpäter
au ber Kopf bed Gottes angefeßt wurde, entfland bie vollendete Serme Im
attifden Sinne des Worte; denn bie Athener nahmen, wie Herodot bes
bauptet, diefe Darftellung zuerft von den Peladgern an, und von ihnen kam
fie dann zu den übrigen Griechen (II, 51.). Wir werben auf dieſe alte
Kunflform &. 1857. zurüdkommen und bemerfen hier nur noch daß foldhe
Pfeiler bisweilen auf mit dem doppelten Gefchlechtözeihen, männlidem und
weiblichem, verfehben wurden und dann Hermaphroditen hießen (Theophr.
Char. 16. Lob. Agl. p. 1007.). Was aber weiter die epliche und mytho⸗
logifhe Durchbildung des Hermes betrifft jo brachte die Stellung des Zeus
im olympiiden Götterſtaate von ſelbſt die Unterordnung jened Gottes unter
bieien mit fid. Er wird Sohn des Zeus und der Atlantiade Maja (Mai
— Mutter, auch Meıas). Seine Hauptthat ift bei Homer die Argostödtung
(Apyeıportrg), nad auf eine Ältere, für und faft verfhollene Sagenbildung
deutet, wovon ein Nahflaug die Dichtung bei Nonnus XIII, 27. if, wo
Hermes auf den Olymp gelaffen wird weil er den Argos getöbtet und den
Ares aus den Banden ver Aloaden gelöst, eine gleichfalls bei Homer I. V,
390. gelegentlih berühtte Sage. Auf dem Olymp iſt er der allzeit fertige,
behende, gemandte Bote und Ausrichter feines Vaters Zeus (danzoprs, vgl.
Nitzſch Odyfſ. I, 84.), was für alle Zeit der Grundzug feiner Mothologie
geblieben if. Er beißt deshalb auch der Bote deo Zeus (ſpeciell immer
diefe® Gottes, ausnahmsweiſe der Götter überhaupt), vgl. Od. V, 29. H.
in Ven. 213 ff., daher Aeſchyl. Prom. 941. ihn den Läufer des Zeus (og
—XRX Curip. Jon. 4. ſeinen Diener (Aaroıs), Pindar Ol. VII, 83. die
Ayrehiw feine Toter nennt. Seine allgemeine Stellung zur Menſchenwelt
® Das "Eguaior auf der Grenze von Mefenien und Megalovolit, YPanf. VIII,
34, 6. Aehnliche Steinhauſen ſah Strabo auch am Wege von Syene nad Phil in
Aegypten, XVII, 818. Bgl. bie Galbfieine ber Benefis, 1. Moſ. 28, 18. 30., und bie
Obos der Mongolen, Stuhr, Religionsſyft. der heidn. Wölker des Orients S. 25Lf.
x
1846 Mersurius
aber bezeichnet die Ilias XXIV, 334. durch den Ausdruck, ihm fel es bod am
lieben mit den Menſchen zu verkehren, und die Dbyffee XV, 318. durch die
Worte: Epueino ennzs diunzopov, üg 6m Te Narraoy ardgmnur ägyom
yapıy nai nödog orale, mithin iſt Hermes auch auf Erben das allgemeine
vermittelnde, fügende und bindende Princip des Menſchenlebens in feiner
prafiifgen Bebeutung und Bewegung. In der jüngeren Poeſie treten bie
einzelnen Sauptzüge feiner Characteriſtik allmälig Hervor. In interpolirten
Theilen der Odyſſee wird theils feine enge Brüderſchaft mit Apollo hervor
gehoben (VIII, 334 fj.), auf welche auf der Hymnus auf Hermes v.525f.
ein befonderes Gewicht legt, theild erſcheint er als yuyoroumög, in welcher
Eigenſchaft ſich feine pſychagogiſche Kraft vornämlich darftellt. — Iene innige
Bereinigung aber mit Apollo läßt uns in die epifche Gliederung des olympi-
fen Götterftaates einen bedeutenden Blick thun, da fie offenbar darauf an-
gelegt if, daß Apollo der allgemeine Verkündiger ber BovAn Moc, fein mgo-
gnrns fein fol, Hermes aber bie vollſtreckende rechte Hand deſſelben, fein
diarzopos. Denn der Homer zugeichriebene Hymnus, wo die arkadiſch⸗eliſche
Landeslegende vom Rinderdiebſtahle des Hermes und feiner Erfindung der
Lyra und der Syrinx dad Thema iſt, welches auch Alkäos in einem Hymnud
auf Hermes verarbeitet hatte (Bauf. VII, 20, 2. Bergk Poet. Iyr. p. 370.
und über das Verbältniß beider Hymnen zu einander und das muthmaßliche
Alter des Homeriſchen |. Voß mytholog. Briefe I. S. 93 fj.). Die Grund
beflimmungen dieſer Dichtung find der Hermes rouos und dodsog, beſonders
‚ ber Tegiere, wobei ed characteriftifch fomwohl für den Geiſt der Zeit old für
dad Weſen des Hermes ift daß biefer Bott, im ärmlichen Dunkel bes Waldes
geboren, durch feine Liſt fi den Olympos gewinnt; fo fehr bildet eben biefe
gift, dad durdaus Gewandte, auf allen Wegen Wirkiame und Geſcheide,
einen Grundzug feined Weſens. An diefen Ipeen hält dann auch die mytho⸗
logiſche Eharacteriftif der folgenden Zeiten meiflens feſt. Im praktiſchen
Gottesdienſte aber Hat ih dad Weſen des Gottes aus jenen Glementar-
beziehungen wohl fhon in heroifcher Zeit zu jenen manchfaltigen Berührungen
mit dem Menſchenleben in feiner weltlihen Geſchäfto⸗ und Uebungẽèſphaͤre
entwidelt, durch welche Hermes zu bem @otte der Hirten, ber Herolde, der
Paläftra, der Wanderer, der Kaufleute, der Diebe, der Redner gemorben if.
Eine wiſſenſchafiliche und philofophirende Richtung yflegt beſonders bie Bigen-
haft des Fouñe Aoyıos auszubilden, indem zugleih die Kombination nit
ber verwandten Ägyptifchen Gottheit beiträgt, ihm bie verfehlebenartigflen Er⸗
findungen beizulegen. In dieſem Ginne war beſonders ber Hermes bed Era
toſthenes gebichtet, welcher vorzüglich über die himmliſchen Dinge Auffcluß
gab (Bernhardy Eratosth. p. 110 ff.), und aus ber fpäteren Zeit geboren
bahin die Nuptiae Philologiae et Mercurii des Martianus Capella. Dr
myſtiſche Richiung dagegen hängt ſich beſonders an den Verkehr des Hermei
mit der Unterwelt, wodurch er almälig zu dem Mittler zwiſchen Ober: und
‚Unterwelt fchlegthin wird. @in ſchöner Hymnus auf Mercur aus ſpaͤterer
Zeit, wo ſeine Charakteriſtik kurz durchgeführt wird, iſt der von Hora
B. Gultusbefimmungen und Gigenfhaften. Unter ſeinen
einzelnen Eigenſchaften ift 1) eine ver anziehenpflen feine Luf an de
Heerde und am Hirtenleben. Daß ed ihm von ben Peiaegern ber
erb⸗ und eigenthümli mar beweist außer Arabien die Sage auf Same
thrafe, daß Saon, ter »zuorng diefer Injel, ein Sohn des Hermes und det
Porn d. 1. der Göttin der Schafheerden geweien (Welder Neid. Irilog.
S. 217. Schwenck S. 230.). In der Ilias heißt der Troer Jlioneud ein
‚Sohn des heerdenreihen Phorbas, welchen Hermed von allen Troern am mei
geliebt und ihm feinen Reichthum xıjay — pecunia) geſchenkt gabe (31V,
Merecariuıs 1847
490.), und TToAvunin, die jener ſamothrakiſchen Pn zu vergleichen iR, Hat
von ihm den Eudorod geboren (XVI, 179.). ben veehalb führt er, wie
Apollon, den Beinamen vomos oder amıundıog (Bauf. IX, 34, 3.), if in
dem Hymnus der Minderdich und BovxoAos, und ward in alten Bildwerfen
häufig als xoropopos ober mit dem Aitribute des Bockes dargeſtellt (Pauſ.
I, 3, 4. Müller Proleg. S. 355. Schwend S. 233. Gerhard Ant. Baf.
ifter Br. S. 70 ff. Panofka, die Heilgättet Srieddenl., Berl. 1845. ©. 11.).
Speciell Heilig ift ihm der Widder, deſſen Beflalt er in bieratifchen Meta⸗
morpbofen auch ſelbſt annimmt; doch erfiredt feine Sorge fi zugleih auf
die Thierwelt im weiteften Umfange, nit blos auf das Zuchtvieh, Rinder,
Schafe, Böde, Pferde (daher die Dioskuren ihre Moffe nah Stefihorus zum
heil von ihm bekamen, ſ. Bergk Poet. Iyr. p. 634.), Maulefel und Hunde,
fondern au auf die Ahiere des Waldes, Lören und Eber (Kom. Hymn.
v. 567 ff.). Indeflen iſt e8 immer nur bie Zucht und Weide der Heerde und
der dabei abfallende Reichthum welcher dem Hermes zugeichrieben wird, nicht
die Ernährung der Heerbe in der Welfe wie e8 etwa den chthoniſchen Nymphen
oder der Erde ſelbſt zukommt, nämlich durch Wacienlaffen der Futierfräuter
(Dem. u. Perf. &. 204.). Bielmehr das Hirtenleben als ſolches, mie «8
noch jet in Griechenland und Italien gelibt wird, das wandernde, rüflige,
geſchäftige und erfinnfame, eignet unferm Gotte des Verfehrs und ber Betrich“
ſamkeit ſchlechthin; daher au die Erfinnungen bed Hermes aus diefem Zus
fammenbange abzuleiten find. Im Gebirge fhlendernd findet er die Schild⸗
fröte, die In feinen Händen zur Lyra wird; die Heerde treibend bilder er bie
Syrinx; und auch auf folde Heilmittel wie Hermes fie in der Odyſſee X,
280 ff. dem Helden von Ithafa an bie Hand gibt pflegt der wanbernde Hirt
fig am beften zu verſtehen. Selbft vie Mantik der Thrien, melde Apollo dem
Hermes ſchenkt (Hymn. v. 550 ff. vgl. Lobeck Agl. p. 814 ff.), hängt damit
zufammen. Es mochte eine Art von Weiffagung fein die fi bie Hirten des
PBarnaß erfunden hatten und von Apollo und Hermes ableiteten, da Apollo
ſelbſt in jenem Gedichte v. 556. ausdrücklich ſagt: uarreins anavevde dr
dSammaloı, 1» anı Bovom nais Er’ 609 ueAsınca. Gndlich iſt der ganzen
mythologiſchen Yigur des Hermes ein gewiſſer bufolifher Grundton, eine
gewiſſe idylliſche Einfalt von biefem Heerdenleben eigen geblieben, welde
etwas vom Dufte arkadiſcher Gebirgseinfamkeit hat, bisweilen aber auch in
ziemlich derben Zügen bervortritt, z. B. in den Verſen des Hymnus v. 295 ff.
und vollends in der flarf cyniſchen Sage bei Div Chryfofl. Orat. VI. p. 103.
ed. Emper. 2) Ein anderer dem Hermes vorzüglich eignender Xebend- und
Geſchaͤftokreis ift der der Herolde, melde zum Könige oder zur Obrigkeit
überhaupt diefelbe Stellung hatten wie Hermes zum Zeus oder zur Götter⸗
melt überhaupt. Sie find die allgemeinen Ausrichter, Vermittler, Unter»
händler, die dann aber auch beim Opfer dem Könige oder dem oberſten Ma⸗
giftrate zur Hand gingen, alfo zugleich eine prieſterliche Bedeutung hatten.
So nun auch Hermes felbft ald der ideale Herold, Hear njovs, wie ihn
Heflod O. D. 80. (xjev& aYararor Theog. 938.) und Pindar Ol. VI, 78.
nennen, der theils Die Götter felbft bedient (als orwoydos nach Alkäos und
Sappho hei Athen. X, p. 425. C., ald Kampfmart bei Babıius fab. 68, 4.),
oder aber zur Schlidtung und Vermittlung freliiger Vorfälle in der Bötter-
weit und zur Ausrichtung von Beichlüffen des Zeus dient (Hom.H. in Ven.
213 fj.), wovon unten genug Beilriele vorkommen werben. Ovid Fast. V,
665. nennt ihn den allgemeinen Vermittler des Friedens und der Ordnung
bei Obern und Untern, in welcher letzteren Sphäre durch ihn das Verhältniß
der Verfephone zum Gemahl und zur Mutter nach dem Rathſchluſſe des Zeus
rechtlih begründet wird. In der reltgidfen Function eines Opferheroldes
erſcheint Hermes In Ariſtophanes' Frieden v. 481. u. bei Cic. de Div. I, 23.,
1848 Mercurius
und dad eleufinifhe Geſchlecht ver Hierokeryken nannte ihn beöhalb feinen
Stammvater (Bauf. I, 38, 3.) Auch im Hymnus v. 115 ff. zeigt er ſich
als Eundigen Opferer, und Diodor I, 16. ſchreibt ihm überhaupt bie Erfin⸗
dung des Gottesbienfled zu. Im Dienfle des Zeus Trophonios zu Lebadea
biegen die Opferfnaben Epuai (Pau. IX, 39, 7.), und eine ähnlike Be
deutung mag au jener Hermes Kadudos in ver Kabirengrupye zu Samos
thrafe gehabt Haben, da wenigſtens bei ven Etruskern camilli die dienenden
Opferfnaben hießen (Serv. zu Birg. Aen. XI, 543. u. 558.; vgl. Müller
Gtrusf. II. S. 70 ff. und oben Bd. II. ©. 111... Ganz beſonders aber
machte ſich dieſe Bedeutung des Hermes als des Heroldes in welilicher und
geifllider Beziehung in dem Dienfle von Tanagra geltend. Man zeigte in
ber Nähe dieſer Stadt einen Berg Knrovaıor, den Seroldäberg *, mohin die
Geburt ded Hermes verlegt wurde (Pauf. IX, 20, 3.), und hatte in ber
Stadt ein Heiligthum des Hermes xpiopopos, mit der Legende, daß Hermes
die Stadt von einer Peſt dadurch befreite daB er einen Widder um die Stadt trug,
weshalb beim Felle des Bottes der fchönfte Cphebe mir einem Kamme auf der
Schulter um die Stadt gehen mußte, was offenbar bie Bedeutung einer Luſtration
bat; wie denn Hermes und Athena auf Geheiß des Zeus bei Apollopor II,
1, 5. auch die Reinigung der Prötiden vollziehen. Bemerkenswerth if endlich
noch die Inschrift einer Herme bei Welder Sylloge Epigr. Gr. n. 136., wo
Mercur wegen tiefer geiſtlich vermittelnden Eigenſchaften fogar Precum mi-
nister beißt, berjenige der das Gebet wirkſam macht; fowie e8 auf ber andern
Seite ald eins der —** Wortſpiele der Alten hervorgehoben zu werden
verdient daß man dem Hermes als dem idealen Herolde, der alſo auf
vor Allen Ayvgpwros war, den Fiſch Bocs beiligte (Aihen. VII, p. 287.).
Ueber das Symbol des Herofpäflabes |. S. 1860. 3) iſt Hermes dokıos
(Soph. Philoct. 133. Arifloph. Plut. 1157.), wie fdon bemerkt eine weſent⸗
lie Beflimmung feines abjolut draſtiſchen und anfchlägigen Weſens. Schon
die Iliad hebt XX, 31. dieſe Schlauheit des Hermes hervor, mit einer ähn⸗
lien Wendung wie die Phoronis bei Etym. M.p. 374, 28., und bie Odyſſte
XIX, 395. fagt von Autolykos, dem Brofpater bes Odyſſeus, oc ardgwnovs
änenacto nAenzooum ©' Opno Te’ GBeog 68 ol avrog Edwass Epueiag XtA.,
vgl. Schwend S. 235. Bel Heflod O. D. v. 67 ff. u. v. 76. gibt Hermeh
ver Pandora, dem erflen Weihe, bei ihrer Ausflattung durch bie Goͤuer
wevden © aiuvAlovg ta Aoyovg ai enixAonor 7905, und vollends reih an
Wendungen und Uusprüden für dieſe allen Schwierigkeiten gemachfene Geiſtes
Eraft des Hermes iſt der Hymnus, in welchem er deshalb moAurgorog heiß
aluvAouneng, Aniorye, vuntög Onwrneno, nAswipoos nA. In ven Zubıln
des Babrius fab. 57. erſcheint Hermes mit einem Wagen voll Lügen und
Ränken dur bie Ränder fahrend, bis die Araber ihm die ganze Ladung
abnehmen. Daher iſt auch Hermes überall zugegen wo etwas liſtig aufs
führen, durch feine Praktifen, wie befonderd verwickelte Gelegenheiten fe
gebieten, zu erreihen if; für welde Art von Ihätigfeit ber charakieriſtiſche
Ausprud nase ift, wie 3. B. II. V, 390. sfenkeyper Are, vgl. I. XXIV, 4.
wo es fich um die Entwendung des Leichnams Hectore handelt, uud Anton.
Kib. 33. Daher iſt er denn überhaupt callidus quidquid placuit iocoso
condere furto, und ein Hort der Diebe, f. Hymn. v. 66. u. 175., mo !!
gnAntsor ogxauos heißt, vol. Hipponax Choliamb. fr. 1. Bergk. Ueber⸗
haupt ſtammen geſcheide Einfaͤlle und außergewöhnliche Erpebientien vom
Hermesd, daher ed auch Orakel dieſes Gottes gab, wie dad zu Pharä, vgl.
._
Auch Hei Epheſos gab es einen Berg Krpumor, wo Herikes ber One u.
a Bet dei Beuß bie Geburt ber Artemis verkündete, Xheoguoft, p. 129, 8. Guid-
eſpch. 8. v.
Bauf. VII, 22, 2. WBelder Rhein. Muf. N. 8. 1. ©. 216. 4) Hängen
mit diefer geifligen Beinheit bes Hermes aufs engfte feine Erfindungen
und bie Eigenidaften des Eounjc Aoyıosz zufammen. Unter jenen if bie
Erfindung der Keier die hervorflehennfte, daher ihn Horaz curvae lyrao pa-
rentem nennt, und Amphion von ihm bie Keler empfängt nad dem Berichte
der Guropa und der Dichterin Myro bei Bauf. IX, 5, 8. vgl. Apollob.
m, 3, 6. Wie aber bie Babel viefe Erfindung aufs engfte mit feinene
arkadiſchen Walpleben verbindet, fo deutet auch die Brfindung ber Syrinx
auf die Cinſamkeit des Heerdenlebens; obgleig mit Gornut. c. 16. anzuer⸗
kennen if daß die Erfindung ber eier, worin das Wiperfirebende zur
Symphonie ausgeglichen iR, zugleich feiner allgemeinen Bebeutung als des
Mittlers finnig entfpriät. Nun aber ift Hermes als duunzopog zugleich noth⸗
wendig hoͤchſt gewandt in der Rede, daher e8 ein —**
war, dem Hermes ſelhſt nicht glauben (Strabo II, 104.), und daran knüpfen
rtlicher Aubbruck
AH diejenigen feiner Cifindungen um deren willen er den Namen Aoyıos führt.
BeiHcflopO.D.v. 79. gibt Hermes fon der Pandora Stimme und Namen,
was bereitd auf einen Anfang derjenigen Gedankenreihe deutet welche Horaz
voNfländig außipriht in den Werfen: Mercuri, facunde nepos Atlantis,
Qui feros oultus hominum recentum Voce formasti calus et decorae More
' palaestrae, denn auch feine gymnaſtiſchen Stiftungen find aufs — mit
feiner GCigenſchaft alo dsanzopos verbunden. Und daſſelbe ſpricht Ovid Fast.
V, 669. aus: Quo didicit culte lingua favente loqui, fammt vielen Andern,
vgl. Aelian. H. A. X, 29. Orph. Hymn. XXVII, 4. Die Inſchrift Bet
elder am a. D. Er wurde dadurch zu dem Gotte der Mebner (Lucian.
Pseudol. 24. Horc. 4.), man weibhte ihm die Zunge der Opferihiere (Ariſtoph.
Pac. 1062. Athen, I, p. 16.B. Schol. Opnfl. I, 832.), und fagte in
Augenbliden ploͤglich ſtockender Unterhaltung, wo es bei’ uns beißt, ein Engel
fliegt durchs Zimmer, bei den @riechen 'Eouncs enuojide (Plut. de garrul.2.).
Bollenns pflegen philofophirende Mythologen ven H. Aoyıos auszubeuten.
Sie nannten Ihn den allgemeinen äpunsevg, der bie Sprache und damit über⸗
haupt die Moͤglichkeit des Gedankenausdruckes gegeben babe, ben vous und
das Princip aller Erkenniniß, ben Aoyog rpopopmos u. f. w. (Died. Sit.
V, 75. Maerob. Sat. 1,19. Gormt. d. n. d. 16. Hygin. fab. 188. Orph.
Hymn. XXVIII. Serv. zu Virg. Aen. Vi, 608. u. 749. u. A.), während
auf der andern Seite vie Sombination des ägyptiſchen Hermes mit bem helles
niſchen biefem letzteren nun aud viele aftronomifche und techniſche Erfindungen
mittheilte (Strabo XVII, 816. Diod. I, 16. V, 75. Blut. Sympos. IX, 8.
Hygin. fab. 277. Creuzer Symb. II. ©. 101 ff.). Auf viefem Wege entfland
mit der Zeit dad Bild bed Hermes romusnoros (Greuzer am a. O. ©. 287 ff.).
5) Auf der andern Geite fließen aber aus jener Grunnbefiimmung bed dax-
2opog wie gejagt auch die Eörperliden Gigenſchaften des Hermes, daß er,
ſelbſt flink und räfig und jugendlih, auch der männlichen Jugend durch
gymnaſtiſche Oliederübung dieſelben Gigenſchaften mitihellt, und ſelbſt voll
Anmut und Liebenswürdigkeit, dieſe auch Menſchen und menſchlichen Unter⸗
nehmungen verleiht. Schon bei Homer iſt Hermes ein lieblicher Jungling
dem ber erfle Bart ſproßt (Il. IXXIV, 346. Odyss. X, 278. Danach Birg.
Aen. IV,558.). Der Hymnus auf ihn hebt mir Abſicht feine ſchnelle koͤrper⸗
lie Entwidlung hervor und bewundert die Kraft mie ex mit den ſtarken
Rindern umgeht (v. 117.: Syramc 84 oi änisso nalin). Zu Metayent
verehrte man ihn als den Flinken (evroAos, Heſych. s. v.), mie er ja Onar
ayyelog wxug und Aös rooyıs iſt, und Irözen nannte ihn woAvysos (mohl
aolvyvsos, Bauf. II, 81, 13.) in einem Bilde an welchem der Gage nad
Herakles feine Keule abgelegt Hatte. So liegt «8 in der natärkien Gonfee
quenz feines Weſens, daß er als ayarıoc ober dsayasıac ber weruce⸗
W.
1880 Mexenzius
Jugendbilbung vorzugsweiſe vorfieht. So bei Pindar Ol. VI, 78. Pyth.
M, 10. Nem. %,51. Isthm. I, 60. vgl. Böckh expl. Pind. p. 471. Horazens
Worte find ſchon angeführt; Ovid Fast. V, 667. nennt ihn nilida laetum
palaestra. Als Vorſteher der Turnerfugend wurde er zu Metapont unter
dem Namen naıdonopos verehrt (Heſych. s. v.), und als Ephebe unter ven
Epheben erfheint er zu Tanagra, wo er ald noouayos an der Spige der
Gymnaflaljugend mit der Striegel den Feind von den Mauern der Gtadt
zurüdjagt (Pauf. EX, 22,2. vgl. Tzetz. zu Lycophr. v. 680.). Daber galten
Paläſtra und die Gynmaflen für feine Stiftungen, waren ihm heilig, nad
ihm benannt und voll von feinen Bildern (PBauf. I, 2, 5. Gero. zu Virg.
Aen. VII, 138. Müßer Handb. d. Arch. $. 380, 1.) und murben ihm an vers
fiedenen Orten Rampfipiele unter dem Namen der’Eouac gefeiert (Bauf. VIII,
414,10. Sol. Pind. Ol. VII, 156.). Wird die Art des Kampfes worin er ſtark
war, angegeben, fo ifl eö der Baufllampf oder der Lauf (Korinna bei Apollon.
de pronom. p. 355. C. $Serafl. de incredib. 9.), denn Kraft und Gewandtiheit
der Hände und Füße find Hauptſachen am Suanzopos. Invefien rühmen bie Alten
nicht 6108 die Stärke feiner Glieder fondern aud deren Anmut. Anafreon
vergleicht die Hände feines Bathyll mit denen des Hermes (XVI, 31.), und beim
Homeriben gibt Apoll ihm feine Chrenämter, yaoır 6’ emadıne Koorios, v.575.
Infofern iſt er ſchon bei Homer der allgemeine Anmutsverleiher (Odyss. XV,
328.: öc da ze narıws ardounwy äpyom yapır nal xudog omale), und
wurde als zapuöweng angerufen und verehrt (Som. H. XVII, 12.), Letered
Befonders auf Samos, wo ihm unter diefem Namen ein Feſt gefeiert wurde
an welchem zu fehlen erlaubt war (Plut. Q. Gr. 55.). Anderswo Reit
ihn Plutarch mit Hinſicht auf fein Redneramt mit den Chariten zuſammen
(de rect. rat. aud. 13.). 6) Weiter iſt Hermes als ösanropos auf der
Spott der Wege und der Wanderluſt, und, was unmittelbar damit
zufammenhängt, des Gewinns ber untermegd abfällt oder durch wandernde
Rührigkeit, duch Handel und Wandel, erworben wird, enblih auf
der Führer und Beleiter auf ſchwierigen Wegen. Daber ak
Wege feiner Verehrung voll waren und jene Steinhaufen oder bie Hermi
pfeller an den Straßen und auf Öffentliden Plägen immer an den rührigen,
emfigen Gott aller Betriebfamkeit erinnerten. Er bat infofern die größte
Aehnlichkeit mit dem römifhen Janus, und ift wie biefer ein Bott des Gin
ganges und des Ausganges. Daher iſt er arpogaiog ober orpopevs, deſſen
Bild an den Pforten und Thüren fland (Ariſtoph. Piut. 1151. Heiyd.
Phot. s. v.) oder ald mooraos am Cingange von Tempeln (Paul. Di
10, 2.), und aynıwp (&enoph. Rep. Laced. 13, 2. Heſych. v. arıozap),
svoßıog und Aiysuonos, welchem bie Athener bei Kriegszügen opferten (Ariſtoph.
Plut. 1159. Bödh Staatöh. II. 254.). Und weil ber Handel der Altın
zecht eigentlich ein Wandel war, ein mühlames und unfletes Leben mit ſich
brachte und, überall auf perfönliher Vermittlung beruhend, eine bei weiten
rüfligere und gewandtere Thätigkeit forderte als unfer Gomtoirhanbel, fo iR
Hermes ferner auch zumoiniog, enmınolmios und Maispmarnlog (Ariſteph.
Plut. 1155. Heſych. v. ammoraios. Cornut. c. 16. p. 169. nennt ihn
sunopioy &morazns), daher er in der Heraklesſage biefem Helden als Ber-
Täufer zur Geite flcht, ald das Orakel Knechtſchaft von ihm forderte (Apollod.
11,6,3.). Borzügli aber tritt dieſe Cigenſchaft in dem roͤmiſchen Mer
curinspienfte hervor, welder Name felbft ganz einfeltig dieſe Vorſtellung
ausbrüdt (Plaut. Amphitr. Prol. Serv. V. Ae. IV,638.). Es war ihm im
3. 259 d. St. ein Tempel beim Circus Maximus erbaut worden, und auf
vor ber Borta Capena befand ſich ein Altar viefes Bottes neben einer Quelle.
Befonvers bie Kaufleute verehrten Ihn, und fein Feſt fiel auf den 15. Mai, an
welchem Tage ber Tempel geweiht worden war (Ovid Fast. V, 669 ff. Hartung
ieremumiun 41851
el. d. Röm. II. 260. Schwenck Mythol. d. Rom. S. 178 ff). Gewiß
galt au in dieſer Sphäre vorzüglih die Kraft des H. BoAsos, allein man
kannte au einen Eoung Sixaog (auf einer Inſchrift von Argod, melde zu-
Iegt Welder Rhein. Muf. R. F. I. S. 218. beſprochen), welcher wahrſch.
den Borfland des redlichen Handels bebeutet. Als Gott des Gewinns aber
iR ex xeodnos, In welcher Cigenſchaft man ihn neben Zeug xunmog verehrte
(Alciphr. IM, 47. Lucian. Timon c. 41. Die Infchrr. bei Murat. 346, 2.
Dreli Nr.!i404. Mercurio potenti et conservatori), wahrſcheinlich auch im
Innern der Häufer, gleih den Penaten am Herde und in der Nähe der
Borrathöfammer, wohin Kalim. H. in Dian. 68. zu deuten ſcheint, wo
Hermes Swuaros 8% uvyaroıo hervortritt, mit Ruß geihwärzt, um als Po⸗
yanz bie Kinder zu fehreden. Borzüglih dankte man ihm aber ben uner-
warteten Gewinn, was wieder auf feine Natur als des Gottes der Wege
zurüdführt, denn jede Gabe der Art nannte man äpuaor, svepuie, Epuov
wos, und wie wir bei foldem Zunde zu fagen pflegen Halbpart! fo fagte
man bei den Briedden ‘Eouiic xomos, womit indeſſen auch ber Vermittler und
Briedensflifter Hermes bezeichnet wurde (Diod. Sie. V, 75. Gornut. 16.
Etym. M. p. 291, 40. Spanh. zu Kallim. in Dian. 70. Dem. u. Perſeph.
S. 203.). Deshalb iſt Mercur auch Glücksgott überhaupt und als folder
Vorſteher des Würfelfptels, welchem zu Ehren die Loſenden ein Delblatt
unter bie Lofe warfen (Ariftoph. Pac. 365. Heſych., Phot.v. Eouov xA700s.
GEuftath. zu Hom. p. 675, 53. 999, 10. 1397, 27.). Endlich 7) feine
pſychagogiſche Kraft, melde fi freilich nicht wie bie meiſten ber bisher
behandelten Gigenfhaften aus der epiſchen Beſtimmung bed dsanzopos ab⸗-
leiten läßt, wohl aber mit jener allgemeineren Natur der im weiteflen Sinne
des Wortes demiurgifchen und draftiihen Kraft, die burch Alles hindurchgeht
und in Allem thätig if, unmittelbar zuſammenhängt. Es if aber überhaupt
das Seelenleben in welchem Hermes thätig ift, beſonders in ben Zufländen
wo die Seele als folge thätig ift oder leidet, fomohl während bed Lebens
der Menſchen als nad dem Tode. Go fohläfert er ein, den Argos Panoptes
dur feine Syrinr, die Wachen der Griechen durch feinen Zauberflab (I.
XXIV, 349. 445.). Gr fendet dann aber au Träume, iſt 7yrzwo oreipev
im Hymnus v. 14., oresporounos und mie man ihn fonft deshalb nannte
(Euftarh. zu Som. p. 1574, 36.). Man betete zu ihm und opferte vor dem
Schlafengehen, brachte fein Bild nahe bei Schlafenden an, bamit fle freund»
licher Träume gewiß wären, und ber Schlaftrunt ſelbſt womit man ben Belt
um gute Träume bat, hieß Hermes (Odyss. VII, 137. u. dazu Nitzſch.
Apollon. Rhod. IV, 1732. Apollo. bei Schol. Od. XXIH, 178. Plut.
Sympos. 7, 9. Philoſtr. Her. 10, 8. Pollux VI, 16, 100. then. I,
p. 16.B.). Aber auch die außerordentlihen und ekſtatiſchen Zuflänve ber
Seele jhienen vom Hermes zu kommen, wie wenn Aethallides, ein Sohn des
Hermed, auf deſſen Namen nachmals Pyihagoras Anſpruch gemacht haben
ſoll, fi vom Vater her der Babe rühmte, feine Seele beliebig vom Körper
trennen und mit ihr in der Unterwelt fein oder auch wieder mit dem Körper
vereinigt auf der Erde leben zu koͤnnen (Apollon. Rhod. Argon. I, 640 ff.
Pherekyd. bei Schol. 3. d. St. Herakl. Bont. bei Diog. Laert. VIII, 4.).
Ganz befonders aber galt Hermes für den wyuyomounog, den Führer der
Seelen in die Unterwelt, in welder Bunction er zuerft in dem jüngeren An⸗
hange der Odyſſee erfgeint (XXIV, 3. A.), und als Führer des Herakles,
als diefer den Kerberos Holt, neben der Athena in Odyss. AI, 626., welche
Stelle au interpolirt il. Daher die Lehre ver Pytbagoreer, daß Hermes
ber allgemeine Herr der Seelen ſei (rapias rar yuyar) und deöhalb zou-
nevg und avAaios und yBorog heiße, weil er nämlich alle Seelen der Ver⸗
flosbenen, vom Lande und vom Meere ber, in bie Unterwelt bringe (Ding.
BR Binnpenniun
Laert. VII. 8t.).. Und In ‚ver That werden bie Velwörter zoumos, zou-
neV5, nounaios, obgleich fie bismeilen au von wer Führung überhaupt
ſtehen (Aeſchyl. Eum. 90.), doch insbeſondere immer von ber Geelenfährung
der Berflorbenen gebraudt (Soph. Aj. 832. mit der Note von Label, Oed.
Col. 1348.). Berner hieß er deöwegen 7Ionos und zählte zu den chihoni⸗
fhen Böttern (Dem. u. Perſeph. S. 204 ff.). Im Culte trat dieſe Cigen⸗
Haft beim Aodtenpienfle befonders hervor. Man pflegte ihm bei Tode
fällen zu opfern, zu Argos am breißigiten Tage nad dem Tode (Blut. Q.
Gr. 24.), und feierte ihm zu Athen um bie Zeit der Antheſterien das Feſ
der Chytren, weil man um dieſe Jahresoperiode an ein Emporkommen ber
Geifter glaubte (f. Bd. 3. S. 1062.). Au bei den Xobtensrafeln und
Todtenbeſchworungen, fo mie an ben dazu gebelligten Stätten ber Pſyche⸗
ponipeen, war Hermes eine Haupigottheit, weil er die Seelen ſowohl hinauf
als Hinabgeleiteie, in welcher Bedeutung er beſonders bei Aeſchylus erſcheint,
in den Perſern v. 629. und den Choephoren v. 124. 147. vgl. ben für de
ſchwoͤrung von Verſtorbenen beſonders characteriſtiſchen Chor Pers. 623 fi.,
wo zur Erde, zum Hermes und zum Aidoneus gebetet wird: äuıpar' erepdk
7 dc pas url. Daher er auch in dem Hymnus auf Demeter und auf
dwerken als derjenige erfcheint welcher Perſephone, die Beifterfünigin,
zum Hades hinab und wicher beraufgeleitet, und unfer Gott zu bem gefelerien
Boten und Vermittler zwiſchen Ober» und Unterwelt wird, wie es fon im
Synmus anf ihn v. 572. Heißt: olor 8’ eig Aidır Terelsoudror ayrelor
iv; vgl. Aeſchyſ. Choeph. 165. 727. Sor. Od. I, 10, 17 ff. Duis Fast.
V, 665. Serv. zu Virg. Aen. VIII, 138. u. U.
C. In der Mythologie des Hermes laſſen fi die Sagen ven
feiner Geburt, die damit eng verbundene von feinem Rinberbiebflabl und der
Erfindung ber Leier, ferner diejenigen unterſcheiden welche ihn als dsantogos
in dem einzelnen Alten der Bötter- und Hersenfage characterifiren, die von
feinen Liebſchaften und Abkoͤmmlingen, und enblic die ſyſtematiſtrenden Mytho⸗
Iogumene Späterer. 1) Die Geburt des Hermes wird gemwößnlid auf bad
arkadifge Kyliensgebirge verlegt (Sefleb Bei Schol. Pind. Nem. II, 16.)
daher er KuAknnos heißt (Apollod. fr. p. 399: ed. Heyne), ober, von Dt
Mutter, Maundevg Kurios (bei Sipponar Jamb. fr. 30. Berg). Di
Mutter ift ald Bergmutter gedacht (Mao ovpein bei Gimonited, nad
Athen. XI, p. 490. E.), welche den Hermes in einfamer, fehattiger Grotte
ded Gebirge von Zeus empfängt und gebiert (Hymn. v. 4-9. vgl. Hyme-
ZVEL); wobei ed characteriftiih if, wenn der kaum geborne Hermes IM
Hymn. v. 166. feine Berflagenbeit bie trefflihe Kunft nennt durch wei
er ſich und die Mutter aus der bumpfen, garfligen Höhle zu Ghre und Melch⸗
ihum bringen und dem Apollo an Anfehen gleich fein werde. Zu Aanagia
aber glaubte man an feine Geburt auf dem Berge Knovmor ( auf. I
20, 3.), und Bei Philoſtrat. V. Apollon. V, p. 91. ed. Kayſer wird ?
Geburt auf den Olymp verlegt, dort im Zuſammenhange einer finnreichen
Sage welche Beachtung verdient. Aeſop, heißt es, ſei ein Hirte Phryglen⸗
geweſen, der ben Hermes verehrt und von dieſem beshbalb bie Apierfabel *
fenkt bekommen habe. Schon hatte Hermes alle Arten von Weisheit pi
Erfindfanfeit weggegeben, ohne ben frommen Hirten zu bedenken. 23
denkt er der Horen, die ihn auf dem Gipfel des Olymps genähtt (e *
Imagg. I, 26.), wie fie ihm als Kind vie Fabel von der Kuh erzählt, *
dieſe von ſich ſelbſt und von der Erde zum Menſchen gefagt habe, un
welde Erzaͤhlung beim Hermes bie Liebe zu den Rindern begründet .
So habe er dem Aeſop bie Kunſt der Fabeldichtung verliehen, mit Dei
ſcheide, Daß er ſelbſa zuern in biefer Form gelerm habe. 2) Die Babel *
Ainderdiebftahle des Hermes wird außer dem Hymnud mit verſchieder
Bianeurius 4883
Ab weichungen erzählt over beräßrt von Apollodor IN, 10, 2., Anton. eib. 23.
(nach Nicander, Heflod u. A.), Schol. H. XXIV, 24. (nad Eratofthened),
Dvid Met. II, 676—707., Bhilofrat. Imagg. I, 26. Bei Sophokles hieß
Hermes dieſes diebiſchen Meiſterſtückes wegen Boondeyw, nad Athen. IX, p.
409. C. Der Hymnus hebt das raſch gezeitigte, behende und verſchlagene
Wefen des Gottes mit beſonderer Beflifſenheit hervor (v. 13—21.). Gl
nach ſeiner Geburt gelüſtet es ihm nach den heiligen Heerden ber Götter,
weldde Apoll in der Landſchaft Bierien unter dem Olymp bütet, und fo madt
er ſich denn an das klaſſiſche Diebeswerk, jened Meifterküd bukoliſcher Bers
ſchlagenheit, welches auch in der ttaliihen Babel vom Cacus und Herakles
iedertlingi. Mit der Dämmerung ſchleicht er, in ſein Betttuch gehüllt, aus
feiner Groite, findet glei vor dieſer die Schildkroͤte, deren Schale unter feinen
erſindſamen Händen zur Lyra wird (v. 24—67.). 8 ſtieß an ben Kyllene
ein anderer Berg, XeAvödper genannt, wohin die Ortöfage diefen Bund und
die Anfertigung des Infruments verlegte (Pauf. VIIL, 17, 4.), aber es if
vieleicht daß Urſprünglichere wenn bei’ Apollodor die Erfindung ber Beier
erft nach volführtem Diebftahle gefhieht. Liſtig weiß er nun bie Rinder zu
entfernen, ihre Spuren und feine eignen Bußftapfen zu verbergen (vgl. bei.
Anton. 2i6.), und treibt feine Beute in berfelben Nacht über Berg und Thal,
fo daß ihm nur ein Alter bei Oncheſtos fieht, dem er Verſchwiegenheit an»
empfiehlt. Bei Pylos in der Landſchaft Elis bringt er fie in verborgener
Grotie am Meereöfirande unter, opfert und begibt fi mit der eıflen Frühe
des Morgens wieder zur Mutter in die Grotte auf Kyllene, ohne daß ihn
Jemand bemerft. Wie ein Nebel ſchlüpft er hinein, ſchmiegt Fi in feine
Wiege und flellt fich fehlafend (v. 68—181.). Nun mat Apoll ſich auf,
feine Rinder zu fuchen, trifft auf jenen Ulten bei Ondeftoß, der ihm auf bie
Spur Hilft, eilt nach Polos und darauf zur Höhle der Maja (v. 182—251.).
Sermes legt fich aufs Lügen, Apoll will ihn zwingen, aber. Hermes entſchlüpft
ibm ; ein Weitflreit der kindiſchen Liſt und Unverſchämtheit mit Apollinifher
Gravität und Gewalt. den die Poefle und bildende Kunft mit befonderer Luft
verfolgt und audgemalt hat (Hymn. v. 252—303.). Dem Altäos fol «8
nachgebichtet fein wenn Hermes bei Horaz Od. I, 10, 8—12. (mit der Anm.
bes Porphyrien), während Apoll ihm droht, diefem die Pfeile aus dem Köder
ſtiehlt, wie auch Schol. Il. XV, 256. u. Philoftr. Imag. I, 26. erzählen;
und aus verfelben Duelle oder von Eratofihened mögen jene andern Züge
beim Schol. I1.XXIV, 24. flammen, wo das angegebene diebiſche Gelüſte des
Hermes dadurch motivirt wirb daß Zeus viebifcher Welfe der Maja beige
wohnt habe (dr zul Zeüs nAswas zn» Hocy sulyn Maig), und_ der erfie
| Audbrud diefes Gelüſtes darin befleht Daß er feiner Mutter, als fie ſich mit
den übrigen Atlantiaden badet, bie Kleiver fliehlt, jo daß die armen Nymphen
in ihrer Blöfe dem Kinde zu Spott und &elädter werben. Im Hymnus
entſchließen die göttlichen Brüder ſich zulezt den Handel vor den gemein«
ſchaftlichen Bater Zeus zu bringen, vor welchem Hermes nun gleichfalls fo
naürlig und fo prächtig lügt, daß Zeus ſich des yflfjigen Söhnleins von
Herzen freut und lachend beide fuchen gehn heißt (v. 804--396.). Nun
finden ſich die Minder denn au bald, in jener Grotte bei Pylos; Hermes
; aber läßt jegt fein neu erfundenes Saitenfpiel vor Apoll erklingen und tauſcht
dafür die Rinder ein, während er für ſich felber Die Syrinx erfindet (v.
397—512.). Darauf Eehren fie zurüd auf den Olymp und fchließen bie
innigſte Brüderſchaft. Keiner iſt dem Apoll fo Tieb wie Hermes; er fchenft
ihm die golone Ruthe und fegt ihn zu allen Ehrenämtern ein welche Hermes
fortan im Götterflante bekletvere, und Zeus fügt von ſich ſelbſt aus nur bie
Anmut Hinzu (v.513—580.). So der Hymnus, in welchem der Zuſammen⸗
bang nur leider durch viele Lücken und Interpolationen ſehr entftelt if. In
1854 Mercurlus
den Erzählungen der Andern iſt außer Eleineren Nebenzügen beſonders das
Locale verſchiedentlich modificirt. So ift bei Philoſtrat. der Olymp ſowohl
der Ort der Geburt als des Raubes und Verſteckes, wodurch die Handlung
fo viel mehr Einheit bekommt, dafür aber auch das geiſterhaft Wunderbare
wie ed der Hymnus an mehr ald einer Stelle geltend macht, verloren geht.
Umgefehrt treibt Apoll bei Ovid feine Heerde in Eli und Meffenien, wos
durch jene @inheit des Orts auf andere Welfe erreiht wird. Zugleich kommt
bier ein Zug vor, welcher fih auch bei Anton. Lib. wiederholt, nämli das
artige Epiſodion von Battod, dem perfonificirten Plauderer, anftatt jenes
Alten bei Oncheflod. Bel Antonin, der in feinen Localen Angaben beſonders
eract ift, treibt Hermes bie Rinder durch das Gebiet von Tegea und dann
bei dem Lufäifhen und Mänalifchen Bebirge vorbei bis zu einem Orte
welder die Warte des Battos (Barrov ronıei) hieß. Diefer, der oben
auf dem Berge wohnte (bei Ovid ift er Hirt des reihen Neleus und treibt
bie edlen Heerden feiner Stuten), fleht von feinem Lugorte den Diebflahl,
aber ſchwört nichts zu verrathen. Nun birgt Hermes feine Beute in der
Grotte bei Polos, deren Lage Antonin wieder fehr genau bejchreibt, kommt
in verwandelter Geſtalt zurüd, um die Verſchwiegenheit des Battos zu prüfen,
der ſchlecht Hefleht und dafür in einen Zelfen verwandelt wird. Offenbar
liegt Hier ein Spiel der Natur, dad man an einem der Elis und Meſſenien
begrenzenden Berge beobachtete, zu Grunde, ein Belfen welcher der Kigur
eines alten Mannes ähnelte und melden Ovid deshalb Index nennt. Au
jene Grotte des Hermes am weſtlichen Meeresgeſtade mar etwas Wirkliäed,
vgl. D. Müller, die Hermesgrotte bei Pylos, In den Hyperb. Roͤm. Studien
S. 310—316., der diefe Grotte in der jetzt f. g. Grotte des Neſtor nad-
weist, eine Stalektitengrotte oberhalb des fandigen Meerufers, unter dem Bor:
gebirge Mefieniens, worauf Pylos oder Koryphefion Tag, vgl. Exp. Scienlif.
de Mor6e pl. 6. u. 7. Es fällt dadurch auf verföhlenene Stellen auch dei
Homer. Hymn. ein überraſchendes Licht, namentlich auf v. 124., in melden
Verſen Müller ſcharfſinnig eine Beziehung auf irgend ein Spiel ver Natur,
wie es In Stalaktidengrotten vorzufommen pflegt, vermuthet. Apollodor, drt
mit Ausnahme weniger Züge wie der Hymnus erzählt, kennt vie Zabel vom
Battos nicht, fondern Apoll frägt bet ihm die Leute in ber Gegend von
Pylos, welche ihm blos im Allgemeinen Beſcheid neben Können, mie jene
Alte von Oncheſtos. Er wird aber durch fein weifſageriſches Vermögen dei
Sufammenhanged inne und geht deshalb auf das Kyllenegebirge. Hetnah
fauſchen die Beiden Lyra und Rinder, Hermes aber erfinvet ſich, diefe treibend,
die Syrins. Apoll will auch diefe haben und gibt ihm dafür den golbnen
Stab und 777 dia 709 yrywr narıınyy, vgl. Heyne zu d. ©t. und Kopıd
Agl. p. 814. Zeus dagegen macht ihn zu feinem eignen und ber unterindb
ſchen Goͤtter Herolde. Die Stehlereien ded Hermes treibt endlich Lucian
Dial. D. 7. am weiteſten, wo Hermes ald neugebornes Kind dem Voſeidon
feinen Dreizad, dem Ares fein Schwert aus der Scheide, dem Apoll Bogen
und Pfeile ftiehlt. 3) Mythologiſche Charackeriſtik des Herme!
dösaxrtopos und anderer Eigenſchaften. Denn in den verſchiedenfen
Zügen greift Hermes in die Goötter⸗ und Heroenfabel ein, am meiſten alt
Bote, Ausrichter, Herold des Zeus, aber auch als ver pfiffige Menſchen⸗
und Heldenfreund, der in allen ſchwierigen Zälen mit Tifliger Auapilfe gut
Hand iſt, die er In Form von Rathſchlaͤgen oder auch magiſchen Heilmitteln
und Inſtrumenten verfolgt, oder als ver görtlihe Geleitsmann, ober alt
Yonos und dyanıos, ale Handelemann, Nefropomp u. f. m. Hier blos eine
kurze Ueberficht, zum Belege wie dankbar die Figur eines ſolchen Gottes Ne
jede epiſche Ausdichtung war. In der Goͤttergeſchichte kämpft er gegen die
Giganten unter der Tarnkappe des Pluton (Apollod. I, 6, 2.), mad wisder
Merturius 1855
ein Ausdruck feiner diebiſchen Natur ift, führt im Hymn. auf Dem. v. 335 ff.
die Perſephone aus der Unterwelt zur Mutter zurück, entführt im Öymn. auf
Aphrodite v. 213 ff. den Ganymedes; flicht als Ausrichter des Zeus den Irion
aufs Rab (Hygin. fab. 62.), jo wie er au den Prometheus an ben Felſen
ſchmieden Täßt (Aeſchyl. Prom. z. U.), bringt dem Bpimetheus bie von ihm
mit ben verfänglihften Gaben ausgeftattete Pandora (Heſiod. O. D. 83.).
Befonders häufig aber bient er zur Mettung und Ueberbringung von Bötter-
kindern, wie er 3. B. den Dionyſos aus dem Feuer rettet und nachmals
wieber vom Zeus empfängt und zur Ino ober den Ammen von Nyfa bringt
(Apollon. Rhod. Argon. IV, 1137. Apollod. IH, 4, 41.), vie Dioskuren
nah Pallene (Alkman bei Pauf. II, 26, 2.), den Ariſtäos nad feiner
Geburt zu den Horen bringt (Pind. Pyth. IX, 59.), den Aeklepios aus der
Flamme des Scheiterhaufend reitet (Pauſ. II, 26, 6.). Wie alt und ber
rühmt fein Antheil an ver Sofabel als Argostödter war iſt oben angemerkt;
und doch iſt die epiihe Grundbeſtimmung wohl auf nur das Liflige und
Gewandie ver Art und Weile geweſen wie er den Auftrag bed Zeus, xAsıyaı
an» Boör (Apollod. II, 1, 3.), dem allſehenden Argos gegenüber ausführte.
Einen fehr bedeutenden Antheil hatte er auch an ber Perfeusfabel, wo er den
fühnen Helden meiftend mit feinen Waffen und Mitteln zur abenteuerlichen
Fahrt ausrüftet, während Athena ala Göttin des befonnenen Muthed, wie
häufig neben dem Botte der Liſt, mitwirkt (Apollod. II, 4, 2.), gerade fo
wie beide Gottheiten auch den Herakles in die Unterwelt hinein und hinab»
geleiten (Odyss. XI, 626.). Dem Herakles gibt er feln Schwert, wobei der
Mebenbegriff des geſchickten Gebrauchs zu fuppliren iſt (Apollod. II, 5, 11.),
überzeugt ihn daß die Meduſa im Hades nur ein leeres Schreckbild fei CIE,
5, 12.), und verkauft ibn in die Knechtſchaft (II, 6, 3.). Die Diodfuren
verbanfen ihm zwei ihrer Pferde (Steflhorus fr. 1. Bergk. Ptol. Histor.
p. 197. Weflerm.), Peleus erhält von ihm ober Eheiron daß verhängnißvolle
Wundermefler (Schol. Apollon. Rhod. I, 224.). An der Argonautenfahrt if
er dadurch betheiligt daß von ihm das goldne Vließ ſtammt (Apollod. 1,9, 1.
vgl. Apollon. Rhod. III, 587. mit d. Schol.), und ſeine Söhne Theil an
ber Fahrt nehmen (Pind. Pyth. IV, 178. Apollod. I, 9, 16.). Am klarſten
aber liegt ſein Antheil an der epiſchen Entwicklung der Ilias und Odyſſee
vor, beſonders in letzterer, weil er, wie bereits bie alien Erklärer bemerkt
haben, bei Homer mehr als Friedensbote denn im Kriege dient (Serv. zu
Virg. Aen. V, 606.: ex magna parte servatur, ut Mercurius ad concor-
diam, Iris ad discordiam mittatur, vdl. IX, 2. und über bie Iris oben
S. 264.). Während er daher in der II. XXIV, 334 ff. nur gegen das Ende
der Handlung bei ber frieblihen, aber gewagten Fahrt des Priamos als
bilfgreiher Geleitemann bes greifen Königs erſcheint, mahnt er in der Odyſſee
den Aegiſth. von der Heirat mit Klytämneflra ab (I, 37.), überbringt der
Kalypfo den Beſchluß des Zeus, daß Odyſſeus nun die Heimat erreichen
ſolle (I, 84. V, 28 ff.), und bilft fpäter dem Helden mit dem Kraute Moly
gegen die Zauberkraft der Kirfe (X, 280 ff.). 4) Die Liebſchaften und
Abfömmlinge des Hermes find meiflens ein Ausdruck feiner Hirten⸗
natur, obgleih auch in dieſem Abſchnitte feiner Mythologie die andern Seiten
feines Weſens, Schlauheit, chtbonifches und myſtiſch vermittelndes und ver»
bindendes Weſen als Leitende Motive burchfpielen. Aber am liebſten verkehrt
er mit den Nympben des Waldes und der Trift, auch auf den Infeln, wie
mit ber Kirfe (Odyss. X, 330.), mit der Kalypfo (Odyss. XII, 390.); daher
Eumäos einen Theil des geſchlachteten Schweins Hermes und den Nymphen
barbringt, zu welden Verſen der Schol. u. Euftatb. die Worte des Jambogr.
Simonided anführen: Yvova Nuugems zo re Maıcdog zoxw, Ovzos yap
arögay nusAovas rousron (nad Bergk), vgl. Ariſtoph. Thesmoph. 977.:
1856 Mierwsikku
Eoufr re 7007 arrouc xai Iläve xal Noupas plac. Daher bie Sagen
von feiner Liebe zur Polymele und zur Mhene (oben). Uber auch ver ſchoͤne
Daphnis von Sicilien galt für feinen Sohn oder Liebling, jene elegiſche
Hirtengeflalt von welder die alerandrinifgen Dichter fo gerne fangen
(Parthen. Erot. 29. Theokr. idyli. I, 75.- Aelian. H. A. XI, 13. Gem.
Ir Virg. Ecl. V, 20. Klaufen, Aeneas u. d. Penat. S. 518 ff.), und eine
hnliche Figur iſt der fhöne Abderos, ein Sohn bes Hermes, ber in Thralien
bie Pferde des Diomedes meldet (Apollod. II, 5, 8.). Zerner nannte mar
Dan einen Sohn des Hermes, von defien Geburt die Nymphen im Homer.
Hymn. auf diefen Bott XVIIL, 28 ff. fingen, wie Sermes im das quellen
reihe Arfabien, dad Mutterland der Schafzucht, gegangen fei und beim Dryops
die Schafe gehütet habe, weil er feine fhöne Tochter liebte. Diefe geblert von
ihm den Pan, ein wunderfames Kind, halb Bod Halb Menſch, vor dem bie
Mutter erfchridt, ver Vater aber trägt Ihn auf den Olymp, wo alle Götter
ihn willkommen beißen, beionderd Bachs. Vol. auch den Hymn. auf Aphro⸗
bite v. 262 ff., wo Hermes und bie Silene mit den Idaͤiſchen Nymphen der
Tannen und Eichen bublen, welche ben Aeneas bis zum fünften Jahre er-
ziehen. In der Banfabel aber fpielt fhon eine Thierſymbolik durch, melde
einen alten bieratiihen Grund hatte, daß nämlich Hermes, wenn ibm ge»
wöhnlih der Widder blos Heilig if, auch felbfi als Widder gebadht wurde,
wie Dionyfos als Stier, Pofeldon als Roß u. dgl. m. Ste wiederholt fig
in einer Andeutung bei Paufanlad von der Welhe der großen Mutter (II,
3, A.: 20» db &7 telerj Myroog eni Eouij Asyousrov ai zei xomo Aöyor
dmorausrog od Ayo, vgl. Lobeck Agl. p. 151.) und in ber fonberbarn
Fabel daß PBenelope vom Hermes, der ihr in Geſtalt eines Bockes beige
wohnt, den Pan geboren habe (Schol. Theokr. 7, 109. Serv. zu Birg.
Aen. II, 44. Weftermann Mythogr. p. 381.), was eine Gombination ber
beiden Babeln ift, daß Ban ein Sohn ber Penelope von allen Freiern und
daß er ein Sohn des Hermes fei. Der Grund bdiefer befondern Helligung
des Bockes aber ift wohl feine geile und zeugeriſche Natur, die jenem phy⸗
ſiſchen Liebeöverlangen entſpricht welches ſich nach alterthümlicger Weile in
den irhyphalliſchen Hermesbildern, und nad myſtiſchen Weberlieferungen der
Culte von Samothrafe und anderswo in einer Geſellung des Hermes und
Aphrodite (Engel, Kypros 2ter Bo. ©. 224 ff.) vargeftellt, wie denn auf
Priap und Hermaphrodit fein Sohn genannt wurde, Teßterer non ber Aphre⸗
dite (Lucian Dial. D. 15, 2. Hygin. fab. 160.). Die Ableitung des Bıyli,
als Perfonification des bekannten Waffentanzes, emtfpricht feiner agoniſchen
Natur Sr zu Lycophr. 219. vgl. Gerhard zu den Auderl. Vaſ. Iher 2.
©. 73. u. 208.) Wenn aber Libys und Arabos und Norar von Sicilie
feine Söhne genannt werben (Hygin. am a. O. Strabo I, p.42.C. Paul,
X, 17, 5.), fo geſchah dieſes wohl megen des Hirtenlebend dieſer Voͤllen
wenn anders bie Araber dadurch nit, wie hei Bahr. fab. 57. geſchieht, all
8oAor characterifirt werben follten. Denn liſtig iſt Hermes aud in feiner
Liebe, mie die Rhodiſche Fabel bei Apollod. II, 2, 1. lehrt. Entlich IR
noch vie Liebe des Hermes zur Hefate bemerfendnerth, ein erotiſcher Ausdrud
der natürlichen Verwandtſchaft mit einer Göttin welche wie er die Heerden
nährte (Hefiod Theog. 444.), an den Wegen verehrt wurde und über bie
Seelen gebot. Es war eine theffaliihe Mythe, daß Hermes nie Hekate ger
fiebt, diefe aber als Zürnende (Borwo) ſich feiner erwehrt habe, eine Babl
vie auch auf bie Berfephone Übertragen wurbe, wie denn auch bie efeufiniiht
Daeira, melde vom Hermes den @leufls gebiert, keine andre Gottheit zu fein
ſcheint (Lobel Agl. p. 1218. Dem. u. Perſeph. ©. 50. A. 35.). 5) ©
warb Hermes allmätig im Gulte und in ber Babel zu einem immer vlelge⸗
Ralteren Wefen, weshalb Die jüngeren Mythologen und Theologen zwiſchen
Mercurius 1857
verfäichenen Bdttern des Namens, denen fle au eine verſchiedne
Abkunft geben, zu unterfeiden anfangen. So wird bei Serv. zu Aen. IV,
577. u. Guflath. zu Som. p. 561, 34. ein Hermes ovgarıog (superus),
19orıog (terreus), x@zaydorıos (inferus) unterſchieden, welchen Buftathios
wegen des Vergleichs bei Homer mit einem Seevogel no einen H. Sa-
aomos binzufügt, auf melden Gerhard Ant. Baf. Iſter Bd. &. 73. u. 208.
mehr Gewicht als billig legt. Servius zu Virg. Aen. I, 297. IV, 597.
unterfäelbdet vier, Gicero de N. D. III, 22,56. fogar fünf verſchiedene Mer⸗
eure: 1) den ithyphalliſchen, den man einen Sohn des Eölus und der Dia
nannte, und melder beim Anblide der Berfephone ithyphalliſch geworben fel;
2) den xaraydorıog, welcher bei Servius ein Sohn des Liber Bater und ber
Projerpina genannt ward, denn bie Worte Gicero’8 die von dieſem handeln
find verborben; 9) den Sohn des Zeus und der Mafa, welcher mit der
Menelope den Pan gereugt Hat, alfo indbefondere der ronos; 4) den Sohn
des Nilus, befien Namen bie Aegypter nicht ausſprechen durften, welden
Servius nit Eennt; 5) den Argostödter Hermes, einen Sohn der Kyllene,
ber zu Pheneos verehrt murde und nad ber Tödtung des Argos gen Aegypten
floh, mo er die Wiſſenſchaft verbreitete und den Namen Thot befam, nad
welchem auch ter eıfle Monat der Aegypter benannt If.
D. In dem arhäologifhen Abſchnitte handeln wir zuerſt von
ber fogenannten reroaywrog Epyaoia, d.h. von der Pfeilerbildung des Hermes
inabeſondere und der dason auf andre Götter oder auch auf ikoniſche Dar⸗
ftellungen übertragenen, dann von den Attributen des H., dann von dem Bes
ſchichtlichen der Bildung des H. In ganzer Figur, envli von den noch vor⸗
Gandenen Darftellungen in Einzelftatuen, mythologiſchen Acten und Gruppen.
1) Die Geneſis der Herme iS. 1845. nachgewieſen, vgl. Zoäga de orig. et
usu obelisc., Romae 1797. p. 217. und Gerhard de religione Hermarum,
Berol. 1845. 4. Zu Athen entwidelte fi die feſte Form dieſer Bildung,
in welcher fie fpäter allgemein üblih war, f. Herod. II, 31. Pauf. I, 24, g
IV, 33, 5.: 'Adıraior yap TO oyjur TO Terpaymror 8otır uni Toig Eppaig
xal rap Tovzwr uenadnnany or aAloı, vgl. Müller Handb. d. Arhäol.
6. 67. Demnächſt war ſie beſonders in Arfavien verbreitet, Pauſ. VIII,
48, 4. Die berfömmlige Geftalt mar die des vieredigen Pfeilers, um
berentwiflen dem H. wohl auch die Vierzahl geheiligt war, wie er am vierten
des Monats geboren fen follte und ihm an demſelben Tage geopfert wurbe
(Som. H. v. 19. Ariſtoph. Plut. 1126. mit d. Schol. Plut. Sympos. III,
2, 404. Macrob. Sat. I, 19. G@uftath. zu Som. p. 1353, 8. Xobed Agl.
p. 430.). Die Extremitäten fehlten bei biefer Bildung (axwAos), Dagegen
Kopf und Phallus wefentlid waren (Blut. An seni sit ger. resp. 27.
Gornut. 16. p. 167. Sale. Macrob. Sat. I, 19.), wozu oft au ein Hima⸗
tion fam (Vauſ. VIII, 39, 6. Diog. Laert. V, 82.). Die ältere Kunſt
ſtellte, wie Cornutus ausdrücklich fagt, den Kopf bärtig, das Glied geredt
dar, die jüngern ohne Bart und mit ſchlaffem Gliede. Do erhielten ſich
beide Bildungen neben einander, f. Artemid. Oneir. II, 42.: Egung Terpa-
y0r05 6 ognsroroywr, vgl. Bauf. VII, 22%, 2. von einem ulten Bilde ded
eyopaiog auf dem Markte zu Pharä, und VII, 27, 1. von einem Bilde ded
&orsog bei Pellene.* Lieber die Anwendung biefer Pfellerbilvung kann man
ih beſonders aus topographiſchen Notizen über Aihen belehren, wo fle auf
den trafen und Öffentliden Plätzen, In den Gymnaflen, an den Thoren ber
Privathäufer und Öffentligen Gebaͤude fehr zahlreich waren, von denen bie
® Sier mit bem rilos. Gonft auch mit aufaebundenem Haar, wie ber H. dyo-
pasos zu Athen, apraios rıv avadınıy is xduns, Buchen Jap. Trag. 33. Dee
Bart Beilförmig, upnronuyur, Artemid. |. ©.
IV. 117 *
1858 Meorcerins
meiften in jener Naht die fo ‚viel Unheil anriätete, von ben fogemannten
Hermolopiden an ven Köpfen und Gliedern verſtümmelt wurben (Thukyd.
VI. 27. Ariſtoph. Lysistr. 1093. mit der Rote des Schol. aus dem Lericogr.
Pauſanias welde Phot. s. v. wiederholt). Schon zur Zeit der Piſiſtratiden
wurden ſolche Hermen aufgeflellt und theilweiſe mit Infchriften verfehen ; ind»
befondere aber nannte man eine Reihe die fi vor der Pökile und Königs
halle binzog ‘Epnai ſchlechthin (Harporr. v. 'Epuai, vgl. Polem. Ir. p.84.
u, 174.). Berner flanden fie auf Kreuzwegen, mo bie Köpfe und Glieder
nach der Anzahl der Wege verdreifacht oder vervierfacht wurben, baber’Evun;
teınegalog (Harpoer. Etym. M. v. Teıxep.) und zerpanegaios (Phot.,
Heſych. u: U. 5. v. zeroax. Cuſtath. zu Hom. p. 1353, 3.). Auch an
Durchgängen in der Stabt wurden biefe Hermen aufgeftellt, vaber,Epnic 6
np05 75 avAidı* zu Athen (Harpocr. s. v.) und noonviaios am Bingange
zur Burg (Pauf. I, 22, 8.), auß am Thore von Megalovolis (Pauf. IV,
33, 5.); und vor den @ingängen zu Privatbhäufern der. Eppns orpogaios
oder oreopsvg (Pollux VII, 72. Aihen. X, p. 437. B. Aellan. V. H.
11, 41.). Daher au beim Bingange in ein Land, mie auf ber argoliſch⸗
lacedaͤmoniſchen Grenze (PBauf. II, 38,7.), und an den Straßen mit Stadien⸗
bezeichnung und Angaben über die Richtung der Wege (Corp. Inser. n. 12.
vgl. Anthol. Pal. T. II. p. 702. Planud. II, 254.), und auf Gräbern (f. ©. 1843.
Anm.?**). Ferner fehr allgemein auf Märkten und in Baläftren und Gymnallen,
wie in dem des Piolemäos zu Athen (Bauf. I, 17, 2.) und zu Bhigalis
(Bauf. VII, 37, 6. Müller Archäͤol. F. 380, 1.). Endlich aud als tragende:
Mitelgliever an allerlei Utenfilien und Mobilien, als Spimsroden (0 yayar,
Pollur VII, 16, 73.), Bettſtellen u. f. w., vgl. Müller $. 379, 2. und ein
Beifpiel der Art bei Gerhard Ant. Bildw. CI, A. Befondere Beachtung ver⸗
bient dann aber noch die Uebertrogung biefer Darflelungsform auf andere
Goͤtter, vorzüglih ven bärtigen Dionyſos, zumal diejenige wo zwei oder
mehrere Bötter zu einer boppel> ober dreifachen Herme zufammengezogen find,
wodurch das eng Verbundne und doch wieder @etrennte folder @ötter In
beſonders prägnanter Welle hervortritt; eine Art von Bufammenfaffung ver⸗
fönliger &egenfäge, melde venn auch fehr häufig auf Porträiköpfe über
etragen wurbe, bergleihen fi in den römiſchen Sammlungen eine ganjt
enge finden. Auch der Vorrath von Bötterhermen iſt ein betrͤchtlicher,
obwohl ihre Beſtimmung zum Theil no fehr ſtreitig If. Die Mehrzahl der
bärtigen Hermen mit dem GStirnbande, mie vorzügli das Capitoliniſch
Mufeum deren viele zeigt, Kat man lange der breiten Gtirne wegen su
Plato bezogen, dann dem Dionyfos, zulegt nad Zoëẽga Obelisc. p- 222.,
Millingen Uned. Mon. II. p. 18., Müller Handb. $. 379, 1. dem Hermes
zugeichrieben; bahingegen jegt Gerhard de relig. Herm.p. 8ff. geneigt IR die
jugenvlide Hermenbilvung für die gewöhnliche zu halten, wovon fig aller⸗
dings gleichfalls zahlreiche Beifpiele an Kunſtdenkmälern nachweiſen laſſen
(vgl. Ant. Bilow. Taf. CCCXVIII-CCCXX.), ohne daß deehalb aber dit
fehr befliimmten Lieberlieferungen der Alten von einer älteren und jüngeren
Bildung der Hermen im engeren Sinne des Woris ihre Recht verlieren
dürfen. Was die Uebertragung auf andere Götter und Seroen bemifft ſo
us e8 außer den Hermen des Dionyſos auch Hermathenen, Hermeroiet,
ermeraklen u. A., ſ. Müller F. 345, 2. und Gerhard de relig. Herm., der
dieſe Uebertragungen aber zu ſehr von gewiſſen hieratiſchen Bezügen und Be⸗
dingungen abhängig machen will. Paufanias ſah zu Megalopolis eine Grupre
des $., Apoll, Athena, Poſeidon, Helios Soter, Herafles, alle in Hermen⸗
—
® Diefer war indeſſen wabrſcheinlich eine Statue und identiſch mit dein H. —*
guiog bei ber Pökile, ſ. ©, 1861.
Mercurius 1859
bildung (VITI, 31, 7.). Unter den zufammengefeßten Sermen (vgl. Gurlltt
Arhäol. Schr. S. 218.) iſt von befonderem Intereffe der von Braun Ant.
Marm. I, 3. befannt gemachte Doppellovf des Zeuß, in welchem er ven
Gegenſatz einer fanften und finfleren Gemürhöftimmung findet. Sonft fommen
in diefer Weile vor H. und Herafles, die beiden agoniſtiſchen Gottheiten,
und H. und Liber ald Doppelbermen, und H., Liber und Libera ald dreifache
Hermen, f. Gerhard Ant. Bilow. Taf. XLI. CCCXVIII. und de relig. Herm.
p. 8, 10. u. 11, 55. 2) Die Attribute des H. find Flügelſchuhe und
Biloß, ein niebriger, glodenartiger Hut, wofür fpärer der Petaſos als
ſchattiger Reiſehut des Wandernden auffommt. Bei- Homer iſt die Sohle
noch nicht geflügelt, doch wird ſein durch die Sohlen und den Stab unter⸗
ſtütztes Fliegen über Land und Meer dem nachherigen Cinherſchreiten, wenn
er an dem Orte feiner Beflimmung angefommen ift, auèdrücklich entgegen-
gefeßt, ſ. II. XXIV, 345 ff. Od. V,51., und fider find die geflügelten Sohlen
ded Perſeus am Heſiodiſchen Schilde 220. Auf älteren Vaſenbildern fehlen
die Blügel oft, auf füngeren werben fie um fo mehr hervorgehoben. Sie
erjcheinen zuerft an den Sohlen, dann am Hute, endlich auch am Etabe und
fogar an den Schultern, wie bei Arifloph. Av. v. 572. und auf Vaiengem.
von Bolci bei Micalt 85. Lebrigend vgl. Voß mythol. Briefe I, 22. und
Gerhard über die Flügelgeftalten der alten Kunft, Berlin 1839. Dann der
Hermesſtab, worliber Böniger Amalıbea I. S. 104—116. mit Taf. Il, der
beffien Bildung aber zu fehr aus Außerlicden, pragmatiihen Gründen ableitet,
da der einfade Grundgedanke der Berfnüpfung und Vermittlung bed Ges
trennten, den man in diefem Symbole darſtellen wollte, vollkommen ausreicht
um die verfchlevenen Figurationen biefed weit verbreiteten Stabes abzuleiten.
Zu unterſcheiden iſt a) der Hirtenflab des H., vergleichen er z. B. bei Gerhard
errußf. Sp. Taf. LXXV. führt. An einen folden Stab, der alfo mit dem
Mercuriusflabe in engerer Bedeutung nichts zu thun hat, muß man auch bei
dem onizroos denken welches in der Ilias II, 100. Hephäftos dem Zeuß,
diefer dem H., diefer dem Pelops, dieſer dem Atreus gibt, welcher glei
darauf ausdrüllih rom Aaor, der Hirte feiner Völker genannt wind.
b) Der Hermerftab in engerer Bedeutung, welcher gemöhnlih vußdos heißt
(daher H. yovoopvarıg), alfo eigentlih eine Ruthe war, wie ihn aud bie
Bildwerke meift rurbenartig zeigen, außnahmemelie in der Form einer einfachen
Ruthe, gewöhnlich mit dem characteriftiihen Merkmale des Knotens. Weber feine
Bedeutung gibt der Homer. Hymn. v.529 ff. den vollſtändigſten Aufihluß, mo
Apoll dem H. diefen Stab fhenft mit den Worten: aurap äneıra 0Aßov xai
nAnvrov doom nepıxaAlse daßdor yovosinv, TgınernAor, anngıov 7) 08 pvlaseı,
HAITOS ENIKORIVOVG’ OlUOVG EEWF TE Hai £0ywy Ta v ayador, 00w gmui dar-
nera an hös Oupig, denn fo iſt diefe Stelle zu leien.? Alſo ein allgemeiner
Segens⸗ und Machiſtab, das allgemeine Organ ver Wirkſamkeit des H., welcher
feinen beiden hervorſtechendſten Eigenfchaften, als Epınvnog Segen zu fpenden,
und als Ssarzopos gute Worte und Thaten zu vermitteln, genau entfpricht; wobei
zugleich das enge Verhältniß zwifden Apoll und H., mie ed oben feftgefelit
ift, mit in Anfchlag gebradt werden muß. Ginige erflärten nun zwar biefen
Stab feinem Uriprunge nah für einen Hirtenflab, nämlich denjenigen womit
Apoll die Heerden des Admet gemeldet (Apollod. III, 10, 2. Euſtath. ß.
1353, 30.), allein fein weſentlicher Charakter iſt dad Mantiſche (Schol. II.
XV, 259.) und Magiſche, wie er denn auch ſpeciell der pſychagogiſchen Thätig⸗
keit dee H. dient. Schon Homer Eennt die einſchläfernde Kraft dieſes Stabes
® Bewöhnlid) augıor, 7 08 pulatsı und Inıngalvovoa Heovs, wofür Hermann
das oben Aufgenommene vorgeſchlagen hat. Vielleicht hieß es auch drınpalrovon
nöpovs. Anderes Nitzſch zu Ob. V, 49, ©, 11,
2850 Mercnrius
(ll. XXIV. 339 ff. Odyss. V, 43. XXIV, 2.); insbeſondere bient er ben
au, um bie Seelen der Verflorbenen zu treiben, die er mit magiſcher Gewalt
inter fih ber in den Orcus binabzieht (Od. XXIV, 3. A. Hor. Od. 1,10.
irg. Aen. IV, 242.). Endlich dient diefer Stab dem H. auch zu magiſchen
Derwandlungen (Anton. Lib. 10. 15. 21. 23.). Das Epiıhet zowarniog
wird von Voß myıholog. Br. I. ©. 101., Ilgen Ham. Hymn. p. 472.,
Vöttiger Amalıh. I, 107. fchr verfhienen erflärt. Uns fcheint es einfach
bie Ruthe mit drei Sprofien zu bedeuten (zermdlor iſt Blatt und Sproß),
von welchen Sproflen der eine die Handhabe des Stabes bildet, Die andern
beiden, oben gabelförmig auslaufenden aber zu jenem Knoten zufammenges
fHürzt wurden welcher die Ginigung des Beirennten, bie hermeiiſche Ver-
mittelung und Berfnüpfung jo finnreih darſtellt. c) Der Heroldsſtab, xmov-
“0 Oder x7puneor, caduceus, eine Anwendung biefer Germesrutbe auf den
praktiſchen Verkehr der welilichen und geifllihen Vermittlung und Briedend- |
fiftung, alſo das Abzeichen ver Herolde und caduceatores. In der Ilias haben
die Herolde noch blofe Stäbe, orznıon, das Wahrzeichen jeder öfſenilichen
Handlung; doch kommt das xmpvxeor bereitö in alten Sagen vor (Dem. u.
Perſeph. ©. 393.), und in hiflorifcger Zeit war es das allgemeine Symbol
der Friebenobotſchaften (Thukyd. I, 53. Diod. Sie. V, 75.). Und mit Be⸗
ziehung auf diefe Anwendung des Hermesſtabes erklären aud bie Alten al-
gemein ben Knoten an demfelben von der Einigung des Zwieträchtigen (Plin.
H. N. XXIX, 3, 12. Ser. zu Virg. Aen. IV, 242. VII, 138. Sol.
Thutkyd. I, 53. Philo u. Iamblih. bei Wefleling zu Diodor am a. D.).
Auf Bildwerken führen ihn außer H. auch Iris, Nife und Irene, 1. Gerhard
Ant. Ba. Taf. XLVI. LXXXI. LXXXIIT. CL., und ein heroiſcher xigvf
mit ber ganzen Hermesausſtattung, Petaſos, Stab und Flügeljguben, er⸗
ſcheint Taf. CC. Neben ihm erſcheint Häufig Der Friedens⸗ und Bittzweig
als grünender Sproß des Delbaums (ImAAog), z. B. In ben Händen het
Nike bei Gerhard, Flügelgeftalten Taf. II, 5—7., wozu die Erzählung Dinar!
6. Demofib. $. 18. p. 152. ed. Bekker einen interefimten Gommentar gibt.
Was d) bie verfchiedenen Figurationen des Hermesſiabes betrifit fo iR ber
ſonders zwiſchen feiner älteren und jüngeren Geſtalt zu unterſcheiden, mie ie
nah ben Abbildungen bei Böttiger und auf vielen feitdem befannt gewordenen
Bilbwerken zu überfehen if. Die ältere Form Eennt Feine Schlangen, fondem
bie Spige bes gertenartigen Stabes läuft in einen gewöhnlich zweigliebrigen
loſe gefhürzten, am obern @lieve uber offen ſtehenden Knoten aus, welchen
Böttiger von Binden die an ben Bittzweig gebunden feien ableitet, ohn
die urfprüngfidge Differenz beider Symbole, der inszrgix und ber Hermen
ruthe, gehörig zu würdigen, da doch auch aus verfnoteren Binben (die viel⸗
mehr immer lofe flatiern) niemals ein jo ſteifer und feſter Knoten entſtehen
konnte, wie alle alten Darſtellungen des Hermesſtabes ihn zeigen. ‚Bienen
erflärt man fi ihn am beften nad Anleitung jenes Epilıheted zosmermAos A
bie Berfnotung zweier Sproffen, in welder die dritte oben audlief, fo daß b
bei dieſem Symbole die Dreizahl ver Sproſſen vielleicht, wie Ilgen verau
die vurch alle drei Naturgebiete hindurchdringende demiurgiſche <hätigfelt ben v.
ausdrücken follte, während Die Verſchürzung der beiden oberen, in beim zugle
ebundenen und geöffneten Knoten, fein Hauptgeſchäft der Cinigung und Une
—8 andeutei. Die jüngere Form iſt die des Schlangenftabed, ber © rm
i&on bei Sophofles vorkam (Heſych. v. dpaxorza). Die ausgebildeife 8°
biefer fpäteren Darftellung if diejenige wo zwei Schlangen ben Schaft m
Stabes im Knoten umgeben und oben mit ben Köpfen einander entgeg
fireben, wozu dann häufig noch Plügel am Stabe hinzutreten. Sie 2“
N gleihfaMs Häufig auf Bildmerfen, in der gemößnlien Form ſett 1
fältig dargefleht bei Gerharb Eir. Spieg. Taf. LX., in einer abwelchenden
Merouriss 1881
Biscenti Mus. Pio-Ciem. I. tav. VI. (bei Böttiger Taf. II, 6.). Genauere
Beichreibungen finden ſich bei Schol. Ihur. I, 53. u. Macrob. Sat. I, 19.,
welcher biefen Stab von ägyptiſcher Eymbolif ableitet und den Knoten ie
weldem die Schlangen geſchürzt find einen Herakleoknoten nennt; vgl. au
Eero. zu Aen. IV, 242. Die Bedeutung dieſes Stabes bleibt dieſelbe; über
den Srund und Anlaß des Schlangeniymbols aber iſt ed ſchwierig aufd Meine
zu kommen. Plinius H. N. XXIX, 3, 12. fucht die Erflärung in einem von
der Symbolik der galliihen Prieſterſchaft angewendeten Phänomene dortiger
Schlangennatur, Undere haben an die Fabel von Tireſias bei Ovid Met,
II, 322.. Phlegon Mirab. 4. u. U. erinnert, nad Hygin endlich (Poet. Astr.
11,7.) Hätte Hermes ſelbſt in Arkadien zwei Schlangen in einander verſchürzt
fümpfen geſehen und von daher biefed Symbol an feinem Stabe entlehnt.
Jedenfalls liegt mohl ein der Natur der Schlangen abgelauſchtes Phänomen
zu Grunde, wie dieſe Ihiere ja ben Alten in fo mandfader Beziehung ſym⸗
bolifh geweien find. — Dazu Eommen denn no als fernere Attribute des
9. der auf älteren Bildwerken ſehr Häufige Widder und enblih die Schild»
kröte, vgl. Pauf. VIII, 30, 6. und das Mähıchen bei Serv. zu Birg. Aen.
I, 505. 3) Befhihtlihes und Allgemeines Wie häufig die
Pfeilerbildung des H. In Athen betrieben ıvunde bemeidt dad Quartier Eouo-
yAvgsix dafelbft und daß fortgefegt epuoyAvgos gleihbebeutend mit Asdo&oog
im Einne des Hantwerfs war (Lucian Somn. 2.). Seit der Zeit ber Piſi⸗
fratiden muß die beſtändig fih wiederholende Aufgabe, Stadt und Straßen
mit ſolchen Pildeın zu verzieren, tie attiihen Kunſtſchulen nicht wenig ges
fördert haben, obgleich bie handwerfsmäßige Arbeit bier wegen des allge
meinen Gebrauchs am verbreitetfien war und foldde Hermen außer von Stein
auch Häufig von Thon oder von Holz verfertigt wurden (die Babel bei Babrius
119., vgl. Anthol. Pal. IV, 1, 187. Plin. H. N. XVI, 14. Heindorf zu
Hor. Sat. I, 8.). Namhafte Werke unter den auf dffentliden Plägen zu
Arhen aufgeflellten Hermen waren die dreiföpfige, den ber Eraſt des Piflfiras
tiden Hipparchos dedicirt Hatte, die vierföpfige, ein Werk des gewiß alten
Künfllers Teleſarchides. Hermesſtatuen von Älteren Meiftern werben folgende
erwähnt. Bon Onatad dem Aegineten ein H. der den Widder unter bem
Arme (v70 uaoyaAr) irug, die Kappe (xvren) auf dem Kopfe hatte und
mit Ghiton und Chlamys befleidet war, und von Kallon aus lid (um
81.867.) 9. mit dem xmovxeıor, beide zu Olympia und von Erz (Bauf. V,
27, 8.). Bon Kalamis ein H. ber den Widder auf den Achſeln nug, zu
Tanagra (Pauſ. IX, 22, 1.). Zu Athen aber murde von den jüngeren
Künfllern das Erzbild des H. ayopaiog, der neben der Pökile fland und
wahrjgeinlid mit dem beim Biörtchen, welder Eur vor dem Perſerkriege
debichrt wurbe, identiſch war (Gorfini F. A. I. p. 332 ff. Philochor. p. 49.
ed. Sieb.), vielfa bewundert und flubirt (Bauf. I, 15, 1. Lucian Jup. Tra-
goed. 33.). Bon Phidias ober feiner Schule gab es einen H. nuuraos zu
heben (Bauj. IX, 10, 2.), von Bolyklet einen H. zu Lyſimachia (Plin. H. N.
XXXIV, 8,56.), au von Skopas gab ed einen berühmten (Anthol. Planud.
IV, 192.), ferner von Prariteled im Heräon zu Olympia bie lieblide, aus
Vaſenbildern wohlbefannte Gruppe, "Epujs Aorvoor gYepeı vnmor, von
Marmor (Paul. V, 17, 3. vgl. Müller Handb. 6. 127, 2.), von VBarıhaflos
ein @emälde mo er fi felbft ald H. dargeſtellt Hatte (Themiſt. or. II.
p. 29. c.), von Benodor, demfelben Meifter welder den Goloß des Nero
bilpete, ein chernes Golofjalbild des Mercur (Blin. XXXIV, 7.) Was
ben allgemeinen Typus der Darflelung betrifft ſo muß von den Statuen
gelten was von den Hermen, daß er nämlich in der Älteren Kunft bärtig,
d. 5. als Fräftiiger Dann bargeflellt nurbe, gewiß nad dem Vorbilde eines
rüſtigen Heroldes oder Hirten. Bon feiner Darftelung als Tempelivol möchte
1862 MWercurias
ba8 Vaſenbild bei Gerhard Ant. Baf. Taf. XIX, 1. den beflen Begriff geben,
wo ber Gott in fleifer Haltung daſteht, mit umgeſchlagenem Himation, das
Haar alterthümlich aufgebunden,, in der Linfen das Kerykion, in ber Rechten
eine Opferfhale, ihm gegenüber Maja mit einem Schmud in ber Hand.
Sonft erſcheint H. in biefem älteren Typus überhaupt auf den archaiſtiſchen
Bildwerken, namentlih in den größeren Böttergruppen (Gerhard, die zwoͤlf
Bötter Griechenl. Taf. I. u. IT.) und auf verſchiedenen, bei Müller Handb.
6. 379, 4. nachgemwiefenen und in den D. A. K. 2. Taf. XXVIII, 297—301.
nah Münzen, Büften und gefäönittenen Steinen zufammengetragenen Hermes⸗
köpfen. Aber frühzeitig muß ſich gerade bei H. auch die jugendliche Bildung
geltend gemacht Haben, da er fa ſchon bei Homer ald anmutiger Ephebe
gedacht und geſchildert wird. Diefes iſt dann auch ficher bie leitende Vor⸗
ftelung der Elaffifgen Kunftepochen geweſen (Lucian de sacrif. 11.), nur daß
ſich daneben no die andere Darftellung des liſtigen Knaben geltend gemagı
bat, welcher kaum geboren fon auf Trug und Diebftahl ausgeht. War
bier die geiftige Präcocität und Verſchlagenheit bei Eörperlih unreifer Ent
wicklung die Hauptfache des Ausdrucks, fo war dagegen dad natürliche Vorbild
bed Epheben H. bie Turnerfugend der Paläftra, wobel indeffen auch die Kunft
an der innigen Beziehung des H. zum Apollon feftgehalten hat. Beide
Goͤtter find in der körperlichen Bildung einander meift gleich, unbärtig und
nadt, wie denn fa au Apollo ein Bott der Paläflren und H. ein Bott der
Mufit war; aber die Attribute unterſcheiden fie und bie Phyſtognomik bed
Ausdrucks, da dem Apollo mehr die Begeifterung und der Seelenabel, dem
9. mehr das geiftig Verfländige, Freundliche und Beine zukommt. Vgl. Müler
Handb. 6. 380, 3., die Denkm. A. 8. Taf. XXVIII, 302—304. und, um
den Gegenfaß ber älteren und jüngeren Kunft auf zwei trefiliägen Vaſen⸗
gemäfven-anfhaulih zu machen, Gerhard Etrusk. kampan. Vaſenb. Taf. VIH.
u. XIV, 4) Motivirte Einzelſtatuen. Unter den beſtimmter moll⸗
virten Darſtellungen ded H. fcheint a) die Darftellung des Widperträgerd
(xgtop0005) zu den Älteften und beliebteſten gehört zu haben, wobei es teil
auf den Ausdruck des vonsos, dann aber auch auf ven bes Opferers und auf
bieratifde Beziehungen angelegt mar. Der Statue des Onatas, mo H. den
Widder unter der Achſel trug, entſpricht H. auf der Sollasfchale bei Gerhard
Trinkſch. VI. VI. (D. U. K. I. Taf. XLV.), vgl. Mon. d. Inst. I, 25.
ber des Kalamis zu Tanagra, wo er ihm über der Schulter trug, die fleine
Marmorflatue der Vembrofefhen Sammlung bei Elarac Musde de sculpl.
pl. 658. n. 1545. b. (©. U. 8. II. Taf. XXIX, 324.) und eim Wafenbıld
bei Banoffa, die Heilgötter der Gr. Berl. 1845. Taf. J, 7., fo wie die in bie
chrifiliche Archäologie übergegangene Darflellung bed guten Hirten. Sonf
fand auch der Widder neben ihm (PBauf. II, 3, 4.), oder er ige auf ihm
(D.A. K. 11, XXIX, 322. u. 323. Gerhard, Phriros der Herold, Berl. 1842.)
oder er fährt mit Widdern u. ſ. w. (Müller Handb. $. 381, 2.). Ale
tevonngvs erſcheint H. z. B. auf den Vaſenbildern welche bie myſtiſche Dar
ehrung des Triptolemos und die Einweihung des Herakles in bie kleinen
Gleufinien darſtellen (Geih. A. B. Taf. XLI. u. LXIX.). Als Opferet,
. einen Widder zum Altare führend und mit.ver Opferfhale, auf einem Relief
des Mus. Pio Clem. IV. tav. 4. vgl. Müller Hanbb. $. 381, 1. D. u
II, XXIX, 320., einen Widderkopf auf einer Schale tragend, ib. 921., * f
voAfländiger Ausrüflung zum Opfer, ben Bod an ben Hörnern ziehend, si
einem Bafenbilde bei Banofla, verfegne Mythen, Berl. 1840. Taf. IV. 1
gewöhnliche Bildung des H. zrovs flieht man aus den Denfm. A. 8. 1%,
42, II, XXVIII, 312., die des H. voog aber, wie er als Hirte feine Dee
in eine Grotte treibt, aus dem Vaſenb. bei Gerhard A. B. Taf. ZIX,
b) Den Sıarropog zeigt in einer fehr alterthümlichen und eigenthůvilichen
Mezcurius 1868
Auffaffung ein Vaſenbild bei Gerh. U. B. Taf. L., wo er bad Kerykeion und
eine Skytale, den Botenbrief, trägt. Außerdem fommt er ald auf dem Wege .
begriffener Ausrichter vor, ſich dur die Luft ſchwingend, laufend, ausruhend,
der Befehle des Zeus harrend, f. Müller Handb. 6. 380, 7. u. D. A. K.
II. Taf. XXVIII, 308 ff. Beſonders ſchön iſt die Bronzeftatue in der Nea⸗
volitaniſchen Sammlung ber Herculanenſiſchen Bronzen, ſ. Ant. Erc. VI,
29—32., Mus. Borb. II, 41., eine der ſchönſten Bronzen die ed überhaupt
gibt und eine der fhönften Sermedfiguren, von der alle Abbildungen nur einen
hoöchſt unvollfommenen Begriff geben. Sie hat beinahe Lebensgröße und ber
Bott it mehr Knabe als Jüngling, eine feine jugenblide Figur in ſehr
anmutiger Stellung, fo daß man auch im Sigenden den leiht Dahinſchwe⸗
benden erkennt. Der Kopf bat außerorbentlih viel Ausdruck, die Ohren
chen ab, das ganze Geſicht hat etwas Lauſchendes und dabel überaus Kluges
und Geſcheides. Nähft vem bat c) der aywsıocs zu ben fhönflen Dar⸗
Relungen Anlaß gegeben. Es ift eins reife Jünglingsgeftalt mit Eräftigem
Körperbau, in fehler Stellung, die Chlamys zurüdgeworfen, jo daß man ben
ganzen Gliederbau Überfleht, das Geſicht freundlichen Ausdrucks, das Haar
kurz abgefchnitten und wenig gelodt, Eurz der Ideale griechiſche Cphebe. So
befonder8 der fogenannte Antinous von Belvebere, welchem bei der Reſtau⸗
ration die Flügel an ven Knoöcheln abgemeißelt worven find, fo daß erſt Visconti
durch Vergleich mit der Farneſiſchen Statue und einem Gemmenbilde in ihm
den ©. erkannte, f. Mus. Pio-Clem. I, 7. vgl. tav. agg. Mus. Franc. IV, 15.
Nap. I, 52. Bonelll,27. und ähnlige Statuen bei Müller Handb. 6. 380, 5.
D. A. K. 'I. Taf. XXVIII, 305308. Außerdem find bemerfendwertb vie
Darfellung bed H. als Didcoswerfere, Impronte gemmar. dell’ Inst. Arch.
Cent. 11. n. 12., vie des kriegeriſch gerüfteten aber zugleih mit feinem Stabe
verjebenen H. neben Athena und andern Göttern bei Gerh. AU. V. Taf. XVI.
u. XXX., die Darflelung des H. neben ber Athena moouayog, wahrſcheinlich
mit Beziehung auf attiſche Localmonumente, daſelbſt Taf. LXVI. d)S. als
Handeld- und Gemwinngott(xeoöcog), wobei dad characteriftifche Atiribut
bes Beuteld, welcher, wenn aud bei Marmorftatuen meift ergänzt, ſich doch
befonderd auf @emmen und an älteren und jüngeren Bronzen häufig findet. So
Sereulanenflige Bilder, Ant. Ercol. VI, 33,34. und bie fehr ſchoͤne Bronze
bei Payne Knight Spec. 33., und, um ein Beilpiel vun jenen Eleinen Bronzes
bildern zu geben melde ber Kaufmann mit fi zu führen pflegte und
melde fi daher zerftreut In ben verichledenften Gegenden die ber alte Handel
berührte finden, |. das Nöm. Antiquar. bei Xanten Taf. XI. Vgl. Müller
Sandb. $. 380, 8. D. A. K. II, XXIX, 814—317. ©) 9. Aoyıo,, ber
Gott ber Redner wird durch bie mebititende Stellung und durch ben Geh
bes erhobenen rechten Arms characterifirt: eine Vorſtellung welche aud zur
Vorträrbiloung vielfach benugt wurde, f. Müller 6. 380, 6. D. A. K. I,
XXIX, 318. u. 319. f) Bnvlih den Pſycho pompen fleht man meifl nur
auf Bilomerfen von geringem Umfange, wie wenn er die Perſephone führt
oder in Gruppen der Unterweltsgötter, ober die Pſyche über den Styr tra»
gend oder aus der Unterwelt heraufholend, bisweilen aud mit dem aus ber
Erde oder einer Urne bervorfommenten Gerippe, ſ. Müller 6. 381, 4. D.
A. K. II, XXX, 329—333. Gr erfcheint hier in der Bildung bes Keryr,
zweimal (329. u. 320.) aud einen Beutel der &e oder Demeter einhändi«
gend, wie ed ſcheint in myſtiſcher Andeutung des aus dem Tode neu erfptie-
Benden Lebens und Gedeihens. 5) Unter den mythologiſchen Acten
beſchreibt PhHilofrat ein die Geburt des H. (Eouov yoras) barftellenne®
Gemaͤlde, Imagg. I, 26. vgl. Welder p. 361 f. Es umfaßte dieſes Sujet
gleih den Rinderdiebſtahl mit, wie im Mytbus beide Acte, Geburt-
und Diebflahl, aufs engfle verbunden find. Sowohl in einzelnen Statuen
1864 Mercurius
als in ausgeführten Acten, in Marmormwerfen, Bemmen und Vaſenbildern if
dieſe Lieblingsthat der epiihen Hermesmythe, und zmar gemößnlih in fehr
ſinnreicher Weife dargeſtellt worden. Verſchiedene Marmorbilder, bie ein
unbekannter Meifter mit derſelben Schaltheit und ſchelmiſcher Breude an elgner
Schlauheit ausgeftattet hat bie der Homerifhe Hymnus fo treffend ſchildert,
veranfhauliden und den Kleinen Rinderdieb, wie er, in ein Laden einge
wickelt, der Strafrede des Zeus oder Apollon horcht, aber Tügend und trogend
gewiß iſt die Lacher anf feine Eelte zu ziehen. Sie find ſchön entworfen
aber minder gut auegeführt, fo daß gemiß ein älteres Muflermerk zu Grunde
liegt; Wiederholungen finden fi$ im Mus. Pio-Ciem., in der Villa Borgbeie,
im Louvre, f. Müfler 6. 381. D. A. K. 11, XXVIII, 313., und eine andere
tft neuerbing® von Braun in den antiken Marmormerfen bekannt gemacht worden.
Dazu fommt die Darfleflung deſſelben liſtigen Knaben auf dem geföänlitmn
Steine bei Lippert Dactylioth. Suppl. n. 186. u. D. A. K. II, XXX, 334.,
wo er, gleichfalls in fein Betttuch gehüllt, wie der Hymnus es beſchreibt,
auf Raub außgeht, und das dur Panofka befannt gewordene Vaſenbild
mit Inſchriften, Arhäol. Ztg. Nr. 20. S. 321—326. und Berge Rhein.
Muf. N. F. IV, 1. 6.131. Daran fließt fi der Met ver Lelererfin
dung, der gleichfalls ſowohl in ſtatuariſchen als in weiter ausgeführten
Darftellungen vorliegt: Dahin gehört das Attribut der Schilnfröte, bie
neben dem H. am Boden liegt (Pauſ. VIII, 30, 6.) oder die er in den
Händen hat, im Begriff die Leier daraus zu bilden, mie Paufania cine
ſolche Statue zu’ Argos fah (IE, 29,7.) und erhaltene Bronzen und Gemmen
ihn zeigen (Müller $. 881, 3. D. A. K. U, XXIX, 327. u. 328.). Den
ausgeführten Act der Leiererfindung aber flieht man auf einem bronzenen
Discus des Herzogs v. Blacas, wo H. ſitzend eine Cither verfertigt, während
die fertige Ruyra vor ihm flieht und eine ruhende Sphinx im Hintergrund
anf dad Gefchen? von Amphion deutet (Mazois Pomp. T. II. p. 2. Vign.,
D. A K. II, XXIX, 326.). Berner erſcheint H. im außerordentlich vielen
Acten und Gruppen aus der Gdtter- und Hervengefhiäte
als Bote, Helfer, Gelettämann u. f. w., wovon nur einzelne Scenen megm
eines befonderen Intereffes eine nähere Gewähnung verdienen. So IR «
bemerkenswerth daß auf der Darftelung der Geburt der Athena In den altır
thümlichen Reliefs der Chalkiöfos zu Sparta (Bauf. III, 17, 9.) 9. mit
dem Belle neben Zeus fand (Philobem. bei Avellmo di una Casa Pomp.
2,08. Gerhard A. V. Ifler Bo. Tert S. 8. u. 203.), alfo offenbar denfeldn
tenfl der Entbindung verzichtete welcher gewöhnlich dem Hephäſtos, Pre
metheus oder ber Eileithhyia gegeben wird, während H. nur als einer bet
fonft anmefenden @ötter erfiheint (3. B. bei Gerhard A. B. Taf. I. u. 11).
Man fleht daraus daß die alte Kunft fl der vermittelnden Tätigkeit unfered
Gottes noch In meiterer Ansdehnung bedient hat als bie fpätere. Gemöhn
licher ift die Tieblihe Gruppe mo $. den Dionyfos trägt, entweder ihn In
Empfang nehmend oder Ihn ben Ammen bringend ober in ben Himmel eine
führend. Baufanias fah fie am Throne des Amykläiſchen Apollo (Mil, 18,
11.) und auf dem Markte zu Sparta (III, 11, 11.). Bon jet Hefannten
Darftellungen der Art f. Liber Pater ©. 1021. und D. Jahn ürchäol. Auf
füge S. 60 ff. Aehnlich kommt H. auf einem Vaſengemälde mit dem kleinen
Herakles vor und auf arfadiiden Münzen mit dem kleinen Arkas, Mülkr
Handb. 6. 381, 7. Den Urgostdvter H. flieht man auf Bafen und fonf,
[, Panofta, Argos Panoptes, Berl. 1838. 4., Zeitſchr. f. A. 1838. Ar. 69.
gl. den Art. Jupiter, ©. 626. und D. A. K. II, XXX, 336., wo er dem
Argos mit der Harpe- den Kopf abhaut gerade wie Berfeus fonft ber Me:
Dufa, der ja auch vom H. bie Sarpe empfängt. Paufanias fah am Kynielot
Taften den 6. wie er bie drei Odttinnen vor Paris führte (V, 19,5.), womit
Meiturimd 1863
das Bild des H. umd ber Aphrodite vor Paris zu vergleichen iſt (DO. A. K.
I, XVIII, 99. a. II, XXVII. 294.); wie er den Kerberos herauffüͤhrt ſteht
man ihn bei Gerhard U. V. Taf. CXXIX—CXXXI. Gndbdlich verdient wegen
der groteäß-Fomifgen, der Komödie entlehnten Auffaffung noch yine beſondere
Erwähnung die Borflelung des H. mit Zeus beim näaͤchtlichen Beſuche ver
Alkmene (Windelm. Mon. Ined. I. n. 190.) und megen ber Beziehung zu»
glei auf einen merfwärbigen Moment der troiſchen Sage und auf die Wirk⸗
famfeit des H. auf das Seelenleben die Pſychoſtafie des Achill und Memnon
buch H. auf einem etrusfiihen Spiegel bei Gerhard Taf. CCXXXV. Was
noch die Liebesgeſchichten betrifft fo erfcheint H. aud in der Kunft
beſonders als Liebhaber der Nymphen, 3.3. wenn er in romantiſcher Felſen⸗
ı gegend eine fhöne Nymphe enıhüllt oder fih mit einer halbnackten Nymphe
einer Priaposherme naht oder ein Mädchen verfolgend, auf Bafen und Wand»
gemälden, Müller Handb. 5. 381, 6. Am beveutenpflen iſt die ſchoͤne Sta⸗
tuengruppe der Barnellihen Sammlung, welche gewoͤhnlich als H. und Herſe
extlärt wird, aber, da eine Schildkroͤte am Boden zu liegen fiheint, eher eine
arkadiſche Nymphe, etwa bie fchöne Tochter des Oryopo, andeuten bärfte,
ſ. Guattani Memorie. T. V. p. 65. und D. A. K. II, XXX, 335. Panofla,
verlegene Mythen, Berl. 1840., glaubt auch bie erotifche Berbindung mit ber
Penelope auf Bilowerken nachweiſen zu konnen. b) Au in Gruppen
erſcheint H. nad den verſchiedenſten Beziehungen, feines Weſens. Bon den
nach bierariihen Gründen zufammengefegten Doppel» und breifachen Hermen,
befonder® denjenigen wo H. mit Liber oder mit Liber und Libera zu einem
Gompfer verbunden If, f. S. 1859. Auch von feiner Gruppirung mit den
Nymphen oder mit Ban und den Nymphen, wie fie an Quellen und in länd⸗
lichen Gegenden verehrt wurden, HS. 1855 f. Die Rede gemeien ; vgl. noch Babriss
f. 23. Apollo und Hermes wurden als sono, im Karnafliden Haine neben
einander verehrt, Apollo als xuovsiog und H. ald xpiopopos (Bauf. IV,
33, 5.), anberöwo als muflide Götter, wie wenn Pindar in Theben beide
zufammen bebicirte, den Apollo als Bondpowios, den H. als ayopaios (Bauf.
IX, 17, 2.). H., Apollo und Herafles, als agoniſche Goͤtter, nennt Pauſ.
X, 32, 5. neben einander, und- auch fonf if H. ein nothwendiges Glied
gymniſcher Böttergruppen (Gerh. A. B. Iſter Bb. S. 55—69.). 9. und
Aıbena fanden ald zoovaoı vor dem Tempel des Jomeniſchen Apollo In Theben
- (Bauf. IX, 10, 2.); auch auf Bafen flieht man file oft einander gegenüber»
geſtellt, mit einander im Geſpräch u. f. w. (Gerh. A. V. XVII. LXVI.
©. 66 ff.). Berner erſcheint H. nicht felten in bacchiſchen Zügen (Gerh.
©. 209.), und neben den Ghariten (Blut. de rect. rat. aud. 18.). &in
eng zufammengehöriges Paar find dann beſonders auch H. und Heſtia (Dom.
Hyon. XXIX.), wie Phidias beide an der Bafls des Olympiſchen Zeus zu-
fammengeflellt hatte (Pauſ. V, 11, 8.) ynd fie au fonft In Goͤttervereinen,
3. B. auf der Schale des Goflad ein Paar bilden (Gerh. S. 63.). Im
mebr hieratiſcher Bebeutung kamen au H. und Hekate neben einander vor,
mit Beziehung auf Leben und Gterben (Porphyr. de abst. II, 16, 127.
Lobeck Agl. p. 1006.). Andere Bildwerke zeigen ihn gruppirt mit Hephäfto®
(Dekller Handb. 6. 381, 7.), mit ver Maja u. f. w. Literatur: Guig⸗
niaut de EKouoſo s. Mercurii mythologia, Lutet. P. 13395. areuger Symb.
III. ©. 286 ff. mit den Taff. IX-XII. Müller Handb. d. Archaͤol. 1835.
SG. 379—381. und Denfm. d. alt. Kunſt 2ter Bv. Taf. XXVII—XAX.
Gerhard Auserlef. Bafenb. I. S. 72. Stuhr Religionsſyſteme ber Hellenen
©. 307—319. Shwend Myıhol. d. Griehen S. 223—242., ber Roͤmer
©. 173 ff. Heffter 9. Mythol. des Briehen u. Römer S. 261— 271. Ecker⸗
mann Lehrb. d. Religionsgeſch. u. Mythol. 2ter Bv. ©. 92 ff. [Preller.]
Ueber ven Planeten Merkur |. Planetae.
Bauly, Real-Encyelop. IV. - 118
1888 | Merdi — Mesetrix
Merdt (Dio Caff. LI, 25.), eine Später erſcheinende Bölterfnaft Ihres
ciens, die mit den Serdi (f. d.) an die Stelle der alten Arered am nörtl.
Abhange des Geb. Scomius treten, und alfo in ber Nähe bed heut. Soſtia
zu fuchen find. [F.]
Merenda — prandium, ſ. Bd. II. &. 1307. Als Beiname kommt eb vor
in der gens Antonia (Bd. I. S. 560. Nr. 1.) und Cornelia (Br. 1. ©. 699.).
Mereteix {von mereri d. i. quaestum facere, Ifidor. X. p. 1081. und
vet. gramm. libell. p. 1336. ed. Gothofr.), f. Br. IH. ©. 1288 f. Außer
den dort genannten Bezeihnungen waren noch üblich Lupinaria, Scrupeda
unb scrupipeda, Ambubaia, Alicaria (Paul. Diac. h. v. p. 7. M.), sub-
moeniang (Martial. II, 82. XI, 32.), diabolaris (Paul. Diac. h. v.
p. 74. M.), schoenicula, miracula, scrapta u. scrattia (Zeft. h. v. p. 333.M.),
strittabilla u. |. w., dem gemeinen Leben entnommene oder von den Gomifern
gebilnere Namen, f. fragm. d. Plaut. b. Barr. 1.1. VII, 64. 65. Gell. Ill,
3. Ron. Mare. II, n. 769. Die Juriflen fagen außer meretrix: seortum,
prostibulum, mulieres quaestuariae u. corpora quasstuaria. Obgleich man
Rom die Buhlerinnen von jcher duldete und ven Männern auß dem Be
ſuch derſelben keinen Vorwurf machte (Schol. zu Hor. f. Bo. III. ©. 1288.
Liv. XXXIX, 9. oft bei Ser u. Plaut. 3.8. Merc. IV, 6, 2 f.), obgleiq
fogar anfländige Perſonen Häufer zur Benutzung als Jupanaria vermieihetrn
(Dig. V, 3, 27. 8. 1.), fo war dennoch mancher geſctzliche Nachtheil
an die Betreibung eines ſolchen Gewerbe gefnüpft. Die meretrices warm
mit infamia belegt, Quintil. VI, 3, 51. (infames feminae), d. h. nicht
tm prätor. Edikt, weil ſich die prätor. infamia gar nicht auf Frauen bezog,
fondern ſeitdem lex Julia u. Pap. Popp. die Ehe der meretrices und Erna
teren verboten und lex Julia de vi ben meretrices bie Faͤhigkeit Zeugniß abzu⸗
legen genommen hatte, 1.3. 6.5. D. de test. (22, 5.), wurben bie merelr.
für ebenfo infames gehalten wie die Kuppler, f. ©. 150 f., 1. 4. $. 3. D.
de cond. ob turp. (12, 5.) 1. 24. D. de his qui (3, 2.), fogas nachdem
fle das Geſchäͤſt nicht mehr tıieben, 1. 43. 6. 4. 6. D. rit. nupt. (23, 2.),
und durften deßhalb nicht die Kleidung ehrbarer Matronen tragen, f. Dr. Il.
&. 3289. und 1. 15. $. 15. D. de iniur. (47, 10.) Non. Mare. XIV, 27.
vgl. Berker, Gallus I, ©. 323. und Matrona. Auch im Erbrecht waren bie
mulieres famosae nad) Suet. Dom. 8. zurüdgefeßt, indem fie nad Domitiand
Verordnung weder Legate noch Erbſchaften erwerben follten, nicht einmal
burch testam. milit. |. S. 153. Der volizeilichen Beauffichtigung halber
mußten fih alle Buhlerinnen bei den Aedilen meiden, und ed tharen beit |
niet feltm auch freigeborene rauen, um ungeftcaft sin zügellofes Leben
führen zu fönnen (denn fonf Hätten fie die Strafe bes stuprum erlitten,
f. Steprem), 6i8 ein Scons. unter Tiberius dieſes den rauen ritterlichen
Standes bei Strafe des Crils unterfagte, Tac. Ann. I, 85. Euet. Tib. 9.
Haben fie fi gemeldet fo können weder fie noch die mit ihnen verlehrenden
Männer des sluprum angeklagt werden, 1. 13. $- 2. D. ad 1. Jul. adelt.
(48, 5.) h. l. 1. 29. C. eod. (9, 9.). Wenn eine verheiratete Grau 14
als meretrix erklärt hatie fo galt fie nicht als adultera, 1. 22. €. eod.i
bie widerſprechend fcheinende Stelle 1. 13. 6. 2. D. eod. ſpricht nicht von
einer privilegirten merelrix, fondern von. einer Frau welche einen gemeinen
Lebenswanbel führt ohne als meretrix privifegirt zu feyn, f. Nein, Rom.
Erim.R. ©. 841 f. Daß meretrices nicht des Chebruchs angeklagt werde"
koͤnnen ergibt ſich auch aus ver Sache ſelbſt, denn ſchon in ver Bitte UM
Goncefilon hatte das Bekenntniß des Ehebruchs gelegen, f. and Ter- Bun.
v4, 38f. Ouint. V, 10, 39. VIL 3, 6. 9. 10. Gbenſo maren dieſenl⸗
gen Grauen bed Chebruchs nicht zu belangen welche fi öͤffentlich an einen
niedrigen Gewerbe bekannten (4. B. ienocinium), Paul. IE, 26, il., aupet
Zongäblum — Merkäune 1867
wenn fle evitandae poenae adulterli gratia biefen Ausweg ergriffen Hatten,
1.10. 6.2. D. ad 1. J. adult. Literatur: &. Laurent, de adult. et meretric.
F. Rames bel Manzano, ad leg. Jul. Pap. in Meerm. thes. V, p. 342—
872, 3. F. Rivinus, de muliere quaestuar. Lips. 1733. Heinekk. synt.
p. 784—787. Gajaub. ad Suet. Ner. 26. Beder, Gallus I. S. 54 ff. [R.]
Mergäblam (St. Ant. p. 408.), Ort in Hiſpania Bätica an der
Straße von Gades nah Malaca; j. Beger ve la Biel; vgl. Rodrigo Caro
I, 3. u. Möm. de l’Acad. des Inscr. XXX. p. 111. {F.]
Mergäna, |. Morgantium. | ’
Mergemtini, Völkerfhaft in Limbrien bei Plin. III, 14, 19. [F.]
L. Mergilins, verihwor fih im I. 706 d. St. gegen den Prätor
D. Gaffind Longinus (Bp. II. S. 199. Nr. 14.). Hirt. b. alex. 52. [W.T.]
Meribriga (MeoiBoya, Btol. 11, 5, 6.), Stadt. der Celtici in Lufls
tanien. nicht. mit Mirobriga zu verwechſeln. [E.]
Meridianmi, |. Gladiatores, Bd. III, S. 871.
Meridianus sc. circulus, ueonußoırog xunlos, Meridian, iſt ein
größter oder Hauptkreis am Hinmel, welcher durch die Welpole und dur
den Gulminationspunft der Sonne am Mittage, oder au dur das Zenit
eines Ortes gebt (dur drei Punkte nämlih, vie nicht in einer geraden
Zinie liegen, if die Rage eined Kreifed beflimmt). Diefer Kreid war von ben
Alten gekannt. Geminus Isag. 4. fpriht von ihm und beflimmt ihn richtig
als dur die Weltpole und denjenigen Punkt gehend wohin bie Sonne in
der Mitte der Tages⸗ und Nachtzeiten (zx ueo« Tor Nuspwr nal ra don
70 vurcor) gelangt. Nah feiner weitern Befchreibung ſteht er unbeweg⸗
IH in dem Himmeldraum und behält vie gleiche Stellung bei der Umdrehung
des Firmamentes bei. Gem. bemerkt ferner, daß ed für bie verſchledenen
Drte und Städte der Erbe nit Einen Merivian, ſondern verfchiebene gebe,
indem er fi in Wahrheit ändere wenn fl der Beobachter auh nur um
ein Weniges nach Dften oder Wellen bemege, daß man aber tie Verſchiedenheit
bei einer Drtöveränderung von 300 Stabien mit den Sinnen nicht wahr»
nehme. Für denjenigen aber ber Id von Süden nad Norben over um⸗
geehrt bewege gebe ed nur Einen Meridian, wenn. auch Jemand 10000
Stadien zurüdiege. Daß ale unter einem Meridian liegende Orte gleiche
Tag» und Nactzeiten haben lehrt Gem. c- 13. Man flieht daß Bei den
Alten der Begriff des Meridians richtig aufgefaßt und ausgebildet war, daß
fie aber einen Normal⸗ oder erfien Meridian, den die neuere Geographie zu
firiren nötbig fand, nicht Eannten. Vom Mer. handelt ferner Achilles Tatius
Isag. 22. Plut. d. placit. philosoph. II, 12. u. A. [O.]
Merinätes, die Einwohner einer Stadt Merinum in Apulien am
Berge Barganus bei Plin. III, 11, 16. Aus den Trümmern ihrer Stabt
fol das Heut. Vieſti an ber Norboftfpige des Gebirgs (Monte S. Ungelt)
entſtanden fenn. Bel. Sarbuin. ad Plin. 1.1. u. Mannert IX. 2. ©.22. [F.]
Merion (Mroior, Hierocl. p. 656.), Ort in der Landſch. Darbania
oder dem füdlichften Theile von Obermöflen (vielleicht identiſch mit dem Kaftell
Bspusoror bei Procop. de aed. IV, 4.Y). [F. '
Merlönes (Mngiorns), einer der homerifchen Helden vor Ilion, wel»
der nah dem homeriſchen Epos zwar nicht zu den Heroen erften Ranges
gehört, aber dennoch als muthiger Wehrmann bezeichnet wird. Er erſcheint
bier als der flattlihe Kampfgenoſſe, zugleih ale Freund und Diener bed
Idomeneus son Kreta. Er ſieht alio zu Idomeneus ziemlih in demſelben
Berbältniffe wie Sthenelos zu Diomedes, oder wie Patroflos zu Achilleus.
Denn Idomeneus redet ihn durch giAraze eraiowr an (Mi. XU, 259.). Er
wird Sohn des Molos genannt ‚und ale Schnellfüßiger bezeichnet (ibid.).
II. XI, 260. Holt er ſich einen Speer im Zelte des Idomenens, obgleich
18 -- Merktas — Merokamdes
er ſelbſt auch ein eigenes Zelt Hat, weldhes aber vom Kampfplatze viel weiter
‚entfernt ift (V. 267 ff.). Im Katalogos der Schiffe wird er mit Ipommeus
gemeinfhaftlih als Führer der Kreter bezeichnet (II, 690.). In den Kampf-
fpielen zu Ehren des Patroklos tritt er als Ugonift im Roßweitrennen auf
als der fünfte und letzte. Bei ver Looſung bes Achilleus erhält er bie vierte
Stelle (II. XXIII, 356.). Allein feine Roffe find die trägften und er ſelbſi
wenig ald Nricyos geübt (XXIII, 530 ff.). Dagegen zeigt er als Mogen-
ſchühe eine außerordentliche Bertigkeit und beflegt bierin im Wettlampfe den
Seufrod (Il. XXI, 860. 870. 882.). Er bemährt alfo Bier bie Eretiiche
Kunf im Bogenſchuſſe. Ja M. tritt fogar mit Agamemnon als Agonifl
im Gpeerwurfe auf, was aber. Adhilleus nicht zur Ausführung kommen
läßt, fondern ohne Kampf dem Agamemnon ben eriten, bem M. den zweiten
Preis einhändigt (XXIII, 887 ff.). Merkwürdig ift bier daß er als Hepa-
no» &üg Idoussjog bezeichnet nıirb und dennoch mit Agamemnon, bem Heer⸗
führer der gefammten Kriegsmacht, als gleichgeltenver Agonift in bie Schrans
ten treten Tann. Daher läßt aber au Homer biefen gefährlichen Wettkampf
nit zur Entſcheidung bringen und die Siegespreife auorızd vertheilen. Zu
bemerlen haben wir noch daß M. von Aineias als oeynozns bezeichnet wird
(I. XVI, 617.), worüber Lukianos zeoi öoyno. o. 8. fehr ſchön geredet
und jened Präpicat auf die xovgporns ai evpvduie des M. bezogen bat.
Horat. Carm. I, 6, 14 f. bezeichnet ihn durch pulvere Troico niger. Rah
feiner Rückkehr von Troia gelangte er mit feinen @enofien nad bem kreil⸗
fen Engyon, wie Diod. IV, 79. berichtet. Vgl. dagegen Höck, Kreta Bo. II.
©. 381. Auch wird fein Grabmal erwähnt, Höck, Kreta I. ©.'402. [Kae]
Merites, ein Berg Thraciens bei Blin. IV, 11, 18. [F.] j
Miermadälis (Meourdadz, Strabo XI, p. 503., unmittelbar darauf
‚aber. p. 504., wohl nur durch Schuld der Abfchreiber, Meouodas), ein dluß
in Sarmatia Aflatica, der aus dem Lande ber Amazonen durch das ber Ei
zacener in die Mäotis fließt. Cine Namenähnlidkeit führt auf bem Heut.
Mermebik, einen Tüplichen Nebenfluß bes Terek, für den ihn auch Pallas I.
S. 391. nimmt; allein ver Fluß des Strabo ift viel weiter nörbl. zu fuden,
weßhalb ihn Mannert IV. S. 364. für den Egorlif, einen Nebenfluß dei
Maniiſch Hält. [F.)
Mermörus (Mioueoog), 1) Troer, von Antilochos getöbtet, I. AIV,
513. — 2) Sohn des Jaſon und der Medeia, fammt feinem Bruder Bhered
von Medeia zu Korinth ermorbet, Apollod. I, 9, 28. Hygin. fab. 25. vgl.
Diod. IV, 54. Na Andern (Pauſ. II, 3, 6. Schol. @ur. Med. 10.) wurden
fie von den Korinibiern gefleinigt, welche fpäter ihnen, den wsoßapßep
(Schol. Pind. Ol. XII, 74.), Heroencult erwielen (Pauf. 1. 1.), oder (Bauf.
II, 3, 8.) auf der Jagd von einer Löwin getöbtet. Bei Hygin. fab. 239.
heißt er Makareus, bei Tzey. Lyc. 175. Mormoros. — 3) Sohn bed eben
genannten Pheres, fomit Enkel der Medeia, in Ephyra, der Bifibereitung
kundig. Er ift Bater des Iſos Hom. Od. I, 259 ff. Guftath. p. 1416, 2. |
— 4) Gentaur, Ovid Met. XII, 305. [W.T.]
Mermessus oder Myrmissus (Megunooos ober Mugusovos, Bolemo
bei Steph. Byz. p. 459. u. 479., bei Lact. I, 6, 12. Marmeasus, bei Paul.
12, 2. &uib. h. v. aber und in einigen Codd. des Lact. Mapam0os,
Marpessus), Stadt in Myfien, zum Gebiete von Lampfarus gehörig und nicht
weit von Polichna, Vaterſtadt einer Sibylle. [F.]
Meouradas, Indie Königsfamilie, |. Herod. I, 7. 14. mit den
Aust. Bol. oben ©. 1279.
‘ Miormödas, |. Mermadalis.
Merobaudes (Flavius), ein angeſehener röm. Dichter und Redner bei
fünften Jahrhunderts n. Chr., früher nur bekannt durch ein in zer Saum⸗
—
Merobriona — Meroß 1869
lung bes G. Fabricius (Poett. Eccles. p. 769.) aufgengmmened Gedicht
De Christo, welches die Aufſchrift eined Merobaudis Hispani Scholastici
bat und daraus auch in die Eleinere Sammlung ded A. Rioinus (De Christo
Jesu etc. reliquiae vett. poett. ecclesiast. Lips. 1652. 8.) übergegangen fl.
Auf ihn glaubte man denn die Worte des Eidonius Apollinaris (Carm. IX,
ad Felic. 293 ff. mit Sirmond's Note) beziehen zu Tönnen, welcher unter
den drei Dichtern die nah Claudianus unter Aetius in befonderem Anſehen
flanden, an dritter Stelle einen Dichter aufführt den er zwar mit Namen nicht
nennt, aber fehr rühmt, ihn von Spanien nad Mavenna ziehen läßt, au
von den ihm zu Ehren aufgerichteten Statuen ſpricht; was, mie ſchon Sirmond
vermuthete, nur auf den Merobaudes fich beziehen fann,- den auch Idatius
(Chronie. in Sirmond's Opp. T. I. p. 236.) als einen Mann von hoher
Geburt und als einen außgezeichneten, dur Statuen geehrten Redner und
Dichter rühmt. Dies wirb nun auch dur eine auf dem Ulpiſchen Forum
zu Mom in neuerer Zeit ausgegrabene Infchrift, melde an der Balls einer
dem Merobauded im J. 435 n. Chr. errichteten Statue fih befand, voll
fommen befätigt; fle ift voll des höchſten Lobes über die glänzenden Eigen»
ſchaften des auch Im Kriegsdienſt bemährten Mannes, der durch Talent, ges
lehrte Bildung und durch Hohe Leiſtungen in der Beredſamkeit und Boelle
insbeſondere ſich ausgezeichnet (ſ. bei Niebuhr p. VII. 2. Ausg. und 3. ©.
Drelli Inser. Coll. I. Nr. 1183.). Daber trug Niebuhr Kein Bedenken, bie
von ihm auf einem St. Gallenſchen Palimpfeft entdeckten und auf glücklich
entzifferten Reſte In Poefie und Profa diefem M. zuzufchreiben, dem auch dad
oben erwähnte Gedicht beigelegt wird, das übrigens auch unter den Cpigram⸗
men des Glaudianus (Nr. XLVIII. oder XCVIII. des Ganzen bei Gesner
p. 710 f.) fi& findet, unter melde Gamers vaffelbe eingeführt hat, obwohl
es in Seiner Handſchrift des Claudianus bis jet gefunden worden iſt, wie
denn Niebuhr (p. XI.) nicht ohne Grund vermuthet Daß auch das in Di⸗
ſtichen gefaßte Gedicht Miracula Christi (bei Claudian. Nr. XLIX. oder XCIX.)
und das von Fabricius (am a. DO. p. 774.) dem Damafus beigelegte Ge⸗
dicht Carmen Paschale (Nr. XLV. oder Nr. XCV. bei Claud.) Werte viefes
M. ſeien, deſſen neu entdeckte Reſte keinen verſchiedenen Charakter zeigen, im
Uebrigen aber einen Eräftigen Dichtergeiſt beurkunden, welcher ſich einem
Claudian füglich an die Seite ſtellen kann, aber fo wenig wie biefer frei
bleiben konnte von den Gebrechen ber Zeit, vie in der gefuchten, fhmwälftigen,
ſchwerfälligen und dunfeln Ausprudsmeife fühlbar bervortreten. Es beſtehen
diefe neu aufgefundenen Nefle aus vier Heineren Gedichten Iyriicher Art, darunter
ein ®enethliacon auf einen Sohn des Aetius, deſſen Thaten während bes
britten Gonfulats (446 n. Chr.) ein PBanegyricus ſchildert, von melden ein
Theil der in Brofa abgefaßten Vorrede und nit ganz zweihundert Hexa⸗
meter jeßt und befannt geworden, welche, auch abgeſehen von ihrem poetifchen
Werth, für die Geſchichte des Aetius (f. Bo. 1. ©. 201 f. nebfi A. Hanfen
De vita Aetii Il. p. 24 ff. Dorpat 1840. 8.) manches Beachtenswerthe ent»
halten. Die neu entbedten Mefte ſtehen in Fi. Merobaudis Carmm. Pane-
gyricique religq. editae a B. G. Niebuhrio. Ed. alt. Bonn. 1824. 8. und
daraus im Corpus Byzantinorum: Merobaudes et Corippus. Recogn. Imm.
Bekker. Bonn. 1836. 8. zu Anfang ; einige Berbefferungen Heinrichs im Rhein.
Muſ. N. F. 1. 6.532—543. Weber M. f. auch noch Nicol. Anton. Biblioth.
Hispan. vet. II. 3. Tom. I. p. 191 ff. [B.]
Mierobrica, |. Mirobriga.
Merd& (Meoon, Near. p. 11. Diod. 1,23 f. III, 3. Strabo XVII,
p- 786. 821. und öfter. Ptol IV, 7, 20 ff. [oder IV, 8, 1ff.] Mela IL, 9, 2.-
I, 9, 1. Blin. II, 73, 78. V,9, 10. Steph. Byz. p. 458. u. f. w.), eine
von den Flüſſen Aſtapus und Aflaboras gebilbete, zu Aethiopien gerechnete,
-
1870 “ -Meroß
große Infel (das heut. Schendy, Halfair, Aibar u.f.w., nach Bruce Travels
VI. p. 445. Heeren Ideen II. 1. &. 374 f. und Ritter Erkunde I. 6.564.
aber die ganze von ſämmtlichen Duellarmen des Nils umfloffene große Halb⸗
Infel mit Einfluß von ganz Sennaar.). Sie follte 3000 Stad. fang urd
1000 Stab. breit feyn (Diod. u. Etrabo 1. 1.), melde Angabe jedoch fon
Strabo ſelbſt mit Hecht für übertrieben hält (weßhalb Mamert X, 1. ©. 183.
glaubt, die 3000 Stab. bezeichneten den Umfang, die 1000 Stab. aber bie
Länge), war ſehr fruchtbar (Hello. Aethiop. X, 9.), hatte Gebirge und
große Waldungen die von einer Menge wilder Thiere bevölkert waren , und
lieferte Cdelſteine, Gold, Eiſen, Kupfer und Salz, ſowie Datteln, äanpt.
Mandeln, Johannisbrod und Ebenholz (Strabo u. Diod. I.1.). Im noͤrdlichſten
Winkel der Infel, nach einer unter Nero unternommenen Mefjung 873 Bil
von Syene (Plin. VI, 29, 33. vgl. mit Strabo II, p. 95. 114.132. u.
Blin. IE, 73, 75.) und 70 MIN. ſüdl. von der Bereinigung des Aſtapus
mit dem Aftaboras (Pin. 1. I. vgl. Strabo XVII, p. 786.), lag am öfl.
‚Ufer des erfleren die alte (einer unftreitig falihen Sage nad von Cambpſes
gegründete, Strabo XVII, p. 790. Diod. I, 33. Joſeph. B. Jud. II, 16.),
‚berühmte Stodt Meroö (Herod. II, 29. Died. I. II. Strabo XVI, p. 771.
XVII, 786. 821 ff. Pauf. I, 33, 4. V, 7, 3. Btol. IV, 7, 21. ſob. IV,
8, 2.] Plin. VI, 29, 35. u. f. w.), der Sitz eines mächtigen Prieher- und
Handelsſtaates, deren Hauptzierte der Tempel des Ammon (wahrſcheinlich
der von Diod. III, 6. ermähnte goldene Tempel der Aetbtopier) war. Außer
dem Ammon und Oflris (f. unten) wurden in ihr auch Iſis, Herkules um
Ban verehrt (Strabo XVII, p. 822.). Schon zu Nero's Zeiten war bie
einft fo große und reihe Stadt zerflört (Plin. I. 1.). Ste Tag ımflreiiig in
der Gegend von Schendy, welche überall mit ſehenswerthen Ruinen von
Tempeln, Grabmälern, Pyramiden u. f. w. in einem bem ägypt. ganz ähn-
lichen Bauftile bedeckt if. (Vgl. Bruce IV, p. 618 ff. Caillaud III. p. 146.
Burckhard Travels in Nubia p. 273 ff. Nüppel &. 114 ff. Waddington u.
Hanbury ©. 118 ff.) Die prächtigften Ruinen aber finden fh 6 St. ſüdlich.
und 8 St. fündfl. von Schenvy, und an Iegterem Orte, mo fly die Trüm-
mer von alt durch Ballerien mit einander verbundenen Zempelgebäuben zei⸗
gen, lag vielleicht der Tempel des Ammon, der nach Diod. J. 1. nicht un
mittelbar bei der Stadt ſelbſt geweſen zu ſeyn ſcheint, nach Plin. 1. 1. aber
einen ſehr großen Raum einnahm (toto tractu sacella). Was den Priefter⸗
ſtaat felbft betrifft, der eine iheokratiſche Verfaſſung hatte und an deſſen
Spige ein von den Prieſtern aus ihrer Mitte gewählter und daher von
ganzen Priefterfollegium abhängiger König fland (Diod. III, 5. vgl. Strabo
XVII, p. 822.), fo war er zugleich einer ber älteſten und bedeutenbflen
Sanvelöftaaten der alten Welt (vgl. Heerens Ideen II. 1. S. 395 fj.), un
eben daher auch ein uralter Haupıflg der Kultur im ſübdöſtl. Afrika. Bir
diefe hohe, der ägypt. fehr ähnliche, und wahrſch. erfl von Meroẽ aus nad
Aegypten Übergegangene (vgl. Diod. II, 4. 3. nicht aber umgekehrt, wie
Derod. II, 30. behauptet, erft unter Pfammetich aus Aegypten über Aeihie
pien verbreitete) Kultur Merod's, deren erſte Duelle wohl in Indien #
fuchen iſt, zeugt außer den präßtigen Trümmern feiner Baubenfmale fen
die einzige Nachricht des Plinius VI, 29, 98., daß ſich in Mero& 4
Künfller Gefunden hätten. Diefer überwiegenden Kultur, dem Einfluffe Ind
dem Dienfle ded Ammon (Zend) und Ofiris (Dionyfos) gewidmeten 1
das Orakel des Ammon verwaltenden Prieſterſchaft (Herod. II, 29. 2.0
Pfin. VI, 29, 33.), und feinem Iebhaften, weit verzweigten und mit der
Religion In enger Verbindung ſtehenden Caravanenhandel mit egepiet
Arabien, dem von Meros und Theben aus mit gleicher Aheilnahme —
Prieſterſchaften gegründeten (Derod. II, 42.) "Ammonium u, ſ. w. UND
m — — — æ
ber Staat von Meros (Über deſſen Einrichtungen und Sitten Diod. II, 8.
6. 9. Strabo p. 822. u. Heeren Ideen II, 1. ©. 363 ff. zu vergleichen
find) eine ſolche Groöße und Mut daß er, im Beflg eines Heeres von
250,000 M. (Plin. 1.1.), womit er allen feindlichen Angriffen trogte (Diod.
III, 2.), lange Zeit hindurch die Herrichaft über das ganze noͤrdliche Aethio⸗
pien behauptete, bis endlich die Priefterherrfchaft zur Zeit des Ptolemäus
Philadelphus vom König Ergamened vernichtet und Aethiopien in eine abſolute
Monarchie verwandelt wurde (Diod. I, 178. II, 7. vgl. Strabo p. 823.),
feit welcher Staatsummälzung und alle weitere Nachrichten Über das Schid»
fal ned Landes fehlen. „Und dennoch Haben fih in jenen Gegenden, nament«
ih in Damer (vgl. Vurckhardt Travels p. 265 ff., deutſch in Bertuchs
Neuer BisL XXIV. S. 373. und Ritters Erdkunde I. ©. 543 fi.) und
Gennaar (vgl. Bruce IV. p. 484.) noch bis auf den heut. Tag Spuren des alten.
Briefterflaates und des überwiegenden Einfluffed der Priefterfihaft erhalten. * [F.]
Merom, See, f. Samochonitis Lacus.
Meröpe (Meoorn), 1) Okeanide, von Klymenos Mutter des Phae⸗
thon, nach Heflod bei Hygin. fab. 154. — 2) Tochter des Helios und ber
Klymene, Schwefter ded Phaethon, Hygin. fab. 152. — 3) Tochter des Atlas
und ber Pleione, Gemahlin des Siſyphos, Mutter des Glaukos, Kreon und
Laertes. Linter ven Pleiaden iſt fie diejenige welche den ſchwächſten Glanz hat,
was man als Scham darüber daß fie ſich einem Sterblichen vermält aus»
deutete. Hygin. fab. praef. u. fab. 192. Astron. II, 21. Ovid Fast. IV,
175. Avpollod. I, 9, 3. II, 10, 3. Serv. Virg. Ge. I, 138. @uflath.
p. 1155, 54. vgl. Som. 11. VI, 154. — 4) oder Märope, Tochter des
Denopion und der Helife auf Chios, von Drion’s Liebe verfolgt, Apollod. I,
4, 3. Hygin. Astr. II, 34. — 5) Gemahlin des Diegareus, Mutter beB
Sippomened, Hygin. fab. 185. — 6) Tochter des Kypſelos, Gemahlin des
Kresphonted (Ipäter des Polyphontes) und durch ihn Mutter des Aepytos
und anderer Kinder. Bauj. IV, 3, 6. Apollod. 1, 8, 3. Hygin. fab. 184.
— 7) f. Co. [W.T.)
Meropia, f. Siphnus.
Meröpis, Schwefter des Agron, ſ. d.
Merops (Msoow), 1) König von Kos (vgl. Quintil. VIII, 6.), Ge»
mahl der Nymphe Eihemea, mit welcher er ven Bumelos zeugte. Eth. flarb
ſchnell, mas man ald Strafe der Artemis dafür daß Eth. ihren Cult aufs
gegeben Hatte anjah. Aus Sehnſucht nach feiner Frau wollte fih M. tödten,
wurbe aber von Here in einen Aoler verwandelt und unter die Geflirne ver»
fegt. Hygin. Astr. 11, 16. Guflath. p. 318, 35. Anton. Lib. 15. —
2) Actbiopierfönig, Gemahl der Kiymene, durch beren Umgang mit Helios
er dazu kam Bater bed Phaetbon zu werden. Strabo p. 33. Ovid Met.
I, 763. Trist. 111, 4, 30. (vgl. 2, 184.). Voß zu Virg. Eel. VI, 62. —
8) aus Berkote, Seher ımd König von Rhyndakos, Bater des Amphist
und Adraſtos, der Kleite und Arisbe., Gr wirb aud) Macar und Macareus
genannt. Som. Il. II, 830. ff. XI, 329 ff. Apollon. Arg. I, 975. Strabo
p. 986. Gonon narr. 41. Steph. Byz. s. v. Adioßn. Serv. zu Birg. Aon.
IX, 264. — 4) Iroer, von Turnus erlegt, Birg. Aen. IX, 702. [W.T.]
Mneooöoagyifs, Beiname des Dionnfos, f. oben S. 1017.
Mersella, |. Mursella.
Mersis, ein, mie ed nad der Form des Namens erfcheint, ägyptiicher
Architect, welder auf einer in Aegypten an der Straße von Goffrir gefuns
benen Inſchrift genannt ift, Zetronne, Recueil des Inscr. Grecques et Latines
de l’Egypte T. I. p. 423. [W.) -
. ® Wgl, den Aufſatz Über das alte Meroe im Auot. I, 1836, ©. 977986. [W.T.]
1898 Metva — Hormmäkrflia
Morva (Mesoova, Ptol. I, 6, 46.), Stabt ber Luanci, einer zu ben
Gallaici Bracarii gehörigen Voͤlkerſchaft, in Galläcia (Hiſpania Tarrac.). [F.)
Merucra (Blin. III, 1, 3.), Stadt in Hifpanie Bätica ſüdweſtl. von
Aſtigi. zu deren Gerichtäfprengel fie gehörte. [F.]
Meräla (lin. III, 5, 7.), ein Eleiner, bei Albingaunum in Ligurien
in die See fallender Küſtenfluß (an berfelben Stelle wo bie Tab. Peut.
einen Fluß Lucus bat), j. Aroscie. [F.)
In der Cornelia gens kommt M. als Beiname vor, f. Bd. II. S. 698 f.
Merum, f. Bd. II. ©. 1304.
Mörus (Mnoos), 1) Stabt in Phrygia Salutaris, nicht meit füdweſil.
von Metropolis und füpöff. von Cotyäum (Hierocl. p. 677. Eonft. Vorph.
de them. i.u.4. Socr. h. eccl. III, 15. Sozom. h. eccl. V, 11.), welche
Kiepert in Franz Fünf Infhr. S. 38. wohl fälihlih für die von Fellows
Asia min. p. 135. beidriebenen Ruinen von Duartlan (richtiger Doodlan))
Hält. Vgl. mein Handb. d. alt. Geogr. II. S. 353. — 2) ein fabelhafter
Berg in Indien, an deflen Zuße die Stadt Nyſa liegen und auf welchem der
Dionyſos geboren feyn follte, naher angeblich auch dem Zeus und Dionyſos
geheiligt (Arrian. Anab. V, 1. Strabo XV, p. 687. Guftath. ad Dion. Per.
p. 194. Huds. Gurt. VII, 10. Mela II, 7, 4. Bin. VE, 21, 23. VI, 34,
62,). Dal. oben ©. 1017. [F.
Merusium (Meoovaor, Steph. Byʒ. p. 459.), Eleine Stadt Gleiliene,
zum Gebiete von Syracufä gehörig, von der fle 70 Stad. entfernt war. [F.)
Merylius, wahrſcheinlich falige Lesart flatt Dercyllus (Br. II.
&. 983.). Dal. Menylius S. 1837. [B.
i zuen (Mrs Scyl. $. 110. p. 51.), Hafenſtadt im Gebiete von Gar-
thago.
Mesa (Méoæa), nach der gewöhnl. Lesart bei Scylax $. 12. p. 4.
eine Stadt an der Küfle Lucaniens, wo jedoch unſtreitig Maöun ob. Medayıa
zu leſen if. Vgl. Medma. [F.]
Miesabatae, {. Messabatae.
Mesne, Volk in Indien, um bie Münbungen bed Indus Her, bei
Plin. VI, 20, 23. [F.]
Mesagebes, Volk in Aethiopien bei Plin. VI, 30, 35. [F.]
Mesambris (Meoaußopin), 1) eine Halbinfel an der Küfe von Perfis
um den Fluß Papargus ber, von Nearch bei Arrian. Ind. c. 38. (Peripl.
p. 33. Huds.) genannt (vie Gegend von Abufhähr). — 2) Stadt in Thra-
cien an der Küfle des ägäiſchen Meeres und im Gebiete ber Giconed, die
weſtlichſte Anlage der Samotbracier, zwiiden dem Prom. GSerrium und
Stiyme und ummeit der Mündung des Liffus (Herod. VII, 109. Steph. Byz.
p. &59.). — 3) eine zweite, weit berühmtere Hafenflabt Thraciens an ber
Küfte des Pontus Eurinus und am Fuße des Gebirges Hämus, folglich au
ber Grenze von Möflen (und daher von Ptol. ſchon zu Möflen gerechnet),
welche Herod. IV, 93. noch Meoaußpin, alle Spätern aber (Scyl. $. 68. p. 29.
©trabo VII, p. 319. IX, p. 440. Scymn. v. 738. fragm. v. 14. Anon.
Peripl. P. Eux. p. 14. Ptol. II, 10, 1.8. 11,4. Steph. Byz. 1.1. Mela
11, 2,5. Blin. IV, 11, 18. Tab. Beut.) Meonußoix, Mesembria nennen
(die Einw. bei Polyb. XXVI, 6, 13. Meonußpraros). Sie war nad Sırabo
1. 3. eine Kolonie der Megarer, und zwar nad dem Peripl. I. I. von
Ghalcenoniern und Diegarern zur Zeit bed Darius, als vieler feinen Feld⸗
zug gegen Schthien unternahm, gegründet, nad Herod. 1. I. aber etwaß fpäter,
nachdem Darius den Auffland der Griechen Kieinaftend geftilt hatte, von.
ausgewanderten Byzantinern und Ghalcevoniern erbaut; welde beiden An⸗
gaben vielleicht fo zu vereinigen find, daß Megarer die wohl ſchon früher
vorhandene thraciſche Stadt zuerſt coleniflsten, Ipäter aber auch noch Byzan⸗
|
Mlesaınmones — Mescinis gens 1878
Iner und Ehalcebonter, alfo ebenfalld Nachkömmlinge megarenſiſcher Koloniften,
ahin auswanderten. (Vgl. Raoul⸗Rochette III. p. 275.) Nah Strabo 1. 1.
ß fie früher Hei den Ihraciern Mereßoi« nad ihrem Erbauer Dienes, nad
eph. 1.1. aber führte fie auch ihren fpätern Namen von ihrem Gründer
elſus (alfo eigentlih Meronußoie); denn ber Zufag Boic bedeutet nad
den Autoren im Thracifchen ‚Stadt‘. Später iR von ihr wenig mehr
e Rede, obgleih die Tab. Peut. fie noch aufführt. Jetzt liegt daſelbſt ber
mbedeutende Drt Mifflorta oder Meſſuri. [F.] |
Mesammones, nad Plin. V, 5, d. der alte Name ber Nasamones.
b. diefen Art. [F.]
Mesansei (Mnoareio:), nad) Iofeph. Ant. I, 6, 4. eine von Meſak
bſtammende Völferfhaft, in deren Gebiet die Stadt Charax Spaflnu an
er Mündung des Tigris lag. (Vielleicht hängt ver fonft völlig unbekannte
Name mit dem ber Landſchaft Mesene [S. 1874.] zufammen um» verbanft
los einem Mißverflännniß feine Entflehfung.) [F.)
Mesanites Sinus (Meoarirn; xoAnog bei Stepb. By. p. 499.)
. Maesanites S. [F.]
Mesäpus (Meoanos, Scyl. $. 48. p. 18.), ein Fluß Im Diftrikt
hmpäa (d. h. doch wohl In der Umgegend ber Stabt Lampa ober Lappa
m Weften) der Infel Greta, wahrfh. an der Suüdküſte mündend. Ob an
im bie von Dicäarch v. 128. (p. 25. Huds.) genannte Stadt Messepolis
MeovanoAıs) zu fuchen fei, bleibt ungewiß. Berkel flägt vor MeovanoAım
n Meooanov» zu verwandeln. Hoͤck übergeht beide mit Stillſchweigen;
Rannert VII. ©. 718. aber hält den Fluß ohne gehörigen Grund für ven
Hassalia des Ptol. oder die heut. Meglia. [F.
Mesate (Meoarn, PBauf. VII, d, 3.), Vorgeb. Ioniend, fo genannt
veil es die Mitte der Fahrt von Erythrä nad Chios war. [F.]
Messteus (Meoatevs), Beiname des Dionyſos, von ber folgenden
Stadt in welcher er nach Paträiſcher Sage erzogen worden war, Bauf.
mM, 21,6. [W.T] -
Mesatis (Meoazıs, Bauf. VII, 18, 2. u. 3.), Stadt in Achaja zwi⸗
den Anthea und Aroe, etwas nörbl. oder norböflf. von Paträ. Bgl. Leake
lorea II. p. 126. u. 137. Pouqueville III. p. 541. (vgl. auf) p. 406 f.)
ält fle für das heut. Meffana, wo fi Auinen (vier weiße Barmorfäulen)
nes alten Tempeld finden. [F.]
Miesche (Meoyn, vulgo Tréoxt, Ptol. IV, 9, 6.), Gebirge im Außer-
en SW. Afrika's. [F.]
Meschels (MeoyeAr, Diod. XX, 57.), eine große, ber Sage nad
on Griechen bei ihrer Rückkehr von Troja angelegte Stadt an ber Nord⸗
ie von Afrika, welche Cumachus, der Feldherr des Agathocles eroberte.
tannert X. 2. S. 369. ſucht fie Öftl. vom heut. Bona. [F.]
Mescinis gens, plebejiſch. Bekannt iſt daraus nur
L. Mescinius Rufus, @icero’s Ouãſtor in Gilicien (3. 703.), wobei
ine Amtsführung fo wenig tadellos mar (homo levis, libidinosus, tagaz,
ic. ad Att. VI, 3, 1 extr. vgl. 4, 1. nil minus probari poterat qvam
raestor Mesc. ; tagegen ad Fam. V, 19, 1. meo iudicio nihil ad tuum
ovinciale officium addi potest, und ib. XIII, 26, 2. vom I. 708. ſpricht
von der virtus und humanitas, und ebenfo XIII, 28, 2. von ber virtus
probitas et summum officium summagqve observantia feines Onäftord;
ın inhumanus hatte er ihn ſchon im I. 704, ad Fam. XVI, &, 3. genamnt,
II, 28, 3. aber hominem gratissimum, iucundissimum), daß Gicero bei
nem Abgang ihn nit allein in der Provinz zurädlaffen mochte, f. ad Att.
‚9, 9. extr. In Laodicea ließ Gicero dur Tiro (ad Fam. AVI, &, 8.,
gl. 9, 4.) mit ihm die gefegliche Abrechnung halten (dan, VL, 7, 2.
IV.
N
1874 Meie — Mesomedes
Vol. ad Fam. I, 17, 4. V, 20, 2.), mobei fi allerhand Schwierigkeiten
ergaben auf welche ſich der lange Brief ad Fam. V, 20. bezieht. Bein
Ausbruch des Bürgerkriegs (705) bat ihn Medc. um Rathſchläge, und Gir.
wies ihn (ad Fam. V, 19.) ziemlich deutlih auf die Seite des PBompelus
und lud ihn zu ſich ein. Durch diefe Parteiſtellung zog fih Mesc. manche
Unannehmlichkeiten zu, wegen welcher ihn Gic. im I. 708 tröftete (ad Fam.
V, 21.). In demfelben 3. empfahl ihn Cic. dem Servius Sulpicius, in deſſen
Provinz Achaja Mesc. eine Erbihaftsangelegenheit beforgen wollte (ad Fam.
XII, 26, 2.), welche Empfehlung fih aud ſehr wirfiam zeigte (ib. 28, 1.).
— Auf den Münzen aus der Zeit Augufts findet fih 2. Mesc. Auf. häufiz
als Ilvir A. F., 3.38. aus dem 3. 737 u. 738, und da Auguft auf ben
Münzen des Mesc. ſowohl als jugendlich wie als gealtert dargeſtellt mir
fo ſcheint er dieſes Amt lange befleivet zu haben; f. Edhel V. p. 23.
Raſche III. 1. p. 552— 556. Riccio Monete p. 145 f. u. Tav. XXXU. [W.T.
Mese (Meon) 1) die mittelfte von drei Kleinen Infeln vor dem Hafen
von Phalaſarna an ber Weſtküſte von Greta (Stadiasm. mar. magni $. 319.),
j. eine der Infeln St. Chirgiani (Höck, Kreta I. ©. 378.). — 2) die
mittelfte der drei ftöchadiſchen Infeln vor der Küſte von Gallia Narbonenſit
(Plin. IN, 5, 11.). ©. Stoechades. [F.]
Mesemkhris, {. Mesambria.
Mesene (Mesonsn, Strabo II, p. 84. Dio Gaff. LXVIII, 23. Joſepb.
Ant. I, 7. Philoſt. h. eccl. III, 7. Blin. VI, 27, 31. Ammian. XXIV,
3. Stepb. Byz. p. 91. u. 461.), d. i. das Mittelland, der größte Theil
der Landſchaft Babylonia, oder die große, durch den Cuphrat und Tigris
und den fühl. neben der mediſchen Mauer, der nördl. Grenze Babyloniens,
binlaufenden Königefanal gebildete Infel. Mannert V, 2. ©. 265 ff. ſucht
zu beweiſen daß es ein boppeltes Meſene auf beiden Seiten bed Tigris ge
geben babe. [F.] |
Meoeyyvnua, Sequestrum, hieß die vertragamäßig bei einem Dritten
mit der Beſtimmung deponirte Summe, daß biefelbe, ſobald eine gewiſſe Be⸗
dingung erfült feyn wird, dem andern Gontrahenten zugeflellt werbe (ueory-
yvar, emidrrideode:). Harpocr. Suid. s. v. eo. Etym. M. p. 359, 22.
Bekk. Anecd. p. 279. 3. Boll. VII, 28. Vgl. Meier im Att. Proc. ©. 522,
welcher vermuthet, daß dabei entfiehende Streitigkeiten eine Klage zraparara-
Onung oder avrOnmor napaßaoeoıg begründeten. [ West.
Mesiates, eine auf der Tab. Peut. eriheinende Völkerſchaft in Ahr
tin, wahrfh. am Lacus Verbanud. Vgl. au Cod. Theodos. I. XXXV.
u. Gellar. II, 7. p. 31. [F.)]
Mesma (Meoua, Apollodor. bei Step. Byz. p. 460.), Stadt
Italiens. [F.]
Mesöa (Meoox, Pauſ. III, 16. 6. VII, 20, A., bei Strabo VIII, p. 364.
u. Steph. Byz. p. 461. Meooon), ein Dit Laconica's, wo die Bilofäule der
Diana Limnatis, nachdem fie von Preugened aus Sparta entführt worben
war, aufbewahrt wurde; alſo nicht blos ein Theil der Stadt Sparta felbft,
wie Manche nad Strabo 1. I. annahmen, und wie auch Leake Morea I. p. 287.
annimmt. Bol. auch D. Müller’! Dorier II. ©. 39 f. [F.]
Mesobös (Mesooßon, Pauſ. VIII, 25, 2.), Ort in Arcadien am erften
Laufe des Bluffes Ladon. Mol. Leake Morea II. p. 272. u. Pelopon-
nesiaca (Nachträge zu feinen Travels in the Morea) p. 227. wo er es bei
Kabatomılo anſetzt. )]
Mesogis, ſ. Messogis.
Mesois, ſ. Messola.
⸗
— —
Mesomödes, ein lyriſcher Dichter Griechenlands, der Freigelaſſene
des Kaiſers Hadrianus und von biefem begünfligt, auch durch eine Penflon,
_ Mdoor — Hiesopotamia 1875
die Ihm unter deſſen Nachfolger Antoninus verringert ward (f. Julius Capitol.
V. Anton. Pii. 7. Synef. Epist. 95.). Eufebiuß fegt ihn um 146 n. Chr.
Nach Suidas (s. v. T. U. p. 536. Küst.) ſchrieb er ein Lobgedicht auf An«
tinous, den Liebling des Hadrian, u. U. Wir beflgen von ihm' noch zwei
Spigramme und einen fhönen Hymnus auf die Nemeflö, zu welchem auf
alte mufikaliſche Noten vorhanden find, abgebrudt in ber gried. Anthologie
(Anal. II, 292. ober III, 6. d. Ausg. von Jacobd); der Hymnus auf bie
Nemefls erſchien öfters, in Verbindung mit zmei andern Hymnen des Bb. II.
S. 1078 f. genannten Dionyflus, eines Zeltgenoffen, zuerft in Vincenzio
@alilei Dialogo della Musica antica e moderna, Firenze 1581, dann bei dem
Aratus von I. Fell zu Orforb 1672. 8., bei Burette in den Mem. de
l’Acad. d. Inscr. et Bell. Lett. T. V. p. 169 ff., in $. Sneborf: De hymnis
vett. Graec. (Hafniae 1786. 8.) p. 70 ff.. am beften von Fr. Bellermann:
die Hymnen des D. und M., Text und Melodien. Berlin 1840. 4. nebft
den Tertverbeflerungen von ©. Hermann in einem Programm zu Leipzig
1842. 4. — Bgl. Fabric. Bibl. Graec. II. p.130. ed. Harl. [B] -
M&00» (to), heliaſtiſcher Gerichteohof in Athen, f. Judicia S. 369.
Mesopotamia (Meoonorauie, bei Stevh. By. p. 460. auch Men
tor rorauar), ein bekanntes, von Gtrabo XVI, p. 746 ff. Ptol. V, 18.
u. Plin. V, 24, 21. näher befchriebenes Land Borberaftens, das im W.
durch den Euphrat von Syrien und Arabien, im D. aber dur ven Tigris
von Aſſyrien gefhieden, im Norden von dem ſüdlichſten Zweige des Taurus
und Armenien und im S. von der Mevifhen Mauer und Babylonien be»
grenzt wurde (vgl. Br. I. ©. 1034.), obgleich die Brenzen in N. und ©.
nicht Immer fo beflimmt gesogen wurben, fo daß man dort oft auch ben
größten Theil von Sophene (PBlin. VI, 9, 9.), bier aber einen Theil von
Babylonien, z. B. Seleucia felbft (Strabo XVI, p. 738. Ptol. V, 18, 8.
Plin. VI, 26, 30.), mit zu Mefopot. rechnete. Schon im A. J. (3.3. Gen.
24, 10. Deut. 13, 5. Jud. 3, 8. u. ſ. w.) führt e8 wegen feiner Lage
zwifcden den genannten Strömen den Namen Aram Naharaim, d. 5. ‚‚Syrien
zwifchen den Flüſſen“ (baher au) in der LXX. Meoonorania Zvpiag), und
jo trugen denn die Griechen den Namen Naharaim blo8 in ihre Sprache
über (vgl. Arrian. Anab. VII, 7.), jedoch erſt feit den Zeiten der Seleuciven,
denn früher führte es bei den Griechen noch keinen befondern Namen, fondern
wurde bald zu Syrien (Xenoph. Anab. I, 4, 6. 19.), bald zu Aſſyrien
(Arrian. 1.1.) gerechnet, ſowie e8 auch weber unter ber perfifhen, noch unter
der macebonifchen Herrſchaft eine befondere Satrapie bildete, fondern zu Bas
bylonien gehörte. Das Land, deſſen Beftalt die Alten einem Ruderſchiffe
vergleiden (Strabo II, p. 79. XVI, p. 743.), war im Ganzen eben, gut
bewäffert und fruchtbar, auch reih an Waldungen die gutes Schiffbauhol;
lieferten (vgl. Dio Caſſ. LXVIN, 26. LXXV, 9.) und großen zur Viehzucht
Irefflich geeigneten Triften (Strabo p. 747. Gurt. V, 1, 12. Ammian. XX,
6. XXV, 8.). Nur die ſüdlichern Stride waren waflerarm und nähberten
ih daher mehr dem Charakter der arabiſchen Wüfte (Strabo 1.1. Ammtan.
XXV, 9.) und wird Daber auch von Xen. Anab. 1,5, 1. Dio Gaff. LXVIII,
31. u. Herodian. III, 9. ſchon zu Arabien gerechnet. Die merfmürbigften
Produkte deſſelben waren Amomum, Naphtha und eine Art von Steinkohle,
der Stein Gangitis (Strabo 1. 1. Schol. Nikand. Ther. 37. und Plin. X,
3, 4.) oder, wohl richtiger, Gagatas (Dioscor. V, 145. Blin. XXXVI, 19,
34. Bgl. au Galen. de fac. simpl. IX, p. 203. Beckmann ad Aristot.
mir. ausc. c. 125. p. 259. Sprengel ad Diosc. 1.1. Vol. Il. p. 655. u.
Grosokurd zu Strabo III. S. 229.). Aus dem Thierreiche werben beſonders
wilde Eſel; die e8 in großer Menge gab, Gazellen, Strauße und Löwen ge⸗
nannt (Strabo 1.1. Ammian. XVII, 7.). Das einzige Gebirge bes Landes
1876 Masonöme — Mesplia
war ber M. Masius * (j. Karadſchja dagh ober Dſchubi), einer ber fünlichften
Zweige des Taurus, an ber Morbgrenze, von melden aus ſich ber M. Sin-
garas (j. Sindjar oder Sindſchar) als ſüdl. Nebenaft länge bed Tigrid burg
Mefop. felbft hindurchzieht. Bon Flüſſen werden uns außer ben beiden Grenz⸗
firömen Euphrates und Tigris noch folgende auf dem Maflus entfpringende
Nebenflüffe des Euphrat genannt: der Chaboras (j. Chabur) mit den Neben.
flüffen Scirtus (j. Datfan) auf der Weft- und Cordes (j. Hermes od. Nahr⸗
alsHuali) auf ver Oftfelte; der Saocoras, wahrich. identifch mit dem Mascas
des Xenophon (f. oben S. 1608.) und wohl nur ein (jetzt ganz verſchwun⸗
bener) Kanal des Cuphrat; und ter Belias ober Bilecha (unftteitig auf
der Balissus des Plut. Crass. 23.), noch j. Belikhe. Das ganze Land zer⸗
fiel in zwei Haupttheile, Osrhoene in W. und Mygdonia (fpäter, wenigjtend
in feinen nordweſtlichen Strichen, Anthemusia genannt) in ©., und enthielt
folgende wichtigere Städte: a) in Osroëne: Edessa (j. Orrhoa ober Drfa),
die Haupiftabt dieſes Difrifts und des fpätern osrhoeniſchen Reichs), Batnae
(j. Serondje), Carrae (der jetzt zerflörte Ort Charran), Nicephorium, fpäter
Leontopolis u. Callinicus oder Callinicum (an ber Stelle des Heut. Malta),
Circesium (noch jegt Kirkeſſia, Karfifla), Apamea (j. Rom⸗kala), Anthe-
‚musia, Resaina (j. Ras: el-am), Constantia, Ichnae u. a.; b) in Mygdonia:
Nisibis, fpäter auch Antiochia Mygdoniae genannt (noch jetzt Nifibin ober
Niffabin), Darae, auch Anastasiopolis (no j. Dara), Caenae (j. Senn),
Singara (wohl mit Unrecht gewöhnlich für das Heutige Sindſchar gehalten),
Zabda (oder Sapphe, Sapha, wohl dad heut. Dieflre, und eine bedeutende
Anzahl von Kaftelen. Auch in dem ſuͤdlichſten, größtentbeils wüft und faft
blos von nomadifchen Arabern durchwanderten (Strabo p. 747.) Ihelle des
Landes werben und doch einige Ortfchaften genannt, namentlih außer bem
fhon zu Zenophons (Anab. I, 5, 4.) Zeiten verödeten Corsote die der Sonne
geheiligte Bergfeſte Hatrae oder Atrae (j. die Muinen von Höbbur), Zailha
‚oder Zantha, Dura, Charmanda, Ur (die Ruinen von Kalaa Schherfat?) u. ſ. w.
Die kleineren Ortſchaften f. in meinem Handb. d. alt. Geogr. II. ©. 633.
Ueber den heutigen Zuſtand des Landes, dad den Namen Al Diehefira Führt,
die Ruinen der alten Städte u. f. w. vgl. Niebuhr's Neife nah Arabien 1.
©. 386 ff. 406 ff. Tavernier Six Voyages II, 4. Otter Voyage I. 11. 12.
Kinneir Voyage IE. p. 225 ff. der franz. Ueberſ. von Perrin, Bocode Voyage
I. p. 229 ff. Maunprel, Budingham, Ainsworth u. U. LF.
Mesoröme (Meooowun, vulgo Merogauun, Ptol. V, 6, 10.), Ort in
Pontus an der Straße von Neoeäſarea nah Sebaflia. [F.)
Mesotimölus, ein Stadt Lydiens am Berge Tmolus, deren Einw.
Plin. V, 29, 30. Mesotimolitae nennt, wie Harduin flatt Mysotmolitae
(die Codd. haben Mysotimolitae) emendirt hat, da bie Not. Eccl. p. 49.
MeootuuoAog, bie Novella Leonis ap. Leunclav. p. 91. MeooriuoAos und
bie Not, episcop. Lydiae n. 17. MeooroueAlos erwähnen. Bet Hierocl.
p. 671. beißt fie MeooruueAdos. Es iſt höchſt wahrſcheinlich derſelbe Ort
welchen Tac. Ann. II, 47. u. Niceph. I, 17. Tmolus nennen. [F.]
Mesphe (It. Ant. p. 77.), Ort in Africa propria an der Straße
von Leptis Magna nah Tacapä, 40 Mil. weli von Erflerer. [F.]
Mespila (MeoniAa, Xen. Anab. III, 4, 10.), eine einft große und
von Medern bewohnte, aber ſchon zu Zenophond Zeiten verfallene Stadt
Afiyriens am Tigris mit einer 50 Fuß hohen und eben fo breiten Mauer
von polistem Marmor ; vielleicht vie Ruinen unter dem Namen Coki Moful
9 Stunden nördl. von Moful. (Vgl. Niebuhr I. S. 377 |.) Nach Kinneir
p. 480. aber wäre fie das heutige Telikoff, während fie Nennell p. 146.
® Das Nabere Aber Die einzelnen Lokatitäten f. in den beſondern Artikeln.
Messıa — Menränna 497
Mannert V, 2. ©. 324., Reichard, und Ritter, Erdk. Thl. 11. ©. 298. an
ver Stelle des fpätern Ninus ſuchen. [F.)
Messa (Msooe), 1) ein ſchon von Homer Il. 11, 582. erwähnter Ort
in Zaconica, der ſich zwar nad Strabo VIII, p. 364. (welchem Mannert VII.
©. 588. folgt) nicht mehr vorfinden fol, ven aber doch Pauf. 11, 25. no
als Kafenflabt erwähnt und etwas nörblih von Hippola und der Landſpitze
Thyrides anſeht, und von welchem unflreitig der von Steph. Byz. p. 460.
genannte Diſtrikt Messapeae (Meovanreaı), in weldem Zeus befonvere Ber»
ehrung genoß, feinen Namen hatte. Es iſt unftreitig ber heut. Hafen Me»
zapo am Cap Tigani. Vgl. Leake Morea I. p. 286f. u. Boblaye Rech. p. 91.
— 2) Blin. IV, 11, 18. nennt au ein zu feiner Zeit ſchon verſchwundenes
Messa in Thracien an ver Stelle bes fpätern Anchialum (das bei Andern
Anchiale heißt). [F.] j
Messäbs (Meooaße), fonft unbekannte Stadt Gariend in Hecat. fr.
237. aus Steph. Byz. p. 460. [F.]
Messahatae (Meovaßazaı, Ptol. VI, 4, 3. Dion. Ber. 1015.), die
Bewohner der Landſch. Messabatene (Plin. VI, 27, 31., mo jedoch Mesa-
batene edirt wird) ober Messabatice (Meooaßarınn, Strabo XI, p. 524.
XVI, p. 744.), d. 5. des innerften Winkels zwiſchen Perſis, Suſlana und
Media, weßhalb fie auch von Ptol. zu Perflen, von Dionyf. aber zu Su⸗
flana gerechnet werden. Schon der Name teutet ja auf einen Durdgang _
oder Gebirgepaß zwiſchen zwei Ländern hin, zu deſſen beiden Seiten fe
wohnten. [F.]
Messäla, |. Silia u. Valeria gens.
Messaline, |. Valeria gens.
Messalinus, ein griech. Architect, welder die Scene eined Theaters
berftelte und deshalb in einem Epigramm befungen wird welches Chandler
Inser. Antig. p. II. Rr. XXXII. bekannt machte und Brund in die Analecta
T. IM. p. 335. Nr. CCCLXXV.b. aufnahm, f. R. Rochette Lettre A M.
Schorn. p. 352. 2. Aueg. — Andere f. unter Valeria gens. [W;]
Messalam (Plin. XII, 16, 35.), Stadt in Arabia Felix, ber einzige
Drt ded Landes wo eine Gattung weißer Myrıhen wuchs. [F.)
Messäna (nad dorifher Ausſprache bei den Nömern, 3. B. Gic. Verr.
11, 5. Gäf. B. C. 11, 3. III, 101. Lio. XXI, 49.. Mela II, 7, 16. Suet.
Calig. 57. Plin. II, 98, 101. III, 8, 14. XIV, 6, 8. St. Ant. p. 86. 90.
491. u. f. w., aber auch fchon Hei Rindar Pyth. IV, 223. u. VI, 85., dem
älteften Schrififleller der fle unter biefem Namen erwähnt, und auf ihren
Münzen bei Torremuzza Sicil. vet. num. p. 43 ff. Dorvill. Sic. I. p. 290 ff.
381 ff. u. Raſche Lex. num. IN. p. 578 ff.) ober Messöne (Meooyrn bei
ben Griechen feit Herod. VII, 164. vgl. Scyl. p. 4. u. andere unten angef.
Stellen), eine berühmte Stadt Siciliend In einer reizenden und überaus frucht⸗
baren Gegend (Pauf. IV, 23, 3.) an der die Infel von Italien ſcheidenden
Meerenge,, die ſchon ehe fi Meſſenier in ihre anflevelten und ihren Namen
auf fie übertrugen, unter dem alten Namen Zancle (Zayrir, Hecat. fr. 43.
Herod. VI, 22. 23. 25. Diod. IV, 85. Strabo VI, p. 268. Silius 1,
662. u.f. mw.) vorhanden war, der nad Thuc. VI, 4. u. Steph. By. p. 285.
aus der Sprache der Sikuler, bei denen Zayndor eine Sichel bedeutet ,. ent«
lehnt und ber Stadt deßhalb beigelegt war weil die Küfle vor dem Hafen
der Stadt einen fidhelfürmigen, gegen NO. gerichteten Damm bildet. (Bol.
au Strabo 1.1. Andere Etymologieen fiehe bei Steph. Byz. 1.1.) Aus
biefem einheimiſchen Namen, den die Bricchen beibehielten, kann man wohl
ſchließen, daß Letztere den Ort bei ihrer Nieverlaffung ſchon vorfanden und
nur vergrößerten; wir aber fennen denfelben allerdings nur als eine griech. Stadt.
Ueber die Grundung derſelben gibt +8 zwei von einander abweichende Nach⸗
41878 "Mesäns
richten, indem Thue. 1:1. Srelbeuter aus Kumä in Itallen, die nod andere
Chalcidenſer an fich gezogen Hätten, als ihre Erbauer nennt (vgl. auch Bauf.
IV, 23, 3. u. Jacob8 über eine Münze von Zanfle in feinen Verm. Schr.
V. ©. 445 fj.), nah Strabo 1.1. und Scymn. v. 276. aber (die wohl beide
aus einer Duelle, dem Ephorus, fehöpften) die Stadt von Nariern ange:
legt worden feyn fo, melde beiden Angaben ſich jedoch recht gut vereinigen
laffen wenn wir annehmen, daß bie chalkidenfiſchen Kumäer unter andern
Stammgmofien auch Cinwohner von Naros, welches ja auch eine chalciden
fiſche Colonie war, zur Bevölkerung ihrer neuen Pflanzſtadt herbeigezogen
haben. Sie wurde nun bald fo blühend daß fie ſelbſt fchon im I. 649
v. Ehr. eine Colonie (Himera) ausfenden Eonnte (Thuc. VI, 5.). Nach der
Zerflörung von Miletus durch die Verſer lud fie die bedrängten Griechen
Kleinaflens und ber griech. Infeln zur Auswanderung an ihr reizendes Ge⸗
flade (xeAn auın, Serod. VI, 23. Diod. XII, 8.) ein, und es Fam auf
wirflih ein Haufe flüchtiger Samier und Milefler, der aber die Zreuloflgkeit
beging, fich während der Iyrann von Zankle, Skythes, gerade mit Belage
zung einer andern Stadt Siciliens befhäftigt war, mit Hilfe des Tyrannen
von Rhegium, Anarilas, felbft in Beflt der Stadt zu ſetzen; kurz darauf
jedoch (Thuc. VI, 5.) machte fi jener Anaxilas fel6f (der im I. 476 nach
einer 18jährigen Regierung flarb, Diod. XI, 48.) zum Negenten von Zankle,
wobin er feine Nefidenz aus Nhegium verlegte, und nannte e8 nun, mell er
felbR ein Meffenier war und Meffenier aus Rhegium dahin verpflangte,
Messana ober Messene (Herod., Ihuc., Strabo 11. Il. vgl. Ariftot. Pol. V,
2, 12. Pauf. a. a. D., der den Anarilad unmittelbar nach dem zmeiten
Meffenifhen Kriege Zankle mit Hilfe der aus ihrem unglüdlichen Baterlante
entflohenen und von ihm nad Italien eingeladenen Mefferier erobern läßt,
bat offenbar einen Anachronismus begangen; f. Br. I. S. 466.). Allein
[don feine Söhne wurden im I. 466 fowohl aus Meffana als aus Mhegium
vertrieben und in beiden Städten republifan. Verfafjungen eingeführt (Dior.
xl, 76.) M. H06 fih nun, als ein wohlbefefligter und mit einem treffs
lichen Hafen (S. 1879.) verfebener Ort, durch lebhaften Handel und Schiff⸗
fahrt von Jahr zu Jahr, bis es im I. 396 die Barthager mit Sturm
eroberten, und weil fie fahen daß fle es gegen Dionyfius von Spyrafuß
nicht würden behaupten können, Lieber gänzlich zerflörten (Diod. XIV, 56—
58.). Dionyflus aber fing no in demſelben Jahre M. wieder aufzubauen
an, fammelte die Ueberrefle der Binmwohner und verftärfte fie durch Lokrer,
Medmäer und Meffenier (Diod. XIV, 78.), fo daß die Bevölkerung eine
Immer gemifchtere wurde (ovumırzcı ardoonoı, Thuc. VI, 6. Diod. 1. 1.).
Nach der Vertreibung feines Sohnes Dionyfins IT. wurde M. auf kurze Zeit
frei, fiel aber fon im I. 312 wieder in die Hände des Agathofles (Die.
XIX, 102.). Unter dem Söldnerheere dieſes Tyrannen befand fich aud ein
Haufen Mantertiner, d. h. von einer odfifhen Völkerſchaft in Campanien (Polyb.
1, 7. Strabo 1.1.) in Folge eined Ver sacrum dem Mamers oder Mare
geweihter und auf gutes Glück in die Welt hinaus gefenbeter Leute (vgl.
Feſtus v. Mamers u. oben ©. 1465 f., wo die von einem andern folden
Saufen gegründete Stadt Mamertium in Bruttium erwähnt wurde, welde,
in Meffana einquartirt und von der Schönhelt und reizenden Lage der mohl-
habenden Stadt verlocdt, fi nah dem Tode des Agathofles im I. 282 zu
Herren derfelben machten, die männlichen Einw. tödteten oder verjagten und
fi$ in VBeflg ihrer Weiber, Kinder und fämmilicher Gabe ſetzten (Bolyb. 1.1.
Dion. XXI, 13. Vol. IX, p. 283 Bip.), darauf aber mit den Sarıhagern
ein Bündniß abſchloßen (Diod. XXII, 8.). Bon nun an heißen die Einw.
Mamertini (Strabo 1. I. Cit. Verr. U, 5. Liv. XXVIII, 28. Plin. II, 8,
14.) und bie Stadt ſelbſt zuweilen Mamertina (Mauegrirn, Died. 1.1. Bir.
Messanlcus — Meosaplam 1879
1.1.), doch Hlleb der alte Name immer ver vorherrſchende. Diefe neuen Bes
wohner Eonnten aber ihre alte Raubſucht nicht laſſen, fondern beunruhigten
durch ihre Raubzůge alle Nachbarſtädte, ſelbſt Syrafus, woburd fie mit Hiero
in Krieg gerietben, der fie in mehreren Treffen flug (Polyb. I, 9. Diob.
XXII, 15. T. IX, p. 307 ff. Bip.) und wahrſcheinlich die Stabt felbft erobert
baben würde wenn fi nicht bie Carthager ins Mittel geihlagen und,
unter dem Vorwande den Mamertinern zu belien, ihre Citadelle befekt hätten.
Die Mamertiner hatten fich gleichzeitig mit der Bitte um Unterflügung an die
Römer gewandt (Bonar. VIII, 8. vgl. Bolyb. 1, 10f. Diod. 1.1.) und dieſe
ergriffen fehr gern die ſich fo ungeſucht darbietende Gelegenheit zu einem
längft gewünſchten Rampfe mit ben Garthagern um ben Beſitz der Iniel.
Sp wurde denn Meſſana die nächſte Veranlaffung zum Ausbruche des erften
punifchen Kriegs Im J. 264 v. Chr. Die Mamertiner vertrieben die carth.
Befagung aus der Citadelle und vie Stabt ging in Folge eined vor Ihren
Mauern vom Gonful Appius Claudius über Hiero erfochtenen Siege in
die Hände der Römer über, in deren Befitze fie nun auf für immer ver-
blieb, und die den Einwohnern das röm. Bürgerrecht ſchenkten (daher op-
pidum civium Romanorum bei Plin. III, 8, 14.). Sie litt viel im ſick⸗
liſchen Sklavenfriege, und murde im Bürgerfriege bei dem Kampfe zwifchen
Sertus Pompejus und Octavian ald Waffenplag und Seehafen des @rftern
(Strabo 1.1.) im 3. 35 v. Chr. geplündert (Appian. B. Civ. V, 122.);
doch war fie zu Strabo’8 Zeiten (1. 1.) nod eine bedeutende Stadt, wenn
auch nit fo ſtark bewohnt als dad benachbarte Eatanı. Merkwürdig iſt
es daß wir von der Topographie, den Tempeln und Gebäuden einer ſo be⸗
rühmten Stadt faſt fo gut als gar Nichts wiſſen. Unſere Kenntniß beſchraͤnkt
fich blos darauf, daß ſie einen trefflichen Hafen hatte, der eine Flotte von
600 Schiffen faffen konnte (Diod. XIV, 56.), außer der ſtarken Citadelle auch
noch auf den neptunifcden Bergen, an deren Abhang die Weftfeite ver Stabt
flieg, mehrere Caſtelle und ein fehr ausgebehntes Gebiet befaß, das die ganze
Nordſeite der Infel umfaßte und an ber Norbküfte bis Mylä, das noch zu ihm
gehörte, an der Oſtküſte aber bis Tauromenium reichte, und einen trefflichen
Mein erzeugte (Strabo 1. I. Athen. I, 21. p. 27. Blin. XIV, 6, 8. vgl.
auch Martial. XIII, 117.). Ueber die Geſchichte von M. vgl. Placiv. Rayna
Not. hist. urbis Messan. im Thes. Sicul. Vol. IX, Bonflf. Hist. Messan., über
ihre Lage und wenigen Alterthümer aber Dorvill. Sicula I. p. 4 ff.
Messanicus, nad Plin. III, 16, 20. der alte Name des ſuͤdlichſten
unter den aus dem Padus abgeleiteten Kanälen, der fpäter Padusa Hieß (bei
$ornand. de reb. Get. c. 29. aud) Fossa Asconis) und bei Ravenna (f. d.
Art.) vorbeiging. [F.]
Messapöae, |. Messa. Leafe Peloponn. (Nachträge ıc.) p. 160. ſucht
es bei Katzeru, wo fih Mefte eines Tempels finden. JF.
Messapeus (Meoovanevs), Beiname unter welchem Zeus ein Heilig»
thum in Zaconien hatte, angeblih nad einem Priefter diefed Namend eriheilt,
PBauf. IH, 20, 3. [W.T.]
Messapia (Meovania), 1) der grieh. Name der Landſchaft Calabria.
— 2) eine Stadt darin im noͤrdlichern Striche zwiſchen Uria und Brundu⸗
ftum, Plin. II, 10, 16., wo Harduin bemerkt daß fie im Martyrolog.
18. April Messana Apuliae heiße. [F.)
Messaplum (ro Meovanıor Opos, Strabo IX, p. 405. Steph. By.
p. 461. Pauf. IX, 22, 5., wo vor Facius Meoxßıoy edirt wurbe), ein
hoher Berg Böotiend an der Oſtküſte, etwas ſüdöſtl. von der Stadt Anthe⸗
don, von wo aus Meffapus feine Kolonie nah Meffapla in Unteritalien ge=
führt Haben fol. Jetzt Khtypa. Vgl. Gell Itin. of Greece p. 147. Keafe
1880 Moessäpus — Messenis
Nortb. Greece II. p. 219. u. 276. Kruſe's Hellas II, 1. ©. 436. und
Müllers Orchomenus ©. 491. [F.]
- Messäpus (Msooanos), 1) Böotier, angebl. Namengeber von Messa-
pia und Messapium, Strabo p. 405. O. Müller, Orchomenos ©. 24. 99. —
) König von Etrurien, Sohn des Neptun und daher Moffebändiger, Birg.
Aen. VII, 691 ff. mit Servius. {W.T.]
Messäis (Msooni;), 1) eine Duelle bei Therapne in Laconica (Pauf.
II, 20, 1.). — 2) eine Quelle in der theſſaliſchen Stadt Pherä. Strabo
IX, p. 432. Blin. IV, 8, 15. vgl. Val. Slacc. IV, 37. [EF.]
Miessöne (Moor; rn), Tochter ded Triopas in Argos, heiratete den Boly-
kaon und trieb ihn zu Beflgnahme des dann nad Ihr benannten Meſſeniens
an, Pauſ. IV, 1, 1.8. und Messenia S. 1881. Sie führte in dieſem Lande
den Zeuscult ein und Tteß fi von dem Eleufinter Kaukon In die Myſterien ber
großen Bdttinnen einmeihen. Nach ihrem Tod ward ihr in Meflene (ſ. S. 1884.)
ein Tempel und Heroencult zu Theil, Pauſ. IV, 3, 9. 27, 6. 31,11. [W.T.)
Messenia (Meoonin, Serod. V, 49. Thuc. I, 101. 103. Bolvb.
IV, 15. 16. 31. 33. V, 92. u. ſ. w. Mela II, 3, 9. Pin. VI, 33, 39.
XXV, 6, 30. u. ſ. w. bei den älteren Griechen Meoonvn, Hom. Od. XXI, 15.
Pind. Pyth. IV, 223. VI, 35., au hei Thuc. IV, 41. Maoomriz yñ), die
ſüdweſtlichſte Landſchaft des Peloponnes oder die weſtlichſte der drei Spihen
der Halbinfel nebft der Norphälfte ded weſtlichern Theils der mittelflen and»
fpige (Heihrieben von Strabo VII, p. 358 ff. Pauſ. IV. Ptol. III, 16,
7—9. vgl. auch Scyl. p. 16. Plin. IV, 5, 7. u. A.), fließ gegen D., wo
nördlich der Taygetus und welter nach dem Meere hinab der Fluß Neon
oder nah Pauſ. IV, 1, 1. die Xorpios san und das Gefild von Gerenia
die nicht zu allen Beiten gleiche Grenze bilvete, an Lakonika, und gegen N.,
wo der Fluß Neda die Grenze machte (Strabo VIII, p. 344. 348.), an @lie
(Triphylia) und Arcadien, während ed auf beiden andern Seiten vom Meere
umgeben war, und zwar im &. von dem Messeniacus Sinus (Meowr-
yanog ndAnos, Sirabo VII, p. 335. Ptol. II, 16, 8. und fonft), ber
vom Vorgeb. Acritas im W. bis zum Vorgeb. Thyrides (Strabo b- 359 f.)
oder nad) Andern bis zur Landſpitze Tänarum (id. p. 362. Plin. IV, 5,8.)
reichte, in ber letztern Ausdehnung einen Umfang von 80 und einen geraben
Durchſchnitt von 30 Mill. Hatte (Plin. ibid.) und in feiner nördlichetn Hälfte
nad der Stadt Gorone Coronaeus, in ber fühlichern aber nah der Stadt
Aſine Asinaeus Sinus hieß (Plin. ibid. Strabo p. 350. führt auch den letz⸗
tern Namen, aber als eine zweite Benennung des ganzen Meerbufend an),
jeßt aber den Namen Golf von Koron führt. Die Länge der Landſchaft an
der MWefküfte betrug 10 g. M., der ganze Umfang der Küfte aber, die Die-
gungen berfelben mit eingeredänet ungefähr 800 Stab. oder 20 9.M. (Strabo
VIII, p. 362.) und der ganze Flächeninhalt etwa 590 O. M. Das Land war
größtentheils gebirgig (daher bei Plin. IV, 5, 7. regio duodeviginti mon-
tum) und enthielt nur zwei große Ihäler, im N. das ſtenykleriſche und im
©. das vom Pamiſus durKflrdmte und fon durch feinen Ramen als ein
gefegnetes bezeichnete Geſilde Makaria (Strabo p. 861. Pauf. IV, 39, 1.).
Aber zwiſchen den Gebirgen gab es auch viele Kleinere Thäler, und fo Hatte
denn M. durchaus nit den Charakter eines rauhen Berglandes, fondern
war, beſonders da es auch an Quellen und Flüſſen keinen Mangel Batte,
ungemein fruchtbar (Strabo p. 366.) und befonders in feinem fübliern
Theile, unterhalb der Stadt Meffene bis zur Küfte, fehr gut angebaut (Bauf. IV,
34.u.96.). Nur die Gegend von Pylos war fandig (Kom. 11. 11, 77. Pauf. IV,
36, 3., vgl. jedoch auch Strabo p. 336. vgl. mit p. 339. u..344. wo fi eine
andere Anficht über das homeriſche Epitheton ruadoeıs findet) und minder
ergiebig. Die Produkte waren im Ganzen biefelben wie bei Lakonika (ſ. d.),
Meseonta 1881
mit welchem das Land überhaupt viel Aehnlichkeit Hatte, nur daß es welt
milder und fruchtbarer (Strabo P- 366.), dagegen aber feit den Meſſeniſchen
Kriegen ungleih weniger bevdlfert war. Die urfprüngliden Ginmohner
waren Leleger (Pauf. IV, 1, 2.), zu denen jedoch ſchon frübzeltig Argiver
famen, was die Mythe fo darſtellt: Polykaon, der jüngere Sohn des Leler,
heiratete die Argiverin Meſſene, eine Tochter des Triopas, nannte dad von
ihm in Beflg genommene Land nad ihre Meſſene (Bauk IV, 1, 2.) und
gründete nebft mehreren andern Städten auch die Mefldenz Andania (Pauſ.
ibid. vgl. mit IV, 3, 4.). Bünf Menſchenalter fpäter kamen Aeolier unter
Anführung des Periered, eined Sohnes des Aeolus, ind Land (Bauf.
IV, 2, 2.), beifen Sohn Aphbareus den aus Aheffalien vertriebenen Neleus
bei fih aufnahm (Pauſ. IV, 2, 3.), welcher Pylos gründete und der Stifter
eines nicht unbebeutenden Staate® wurde, den er feinem Sohne Neftor hinter-
ließ (Pauſ. IV, 3, 3.). Bon da an ift längere Zelt hindurch von keinem
eigenen Mefieniichen Reiche mehr die Rede, fondern der weſtliche Theil des
Landes gehörte zu der Hetrſchaft der Aeoliſchen Neleiden und der Öftlide zu
Lakonifa, jo daß nun nad Curip. bei Strabo p. 366. der Pamifus die weſt⸗
liche Brenze bed Letzteren bildete (was freilich Straby vom Standpunfte feiner
Zeit aus läugnet). Wen aber die ſüdliche Spige gehörte läßt ſich nit mit
Gewißheit jagen, obgleih aus Homer I. IX, 1350 f. vgl. mit Strabo p. 353.
359. u. Diod. XV, 66. hervorzugeben feheint daß fle dem Agamemnon und
feinen Nachkommen unterworfen war. Diefe Lage ber Dinge änderte fi
jedoch dur die Wanderungen der Dorier und vie Rückkehr der Herakliden,
in Zolge deren Mefienien wieder ein eignes Reich wurde und in ber fpäter
ſtets gebliebenen Ausdehnung (f. ©. 1880.) dem Kreéphontes zufiel (Eurip.
bei Strabo VII, p. 361. 389. Pauf. IV, 3, 3. Apollod. II, 8, 4. Schol.
Soph. Aj. 1285. Polyän. I, 6.), der das Reich von Pylos vernichtete, vie
Neleiven vertsieb und Stenykleros zur neuen Mefldenz machte (Ephor. bei
Strabo p. 361. PBauf. IV, 3, 4.). So war denn Meffenien, wo ing
auch noch ein Theil der alten Bewohner zurüdblieb (Strabo p. 361.), In
die Reihe der doriſchen Staaten eingetreten ımb erhielt eine der fpartanifchen -
ähnliche arifkofratifhe DVerfaffung, mie aus Pauſ. IV, 4, 3. hervorgeht,
ebenfalls mit einer Doppelherrſchaft zweier Könige, die aber wie dort fo auch
bier mande politifde Kämpfe Gervorrief (Plut. Lyc. 7. Pauf. IV, 3, 4.).
Uebrigens war der Dorismus faft in Feinem andern Staate fo beflimmt aus»
geprägt als in Meffenien, und nirgends erhielt fidy der doriſche Dialekt His
in die fpäteflen Zelten bin reiner und unvermifchter (Pauf. IV,27,5.). Unter
dem fünften Nachfolger des Kretphontes brach der langwierige und blutige
Kampf mit Sparta aus, der von letzterem aus Kriegsluft und Streben nad
Herrſchaft — einer Folge der lykurgiſchen Verfaſſung —, vielleicht aber au
aus Berbruß darüber daß ein früher zu Lakonien geböriges Stück Landes
nun wieder zu Mefienien geiglagen worden mar, begonnen wurbe (Pauf. IV,
4, 1 ff. Strabo p. 862 ff.). Der erfle Meffenifge Krieg, der 20 I. lang
von 7493—723 v. Ghr. gerührt wurde (Pauf. IV, 9, 4. u. IV, 13, 5.) und
mit der Eroberung von Jıhome endigte, bewirkte bereits die Abhängigkeit
Mefieniens von Sparta, und fon mit ihm fängt die allmälige Veröbung
des Landes an, da viele Mefjenier den Verluſt ihrer Selbſtſtändigkeit nit
ertragen Eonnten, fondern lieber auswanderten. Der durch einen Verſuch ber
Mefienier das ſchwer laſtende Joch der Spartaner abzuſchütteln herbeigeführte
zweite Meſſeniſche Krieg, der nah Pauſ. (IV, 15, 1.) 39, nach Iuftin. III, 9.
aber erſt SO I. nad dem erflen begann und beflen Dauer nur nach Wahre
ſcheinlichkelt 685—668 v. Ghr. angenommen wird (PBauf. 1. 1. u. IV, 23,2.
vgl. St. Croix Möm. sur l’hist. de la chronol. des Messenions, In ben Moͤm.
Bauly, Real⸗Euneyelop. V. 9
de P’Acad. des Inser. XLV. p. 321 ff. Glinton Fast. Hell. I. p. 2350 fl.
Krebs Lectt. Diodor. p. 255 ff. O. Müller in ven Bött. Anz. 1837. ©. 903.
und Wachemuth Helen. Alterth.Kde. J. S. 179.), enbigte, troß aller Helden»
tbaten des Ariftomened (der Sage nad befonderd durch die begelflernde Kraft
von Tyrtäus' Kriegdliedern, Lycurg. adv. Leocr. 23. Strabo VIII, p. 362.
Pauf. IV, 15, 3. vgl. Dieurf. Misc. Lac. II, 1. p. 101 ff. Manfo I, 2.
S. 282 ff.) mit der Broberung von Ira und der völligen Unterjochung ber
Mefienier (PBauf. IV, 15—23. Juſtin. IH, 4. u. 5. vgl. Müllers Dorier 1.
©. 140—152.), die jetzt größtentheild ausmanderten, während ver zurück⸗
bleibende Reſt von den Spartanern den Heloten glei als Leibeigene Knechte
behandelt (Bauf. IV, 24, 2.), ihr. and aber Lakonika einverleibt wurde. Gin
Erdbeben dad Sparta im I. 465 vermäflete gab bad Signal zu einer Empoö⸗
rung der Heloten und Meſſenier (vgl. Plat. de legg. 11. p. 698. Gtrabo
VII, p. 362. u. Glinton Fast. Hell. I. p. 257.), die aber bie Niederlage
und Berpflanzung des Reſtes verfelben, welchem freier Abzug aus Ithome be⸗
willigt worden mar, nad Naupaktos zur Folge hatte (Thuc. 1,101 ff. Pauſ.
IV, 24, 3. vgl. Müller Dorier I. ©. 189.), von wo fle fpäter nad dem
Peloponneſ. Kriege auch wieder vertrieben wurben, und theils nad Italien
und GSichien, theild zu ben Cuesperiden nad Afrtfa flohen (Pauſ. IV, 26, 2.).
Das nun fa gänzlich verödete Mefienien aber blieb eine fpartanifche Provinz
bis nach dem Falle Sparta's. Als aber Theben zur Hegemonie in Griechen⸗
land gelangt war wurde Epaminondas im I. 369 der Wieverberfteller des
Meſſeniſchen Staates (Diod. XV, 66. Pauſ. IV, 26. 27.). Er fammelte
die von allen Selten herbeieilenden Reſte der Meſſenier, gründete die neue,
befefligte Haupiflabt Meffene (f. S. 1884.) und führte eine demokratiſche Ber:
faffung ein (Bolyb. VII, 10,1.), fo daß wir nun Ephoren, Vorfleher ber Demen
und Timuchen als die oberflen Staatöbeamten bafelbfl finden (Bolyb. IV, 4,
‚2.3. 31, 2. 32, 1. Plut. Arat. 49. PBauf. IV, 29, 5. Sul. v. Tai
xovoos). Das Land blieb aber doch im Ganzen nur bürftig bewölfert und
enthielt manche ganz öde und unbebaute Striche (Strabo VIII, p. 362.).
Später ſchloßen fih die Meſſenier an Philipp von Macedonien an (Baur.
IV, 28, 2.), wa8 bie Gründung einer Äyrannenherrfchaft durch Philiades zur
Bolge gehabt zu haben ſcheint (Demofih. Megalop. p. 212. de Cor. p. 324.).
Hierauf finden wir Mefienten wieder cine Zelt lang frei mit oligarchiſcher
Berfaffung, den Dinokrates an ber Spige (Polyb. XXIH, 10. Put. Philop.
18. Liv. XXXVI, 31.) und erſt ald Mitglied, vann als Feind des Achäiſchen
Bundes (Plut. Philop. 19.), bio es endlich unter die Herrſchaft ber Römer
kam und — vergeffen wurde. Was nun die Topographie bed Landes
betrifft, fo waren die Gebirge deſſelben (vgl. S. 1880.) das öflicde Grenzgeb.
Taygetus (j. Mafriplai) mit dem hohen Berge Cerausium (j. Tetrazi, Leake
Morea I. p. 482 ff. II. p. 10 ff.) im RO., ferner an ver Weflfüfle der M.
Aegaleus (j. Mali, Leake I. p. 426 f.), eine Hügelreihe die fi vom Berge
Paraſkevi, weRlih vom Gebirge Kondovuni, bis zum Borgeb. Eoryphaftum
berabzieht, im S. aber die einzelnen Berge Tomeus bei Eoryyhaflum (j.
Kondozoni, Leake I. p. 416.), Buphras, etwas ſüdlicher (j. Tavolaki, Leake
ibid.) und Temathia, öſtlich vom vorigen (j. Lokobhhemo, Leake I. p. 435.
438. 444.), und endlich im Innern bei der Stadt Meſſene die Berge Evan
- and Ithome (|. ©. 1883.). Als Vorgebirge werden und genannt das Prom.
Corone, die fühlihfle Spige der ganzen Landſchaft (j. C. Gallo, Leake 1.
p. 435. 443.), und an der Weſtküſte Prom. Coryphasium (j. Paleo Ava⸗
rino, Leafe I. p. 41d. 413. 424.) und Platamodes (bei Aja Kyrlafi, Leafe
I. p. 427.). Die Slüffe Meffeniens waren, an der Norblüfle: ver Nedon,
ber Grenzfluß gegen Lakonika bei Phark (Reale I. p. 344.), ver buch Der»
einigung mehrerer Blüffe gebilpete Hauptſtrom des ganzen Landes Pamisus
Messenia 4888
(j. Pirnatza und an feiner Mündung Dhipotamo), in feinem obern Laufe
Balyra (j. Wafllifo oder Mavrozumeno) genannt (Leake I. p. 439. 444.
78. 482., welcher richtigere Befimmungen gibt ald Bouqueville V. p. 88. 92 f.
97 ff. u. A.), mit folgenden Nebenflüflen: Coeus (Leafe I. p. 391 f. 482.),
Electra (2eafe I. p. 391. 482.), Leucasia (Leake I. p. 390. 481.), Am-
phitus, bei Anbania (Leafe I. p. 890. 479. 481.), Charadrus, bei Dedalia
oder Garnaflum (Reale I. p. 391. 468.), welche drei zuletzt genannten fid
faft alle an demfelben Punkte etwas nordöfli von der Stabt Meſſene mit
dem Sauptflrome vereinigen, und Aris, der noch furz vor ber Mündung in
den letztern fält (J. Fluß von Pidhima, Leake I. p. 9357. 360. 477.),
ſämmilich auf dem linken ober öſtlichen Ufer; ferner der auf ver Weflfeite
des Meſſeniſchen Meerbufens, alfo an ber Oſtküſte des Landes mündende
Bias (L2eafe I. p. 440. 471.), und an der Weftfüfle in der Richtung ven ©.
nah N. der Sela (j. der Bad) Longovarbo, Leake I. p. 428.), der Cypa-
rissus (j. Fluß von Arkhadia, Leake I. p. 73.) und der Neda, der Brenzfluß
gegen Triphylia (j. Buzi, Leafe I. p. 56 ff. 485 ff.). Unter den Quellen
it beſonders die Clepsydra in der Gtabt Meſſene am Berge Irhome (j. Waffer
von Serreci, Leake I. p. 367 f. vgl. au Pouqueville V. p. 95.) zu er-
wähnen. Ganz Meffenien zerfiel ſchon felt Cresphontes (Strabo VIII, p. 361.)
in fünf Diftrifte, deren Namen und Grenzen wir aber nie mit Sicherheit
angeben können. * Die Städte und Flecken des Landes waren: a) oͤſtlich
vom Pamifus in der Richtung von S. nah N.: Abia (Homers Ira) an
der Oſtküſte des Meſſen. Meerb. und an der Brenze von Lafonifa (nad
Leale I. 324. bei Palea Mandinia, nad Boblaye Rech. p. 104. bei Pa⸗
leofhora), Pharae (j. Ralamata, Leake I. p. 342 ff. Boblaye P 105.), Ca-
lamae (f. Kalami, Pouqueville V. p. 150. u. Xeafe I. p. 362., nad Bo⸗
blaye p. 106. minder wahrſcheinlich weiter gegen N.), Limnae (f. oben
©. 1094.), Thuria (bei Veis Aga, Leake I. p. 354 f. Boblaye p. 109.);
b) nörblih vom Pamifus im Gefllde Stenyclerus, in der Richtung von D.
nah W.: Amphea, an der Brenze Arcadiend (Hei Zuria nad Reafe I. p. 462.
oder an dem nahen Berge Kokhala nad Boblaye p. 109.), Oechalia, fpäter
Carnasium, am Fluſſe Charadrus (Leake J. p. —*8 Stenyclerus (nach Leale
I. p. 479. ſũdlich von Andania, nach Boblaye p. 109. bei Meligala), An-
dania an der Straße von Megalopolis nad Meſſene (j. Ellinifofaftro bei Fyla
oder Filia, Leake I. p. 388., vgl. auch Schöll im Kunflbl. 1840. Nr. 73.,
nad Boblaye p. 108. unbeflimmt, und nad ber Exped. scient. I. p. 47.
an dem Plate der Branco Ecliſſia Hei Alttourf), Polichna, an der Srraße
von Anbanta nad Cypariſſta (Xeafe I. p. 391.), Dorium, nad Strabo VIII,
p. 350. fpäter Oluris oder Olura (nad) Leake I. p. 484. in der Ebene von
Sulima, öſtlich von Cypariſfta, nad Boblaye's Karte etwas ſüpdlicher bei
Klifura), Ira (im norböftfihften Winkel des Landes zwiſchen Staſimi und
Kalafreii, Boblaye p. 110. Roß I. S. 96. Aldenhoven Itin. p. 338. und
der Plan in d. Exped. scient. Vol. II. Taf. 35. u. vgl. Ponquevifle V.
p. 85., nad Leake I. p. 486. minder riätig am linken Ufer ber Neda unweit
ihrer Mündung bei Siphirofaflro und Marmaro); c) im weſtlichen Küften-
Iande in der Richtung von N. nah S.: Aulon, an der Mündung des Cy⸗
pariſſus (Boblaye p. 116., nad Leake I. p. 470. 484. kein Dirt, fonbern
blos eine Gegend am fünlichen Ufer der Neba), Cyparissia (j. Arkadhia,
Pouqueville V. p. 77. 86 f. Xeafe I. p. 68f. Exped. scient. TI. p. 84 f.
Boblaye p. 115.), Cenerium (vielleicht in der Nähe ver vorigen, Bear l.
® Leake Morea I. p. 457. nimmt (wir wiffen nicht auf welche Aurtorität bin,
denn bei Strabo und Steph. Bys., auf bie er ſich beruft, flieht nichts bavon) Bte-
nyclerus, Pylus, Rhium, Messola und Hyameia als Namen berfeiden an.
&
1884 Messonia
p. 426 f.), Erana (meiter nad Pylos bin, Leake ebennaf.), [Buphras und
Tsmeus? welde von Thuc. IV, 118. ermähnten 2ocalitäten wenigſtens Be»
bingep. 114. nicht für Berge Hält, wie man gewöhnlich und wohl mit Reät
annimmt, fondern für den Hafen Woidhokilia und die Rhede von Navarin],
Pylus auf dem Borgeb. Coryphaflum (j. Valeokaftro Hei Navarin, Pouque⸗
ville V, p. 123. Leake I. p. 415 ff. Boblaye p. 113. Profef II. S. 301 F.
Aldenhoven p. 160. Exped. seient. I. p. A f. Pläne bei Leake Bd. I., in
ber Exped. scient. Vol. I. Taf. 6. u. anderm.); d) an der Süpfäfle: Me-
thone (j. Madon), Colonides, in der Bucht von Phönicud, norbmeRlid. vom
Vorgeb. Acritas (Boblaye p. 112., nah Pouqueville V. p. 105 ff. u. Leake
I. p. 442. u. 445. minder richtig bei Koron an der DOflfüfe); e) an ber
Dfltüfle Asine (dad heut. Koron, Boblaye am a. D., nah Pouqueville V.
p. 118 f. Leake I. p. 443. weniger wahrſcheinlich an ber Stelle von Saratza
[Pouqueville ſchreibt Seliga] an der Süpoftfüfle), Coryntbeium, ein bes
rühmter Tempel bed Apollo Gorynthud an der Küſte (Bauf. IV, 34, 4., nad
Leake I. p. 446. bei Kaftelia), Corone füplih vom Fl. Bias (j. Petalivhi,
PBouquer. V. p. 101.104 f. Leafel.p. 439. Exped. scient. I. p. 18. Boblaye
p. 111. u. Gurtiuß im Bullet. de Y’inst. arch. 1841. p. 43 ff.); f) Im innern
Lande endlich fünlih vom Pamiſus: die fpätere Hauptſtadt des ganzen Landes
Messene (Msoonrn), von Cpaminondas mit Hilfe der Arcadier (Diod. XV,
66.) in einem Sommer (Pauf. IV, 26. 27.), nämlich des J. 369 (DI. CH, 3.)
am ſüdweſtlichen Abhange des fleilen Berges Ichome (PBauf. IV, 29.), welder
bie alte berühmte Veſte dieſes Namens (f. oben S. 336.) trug, an deren
Stelle nun die Eitabelle der neuen Stabt trat, gegründet und mit ben ger
fammelten Weberreften der Meſſenier bevölkert. (Wenn Strabo VIII, r. 389.
fagt, Kresphontes habe Meffene erbaut, und VII, p. 273. 279. die Spar
taner haben ed nach 19jährigem Kampfe erobert und zerflört, fo meint er
damit natürlich blos das alte Ithome; denn eine Stadt Meflene gab es vor
Epaminondas nit.) Die Stadt lag 50 Stab. weillih vom FI. Bamiftt
(Strabo VIII, p. 361.), Hatte einen fehr bebeutenden Umfang (Diod. 1. 1.),
indem fle fih gegen ©. bi8 an den norbwefllihen Abhang des Berges Evan
ausßbreitete (Bauf. IV, 31, 3.), und war von ungemein flarfen, mit vielen
Thürmen verfehenen Mauern umgeben welche Bauf. IV, 31,5. für die feſteſten
feiner Zeit erklaͤrt, reohalb au M. nebft Corinth (momit ed nad Strabo
p. 361. au in Anſehung feiner Lage, namentlid mas die Burg Ithome
betraf, große Aehnlichkeit hatte) für die beiden Hauptſchutzwehren des Pelo-
yonned galten. Die Stadt erhielt ihr Wafler durch eine aus ber Quelle
Glepfgora nah dem Markıplage geführte Waflerleitung Namens Arſinoe
(Bauf. 1. 1.) und hatte mehrere, von Pauſ. IV, 31—33. befchriebene Tempel,
ein Bymnaflum u. f. m. Da fie, fo meit unfere geſchichtlichen Kenntnifle
reichen, keine Zerſtoͤrung erfuhr, fo wird fie noch von Hierocles p. 647. er»
wähnt und erfcheint auch noch auf der Tab. Peut. (vgl. au Polyb. I, 5.
55. 61. 62. IV, 8. 27. 32. Diod. XI, 63. XIV, 34. Piol. III, 16, 8.
VIII, 12, 19. Steph. Byz. p. 461. Mela II, 3,4. Plin. IV,5,6. XXXVII.
10, 57. u. f. w.). Durd ihre no vorhandenen, von Dobwell Trarvels II.
p. 859. Pouqueville Voy. V. p. 94 ff. u. A., befonvers aber von Xeafe
Morea I. p. 366 ff. Boblaye Rech. p. 107 f. und in der Exp6d. scientil.
I. p. 23 ff. (wo ſich Taf. 22. auch ein trefflicher Plan und eine Menge
von Abbildungen finden) befriebenen, höhf merfwäürbigen Ruinen läßt fich
die Lage und ber Umfang der alten Stadt mit volles Gewißheit beflimmen.
Die theils noch vollſtändig vorhandenen, ihells in ihren Trümmern veutli®
zu verfolgenden Mauern, welche das beinahe in ihrem Eentrum am Abhange
bes Berges Burkano (dem alten Ithome) gelegene Fleine Dorf Mavromati
in weitem Umkreiſe umſchließen, bildeten ein unzegelmäßiges Biere mit vielen
Messeoniaous Sinn: — Messina gens 1860
vorfpringenben Eden, an welchen allemal ein flarker Thurm ſtand, von denen
ebenfalld noch mehrere vorhanden find, und ſchloßen den Gipfel des Ithome,
alio die Citadelle, die aber an der Weſtſeite gegen bie Stadt Hin no Be»
fondere Dlauern Hatte, mit ein. Außer ihnen haben ſich namentlih an ber
Mordieite das nach Megalopolis führende, höchſt merkwärbige, runde Thor
mit einem Reſte der gepflaflerten Straße innerhalb der Mauern, und Trümmer
des großen, von einer doppelten Säulenreie umgebenen und von einem aus
ber Duelle Clepſydra (mitten. im Dorfe Mavromati am Abhange des Ithome)
berabfommenden Bade durchflofienen Stadiums, eined Fleinen Theaters und
mehrerer Kleiner Tempel, die Fundamente des Gymnaflumd u. f. w. erhalten. —
Endlich gehörten zu Meſſenien noch mehrere Infeln vor der Süd» und Weſt⸗
Lüfte, nämlich in der Orbuung von SO. nach NW.: Theganussa vor dem Borg.
Acritas (j. Benetico, Pouquev. V. p. 113. 118. Leake I. p. 443.), die
Oenussae (j. Skhiza und Sapienza, Pouquev. V. p. 118 f. Leake J. p. 433.
u. 443.), Sphacteria (j. Sphagia, Pouquev. V. p. 118. 120 ff. Leake I.
p. 401 ff.) und Prote (j. Proti, Pouquev. V. p. 88. Leake I. p. 428. u.
433.). Ueber den heutigen Zuflann Meſſeniens und feine Alterthümer vgl.
außer ben frühern antiquar. Reiſewerken beſonders die neueften von Leake
Travels in the Morea, Lond. 1830. 8. I. p. 76—80. u. 324—488. Exped.
scientif. de Mor6e par Abel Blouet etc., Paris 1831. gr. Fol. I.p. 1-50.
und Pouillon Boblaye Recherches geogr. sur les Ruines de la Mor&e,
Paris 1836. 4. p. 103—116., im Ganzen aber iſt freilich Meſſenien nähf
Arcadien immer noch der am wenigften durchforſchte Theil des Beloponnes. [ F.]
Messeniacus Sinus, |. Messenia, ©. 1880.
Messeniäni (PBlin. VI, 7, 7.), eine Voͤlkerſchaft Sarmatiens jenfeits
der Palus Mäotie um den Fluß Tanais ber. [F.]
Meseia gens, plebejiſch.
1) Vettius Messius, Volsker, nobilior vir factis qvam genere,
bot im I. 323 d. Gt. vergebens alle Tapferkeit auf um ben verbünbeten
Aequern und Bolöfern den Sieg über bie Römer (Latiner und Gernifer) zu
verſchaffen, Liv. IV, 28 f.
2) C. Messius, Xebil, als welcher er die Floralien abhielt (Val.
Mar. 11, 10,8. vgl. bell. afr. 33. C. Messium aedilicia functum potestate).
Im 3. 697 Volkstribun war er ein DBertrauter (Gic. ad Att. VII, 11.
D. 2.) und Werkzeug des Pompejus, wirkte für Cicero's Zurüdberufung
(legem separatim initio de salute mea promulgavit, Cic. p. red. in Sen.
8, 21.) und machte einen Geſetzesvorſchlag wodurch Schaf, Heer und Flotte
dem Pompejus zur Berfügung geflelt und die Statthalter ihm untergeorbnet
wurden, was aber nit burdhging; Cic. ad Att. IV, 1, 7. Im. 700 auf
die Empfehlung des Eof. Appius Claudius von Cäjar zu feinem Legaten
ernannt war er bereits abgereiöt als ihn bie Nachricht, er fel (aus einem
uns unbefannten ®runde) vor den Prätor Servilius Ifaurieus gelaben, zu
augenblicklicher Umkehr bewog. Gicero vertheidigte ihn (Ende Juli) und
hoffte auf glüdlihen Ausgang, ad Att. IV, 15,9. In einem fpäteren Rechts⸗
handel vertheidigte ihn C. Licinius Caleus, Sen. Controv. IH, 19. Im.
707 beorberte ihn Gäfar nah Achilla in Afrika, b. afr. 23.
3) L. Messius, im Bürgerfriege auf der Seite des Antonius, bei
Perufia unter den Gefangenen ded Detavian und im I. 722 vor ber Schlacht
bei Actium von diefem als Spion ergriffen, in feinem Lager herumgeführt
und bem Ant. zurüdigefendet, Dio L, 9.
4) C. Messius Ner., einer ber Angehörigen der tribus Succuss. bie
dem Beipaflan im I. 823 — 70 ein Denkmal errichteten, Gruter p. 241.
5) Messius Maximus, #reund bes jüngern Plinius (Ep. III, 2. 20.),
der an ihn 13 Briefe gefchrieben, worunter zwar nur einer (IV, 25.) ben
—
!
se Messonta
. 426 f.), Erana (meiter nad Pylos bin, Leake ebenbaf.), [Buphras und
smeus? welde von Thuc. IV, 118. ermähnten Localitäten wenigfleus Be»
blaye p. 114. nicht für Berge Hält, wie. man gewöhnli und wohl mit Recht
annimmt, fonbern für den Hafen Woidhokilia umd die Rhede von Navarin],
Pylus auf dem Vorgeb. Coryphaſium (j. Valeofaftıo bei Navarin, Pouque⸗
ville V. p. 123. Leake I. p. 415 ff. Boblaye p. 113. Prokeſch II. S. 501 f.
Aldenhoven p. 160. Exped. seient. I. p. 4 f. Pläne bei Leake Bo. I., in
ber Exped. scient. Vol. I. Taf. 6. u. anderw.); d) an ver Süpküfe: Me-
thone (j. Madon), Colonides, in der But von Phonicus, nordweſtlich vom
Vorgeb. Acritad (Boblaye p. 112., nah Pouqueville V. p. 105 ff. u. Leake
I. p. 442. u, 445. minder richtig bei Koron an der Dflfüfle); eo) an ber
Oſttüſte Asine (dad heut. Koron, Boblaye am a. D., nad Pouqueville V.
. 118 f. Xeafe I. p. 443. weniger wahrfcheinlid an ber Stelle von Saratza
Pouqueville ſchreibt Geliga] an der Süboſtküſte), Coryntbeium, ein be
zühmter Tempel des Apollo Corynthus an der Küfte (Bauf. IV, 34, 4., nad
Leake I. p. 446. bei Kaſtelia), Corone füdlih vom Fl. Bias (j. Petalivhi,
Bouquer. V. p. 101.104 f. Leatel.p. 439. Exped. scient. 1. p. 18. Boblaye
p. 111. u. Curtius im Bullet. de Y'inst. arch. 1841. p. 43 ff.); f) Im innern
Zande endlich füblih vom Pamifus: die fpätere Hauptſtadt des ganzen Lande?
Messöne (Masoonrn), von @paminondas mit Hilfe der Arcabier (Diod. XV,
66.) in einem Sommer (Bauf. IV, 26. 27.), nämlich des J. 369 (DT. CII, 3.)
am fübweftlicden Abhange des fteilen Berges Ichome (Bauf. IV, 29.), welder
pie alte berühmte Veſte dieſes Namens (f. oben ©. 336.) trug, an beren
Stelle nun die Eitabelle der neuen Stadt trat, gegrünbet und mit ben ge,
fommelten Ueberreften ber Meſſenier bevölkert. (Wenn Strabo VIII, p. 389.
fagt, Kresphontes habe Meſſene erbaut, und VII, p. 273. 279. die Spar
taner haben es nach 19jährigem Kampfe erobert und zerflört, fo meint u
damit natürlih blos das alte Ithome; denn eine Stadt Meflene gab es vor
Epaminondas nit.) Die Stabt lag 30 Stad. weſtlich vom Fl. Pamiſus
(Strabo VI, p. 361.), hatte einen fehr bebeutenden Umfang (Diob. 1. 1.),
indem fle fih gegen S. bi8 an den nordweſtlichen Abhang des Berges Evan
ausbreitete (Bauf. IV, 31, 3.), und war von ungemein flarfen, mit vielem
Thürmen verfehbenen Mauern umgeben welche Bauf. IV, 31,5. für die feſteſten
feiner Belt erklärt, weshalb auch M. nebft Corinth (momit es nah Strabo
p. 361. auf in Anſehung feiner Lage, namentlich was die Burg Ithome
betraf, große Aehnlichkeit hatte) für bie beiden Hauptſchutzwehren des Velo
yonned galten. Die Stadt erhielt ihr Waller durch eine aus ver Duelle |
Clepſydra nad dem Marfıplage geführte Waflerleitung Namens Arfinoe
(Bauf. 1. 1.) und Hatte mehrere, von Pauſ. JV, 31—33. beſchriebene Tempel,
ein Bymnaflum u. f. m. Da fie, fo meit unfere geſchichtlichen Kenntnifle
reiden, Leine Zerflörung erfuhr, fo wird fie no von Hierocles p. 647. er» |
mähnt und erfcheint auch no auf der Tab. Peut. (vgl. auch Polyb. 11,5.
55. 61. 62. IV, 8. 27. 32. Died. XI, 63. XIV, 34. Btol. II, 16, 8
vi, 12, 19. Steph. By. p. 461. Mela Il, 3,4. Plin. IV,5,6. XXXVII.
10, 57. u. f. w.). Durch ihre noch vorhandenen, von Dodwell Travels Il.
p. 859. Pouqueville Voy. V. p. 94 ff. u. A., beſonders aber von Leale
Morea I. p. 366 ff. ®oblaye Rech. p. 107 f. und in ber Exped. scienlil.
I. p. 23 ff. (wo ſich Taf. 22 ff. auch ein treffliger Plan und eine Menge
von Abbildungen finden) beſchriebenen, hoͤchſt merkwürdigen Ruinen läßt fich
die Lage und der Umfang der alten Stadt mit voller Gewißheit beſtimmen.
Die theils noch vollſtändig vorhandenen, theils in ihren Trümmern deutlich
zu verfolgenden Mauern, welche das beinahe in ihrem Centrum am Abhange
des Berges Vurkano (dem alten Jihome) gelegene kleine Dorf Mavromati
in weitem Umkreis umfiliehen, bildeten ein unzegelmäßigee Bisred mit vielen
Mesıeniasus Binns — Messina gens 1886
vorfpringenden Eden, an welchen allemal ein ſtarker Thurm fland, von denen
ebenfalld noch mehrere vorhanden find, und fhloßen den Gipfel des Ithome,
alſo die Gitadelle, die aber an ber Weſtſeite gegen die Stabt bin noch be»
fonbere Mauern Hatte, mit ein. Außer ihnen haben ſich namentlih an der
Nordſeite das nah Megalopolid führende, höchſt merkwürdige, runde Thor
mit einem Reſte der gepflafterten Straße innerhalb der Mauern, und Trümmer
bes großen, von einer doppelten Säulenreibe umgebenen und von einem aus
der Duelle Clepſydra (mitten. im Dorfe Mavromati am Abhange des Ithome)
berabfommenden Bade durchfloſſenen Stadiums, eines Kleinen Theaters und
mebrerer Eleiner Tempel, die Fundamente des Gymnaflums u. f. m. erhalten. —
Endlich gehörten zu Meffenien noch mehrere Infeln vor der Süd» und Weſt⸗
küfte, nämlich in der Orbuung von SO. nach NW.: Theganussa vor dem Borg.
Aeritad (j. Benetico, Pouquev. V. p. 113. 118. Leake I. p. 443.), bie
Oenussae (j. Skhiza und Sapienza, Pouquev. V. p. 118 f. Leake J. p. 433.
u. 443.), Sphacteria (j. Sphagia, Pouquev. V. p. 118. 120 ff. Leake I.
p. 401 ff.) und Prote (j. Proti, Bouquev. V. p. 88. Leafe I. p. 428. u.
433.). Ueber den heutigen Zuſtand Meffeniend und feine Alterthümer vgl.
außer ben frühern antiquar. Reiſewerken beſonders die neueften von Leafe
Travels in the Morea, Lond. 1830. 8. I. p. 76—80.u. 324—488. Exped.
scientif. de Mor6e par Abel Blouet etc., Paris 1831. gr. Fol. I.p. 1-0.
und Pouillon Boblaye Recherches géogr. sur les Ruines de la Moree,
Paris 1836. 4. p. 103—116., im ®anzen aber iſt freilih Meſſenien nähf
Arcabien immer noch der am wenigſten durchforſchte Theil des Beloponnes. | F.]
Messeniacus Simus, |. Messenia, S. 1880.
Messoniäni (Plin. VI, 7, 7.), eine Voͤlkerſchaft Sarınatiens jenfeits
der Palus Maotis um den Fluß Tanais ber. [F.]
Mesis gens, plebejiſch.
1) Vettius Messius, ®Bolsfer, nobilior vir factis qvam genere,
bot im I. 323 d. Gt. vergebens alle Tapferkeit auf um ben verbünbeten
Aequern und Bolsfern den Sieg über die Römer (Latiner und Herniker) zu
verfhaffen, Liv. IV, 28 f.
2) C. Mossius, Xebil, als welcher er die Floralien abHielt (Val.
Mar. 11,10,8. vgl. bell. afr. 33. C. Messium aedilicia functum potestate).
Im 3. 697 Volkstribun war er ein DBertrauter (Gic. ad Aut. VIII, 11.
D. 2.) und Werkzeug des Pompeius, wirkte für Cicero's Zurüdberufung
(legem separatim initio de salute mea promulgavit, Cic. p. red. in Sen.
8, 21.) und madte einen Geſetzesvorſchlag wodurch Schatz, Heer und Blotte
dem Bompejud zur Verfügung geflelt und die Statthalter Ihm untergeorbnet
wurden, was aber nit burdging; Gic. ad Att. IV, 1, 7. Im J. 700 auf
die Empfehlung des Coſ. Appius Claudius von Eäjar zu feinem Legaten
ernannt war er bereitd abgereist als ihn die Nachricht, er fel (aus einem
und unbekannten runde) vor den Prätor Seroilius Ifauricus geladen, zu
augenblidlicher Umkehr bewog. Cicero vertheidigte ihn (Ende Jull) und
hoffte auf glüdliden Ausgang, ad Att. IV, 15,9. In einem fpäteren Rechts⸗
handel vertheidigte ihn C. Licinius Calvus, Sen. Controv. II, 19. Im.
707 beorberte ihn Gäjar nah Achilla in Afrika, b. afr. 23.
3) L. Messius, im Bürgerfriege auf der Seite des Antonius, bei
Perufla unter ben Gefangenen des Octavian und tim I. 722 vor ber Schlacht
bei Actium von diefem als Spion ergriffen, in feinem Lager herumgeführt
und dem Ant. zurüdgefendet, Dio L, 9.
4) C. Messius Ner., einer ber Angehörigen der tribus Succuss. bie
dem Beipaflan im I. 823 — 70 ein Denkmal errichteten, Gruter p. 241.
5) Messius Maximus, Freund des jüngern Plinius (Ep. III, 2. 20.),
der an ihn 13 Briefe gefchrieben, worunter zwar nur eines (IV, 25.) ben
1888 Menient — Menögle
vollen Namen angibt, während alle andern nur Maximo suo haben; aber
jener eine bezieht fi auf den mit Maximo suo adreffirten Brief III, 20. zurüd.
Mar. hatte eine Brau aus Verona und gab nad deren Tod den Beronenfern
glänzende Leichenfpiele mit Gladiatoren (VI, 34.) Er wurde — wie «8
ſcheint ald Statihalter — na Achaja geſchickt, worauf fi) die Ermahnungen
des Plin. VIII, 24. Beziehen. Mar. mar Berf. von Schriften, welche Plin.
IV, 20. im Allgeneinen Iobt und IX, 1. bef. die (Meden?) gegen Blanta
nennt umd herausgegeben wuͤnſcht; auch pflegt Plin. feine eigenen Schriften
ibm jur Durchſicht mitzutheilen, VIII, 19. Die Briefe IL, 14. 111, 20. V,9.
Vi, 11. VII, 26. IX, 23. enthalten Ergüſſe über Erlebniſſe oder Anſichten
des Plinius.
6) L. Messius Rusticus, curator alvei et riparum Tiberis et
eloacarum urbis unter Hadrian, Gruter p. 197,3. 198,2. 252,1. Murat.
p. 491, 7.
7) M. Messius Rusticus Aemilius PapusAriusProculus
Julius Celsus, Sodal. Aug., IVvir viar. cur., irib. mil. Leg. III. Aug,,
Pr. Pr. provinc. Africae, trib. pleb., Praet. peregr., curator viae Aurelise
unter Hadrian; Muratori IT. p. 236, 4. (aus Rom).
8) T. Messius Extricatus, cos. iterum im $. 970 — 217 n. Ehr.
unter Garacalla, Fasti cons.
- 9) Messius Gallicanus, Cos. suff. im 3. 990 — 237 n. Chr.
unter Mariminus Thrax. Fasti cons. Der Messius oder Maesius Gallicanus
welder unter Tacitus (I. 276 n. hr.) praef. praet. war (Bopisc. Tac. 8.)
ift, wenn auch nicht Maecius zu ſchreiben feyn follte, jedenfalls mit Ienem
nit identiſch.
10) Ueber den Kaiſer C. Messius Qvintus Decius Traianus und feine
Söhne Q. Herennius Etruscus Messius Decius und C. Valens Hostilianus
Messius Qvintus f. Decius, ®b. II. S. 880 f. ,
Auf Inſchriften werden außerdem erwähnt: A. Messius Alexander (Rom)
Murat. p. 1376, 12. C. Messius Eunomus Sen. Negot. vin. (Rom),
Grut. 645, 11. C. Messius Firmus (Briria), Brut. 1148, 7. C. Mess.
Fortunatus Vivir (Gomum), Mur. 526,5. L.Mess. C. F. (Cluſium), Mur.
1190, 10. L. Mess. M. F. Bucca (Placentia), Grut. 729, 11. L. Mess.
L. E. Geminus oder L. Geminius L. F. Messius VIvir, curator' aerarii Me-
diol. Hercul. (Mebtolanum), Brut. 43, 11 f. M. Mess. Proculus (Rom),
Mur. 1237, 6. P. Mess. Gaudius (Rom), Mur. 1377, 1. 0Q. Mess. Fron-
tinus Claudianus (Rom), ®rut. p. 918, 14. T. Mess. Bellinus (Nemau-
flum), ®rut. 918, 13. T. Mess. Cornel. Fortunatus (Lugdunum), Brut.
831, 2. — Maessia M. F. Qvarta (Rarbo), ®rut. 415, 2. Messia C. F.
Qvinta, Mur. 1718, 2. Messia Sp. F. Svavis, Brau des 8. Sergius He
Ienus (Rom), ®rut, 808, 8. [W.T.]
Messiöni. 1) P. Messienus, röm. Ritter welchen Gicero empflehlt
ad Fam. XIII, 51.
2) Auf einer Infhrift aus Pränefte bei Muratori II. p. 1711, 6.
werben genannt: C. Messienus Tropbimus, C. Messienus Romanus, C. Mes-
sienus C. L. Licinus und Messiena Romana.
3) Auf einer Inſchr. aus Gomum bei Gruter p. 438, 2. C. Messienus
Zoilus, colleg. dendroph. Comensium. [W.T.]
Messon, |. Mesoa.
Messögis (Mesoowyi;, Strabo XIV, p. 636. 637. 648. * und dfter.
Steph. Byz. p. 462., unftreitig au der Moñrie des Ptol. V, 2, 13.),
Almelov. edirt an ber erften Stelle richtig Megowyis, an ber zweiten Meowrk,
und an der dritten Meooyic.
Hesus — Mesa 1987
das zum Taurus ſyftem gehörige Hauptgebirge Lydiens, das fi nörbl. neben
dem Mäanver von Geländ bie Mycale Hinzieht (Strabo p. 636.), mo es in
dad Vorgeb. Mycale audläuft (f. d.), in S. und D. die Grenze des Landes
bildet, und einen guten Wein erzeugt (Strabo n. 637. 650.). Nebenzweige
beflelben waren der Pactyes und Thorax, und aud der Tmolus iſt eigentlid
nur eine nordweſtliche Bortfegung des Meſſogis, von deſſen Namen ſich noch
eine Spur in dem heut. Muſa tagh erhalten zu haben ſcheint, obgleich ver
eigentliche Meſſogis jegt Keſtaneh tagh, d. i. Kaſtanienberg, heißen fol. Vgl.
v. Sammer in den Wiener Jahrbb. Bd. CV. ©. 26. [F.]
Messus (Arusianus), ſ. Bd. I. ©. 845.
Mesthles (Meo9Ang), mit feinem Bruder Antiphos (Bd. I. ©. 554.
a. U.) Anführer der Mäonier die den Troern zu Hilfe gezogen waren, Il.
II, 864. [W.T.]
Mestlöta (MesorAize, Ptol. V, 11, 3.), Stadt im Innern des afla-
tifchen Iheriens, wahrſch. am Fluſſe Eyrus. [F.]
Mestor (Mioroo), 1) Sohn des Verfeus und der Andromeda, ver»
mahlt mit Luflvife und Vater der Hippothoe, Apollod. II, 4, 5. — 2) Sohn
bes Pterelaos, des Vorigen Ururenkel, Apoll. 1.1. — 9) Sohn des Priamos,
Som. I. XXIV, 257. Apollod. II, 12, 5. [W.T.]
Mesten (Mnoroa, bei Unt. Lib. 17. Hypermestra), Toter des Bıy-
fisthon, Enkelin des Triopas (Triopeis, Ovid Met. VIII, 872.). Um ben
ihn peinigenden Hunger zu flilen verkaufte fle ihr Vater (f. Br. IH. S. 238.),
aber Pofeidon, ihr Beliebter, zu dem fie flehte, verlieh ihr die Babe ſich,
fo oft fie auch verkauft wurbe, immer wieder zu verwandeln und in ihr
räterliches Haus zurüczufehren; f. Tzez. Lyc. 1393. Vgl. Ovid Met.
VIII, 87. [W.T.)
Mestriana (It. Unt. p. 263.), Drt in Pannonia Superior an ber
Straße von Sabaria nad Aciacum; an der Stelle des heut. Dorfs Mindfent
am erſten Laufe des Fluſſes Szala. .]
Mesteti, außer vem Gonfular Mestrius Florus bei Suet. Vesp. 22. nur
auf Inſchriften erwähnt, und wie ed ſcheint in Oberitallen bei. verbreitet:
1) C. Mestrius, Aedil Im I. 725 d. ©t., Gruter p. 299, 1. 1. 6. v. u.
Muratori I. p. 294, 7. v. u.
2) aus Brisia: M. Mestrius Severus Vivir Aug. und M. Mestrius
Primus, ®rut. p. 438, 4. L. Mestrius Presianus, Muratori I. p. 5, 9.
P. Mestrius-Callidromus, ib. 53, 11.
3) aus Ariminum: T. Mestrius C.E. An. Severus, eqvo publ., pont.,
Ilvir, trib. coh. civ. Rom. nebſt zwei Verwandten: T. Mestrius Callistus
und befien Sohn T. Mestr. Callistianus, Mur. p. 722, 5. u. 835, 2.
2 aus Gemum: M. Mestrius M. F. Ouf. Secundus, Vivir, Gruter .
p. 438, 3.
5) aus Venedig: T. Mestrius T. L. Logismus, ®rut. 808,9. T.Me-
strius Hospitienus, Mur. p. 999, 7.
6) aus Narenna: L. Mestrius Eutyches, Mur. p. 1377, 2.
7) aus Mebiolanum: M. Mestrius M. L. Consorinus, Grut. 413, 6.
8) aus Placentia: P. Mestrius P. F. Maximus, Mur. 2038, 7.
9) aus Mantua: L. Mestrius L. F. Cato. Mur. 1190, 11.
10) aus tele: L. Mestrius C. F. Rom. Leg. IX. ®rut. 553, 4.
11) aus Alba Julia: Mestrius Mariinus pictor, f. oben ©. 1572. Nr. 7.
12) aud Saventia: Mestrius C. F. bei Reineſ. Synt. p. 1023, 21. [W.T.]
Mesun, nach Mela II, 5, 6. ein nur dur eine ſchmale Erdzunge mit
dem Lande zufammenhängender, font ganz vom Meere umgebener Bügel an
der Küfle von Ballia Narbonenfiö, an den noch ber heut. Ort Möge am
nörblicden Ufer des Etang de Thau in ber Gegend von Gette erinnert (vgl.
1888 Mesavium — Merayefrros
Valeſ. Not. Gall. p. 337.), wenn auch die Beſchreibung bed Mela nit ganz
auf ihn paßt. Der von Ävien. or. mar. p. 16. erwähnte Flecken Mansa in
biefer Gegend iſt wahrſcheinlich nicht davon verſchieden. [F.]
Mesuviam (Mesoovior), Stadt im zweiten Klima Germaniend bei
Ptol. II, 11, 28., unftreitig im Gebiete der Kongobarben, nad Krufe Merfer
burg, nad Wilhelm S. 286. Magveburg, nah Reichard ©. 271. (der
. Moevium liest) Alt-Medingen bei IImenau, nad Andern (f. Ufert ©. 438.)
Braunſchweig. [F.]
Mesyla (Tab. Peut.), Ort in Pontus an der Straße von Tarium
nach Gomana. [F.
Mesfras (Mrovoos), nad Stad. mar. magn. $. 245. Infel des dp.
Meeres, 820 Stab. von Rhodus entfernt; wahrſcheinlich falfche Lesart flatt
Niovoos. PEF.] -
Meta bezeihnet den Endpunkt, das Ziel eines beftimmten Raumes,
einer Entfernung, durch eine Brenzfäule, Terme ober irgend eine ähnlide
Erhöhung angedeutet, und befand Ne ſowohl in den griechiſchen und roͤmiſchen
Laufbahnen für Menſchen (oradır, stadia) als au in dem griech. Hippo⸗
dromod und dem röm. Gircus für das Roßwettrennen. Die Griechen hatten
verſchiedene Auedrücke für den Begriff der meta (repua, svoon, xauneng,
zöAog u. a.), jedoch nit ohne beiondere Mopification. der Bedeutung. So⸗
wohl im Stabium als im Hippobromosd war von der eigentlidden meta, d. h.
der Hintern Bielfäule ab, an welder ber einfache Wettlauf fein Ziel erreiät
hatte und um welche die Wettläufer und Roßwettrenner beim einfachen Laufe
berumzubeugen hatten, bis zum fließenden Ende ver Laufbahn noch ein
bebeutender Raum, welcher in den Stabien zu gymniſchen Kampfarten viente,
in dem Eircud der Römer aber zu Thierjagden oder venationes benügt wurde.
Im olympiſchen Hippodromos fland in der Nähe der meta oder des kazunıre
der fog. Tararippos, wo Taut alter Sagen die Kampfroffe häufig ſcheu
wurden, was natürlid in der im vollen Sturme bed Mennend zu nehmenden
rafhen Wendung feinen guten Grund Hatte; |. meine Gymnaſſik d. He. J.
142, 27. 160, 35. Im röm. Gircus hatten die metae eine kegelfoͤrmige
Geſtalt und flanden an beiden Enden der spina (Abbildungen ber metae im
Gircus Marim. gewährt Onuphr. Panvin. de lud. Circ. und Biancont Cire.
Carac.). Deshalb führte wahrfcheinlih ein großer Springbrunnen des alten
Roms ven Namen Meta sudans, von welden man noch gegenwärtig Ueber:
refte bemerkt, welche am Wege von dem Tituebogen nad dem Goloffeum
liegen. Val. Platner und Urlih8 Behr. Noms ©. 276. [Kse.)
2) Toter des Hoples, erſte Gemahlin des Aegeus, Apollo. HI, 19, 6.
Bei Schol. Eurip. Med. 668. heißt fie Melite. [W.T.]
Metäbus (Miraßos:), Sohn des Siſyphos, Unteranführer bei Neflor
vor Troja, angebl. Namengeber der Stadt Metapontium, Steph. ng: Y.
Metanorzos. Serv. zu Virg. Aen. XI, 540. Bel. Bat. I, 1. — 2) König
der Voloker (Hyg. fab. 252.) oder Herr von Prioernum (Birg. Aen. Al,
540.), Bater ver Camille, f. d. Br. IL. ©. 11l. [W.T.])
Metachoeusm (Merayoıor, Ephor. fr. 153. aus Steph. Byz. p. 463.),
Kaſtell in Böotien zwiſchen Orchomenus und Coronea. [F.]
Metacompso, |. Tachompso.
Metäcum (Meraxor, Btol. VI, 7, 11.), Stadt am Sinne Sadalite
ober der Südküſte von Arabia Felix. [F.
Mestaysirvsog, ber Auswanderer, unter welchem Namen Apollo in
Attika, zunähft von denen welde von Melite her nad Attila gezogen waren,
gefeiert wurde. Ihm galten vie Mercyeirvig, begangen in bem gleichfall
bienad benannten Monat Mereyarıor, Plut. de exsil. T. II. p. 601.
HSeſych. s. v. IM.T.]
Metagönes -— Mietalla 1889
Metag&nes, 1) nah Suidas (s. v. und Eudocia p. 303.) eines
Sclaven Sohn, Dichter der älteren attiſchen Komödie, wohl gleichzeitig mit
Ariflophaned und Phrynichus (Schof. zu Platon p. 332. ed. Bekk. u. Schol.
zu Ariſtoph. Av. 1297.). Bon feinen Stücken nennt Suidas: Aygaı 7
Maupuaxvdog (f. Athen. VIII, p. 355. A. vgl. XIII, p. 571. B. und dazu
Meineke am glei angef. Orte p. 218 f.), Oovgionspoa:, nah Athenäuß
(1. VI, p. 228. E. 269. E. ff. VII, p. 327. D.) nie aufgeführt, bie orien-
taliſche Verweichlichung und Ueppigkeit ver Thurier beſpottend, DiAodvrng
(Athen. X, p. 459. C. XV, p. 700 f.), auf religiöfen Aberglauben fich be⸗
ieben: Opngos 5 Aorneoi. ©. Meinefe Hist. critic. comicc. Graecc.
p.
2) machte mit feinem Vater Cherſiphron aus Cnoſſos auf Greta (ſ. Vd.
I. S. 323.) die erſte Anlage zu tem Dianentempel in CEpheſus (Vitruv.
Praef. L. VII, 6. 16.) und verfaßte mit feinem Vater eine Befchreibung des
Tempels (am a. D. $. 12.). — 3) aus dem attiiden Demos Zypeta, ſetzte
unter Pericles Verwaltung den von Koröbos angefangenen Bau des Weihe⸗
tempel® in Gleufls nad deſſen Tode fort. Pfut. Perich. 13. [W.] ”
Metagonitis (Meraywriziz, Btol. IV, 1, 10. :Plin. V, 3, 2.), ein
Diſtrikt an der Norbfüfte von Mauritania Tingitana zwifchen dem Fl. Mus
lucha und dem Fretum Serculeum, der wahrfheinlih von mehreren bier ges
gründeten cartbag. Pflanzftädten (uerayarız oder usrayarızar noAes, Polyb.
II, 33, 12. 13.) feinen Namen hatte. Die Einwohner hießen Metagonitae
(Merayanizaı, Strabo XVII, p. 827. Ptol. 1. 1. Plin. V, 3, 2.). Hecat.
fr. 324. aus Steph. By. p. 462. Scylar p. 51. u. Strabo XVII, p. 827.
führen aud eine Safenflabt Metagonium (Mereyarıor) hier auf (vgl. Gros-
furd zu Strabo am a. DO. Dr. III. ©. 419.). Sie lag nah Strabo 1. 1.
an dem gleichnamigen Vorgeb., welches au III, p. 170. u. XVII, p. 828.
u. 829. von ihm genannt wird, bei Ptol. IV, 1, 7. aber Metagonites
(Merayoriens anoov) heißt und weſtlich vom Mulucha zmifchen ihm und bem
Vorgeb. Nuffadir (mit welchem es Mannert X, 2: ©. 453 f. für identiſch
hält) zu fuchen iſt. Es iſt mahrfheinki die Oſtſpize des Golfs von Me-
lilla oder Manila darunter zu verflehen, während das Vorgeb. Ruſſadir dad
heut. Gap de Tres Forcas if. Dad Cap Gone, wofür es gewoͤhnlich ge»
halten wird, Liegt zu weit oͤſtlich. [F.]
Metagonlum, 1) f. Metagonitis. — 2) ein blos von Mela 1,7, 1.
genanntes und mit dem vorigen nicht zu verwechſelndes Borgeb. an ber Örenze
zwiſchen Mauritanten und Africa propria im weiteren Sinne (oder Numibien),
wahrſcheinlich identifh mit dem Tretum de8 Ptol. IV, 3, 3. oder dem Heut.
Sebba Mus (ſ. d.). [F.] ’
Metalces, Sohn des Aegyptus, von der Danaide Kleopatra ermordet,
Hygin. fab. 170. [W.T.
Metalla. Die Bergwerke von Attika (Hauptſchrift: Bödh, Über die
Laurifchen Silberbergwerke, in den Abhh. der Berl. Akad. v.I. 1814— 1815. _
S. 85—140., vgl. Über den gegenwärtigen Zuſtand verfelben Fiedler Reiſe
in Griechenl. I. S. 36-79.) waren nicht freies Eigenthum der Bürger,
fondern des Staated, und mwurben von biefem an Einzelne, Bürger und Solche
welche fonft das Recht des freien Grundbefitzes Hatten (Xenoph. de redit.
4, 12.) auf Erbpacht zur Nutzung ſteuerfrei (Dem. g. Phänipp. p. 1044.
$. 18., weshalb fie au beim Vermögenstauſch ausgeſchloſſen find) über»
laffen. Die Ermwerbung, worüber eine Urkunde, &ayoapn, mit genauer
Grenzbeſtimmung aufgenommen wurbe (Harpokr. s. v. dsayo.), geſchah durch
Grlegung einer verhälinipmigen Summe ein für allemal,an die Staatscafie
als Kaufpreis (Dem. g. Pantän. p. 973. $. 23. Bi +. 37. Harpokr.,
Suid., Phot. s. v. mwAntai), worüber noch jährlich ber oiseunbawanzigfe
IV. '
\
1890 Metalla
Theil der rohen Ausbeute entrichtet warb (Suld. s. v. aypayov ueraidov),
eine Abgabe melde vermuthlich, wie alle Gefälle, verpadtet war. Diefed
Staatdeinfommen (Arift. Vesp. 659.) richtete ſich nad ter größeren ober
geringeren Neihhaltigkeit der gebrochenen Erze und nad dem Brabe ber Leb⸗
haftigkeit womit bie Gruben angebaut wurden. Chemals wurden bie Berg:
werkseinkünfte unter die Bürger vertheilt; fle betrugen, als Themiſtokles die⸗
jelben auf ven Bau der Blotte zu verwenden anrieth, 10 Drachmen auf ben
Kopf, oder, bie Bürgerzahl von Athen durchſchnittlich zu 20,000 angenommen,
im Ganzen 33'/, Talent (Herod. VII, 144. vgl. Blut. Themist. 4. Polyän.
strat. I, 30, 5.), demnach die damalige jährlihe Ausbeute über 800 Talente.
Der Werth eined Grubenantheils fcheint ſich durchſchnittlich auf ein Talent
belaufen zu baben (Dem. g. Phän. p. 1039. 6. 3.). Gin folder Fonnte
von mehreren Unternehmern gemeinf&aftlie betrieben werben (Dem. g. Bant.
p. 969. $. 10. Harp., Suid. s. v. arovoun), doch finden fi auch mehrere
zugleih in den Händen reicher Bürger, mie des Nicias, Hipponicus, Phile⸗
monides, welche Sclaven zu Hunderten in ihren Gruben beſchäftigten (Xen.
d. red=s4, 14.). Schon damals aber war die Ergiebigkeit ber lauriſchen
Bergmerfe im Abnehmen (Xen. Mem. III, 6, 12./ obgleich derſelbe d. red.
4, 25. no immer eine hohe Idee von Ihrem Reichthum hegt); tbeilweile
Erſchöpfung der Gruben, Mangel an Betriebscapital (Xen. ib. 4, 28.), Un
vollfommenheit der Technik im Grubenbau und Hüttenwefen (Bödh a. a. O.
S. 100 ff.) u. f. w. brachten jedoch bald den attifhen Bergbau völlig
herunter. Schon zu Demetrius Phalereus Zeiten war bei allem Gifer bee
Anbaus doch der Gewinn fehr problematifh (Strabo III, p. 147. Athen.
VI, P- 233. E.), im erſten Jahrh. der chriftliden Zeitrechnung gab man die
Gruben auf und ſchmolz die aufgehäuften Schladen noch einmal aus (Strabo
IX, p. 399.), und im folgenden Jahrhundert waren die laurlſchen Bergmerle
ſchon völlig eine Antiquität (Pauf. I, 1.). — Die den Bergbau betreffenden
MRechtshändel regelte ein Berggeſetz, ueraddıxog vouos, aus welchem Dem.
g. Pant. p. 976. 6. 35 f. folgende vier Fälle, welche ein Rechtoverfahren
nad fich zogen, hervorhebt: 1) wenn @iner einen Grubenbeflger aus feinem
Geſchäft vertreibt (sau zig sdeilAn wa Ts Epyaciag, vgl. 8kovAng dir),
2) wenn Einer Beuer anlegt oder Rauch in die Bruben leitet (gar zugn
ric, die frühere Ledart say Upayn zıc erklärte man vom Unterbrennen ober
Anzünden ber Zimmerung oder vom Feuerſetzen, um bie zur Unterflügung
des Berges dienenden Pfeiler wegzunehmen nachdem fle mürbe gemacht find),
3) wenn Einer mit gewaffneter Hand eindringt (dr Ori« Ennıpspy), 4) wenn
Einer außerhalb ver eigenen Grenzen einſchlägt oder einen Stollen in frembes
Gebiet treibt (Ay amınazazsurn 707 usrowr arzos). Diefe Klagen waren nad
Demoftbened’ Ausbrud in der Hauptfache Privatflagen, doch wird in dem einen
und andern auch eine öffentliche zuläßtg geweien fein, wo dann bie gang bie
Form mar unter welcher ſie angebracht wurde. Beiſpielsweiſe wird bie pyans
KARTE T09 VRopvTIOorTaOr 16 usraAAor, gegen die welche bie zur Sicherheit
und zur Bezeihnung der Brenzen ſtehen gelaflenen Bergfeften untergruben
und megbraden (wie Dipbilus bei Plut. vit. dec. orr. p. 843. D.), bei
Phot. s. v. gang und Bell. Anecd. gr. p. 315, 16. erwähnt. Weber bie
Klage welche entfland wenn Giner, ohne ber Behörde Anzeige zu madıen,
eine ®rube bebaute, f. unter ayompor uasaAlor. Alle diefe Bergwerfäpro:
ceffe wurben von ben Thesmotheten eingeleitet (Dem. g. Bant. p. 976. $. 34.
Bol. VIII, 88.) und gehörten zu denen welche binnen Monatöfrift entſchieden
werden mußten (Dem. p. 966. $. 2.). Vgl. Bödh am a. D. ©. 128 fl.
Meier im Att. Proc. S. 537 f West.)
Ueber da8 Bergwefen der Alten überhaupt f. Montes.
Metalla, nämlid) in metalla damnatio war eine in der röm. Kaiferzeit
4
Metalliuum — Metapontium 1891
für personae humiles erfundene Strafe und beftand aus mehreren Graven,
vorzũglich damn. in metalla und in opus metalli. Sie gehörte zur servitus
poenae, unter welden Art. das Nähere zu feben if. TR.]
Metalla (It. Ant. p. 84.), Stadt im SW. Sardiniens unmelt der
Küfle an der Straße von Tibula nad Sulci, unftreitig an dem noch jeßt nach
feinen @ifengruben benannten Monte Ferro, In der Begend von Igleflas. [F.]
Metallinum, ſ. Metellinum.
Metallum, ſ. Matalia.
Metanastae, f. Jazyges.
Mietalnesus, ſ. Megalossus.
Metanira (Merwrepe, bei Pauf. I, 39, 1. Meyareıoa), Gemahlin
bed Keleus (f. d.), dem fie die Kallidike, Kleifidike, Demo und Kallithoe
(nad Pamphos bei Pauſ. I, 38, 3. Diogeneia, Bammerope, Säfara) gebar.
Bei ihr Tehrte Demeter, eingeladen von den Töchtern, in Geftalt einer ehr⸗
würbigen alten Fran ein. Met. nimmt fie ehrfurchtsvoll auf und gibt ihr
ihren jüngflen Sohn Demophoon (ver gerade Eranf war, Ovid Fast. IV, 512.
Auch Keleos oder Triptolemos wird er genannt, 1.1.550. Heyne zu Apollod.
1, 5,3.) zu hüten. Sie nährt ihn mit ihrer Dil, falbt ihn mit Ambrofla,
und legt ihn des Nachts ind Feuer um ihn unflerblid zu machen. Metan.
belaufcht fie, thut einen Schrei und flört dad Ganze (Ovid Fast. IV, 5595.).
Unmillig gibt die Göttin fi zu erkennen, gebietet den Bau eines Heilig⸗
thums und verläßt dad Haus des Keleod. Der Knabe ſelbſt wurde nad
Apollod. I, 5, 1. vom euer verzehrt; zum Erfage gab Demeter dem ältern
Sehne we Waizenſaat und einen mit geflügelten Drachen befpannten
agen. .T.
Metäpa (Mstana), nah Polyb. V, 7, 8. eine Stabt im W. Aeto⸗
liens, melde daher Steph. By. p. 462. fhon nach Acarnanien ſetzt. Da
fle aber nah Bolyb. 1. 1. an den am nöÖrbliden Ufer des Sees Trichonis
binführenden Päffen und 60 Stad. ſüdweſtlich von Ihermum Tag, fo gehört
fie nad) Metolien. Sie wurde nad: Polyb. V, 13, 8. von König Philipp EI.
serflört. Kruſe Hellas I, 2. S. 254. ſucht fie an der Stelle von Medenico
(vgl. auch Pouqueville Voy. III. p. 196.); Xeafe North. Greece I. p. 190.
aber wagt ihre Lage nicht näher zu beſtimmen. [F.]
Metapinum GOstium;, {. Rhodanus.
Metapontiam (Mezunortor, Ihuc. VII, 38.57. Scyl. p. 59. Strabo
V, p. 222. u. öft. Ptol. IH, 1, 12. Bauf. VI, 19, 8. Guſtath. zu Dion.
Ber. p. 65. Huds. Sieph. Byz p. 462. Birg. Aen. II, 540.) oder Me-
tapontum (bei den Römern, 3. B. Melall, 4,3. Plin. II, 10, 1%. XIV,
1, 2. Juſtin. XU, 2., die Einmohner Meremorto, Herod. IV, 15. Dion.
Ber. v. 368. Pauſ. u. Steph. Byz. 11. I.; Metapontini, Liv. XXVII, 51.
u. ſ. m., auch auf Münzen bei Rafche IN, 1. p. 616. Meranorziswr), eine
bekannte griedhifhe Stadt an ber Oſtküſte Lucaniend (oder dem Sinus Ta>
rentinud) und der Grenze von Apulien (nah Strabo p. 255. 265. in dem
tie Grenze zwiſchen Altitalien over Denotrien und Japygien bildenden Die
ftrifte Metapontine), welche nach Antiohus bei Strabo p. 265. (vgl. Steph.
Byz. 1. 1.) früher Metabum (Meraßor) Hieß, und über deren Gründung fehr
verfchiedene Sagen gingen. Die Einwohner feldft gaben fle für eine Anlage
der mit Neftor von Trofa zurückkehrenden Pylier aus, mußten aber Eeinen
andern Grund dafür anzuführen als das dort gefelerte Todtenfeſt der Neleiden
(Strabo 1. 1.); nad Ephorus bei Strabo 1. I. aber mar Daulius, der Be»
berrfcher von Eriffa bei Delphi, und nah Juſtin. XX, 2. (vgl. auch Ariflot.
mir. ausc. p. 729.) Epeud, der Berfertiger des Trojan. Pferdes ihr Gründer
(weshalb auch die Einwohner in dem Minervatempel’ vor der Stadt den
Frenden die Werkzeuge, womit er jenes Kunſtwerk hergeſtellt, zeigten). Na.
1892 Metäris Acıtaarlam — Metölls
Strabo 1. 1. wurbe fle fpäter von den Cingebornen (den Samnitm, wie er
fle nennt) zerflört, aber auf Betrieb der Ehbariten von einem Haufen Achäer
unter Leucippud wiederhergeſtellt, weshalb M. bei Scymn. v. 326. u. Liv.
XXV, 15. auch eine achäifhe Stadt heißt und von Einigen als Kolonie von
Sybaris angefehen wird (vgl. Raoul Rochette II. p. 39.). Zur Zeit des
Pyrrhus mußte es fi der römifchen Herrſchaft unterwerfen, fiel aber nad
der Schlacht bei Bannä zu den Garthagern ab (Liv. XXI, 61. XXV, 15.
vgl. XXVII, 16.) und feitvem verſchwindet es aus der Geſchichte, wenn auf
bie fpäteren Geographen die Stadt no nennen und z. B. Plin. XIV, 1, 2.
einen Tempel ber Juno mit Säulen aus Weinteben [?] daſelbſt erwähnt.
Da fle nur einen ſchlechten Hafen hatte und an keiner Heerſtraße lag if ihr
Sinken leicht eiklärlich. Wir wiffen nicht wie fie untergegangen, unb fon
Pauſ. VI, 19, 8. wußte es nicht und kannte nur noch ihre Muinen (de
Theaters und der Mauern), die ſich auch jetzt noch (befonders in zwei Reiben
uralter Säulen) etwas nörblid von der Mündung des Baflento in einiger
Entfernung von der Küfte zeigen. Vgl. Swinburne Reife durch beide Sieilien
I. ©. 337. und Metaponte par le Duc de Luynes et F. J. Debacq, Paris
1833. fol. Wir beflgen von ihr noch eine große Menge von Münzen (vgl.
Raſche IH, 1. p. 601—620.). [F.] |
Metäris Aestuarium (Meraois eioyvars, Ptol. 11, 3, 6.), eine Budt
an der Oſftküſte des römifchen Briianniens, zwiſchen dem Tameſa Aeſtuarium
und der Mündung des Abus (j. Humber). unftreltig die große Ginbucht die
jetzt the Wash Heißt und in welche fih mehrere Keine Küftenflüffe münden. [ F.]
Metasöris (Mer«owgıs, Scyl. p. 32.), ein fonft unbekannter Fluß
im Gebiete der Melandläni im aflatifden Sarmatien. [F.]
Metator, ſ. Mensor, ©. 1827. j
Metauxum (Mela II, 4, 8.), eine nah Solin. c. 8. von ben Gin
wohnern Zanfle'3 auf Sicilien gegründete Stadt (nah Strabo VI, p. 256.
blos eine Hafenbucht) an der Weſtküſte von Bruttium und ber Mündung bed
3. Metarus, von der ſich jegt Eeine Spuren mehr finden. [F.]
| Metaurus (Meravpog), 1) ein Kleiner, aber dur bie Niederlage und
den Tod des Hasorubal an feinen Ufern berühmt geworbener Fluß Umbriene,
ber zwiſchen Fanum Sortunä und Genogallia ins adriat. Meer mündete
(Strabo V, p. 227. Mela II, 4, 5. Blin. II, 14,19. Hor. Od. IV, 4, 38.
Silius VIII, 405. Lucan. II, 405. Eutrop. III, 18.); noch j. WMetaro.
Bon ihm führten nah Blin. IE, 14, 19. fowohl die Einwohner von Ti⸗
fernum als von Urbinum den Beinamen Metaurenses. — 2) ein Zluß an
der Oftfüfle Brutiiums unweit Medama, vor beffen Mündung, an welder
bie eben genannte Stadt gegründet war, vie Aeoliſchen Infeln Tagen (Strabo
VI, p. 256. Plin. 111, 5, 10. 8, 14.), j. Marro. Nah der gewöhnliden,
jedoch fehr verbächtigen Lesart bei Strabo 1. 1. hätte ed an derſelben Küfte,
nur ein wenig füplidder, unweit ber Stadt Taurianum noch einen zweiten
Buß deſſelben Namens gegeben. Vgl. jedoch Cluver Italia ant. IV, 19.
p. 1293. Groskurd zur angef. Stelle I. S. 448. vertheidigt die Annahme
eines doppelten Metaurus in Bruttium, und hält ven nörblihern (bei Me
bama) für den heut. Metramo, den ſüdlichern (bei Taurianum) aber für ben
Marro. — 3) f. Mataurus. [F.)
Metäum (Msr«or), nad Hellanicus bei Steph. Byz. p. 462. eine vom
Tyrrhener Metad gegründete Stadt auf Ledbos, die fonft Niemand kennt. [F.]
Metölis (MernAis, Ptol. IV, 5, 47. Steph. Byz. p. 463.), ein Dri
in Unterägypten zwiſchen der bolbitenifhen und jebennytiihen Nilmündung,
Saupiftabt des Mentelites Nomos (MeszrAizns Nouog, Ptol. ibid. Plin.
V, 9, 9.), nad Steph. 1. 1. fpäter Bags genannt. Nach d'Anville Mem.
‚sur l’Egypte p. 77. u. 9. (vgl. Champollien ’Egypte I. p. 238.) hat
Miete — Meihöne 1893
heut. Fouah, nah Andern aber die von Niebuhr I. S. 56. beim Dorfe
Abu-Mandur etwas ſüdlich von Mofette gefundenen Auinen. [F.]
Metelll, |. Caecilia gens, Bd. II. ©. 22 ff.
Metellinnum (It. Ant. p. 416.) oder Metallinum (Metallinenses,
Pin. IV, 21, 35. vgl. Geo. Rav. IV, 43.), nah Plin. 1. 1. eine römiſche
Kolonie in Lufltanien, nicht weit von Auguſta Emerita, am Anas; das heut.
Mevellin, welches aber am linken Ufer des Guadiana Tiegt, fo daß bie alte
Stadt nah Bätica zu fliehen kommen würde; weshalb man annimmt daß
der Strom feinen Lauf verändert habe und früher ſüdlich von der Stadt
gefloffen je. Wal. Solano Hist. de Medellin. p. 7. [F.]
Metereösa (Mersoxwor, Ptol. I, 6, 57.), Stadt der Carpetaner
in Hifyania Tarraconenfld; nicht näher „u beflimmen. [F.]
Methaecus (Medcınos), aus Sicilien, nah Suidad (s. v. vgl. Eudoe.
p. 304.) Verfaſſer von öwagrvrra, xvrnysrna u. A. Auch Athen. erwähnt
ein von ihm in borifher Mundart geſchriebenes Werk über die Kochkunſt,
betitelt Owyagrvrınog (VII, p. 282. A. 325. F. XII, p. 516 C.), während
er III, p. 112. D. von demfelben eine Owoznua Zixelınn anführt, was
vielleicht daſſelbe Werk oder doch ein Theil deſſelben war. [B.]
Methäns (M:dare, Scyl: p. 17. Polyb. IE 52. Strabo VII,
p. 374 f. Pauſ. II, 34., bei Ptol. III, 16, 12. Mednmm, bei Thuc. IV, 49.
in einigen Handſchr. auch Medwın, vgl. Strabo 1.1. u. Steph. Byz. p. 452.
und daher nah Strabo fon von den Alten feloft biawellen niit Methone
in Macebonien verwechſelt), eine alte Stadt in Argolis auf der ihr gleich⸗
namigen, Aegina gegenüber und oberhalb Trözene weit ind Meer hinaus⸗
sagenden Halbinfel (Strabo, Pauf. u. Ptol. 1. 11.), mit einem Kaflel auf
einem fleilen Berge, der durch vulkaniſche Ausbrüche entſtanden ſeyn fol
(Strabo I, p. 59.), und an deffen Fuße die £leine Stadt Tag, die einen -
Tempel der Iſis Hatte (Pauſ. I. 1.). Der Ort, den au SHierocl. p. 646.
noch kennt, ift immer noch unter dem Namen Methana ober Mitone vor»
handen und zeigt einige Ruinen. Vgl. Bouquerille IV. p. 143. Xeafe
Morea Il. p. 453 ff. u. Peloponn. (Nachträge dazu) p. 278. Boblaye
Rech. p. 57. [F.]
Methäpus (Medanos), ein Athener welcher nad der Sage den Ka⸗
birendienft in Thebe einführte und vie Myfterien der großen Göttinnen zu Uns
dania läuterte, Bauf. IV, 1,7. Bol. Welder, Aeſch. Tril. S. 270. [W.T.]
Metharme (Msdapun), Tochter des Pygmalion, Bemahlin des Ki⸗
nyrad, Apollod. III, 14, 3. [W.T.
Mednuepivns Sinn, blos von Bol. VIIL, 31. genannt. Meier im
Att. Proc. ©. 533. bezieht diefelbe auf Vermietung von Sclaven. |West.]
Methodiei, ſ. oben S. 1699 f. und Sprengel, Geſchichte d. Arzneit.
il. p. 28 ff. 56 ff. der 3. Ausg. Vgl. Proſp. Alpin. De medicina metho-
dica Libr. XIII. Lugd. Bat. 1719. 4. Werlbof Diss. de medic. sect.
ınethod. eiusque usu et abusu, in beifen Opuscc. ed. Wichmann. T. 1. zu
Anfang. Adermann an dem Bd. III. S. 122. angef. Orte p. 36 ff. [B:]
Methöne (Medorn), 1) eine Stadt an ber Sünmeflfpige Meffeniens,
die Einige für dad Pedaſos Homers (N. 1, 152.) bielten (vgl. Strabo VIII,
p. 359 f. Bauf. IV, 25, 1. u. Schol. Ptol. III, 16, 7.), die aber unter
ihrem eigentliden Namen erft feit ven Deffeniichen Kriegen vorfommt. Nach
den zweiten dieſer Kılege wurben von den Spartanern Naupfienfer in’ ihr
angefebelt (Pauf. IV, 24, 2.) und fie erfcheint von ba an als eine wenig
bevölferte und mit ſchlechten Mauern verfehene lacedämoniſche Stadt (Seyl.
p. 17., ver fie wie Bauf. I. IL. IV, 3, 6. u. 18, 1. Moor nennt, und
Ahur. U, 25.) mit fehr gutem Hafen, der durch eine Reihe von Klippen
1894 Methöre — Methydrlam
gebildet wird, unter welchen die größte Mothon hieß, von welcher na Pauf.
IV, 25, 1. die Stabt ihren Namen hatte, ven man gewöhnlich von ber Mo⸗
tbone, einer Toter des Oeneus berleitete (ibid.). Später wurde fle von
Agrippa erobert, der hier den mauritan. Fürften Bocchus, welcher ber Partei
des Antonius gefolgt war, tödtete (Strabo 1. 1.). Xrajan ſchenkte ihr die
Freiheit und eine Verfaffung nach eigenen Gefegen (Bauf. 1. 1.). Ihr guter
Hafen machte daß fie ſich ſtets erhielt (naher auch von Hierocles p. 647.
noch genannt) und daß fie noch unter dem Namen Motboni Mobon vor»
handen ik Bol. au Pauſ. VII, 1, 1. Mela II, 3, 4. Plin. IV, 5, 7.
u. A. Ueber ihre Lage und Muinen vgl. Pouqueville V. p. 119 f. Leafe
Morea I. p. 429 ff. Boblaye Rech. p. 113. u. Exped. scientif. I. p. 11 ff. -
— 2) eine grieh. Stadt (Scyl. p. 67., und zwar nach Plut. Qu. Gr. c. 11.
eine Kolonie ber Eretrier) an der Küfte Macedoniens in Pierta am ther-
mäifhen Meerb., 40 Stab. norböfll. von Pyona, die erft König Philipp, ver Ä
dei ihrer Belagerung ein Auge verlor, der macebon. Herrfhaft unterwarf
(Diod. XVI, 34. Strabo VIE, p. 330. VII, p. 374.). Sie wurde nah
ihrer Eroberung von Philipp zerftört (Strabo IX, p. 436.*) unb ihre
Ländereien unter die Macedonier verihellt, muß fi aber doch als unbebeu-
tender Drt erhalten haben, da file Strabo p. 330. noch unter den Sıädten
Macedoniens aufführt. Vgl. auch Thuc. VI, 7. Demoſth. Olynth. I, an
mehreren Stellen. Steph. Vyz. p. 453. uw. U. Jetzt Elefihero-khort, vgl.
Zeafe North. Greece III. p. 435 f.. — 3) eine ſchon von Homer I. IT, 716.
genannte Stadt Theflaliend, pie auch Scylar p. 66. Strabo IX, p. 436.
Blin. IV, 9, 16. und Solin. c. 14. als eine Stadt in Magnefla aufführen,
über deren wirkliches Vorhandenſeyn in hiſtoriſcher Zeit und alle Nachrichten
abgeben, die aber deshalb nicht (mie es von Solinus geſchieht) mit dem
macebonifchen M. verwechfelt werden darf, da Scylax beide ausprüdlich unter»
ſcheidet, und dieſes M. zwiſchen Joleus und Korakä, fo mie Plintus zwiſchen
Pyrrha und Olizon nennt. [F.]
Methöra (Medop«, Arrian. Ind. 8. Plin. VI, 19, 22.), eine Stadt
der den Praflern (alfo dem König Sandrocottud) untermworfenen Surafenä
in India intra Gangem, nad Plin. an der Mündung des Jomaned in ten
Ganges, und nad Arrian. beſonders durch die Verehrung des Herkules be⸗
rühmt, alfo unſtreitig diefelbe Stadt melche Ptol. VII, 1, 50. Modrvon 17;
zor Banv nennt, over dad heut. Mathura, die heilige Stadt bes Krishna,
an der Jamuna. Vgl. Laſſen, Ind. Alterth.⸗K. I. ©. 127. [F.
Methorici, nad Plin. VI, 23, 25. Bewohner einer Wüſte in der Nähe
Gedroſiens und Indiens, nach Harbuin der Wüſte von Aut in Gebroflen. [F.]
Meihurkdes, nah Blin. IV, 12, 19. vier Eleine Infeln im Sinus
Megaricus. Steph. Byz. p. 492. nennt nur eine Infel Methuria (Medovoie),
wahrſcheinlich die größte unter ihnen, und ftellt fie in pie Nähe von Trözen (?)
zwiſchen Negina und Attica. Bol. VBouquerille IV. p. 60. [E.
Methyärium' (Medvöoıor), 1) eine Eleine Stadt Arcabiend an der
Straße von Olympia nah Orchomenus (Bolyb. IV, 10.), 4', g. M. von
Megalopolis und 3 g.M. von Mantinea, melde ihren Namen daron führte
weil ihr Gründer Orchomenus fle auf einen fleilen Felſen zwiſchen den Fluͤß⸗
hen Maldtas und Mylaon erbaut hatte (Pauf. VII, 36, 12.). Cie ge-
»® Daß Strabo hier bad von Philipp zerſtörte M. eine thraciſche Stadt nennt,
berechtigt noch nicht dazu, mit Brostard II. ©. 237. ein doppeltes M., in Mace:
bonien und Thracien, anzunehmen, und zu. glauben baß bei Strabo nad) zac Oen-
xias Medayns bie Worte sas vs Mansdornns ausgefallen feyen. Wenn au
Steph. Byz. p. 452. ein thracifches M. neben dem macebonifchen erwähnt, fo gibt
fi dieß fchon dadurch als einen Irrthum zu erkennen daß er für bas thrakiſche
blos jene Stelle Homers anführt, in welcher offenbar das theſſaliſche M. gemeint if,
Methylins — Metilis gen: 1895
börte urfprünglich zum Gebiete von Orchomenus, und erhielt ſich auch nad
Anlegung von Megalopolis 2 ein zum Gebiete vieſer Hauptflabt gehöriges
Landftänthen. Strabo VIII, p. 388. zählt e& ſchon zu den balbwergeffenen
Ortſchaften, und Ptol. gebenfr feiner nit mehr. (Det. auch Thuc. V, 58.
Zen. An. IV, 1, 27. 6, 20. Pauſ. VIII, 3, 1. 12, 1. Steph. By. p. 432.
Bin. IV, 6, 10.). Nah Pouqueville IV. p. ‚320. bie Auinen von Nie
niga, nad) Leake Morea I. p. 57 f. und Roß I. S. 116. die unweit diefer
gelegenen Ruinen Pyrgako bei Pyrgo, nad Boblaye Rech. p. 151. die jetzt
Valati genannten Leberrefte, °/, St. von den vorigen. Dal. auch Xeafe
Peloponn. (Nadträge zu feinen Travels in the Morea) p. 200. [F.]
Methyläus, ‘Arbeiter in Moſaik auf der grieh. Inſchr. einer Mofait
in Nidmes, f. Manicus u. R. Rochette Lettre etc. p. 352. ed. 2. [W.]
Methymna (Medvura, Scyl. p. 36. Liv. XLV, 1 MrOvuse,
Thuc. II, 2. Strabo XIH, p. 618. Bauf. X, 19. Ptol. V, 2, 29. Mela
11, 7, 4. Blin. V, 31, 39. Stepb. Byz. p. 464., die Sinw. en
fon bei Herod. 1, 23. 151. Mn&övuraioı Hei Thuc. III, 18. VI, 85.
vil, 57 u. f. w.*), die nörplichfle und nächſt Mitylene einft die bedeutendſte
Stabt der Infel Lesbos ** an der Nordküſte, dem Prom. Lectum und der
Küfte von Affus gegenüber, mit eineni geräumigen Dafen (Zen. Hell. I, 2,
. 42.), aber fhon feit dem Peloponn. Kriege, wo fie DI. 93, 2. von den
Spartanern geplündert wurde, fehr herabgefommen (Xen. n l. u. Diod. XII,
76.). Sie war die Vaterſtadt des Geſchichtſchreibers Hellanicus und bes
Sängers Arion (Strabo 1.1.) und in ihrer Umgegend befonderd wuchs ber
treffliche Iesbiihe Wein (Ovid. A. A. I, 57. Hor. Sat. II, 8, 50. Birg. Geo.
I, 90. Gell. XI, 5. *). Jetzt Molivo (vgl. Pocode II. ©. 26f.). [F.]
Metiadüsa (Mrtıi@dovor), Tochter des Cupalamos, Gemahlin von
Kekrope II. Apollod. IN, 15, 5. [W.T.]
Metia gens, ſ. Mettia gens.
Metibi (Meraßo:, Ptol. V, 9, 18.), Völkerfhaft in Sarmalia Asialica
auf dem Gebirge Korar an ber Norbofkküfte des Pontus Euxinus. [F.]
Mnriyov (Mnuogov) xaAlior, zo, heliaflifher Gerichtshof in Athen,
f. Judicia ©. 369. Vgl. den folg. Art.
Metichus, ein Freund bed Pericles (Blut. Praec. reip. ger. c. 15.),
Redner und Architect (Phot. Lex. 268, 3. Lex. Rhetor. 309, 17.), von
weldem der von ihm erbaute Gerichtöhof Mrzıyeior in ziden feinen Namen
hatte (Pollux VII, 121.). Baſt, Ep. crit. p 159. Schömann de sort. jud.
p. 33. Ofann im Kunfibl. 1832. Nr. 75. wollen Mnzinyos freiben:
Fritzſche aber de sort. jud. p. 81. vertheivigt Mnzıyos als die alltägliche
zufammengezogene Form, welche fo gut griechiſch n wie Mytioxoc. R. loie⸗
chette Leitre a M. Schorn p. 353. 2. Ausg. IW.]
Metilia gens, ee .
1) (Sp. oder M., f. Alfchefäfi zu Liv. I, p. 454.) Metilius, im Jahr
338 d. $ (416 v. Gr.) abweſend zum dritten Mal zum Bolfstribun ers
nannt, ſucht mit feinem Collegen Sp. Maecilius ein radikales Ackergeſetz
durchzuſuͤhren, ſcheitert aber an der Interceffion von ſechs Eollegen, Liv. IV, 48.
"® Die Münzen zeigen beide Schreibarten, die aͤltere mit e umd bie fpätere mit 7,
außerbem aber auch noch eine dritte mit & (nach der Aolifchen Ausſprache). ©. Eckhel
Poetr. num. P, I. Vol. II. p. 502. u. Num. vet. anecod, II. p. 236. Raſche Lex.
4. 1. p. 626, u, vgl. außerdem Wall. ad Thuo. III. 2. u, Tiſchukke ad Melae I. J.
Vol. IH. P. 2. p. 590. [F.
© Doper wird fie von ber Mythe Gemahlin des Lesbos (und Tochter bed Makar)
, genannt, fe Died, V, 81. Steph. 8. sv. [W.T.
*® Daher hieß” Dionpſos auch ñ Mnövuraioc, was Pint. Symp. 3, 2. und
Wehen. VIII, p. 363. B. mit „Hu In Bufemmeubang Bringen. [W.T.
1896 Metilia gens
2) M. Metilius, Volketribun im I. 353 d. St. (401) und als fol-
her einer ber Anfläger des Sergius und Verginius wegen ded Verluſts von
Bel, Liv. V, 11
3) M. Metilius, Volkstribun im I. 537 d. St. (= 217), nimmt fi
des Mag. Eq. Minucius lebhaft an wider den Dictator Fabius Bunctator,
Plut. Fab. 8. 9. Liv. XXI, 25., wo jedoch Alſchefski M. Metellus auf>
genommen bat.
4) Ti. Metilius Croto, im 3. 539 d. St. (— 215) vom Brätor Ap-
pius Claudius Bulder nah Sicilien geſchickt um das dort flehende Heer
nad Italien herüberzuholen, Liv. XXIII, 31., wo jetzt Alihefafi nad) feinen
beffern Codd. Maecilius in den Text gefeßt bat. Auf ihn beziehen J.
Sminton (Metilia, s. de qvinario gentis Metiliae e nummis vetustis, Oxon.
1750. 4.), Borghefi, und Niccio Monete p. 146. eine Siegedmänze mit ber
Inſchrift Crot.
5) M. Metilius, im 3. 542 d. St. (=512) vom Senat mit Befchlen
- an die Goff. (im Felde) abgefandt, iv. XXV, 22. .
6) M. Metilius, mit L. Annaeus Aedil im J. 723—31 v. Chr. Fasti
bei Sruter p. 299. col. 1.1. 21 v. u. und col. 2, 1. 18 v. 9. VBgl.
Murat. p. 294. °
7) P. Metilius Secundus, Coſſ. suff. im I. 844 d. St. —Y1 n. Ghr.
unter Domitian, Fasti cons.
8) Metilius, röm. Statthalter in Ierufalem melden bie Juden bei einem
Aufftand, worin fle die röm. Beſatzung niederhieben, nur darum verſchonten
nel er Ide zu werden und fi beſchneiden zu laſſen gelobte, Joſeph. b.
ud. II, 18.
9) M. Attilius Metilius Bradua, &of. im I. 861 — 108 ımter Trajan,
Fasti cons. u. Inſchrr. bei Gruter p. 23, 7. 9. 65, 7. (wo er M. Atil. Me-
tellus Br. heißt). 1082, 15. (M. At. Br.)
10) P. Metilius Secundus, Leg. Aug., Pr. Pr., beforgte im I. 877 —
124 n. Chr. auf Hadrians Befehl die Anlegung der Straße von Garthago
na Idpen⸗ (stravit per leg. III Aug.), Muratori p. 2008, 3. Orelli
r. 3964.
11) M. Metilius Regulus, &of. im 3. 910-157 n. Chr. unter Anto⸗
ninus Pius, Fasti cons. Ein Reſcript des Divus Pius an einen Maecilius
(wohl iventif$ mit dem Gegenwärtigen) erwähnt Dig. XLVIII, 18, 15. $. 1.
Seine Schwefter Regilla war an Herodes Attikus vermählt, wurbe aber von
dieſem mißhandelt, daher der Bruder feinen Schwager vor dem Senat ver-
tlagte, aber dabei durch Prunfen mit feinen Ahnen fih Täherlih machte,
Philoſtr. Soph. II, &
12) P. Metilius Eutychus, auf einer Inſchrift aus dem I. 918 Hei
Gruter p. 180, 1. als einer der zehn Magistri fontis Lolliani zn Rom ge=
nannt. Vgl. Bruter p: 94, 9.: P. Mevius (?) Eutychus aediculam resti-
tuit Sebetho (aus Neapel).
13) C. Metilius C. Fil. Pomp. Marcellinus, Eq. R. Eq. P., iudex ex
V. Dec. inter selectos, IIvir, Q. Q., Flam. divi |Trai., patron. collegiorum
omnium, patronus Colonias Foroiuliensium, patronus causar. fidelissimus
. colleg. Fab. Dert(onensium), Murat. p. 1108,.4.
Ein Bradua war im $. 938 (—185 n. Chr.) unter Commodus nad
ben Fasti cons. Coſ., doch iſt dieß wohl fein Metilius fondern der M. Vale -1
rius Br. Mauricus der es im I. 944 wieder wurde und an welden daß
Dig. XXVI, 10, 1. $. 4. erwähnte Mefeript des Antoninus und Severus
gerichtet war.
Auf Inſchriften werden genannt: L. Metilius Herm. (aus Mebiolanım),
Grut. p. 749, 9. und P. Metilius Pal. Theseus Aurelianus eqvo publico
“
— —
— a — _
Metina — Metita 1807
esornatus (au8 Nom), ®r. 553, 6. M. Metilius Agrippa, Metilius Eros,
M. Metilius Euporus (Rom), Dur. p 1267, 3. A. Metilius Alexander u.
A. Metil. Demetrius (Rom), Dur. p. 1548, 9. Metilia A. Metili Meropis
L. Auge ($lorenz), ib. 1711, 9. 1781, 12. A. Metilius Eros ib. 1711,
10. M. Metilius M. F. Ter. Rufus, pr. procons. provincia Achaia, fetialis,
curator viae Aureliae, Legatus Aug. ib. 722, 7. (beide aus Florenz). M.
Metilius Siculus III vir, trib. mil. leg., ib. 835, 3. (au8 Ticinum). P. Me-
ulio P. F. Pal. Tertullino, civi Aurelian. (Orleans), Qvaestori des., pa-
trono plebs urbana Albigaunen. L. D. D. D., ib. 1031, 4. L. Metilius
L. F. Fructus VI vir Tolent., ib. 1087, 4. M. Metilius P. F. Man-
cilius, Veteranus ex leg. XXI. (Düffeldorf). Reineſ. Synt. VIII, 31. [W.T.]
Auch auf einer Scherbe des Leidner Muſeums ift ein Toͤpfer Metilius
genannt, f. Iannfen, Mus. Lugd. Inscrr. p. 143. [W.]
Metina (Plin. II, 5, 11.), eine Keine Infel: in der Mündung bes
Rhodanus, die fich nit genau beflimmen läßt, da Plin. ſelbſt der Rhone
drei Mündungen gibt und mehrere Kleine Infeln in dieſen Mündungen liegen.
Mannert II. S. 110. Hält fie für Jamatan, die Statist. du Dep. des Bou-
ches du Rhöne II. p. 184. für Marfeilds oder Lorento. Andere Anfichten
f. bei Ufert I. 2. ©. 460. [F.]
Metiöche (Mrzoyr), 1) f. Menippe Nr. 4. — 2) eine Troerin,
welche von Polygnot in ver Lesche von Delphi gemalt war, Paufan. X,
26, 2. [W.T.]
Metöchus (Mrzioyo;), 1) Sohn des DMiltiades, Herod. VI, 41. —
2) f. Metichus. [E.]
Metien (Mrior), Sohn ded Eredhtheus und ber Prarithea (Pauf.
11,6,9. Apollod. III, 15, 1., nach Diod. IV, 76. des Erechth. Enkel u. Sohn
des Eupalamos), vermählt mit Alkippe (Apollod. IH, 15, 8., nah Schol.
zu Soph. Oed. Col. 468. mit Iphinoe) und durd file Vater des Daedalos
(Diod. 1. 1. Plat. Jon. p. 533. A.) oder des Eupalamos (der dann erfl
Bater bed Daed. geworben wäre, Apollod. IH, 15, 8.) und, nad flfgoni-
ſcher Sage, des Sikyon (PBauf. II, 6, 5.). Seine Söhne, bie Metioniden
(Bauf. VII, 4, 5.) vertrieben ihren Better Pandion vom attifhen Throne,
wurden aber von deflen Söhnen felbft wieder verjagt, Pauf. I, 5, 3. Apollod.
111, 15, 6. [W.T.]
Metiosödum, ein von Cäſ. B. G. VII, 61. erwähnter Ort in Gallia
Lugdunenfis, an welcher Stelle aber vielleicht richtiger Melodunum (f. oben
S. 1748.) -gelefen wird. Vgl. Recueil de divers écrits servant & I’hist.
de France I. p. 199. und Ufert IL, 2. ©. 477. [F.]
„ Metis (Mix), 1) die Klugheit, Tochter des Okeanos und ber Tethys.
Gie gab dem Kronos ein Brechmittel ein daß er feine verſchlungenen Kinder
wieder von fich gab, Apollod. I, 2, 1f. vgl. Hei. Theog. 471. WM. war die
erfte Selichte und Gemahlin des Zeus, welchem fle fi zuerfi durch Verwand⸗
lungen zu entziehen gefucht hatte. Sie (nach Heſ. Th.891. vielmehr Uranos und
Gey) weiſſagte dem Zeus daß fle zuerft ein Mädchen gebären werde, dann
einen Knaben welchem die Derrfchaft zufallen werde. Um bieß zu vereiteln
verſchlang Zeus fie als fie mit Athene ſchwanger war (die Weisheit iſt num
ind Innere des Zeus aufgenommen, er bat daber für feine Herrihaft Nichts
mehr zu fürdten), Apollov. I, 8, 6. Heſ. Theog. 886. In ver allegori«
firenden Mythe in Plat. Symp. p. 203. B. ift Poros Sohn ber Metis. —
2) Als Masc. ift M. neben Phanes, Erikapäos ıc. das perfonificitte Zeu⸗
gung&princtp der Orphiker; f. frgm. Orph. VI, 19. VIII, 2. [W.T.]
Metiscus, Wagenlenfer des Turnus. Virg. Aen. XI, 469.
Metita (Merura, Ptol. V, 7, 9.), Stabt in Cappadocien am Cu⸗
phrat. [F.]
Vauly, Reallänchelop, IV. 120
1898 . Metoımoı
Meroıroe, die In Athen anfäßigen Fremben (Edroı uerowmor, Earoı,
vol. Diod. XIII, 97. zovg wsroinovs nal or aMlwr Earor tovg Bovio-
Hbroug ovraywnrioeoder, Barpofr. s. v. ueromor' ueromog sorır 6 €&
ETEous NOAEWS uEtomdy &9 Eripux nal um nuog OAlyor ws Seros Emönunr,
alla my oinnav avrohh naranmoaueyos) oder Schutzverwandten. Immer»
bin kann man mit Wachsmuth Hellen. Alt. I. S. 474. 2. Ausg. Solon
als ven Lirheber ver beflimmten Geftaltung des Standes der Metöfen an-
ſehen, ohne unmwahrfcheinlih zu finden was Blut. Sol. 24. berichtet, daß
verfelde denen welche auf Lebenszeit aus ihrem Vaterlande verbannt ober
ala Gewerbtreibende mit ihren Familien ſich nad Athen überflevelten, das
Bürgerrecht verliehen babe; nur wird dieſe Beflimmung nicht mit Plutarch
ala ein fürmliches für alle Zeiten geltendes Geſetz (rouos), ſondern als eine
einmalige für den damaligen Zeitpunft der Gefeßgebung berechnete Maßregel
zu betrachten feyn, darauf gerichtet, frifche Kräfte berbeizuziehen und aus den
geeigneten Elementen eine neue Bürgerfchaft als Zräger der neuen Berfafuug
zu ſchaffen. Diefelbe Maßregel ergriff unter ganz gleichen Berhältniffen wie-
der Kliſthenes (Arift. Polit. III, 1, 10. moAAovs Eypvisrevoe Eerovs zu
SovAovg ueroinovg, über welche Stelle f. Hermann Lehrb. d. Staatsalt. $. 111,
15.), und unter verfchledenen, doch gleichfalls auf Erfegung des Abgangs an
bürgerliden Elementen gerichtet, Eehrt fle wieder am Ende des peloponnefliden
Krieges (Oiod. XI, 97.) und nad der Schlacht Hei Chäronen (Ruf. geg.
Leofr. 6. 41. Put. vitt. dec. orr. p. 848. E.). Die Anzahl der Metöfen
zu Athen war ziemlich bedeutend: die Wolkszählung welche Demetrius Pha⸗
lereus DI. CXVII, 4. 309. veranftaltete ergab 10000 erwachſene Männer
(Athen. VI, p. 272. C.), im Ganzen alfo Frauen und Minverjährige mit
eingereinet gegen 45000 (vgl. Bödh Staatsh. I. S. 38 ff.). In ihren
Händen lag vornämlich Handel und Gewerbe, und als folhe betrachtet fe
Ken. d. redit. 2. als eine fehr nützliche Klaſſe, und macht verfienene Vor⸗
ſchläge um ihre Zahl zu vermehren, welche jedoch Feine Beachtung gefunden
zu baden feheinen. Ihre directe Abgabe, dad Schutzgeld, ueroimor (Sera
rereiv, Dem. 9. Bubul. p. 1309. $. 34.), war nur gering, 12 Dramen
—
jaͤhrlich, Wittwen zahlten nur die Hälfte, und auch dieſe nicht wenn ein Sohn
ba war welcher zahlte (Harp. s. v. nezoimor). Außerdem murben fie bei
ber Bermögenfleuer, eispope, zugezogen, und zwar nad Dem. g. Androt. |
vet GStaateh.
p. 612. 6: 61. mit dem ſechſsten Theile des Vermögens, was B
MH. S. 77. vom Anſatz des Steuercapitals verſteht (ſ. Bd. II. S. 247.), und
hatten ihre beſondern Leiturgien (ueroixo» Asırovpyiar, Dem. g. Lept. p. 462.
$. 18. Bekk. Anecd. p. 280, 1.), von denen ſedoch, außer den niedern
Dienlleiftungen der oragprpooie, Yöpıayopia u. mıaöngopie (Aelian. var. hist.
v1, 1. Bo0.111,55. Harp. u. Phot. s. v. Xaprpopor. Bekk. Anecd. p. 304,
27.), nur die zoonyie an den Lenäen (Schol. Arift. Plut. 954.) und bie
eorienıs (Ulp. zu Dem. g. Kent. 6. 15.) erwähnt werden, und von benen
fie, wie die Bürger von den ihrigen, entbunden werben Eonnten (Dem. ges.
Lept. p. 462. $. 20 f. vgl. Diod. XI, 43.); ja ausnahmemwelfe ward fogar
Breiheit vom Schutzgeld und von ver Vermögenſtener gewährt (Corp. Inser.
Nr. 87.). Bol. unter Asszovoyiaı. Zum regulären Kriegsdienſte, nur mit
Auonahme des Meitervienfted (Xen. hipparch. 9, 6.), waren fle gleich den
Bürgern verpflichtet, Zen. d. red. 2, 3. Dem. für Phorm. p. 946. ©. 6.
vgl. Boͤckh Staateh. I. S. 154. Rechtlich mußte der Metöt Hs Durch einen
Burger als rooorarrs oder Patron vertreten Taffen (Poll. VIEL, 35. Harp.
8. v. Xooorazng. Eilym. M. p. 124, 49.); verfänmte er dieſe Pflicht fo
unterlag er einer dffentliden Klage aroooraoiov (ſ. diefen Art.), deren
Bolge im Ball des Werluftes nah Photius und Suidas s. v. rwArzai ans
geblich Eonfiscation des Vermögens war. Diefelbe und überdies Berluft ber
4
,
_——
Meton — Metöpus 1899
Breigeit aber zog ihm bie s Ainmaßung bürgerlicher Be 3. B. Verheiratung
mit einer Bürgerin zu (Dem. g. Neär. p. 1350. er: den legteren au
Nichtzahlung des Schutzgeldes (Dem. g. Ariſtog. . 787. $. 57. Harp.
8. v. usroimor. Vgl. Meier d. bon. damn. p. 37 9 — In Ulgen. |.
Wolf Prolegg. zur Lept. p. LXVI ff. St. Groir sur les metoeques, in dan
Möm. de FAcad. des Inscr. T. XLVIH. p. 176 fi. ae Lehrb. d
Staatsalt. F. 115. Schömann Antiq. iur. publ. Gr. p. 189 ff. [ West.]
Meton, 1) Sohn des Paufaniad, Schüler des Pöainus, Aſtronom zu
Athen, welcher durch die mit @uctemon gemachte Erfindung eines neunzehn⸗
jährigen Cyclus, durch welchen die fo notwendig gewordene Uebereinflimmung
bed Sonnens und Mondenjahrs erzielt werden follte, befannt geworben if”;
f. Bd. IH. S. 141 ff. und vgl. Ideler in d. Abhandll. d. Berl. Alan. d.
Wiſſenſch., hiſtor.philol. Claſſe S. 230 ff. (Berlin 1818.). Glinton Fast.
Hellen. (Oxon. 1824. 4.) p. 304 ff. Die @inführung biefer neuen Sahreb-
berechnung, welche nad Diodor von Sicilien XII, 36. auf Olymp. 86, 4
ober 432 v. Ghr. fiel, muß aber Meto no lange überlebt haben, ba er,
als die atheniſche Flotte zu der ſiciliſchen Expedition abfegeln follte (Olymp.
91 c. fin,), in einer Weife auftrat die vermuthen läßt daß er die Aftrongmie
auch mit Aftrologie und Mantif verbunden habe (f. Plut. Alcib. 17. fin. Nic. 13.
Aelian. Var. Hist. XII, 12.). Vgl. Fabric. Bibl, Gr. IV. p. Sf. ed. Harl. —
2) Pythagoreer aus Paros, Jamblich. Pythag. 36. — 3) ber Vater bes
Empedocles aus Ugrigent, Diog. Laert. vill, 51. 72. [B.
Metöpe, 1) (neronn von nera und orn, Deffnung, Hoͤhlung) heißt
in der Archueciur die zwiſchen den mit Dreiſchlizen (Triglyphen) verzierten
Balkenköpfen liegende Vertiefung, welche beim doriſchen Tempel mit erhabenen
Bildwerken ausgefüllt mwurbe. Durch eine Metongmie ber res contenta pro
re continente werben biefe Bildwerke (za 87 zeig Onaig Tar TOiIWy nvy-
rœxoũ Antousse ou toixov (oa, wie fie Ptolem. Math. bei Simplic. ad
Aristot. de coelo p. 173. nennt) ebenfalls Metopen genannt. Vitruv. IV,
2, 4.: ulraque enim et inter denticulos et inter triglyphos quae sunt
intervalla metopae nominantur: ör&s enim Graeci tignorum cubilia et
asserum appellant, uti nostri ea cava columbaria, Faͤlſchlich ſchreibt Heſychius
us8omor ' uéoos U eng a@Ä0vusyNg UNO Tor AYYITERTOTONY zeiıyAvugov. [W
2) Meran, Zlüßchen Arkadiens, Kalim. Hymn. I, 26.
In der mythiſchen Darftellung heißt ed die Toter de ‚artabifhen (vgl.
Pind. Ol. VI, 84. oder 144. Zrvugalis, eVaröNs Meronœæ) Blußgottes
Ladon, Weib des Afopos, f. Schol. Pind. 1.
83) Tochter des Aſopos, Schol. Pin. Lech. VIN, 37. — 4) Weib des
Stromgotted Sangarioß, Mutter der Hefabe, Apollod. IH, 12, 9. — 5) Tochter
des Echetos, ſ. d. [W.T
Metopon, ein bios von Dion. Byz. p. 8. Huds. erwähntes Vorgeb.
bei Byzantium, noördl. vom Cornu Byzantii, j. Ara Spandong bei Pera. [F.]
Merwzooxonie, f. oben ©. 1396. g. E.
Metöpus, 1) Pothagoreer aus Metapont, Berfafler einer Schrift über
bie Xugend, aus welcher Stobäuß (Serm. I, 64.) einige @rcerpte mitgethellt
hal welche au in der Leidner Autgabe des Marimus Tprius vom 3. 1607
. 265. u. 311 ff. und unter den Fragmenten der PByihagoreer in Ih. Gale
Opuscc. Mythol. p. 684. (1671. u. 1688. 8.) abgedruckt find. — Ginen
” Auf biefen fprichwörtlih geworbenen (f. Paroemiogr. ed, Leutsch, App.
3, 88. vgl. Schol. Uri. Av. 999.) annus Metonis fpielt Eic. am wenn er ad Att.
- XI, 8,2. in Bezug auf feinen en Meto (vgl. ib. 51, 8,) fast: qvandeo inte
Metenis annus veniet? [W.T
1900 Mnrocyoorei — Metrodörus
Metopus aus Sybaris führt Jamblich. Pyth. 36. unter den Pyihagoreern
auf; er iſt wohl identiſch mit dem Vorigen. [ B.]
Mnroayvoraı, f. Agyrtae, Bd. I. ©. 281.
Metretes, Meronmıns, ift bei den Griechen ebenfo dad Hauptmaß bed
Slüfftgen, wie der Medimnus bei ihnen das Sauptmaß des Trockenen
if. Derſelbe zerfiel wenn nit bei allen io doch bei den meiften Hellenen
in folgende Unterabtheilungen: Meronzis — °/, Mebuuros; yoüs (— 3 yor-
sıes) —= 2 Metret.; äsormg — ');, Melrel.; »orAn = 'jı,, Metret.;
zöraoror — as Metret.; o&ußayor — !/yr, Metret.; xvados — ası
Metret. Zur Beitimmung des Gewichtes und des Umfangs eines folden
gewöhnlichen oder att iſchen Metretes tragen zwar Etwas, aber nichts Sicheres
bie und erhaltenen fogenannten Panathenfäiſchen Amphoren bei, welche ohne
Zweifel den attifchen Metretes oder deſſen Theile vorfielen, und von Bödh
in feinen metrologiſchen Unterfugungen S. 279 f. aufgezählt find. Sicherer
geht man dagegen davon aus daß der attiſche Metretes, als — 1’), röm.
Ampboren, einen Inhalt von 1958,178, nad Böckhs Berechnung aber ent»
weder 1993,95 oder 1969,833 Pariſer Kubikzoll Hatte, und nah Wurms
Berechnung gegen 22 mürtemberg. Maß bielt; wobei im Allgemeinen bie
Annahme zu Grunde liegt daß ſich der attiſche Metrete® zum griedhiichen,
namentlih olympiſchen Kubiffuß verbalte wie 27 zu 20, oder wie 135 zu
100, oder In runderem Ausdruck wie 4 zu 3. Denn der attifhe Metretes
betrug anerkannt 72 röm. Sertarten, der olympiſche Kubikfuß aber, ebenfo
anerkannt, 53'/, röm. Sertarien; aljo verhalten ſich beide wie 72:581/, =
27:20 — 185:100. Bon dem attifhen Metreted bat man übrigen® gar
wohl den ägindifchen Metreteß zu unterſcheiden, welcher fi zum olympiſchen
Kubikfuß wie 9:4, und zum attiſchen Metretes wie 5:3 verhielt, fo daß er
um ?/, größer war als der attifhe. Wenn deshalb der attifche Metretes,
wie oben bemerkt wurde, 72 röm. Sextarien faßte, fo faßte der ägindiſche
deren 120. Gbenſo faßte auch ver ſyriſche, babyloniſche oder antiochiſche
Metretes 120 röm. Sertarien (nach dem auédrücklichen Zeugniffe der Kleo>
patra ⸗⸗ nogumtinois, des Galeniſchen Metrologen, und des Didymos im 20ften
Gap. feiner uero@); woraus erhellt daß biefe alle mit dem äginäiſchen iden⸗
tiſch und ebenfo mie dieſer vom attifhen Metretes verſchieden find. [A. Baumstark.]
Metröcies (Mrrooxins), der Bruber der Hipparchia aus Maronia,
anfangs Schüler des Theophraft, dann aber durch Crates für bie cyniſche
Säule gewonnen, worüber Diogenes von Xaerte VI, 94. (vgl. II, 102.) eine
faſt lächerlich klingende Anecdote erzählt. Cr flarb freimillig in hoben Jahren,
nachdem er vorber feine Schriften, die er als Träumereien bezeichnet Hatte,
verbrannt haben fol; nad Andern fol er auch die Hefte der Borträge bes
Theophraft verbrannt haben. So erzählt Diogenes 1.1.6.95., der Übrigens
VI, 83. ein Werk diefes Metrocles (Xosias) anführt, das demnach wohl
nicht mit verbrannt worden iſt. [B.
Metrodörus (Mrroodwpos), ein In der Geſch. der griech. Literatur,
bef. der Philoſophie häufiger Name, f. Ionflus Ser. hist. phil. I, 20, 4.
ogl. Fabric. Bibl. Gr. II. p. 660. III. p. 606 f. ed. Harl. 1) M. aus Lamp⸗
facus, welcher dem Cpicur, wahrſcheinlich bei feinem Aufenthalt in biefer
Stadt (Br. II. S. 180.), näher befannt und von nun an fein ungertrenn-
licher Genoffe und Freund ward, fo fehr daß er nur einmal ſechs Monate
lang von ihm getrennt war (Diog. Laert. X, 22.), daher ihn Gicero (De
‚fin. II, 28.) paene alter Epicurus nennt; er flarb im Häfen Lebensjahre
— —
— —
—
ſteben Sabre vor feinem Freunde (Diog. Laert. X, 23.), der noch im Teſta⸗
mente für die Kinder des Metrod. aus feiner Verbindung mit Leontium (f.
oben ©. 930.) forgte; f. Diogen. 1. 1. $. 18-22. vgl. $. 6. Diog. rühmt
($. 23.) die Büte des M., die Milde und Ruhe feines Charakters, während
—
Metrodörus 1001
ihn Gicero im Zabel gewöhnlich mit Cpicur zufammenmirft; f. z. B. Nat.
Deor. 1, 40. Tuscc. II, 3. 6. und andere Stellen im Onomastic. Tullian.
p. 398. Bon Schriften des M. führt Diogen. $. 24. an: brei Bücher moos
Todg iatpodg, Neun noög Tovg oopiorag, ferner Moos Tovg Ösalentınovg,
meoi aiodroeo» an Timocrates, feinen Bruder, megi ueyalorpvyiag, mreps
züis Enınovpov wbbworiag, repl is an Vopiay nopsiag, Teoi ing neraßo-
Ang, mepi nAovrov, mepi süysreing, 006 Zmmorpizor. Außerdem kommt
aber au noch bei Plutarch (T. II. p. 1094.) vor eine Schrift über die
Dichter, eine über bie Philoſophie (ib. p. 1127.), endlich Briefe (Athen. XII.
p. 546. F. VII. p. 279. FR. f.). Bgl. Strabo XII, p.589. Luc. Alex. 17.
Fabric. Bibl. Graec. III. p. 607. ed. Harl. Bruder Hist. erit. philos. I.
p. 1248 f. — 2) der bei Diogenes II, 11. als Freund des Anaragorad ges
nannte Metrodorus aus Lampfacus, welcher mit Berug auf naturpbilofophifche
Forſchung die Gedichte Homers fludirte, vgl. Plat. Jon. p. 530. C. —
3) aus Chius, der Schüler des Democritus, oder wenigftens fein Bewun⸗
derer, der Lehrer des Anaxarchus; feine Aeußerung, daß er nicht einmal das
wifle daß er Nichts wiſſe läßt auf eine vormwiegende ffeptifhe Richtung feiner
Philoſophie ſchließen; ſ. Diog. Laert. IX, 58. ic. Acadd. Quaest. II, 23.
Suid. s. v. Anuospitos u. Ilvoowr (der ihn auch Kehrer des Hippocrates d. h.
des vierten, f. Bob. 111.6. 1368. nennt), @ufeb. Praep. Ev. XIV, 10. Sonach
würde Metrovd. um 330 v. Chr. gelebt haben. Bei Athenäus IV, p. 184. A.
werden unter feinem Namen Tooix« angeführt. Ob er der Metrob. ift welcher
bei Diog. Laert. 11,113. 6 Hewpnuarınos heißt und durch Stilpo dem Theo»
phraft abtrünnig gemadt worden fein fol, wagen wir nicht zu enticheiden. —
4) Philoſoph und Maler, von den Athenern nad Beflegung des Königs
Perfes (587 d. St.) an Aemilius Paulus als Erzieher von defien Kindern
gefandt, Plin. H. N. XXXV, 11, 40. Nah der Inhaltsanzeige zu Plin.
XXXV. ſchrieb er über Arcitektonif. — 5) aus Stratonice in Carien, trat
nah Diog. Laert. X, 9. von der Schule des Epicur zu der des Carneades
über; auch Cicero nennt ihn deffen Zuhörer, und rühmt ihn ald Mebner;
f. De orat. I, 411. Acadd. Quaest. II, 6. 24. — 6) Lehrer des Rhetors
Theoeritus von Chius, ein Ifocrateer; f. Suid. s. v. Osongırog. — 7) Pytha⸗
goreer aus Cos, ein gelehrter Arzt, Jamblich. Pyth. 34. — 8) Arzt, Schüler
des Sabinus, fehrieb Eommentare zu den Epidemien des Hippocrates (vgl.
&abric. Bibl. Gr. T. II. p. 522. ed. Harl. und T. XIII. p. 337. dv. ält.
Ausg.); Lebterer iſt vieleiht auch ber von Plinius unter den Quellen zu
Bud XXVIII. ber Hist. Nat. und au XXV, 2, 4. angeführte Arzt Metro-
dorus, deſſen amızoun Tor dilorouovuerwr ibid. XX, 20, 81. citirt wird. —
9) Ein Arzt ik auch Cicero's Freigelafiener Metrodorus; f. ad Altic. XV, 1.
ad Fam. XVI, 20. — 10) Berfafler einer Anzahl Epigramme in ver Griech.
Anthologie (Anall. II. p. 477. oder T. El. p. 181 ff. ed. Lips.), welche
meiſt arithmetifche Probleme enthalten; nach Jacobs Hat der Verfaſſer, ver
in der Aufſchrift eines biefer Epigramme ein Grammatifer heißt, unter Eon»
flantin dem Großen gelebt und Mehreres über Aftronomie und Beometrie ge>
förieben, f. Comment. in Anthol. Graec. T. XIH. p. 917 f. Fabric. Bibl.
Gr. IV. p. 482. — 11) nennt Servius (ad Virg. Georg. I, 230.) einen
Philoſophen Metrodorus, welcher fünf Bücher über die Zonen gefchrieben,
au den Virgilius wider den Tadel mangelnder aſtronomiſcher Kenntniffe in
Säug genommen; wahrſch. iſt es berfelbe der auch von Probus (ad Georg.
II, 224.) und Philargyrus (ad Georg. II, 336.) citirt wird. Bol. Teuber
De Servii vita et commentt. I. p. 50. [B.
12) aus Scepfis In Troas, erfi Philofoph, dann Stantömann, und als
folder im Dienſte des Mithridates Eupator, der Ihn hoch ehrte und mit ber
oberften zichterlihen Gewalt bekleidete. Bon ihm nah Armenien an Tis
1902 Metrönas — Meteophänes
graned ald Geſandier geſchickt benützte ex, da feine Neider und Feinde ihn
hart bedrängten, diefe Gelegenheit und fiel von Mithrivates ab, ward jedoch
biefem von Tigraned zurüdgegeben, und fol auf dem Müdwege fein Ende
gefunden haben. Strabo XIH, p. 609 f. Als 2. Graffus in Aflen war
wurde M. ab eo gustatus (Cic. de Or. III, 20,75.). Außer ven Schriften
zes akeınznng bei Athen. XII, p. 552. C., ng: ovsmdeias bei Demf. IX,
. 391. D. u. Strabo XVI, p. 775., und z& zegi Tiyparır beim Schol.
holt. Rhod. IV, 133., ſcheint er noch ein Werk periegetiiher Natur ges
ſchrieben zu haben, aus dem die Notizen bei Strabo XI, p. 504. Plin. H.
N. I, 16. V, 31. VIII, 14. XXVII, 7. XXXVII, 2. 4. entnommen fein
mögen, ein Werk von mindeften® nier Büchern (Mnroodwpos 87 terapıo,
Steph. Byz. 3. v. "Taang), vermuthlih das mepi ioropies, beffen erſtes Buch
der Schol. Apoll. IV, 834. erwähnt. Seinen Stil ſchildert Strabo XIII,
p. 609. als rhetoriih und durch Neuheit des Ausdrucks überrafhend; vgl.
Gic. de Or. 1. I. ex Academia rhetor. Bon feinem außerorbentliden Ge⸗
dächtniß und feinen Verbienften um die Mnemotechnik aber ſpricht Cic. de
Or. II, 88, 360. 90, 365. Tusc. I, 24, 59. Fragmm. p. 577. Or. Plin.
H. N. VII, 24. XXVII, 7. XXXIV, 7. (wonad er Mioogwumog genannt
wurde). [ West.
13) aus Epheſus, Bildhauer, deſſen Name an der Statue eined unbe»
fannten griechiſchen Philoſophen angebracht if; f. Welder Kunftbl. 1827.
Nr. 83. R. Rochette Lettre à M. Schorn p. 355. 2te Ausg. [W.]
Metrönax, Philoſoph zu Neapel, Zeitgenoffe des Seneca, f. beflen
Epp. 76. 93. [B.]
Margorono:ı, eine durchs Loos ernannte Behörde zu Athen welde
die Aufficht über die Nichtigkeit der Maße führte, beflebend aus 15 Männern,
10 für die Stadt, 5 für den Beirdeus (fo nah Böckhs Verbeſſerung,
Staatdh. I. S. 52., bei Harp., Phot., Suid. 8. v. uero., wo bie hand⸗
frififiche Lesart eis usr 109 Ilapaıa Öana, nerze 6’ eig aorv. Die Angabe
bei Bekk. Anecd. p. 278, 26., daß ihrer 10 geweien, 5 für die Stadt, 5
für den Peiräeus, mag von dem Grammatiker ſelbſt Herrühren). Vgl. Meier
im At, Proc. ©. 93. fWest.]
Mnrooo», Xempel der Bdttermutter zu Athen, auf dem Markte in
ber Nähe des Rathhauſes gelegen, Pauſ. I, 3, 5. In demfelben befand fi
daB Staatsarchiv, wo Geſetze und Befchlüffe aufbewahrt wurden (die önuon«
yoaunara, Mei. g. Ktei. ©. 7.) und zu welchen ber jedegmalige Rathe⸗
- präfldent (emorarns) den Schlüffel führte. Dem. d. fals. leg. p. 381. $. 129.
9. Ariſtog. I. p. 799. 6. 98. Lyk. g. Leokr. 6. 66. Aeſch. d. fals. leg.
$. 187. Athen. V, p. 214.E. Blut. vitt. dec. orr. p. 842. E. Harp.,
Phot. 8. v. unrogor. Suid. 8. v. urrpayvprns und unreoor. Nach Cha»
mäleon bei Athen. IX, p. 407. C. wurden bier au die anhängig gemachten
Klagen ausgehängt. [ West.]
Metrophänes (Nnzoogasns). Unter dieſem Namen führt Suidas
(ll. p. 556. Kust. Eudocia p. 301.) drei griechiſche Sopbiften auf: 1) aus
Eukarpia in Phrygien, welden auch Stephanus s. v. Evnaopri« fennt; er
batie über Phrygien ein Werk In zwei Büchern geſchrieben; ferner rhetoriſche
Schriften: nepi idenr Aoyov, negi oracswr (|. bie Stellen in den Rhelt.
Graecc. T. IX. p. 645. ed. Walz), dann Commentare zu Hermogenes und
zu den Neben des Arxiflives, weshalb man auch in ihm einen der Verfafler
der noch vorhandenen Scholien zu Arifives erkennen will; ſ. Wehlermann
Geſch. d. Beredſamk. in Griechenl. F. 104. Net. 15. ©. 255. — 2) der
Sohn des Rhetors Gornelianusd, aus Lebadea in Böotien, wird ebenfalls als
Berfafier von Schriften rhetoriihen Inhalts genannt: wepi Tor Yagaxınpar
des Plato, Xenophon, Nicoftratus und Philofratus, dann uelssm: und
Metropölfs 1903
Aoyos Rarnyvormoi. — 3) von Lachares abflammend, gegen welchen der Sophift
Superianus ein Bud ſchrieb. [B.]
4) Weflir des Mithridat, Appian. Mithr. 29. Orof. VI, 2. Vgl. Sal.
Hist. III, p. 217. Gerl. [W.T.
Metropölls (MnroonoAı), 1) die Altefte Refidenz der Könige von
Phrygien (des Gordius, Midas u. f. w.) und, wie fon ber Name zeigt,
bie alte Hauptſtadt des Landes (denn lächerlich iſt die Etymologie des Namens
bei Steph. Byz. p. 465., welder ihn ano rg untoos zar Beoiv, ald Ers
bauerin der Stadt, herleitet), im nörblichen Theile deſſelben, fpäter nur ein
Eleiner, aber noch von Hierocles p. 677. gefannter Ort (vgl. Ptol. V, 2,25.
u. Plin. V, 29, 29.). Hoͤchſt wahrſcheinlich bezeichnen bie ven Älteften Bauftil
zeigenden Nuinen von Pismeſch Faleffi nörblih von Doganlu mit weit aus⸗
gebehnten Feliengräbern und dem Grabe bed Midas (befärieben von Leake
Asia min. p. 24 ff., der fle aber fälfchlih für die Ueberreſte von Nacolia
hält, Terier im Ausland 1835. Nr. 19. ©. 75 f. u. Nr. 61. ©. 244. u.
Fellow Asia min. p. 135.) ihre Lage (vgl. Kiepert in Franz Fünf Inſchr.
S. 38.). Hammer in den Wiener Jahrbb. Bd. CV. S. 29. ſucht minder
wahrſcheinlich Aftum Rarabiffar an der Stelle von Metropolis. — 2) eine
andere von Steph. Byz. 1. I. ermähnte Stadt in Phrygien, unfeitig dies
felbe die auch Strabo XU, p. 576. uw. XIV, p. 668. meint, deren Gebiet
(campus Metropolitanus bei Liv. XXXVIH, 15, 13.) als zwiſchen Apamea
Cibotius und Dymä (Tymandus?) an der Straße nad Synnaba, alfo im
piſtdiſchen Phrygien, gelegen vorfommt, und melche Hierocles p. 673. unter den
Städten Piflviens aufführt. — 9) Stadt Im Cayſtriſchen Gefilde Lydiens an
der Strafe von Smyrna nah Epheſus, 200 Stab. von erflerer und 120
Stad. von Ießterer in einer Gegend die fehr guten Wein Tieferte (Strabo
XIV, p. 637. Bgl. außerdem Strabo p. 632. Ptol. V, 2, 17. Steph. Byz.
p- 465. $ierocl. p. 600. Tab. Peut. Plin. V, 29, 31., welder bie Ein»
wohner Metrapolitae nennt, und Münzen bei Raſche Lex. num. II, 1.
p. 633 ff.). Noch jegt finden fi mitten auf dem Wege zwifchen beiden ge⸗
nannten Städten beim Dorfe Zurbali (unftreitig blos eine Berunftaltung des
alten Namens) bie Ruinen einer großen und prädtigen Stadt, in welden
das alte M. nicht zu verfennen iſt (vgl. Arundell Seven Churches p. 22 f.
Hamilton Research. I. p. 542, u. U). Daber irrt Dannert VI, 3. &. 371.,
welder glaubt M. Habe im” Mittefalter feinen Namen in Tyria verwandelt
und fet das jehige Tireh, welches wohl vielmehr die alte Hauptflabt der
Bayftrianer if. Vgl. mein Handb. d. alt. Geogr. II. S. 196. — 4) Stadt
in Iheffalien, links vom Peneus in Heſtiäotis (Strabo IX, p. 437. Btol.
III, 13,'44.), einige Meilen oͤſtlich von Gomphi, zwiſchen ihr und Pharfalus
(@äf. B. C. II, 80.), an der von Epirus nad Lariſſa führenden Landſtraße,
aus der Bereinigung mehrerer Fleiner Städte, zu denen auch Ithome gehörte,
erwachſen (Strabo 1. 1.), aber dennoch felbfk fpäter nur no ein Städtchen
(Dio Caſſ. XLI, 51.), das im Mittelalter ven Namen Neo-Patrae erhielt
(Nicet. Chron. TI. p. 169. Conſt. Porph. de them. II, 2.). Vgl. au
Thuc. III, 107. Appian. B. C. II, 64. iv. XXXVI, 10. Steph. By.
p. 465. Hierocl. p. 642, und Münzen bei Raſche Lex. num. III, 1.p. 647.
Nah einer Infrift bei Leake Nr. 153. (vgl. North, Greece III. p. 371.)
beim Heut. Kaftri, wodurch fih die Hypotheſen Pouqueville's III. p. 35. u. A.
erledigen. — 5) eine andere Stadt derfelden Landſchaft bei Steph. By. 1.1;
nad) Leake North. Greece IV. p. 506. die Ruinen von Baleokaftro im füd-
lichern Thefinlien oder in ber Brovinz Ihefjallotis. — 6) Stadt Acarnaniens
im Diftrift Amphilochia, unmelt der Oſtkuͤſte des Sinus Ambracius, zwifchen
ihm und dem Achelous, mit einer Citadelle (Thuc. III, 107. Polyb. IV, 64.
und Steph. Byz. 1. 1.), welche Pouqueville III. p. 128. u. Krufe Hellas
1006 Metubarris — Mn ovox dia
Grut. 302, 1. Q. Mettius. Primus, L.Mett. Anteros, P. Mettius Malchio,
‚ Breigelafiene (Rom), Brut. 627, 13. M. Meltius Epaphroditus, gramma-
ticus graecus, M. Mettius Germanus L. (Rom), ®rut. 653, 3. P. Met-
tius Alexander (Nom), ®rut. 747, 6. M. Mettius Onesimus (Rugbu-
num), Grut. 809, 1. Mettius Damas (Gajeta), Brut. 808, 10. Mur.
1377, 8. Q. Meitius Q. L. Pamphilus und P. Mettius C. L. Philemon
(Rom), Mur. 723, 1. L. Mettius (Mur. 722, 8.) und (genauer) L. Met-
tius L. F. Primus, cornicen (Mur. 965, 1.) aus Placentia. N. Metlius
Sabinjanus (Florenz), Mur. 1190, 12. M. Mettius Modestus (Rom), Pur.
1467, li. Sext. Mettius Stabilio (Rom), Mur. 1779, 30. L. Mettius
L. F. Vol. Paterculus (Rom), Reineſ. Synt. XI, 1138. M. Mettius M. F.
Pal. Pius, eq. publ., praef. coh. V. Thrac. (Neapel), Reine. VIH, 33.
Q. Mettius Stabilio (Mevtolanum), Meinel. XVII, 84. [W.T
Metubarzis (Plin. III, 25, 88.), Infel im Fluſſe Savus in Panno-
- nia Inferior ; j. Otorecz, vgl. Erllar. 11, 8., nad Sarbuin aber Zagrabia. [F.]
Metülum (NMerovlor, Strabo IV, p. 207. VII, p. 314.), Hauptflabt-
der Japyden an der Grenze Liburniens, auf zwei Sipfehn eines fteilen Berges
(am 81. Colapis) erbaut, deren Einwohner mit Verzweiflung gegen Auguflus
fämpften und den Kaiſer feldft in Lebensgefahr brachten (Appian. Hiyr. 18.
19. Dio Gafl. XLIX, 35.); nad Gellar. II, 8.p. 107. da8 Heut. Mötling oder
Medling am Uskochenberge und ver Rulya, nah Mannert VII. ©. 372. aber
beim Dorfe Metule öͤſtlich vom Girkniger See in Rrain. [F.]
Metas, röm. Perfonification der Furcht, Sic. N. D. III, 17, 44. In
Virgils ſymboliſcher Beſchreibung ber Unterwelt iR fle eine der Schreckens⸗
geflalten an deren @ingang. Aen. VI, 276. [W.T
Mievanla, 1) (Mrovaria, Sirabo V, p. 227. Ptol. TIL, 1,54. Plin.
XXXV, 14, 49. 8iv. IX, 41. Tac. Hist. 11, 55. 59. Suet. Calig. 43.
Lucan. I, 473. u. ſ. w., die Einwohner Mevanates * bei SIT. IV, 546. Ein
111, 14, 19.), eine ſehr alte und feſte, mit ſtarken (jedoch nach Plin. 1. 1.
bloe von Ziegelſteinen erbauten) Mauern und Thürmen umgebene (Prop.
IV, 1, 123.) Stadt Umbriens am Fl. Teneas (Strabo J. 1., d. i. dem heut.
Zimia, einem yenkune bes Topino, des eigentlichen Tinea ber Mönier,
vgl. Mannest IX, 1. 476.), in einer fhönen und fruchtbaren Gegend
(Movanas ager, Plin. — 3, 4, 7.), an der Straße von Rom nach Ancona
(3. Ant. p. 311.), die ihren Wohlkand beſonders der Zucht ſchoͤner, durch
ihre weiße Farbe Ach auszeichnender Rinder verdankte (Virg. Geo. H, 146.
Colum. III, 18. Silius VIII, 457.); jetzt der Flecken Bevagna. [FR
2) Infel über melde Drof. I, 2, p. 28. Say. fagt: huie -(Britanniae)
etiam (wir Hibernia) Mevania (anb. Handſchrr. haben Evann, Bumania,
Eumonia) insula proxima est, et ipsa spatio non para, solo commoda,
aeqve a Scotorum gentibus habitatur. | W. T.)
C. Meupo oder Caji MEVPi Olffieina), röm. Töpfer auf einer aus
Tunis ſtammenden Sampe.- Janſſen Mus. Lugd. Insor. p. 143. [W.
Meura (Mevga), nad einigen Codd. bed Ptol. III, 4, 14. ein zweiter
Name der Gtabt Megara in Sicilien, wo aber Grashof "TBA= gelefen wifien
wi. &. Hybla minor. [F.]
Mi ovoa Siam, Rechtsmittel wider Erkenntniſſe ver Diäteten (n un
odoar arulaysir, auch zur diatar arıılayeir, Dem. g. Mid. p. 542.6. 86.),
von dem Derurtbeilten, ſei er Kläger oder Beklagter, unter Eidesleiſtung
einzuwenden, und zwar innerhalb der naͤchſten zehn Tage von der Verur⸗
teilung an gerechnet. &. die Faͤlle bei Dem. g. Mid. p. 541 f. g. Zenoih.
® BL bie (döte?) Inſchr. bei Murat. II. p. 1377, 7.: P, Mevanas vix. a.
Helena Maxime coniugi duleissimo in agre Mevaniae. [ W.T.]
Mezentius 1907
p. 889. 6. 27. g. Böot. p. 1006. 6. 87. Pol. VITI, 60. Photius s. v.
un ovoa. Bell. Anecd. p. 278,29. Vgl. Qubtmalder von d. Diätet. S. 99 ff.
Shömann im att. Proc. S. 756 f. Planer Proc. I. S. 396 f. [West.] _
Miezentius (urſpr. Medentius oder Messentius gefäärieben, wohl ein
vatifcher Name, ſ. O. Müller Etrusk. ©. 115. A. 121.; bei Serv. zu Birg.
Aen. I, 737. finden fig die Varianten Metenius, Methenius, Metennius,
Mecennius, Mezeinus), eteusifcher Herrſcher zu Gäre oder Agylla (Liv. J, 2.
Feſt. s. v. oscillum. Virg. Aen. VIII, 479. Dionyf. I, 64. Juftin XLIII, 1.
Ovid Fast. IV, 880.) und damit zugleich Über die den Tusfern untermor«
fenen (f. Gato bei Serv. zur Aen. XI, 567. u. bei Macrob. II, 5.) Rutuler
(Virg. ſteht allein mit feiner Darflelung M. habe, aus Caͤre vertrieben, bei
den Rutulern als Flüchtling gelebt, f. Heyne ad Aen. VIII. Exc. 3. T. IM.
p. 255.). Sein Beitalter rädte fhon Cato fo weit hinauf daß er ihn dem
Aeneas ald Gegner gegenüberfielte. Als nämlich Aeneas nach Italien ge=
kommen babe er feine Beflgergreifungen (namentl. auch von Lavinia, der Tochter
des Latinus) gegen Latinud und Turnus veriheidigen müſſen. Der Erfte fiel in
dem Kampfe (bei Laurolavinium), der Zwelte flüchtete fih zu Meze und ſetzte
mit diefem den Kampf fort, in welchem Turn. und Aen. fielen (Aeneas flürzte
nach einer Darftelung auf der Flucht vor Me. in den Fluß Numicus, Serv.
zu Aen. I, 259.). Bür Aen. ſetzte Aokanius den Kampf mit Mer. fort und
tödtete Ihn im Zmeifampf (Bato bei Serv. zu Virg. Aen. I, 267. vgl. zu
IV, 620. IX, 745. VI, 760., wo nur die Abmeldung If daß Turnus von
Anfang an ſowohl dem Latinus als dem Wen. feindlich gegenüberflcht). Bei
Virgil flüchtet M., von feinen Untertbanen wegen feiner unerträglichen Grau⸗
ſamkeit (vgl. Sul. Capit. Macrin. 12.) verjagt, umgekehrt zu dem Rutuler⸗
fönig Turnus, und beide kämpfen gemeinfhaftlih gegen Aen., wobei Mez.
durch Xen. verwundet wird, aber, durch feinen Sohn Laufus gededt, ents
kommt; als Laufus gefallen kehrt Diez. zu Pferd in die Schlacht zurüd,
wird aber — wieder dad Gegentheil der Catoniſchen Darftelung — von
en. getödbtet; |. Aen. VII, 478 ff. X, 689 ff. 762 ff. Wiederum abwei⸗
chend iſt die Darfiellung des dem Lutatius folgenden (Aur. Vic.) orig. g.
r. 13 ff. (vgl. Liv. I, 2.), wonach Latinus und Aeneas gegen Turnus ver«
bünbet waren, Lat. im Kampfe fiel, Aen. aber ihn dadurch rächte daß er in
derfelben Schlacht den Turnus tödtete (oder töbtete Turn. fi ſelbſt aus
Gram über den Tod feines Verwandten Latinus, wie Pifo erzählte, f. orig.
g. r. 13, 8. Liv. I, 2. läßt den Turnus am Leben). Nun haben bie Mus
tuler den Mes. gegen Aen. zu Hilfe gerufen und ihm im Falle des Siegs
die Unterwerfung von ganz Latium als gewiß dargeflelt; In der von Mer.
dem Xen. am Numicus gelieferten Schlacht fei nun Aen. verſchwunden (ib.
14, 1—4. vgl. iv. I, 2. extr.) und fein Sohn Euryleo ober Ascanius erbte
jeine Herrichaft (ib. 14, 5.) und feinen Kampf mit Diez. und deſſen Sohn
Laufus. Als deffen Heer Lavinium belagerte fragten die Latiner den Mez.
um die Bedingungen der Unterwerfung; er forberte u. U. den ganzen Ertrag
der Weinernte der Latiner von beflimmten Jahren, was bie Latiner zurüd-
wiefen, dem Juppiter den Weinertrag gelobten (,‚Juppiter, si tibi magis cordi
est nos ea tibi dare potius qvam Mezentio utei nos victores facias‘,
Macrob. II, 9. p. 16. Bip., nad Cato), einen Ausfall machten und den
Lauf. töbteten, den Diez. in die Flucht ſchlugen (orig. g. r. 15, 1—3.).
Is postea per legatos amicitiam societatemqve Latinorum (und des Adcan.)
impetravit, ut docet Julius Caesar libr. I. itemqve A. Postumius (ib. $. 4.).
Der Tiber (Albula) follte Grenze fein zwifchen ben Etruskern und Latinern
(Liv. I, 3.). Auf jene Borberung des Weinertrags bezieht Marrob. 1. 1.
Virgils contemtor divum, was Serv. ad Aen. VII, 647. VII, 7. fo er-
Elärt: qvod contra piam gentem prior arma corripuit. Nach Andern waren
1908 Mesetülus
es die Rutuler welche dem Mez. für feine Hilfe allen Wein ihres ober des
latinifchen Feldes verſprachen (f. Niebubr, R. ©. I. ©. 216 f. U. 563.),
während Ascan. venfelben dem Juppiter gelobte und flegte; daher das Jup⸗
piterfeft der Vinalia; f. Barro hei Plin. XIV, 4. (Barr. fr. p. 380. Bip.).
Ovid Fast. IV, 881 ff. Vgl. Blut. Qvaest. rom. 45. Dionyf.1,64f. [W.T.]
Mezetüulus, Numidier von angeſehener Bamilie, macht dem jungen
Numipierfürften Gapufa die Herrſchaft ſtreitig, beflegt und tödtet ihn und
unterwirft ſich die Maſſylier, beſchränkt fh “aber auf den Titel eines Vor⸗
münders des unmündigen legitimen Königs Lacumaces. Er verbindet fid
mit Syphax und vermählt fih mit einer Schweflertochter von Hannibal.
Bon Maflniffa, der mit dem rechtmäßigen Königähaufe nahe verwandt mar,
beflegt flüchtet ex ſich nah Karthago, kehrt aber, von Maſ. dazu einge»
laden, bald wieder in feine Heimat zurüd. Liv. XXIX, 29. 30. DBgl. oben
©. 1613. [W.T.]
Druckfehler.
S. 120%. 8. 3. fee die Ebiffre [R.] fiatt [ F.]
©, 1349. if als Eolummenüberfchrift zu fegen: Macris — Maecrobins.
. Durd ein Berfehen der Buchbruderei iſt ber bie Selten 1857 bi8 1864 enthaltende
halbe Bogen, welcher die Signatur 117 bätte erhalten follen, mit der Signatur 11?”
verfehen und die Signatur 117 ganz Übergangen worden. Die Geitenzahlen laufen
jedoch richtig fort, Die HH. Buchbinder werden daher anfmerkfam gemacht, daß
ein mit 117 fignirter halber Bogen niht vorhanden if, mithin beim
Einbinden die halten Bogen in nachfiehender Orbuung anf einander folgen müſſen:
116, 116 ” 117 ® 118, 118 * u, ſ. w. J ur
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